Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Juli 2018 - 8 N 16.2563

bei uns veröffentlicht am12.07.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die Verordnung des Landratsamts G* …- … (nachfolgend „Landratsamt“) über das Wasserschutzgebiet in der Gemeinde S* … … … und im Markt M* … … …, Landkreis G* …- …, für die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde S* … … … (Brunnen 1 auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung S* …*) vom 21. Dezember 2015. Die Verordnung ist nach ihrem § 10 am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Sie ersetzt die frühere Wasserschutzgebietsverordnung vom 2. Januar 1984 und wurde mit Verordnung vom 28. November 2016, bekanntgegeben im Amtsblatt am 1. Dezember 2016, geändert.

Die Verordnung bezweckt den Schutz des Brunnens 1 für die öffentliche Trinkwasserversorgung der Beigeladenen. Der Brunnen 1, auf den sich die Wasserversorgung der Beigeladenen ausschließlich stützt, wurde im Jahr 1982 nördlich des Ortsteils R* … auf Grundstück FlNr. … Gemarkung S* … errichtet. Das Versorgungsgebiet umfasst das Gemeindegebiet mit Ausnahme des Ortsteils S* … und eines südlichen Bereichs des Ortsteils R* …, die an die Wasserversorgung des Antragstellers angeschlossen sind. Die Hochzone des Versorgungsgebiets kann über einen Notverbund vom Antragsteller mitversorgt werden.

Das Schutzgebiet besteht aus einem Fassungsbereich (W I) mit dem Brunnen 1, einer engeren (W II) und einer weiteren Schutzzone (W III). Die Schutzzonen wurden gegenüber dem früheren Schutzgebiet in ihrer Nord-Süd-Erstreckung verschmälert und ostwärts deutlich erweitert. Die weitere Schutzzone erstreckt sich auf das Gemeindegebiet des Antragstellers und überschneidet sich im Osten mit dem Wasserschutzgebiet für dessen Wassergewinnungsanlage.

Das Landratsamt erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 5. Januar 1984 erstmals eine wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme aus Brunnen 1. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2015 erhielt die Beigeladene eine beschränkte Erlaubnis (befristet bis 31.12.2017) und anschließend eine bis 31. Dezember 2047 befristete Bewilligung zum Zutagefördern und Ableiten von Grundwasser.

Am 8. August 2014 beantragte die Beigeladene die Neuausweisung des Wasserschutzgebiets für den Brunnen 1 zur Anpassung an die hydrogeologischen Verhältnisse und an die aktuellen fachlichen Vorgaben. Der Schutzgebietsvorschlag vom 30. Juli 2014 wurde vom Ingenieurbüro Dr. … … erarbeitet.

Das Wasserwirtschaftsamt W* … gelangte in seinem Gutachten zum Schutzgebietsantrag vom 3. März 2015 zu der Einschätzung, dass aus wasserwirtschaftlicher Sicht ein wirksamer Trinkwasserschutz gegeben sei, sofern die Bestandskonflikte (Bundesstraße B, Abwasserdruckleitung, Aussiedlerhof, genehmigter Gartenbaubetrieb) beseitigt bzw. minimiert werden könnten oder durch sonstige Maßnahmen (z.B. Kontrollen) sichergestellt werde, dass keine nicht hinnehmbaren Gefährdungsmomente im Wasserschutzgebiet bzw. Trinkwassereinzugsgebiet verblieben.

Nach Auslegung der Unterlagen in der Zeit vom 10. April bis 13. Mai 2015 erhob der Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 15. Mai 2015 (beim Landratsamt eingegangen am 28.5.2015) und mit eigenem Schreiben vom 28. Mai 2015 (beim Landratsamt eingegangen am 29.5.2015) Einwendungen, die im Erörterungstermin am 23. September 2015 behandelt wurden. Mit Schreiben vom 3. März 2016 teilte das Landratsamt dem Antragsteller die Zurückweisung seiner Einwendungen mit.

Der Antragsteller trägt vor, mit seinen Einwendungen nicht ausgeschlossen zu sein, weil das Schreiben vom 15. Mai 2015 rechtzeitig zur Post aufgegeben worden sei, weshalb er im gerichtlichen Verfahren als nicht präkludiert zu behandeln sei. Er habe auf die festgelegten Beförderungszeiten vertrauen dürfen, weil die Deutsche Post AG eine Gefahr möglicher Verzögerungen nicht bekannt gegeben habe. In der Sache begründet er seinen am 19. Dezember 2016 erhobenen Normenkontrollantrag im Wesentlichen damit, dass sich wegen der eingeschränkten Schutzfähigkeit des Grundwasservorkommens die von ihm angebotene Mitversorgung als Alternative aufdränge. Auf die Gefährdungspotenziale ausgehend von der Bundesstraße (B) * und der Staatsstraße (St) 20**, der Abwasserdruckleitung, drei Altlastenflächen und der W* … Kaserne wurde verwiesen. Das Landratsamt sei, ohne Alternativen inhaltlich zu prüfen, davon ausgegangen, dass das kommunale Selbstverwaltungsrecht das nicht einschränkbare Recht auf Beibehaltung der eigenen Trinkwasserversorgung beinhalte. Die Bestimmung der Grenzen der weiteren Schutzzone sei fehlerhaft, wie die Stellungnahme des Diplomgeologen Dr. S* … vom 15. Juni 2015 aufzeige; es fehle eine Berechnung der Zuspeisungswahrscheinlichkeit nach Anlage 2 des LfU-Merkblatts Nr. 1.2/7 und ein Nachweis für die Varianz der Grundwasseranströmrichtung unter unterschiedlichen hydrologischen Rahmenbedingungen. Bei strikter Anwendung der Richtlinien ergäbe sich ein schmäleres Einzugsgebiet, das erheblich weiter nach Osten reiche; das Grundstück FlNr. … des Antragstellers sei nicht in den Schutzgebietsumgriff aufzunehmen. Unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme des Diplomgeologen Dr. S* … vom 3. November 2017 wird vorgetragen, eine Ausweitung des Schutzgebiets über die derzeit bestehenden Grenzen der Schutzzone III sei nicht erforderlich. Die Einbeziehung von Flächen nördlich der W* … Kaserne sei unverhältnismäßig, weil dort ein Gewerbegebiet zur Erweiterung eines ortsansässigen Betriebs mit über 300 Arbeitsplätzen geplant sei.

Der Antragsteller beantragt,

die Verordnung des Landratsamts G* …- … über das Wasserschutzgebiet in der Gemeinde S* … … … und im Markt M* … … … vom 21. Dezember 2015 in Gestalt der Änderung vom 28. November 2016, bekannt gemacht im Amtsblatt für den Landkreis G* …- … vom 31. Dezember 2015, für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Schutzfähigkeit des erschlossenen Grundwasservorkommens werde durch die gutachterlichen Feststellungen des Wasserwirtschaftsamts und die langjährige positive Betriebserfahrung belegt. Die Mitversorgung durch den Antragsteller sei keine zumutbare Alternative, weil sie nur mit erheblichem Aufwand zu realisieren sei; Kosten und Umsetzungsdauer hierfür seien derzeit nicht abschätzbar. Im Übrigen sei von Belang, dass die dem Antragsteller erteilte wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme im Jahr 2031 ende und bei einer Neubewertung des dortigen Wasserschutzgebiets zumindest Nutzungskonflikte zu erwarten seien. Zur Stellungnahme des Diplomgeologen Dr. S* … vom 15. Juni 2016 wurde unter Einbeziehung des Wasserwirtschaftsamts erläutert, dass die geringe Varianz des Grundwasserabstroms mit dem angesetzten Sicherheitszuschlag (Aufweitung der Fließrichtung) von 6° angemessen und ausreichend berücksichtigt sei. Die räumliche Abgrenzung des Schutzgebiets werde durch das Basisgutachten des Ingenieurbüros Dr. … vom 30. Juli 2014 und das Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 3. März 2015 gestützt. In den Schutzgebietsumgriff seien nur Flächen aufgenommen worden, die ein erhöhtes oder mindestens mittleres Risiko aufwiesen. Die Einbeziehung der W* … Kaserne sei aufgrund der Distanz und Fließzeit sowie der dortigen Nutzung (Sportplatz, Parkplatz, Hundezwinger) nicht erforderlich. Angesichts des überragenden Rangs der Sicherung der Trinkwasserversorgung habe der Antragsteller die Einschränkung seiner baulichen Entwicklungsmöglichkeiten hinzunehmen.

Die Beigeladene beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller sei präkludiert, weil er wegen erhöhter Sorgfaltsanforderungen während eines Poststreiks nicht auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten habe vertrauen dürfen. Die Mitversorgungsalternative habe das Landratsamt geprüft, aber nicht als gleichermaßen geeignet befunden. Gegen eine solche Lösung sprächen Errichtungskosten von mehreren hunderttausend Euro, um etwa 75% höhere Förderkosten sowie die fehlende Nachhaltigkeit dieser Variante nach dem Jahr 2031. Das Wasservorkommen sei uneingeschränkt schutzfähig. Zu Verunreinigungen ausgehend von der B * oder St 20** sei es bislang nicht gekommen. Alle im Anstrombereich liegenden Altlasten seien saniert; die teilsanierte Altlast auf Grundstück FlNr. … liege nicht im Anstrombereich. Die W* … Kaserne befinde sich nur mit einer kleinen Teilfläche (Parkplatz, Sportplatz) im Bereich des südlichen Sicherheitszuschlags der Anstromellipse; welche Gefahren hiervon ausgehen sollten, sei nicht erkennbar. Ein Ermittlungsdefizit bei der Bestimmung der Fließrichtung des Grundwassers liege nicht vor; das von der Beigeladene beauftragte Fachbüro betreue auch alle anderen Wasserschutzgebiete in der Region und kenne die dortigen Verhältnisse sehr genau. Die Planungshoheit des Antragstellers werde nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt, da für den von der weiteren Schutzzone erfassten Bereich keine konkrete, verfestigte Planung für ein Gewerbegebiet existiere, wie der Flächennutzungsplan belege; auch eine nach Festsetzung des Schutzgebiets vorgenommene Änderung des Flächennutzungsplans fiele nicht ins Gewicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten und der Gerichtsakten Bezug genommen. Der Antragsgegner hat sich mit Schriftsatz vom 9. Juli 2018 ergänzend geäußert.

Gründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet. Die angegriffene Verordnung weist weder formelle noch materiell-rechtliche Fehler auf.

A.

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

1. Der Normenkontrollantrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO).

2. Der Antragsteller ist antragsbefugt. Er macht geltend, durch die angegriffene Rechtsvorschrift in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Es genügt insofern, wenn sich aus seinem Vorbringen und dem unstreitigen Sachverhalt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 7.6.2001 – 4 CN 1.01 – BVerwGE 114, 301 = juris Rn. 8).

2.1 Als Grundstückseigentümer des im Geltungsbereich der Verordnung liegenden Grundstücks FlNr. … kann der Antragsteller geltend machen, von rechtswidrigen Nutzungsbeschränkungen in seinem zivilrechtlichem Eigentumsrecht betroffen zu sein. Dass sich der Antragsteller als Gemeinde nicht auf das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen kann, schmälert nicht die aus einfachem Recht herrührende Schutzfähigkeit des Eigentums (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.1995 – 11 VR 2.95 – NVwZ 1995, 905 = juris Rn. 23; BayVGH, U.v. 28.11.2008 – 22 N 05.332 u.a. – juris Rn. 12; B.v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625 – ZfW 2003, 219 = juris Rn. 12).

2.2 Ob sich der Antragsteller zur Begründung seiner Antragsbefugnis auch auf eine Verletzung seines Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) berufen kann, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Soweit er sich darauf beruft, nach § 3 Abs. 1 Nr. 4.1 der Verordnung ein kurzes Teilstück der Gemeindeverbindungsstraße „P* … Allee“ (Zufahrt auf die B * in Richtung W* … …*) entsprechend den Anforderungen der „Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag)“ errichten zu müssen, erscheint eine Rechtsverletzung durch künftig höhere Anforderungen und Kosten jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. BayVGH, U.v. 30.7.2010 – 22 N 08.2749 – juris Rn. 15).

Das Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete nach § 3 Abs. 1 Nr. 5.2 der Verordnung schränkt die Planungshoheit des Antragstellers zwar erheblich ein. Allerdings liegt für die in der weiteren Schutzzone liegende Gemeindefläche ausweislich des Flächennutzungsplans (vgl. S. 151 der Gerichtsakte) keine konkrete gemeindliche Planung vor. Anhaltspunkte, dass das Schutzgebiet eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung nachhaltig stören oder wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entziehen oder konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten unnötig verbauen könnte, hat der Antragsteller nicht dargelegt (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 28.10.2008 – 7 BN 4.08 – UPR 2009, 236 = juris Rn. 8; U.v. 7.6.2001 – 4 CN 1.01 – BVerwGE 114, 301 = juris Rn. 10; vgl. auch Ziekow, Handbuch des Fachplanungsrechts, 2. Aufl. 2014, § 8 Rn. 144).

3. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten.

B.

Der Normenkontrollantrag ist unbegründet. Die angegriffene Verordnung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

1. Formelle Fehler beim Normerlass sind weder gerügt noch ersichtlich.

2. Der Antragsteller ist mit seinen Einwendungen, die auf die Verhinderung oder Modifizierung des mit der Verordnung festgesetzten Schutzgebiets abzielen, nach Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG ausgeschlossen. Innerhalb der bis 27. Mai 2015 laufenden Anhörungsfrist hat er weder bei der Anhörungsbehörde (vgl. unten 2.1) noch bei sich selbst (vgl. unten 2.2) Einwendungen erhoben. Er ist hinsichtlich seines Klagevorbringens auch nicht so zu stellen, als wäre ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 32 Abs. 1 und 3 BayVwVfG gewährt worden (vgl. unten 2.3). Auch die Tatsache, dass sich das Landratsamt inhaltlich mit den verfristeten Einwendungen auseinandergesetzt hat, ändert nichts an der gesetzlichen Präklusion, die nicht zur Disposition der Behörde steht (vgl. BVerwG, B.v. 27.5.2013 – 4 BN 28.13 – ZfBR 2013, 580 = juris Rn. 5).

2.1 Bei der Anhörungsbehörde hat der Antragsteller nicht fristgerecht bis 27. Mai 2015 Einwendungen erhoben. Sein Einwendungsschreiben vom 28. Mai 2015 (beglaubigter Auszug vom 28.5.2015 aus der Niederschrift der Sitzung des Marktgemeinderats am 21.5.2015) ging erst am 29. Mai 2015 beim Landratsamt ein (vgl. Empfangsbestätigung, S. 278 der Behördenakte). Auch das Anwaltsschreiben vom 15. Mai 2015 lag der Anhörungsbehörde ausweislich des behördlichen Eingangsstempels erst am 28. Mai 2015 vor (vgl. S. 294 der Behördenakte). Der Eingangsstempel des Landratsamts stellt eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO dar (vgl. BayVGH, U.v. 15.9.2006 – 9 B 04.1233 – juris Rn. 34; BFH, B.v. 29.3.2005 – IX B 236/02 – juris Rn. 4 f.; LSG LSA, U.v. 13.8.2002 – L 2 AL 15/00 – juris Rn. 23). Dieser Eingangsstempel erbringt grundsätzlich den Beweis für Zeit und Ort des Eingangs eines Schreibens (vgl. BVerwG, B.v. 29.11.2017 – 10 B 5.17 – juris Rn. 13; BFH, B.v. 14.3.2011 – VI R 81/10 – BFH/NV 2011, 1002 = juris Rn. 15). Den nach § 418 Abs. 2 ZPO möglichen Gegenbeweis dahin, dass das Schreiben bis zum 27. Mai 2015 beim Landratsamt eingegangen ist, hat der Antragsteller nicht erbracht. Die bloße, in aller Regel nicht völlig auszuschließende Möglichkeit, dass bei der Abstempelung ein Fehler unterlaufen ist, reicht hierfür nicht aus (vgl. BGH, U.v. 31.5.2017 – VIII ZR 224/16 = NJW 2017, 2285 = juris Rn. 20). Vorliegend sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass der Eingangsstempel fehlerhaft ist, zumal während eines Poststreiks (vgl. unten 2.3.2.1) eine mehrtägige Postlaufzeit nicht ungewöhnlich ist. Es bestand deshalb kein Anlass für weitergehende Sachverhaltsermittlungen, wie vom Antragsteller mit nachgelassenem Schriftsatz vom 9. Juli 2017 angeregt (vgl. auch Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 10 m.w.N.).

2.2 Auch bei sich selbst hat der Antragsteller nicht fristgerecht Einwendungen erhoben. Zwar ist höchstrichterlich geklärt, dass eine Gemeinde nicht nur bei der Anhörungsbehörde, sondern auch bei sich selbst Einwendungen erheben kann (vgl. BVerwG, U.v. 12.2.1997 – 11 A 62.95 – NVwZ 1997, 997 = juris Rn. 22; BayVGH, GB.v. 13.1.2004 – 22 A 03.40034 – juris Rn. 21; Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 73 Rn. 75). Dies gilt auch, wenn Schreiben – wie hier – nicht an sich selbst, sondern an die Anhörungsbehörde adressiert sind (vgl. BVerwG, U.v. 18.6.1997 – 11 A 70.95 – UPR 1997, 471 = juris Rn. 24).

An die Erhebung von Einwendungen bei sich selbst, die ein „Insichgeschäft“ darstellt, sind im Interesse der Rechtssicherheit gewisse Anforderungen an die Publizität zu stellen, denen vorliegend nicht genügt wurde. Mit der Beschlussfassung des Marktgemeinderats vom 21. Mai 2015 und ihrer Protokollierung war zwar der interne Meinungsbildungsprozess beim Antragsteller abgeschlossen, eine Einwendung aber noch nicht erhoben. Wie bei jeder Willenserklärung im Namen der Gemeinde bedurfte es dazu des Vollzugs durch den Ersten Bürgermeister (vgl. Art. 36, Art. 38 Abs. 1 GO). Eine Umsetzung des Beschlusses durch eine vom Ersten Bürgermeister eigenhändig unterschriebene oder zur Niederschrift abgegebene Erklärung ist innerhalb der Einwendungsfrist nicht erfolgt; die Unterzeichnung des Sitzungsprotokolls reicht hierfür nicht aus (vgl. BayVGH, GB.v. 13.1.2004 – 22 A 03.40034 – juris Rn. 22).

Auch mit dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 15. Mai 2015 wurde der Beschluss des Marktgemeinderats nicht fristgerecht umgesetzt. Das Schreiben gelangte nicht in der nach Art. 73 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG erforderlichen Schriftform zu den gesammelten Einwendungen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 12.2.1997 – 11 A 62.95 – NVwZ 1997, 997 = juris Rn. 24; U.v. 18.6.1997 – 11 A 70.95 – UPR 1997, 471 = juris Rn. 26). Die mit einfacher E-Mail der Kämmerei an die Gemeindewerke, wo die Einwendungen gesammelt wurden, am 26. Mai 2015 übermittelte (nicht unterschriebene) Kopie des Schreibens (S. 305 ff. der Behördenakte) genügt nicht den Anforderungen für die Ersetzung der Schriftform nach Art. 3a Abs. 2 BayVwVfG. Sie erfüllt offensichtlich nicht die Formerfordernisse des Art. 3a Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG. Zudem ist sie auch nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen (Art. 3a Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). Mit dieser Anforderung will der Gesetzgeber einen fälschungssicheren elektronischen Schriftverkehr gewährleisten und sicherstellen, dass die Signatur des Dokuments durch die Person erfolgt, der diese zugeordnet ist. Nur auf diese Weise kann ein elektronisches Dokument in gleicher Weise wie die Unterschrift Gewähr dafür bieten, dass es von dem Aussteller herrührt und mit dessen Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2016 – 6 C 12.15 – BayVBl 2017, 568 = juris Rn. 21; B.v. 14.9.2010 – 7 B 15.10 – NVwZ 2011, 364 = juris Rn. 24). Eine E-Mail, die diesen normativen Anforderungen nicht genügt, ist nicht geeignet, die gesetzliche Frist für die Erhebung von Einwendungen zu wahren. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach in Ausnahmefällen vom Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift Abstand genommen werden kann, wenn sich auch ohne eigenhändige Namenszeichnung aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Rechtsverkehrswillen ergibt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 26.8.1983 – 8 C 28.83 – BayVBl 1984, 251 = juris Rn. 12; B.v. 19.12.2001 – 3 B 33.01 – juris Rn. 2), ist auf die Übermittlung von Dokumenten durch einfache E-Mail nicht übertragbar (vgl. BVerwG, B.v. 17.6.2011 – 7 B 79.10 – Buchholz 406.254 URG Nr. 3 = juris Rn. 24; B.v. 14.9.2010 – 7 B 15.10 – NVwZ 2011, 364 = juris Rn. 25).

Da Einwendungen innerhalb der Frist nicht formgerecht erhoben wurden, bedarf es keiner Entscheidung, ob ein ordnungsgemäß unterzeichnetes Einwendungsschreiben zusätzlich mit einem Eingangsstempel oder Eingangsvermerk des Antragstellers zu versehen gewesen wäre, um den fristgerechten Eingang zu dokumentieren (auch offengelassen BVerwG, U.v. 12.2.1997 – 11 A 62.95 – NVwZ 1997, 997 = juris Rn. 25; VGH BW, U.v. 30.4.2001 – 5 S 273/00 – juris Rn. 31; vgl. hierzu auch Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rn. 75).

2.3 Dem Antragsteller ist auch keine Nachsicht in Form der Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren. Ein Anspruch auf Berücksichtigung seiner Belange würde auch nach dem Erlass der angegriffenen Verordnung voraussetzen, dass die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung vorliegen (vgl. unten 2.3.1). Daran fehlt es hier. Der Antragsteller hat die Einwendungsfrist nicht unverschuldet versäumt (vgl. unten 2.3.2); es war ihm auch nicht infolge „höherer Gewalt“ unmöglich, eine Wiedereinsetzung vor Ablauf eines Jahres zu beantragen (vgl. unten 2.3.3).

2.3.1 Nachdem die angegriffene Verordnung erlassen wurde, kann dem Antragsteller unmittelbar keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mehr gewährt werden. Ein etwaiger Wiedereinsetzungsanspruch würde sich aber in einen Anspruch auf Berücksichtigung der Belange im gerichtlichen Verfahren wandeln (vgl. BVerwG, GB.v. 30.7.1998 – 4 A 1.98 – NVwZ-RR 1999, 162 = juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 20.5.2003 – 20 A 02.40015 u.a. – juris Rn. 87; Schink in Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, § 73 Rn. 124; Kämper in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2. Aufl. 2016, § 73 Rn. 60). Dies bedeutet indessen nicht, dass eine solche Berücksichtigung losgelöst von den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in Betracht kommt. Denn derjenige, dem ein Wiedereinsetzungsgrund erst nach dem Erlass der Verordnung offenbar wird, kann deshalb im gerichtlichen Verfahren nicht besser gestellt werden, als wenn er den Wiedereinsetzungsgrund noch im Erlassverfahren gegenüber dem Verordnungsgeber geltend gemacht hätte (vgl. NdsOVG, U.v. 14.1.2014 – 7 MS 103/13 – NuR 2014, 214 = juris Rn. 33). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

2.3.2 Der Antragsteller hat die Einwendungsfrist nicht unverschuldet versäumt (Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG). Auf die Einhaltung der üblichen Postlaufzeiten durfte er wegen eines Poststreiks nicht vertrauen (vgl. nachfolgend 2.3.2.1). Seiner Prozessbevollmächtigten nicht zurechenbares Drittverschulden bei der Fristenüberwachung wurde weder rechtzeitig vorgetragen noch glaubhaft gemacht (vgl. unten 2.3.2.2).

2.3.2.1 Seinem Vortrag, seine Prozessbevollmächtigte habe das Einwendungsschreiben am 22. Mai 2015 zur Post gegeben, sodass er auf einen fristgerechten Eingang beim Landratsamt habe vertrauen dürfen, lässt sich kein Wiedereinsetzungsgrund entnehmen. Deshalb kann dahinstehen, ob die zur Begründung angegebenen Tatsachen nach Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht wurden (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 2 BvR 162/16 – StV 2017, 731 = juris Rn. 26; BVerwG, B.v. 16.10.1995 – 7 B 163.95 – NJW 1996, 409 = juris Rn. 4; BGH, B.v. 21.10.2010 – V ZB 210/09 – NJW-RR 2011, 136 = juris Rn. 7).

Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Deutsche Post AG dürfen dem Absender bei der Anwendung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zwar grundsätzlich nicht als Verschulden angerechnet werden. Er darf darauf vertrauen, dass die nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten eingehalten werden. Im Verantwortungsbereich des Absenders liegt es allein, das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Post zu geben, dass es nach deren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen bei normalem Verlauf der Dinge den Empfänger fristgerecht erreichen kann (vgl. BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 2 BvR 162/16 – StV 2017, 731 = juris Rn. 26; BVerwG, B.v. 27.3.2017 – 4 BN 33.16 – juris Rn. 5).

Anders liegt es, wenn aufgrund besonderer Umstände das im Allgemeinen gerechtfertigte Vertrauen in eine fristgemäße Briefbeförderung gestört war und deshalb gesteigerte Sorgfaltsanforderungen bestanden. Ein solcher Fall liegt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann vor, wenn der störungsfreie Postverkehr – wie hier – wegen eines Poststreiks nicht gewährleistet ist und der Betroffene die Verzögerung voraussehen konnte (vgl. BVerfG, B.v. 29.12.1994 – 2 BvR 106/93 – NJW 1995, 1210 = juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 20.2.1997 – 9 B 776.96 – juris Rn. 2; BGH, B.v. 12.5.2016 – V ZB 135/15 – NJW 2016, 3789 = juris Rn. 24). Denn auf die Einhaltung der bekanntgegebenen Beförderungszeiten kann der Postkunde in der Regel (nur) solange vertrauen, bis die Post eine Gefahr möglicher Verzögerung in vergleichbarer Weise bekannt gibt oder erhebliche Verzögerungen offenkundig sind (vgl. BVerfG, B.v. 29.12.1994 – 2 BvR 106/93 – NJW 1995, 1210 = juris Rn. 17). Konnte ein Rechtsanwalt bei Anstellen der gebotenen Nachforschungen Kenntnis davon erlangen, dass sein fristgebundenes Schriftstück von einem Poststreik betroffen sein kann, und wählt er für die Beförderung gleichwohl den Postweg, obwohl sichere Übermittlungswege (Telefax, Einwurf in den Briefkasten beim Empfänger) zumutbar sind, treffen ihn gesteigerte Sorgfaltsanforderungen (vgl. BVerfG, B.v. 29.12.1994 – 2 BvR 106/93 – NJW 1995, 1210 = juris Rn. 26 f.; BGH, B.v. 12.5.2016 – V ZB 135/15 – NJW 2016, 3789 = juris Rn. 24; BVerwG, B.v. 20.2.1997 – 9 B 776.96 – juris Rn. 2). In einer solchen Situation kann von ihm erwartet werden, dass er sich danach erkundigt, ob das während des Poststreiks abgesandte Schriftstück die Behörde auch fristgerecht erreicht hat (vgl. BVerwG, B.v. 20.2.1997 – 9 B 776.96 – juris Rn. 2; BGH, B.v. 12.4.2016 – XI ZR 515/15 – juris Rn. 5).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Antragsteller die ihm während des Poststreiks obliegenden gesteigerten Sorgfaltspflichten nicht erfüllt. Er hatte im Zeitpunkt der Aufgabe des Einwendungsschreibens zur Post (22.5.2015) mit streikbedingten Verzögerungen zu rechnen. Jedenfalls seit dem 13. Mai 2015 waren der Streik und seine Auswirkungen Gegenstand medialer Berichterstattung (vgl. z.B. S. 215 der Gerichtsakte). Im Übrigen entspricht es der Lebenserfahrung, dass die Öffentlichkeit unverzüglich und regelmäßig über Streikaktionen der Gewerkschaft informiert wird (vgl. BGH, B.v. 12.5.2016 – V ZB 135/15 – NJW 2016, 3789 = juris Rn. 24). Die wiederholten, zeitlich befristeten Arbeitsniederlegungen bei der Deutschen Post AG dauerten bis über den Fristablauf am 27. Mai 2015 hinaus an, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf Pressemitteilungen der Gewerkschaft ver.di hingewiesen hat. Im Zeitpunkt der Aufgabe des Schreibens zur Post musste die Antragstellerseite bei Anstellen der gebotenen Nachforschungen erkennen, dass dessen Beförderung von dem Poststreik betroffen sein kann (vgl. BGH, B.v. 12.5.2016 – V ZB 135/15 – NJW 2016, 3789 = juris Rn. 25). Die Gefahr erheblicher Verzögerungen war offenkundig, weshalb es unerheblich ist, ob die Deutsche Post AG – was der Antragsteller bestreitet – dies selbst bekanntgegeben hat (vgl. BVerfG, B.v. 29.12.1994 – 2 BvR 106/93 – NJW 1995, 1210 = juris Rn. 17; BGH, B.v. 12.5.2016 – V ZB 135/15 – NJW 2016, 3789 = juris Rn. 24 ff.). Unter diesen Umständen war die Antragstellerseite gehalten, sich beim Landratsamt zu erkundigen, ob das Einwendungsschreiben eingegangen ist. Dies hat sie versäumt.

Der mit nachgelassenem Schriftsatz vom 9. Juli 2018 gestellte Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Tatsache, dass in der Zeit vom 22. bis 28. Mai 2015 die für die Ermittlung des Einwendungsschreibens zuständigen Briefzentren 80 (München) und 82 (Starnberg) nicht bestreikt und von der Deutschen Post AG für dieses Poststück keine von der Regelpostlaufzeit abweichende streikbedingte Postlaufzeit angekündigt worden sei (etwa in dem eigens vorgehaltenen Suchdienst), gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, weil sich daraus keine Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts ergibt (vgl. BVerwG, B.v. 15.4.2003 – 7 BN 4.02 – NVwZ 2003, 1116 = juris Rn. 17; B.v. 10.10.2013 – 1 B 15.13 – Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 72 = juris Rn. 7). Da die Antragstellerseite bei der Aufgabe des Schreibens zur Post, wie oben dargelegt, erkennen konnte, dass dessen Beförderung von dem Poststreik betroffen sein kann, ist nicht entscheidungserheblich, ob die o.g. Briefzentren tatsächlich bestreikt wurden und ob die Deutsche Post AG auf streikbedingte Verzögerungen hingewiesen hat. Dass sich die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers bei der Deutschen Post AG, z.B. über ein Serviceangebot im Internet (vgl. Anlage 1 des Schriftsatzes vom 9.7.2018), vergewissert hätte, dass ihr Schreiben nicht vom Streik betroffen ist, wurde nicht behauptet.

2.3.2.2 Der in der mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2018 nachgeschobene Vortrag, die Kanzleiangestellten hätten bei der ihnen übertragenen Fristenüberwachung die allgemeine Büroanweisung außer Acht gelassen, wonach ein nicht im Akt dokumentierter Zugang fristwahrender Schreiben beim Empfänger zu erfragen sei, ist verspätet, weil er nicht innerhalb der Zwei-Wochenfrist des Art. 32 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG dargelegt wurde. Bei diesem Vortrag handelt es sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht um Ausführungen, mit denen unklare oder unvollständige Angaben des bisherigen Vortrags (zur rechtzeitigen Aufgabe des Einwendungsschreibens zur Post) ergänzt, erläutert oder substanziiert werden, sondern um einen neuen Sachvortrag, der im Wiedereinsetzungsgesuch vom 25. Juni 2018 auch nicht ansatzweise erwähnt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 – 3 C 21.11 – BVerwGE 142, 219 = juris Rn. 25; BGH, B.v. 31.3.2010 – XII ZB 166/09 – FamRZ 2010, 879 = juris Rn. 12; BFH, U.v. 31.1.2017 – IX R 19/16 – HFR 2017, 671 = juris Rn. 21). Die Zwei-Wochenfrist gilt entgegen der Auffassung des Antragstellers auch in Fällen, in denen – wie hier – eine Wiedereinsetzung wegen Erlass der angegriffenen Verordnung nicht mehr unmittelbar gewährt werden kann und der Antragsteller stattdessen erreichen will, im gerichtlichen Verfahren als „nicht präkludiert“ gestellt zu werden. Derjenige, dem ein Wiedereinsetzungsgrund erst nach Verordnungserlass offenbar wird, kann nicht besser gestellt werden, als wenn er den Wiedereinsetzungsgrund früher geltend gemacht hätte (vgl. NdsOVG, U.v. 14.1.2014 – 7 MS 103/13 – NuR 2014, 214 = juris Rn. 33). Auch in diesem Fall ist es geboten, die Unsicherheit, ob es bei den Folgen einer Fristversäumnis bleibt, in engen Grenzen zu halten (vgl. BFH, U.v. 31.1.2017 – IX R 19/16 – HFR 2017, 671 = juris Rn. 21).

Abgesehen davon konnte der Antragsteller (aus den in der mündlichen Verhandlung erläuterten Gründen) die näheren Abläufe nicht mehr nachvollziehen. Er hat auch nicht dargelegt, dass es sich bei den für die Fristenüberwachung verantwortlichen Angestellten um gut ausgebildete, zuverlässige sowie sorgfältig ausgewählte und überwachte Bürokräfte gehandelt hat (vgl. BVerwG, B.v. 10.4.2017 – 1 B 66.17 – InfAuslR 2017, 261 = juris Rn. 2; B.v. 6.6.1995 – 6 C 13.93 – BayVBl 1996, 284 = juris Rn. 5; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 32 Rn. 43; Kallerhoff/Stamm in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 32 Rn. 20).

2.3.3 Dem Antragsteller war es auch nicht infolge höherer Gewalt unmöglich, die Wiedereinsetzung vor Ablauf eines Jahres seit dem Ende der versäumten Einwendungsfrist zu beantragen (Art. 32 Abs. 3 BayVwVfG).

Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist enger als der Begriff „ohne Verschulden“ in Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG. Unter „höherer Gewalt“ ist ein Ereignis zu verstehen, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des konkreten Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe – also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung – zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (vgl. BVerfG, B.v. 16.10.2007 – 2 BvR 51/05 – BVerfGK 12, 303 = juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 10.12.2013 – 8 C 25.12 – NVwZ 2014, 1237 = juris Rn. 30; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 32 Rn. 37; Kallerhoff/Stamm in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 32 Rn. 41).

Gemessen an diesen Grundsätzen war für den Antragsteller der für die Nichteinhaltung der Jahresfrist nach Art. 32 Abs. 3 BayVwVfG ursächliche Irrtum, sein Schreiben sei fristgerecht beim Landratsamt eingegangen, nicht unvermeidbar. Dass ihn das Landratsamt über den verspäteten Eingang in Unkenntnis gelassen und seine Einwendungen im weiteren Verfahren in der Sache behandelt hat, rechtfertigt nicht die Annahme höherer Gewalt. Die bloße Untätigkeit einer Behörde reicht hierfür in aller Regel nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass die Behörde den Betroffenen – etwa durch falsche Auskunft oder die bewusste Erregung eines Irrtums – von der fristwahrenden Handlung abgehalten hat (vgl. BVerwG, U.v. 30.10.1997 – 3 C 35.96 – NVwZ 1998, 1292 = juris Rn. 58; VGH BW, U.v. 10.12.2015 – 2 S 1516/14 – VBlBW 2016, 205 = juris Rn. 77). Dafür sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich. Die gesetzliche Präklusion steht auch nicht zur Disposition der Behörde (vgl. BVerwG, B.v. 27.5.2013 – 4 BN 28.13 – ZfBR 2013, 580 = juris Rn. 5).

2.4 Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen des Antragstellers ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen (Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG). Die Präklusionswirkung erstreckt sich entgegen seiner Auffassung auch auf seine Eigentumsbetroffenheit betreffend das Grundstück FlNr. … Zu den besonderen privatrechtlichen Titeln zählen insbesondere privatrechtliche Verträge mit dem Vorhabensträger oder zivilrechtliche Abwehransprüche gegen das Vorhaben, die aus dem Grundstückseigentum oder dinglichen Rechten hieran hergeleitet werden (vgl. Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rn. 99-102; Lieber in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl. 2014, § 73 Rn. 267). Solche stehen vorliegend nicht in Rede.

3. Die angefochtene Verordnung leidet auch nicht an materiell-rechtlichen Fehlern.

Rechtsgrundlage der Verordnung ist § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG. Hiernach können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG). In Wasserschutzgebieten können bestimmte Handlungen verboten oder für nur beschränkt zulässig erklärt und Eigentümer, Nutzungsberechtigte und Begünstigte zur Vornahme bzw. Duldung bestimmter Handlungen und Maßnahmen verpflichtet werden (§ 52 Abs. 1 WHG).

Der gerichtlich voll überprüfbare Begriff der Erforderlichkeit bezieht sich zum einen in sachlicher Hinsicht auf den Schutz des Wasservorkommens dem Grunde nach, was sich nach der Schutzwürdigkeit, Schutzbedürftigkeit und Schutzfähigkeit richtet (vgl. BVerwG, U.v. 26.11.2015 – 7 CN 1.14 – NVwZ 2016, 609 = juris Rn. 25; U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 = juris Rn. 20; vgl. auch Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1086). Zum anderen setzt die Erforderlichkeit der räumlichen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets Grenzen, weil die damit einhergehende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse im Wege der Inhalts- und Schrankenbestimmung nur zulässig ist, wenn von dem betroffenen Grundstück Einwirkungen auf das zu schützende Grundwasser ausgehen können (vgl. BVerwG, U.v. 26.11.2015 – 7 CN 1.14 – NVwZ 2016, 609 = juris Rn. 26 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, B.v. 6.9.2005 – 1 BvR 1161/03 – NVwZ 2005, 1412 = juris Rn. 26).

Nach diesen Grundsätzen erfordert das Wohl der Allgemeinheit die Neufestsetzung des Wasserschutzgebiets zur Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung der Beigeladenen. Im maßgebenden Zeitpunkt des Verordnungserlasses (stRspr, vgl. BayVGH, U.v. 6.10.2015 – 8 N 13.1281 u.a. – juris Rn. 22; U.v. 1.8.2011 – 22 N 09.2729 – ZfW 2012, 94 = juris Rn. 23) erweist sich das erschlossene Grundwasservorkommen als schutzwürdig (vgl. unten 3.1), sachlich schutzbedürftig (vgl. unten 3.2) und im konkret festgesetzten Umfang räumlich schutzbedürftig (vgl. unten 3.3) sowie ausreichend schutzfähig (vgl. unten 3.4), ohne dass rechtlich geschützte Interessen – insbesondere das Selbstverwaltungsrecht oder das zivilrechtliche Eigentumsrecht des Antragstellers – unverhältnismäßig beschränkt würden (vgl. unten 3.5). Die Schutzgebietsausweisung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil eine sich aufdrängende Alternativerschließung außer Acht gelassen worden wäre (vgl. unten 3.6).

3.1 Das aus dem Brunnen 1 geförderte Wasser ist schutzwürdig. Ein Wasservorkommen ist schutzwürdig, wenn es nach seiner Menge und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist. Umgekehrt fehlt es an der Schutzwürdigkeit, wenn trotz Schutzanordnungen, z.B. aus hydrologischen oder geologischen Gründen, eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Wassers zu befürchten ist und eine Trinkwassernutzung daher ausscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 20.1.2015 – 7 BN 2.14 – W+B 2015, 120 = juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 1.8.2011 – 22 N 09.2729 – ZfW 2012, 94 = juris Rn. 34; VGH BW, U.v. 26.3.2015 – 3 S 166/14 – NuR 2015, 575 = juris Rn. 40; Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 51 Rn. 19 m.w.N.). Die Qualität des Wasservorkommens wird durch die vorgelegten Untersuchungsberichte (vgl. S. 62 ff. der Antragsunterlagen) belegt. Im Übrigen ist unbestritten, dass aus dem Brunnen 1 Wasser in ausreichender Menge gefördert werden kann.

3.2 Das Wasservorkommen ist auch schutzbedürftig, weil ohne die Erweiterung des bisherigen Schutzgebiets eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Wasservorkommens nach seiner chemischen Beschaffenheit oder seiner hygienischen oder geschmacklichen Eignung für Trinkwasserzwecke befürchtet werden müsste (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.2015 – 7 BN 2.14 – juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 6.10.2015 – 8 N 13.1281 u.a. – juris Rn. 29; VGH BW, U.v. 24.3.2014 – 3 S 280/10 – juris Rn. 54; vgl. auch Czychowski/Reinhardt, WHG, § 51 Rn. 19). Davon ist angesichts der überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen; eines Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts bedarf es nicht (vgl. BVerwG, U.v. 12.9.1980 – IV C 89.77 – NJW 1981, 837 = juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 6.10.2015 – 8 N 13.1281 u.a. – juris Rn. 29; OVG RhPf, U.v. 8.10.2015 – 1 C 10843/13 – juris Rn. 29; VGH BW, U.v. 24.3.2014 – 3 S 280/10 – juris Rn. 53).

Vorliegend wird das Einzugsgebiet des Brunnens 1 vorwiegend land- und forstwirtschaftlich genutzt; Verkehrswege (B * und St 20**) verlaufen durch dieses hindurch (vgl. Nr. 6 des DVGW-Arbeitsblatts W 101). Die Grundwasserüberdeckung im Einzugsgebiet weist eine mindestens mittlere Schutzfunktion auf. Ausgenommen bleiben jedoch einzelne Bereiche punktueller Infiltration von Oberflächenwasser („Schlucklöcher“), die erhöht schutzbedürftig sind (vgl. S. 37 des wasserrechtlichen Genehmigungsantrags). Auch der Antragsteller bezweifelt die Schutzbedürftigkeit der Sache nach nicht.

3.3. Die Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ist vorliegend auch hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets gegeben.

In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsgebiet des zu schützenden Trinkwasserbrunnens liegen und von denen Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 51 Abs. 1 WHG ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (vgl. BVerfG, B.v. 6.9.2005 – 1 BvR 1161/03 – NVwZ 2005, 1412 = juris Rn. 26; BVerwG, U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 = juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 1.8.2011 – 22 N 09.2729 – ZfW 2012, 94 = juris Rn. 39). Der Normgeber muss die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen (vgl. BVerwG, U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 = juris Rn. 21). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen sich oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichnet sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt (vgl. BVerwG, U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 = juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 6.10.2015 – 8 N 13.1281 u.a. – juris Rn. 35; VGH BW, U.v. 24.3.2014 – 3 S 280/10 – juris Rn. 62; vgl. auch Czychowski/Reinhardt, WHG, § 51 Rn. 45; Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand Februar 2017, § 51 WHG Rn. 46; Schwind in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 51 Rn. 40). Dabei kommt den Beurteilungen des zuständigen Wasserwirtschaftsamts aufgrund seiner Stellung als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) und aufgrund seiner Erfahrungen nach einer jahrzehntelangen Bearbeitung eines bestimmten Gebiets besondere Bedeutung zu (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, U.v. 1.8.2011 – 22 N 09.2729 – ZfW 2012, 94 = juris Rn. 39).

Nach diesen Maßstäben ist die Ausdehnung der weiteren Schutzzone, insbesondere auch an ihrer östlichen Grenze, vorliegend nicht zu beanstanden. Das Landratsamt hat sich bei seiner Grenzziehung auf den Schutzgebietsvorschlag des Ingenieurbüros Dr. … vom 30. Juli 2014 gestützt, der vom Wasserwirtschaftsamt als tragfähig beurteilt wurde (vgl. Gutachten vom 3.3.2015, S. 183 ff. der Behördenakte). Durchgreifende Einwände gegen die Methodik und Schlüssigkeit des Schutzgebietsvorschlags sind weder aufgezeigt noch sonst für den Senat erkennbar.

3.3.1 Der Antragsteller stützt seine Einwendungen gegen die östliche Bemessung der weiteren Schutzzone maßgeblich auf die gutachterlichen Stellungnahmen des Diplomgeologen Dr. S* … vom 15. Juni 2016 und 3. November 2017. Die dort dargelegten Zweifel an der Richtlinienkonformität der Grenzziehung erweisen sich als nicht stichhaltig. Beide Stellungnahmen überzeugen bereits deshalb nicht, weil sie hinsichtlich der östlichen Erstreckung der weiteren Schutzzone zu diametral gegensätzlichen Ergebnissen gelangen. Während die Stellungnahme vom 15. Juni 2016 annimmt, bei strikter Richtlinienanwendung ergäbe sich ein etwas schmäleres, erheblich weiter nach Osten reichendes Wasserschutzgebiet (vgl. S. 48 der Gerichtsakte), schlussfolgert die Äußerung vom 3. November 2017, eine Ausweitung des Wasserschutzgebiets über die bestehenden Grenzen der Schutzzone W III sei nach den derzeit gültigen Richtlinien überhaupt nicht erforderlich (vgl. S. 144 der Gerichtsakte).

Seine konträren Annahmen begründet der Diplomgeologe Dr. S* … mit einer Widersprüchlichkeit der Vorgaben des Merkblatts Nr. 1.2/7 des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU), wonach eine Schutzgebietsausweisung bei einer Fließzeit von über drei Jahren nicht erforderlich sei, und des DVGW-Arbeitsblatts W 101, das hier strengere Vorgaben beinhalte (vgl. S. 4 f. der Sitzungsniederschrift vom 3.7.2018). Eine solche Widersprüchlichkeit vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, die im DVGW-Arbeitsblatt W 101 vorgesehene Mindestentfernung zum Fassungsbereich von 1.000 m (vgl. dort Nr. 4.4.2, S. 11) sei im Rahmen der Bemessung der Grenze der Schutzzone III gemäß dem LfU-Merkblatt Nr. 1.2/7 (Stand: 1.1.2010, vgl. dort Nr. 6.1) grundsätzlich einzuhalten (vgl. S. 5 der Sitzungsniederschrift). Die Fließzeit sei ein wichtiges Kriterium, aber nicht das einzige. Mit der Entfernung eines Schadstoffeintrags vom Fassungsbereich vergrößere sich der Verdünnungseffekt. Diese fachbehördliche Einschätzung wird vom Ingenieurbüro Dr. …, das den Schutzgebietsvorschlag erarbeitet hat, ebenso gestützt (vgl. S. 163 der Gerichtsakte) wie von dem im Anhörungsverfahren für den Antragsteller tätig gewordenen Ingenieurbüro H* …, das hier sogar einen Mindestabstand von 2.000 m für erforderlich gehalten hat (vgl. S. 318 der Behördenakte). Im Übrigen legt das LfU-Merkblatt Nr. 1.2/7 in Nr. 6.1.2 eindeutig fest, dass bei einem Poren-Grundwasserleiter, der hier vorliegt (vgl. S. 8 des Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 3.3.2015, S. 32 des wasserrechtlichen Genehmigungsantrags), die Zone III A gemäß dem DVGW-Arbeitsblatt W 101 festzulegen ist (vgl. dort S. 21 und S. 22, Abb. 4.).

Dass die bisherige östliche Schutzgebietsgrenze mit einem Abstand von nur ca. 500 m zur Fassung dem nicht entspricht, steht außer Frage.

3.3.2 Die Berechnung des unterirdischen Einzugsgebiets der Wassergewinnungsanlage der Beigeladenen erweist sich als tragfähig.

3.3.2.1 Der Einwand des Antragstellers, die Datenbasis der Grundwassermessdaten sei mangelhaft, weil die Bestimmung von Grundwasserfließrichtung und -gefälle auf einer einzigen Stichtagsmessung (24.6.2004) beruhe bzw. frühere Messungen zwar erwähnt, aber nicht dokumentiert seien, ist nicht berechtigt. Aus dem Schutzgebietsvorschlag (vgl. dort S. 33 oben) ergibt sich, dass mehrere Stichtagsmessungen zwischen 1999 und 2004 zugrunde gelegt wurden. Mit seiner Stellungnahme vom 2. Juni 2017 (vgl. S. 115 ff. der Gerichtsakte) hat das Ingenieurbüro Dr. … diese Stichtagsmessungen (31.5.1999, 14.11.2000 und 15.10.2001) näher erläutert und Grundwassergleichenpläne hierzu vorgelegt. Im Übrigen ist unstreitig, dass das Gebiet der sog. M* … Mulde sehr genau erkundet ist; neben der Beigeladenen fördern dort auch der Antragsteller sowie die Gemeinden S* … und R* … ihr Trinkwasser. Alle dortigen Wasserschutzgebiete werden seit langer Zeit vom Fachbüro Dr. … betreut (vgl. S. 6 der Sitzungsniederschrift vom 3.7.2018), sodass davon auszugehen ist, dass das Büro die Verhältnisse vor Ort sehr gut kennt und dass diese Kenntnisse in den Schutzgebietsvorschlag eingeflossen sind.

3.3.2.2 Der Sicherheitszuschlag von 6° im ermittelten Anstrombereich ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Ansatz erfolgte aufgrund zu erwartender geringfügiger Grundwasserströmungsvarianzen und Dispersionseffekte infolge der natürlichen Schwankungen des Grundwasserstands (vgl. S. 5 der Stellungnahme des Ingenieurbüros Dr. … vom 2.6.2017; S. 119 der Gerichtsakte; S. 52 des wasserrechtlichen Antrags). Der Sicherheitszuschlag (Öffnungswinkel) von 6° bewegt sich innerhalb der in der Fachliteratur vertretenen Werte von 5-7° (vgl. LfU-Merkblatt Nr. 1.2/7, S. 16, Fußnote 2) bzw. 5-6° (vgl. Anlage 2 zum LfU-Merkblatt Nr. 1.2/7, S. 3). Das Wasserwirtschaftsamt hat den Sicherheitszuschlag von 6° als ausreichend, aber auch erforderlich erachtet (vgl. S. 5 der Sitzungsniederschrift vom 3.7.2018; S. 430 der Behördenakte). Auch das vom Antragsteller im Anhörungsverfahren beigezogene Ingenieurbüro H* … bewertet einen seitlichen Sicherheitszuschlag von 6° vorliegend als realistisch (vgl. Stellungnahme vom 27.5.2017, S. 318 der Behördenakte). Der Antragsteller hat diese fachliche Bewertung nicht erschüttern können.

Im Übrigen ist der Vortrag, bei strikter Anwendung der Richtlinien sei das Grundstück FlNr. … nicht in den Schutzgebietsumgriff aufzunehmen, nicht nachvollziehbar, weil das Grundstück auch bei Vernachlässigung des Sicherheitszuschlags von 6° noch mit einem erheblichen Teil seiner Fläche innerhalb des Anstrombereichs liegt (vgl. S. 116 der wasserrechtlichen Antragsunterlagen).

3.3.2.3 Die Methodik der Ermittlung des Einzugsgebiets wird auch durch den Vortrag, die Zuspeisungswahrscheinlichkeit nach Anlage 2 des LfU-Merkblatts Nr. 1.2/7 sei richtlinienwidrig nicht berechnet worden, nicht infrage gestellt. Der Antragsgegner hat unter Einbeziehung des Wasserwirtschaftsamts angegeben, geprüft zu haben, ob Flächen des Einzugsgebietes nach den Kriterien der „Zuspeisungswahrscheinlichkeit“ aus dem Schutzumgriff entlassen werden könnten. Dies habe sich als nicht möglich erwiesen, weil sich die Zuspeisungswahrscheinlichkeit bei den vorhandenen hydraulischen Parametern und dem Entnahmeumfang erst in sehr viel größerer Entfernung (als es das Schutzgebiet festsetzt) auf ein Maß reduziert, das eine geringe Schutzbedürftigkeit nach sich zöge (vgl. S. 65 der Gerichtsakte). Dies steht im Einklang mit den Ausführungen des Ingenieurbüros Dr. …, wonach dieses Berechnungsverfahren vorliegend keine realistischen Ergebnisse liefern könne. Die Methode sei speziell für langgestreckte und weitläufige Schotteraquifere hoher Transmissivität entwickelt worden. Diese Situation sei für die M* … Mulde mit ihrem sehr flachen Grundwassergefälle nicht gegeben; es ergäbe sich hierbei eine Längserstreckung von über 4,2 km, was einer Grundwasserfließzeit von ca. 17 Jahren entspräche (vgl. Stellungnahme vom 2.6.2017, S. 120 der Gerichtsakte). Der Antragsteller ist diesen gutachterlichen Aussagen nicht substanziiert entgegengetreten.

3.3.3 Die Festlegung des räumlichen Geltungsbereichs der weiteren Schutzzone verstößt im östlichen Grenzbereich in Bezug auf die Überlappung mit der engeren und weiteren Schutzzone des Wasserschutzgebiets zur Sicherung der Wassergewinnungsanlage des Antragstellers nicht gegen den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, dass ein und dasselbe Gelände durch einen mehrfachen Gebietsschutz mit unterschiedlichem Schutzzweck (hier: Sicherung unterschiedlicher Wassergewinnungsanlagen) gesichert wird (vgl. BayVGH, U.v. 15.12.1987 – 9 N 87.667 – BayVBl 1988, 339/340). Dass einzelne Grundstücke bzw. Grundstücksteilflächen im räumlichen Geltungsbereich zweier Wasserschutzgebietsverordnungen liegen, führt nicht per se zu Unklarheiten oder unauflösbaren Widersprüchen der dort geltenden Nutzungsbeschränkungen. Der Antragsteller, der sich pauschal auf „Bestimmtheitsprobleme“ infolge der Lage von Flächen innerhalb der weiteren Schutzzone der angegriffenen Verordnung und der engeren Schutzzone der – nicht vorgelegten – Wasserschutzgebietsverordnung zur Sicherung seiner Wassergewinnungsanlage beruft, legt auch nicht näher dar, inwieweit sich die Bestimmungen beider Verordnungen widersprächen.

3.4 Das Wasservorkommen im Einzugsbereich der Gewinnungsanlage der Beigeladenen erweist sich auch in ausreichendem Umfang als schutzfähig. Das geschützte Trinkwasservorkommen ist zwar nicht in jeder Hinsicht und in vollem Umfang schutzfähig; dies schließt es aber nicht aus, dass das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung dieses Wasserschutzgebiets gleichwohl erfordert (vgl. BayVGH, U.v. 30.7.2010 – 22 N 08.2749 – juris Rn. 25; U.v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625 – BayVBl 2003, 146 = juris Rn. 17; vgl. auch Schwind in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 37).

3.4.1 Die Schutzfähigkeit wird durch die im Abstand von ca. 750 m östlich der Wassergewinnungsanlage querenden Straßen B * und St 20** und ihrer oberstromig gelegenen Kreuzung nicht infrage gestellt.

Die durch das latente Unfallrisiko eingeschränkte Wirksamkeit des Wasserschutzgebiets ändert nichts an der Verwendbarkeit des durch den Brunnen 1 erschlossenen Trinkwassers (vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 30.7.2010 – 22 N 08.2749 – juris Rn. 26). Das Wasserwirtschaftsamt hat nachvollziehbar dargelegt, dass ein Unfall mit dem Austreten größerer Mengen an wassergefährdenden Stoffen in der Regel sofort erkannt würde und angesichts der Grundwasserfließzeit von ca. drei Jahren noch ausreichend Zeit bestünde, hierauf mit Gegenmaßnahmen (Notversorgung, Bodenaushubmaßnahmen, Abwehrbrunnen u.a.) zu reagieren. An der Vorfeldmessstelle M 1 kann zudem die Gewässerqualität überwacht werden (vgl. S. 9 des Gutachtens vom 3.3.2015; S. 7 der Sitzungsniederschrift vom 3.7.2018). Im Übrigen hat das Ingenieurbüro Dr. … Maßnahmen zur Verringerung des Unfallrisikos vorgeschlagen (u.a. Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h, Überholverbot, Hinweisschilder „gefährliche Kreuzung“), die auch der vom Antragsteller beigezogene Diplomgeologe Dr. S* … als geeignet ansieht (vgl. S. 7 der Stellungnahme vom 15.6.2015, S. 50 der Gerichtsakte). Dessen Einwand, diese Maßnahmen könnten einen unfallbedingten Schadstoffeintrag in das Grundwasser nicht verhindern, ist richtig, geht aber angesichts des Fließzeitabstands von ca. drei Jahren ins Leere. Der Vorhalt, bei konsequentem Abstellen auf den Fließzeitabstand erweise sich die Schutzgebietserweiterung als unnötig, verkennt, dass dessen Schutzregime primär Handlungen zur Vermeidung von Grundwassergefährdungen verbietet, d.h. nicht erst daran ansetzt, die Auswirkungen eingetretener Gefährdungsszenarien beherrschbar zu machen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass mit dem Schutzgebiet auch kontinuierliche, ggf. nicht ohne Weiteres erkennbare Schadstoffeinträge verhindert werden sollen.

Auch das Straßenabwasser führt nach der ca. 40-jährigen Betriebserfahrung mit der Wassergewinnungsanlage der Beigeladenen zu keiner negativen Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens. Einen Ausbau der B * nach den Richtlinien für Verkehrswege in Wasserschutzgebieten (RiStWag) mit Sammeln des Straßenabwassers und Ausleiten aus dem Schutzgebiet hält das Wasserwirtschaftsamt deshalb für nicht erforderlich (vgl. S. 9 des Gutachtens vom 3.3.2015, S. 187 der Behördenakte).

3.4.2 Die im Abstand von ca. 500 m östlich des Brunnens 1 in Nord-Süd-Richtung verlaufende Abwasserdruckleitung schränkt die Schutzfähigkeit des in der Gewinnungsanlage der Beigeladenen geförderten Wassers ebenfalls nicht ein. Da die Abwasserleitung weit außerhalb der 50-Tage-Fließzeit liegt, geht von ihr bei regelmäßiger Kontrolle keine hygienische Gefährdung des Trinkwassers aus (vgl. S. 9 f. des Gutachtens des Wasserwirtschaftsamts vom 3.3.2015, S. 187 der Behördenakte; S. 2 der Stellungnahme vom 18.8.2015, S. 430 der Behördenakte; S. 6 der Stellungnahme des Ingenieurbüros Dr. … vom 2.6.2017, S. 120 der Gerichtsakte). Der Antragsteller ist dieser fachlichen Einschätzung nicht inhaltlich entgegengetreten.

3.4.3 Das durch die angegriffene Verordnung geschützte Wasservorkommen ist auch im Hinblick auf die vom Antragsteller thematisierten Altlastenflächen schutzfähig.

Von den Altlasten auf den Grundstücken FlNr. … und …, deren Sanierung abgeschlossen ist, geht auf Grundlage der fachbehördlichen bzw. gutachterlichen Einschätzungen (vgl. S. 41 f. des wasserrechtlichen Genehmigungsantrags; S. 3 der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 18.8.2015, S. 431 der Behördenakte) keine Gefährdung des geförderten Wasservorkommen mehr aus. Auch die teilsanierte Altlast auf Grundstück FlNr. …, die außerhalb des Einzugsgebiets der Wassergewinnungsanlage liegt, stellt dessen Schutzfähigkeit nicht infrage (vgl. S. 431 der Behördenakte; S. 119 der Gerichtsakte). Dass diese fachbehördliche bzw. gutachterliche Bewertung unzutreffend wäre, hat der Antragsteller nicht aufgezeigt.

3.4.4 Das militärisch genutzte Areal (W* … Kaserne) südöstlich der Wassergewinnungsanlage der Beigeladenen steht der Schutzfähigkeit des Wasservorkommens ebenfalls nicht entgegen. Das Kasernengelände liegt nur mit seinem nordöstlichen Randbereich im südlichen, stromseitlichen Einzugsgebiet der Brunnenfassung. Das von der Beigeladenen beauftragte Fachbüro Dr. … gelangt zu der Einschätzung, dass von diesem Areal keine Gefährdung des geförderten Wasservorkommens ausgeht, weil sich dort lediglich eine an einen Sportplatz anschließende Grünfläche sowie ein Pkw-Parkplatz befindet (vgl. S. 47 des wasserrechtlichen Genehmigungsantrags). Anhaltspunkte dafür, dass diese Einschätzung unzutreffend sein könnte, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Dass keine Unterlagen über das Vorhandensein wassergefährdender Stoffe auf dem Kasernengelände vorliegen, führt nicht dazu, dass dies zulasten des Antragsgegners anzunehmen wäre. Der Vorhalt, das militärische Geheimhaltungsinteresse stehe der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets auf dem Bundeswehrgelände entgegen, ist nicht nachvollziehbar, weil die betroffenen Flächen des Kasernengeländes nicht in das Schutzgebiet einbezogen wurden.

3.4.5 Es besteht auch kein Anhaltspunkt, dass die Schutzfähigkeit des Trinkwasservorkommens insgesamt nicht mehr ausreichend gegeben wäre. Die Einschätzung des vom Antragsteller beigezogenen Ingenieurbüros H* …, die vielen einzelnen Gefährdungspotenziale erschienen zwar – jeweils isoliert betrachtet – hinnehmbar, stünden in ihrer Summe aber einem voll wirksamen Schutz des genutzten Grundwasservorkommens entgegen (vgl. S. 320 der Behördenakte), ist nicht berechtigt. Die Abstriche an der Schutzfähigkeit ändern insgesamt nichts an der Verwendbarkeit des Wasservorkommens für die Trinkwasserversorgung. Der Senat hat keine Zweifel an der diesbezüglichen Beurteilung des Wasserwirtschaftsamts und des Ingenieurbüros Dr. …, das den Schutzgebietsvorschlag erarbeitet hat. Wie eine jahrzehntelange tatsächliche Erfahrung zeigt, ist die Wahrscheinlichkeit einer durch die bekannten Bestandsrisiken verursachten Verunreinigung des Trinkwasservorkommens und eines dadurch bedingten Ausfalls des Wasservorkommens für die Trinkwasserversorgung der Beigeladenen gering (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 30.7.2010 – 22 N 08.2749 – juris Rn. 26; U.v. 25.1.2008 – 22 N 04.3471 – ZfW 2010, 177 = juris Rn. 23; U.v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625 – BayVBl 2003, 146 = juris Rn. 19).

3.5 Die Schutzfähigkeit ist auch ohne unverhältnismäßige Beschränkungen sonstiger rechtlicher geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter, gegeben. Das Selbstverwaltungsrecht des Antragstellers, insbesondere in Gestalt der Planungshoheit, wird durch die Verordnung nicht unverhältnismäßig beschränkt.

3.5.1 Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 5.2 der Verordnung). Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen. Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das Schutzgebiet eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Schutzgebiet wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist ersichtlich nicht der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2008 – 7 BN 4.08 – UPR 2009, 236 = juris Rn. 8; VGH BW U.v. 24.3.2014 – 3 S 280/10 – juris Rn. 75). Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2005 – BVerwG 9 A 62.03 – NVwZ 2005, 813 = juris Rn. 44; U.v. 15.12.2006 – 7 C 1.06 – BVerwGE 127, 259 = juris Rn. 31). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2008 – 7 BN 4.08 – UPR 2009, 236 = juris Rn. 8; U.v. 22.7.2004 – 7 CN 1.04 – BVerwGE 121, 283 = juris Rn. 23). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2008 – 7 BN 4.08 – UPR 2009, 236 = juris Rn. 8; U.v. 15.5.2003 – 4 CN 9.01 – BVerwGE 118, 181 = juris Rn. 14).

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist dementsprechend geklärt, dass das Wohl der Allgemeinheit ein Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete in der Schutzzone eines Wasserschutzgebiets erfordern kann (vgl. BayVGH, U.v. 30.7.2010 – 22 N 08.2749 – juris Rn. 50; U.v. 27.10.2006 – 22 N 04.1943 – ZfW 2008, 50 = juris Rn. 22; U.v. 8.3.1996 – 22 N 95.3073 u.a. – juris Rn. 10 ff.).

3.5.2 Ausgehend von diesen Maßstäben ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner der Sicherung der Wasserversorgung der Beigeladenen den Vorrang gegenüber der Planungshoheit des Antragstellers eingeräumt hat.

Konkrete und verfestigte Planungen, die durch die Verordnung nachhaltig gestört werden können, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Die von der Verordnung betroffenen Flächen seines Gemeindegebiets sind im Flächennutzungsplan als Flächen für die Landwirtschaft ausgewiesen (vgl. S. 151 der Gerichtsakte). Konkrete Planungen zur Aufstellung eines Bebauungsplans für ein Gewerbegebiet hat der Antragsteller nicht aufgezeigt; auf die Aufforderung des Gerichts vom 31. Januar 2018 wurden keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt. Da hinreichend konkretisierte gemeindliche Planungen, die durch die Verordnung behindert werden könnten, nicht vorhanden und nicht absehbar sind, ist die Rechtsposition des Antragstellers stark abgeschwächt (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2006 – 22 N 04.1943 – ZfW 2008, 50 = juris Rn. 22; U.v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625 – ZfW 2003, 219 = juris Rn. 30).

Ebensowenig ist dargelegt oder sonst ersichtlich, dass die Verordnung wesentliche Teile des Gemeindegebiets des Antragstellers einer durchsetzbaren Planung entzöge. Eine rein quantitative Betrachtung der vom Wasserschutzgebiet betroffenen Gemeindefläche ist insoweit unergiebig; vielmehr kommt es darauf an, welche Bedeutung diesen Gebieten im Rahmen einer ordnungsgemäßen Gesamtplanung zukommt (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2006 – 22 N 04.1943 – ZfW 2008, 50 = juris Rn. 22; U.v. 8.3.1996 – 22 N 95.3073 u.a. – juris Rn. 11). Dass die Ausweisung eines Gewerbegebiets an einer anderen Stelle des Gemeindegebiets nicht in Betracht kommt, genügt hierfür nicht (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2008 – 7 BN 4.08 – UPR 2009, 236 = juris Rn. 8). Im Übrigen ist vorliegend wegen der Befreiungsmöglichkeit in § 4 der Verordnung eine künftige Ausweisung von Baugebieten ohne Rücksicht auf das Gewicht der damit verfolgten Belange nicht gänzlich ausgeschlossen (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2006 – 22 N 04.1943 – ZfW 2008, 50 = juris Rn. 22).

3.5.3 Schließlich sind auch betreffend die sonstigen vom Antragsteller geltend gemachten negativen Auswirkungen der Verordnung auf sein Selbstverwaltungsrecht keine Abwägungsfehler ersichtlich. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass durch einen etwaigen künftigen Ausbau des kurzen Teilstücks der Gemeindeverbindungsstraße „P* … Allee“ (Zufahrt auf die B * in Richtung W* … …*) entsprechend den Anforderungen der „Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag)“ nach § 3 Abs. 1 Nr. 4.1 der Verordnung eine nachhaltige, vom Antragsteller nicht mehr zu bewältigende und hinzunehmende Einengung seiner Finanzspielräume eintreten würde (vgl. BVerwG, U.v. 18.6.1997 – 11 A 65.95 – UPR 1997, 470 = juris Rn. 31; BayVGH, U.v. 30.7.2010 – 22 N 08.2749 – juris Rn. 53). Abgesehen davon hält das Wasserwirtschaftsamt einen Ausbau der Straße mit Sammeln des Straßenwassers und Ausleiten aus dem Schutzgebiet derzeit für nicht erforderlich (vgl. S. 187 der Behördenakte).

3.6 Die Schutzgebietsausweisung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sich für den Antragsgegner eine gleichermaßen geeignete, für die jeweiligen Betroffenen weniger belastende Alternativlösung aufgedrängt hätte, die auch dem Beigeladenen zumutbar wäre, insbesondere ohne erheblichen Aufwand verwirklicht werden könnte.

3.6.1 Der Antragsgegner hat es nicht versäumt, Alternativen zur Trinkwassergewinnung aus Brunnen 1 zu prüfen. Der Vortrag des Antragstellers, eine Abwägungsentscheidung sei überhaupt nicht getroffen worden, weil das Landratsamt davon ausgegangen sei, dass die Beigeladene aus ihrem Selbstverwaltungsrecht ein Recht auf Beibehaltung ihrer Trinkwasserversorgung herleiten könne, geht fehl.

Wie sich den Verwaltungsakten entnehmen lässt, wurde die Frage einer alternativen Trinkwassererschließung im Wege der Mitversorgung durch die Wasserversorgung des Antragstellers im Verordnungsverfahren eingehend erörtert. Die Niederschrift über den Erörterungstermin spricht diesbezüglich von einem „zentralen Thema“ (vgl. S. 10 der Niederschrift, S. 517 der Behördenakte); der Verlauf der Erörterung hierzu ist auf etwa drei Seiten festgehalten (vgl. S. 10-12 der Niederschrift). Das Landratsamt hat die Mitversorgungsalternative im Anhörungsverfahren keineswegs als unbeachtlich angesehen, sondern den Sachverhalt hierzu näher aufgeklärt (vgl. z.B. Gesprächsvermerk vom 26.5.2015, S. 384 der Behördenakte; Kurzvermerk vom 5.6.2015, S. 394 der Behördenakte; E-Mail an die Gemeindewerke des Antragstellers vom 17.6.2015, S. 397 der Behördenakte).

Auch dem Schreiben an den Antragsteller vom 3. März 2016 über die Behandlung seiner Einwendungen kann entnommen werden, dass das Landratsamt die für und gegen die Mitversorgungsalternative sprechenden Belange inhaltlich abgewogen hat. Die den Abwägungserwägungen vorangestellten Ausführungen, wonach die Beigeladene „grundsätzlich selbst entscheiden“ müsse, welche Art der Trinkwasserversorgung sie wähle bzw. nicht zu „Verhandlungen über eine Mitversorgung gezwungen“ werden könne (vgl. S. 547 Rückseite der Behördenakte), stellen dies nicht infrage. Die in die Abwägung eingestellten Belange wurden eingehend dargestellt (vgl. S. 548 der Behördenakte). Die im Wesentlichen gleichlautende Begründung im wasserrechtlichen Bescheid vom 30. Dezember 2015 (vgl. S. 479 der Behördenakte) zeigt, dass der Vorhalt des Antragstellers, die Erwägungen im Schreiben vom 3. März 2016 seien erst nach Verordnungserlass nachgeschoben worden, unberechtigt ist.

3.6.2 Im maßgeblichen Zeitpunkt des Normerlasses zeichnete sich auch keine gleichermaßen geeignete alternative Trinkwassererschließung ab, die der Beigeladenen zumutbar wäre, weil sie sich ohne erheblichen Aufwand realisieren ließe.

Die Frage, welche zumutbaren Alternativen zur Trinkwasserversorgung abseits der Nutzung des in Rede stehenden Wasservorkommens bestehen, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, B.v. 20.1.2015 – 7 BN 2.14 – W+B 2015, 120 = juris Rn. 35). Die Festsetzung ist nicht erforderlich, wenn eine sich aufdrängende alternative Trinkwassererschließung trotz mutmaßlich besserer Schützbarkeit bei mutmaßlich geringerer Belastung für Drittbetroffene und trotz zumutbaren Prüfungsaufwands nicht in Betracht gezogen wurde (vgl. BayVGH, U.v. 29.12.2011 – 22 N 08.190 – BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 31; OVG RhPf, U.v. 8.10.2015 – 1 C 10843/13 – juris Rn. 33). Bei der Auswahl unter verschiedenen Alternativen steht dem Verordnungsgeber ein Gestaltungsspielraum zu, weil diese eine auf Bewertungs-, Abwägungs- und Einschätzungsvorgängen beruhende Entscheidung darstellt, bei der es nicht nur eine rechtlich richtige Lösung gibt (vgl. BayVGH, U.v. 25.1.2008 – 22 N 04.3471 – ZfW 2010, 177 = juris Rn. 24; U.v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625 – BayVBl 2003, 146 = juris Rn. 20). Die Auswahlentscheidung hat die örtlichen Gegebenheiten zu prüfen und muss sich auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen (vgl. BayVGH, U.v. 25.1.2008 – 22 N 04.3471 – ZfW 2010, 177 = juris Rn. 24; Schwind in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 36). Je geringer die Schutzfähigkeit des Wasservorkommens ist, desto eingehender muss die Alternativenprüfung erfolgen (vgl. BayVGH, U.v. 29.12.2011 – 22 N 08.190 – BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 47).

Diesen Anforderungen ist das Landratsamt hier gerecht geworden. Es hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Mitversorgungsalternative für die Beigeladene mit Kosten, Unwägbarkeiten und Zeitverzögerungen verbunden wäre. Die Kosten für den Anschluss der Tiefzone ihres Versorgungsgebiets, für das kein Notverbund existiert, an die Wasserversorgung des Antragstellers werden von der Beigeladenen mit mehreren hunderttausend Euro veranschlagt (vgl. S. 97 der Gerichtsakte). Der Antragsteller, der pauschal behauptet, die Mitversorgungsvariante ziehe keine unzumutbaren Kosten nach sich, ist dem nicht substanziiert entgegengetreten. Auch den Hinweis auf das zusätzliche Gefährdungspotenzial bei der übergangsweisen Versorgung der Tiefzone mit einer „fliegenden“ Leitung bzw. Tankfahrzeugen hat er nicht entkräftet. Zudem ist unstreitig, dass die Förderkosten der Beigeladenen mit dem Bestandsbrunnen geringer sind als bei einem Anschluss an die Wassergewinnungsanlage der Beigeladenen (vgl. S. 8 der Sitzungsniederschrift vom 3.7.2018). Im Übrigen durfte das Landratsamt berücksichtigen, dass es bei der Neubewertung des Wasserschutzgebiets für die Wassergewinnungsanlage des Antragstellers nach Ablauf der wasserrechtlichen Bewilligung im Jahr 2031 zu Nutzungskonflikten ausgehend vom Gewerbegebiet N**- … kommen kann (vgl. S. 394 und 548 der Behördenakte). Der Vorhalt, wegen der für 15 Jahre gesicherten Mitversorgung sei das Wasserschutzgebiet „in absehbarer Zeit“ nicht erforderlich, verkennt, dass das Landratsamt – wie dargelegt – nicht allein wegen möglicher Nutzungskonflikte nach 2031 davon ausgegangen ist, dass sich die Mitversorgungsalternative hier nicht aufdrängt.

Mit noch viel größeren Unwägbarkeiten wäre die Neuerschließung einer interkommunalen Wasserversorgung an einem anderen Standort verbunden. Dass im maßgeblichen Zeitpunkt des Verordnungserlasses hierfür ein politischer Wille bestanden hätte, behauptet auch der Antragsteller nicht. Abgesehen davon wären bis zur Inbetriebnahme einer neu zu errichtenden Wassergewinnungsanlage für alle dafür erforderlichen Maßnahmen (u.a. Erkundung, Planung, Grundstückserwerb, Brunnen- und Leitungsbau, wasserrechtliches Genehmigungsverfahren, Neuausweisung Wasserschutzgebiet) etwa fünf bis zehn Jahre zu veranschlagen (vgl. S. 2 der Stellungnahme des Ingenieurbüros Dr. … vom 2.6.2017, S. 116 der Gerichtsakte).

Da eine alternative Trinkwassererschließung für die Beigeladene nur mit erheblichen Unwägbarkeiten zu realisieren wäre, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber eine seit Jahren in der Praxis bewährte Lösung vorgezogen hat (vgl. BayVGH, U.v. 29.12.2011 – 22 N 08.190 – BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 72; U.v. 5.12.2007 – 22 N 05.194 – juris Rn. 34). Ob es einer Alternativenprüfung bei einem wasserrechtlich bewilligten Weiterbetrieb eines vorhandenen Brunnenstandorts überhaupt bedarf (verneinend OVG RhPf, U.v. 8.10.2015 – 1 C 10843/13 – juris Rn. 32; VGH BW, U.v. 7.12.2009 – 3 S 170/07 – NuR 2010, 659 = juris Rn. 56; vgl. in diese Richtung auch BayVGH, U.v. 6.10.2015 – 8 N 13.1281 u.a. – juris Rn. 49; vgl. aber BayVGH, U.v. 29.12.2011 – 22 N 08.190 – BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 49; dem zustimmend Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 1082), bedarf deshalb hier keiner abschließenden Entscheidung.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem unterlegenen Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts


Wasserhaushaltsgesetz - WHG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt


(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 51 Festsetzung von Wasserschutzgebieten


(1) Soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, 1. Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen,2. das Grundwasser anzureichern oder3. das schädliche Abfließe

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 52 Besondere Anforderungen in Wasserschutzgebieten


(1) In der Rechtsverordnung nach § 51 Absatz 1 oder durch behördliche Entscheidung können in Wasserschutzgebieten, soweit der Schutzzweck dies erfordert, 1. bestimmte Handlungen verboten oder für nur eingeschränkt zulässig erklärt werden,2. die Eigen

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 2 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für folgende Gewässer: 1. oberirdische Gewässer,2. Küstengewässer,3. Grundwasser.Es gilt auch für Teile dieser Gewässer. (1a) Für Meeresgewässer gelten die Vorschriften des § 23, des Kapitels 2 Abschnitt 3a und des § 90. Di

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Tenor Der Antrag wird abgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Die Antragstellerin wendet sich gegen die Wasserschutzgebietsverordnung (im Folgenden: WSV) des Landrats

Bundesfinanzhof Beschluss, 14. März 2011 - VI R 81/10

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Tatbestand 1 I. Das Finanzgericht München entschied im Verfahren 8 K 2633/08 am 24. September 2010 vorab durch Zwischenurteil und ließ die Revision zu. Das Urteil ist de

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 07. Dez. 2009 - 3 S 170/07

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Tenor Der Antrag wird abgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Die Antragsteller wenden si
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2019 - 15 CS 18.2459

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wi

Referenzen

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht München entschied im Verfahren 8 K 2633/08 am 24. September 2010 vorab durch Zwischenurteil und ließ die Revision zu. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) am 8. Oktober 2010 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 8. November 2010 legte der Kläger gegen das Urteil Revision ein. Der in den Nachtbriefkasten des Bundesfinanzhofs (BFH) eingeworfene Schriftsatz wurde laut Eingangsstempel am 10. November 2010 entnommen und an diesem Tag mit der Eingangslistennummer 2182/10 erfasst. Der Stempel lautet im Einzelnen wie folgt:

2

"Dem Nachtbriefkasten heute entnommen aus dem Behältnis V (vor 24 Uhr) - Störungen am Nachtbriefkasten wurden nicht festgestellt.

Bundesfinanzhof

München, den 10.11.10

. . . . . . .          . . . . . . ."

(Unterschrift)          (Unterschrift)

3

Unterschrieben ist der Eingangsstempel von den Beamten Erster Justizhauptwachtmeister (E.JHW) A und Erster Hauptwachtmeister (E.HW) B des BFH. Lt. "Protokoll über die Leerung des Nachtbriefkastens des Bundesfinanzhofs" für den Monat November 2010 (Gerichtsakte Bl. 56) waren die genannten Beamten am 10. November 2010 für die Leerung des Nachtbriefkastens zuständig. Am 9. November 2010 war neben E.JHW A der Beamte E.HW C zuständig. Dies wird durch die eigenhändigen Unterschriften der genannten Personen im Protokoll dokumentiert.

4

Mit Schreiben vom 19. November 2010 teilte der Vorsitzende des erkennenden Senats dem Kläger mit, dass die Revision "erst am 9. November 2010 beim Bundesfinanzhof - und daher verspätet - eingegangen" sei. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2010 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision. Zur Begründung trägt der Kläger unter entsprechender Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung des Rechtsanwalts und Steuerberaters S vor:

5

Die Prozessbevollmächtigte habe mit dem Kläger bereits am Freitag, den 5. November 2010, abgestimmt, dass die Revision am 8. November 2010 durch persönlichen Einwurf in den Briefkasten am Haupteingang des BFH eingelegt werden solle. Der Schriftsatz zur Einlegung der Revision sei an dem genannten Montag gegen 17:00 Uhr unterzeichnet worden. Anschließend sei der Kläger darüber informiert worden, dass die Revisionsschrift am selben Tag dem BFH zugehen werde.

6

Das Sekretariat der Prozessbevollmächtigten habe den DIN A4-Umschlag mit der Revisionsschrift am Nachmittag des 8. November 2010 fertig gestellt und S übergeben. S habe es persönlich übernommen, den Umschlag mit dem Schriftsatz auf seinem Heimweg nach Arbeitsschluss vom Büro nach Hause in den Gerichtsbriefkasten des BFH einzuwerfen.

7

S sei am Abend des 8. November 2010 noch bis ca. 20:00 Uhr in seinem Büro (…) tätig gewesen. Auf dem Weg nach Hause sei er zwischen 20:00 Uhr und 21.00 Uhr, jedenfalls mehrere Stunden vor Mitternacht, mit seinem Fahrzeug vom Effnerplatz kommend beim Haupteingang des BFH vorgefahren und habe den Briefumschlag in den ihm bestens bekannten Gerichtsbriefkasten rechts vom Haupteingang eingeworfen. S habe an diesem Gerät keine Irregularität feststellen können. Er sei deshalb bis zum Schreiben des Vorsitzenden des erkennenden Senats vom 19. November 2010 vom fristgerechten Zugang der Revisionsschrift ausgegangen. Es sei unerklärlich, wie es zu der Fristüberschreitung habe kommen können.

8

Da dem Kläger die nähere technische Beschaffenheit des Gerichtsbriefkastens des BFH nicht bekannt sei, könne und wolle er auch keine Vermutungen darüber anstellen, ob überhaupt und aufgrund welcher technischer oder eventuell auch menschlicher Vorkommnisse der nach bestem Wissen am 8. November 2010 eingeworfene Umschlag erst am 9. November 2010 beim BFH eingegangen sei.

9

In der beim BFH fristgerecht eingegangenen Revisionsbegründungsschrift beantragt der Kläger, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) zu verpflichten, unter Änderung des Nachforderungsbescheids vom 20. Dezember 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2008 die Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag 2003 um 17.947,46 € herabzusetzen.

10

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II.Die Revision ist unzulässig und deshalb gemäß § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss zu verwerfen. Die Revision ist verspätet eingelegt worden; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht.

12

1. Die gegen das Zwischenurteil (§ 99 Abs. 2 FGO) gerichtete Revision ist verspätet eingelegt worden.

13

a) Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision beim BFH innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen. Im Streitfall endete nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung am 8. Oktober 2010 die Revisionsfrist am 8. November 2010. Die ausweislich des beim BFH angebrachten Eingangsstempels erst am 9. November 2010 eingegangene Revision war daher verspätet.

14

b) Soweit der Kläger die sachliche Unrichtigkeit des Eingangsstempels in Zweifel zieht, kann dem nicht gefolgt werden.

15

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 121 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) muss der BFH von der Rechtzeitigkeit einer Rechtsmitteleinlegung überzeugt sein (BFH-Urteil vom 19. Juli 1995 I R 87, 169/94, BFHE 178, 303, BStBl II 1996, 19). Auch im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung kommt einer öffentlichen Urkunde entsprechend § 418 der Zivilprozessordnung (ZPO) ein hoher Beweiswert zu, so dass diese nach allgemeinen Erfahrungssätzen im Regelfall vollen Beweis für die in ihr beurkundeten Tatsachen erbringt. So erbringt der Eingangsstempel eines Gerichts grundsätzlich Beweis für Zeit und Ort des Eingangs eines Schreibens (BFH-Urteil in BFHE 178, 303, BStBl II 1996, 19; BFH-Beschluss vom 7. April 1998 VII R 70/96, BFH/NV 1998, 1115; BFH-Beschluss vom 25. April 1988 X R 90/87, BFH/NV 1989, 110; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 96 FGO Rz 95). Zwar ist der Gegenbeweis zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO). Die Rechtzeitigkeit des Eingangs muss aber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden. Durch bloße Zweifel an der Richtigkeit der urkundlichen Feststellungen ist der Gegenbeweis noch nicht erbracht (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 418 Rz 4; s. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 1115, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 19. Mai 1999 VI B 342/98, BFH/NV 1999, 1460). Allein die kaum jemals völlig auszuschließende Möglichkeit, dass ein Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht richtig funktioniert oder bei der Abstempelung Fehler unterlaufen, reicht zur Führung des Gegenbeweises nicht aus. Andererseits dürfen wegen der Beweisnot der betroffenen Partei die Anforderungen an den Gegenbeweis nicht überspannt werden (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 14. Oktober 2004 VII ZR 33/04, Betriebs-Berater 2005, 182).

16

c) Im Streitfall hat der Kläger den Gegenbeweis dafür, dass der Eingangsstempel des BFH unzutreffend ist, nicht geführt. Seine Behauptung, S habe den Schriftsatz selbst am 8. November 2010 vor Mitternacht in den Nachtbriefkasten eingeworfen, kann mit der dem Senat vorgelegten eidesstattlichen Versicherung nicht bewiesen werden. Denn die eidesstattliche Versicherung ist letztlich ein Mittel der Glaubhaftmachung, aber nicht des Beweises (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO; BFH-Urteil in BFHE 178, 303, BStBl II 1996, 19; BGH-Urteil vom 30. März 2000 IX ZR 251/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2000, 852). Die Glaubhaftmachung, die anders als der Vollbeweis nur eine Wahrscheinlichkeitsfeststellung ist, kommt nur in den gesetzlich zugelassenen Fällen in Betracht (Zöller/ Greger, a.a.O., § 294 Rz 1; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 96 Rz 42).

17

Nach den Feststellungen des Senats funktionierte der Nachtbriefkasten des BFH im fraglichen Zeitraum einwandfrei; zu Störfällen ist es nicht gekommen, wie auch das erwähnte Protokoll dokumentiert. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die für die Leerung am 9. November 2010 zuständigen Bediensteten versehentlich ein falsches Datum (etwa 10. statt 9. November 2010) gestempelt und zu Protokoll gegeben hätten. Dagegen spricht bereits, dass E.HW B, dessen Unterschrift sich auf dem Eingangsstempel befindet, lt. erwähntem Protokoll am 9. November 2010 an der Leerung des Nachtbriefkastens nicht beteiligt war und deshalb die Unterschrift an diesem Tag weder auf dem Stempel noch im Protokoll leisten konnte. Es kommt hinzu, dass die Revisionsschrift ebenfalls erst am 10. November 2010 von der Gerichtsverwaltung als neues Verfahren "erfasst" worden ist. Regelmäßig wird nämlich die dem Nachtbriefkasten entnommene Post, die keinem Verfahren zugeordnet werden kann, unverzüglich der Erfassungsstelle weitergeleitet.

18

Die nicht völlig auszuschließende Möglichkeit, dass der nach Angaben des S am 8. November 2010 in den Nachtbriefkasten eingeworfene Schriftsatz bei der Entleerung am Morgen des 9. November 2010 versehentlich nicht entnommen worden ist, reicht, wie dargestellt, zur Führung des Gegenbeweises nicht aus.

19

2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO wegen Versäumung der Revisionsfrist kann nicht gewährt werden.

20

Eine solche Wiedereinsetzung ist auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist gehindert ist (§ 56 Abs. 1 FGO). Dabei muss sich der Beteiligte das Verschulden seines Bevollmächtigten wie eigenes Verschulden zurechnen lassen.

21

Das Vorbringen des Klägers ist nicht geeignet, ein Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Revisionsfrist auszuschließen. Nach der Darstellung des Klägers hat S, einer der beiden Unterzeichner der Revisionsschrift, den Schriftsatz persönlich am Abend des 8. November 2010 in den Nachtbriefkasten des BFH einwerfen wollen. Der Kläger hat nicht behauptet, dass der Einwurf durch ein von S nicht zu vertretendes Ereignis verzögert worden wäre. Wenn gleichwohl aus den genannten Gründen ein verspäteter Einwurf als bewiesen anzusehen ist, kann das nur daran liegen, dass der Schriftsatz zu spät aus dem Machtbereich der Prozessbevollmächtigten herausgelangt ist; das wäre nach dem von dem Kläger geschilderten Geschehensablauf nicht ohne Verschulden des S denkbar (s. BGH-Urteil in HFR 2000, 852).

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

20
a) Zwar reicht die bloße, in aller Regel nicht völlig auszuschließende Möglichkeit, dass ein Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht richtig funktioniert oder bei der Abstempelung Fehler unterlaufen, zur Führung des Beweises der Unrichtigkeit des Eingangsstempels nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht aus. Auf der anderen Seite dürfen wegen der Beweisnot der betroffenen Partei die Anforderungen an diesen Gegenbeweis nicht überspannt werden (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, aaO unter II 1 b; vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75 unter II 2; vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603 Rn. 5; Beschlüsse vom 27. November 2002 - VIII ZB 45/02, juris Rn. 5; vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, aaO; vom 8. Oktober 2013 - VIII ZB 13/13, aaO; jeweils mwN). Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachtbriefkastens sowie in das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Urteile vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, aaO; vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, aaO; Beschlüsse vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07, NJW 2008, 3501 Rn. 11; vom 8. Oktober 2013 - VIII ZB 13/13, aaO Rn. 14; jeweils mwN).

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Tenor

Dem Beschwerdeführer wird Wiedereinsetzung in die Verfassungsbeschwerdefrist gewährt.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Oktober 2015 - III -1 Vollz (Ws) 366/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob Art. 19 Abs. 4 GG im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem Strafvollzugsgesetz die Annahme einer rechtsmittelfähigen Beschwer gebietet, wenn die Strafvollstreckungskammer auf einen Verpflichtungsantrag lediglich eine Neubescheidung des Antragstellers angeordnet hat, und ob ein Verstoß gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 2011 wegen Verstößen gegen das Waffen-, das Sprengstoff- und das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Außerdem wurde gemäß § 63 StGB die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, die zunächst im Zentrum für Forensische Psychiatrie in L… und seit April 2013 in der Maßregelvollzugsklinik H… vollstreckt wurde. Der Beschwerdeführer hatte einen Amoklauf an seiner ehemaligen Schule geplant.

3

2. Er verfügte im Maßregelvollzug über eine Spielekonsole "Xbox", die er mit einer Festplatte nutzte. Nachdem die Spielekonsole im April 2014 von einem externen Unternehmen repariert und an die Maßregelvollzugsanstalt zurückgeschickt worden war, bemerkte diese erstmals die Festplatte an dem Gerät. Dabei ist zwischen der Maßregelvollzugsanstalt und dem Beschwerdeführer streitig, ob es sich um eine interne oder eine externe Festplatte handelt. Unter Berufung auf ihre Medienregelung, wonach der Besitz von Festplatten grundsätzlich untersagt ist, stellte die Maßregelvollzugsanstalt die Festplatte sicher und gab dem Beschwerdeführer die Konsole ohne die Festplatte zurück.

4

3. Am 11. Juli 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Herausgabe der Festplatte. Er berief sich auf Bestandsschutz, weil er die Festplatte von Anfang an benutzt habe, und machte zudem geltend, dass von dem Gerät keine Gefahr ausgehe. Es ermögliche lediglich das Abspielen von Musik und Spieleinhalten, nicht aber das Speichern von Filmdateien. Mit Schreiben vom 25. August 2014 vertiefte der Beschwerdeführer sein Vorbringen, nachdem die Maßregelvollzugsanstalt es unter dem 5. August 2014 abgelehnt hatte, ihm seine Festplatte herauszugeben. Er trug insbesondere vor, dass die Medienregelung veraltet und interne Festplatten erlaubt seien und dass es sich bei seiner Festplatte um eine solche handele. Ferner verfüge ein anderer Patient ebenfalls über eine Spielekonsole mit einer Festplatte.

5

4. Die Maßregelvollzugsanstalt lehnte die Herausgabe der Festplatte zuletzt im Oktober 2014 ab und verwies darauf, dass externe Festplatten nicht erlaubt seien. Der Beschwerdeführer könne als Speichermedium eine SD-Karte nutzen.

6

5. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am 15. Oktober 2014 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Darin ersuchte er die zuständige Strafvollstreckungskammer um einen "gerichtlichen Entscheid". Es bestehe Bestandsschutz hinsichtlich seiner vollständigen Xbox, und es sei nicht nachvollziehbar, dass er nunmehr darauf verwiesen werde, eine SD-Karte zu nutzen, deren Erwerb nach der aktuellen Medienregelung der Anstalt zudem verboten sei. Die Überprüfung des Sachverhalts durch eine neutrale Instanz sei nunmehr erforderlich.

7

6. Die Maßregelvollzugsanstalt führte in ihrer Stellungnahme vom 13. November 2014 aus, die Wegnahme der Festplatte sei rechtmäßig gewesen. Elektronische Geräte zum Speichern und zur Verarbeitung größerer Datenmengen könnten bereits aufgrund ihrer abstrakt-generellen Gefährlichkeit für die Sicherheit in (Maßregel-) Vollzugseinrichtungen untersagt werden. Aufgrund der anstaltsinternen Medienregelung, die dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, sei der Besitz von Geräten zum Speichern größerer Datenmengen untersagt. Besondere Ausnahmegründe lägen in der Person des Beschwerdeführers nicht vor. Der Besitz einer externen Festplatte sei zu keinem Zeitpunkt genehmigt worden. Bei der Verlegung müsse die neue Anstalt zudem nicht alle bestehenden Erlaubnisse der vorherigen Einrichtung ungeprüft übernehmen.

8

7. Der Beschwerdeführer ergänzte seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit einem Schreiben vom 8. Dezember 2014. Im Wesentlichen führte er aus, die Argumentation der Maßregelvollzugsanstalt gehe fehl, wonach aus Sicherheitsgründen bereits vorhandene Gegenstände nachträglich eingezogen werden dürften. Dies sei nur im Falle eines verletzten Vertrauensverhältnisses aufgrund missbräuchlicher Anwendung des Geräts möglich. Zudem habe die Anstalt insoweit die besondere Situation der Unterbringung im Vergleich zum Strafvollzug nicht hinreichend berücksichtigt. Es handele sich vorliegend um eine interne und keine externe Festplatte, was anhand einer Fotodokumentation nachgewiesen werden könne. In weiteren Schreiben vom 4. April und 5. Juni 2015 wiederholte er im Wesentlichen seinen Vortrag.

9

8. Mit Beschluss vom 12. Juni 2015 wurde die Maßregelvollzugsanstalt durch das Landgericht Bochum verpflichtet, den Beschwerdeführer unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer neu zu bescheiden.

10

Der Antrag, mit dem "sinngemäß die Herausgabe der Festplatte" begehrt werde, sei begründet. Zwar ergebe sich aus von der Maßregelvollzugsanstalt vorgelegten Lichtbildern, dass es sich bei der Festplatte um ein externes Gerät handele, das nach der Medienregelung unzulässig sei. Die Anstalt könne den Besitz jedoch nicht unter pauschaler Berufung auf die Medienregelung verbieten, weil es sich dabei um eine interne Verwaltungsvorschrift handele. Entscheidend sei vielmehr, ob von der Festplatte eine Gefährdung im Sinne von § 7 Abs. 3 und Abs. 4 des Nordrhein-Westfälischen Maßregelvollzugsgesetzes (MRVG NRW) ausgehe. Dies habe die Anstalt jedoch nicht dargelegt. Insbesondere habe sie nicht aufgezeigt, welche Art von konkretem Missbrauch bei einer Nutzung der Festplatte zu befürchten sei und welche Gefahren dies mit sich bringe. Darüber hinaus sei die Entscheidung ermessensfehlerhaft, weil anderen Patienten die Nutzung einer Spielekonsole mit Festplatte gestattet worden sei.

11

9. Gegen den landgerichtlichen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 20. Juli 2015 Rechtsbeschwerde ein. Er rügte insbesondere, dass auf den von der Maßregelvollzugsanstalt vorgelegten Lichtbildern nicht seine, sondern eine andere Konsole abgebildet sei. Diese Lichtbilder und das dazugehörige Schreiben der Maßregelvollzugsanstalt seien ihm vor der Entscheidung nicht zugestellt worden, so dass er hierzu nicht habe Stellung nehmen können. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich bei der sichergestellten Festplatte nicht um eine externe, sondern um eine interne. Dies ergebe sich daraus, dass sie nicht über einen USB-Anschluss verfüge, sondern über einen speziellen Xbox-Anschluss mit der Spielekonsole verbunden werde. Die Kammer habe nicht aufgeklärt, inwieweit eine SD-Karte weniger gefährlich sein solle als seine Xbox-Festplatte.

12

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 8. Oktober 2015 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig. Der Beschwerdeführer sei durch den angegriffenen Beschluss vom 12. Juni 2015 nicht beschwert, weil das Landgericht seinem Antrag vollumfänglich entsprochen habe, indem es die Maßregelvollzugsanstalt verpflichtet habe, den Beschwerdeführer unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu bescheiden.

13

11. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 eine Anhörungsrüge und Gegenvorstellung. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts sei er durch den landgerichtlichen Beschluss beschwert, weil er eine Verpflichtungsklage erhoben, das Landgericht die Maßregelvollzugsanstalt aber nicht zur Herausgabe der Festplatte verpflichtet habe. Seinem Begehren sei somit nicht entsprochen worden und ein neues Verfahren werde notwendig. Außerdem beruhe die landgerichtliche Entscheidung wie auch die des Oberlandesgerichts auf einer falschen Tatsachengrundlage, weil es sich bei seiner Festplatte um eine interne Festplatte handele. Darauf habe er mehrfach hingewiesen. Das Oberlandesgericht habe sich damit nicht auseinandergesetzt.

14

12. Das Oberlandesgericht wies die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellungen mit Beschluss vom 1. Dezember 2015 zurück. Das Gericht habe den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Ergänzend wies der Senat darauf hin, dass für die Frage, ob eine Beschwer vorliege, allein der Tenor der angegriffenen Entscheidung maßgeblich sei und nicht deren Begründung. Die Gegenvorstellungen seien zurückzuweisen, weil der Senat weder von unzutreffenden tatsächlichen oder prozessualen Voraussetzungen ausgegangen sei noch sonst Anlass bestehe, den in Rechtskraft erwachsenen Beschluss aufzuheben oder abzuändern.

15

Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 8. Dezember 2015 zugestellt.

16

13. Bereits mit Bescheid vom 14. September 2015 war die Maßregelvollzugsanstalt der Verpflichtung zur Neubescheidung nachgekommen und hatte die Herausgabe der Festplatte - mit ausführlicherer Begründung - erneut abgelehnt. Darin führte sie im Wesentlichen aus, die externe Festplatte des Beschwerdeführers ermögliche einen nicht mehr kontrollierbaren Daten- und Informationsaustausch. So könnten therapiekritische Daten eingebracht oder Informationen über Sicherheitsvorkehrungen weitergegeben werden. Darüber hinaus lägen in der Person des Beschwerdeführers Gründe für die Annahme einer Gefahr für die Sicherheit der Einrichtung vor. So habe dieser bereits mehrfach versucht, mobile Speichergeräte zu bekommen, und bei der Einbringung der Spielekonsole und der Festplatte falsche Tatsachen vorgetäuscht. Darüber hinaus hätten Besucher versucht, dem Beschwerdeführer Zugang zu rechtsradikalen und gewaltverherrlichenden Darstellungen zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Nutzung der Festplatte versuchen würde, unerlaubte Dateien weiterzugeben, um die Empfänger zu die Sicherheit und Ordnung gefährdenden Handlungen anzustiften. Demgegenüber könne sich der Beschwerdeführer nicht auf Bestandsschutz berufen, weil der Besitz der Spielekonsole von der vorherigen Maßregelvollzugsanstalt nicht genehmigt worden sei. Im Übrigen treffe der Vortrag des Beschwerdeführers nicht zu, wonach interne Festplatten genehmigungsfähig seien.

II.

17

1. Mit seiner am 9. Januar 2016 nach Ablauf der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer ausdrücklich nur gegen "die abschließende Entscheidung des OLG-Hamm […] vom 04.12.2015". Gemeint ist die letzte Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 1. Dezember 2015 über die Anhörungsrüge und Gegenvorstellung. Der Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt sich jedoch entnehmen, dass der Beschwerdeführer auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 angreifen will, mit der die Rechtsbeschwerde verworfen worden ist. Er macht nicht geltend, dass sich aus der Behandlung der Anhörungsrüge und Gegenvorstellung eine eigenständige verfassungsrechtliche Beschwer ergebe, sondern dass die Rechtsbeschwerde aus unzutreffenden Gründen verworfen worden sei.

18

Der Beschwerdeführer rügt insbesondere eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG sowie des Rechts auf ein faires Verfahren. Außerdem seien Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Er macht geltend, dass er - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - durch den Beschluss des Landgerichts beschwert sei. Er habe vor dem Landgericht die Aushändigung der Festplatte beantragt. Da es sich hierbei um einen Verpflichtungsantrag gehandelt habe, habe das Landgericht seinem Antrag nicht vollumfänglich entsprochen, indem es die Maßregelvollzugsanstalt lediglich zur Neubescheidung verpflichtet habe. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft keine Herausgabe angeordnet. Insbesondere habe es den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, weil es verkannt habe, dass es sich bei der Festplatte nicht um eine externe, sondern um eine interne Festplatte handele. Das Landgericht habe ihn unter anderem in seinen Rechten aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 33 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt und ihm durch die Verpflichtung zur Neubescheidung keine Abhilfe verschafft, sondern der Maßregelvollzugsanstalt ermöglicht, Gründe zur Ablehnung der Herausgabe nachzuschieben. Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, weil das Landgericht dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben habe, zu den von der Maßregelvollzugsanstalt übersandten Lichtbildern Stellung zu nehmen, auf die in dem landgerichtlichen Beschluss verwiesen worden sei und die eine andere Konsole als die des Beschwerdeführers zeigten. Dass die sich aus dem Beschluss ergebende Beschwer fortwirke, manifestiere sich auch in der daraufhin erfolgten Neubescheidung vom 14. September 2015, mit der die Herausgabe der Festplatte erneut abgelehnt worden sei.

19

2. Mit am 19. Januar 2016 eingegangenem Schreiben hat der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 BVerfGG beantragt. Dass die - am 8. Januar 2016 abgelaufene - Monatsfrist nicht eingehalten worden sei, beruhe nicht auf seinem Verschulden. Bereits am 3. Januar 2016 habe er die Postsendung mit der Verfassungsbeschwerde dem Klinikpersonal übergeben. Sie sei jedoch erst am 5. Januar 2016 versandt worden. Sodann habe es vier Tage bis zur Zustellung gedauert, weshalb die Verfassungsbeschwerde einen Tag zu spät beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sei.

20

Zur Glaubhaftmachung seines Vortrags hat der Beschwerdeführer eine "Postkontrollliste" vorgelegt. Darin finden sich die Eintragung "Bundesverfassungsgericht" mit Ausgangsdatum 3. Januar 2016 sowie eine Unterschrift des Beschwerdeführers und eine Paraphe. Außerdem hat der Beschwerdeführer eine Rechnung der Maßregelvollzugsanstalt für den Versand eines Einschreibens an das Bundesverfassungsgericht am 5. Januar 2016 vorgelegt. Der Umschlag, mit dem die Verfassungsbeschwerde eingegangen ist, trägt einen Barcode des Postdienstleisters Postcon vom 6. Januar 2016 und eine Frankierung der Deutschen Post vom 7. Januar 2016.

21

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, hat sich nicht geäußert. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen vor.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an. Dies ist zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 zulässig und offensichtlich begründet. Die Kammer ist zur Sachentscheidung berufen (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG), denn das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden.

23

1. a) Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 1. Dezember 2015 über die Anhörungsrüge richtet. Der Beschluss über eine Gehörsrüge kann allenfalls dann mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, wenn er eine eigenständige verfassungsrechtliche Beschwer bewirkt (vgl. BVerfGK 13, 496 <498> m.w.N.). Weder trägt der Beschwerdeführer eine solche Beschwer vor, noch ist sie ersichtlich. Er macht ausschließlich geltend, dass die Rechtsbeschwerde aus unzutreffenden Gründen verworfen worden sei.

24

Eine eigenständige Beschwer ergibt sich auch nicht daraus, dass das Oberlandesgericht in dem Beschluss vom 1. Dezember 2015 ergänzend angemerkt hat, für die Frage, ob eine Beschwer vorliege, sei der Tenor der angefochtenen Entscheidung maßgebend, nicht dagegen deren Begründung. Dabei handelt es sich um eine Erwägung, die bereits den Gründen des Beschlusses vom 8. Oktober 2015 zugrunde liegt.

25

b) Hinsichtlich des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, obwohl der Beschwerdeführer sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingelegt hat. Der Beschluss des Oberlandesgerichts über die (nicht offensichtlich unzulässige) Anhörungsrüge ist dem Beschwerdeführer am 8. Dezember 2015 zugestellt worden, die Verfassungsbeschwerde ist am 9. Januar 2016, einem Samstag, eingegangen. Dem Beschwerdeführer ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 BVerfGG zu gewähren.

26

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags müssen sowohl der Hinderungsgrund als auch die Umstände, die für die Beurteilung des Verschuldens maßgebend sind, dargelegt werden. Erforderlich ist eine substantiierte und schlüssige Darstellung der für die unverschuldete Fristversäumnis wesentlichen Tatsachen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2008 - 2 BvR 454/08 -, juris, Rn. 3 und vom 25. Oktober 2011 - 2 BvR 751/11 -, juris, Rn. 4 f.). Die von dem Beschwerdeführer vorgelegte "Postkontrollliste" lässt erkennen, dass er am 3. Januar 2016 ein Schreiben an das Bundesverfassungsgericht zur Post gegeben hat. Die Maßregelvollzugsanstalt versandte das Schreiben offenbar erst am 5. Januar 2016 und es dauerte weitere vier Tage, bis dieses beim Bundesverfassungsgericht einging. Bei der Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dürfen Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Post dem Beschwerdeführer nicht als Verschulden angerechnet werden (vgl. BVerfGE 50, 1 <3>; 51, 146 <149>; 51, 352 <354>; 53, 25 <28>; 98, 169 <196 f.>). Der Bürger kann darauf vertrauen, dass die nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten eingehalten werden (vgl. BVerfGE 40, 42 <45>; 41, 23 <27>; 53, 25 <29>; 62, 334 <337>; stRspr). Im Verantwortungsbereich des Absenders liegt es danach allein, das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Post zu geben, dass es nach deren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen bei normalem Verlauf der Dinge den Empfänger fristgerecht erreichen kann (vgl. BVerfGE 62, 334 <337>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er musste nicht damit rechnen, dass die von ihm bereits am 3. Januar 2016 zur Post gegebene Sendung das Bundesverfassungsgericht erst nach Ablauf des 8. Januar 2016 erreichen würde.

27

2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 verstößt gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Willkürverbot und verletzt den Beschwerdeführer darüber hinaus in dem in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz.

28

a) aa) Ein verfassungsrechtliches Eingreifen gegenüber den Entscheidungen der Fachgerichte kommt nur in seltenen Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot in Betracht (vgl. BVerfGE 74, 102 <127>; stRspr). Ein Richterspruch verstößt nicht schon dann gegen das Verbot objektiver Willkür, wenn die angegriffene Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren fehlerhaft sind. Hinzukommen muss, dass Rechtsanwendung oder Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>), etwa wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).

29

bb) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Garantie wirksamen Rechtsschutzes schließt gewisse Erschwerungen des Zugangs zu den Gerichten durch sachgerechte prozessrechtliche Anforderungen - vor allem solche, die einer geordneten Rechtspflege und damit ebenfalls der Wirksamkeit des Rechtsschutzes dienen - nicht aus (vgl. BVerfGE 10, 264 <267 f.>; 88, 118 <123 f.>; BVerfGK 10, 509 <513>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel jedoch nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

30

b) Das Oberlandesgericht hat die von § 116 StVollzG vorausgesetzte Beschwer in einer mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbarenden Weise ausgelegt.

31

aa) Das Rechtsschutzsystem des Strafvollzugsgesetzes ist nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen an den Verwaltungsprozess angelehnt (vgl. BTDrucks 17/9874, S. 29). Dort - und dementsprechend im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht - wird für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels eine formelle Beschwer des Rechtsmittelführers vorausgesetzt, die vorliegt, wenn die Wirkungen der ergangenen Entscheidung ungünstiger sind als die der beantragten Entscheidung oder - anders ausgedrückt - die angefochtene Entscheidung, soweit sie verbindlich werden kann, hinter dem Begehren des Rechtsmittelführers zurückbleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1981 - 7 C 30, 31/80 -, NJW 1983, S. 407 m.w.N.). Es ist allgemein anerkannt, dass eine solche Beschwer bei Verpflichtungsanträgen vorliegt, wenn die ergangene Entscheidung zwar aufgehoben, die Behörde jedoch nur zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt wird (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Vor § 124 Rn. 25; Kautz/Schäfer, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 124 Rn. 26; zum Tenor in diesem Fall vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 451; Schenke/Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 185; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 75 ; vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 8. Februar 1990 - 1 Ws 423/89 (StrVollz) -, juris, Rn. 3; HOLG Hamburg, Beschluss vom 18. Dezember 2015 - 3 Ws 104/15 Vollz -, juris, Rn. 29).

32

bb) Mit Blick auf die für die Beurteilung der Beschwer auch im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz zu beachtenden Maßstäbe hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts die in § 116 StVollzG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise ausgelegt und dadurch zugleich Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.

33

Es ist offensichtlich, dass das Landgericht dem Antrag des Beschwerdeführers, den es zu Recht als Verpflichtungsantrag ausgelegt hat, nur teilweise und - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - nicht vollständig entsprochen hat. Der Beschwerdeführer begehrte die Herausgabe seiner Festplatte und bekam durch das Landgericht lediglich einen Anspruch auf neue Bescheidung seines Antrags zuerkannt. Damit bleibt die ergangene Entscheidung hinter derjenigen zurück, die der Beschwerdeführer beantragt hatte. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, es liege keine Beschwer vor, weicht von der bisherigen Rechtsprechung und der einhelligen Ansicht in der Literatur (siehe dazu III.2.b)aa), Rn. 31) ab, ohne dies sachlich zu begründen.

34

3. Ob weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt sind, kann angesichts der festgestellten Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG dahinstehen.

IV.

35

1. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 - III-1 Vollz (Ws) 366/15 - in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG verletzt worden ist. Der Beschluss ist daher gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben; die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

36

2. Die Anordnung der Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG; der Beschwerdeführer hat sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 210/09
vom
21. Oktober 2010
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sieht sich das Beschwerdegericht bei der Frage, ob die tatsächlichen Grundlagen
eines Ablehnungsgrundes glaubhaft gemacht sind (§ 44
Abs. 2 ZPO), weder zur Bejahung noch zur Verneinung einer überwiegenden
Wahrscheinlichkeit in der Lage (non liquet), führt dies nicht dazu, dass von der
die Besorgnis der Befangenheit begründenden Behauptung des Ablehnenden
auszugehen ist.
BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - V ZB 210/09 - LG Hamburg
AG Hamburg-Harburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Oktober 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke, Dr. SchmidtRäntsch
und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der Zivilkammer 4 des Landgerichts Hamburg vom 18. November 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt für die Gerichtskosten 500 € und für die Vertretung des Schuldners 264.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Rechtsbeschwerdeführer ist Schuldner des im Rubrum näher bezeichneten Zwangsversteigerungsverfahrens. Die in dem Versteigerungstermin am 6. Januar 2009 tätig gewordene Rechtspflegerin hat er wegen Besorgnis der Befangenheit mit der Begründung abgelehnt, diese habe sich nach Übergabe eines Einstellungsantrages nach § 765a ZPO wie folgt geäußert: "Ich werde das noch prüfen und während der Bieterstunde entscheiden, aus welchen Gründen ich den Antrag ablehne.“
2
Zur Glaubhaftmachung stützt sich der Schuldner auf eine diesen Vortrag bestätigende eidesstattliche Versicherung von T. S. , der in dem Termin "im Auftrag" des Schuldners anwesend war. In der dienstlichen Äußerung der Rechtspflegerin hierzu heißt es: "Nach dem Termin wurde über den Antrag gem. § 765a ZPO entschieden. Die Äußerung, dass der Antrag noch geprüft werden muss und ich während der Bietstunde entscheide, aus welchen Gründen ich den Antrag ablehne, konnte und wurde von mir auch nicht ausgesprochen. Eine anderweitige Entscheidung als über Gebote kann in der Bietstunde gar nicht getroffen werden."
3
Das Amtsgericht hat das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Auf die zunächst von dem Landgericht durch die Einzelrichterin zugelassene Rechtsbeschwerde hat der Senat die Beschwerdeentscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Dieses hat die Beschwerde erneut - nunmehr in voller Kammerbesetzung - zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Ablehnungsgesuch weiter.

II.

4
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dem Schuldner sei es nicht gelungen, die behauptete Äußerung der Rechtspflegerin glaubhaft zu machen. Der eidesstattlichen Versicherung von T. S. stehe die dienstliche Äußerung der Rechtspflegerin entgegen. Da nicht festgestellt werden könne, welche Darstellung zutreffe, sei von einem "non liquid" auszugehen, das zu Lasten des das Ablehnungsgesuch stellenden Verfahrensbeteiligten gehe. http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=19&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300952002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=19&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300952002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=19&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302252002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=19&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302252002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=19&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302252002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=19&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310932005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=19&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE068103301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xvs/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=19&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE065903301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -

III.

5
1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
6
a) Allerdings rügt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg, das Rechtsbeschwerdegericht sei auf der Grundlage der Beschwerdeentscheidung nicht zu einer rechtlichen Überprüfung in der Lage. Zwar sind ausreichende tatsächliche Angaben erforderlich (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. Mai 2009 - V ZB 180/08, JurBüro 2009, 442 f.; BGH, Beschluss vom 20. Juni 2002 - IX ZB 56/01, NJW 2002, 2648, 2649; Beschluss vom 5. August 2002 - IX ZB 51/02, NJW-RR 2002, 1571; Beschluss vom 12. Juli 2004 - II ZB 3/02, NJW-RR 2005, 78; Beschluss vom 7. April 2005 - IX ZB 63/03, NJW-RR 2005, 916), weil das Rechtsbeschwerdegericht nach § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen hat, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen solche Feststellungen, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne. Sie begründen einen Verfahrensmangel, der von Amts wegen zu berücksichtigen ist und die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich zieht (Senat, Beschluss vom 11. Mai 2006 - V ZB 70/05, FamRZ 2006, 1030). So liegt es hier jedoch nicht. Die tatsächlichen Ausführungen des Beschwerdegerichts ermöglichen infolge der darin enthaltenen Bezugnahmen in (noch) ausreichender Weise die auf Rechtsfehler beschränkte Überprüfung durch den Senat.
7
b) Dieser Rechtskontrolle hält die Beschwerdeentscheidung jedoch nicht stand. Die Rechtsbeschwerde rügt im Ergebnis zu Recht, dass die Erwägung, mit der das Beschwerdegericht eine Glaubhaftmachung verneint hat, von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgeht. Denn entgegen der Auffas- sung des Beschwerdegerichts scheitert eine Glaubhaftmachung nicht schon dann, wenn nicht festgestellt werden kann, ob die Darstellung des Ablehnenden oder die des Abgelehnten zutrifft. Anders als in Konstellationen, in denen eine Partei den (vollen) Beweis für eine Behauptung zu erbringen hat, ist eine Glaubhaftmachung selbst bei Vorliegen vernünftiger Zweifel nicht ausgeschlossen. Nach den zu § 294 ZPO entwickelten Grundsätzen genügt zur Glaubhaftmachung ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung. An die Stelle des Vollbeweises tritt eine Wahrscheinlichkeitsfeststellung. Die Behauptung ist schon dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06, NJW-RR 2007, 776, 777; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 294 Rn. 7; jeweils mwN). Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn bei der erforderlichen umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Falles mehr für das Vorliegen der in Rede stehenden Behauptung spricht als dagegen (BGH, Beschluss vom 11. September 2003 - IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 143). Diese Würdigung vorzunehmen, ist - ebenso wie die Beweiswürdigung nach § 286 ZPO - grundsätzlich Sache des Tatrichters.
8
c) Der Rechtsfehler des Beschwerdegerichts führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht , damit dieses die erforderliche Würdigung nachholen kann (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Das Beschwerdegericht hat daher im Einzelnen zu prüfen und zu würdigen, ob für die von dem Schuldner behauptete Äußerung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht. Diese Würdigung ist zu begründen. Die angestellten Erwägungen müssen zumindest deutlich machen, dass auf der Grundlage des zutreffenden Maßstabes die wesentlichen Umstände abgewogen worden sind (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 294 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold, aaO, § 294 Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. September 2003 - IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 143).
9
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
10
a) Sollte die von dem Beschwerdegericht nachzuholende Würdigung dazu führen, dass sich das Beschwerdegericht weder zur Bejahung noch zur Verneinung einer überwiegenden Wahrscheinlichkei t in der Lage sieht (non liquet), führte dies nicht dazu, dass gleichwohl von einer Glaubhaftmachung der die Besorgnis der Befangenheit begründenden Behauptung des Ablehnenden auszugehen wäre (wie hier etwa OLG Düsseldorf, MDR 2009, 404, 405; Baumbach /Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl., § 44 Rn. 5; MünchKommZPO /Gehrlein, 3. Aufl., § 44 Rn. 8; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 2002 - XI ZR 322/01, juris Rn. 19; Beschluss vom 13. Januar 2003 - XI ZR 357/01, WM 2003, 848, 850; OLG Düsseldorf, MDR 2009, 221, 222; Musielak/Huber, ZPO, 7. Aufl., § 294 Rn. 3; aA BayOblGZ 1974, 131, 137; OLG Braunschweig, OLGR 2000, 122 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 42 Rn. 10; Schneider, MDR 2000, 1304, 1305 mwN).
11
aa) Dass § 42 Abs. 2 ZPO nicht an die Befangenheit des Richters bzw. des Rechtspflegers (§ 10 Satz 1 RPflG) anknüpft, sondern bereits an ein Verhalten , das die Annahme der Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt, bedeutet nicht, dass das dieser Bewertung zugrunde liegende Verhalten nicht mit den Mitteln der Glaubhaftmachung festgestellt werden müsste. Die Last der Glaubhaftmachung trägt nach der klaren und unzweideutigen Regelung des § 44 Abs. 2 ZPO der Ablehnende. Erweist sich der von ihm behauptete Geschehensablauf nicht als überwiegend wahrscheinlich, ist das Ablehnungsgesuch zurückzuweisen. Gerade eine solche Konstellation liegt jedoch vor, wenn das Gericht den widerstreitenden Mitteln der Glaubhaftmachung exakt den gleichen Beweiswert beimisst (vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO).
12
bb) Die Zulassung einer Ausnahme für den Sachbereich der Ablehnung von Gerichtspersonen findet im Gesetz keine Stütze. Bei der Beweiswürdigung ist der Richter grundsätzlich frei. Nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen ist http://www.juris.de/jportal/portal/t/17z7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013200314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - er an Beweisregeln gebunden (§ 286 Abs. 2 ZPO). Bei der Würdigung der Frage , ob eine Behauptung glaubhaft gemacht ist, gilt nichts anderes. Da auch diese Würdigung einen Akt wertender Erkenntnis darstellt, die sich jedenfalls in ihrem wesentlichen Kern von der Beweiswürdigung nur hinsichtlich des Beweismaßes , also von dem Grad der Überzeugungsbildung unterscheidet, kommt auch insofern der Grundsatz der freien richterlichen Überzeugungsbildung zum Tragen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06, NJW-RR 2007, 776, 777 mwN). Einen Rechtssatz dahin, dass bei divergierenden Äußerungen mit gleichem Beweiswert ausnahmsweise der dienstlichen Stellungnahme des Richters bzw. des Rechtspflegers ein geringerer Beweiswert zukommt, kennt das Gesetz nicht.
13
cc) Dass der Ablehnende nach der klaren Gesetzeslage generell die Last der Glaubhaftmachung trägt (§ 44 Abs. 2 ZPO), ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden; der gesetzlich im Voraus bestimmte Richter darf nicht verdrängt werden. Dieser Grundsatz gilt indessen nicht ausnahmslos, weil das Grundgesetz von einem Richterbild ausgeht, das von der Neutralität und Distanz des Richters gegenüber den Verfahrensbeteiligten geprägt ist (vgl. BVerfGE 21, 139, 145 f.; BVerfG, NJW 2007, 3771, 3772 mwN). Daher ist ein Richter von einem Verfahren auszuschließen, wenn er diesen Anforderungen nicht genügt oder durch sein Verhalten zumindest begründeten Anlass zu der Besorgnis gibt, er stehe der Sache nicht (mehr) unvoreingenommen gegenüber. Vor dem Hintergrund dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses ist es naheliegend, zumindest aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Last der Glaubhaftmachung demjenigen Verfahrensbeteiligten auferlegt , der den Richter ablehnt. Das gilt auch dann, wenn sich bei miteinander unvereinbaren Schilderungen auch bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände nicht sagen lässt, welche Version die wahrscheinlichere ist.
14
Nicht anders verhält es sich, wenn es - wie hier - um die Ablehnung einer Rechtspflegerin geht. Zwar unterfällt die Tätigkeit eines Rechtspflegers nicht dem Gewährleistungsbereich des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Rechtspfleger sind keine Richter (vgl. nur BVerfGE 101, 397, 405; Senat, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - V ZB 111/09, WM 2010, 910, 911 mwN). Jedoch hat der Gesetzgeber in Ausübung des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraumes die Ablehnung von Rechtspflegern denselben Anforderungen unterworfen, unter denen ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann (§ 10 Satz 1 RPflG).
15
b) Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Senat hat bereits entschieden, dass sich die Beteiligten in einem bereits eröffneten Zwangsversteigerungsverfahren in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen, und deshalb § 97 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht anwendbar ist (vgl. dazu insbesondere Senat, Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 26/06, BGHZ 170, 378, 381 mwN). Für Beschwerdeverfahren, die sich an ein in einem eröffneten Zwangsversteigerungsverfahren gestelltes Ableh- nungsgesuch anschließen, gilt nichts anderes (vgl. Senat, BGH, Beschluss vom 21. Juni 2007 - V ZB 3/07, NJW-RR 2008, 216, 217).
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Harburg, Entscheidung vom 10.03.2009 - 616 K 39/07 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.11.2009 - 304 T 14/09 -

Tenor

Dem Beschwerdeführer wird Wiedereinsetzung in die Verfassungsbeschwerdefrist gewährt.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Oktober 2015 - III -1 Vollz (Ws) 366/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob Art. 19 Abs. 4 GG im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem Strafvollzugsgesetz die Annahme einer rechtsmittelfähigen Beschwer gebietet, wenn die Strafvollstreckungskammer auf einen Verpflichtungsantrag lediglich eine Neubescheidung des Antragstellers angeordnet hat, und ob ein Verstoß gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 2011 wegen Verstößen gegen das Waffen-, das Sprengstoff- und das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Außerdem wurde gemäß § 63 StGB die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, die zunächst im Zentrum für Forensische Psychiatrie in L… und seit April 2013 in der Maßregelvollzugsklinik H… vollstreckt wurde. Der Beschwerdeführer hatte einen Amoklauf an seiner ehemaligen Schule geplant.

3

2. Er verfügte im Maßregelvollzug über eine Spielekonsole "Xbox", die er mit einer Festplatte nutzte. Nachdem die Spielekonsole im April 2014 von einem externen Unternehmen repariert und an die Maßregelvollzugsanstalt zurückgeschickt worden war, bemerkte diese erstmals die Festplatte an dem Gerät. Dabei ist zwischen der Maßregelvollzugsanstalt und dem Beschwerdeführer streitig, ob es sich um eine interne oder eine externe Festplatte handelt. Unter Berufung auf ihre Medienregelung, wonach der Besitz von Festplatten grundsätzlich untersagt ist, stellte die Maßregelvollzugsanstalt die Festplatte sicher und gab dem Beschwerdeführer die Konsole ohne die Festplatte zurück.

4

3. Am 11. Juli 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Herausgabe der Festplatte. Er berief sich auf Bestandsschutz, weil er die Festplatte von Anfang an benutzt habe, und machte zudem geltend, dass von dem Gerät keine Gefahr ausgehe. Es ermögliche lediglich das Abspielen von Musik und Spieleinhalten, nicht aber das Speichern von Filmdateien. Mit Schreiben vom 25. August 2014 vertiefte der Beschwerdeführer sein Vorbringen, nachdem die Maßregelvollzugsanstalt es unter dem 5. August 2014 abgelehnt hatte, ihm seine Festplatte herauszugeben. Er trug insbesondere vor, dass die Medienregelung veraltet und interne Festplatten erlaubt seien und dass es sich bei seiner Festplatte um eine solche handele. Ferner verfüge ein anderer Patient ebenfalls über eine Spielekonsole mit einer Festplatte.

5

4. Die Maßregelvollzugsanstalt lehnte die Herausgabe der Festplatte zuletzt im Oktober 2014 ab und verwies darauf, dass externe Festplatten nicht erlaubt seien. Der Beschwerdeführer könne als Speichermedium eine SD-Karte nutzen.

6

5. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am 15. Oktober 2014 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Darin ersuchte er die zuständige Strafvollstreckungskammer um einen "gerichtlichen Entscheid". Es bestehe Bestandsschutz hinsichtlich seiner vollständigen Xbox, und es sei nicht nachvollziehbar, dass er nunmehr darauf verwiesen werde, eine SD-Karte zu nutzen, deren Erwerb nach der aktuellen Medienregelung der Anstalt zudem verboten sei. Die Überprüfung des Sachverhalts durch eine neutrale Instanz sei nunmehr erforderlich.

7

6. Die Maßregelvollzugsanstalt führte in ihrer Stellungnahme vom 13. November 2014 aus, die Wegnahme der Festplatte sei rechtmäßig gewesen. Elektronische Geräte zum Speichern und zur Verarbeitung größerer Datenmengen könnten bereits aufgrund ihrer abstrakt-generellen Gefährlichkeit für die Sicherheit in (Maßregel-) Vollzugseinrichtungen untersagt werden. Aufgrund der anstaltsinternen Medienregelung, die dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, sei der Besitz von Geräten zum Speichern größerer Datenmengen untersagt. Besondere Ausnahmegründe lägen in der Person des Beschwerdeführers nicht vor. Der Besitz einer externen Festplatte sei zu keinem Zeitpunkt genehmigt worden. Bei der Verlegung müsse die neue Anstalt zudem nicht alle bestehenden Erlaubnisse der vorherigen Einrichtung ungeprüft übernehmen.

8

7. Der Beschwerdeführer ergänzte seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit einem Schreiben vom 8. Dezember 2014. Im Wesentlichen führte er aus, die Argumentation der Maßregelvollzugsanstalt gehe fehl, wonach aus Sicherheitsgründen bereits vorhandene Gegenstände nachträglich eingezogen werden dürften. Dies sei nur im Falle eines verletzten Vertrauensverhältnisses aufgrund missbräuchlicher Anwendung des Geräts möglich. Zudem habe die Anstalt insoweit die besondere Situation der Unterbringung im Vergleich zum Strafvollzug nicht hinreichend berücksichtigt. Es handele sich vorliegend um eine interne und keine externe Festplatte, was anhand einer Fotodokumentation nachgewiesen werden könne. In weiteren Schreiben vom 4. April und 5. Juni 2015 wiederholte er im Wesentlichen seinen Vortrag.

9

8. Mit Beschluss vom 12. Juni 2015 wurde die Maßregelvollzugsanstalt durch das Landgericht Bochum verpflichtet, den Beschwerdeführer unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer neu zu bescheiden.

10

Der Antrag, mit dem "sinngemäß die Herausgabe der Festplatte" begehrt werde, sei begründet. Zwar ergebe sich aus von der Maßregelvollzugsanstalt vorgelegten Lichtbildern, dass es sich bei der Festplatte um ein externes Gerät handele, das nach der Medienregelung unzulässig sei. Die Anstalt könne den Besitz jedoch nicht unter pauschaler Berufung auf die Medienregelung verbieten, weil es sich dabei um eine interne Verwaltungsvorschrift handele. Entscheidend sei vielmehr, ob von der Festplatte eine Gefährdung im Sinne von § 7 Abs. 3 und Abs. 4 des Nordrhein-Westfälischen Maßregelvollzugsgesetzes (MRVG NRW) ausgehe. Dies habe die Anstalt jedoch nicht dargelegt. Insbesondere habe sie nicht aufgezeigt, welche Art von konkretem Missbrauch bei einer Nutzung der Festplatte zu befürchten sei und welche Gefahren dies mit sich bringe. Darüber hinaus sei die Entscheidung ermessensfehlerhaft, weil anderen Patienten die Nutzung einer Spielekonsole mit Festplatte gestattet worden sei.

11

9. Gegen den landgerichtlichen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 20. Juli 2015 Rechtsbeschwerde ein. Er rügte insbesondere, dass auf den von der Maßregelvollzugsanstalt vorgelegten Lichtbildern nicht seine, sondern eine andere Konsole abgebildet sei. Diese Lichtbilder und das dazugehörige Schreiben der Maßregelvollzugsanstalt seien ihm vor der Entscheidung nicht zugestellt worden, so dass er hierzu nicht habe Stellung nehmen können. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich bei der sichergestellten Festplatte nicht um eine externe, sondern um eine interne. Dies ergebe sich daraus, dass sie nicht über einen USB-Anschluss verfüge, sondern über einen speziellen Xbox-Anschluss mit der Spielekonsole verbunden werde. Die Kammer habe nicht aufgeklärt, inwieweit eine SD-Karte weniger gefährlich sein solle als seine Xbox-Festplatte.

12

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 8. Oktober 2015 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig. Der Beschwerdeführer sei durch den angegriffenen Beschluss vom 12. Juni 2015 nicht beschwert, weil das Landgericht seinem Antrag vollumfänglich entsprochen habe, indem es die Maßregelvollzugsanstalt verpflichtet habe, den Beschwerdeführer unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu bescheiden.

13

11. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 eine Anhörungsrüge und Gegenvorstellung. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts sei er durch den landgerichtlichen Beschluss beschwert, weil er eine Verpflichtungsklage erhoben, das Landgericht die Maßregelvollzugsanstalt aber nicht zur Herausgabe der Festplatte verpflichtet habe. Seinem Begehren sei somit nicht entsprochen worden und ein neues Verfahren werde notwendig. Außerdem beruhe die landgerichtliche Entscheidung wie auch die des Oberlandesgerichts auf einer falschen Tatsachengrundlage, weil es sich bei seiner Festplatte um eine interne Festplatte handele. Darauf habe er mehrfach hingewiesen. Das Oberlandesgericht habe sich damit nicht auseinandergesetzt.

14

12. Das Oberlandesgericht wies die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellungen mit Beschluss vom 1. Dezember 2015 zurück. Das Gericht habe den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Ergänzend wies der Senat darauf hin, dass für die Frage, ob eine Beschwer vorliege, allein der Tenor der angegriffenen Entscheidung maßgeblich sei und nicht deren Begründung. Die Gegenvorstellungen seien zurückzuweisen, weil der Senat weder von unzutreffenden tatsächlichen oder prozessualen Voraussetzungen ausgegangen sei noch sonst Anlass bestehe, den in Rechtskraft erwachsenen Beschluss aufzuheben oder abzuändern.

15

Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 8. Dezember 2015 zugestellt.

16

13. Bereits mit Bescheid vom 14. September 2015 war die Maßregelvollzugsanstalt der Verpflichtung zur Neubescheidung nachgekommen und hatte die Herausgabe der Festplatte - mit ausführlicherer Begründung - erneut abgelehnt. Darin führte sie im Wesentlichen aus, die externe Festplatte des Beschwerdeführers ermögliche einen nicht mehr kontrollierbaren Daten- und Informationsaustausch. So könnten therapiekritische Daten eingebracht oder Informationen über Sicherheitsvorkehrungen weitergegeben werden. Darüber hinaus lägen in der Person des Beschwerdeführers Gründe für die Annahme einer Gefahr für die Sicherheit der Einrichtung vor. So habe dieser bereits mehrfach versucht, mobile Speichergeräte zu bekommen, und bei der Einbringung der Spielekonsole und der Festplatte falsche Tatsachen vorgetäuscht. Darüber hinaus hätten Besucher versucht, dem Beschwerdeführer Zugang zu rechtsradikalen und gewaltverherrlichenden Darstellungen zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Nutzung der Festplatte versuchen würde, unerlaubte Dateien weiterzugeben, um die Empfänger zu die Sicherheit und Ordnung gefährdenden Handlungen anzustiften. Demgegenüber könne sich der Beschwerdeführer nicht auf Bestandsschutz berufen, weil der Besitz der Spielekonsole von der vorherigen Maßregelvollzugsanstalt nicht genehmigt worden sei. Im Übrigen treffe der Vortrag des Beschwerdeführers nicht zu, wonach interne Festplatten genehmigungsfähig seien.

II.

17

1. Mit seiner am 9. Januar 2016 nach Ablauf der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer ausdrücklich nur gegen "die abschließende Entscheidung des OLG-Hamm […] vom 04.12.2015". Gemeint ist die letzte Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 1. Dezember 2015 über die Anhörungsrüge und Gegenvorstellung. Der Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt sich jedoch entnehmen, dass der Beschwerdeführer auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 angreifen will, mit der die Rechtsbeschwerde verworfen worden ist. Er macht nicht geltend, dass sich aus der Behandlung der Anhörungsrüge und Gegenvorstellung eine eigenständige verfassungsrechtliche Beschwer ergebe, sondern dass die Rechtsbeschwerde aus unzutreffenden Gründen verworfen worden sei.

18

Der Beschwerdeführer rügt insbesondere eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG sowie des Rechts auf ein faires Verfahren. Außerdem seien Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Er macht geltend, dass er - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - durch den Beschluss des Landgerichts beschwert sei. Er habe vor dem Landgericht die Aushändigung der Festplatte beantragt. Da es sich hierbei um einen Verpflichtungsantrag gehandelt habe, habe das Landgericht seinem Antrag nicht vollumfänglich entsprochen, indem es die Maßregelvollzugsanstalt lediglich zur Neubescheidung verpflichtet habe. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft keine Herausgabe angeordnet. Insbesondere habe es den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, weil es verkannt habe, dass es sich bei der Festplatte nicht um eine externe, sondern um eine interne Festplatte handele. Das Landgericht habe ihn unter anderem in seinen Rechten aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 33 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt und ihm durch die Verpflichtung zur Neubescheidung keine Abhilfe verschafft, sondern der Maßregelvollzugsanstalt ermöglicht, Gründe zur Ablehnung der Herausgabe nachzuschieben. Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, weil das Landgericht dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben habe, zu den von der Maßregelvollzugsanstalt übersandten Lichtbildern Stellung zu nehmen, auf die in dem landgerichtlichen Beschluss verwiesen worden sei und die eine andere Konsole als die des Beschwerdeführers zeigten. Dass die sich aus dem Beschluss ergebende Beschwer fortwirke, manifestiere sich auch in der daraufhin erfolgten Neubescheidung vom 14. September 2015, mit der die Herausgabe der Festplatte erneut abgelehnt worden sei.

19

2. Mit am 19. Januar 2016 eingegangenem Schreiben hat der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 BVerfGG beantragt. Dass die - am 8. Januar 2016 abgelaufene - Monatsfrist nicht eingehalten worden sei, beruhe nicht auf seinem Verschulden. Bereits am 3. Januar 2016 habe er die Postsendung mit der Verfassungsbeschwerde dem Klinikpersonal übergeben. Sie sei jedoch erst am 5. Januar 2016 versandt worden. Sodann habe es vier Tage bis zur Zustellung gedauert, weshalb die Verfassungsbeschwerde einen Tag zu spät beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sei.

20

Zur Glaubhaftmachung seines Vortrags hat der Beschwerdeführer eine "Postkontrollliste" vorgelegt. Darin finden sich die Eintragung "Bundesverfassungsgericht" mit Ausgangsdatum 3. Januar 2016 sowie eine Unterschrift des Beschwerdeführers und eine Paraphe. Außerdem hat der Beschwerdeführer eine Rechnung der Maßregelvollzugsanstalt für den Versand eines Einschreibens an das Bundesverfassungsgericht am 5. Januar 2016 vorgelegt. Der Umschlag, mit dem die Verfassungsbeschwerde eingegangen ist, trägt einen Barcode des Postdienstleisters Postcon vom 6. Januar 2016 und eine Frankierung der Deutschen Post vom 7. Januar 2016.

21

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, hat sich nicht geäußert. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen vor.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an. Dies ist zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 zulässig und offensichtlich begründet. Die Kammer ist zur Sachentscheidung berufen (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG), denn das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden.

23

1. a) Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 1. Dezember 2015 über die Anhörungsrüge richtet. Der Beschluss über eine Gehörsrüge kann allenfalls dann mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, wenn er eine eigenständige verfassungsrechtliche Beschwer bewirkt (vgl. BVerfGK 13, 496 <498> m.w.N.). Weder trägt der Beschwerdeführer eine solche Beschwer vor, noch ist sie ersichtlich. Er macht ausschließlich geltend, dass die Rechtsbeschwerde aus unzutreffenden Gründen verworfen worden sei.

24

Eine eigenständige Beschwer ergibt sich auch nicht daraus, dass das Oberlandesgericht in dem Beschluss vom 1. Dezember 2015 ergänzend angemerkt hat, für die Frage, ob eine Beschwer vorliege, sei der Tenor der angefochtenen Entscheidung maßgebend, nicht dagegen deren Begründung. Dabei handelt es sich um eine Erwägung, die bereits den Gründen des Beschlusses vom 8. Oktober 2015 zugrunde liegt.

25

b) Hinsichtlich des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, obwohl der Beschwerdeführer sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingelegt hat. Der Beschluss des Oberlandesgerichts über die (nicht offensichtlich unzulässige) Anhörungsrüge ist dem Beschwerdeführer am 8. Dezember 2015 zugestellt worden, die Verfassungsbeschwerde ist am 9. Januar 2016, einem Samstag, eingegangen. Dem Beschwerdeführer ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 BVerfGG zu gewähren.

26

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags müssen sowohl der Hinderungsgrund als auch die Umstände, die für die Beurteilung des Verschuldens maßgebend sind, dargelegt werden. Erforderlich ist eine substantiierte und schlüssige Darstellung der für die unverschuldete Fristversäumnis wesentlichen Tatsachen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2008 - 2 BvR 454/08 -, juris, Rn. 3 und vom 25. Oktober 2011 - 2 BvR 751/11 -, juris, Rn. 4 f.). Die von dem Beschwerdeführer vorgelegte "Postkontrollliste" lässt erkennen, dass er am 3. Januar 2016 ein Schreiben an das Bundesverfassungsgericht zur Post gegeben hat. Die Maßregelvollzugsanstalt versandte das Schreiben offenbar erst am 5. Januar 2016 und es dauerte weitere vier Tage, bis dieses beim Bundesverfassungsgericht einging. Bei der Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dürfen Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Post dem Beschwerdeführer nicht als Verschulden angerechnet werden (vgl. BVerfGE 50, 1 <3>; 51, 146 <149>; 51, 352 <354>; 53, 25 <28>; 98, 169 <196 f.>). Der Bürger kann darauf vertrauen, dass die nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten eingehalten werden (vgl. BVerfGE 40, 42 <45>; 41, 23 <27>; 53, 25 <29>; 62, 334 <337>; stRspr). Im Verantwortungsbereich des Absenders liegt es danach allein, das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Post zu geben, dass es nach deren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen bei normalem Verlauf der Dinge den Empfänger fristgerecht erreichen kann (vgl. BVerfGE 62, 334 <337>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er musste nicht damit rechnen, dass die von ihm bereits am 3. Januar 2016 zur Post gegebene Sendung das Bundesverfassungsgericht erst nach Ablauf des 8. Januar 2016 erreichen würde.

27

2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 verstößt gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Willkürverbot und verletzt den Beschwerdeführer darüber hinaus in dem in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz.

28

a) aa) Ein verfassungsrechtliches Eingreifen gegenüber den Entscheidungen der Fachgerichte kommt nur in seltenen Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot in Betracht (vgl. BVerfGE 74, 102 <127>; stRspr). Ein Richterspruch verstößt nicht schon dann gegen das Verbot objektiver Willkür, wenn die angegriffene Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren fehlerhaft sind. Hinzukommen muss, dass Rechtsanwendung oder Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>), etwa wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).

29

bb) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Garantie wirksamen Rechtsschutzes schließt gewisse Erschwerungen des Zugangs zu den Gerichten durch sachgerechte prozessrechtliche Anforderungen - vor allem solche, die einer geordneten Rechtspflege und damit ebenfalls der Wirksamkeit des Rechtsschutzes dienen - nicht aus (vgl. BVerfGE 10, 264 <267 f.>; 88, 118 <123 f.>; BVerfGK 10, 509 <513>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel jedoch nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

30

b) Das Oberlandesgericht hat die von § 116 StVollzG vorausgesetzte Beschwer in einer mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbarenden Weise ausgelegt.

31

aa) Das Rechtsschutzsystem des Strafvollzugsgesetzes ist nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen an den Verwaltungsprozess angelehnt (vgl. BTDrucks 17/9874, S. 29). Dort - und dementsprechend im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht - wird für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels eine formelle Beschwer des Rechtsmittelführers vorausgesetzt, die vorliegt, wenn die Wirkungen der ergangenen Entscheidung ungünstiger sind als die der beantragten Entscheidung oder - anders ausgedrückt - die angefochtene Entscheidung, soweit sie verbindlich werden kann, hinter dem Begehren des Rechtsmittelführers zurückbleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1981 - 7 C 30, 31/80 -, NJW 1983, S. 407 m.w.N.). Es ist allgemein anerkannt, dass eine solche Beschwer bei Verpflichtungsanträgen vorliegt, wenn die ergangene Entscheidung zwar aufgehoben, die Behörde jedoch nur zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt wird (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Vor § 124 Rn. 25; Kautz/Schäfer, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 124 Rn. 26; zum Tenor in diesem Fall vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 451; Schenke/Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 185; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 75 ; vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 8. Februar 1990 - 1 Ws 423/89 (StrVollz) -, juris, Rn. 3; HOLG Hamburg, Beschluss vom 18. Dezember 2015 - 3 Ws 104/15 Vollz -, juris, Rn. 29).

32

bb) Mit Blick auf die für die Beurteilung der Beschwer auch im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz zu beachtenden Maßstäbe hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts die in § 116 StVollzG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise ausgelegt und dadurch zugleich Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.

33

Es ist offensichtlich, dass das Landgericht dem Antrag des Beschwerdeführers, den es zu Recht als Verpflichtungsantrag ausgelegt hat, nur teilweise und - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - nicht vollständig entsprochen hat. Der Beschwerdeführer begehrte die Herausgabe seiner Festplatte und bekam durch das Landgericht lediglich einen Anspruch auf neue Bescheidung seines Antrags zuerkannt. Damit bleibt die ergangene Entscheidung hinter derjenigen zurück, die der Beschwerdeführer beantragt hatte. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, es liege keine Beschwer vor, weicht von der bisherigen Rechtsprechung und der einhelligen Ansicht in der Literatur (siehe dazu III.2.b)aa), Rn. 31) ab, ohne dies sachlich zu begründen.

34

3. Ob weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt sind, kann angesichts der festgestellten Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG dahinstehen.

IV.

35

1. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 - III-1 Vollz (Ws) 366/15 - in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG verletzt worden ist. Der Beschluss ist daher gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben; die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

36

2. Die Anordnung der Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG; der Beschwerdeführer hat sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 135/15
vom
12. Mai 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat ein Prozessbevollmächtigter Kenntnis von dem Beginn eines bundesweiten
Poststreiks, ist er gehalten, sich vor Absenden eines fristwahrenden Schriftsatzes
über die Auswirkungen des Poststreiks am Versand- und Empfangsort zu
informieren. Dazu gehört es, die Berichterstattung über den Streik in Zeitung,
Fernsehen, Rundfunk oder den Internetportalen der Nachrichtenanbieter
zu verfolgen (Fortführung von Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016
- V ZB 126/15, NJW 2016, 2750).
BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 - V ZB 135/15 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
ECLI:DE:BGH:2016:120516BVZB135.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Mai 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2015 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 19.000 €.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung eines Geldbetrages verurteilt. Das Urteil ist dem Kläger, der Rechtsanwalt ist und sich selbst vertreten hat, am 15. Mai 2015 zugestellt worden. Nach dem Hinweis, dass die Berufungsschrift vom 11. Juni 2015 am 16. Juni 2015 bei dem Oberlandesgericht eingegangen sei, hat er mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, seine Kanzleiangestellte, die die Berufungsschrift am 11. Juni 2015 zunächst per Telefax übersandt habe, habe versäumt, die Telefaxübermittlung anhand des Telefaxprotokolls auf einen ordnungsgemäßen Zugang zu überprüfen. Er habe darauf vertrauen können, dass die zusätzlich am selben Tag zur Post aufgegebene Berufungsschrift fristgerecht eingehen werde. Eine Ausdehnung des Poststreiks für den Raum Düsseldorf sei zu diesem Zeitpunkt nicht angekündigt gewesen.
2
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb der am 1. Dezember 2015 abgelaufenen Begründungsfrist begründet.
3
Mit einem am 9. Dezember 2015 bei dem Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben hat der Kläger selbst sich an den Senat gewandt und mitgeteilt , seine Berufungsschrift sei bereits am 15. Juni 2015 und damit rechtzeitig bei dem Berufungsgericht eingegangen. Der für die Zuteilung der Neueingangssachen zuständige Geschäftsstellenbeamte des Berufungsgerichts habe ihn am 16. Mai 2015 telefonisch darauf hingewiesen, dass die erste Seite der Berufungsschrift sich auf die Wirksamkeit der Berufung nicht auswirkende peinliche Worte enthalten habe, die, wie er richtig vermutet habe, auf der Verwendung eines Spracherkennungssystems beruhten. Auf seine Anregung hin habe er, der Kläger, am 16. Juni 2015 per E-Mail eine korrigierte erste Seite an das Berufungsgericht übersandt. Der Geschäftsstellenbeamte habe die ursprüngliche erste Seite aus der Gerichtsakte entfernt und durch die korrigierte Seite ersetzt. Dabei habe er darauf versehentlich statt des ursprünglichen Datums des Posteingangs (15. Juni 2015) das Datum des Austauschs (16. Juni 2015) vermerkt. Diesen Vorgang habe der Geschäftsstellenbeamte ihm gegenüber per E-Mail vom 28. November 2015 bestätigt.
4
Am 16. Februar 2016 hat der Kläger einen Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016 vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass seine Berufung tatsächlich fristgerecht eingegangen ist, sich das Berufungsgericht aber außer Stande gesehen hat, den mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Beschluss aufzuheben.
5
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016 hat der Prozessbevollmächtige des Klägers auf den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift hingewiesen. Er ist der Ansicht, der Umstand, dass die Berufungsfrist tatsächlich nicht versäumt sei, sei zumindest in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 7b ZPO zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht hätte bei sorgfältiger Prüfung den Fehler des Geschäftsstellenbeamten bemerken müssen.

II.

6
Das Berufungsgericht meint, die beantragte Wiedereinsetzung könne nicht gewährt werden. Der Kläger trage die Verantwortung für die Versäumung der Berufungsfrist. Er habe nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er seine Mitarbeiter angewiesen habe, nach einer Übermittelung fristwahrender Schriftsätze per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung korrekt erfolgt sei. Er habe auch nicht darauf vertrauen können, dass die in Düsseldorf am 11. Juni 2015 als Brief in den Postkasten eingeworfene Berufungsschrift rechtzeitig bei dem Oberlandesgericht eingehen werde. Das an sich berechtigte Vertrauen in die fristgemäße Briefbeförderung sei aufgrund des Poststreiks nicht gerechtfertigt gewesen.

III.

7
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
8
1. Sie ist zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Zulässig ist sie aber nur, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO; vgl. auch Senat, Beschluss vom 29. Januar 2015 - V ZB 179/14, WuM 2015, 320 Rn. 4; BGH, Beschluss vom 7. Mai 2003 - XII ZB 191/02, BGHZ 155, 21, 22). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
9
2. Allerdings ist nach dem Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016 davon auszugehen, dass die Berufung des Klägers fristgerecht innerhalb der am 15. Juni 2015 abgelaufenen Berufungsfrist bei dem Berufungsgericht eingegangen ist. Diesen Umstand kann der Senat jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht berücksichtigen.
10
a) Der Senat ist an die Feststellung des Berufungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss gebunden, dass die Berufungsschrift des Klägers nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) eingegangen ist (§ 559 Abs. 1, 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO). Die Tatsache, dass die Berufungsschrift fristgerecht eingegangen ist, hat der Kläger erst im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgetragen. Damit handelt es sich um einen neuen Tatsachenvortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz, auf den die Rechtsbeschwerde grundsätzlich nicht gestützt werden kann (BGH, Beschluss vom 18. September 2003 - IX ZB 40/03, BGHZ 156, 165, 167). Die Rechtzeitigkeit der Berufung ist hier auch nicht von Amts wegen zu prüfen. Wird eine Verwerfungsentscheidung des Berufungsgerichts mit einem Rechtsmittel angegriffen, ist die Zulässigkeit der Berufung weder eine Sachentscheidungsvoraussetzung noch findet eine Prüfung von Amts wegen statt (BGH, Beschluss vom 18. September 2003 - IX ZB 40/03, aaO, S. 167 f.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 11. Februar 2016 - V ZR 164/15, juris Rn. 16).
11
b) Eine Rechtsbeschwerde gegen eine die Berufung verwerfende Entscheidung kann zwar auch darauf gestützt werden, diese leide an einem Verfahrensmangel. Diese Rüge hat der Kläger jedoch nicht wirksam erhoben.
12
aa) Allerdings war die von Amts wegen gebotene Prüfung der Zulässigkeit der Berufung durch das Berufungsgericht (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO) fehlerhaft. Die auf der unzutreffenden Annahme einer verspäteten Einreichung der Berufungsschrift beruhende Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt den Kläger in seinen Verfahrensgrundrechten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG und auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. BVerfG, NJW 1989, 1147; NJW-RR 2002, 1004). Dass dem für die Prüfung der Zulässigkeit der Berufung zuständigen Senat des Berufungsgerichts der rechtzeitige Eingang der Berufungsschrift nicht bekannt war, ist unerheblich. Das Wissen des Geschäftsstellenbeamten, der den Eingang der Berufung erfasst hat, ist ihm zuzurechnen. Das Berufungsgericht ist das Gericht als organisatorische Einheit und nicht nur das erkennende Gericht als Spruchkörper.
13
bb) Von dem Verfahrensmangel hat der Kläger aufgrund der E-Mail des Geschäftsstellenbeamten vom 28. November 2015 Kenntnis erlangt. Er konnte zwar nicht mehr eine Abänderung des Verwerfungsbeschlusses bei dem Berufungsgericht erreichen. Denn das Berufungsgericht ist grundsätzlich an diesen gebunden und darf ihn, auch wenn er angefochten wird, nicht wieder aufheben (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 1995 - IV ZB 22/94, NJW-RR 1995, 765). Der Kläger hätte den Verfahrensmangel jedoch innerhalb der am 1. Dezember 2015 abgelaufenen Rechtsbeschwerdebegründungsfrist bzw. innerhalb einer zweiwöchigen Frist (entsprechend § 234 ZPO) vor dem Bundesgerichtshof rügen können. Das hat er nicht getan. Sein Vorbringen vom 9. Dezember 2015 ist unbeachtlich, weil der Kläger selbst nicht postulationsfähig ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Sein Prozessbevollmächtigter hat im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmals mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016 mitgeteilt, dass die Berufung des Klägers fristgerecht eingegangen war. Dieser Vortrag ist so spät gehalten, dass darauf die Verfahrensrüge nicht mehr gestützt werden kann. Es kann deshalb offenbleiben, ob eine Ergänzung der Rechtsbeschwerdebegründung im Sinne einer teilweise “Nachholung” derselben, der Sache nach verbunden mit dem Begehren auf (teilweise) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen (teilweiser ) Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist (§ 233 ZPO), hätte Beachtung finden müssen (ablehnend BGH, Urteil vom 13. Februar 1997 - III ZR 285/95, NJW 1997, 1309, 1310; MüKo/Krüger, ZPO, 5. Aufl., § 551 Rn. 20), was allerdings dann naheliegt, wenn - wie hier - die inhaltliche Unvollständigkeit einer an sich fristgerecht eingereichten Rechtsmittelbegründung auf einem Fehler im gerichtsinternen Bereich beruht.
14
c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kann der Umstand, dass die Berufungsfrist nicht versäumt ist, nicht in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 7b ZPO in der Rechtsbeschwerdeinstanz berücksichtigt werden.
15
aa) Allerdings kann das Vorbringen eines Restitutionsgrundes trotz der sich aus § 559 ZPO ergebenden Beschränkungen in der Rechtsbeschwerdeinstanz bzw. Revisionsinstanz zulässig sein, auch wenn es sich dabei um Tatsachen handelt, die noch nicht Gegenstand des Berufungsurteils sein konnten. Diese Ausnahme ist durch die Erwägung gerechtfertigt, dass es im Sinne einer vernünftigen Prozessökonomie liegt, Wiederaufnahmegründe noch in einem anhängigen Rechtsstreit zu erledigen, anstatt die Partei, die sie geltend macht, damit auf ein nach rechtskräftigem Abschluss des anhängigen Rechtsstreits einzuleitendes Wiederaufnahmeverfahren zu verweisen. Das ist anerkannt für die in § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO angeführten Restitutionsgründe, wenn deswegen eine rechtskräftige Verurteilung erfolgt ist (§ 581 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1951 - IV ZR 3/50, BGHZ 3, 65, 67 f.; Urteil vom 6. März 1952 - IV ZR 80/51, BGHZ 5, 240, 247; Beschluss vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, LM ÜberlG Nr. 1), sowie für die Restitutionsgründe nach § 580 Nr. 6 und 7a ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1951 - IV ZR 3/50, BGHZ 3, 65, 67; Urteil vom 23. November 2006 - IX ZR 141/04, ZIP 2007, 697 Rn. 14; insgesamt ablehnend MüKo/Braun, ZPO, 5. Aufl., § 582 Rn. 6). Auch ein neues tatsächliches Vorbringen, das den Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO erfüllt, kann grundsätzlich berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1952 - IV ZR 80/51, BGHZ 5, 240, 248; Urteil vom 29. Juni 1955 - IV ZR 55/55, BGHZ 18, 59, 60; Beschluss vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, LM ÜberlG Nr. 1; Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 148/11, WM 2011, 2158 Rn. 7).
16
bb) Die Voraussetzungen des § 580 Nr. 7b ZPO liegen jedoch nicht vor.
17
(1) Der Geschäftsstellenbeamte des Berufungsgerichts hat mit E-Mail vom 28. November 2015 den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift des Klägers bestätigt. Die E-Mail kann nicht als Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO angesehen werden. Es handelt sich um eine schriftliche Zeugenaussage des Geschäftsstellenbeamten. Die Restitutionsklage kann nicht auf eine Privaturkunde gestützt werden, mit der durch die schriftliche Erklärung einer als Zeuge in Betracht kommenden Person der Beweis für die Richtigkeit der in der Erklärung bekundeten Tatsachen geführt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1981 - IVb ZR 589/80, BGHZ 80, 389, 395; Beschluss vom 29. Februar 1984 - IVb ZB 28/83, NJW 1984, 1543, 1544 mwN; Beschluss vom 24. April 2013 - XII ZB 242/09, NJW-RR 2013, 833 Rn. 17).
18
(2) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfüllt auch der Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016, der auf der Erklärung des Geschäftsstellenbeamten vom 28. November 2015 beruht, nicht den Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO. Es handelt sich nicht um eine Urkunde, die der Kläger im Sinne dieser Vorschrift aufgefunden hat.
19
(a) Aufgefunden im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO wird eine Urkunde, wenn ihre Existenz oder ihr Verbleib der Partei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses bzw. bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist in diesem Verfahren unbekannt war (BGH, Beschluss vom 24. April 2013 - XII ZB 242/09, NJW-RR 2013, 833 Rn. 19 mwN). Die Urkunde muss deshalb grundsätzlich bereits zu einem Zeitpunkt errichtet worden sein, zu dem sie die Partei im Vorprozess noch hätte benutzen können (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1959 - IV ZR 311/58, BGHZ 30, 60, 64; siehe auch RGZ 123, 304, 305; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 580 Rn. 16a). Das ist bei dem erst am 19. Januar 2016 erlassenen Beschluss des Berufungsgerichts nicht der Fall.
20
(b) Von diesem Grundsatz werden Ausnahmen nur zugelassen für Urkunden wie beispielsweise Geburtsurkunden oder einen die Schwerbehinderung feststellenden Verwaltungsakt, die ihrer Natur nach nicht im zeitlichen Zusammenhang mit den durch sie bezeugten Tatsachen errichtet werden und deshalb zwangsläufig zurückliegende Tatsachen beweisen (vgl. BAGE 122, 190 Rn. 18 mwN auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Diese Voraussetzungen erfüllt der Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016 offensichtlich nicht.
21
3. Auf der Grundlage der Annahme, dass die Berufungsschrift verspätet eingegangen ist, hat das Berufungsgericht dem Kläger durch die Zurückweisung der form- und fristgerecht beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist (§ 233 ZPO) nicht den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in einer unzumutbaren , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert. Das Berufungsgericht nimmt ohne Rechtsfehler an, dass der Kläger die Fristversäumung verschuldet hat.
22
a) Der Kläger hat die ihn als Rechtsanwalt bei der Versendung fristgebundener Schriftsätze auf dem Postweg in Zeiten eines Poststreiks treffenden Sorgfaltspflichten verletzt.
23
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofs und der anderen Obersten Gerichtshöfe dürfen dem Bürger Verzögerungen der Briefbeförderung oder der Briefzustellung durch die Deutsche Post AG nicht als Verschulden angerechnet werden (BVerfG, NJW 1995, 1210, 1211; 2001, 1566; 2003, 1516; Senat, Beschluss vom 13. Mai 2004 - V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217, 1218; jeweils mwN). Er darf vielmehr grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden (Senat, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 12. September 2013 - V ZB 187/12, juris Rn. 9, jeweils mwN).
24
bb) Anders liegt es, wenn dem Postkunden besondere Umstände bekannt sind, die zu einer Verlängerung der normalen Postlaufzeiten führen können. Eine solche Ausnahmesituation, in der das Vertrauen in die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten erschüttert sein kann, ist der Poststreik. Hat ein Prozessbevollmächtigter Kenntnis davon, dass sein fristgebundener Schriftsatz von dem Poststreik betroffen sein kann, und wählt er für die Beförderung gleichwohl den Postweg, obwohl sichere Übermittlungswege (Einwurf in den Gerichtsbriefkasten am Ort; Benutzung eines Telefaxgeräts) zumutbar sind, treffen ihn gesteigerte Sorgfaltsanforderungen (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 1992 - VIII ZR 30/92, NJW 1993, 1332, 1333; Beschluss vom 25. Januar 1993 - II ZB 18/92, NJW 1993, 1333, 1334; Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016 - V ZB 126/15, NJW 2016, 2750 Rn. 9 ff.; vgl. auch BVerfG, NJW 1995, 1210, 1211). Von einem Rechtsanwalt, der Kenntnis von dem Beginn eines bundesweiten Poststreiks erlangt hat, ist deshalb zu verlangen, dass er sich über den Streikverlauf so weit wie möglich informiert. Dazu gehört es, die Berichterstattung über den Streik in der Presse, im Rundfunk, im Fernsehen oder auf den Internetportalen der Nachrichtenanbieter zu beobachten sowie die Informationsangebote der Gewerkschaft Verdi oder der Deutschen Post AG zu nutzen. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Öffentlichkeit unverzüglich und regelmäßig über Streikaktionen der Gewerkschaft informiert wird.
25
cc) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger die ihm obliegenden gesteigerten Sorgfaltspflichten nicht erfüllt. Das Berufungsgericht stellt rechtsfehlerfrei fest, dass er zum Zeitpunkt des Einwurfs der Berufungsschrift in den Briefkasten am 11. Juni 2015 bei Anstellen der gebotenen Nachforschungen Kenntnis davon erlangt hätte, dass sie von dem Poststreik betroffen sein kann.
26
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Gewerkschaft Verdi in einer Pressemitteilung vom 9. Juni 2015 über den schrittweisen Beginn des unbefristeten Poststreiks in den bundesweit 83 Briefverteilzentren informiert ; hierüber wurde seinerzeit in den Medien ausführlich berichtet. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass ein Rechtsanwalt unter diesen Umständen von einer Ausdehnung des Poststreiks auf das Stadtgebiet hätte Kenntnis erlangen müssen, ist nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger geltend macht, ein Anwalt könne nicht gehalten sein, die Online-Mitteilungen eines jeden Nachrichtenanbieters zu verfolgen, ergibt sich daraus nichts anderes. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Internetseite des WDR ist nur beispielhaft gemeint und in rückschauender Betrachtung als Beleg dafür gedacht, dass der Poststreik (auch) in Düsseldorf schon vor dem 11. Juni 2015 Gegenstand öffentlicher Berichterstattung war. Entscheidend ist, dass in den Medien ausführlich über den Streik berichtet wurde.
27
b) Der Kläger ist auch bei der Übersendung der Berufungsschrift am 11. Juni 2015 per Telefax seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen. Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerfrei an, dass sich seinen Darlegungen in dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entnehmen lässt, dass in seiner Kanzlei eine hinreichende Ausgangskontrolle per Telefax versandter fristgebundener Schriftsätze gewährleistet war.
28
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist (Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016 - V ZB 86/15, NJW-RR 2016, 636 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZB 51/12, juris Rn. 6; Beschluss vom 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09, NJW 2010, 3101 Rn. 8; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 11; Beschluss vom 13. Juni1996 - VII ZB 13/96, NJW 1996, 2513). Diese zwingend notwendige Ausgangskontrolle muss sich entweder - für alle Fälle - aus einer allgemeinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten Einzelanweisung ergeben (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 12).
29
bb) Gemessen daran hat der Kläger nicht gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er seine Kanzleiangestellte angewiesen hat, die erforderliche Ausgangskontrolle vorzunehmen.
30
(1) Das Berufungsgericht hat die eidesstattlichen Versicherungen rechtsfehlerfrei gewürdigt. Es vermisst zu Recht eine Darstellung des Klägers zur Organisation der Ausgangskontrolle gesendeter Faxe in seiner Kanzlei. Dass es eine solche Anweisung gegeben hat, lässt sich auch nicht den eidesstattlichen Versicherungen entnehmen. Der Kläger beruft sich ohne Erfolg auf die eidesstattliche Versicherung seiner Kanzleiangestellten, in der diese erklärt, sie habe es „wohl versäumt, das Faxprotokoll daraufhin zu überprüfen, ob das Fax durchgegangen ist.“ Diese Formulierung impliziert entgegen der Ansicht des Klägers nicht, dass sie zur Überprüfung angewiesen gewesen sei. Aus dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes „versäumt“ lässt sich ein Verstoß ge- gen eine Anweisung nicht ableiten. Ein Versäumnis kann sich z.B. auch auf eine unausgesprochene Übung beziehen. Eine solche Übung steht einer Anweisung nicht gleich.
31
(2) Entgegen der Ansicht des Klägers war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, auf die nicht ausreichenden Gründe des Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen (§ 139 ZPO). Eine Hinweispflicht besteht nur bezogen auf erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 173/10, juris Rn. 7 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag in dem Wiedereinsetzungsgesuch dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369 mwN).

IV.

32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über den Beschwerdewert folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.
Stresemann Brückner Weinland Kazele Haberkamp

Vorinstanzen:
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 07.05.2015 - 10 O 191/14 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.08.2015 - I-24 U 104/15 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 515/15
vom
10. April 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:100418BXIZR515.15.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2018 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber

beschlossen:
Auf die Gegenvorstellung der Beklagten zu 1) wird der Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2017 im letzten Absatz abgeändert und der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf bis 10.750.000 € festgesetzt. Die weitergehende Gegenvorstellung der Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens wird für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) auf bis 900.000 € festgesetzt.

Gründe:

1
1. Die Gegenvorstellung der Beklagten zu 1) gegen die Festsetzung des Streitwerts in dem Beschluss vom 19. Dezember 2017, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerden der Kläger zu 1., 3., 7.-11., 13.-16., 18., 20., 23., 29., 32., 33., 36., 37., 40., 43.- 46., 55., 57., 58., 60., 63., 66., 68., 71.-73., 75., 76., 79.84. , 87., 89., 94., 95., 99., 104., 108.-110., 112., 114., 118., 120., 123., 124., 126., 127., 129., 136., 140., 141., 151., 152., 155., 159., 163., 164. und der Beklagten zu 2) zurückgewiesen worden sind und die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zu 144. verworfen worden ist, ist in entsprechender Anwendung von § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG statthaft und innerhalb der entsprechend geltenden Frist von § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt worden (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 16. April 2014 - XI ZR 38/13, juris Rn. 1 mwN).
2
Die Gegenvorstellung hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Gegenstandswert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beträgt bis zu 10.750.000 €.
3
Neben der Summe der mit der Nichtzulassungsbeschwerde weiter verfolgten Zahlungsanträge, soweit über diese entschieden worden ist, waren die von der Beklagten zu 2) im Beschwerdeverfahren angegriffenen Verurteilungen zur Zahlung zu berücksichtigen.
4
Die von den Klägern im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren weiterhin begehrte Feststellung, die Beklagte zu 1) habe sie von Verbindlichkeiten freizustellen , die durch ihre Beteiligung an der "G GbR" begründet worden sind, künftig entstehen oder hiermit in Zusammenhang stehen , sowie die entsprechende Verurteilung der Beklagten zu 2) erhöhen den Streitwert. Ein solcher Feststellungsantrag ist im Allgemeinen mit 10% des Nominalwertes der jeweils gezeichneten Beteiligungen anzusetzen (Senatsbeschlüsse vom 15. Januar 2013 - XI ZR 370/11, juris und vom 9. Mai 2017 - XI ZR 484/15, juris Rn. 3). Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass während des Berufungsverfahrens eine wirtschaftliche Sanierung des Fonds durchgeführt wurde, wofür die weit überwiegende Anzahl der Kläger zusätzliche Zahlungen leistete. Diese Beträge sind weitgehend als Klageerweiterungen im Berufungsverfahren zusätzlich geltend gemacht worden und haben damit den Wert der Zahlungsanträge erhöht. Die damit einhergehende Reduzierung der wirtschaftlichen Bedeutung des mit den Feststellungsanträgen verfolgten Freistellungsbegehrens ist im Rahmen der von § 3 ZPO geforderten Ermessensausübung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - III ZR 23/11, ZIP 2011, 1686 Rn. 2 mwN). Das rechtfertigt es, die vorliegenden Feststellungsanträge mit 5% des Nominalwertes der gezeichneten Beteiligungen anzusetzen. Daraus ergibt sich aufgerundet der festgesetzte Gesamtwert.
5
2. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2), den dieser nach § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG aus eigenem Recht stellen durfte, ist der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens hinsichtlich dieses Prozessbevollmächtigten mit bis zu 900.000 € festzusetzen. Dieser Betrag setzt sich aus dem Wert der im Beschwerdeverfahren angegriffenen Verurteilung der Beklagten zu 2) zur Zahlung sowie der ebenfalls angegriffenen Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zu 2) zur entsprechenden Freistellung von Verbindlichkeiten zusammen, die - wie oben ausgeführt - mit 5% des Nennwertes der betroffenen Beteiligungen anzusetzen sind.
Ellenberger Maihold Matthias Derstadt Dauber Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.09.2008 - 37 O 6/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 27.05.2015 - 26 U 221/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 135/15
vom
12. Mai 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat ein Prozessbevollmächtigter Kenntnis von dem Beginn eines bundesweiten
Poststreiks, ist er gehalten, sich vor Absenden eines fristwahrenden Schriftsatzes
über die Auswirkungen des Poststreiks am Versand- und Empfangsort zu
informieren. Dazu gehört es, die Berichterstattung über den Streik in Zeitung,
Fernsehen, Rundfunk oder den Internetportalen der Nachrichtenanbieter
zu verfolgen (Fortführung von Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016
- V ZB 126/15, NJW 2016, 2750).
BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 - V ZB 135/15 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
ECLI:DE:BGH:2016:120516BVZB135.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Mai 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2015 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 19.000 €.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung eines Geldbetrages verurteilt. Das Urteil ist dem Kläger, der Rechtsanwalt ist und sich selbst vertreten hat, am 15. Mai 2015 zugestellt worden. Nach dem Hinweis, dass die Berufungsschrift vom 11. Juni 2015 am 16. Juni 2015 bei dem Oberlandesgericht eingegangen sei, hat er mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, seine Kanzleiangestellte, die die Berufungsschrift am 11. Juni 2015 zunächst per Telefax übersandt habe, habe versäumt, die Telefaxübermittlung anhand des Telefaxprotokolls auf einen ordnungsgemäßen Zugang zu überprüfen. Er habe darauf vertrauen können, dass die zusätzlich am selben Tag zur Post aufgegebene Berufungsschrift fristgerecht eingehen werde. Eine Ausdehnung des Poststreiks für den Raum Düsseldorf sei zu diesem Zeitpunkt nicht angekündigt gewesen.
2
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb der am 1. Dezember 2015 abgelaufenen Begründungsfrist begründet.
3
Mit einem am 9. Dezember 2015 bei dem Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben hat der Kläger selbst sich an den Senat gewandt und mitgeteilt , seine Berufungsschrift sei bereits am 15. Juni 2015 und damit rechtzeitig bei dem Berufungsgericht eingegangen. Der für die Zuteilung der Neueingangssachen zuständige Geschäftsstellenbeamte des Berufungsgerichts habe ihn am 16. Mai 2015 telefonisch darauf hingewiesen, dass die erste Seite der Berufungsschrift sich auf die Wirksamkeit der Berufung nicht auswirkende peinliche Worte enthalten habe, die, wie er richtig vermutet habe, auf der Verwendung eines Spracherkennungssystems beruhten. Auf seine Anregung hin habe er, der Kläger, am 16. Juni 2015 per E-Mail eine korrigierte erste Seite an das Berufungsgericht übersandt. Der Geschäftsstellenbeamte habe die ursprüngliche erste Seite aus der Gerichtsakte entfernt und durch die korrigierte Seite ersetzt. Dabei habe er darauf versehentlich statt des ursprünglichen Datums des Posteingangs (15. Juni 2015) das Datum des Austauschs (16. Juni 2015) vermerkt. Diesen Vorgang habe der Geschäftsstellenbeamte ihm gegenüber per E-Mail vom 28. November 2015 bestätigt.
4
Am 16. Februar 2016 hat der Kläger einen Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016 vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass seine Berufung tatsächlich fristgerecht eingegangen ist, sich das Berufungsgericht aber außer Stande gesehen hat, den mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Beschluss aufzuheben.
5
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016 hat der Prozessbevollmächtige des Klägers auf den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift hingewiesen. Er ist der Ansicht, der Umstand, dass die Berufungsfrist tatsächlich nicht versäumt sei, sei zumindest in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 7b ZPO zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht hätte bei sorgfältiger Prüfung den Fehler des Geschäftsstellenbeamten bemerken müssen.

II.

6
Das Berufungsgericht meint, die beantragte Wiedereinsetzung könne nicht gewährt werden. Der Kläger trage die Verantwortung für die Versäumung der Berufungsfrist. Er habe nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er seine Mitarbeiter angewiesen habe, nach einer Übermittelung fristwahrender Schriftsätze per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung korrekt erfolgt sei. Er habe auch nicht darauf vertrauen können, dass die in Düsseldorf am 11. Juni 2015 als Brief in den Postkasten eingeworfene Berufungsschrift rechtzeitig bei dem Oberlandesgericht eingehen werde. Das an sich berechtigte Vertrauen in die fristgemäße Briefbeförderung sei aufgrund des Poststreiks nicht gerechtfertigt gewesen.

III.

7
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
8
1. Sie ist zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Zulässig ist sie aber nur, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO; vgl. auch Senat, Beschluss vom 29. Januar 2015 - V ZB 179/14, WuM 2015, 320 Rn. 4; BGH, Beschluss vom 7. Mai 2003 - XII ZB 191/02, BGHZ 155, 21, 22). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
9
2. Allerdings ist nach dem Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016 davon auszugehen, dass die Berufung des Klägers fristgerecht innerhalb der am 15. Juni 2015 abgelaufenen Berufungsfrist bei dem Berufungsgericht eingegangen ist. Diesen Umstand kann der Senat jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht berücksichtigen.
10
a) Der Senat ist an die Feststellung des Berufungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss gebunden, dass die Berufungsschrift des Klägers nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) eingegangen ist (§ 559 Abs. 1, 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO). Die Tatsache, dass die Berufungsschrift fristgerecht eingegangen ist, hat der Kläger erst im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgetragen. Damit handelt es sich um einen neuen Tatsachenvortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz, auf den die Rechtsbeschwerde grundsätzlich nicht gestützt werden kann (BGH, Beschluss vom 18. September 2003 - IX ZB 40/03, BGHZ 156, 165, 167). Die Rechtzeitigkeit der Berufung ist hier auch nicht von Amts wegen zu prüfen. Wird eine Verwerfungsentscheidung des Berufungsgerichts mit einem Rechtsmittel angegriffen, ist die Zulässigkeit der Berufung weder eine Sachentscheidungsvoraussetzung noch findet eine Prüfung von Amts wegen statt (BGH, Beschluss vom 18. September 2003 - IX ZB 40/03, aaO, S. 167 f.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 11. Februar 2016 - V ZR 164/15, juris Rn. 16).
11
b) Eine Rechtsbeschwerde gegen eine die Berufung verwerfende Entscheidung kann zwar auch darauf gestützt werden, diese leide an einem Verfahrensmangel. Diese Rüge hat der Kläger jedoch nicht wirksam erhoben.
12
aa) Allerdings war die von Amts wegen gebotene Prüfung der Zulässigkeit der Berufung durch das Berufungsgericht (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO) fehlerhaft. Die auf der unzutreffenden Annahme einer verspäteten Einreichung der Berufungsschrift beruhende Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt den Kläger in seinen Verfahrensgrundrechten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG und auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. BVerfG, NJW 1989, 1147; NJW-RR 2002, 1004). Dass dem für die Prüfung der Zulässigkeit der Berufung zuständigen Senat des Berufungsgerichts der rechtzeitige Eingang der Berufungsschrift nicht bekannt war, ist unerheblich. Das Wissen des Geschäftsstellenbeamten, der den Eingang der Berufung erfasst hat, ist ihm zuzurechnen. Das Berufungsgericht ist das Gericht als organisatorische Einheit und nicht nur das erkennende Gericht als Spruchkörper.
13
bb) Von dem Verfahrensmangel hat der Kläger aufgrund der E-Mail des Geschäftsstellenbeamten vom 28. November 2015 Kenntnis erlangt. Er konnte zwar nicht mehr eine Abänderung des Verwerfungsbeschlusses bei dem Berufungsgericht erreichen. Denn das Berufungsgericht ist grundsätzlich an diesen gebunden und darf ihn, auch wenn er angefochten wird, nicht wieder aufheben (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 1995 - IV ZB 22/94, NJW-RR 1995, 765). Der Kläger hätte den Verfahrensmangel jedoch innerhalb der am 1. Dezember 2015 abgelaufenen Rechtsbeschwerdebegründungsfrist bzw. innerhalb einer zweiwöchigen Frist (entsprechend § 234 ZPO) vor dem Bundesgerichtshof rügen können. Das hat er nicht getan. Sein Vorbringen vom 9. Dezember 2015 ist unbeachtlich, weil der Kläger selbst nicht postulationsfähig ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Sein Prozessbevollmächtigter hat im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmals mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016 mitgeteilt, dass die Berufung des Klägers fristgerecht eingegangen war. Dieser Vortrag ist so spät gehalten, dass darauf die Verfahrensrüge nicht mehr gestützt werden kann. Es kann deshalb offenbleiben, ob eine Ergänzung der Rechtsbeschwerdebegründung im Sinne einer teilweise “Nachholung” derselben, der Sache nach verbunden mit dem Begehren auf (teilweise) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen (teilweiser ) Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist (§ 233 ZPO), hätte Beachtung finden müssen (ablehnend BGH, Urteil vom 13. Februar 1997 - III ZR 285/95, NJW 1997, 1309, 1310; MüKo/Krüger, ZPO, 5. Aufl., § 551 Rn. 20), was allerdings dann naheliegt, wenn - wie hier - die inhaltliche Unvollständigkeit einer an sich fristgerecht eingereichten Rechtsmittelbegründung auf einem Fehler im gerichtsinternen Bereich beruht.
14
c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kann der Umstand, dass die Berufungsfrist nicht versäumt ist, nicht in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 7b ZPO in der Rechtsbeschwerdeinstanz berücksichtigt werden.
15
aa) Allerdings kann das Vorbringen eines Restitutionsgrundes trotz der sich aus § 559 ZPO ergebenden Beschränkungen in der Rechtsbeschwerdeinstanz bzw. Revisionsinstanz zulässig sein, auch wenn es sich dabei um Tatsachen handelt, die noch nicht Gegenstand des Berufungsurteils sein konnten. Diese Ausnahme ist durch die Erwägung gerechtfertigt, dass es im Sinne einer vernünftigen Prozessökonomie liegt, Wiederaufnahmegründe noch in einem anhängigen Rechtsstreit zu erledigen, anstatt die Partei, die sie geltend macht, damit auf ein nach rechtskräftigem Abschluss des anhängigen Rechtsstreits einzuleitendes Wiederaufnahmeverfahren zu verweisen. Das ist anerkannt für die in § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO angeführten Restitutionsgründe, wenn deswegen eine rechtskräftige Verurteilung erfolgt ist (§ 581 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1951 - IV ZR 3/50, BGHZ 3, 65, 67 f.; Urteil vom 6. März 1952 - IV ZR 80/51, BGHZ 5, 240, 247; Beschluss vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, LM ÜberlG Nr. 1), sowie für die Restitutionsgründe nach § 580 Nr. 6 und 7a ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1951 - IV ZR 3/50, BGHZ 3, 65, 67; Urteil vom 23. November 2006 - IX ZR 141/04, ZIP 2007, 697 Rn. 14; insgesamt ablehnend MüKo/Braun, ZPO, 5. Aufl., § 582 Rn. 6). Auch ein neues tatsächliches Vorbringen, das den Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO erfüllt, kann grundsätzlich berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1952 - IV ZR 80/51, BGHZ 5, 240, 248; Urteil vom 29. Juni 1955 - IV ZR 55/55, BGHZ 18, 59, 60; Beschluss vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, LM ÜberlG Nr. 1; Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 148/11, WM 2011, 2158 Rn. 7).
16
bb) Die Voraussetzungen des § 580 Nr. 7b ZPO liegen jedoch nicht vor.
17
(1) Der Geschäftsstellenbeamte des Berufungsgerichts hat mit E-Mail vom 28. November 2015 den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift des Klägers bestätigt. Die E-Mail kann nicht als Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO angesehen werden. Es handelt sich um eine schriftliche Zeugenaussage des Geschäftsstellenbeamten. Die Restitutionsklage kann nicht auf eine Privaturkunde gestützt werden, mit der durch die schriftliche Erklärung einer als Zeuge in Betracht kommenden Person der Beweis für die Richtigkeit der in der Erklärung bekundeten Tatsachen geführt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1981 - IVb ZR 589/80, BGHZ 80, 389, 395; Beschluss vom 29. Februar 1984 - IVb ZB 28/83, NJW 1984, 1543, 1544 mwN; Beschluss vom 24. April 2013 - XII ZB 242/09, NJW-RR 2013, 833 Rn. 17).
18
(2) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfüllt auch der Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016, der auf der Erklärung des Geschäftsstellenbeamten vom 28. November 2015 beruht, nicht den Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO. Es handelt sich nicht um eine Urkunde, die der Kläger im Sinne dieser Vorschrift aufgefunden hat.
19
(a) Aufgefunden im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO wird eine Urkunde, wenn ihre Existenz oder ihr Verbleib der Partei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses bzw. bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist in diesem Verfahren unbekannt war (BGH, Beschluss vom 24. April 2013 - XII ZB 242/09, NJW-RR 2013, 833 Rn. 19 mwN). Die Urkunde muss deshalb grundsätzlich bereits zu einem Zeitpunkt errichtet worden sein, zu dem sie die Partei im Vorprozess noch hätte benutzen können (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1959 - IV ZR 311/58, BGHZ 30, 60, 64; siehe auch RGZ 123, 304, 305; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 580 Rn. 16a). Das ist bei dem erst am 19. Januar 2016 erlassenen Beschluss des Berufungsgerichts nicht der Fall.
20
(b) Von diesem Grundsatz werden Ausnahmen nur zugelassen für Urkunden wie beispielsweise Geburtsurkunden oder einen die Schwerbehinderung feststellenden Verwaltungsakt, die ihrer Natur nach nicht im zeitlichen Zusammenhang mit den durch sie bezeugten Tatsachen errichtet werden und deshalb zwangsläufig zurückliegende Tatsachen beweisen (vgl. BAGE 122, 190 Rn. 18 mwN auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Diese Voraussetzungen erfüllt der Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016 offensichtlich nicht.
21
3. Auf der Grundlage der Annahme, dass die Berufungsschrift verspätet eingegangen ist, hat das Berufungsgericht dem Kläger durch die Zurückweisung der form- und fristgerecht beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist (§ 233 ZPO) nicht den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in einer unzumutbaren , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert. Das Berufungsgericht nimmt ohne Rechtsfehler an, dass der Kläger die Fristversäumung verschuldet hat.
22
a) Der Kläger hat die ihn als Rechtsanwalt bei der Versendung fristgebundener Schriftsätze auf dem Postweg in Zeiten eines Poststreiks treffenden Sorgfaltspflichten verletzt.
23
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofs und der anderen Obersten Gerichtshöfe dürfen dem Bürger Verzögerungen der Briefbeförderung oder der Briefzustellung durch die Deutsche Post AG nicht als Verschulden angerechnet werden (BVerfG, NJW 1995, 1210, 1211; 2001, 1566; 2003, 1516; Senat, Beschluss vom 13. Mai 2004 - V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217, 1218; jeweils mwN). Er darf vielmehr grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden (Senat, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 12. September 2013 - V ZB 187/12, juris Rn. 9, jeweils mwN).
24
bb) Anders liegt es, wenn dem Postkunden besondere Umstände bekannt sind, die zu einer Verlängerung der normalen Postlaufzeiten führen können. Eine solche Ausnahmesituation, in der das Vertrauen in die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten erschüttert sein kann, ist der Poststreik. Hat ein Prozessbevollmächtigter Kenntnis davon, dass sein fristgebundener Schriftsatz von dem Poststreik betroffen sein kann, und wählt er für die Beförderung gleichwohl den Postweg, obwohl sichere Übermittlungswege (Einwurf in den Gerichtsbriefkasten am Ort; Benutzung eines Telefaxgeräts) zumutbar sind, treffen ihn gesteigerte Sorgfaltsanforderungen (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 1992 - VIII ZR 30/92, NJW 1993, 1332, 1333; Beschluss vom 25. Januar 1993 - II ZB 18/92, NJW 1993, 1333, 1334; Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016 - V ZB 126/15, NJW 2016, 2750 Rn. 9 ff.; vgl. auch BVerfG, NJW 1995, 1210, 1211). Von einem Rechtsanwalt, der Kenntnis von dem Beginn eines bundesweiten Poststreiks erlangt hat, ist deshalb zu verlangen, dass er sich über den Streikverlauf so weit wie möglich informiert. Dazu gehört es, die Berichterstattung über den Streik in der Presse, im Rundfunk, im Fernsehen oder auf den Internetportalen der Nachrichtenanbieter zu beobachten sowie die Informationsangebote der Gewerkschaft Verdi oder der Deutschen Post AG zu nutzen. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Öffentlichkeit unverzüglich und regelmäßig über Streikaktionen der Gewerkschaft informiert wird.
25
cc) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger die ihm obliegenden gesteigerten Sorgfaltspflichten nicht erfüllt. Das Berufungsgericht stellt rechtsfehlerfrei fest, dass er zum Zeitpunkt des Einwurfs der Berufungsschrift in den Briefkasten am 11. Juni 2015 bei Anstellen der gebotenen Nachforschungen Kenntnis davon erlangt hätte, dass sie von dem Poststreik betroffen sein kann.
26
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Gewerkschaft Verdi in einer Pressemitteilung vom 9. Juni 2015 über den schrittweisen Beginn des unbefristeten Poststreiks in den bundesweit 83 Briefverteilzentren informiert ; hierüber wurde seinerzeit in den Medien ausführlich berichtet. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass ein Rechtsanwalt unter diesen Umständen von einer Ausdehnung des Poststreiks auf das Stadtgebiet hätte Kenntnis erlangen müssen, ist nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger geltend macht, ein Anwalt könne nicht gehalten sein, die Online-Mitteilungen eines jeden Nachrichtenanbieters zu verfolgen, ergibt sich daraus nichts anderes. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Internetseite des WDR ist nur beispielhaft gemeint und in rückschauender Betrachtung als Beleg dafür gedacht, dass der Poststreik (auch) in Düsseldorf schon vor dem 11. Juni 2015 Gegenstand öffentlicher Berichterstattung war. Entscheidend ist, dass in den Medien ausführlich über den Streik berichtet wurde.
27
b) Der Kläger ist auch bei der Übersendung der Berufungsschrift am 11. Juni 2015 per Telefax seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen. Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerfrei an, dass sich seinen Darlegungen in dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entnehmen lässt, dass in seiner Kanzlei eine hinreichende Ausgangskontrolle per Telefax versandter fristgebundener Schriftsätze gewährleistet war.
28
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist (Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016 - V ZB 86/15, NJW-RR 2016, 636 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZB 51/12, juris Rn. 6; Beschluss vom 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09, NJW 2010, 3101 Rn. 8; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 11; Beschluss vom 13. Juni1996 - VII ZB 13/96, NJW 1996, 2513). Diese zwingend notwendige Ausgangskontrolle muss sich entweder - für alle Fälle - aus einer allgemeinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten Einzelanweisung ergeben (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 12).
29
bb) Gemessen daran hat der Kläger nicht gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er seine Kanzleiangestellte angewiesen hat, die erforderliche Ausgangskontrolle vorzunehmen.
30
(1) Das Berufungsgericht hat die eidesstattlichen Versicherungen rechtsfehlerfrei gewürdigt. Es vermisst zu Recht eine Darstellung des Klägers zur Organisation der Ausgangskontrolle gesendeter Faxe in seiner Kanzlei. Dass es eine solche Anweisung gegeben hat, lässt sich auch nicht den eidesstattlichen Versicherungen entnehmen. Der Kläger beruft sich ohne Erfolg auf die eidesstattliche Versicherung seiner Kanzleiangestellten, in der diese erklärt, sie habe es „wohl versäumt, das Faxprotokoll daraufhin zu überprüfen, ob das Fax durchgegangen ist.“ Diese Formulierung impliziert entgegen der Ansicht des Klägers nicht, dass sie zur Überprüfung angewiesen gewesen sei. Aus dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes „versäumt“ lässt sich ein Verstoß ge- gen eine Anweisung nicht ableiten. Ein Versäumnis kann sich z.B. auch auf eine unausgesprochene Übung beziehen. Eine solche Übung steht einer Anweisung nicht gleich.
31
(2) Entgegen der Ansicht des Klägers war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, auf die nicht ausreichenden Gründe des Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen (§ 139 ZPO). Eine Hinweispflicht besteht nur bezogen auf erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 173/10, juris Rn. 7 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag in dem Wiedereinsetzungsgesuch dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369 mwN).

IV.

32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über den Beschwerdewert folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.
Stresemann Brückner Weinland Kazele Haberkamp

Vorinstanzen:
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 07.05.2015 - 10 O 191/14 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.08.2015 - I-24 U 104/15 -

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 166/09
vom
31. März 2010
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. März 2010 durch den
Richter Dose, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling
und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 30. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. August 2009 wird auf Kosten des Beklagten verworfen. Beschwerdewert: 11.535 Euro

Gründe:

I.

1
Mit Telefaxschreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12. März 2009 legte der Beklagte Berufung gegen das ihm am 12. Februar 2009 zugestellte Urteil des Landgerichts ein, mit dem er zur Zahlung von 11.534,61 € nebst Zinsen verurteilt wurde. Als Empfänger wies der Schriftsatz das Oberlandesgericht aus. Die Berufungsschrift ging am 12. März 2009 zwischen 14.54 Uhr und 15.15 Uhr auf dem Telefaxgerät der Generalstaatsanwaltschaft ein und wurde am 13. März 2009 an die Posteingangsstelle des Oberlandesgerichts weitergeleitet. Mit einem am 14. April 2009 (Dienstag nach Ostern) eingegangenen Schriftsatz begründete der Beklagte seine Berufung.
2
Mit einem dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 23. Juni 2009 zugestellten Schreiben wies das Oberlandesgericht auf die versäumte Berufungsfrist hin und räumte dem Prozessbevollmächtigten eine Stellungnah- mefrist hierzu von zwei Wochen ein. Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2009 beantragte der Prozessbevollmächtigte eine Verlängerung dieser Frist bis zum 17. Juli 2009. Auf den Hinweis des Oberlandesgerichts vom 26. Juni 2009, dass die Frist für die Wiedereinsetzung nicht verlängert werden könne, stellte ein Vertreter des Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 30. Juni 2009, eingegangen beim Oberlandesgericht am 1. Juli 2009, Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die von der Kanzleimitarbeiterin verwendete Telefaxnummer im Telefonverzeichnis der Anwaltskanzlei als die Nummer des Oberlandesgerichts eingetragen sei. Eine Ausgangskontrolle durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten habe nicht erfolgen können, weil dieser aufgrund einer an diesem Tag bei ihm durchgeführten Darmspiegelung gesundheitliche Beschwerden gehabt habe. Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2009 legte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten erneut Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts ein und wiederholte seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung wurde nunmehr vorgetragen, dass eine bislang zuverlässige Kanzleiangestellte bei der Übermittlung des Schriftsatzes versehentlich die Telefaxnummer der im gleichen Haus befindlichen Generalstaatsanwaltschaft in das Gerät eingegeben habe, weil sie in dem in der Kanzlei vorgehaltenen Telefon- und Faxnummernverzeichnis sowohl bei der Eingabe als auch bei der Kontrolle der Nummer in die falsche Zeile gerutscht sei. Die Eingangsbestätigung des Berufungsgerichts sei dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten erst am 10. Juli 2009 anlässlich einer Besprechung mit seinen Mitarbeitern vorlegt worden. Aufgrund eines Kanzleiversehens sei das Schreiben falsch abgeheftet worden.
3
Das Berufungsgericht hat den Antrag des Beklagten vom 30. Juni 2009 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und den Antrag des Beklagten vom 13. Juli 2009 auf Wiedereinset- zung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der er Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und der Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt und die Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht zur erneuten Entscheidung erreichen will.

II.

4
Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Beklagten ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Eine Entscheidung des Senats ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor noch beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem Verstoß gegen den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG i.V.m. § 139 ZPO), noch verletzt sie den Anspruch des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281).
5
1. Das Berufungsgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und die Berufung verworfen, weil die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Organisationsverschulden seines Prozessbevollmächtigten beruhe, welches sich der Beklagte gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse. Die Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft seien nicht verpflichtet gewesen, die am 12. März 2009 per Telefax eingegangene Berufungsschrift noch an diesem Tag an das Oberlandesgericht weiterzuleiten. Dem Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in die ebenfalls versäumte Wiedereinsetzungsfrist könne ebenfalls nicht entsprochen werden, weil der Prozessbevollmächtigte des Beklagten jedenfalls nach Eingang der Verfügung des Vorsitzenden des Berufungsgerichts am 23. Juni 2009 Anlass zur Überprüfung gehabt hätte, wie es zu dem fehlerhaften Faxversand gekommen sei. Deshalb könne das weitere Vorbringen , wonach eine Kanzleimitarbeiterin sowohl bei der Eingabe als auch bei der Kontrolle der Telefaxnummer versehentlich in eine falsche Zeile des Telefonverzeichnisses gerutscht sei, nicht berücksichtigt werden.
6
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
7
Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Berufungsschrift nicht innerhalb der am 12. März 2009 abgelaufenen Frist beim Oberlandesgericht eingegangen ist. Der Umstand, dass bei der Generalstaatsanwaltschaft ein Eingangsfach für an das Oberlandesgericht gerichtete Schriftstücke vorhanden war, ändert nichts daran, dass die an das Telefaxgerät der Generalstaatsanwaltschaft gesendete Berufungsschrift erst am 13. März 2009 und somit nach Ablauf der Berufungsfrist in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Oberlandesgerichts gelangte (BGH Beschluss vom 4. April 2007 - III ZB 109/06 - NJW-RR 2007, 1429, 1430).
8
3. Dem Beklagten ist die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht versagt worden, weil nach seinem Vortrag ein ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Anwaltsverschulden nicht ausgeräumt ist.
9
a) Die Rechtsbeschwerde geht zwar zutreffend davon aus, dass eine Partei sich das einmalige Versehen einer als zuverlässig bekannten, hinreichend unterrichteten und bewährten Kanzleimitarbeiterin ihres Prozessbevoll- mächtigten grundsätzlich nicht zurechnen lassen muss (Senatsbeschluss vom 28. März 2001 - XII ZR 32/01 - NJW-RR 2001, 1071 für den vergleichbaren Fall einer zweimaligen Falscheingabe einer Faxnummer durch eine bislang zuverlässige Kanzleikraft; BGH Beschluss vom 27. März 2001 - VI ZB 7/01 - NJWRR 2001, 779, 780). Denn die Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO führt lediglich zur Zurechnung eines Verschuldens des Prozessbevollmächtigten selbst. Ein Eigenverschulden des Prozessbevollmächtigten liegt jedoch dann vor, wenn für die Fristversäumnis eine mangelhafte Büroorganisation ursächlich war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsanwalt, der unter Einschaltung seines Büropersonals fristgebundene Schriftsätze per Telefax einreicht , verpflichtet, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Telefaxnummer des angeschriebenen Gerichts verwendet wird (Senatsbeschlüsse vom 10. Mai 2006 - XII ZB 267/04 - NJW 2006, 2412, 2413; vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07 - NJW 2008, 2508, 2509 und vom 11. November 2009 - XII ZB 117/09 - juris, Tz. 6; BGH Beschlüsse vom 26. September 2006 - VIII ZB 101/05 - NJW 2007, 996, 997; vom 13. Februar 2007 - VI ZB 70/06 - NJW 2007, 1690, 1691; vom 20. November 2007 - XI ZB 30/06 - juris, Tz. 5 und vom 11. März 2004 - IX ZR 20/03 - BGH-Report 2004, 978). Hierzu gehört, dass bei der erforderlichen Ausgangskontrolle der Sendebericht ausgedruckt und dieser auf die Richtigkeit der verwendeten Empfängernummer überprüft wird, um Fehler bei der Eingabe, der Ermittlung der Faxnummer oder deren Übertragung in den Schriftsatz feststellen zu können (Senatsbeschluss vom 10. Mai 2006 - XII ZB 267/04 - NJW 2006, 2412, 2413; BGH Beschluss vom 4. April 2007 - III ZB 109/06 - NJW-RR 2007, 1429, Tz. 8). Erst nach der Überprüfung , ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Adressaten erfolgt ist, darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07 - NJW 2008, 2508, Tz. 11 m.w.N.).
10
b) Eine diesen Anforderungen genügende Ausgangskontrolle im Büro des Beklagtenvertreters ist nicht dargetan worden. Im Schriftsatz vom 30. Juni 2009 wurde das Wiedereinsetzungsgesuch zunächst nur damit begründet, dass die von der Kanzleimitarbeiterin benutzte Telefaxnummer im Telefonverzeichnis der Kanzlei als Nummer des Oberlandesgerichts eingetragen sei. Weiteren Vortrag , insbesondere zur Organisation der Ausgangskontrolle bei der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen per Telefax, enthält dieser Schriftsatz nicht. Die fehlerhafte Zuordnung der Telefaxnummer im Telefonverzeichnis der Anwaltskanzlei würde ein Organisationsverschulden seines Prozessbevollmächtigten darstellen, das sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsste.
11
c) Die Behauptung, eine Kanzleimitarbeiterin sei sowohl bei der Eingabe als auch bei der Kontrolle der verwendeten Telefaxnummer im Telefonverzeichnis versehentlich in die falsche Zeile geraten, hat der Beklagte erstmals im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13. Juli 2009 aufgestellt, also nach Ablauf der am 7. Juli 2009 endenden Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht deshalb zu Recht nicht berücksichtigt.
12
(1) Grundsätzlich müssen nach §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO alle Tatsachen , die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vorgetragen werden (Senatsbeschluss vom 13. Juni 2007 - XII ZB 232/06 - NJW 2007, 3212). Jedoch dürfen nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsbeschlüsse vom 10. Mai 2006 - XII ZB 42/05 - BGH-Report 2006, 119 m.w.N. und vom 13. Juni 2007 - XII ZB 232/06 - NJW 2007, 3212) erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, noch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden. http://www.juris.de/jportal/portal/t/o4j/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=118&numberofresults=964&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027604160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
13
(2) Das Vorbringen des Beklagten im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13. Juli 2009 zu dem behaupteten zweimaligen Versehen der Kanzleikraft bei der Eingabe der Telefaxnummer stellt jedoch einen völlig neuen Sachvortrag dar, der in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 30. Juni 2009 nicht einmal im Ansatz erwähnt wurde. Der Beklagte kann daher mit diesem Vorbringen nur dann gehört werden, wenn ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu gewähren ist (Zöller /Greger ZPO 28. Aufl. § 234 Rdn. 4). Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht insoweit eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt.
14
(3) Dabei kann offen bleiben, ob dem Schriftsatz vom 13. Juli 2009 überhaupt ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO entnommen werden kann. Denn ausdrücklich hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Wiedereinsetzung in die abgelaufene Frist gemäß § 234 Abs. 1 ZPO dort nicht beantragt. Aber selbst wenn der gestellte Antrag unter Einbeziehung der Antragsbegründung, des Zeitpunkts der Antragstellung und des Rechtsschutzzieles dahingehend auszulegen wäre, dass hiermit auch die grundsätzlich mögliche Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO beantragt werden sollte, kommt eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht, weil das Versäumnis auf einem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht, das sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
15
(4) Nach allgemeiner Ansicht muss bei der Prüfung des Verschuldens auf die für eine Prozessführung erforderliche, übliche Sorgfalt eines ordentlichen Rechtsanwalts abgestellt werden (BGH Beschluss vom 22. November 1984 - VII ZR 160/84 - NJW 1985, 1710 m.w.N.; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 30. Aufl. § 233 Rdn. 13; Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 233 Rdn. 13). Erkennt ein Rechtsanwalt, dass er eine gesetzliche oder richterlich gesetzte Frist nicht einhalten kann, muss er durch einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Fristver- längerung dafür Sorge tragen, dass ein Wiedereinsetzungsgesuch nicht notwendig wird (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 233 Rdn. 23 "Fristverlängerung"). Kommt eine Verlängerung der einzuhaltenden Frist etwa aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht, gebietet es die anwaltliche Sorgfalt, die erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung der Frist zu ergreifen (Zöller/Greger, aaO; in diesem Sinne auch BGH Beschluss vom 24. November 2009 - VI ZB 69/08 - FamRZ 2010, 370).
16
(5) Diesen Anforderungen ist der Prozessbevollmächtigte des Beklagten im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen werden, erhielt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten am 23. Juni 2009 Kenntnis von dem gerichtlichen Hinweis auf die Nichteinhaltung der Berufungsfrist. Obwohl der Prozessbevollmächtigte des Beklagten wusste, dass er am 26. Juni 2009 eine Auslandsreise antreten werde, beschränkte er sich darauf, mit Schriftsatz vom 24. Juni 2009 eine Verlängerung der vom Berufungsgericht gesetzten Frist zur Stellungnahme um zwei Wochen zu beantragen. Bei Anwendung der erforderlichen und ihm zumutbaren anwaltlichen Sorgfalt hätte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten bereits am 23. Juni 2009 erkennen können, dass er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Berufungsfrist hätte stellen müssen und ihm hierzu nur eine Frist von zwei Wochen zur Verfügung stand, die mit der Kenntnis von dem gerichtlichen Hinweis am 23. Juni 2009 zu laufen begann (§ 234 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO). Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hätte sich daher in dem Zeitraum bis zum Antritt seiner Auslandsreise um Aufklärung bemühen müssen, welche Umstände zu der Versäumung der Berufungsfrist geführt haben. Dies wäre ihm auch zumutbar gewesen. Zwar hat er im Berufungsverfahren dargelegt, in welchem Umfang er in der Zeit vom 23. Juni 2009 bis 26. Juni 2009 terminlich gebunden war. Dadurch kann er sich jedoch nicht entlasten. Aufgrund der Dringlichkeit im vorliegenden Verfahren hätte er organisatorische Maßnahmen ergreifen müssen , um einen fristgerechten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorbereiten und stellen zu können. Dabei ist von einem Rechtsanwalt auch die Kenntnis zu verlangen, dass eine richterliche Verlängerung der Wiedereinsetzungsfrist gem. § 224 Abs. 2 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen ist (OLG Zweibrücken MDR 2007, 294 m.w.N.; Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 233, Rdn. 23 "Rechtsanwalt"). Hierzu findet sich jedoch weder in dem Berufungsvorbringen noch in der Rechtsbeschwerde ein ausreichender Sachvortrag. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hätte sich lediglich die Akten vorlegen lassen und bei seinen Kanzleimitarbeitern nachfragen müssen, weshalb die Berufungsschrift an eine falsche Telefaxnummer übermittelt worden ist. Dies wäre ihm trotz der verschiedenen Auswärtstermine, die er zwischen dem 23. Juni 2009 und 26. Juni 2009 wahrnehmen musste, zumutbar gewesen. Schließlich hatte er auch die Zeit gefunden, sich mit der Sache zu befassen und mit Schriftsatz vom 24. Juni 2009 beim Berufungsgericht eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zu beantragen.
17
Das Berufungsgericht hat daher dem Beklagten zu Recht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewährt.
18
4. Schließlich wird die Versäumung der Berufungsfrist auch nicht dadurch entschuldigt, dass die Generalstaatsanwaltschaft die per Telefax eingegangene Berufungsschrift nicht noch am 12. März 2009 an das Oberlandesgericht weitergeleitet hat.
19
a) Die Rechtsbeschwerde weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Rechtsuchender grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass ein einmal mit der Sache befasstes Gericht einen bei ihm eingereichten, aber für das Rechtsmittelgericht bestimmten Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang dorthin weiterleiten wird (BVerfGE 93, 99, 115 f.; BVerfG NJW 2001, 1343). Eine weitergehende Verpflichtung, etwa eine beschleunigte Weiterleitung an das zuständige Gericht oder eine Verpflichtung , die Partei oder deren Prozessbevollmächtigten durch Telefonat oder Telefax von der Einreichung der Berufung bei einem unzuständigen Gericht zu unterrichten, ergibt sich von Verfassungs wegen jedoch nicht (BVerfG NJW 2001, 1343). Denn sonst würde der Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten die Verantwortung für die Einhaltung der Formalien vollständig abgenommen und dem unzuständigen Gericht übertragen (BVerfG aaO). Offen gelassen hat das Bundesverfassungsgericht bislang die Frage, ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn die Berufung bei einem Gericht eingereicht wurde, das bislang mit der Sache nicht befasst war (BVerfG aaO). Der Bundesgerichtshof wendet die gleichen Grundsätze an und sieht keine generelle Fürsorgepflicht des für die Rechtsmitteleinlegung unzuständigen und vorher mit der Sache noch nicht befassten Gerichts, durch Hinweise oder geeignete Maßnahmen eine Fristversäumung des Rechtsmittelführers zu verhindern (statt vieler BGH Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 75/03 - NJW-RR 2004, 1655, 1656 m.w.N.).
20
b) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Die Berufungsschrift ist am 12. März 2009 bei der Generalstaatsanwaltschaft, mithin einer völlig unzuständigen Behörde eingegangen. Da selbst ein Gericht, das mit dem Verfahren vorbefasst war, nur verpflichtet ist, für eine Weiterleitung der Berufungsschrift im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs zu sorgen, können sich für die Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft keine weitergehenden Pflichten ergeben. Da die Berufung am 12. März 2009 zwischen 14.54 Uhr und 15.15 Uhr bei der Generalstaatsanwaltschaft einging, war eine Weiterleitung des Schriftsatzes an diesem Tag im ordentlichen Geschäftsgang nicht mehr möglich. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass nicht als besonders eilig gekennzeichnete Faxeingänge nur einmal täglich nach Eingang der Post (regelmäßig zwischen 09.30 Uhr und 10.00 Uhr) abgetragen werden und daher im Rahmen des ordentlichen Geschäftsverkehrs ein Zutrag an das Berufungsgericht erst am nächsten Tag erfolgen konnte. Das Berufungsgericht hat zudem festgestellt, dass der Schriftsatz vom 12. März 2009 nicht als besonders eilbedürftig gekennzeichnet war. Der baldige Ablauf der Berufungsfrist wäre daher nur durch eine konkrete Fristberechnung anhand des Inhalts des Schriftsatzes möglich gewesen. Dazu waren die Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft jedoch nicht verpflichtet. Dose Vézina Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
LG Siegen, Entscheidung vom 22.01.2009 - 5 O 187/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 12.08.2009 - I-30 U 41/09 -

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 20. April 2016 9 K 178/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Voraussetzungen für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfüllt sind.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte bis einschließlich Februar 2008 Einkünfte aus der Vermietung eines Grundstücks in X, das er am 1. März 2008 veräußerte. Im Jahr 2009 erhielt er von der Stadt X einen Festsetzungsbescheid über einen Ausgleichsbetrag nach § 154 des Baugesetzbuches in Höhe von 179.682 €. Der Kläger ging gegen diesen Bescheid gerichtlich vor. Das Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht endete im Jahr 2012 mit einem Vergleich, wonach der Kläger nunmehr einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 80.938 €, zahlbar in monatlichen Raten, zu leisten hatte. Im Jahr 2012 leistete der Kläger Zahlungen in Höhe von 29.171,64 €. Zudem zahlte er Rechtsanwaltskosten in Höhe von 8.685,48 €. Den Gesamtbetrag in Höhe von 37.857,12 € erklärte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2012 zunächst nicht.

3

Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Angaben des Klägers im Einkommensteuerbescheid 2012 vom 31. Januar 2014 größtenteils gefolgt war, legte die Bevollmächtigte des Klägers --Steuerberaterin S-- mit Schreiben vom 26. Februar 2014 Einspruch ein und machte die Aufwendungen in Höhe von 37.857,12 € als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung geltend.

4

Ausweislich des Eingangsstempels des FA ging das Einspruchsschreiben erst am 6. März 2014 beim FA ein. Mit Schreiben vom 31. März 2014 wies das FA den Kläger darauf hin, dass der Einspruch verspätet eingegangen und damit unzulässig sei.

5

Mit Schreiben vom 9. April 2014 teilte S mit, das Einspruchsschreiben sei am 26. Februar 2014 mit der Deutschen Post AG verschickt worden. Dieser Tatbestand sei ihrem Postausgangsbuch zu entnehmen. Es sei ihr nicht erklärlich, warum das Schreiben mit einer derartigen Zeitverzögerung zugestellt worden sei. Die Deutsche Post AG gelte als zuverlässiger Bote. Sie vermute, dass es sich um ein fahrlässiges Verhalten der Post gehandelt habe, da ihr ein derartiger Zustand noch nicht vorgekommen sei. Sie habe auch mit der zuständigen Bearbeiterin in ihrer Kanzlei gesprochen, um ein fahrlässiges Verhalten ihrerseits zu prüfen. Hierbei habe sie die Antwort erhalten, dass das Schreiben am 26. Februar 2014 im Postausgangsbuch eingetragen und mit dem restlichen Schriftwechsel am Abend in den Briefkasten gesteckt worden sei. Sie beantrage aufgrund dessen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 der Abgabenordnung (AO).

6

Das FA verwarf den Einspruch als unzulässig. Es sah die Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als nicht ausreichend an.

7

Im Rahmen der dagegen erhobenen Klage brachte der Kläger vor, seine Steuerberaterin S habe ihre Mitarbeiter angewiesen, Post über das Postausgangsbuch auszutragen. Werde die Post über das Postausgangsbuch ausgetragen, so werde sie am selben Tage in den Briefkasten eingeworfen. Am 26. Februar 2014 sei die Post von Frau B, einer Mitarbeiterin der Steuerberaterin, über das Postausgangsbuch ausgetragen worden. Eine weitere Mitarbeiterin der Steuerberaterin, Frau C, habe die über das Postausgangsbuch ausgetragene Post am selben Tage in den Briefkasten der Postfiliale "A" geworfen. Die letzte Leerung dieses Briefkastens am 26. Februar 2014 sei gegen 17:00 Uhr erfolgt. Zur Glaubhaftmachung legte die Steuerberaterin des Klägers einen Auszug aus dem Postausgangsbuch vom 26. Februar 2014 sowie eine eidesstattliche Versicherung der Frau C vom 20. Juni 2014 in Kopie vor. Seine Steuerberaterin habe auf die regelmäßigen Postlaufzeiten vertrauen dürfen. Der Einspruch sei vier Werktage vor Ablauf der Frist zum Versand gebracht worden. Eine ernsthafte Gefahr der Versäumung der Einspruchsfrist habe nicht bestanden. Ein Versagen dieser Vorkehrungen dürfe im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht als Verschulden angerechnet werden, da sie auf die Postbeförderung keinen Einfluss habe. Auch auf die auf dem Briefkasten angegebenen Entleerungszeiten habe die Steuerberaterin vertrauen können.

8

Im Rahmen des Klageverfahrens verständigten sich der Kläger und das FA in materiell-rechtlicher Hinsicht auf einen steuermindernden Abzug in Höhe von 50 % des Betrags von 37.857,12 €.

9

Mit seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1049 veröffentlichten Entscheidung vom 20. April 2016 gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Dem Kläger sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Es sei unter Berücksichtigung der im Einspruchs- und Klageverfahren gegebenen Begründung und Glaubhaftmachung des Absendungsvorgangs von einer unverschuldeten Fristversäumnis auszugehen. Der Kläger habe im Einzelnen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, wann (26. Februar 2014), von wem (Frau C) und in welcher Weise (Einwurf in einen bestimmten Postbriefkasten) das verspätet eingegangene Schriftstück zur Post aufgegeben worden sei. Die Darlegungen seien ausreichend durch eine eidesstattliche Versicherung der Frau C und die Vorlage der Kopie des Postausgangsbuches glaubhaft gemacht worden. Zwar habe die Bevollmächtigte innerhalb der Antragsfrist des § 110 Abs. 2 Satz 1 AO nur mitgeteilt, das Einspruchsschreiben sei am 26. Februar 2014 mit der Deutschen Post AG verschickt worden. Aus diesem Vortrag sei jedoch der Kern des Wiedereinsetzungsgrundes "Rechtzeitige Absendung/Postlaufverzögerung" eindeutig zu entnehmen. Es werde dargelegt, an welchem Tag (26. Februar 2014) das streitbefangene Schriftstück in welcher Weise (Versendung mit der Post) auf den Weg zum Finanzamt gebracht worden sei. Zudem werde mitgeteilt, dass eine weitere Mitarbeiterin und nicht die Steuerberaterin selbst den Vorgang umgesetzt habe. Diese Darlegung werde durch eine Kopie des Postausgangsbuches glaubhaft gemacht. Im Klageverfahren sei dann lediglich eine Ergänzung des Vortrags zum Absendevorgang in Form der Benennung der Personen erfolgt, die die Austragung aus dem Postausgangsbuch und den Einwurf in den nunmehr genau benannten Briefkasten "A" vorgenommen haben. Hierin sei kein weiterer Wiedereinsetzungsgrund und kein substantiell neuer Vortrag zu sehen, sondern lediglich eine ergänzende Darlegung des bereits im Kern dargelegten Absendevorgangs. Dass die Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Absendung durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung der Büroangestellten, die den Briefeinwurf vorgenommen hat, erst im Klageverfahren erfolgt sei, sei für die Wiedereinsetzung unschädlich.

10

Mit seiner unter Beifügung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung eingelegten Revision rügt das FA die Verletzung von Bundesrecht (§ 110 AO). Dem Kläger sei keine Wiedereinsetzung zu gewähren, weil er nicht alle erforderlichen Unterlagen und Angaben innerhalb der Antragsfrist eingereicht habe. Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO sei Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Frist gehindert sei. Dies setze in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von einem Monat nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll. Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, seien innerhalb dieser Frist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen. Es sei nicht ausreichend, innerhalb der Antragsfrist des § 110 Abs. 1 Satz 2 AO lediglich die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Vielmehr müssten innerhalb dieser Frist auch die für eine Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen schlüssig vorgetragen werden. Lediglich die Glaubhaftmachung der innerhalb der Frist vorgetragenen Gründe könne auch noch im Verfahren über den Antrag erfolgen. Daher gehöre nicht nur die Bezeichnung der Versendungsart, sondern auch die Darlegung zu welchem Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) der Briefumschlag mit dem betreffenden Schriftsatz von welcher Person und auf welche Weise (Abgabe bei einer Postfiliale oder Einwurf in einen bestimmten Postbriefkasten) zur Post aufgegeben worden sei, zu den Begründungserfordernissen innerhalb der Antragsfrist. Danach reiche zur Glaubhaftmachung der Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung begründen sollen, die bloße Vorlage einer Kopie des Postausgangsbuchs nicht aus. Im Streitfall enthalte der Wiedereinsetzungsantrag lediglich die Darstellung, dass eine nicht namentlich benannte Mitarbeiterin der Steuerberaterin das in Rede stehende Schreiben im Postausgangsbuch eingetragen und am Abend in einen nicht näher bezeichneten Briefkasten gesteckt habe. Weitere Angaben und Unterlagen seien erst nach Ablauf der Antragsfrist nachgereicht worden. Daher sei dem Wiedereinsetzungsantrag nicht zu entsprechen gewesen.

11

Das FA beantragt sinngemäß,
das FG-Urteil vom 20. April 2016  9 K 178/14 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

In der Revisionseinlegungsschrift werde die Revision gegen ein Urteil des Niedersächsischen FG vom 2. Mai 2016 eingelegt und kein Aktenzeichen angegeben. Ein Urteil vom 2. Mai 2016 existiere aber nicht. Daher sei die Revision nicht wirksam eingelegt. Im Übrigen habe das FG zutreffend Wiedereinsetzung gewährt. Unklare oder unvollständige Angaben könnten noch erläutert oder ergänzt werden, sofern innerhalb der Frist der Kern der Wiedereinsetzungsgründe in sich schlüssig vorgetragen worden sei.

Entscheidungsgründe

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II. Die zulässige Revision des FA ist nicht begründet und daher zurückzuweisen.

15

Die Revision ist zulässig (dazu unter 1.). Sie ist aber nicht begründet. Das FG hat zutreffend die Voraussetzungen für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO als gegeben angesehen (dazu unter 2.). Die vom FA angeführte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) steht dem nicht entgegen (dazu unter 3.). Daher hat das FG zu Recht der Klage in dem beantragten Umfang stattgegeben (dazu unter 4.).

16

1. Die Revision ist zulässig.

17

Nach § 120 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muss die Revisionseinlegungsschrift das angefochtene Urteil so genau angeben, dass jeglicher Irrtum ausgeschlossen ist. Fehlen diese Angaben, so ist die Revision unzulässig. Innerhalb der Revisionsfrist ist das angefochtene Urteil daher durch Angabe des Gerichts, das es erlassen hat, des Urteilsdatums, des Aktenzeichens und der Sache, in der die Vorentscheidung ergangen ist, ferner mit Angabe der Beteiligten zu bezeichnen (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Juli 1996 VII R 103/95, BFH/NV 1996, 922; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 120 Rz 13). Es reicht aber aus, dass die fehlenden Angaben aus den sonstigen Unterlagen, etwa der Anlage zur Revisionseinlegungsschrift, zu entnehmen sind. Denn Mängel bei der Bezeichnung des Urteils in der Revisionseinlegungsschrift sind unschädlich, wenn --wie im Streitfall-- die fehlenden Angaben bis zum Ende der Revisionsfrist aus sonstigen Umständen festgestellt werden können, etwa dem in der Anlage beigefügten Urteil (vgl. § 120 Abs. 1 Satz 3 FGO), aus der die fehlenden Angaben entnommen werden können (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 1980 VII R 94/74, BFHE 130, 480, BStBl II 1980, 588; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 120 FGO Rz 13 f.).

18

2. Die Revision ist nicht begründet.

19

Das FG hat die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO zutreffend bejaht. Der Vortrag des Klägers, das Einspruchsschreiben rechtzeitig abgesandt zu haben, genügt den Anforderungen, die an einen Wiedereinsetzungsantrag nach § 110 Abs. 2 Satz 1 AO zu stellen sind.

20

a) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag --ggf. auch von Amts wegen, wie aus § 110 Abs. 2 Satz 4 AO folgt-- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 110 Abs. 3 AO).

21

Der Antragsteller muss innerhalb der Antragsfrist von einem Monat (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO) diejenigen Umstände darlegen, aus denen sich ergibt, dass ihn hinsichtlich der Versäumung der gesetzlichen Frist ein Verschulden nicht trifft. Nach Ablauf der Frist des § 110 Abs. 2 Satz 1 AO können (selbständige) Wiedereinsetzungsgründe nicht mehr nachgeschoben werden. Jedoch können unklare oder unvollständige Angaben auch nach Ablauf der Antragsfrist noch erläutert oder ergänzt werden, sofern innerhalb der Frist der Kern der Wiedereinsetzungsgründe in sich schlüssig vorgetragen ist. Das erfordert eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Umstände innerhalb der Monatsfrist (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 1990 VI R 178/85, BFH/NV 1991, 140; vom 21. Februar 1995 VIII R 76/93, BFH/NV 1995, 989; vom 13. Dezember 2007 VI R 75/04, BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577, unter II.1.a; vom 18. März 2014 VIII R 33/12, BFHE 246, 1, BStBl II 2014, 922, unter II.2.b aa; BFH-Beschlüsse vom 9. November 1999 XI R 17/99, BFH/NV 2000, 583; vom 15. Mai 2003 VII B 246/02, BFH/NV 2003, 1206; vom 26. April 2005 I B 248/04, BFH/NV 2005, 1591; vom 17. Juni 2010 IX B 32/10, BFH/NV 2010, 1655; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 110 Rz 102; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 110 AO Rz 32; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 110 AO Rz 507, 510; Kuczynski in Beermann/Gosch, AO, § 110 Rz 81; Wagner in Kühn/v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO § 110 Rz 36). Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 110 Abs. 2 Satz 2 AO. Danach sind die "Tatsachen zur Begründung des Antrags bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen". Das Ergebnis folgt aber auch aus dem Sinn und dem systematischen Zusammenhang der Sätze 1 und 2 in § 110 Abs. 2 AO. Zweck dieser Befristung ist die Sicherung einer zügigen und sachgemäßen Behandlung eines Wiedereinsetzungsbegehrens, um die Unsicherheit, ob es bei den Folgen einer Fristversäumnis bleibt, in engen Grenzen zu halten. Der Antragsteller soll nicht neue, möglicherweise wechselnde Gründe vortragen können, für deren Glaubhaftmachung er sich bessere Erfolgsaussichten verspricht. Das spätere Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen ist daher nicht zulässig (vgl. BFH-Urteil in BFHE 246, 1, BStBl II 2014, 922, unter II.2.b aa; BFH-Beschluss vom 6. Dezember 2011 XI B 3/11, BFH/NV 2012, 707, unter II.2.c bb). Sollen wesentliche Lücken in der Sachverhaltsdarstellung nachträglich nach Fristablauf geschlossen werden, stellt dies ein unzulässiges Nachschieben von Gründen dar (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 110 AO Rz 32; Söhn in HHSp, § 110 AO Rz 510; Kuczynski in Beermann/Gosch, a.a.O., § 110 Rz 81).

22

Wer die Gewährung von Wiedereinsetzung wegen des Nichteingangs eines angeblich rechtzeitig abgesandten fristgebundenen Schreibens begehrt, muss genau darlegen, welche Person zu welcher Zeit (Tag, Uhrzeit) in welcher Weise (Einwurf in einen bestimmten Briefkasten oder Abgabe bei einer bestimmten Postfiliale) den Brief, in dem sich das fristgebundene Schreiben befunden haben soll, zur Post gegeben hat. Die Angaben sind durch die Vorlage präsenter Beweismittel glaubhaft zu machen (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1995, 989; in BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577, unter II.1.b; vom 9. Juni 2015 X R 38/14, BFH/NV 2015, 1376, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 14. Februar 2002 VII B 112/00, BFH/NV 2002, 798; vom 16. Dezember 2002 VII B 99/02, BFHE 200, 491, BStBl II 2003, 316; vom 3. August 2005 IX B 26/05, BFH/NV 2006, 307, unter a; Klein/Rätke, a.a.O., § 110 Rz 105; Söhn in HHSp, § 110 AO Rz 496 a.E.).

23

b) Nach diesen Grundsätzen hat das FG die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht bejaht.

24

aa) Die Bevollmächtigte des Klägers hat den geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrund überlanger Postlaufzeit im Kern innerhalb der Antragsfrist und damit rechtzeitig vorgebracht. Die Bevollmächtigte des Klägers hat nach den Feststellungen des FG im Schreiben vom 9. April 2014 auf die überlange Beförderungsdauer hingewiesen. Sie hat mitgeteilt, dass das Einspruchsschreiben am 26. Februar 2014 mit der Post versandt worden ist. Zudem hat sie dargelegt, dass eine --von ihr nicht namentlich genannte-- Mitarbeiterin ihrer Kanzlei am 26. Februar 2014 den Versand im Postausgangsbuch eingetragen und das Schreiben noch am gleichen Tag mit dem restlichen Schriftwechsel in den Briefkasten geworfen worden war.

25

Damit hat die Bevollmächtigte des Klägers den Kern des Wiedereinsetzungsgrundes "Rechtzeitige Absendung/Postlaufverzögerung" eindeutig innerhalb der Monatsfrist des § 110 Abs. 1 Satz 1 AO mitgeteilt. Sie hat dargelegt, an welchem Tag (26. Februar 2014) das Einspruchsschreiben in welcher Weise (Versendung mit der Post) auf den Weg gebracht wurde. Ebenfalls hat sie mitgeteilt, dass eine --zu diesem Zeitpunkt von ihr nicht benannte Mitarbeiterin-- das Schreiben auf den Weg (durch Einwurf in den Briefkasten) gebracht hat.

26

bb) Diese Angaben hat die Bevollmächtigte des Klägers im Klageverfahren weiter konkretisiert. Mit ihrem Schriftsatz vom 20. Juni 2014 hat sie dargelegt, welche Person genau (Frau C) zu welcher Zeit konkret (26. Februar 2014 nachmittags) in welcher Weise genau (Einwurf in den Briefkasten der Postfiliale "A") das fristgebundene Einspruchsschreiben zur Post gegeben hat. Ebenfalls im Klageverfahren hat die Bevollmächtigte den Auszug aus dem Postausgangsbuch vom 26. Februar 2014 sowie eine eidesstattliche Versicherung der Frau C vorgelegt. Damit hat die Bevollmächtigte des Klägers nicht --wie das FA meint-- einen neuen Wiedereinsetzungsgrund nachgeschoben, sondern nur den bisher geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrund "Rechtzeitige Absendung/Postlaufverzögerung" erläutert und ergänzt.

27

3. Entgegen der Auffassung des FA steht diesem Ergebnis die Rechtsprechung des BFH nicht entgegen.

28

Soweit sich das FA auf den BFH-Beschluss vom 13. Januar 2004 VII B 127/03 (BFH/NV 2004, 655) beruft, greift dieses Vorbringen nicht durch. In dieser Entscheidung war maßgebend, dass der Beschwerdeführer dem Begründungserfordernis nicht vollständig nachgekommen war. Er hatte dort ohne Angabe der damit verbundenen näheren Umstände behauptet, das streitige Schriftstück sei zur Post aufgegeben worden und lediglich eine Kopie des Postausgangsbuchs vorgelegt. Insoweit fehlte eine lückenlose und schlüssige Darlegung des Absendevorgangs, welche Person zu welcher Zeit in welcher Weise das Schriftstück zur Post gegeben hatte.

29

In den BFH-Beschlüssen in BFHE 200, 491, BStBl II 2003, 316 und in BFH/NV 2003, 1206 fehlte eine lückenlose und schlüssige Darlegung des Absendevorgangs, welche Person zu welcher Zeit in welcher Weise das Schriftstück zur Post gegeben hatte, gänzlich. Gleiches gilt für den BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 798. In allen drei Fällen war lediglich eine Kopie des Postausgangsbuchs vorgelegt worden.

30

Auch der BFH-Beschluss vom 26. November 1993 VIII R 53/93 (BFH/NV 1994, 645) steht nicht entgegen. Dort fehlte es an einer lückenlosen und schlüssigen Darlegung des Absendevorgangs sowie an einem Nachweis über Vorkehrungen zur Fristeinhaltung. Zudem fehlte es an einer eidesstattlichen Versicherung der Person, die den Absendevorgang durchgeführt hatte.

31

4. Das FG hat daher zu Recht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO gewährt und der Klage in dem beantragten Umfang stattgegeben. Dass die geltend gemachten nachträglichen Werbungskosten in Höhe von 18.928,56 € zu berücksichtigen sind, steht zwischen den Beteiligten außer Streit.

32

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2014 - 2 K 2957/12 - wird, soweit hierin der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 teilweise aufgehoben wurde, geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beklagte wendet sich gegen die teilweise Aufhebung von Entwässerungsgebühren.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes Flurstücksnummer 79/3 in der ... in Mannheim. In dem viergeschossigen bebauten Anwesen befinden sich im Erdgeschoß zwei Imbissbetriebe, in den weiteren drei Geschossen jeweils zwei Wohnungen.
Mit „Forderungsbescheid der Stadt Mannheim über Entwässerungsgebühren für das Grundstück: ... Mannheim, 1.OG - Vertragskonto-Nr. ... - Bescheid-Nr. ...“ vom 05.07.2008 forderte die Beklagte von dem Kläger für die Zeit vom 23.06.2007 bis 01.07.2008 Entwässerungsgebühren in Höhe von 6.288,20 EUR. Die Beklagte teilte mit, die Entwässerungsgebühren würden durch die MVV Energie AG Mannheim [im Folgenden MVV] im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Mannheim eingezogen.
Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass die Schmutzwassergebühr sich nach dem Verbrauch an Brauchwasser pro Kubikmeter berechne, die Niederschlagswassergebühr entweder aus den Quadratmetern entwässerter Fläche und Jahr oder als Zuschlag zur Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Brauchwasser. Die Brauchwassermenge entspreche bei Wasserbezug von der MVV der Frischwassermenge. Die Verbrauchsermittlung ergebe im Falle des Klägers für die Zeit vom 23.06.2007 bis 01.04.2008 einen Verbrauch von Frischwasser in Höhe von 2.374 m³ sowie für die Zeit vom 02.04.2008 bis 01.07.2008 in Höhe von 360 m³. Hiervon ausgehend errechneten sich unter Zugrundelegung eines Gebührensatzes für Schmutzwasser von 1,58 EUR/m³ eine Schmutzwassergebühr in Höhe von 4.319,72 EUR sowie unter Zugrundelegung eines Gebührensatzes für Niederschlagswasser von 0,72 EUR/m³ eine Schmutzwassergebühr in Höhe von 1.968,48 EUR. Ferner führte die Beklagte aus, der Bescheid ergehe unter Vorbehalt, falls zwischen der letzten und dieser Jahresverbrauchsabrechnung ein Wasserzähler neu gesetzt worden sei.
Der Bescheid enthielt folgende Rechtsbehelfsbelehrung: „Gegen diesen Forderungsbescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Stadt Mannheim, Eigenbetrieb Stadtentwässerung, Collinistr. 1, 68161 Mannheim einlegen. Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung.“
Mit Schreiben vom 05.07.2008 erstellte die MVV unter der Vertragskontonummer ... sowie der Rechnungsnummer ... dem Kläger für den Zeitraum vom 23.06.2007 bis 01.07.2008 eine Jahresabrechnung und berechnete an „Leistungen von MVV Energie AG“ u.a. für Wasser einen Betrag in Höhe von 6.049,66 EUR sowie für „Leistungen der Stadt Mannheim“ u.a. für Entwässerung einen Betrag in Höhe von 8.288,20 EUR. Insgesamt wurde inklusive der Leistungen für Strom und Abfallwirtschaft ein Betrag von 7.986,01 EUR gefordert.
Die MVV teilte im Einzelnen mit, der Frischwasserverbrauch habe für die Zeit vom 23.06.2007 bis 01.04.2008 (Zählernummer ...357) 2.374 m³ betragen sowie für die Zeit vom 02.04.2008 bis 01.07.2008 (Zählernummer ...180) 360 m³. Zur Information wies sie darauf hin, dass der Wasserverbrauch mit dem vorigen Abrechnungszeitraum (993 m³ Wasser an 353 Tagen) verglichen worden sei und der Kläger im aktuellen Abrechnungszeitraum 159,17 Prozent mehr Wasser verbraucht habe. Fragen zur Abrechnung würden durch Mitarbeiter im Servicecenter oder im MVV Kundenzentrum beantwortet.
Mit Schreiben vom 21.07.2008, eingegangen bei der MVV am 23.07.2008, wandte sich der Kläger an das Kundenzentrum der MVV mit dem Betreff „Einspruch gegen Jahresabrechnung 08 - Vertragskontonummer ...“ und teilte mit, er „lege Widerspruch ein gegen den ergangenen Forderungsbescheid vom 05.07.2008 in Höhe von 7.986,01 EUR die Vertragskontonummer ... betreffend“. Der Verbrauch von 2.734 m³ Frischwasser liege außerhalb jeder Realität. Dies würde eine Verdreifachung des bisherigen Verbrauches bedeuten. Im fraglichen Zeitraum sei keine Nutzungsänderung im Haus erfolgt. Ebenso habe es keinerlei Leitungsdefekte gegeben. Jedoch sei zum 01.04.2008 ein Austausch der Wasseruhr erfolgt. Die Funktionstüchtigkeit könne laut MVV nicht mehr überprüft werden, da das Gerät inzwischen der Verschrottung zugeführt worden sei; die Funktionstüchtigkeit müsse jedoch unbedingt angezweifelt werden. Die Beobachtung des aktuellen Wasserzählers in der vergangenen Woche habe einen mittleren Tagesverbrauch von circa 3 m³ ergeben. Dieser Wert ergebe hochgerechnet auf ein Jahr einen Verbrauch von 1095 m³, was mit den Verbrauchswerten in den beiden zurückliegenden Jahren in etwa vergleichbar wäre. Er bitte, den Verbrauch auf Grund der Verbrauchswerte in der Vergangenheit zu schätzen und die Forderungen für Frischwasser, Abwasser und Niederschlagswasser neu zu berechnen. Ferner bitte er „um Weiterleitung dieses Schreibens an die entsprechenden Stellen sowie eine Bestätigung des Eingangs“.
Die MVV antwortete dem Kläger mit Schreiben vom 01.08.2008 „zu dem entstandenen Wasserverbrauch“ und erläuterte dessen Ermittlung. Der Zählerstand des Wasserzählers ...357 zum 22.06.2007 sei geschätzt worden. Es sei zu vermuten, dass der Verbrauch für die letzte Rechnung zu niedrig geschätzt worden und insoweit ein Teil der Verbrauchsmenge der aktuellen Rechnung entstanden sei.
10 
Im Folgenden wandte sich der Kläger telefonisch an die MVV und teilte mit, es gehe um den Widerspruch zur letzten Jahresabrechnung (Vermerk der MVV vom 08.08.2008). Es liege ein hoher Wasserverbrauch vor. Er habe den Wasserverbrauch jeden Tag beobachtet und einen Verbrauch von 3 m³ am Tag festgestellt. Die MVV wies mit Schreiben vom 26.08.2008 zur Erklärung des verhältnismäßig hohen Wasserverbrauchs (nochmals) auf die vorangegangene, vermutlich zu geringe Ermittlung des Wasserverbrauchs hin. Ferner listete sie tabellarisch die (im Durchschnitt schwankenden) Verbräuche seit 16.07.2004 auf und führte aus, dass hierfür verschiedene Gründe maßgeblich sein könnten, etwa jahreszeitlich bedingte Schwankungen, geänderte Mieterstrukturen und/oder geändertes Verbrauchsverhalten.
11 
Der Anwalt des Klägers teilte der Beklagten mit Schreiben vom 15.09.2008 mit, sein Mandant habe bereits gegen den Bescheid vom 05.07.2008 Widerspruch eingelegt. Zur weiteren Begründung verweise er auf sein heutiges Schreiben an die MVV unter Bezugnahme auf dessen Inhalt. Des Weiteren werde gegen den Bescheid eingewandt, dass die Kostenansätze für die Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühr nicht nachvollziehbar seien. Es werde beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. Um Stellungnahme werde bis zum 26.09.2008 gebeten.
12 
Auf die Mitteilung der MVV vom 13.10.2008 mahnte die Beklagte beim Kläger den offenen Betrag in Höhe von 3.509,81 EUR aus dem „Bescheid Nr. ... der MVV vom 05.07.2008“ mit Schreiben vom 17.11.2008 an. Die MVV verklagte den Kläger erfolgreich in dem beim Amtsgericht Mannheim unter dem Aktenzeichen ... geführten Verfahren auf die Zahlung der Kosten für die Versorgung mit Strom und Wasser; die unter dem Aktenzeichen ... beim Landgericht Mannheim eingelegte Berufung nahm der Kläger zurück. In der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung ist ausgeführt, die vom Kläger erhobenen Einwände eines ungewöhnlich hohen Verbrauchs sowie der fehlenden Eichung des Zählers berechtigten diesen nicht zur Zahlungsverweigerung gemäß § 30 AVBWasserV. Denn relevant sei nur eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit, wofür ein hoher Verbrauch alleine nicht ausreiche. Die Fehlerhaftigkeit des Zählers wäre (zuvor) geltend zu machen und festzustellen gewesen (§§ 19, 21 II AVBWasserV).
13 
Die Beklagte ließ sich über diese Vorgänge von der MVV unterrichten. Unter dem 08.03.2011 wurde der Beklagten das an die MVV gerichtete Widerspruchsschreiben des Klägers vom 21.07.2008 weitergeleitet.
14 
Unter dem 08.03.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Widerspruch vom 21.07.2008 gegen den Forderungsbescheid der Stadt Mannheim liege vor. Es werde um Mitteilung gebeten, ob angesichts der gegenüber der MVV unstreitig gestellten Forderungen der Widerspruch aufrecht erhalten und die Erteilung eines Widerspruchsbescheids beantragt werde. Dies bejahte der Kläger (Schreiben vom 12.04.2011) und machte geltend, die angesetzte Brauchwassermenge sei ebenso zu beanstanden wie die Koppelung der Niederschlagswassergebühr an die Menge des Brauch- und Schmutzwassers. Mit weiteren Schreiben vom 23.03.2012 informierte die Beklagte den Kläger über die rechtlichen Grundlagen der Entwässerungsgebühren und wies hinsichtlich des Frischwasserverbrauchs auf das zwischenzeitlich abgeschlossene zivilgerichtliche Verfahren hin. Da trotz Aufforderung und Mahnung keine Zahlung erfolgt sei, werde der Vorgang zur Betreibung an die Stadtkämmerei abgegeben.
15 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2012, dem Klägervertreter am 18.10.2012 zugegangen, wies die Beklagte den Widerspruch wegen Verfristung als unzulässig zurück. Der Widerspruch sei - wie sich auch aus der dem Bescheid vom 05.07.2008 beigefügten Rechtsmittelbelehrung ergebe - bei der Behörde, welche den Bescheid erlassen hat, zu erheben. Hierfür genüge das Schreiben vom 21.07.2008 an die MVV, welcher im Übrigen die Behördeneigenschaft fehle, nicht. Das Schreiben vom 15.09.2008 sei demgegenüber zwar zutreffend adressiert, jedoch verfristet gewesen.
16 
Der Kläger beantragte daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 31.10.2012, eingegangen bei der Beklagten am 31.10.2012, wegen der Versäumnis der Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte zugleich gegen den Bescheid vom 05.07.2008 Widerspruch ein. Er gab an, er habe mit einem am 22.07.2008 zur Post gegebenen Schreiben vom 21.07.2008 an die Beklagte gegen den Bescheid vom 05.07.2008 Widerspruch eingelegt. Vom fehlenden Zugang bei der Beklagten habe er keine Kenntnis gehabt. Beigefügt war eine unter dem 29.10.2012 abgegebene eidesstattliche Versicherung des Klägers mit entsprechendem Inhalt sowie eine Mehrfertigung des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008. In diesem wird unter dem Betreff „Einspruch gegen die Jahresabrechnung 08 - Vertragskontonummer ...“ Widerspruch „gegen den ergangenen Forderungsbescheid vom 05.07.2008 in Höhe von 4.015,10 EUR“ eingelegt, um Weiterleitung an die „entsprechenden Stellen“ sowie um Eingangsbestätigung gebeten.
17 
Mit Bescheid vom 08.11.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Wiedereinsetzung ab. Gemäß § 110 Abs. 3 AO i.V.m. § 3 KAG könne die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, wenn - wie vorliegend - seit dem Ende der versäumten Frist ein Jahr vergangen sei. Ein Fall höherer Gewalt sei weder geltend gemacht noch ersichtlich. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 08.11.2012 traf die Beklagte keine förmliche Entscheidung.
18 
Mit seiner am 19.11.2012 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, den Bescheid vom 05.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 aufzuheben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er habe bereits mit Schreiben vom 21.07.2008 gegenüber der Beklagten Widerspruch eingelegt. Unabhängig davon sei auch der gegenüber der MVV unter dem 21.07.2008 eingelegte Widerspruch „gegen deren Jahresabrechnung und Bescheid“ als rechtzeitiger Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten zu behandeln. Es habe der MVV als Vertreterin der Beklagten oblegen, das an sie gerichtete Schreiben an die Beklagte weiter zu leiten. Mit ihrem Schreiben vom 08.03.2011 habe die Beklagte zudem bestätigt, dass ihr sein Widerspruch vorliege. Soweit die Beklagte bei der Berechnung der Gebühren für Niederschlagswasser als Berechnungsgrundlage den aus dem Frischwasserverbrauch errechneten Abwasserverbrauch zu Grunde lege, sei dies - wie der Verwaltungsgerichtshof Baden Württemberg mit Urteil vom 11.03.2010 entschieden habe - rechtswidrig. Ferner sei die zu Grunde gelegte Frischwassermenge nicht verbraucht worden. Der Zählerstand sei unzutreffend übermittelt worden, eine Überprüfung des Zählers habe - obwohl er sich umgehend nach Zugang der Jahresabrechnung an die MVV gewandt habe -wegen der zwischenzeitlichen Verwertung des Zählers nicht mehr veranlasst werden können. Der berechnete Frischwasserverbrauch sei auszuschließen. Es habe weder ein geändertes Nutzungsverhalten, Wasserschäden, Installationsmängel, Reparaturen o.ä. gegeben. Hiernach sei der Anscheinsbeweis für eine fehlerhafte Ermittlung und/oder Übertragung des Zählerstands erbracht.
19 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13.02.2014 nach durchgeführter mündlicher Verhandlung entschieden, die zulässige Klage sei begründet, soweit eine über 2.020,10 EUR hinausgehende Abwassergebühr erhoben werde. Die Klage sei - trotz verfristeten Widerspruchs und Nichtvorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - zulässig, da der Kläger insoweit einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung seitens der Beklagten habe. Die Beklagte habe einen Anspruch auf Sachprüfung nicht mehr ablehnen können.
20 
Zunächst sei festzustellen, dass der Kläger die Widerspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheids vom 05.07.2008 versäumt habe, da er trotz fehlerfreier Rechtsbehelfsbelehrung gegen den von der MVV namens der Beklagten übersandten Gebührenbescheid verspätet Widerspruch erhoben habe. Der Zusatz „Eigenbetrieb Stadtentwässerung, Collinistr. 1, 68161 Mannheim“ sei nicht in erheblicher Weise geeignet, von der Einlegung eines Widerspruchs abzuhalten. Denn auch der rechtsunkundige Adressat könne erkennen, dass er sich an die Beklagte wenden müsse, um dort Widerspruch einzulegen. Das Schreiben des Klägers vom 21.07.2007 an die Beklagte wahre die Frist nicht, da ein solches Schreiben bei der Beklagten nicht angekommen sei bzw. der Zugang jedenfalls nicht nachweisbar sei. Das bei der MVV eingegangene Schreiben vom 21.07.2007 könne bei der insoweit gebotenen formalen Betrachtung der Beklagten nicht zugerechnet werden. Die MVV sei als Verwaltungshelferin nicht zur Behandlung von Widersprüchen ermächtigt. Es ergebe sich auch keine andere Beurteilung daraus, dass die Beklagte mit 50,1 % die Mehrheit der Anteile an der MVV halte, da die MVV hinsichtlich der Entgegennahme von Widersprüchen weder selbst Behörde noch Teil einer anderen Behörde sei. Schließlich wahre auch das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 an die Beklagte - worin sinngemäß eine eigene wirksame Widerspruchserhebung bei der Beklagten gesehen werden könne - die Widerspruchsfrist nicht.
21 
Dem Kläger sei auch keine Wiedereinsetzung zu gewähren, da der Wiedereinsetzungsantrag wohl zu spät gestellt sein dürfte. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO könne nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies - was wohl zu verneinen sei - vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich gewesen sei.
22 
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sei die Widerspruchsbehörde, wenn nicht Rechte anderer entgegenstünden, regelmäßig ermächtigt, auch über einen erheblich verspäteten Widerspruch sachlich zu entscheiden. Ein Widerspruchführer habe insoweit einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung. Sei das Ermessen der Widerspruchsbehörde auf Grund der Besonderheiten des Verfahrensablaufs in der Weise eingeschränkt, dass - wie vorliegend - nur eine materielle Entscheidung rechtmäßig wäre, nicht dagegen eine Abweisung als unzulässig wegen Verspätung, so erwachse der Ablehnungsbescheid nicht in Bestandskraft. Ermessensfehlerhaft sei die Ablehnung einer Sachentscheidung jedenfalls dann, wenn der Beklagte durch sein Verhalten die Erwartung des Widerspruchsführers hervorgerufen habe, es werde noch zur Sache entschieden, was vor allem dann gelte, wenn der Behörde ein rechtsunkundiger und nicht in Verwaltungsverfahren erfahrener Bürger gegenüberstehe. In solchen Fällen sei es wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben angebracht, von einem eingeschränkten Ermessen auszugehen. Die Beklagte habe über mehrere Jahre die Gelegenheit nicht genutzt, den Kläger bzw. seinen Anwalt auf die Zulässigkeitsbedenken hinzuweisen. Sie habe mit der MVV in Kontakt gestanden und mit dieser korrespondiert, ohne die Verfristung des Widerspruchs zu thematisieren. Unabhängig davon erscheine das Verhalten der Beklagten in der Gesamtschau einer Reihe weiterer Umstände treuwidrig und ermessensfehlerhaft: Auf die im Schreiben vom 15.09.2008 enthaltene Bitte zur Stellungnahme sei keine Reaktion in irgendeiner Form erfolgt. Der Kläger habe fristgerecht (wenn auch adressiert an die MVV) einen Widerspruch erhoben, welcher bei der (vom Kläger erbetenen) Weiterleitung durchaus hätte fristgerecht bei der Beklagten ankommen können. Die dortige Reklamation sei hinsichtlich der Frischwasserabrechnung an richtiger Stelle erfolgt; die Abwassergebührenrechnung knüpfe an den Frischwasserverbrauch an.
23 
Die sonach zulässige Klage sei teilweise begründet. Hinsichtlich der Schmutzwassergebühr sei der Gebührenbescheid der Beklagten teilweise rechtswidrig, da der Bezug der zugrunde gelegten Wassermenge nicht nachgewiesen sei. Infolgedessen habe die Beklagte die Schmutzwassermenge zu schätzen bzw. nach Erfahrungswerten zu ermitteln gehabt. Ziehe man grundsätzlich in Anlehnung an die Methodik der Beklagten einen Zweijahreszeitraum heran, sei vorliegend in Abweichung hiervon (Zeitraum vom 05.07.2006 bis zum 01.04.2008) der zuletzt brauchbare Wert (Zeitraum vom 06.08.2005 bis zum 22.06.2007) anzusetzen, wonach sich ein mittlerer Tagesverbrauch von 2,82 m³ bezogen auf einen Zeitraum von 284 Tagen sowie als Resultat ein Betrag in Höhe von 1.265,39 EUR (2,82 x 284 x 1,58 EUR) ergebe.
24 
Soweit es um die Niederschlagswassergebühr gehe, sei das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 11.03.2010 - 2 S 2938/08 -zu berücksichtigen, wonach ein - vorliegend zur Anwendung gebrachter - einheitlicher Frischwassermaßstab unzulässig sei. Die Beklagte habe von der Möglichkeit der Heilung im Wege des Erlasses einer neuen, rückwirkend zum 01.07.1983 in Kraft gesetzten Abwassersatzung Gebrauch gemacht. Die Vergleichsberechnung nach dem Maßstab der gesplitteten Abwassergebühr ergebe Niederschlagswassergebühren in Höhe von 185,91 EUR (224 m² x 0,81 EUR [§ 16 i.V.m. Anlage 2 Abs. 1 AbwS], hochgerechnet auf den streitgegenständlichen Zeitraum von 374 Tagen).
25 
Gegen das ihr am 27.02.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte den am 17.03.2014 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingegangenen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Der Senat hat mit Beschluss vom 01.08.2014 die Berufung zugelassen.
26 
Unter dem 10.10.2014 hat die Beklagte die Berufung wie folgt begründet: Die Klage sei unzulässig, da der Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 05.07.2008 - wenn überhaupt - dann allenfalls nach Ergehen des Widerspruchbescheids und damit verspätet mit Schreiben vom 31.10.2012 eingelegt worden sei. Der ebenfalls mit Schreiben vom 31.10.2012 gestellte Wiedereinsetzungsantrag sei durch Bescheid vom 08.11.2012 im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden. Zu einer Wiedereinsetzung in Bezug auf ein überhaupt niemals abgesandtes (sondern nachträglich „konstruiertes“) Widerspruchsschreiben könne eine Verpflichtung zur Wiedereinsetzung nicht bestehen. Der nachträgliche Klägervortrag, er habe zusätzlich zu dem mit Schreiben vom 21.07.2008 bei der MVV eingelegten Widerspruch mit Schreiben gleichen Datums Widerspruch bei der Beklagten eingelegt, sei nicht glaubhaft. In dem Schreiben vom 15.09.2008 sei nur von einem Widerspruch die Rede; für zwei Schreiben gebe es keinen vernünftigen und einleuchtenden Grund. Insbesondere belege die Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen sehr plastisch, dass die Gesamtproblematik in nur einem Widerspruchsschreiben habe abgearbeitet werden sollen. Schließlich scheine es verwunderlich, dass der Kläger jahrelang mit der MVV über den Frischwasserbezug verhandelt und gestritten habe, wenn er gleichzeitig auch Widerspruch bei der Beklagten eingelegt haben wolle. Sonstige Wiedereinsetzungsgründe seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Verlust einer Briefsendung komme zwar nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „höhere Gewalt“ in Betracht; diese Rechtsprechung beziehe sich aber lediglich auf die bis zum Jahr 2005 geltende Rechtslage bezüglich der Deutschen Post. Im Übrigen habe der Kläger nicht substantiiert dargetan, dass der vorliegende Fall dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27/03 - entschiedenen Fall vergleichbar sei. Würde man das Rechtsanwaltsschreiben vom 15.09.2008 als Widerspruch werten, sei keinerlei Wiedereinsetzungsgrund ersichtlich bzw. geltend gemacht.
27 
Nachdem die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorlägen, bestehe - wie der Senat mit Urteil vom 25.06.1987 - 2 S 1960/84 - entschieden habe - kein Raum mehr für Ermessenserwägungen. Davon unbesehen liege keine Ermessensreduktion auf Null zur sachlichen Verbescheidung vor. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten weder als Ausgangs- noch als Widerspruchsbehörde bei dem Kläger die Erwartung hervorgerufen bzw. (aktiv) einen Rechtsschein gesetzt, es werde noch zur Sache entschieden. Eine Verpflichtung, den Eingang eines Widerspruchs zu bestätigen oder Hinweise auf Zulässigkeitsbedenken mitzuteilen, bestehe nicht. Der rechtzeitige Eingang sowie ggf. eine Nachfrage diesbezüglich seien Sache des Klägers.
28 
Es könne sich auch nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - aus einer Gesamtschau der Besonderheiten des Einzelfalls eine Treuwidrig- und damit Ermessensfehlerhaftigkeit einer Berufung auf die Verfristung des Widerspruchs ergeben. Aus der Nichtreaktion auf das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 sei kein derartiger Rückschluss möglich, zumal dem Anwalt die Erhebung einer Untätigkeitsklage offen gestanden habe. Die (bislang gerichtlich nicht beanstandete Art der) Rechnung der MVV und der Forderungsbescheid der Beklagten unterschieden sich ebenso hinreichend voneinander wie die im Forderungsbescheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung einerseits sowie der in der Rechnung enthaltene Hinweis auf die Auskunft zu abrechnungstechnischen Fragen andererseits. Das Risiko der rechtzeitigen Widerspruchseinlegung bei der zuständigen Stelle trage der Widerspruchsführer. Zu einer Weiterleitung sei die MVV (mangels Behördeneigenschaft) nicht verpflichtet. Es sei nach der mit der MVV getroffenen Rahmenvereinbarung nicht Sache der MVV, Entscheidungen über die zu berechnenden Gebühren zu treffen, woran auch die Tatsache nichts ändere, dass die Beklagte Mehrheitsaktionärin der MVV sei. Die zweistufige Verfahrensweise, die Stelle, welche bereits über die erforderlichen Daten hinsichtlich des Frischwasserverbrauchs verfüge, mit der Berechnung, Ausfertigung und Versendung von Gebührenbescheiden etc. zu beauftragen, sei eine gängige und jahrelang praktizierte und dem Kläger bekannte Verfahrensweise, welche vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 3 und 4 KAG vorgesehen sei.
29 
Abschließend hat die Beklagte - unter Bezug auf die Begründung im Widerspruchsbescheid - darauf hingewiesen, dass die Klage unbegründet sei und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abwassergebühren zutreffend unter Berücksichtigung der zählermäßig erfassten und abgelesenen Frischwassermenge errechnet worden seien.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13.02.2014 - 2 K 2957/12 -, soweit hierin der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 teilweise aufgehoben wurde, zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
32 
Der Kläger beantragt unter Verweis auf seinen bisherigen Vortrag,
33 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
34 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
35 
Die Berufung ist zulässig.
36 
Die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist gewahrt und das angefochtene Urteil in der Berufungsschrift hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO bezeichnet. Auch die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO sind erfüllt. Die Begründung muss danach einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die von der Beklagten übermittelte Berufungsbegründung genügt diesen Anforderungen, enthält insbesondere den erforderlichen Antrag.
II.
37 
Die Berufung ist auch begründet.
38 
Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht der Klage teilweise stattgegeben. Die Klage ist bereits unzulässig, da es an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens fehlt.
39 
Streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012. Mit dem Bescheid vom 05.07.2008 hat die Beklagte endgültig die Entwässerungsgebühren festgesetzt, denn der im Bescheid vom 05.07.2008 ausgesprochene Vorläufigkeitsvermerk bei Zählerwechsel im Vorabrechnungszeitraum ist nicht einschlägig. Wie sich aus dem Schreiben der MVV vom 26.08.2008 ergibt, betrug der vor dem Bezugszeitraum liegende Vorabrechnungszeitraum 353 Tage und begann somit im Juni 2006. In dem Zeitraum von Juni 2004 bis April 2008 kam es zu keinem Zählertausch, mithin ist die im Bescheid vom 05.07.2008 getroffene Festsetzung endgültig.
40 
Gegen den Bescheid vom 05.07.2008 hat der Kläger nicht fristgerecht Widerspruch erhoben (s. hierzu 1.). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (s. hierzu 2.) noch einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über eine Entscheidung in der Sache trotz Verfristung (s. hierzu 3.). Mangels ordnungsgemäß durchgeführten Vorverfahrens ist die Klage daher unzulässig.
41 
1. Der Widerspruch (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 KAG i.V.m. § 68 VwGO) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides einzulegen (§ 70 Abs. 1 VwGO). Diese Frist beginnt nach §§ 70 Abs. 2, 58 VwGO nur, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf und die Verwaltungsbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist.
42 
Die danach maßgebliche Frist (dazu a) ist weder durch die an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 21.07.2008 (dazu b) und vom 15.09.2008 (dazu c) noch durch das an die MVV gerichtete Schreiben vom 21.07.2008 gewahrt (dazu d).
43 
a) Die maßgebliche Frist zur Erhebung des Widerspruchs im vorliegenden Fall beträgt einen Monat. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit der Folge, dass für die Einlegung des Widerspruchs die Jahresfrist in Lauf gesetzt worden wäre. § 58 Abs. 1 VwGO verlangt für eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Betroffene über „die Verwaltungsbehörde“, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den „Sitz“ und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist. Diesen Anforderungen genügt die hier in Frage stehende Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten trotz des Hinweises, dass der Widerspruch bei dem „Eigenbetrieb Stadtentwässerung" der Stadt Mannheim zu erheben ist.
44 
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Dies trifft auch zu, wenn ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen, und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen (BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 - juris Rn. 23). Rechtsbehelfsbelehrungen haben nicht die Aufgabe, dem Betroffenen bis nahezu an die Bevormundung alle eigenen Überlegungen bezüglich der Art seines weiteren Vorgehens abzunehmen, sondern es ist sachgerecht, den Betroffenen - entsprechend seiner Stellung als eines von der Verfassung mit Freiheitsgrundrechten ausgestatteten Staatsbürgers - Verantwortung tragen zu lassen. Die Belehrung über Rechtsbehelfe ist „für den geschäfts- und prozeßfähigen Bürger bestimmt und nicht an einer unmündigen Person zu orientieren, die sich nicht zu helfen weiß“ (BVerwG, Urteil vom 27.2.1976 - IV C 74.74 - juris Rn. 21). Sie hat nur den Sinn und Zweck, die Rechtsunkenntnis des Betroffenen in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu beseitigen (BVerwG, Urteil vom 09.11.1966 - V C 196.65 - juris Rn. 20).
45 
Der Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ ist weder generell geeignet, den Betroffenen von der Einlegung eines Widerspruchs abzuhalten noch erschwert er dem Betroffenen die Einlegung des Widerspruchs in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Zum einen will der Kläger nach seinen eigenen Angaben bei der Stadt Mannheim, Eigenbetrieb Stadtentwässerung, unter dem 21.07.2008 einen Widerspruch eingelegt haben. Zum anderen hätte der Kläger bei der Stadt Mannheim als der Behörde, welche den Verwaltungsakt erlassen hat, schriftlich Widerspruch mit oder ohne Verwendung des Zusatzes „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ einlegen können. Durch die Hinzufügung „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ wird ihm (und wurde ihm im vorliegenden Fall auch rein tatsächlich) die Einlegung des Rechtsbehelfs nicht erschwert. Hätte der Kläger - wie in der Rechtsbehelfsbelehrung ebenfalls zutreffend (vgl. § 70 Abs. 1 VwGO) aufgeführt - zur Niederschrift bei der Behörde Widerspruch einlegen wollen, so bestünde zwar die Möglichkeit, dass sich der Kläger durch den Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ gehindert gesehen hätte, den Widerspruch bei anderen Stellen der Stadt Mannheim einzulegen. Der Hinweis ist jedoch nicht generell geeignet, ihn von der Einlegung des Widerspruchs abzuhalten bzw. ihm dies zu erschweren. Denn auch der rechtsunkundige Adressat einer derartigen Belehrung kann erkennen, dass er sich zur Einlegung des Widerspruchs (letztlich) an die Stadt Mannheim wenden muss. Besondere Hindernisse für die Lokalisierung (BVerwG, Urteil vom 23.08.1990 - 8 C 30.88 - juris Rn. 12), die eine Einlegung des Widerspruchs erschweren könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
46 
Der vorliegende Bescheid vom 05.07.2008 gilt als schriftlicher Verwaltungsakt, welcher durch die Post übermittelt wird, nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bei Übermittlung im Inland als bekannt gegeben. Das Datum der Aufgabe zur Post ist vorliegend aus der Verwaltungsakte nicht ersichtlich. Es spricht einiges dafür, bei - wie vorliegend - maschinell erstellten Schreiben im Wege des Anscheinsbeweises anzunehmen, dass diese am Tag des Erstelldatums zur Post gegeben wurden (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 140. EL, § 122 AO Rn. 50). Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 08.08.2008 abgelaufen. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Kläger mit dem an die Beklagte unter dem 21.07.2008 gerichteten Schreiben deutlich gemacht hat, dass ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt der Bescheid vom 05.07.2008 bekannt (gegeben worden) war. Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB spätestens am 21.08.2008 abgelaufen.
47 
b) Das an die Beklagte adressierte Schreiben vom 21.07.2008 ist (überhaupt) nicht bei der Beklagten eingegangen und sonach nicht fristwahrend.
48 
Der Widerspruch ist als einseitige, amtsempfangsbedürftige Willenserklärung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, welche den Verwaltungsakt erlassen hat. Das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 21.07.2008 ist - vorbehaltlich einer Aufgabe zur Post - jedenfalls nicht bei der Beklagten angekommen. Ein entsprechender Eingang ist bei der Beklagten nicht verzeichnet worden und dementsprechend den vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten nicht zu entnehmen. Der Kläger hat insoweit geltend gemacht, er habe das Schreiben an die Beklagte vom 21.07.2008 zusammen mit seinem Schreiben an die MVV zur Post aufgegeben. Dies genügt jedoch nicht - auch nicht im Wege des Anscheinsbeweises - für die Annahme eines Zugangs.
49 
Die Regeln des Beweises des ersten Anscheins sind im Verwaltungsprozess grundsätzlich anwendbar (BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 2 C 17.81 - juris Rn. 18; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl, § 108 Rn. 18 m.w.N.). Der Beweis des ersten Anscheins kommt bei typischen Geschehensabläufen in Betracht. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen ein gewisser Tatbestand nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und infolgedessen wegen des typischen Charakters des Geschehens die konkreten Umstände des Einzelfalles für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind (BVerwG, aaO).
50 
In Zusammenhang mit § 70 VwGO ist zu beachten, dass der Nachweis des Zugangs dem Widerspruchsführer obliegt. Falls dieser Nachweis als Anscheinsbeweis durch den Nachweis der Postaufgabe als erbracht angesehen und von der zuständigen Behörde verlangt würde, sie solle den „ersten Anschein“ durch den (in der Regel gar nicht zu führenden) Beweis der negativen Möglichkeit, dass ihr die Sendung nicht zugegangen sei, entkräften, würde die vom Widerspruchsführer zu beweisende Erhebung des Widerspruchs durch den bloßen Nachweis der Absendung des Widerspruchs ersetzt. Der Widerspruch würde dann - entgegen §§ 69, 70 VwGO - mit der Aufgabe zur Post als erhoben gelten und das Vorverfahren damit beginnen. Dies bedeutete eine normativ ungewollte Verkehrung des Zugangsnachweises bzw. des Nachweises der Erhebung des Widerspruchs, welche im Übrigen weder sachlich gerechtfertigt noch notwendig erscheint, da es dem Widerspruchsführer zwanglos möglich ist, den ihm obliegenden Beweis des Zugangs durch die Wahl entsprechender Versendungsformen sicherzustellen. Macht er hiervon keinen Gebrauch, ist es nicht unbillig, wenn er die volle Gefahr trägt, dass sein Widerspruch bei der zuständigen Behörde nicht fristwahrend eingeht oder er den Zugang nicht beweisen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24.10.2005 - 3 Nc 37/05 - juris Rn. 8; ThürOVG, Beschluss vom 07.02.2011 - 2 ZKO 621/09 - juris Rn. 9).
51 
Darüber hinaus kann der Nachweis des Zugangs bei Postsendungen nicht mittels eines an die Aufgabe zur Post anknüpfenden Anscheinsbeweises erbracht werden (Schenke, aaO). Denn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kommt es (auch außerhalb von Poststreiks u.ä.) immer wieder vor, dass abgeschickte Briefe, sogar Einschreiben, den Empfänger nicht erreichen. Sonach gibt es lediglich eine mehr oder minder hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass abgesendete Briefe auch ankommen. Der Anscheinsbeweis ist aber nicht schon dann geführt, wenn zwei verschiedene Möglichkeiten des Verlaufs erfahrungsgemäß in Betracht zu ziehen sind, von denen die eine wahrscheinlicher ist als die andere (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1996 - VIII ZR 150/95 - juris Rn. 18). Sonach kann aus der vom Kläger in der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 behaupteten (im Einzelnen - hinsichtlich Beförderungsunternehmen, Beförderungsart, Aufgabeort und Aufgabe(uhr) zeit - nicht näher konkretisierten) Aufgabe zur Post (vgl. dazu auch unten 2b) jedenfalls nicht auf den Zugang geschlossen werden.
52 
c) Das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 wahrt ebenfalls nicht die maßgebliche Widerspruchsfrist. Denn es ist - unabhängig davon, ob diesem ein (selbstständiger) Widerspruch zu entnehmen ist - am 17.09.2008 bei der Beklagten eingegangen und damit außerhalb der maßgeblichen Widerspruchsfrist.
53 
d) Auch das unter dem 21.07.2008 an die MVV adressierte und bei dieser am 23.07.2008 eingegangene Schreiben des Klägers wahrt - unabhängig davon, ob diesem mit hinreichender Bestimmtheit ein Widerspruch gegen den Forderungsbescheid vom 05.07.2008 zu entnehmen ist - nicht die Widerspruchsfrist.
54 
Der Widerspruch ist erhoben, wenn er der zuständigen Behörde zugeht, d.h. mit Wissen und Wollen des Widerspruchsführers in den Verfügungsbereich der Behörde gelangt. Die Einlegung eines Widerspruchs bei einem (zur Entgegennahme des Widerspruchs weder ermächtigten noch verpflichteten) Verwaltungshelfer stellt keine wirksame und fristgerechte Erhebung des Widerspruchs in diesem Sinne dar. Die MVV kann (insoweit) als Verwaltungshelferin der Beklagten nicht - auch nicht auf Grund einer Duldung oder eines gesetzten Anscheins seitens der Beklagten - als Empfangsvertreterin oder als Empfangsbotin angesehen werden. Die Kenntnis der MVV ist der Beklagten demnach nicht zuzurechnen.
55 
Die MVV ist (hinsichtlich der Entgegennahme/Nichtweiterleitung des an sie gerichteten Schreibens vom 05.07.2008) als unselbstständige Verwaltungshelferin einzuordnen und besitzt keine Ermächtigung zur Entgegennahme von Widersprüchen im Sinne einer Empfangsvertreterschaft.
56 
Bei der Abwasserbeseitigung handelt es sich um eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe, die in der Befugnis wurzelt, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbst zu regeln. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG werden die Kommunalabgaben auf Grund einer Satzung erhoben. Hierbei kann sich die Kommune als Hoheitsträger unter bestimmten Voraussetzungen auch externer Hilfe bedienen und Dritte mit der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben betrauen. Gemäß § 2 Abs. 3 KAG kann die Satzung u.a. bestimmen, dass bei Gebühren und Beiträgen Dritte beauftragt werden können, diese Abgaben zu berechnen, Abgabenbescheide auszufertigen und zu versenden, Abgaben entgegenzunehmen und abzuführen, Nachweise darüber für den Abgabenberechtigten zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten dem Abgabenberechtigten mitzuteilen. In § 14 Abs. 3 der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung - AbwS -) vom 28.06.1983 in der Fassung vom 07.02.2006 ist vorgesehen, dass die Beklagte einen Dritten - insoweit als Beliehenen - beauftragen kann, die Abwassergebühren gemäß den Bestimmungen dieser Satzung zu berechnen, die Gebührenbescheide auszufertigen und zu versenden, die Gebühren entgegenzunehmen und an die Stadt abzuführen, Nachweise darüber für die Stadt zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten der Beklagten mitzuteilen.
57 
Danach hat die Beklagte von der in § 2 Abs. 3 KAG vorgesehenen Ermächtigung durch Satzung Gebrauch gemacht und die MVV als Dritten (im Rahmen des § 2 Abs. 3 KAG) mit den vorgenannten (abschließend aufgezählten) Aufgaben beauftragt. Ferner hat die Beklagte mit der MVV einen Vertrag vom 01.10.1998 geschlossen, nach dessen § 1 Ziffer 1 die MVV mit dem Einzug der Abwassergebühren „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ von der Beklagten beauftragt wird. § 1 Ziffer 2 des Vertrags stellt klar, dass die Sachherrschaft bei der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung - verbleibt und es nicht Sache der MVV ist, Entscheidungen über die zu berechnenden Gebühren zu treffen. Zu den Aufgaben der MVV gehört nach § 1 Ziffer 3 lit. b und c des Vertrags insbesondere das Erstellen der Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide sowie die Bekanntgabe der Bescheide und das Inkasso der Gebühren.
58 
Eine Ermächtigung zur Entgegennahme oder gar Behandlung von Widersprüchen gegen Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide ist (neben der Beauftragung zum Erstellen und zur Bekanntgabe von Gebührenbescheiden) weder in der Abwassersatzung noch in dem Vertrag vom 01.10.1998 vorgesehen. Denn die MVV ist „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ lediglich zum Inkasso (§ 1 Ziffern 1 und 3 lit. c Vertrag vom 01.10.1998) beauftragt bzw. gemäß § 14 Abs. 3 AbwS zur Entgegennahme der Gebühren, nicht jedoch zur Entgegennahme von Widersprüchen oder gar einer inhaltlichen Befassung mit einem Widerspruch. Mit dieser Beauftragung der MVV hält sich die Beklagte innerhalb der von § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen zur Beleihung, welcher in Zusammenhang mit Abgabenbescheiden neben dem Auftrag zu deren Ausfertigen und Versenden lediglich die weitere Möglichkeit der Beauftragung zur Entgegennahme der Abgaben vorsieht.
59 
Eine Empfangsvertreterschaft oder Empfangsbotenschaft scheidet demnach aus. Die Beklagte hat weder im Innenrechtsverhältnis zwischen ihr und der MVV im Vertrag vom 01.10.1998 noch im Außenrechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger in der Abwassersatzung eine Beauftragung und Ermächtigung der MVV zur Entgegennahme von Widersprüchen vorgenommen. Auch aus dem Auftreten der MVV gegenüber dem Kläger in Gestalt des von der MVV übermittelten Forderungsbescheids vom 05.07.2008 einerseits und der Rechnung der MVV vom 05.07.2008 andererseits ergibt sich nichts Gegenteiliges. Unabhängig davon, ob durch die Formulierung und Ausgestaltung von Forderungsbescheid und/oder Rechnung ein Anschein gesetzt wurde (s. dazu u.), die MVV sei in Zusammenhang mit Einwendungen hinsichtlich der Abwassergebühren zur Entgegennahme von Wissens- und/oder Willens-erklärungen ermächtigt, vermögen jedenfalls die Grundsätze der sog. Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht die durch § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen rechtlich zulässiger Beleihung nicht zu erweitern bzw. außer Kraft zu setzen.
60 
Dies verstieße auch gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Neben dem Verstoß gegen einfachgesetzliche Normen hinsichtlich von Aufgaben, Zuständigkeit und Vertretungsmacht ließe sich die Anerkennung der im Bereich des Zivilrechts entwickelten Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht im Bereich des öffentlichen Abgabenrechts nicht mit dem aus höherrangigem Recht ableitbaren Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vereinbaren. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes wird im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Seine Geltung ist jedoch u.a. in Art. 20 Abs. 3 GG vorausgesetzt. Die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht würden ihren Sinn verlieren, wenn nicht bereits die Verfassung selbst verlangen würde, dass staatliches Handeln in bestimmten Bereichen nur Rechtens ist, falls es durch ein förmliches Gesetz legitimiert wird (Burghart in Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 68. Lieferung 05/2015, Art. 20, Rn. 1026). Das Vorliegen einer gesetzlichen Ermächtigung ist ein unverzichtbares Merkmal der Beleihung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.1969 - VII C 37.67 - juris Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., Einführung I Rn. 89a; Schmid in ZKF 1980, 178 ff.) und deren Abgrenzung zur Verwaltungshilfe. Von daher ist die Delegation und Mandatierung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Zuständigkeiten nur durch einfachgesetzliche Grundlage möglich. Diesen Anforderungen genügen die durch die zivilgerichtliche Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht nicht. Daran kann auch die Mehrheitsbeteiligung der Beklagten an der MVV nichts ändern, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt und ausgeführt hat.
61 
Im Übrigen fehlte es bereits an einem gesetzten Anschein dafür, dass Wissen oder Handlungen der MVV der Beklagten zurechenbar sein könnten oder sollten. Die MVV hat ausweislich des Forderungsbescheids die Entwässerungsgebühren „im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Mannheim“ eingezogen. In der Rechnung vom 05.07.2008 sind die Entwässerungsgebühren ausdrücklich als „Leistungen der Stadt Mannheim“ (getrennt von den Leistungen der MVV) ausgewiesen. Der Forderungsbescheid vom 05.07.2008 enthält eine (richtige, s.o.) Widerspruchsbelehrung. Dem in der Rechnung zusätzlich angebrachten Hinweis auf die Möglichkeit zur Nachfrage bei der MVV vermag angesichts der insoweit klar und eindeutig formulierten, (nicht auf der Rechnung, sondern) auf dem Forderungsbescheid angebrachten Rechtsbehelfsbelehrung ebenso wenig ein Anschein entnommen werden, die MVV sei zur Entgegennahme von (inhaltlich an die Beklagte gerichteten) Widerspruchsschreiben ermächtigt, wie dem (unmittelbar der Rechtsbehelfsbelehrung folgenden) Hinweis in dem Forderungsbescheid vom 05.07.2008, die MVV handele im Auftrag und auf Rechnung, da dieser Hinweis sich lediglich auf den Einzug der Entwässerungsgebühren bezieht und nicht auf die (im Übrigen in der Rechtsbehelfsbelehrung eigens erläuterte) Entgegennahme von Widersprüchen.
62 
2. Dem Kläger ist mangels Vorliegen der Voraussetzungen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ungeachtet der bescheidmäßigen Ablehnung der Wiedereinsetzung durch die Beklagte (dazu a) hat der Kläger nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass es ihm auf Grund höherer Gewalt unmöglich war, die Jahresfrist einzuhalten (dazu b). Auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensfürsorge durch die Beklagte scheidet eine Wiedereinsetzung aus (dazu c).
63 
a) Dies ergibt sich jedoch nicht bereits aus dem Bescheid der Beklagten vom 08.11.2012, mit welchem diese den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung vom 31.10.2012 abgelehnt hat. Dabei kann zum einen dahinstehen, ob die Entscheidung über die Gewährung bzw. Versagung der Wiedereinsetzung ein selbstständiger (und der Bestandskraft fähiger) Verwaltungsakt ist oder nicht (wofür § 44a VwGO angeführt werden könnte, s. zum Meinungsstand Schenke in Kopp/Schenke, aaO, § 44a Rn. 5 sowie § 70 Rn. 12 jeweils m.w.N.), als auch, ob (jedenfalls im Falle der tatsächlich erfolgten Verbescheidung) die Wiedereinsetzung im Rahmen eines (von dem Rechtsmittelverfahren gegen die Sachentscheidung zu trennenden) eigenen Rechtsmittelverfahrens mittels einer Verpflichtungsklage erstritten werden kann oder muss (sog. zweistufiges Verfahren, s. hierzu BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 11/08 R - juris Rn. 24 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris). Jedenfalls ist die von der Beklagten im Bescheid vom 08.11.2012 (der gewählten Form nach) in Gestalt eines Verwaltungsaktes getroffene ablehnende Entscheidung über die Wiedereinsetzung nicht bindend geworden, da der Kläger mit Schreiben vom 12.11.2012 hiergegen einen (bislang noch nicht verbeschiedenen) Widerspruch erhoben hat. Damit ist der Bescheid vom 08.11.2012 jedenfalls nicht bestandskräftig und steht - anders als möglicherweise im Falle seiner Bestandskraft (s. hierzu BSG, aaO, Rn. 22; gegen eine Bindung Schenke, aaO, § 70 Rn. 12) - einer Prüfung der Wiedereinsetzung im vorliegenden Verfahren jedenfalls nicht entgegen. Ob (dann, wenn wie vorliegend eine Entscheidung in Form eines Verwaltungsakts ergangen ist) der Anspruch auf Wiedereinsetzung in einem - bislang nicht durchgeführten - Rechtsmittelverfahren eigens erstritten werden müsste (mit der Folge, dass das Vorliegen eines Anspruchs auf Wiedereinsetzung bzw. die bescheidmäßige Ablehnung nicht Gegenstand dieses, sondern eines hiervon zu trennenden Rechtsmittelverfahrens ist bzw. sein kann, s. hierzu FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2007 - 4 K 4738/06 - juris Rn 14 f.), kann dahinstehen, da jedenfalls im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen.
64 
b) Dem Kläger war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da diese durch Zeitablauf ausgeschlossen war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO). Denn dem Kläger war es nicht in Folge höherer Gewalt unmöglich, die (Jahres-)Frist einzuhalten. Dementsprechend war dem Kläger weder eine behördliche Wiedereinsetzung auf Antrag oder von Amts wegen noch eine Wiedereinsetzung durch das Gericht zu gewähren.
65 
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag - ggf. auch von Amts wegen, wie aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 4 AO folgt - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO).
66 
Die Wiedereinsetzung scheitert bereits an der Jahresfrist des § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m.§ 110 Abs. 3 AO. Vorliegend endete die Widerspruchsfrist (spätestens) am 21.08.2008 (s.o.). Der Kläger hat aber erst am 31.10.2012 die versäumte Rechtshandlung ausdrücklich nachgeholt und den Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Eine Ausnahme von der Jahresfrist gilt nur, wenn deren Wahrung infolge höherer Gewalt unmöglich war. Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall aber nicht erfüllt.
67 
Unter höherer Gewalt ist ein Ereignis zu verstehen, das auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe - also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung - zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerfG, Beschluss vom 16.10.2007 - 2 BvR 51/05 - juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 3 C 35.96 - juris Rn. 53). Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist enger als der Begriff „ohne Verschulden“ (s. § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Dabei ist anerkannt, dass eine Fristversäumnis dem Betroffenen nicht angelastet werden darf, wenn er durch das Verhalten seines Gegners an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsbehelfs gehindert worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1969 - 6 C 56.65 - juris; Urteil vom 11.05.1979 - 6 C 70.78 - juris; Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 - juris; Schenke, aaO, § 60 Rn. 28, § 58 Rn. 20). Gemessen an diesen Maßstäben sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer es dem Kläger infolge höherer Gewalt unmöglich war, Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist vor Ablauf der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO zu beantragen und die (nicht bzw. nicht wirksam erfolgte) Erhebung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 05.07.2008 nachzuholen. Es ist nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass der behauptete Verlust des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 auf dem Postweg den Kläger in diesem Sinne an der rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs gehindert hat.
68 
Ob der Verlust einer Briefsendung bei Beförderung durch die Deutsche Post grundsätzlich (noch) als ein Fall höherer Gewalt anzusehen ist (s. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27.03 - juris), kann dahinstehen, da der Kläger einen solchen Verlust jedenfalls weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch in der beigefügten eidesstaatlichen Versicherung vom 29.10.2012 hinreichend glaubhaft gemacht hat. Denn selbst ein innerhalb der Jahresfrist gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 2 AO nur Erfolg haben, wenn die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, substantiiert vorgetragen werden. Der Kläger macht insoweit geltend, dass er das (an die Beklagte adressierte) Widerspruchsschreiben vom 21.07.2008 (zusammen mit dem an die MVV gerichteten Schreiben vom 21.07.2008) zur Post gegeben habe. Weitere Angaben hat der Kläger nicht gemacht. Dem Kläger hätte es oblegen, die Tatsachen, aus welchen sich die rechtzeitige Aufgabe des fristwahrenden Widerspruchsschreibens zur Post ergibt, vollständig vorzutragen und glaubhaft zu machen (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO BFH, Beschluss vom 17.02.1987 - IV R 115/86; Urteil vom 21.02.1995 - VIII R 76/93; Beschluss vom 19.06.1996 - I R 13/96; Beschluss vom 26.02.1998 - III R 66/97; Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - jeweils juris). Dazu gehören substantiierte Angaben, wie z.B. zu welchem Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) der Briefumschlag mit dem Schriftsatz von welcher Person und auf welche Weise (z.B. durch Einwurf in einen bestimmten Postbriefkasten) zur Post aufgegeben worden ist (BFH, Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - juris Rn. 4). Dies ist vorliegend weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 geschehen. Mit der bloßen Mitteilung, das Widerspruchsschreiben sei am 22.07.2008 zusammen mit einem anderen Schreiben zur Post gegeben worden, sind die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen nicht ausreichend bezeichnet. Eine derartige pauschale Behauptung, ein Schreiben auf den Postweg gegeben zu haben, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
69 
Dies gilt umso mehr, als die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen einen Wiedereinsetzungsgrund nicht hinreichend glaubhaft machen. Der nachträgliche Klägervortrag, er habe zusätzlich zu dem mit Schreiben vom 21.07.2008 bei der MVV eingelegten Widerspruch mit Schreiben gleichen Datums Widerspruch bei der Beklagten eingelegt, ist zweifelhaft. Denn in dem Schreiben vom 15.09.2008 ist zum einen nur von einem Widerspruch die Rede; zum anderen ist mit Blick auf die im Schreiben vom 21.07.2008 an die MVV enthaltene Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen nicht ohne Weiteres die Fertigung eines weiteren Schreibens gleichen Datums (mit unterschiedlichem Schriftbild) an die Beklagte nachvollziehbar. Zu diesem Komplex hätte es jedenfalls besonderer Erklärungen im Wiedereinsetzungsantrag bedurft.
70 
c) Auch der weiter vom Kläger geltend gemachte Umstand, er habe von der Verfristung des Widerspruchs erst mit Zusendung des Widerspruchs vom 16.10.2012 am 23.10.2012 erfahren und bereits mit Schreiben vom 15.08.2008 auf seinen zuvor eingelegten Widerspruch verwiesen (Schreiben vom 31.10.2012, eidesstaatliche Versicherung vom 29.10.2012), rechtfertigt nach den oben dargestellten Grundsätzen keine Wiedereinsetzung. Es liegt kein Verhalten der Beklagten vor, welches den Kläger kausal im Rechtssinne an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs gehindert hat.
71 
Die Beklagte hat den Kläger nicht durch aktives Tun von der Einlegung des Widerspruchs abgehalten. Vielmehr war dem Bescheid vom 05.07.2008 eine richtige Rechtsmittelbelehrung beigefügt (s.o.). Der Kläger war sich - wie die von ihm behauptete Einlegung des Widerspruchs zeigt - offensichtlich der Notwendigkeit, förmlich gegen den Bescheid vom 05.07.2008 vorzugehen, bewusst.
72 
Ein (qualifiziertes) Unterlassen der Beklagten liegt nicht vor, denn es bestand weder eine entsprechende Pflicht zum Handeln in Gestalt einer sog. Verfahrensfürsorgepflicht noch ist der Irrtum des Klägers über den Zugang des Widerspruchs unvermeidbar gewesen.
73 
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 89 Abs. 1 Satz 2 AO trifft die Körperschaft, welche die Abgabe erhebt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG), die Pflicht, soweit erforderlich, den Beteiligten Auskunft über die ihnen zustehenden Rechte und die obliegenden Pflichten zu erteilen. Diese letztlich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitbare (s. König, AO, 3. Aufl., § 89 Rn. 1) sog. Verfahrensfürsorgepflicht verpflichtet die abgabenerhebende Körperschaft - wenn bereits ein Verwaltungsverfahren eingeleitet ist oder durch eine Erklärung oder einen Antrag eingeleitet wird - zur Beratung und Auskunft in Bezug auf das jeweilige Verfahren (König, aaO, Rn. 7). Hierbei ist zwischen selbstständigen Anträgen, welche ein Verfahren voraussetzungsgemäß einleiten, und unselbstständigen Anträgen, welche innerhalb eines bereits eingeleiteten Verwaltungsverfahrens gestellt werden, zu unterscheiden. In aller Regel besteht eine behördliche Verpflichtung zur Anregung von Anträgen, welche offenkundig nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben sind, nur im Falle von unselbstständigen Anträgen. Zur Anregung sog. selbstständiger Anträge besteht eine behördliche Verpflichtung nur ausnahmsweise in einem laufenden Verfahren aufgrund einer besonderen Situation (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 28.01.1981 - 2 A 307/80 - juris). Hierbei wird die Behörde nur ausnahmsweise von Amts wegen tätig, im Übrigen nur auf Anfrage (König, aaO, Rn. 16). Je höher demnach die erkennbare oder gar offenkundige Fürsorgebedürftigkeit des Beteiligten ist, desto höher ist die behördliche Pflicht zur Beratung anzusetzen (Roser in Beermann/Gosch, AO/FGO, 116. Lieferung, § 89 Rn. 13).
74 
Zur Vermeidung einer ausufernden Inanspruchnahme der Verwaltung ist die behördliche Fürsorgepflicht auf solche Sachverhalte zu begrenzen, bei welchen sich eine Hinweispflicht aufdrängt. Neben der Offenkundigkeit ergibt sich eine weitere Begrenzung aus der nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden Erforderlichkeit. In zeitlicher Hinsicht richtet sich die Fürsorgepflicht ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls. Eine Pflicht zu unverzüglichem Handeln besteht jedoch nicht (Roser, aaO, Rn. 19). Insbesondere kann grundsätzlich keine Verpflichtung angenommen werden, eingegangene Wissens- und/oder Willenserklärungen auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit unverzüglich zu (über-)prüfen und den Beteiligten hierüber zu unterrichten (BFH, Urteil vom 28.01.2014 - VII R 10/12 - juris Rn. 16), denn dies würde die behördliche Fürsorgepflicht in nicht angemessener Weise überspannen (FG Nürnberg, Urteil vom 16.09.2008 - II 241/2006 - juris Rn. 28 f.). Ebenso kann keine Pflicht zur Eingangsbestätigung angenommen werden (arg. e contr. § 2 KDVG, § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG).
75 
Ein (laufendes) Widerspruchsverfahren (welches einen Anknüpfungspunkt für eine behördliche Fürsorgepflicht der Beklagten geboten hätte) hat mit Blick auf das bei der Beklagten nicht angekommene Schreiben vom 21.07.2008 nicht vorgelegen. Der - zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltschaftlich vertretene - Kläger macht insoweit geltend, dass im Schreiben vom 15.09.2008 auf einen zuvor eingelegten Widerspruch Bezug genommen worden sei und die Beklagte ihn darauf hätte hinweisen müssen, dass zum einen (noch) kein Widerspruch anhängig sei und zum anderen, dass (bei Auslegung des Schreibens vom 15.09.2008 als eigenen Widerspruch) von einer Verfristung des Widerspruchs auszugehen sei.
76 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze kann keine Verpflichtung der Beklagten angenommen werden, das Schreiben vom 15.09.2008 unverzüglich einer Prüfung auf eine mögliche Verfristung zu unterziehen und den Kläger (ungeachtet der Tatsache, dass in dem Schreiben vom 15.09.2008 keine entsprechend explizite Anfrage zum Eingang des behaupteten, bereits eingelegten Widerspruchs enthalten war) darauf hinzuweisen, dass (bislang noch) kein Widerspruch vorliege.
77 
Der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe ihn über den Nichtzugang des Widerspruchsschreibens in Unkenntnis gelassen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Höhere Gewalt liegt, wie oben dargelegt, nur vor, wenn die Behörde die Einhaltung der Frist verhindert hat. Dazu reicht eine bloße Untätigkeit in aller Regel nicht aus (BVerwG, Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 -juris).
78 
Selbst die Annahme einer Pflichtverletzung könnte jedoch nichts daran ändern, dass der Kläger selbst die ihm obliegende Sorgfalt bei der Einlegung des Widerspruchs nicht hat walten lassen. Der Kläger selbst hat trotz fehlender Eingangsbestätigung den Eingang des Schreibens vom 21.07.2008, in welchem eine solche Empfangsbestätigung ausdrücklich erbeten war, nicht in Zweifel gezogen. Hierbei wäre es dem Kläger ein Leichtes gewesen, sich durch (ausdrückliche) Nachfrage bei der Beklagten über den Zugang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 Klarheit zu verschaffen. Der Kläger hat - wie der Vermerk der MVV vom 08.08.2008 zeigt - telefonisch bei der MVV nachgefragt. Weshalb eine vergleichbare Nachfrage bei der Beklagten unterblieben ist bzw. ihm eine solche nicht abverlangbar war, ist weder dargetan noch ersichtlich. Zumindest hätte es die dem Kläger obliegende Sorgfalt geboten, nachdem bereits einige Zeit seit der Einlegung des Widerspruchs vergangen war, sich vorsorglich um die Aufklärung des Sachverhalts zu bemühen.
79 
Der Kläger hat es innerhalb der (in § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO genannten) Jahresfrist nicht für erforderlich gehalten, sich nach dem Stand der Angelegenheit zu erkundigen, mithin beruht die Unkenntnis des Klägers über die ordnungsgemäße Erhebung des Widerspruchs nicht auf einem unabwendbaren Zufall, welcher die Annahme höherer Gewalt zu rechtfertigen vermag. Bei Anwendung der dem Kläger zumutbaren (äußersten) Sorgfalt wäre der (ursächliche) Irrtum über den nicht erfolgten Eingang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 (sowie über den zu spät erfolgten Eingang des Schreibens vom 15.09.2008) und damit der Irrtum über die Fristversäumnis vermeidbar gewesen. Die im Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 unter Fristsetzung bis 26.09.2008 erbetene Stellungnahme bezog sich nicht eindeutig auf den fristgerechten Eingang des datumsmäßig nicht näher bezeichneten Widerspruchs des Klägers. Im Übrigen hätte dem Kläger auch diesbezüglich nach (erfolglosem) Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist eine Nachfrage oblegen.
80 
Auch aus der unterlassenen zeitnahen Übermittlung des bei der MVV eingelegten Widerspruchs an die Beklagte ergibt sich kein Wiedereinsetzungsgrund, der die Jahresfrist überspielen könnte. Abgesehen davon, dass insoweit allenfalls ein Pflichtverstoß der MVV - nicht der Beklagten - in Betracht käme, hat ein solcher - unterstellter - Verstoß den Kläger nach eigenen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung nicht daran gehindert, einen eigenen Widerspruch gegen die Beklagte zu verfassen; damit wäre jedenfalls eine Verhinderung an der Einlegung des Widerspruchs durch höhere Gewalt auszuschließen.
81 
3. Der Kläger hat kein (subjektives) Recht auf eine (ermessensfehlerfreie) behördliche Sachentscheidung bei - wie vorliegend - verfristetem Widerspruch gegen einen kommunalen Abgabenbescheid. Dies setzte eine dahingehende behördliche Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch voraus, welche (jedenfalls) im kommunalen Abgabenrecht nicht besteht (dazu a); darauf, ob grundsätzlich ein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung auf eine behördliche Sachentscheidung bei verfristetem Widerspruch besteht, was zu verneinen sein dürfte, kommt es daher nicht mehr an (dazu b).
82 
a) Nach § 70 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Norm beansprucht als Verhaltensnorm für den Beschwerten Beachtung, aber auch als Entscheidungsnorm für Behörden und Gerichte, welche gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an sie gebunden sind (BAG, Urteil vom 16.06.1998 - 5 AZR 728/97 - juris Rn. 33). Danach ergibt sich aus § 70 VwGO eine - dem Wortlaut nach uneingeschränkt zu beachtende - Frist von einem Monat. Im Gegensatz zu § 358 Satz 2 AO statuiert § 70 VwGO keine ausdrückliche (behördliche) Entscheidungsnorm, den Widerspruch als unzulässig zu verwerfen. Ob eine solche (ausdrückliche) Entscheidungsnorm verzichtbar ist, da sich diese „von selbst“ (so Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., § 70 Rn. 13) oder aber letztlich aus der Bindung der Behörde an Recht und Gesetz ergibt, ist nicht zwingend, denn es sind sowohl statuierte Verhaltensnormen ohne korrelierende Entscheidungsnormen oder auch nicht deckungsgleiche Verhaltens- und Entscheidungsnormen denkbar (s. hierzu Schilling, Rang und Geltung von Normen in gestuften Rechtsordnungen, 1994, § 3 A. III. 1 sowie § 7 B II. 4.). Denn eine Verhaltensnorm ist nicht in Frage gestellt, wenn eine Entscheidungsnorm von der Verhaltensnorm „abweicht“, falls sie eine Sanktion für die Nichterfüllung festsetzt (vorliegend die im Ermessen stehende Befugnis zur Zurückweisung des Widerspruchs als verfristet), nicht jedoch deren Erfüllung (kategorische Durchsetzung des Fristerfordernisses) anordnet (Schilling, aaO). Im Einzelnen:
83 
aa) Nach der ständigen (freilich umstrittenen, s. statt vieler Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 70 Rn. 9 ff. m.w.N.) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine Verpflichtung der Widerspruchsbehörde, den verfristeten Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89; Urteil vom 07.01.1972 - IV C 61.69 - DVBl. 1972, 423; Urteil vom 04.08.1982 - 4 C 42.79 - juris Rn. 11; Urteil vom 28.10.1982 - 2 C 4.80 - juris Rn.10; Urteil vom 20.06.1988 - 6 C 24.87 - juris Rn. 9). Es stehe vielmehr im „freien Ermessen“ der Widerspruchsbehörde, einen unzulässigen Widerspruch in der Sache zu bescheiden, die „im Verwaltungsprozeß grundsätzlich nicht überprüft werden“ können (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Zur Begründung wird insoweit die Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde angeführt, welche durch die Versäumung der Widerspruchsfrist nicht berührt werde (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Die Widerspruchsfrist diene „vornehmlich dem Schutz der Behörde selbst“ (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO), weshalb es der Widerspruchsbehörde „frei“ stehe, den Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückzuweisen oder trotz des Fristablaufs in der Sache zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO). Die der Behörde eingeräumte Befugnis zur Sachentscheidung über einen verfristeten Widerspruch finde bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ihre Grenze, da der Dritte nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch die eingetretene Bestandskraft eine gesicherte Rechtsposition erlangt habe, für deren Entzug die §§ 68 ff. VwGO - mit Ausnahme der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - keine Rechtsgrundlage enthielten; vielmehr sei durch die Behörde eine Abänderung von Amts wegen gemäß §§ 48, 49 VwVfG zu prüfen (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO).
84 
bb) Ob dieser Rechtsprechung insgesamt zu folgen ist, kann offen bleiben. Denn auch, wenn man ihr folgt, fehlt es vorliegend jedenfalls im Bereich des kommunalen Abgabenrechts an einer Sachentscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde.
85 
Ein (wie im Falle der Entscheidung über den verfristeten Widerspruch angenommenes) grundsätzlich freies bzw. offenes Ermessen unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gleichwohl einer Bindung (BVerwG, Urteil vom 05.09.1966 - V C 175.65 - juris Rn. 13). Das freie Ermessen ist sehr weit und ergibt sich aus dem Sinn und Zweck einer Vorschrift (soweit dieser reicht). Grenzen ergeben sich (zudem aus höherrangigem Recht wie beispielsweise) aus Art. 3 GG (BVerwG, aaO). Das freie Ermessen hat sich innerhalb der durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit gezogenen Grenzen zu halten (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 57.91 -NJW 1993, 1667, 1669). Die Begründung der Ermessensausübung ist in der Regel entbehrlich, da hierfür der Ausschluss oder die Begrenzung der Begründungspflicht aus dem Sinn und Zweck der das freie Ermessen einräumenden Vorschrift genügt (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993, aaO).
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Unter Berücksichtigung des Vorgesagten sind die - nicht in den §§ 68 ff. VwGO enthaltenen - Vorschriften, welche die (materielle) Bestandskraft und Abänderbarkeit von Verwaltungsakten regeln, in Bezug genommen. Zum einen wird die Widerspruchsbehörde das ihr zustehende - nur grundsätzlich -freie Ermessen, dann ggf. einschränkend auszuüben haben, falls dies durch höherrangige Rechtgrundsätze wie z.B. aus Art. 3 GG oder (in den Fällen von Verwaltungsakten mit Drittwirkung) Gründen des Vertrauensschutzes oder der Rechtssicherheit geboten erscheint. Zum anderen enthalten die §§ 68 ff. VwGO keine Ermächtigung der Widerspruchsbehörde zur Abänderung des angefochtenen Verwaltungsakts, sondern setzen - was die Durchbrechung der Bestandskraft von Verwaltungsakten anbelangt - eine solche Befugnis voraus und lassen damit Raum für die - subsidiäre - Anwendung und Berücksichtigung des jeweiligen Verwaltungsverfahrensrechts. Die Befugnis der Widerspruchsbehörde zur Sachentscheidung steht mithin mit der Befugnis zur Durchbrechung der (materiellen) Bestandskraft des Verwaltungsaktes in wechselseitigem Zusammenhang. In Ergänzung des in §§ 68 ff. VwGO als Sachurteilsvoraussetzung des gerichtlichen Verfahrens (nicht abschließend) geregelten Widerspruchsverfahrens sind die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder heranzuziehen und - subsidiär - anwendbar.
87 
Die danach das Widerspruchsverfahren gemäß § 68 ff. VwGO ergänzenden Regelungen der §§ 172 ff., 367 Abs. 2 AO zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden führen zu einer eingeschränkten Sachherrschaft der Behörde. Die hierbei in § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. §§ 172 ff. AO für die Ausgangsbehörde gesetzgeberisch erfolgte Ausgestaltung der Durchbrechung der (materiellen) Bestandkraft ist auf das Handeln der Widerspruchsbehörde übertragbar, da sich dem Willen des Landesgesetzgebers insoweit eine Schlechterstellung des Widerspruchsführers nicht entnehmen lässt (Senatsurteil vom 30.11.1989, aaO, juris Rn. 20). Die §§ 169 Abs. 1 Satz 1, 172 ff. AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG enthalten für Abgabenbescheide besondere Regelungen. Abgabenbescheide unterliegen danach (gegenüber sonstigen Verwaltungsakten) einer besonderen (erhöhten) Bestandskraft (Senatsurteil vom 15.09.2011 - 2 S 654/11 - juris Rn. 24; ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.07.2012 - 9 S 569/11 - juris Rn. 30).
88 
Die ausdifferenzierten und sonach abschließenden Regelungen zur Durchbrechung der materiellen Bestandkraft von Abgabenbescheiden engen die uneingeschränkte Sachherrschaft der Behörde bei verfristetem Widerspruch in vergleichbarer Weise den Fällen bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ein, in welchen ebenfalls eine eingeschränkte Sachherrschaft mit Blick auf die rechtlichen Wirkungen der Bestandkraft angenommen wird. Denn die Frage der Abänderbarkeit von Verwaltungsakten ist eine Frage des Verwaltungsverfahrensrechts, auf das hierbei (ergänzend) zurückzugreifen ist. Die für Abgabenbescheide einschlägigen, über § 3 KAG anwendbaren Vorschriften der §§ 172 ff. AO regeln die Durchbrechung der Bestandskraft und gelten - wie sich aus § 172 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt („soweit er nicht vorläufig oder unter Vorbehalt ergangen ist“) - nur für materiell bestandskräftige Bescheide, was deren formelle Bestandkraft voraussetzt. Bei verfristetem Widerspruch trifft die Widerspruchsbehörde über die Unanfechtbarkeit und damit formelle Bestandkraft eine Sachentscheidung (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89). Damit könnte die Widerspruchsbehörde über die Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO oder aber bei Ausübung freien Ermessens über die Nichtanwendbarkeit der über § 3 KAG anwendbaren Regelungen der AO, welche - wie z.B. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b AO (vgl. BFH, Beschluss vom 28.02.2007 - II B 33/06 - juris Rn. 4) - einen zulässigen „Widerspruch“ (§ 3 Abs. 4 KAG) voraussetzen, disponieren.
89 
Durch die §§ 172 ff. AO ist eine Gesamtaufrollung (wie sie durch ein Widerspruchsverfahren bewirkt würde) nicht vorgesehen und lediglich eine sog. Punktberichtigung möglich (Tipke/Kruse, AO/FGO, 140. Lieferung, Vorbemerkungen zu §§ 172-177 Rn. 2). § 173 Abs. 2 AO enthält eine Änderungssperre (Tipke/Kruse, aaO). Bei unzulässigem Widerspruch ist eine Verböserung des angefochtenen Abgabenbescheids ausgeschlossen (BFH, Urteil vom 09.08.2007 - VI R 7 /04 - juris Rn. 18 m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem im Bereich des Abgabenrechts nach § 3 KAG anwendbaren § 367 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Regelung des § 367 Abs. 2 Satz 2 AO ist nach dem oben Gesagten subsidiär zu §§ 68 ff. VwGO anwendbar und daher im Rahmen der Auslegung des § 70 VwGO bei der Bestimmung der Reichweite der (insoweit partiell im Bereich des kommunalen Abgabenrechts einzuschränkenden) Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde zu berücksichtigen. Weitere Einschränkungen ergeben sich durch die ebenfalls subsidiär als verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden anwendbaren Regelungen der §§ 172 ff. AO. Schließlich gebietet die letztlich im öffentlichen Interesse liegende erhöhte Bestandskraft von Abgabenbescheiden (bei der vorgelagerten freien Ermessensentscheidung über die formelle Bestandskraft) eine eingeschränkte Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde hinsichtlich der Bejahung oder Verneinung der formellen Bestandkraft. In Übereinstimmung hiermit hat die Beklagte zu Recht den Widerspruch als verfristet zurückgewiesen.
90 
b) Unabhängig hiervon kann - ohne dass es noch tragend darauf ankommt -der Kläger von der Beklagten jedenfalls nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich einer Sachentscheidung verlangen. Das ergibt sich bereits unmittelbar daraus, dass - wie gezeigt - im kommunalen Abgabenrecht ein Ermessen, sich über die Verfristung hinwegzusetzen, objektiv nicht eingeräumt ist. Darüber hinaus gilt auch für den Fall einer anzunehmenden objektiven Ermessensermächtigung im Sinn der oben dargelegten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch grundsätzlich zuzuerkennen ist, dass hieraus jedenfalls nicht auf ein dieser Sachentscheidungsbefugnis korrelierendes (subjektives) Recht auf ermessenfehlerfreie Entscheidung geschlossen werden kann. Denn zur Herleitung subjektiver Rechte wird nach der insoweit herrschenden, auch für die Herleitung eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung maßgeblichen Schutznormtheorie darauf abgestellt, ob und ggf. welche Interessen die maßgeblichen Rechtsnormen schützen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 52). Nach dem Ansatz der vorgenannten Rechtsprechung ist Schutzzweck der Widerspruchsfrist (vornehmlich) das Interesse der Behörde. Der Widerspruchsbehörde soll es frei stehen (sog. freies Ermessen), sich entweder auf die Fristversäumnis zu berufen oder - ungeachtet der Fristversäumnis - eine Sachentscheidung zu treffen. Die (abgelaufene) Widerspruchsfrist dient jedoch nicht (zumindest auch) den Interessen des Widerspruchsführers, der nur vor Ablauf, jedoch nicht nach Ablauf der Widerspruchsfrist die sog. Sachentscheidungsvoraussetzungen wahrt und damit einhergehend einen Anspruch auf eine Sachentscheidung besitzt. Mithin steht dem Widerspruchsführer (nach Ablauf der Widerspruchsfrist) gerade kein subjektives Recht zu - auch nicht in Gestalt eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Senatsurteil vom 25.06.1987 - 2 S 1960/84 - juris; a.A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris; Urteil vom 21.10.1992 - 6 S 1335/92 - juris Rn. 27; Urteil vom 14. Oktober 1991 - 8 S 623/91 - juris Rn. 26; Urteil vom 26. Oktober 1981 - 5 S 1387/80 - juris). Ein (über das Vorgesagte hinausgehendes) allgemeines subjektives öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung würde sich nicht ohne Weiteres mit der insoweit herrschenden Schutznormtheorie in Einklang bringen lassen.
91 
Ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung wäre im Übrigen mit der Offenheit bzw. Freiheit des insoweit angenommenen Ermessens (s.o.) ebenso unvereinbar wie der insoweit anerkannten Entbehrlichkeit der Begründung der Ermessenausübung (s.o.). Denn ein solcher Anspruch relativierte die Offenheit des Ermessens und wäre angesichts der fehlenden Begründungspflicht (vorbehaltlich von Evidenz) in aller Regel nicht (gerichtlich) überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO) und damit nicht auf Durchsetzbarkeit angelegt.
92 
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO.
93 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
94 
Beschluss vom 10. Dezember 2015
95 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.268,10 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
96 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
35 
Die Berufung ist zulässig.
36 
Die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist gewahrt und das angefochtene Urteil in der Berufungsschrift hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO bezeichnet. Auch die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO sind erfüllt. Die Begründung muss danach einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die von der Beklagten übermittelte Berufungsbegründung genügt diesen Anforderungen, enthält insbesondere den erforderlichen Antrag.
II.
37 
Die Berufung ist auch begründet.
38 
Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht der Klage teilweise stattgegeben. Die Klage ist bereits unzulässig, da es an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens fehlt.
39 
Streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012. Mit dem Bescheid vom 05.07.2008 hat die Beklagte endgültig die Entwässerungsgebühren festgesetzt, denn der im Bescheid vom 05.07.2008 ausgesprochene Vorläufigkeitsvermerk bei Zählerwechsel im Vorabrechnungszeitraum ist nicht einschlägig. Wie sich aus dem Schreiben der MVV vom 26.08.2008 ergibt, betrug der vor dem Bezugszeitraum liegende Vorabrechnungszeitraum 353 Tage und begann somit im Juni 2006. In dem Zeitraum von Juni 2004 bis April 2008 kam es zu keinem Zählertausch, mithin ist die im Bescheid vom 05.07.2008 getroffene Festsetzung endgültig.
40 
Gegen den Bescheid vom 05.07.2008 hat der Kläger nicht fristgerecht Widerspruch erhoben (s. hierzu 1.). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (s. hierzu 2.) noch einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über eine Entscheidung in der Sache trotz Verfristung (s. hierzu 3.). Mangels ordnungsgemäß durchgeführten Vorverfahrens ist die Klage daher unzulässig.
41 
1. Der Widerspruch (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 KAG i.V.m. § 68 VwGO) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides einzulegen (§ 70 Abs. 1 VwGO). Diese Frist beginnt nach §§ 70 Abs. 2, 58 VwGO nur, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf und die Verwaltungsbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist.
42 
Die danach maßgebliche Frist (dazu a) ist weder durch die an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 21.07.2008 (dazu b) und vom 15.09.2008 (dazu c) noch durch das an die MVV gerichtete Schreiben vom 21.07.2008 gewahrt (dazu d).
43 
a) Die maßgebliche Frist zur Erhebung des Widerspruchs im vorliegenden Fall beträgt einen Monat. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit der Folge, dass für die Einlegung des Widerspruchs die Jahresfrist in Lauf gesetzt worden wäre. § 58 Abs. 1 VwGO verlangt für eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Betroffene über „die Verwaltungsbehörde“, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den „Sitz“ und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist. Diesen Anforderungen genügt die hier in Frage stehende Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten trotz des Hinweises, dass der Widerspruch bei dem „Eigenbetrieb Stadtentwässerung" der Stadt Mannheim zu erheben ist.
44 
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Dies trifft auch zu, wenn ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen, und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen (BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 - juris Rn. 23). Rechtsbehelfsbelehrungen haben nicht die Aufgabe, dem Betroffenen bis nahezu an die Bevormundung alle eigenen Überlegungen bezüglich der Art seines weiteren Vorgehens abzunehmen, sondern es ist sachgerecht, den Betroffenen - entsprechend seiner Stellung als eines von der Verfassung mit Freiheitsgrundrechten ausgestatteten Staatsbürgers - Verantwortung tragen zu lassen. Die Belehrung über Rechtsbehelfe ist „für den geschäfts- und prozeßfähigen Bürger bestimmt und nicht an einer unmündigen Person zu orientieren, die sich nicht zu helfen weiß“ (BVerwG, Urteil vom 27.2.1976 - IV C 74.74 - juris Rn. 21). Sie hat nur den Sinn und Zweck, die Rechtsunkenntnis des Betroffenen in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu beseitigen (BVerwG, Urteil vom 09.11.1966 - V C 196.65 - juris Rn. 20).
45 
Der Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ ist weder generell geeignet, den Betroffenen von der Einlegung eines Widerspruchs abzuhalten noch erschwert er dem Betroffenen die Einlegung des Widerspruchs in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Zum einen will der Kläger nach seinen eigenen Angaben bei der Stadt Mannheim, Eigenbetrieb Stadtentwässerung, unter dem 21.07.2008 einen Widerspruch eingelegt haben. Zum anderen hätte der Kläger bei der Stadt Mannheim als der Behörde, welche den Verwaltungsakt erlassen hat, schriftlich Widerspruch mit oder ohne Verwendung des Zusatzes „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ einlegen können. Durch die Hinzufügung „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ wird ihm (und wurde ihm im vorliegenden Fall auch rein tatsächlich) die Einlegung des Rechtsbehelfs nicht erschwert. Hätte der Kläger - wie in der Rechtsbehelfsbelehrung ebenfalls zutreffend (vgl. § 70 Abs. 1 VwGO) aufgeführt - zur Niederschrift bei der Behörde Widerspruch einlegen wollen, so bestünde zwar die Möglichkeit, dass sich der Kläger durch den Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ gehindert gesehen hätte, den Widerspruch bei anderen Stellen der Stadt Mannheim einzulegen. Der Hinweis ist jedoch nicht generell geeignet, ihn von der Einlegung des Widerspruchs abzuhalten bzw. ihm dies zu erschweren. Denn auch der rechtsunkundige Adressat einer derartigen Belehrung kann erkennen, dass er sich zur Einlegung des Widerspruchs (letztlich) an die Stadt Mannheim wenden muss. Besondere Hindernisse für die Lokalisierung (BVerwG, Urteil vom 23.08.1990 - 8 C 30.88 - juris Rn. 12), die eine Einlegung des Widerspruchs erschweren könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
46 
Der vorliegende Bescheid vom 05.07.2008 gilt als schriftlicher Verwaltungsakt, welcher durch die Post übermittelt wird, nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bei Übermittlung im Inland als bekannt gegeben. Das Datum der Aufgabe zur Post ist vorliegend aus der Verwaltungsakte nicht ersichtlich. Es spricht einiges dafür, bei - wie vorliegend - maschinell erstellten Schreiben im Wege des Anscheinsbeweises anzunehmen, dass diese am Tag des Erstelldatums zur Post gegeben wurden (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 140. EL, § 122 AO Rn. 50). Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 08.08.2008 abgelaufen. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Kläger mit dem an die Beklagte unter dem 21.07.2008 gerichteten Schreiben deutlich gemacht hat, dass ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt der Bescheid vom 05.07.2008 bekannt (gegeben worden) war. Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB spätestens am 21.08.2008 abgelaufen.
47 
b) Das an die Beklagte adressierte Schreiben vom 21.07.2008 ist (überhaupt) nicht bei der Beklagten eingegangen und sonach nicht fristwahrend.
48 
Der Widerspruch ist als einseitige, amtsempfangsbedürftige Willenserklärung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, welche den Verwaltungsakt erlassen hat. Das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 21.07.2008 ist - vorbehaltlich einer Aufgabe zur Post - jedenfalls nicht bei der Beklagten angekommen. Ein entsprechender Eingang ist bei der Beklagten nicht verzeichnet worden und dementsprechend den vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten nicht zu entnehmen. Der Kläger hat insoweit geltend gemacht, er habe das Schreiben an die Beklagte vom 21.07.2008 zusammen mit seinem Schreiben an die MVV zur Post aufgegeben. Dies genügt jedoch nicht - auch nicht im Wege des Anscheinsbeweises - für die Annahme eines Zugangs.
49 
Die Regeln des Beweises des ersten Anscheins sind im Verwaltungsprozess grundsätzlich anwendbar (BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 2 C 17.81 - juris Rn. 18; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl, § 108 Rn. 18 m.w.N.). Der Beweis des ersten Anscheins kommt bei typischen Geschehensabläufen in Betracht. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen ein gewisser Tatbestand nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und infolgedessen wegen des typischen Charakters des Geschehens die konkreten Umstände des Einzelfalles für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind (BVerwG, aaO).
50 
In Zusammenhang mit § 70 VwGO ist zu beachten, dass der Nachweis des Zugangs dem Widerspruchsführer obliegt. Falls dieser Nachweis als Anscheinsbeweis durch den Nachweis der Postaufgabe als erbracht angesehen und von der zuständigen Behörde verlangt würde, sie solle den „ersten Anschein“ durch den (in der Regel gar nicht zu führenden) Beweis der negativen Möglichkeit, dass ihr die Sendung nicht zugegangen sei, entkräften, würde die vom Widerspruchsführer zu beweisende Erhebung des Widerspruchs durch den bloßen Nachweis der Absendung des Widerspruchs ersetzt. Der Widerspruch würde dann - entgegen §§ 69, 70 VwGO - mit der Aufgabe zur Post als erhoben gelten und das Vorverfahren damit beginnen. Dies bedeutete eine normativ ungewollte Verkehrung des Zugangsnachweises bzw. des Nachweises der Erhebung des Widerspruchs, welche im Übrigen weder sachlich gerechtfertigt noch notwendig erscheint, da es dem Widerspruchsführer zwanglos möglich ist, den ihm obliegenden Beweis des Zugangs durch die Wahl entsprechender Versendungsformen sicherzustellen. Macht er hiervon keinen Gebrauch, ist es nicht unbillig, wenn er die volle Gefahr trägt, dass sein Widerspruch bei der zuständigen Behörde nicht fristwahrend eingeht oder er den Zugang nicht beweisen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24.10.2005 - 3 Nc 37/05 - juris Rn. 8; ThürOVG, Beschluss vom 07.02.2011 - 2 ZKO 621/09 - juris Rn. 9).
51 
Darüber hinaus kann der Nachweis des Zugangs bei Postsendungen nicht mittels eines an die Aufgabe zur Post anknüpfenden Anscheinsbeweises erbracht werden (Schenke, aaO). Denn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kommt es (auch außerhalb von Poststreiks u.ä.) immer wieder vor, dass abgeschickte Briefe, sogar Einschreiben, den Empfänger nicht erreichen. Sonach gibt es lediglich eine mehr oder minder hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass abgesendete Briefe auch ankommen. Der Anscheinsbeweis ist aber nicht schon dann geführt, wenn zwei verschiedene Möglichkeiten des Verlaufs erfahrungsgemäß in Betracht zu ziehen sind, von denen die eine wahrscheinlicher ist als die andere (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1996 - VIII ZR 150/95 - juris Rn. 18). Sonach kann aus der vom Kläger in der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 behaupteten (im Einzelnen - hinsichtlich Beförderungsunternehmen, Beförderungsart, Aufgabeort und Aufgabe(uhr) zeit - nicht näher konkretisierten) Aufgabe zur Post (vgl. dazu auch unten 2b) jedenfalls nicht auf den Zugang geschlossen werden.
52 
c) Das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 wahrt ebenfalls nicht die maßgebliche Widerspruchsfrist. Denn es ist - unabhängig davon, ob diesem ein (selbstständiger) Widerspruch zu entnehmen ist - am 17.09.2008 bei der Beklagten eingegangen und damit außerhalb der maßgeblichen Widerspruchsfrist.
53 
d) Auch das unter dem 21.07.2008 an die MVV adressierte und bei dieser am 23.07.2008 eingegangene Schreiben des Klägers wahrt - unabhängig davon, ob diesem mit hinreichender Bestimmtheit ein Widerspruch gegen den Forderungsbescheid vom 05.07.2008 zu entnehmen ist - nicht die Widerspruchsfrist.
54 
Der Widerspruch ist erhoben, wenn er der zuständigen Behörde zugeht, d.h. mit Wissen und Wollen des Widerspruchsführers in den Verfügungsbereich der Behörde gelangt. Die Einlegung eines Widerspruchs bei einem (zur Entgegennahme des Widerspruchs weder ermächtigten noch verpflichteten) Verwaltungshelfer stellt keine wirksame und fristgerechte Erhebung des Widerspruchs in diesem Sinne dar. Die MVV kann (insoweit) als Verwaltungshelferin der Beklagten nicht - auch nicht auf Grund einer Duldung oder eines gesetzten Anscheins seitens der Beklagten - als Empfangsvertreterin oder als Empfangsbotin angesehen werden. Die Kenntnis der MVV ist der Beklagten demnach nicht zuzurechnen.
55 
Die MVV ist (hinsichtlich der Entgegennahme/Nichtweiterleitung des an sie gerichteten Schreibens vom 05.07.2008) als unselbstständige Verwaltungshelferin einzuordnen und besitzt keine Ermächtigung zur Entgegennahme von Widersprüchen im Sinne einer Empfangsvertreterschaft.
56 
Bei der Abwasserbeseitigung handelt es sich um eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe, die in der Befugnis wurzelt, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbst zu regeln. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG werden die Kommunalabgaben auf Grund einer Satzung erhoben. Hierbei kann sich die Kommune als Hoheitsträger unter bestimmten Voraussetzungen auch externer Hilfe bedienen und Dritte mit der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben betrauen. Gemäß § 2 Abs. 3 KAG kann die Satzung u.a. bestimmen, dass bei Gebühren und Beiträgen Dritte beauftragt werden können, diese Abgaben zu berechnen, Abgabenbescheide auszufertigen und zu versenden, Abgaben entgegenzunehmen und abzuführen, Nachweise darüber für den Abgabenberechtigten zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten dem Abgabenberechtigten mitzuteilen. In § 14 Abs. 3 der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung - AbwS -) vom 28.06.1983 in der Fassung vom 07.02.2006 ist vorgesehen, dass die Beklagte einen Dritten - insoweit als Beliehenen - beauftragen kann, die Abwassergebühren gemäß den Bestimmungen dieser Satzung zu berechnen, die Gebührenbescheide auszufertigen und zu versenden, die Gebühren entgegenzunehmen und an die Stadt abzuführen, Nachweise darüber für die Stadt zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten der Beklagten mitzuteilen.
57 
Danach hat die Beklagte von der in § 2 Abs. 3 KAG vorgesehenen Ermächtigung durch Satzung Gebrauch gemacht und die MVV als Dritten (im Rahmen des § 2 Abs. 3 KAG) mit den vorgenannten (abschließend aufgezählten) Aufgaben beauftragt. Ferner hat die Beklagte mit der MVV einen Vertrag vom 01.10.1998 geschlossen, nach dessen § 1 Ziffer 1 die MVV mit dem Einzug der Abwassergebühren „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ von der Beklagten beauftragt wird. § 1 Ziffer 2 des Vertrags stellt klar, dass die Sachherrschaft bei der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung - verbleibt und es nicht Sache der MVV ist, Entscheidungen über die zu berechnenden Gebühren zu treffen. Zu den Aufgaben der MVV gehört nach § 1 Ziffer 3 lit. b und c des Vertrags insbesondere das Erstellen der Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide sowie die Bekanntgabe der Bescheide und das Inkasso der Gebühren.
58 
Eine Ermächtigung zur Entgegennahme oder gar Behandlung von Widersprüchen gegen Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide ist (neben der Beauftragung zum Erstellen und zur Bekanntgabe von Gebührenbescheiden) weder in der Abwassersatzung noch in dem Vertrag vom 01.10.1998 vorgesehen. Denn die MVV ist „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ lediglich zum Inkasso (§ 1 Ziffern 1 und 3 lit. c Vertrag vom 01.10.1998) beauftragt bzw. gemäß § 14 Abs. 3 AbwS zur Entgegennahme der Gebühren, nicht jedoch zur Entgegennahme von Widersprüchen oder gar einer inhaltlichen Befassung mit einem Widerspruch. Mit dieser Beauftragung der MVV hält sich die Beklagte innerhalb der von § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen zur Beleihung, welcher in Zusammenhang mit Abgabenbescheiden neben dem Auftrag zu deren Ausfertigen und Versenden lediglich die weitere Möglichkeit der Beauftragung zur Entgegennahme der Abgaben vorsieht.
59 
Eine Empfangsvertreterschaft oder Empfangsbotenschaft scheidet demnach aus. Die Beklagte hat weder im Innenrechtsverhältnis zwischen ihr und der MVV im Vertrag vom 01.10.1998 noch im Außenrechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger in der Abwassersatzung eine Beauftragung und Ermächtigung der MVV zur Entgegennahme von Widersprüchen vorgenommen. Auch aus dem Auftreten der MVV gegenüber dem Kläger in Gestalt des von der MVV übermittelten Forderungsbescheids vom 05.07.2008 einerseits und der Rechnung der MVV vom 05.07.2008 andererseits ergibt sich nichts Gegenteiliges. Unabhängig davon, ob durch die Formulierung und Ausgestaltung von Forderungsbescheid und/oder Rechnung ein Anschein gesetzt wurde (s. dazu u.), die MVV sei in Zusammenhang mit Einwendungen hinsichtlich der Abwassergebühren zur Entgegennahme von Wissens- und/oder Willens-erklärungen ermächtigt, vermögen jedenfalls die Grundsätze der sog. Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht die durch § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen rechtlich zulässiger Beleihung nicht zu erweitern bzw. außer Kraft zu setzen.
60 
Dies verstieße auch gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Neben dem Verstoß gegen einfachgesetzliche Normen hinsichtlich von Aufgaben, Zuständigkeit und Vertretungsmacht ließe sich die Anerkennung der im Bereich des Zivilrechts entwickelten Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht im Bereich des öffentlichen Abgabenrechts nicht mit dem aus höherrangigem Recht ableitbaren Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vereinbaren. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes wird im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Seine Geltung ist jedoch u.a. in Art. 20 Abs. 3 GG vorausgesetzt. Die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht würden ihren Sinn verlieren, wenn nicht bereits die Verfassung selbst verlangen würde, dass staatliches Handeln in bestimmten Bereichen nur Rechtens ist, falls es durch ein förmliches Gesetz legitimiert wird (Burghart in Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 68. Lieferung 05/2015, Art. 20, Rn. 1026). Das Vorliegen einer gesetzlichen Ermächtigung ist ein unverzichtbares Merkmal der Beleihung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.1969 - VII C 37.67 - juris Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., Einführung I Rn. 89a; Schmid in ZKF 1980, 178 ff.) und deren Abgrenzung zur Verwaltungshilfe. Von daher ist die Delegation und Mandatierung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Zuständigkeiten nur durch einfachgesetzliche Grundlage möglich. Diesen Anforderungen genügen die durch die zivilgerichtliche Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht nicht. Daran kann auch die Mehrheitsbeteiligung der Beklagten an der MVV nichts ändern, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt und ausgeführt hat.
61 
Im Übrigen fehlte es bereits an einem gesetzten Anschein dafür, dass Wissen oder Handlungen der MVV der Beklagten zurechenbar sein könnten oder sollten. Die MVV hat ausweislich des Forderungsbescheids die Entwässerungsgebühren „im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Mannheim“ eingezogen. In der Rechnung vom 05.07.2008 sind die Entwässerungsgebühren ausdrücklich als „Leistungen der Stadt Mannheim“ (getrennt von den Leistungen der MVV) ausgewiesen. Der Forderungsbescheid vom 05.07.2008 enthält eine (richtige, s.o.) Widerspruchsbelehrung. Dem in der Rechnung zusätzlich angebrachten Hinweis auf die Möglichkeit zur Nachfrage bei der MVV vermag angesichts der insoweit klar und eindeutig formulierten, (nicht auf der Rechnung, sondern) auf dem Forderungsbescheid angebrachten Rechtsbehelfsbelehrung ebenso wenig ein Anschein entnommen werden, die MVV sei zur Entgegennahme von (inhaltlich an die Beklagte gerichteten) Widerspruchsschreiben ermächtigt, wie dem (unmittelbar der Rechtsbehelfsbelehrung folgenden) Hinweis in dem Forderungsbescheid vom 05.07.2008, die MVV handele im Auftrag und auf Rechnung, da dieser Hinweis sich lediglich auf den Einzug der Entwässerungsgebühren bezieht und nicht auf die (im Übrigen in der Rechtsbehelfsbelehrung eigens erläuterte) Entgegennahme von Widersprüchen.
62 
2. Dem Kläger ist mangels Vorliegen der Voraussetzungen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ungeachtet der bescheidmäßigen Ablehnung der Wiedereinsetzung durch die Beklagte (dazu a) hat der Kläger nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass es ihm auf Grund höherer Gewalt unmöglich war, die Jahresfrist einzuhalten (dazu b). Auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensfürsorge durch die Beklagte scheidet eine Wiedereinsetzung aus (dazu c).
63 
a) Dies ergibt sich jedoch nicht bereits aus dem Bescheid der Beklagten vom 08.11.2012, mit welchem diese den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung vom 31.10.2012 abgelehnt hat. Dabei kann zum einen dahinstehen, ob die Entscheidung über die Gewährung bzw. Versagung der Wiedereinsetzung ein selbstständiger (und der Bestandskraft fähiger) Verwaltungsakt ist oder nicht (wofür § 44a VwGO angeführt werden könnte, s. zum Meinungsstand Schenke in Kopp/Schenke, aaO, § 44a Rn. 5 sowie § 70 Rn. 12 jeweils m.w.N.), als auch, ob (jedenfalls im Falle der tatsächlich erfolgten Verbescheidung) die Wiedereinsetzung im Rahmen eines (von dem Rechtsmittelverfahren gegen die Sachentscheidung zu trennenden) eigenen Rechtsmittelverfahrens mittels einer Verpflichtungsklage erstritten werden kann oder muss (sog. zweistufiges Verfahren, s. hierzu BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 11/08 R - juris Rn. 24 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris). Jedenfalls ist die von der Beklagten im Bescheid vom 08.11.2012 (der gewählten Form nach) in Gestalt eines Verwaltungsaktes getroffene ablehnende Entscheidung über die Wiedereinsetzung nicht bindend geworden, da der Kläger mit Schreiben vom 12.11.2012 hiergegen einen (bislang noch nicht verbeschiedenen) Widerspruch erhoben hat. Damit ist der Bescheid vom 08.11.2012 jedenfalls nicht bestandskräftig und steht - anders als möglicherweise im Falle seiner Bestandskraft (s. hierzu BSG, aaO, Rn. 22; gegen eine Bindung Schenke, aaO, § 70 Rn. 12) - einer Prüfung der Wiedereinsetzung im vorliegenden Verfahren jedenfalls nicht entgegen. Ob (dann, wenn wie vorliegend eine Entscheidung in Form eines Verwaltungsakts ergangen ist) der Anspruch auf Wiedereinsetzung in einem - bislang nicht durchgeführten - Rechtsmittelverfahren eigens erstritten werden müsste (mit der Folge, dass das Vorliegen eines Anspruchs auf Wiedereinsetzung bzw. die bescheidmäßige Ablehnung nicht Gegenstand dieses, sondern eines hiervon zu trennenden Rechtsmittelverfahrens ist bzw. sein kann, s. hierzu FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2007 - 4 K 4738/06 - juris Rn 14 f.), kann dahinstehen, da jedenfalls im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen.
64 
b) Dem Kläger war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da diese durch Zeitablauf ausgeschlossen war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO). Denn dem Kläger war es nicht in Folge höherer Gewalt unmöglich, die (Jahres-)Frist einzuhalten. Dementsprechend war dem Kläger weder eine behördliche Wiedereinsetzung auf Antrag oder von Amts wegen noch eine Wiedereinsetzung durch das Gericht zu gewähren.
65 
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag - ggf. auch von Amts wegen, wie aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 4 AO folgt - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO).
66 
Die Wiedereinsetzung scheitert bereits an der Jahresfrist des § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m.§ 110 Abs. 3 AO. Vorliegend endete die Widerspruchsfrist (spätestens) am 21.08.2008 (s.o.). Der Kläger hat aber erst am 31.10.2012 die versäumte Rechtshandlung ausdrücklich nachgeholt und den Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Eine Ausnahme von der Jahresfrist gilt nur, wenn deren Wahrung infolge höherer Gewalt unmöglich war. Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall aber nicht erfüllt.
67 
Unter höherer Gewalt ist ein Ereignis zu verstehen, das auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe - also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung - zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerfG, Beschluss vom 16.10.2007 - 2 BvR 51/05 - juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 3 C 35.96 - juris Rn. 53). Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist enger als der Begriff „ohne Verschulden“ (s. § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Dabei ist anerkannt, dass eine Fristversäumnis dem Betroffenen nicht angelastet werden darf, wenn er durch das Verhalten seines Gegners an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsbehelfs gehindert worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1969 - 6 C 56.65 - juris; Urteil vom 11.05.1979 - 6 C 70.78 - juris; Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 - juris; Schenke, aaO, § 60 Rn. 28, § 58 Rn. 20). Gemessen an diesen Maßstäben sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer es dem Kläger infolge höherer Gewalt unmöglich war, Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist vor Ablauf der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO zu beantragen und die (nicht bzw. nicht wirksam erfolgte) Erhebung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 05.07.2008 nachzuholen. Es ist nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass der behauptete Verlust des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 auf dem Postweg den Kläger in diesem Sinne an der rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs gehindert hat.
68 
Ob der Verlust einer Briefsendung bei Beförderung durch die Deutsche Post grundsätzlich (noch) als ein Fall höherer Gewalt anzusehen ist (s. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27.03 - juris), kann dahinstehen, da der Kläger einen solchen Verlust jedenfalls weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch in der beigefügten eidesstaatlichen Versicherung vom 29.10.2012 hinreichend glaubhaft gemacht hat. Denn selbst ein innerhalb der Jahresfrist gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 2 AO nur Erfolg haben, wenn die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, substantiiert vorgetragen werden. Der Kläger macht insoweit geltend, dass er das (an die Beklagte adressierte) Widerspruchsschreiben vom 21.07.2008 (zusammen mit dem an die MVV gerichteten Schreiben vom 21.07.2008) zur Post gegeben habe. Weitere Angaben hat der Kläger nicht gemacht. Dem Kläger hätte es oblegen, die Tatsachen, aus welchen sich die rechtzeitige Aufgabe des fristwahrenden Widerspruchsschreibens zur Post ergibt, vollständig vorzutragen und glaubhaft zu machen (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO BFH, Beschluss vom 17.02.1987 - IV R 115/86; Urteil vom 21.02.1995 - VIII R 76/93; Beschluss vom 19.06.1996 - I R 13/96; Beschluss vom 26.02.1998 - III R 66/97; Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - jeweils juris). Dazu gehören substantiierte Angaben, wie z.B. zu welchem Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) der Briefumschlag mit dem Schriftsatz von welcher Person und auf welche Weise (z.B. durch Einwurf in einen bestimmten Postbriefkasten) zur Post aufgegeben worden ist (BFH, Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - juris Rn. 4). Dies ist vorliegend weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 geschehen. Mit der bloßen Mitteilung, das Widerspruchsschreiben sei am 22.07.2008 zusammen mit einem anderen Schreiben zur Post gegeben worden, sind die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen nicht ausreichend bezeichnet. Eine derartige pauschale Behauptung, ein Schreiben auf den Postweg gegeben zu haben, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
69 
Dies gilt umso mehr, als die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen einen Wiedereinsetzungsgrund nicht hinreichend glaubhaft machen. Der nachträgliche Klägervortrag, er habe zusätzlich zu dem mit Schreiben vom 21.07.2008 bei der MVV eingelegten Widerspruch mit Schreiben gleichen Datums Widerspruch bei der Beklagten eingelegt, ist zweifelhaft. Denn in dem Schreiben vom 15.09.2008 ist zum einen nur von einem Widerspruch die Rede; zum anderen ist mit Blick auf die im Schreiben vom 21.07.2008 an die MVV enthaltene Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen nicht ohne Weiteres die Fertigung eines weiteren Schreibens gleichen Datums (mit unterschiedlichem Schriftbild) an die Beklagte nachvollziehbar. Zu diesem Komplex hätte es jedenfalls besonderer Erklärungen im Wiedereinsetzungsantrag bedurft.
70 
c) Auch der weiter vom Kläger geltend gemachte Umstand, er habe von der Verfristung des Widerspruchs erst mit Zusendung des Widerspruchs vom 16.10.2012 am 23.10.2012 erfahren und bereits mit Schreiben vom 15.08.2008 auf seinen zuvor eingelegten Widerspruch verwiesen (Schreiben vom 31.10.2012, eidesstaatliche Versicherung vom 29.10.2012), rechtfertigt nach den oben dargestellten Grundsätzen keine Wiedereinsetzung. Es liegt kein Verhalten der Beklagten vor, welches den Kläger kausal im Rechtssinne an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs gehindert hat.
71 
Die Beklagte hat den Kläger nicht durch aktives Tun von der Einlegung des Widerspruchs abgehalten. Vielmehr war dem Bescheid vom 05.07.2008 eine richtige Rechtsmittelbelehrung beigefügt (s.o.). Der Kläger war sich - wie die von ihm behauptete Einlegung des Widerspruchs zeigt - offensichtlich der Notwendigkeit, förmlich gegen den Bescheid vom 05.07.2008 vorzugehen, bewusst.
72 
Ein (qualifiziertes) Unterlassen der Beklagten liegt nicht vor, denn es bestand weder eine entsprechende Pflicht zum Handeln in Gestalt einer sog. Verfahrensfürsorgepflicht noch ist der Irrtum des Klägers über den Zugang des Widerspruchs unvermeidbar gewesen.
73 
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 89 Abs. 1 Satz 2 AO trifft die Körperschaft, welche die Abgabe erhebt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG), die Pflicht, soweit erforderlich, den Beteiligten Auskunft über die ihnen zustehenden Rechte und die obliegenden Pflichten zu erteilen. Diese letztlich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitbare (s. König, AO, 3. Aufl., § 89 Rn. 1) sog. Verfahrensfürsorgepflicht verpflichtet die abgabenerhebende Körperschaft - wenn bereits ein Verwaltungsverfahren eingeleitet ist oder durch eine Erklärung oder einen Antrag eingeleitet wird - zur Beratung und Auskunft in Bezug auf das jeweilige Verfahren (König, aaO, Rn. 7). Hierbei ist zwischen selbstständigen Anträgen, welche ein Verfahren voraussetzungsgemäß einleiten, und unselbstständigen Anträgen, welche innerhalb eines bereits eingeleiteten Verwaltungsverfahrens gestellt werden, zu unterscheiden. In aller Regel besteht eine behördliche Verpflichtung zur Anregung von Anträgen, welche offenkundig nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben sind, nur im Falle von unselbstständigen Anträgen. Zur Anregung sog. selbstständiger Anträge besteht eine behördliche Verpflichtung nur ausnahmsweise in einem laufenden Verfahren aufgrund einer besonderen Situation (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 28.01.1981 - 2 A 307/80 - juris). Hierbei wird die Behörde nur ausnahmsweise von Amts wegen tätig, im Übrigen nur auf Anfrage (König, aaO, Rn. 16). Je höher demnach die erkennbare oder gar offenkundige Fürsorgebedürftigkeit des Beteiligten ist, desto höher ist die behördliche Pflicht zur Beratung anzusetzen (Roser in Beermann/Gosch, AO/FGO, 116. Lieferung, § 89 Rn. 13).
74 
Zur Vermeidung einer ausufernden Inanspruchnahme der Verwaltung ist die behördliche Fürsorgepflicht auf solche Sachverhalte zu begrenzen, bei welchen sich eine Hinweispflicht aufdrängt. Neben der Offenkundigkeit ergibt sich eine weitere Begrenzung aus der nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden Erforderlichkeit. In zeitlicher Hinsicht richtet sich die Fürsorgepflicht ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls. Eine Pflicht zu unverzüglichem Handeln besteht jedoch nicht (Roser, aaO, Rn. 19). Insbesondere kann grundsätzlich keine Verpflichtung angenommen werden, eingegangene Wissens- und/oder Willenserklärungen auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit unverzüglich zu (über-)prüfen und den Beteiligten hierüber zu unterrichten (BFH, Urteil vom 28.01.2014 - VII R 10/12 - juris Rn. 16), denn dies würde die behördliche Fürsorgepflicht in nicht angemessener Weise überspannen (FG Nürnberg, Urteil vom 16.09.2008 - II 241/2006 - juris Rn. 28 f.). Ebenso kann keine Pflicht zur Eingangsbestätigung angenommen werden (arg. e contr. § 2 KDVG, § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG).
75 
Ein (laufendes) Widerspruchsverfahren (welches einen Anknüpfungspunkt für eine behördliche Fürsorgepflicht der Beklagten geboten hätte) hat mit Blick auf das bei der Beklagten nicht angekommene Schreiben vom 21.07.2008 nicht vorgelegen. Der - zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltschaftlich vertretene - Kläger macht insoweit geltend, dass im Schreiben vom 15.09.2008 auf einen zuvor eingelegten Widerspruch Bezug genommen worden sei und die Beklagte ihn darauf hätte hinweisen müssen, dass zum einen (noch) kein Widerspruch anhängig sei und zum anderen, dass (bei Auslegung des Schreibens vom 15.09.2008 als eigenen Widerspruch) von einer Verfristung des Widerspruchs auszugehen sei.
76 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze kann keine Verpflichtung der Beklagten angenommen werden, das Schreiben vom 15.09.2008 unverzüglich einer Prüfung auf eine mögliche Verfristung zu unterziehen und den Kläger (ungeachtet der Tatsache, dass in dem Schreiben vom 15.09.2008 keine entsprechend explizite Anfrage zum Eingang des behaupteten, bereits eingelegten Widerspruchs enthalten war) darauf hinzuweisen, dass (bislang noch) kein Widerspruch vorliege.
77 
Der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe ihn über den Nichtzugang des Widerspruchsschreibens in Unkenntnis gelassen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Höhere Gewalt liegt, wie oben dargelegt, nur vor, wenn die Behörde die Einhaltung der Frist verhindert hat. Dazu reicht eine bloße Untätigkeit in aller Regel nicht aus (BVerwG, Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 -juris).
78 
Selbst die Annahme einer Pflichtverletzung könnte jedoch nichts daran ändern, dass der Kläger selbst die ihm obliegende Sorgfalt bei der Einlegung des Widerspruchs nicht hat walten lassen. Der Kläger selbst hat trotz fehlender Eingangsbestätigung den Eingang des Schreibens vom 21.07.2008, in welchem eine solche Empfangsbestätigung ausdrücklich erbeten war, nicht in Zweifel gezogen. Hierbei wäre es dem Kläger ein Leichtes gewesen, sich durch (ausdrückliche) Nachfrage bei der Beklagten über den Zugang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 Klarheit zu verschaffen. Der Kläger hat - wie der Vermerk der MVV vom 08.08.2008 zeigt - telefonisch bei der MVV nachgefragt. Weshalb eine vergleichbare Nachfrage bei der Beklagten unterblieben ist bzw. ihm eine solche nicht abverlangbar war, ist weder dargetan noch ersichtlich. Zumindest hätte es die dem Kläger obliegende Sorgfalt geboten, nachdem bereits einige Zeit seit der Einlegung des Widerspruchs vergangen war, sich vorsorglich um die Aufklärung des Sachverhalts zu bemühen.
79 
Der Kläger hat es innerhalb der (in § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO genannten) Jahresfrist nicht für erforderlich gehalten, sich nach dem Stand der Angelegenheit zu erkundigen, mithin beruht die Unkenntnis des Klägers über die ordnungsgemäße Erhebung des Widerspruchs nicht auf einem unabwendbaren Zufall, welcher die Annahme höherer Gewalt zu rechtfertigen vermag. Bei Anwendung der dem Kläger zumutbaren (äußersten) Sorgfalt wäre der (ursächliche) Irrtum über den nicht erfolgten Eingang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 (sowie über den zu spät erfolgten Eingang des Schreibens vom 15.09.2008) und damit der Irrtum über die Fristversäumnis vermeidbar gewesen. Die im Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 unter Fristsetzung bis 26.09.2008 erbetene Stellungnahme bezog sich nicht eindeutig auf den fristgerechten Eingang des datumsmäßig nicht näher bezeichneten Widerspruchs des Klägers. Im Übrigen hätte dem Kläger auch diesbezüglich nach (erfolglosem) Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist eine Nachfrage oblegen.
80 
Auch aus der unterlassenen zeitnahen Übermittlung des bei der MVV eingelegten Widerspruchs an die Beklagte ergibt sich kein Wiedereinsetzungsgrund, der die Jahresfrist überspielen könnte. Abgesehen davon, dass insoweit allenfalls ein Pflichtverstoß der MVV - nicht der Beklagten - in Betracht käme, hat ein solcher - unterstellter - Verstoß den Kläger nach eigenen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung nicht daran gehindert, einen eigenen Widerspruch gegen die Beklagte zu verfassen; damit wäre jedenfalls eine Verhinderung an der Einlegung des Widerspruchs durch höhere Gewalt auszuschließen.
81 
3. Der Kläger hat kein (subjektives) Recht auf eine (ermessensfehlerfreie) behördliche Sachentscheidung bei - wie vorliegend - verfristetem Widerspruch gegen einen kommunalen Abgabenbescheid. Dies setzte eine dahingehende behördliche Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch voraus, welche (jedenfalls) im kommunalen Abgabenrecht nicht besteht (dazu a); darauf, ob grundsätzlich ein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung auf eine behördliche Sachentscheidung bei verfristetem Widerspruch besteht, was zu verneinen sein dürfte, kommt es daher nicht mehr an (dazu b).
82 
a) Nach § 70 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Norm beansprucht als Verhaltensnorm für den Beschwerten Beachtung, aber auch als Entscheidungsnorm für Behörden und Gerichte, welche gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an sie gebunden sind (BAG, Urteil vom 16.06.1998 - 5 AZR 728/97 - juris Rn. 33). Danach ergibt sich aus § 70 VwGO eine - dem Wortlaut nach uneingeschränkt zu beachtende - Frist von einem Monat. Im Gegensatz zu § 358 Satz 2 AO statuiert § 70 VwGO keine ausdrückliche (behördliche) Entscheidungsnorm, den Widerspruch als unzulässig zu verwerfen. Ob eine solche (ausdrückliche) Entscheidungsnorm verzichtbar ist, da sich diese „von selbst“ (so Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., § 70 Rn. 13) oder aber letztlich aus der Bindung der Behörde an Recht und Gesetz ergibt, ist nicht zwingend, denn es sind sowohl statuierte Verhaltensnormen ohne korrelierende Entscheidungsnormen oder auch nicht deckungsgleiche Verhaltens- und Entscheidungsnormen denkbar (s. hierzu Schilling, Rang und Geltung von Normen in gestuften Rechtsordnungen, 1994, § 3 A. III. 1 sowie § 7 B II. 4.). Denn eine Verhaltensnorm ist nicht in Frage gestellt, wenn eine Entscheidungsnorm von der Verhaltensnorm „abweicht“, falls sie eine Sanktion für die Nichterfüllung festsetzt (vorliegend die im Ermessen stehende Befugnis zur Zurückweisung des Widerspruchs als verfristet), nicht jedoch deren Erfüllung (kategorische Durchsetzung des Fristerfordernisses) anordnet (Schilling, aaO). Im Einzelnen:
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aa) Nach der ständigen (freilich umstrittenen, s. statt vieler Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 70 Rn. 9 ff. m.w.N.) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine Verpflichtung der Widerspruchsbehörde, den verfristeten Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89; Urteil vom 07.01.1972 - IV C 61.69 - DVBl. 1972, 423; Urteil vom 04.08.1982 - 4 C 42.79 - juris Rn. 11; Urteil vom 28.10.1982 - 2 C 4.80 - juris Rn.10; Urteil vom 20.06.1988 - 6 C 24.87 - juris Rn. 9). Es stehe vielmehr im „freien Ermessen“ der Widerspruchsbehörde, einen unzulässigen Widerspruch in der Sache zu bescheiden, die „im Verwaltungsprozeß grundsätzlich nicht überprüft werden“ können (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Zur Begründung wird insoweit die Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde angeführt, welche durch die Versäumung der Widerspruchsfrist nicht berührt werde (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Die Widerspruchsfrist diene „vornehmlich dem Schutz der Behörde selbst“ (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO), weshalb es der Widerspruchsbehörde „frei“ stehe, den Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückzuweisen oder trotz des Fristablaufs in der Sache zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO). Die der Behörde eingeräumte Befugnis zur Sachentscheidung über einen verfristeten Widerspruch finde bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ihre Grenze, da der Dritte nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch die eingetretene Bestandskraft eine gesicherte Rechtsposition erlangt habe, für deren Entzug die §§ 68 ff. VwGO - mit Ausnahme der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - keine Rechtsgrundlage enthielten; vielmehr sei durch die Behörde eine Abänderung von Amts wegen gemäß §§ 48, 49 VwVfG zu prüfen (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO).
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bb) Ob dieser Rechtsprechung insgesamt zu folgen ist, kann offen bleiben. Denn auch, wenn man ihr folgt, fehlt es vorliegend jedenfalls im Bereich des kommunalen Abgabenrechts an einer Sachentscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde.
85 
Ein (wie im Falle der Entscheidung über den verfristeten Widerspruch angenommenes) grundsätzlich freies bzw. offenes Ermessen unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gleichwohl einer Bindung (BVerwG, Urteil vom 05.09.1966 - V C 175.65 - juris Rn. 13). Das freie Ermessen ist sehr weit und ergibt sich aus dem Sinn und Zweck einer Vorschrift (soweit dieser reicht). Grenzen ergeben sich (zudem aus höherrangigem Recht wie beispielsweise) aus Art. 3 GG (BVerwG, aaO). Das freie Ermessen hat sich innerhalb der durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit gezogenen Grenzen zu halten (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 57.91 -NJW 1993, 1667, 1669). Die Begründung der Ermessensausübung ist in der Regel entbehrlich, da hierfür der Ausschluss oder die Begrenzung der Begründungspflicht aus dem Sinn und Zweck der das freie Ermessen einräumenden Vorschrift genügt (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993, aaO).
86 
Unter Berücksichtigung des Vorgesagten sind die - nicht in den §§ 68 ff. VwGO enthaltenen - Vorschriften, welche die (materielle) Bestandskraft und Abänderbarkeit von Verwaltungsakten regeln, in Bezug genommen. Zum einen wird die Widerspruchsbehörde das ihr zustehende - nur grundsätzlich -freie Ermessen, dann ggf. einschränkend auszuüben haben, falls dies durch höherrangige Rechtgrundsätze wie z.B. aus Art. 3 GG oder (in den Fällen von Verwaltungsakten mit Drittwirkung) Gründen des Vertrauensschutzes oder der Rechtssicherheit geboten erscheint. Zum anderen enthalten die §§ 68 ff. VwGO keine Ermächtigung der Widerspruchsbehörde zur Abänderung des angefochtenen Verwaltungsakts, sondern setzen - was die Durchbrechung der Bestandskraft von Verwaltungsakten anbelangt - eine solche Befugnis voraus und lassen damit Raum für die - subsidiäre - Anwendung und Berücksichtigung des jeweiligen Verwaltungsverfahrensrechts. Die Befugnis der Widerspruchsbehörde zur Sachentscheidung steht mithin mit der Befugnis zur Durchbrechung der (materiellen) Bestandskraft des Verwaltungsaktes in wechselseitigem Zusammenhang. In Ergänzung des in §§ 68 ff. VwGO als Sachurteilsvoraussetzung des gerichtlichen Verfahrens (nicht abschließend) geregelten Widerspruchsverfahrens sind die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder heranzuziehen und - subsidiär - anwendbar.
87 
Die danach das Widerspruchsverfahren gemäß § 68 ff. VwGO ergänzenden Regelungen der §§ 172 ff., 367 Abs. 2 AO zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden führen zu einer eingeschränkten Sachherrschaft der Behörde. Die hierbei in § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. §§ 172 ff. AO für die Ausgangsbehörde gesetzgeberisch erfolgte Ausgestaltung der Durchbrechung der (materiellen) Bestandkraft ist auf das Handeln der Widerspruchsbehörde übertragbar, da sich dem Willen des Landesgesetzgebers insoweit eine Schlechterstellung des Widerspruchsführers nicht entnehmen lässt (Senatsurteil vom 30.11.1989, aaO, juris Rn. 20). Die §§ 169 Abs. 1 Satz 1, 172 ff. AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG enthalten für Abgabenbescheide besondere Regelungen. Abgabenbescheide unterliegen danach (gegenüber sonstigen Verwaltungsakten) einer besonderen (erhöhten) Bestandskraft (Senatsurteil vom 15.09.2011 - 2 S 654/11 - juris Rn. 24; ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.07.2012 - 9 S 569/11 - juris Rn. 30).
88 
Die ausdifferenzierten und sonach abschließenden Regelungen zur Durchbrechung der materiellen Bestandkraft von Abgabenbescheiden engen die uneingeschränkte Sachherrschaft der Behörde bei verfristetem Widerspruch in vergleichbarer Weise den Fällen bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ein, in welchen ebenfalls eine eingeschränkte Sachherrschaft mit Blick auf die rechtlichen Wirkungen der Bestandkraft angenommen wird. Denn die Frage der Abänderbarkeit von Verwaltungsakten ist eine Frage des Verwaltungsverfahrensrechts, auf das hierbei (ergänzend) zurückzugreifen ist. Die für Abgabenbescheide einschlägigen, über § 3 KAG anwendbaren Vorschriften der §§ 172 ff. AO regeln die Durchbrechung der Bestandskraft und gelten - wie sich aus § 172 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt („soweit er nicht vorläufig oder unter Vorbehalt ergangen ist“) - nur für materiell bestandskräftige Bescheide, was deren formelle Bestandkraft voraussetzt. Bei verfristetem Widerspruch trifft die Widerspruchsbehörde über die Unanfechtbarkeit und damit formelle Bestandkraft eine Sachentscheidung (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89). Damit könnte die Widerspruchsbehörde über die Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO oder aber bei Ausübung freien Ermessens über die Nichtanwendbarkeit der über § 3 KAG anwendbaren Regelungen der AO, welche - wie z.B. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b AO (vgl. BFH, Beschluss vom 28.02.2007 - II B 33/06 - juris Rn. 4) - einen zulässigen „Widerspruch“ (§ 3 Abs. 4 KAG) voraussetzen, disponieren.
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Durch die §§ 172 ff. AO ist eine Gesamtaufrollung (wie sie durch ein Widerspruchsverfahren bewirkt würde) nicht vorgesehen und lediglich eine sog. Punktberichtigung möglich (Tipke/Kruse, AO/FGO, 140. Lieferung, Vorbemerkungen zu §§ 172-177 Rn. 2). § 173 Abs. 2 AO enthält eine Änderungssperre (Tipke/Kruse, aaO). Bei unzulässigem Widerspruch ist eine Verböserung des angefochtenen Abgabenbescheids ausgeschlossen (BFH, Urteil vom 09.08.2007 - VI R 7 /04 - juris Rn. 18 m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem im Bereich des Abgabenrechts nach § 3 KAG anwendbaren § 367 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Regelung des § 367 Abs. 2 Satz 2 AO ist nach dem oben Gesagten subsidiär zu §§ 68 ff. VwGO anwendbar und daher im Rahmen der Auslegung des § 70 VwGO bei der Bestimmung der Reichweite der (insoweit partiell im Bereich des kommunalen Abgabenrechts einzuschränkenden) Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde zu berücksichtigen. Weitere Einschränkungen ergeben sich durch die ebenfalls subsidiär als verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden anwendbaren Regelungen der §§ 172 ff. AO. Schließlich gebietet die letztlich im öffentlichen Interesse liegende erhöhte Bestandskraft von Abgabenbescheiden (bei der vorgelagerten freien Ermessensentscheidung über die formelle Bestandskraft) eine eingeschränkte Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde hinsichtlich der Bejahung oder Verneinung der formellen Bestandkraft. In Übereinstimmung hiermit hat die Beklagte zu Recht den Widerspruch als verfristet zurückgewiesen.
90 
b) Unabhängig hiervon kann - ohne dass es noch tragend darauf ankommt -der Kläger von der Beklagten jedenfalls nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich einer Sachentscheidung verlangen. Das ergibt sich bereits unmittelbar daraus, dass - wie gezeigt - im kommunalen Abgabenrecht ein Ermessen, sich über die Verfristung hinwegzusetzen, objektiv nicht eingeräumt ist. Darüber hinaus gilt auch für den Fall einer anzunehmenden objektiven Ermessensermächtigung im Sinn der oben dargelegten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch grundsätzlich zuzuerkennen ist, dass hieraus jedenfalls nicht auf ein dieser Sachentscheidungsbefugnis korrelierendes (subjektives) Recht auf ermessenfehlerfreie Entscheidung geschlossen werden kann. Denn zur Herleitung subjektiver Rechte wird nach der insoweit herrschenden, auch für die Herleitung eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung maßgeblichen Schutznormtheorie darauf abgestellt, ob und ggf. welche Interessen die maßgeblichen Rechtsnormen schützen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 52). Nach dem Ansatz der vorgenannten Rechtsprechung ist Schutzzweck der Widerspruchsfrist (vornehmlich) das Interesse der Behörde. Der Widerspruchsbehörde soll es frei stehen (sog. freies Ermessen), sich entweder auf die Fristversäumnis zu berufen oder - ungeachtet der Fristversäumnis - eine Sachentscheidung zu treffen. Die (abgelaufene) Widerspruchsfrist dient jedoch nicht (zumindest auch) den Interessen des Widerspruchsführers, der nur vor Ablauf, jedoch nicht nach Ablauf der Widerspruchsfrist die sog. Sachentscheidungsvoraussetzungen wahrt und damit einhergehend einen Anspruch auf eine Sachentscheidung besitzt. Mithin steht dem Widerspruchsführer (nach Ablauf der Widerspruchsfrist) gerade kein subjektives Recht zu - auch nicht in Gestalt eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Senatsurteil vom 25.06.1987 - 2 S 1960/84 - juris; a.A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris; Urteil vom 21.10.1992 - 6 S 1335/92 - juris Rn. 27; Urteil vom 14. Oktober 1991 - 8 S 623/91 - juris Rn. 26; Urteil vom 26. Oktober 1981 - 5 S 1387/80 - juris). Ein (über das Vorgesagte hinausgehendes) allgemeines subjektives öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung würde sich nicht ohne Weiteres mit der insoweit herrschenden Schutznormtheorie in Einklang bringen lassen.
91 
Ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung wäre im Übrigen mit der Offenheit bzw. Freiheit des insoweit angenommenen Ermessens (s.o.) ebenso unvereinbar wie der insoweit anerkannten Entbehrlichkeit der Begründung der Ermessenausübung (s.o.). Denn ein solcher Anspruch relativierte die Offenheit des Ermessens und wäre angesichts der fehlenden Begründungspflicht (vorbehaltlich von Evidenz) in aller Regel nicht (gerichtlich) überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO) und damit nicht auf Durchsetzbarkeit angelegt.
92 
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO.
93 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
94 
Beschluss vom 10. Dezember 2015
95 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.268,10 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
96 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert,

1.
Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen,
2.
das Grundwasser anzureichern oder
3.
das schädliche Abfließen von Niederschlagswasser sowie das Abschwemmen und den Eintrag von Bodenbestandteilen, Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln in Gewässer zu vermeiden,
kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung Wasserschutzgebiete festsetzen. In der Rechtsverordnung ist die begünstigte Person zu benennen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(2) Trinkwasserschutzgebiete sollen nach Maßgabe der allgemein anerkannten Regeln der Technik in Zonen mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen unterteilt werden.

(1) Dieses Gesetz gilt für folgende Gewässer:

1.
oberirdische Gewässer,
2.
Küstengewässer,
3.
Grundwasser.
Es gilt auch für Teile dieser Gewässer.

(1a) Für Meeresgewässer gelten die Vorschriften des § 23, des Kapitels 2 Abschnitt 3a und des § 90. Die für die Bewirtschaftung der Küstengewässer geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Die Länder können kleine Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung, insbesondere Straßenseitengräben als Bestandteil von Straßen, Be- und Entwässerungsgräben, sowie Heilquellen von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausnehmen. Dies gilt nicht für die Haftung für Gewässerveränderungen nach den §§ 89 und 90.

(1) In der Rechtsverordnung nach § 51 Absatz 1 oder durch behördliche Entscheidung können in Wasserschutzgebieten, soweit der Schutzzweck dies erfordert,

1.
bestimmte Handlungen verboten oder für nur eingeschränkt zulässig erklärt werden,
2.
die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden,
a)
bestimmte auf das Grundstück bezogene Handlungen vorzunehmen, insbesondere die Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen,
b)
Aufzeichnungen über die Bewirtschaftung der Grundstücke anzufertigen, aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen,
c)
bestimmte Maßnahmen zu dulden, insbesondere die Beobachtung des Gewässers und des Bodens, die Überwachung von Schutzbestimmungen, die Errichtung von Zäunen sowie Kennzeichnungen, Bepflanzungen und Aufforstungen,
3.
Begünstigte verpflichtet werden, die nach Nummer 2 Buchstabe c zu duldenden Maßnahmen vorzunehmen.
Die zuständige Behörde kann von Verboten, Beschränkungen sowie Duldungs- und Handlungspflichten nach Satz 1 eine Befreiung erteilen, wenn der Schutzzweck nicht gefährdet wird oder überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Sie hat eine Befreiung zu erteilen, soweit dies zur Vermeidung unzumutbarer Beschränkungen des Eigentums erforderlich ist und hierdurch der Schutzzweck nicht gefährdet wird. Für die Erteilung der Befreiung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn die Befreiung für ein Vorhaben zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen erforderlich ist.

(2) In einem als Wasserschutzgebiet vorgesehenen Gebiet können vorläufige Anordnungen nach Absatz 1 getroffen werden, wenn andernfalls der mit der Festsetzung des Wasserschutzgebiets verfolgte Zweck gefährdet wäre. Die vorläufige Anordnung tritt mit dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach § 51 Absatz 1 außer Kraft, spätestens nach Ablauf von drei Jahren. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Frist um höchstens ein weiteres Jahr verlängert werden. Die vorläufige Anordnung ist vor Ablauf der Frist nach Satz 2 oder Satz 3 außer Kraft zu setzen, sobald und soweit die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind.

(3) Behördliche Entscheidungen nach Absatz 1 können auch außerhalb eines Wasserschutzgebiets getroffen werden, wenn andernfalls der mit der Festsetzung des Wasserschutzgebiets verfolgte Zweck gefährdet wäre.

(4) Soweit eine Anordnung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 2 oder Absatz 3, das Eigentum unzumutbar beschränkt und diese Beschränkung nicht durch eine Befreiung nach Absatz 1 Satz 3 oder andere Maßnahmen vermieden oder ausgeglichen werden kann, ist eine Entschädigung zu leisten.

(5) Setzt eine Anordnung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 2 oder Absatz 3, erhöhte Anforderungen fest, die die ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks einschränken, so ist für die dadurch verursachten wirtschaftlichen Nachteile ein angemessener Ausgleich zu leisten, soweit nicht eine Entschädigungspflicht nach Absatz 4 besteht.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Wasserschutzgebietsverordnung (im Folgenden: WSV) des Landratsamts Emmendingen vom 11.12.2013 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlage „Tiefbrunnen Löhlinschachen“ der im Landkreis Emmendingen gelegenen Gemeinde Bahlingen.
Der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... auf der Gemarkung der südlich der Gemeinde Bahlingen liegenden Gemeinde Eichstetten (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald). Auf der dort eingerichteten Aussiedlerhofstelle betreibt er einen seit 1972 bestehenden inzwischen zertifizierten Betrieb des ökologischen Landbaus. Dieser produziert unter anderem Feldgemüse, das sorgfältig gewaschen werden muss. Das abfließende Schmutzwasser pumpt der Antragsteller in drei in Reihe angeordnete Erdteiche, in denen sich die Grobteile als Schlamm absetzen. Das übrige Wasser wird in einen am Rand seiner Hofstelle verlaufenden Graben eingeleitet, der nur manchmal Wasser führt. Eine wasserrechtliche Gestattung dafür besitzt der Antragsteller nicht. Unmittelbar westlich der Hofstelle des Antragstellers liegt das Grundstück Flst.-Nr. ... und ..., auf dem eine konventionell arbeitende Staudengärtnerei betrieben wird.
Die Gemeinde Bahlingen mit ihren ca. 4.000 Einwohnern gewinnt ihr gesamtes Trinkwasser aus dem östlich ihres Siedlungsbereichs gelegenen Tiefbrunnen Löhlinschachen, der - in seiner heutigen Form - 1971 niedergebracht wurde. Der Brunnen liegt rund 1,5 km in nordnordöstlicher Richtung von der Hofstelle des Antragstellers entfernt. Ein Vorgängerbrunnen existierte seit dem Jahr 1907. Für die Wasserentnahme erteilte das Landratsamt Emmendingen der Gemeinde am 27.11.2013 eine wasserrechtliche Bewilligung, die ihr eine jährliche Entnahmemenge von 340.00 m3 Wasser gestattet. Zum Schutz des Grundwassers im Einzugsgebiet des Tiefbrunnens erließ das Landratsamt am 2.6.1965 eine Wasserschutzgebietsverordnung, deren Geltungsbereich nur einen Kernbereich um den Tiefbrunnen umfasst.
In den 1980er-Jahren beantragte die Gemeinde Bahlingen die Erweiterung des Schutzgebiets unter Einbeziehung auch von Flächen der Gemarkungen Eichstetten und Nimburg. Das Regierungspräsidium Freiburg bestimmte das Landratsamt Emmendingen zur für die Festsetzung zuständigen unteren Wasserbehörde. Das Landratsamt holte ein hydrogeologisches Gutachten des damaligen Geologischen Landesamts (GLA) vom 14.3.1991 ein. In diesem Gutachten schlug das GLA eine Erweiterung des Schutzgebiets dergestalt vor, dass der künftige Westrand der Weiteren Schutzzone (Zone III) die Hofstelle des Antragstellers einschließen, ihr Ostrand bis an den westlichen Ortsrand der Gemeinde Nimburg reichen und ihr Südrand an den nördlichen Ortsrand der Gemeinde Eichstetten sowie das dort verlaufende Schutzgebiet für den Eichstetter Brunnen anschließen sollte.
Zu einer Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auf Grund dieses Vorschlags kam es in der Folgezeit jedoch nicht. Stattdessen beauftragte das Landratsamt Emmendingen am 6.10.2006 das nunmehrige Landesamt für Rohstoffe, Geologie und Bergbau (LGRB), das Wasservorkommen erneut zu überprüfen und das Gebiet zu seinem Schutz fachlich abzugrenzen. Nach umfangreichen Voruntersuchungen erstellte das LGRB ein hydrogeologisches Abschlussgutachten vom 13.8.2009. Es schlägt den identischen Verlauf des Westrands der künftigen Zone III wie das Gutachten von 1991 vor, d.h. also u.a. einen Verlauf zwischen der Hofstelle des Antragstellers und der Staudengärtnerei. Auf Seite 26 f. wird zur Begründung des nunmehrigen Abgrenzungsvorschlags zusammenfassend ausgeführt:
„Die Auswertung der Wasserstände in zahlreichen Grundwasseraufschlüssen (insbes. der mittlerweile vorhandenen Vielzahl an Brunnen für Grundwasserwärmepumpenanlagen) hat gezeigt, dass der Tief-brunnen auf der östlichen Flanke einer hoch durchlässigen Rinnenstruktur liegt. Diese Rinnenstruktur bedingt kleinräumige Variationen bei der Grundwasserfließrichtung.
Der Pumpversuch im Tiefbrunnen Bahlingen im Februar 2007 hat die vorhandenen Kenntnisse zur Grundwasserhydraulik im näheren Brunnenumfeld bestätigt. Aufgrund der hohen effektiven Grundwasserfließgeschwindigkeit von 6 m/d hat der Brunnen nur einen relativ schmalen Zustrombereich, der sich als Folge von Vermischungsprozessen mit zunehmender Entfernung vom Tiefbrunnen aber aufweitet …
Das Wasserschutzgebiet wurde in die üblichen drei Zonen gegliedert. Die im Hinblick auf den Grundwasserschutz hoch sensible Engere Schutzzone hat bei der neu beantragten Entnahmemenge (Qd = 15 l/s) einen Abstand zum Tiefbrunnen von 360 m. Durch Abgrenzung der Weiteren Schutzzone soll ein Schutz vor dem Eintrag schwer abbaubarer Schadstoffe geschaffen werden; sie soll alle Zustromkomponenten zum Tiefbrunnen abdecken. Der Hauptzustrom ist etwa aus südlicher Richtung und kann entfernungsabhängig bis 2 km Entfernung vom Tiefbrunnen in eine Zone III A und weiter südlich in eine Zone III B untergliedert werden. Die berechnete unterstromige Reichweite des Tiefbrunnens ist mit zirka 20 m vergleichsweise klein …
Die im Hinblick auf den Trinkwasserschutz sensibelsten Bereiche des Einzugsgebietes sind die Engere Schutzzone (relativ hohe Grundwasserfließgeschwindigkeit, direkter Bezug von oberflächennahem Grundwasser durch den Tiefbrunnen) und der Bereich „Riedlehau" in der Weiteren Schutzzone III A, da hier eine vergleichsweise hohe Grundwasserneubildung aus den Niederschlägen erfolgt. Pflanzenschutzmittel, deren Abbauprodukte und weitere Agrochemikalien können in diesem überwiegend mit Sonderkulturen bestandenen Gebiet bevorzugt aus den Böden ausgewaschen und ins Grundwasser eingetragen werden. Die weiter entfernten Teile des Einzugsgebietes sind weniger sensibel für den Trinkwasserschutz, zumal ein Teil des oberflächennahen Grundwassers über Drainagegräben beschleunigt in die Vorfluter geleitet wird.
10 
Durch die aktuellen Untersuchungen wurde das im Jahr 1991 abgegrenzte Wasserschutzgebiet im Wesentlichen bestätigt. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass das Schutzgebiet im Osten etwas verkleinert werden kann, da von hier kein Zustrom zum Brunnen mehr erfolgt.
11 
Es ist darauf hinzuweisen, dass das tatsächliche Brunneneinzugsgebiet noch weiter nach Süden und Südsüdwesten reicht und auch die Ortslage von Eichstetten und den Großteil der Freiburger Bucht beinhaltet. Diese Gebiete werden aufgrund langer Fließzeiten der Grundwässer und der Verhältnismäßigkeit nicht in das Wasserschutzgebiet mit einbezogen. Der Abgrenzungsvorschlag entspricht somit einer Mindestausdehnung für das Wasserschutzgebiet.“
12 
Am 20.10.2010 beantragte die Gemeinde Bahlingen beim Landratsamt Emmendingen erneut die Festsetzung eines erweiterten Gebiets zum Schutz des Grundwasservorkommens im Einzugsbereich des Tiefbrunnens. Beigefügt war dem Antrag u.a. das hydrogeologische Abschlussgutachten des LGRB vom 13.8.2009.
13 
Das Landratsamt Emmendingen gab den betroffenen Gemeinden Bahlingen, Eichstetten und Teningen sowie den Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Entwurf der Rechtsverordnung sowie die dazugehörenden Pläne lagen im Landratsamt Emmendingen sowie in den drei betroffenen Gemeinden vom 13.12.2010 bis 14.1.2011 zur Einsicht aus. Ort und Zeit der Auslegung wurden in den Amtsblättern der Gemeinden amtlich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Bedenken und Anregungen bis zum 14.1.2011 erhoben werden können.
14 
Mit Schreiben vom 23.12.2010 erhob der Antragsteller umfangreiche Einwendungen gegen den Entwurf. Auch einige Träger öffentlicher Belange brachten Einwendungen vor. Im Blick auf die eingegangenen Einwendungen holte das Landratsamt eine ergänzende Stellungnahme des LGRB ein. In dieser (undatierten) Stellungnahme führte das LGRB u.a. aus, die vorgeschlagene Schutzgebietsgrenze sei eine Mindestabgrenzung des Einzugsgebiets in westlicher Richtung. Die in den Schutzzonen zulässige landwirtschaftliche Nutzung sei im Verordnungstext zu regeln, das flächige Versickern von Möhrenwaschwasser sei dabei aber kein Problem.
15 
Das Landratsamt erließ am 11.12.2013 die Verordnung zum Schutz des Grundwassers im Einzugsgebiet des Tiefbrunnens. Sie wurde in den Amtsblättern der drei betroffenen Gemeinden am 18.12. bzw. 20.12.2013 bekannt gemacht. Nach § 1 Abs. 2 WSV gliedert sich das Wasserschutzgebiet in vier Zonen. Es erstreckt sich über eine Länge von rund 3 km von Nord nach Süd und hat eine Breite im Bereich der Zone III von rund 1,2 km. Auf Höhe der Hofstelle des Antragstellers reicht der Westrand der Zone III bis auf 200 m an den Allmendgraben/Weyergraben heran, der Ostrand bis auf 300 m an den westlichen Ortsrand des Ortsteils Nimburg der Gemeinde Teningen.
16 
Für den Fassungsbereich (Schutzzone I) enthält sie ein weitgehendes Betretungsverbot. Bezüglich der engeren Schutzzone (Zone II) spricht die Verordnung umfängliche Verbote aus. In den beiden weiteren Schutzzonen (Zonen III A und III B) gelten diese Verbote nur mit bestimmten Einschränkungen. Die Hofstelle des Antragstellers liegt nach der Abgrenzungskarte vom 3.12.2013 am äußersten westlichen Rand in der weiteren Schutzzone III B. Dort gilt nach § 6 Nr. 10 WSV u.a.: „Versickern und Versenken von Abwasser verboten, ausgenommen sind das Versickern von Niederschlagswasser von Dachflächen sowie von sonstigem unschädlichen Abwasser z.B. Gemüsewaschwasser, wenn eine Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist“. § 8 Nr. 1 WSV bestimmt, dass in der weiteren Schutzzone „Maßnahmen, die eine wesentliche Verminderung der Grundwasserneubildung oder des nutzbaren Dargebots zur Folge haben sowie Erschließen von Grundwasser“ verboten sind, „ausgenommen das Erschließen von Grundwasser für landwirtschaftliche Beregnungsbrunnen im oberen Grundwasseraquifer, wenn die Beregnung gemeinschaftlich organisiert ist (z.B. im Rahmen eines Beregnungsverbands,) und eine qualitative oder wesentliche quantitative Verschlechterung des Grundwassers für die öffentliche Wasserversorgung nicht zu besorgen ist.“
17 
Der Antragsteller hat am 27.1.2014 das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung seines Antrags trägt er im Wesentlichen vor, die westliche Abgrenzung der Zone III des Schutzgebiets im Bereich seiner Hofstelle sei rechtswidrig erfolgt und damit die Gebietsfestsetzung jedenfalls insoweit unwirksam. Denn das Grundwasservorkommen unter seiner Hofstelle sei schon nicht schutzbedürftig, weil es von seiner Hofstelle aus nicht in nordöstlicher Richtung auf den Tiefbrunnen zufließe, sondern in nordwestlicher Richtung um das Einzugsgebiet des Brunnens herumgeleitet werde. Das zeigten nicht nur seine eigenen Beobachtungen, sondern auch Kartenmaterial zum hydrogeologischen Abschlussgutachten. Die Karte - Grundwassergleichenplan Bahlingen - lasse erkennen, dass der Pegel „OW 9“, der ganz in der Nähe seiner Hofstelle liege, tiefer gelegen sei, als der Pegel der nordöstlich in Richtung zum Tiefbrunnen gelegenen Grundwassermessstelle „BR 319“. Daraus folge, dass das Wasser von seiner Hofstelle nicht in Richtung zum Tiefbrunnen fließen könne, sondern in nordwestlicher Richtung abfließen müsse. Das belegten auch sichtbare Abflüsse im Augraben, der bei Pegel OW 9 verlaufe, nach Regenfällen in den letzten Tagen. Weiter lasse sich der Karte - Thermohydraulisches Modell Bahlingen, Verteilung der Durchlässigkeiten - entnehmen, dass seine Hofstelle in der Zone höchster Durchlässigkeit liege. Diese Zone setze sich genau nordwärts fort und führe damit an der Zone, in der der Tiefbrunnen liege, vorbei. Der Tiefbrunnen liege in einer Zone etwas geringerer Durchlässigkeit. Es sei nicht plausibel, dass der unter seinem Grundstück durchfließende Grundwasserstrom die Zone höchster Durchlässigkeit verlasse und teilweise auf den Brunnen zuströme. Dem entspreche, dass die Karte - Thermohydraulisches Modell Bahlingen, Lage des Einzugsgebiets für den Stichtag August 2007 mit Berücksichtigung Dispersion - ein Einzugsgebiet des Brunnens verzeichne, dessen westlicher Rand knapp östlich und nicht knapp westlich seiner Hofstelle verlaufe.
18 
Selbst wenn das anders zu sehen sein sollte, sei der Verlauf der Westgrenze der Zone III im Bereich zwischen seiner Hofstelle und der Staudengärtnerei jedenfalls wissenschaftlich nicht begründbar. Das erste Gutachten des damaligen GLA vom 14.3.1991 sei von einer Breite der Entnahmeparabel von nur 39 Metern ausgegangen. In diesem Fall hätte das Schutzgebiet allerdings über 20 km lang werden müssen. Da dies unpraktikabel erschienen sei, habe man die Schutzzone III nach anderen Kriterien abgegrenzt und sei dann bei einer Länge von nur 3 km zu einer gegriffenen Breite gekommen. Das belege, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Abgrenzungslinie im Westen nicht um eine naturwissenschaftlich zwingende „Mindestabgrenzung“ handeln könne. Die von ihm alternativ vorgeschlagene Abgrenzung mit einem Bogen um seine Hofstelle lasse sich wissenschaftlich genauso gut begründen. Zudem sei die Unschärfe der vom LGRB gewählten westlichen Abgrenzungslinie zu hoch, denn es spreche auch Vieles dafür, dass sie noch weiter westlich in Richtung auf den Allmendgraben/Weyergraben gezogen werden müsse.
19 
Der Vorschlag zur Abgrenzung der Zone III nach Westen sei jedenfalls in mehrfacher Hinsicht willkürlich. Denn zum einen sei die jenseits eines Feldwegs gelegene konventionell betriebene Staudengärtnerei nicht mehr in das Schutzgebiet einbezogen worden und dürfe daher auf den dortigen Flächen Herbizide, Fungizide und Pestizide ausbringen. Sein ökologisch zertifizierter Betrieb sei dagegen in das Schutzgebiet einbezogen worden. Die Karte - Auswertung der Grundwasserbeschaffenheit (Karbonathärte) - belege, dass dem Tiefbrunnen vor allem Wasser aus dem Osten entlang der Dreisam zufließe. Zum selben Ergebnis komme man bei der Betrachtung der Karte - Auswertung des Sauerstoff-18-Gehalts -. Erhalte der Tiefbrunnen somit einen Großteil seines Wassers aus östlicher Richtung, sei es besonders willkürlich, in dieser Himmelsrichtung große Flächen jenseits der Dreisam Richtung Nimburg, die noch im Vorschlag von 1991 in das Schutzgebiet einbezogen gewesen seien, nun nicht mehr in das Schutzgebiet einzubeziehen, dafür aber seine am westlichen Rand des Einzugsgebiets gelegene Hofstelle. Noch im Jahr 2004 habe das LGRB dem Landratsamt geschrieben, unter bestimmten Umständen könne auch der Westrand der Zone III gerade im Bereich um seine Hofstelle zurückverlegt werden. Es sei willkürlich, diese Möglichkeit nun zu verneinen. Soweit sich der Antragsgegner zum Beleg des Gegenteils maßgeblich auf ein Gutachten der ... GmbH vom 10.12.2007 berufe, sei dieses schon deswegen unbrauchbar, weil es ausführe, dass ausgerechnet die in der Nähe seiner Hofstelle liegende Messstelle B2/86 funktionsunfähig gewesen sei. Daher habe man aus diesem Gutachten gerade über den Bereich um seine Hofstelle keine brauchbaren Erkenntnisse gewinnen können.
20 
Die Verordnung führe zudem zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in seinen ausgeübten landwirtschaftlichen Betrieb. Dies zeige ein Gespräch mit einem Mitarbeiter der für seinen Betrieb zuständigen unteren Wasserbehörde des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald, bei dem dieser angekündigt habe, dass nach dem Inkrafttreten der Verordnung Gemüsewaschwasser künftig aus dem Geltungsbereich des Wasserschutzgebiets herausgeleitet werden müsse.
21 
Schließlich seien § 6 Nr. 10 und § 8 Nr. 1 WSV auf Grund ihrer Unbestimmtheit unwirksam. Denn der jeweilige Grundeigentümer könne wegen der vielen unbestimmten Rechtsbegriffe nicht mehr einschätzen, was er auf seinem Grundstück noch tun dürfe oder bereits zu unterlassen habe.
22 
Der Antragsteller beantragt,
23 
die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts Emmendingen zum Schutz des Grundwassers im Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlage „Tiefbrunnen Löhlinschachen“ der Gemeinde Bahlingen für die öffentliche Wasserversorgung vom 11.12.2013 mit Ausnahme ihres § 11 für unwirksam zu erklären.
24 
Der Antragsgegner beantragt,
25 
den Antrag abzuweisen.
26 
Er erwidert, die Abgrenzung der Zone III des Wasserschutzgebiets nach Westen durch das LGRB sei nach Durchführung eines umfangreichen Untersuchungsprogrammes erfolgt und werde im hydrogeologischen Abschlussgutachten vom 13.8.2009 eingehend begründet. Daraus gehe hervor, dass die gezogene Grenzlinie der Zone III als Mindestbegrenzung des Einzugsgebiets zu sehen sei. Schon deswegen könne von einer willkürlichen Behandlung des Antragstellers keine Rede sein.
27 
Es treffe nicht zu, dass kein Grundwasser aus dem Bereich der Hofstelle in den Einzugsbereich des Tiefbrunnens gelange. Zwar fließe oberflächennahes Grundwasser über Drainagegräben und Vorfluter am Einzugsbereich des Brunnens vorbei. Doch die Grundwassermächtigkeit betrage in diesem Bereich etwa 12 m. Daher könne tieferes Grundwasser die Drainagegräben und Vorfluter in Richtung zum Tiefbrunnen unterströmen. Die im Jahr 2004 noch als offen bezeichnete Vermutung, dass es im Bereich um die Hofstelle des Antragstellers eine unterirdische Schwelle gebe, die den Grundwasserabfluss in Richtung auf den Brunnen vollständig verhindere, habe sich bei den Untersuchungen 2007 nicht bestätigt. Etwas anderes könne auch nicht aus den beiden vom Antragsteller erwähnten Karten zu Ergebnissen des thermohydraulischen Modells geschlossen werden. Wie schon die Bezeichnung der beiden Karten erkennen lasse, handele es sich dabei um die Darstellung theoretischer Modellrechnungen, überdies in einem Fall zu einem einzigen Stichtag.
28 
Die Verkleinerung der Zone III an ihrem Ostrand bei Nimburg sei nicht willkürlich. Denn zwischen dem Abgrenzungsvorschlag des GLA 1991 und jenem des LGRB 2009 hätten sich die Erkenntnisse geändert, insbesondere zur Mächtigkeit des Grundwasserzustroms zum Brunnen aus einem tiefen Bereich und zur Ergiebigkeit des Grundwasserstroms parallel zum Dreisamkanal. Beides führe dazu, dass aus dem Gebiet östlich des Kanals erheblich weniger Grundwasser in das Brunneneinzugsgebiet fließe als 1991 vermutet, so dass die schutzbedürftige Fläche östlich des Kanals erheblich habe verkleinert werden können.
29 
Der Antragsteller verkenne, dass er schon derzeit für den Umgang mit seinem Gemüsewaschabwasser einer wasserrechtlichen Gestattung bedürfe. Ob sich durch die Festsetzung des Schutzgebiets in dieser Hinsicht überhaupt etwas ändere, erscheine als offen.
30 
Die Regelung der Verordnung seien ausreichend bestimmt. Eine Rechtsverordnung enthalte abstrakt-generelle Regelungen und könne daher Einzelfälle nicht dergestalt bestimmt regeln wie ein Verwaltungsakt. Auf nachteilige Veränderungen des Grundwasser oder anderer Gewässer stellten zudem auch verschiedene gesetzliche Bestimmungen, wie § 5 WHG oder § 46 WHG, ab.
31 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Gutachter Dr. ... des LGRB informatorisch angehört.
32 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Verwaltungsakten sowie die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
33 
Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist zulässig (A.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (B.).
A.
34 
Der fristgerecht erhobene Antrag des Antragstellers gegen die Wasserschutzgebietsverordnung des Antragsgegners ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO) und auch im Übrigen zulässig. Dem Antragsteller steht insbesondere die erforderliche Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) zur Seite. Denn er ist Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich der Verordnung, die Inhalt und Schranken seiner Eigentümerbefugnisse unmittelbar und rechtssatzmäßig bestimmt und ausgestaltet (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG; vgl. BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93; Urt. des Senats v. 7.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Auch fehlt dem Antragsteller nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Inkrafttreten der Verordnung für seinen landwirtschaftlichen Betrieb eine zusätzliche Belastung bewirkt. Das gilt ungeachtet dessen, dass der Antragsteller mit gewisser Wahrscheinlichkeit auch ohne die Schutzgebietsverordnung mit einem Eingreifen der zuständigen unteren Wasserbehörde rechnen muss, da er Gewässer ohne Gestattung benutzt (vgl. dazu nachfolgend B II.5). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es bei Ausübung des der unteren Wasserbehörde nach § 100 Abs. 1 WHG eröffneten Eingriffsermessens ins Gewicht fallen kann, ob das Grundstück, auf dem eine ohne Gestattung erfolgende Gewässerbenutzung stattfindet, innerhalb oder außerhalb eines Wasserschutzgebiets liegt.
B.
35 
Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Verordnung des Antragsgegners leidet weder an formellen (I.) noch an materiellrechtlichen Mängeln (II.).
I.
36 
Formelle Mängel der Verordnung sind weder gerügt noch sonst für den Senat erkennbar. Insbesondere war das Landratsamt Emmendingen für den Erlass der Verordnung zuständig, obwohl sich ihr räumlicher Geltungsbereich auch auf Grundstücke erstreckt, die zum Zuständigkeitsbereich des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald gehören. Denn das Regierungspräsidium Freiburg hat durch Bescheid vom 7.12.1992 gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 WG a.F. das Landratsamt Emmendingen zu der für den Erlass der Wasserschutzgebietsverordnung zuständigen Behörde bestimmt.
II.
37 
Die angefochtene Verordnung leidet auch nicht an materiell-rechtlichen Mängeln. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG n.F. i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG n.F.) können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG). In den solchermaßen festgesetzten Wasserschutzgebieten können gemäß § 52 Abs. 1 WHG bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden oder die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen. Von dieser Ermächtigung hat das Landratsamt mit dem Erlass der angefochtenen Verordnung in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.
38 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers dann, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93; Urt. des Senats vom 24.3.2014 - 3 S 280/10 - juris; Urt. v. 7.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 -juris; Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 51 Rn. 19; Kibele, ZfW 2012, 177, 179). Nach diesen Maßgaben dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Gemeinde Bahlingen und damit dem Wohl der Allgemeinheit (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit die Erweiterung des bisher festgesetzten Wasserschutzgebiets, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), sachlich schutzbedürftig (3.) und im konkret festgesetzten Umfang auch räumlich schutzbedürftig (4.) sowie ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (5.). Zudem leidet die Verordnung zum Schutz des Grundwasservorkommens auch nicht an mangelnder Bestimmtheit (6.).
39 
1. Das im Tiefbrunnen Löhnlinschachen geförderte Grundwasser dient der öffentlichen Wasserversorgung der Bevölkerung Bahlingens. Dies zeigt bereits die der Gemeinde seit geraumer Zeit erteilte wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser, deren Entnahmemenge mehrfach erhöht worden ist. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
40 
2. Das im Einzugsgebiet des Tiefbrunnens vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig. Das ist immer dann der Fall, wenn das konkrete Wasservorkommen nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.). Das belegen Analysen des aus dem Tiefbrunnen gewonnenen Wassers der ... Labor GmbH aus den Jahren 2009 und 2010.
41 
3. In sachlicher Hinsicht ist ein Grundwasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung oder - wie hier - ohne die Erweiterung eines bestehenden Schutzgebiets eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne die zusätzlichen Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (BVerwG, Beschl. v. 20.1.2015 - 7 BN 2.14 - juris; VGH Bad.-Württ., Urte. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.). Davon ist angesichts der Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen. Der Nachweis eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts ist dafür nicht notwendig. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist vielmehr bereits dann erforderlich i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 51 Rn. 18). Dem Antragsgegner geht es im Übrigen nicht nur um eine solche Risikovermeidung, sondern auch um die Bekämpfung einer bereits eingetretenen Gefährdung. Denn Untersuchungen der Gesundheitsbehörde während des Betriebs des Tiefbrunnens mit dem bisherigen kleinräumigen Schutzgebiet haben Abbauprodukte (Metabolite) von Pflanzenschutzmitteln oberhalb geltender Grenzwerte nachgewiesen (hydrogeologischer Abschlussbericht des LGRB vom 13.8.2009, S. 16).
42 
4. Das Grundwasservorkommen ist in seinem konkret festgesetzten Umfang auch räumlich schutzbedürftig.
43 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Trinkwassergewinnungsanlage liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 51 Abs. 1 WHG ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93; Urte. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.). Gleiches gilt für die Abgrenzung der jeweiligen Schutzzonen.
44 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten nach wasserwirtschaftlichen und hydrogeologischen Erkenntnissen untersuchen. Einen auf diese Weise wissenschaftlich erarbeiteten Abgrenzungsvorschlag (Schritt 1) hat der Normgeber in eine konkrete Festsetzung der Grenzziehung umzusetzen (Schritt 2). Bei dieser Umsetzung bietet es sich im Interesse der Normklarheit und der Praktikabilität an, die Grenzziehung entlang natürlich wahrnehmbarer, insbesondere topografischer Merkmale, vorzunehmen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014,93; Cyzchowski/Reinhardt, a.a.O., § 51 Rn. 43; DVGW Arbeitsblatt W 101, Stand Juni 2006, Nr. 5: „markante Geländestrukturen“).
45 
Diesen Maßgaben genügt die vom Landratsamt gewählte räumliche Abgrenzung des erweiterten Schutzgebiets, auch seiner Zone III an ihrem Westrand. Denn das Landratsamt hat sich für die erfolgte Grenzziehung auf den Abgrenzungsvorschlag im hydrogeologischen Abschlussgutachten des LGRB vom 13.8.2009 gestützt. Diesem lagen umfangreiche Vorarbeiten zugrunde (a). Durchgreifende Einwände gegen seine Methodik und sein Ergebnis sind weder vom Antragsteller aufgezeigt noch sonst für den Senat erkennbar (b), so dass die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht geboten war. Einwände, welche die Umsetzung des Abgrenzungsvorschlags durch das Landratsamt betreffen, hat der Antragsteller nicht erhoben.
46 
a) Das LGRB konnte seinen Abgrenzungsvorschlag vom 13.8.2009 auf ungewöhnlich umfangreiche, einen langen Zeitraum umfassende Untersuchungen stützen. Neben einer Diplomarbeit aus dem Jahr 1988 lagen dem LGRB ein erstes Gutachten des damaligen GLA aus dem Jahr 1991 sowie Erkenntnisse aus dem Bau einer Gasleitung im Jahr 2001 vor. In den Jahren 2006 bis 2008 hat es weitere Untersuchungen vornehmen lassen, wie die Erfassung aller Grundwasseraufschlüsse, drei Stichtagsmessungen der Grundwasserstände, Pumpversuche und Übersichtsbeprobungen. Zudem hat es ein thermohydraulisches Grundwassermodell erstellen lassen. Diese Vorarbeiten bilden die Basis für das hydrogeologische Abschlussgutachten vom 13.8.2009.
47 
b) Die vom Antragsteller erhobenen Einwendungen gegen Methodik und Ergebnis des Abschlussgutachtens, die sämtlich die Ziehung der Westgrenze der Schutzzone III betreffen, greifen nicht durch.
48 
Die genauen Grenzen eines Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen lassen sich selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse regelmäßig nur annähernd umreißen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund sowie die Variabilität von Strömungen und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Die Wasserrechtsbehörde darf sich deshalb bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügen (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - ZfW 2007, 99; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93; Urt. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Kibele, ZfW 2012, 177, 182). Der Abgrenzungsvorschlag für den westlichen Rand der Schutzzone III des erweiterten Wasserschutzgebiets beruht auf solchen wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen.
49 
Nach Nr. 4.4.1 des DVGW-Arbeitsblatts W 101, Stand Juni 2006, das als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ oder als Zusammenfassung „allgemein anerkannter Regeln der Technik“ (§ 52 Abs. 1 Satz 2 WHG) herangezogen werden kann, reicht die Zone III eines Wasserschutzgebiets in der Regel bis zur Grenze des unterirdischen Einzugsgebiets der Wassergewinnungsanlage, d.h. also bis zur unterirdischen Wasserscheide (vgl. Bild 2, Seite 10 des Arbeitsblatts). Bei der Einbeziehung von Grundstücken jenseits einer (eindeutigen) unterirdischen Wasserscheide wird es in der Regel insoweit an der räumlichen Schutzbedürftigkeit fehlen. Umgekehrt kann bei der fehlerhaft unterbliebenen Einbeziehung von Grundstücken diesseits einer unterirdischen Wasserscheide die Eignung des (gesamten) Wasserschutzgebiets für den verfolgten Zweck infrage stehen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93). Weder das eine noch das andere ist am Westrand der Zone III des erweiterten Wasserschutzgebiets der Fall.
50 
aa) Zu Unrecht behauptet der Antragstellers die fehlende räumliche Schutzbedürftigkeit des Grundwasservorkommens unter seiner Hofstelle auf Grund dessen weiterer Fließrichtung am Einzugsgebiet des Tiefbrunnens vorbei.
51 
Diese Behauptung stützt der Antragsteller im Wesentlichen auf drei Argumente: Zwei in der Karte - Grundwassergleichenplan Bahlingen - (Anlage 6/2 zum hydrogeologischen Abschlussgutachten) verzeichnete Messwerte belegten, dass der Pegel „OW 9“ ganz in der Nähe seiner Hofstelle tiefer gelegen sei als der Pegel der nordöstlich in Richtung zum Tiefbrunnen gelegenen Grundwassermessstelle „BR 319“. Also könne das Wasser von der Hofstelle nicht in Richtung zum Tiefbrunnen gelangen, sondern müsse in nord-nordwestlicher Richtung am Einzugsbereich des Brunnens vorbeifließen. Weiter lasse sich der Karte - Thermohydraulisches Modell Bahlingen, Verteilung der Durchlässigkeiten - (Anlage 11 zum Gutachten) entnehmen, dass seine Hofstelle in der Zone höchster Durchlässigkeit liege. Diese Zone setze sich genau nordwärts fort und führe damit an der Zone, in der der Tiefbrunnen liege, vorbei. Dort bestehe eine geringere Durchlässigkeit. Es sei nicht plausibel, dass der unter seinem Grundstück durchfließende Grundwasserstrom die Zone höchster Durchlässigkeit verlasse, um teilweise auf den Brunnen zuzuströmen. Dem entspreche auch die Erkenntnis aus der Karte - Thermohydraulisches Modell Bahlingen, Lage des Einzugsgebiets für den Stichtag August 2007 mit Berücksichtigung Dispersion - (Anlage 13 zum Gutachten), wonach der westliche Rand des in dieser Karte eingezeichneten Einzugsgebiets des Brunnens knapp östlich und eben nicht knapp westlich seiner Hofstelle verlaufe.
52 
Aus diesen Umständen kann jedoch nicht geschlossen werden, dass kein Grundwasser aus dem Bereich der Hofstelle des Antragstellers in das Einzugsgebiet des Tiefbrunnens einfließt. Der Grundwassergleichenplan gibt zwar Messwerte zu einem bestimmten Stichtag wieder, die darauf schließen lassen, dass oberflächennahes Grundwasser aus dem Bereich der Hofstelle des Antragstellers durch Drainagegräben und Vorfluter am Einzugsbereich des Tiefbrunnens vorbeigeführt wird. Die zugrundeliegenden Messstellen sind jedoch oberflächennah angebracht (Abschlussgutachten, S. 15 sowie Anhang 17) und daher nicht geeignet, die Strömungsrichtung tieferer Grundwasserschichten aufzuzeigen. Untersuchungen des Mineralisierungsgrads des in das Umfeld des Brunnens einfließenden Grundwassers lassen dagegen den Schluss zu, dass Grundwasser aus dem Bereich um die Hofstelle auch unter den Drainagegräben und den Vorflutern, wie dem Mühlkanal, hindurchfließt und damit in das nähere Einzugsgebiets des Brunnens gelangt (vgl. Gutachten der ... GmbH v. 10.12.2007, S. 4, 8, 14).
53 
Diese Möglichkeit einer Unterströmung ist plausibel dargelegt. Von dieser Möglichkeit einer Unterströmung von Oberflächengewässern durch Grundwasser geht - an anderer Stelle, nämlich hinsichtlich des Dreisamkanals (vgl. dazu nachfolgend dd (2)) - auch der Antragsteller aus. Gegen die Schlüssigkeit des Gutachtens der ... GmbH vom 10.12.2007 wendet er im Wesentlichen ein, das Gutachten selbst lege offen, der Messpunkt 2/86 habe wegen seiner Beschädigung nicht untersucht werden können. Das sei ausgerechnet der Messpunkt in der Nähe seiner Hofstelle, so dass die dortigen Verhältnisse gerade unaufgeklärt geblieben seien. Diese räumliche Verortung des genannten Messpunkts durch den Antragsteller ist jedoch fehlerhaft. Wie sich den Karten des Abschlussgutachtens des LGRB entnehmen lässt, liegt der Messpunkt 2 in einer Entfernung von etwa 1 km zur Hofstelle des Antragstellers nahe am Dreisamkanal und damit noch nicht einmal in einem Sektor zwischen Hofstelle und Brunnen. Der in dem Gutachten der ... GmbH beschriebene Defekt an der Grundwassermessstelle 2/86 wird dementsprechend in dem Gutachten auch nur mit der Beurteilung des südöstlichen Einzugsgebiets des Tiefbrunnens Bahlingens in Verbindung gebracht.
54 
Auch die beiden Karten zu Ergebnissen des errechneten thermohydraulischen Modelles hinsichtlich Durchlässigkeit und Dispersion haben nicht das erforderliche Gewicht, diese auf reale Messungen beruhenden Erkenntnisse über die Unterströmung der Drainagegräben und Vorfluter in Frage zu stellen. So hat der in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehörte Gutachter ... dazu ausgeführt, dass die Karte des thermohydraulischen Modells zu den Durchlässigkeiten auf einer Interpolation der Werte weniger Messpunkte in Entfernung von mehr als 1 km zur Hofstelle des Antragstellers beruhe und damit für den Bereich der Hofstelle keine präzise Erkenntnisse liefern könne. Ebenso wenig sind alltägliche Beobachtungen des Antragstellers an der Geländeoberfläche geeignet, das Strömungsverhalten tiefer Grundwasserschichten zu belegen.
55 
bb) Entgegen der Ansicht des Antragstellers basiert der Vorschlag des LGRB zur Abgrenzung der Zone III nach Westen hin nicht auf einer nur „hypothetischen Parabel“.
56 
Das hydrogeologische Abschlussgutachten des LGRB vom 13.8.2009 betont zwar auf Seite 28, „dass das tatsächliche Brunneneinzugsgebiet noch weiter nach Süden und Südsüdwesten reicht“ als vom Abgrenzungsvorschlag eingegrenzt. Das gilt aber gerade nicht für die - allein zwischen den Beteiligten im Streit befindliche - Abgrenzung nach Westen. Die dort vorgeschlagene Grenzziehung orientiert sich nicht an einem „hypothetischen“ Ersatzkriterium zur Begrenzung der Zone III, sondern am originären Kriterium des DVGW-Arbeitsblatts W 101. Nach seiner Nr. 4.4.1 reicht die Zone III eines Wasserschutzgebiets in der Regel bis zur Grenze des unterirdischen Einzugsgebiets der Wassergewinnungsanlage, d.h. also regelmäßig bis zur unterirdischen Wasserscheide (vgl. Bild 2, Seite 10 des Arbeitsblatts). Wie der Gutachter ...... in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt hat, befindet sich zwischen dem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Feldweg, der die Hofstelle des Antragstellers von der Staudengärtnerei trennt, und dem rund 200 m westlich verlaufenden Allmendgraben/Weyergraben eine solche unterirdische Wasserscheide. Denn durch Untersuchungen der Karbonathärte und des Sauerstoff-18-Gehalts des Grundwassers an den zahlreichen Messstellen lässt sich hinreichend rückschließen, dass Grundwasser aus den noch weiter westlich gelegenen Kaiserstuhlhängen nicht in die Ostrheinrinne einfließt, sondern durch den Allmendgraben/Weyergraben und entlang diesem nach Norden abgeführt wird (vgl. insbesondere die Karten in Anlagen 7 und 8 zum Abschlussgutachten). Da die Ostrheinrinne am Fuß des Kaiserstuhls und somit an diesem Graben erst beginnt, bedingt das, dass Grundwasser aus einen kleinen östlich von diesem Graben liegenden Streifen ebenfalls in diesen und entlang dieses Grabens entwässert. Dann folgt die unterirdische Wasserscheide, an deren anderer Seite das Grundwasser teilweise in die Gräben auf der Ostseite der Hofstelle des Antragstellers und teilweise unter diesen hindurch in das Einzugsgebiet des Brunnens fließt.
57 
cc) Der Umstand, dass das LGRB den Westrand seines Abgrenzungsvorschlags für die Zone III nicht weiter nach Westen gelegt hat, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Abgrenzungsvorschlags.
58 
Zwar kann auch die fehlerhaft unterbliebene Einbeziehung von Grundstücken diesseits einer unterirdischen Wasserscheide die Eignung des (gesamten) Wasserschutzgebiets für den verfolgten Zweck in Frage stellen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93). Nach dem oben Ausgeführten spricht Vieles dafür, dass die unterirdische Wasserscheide etwas weiter westlich als die zeichnerisch dargestellte Grenzziehung in der Abgrenzungskarte des LGRB verläuft. Eine solche Randunschärfe von weniger als 100 m dürfte auf Grund des Fehlens mit verhältnismäßigem Aufwand zu gewinnender detaillierter Erkenntnisse hinzunehmen sein. Das kann jedoch auf sich beruhen. Denn eine weiter westlich verlaufende Grenzziehung im wissenschaftlichen Abgrenzungsvorschlag des LGRB hätte im nachfolgenden zweiten Schritt hier nicht zu einer anderen flurstückscharfen Grenzziehung durch die untere Wasserbehörde in der Abgrenzungskarte der Schutzgebietsverordnung geführt. Wie der Antragsteller selbst in der mündlichen Verhandlung hat anklingen lassen, gibt es zwischen dem deutlich erkennbaren über eine erhebliche Distanz in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Feldweg, der jetzt die Grenze der Schutzzone III bildet, und dem Allmendgraben/Weyergraben keine weitere vergleichbar markante zur Abgrenzung im natürlichen Umfeld geeignete Geländestruktur (vgl. zu diesem Erfordernis nochmals Nr. 5 des DVGW Arbeitsblatt W 101, Stand Juni 2006).
59 
dd) Entgegen der Ansicht des Antragstellers hat das LGRB bei der Erarbeitung seines Abgrenzungsvorschlags auch nicht willkürlich gehandelt.
60 
(1) Die Einbeziehung der Hofstelle seines ökologisch arbeitenden Betriebs bei gleichzeitiger Nichteinbeziehung der konventionell arbeitenden, aber weiter westlich gelegenen Staudengärtnerei kann schon deswegen den Vorwurf willkürlichen Handelns nicht begründen, weil die bei Erlass der Verordnung vorliegende tatsächliche Bodennutzung nicht zu berücksichtigen ist, da sie sich stets ändern kann (vgl. auch DVGW Arbeitsblatt W 101, Stand Juni 2006, Nr. 6).
61 
(2) Auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Ziehung von Ost- und Westgrenze der Schutzzone III lässt sich nicht erkennen. Der Antragsteller moniert, während das damalige GLA im Jahr 1991 den Verlauf der Ostgrenze der Schutzzone III noch entlang des westlichen Ortstrands der Gemeinde Nimburg vorgeschlagen habe, sei im Jahr 2009 vom LGRB eine erheblich nach Westen verschobene Ostgrenze vorgeschlagen worden. Die 1991 vorgeschlagene westliche Abgrenzung sei dagegen wiederholt worden. Das trifft zwar zu, doch gibt es eine nachvollziehbare sachliche Rechtfertigung für die Veränderung der östlichen Grenzziehung bei gleichzeitiger Beibehaltung der westlichen. Hinsichtlich des Zuflusses von Grundwasser aus den östlich des Dreisamkanals gelegenen Flächen ergab sich im Jahr 2009 ein erheblicher Erkenntnisfortschritt gegenüber dem Jahr 1991, insbesondere zur bis dahin unterschätzten Mächtigkeit des Grundwasserzustroms zum Tiefbrunnen aus tiefen Schichten (vgl. S. 4 des Gutachtens der ... GmbH v. 10.12.2007) und zur Ergiebigkeit des Grundwasserstroms parallel zum Dreisamkanal. Beides lässt darauf schließen, dass aus dem Gebiet östlich des Kanals erheblich weniger Grundwasser in das Brunneneinzugsgebiet fließt, als 1991 vermutet, so dass die schutzbedürftige Fläche östlich des Kanals verkleinert werden konnte. Vergleichbare Erkenntnisse über einen geringeren Zustrom aus dem westlichen Randbereich um die Hofstelle des Antragstellers fehlen.
62 
(3) Ebenso wenig lässt sich der vom Antragsteller erhobene Willkürvorwurf damit begründen, dass das LGRB in einem Schreiben an das Landratsamt vom 11.2.2004 noch ausführte, eine geringfügige Verschiebung der Westgrenze der Schutzzone III - gerade um die Hofstelle des Antragstellers - nach Osten sei unter bestimmten Umständen denkbar, und daran im Jahr 2009 nicht mehr festgehalten hat. Denn auch insoweit hat sich die Erkenntnislage zwischen 2004 und 2009 durch insbesondere die Untersuchungen der ...-... GmbH vom 10.12.2007 geändert. Wie sich aus dem Schreiben des LGRB vom 11.2.2004 ergibt, war es seinerzeit der Meinung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auf Grund einer Vielzahl von erkennbaren Drainagegräben sowie einer nicht erkennbaren unterirdischen Schwelle kein Grundwasser, auch nicht aus tieferen Schichten, aus dem Bereich um die Hofstelle des Antragstellers in das Einzugsgebiet des Brunnens einfließt. Das in Betracht gezogene Vorhandensein einer - ohnehin seltenen - unterirdischen Schwelle hat sich aber nicht erhärten lassen. Wie dargelegt, sprechen die vorliegenden Erkenntnisse dafür, dass Grundwasser aus tieferen Schichten im Bereich um die Hofstelle des Antragstellers in das Einzugsgebiet des Brunnens fließt.
63 
5. Das Wasservorkommen im Einzugsbereich des Tiefbrunnens ist schließlich auch schutzfähig.
64 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen Urt. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel allerdings nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87; Urt des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -NVwZ-RR 1997, 609).
65 
Das ist hier der Fall. Die Erweiterung des bestehenden Schutzgebiets ist - wie dargelegt - sogar zur Abwehr einer bereits eingetretenen konkreten Gefährdung durch Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln dringend geboten. Eine gegenüber diesem gewichtigen Interesse unverhältnismäßige Beschränkung des Rechts des Antragstellers auf Fortführung seines eingerichteten und ausgeübten Landwirtschaftsbetriebs ist damit auch im Hinblick auf den künftigen Umgang mit Gemüsewaschwasser nicht verbunden. Mit seiner gegenteiligen Auffassung verkennt der Antragsteller die bereits ohne Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geltende Rechtslage. Wenn er Gemüse auf seiner Hoffläche mit einem Schlauch „abspritzt“ und das Abwasser nach Durchfließen dreier Absetzteiche in den nördlich angrenzenden, nicht immer Wasser führenden Graben gelangt, benutzt er durch Einleiten von Stoffen teilweise Oberflächengewässer, zu denen auch nur temporär wasserführende Gräben gehören (§ 3 Nr. 1 WHG, vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.9.1986 - 20 A 454/85 - ZfW 1987, 122), teilweise das Grundwasser (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 WHG und im Umkehrschluss § 46 Abs. 2 WHG; vgl. auch Czychowski/Reinhardt,a.a.O., § 9 Rn 54). Eine solche Benutzung erfordert eine wasserrechtliche Gestattung (§ 8 Abs. 1 WHG), soweit nicht durch das WHG oder auf Grund des WHG etwas anderes bestimmt ist, was im vorliegenden Fall nicht erkennbar ist. Die damit erforderliche wasserrechtliche Gestattung - in Form einer Erlaubnis - ist nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG auch ohne Festsetzung eines Wasserschutzgebiets zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten wären.
66 
6. Die in § 6 Nr. 10 und § 8 Nr. 1 WSV getroffenen Regelungen leiden nicht an einer zu ihrer Unwirksamkeit führenden Unbestimmtheit.
67 
Nach diesen Bestimmungen sind in der Zone III sowohl „Versickern und Versenken von Abwasser“ als auch „Maßnahmen, die eine wesentliche Verminderung der Grundwasserneubildung oder des nutzbaren Dargebots zur Folge haben sowie Erschließen von Grundwasser“ grundsätzlich verboten. Ausgenommen sind das „Versickern von Niederschlagswasser von Dachflächen sowie von sonstigem unschädlichem Abwasser z.B. Gemüsewaschwasser, wenn eine Verunreinigung des Grundwassers oder seine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist“ (§ 6 Nr. 10 WSV) und „das Erschließen von Grundwasser für landwirtschaftliche Beregnungsbrunnen im oberen Grundwasseraquifer, wenn die Beregnung gemeinschaftlich organisiert ist (z.B. im Rahmen eines Beregnungsverbands) und eine qualitative oder wesentliche quantitative Verschlechterung des Grundwassers für die öffentliche Wasserversorgung nicht zu besorgen ist“ (§ 8 Nr. 1 WSV).
68 
Eine Rechtsverordnung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets muss zwar - wie jede Rechtsnorm - in ihren Voraussetzungen und in ihrer Rechtsfolge hinreichend bestimmt formuliert sein, so dass die von ihr Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können (BVerfG, Beschl. v. 11.5.2007 - 2 BvR 543/06 - NJW 2007, 2753; Beschl. v. 18.5.2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370; BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 CN 1.12 - BVerwGE 148, 133). Das Gebot der Normenklarheit zwingt den Gesetzgeber aber nicht, Regelungstatbestände für jeden denkbaren Einzelfall mit genau erfassbaren Maßstäben zu schaffen. An die tatbestandliche Fixierung dürfen keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Es ist Aufgabe der Fachgerichte, die bei der Gesetzesanwendung auf den konkreten Einzelfall auftauchenden Rechtsfragen mit Hilfe anerkannter Auslegungsmethoden zu klären. Eine solche Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (BVerfG, Beschl. v. 11.5.2007, a.a.O).
69 
Die in § 6 Nr. 10 und § 8 Nr. 1 WSV getroffenen Regelungen sind danach nicht zu beanstanden. Dem Antragsteller ist zwar einzuräumen, dass beide Regelungen eine Häufung unbestimmter Rechtsbegriffe enthalten und deshalb für den Rechtsunterworfenen nur schwer zu verstehen sind. Das liegt jedoch in der Natur der Sache, da beide Regelungen an den das Wasserrecht beherrschenden „Besorgnisgrundsatz“ anknüpfen, der sich einer exakten, jeden Einzelfall erfassenden Ausformung entzieht.
70 
Vergleichbare unbestimmte Rechtsbegriffe wie „nachteilige Veränderung“ oder jedenfalls „schädliche Veränderung“ werden im Übrigen vom Bundesgesetzgeber (vgl. nur § 3 Nr. 10 WHG, § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG, § 13 Abs. 2 Nr. 2 d WHG, § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG) unter Anknüpfung erheblicher Rechtsfolgen verwendet, ohne dass dies von der obergerichtlichen Rechtsprechung beanstandet worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht ist in seiner Entscheidung zu § 34 Abs. 2 Satz 1 WHG 1960 („Stoffe dürfen nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist“) vielmehr von der hinreichenden Bestimmtheit einer solchen Regelung ausgegangen (Urt. v. 16.7.1965 - IV C 54.65 - ZfW 1965, 113).
C.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
72 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
73 
Beschluss vom 24. März 2015
74 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit endgültig auf 15.000 EUR festgesetzt.
75 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
33 
Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist zulässig (A.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (B.).
A.
34 
Der fristgerecht erhobene Antrag des Antragstellers gegen die Wasserschutzgebietsverordnung des Antragsgegners ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO) und auch im Übrigen zulässig. Dem Antragsteller steht insbesondere die erforderliche Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) zur Seite. Denn er ist Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich der Verordnung, die Inhalt und Schranken seiner Eigentümerbefugnisse unmittelbar und rechtssatzmäßig bestimmt und ausgestaltet (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG; vgl. BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93; Urt. des Senats v. 7.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Auch fehlt dem Antragsteller nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Inkrafttreten der Verordnung für seinen landwirtschaftlichen Betrieb eine zusätzliche Belastung bewirkt. Das gilt ungeachtet dessen, dass der Antragsteller mit gewisser Wahrscheinlichkeit auch ohne die Schutzgebietsverordnung mit einem Eingreifen der zuständigen unteren Wasserbehörde rechnen muss, da er Gewässer ohne Gestattung benutzt (vgl. dazu nachfolgend B II.5). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es bei Ausübung des der unteren Wasserbehörde nach § 100 Abs. 1 WHG eröffneten Eingriffsermessens ins Gewicht fallen kann, ob das Grundstück, auf dem eine ohne Gestattung erfolgende Gewässerbenutzung stattfindet, innerhalb oder außerhalb eines Wasserschutzgebiets liegt.
B.
35 
Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Verordnung des Antragsgegners leidet weder an formellen (I.) noch an materiellrechtlichen Mängeln (II.).
I.
36 
Formelle Mängel der Verordnung sind weder gerügt noch sonst für den Senat erkennbar. Insbesondere war das Landratsamt Emmendingen für den Erlass der Verordnung zuständig, obwohl sich ihr räumlicher Geltungsbereich auch auf Grundstücke erstreckt, die zum Zuständigkeitsbereich des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald gehören. Denn das Regierungspräsidium Freiburg hat durch Bescheid vom 7.12.1992 gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 WG a.F. das Landratsamt Emmendingen zu der für den Erlass der Wasserschutzgebietsverordnung zuständigen Behörde bestimmt.
II.
37 
Die angefochtene Verordnung leidet auch nicht an materiell-rechtlichen Mängeln. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG n.F. i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG n.F.) können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG). In den solchermaßen festgesetzten Wasserschutzgebieten können gemäß § 52 Abs. 1 WHG bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden oder die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen. Von dieser Ermächtigung hat das Landratsamt mit dem Erlass der angefochtenen Verordnung in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.
38 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers dann, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93; Urt. des Senats vom 24.3.2014 - 3 S 280/10 - juris; Urt. v. 7.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 -juris; Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 51 Rn. 19; Kibele, ZfW 2012, 177, 179). Nach diesen Maßgaben dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Gemeinde Bahlingen und damit dem Wohl der Allgemeinheit (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit die Erweiterung des bisher festgesetzten Wasserschutzgebiets, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), sachlich schutzbedürftig (3.) und im konkret festgesetzten Umfang auch räumlich schutzbedürftig (4.) sowie ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (5.). Zudem leidet die Verordnung zum Schutz des Grundwasservorkommens auch nicht an mangelnder Bestimmtheit (6.).
39 
1. Das im Tiefbrunnen Löhnlinschachen geförderte Grundwasser dient der öffentlichen Wasserversorgung der Bevölkerung Bahlingens. Dies zeigt bereits die der Gemeinde seit geraumer Zeit erteilte wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser, deren Entnahmemenge mehrfach erhöht worden ist. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
40 
2. Das im Einzugsgebiet des Tiefbrunnens vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig. Das ist immer dann der Fall, wenn das konkrete Wasservorkommen nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.). Das belegen Analysen des aus dem Tiefbrunnen gewonnenen Wassers der ... Labor GmbH aus den Jahren 2009 und 2010.
41 
3. In sachlicher Hinsicht ist ein Grundwasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung oder - wie hier - ohne die Erweiterung eines bestehenden Schutzgebiets eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne die zusätzlichen Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (BVerwG, Beschl. v. 20.1.2015 - 7 BN 2.14 - juris; VGH Bad.-Württ., Urte. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.). Davon ist angesichts der Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen. Der Nachweis eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts ist dafür nicht notwendig. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist vielmehr bereits dann erforderlich i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 51 Rn. 18). Dem Antragsgegner geht es im Übrigen nicht nur um eine solche Risikovermeidung, sondern auch um die Bekämpfung einer bereits eingetretenen Gefährdung. Denn Untersuchungen der Gesundheitsbehörde während des Betriebs des Tiefbrunnens mit dem bisherigen kleinräumigen Schutzgebiet haben Abbauprodukte (Metabolite) von Pflanzenschutzmitteln oberhalb geltender Grenzwerte nachgewiesen (hydrogeologischer Abschlussbericht des LGRB vom 13.8.2009, S. 16).
42 
4. Das Grundwasservorkommen ist in seinem konkret festgesetzten Umfang auch räumlich schutzbedürftig.
43 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Trinkwassergewinnungsanlage liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 51 Abs. 1 WHG ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93; Urte. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.). Gleiches gilt für die Abgrenzung der jeweiligen Schutzzonen.
44 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten nach wasserwirtschaftlichen und hydrogeologischen Erkenntnissen untersuchen. Einen auf diese Weise wissenschaftlich erarbeiteten Abgrenzungsvorschlag (Schritt 1) hat der Normgeber in eine konkrete Festsetzung der Grenzziehung umzusetzen (Schritt 2). Bei dieser Umsetzung bietet es sich im Interesse der Normklarheit und der Praktikabilität an, die Grenzziehung entlang natürlich wahrnehmbarer, insbesondere topografischer Merkmale, vorzunehmen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014,93; Cyzchowski/Reinhardt, a.a.O., § 51 Rn. 43; DVGW Arbeitsblatt W 101, Stand Juni 2006, Nr. 5: „markante Geländestrukturen“).
45 
Diesen Maßgaben genügt die vom Landratsamt gewählte räumliche Abgrenzung des erweiterten Schutzgebiets, auch seiner Zone III an ihrem Westrand. Denn das Landratsamt hat sich für die erfolgte Grenzziehung auf den Abgrenzungsvorschlag im hydrogeologischen Abschlussgutachten des LGRB vom 13.8.2009 gestützt. Diesem lagen umfangreiche Vorarbeiten zugrunde (a). Durchgreifende Einwände gegen seine Methodik und sein Ergebnis sind weder vom Antragsteller aufgezeigt noch sonst für den Senat erkennbar (b), so dass die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht geboten war. Einwände, welche die Umsetzung des Abgrenzungsvorschlags durch das Landratsamt betreffen, hat der Antragsteller nicht erhoben.
46 
a) Das LGRB konnte seinen Abgrenzungsvorschlag vom 13.8.2009 auf ungewöhnlich umfangreiche, einen langen Zeitraum umfassende Untersuchungen stützen. Neben einer Diplomarbeit aus dem Jahr 1988 lagen dem LGRB ein erstes Gutachten des damaligen GLA aus dem Jahr 1991 sowie Erkenntnisse aus dem Bau einer Gasleitung im Jahr 2001 vor. In den Jahren 2006 bis 2008 hat es weitere Untersuchungen vornehmen lassen, wie die Erfassung aller Grundwasseraufschlüsse, drei Stichtagsmessungen der Grundwasserstände, Pumpversuche und Übersichtsbeprobungen. Zudem hat es ein thermohydraulisches Grundwassermodell erstellen lassen. Diese Vorarbeiten bilden die Basis für das hydrogeologische Abschlussgutachten vom 13.8.2009.
47 
b) Die vom Antragsteller erhobenen Einwendungen gegen Methodik und Ergebnis des Abschlussgutachtens, die sämtlich die Ziehung der Westgrenze der Schutzzone III betreffen, greifen nicht durch.
48 
Die genauen Grenzen eines Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen lassen sich selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse regelmäßig nur annähernd umreißen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund sowie die Variabilität von Strömungen und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Die Wasserrechtsbehörde darf sich deshalb bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügen (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - ZfW 2007, 99; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93; Urt. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Kibele, ZfW 2012, 177, 182). Der Abgrenzungsvorschlag für den westlichen Rand der Schutzzone III des erweiterten Wasserschutzgebiets beruht auf solchen wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen.
49 
Nach Nr. 4.4.1 des DVGW-Arbeitsblatts W 101, Stand Juni 2006, das als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ oder als Zusammenfassung „allgemein anerkannter Regeln der Technik“ (§ 52 Abs. 1 Satz 2 WHG) herangezogen werden kann, reicht die Zone III eines Wasserschutzgebiets in der Regel bis zur Grenze des unterirdischen Einzugsgebiets der Wassergewinnungsanlage, d.h. also bis zur unterirdischen Wasserscheide (vgl. Bild 2, Seite 10 des Arbeitsblatts). Bei der Einbeziehung von Grundstücken jenseits einer (eindeutigen) unterirdischen Wasserscheide wird es in der Regel insoweit an der räumlichen Schutzbedürftigkeit fehlen. Umgekehrt kann bei der fehlerhaft unterbliebenen Einbeziehung von Grundstücken diesseits einer unterirdischen Wasserscheide die Eignung des (gesamten) Wasserschutzgebiets für den verfolgten Zweck infrage stehen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93). Weder das eine noch das andere ist am Westrand der Zone III des erweiterten Wasserschutzgebiets der Fall.
50 
aa) Zu Unrecht behauptet der Antragstellers die fehlende räumliche Schutzbedürftigkeit des Grundwasservorkommens unter seiner Hofstelle auf Grund dessen weiterer Fließrichtung am Einzugsgebiet des Tiefbrunnens vorbei.
51 
Diese Behauptung stützt der Antragsteller im Wesentlichen auf drei Argumente: Zwei in der Karte - Grundwassergleichenplan Bahlingen - (Anlage 6/2 zum hydrogeologischen Abschlussgutachten) verzeichnete Messwerte belegten, dass der Pegel „OW 9“ ganz in der Nähe seiner Hofstelle tiefer gelegen sei als der Pegel der nordöstlich in Richtung zum Tiefbrunnen gelegenen Grundwassermessstelle „BR 319“. Also könne das Wasser von der Hofstelle nicht in Richtung zum Tiefbrunnen gelangen, sondern müsse in nord-nordwestlicher Richtung am Einzugsbereich des Brunnens vorbeifließen. Weiter lasse sich der Karte - Thermohydraulisches Modell Bahlingen, Verteilung der Durchlässigkeiten - (Anlage 11 zum Gutachten) entnehmen, dass seine Hofstelle in der Zone höchster Durchlässigkeit liege. Diese Zone setze sich genau nordwärts fort und führe damit an der Zone, in der der Tiefbrunnen liege, vorbei. Dort bestehe eine geringere Durchlässigkeit. Es sei nicht plausibel, dass der unter seinem Grundstück durchfließende Grundwasserstrom die Zone höchster Durchlässigkeit verlasse, um teilweise auf den Brunnen zuzuströmen. Dem entspreche auch die Erkenntnis aus der Karte - Thermohydraulisches Modell Bahlingen, Lage des Einzugsgebiets für den Stichtag August 2007 mit Berücksichtigung Dispersion - (Anlage 13 zum Gutachten), wonach der westliche Rand des in dieser Karte eingezeichneten Einzugsgebiets des Brunnens knapp östlich und eben nicht knapp westlich seiner Hofstelle verlaufe.
52 
Aus diesen Umständen kann jedoch nicht geschlossen werden, dass kein Grundwasser aus dem Bereich der Hofstelle des Antragstellers in das Einzugsgebiet des Tiefbrunnens einfließt. Der Grundwassergleichenplan gibt zwar Messwerte zu einem bestimmten Stichtag wieder, die darauf schließen lassen, dass oberflächennahes Grundwasser aus dem Bereich der Hofstelle des Antragstellers durch Drainagegräben und Vorfluter am Einzugsbereich des Tiefbrunnens vorbeigeführt wird. Die zugrundeliegenden Messstellen sind jedoch oberflächennah angebracht (Abschlussgutachten, S. 15 sowie Anhang 17) und daher nicht geeignet, die Strömungsrichtung tieferer Grundwasserschichten aufzuzeigen. Untersuchungen des Mineralisierungsgrads des in das Umfeld des Brunnens einfließenden Grundwassers lassen dagegen den Schluss zu, dass Grundwasser aus dem Bereich um die Hofstelle auch unter den Drainagegräben und den Vorflutern, wie dem Mühlkanal, hindurchfließt und damit in das nähere Einzugsgebiets des Brunnens gelangt (vgl. Gutachten der ... GmbH v. 10.12.2007, S. 4, 8, 14).
53 
Diese Möglichkeit einer Unterströmung ist plausibel dargelegt. Von dieser Möglichkeit einer Unterströmung von Oberflächengewässern durch Grundwasser geht - an anderer Stelle, nämlich hinsichtlich des Dreisamkanals (vgl. dazu nachfolgend dd (2)) - auch der Antragsteller aus. Gegen die Schlüssigkeit des Gutachtens der ... GmbH vom 10.12.2007 wendet er im Wesentlichen ein, das Gutachten selbst lege offen, der Messpunkt 2/86 habe wegen seiner Beschädigung nicht untersucht werden können. Das sei ausgerechnet der Messpunkt in der Nähe seiner Hofstelle, so dass die dortigen Verhältnisse gerade unaufgeklärt geblieben seien. Diese räumliche Verortung des genannten Messpunkts durch den Antragsteller ist jedoch fehlerhaft. Wie sich den Karten des Abschlussgutachtens des LGRB entnehmen lässt, liegt der Messpunkt 2 in einer Entfernung von etwa 1 km zur Hofstelle des Antragstellers nahe am Dreisamkanal und damit noch nicht einmal in einem Sektor zwischen Hofstelle und Brunnen. Der in dem Gutachten der ... GmbH beschriebene Defekt an der Grundwassermessstelle 2/86 wird dementsprechend in dem Gutachten auch nur mit der Beurteilung des südöstlichen Einzugsgebiets des Tiefbrunnens Bahlingens in Verbindung gebracht.
54 
Auch die beiden Karten zu Ergebnissen des errechneten thermohydraulischen Modelles hinsichtlich Durchlässigkeit und Dispersion haben nicht das erforderliche Gewicht, diese auf reale Messungen beruhenden Erkenntnisse über die Unterströmung der Drainagegräben und Vorfluter in Frage zu stellen. So hat der in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehörte Gutachter ... dazu ausgeführt, dass die Karte des thermohydraulischen Modells zu den Durchlässigkeiten auf einer Interpolation der Werte weniger Messpunkte in Entfernung von mehr als 1 km zur Hofstelle des Antragstellers beruhe und damit für den Bereich der Hofstelle keine präzise Erkenntnisse liefern könne. Ebenso wenig sind alltägliche Beobachtungen des Antragstellers an der Geländeoberfläche geeignet, das Strömungsverhalten tiefer Grundwasserschichten zu belegen.
55 
bb) Entgegen der Ansicht des Antragstellers basiert der Vorschlag des LGRB zur Abgrenzung der Zone III nach Westen hin nicht auf einer nur „hypothetischen Parabel“.
56 
Das hydrogeologische Abschlussgutachten des LGRB vom 13.8.2009 betont zwar auf Seite 28, „dass das tatsächliche Brunneneinzugsgebiet noch weiter nach Süden und Südsüdwesten reicht“ als vom Abgrenzungsvorschlag eingegrenzt. Das gilt aber gerade nicht für die - allein zwischen den Beteiligten im Streit befindliche - Abgrenzung nach Westen. Die dort vorgeschlagene Grenzziehung orientiert sich nicht an einem „hypothetischen“ Ersatzkriterium zur Begrenzung der Zone III, sondern am originären Kriterium des DVGW-Arbeitsblatts W 101. Nach seiner Nr. 4.4.1 reicht die Zone III eines Wasserschutzgebiets in der Regel bis zur Grenze des unterirdischen Einzugsgebiets der Wassergewinnungsanlage, d.h. also regelmäßig bis zur unterirdischen Wasserscheide (vgl. Bild 2, Seite 10 des Arbeitsblatts). Wie der Gutachter ...... in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt hat, befindet sich zwischen dem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Feldweg, der die Hofstelle des Antragstellers von der Staudengärtnerei trennt, und dem rund 200 m westlich verlaufenden Allmendgraben/Weyergraben eine solche unterirdische Wasserscheide. Denn durch Untersuchungen der Karbonathärte und des Sauerstoff-18-Gehalts des Grundwassers an den zahlreichen Messstellen lässt sich hinreichend rückschließen, dass Grundwasser aus den noch weiter westlich gelegenen Kaiserstuhlhängen nicht in die Ostrheinrinne einfließt, sondern durch den Allmendgraben/Weyergraben und entlang diesem nach Norden abgeführt wird (vgl. insbesondere die Karten in Anlagen 7 und 8 zum Abschlussgutachten). Da die Ostrheinrinne am Fuß des Kaiserstuhls und somit an diesem Graben erst beginnt, bedingt das, dass Grundwasser aus einen kleinen östlich von diesem Graben liegenden Streifen ebenfalls in diesen und entlang dieses Grabens entwässert. Dann folgt die unterirdische Wasserscheide, an deren anderer Seite das Grundwasser teilweise in die Gräben auf der Ostseite der Hofstelle des Antragstellers und teilweise unter diesen hindurch in das Einzugsgebiet des Brunnens fließt.
57 
cc) Der Umstand, dass das LGRB den Westrand seines Abgrenzungsvorschlags für die Zone III nicht weiter nach Westen gelegt hat, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Abgrenzungsvorschlags.
58 
Zwar kann auch die fehlerhaft unterbliebene Einbeziehung von Grundstücken diesseits einer unterirdischen Wasserscheide die Eignung des (gesamten) Wasserschutzgebiets für den verfolgten Zweck in Frage stellen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - ZfW 2014, 93). Nach dem oben Ausgeführten spricht Vieles dafür, dass die unterirdische Wasserscheide etwas weiter westlich als die zeichnerisch dargestellte Grenzziehung in der Abgrenzungskarte des LGRB verläuft. Eine solche Randunschärfe von weniger als 100 m dürfte auf Grund des Fehlens mit verhältnismäßigem Aufwand zu gewinnender detaillierter Erkenntnisse hinzunehmen sein. Das kann jedoch auf sich beruhen. Denn eine weiter westlich verlaufende Grenzziehung im wissenschaftlichen Abgrenzungsvorschlag des LGRB hätte im nachfolgenden zweiten Schritt hier nicht zu einer anderen flurstückscharfen Grenzziehung durch die untere Wasserbehörde in der Abgrenzungskarte der Schutzgebietsverordnung geführt. Wie der Antragsteller selbst in der mündlichen Verhandlung hat anklingen lassen, gibt es zwischen dem deutlich erkennbaren über eine erhebliche Distanz in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Feldweg, der jetzt die Grenze der Schutzzone III bildet, und dem Allmendgraben/Weyergraben keine weitere vergleichbar markante zur Abgrenzung im natürlichen Umfeld geeignete Geländestruktur (vgl. zu diesem Erfordernis nochmals Nr. 5 des DVGW Arbeitsblatt W 101, Stand Juni 2006).
59 
dd) Entgegen der Ansicht des Antragstellers hat das LGRB bei der Erarbeitung seines Abgrenzungsvorschlags auch nicht willkürlich gehandelt.
60 
(1) Die Einbeziehung der Hofstelle seines ökologisch arbeitenden Betriebs bei gleichzeitiger Nichteinbeziehung der konventionell arbeitenden, aber weiter westlich gelegenen Staudengärtnerei kann schon deswegen den Vorwurf willkürlichen Handelns nicht begründen, weil die bei Erlass der Verordnung vorliegende tatsächliche Bodennutzung nicht zu berücksichtigen ist, da sie sich stets ändern kann (vgl. auch DVGW Arbeitsblatt W 101, Stand Juni 2006, Nr. 6).
61 
(2) Auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Ziehung von Ost- und Westgrenze der Schutzzone III lässt sich nicht erkennen. Der Antragsteller moniert, während das damalige GLA im Jahr 1991 den Verlauf der Ostgrenze der Schutzzone III noch entlang des westlichen Ortstrands der Gemeinde Nimburg vorgeschlagen habe, sei im Jahr 2009 vom LGRB eine erheblich nach Westen verschobene Ostgrenze vorgeschlagen worden. Die 1991 vorgeschlagene westliche Abgrenzung sei dagegen wiederholt worden. Das trifft zwar zu, doch gibt es eine nachvollziehbare sachliche Rechtfertigung für die Veränderung der östlichen Grenzziehung bei gleichzeitiger Beibehaltung der westlichen. Hinsichtlich des Zuflusses von Grundwasser aus den östlich des Dreisamkanals gelegenen Flächen ergab sich im Jahr 2009 ein erheblicher Erkenntnisfortschritt gegenüber dem Jahr 1991, insbesondere zur bis dahin unterschätzten Mächtigkeit des Grundwasserzustroms zum Tiefbrunnen aus tiefen Schichten (vgl. S. 4 des Gutachtens der ... GmbH v. 10.12.2007) und zur Ergiebigkeit des Grundwasserstroms parallel zum Dreisamkanal. Beides lässt darauf schließen, dass aus dem Gebiet östlich des Kanals erheblich weniger Grundwasser in das Brunneneinzugsgebiet fließt, als 1991 vermutet, so dass die schutzbedürftige Fläche östlich des Kanals verkleinert werden konnte. Vergleichbare Erkenntnisse über einen geringeren Zustrom aus dem westlichen Randbereich um die Hofstelle des Antragstellers fehlen.
62 
(3) Ebenso wenig lässt sich der vom Antragsteller erhobene Willkürvorwurf damit begründen, dass das LGRB in einem Schreiben an das Landratsamt vom 11.2.2004 noch ausführte, eine geringfügige Verschiebung der Westgrenze der Schutzzone III - gerade um die Hofstelle des Antragstellers - nach Osten sei unter bestimmten Umständen denkbar, und daran im Jahr 2009 nicht mehr festgehalten hat. Denn auch insoweit hat sich die Erkenntnislage zwischen 2004 und 2009 durch insbesondere die Untersuchungen der ...-... GmbH vom 10.12.2007 geändert. Wie sich aus dem Schreiben des LGRB vom 11.2.2004 ergibt, war es seinerzeit der Meinung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auf Grund einer Vielzahl von erkennbaren Drainagegräben sowie einer nicht erkennbaren unterirdischen Schwelle kein Grundwasser, auch nicht aus tieferen Schichten, aus dem Bereich um die Hofstelle des Antragstellers in das Einzugsgebiet des Brunnens einfließt. Das in Betracht gezogene Vorhandensein einer - ohnehin seltenen - unterirdischen Schwelle hat sich aber nicht erhärten lassen. Wie dargelegt, sprechen die vorliegenden Erkenntnisse dafür, dass Grundwasser aus tieferen Schichten im Bereich um die Hofstelle des Antragstellers in das Einzugsgebiet des Brunnens fließt.
63 
5. Das Wasservorkommen im Einzugsbereich des Tiefbrunnens ist schließlich auch schutzfähig.
64 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen Urt. des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel allerdings nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87; Urt des Senats v. 24.3.2014, 7.12.2009 und 26.11.2009, jeweils a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -NVwZ-RR 1997, 609).
65 
Das ist hier der Fall. Die Erweiterung des bestehenden Schutzgebiets ist - wie dargelegt - sogar zur Abwehr einer bereits eingetretenen konkreten Gefährdung durch Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln dringend geboten. Eine gegenüber diesem gewichtigen Interesse unverhältnismäßige Beschränkung des Rechts des Antragstellers auf Fortführung seines eingerichteten und ausgeübten Landwirtschaftsbetriebs ist damit auch im Hinblick auf den künftigen Umgang mit Gemüsewaschwasser nicht verbunden. Mit seiner gegenteiligen Auffassung verkennt der Antragsteller die bereits ohne Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geltende Rechtslage. Wenn er Gemüse auf seiner Hoffläche mit einem Schlauch „abspritzt“ und das Abwasser nach Durchfließen dreier Absetzteiche in den nördlich angrenzenden, nicht immer Wasser führenden Graben gelangt, benutzt er durch Einleiten von Stoffen teilweise Oberflächengewässer, zu denen auch nur temporär wasserführende Gräben gehören (§ 3 Nr. 1 WHG, vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.9.1986 - 20 A 454/85 - ZfW 1987, 122), teilweise das Grundwasser (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 WHG und im Umkehrschluss § 46 Abs. 2 WHG; vgl. auch Czychowski/Reinhardt,a.a.O., § 9 Rn 54). Eine solche Benutzung erfordert eine wasserrechtliche Gestattung (§ 8 Abs. 1 WHG), soweit nicht durch das WHG oder auf Grund des WHG etwas anderes bestimmt ist, was im vorliegenden Fall nicht erkennbar ist. Die damit erforderliche wasserrechtliche Gestattung - in Form einer Erlaubnis - ist nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG auch ohne Festsetzung eines Wasserschutzgebiets zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten wären.
66 
6. Die in § 6 Nr. 10 und § 8 Nr. 1 WSV getroffenen Regelungen leiden nicht an einer zu ihrer Unwirksamkeit führenden Unbestimmtheit.
67 
Nach diesen Bestimmungen sind in der Zone III sowohl „Versickern und Versenken von Abwasser“ als auch „Maßnahmen, die eine wesentliche Verminderung der Grundwasserneubildung oder des nutzbaren Dargebots zur Folge haben sowie Erschließen von Grundwasser“ grundsätzlich verboten. Ausgenommen sind das „Versickern von Niederschlagswasser von Dachflächen sowie von sonstigem unschädlichem Abwasser z.B. Gemüsewaschwasser, wenn eine Verunreinigung des Grundwassers oder seine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist“ (§ 6 Nr. 10 WSV) und „das Erschließen von Grundwasser für landwirtschaftliche Beregnungsbrunnen im oberen Grundwasseraquifer, wenn die Beregnung gemeinschaftlich organisiert ist (z.B. im Rahmen eines Beregnungsverbands) und eine qualitative oder wesentliche quantitative Verschlechterung des Grundwassers für die öffentliche Wasserversorgung nicht zu besorgen ist“ (§ 8 Nr. 1 WSV).
68 
Eine Rechtsverordnung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets muss zwar - wie jede Rechtsnorm - in ihren Voraussetzungen und in ihrer Rechtsfolge hinreichend bestimmt formuliert sein, so dass die von ihr Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können (BVerfG, Beschl. v. 11.5.2007 - 2 BvR 543/06 - NJW 2007, 2753; Beschl. v. 18.5.2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370; BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 CN 1.12 - BVerwGE 148, 133). Das Gebot der Normenklarheit zwingt den Gesetzgeber aber nicht, Regelungstatbestände für jeden denkbaren Einzelfall mit genau erfassbaren Maßstäben zu schaffen. An die tatbestandliche Fixierung dürfen keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Es ist Aufgabe der Fachgerichte, die bei der Gesetzesanwendung auf den konkreten Einzelfall auftauchenden Rechtsfragen mit Hilfe anerkannter Auslegungsmethoden zu klären. Eine solche Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (BVerfG, Beschl. v. 11.5.2007, a.a.O).
69 
Die in § 6 Nr. 10 und § 8 Nr. 1 WSV getroffenen Regelungen sind danach nicht zu beanstanden. Dem Antragsteller ist zwar einzuräumen, dass beide Regelungen eine Häufung unbestimmter Rechtsbegriffe enthalten und deshalb für den Rechtsunterworfenen nur schwer zu verstehen sind. Das liegt jedoch in der Natur der Sache, da beide Regelungen an den das Wasserrecht beherrschenden „Besorgnisgrundsatz“ anknüpfen, der sich einer exakten, jeden Einzelfall erfassenden Ausformung entzieht.
70 
Vergleichbare unbestimmte Rechtsbegriffe wie „nachteilige Veränderung“ oder jedenfalls „schädliche Veränderung“ werden im Übrigen vom Bundesgesetzgeber (vgl. nur § 3 Nr. 10 WHG, § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG, § 13 Abs. 2 Nr. 2 d WHG, § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG) unter Anknüpfung erheblicher Rechtsfolgen verwendet, ohne dass dies von der obergerichtlichen Rechtsprechung beanstandet worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht ist in seiner Entscheidung zu § 34 Abs. 2 Satz 1 WHG 1960 („Stoffe dürfen nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist“) vielmehr von der hinreichenden Bestimmtheit einer solchen Regelung ausgegangen (Urt. v. 16.7.1965 - IV C 54.65 - ZfW 1965, 113).
C.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
72 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
73 
Beschluss vom 24. März 2015
74 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit endgültig auf 15.000 EUR festgesetzt.
75 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Wasserschutzgebietsverordnung (im Folgenden: WSV) des Landratsamts L. vom 10.11.2009 zum Schutz des Grundwassers in dem Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I bis III - Wasserschutzgebiet „W.B.“ - der Stadt L..
Die Antragstellerin ist eine im Vorderen W. gelegene Gemeinde im Landkreis L. mit ca. 9.697 Einwohnern und einer Gemeindegebietsfläche von ca. 46,86 km². Sie besteht aus den sieben Ortsteilen E., H., Y., Z., S., X. und W..
Die westlich der Antragstellerin gelegene Stadt L. gewinnt ihr gesamtes Trinkwasser aus dem Grundwasserleiter des Tals der Wiese. Die Wasserversorgung erfolgt über Grundwasserentnahmen aus den in diesem Tal liegenden Brunnen in den Gewannen „Im G.“ und „W.B.“. Im Gewann „W.B.“, das vorwiegend auf der Gemarkung der Antragstellerin zwischen dem X.bach und der Landestraße L 138 liegt, wurden in den 70er-Jahren insgesamt drei Brunnen errichtet (I - III).
Die erste wasserrechtliche Bewilligung für die (damals) vier geplanten „W.B.“ erteilte das Regierungspräsidium am 15.7.1975 der Stadt L. zur Entnahme von 3,8 Millionen m³/a .
Am 11.7.2006 erteilte das Landratsamt L. eine wasserrechtliche Bewilligung zur Wasserentnahme aus den Brunnen „Im G. I - IV“ und „W.B. I - III“ zur Trinkwasserversorgung bis maximal 14.000 m³/d und 4,2 Millionen m³/a, die bis zum 31.7.2036 befristet ist. In den Jahren 2000 bis 2003 betrug die Entnahmemenge aus den Brunnen „W.B. I - III“ im Durchschnitt 1.091.177,50 m³/a.
Das Landratsamt L. setzte mit Rechtsverordnung vom 16.5.1977 zum Schutz der Grundwasserfassungen der Stadt L. im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet fest.
Das - vormalige - Geologische Landesamt Baden-Württemberg - im Folgenden: GLA - überprüfte auf Antrag des damaligen Wasserwirtschaftsamts Waldshut vom 13.1.1989 die hydrogeologischen Verhältnisse im W. zwischen L. und Zell. In dem hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 wird festgestellt, dass die Schutzzonen der öffentlichen Trinkwasserbrunnen insgesamt zu gering bemessen seien. Dies gelte auch für die beiden Wasserschutzgebiete „Im G.“ und „W.B.“ der Stadt L..
Die Stadt L. beantragte daraufhin mit Schreiben vom 28.11.2003 die Erweiterung der Wasserschutzgebiete „Im G.“ und „W.B.“. Das Landratsamt L. gab mit Schreiben vom 8.1.2004 den Trägern öffentlicher Belange - darunter auch der Antragstellerin - unter Übersendung des Entwurfs der Rechtsverordnungen über die WSG „Im G.“ und „W.B.“ Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Antragstellerin erhob mit Schreiben vom 28.4.2004 Einwendungen, mit denen sie u.a. geltend machte, dass die beabsichtigte Ausdehnung der Schutzzone II des Wasserschutzgebiets „W.B.“ mit der von ihr beabsichtigten Bebauung im Gewann „Lange und Hintere Neumatt“ kollidiere.
Die vom Gemeinderat der Antragstellerin am 14.3.2006 beschlossene Fortschreibung des Flächennutzungsplans sieht in einem sich nach Westen an den Ortsrand anschließenden Bereich (E 3a) Wohnnutzung und im Bereich eines sich südlich angrenzenden Streifens nördlich der L.er Straße Mischgebietsnutzung (E 3b) vor. Das Landratsamt L. genehmigte mit Bescheid vom 29.5.2006 die vom Gemeinderat der Antragstellerin beschlossene Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2020 mit Ausnahme der Flächen E 3a und E 3b, weil diese in einem Gebiet lägen, welches als Wasserschutzzone II abgegrenzt worden sei. Die Ausweisung der Zone II ende zwar an der Grenze der jetzigen Bebauung, obwohl die 50 Tage-Linie damit nicht eingehalten werde. Es werde damit aber eine Verschlechterung der Situation vermieden.
10 
Der Entwurf der Rechtsverordnung sowie die dazugehörenden Pläne lagen bei der Stadt L. und dem Landratsamt L. einen Monat zur Einsicht aus. Ort und Zeit der Auslegung wurden am 5.8.2009 in den im Landkreis L. verbreiteten Tageszeitungen amtlich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Bedenken und Anregungen bis zum 7.9.2009 erhoben werden können. Das Fristende wurde durch amtliche Bekanntmachung vom 7.8.2009 auf den 14.9.2009 geändert.
11 
Die Antragstellerin erhob am 14.8.2009 unter Hinweis (u.a.) auf ihre Schreiben vom 13.7.2005 und 24.7.2006 Einwendungen. Am 3.11.2009 erfolgte im Landratsamt L. die Anhörung der Bedenken betroffener Privatpersonen und der Antragstellerin. Am 8.12.2009 teilte das Landratsamt L. der Antragstellerin mit, dass ihre Bedenken und Anregungen nach Abwägung aller Umstände keine Berücksichtigung finden könnten. Dem Schutz und der Sicherung des Grundwassers als Trinkwasserreservoir gebühre Vorrang.
12 
Das Landratsamt erließ am 10.11.2009 die Verordnung zum Schutz des Grundwassers in dem Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I bis III - Wasserschutzgebiet W.B. - der Stadt L.. Die Wasserschutzgebietsverordnung wurde am 8.12.2009 in den örtlichen Tageszeitungen verkündet.
13 
Nach § 1 Nr. 2 WSV gliedert sich das Wasserschutzgebiet in drei Schutzzonen. Für die Fassungsbereiche (Schutzzone I) enthält sie ein weitgehendes Betretungsverbot. Bezüglich der Engeren Schutzzone (Zone II) spricht die Verordnung umfängliche Verbote aus. In der Weiteren Schutzzone (Zone III) gelten diese Verbote nur relativ.
14 
Die bisherige in der Rechtsverordnung von 16.5.1977 festgesetzte Schutzzone II wird von ca. 37 ha auf ca. 128 ha und die bisherige Schutzzone III von 102 ha auf ca. 388 ha erweitert. Dies hat zur Folge, dass sich der bisher außerhalb des gesamten Schutzgebiets liegende nordwestliche - bisher nahezu unbebaute - Teil des Teilorts X. der Antragstellerin nunmehr im Bereich der Schutzzone II befindet.
15 
Neben dem hydrologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 lagen dem Landratsamt L. die hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg - im Folgenden: LGRB - vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 vor.
16 
Die Antragstellerin hat am 12.2.2010 das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
17 
Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor: Die Festsetzung der Schutzzone II diene nicht dem Wohl der Allgemeinheit. Es würden weder wasserwirtschaftliche Zielsetzungen noch sonstige öffentliche Belange verfolgt. Die Schutzgebietsfestsetzung Zone II sei nicht erforderlich. Der Antragsgegner stütze seine Festsetzungen auf veraltete Gutachten, Berechnungen und Färbversuche, deren Gültigkeit und Übertragbarkeit auf die heutige Situation nicht nachgewiesen worden seien und die sich widersprächen. Seit 1989 habe sich die Bebauungssituation im W. erheblich verändert, weite Flächen seien versiegelt worden. Die Grundwasserverläufe dürften sich deshalb verändert haben. Das gutachterlich geforderte Grundwasserströmungsmodell, das Erkenntnisse über die aktuelle Lage geliefert hätte, habe der Antragsgegner nicht erstellen lassen. Es fehle daher an einer ordnungsgemäßen Ermittlung des Sachverhalts. Die Ausweisung der Schutzzone II lasse sich auch nicht mit der bakteriologischen Belastung der Brunnen begründen. Der Brunnen I weise keine bakteriologischen Belastungen auf. Er sei aber gerade der Brunnen, der sich am nächsten zur Wohnbebauung befinde. Weiterhin fehle es an der objektiven Bedeutung der Brunnen. So sei im Jahre 2002 aus dem Tiefbrunnen III überhaupt kein Wasser gewonnen worden. Es gebe also offensichtlich in ausreichendem Umfang andere Quellfassungen.
18 
Die Schutzgebietsfestsetzung sei schließlich auch unverhältnismäßig. Die Ausweitung der Wasserschutzzone II führe zu einer erheblichen Verletzung ihrer Planungshoheit. Gerade der westliche Ortsrand sei wesentlich für die zukünftige Siedlungsentwicklung des Teilorts X.. Am 3.7.2001 sei der Beschluss zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans gefasst worden. Der Entwurf sehe für den Bereich „X.-West“ eine Wohnnutzung und nördlich der L.er Straße eine Mischgebietsnutzung vor. Das Landratsamt L. habe den Flächennutzungsplan 2020 - allerdings unter Herausnahme der nunmehr durch die angefochtene Schutzgebietsverordnung ausgewiesenen Fläche - am 29.5.2006 genehmigt. Gerade das Gebiet „X.-West“ biete sich aus stadtplanerischer Sicht für eine Erweiterung zwingend an. Der Standort zeichne sich durch eine gute Naherholungsmöglichkeit entlang des X.bachs aus. Durch seine zentrale Lage am westlichen Ortseingang werde keine zusätzliche verkehrliche Belastung der Ortsmitte herbeigeführt. Die bereits bestehenden Erschließungen könnten der Gesamtplanung entsprechend fortgeführt werden. Die Abwasser- und Wasserleitungen würden demgemäß bei der Erschließung des Baugebiets „Lange-Hintere-Neumatt“ bereits bis an die Grenze des Baugebiets verlegt. Die fehlende Berücksichtigung ihrer Belange sei nicht zu rechtfertigen.
19 
Zunächst sei vorgesehen gewesen, die Schutzgebietszone II um weitere 5 km nach Osten auszudehnen. Damit wäre auch die bereits bestehende Bebauung des Teilorts X. in die Schutzgebietszone gefallen. Hierauf sei verzichtet worden. Deswegen hätte ermittelt werden müssen, ob sich durch eine Verringerung der Schutzgebietszone II um weitere 200 m bis 250 m eine relevante Erhöhung des Risikopotentials ergebe und ob sich eine relevante Erhöhung des Risikopotentials auch unter Beachtung strenger Schutzanforderungen für bauliche Anlagen ergebe.
20 
Mit ihrem Vorschlag, in einen künftigen Bebauungsplan Festsetzungen aufzunehmen, die eine Wassergefährdung ausschlössen, habe sich der Antragsgegner nicht auseinandergesetzt. Verbleibende Möglichkeiten der Zusatzwassererschließung seien nicht geprüft worden. Tatsächlich könne die Stadt L. zur Sicherstellung ihrer Trinkwasserversorgung in erster Linie auf Quellfassungen zurückgreifen, deren Schutzgebietszone auf ihrer eigenen Gemarkung lägen. Es sei nicht untersucht worden, warum das Wasserschutzgebiet „Im G.“ nicht intensiver genutzt werden könne. Schließlich sei die geplante räumliche Ausweisung der Schutzgebietszone II nicht widerspruchsfrei. Diese solle nördlich der geplanten Trasse der Landstraße verlaufen. Eine hydrogeologische Rechtfertigung ergebe sich hierfür nicht. Es sei rein willkürlich und offensichtlich nur durch die Rücksichtnahme auf geplante Infrastrukturmaßnahmen zu begründen.
21 
Sie beantragt,
22 
die Rechtsverordnung des Landratsamts L. vom 10.11.2009 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I - III - Wasserschutzgebiet „W.B.“ - der Stadt L. mit Ausnahme der §§ 2 und 8 für unwirksam zu erklären.
23 
Der Antragsgegner beantragt,
24 
den Antrag abzuweisen.
25 
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Tiefbrunnen im Gewann „W.B.“ seien in den Jahren 1966, 1969 und 1970 errichtet worden und seither in Betrieb. Zusammen mit dem Wassergewinnungsgebiet „Im G.“ deckten sie den Bedarf des Versorgungsgebiets. Das Grundwasser der Tiefbrunnen „W.B.“ sei schutzwürdig und schutzfähig. Die Schutzzone II diene dem Schutz vor Verunreinigungen, die von verschiedenen menschlichen Tätigkeiten und Einrichtungen ausgingen und wegen ihrer Nähe zur Fassungsanlage besonders gefährlich seien. Die bisherige Abgrenzung der Schutzzone II sei ungenügend. Dies gehe bereits aus dem hydrogeologischen Gutachten vom 26.10.1989 hervor. Eine Erweiterung des Schutzgebiets sei dringend erforderlich. Die Ermittlung der Abgrenzung der Schutzzone II sei auf zwei Arten erfolgt. Die ersten Gutachten basierten auf den Ergebnissen der numerischen Berechnung mit dem Modell WSG II. Eine Abgrenzung der Zone II bis hin zur Wohnbebauung von X.-West bedeute nach dieser Untersuchungsmethode nur noch etwa eine 45-Tage-Linie. Eine spätere abschließende Beurteilung stütze sich auf die Ergebnisse des Markierungsversuches aus dem Jahre 1970, bei dem eine Abstandsgeschwindigkeit von 4,2 m/Std. gemessen worden sei, so dass das Grundwasser innerhalb von 50 Tagen eine Fließstrecke von ca. 5 km zurücklege. Das Ergebnis bedeute somit einen noch geringeren Fließabstand von der Bebauung auf X.er Gemarkung bis zu den Tiefbrunnen. Um den hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers im W. Rechnung zu tragen, sei ähnlich wie in Karstgebieten die Zone II auf die noch unbebauten Flächen reduziert worden. Eine Schutzgebietsverordnung könne naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Würde die vorhandene Bebauung bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führen, wäre das Grundwasser nicht mehr schutzfähig. Die vorliegenden Daten gäben hierfür aber keinen Anhaltspunkt. Dennoch müsse eine Eröffnung eines weiteren Gefährdungspotentials ausgeschlossen werden. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seither geändert hätten. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führe dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten.
26 
Die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells sei für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien nicht zu erwarten. Dies gelte vor allem im Hinblick darauf, dass aufgrund der bestehenden Bebauung die 50-Tage-Linie bereits jetzt nicht eingehalten werden könne. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „W.B.“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im G.“ erfolgen. Der Brunnen III weise des Öfteren bakteriologische Belastungen auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Entsprechendes gelte für den Tiefbrunnen II. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu. Auch eine weitere Verlagerung auf den Brunnen „Im G.“ sei nicht möglich. Dies würde eine erneute Erweiterung des Wasserschutzgebiets erforderlich machen, die aber aufgrund der Nähe der Schutzzone II zur vorhandenen Bebauung, insbesondere von Gewerbegebieten nicht umsetzbar wäre. Die Stadt L. sei auf die Brunnen im Gewann „W.B.“ und im Gewann „Im G.“ angewiesen.
27 
Alternative Brunnenstandorte seien nicht gegeben. Insbesondere könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Die Antragstellerin unterliege im vorliegenden Fall aufgrund ihrer geografischen Lage einer besonderen Situationsgebundenheit, die Einschränkungen der Planungshoheit rechtfertigten. Die Trinkwasserversorgung gehöre zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz Verfassungsrang genieße. Bis zum Jahre 2002 sei ein weiterer Bedarf für die Ausweisung zusätzlicher Bauflächen nicht substantiiert geltend gemacht worden. Alternativen, durch welche von einem Bauverbot in der Zone II abgesehen werden könnte, sei nicht gegeben. Von einer Bebauung gingen grundsätzlich Gefährdungen für das Grundwasser aus. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den Bebauungsrand stelle unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten den noch größtmöglichen Schutz dar. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten. Aus Sicht des Grundwasserschutzes werde sich die Situation durch die künftige Lage der Landesstraße L 138 verbessern. Eine Reduzierung der Entnahmeraten führe nicht zu einer Verkleinerung der Zone II.
28 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Akten des Landratsamts sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
30 
Der Antrag ist zwar zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
31 
Der nach ordnungsgemäßer Verkündung der angefochtenen Verfügung am 8.12.2009 innerhalb der Ein-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO am 12.2.2010 gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig.
I.
32 
Der Antrag ist statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
33 
Die Antragstellerin ist als Behörde (vgl. § 1 Abs. 2 LVwVfG) auch antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 VwGO, ohne dass es darauf ankommt, ob sie durch die Schutzgebietsverordnung in eigenen Rechten verletzt werden kann (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO).
34 
Für die Antragsbefugnis einer Behörde ist Voraussetzung, dass sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N.) oder dass die Rechtsvorschrift sie jedenfalls in ihrer Tätigkeit berührt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - VBlBW 1987, 461). Für die Antragsbefugnis einer Gemeinde als Behörde ist deshalb ausreichend, dass die angegriffene Norm sich für ihr Gebiet auswirkt und von ihr zu beachten ist (BVerwG, Beschl. v. 15.3.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307). Die Gemeinden verwalten - soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen - in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben allein und unter eigener Verantwortung (Art. 71 Abs. 2 Satz 1 LV, § 2 Abs. 1 GemO). Im Hinblick auf diesen allumfassenden Wirkungskreis wird eine Gemeinde durch die Teile ihres Gebietes flächendeckend erfassenden, zahlreiche Gebote und Verbote enthaltenden wasserrechtlichen Schutzverordnungen in ihrem Aufgabenkreis berührend eingeschränkt. Dies löst die Befugnis aus, die Rechtmäßigkeit dieser Einschränkung gerichtlich überprüfen zu lassen, soweit es sich - wie hier - um Rechtsvorschriften i.S.v. § 47 Abs. 1 VwGO handelt.
35 
Ob sich die Antragstellerin zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auch auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) in Gestalt der Planungshoheit (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236) berufen kann, braucht der Senat deshalb nicht abschließend zu erörtern. Hieran bestünden allerdings erhebliche Zweifel. Denn dafür wäre nach ständiger Rechtsprechung Voraussetzung, dass die Schutzgebietsverordnung eine hinreichend bestimmte Planung der Antragstellerin nachhaltig stört oder durch sie wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung gänzlich entzogen werden (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124; Beschl. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.1992 - 8 S 1741/92 - NuR 1994, 84; Gerichtsbescheid v. 7.4.1997 - 8 S 2550/96 - VBlBW 1997, 387). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entnehmen (vgl. hierzu nachfolgend die Ausführungen unter B.II.4.).
B.
36 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
37 
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor und auch sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
38 
Verfahrens- oder Formfehler bei der Normsetzung sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
39 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG a.F. wurden die durch die angefochtene Verordnung betroffenen Gemeinden - insbesondere die Antragstellerin - angehört. Der Entwurf der angefochtenen Verordnung wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG a.F. i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt.
40 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.6.2009 - 3 S 1108/07 - juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]).
41 
3. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerfBW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der WSV nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 - BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/08 - VBlBW 2009, 220).
II.
42 
Die angefochtene Verfügung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
43 
Die Verordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG in der bei ihrem Erlass noch geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl I S. 3245).
44 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., der insoweit mit dem am 1.3.2010 in Kraft getretenen § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009 (BGBl I S. 2585) inhaltlich übereinstimmt (ebenso BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 - juris), i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung - WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG) - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG a.F.). Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG a.F. können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 52 WHG) u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
45 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 -, juris; Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - NVwZ 2006, 85; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn bei der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nicht um die planende, potentiell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Das Wohl der Allgemeinheit bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005, a.a.O. - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 13, 40 ff. m.w.N.).
46 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG,10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 41). Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn dies vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
47 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Landratsamt L. als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG a.F.) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. und § 24 WG a.F. ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und vom 21.10.1992 sowie den hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des LGRB vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und vom 24.10.2007 die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Wasserschutzgebietsverordnung (vgl. BayVGH, Urt. v. 1.8.2011 - 22 N 09.2729 - ZfW 2012, 94) dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Stadt L. (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (4.).
48 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. sind zweifellos erfüllt. Denn das in „W.B. I - III“ geförderte Grundwasser mit dem dazugehörigen Wasserreservoir dient als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Versorgung der Bevölkerung L.s. Dies zeigt bereits die der Stadt L. am 11.7.2006 erneut erteilte, bis 2036 geltende wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser aus den Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
49 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
50 
Schutzwürdigkeit in diesem Sinn ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: das Vorkommen im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen I - III der „W.B.“ - nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Zur Wasserversorgung müssen aber - insbesondere aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten Umweltschädigungen - auch weniger gute, bereits in gewissem Umfang belastete Wasservorkommen beitragen. Dies gilt zum Beispiel auch dann, wenn die Qualität des gewonnenen Wassers für Trinkwasserzwecke erst durch verstärkte Aufbereitung gewahrt werden kann, weil es den Anforderungen der (in Umsetzung der RL 98/83/EG vom 3.11.1998 erlassenen) Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 21.5.2001 (BGBl. I, 959) - TrinkwV - nicht mehr entspricht. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG a.F. zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870; Kibele, ZfW 2012, 177).
51 
Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen schutzwürdig, auch wenn das bezogene Grundwasser aus dem Brunnen III periodisch mikrobiologische Belastungen mit Grenzwertüberschreitungen coliformer Bakterien aufweist. Diesen zu begegnen, dient im Ergebnis die angefochtene Verordnung, mit ihrer gegenüber ihrer Vorgängerregelung vergrößerten Engeren Schutzzone II. Gerade die Schutzgebietsausweisung mit den darin geltenden Schutzbestimmungen ist ein geeignetes Instrument, um Grundwasservorkommen langfristig normativ zu schützen und dauerhaft einen guten Zustand des Grundwassers i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik - WRRL - vom 23.10.2000 und - speziell das Grundwasser betreffend - der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung vom 12.12.2006 zu gewährleisten. Dem dienen in besonderem Maße die Schutzbestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung - SchALVO - vom 20.2.2001 (GBl. S. 145), die gemäß § 2 Abs. 1 SchALVO für Wasserschutzgebiete gilt und auf deren Geltung die WSV in § 2 ausdrücklich hinweist. Deren Zweck besteht gerade darin, zum Schutz von Rohwässern der öffentlichen Wasserversorgung deren Belastungen zu minimieren. Im Übrigen ist das aus dem Brunnen III gewonnene Grundwasser nach Aufbereitung zur Trinkwasserverwendung geeignet.
52 
3. Der unter Schutz gestellte Grundwasserkörper ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
53 
a) In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
54 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG a.F.). Deshalb bedurfte es bei Erlass der Verordnung nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 18). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor pathogenen Mikroorganismen, die infolge landwirtschaftlicher Bodennutzung, gewerblicher Tätigkeiten oder durch Wohnbebauung in das Grundwasser gelangen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a WG a.F. Rn. 17). Zudem haben das GLA und das LGRB in ihren Gutachten und Stellungnahmen nachvollziehbar ausgeführt, dass die bisherige Abgrenzung des Wasserschutzgebietes, insbesondere der Zone II, zum Schutz der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vor Schadstoffen nicht mehr ausreicht. Dies hat auch die Antragstellerin substantiiert nicht in Zweifel gezogen.
55 
Der Umstand, dass die Schutzzone II nicht nach der 50-Tage-Linie bemessen ist, die die in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser - LAWA - erarbeiteten Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, e.V. - DVGW - für Trinkwasserschutzgebiete; Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser, Technische Regel - DVGW-Arbeitsblatt W 101 vom Juni 2006 - grundsätzlich vorsehen, nimmt dem Wasserschutzgebiet nicht die Schutzbedürftigkeit. Denn nach den Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB geben die vorliegenden Daten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die vorhandene Bebauung im Westen des Gemeindegebiets der Antragstellerin, die in der 50-Tage-Linie liegt, bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führten. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 26.9.2006 ausgeführt, es sei notwendig, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze des Ortsteils Steinen als Zone II als minimalen Schutz auszuweisen. Die hygienische Reinheit des Trinkwassers müsse ferner durch eine entsprechende Überwachung und die Aufbereitungsanlage im Wasserwerk garantiert werden. Zwar werde damit die grundsätzlich erforderliche Schutzzone, die sich aus der 50-Tage-Linie ergebe, nicht erreicht. Eine Schutzgebietsverordnung könne jedoch naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten im maßgebenden Aquifer. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den westlichen Bebauungsrand stelle denjenigen Schutz dar, der unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten der noch größtmögliche Schutz sei.
56 
Gegenteiliges wäre fachlich nicht vertretbar, wie auch die weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. E. vom 26.9.2006 aufzeigt. Danach seien im Wasser des Brunnens III des Öfteren, im Brunnen II gelegentlich bakteriologische Belastungen festgestellt worden. Es werde davon ausgegangen, dass Uferfiltrat des (nördlich gelegenen) Steinenbachs zu den Brunnen fließe. Nach dem Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und den dort als Anlage enthaltenen Grundwassergleichenpläne sowie den Auswertungen der Firma Hydrodata 1999 fließe das Grundwasser im Bereich der Brunnen in etwa von Ost nach West. Ein erheblicher Teil des Grundwassers im W. bestehe nach den hydrochemischen Befunden aus kurzfristigem und langfristigem Uferfiltrat der (südlich der Brunnen parallel zur B 317 fließenden) Wiese. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei im W. nur von untergeordneter Bedeutung. Die bestehenden hohen Abstandsgeschwindigkeiten ergäben sich aus einem Färbversuch aus dem Jahre 1970. Die große Diskrepanz zwischen den berechneten und den mit dem Markierungsversuch gemessenen Fließgeschwindigkeiten hätten ihre Ursache in dem inhomogenen Aufbau der Talfüllung des W.s. Offensichtlich seien geringmächtige besonders durchlässige Gerölllagen verantwortlich für sehr schnelle Fließwege. Die Berechnungen zeigten, dass die Zone II bis an den Rand der bestehenden Bebauung, und, bedingt durch die Entnahme im Brunnen I, auch in den Randbereich der Bebauung reiche. Die relativ geringe Abhängigkeit der Größe der Zone II von der Entnahmerate beruhe auf den generell hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten im K. des W.s. Vor diesem Hintergrund werde vorgeschlagen, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze von Steinen als Zone II auszuweisen. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten, auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten.
57 
Die Tatsache, dass die vorhandene Bebauung für das Trinkwasservorkommen bisher zu keinen Problemen geführt hat, hat den Antragsgegner erkennbar veranlasst, die Schutzzone II nicht entsprechend der 50-Tage-Linie festzusetzen. Denn auch eine vorhandene Ortsbebauung oder Gewerbenutzung, die bei nachträglichen Wasserschutzgebietsfestsetzungen grundsätzlich eigentumsrechtlichen Bestandsschutz genießen, schließen es grundsätzlich nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch entsprechende zusätzliche Verbote und Beschränkungen zu verhüten (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.1.2008 - 22 N 04.3471 - juris). Das - die Interessen der Antragstellerin im Rahmen des fachlich Vertretbaren insoweit berücksichtigende - Vorgehen des Landratsamts L. ist nicht zu beanstanden. Die Verkürzung der 50-Tage-Linie entspricht den Vorgaben der DVGW-Richtlinie W 101 (vgl. Nr. 4.3.1 und - insbesondere bei Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis - Nr. 4.3.2; siehe hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris). Dass diese Vorgehensweise auch im vorliegenden Fall fachlich vertretbar ist, weil die Schutzwürdigkeit des Grundwasservorkommens damit nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, hat Dr. S. vom LGRB als Vertreter der Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
58 
Andererseits kann hieraus nicht - wie die Antragstellerin meint - der Schluss gezogen werden, dass eine weitere nach Westen ausgreifende Bebauung gleichfalls keine Gefährdung darstelle. Denn der Wasserschutzgebietsverordnung geht es vor allem darum, künftige Gefährdungen - insbesondere in der Zone II - auszuschließen. Ebenso wie Dr. E. in seinen oben angeführten Stellungnahmen hat auch Dr. S. in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die DVGW-Richtlinie W 101 überzeugend ausgeführt, dass jegliche Bebauungen - insbesondere gewerbliche Grundstücksnutzungen - ein starkes Risikopotenzial für das geschützte Trinkwasserreservoir darstellten. Nach Tabelle 1 Nr. 1 und Nr. 4 zur DVGW-Richtlinie W 101 stellten die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und neuer Baugebiete in der Zone II ein hohes Gefährdungspotenzial dar. Diese lägen vor allem in der Verminderung von Deckschichten. Weitere besondere Gefahrenquellen stellten insbesondere die Bauphasen und Kanalisationsanlagen auch bei Einhaltung erhöhter Anforderungen an Material und Dichtigkeit dar.
59 
Der mit einem Hinweis auf die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 8.1.1997 verbundene Einwand der Antragstellerin, die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ könnten unter Zulassung von baulichen Nutzungen auch durch Auflagen geschützt werden, geht fehl. Sie übersieht, dass die in der genannten Verordnung getroffenen Regelungen den Bereich bereits bestehender Bebauungspläne und Anlagen betreffen und somit Ausdruck des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG sind. Die Schutzgebietszone II der angefochtenen WSV ist indessen - mit Ausnahme eines landwirtschaftlichen Hofes - frei von Bebauung und liegt gerade nicht im räumlichen Geltungsbereich von Bebauungsplänen der Antragstellerin.
60 
b) Die Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ist vorliegend auch räumlich - hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets - gegeben. Denn insoweit erfordert der Schutz des Grundwassers im Hinblick auf die öffentliche Trinkwasserversorgung die in der Wasserschutzgebietsverordnung festgesetzte Gebietsabgrenzung.
61 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Wasserversorgung, etwa einer Trinkwassergewinnungsanlage, liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (§ 51 Abs. 1 WHG) ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Beschl. v. 23.1.1984 - 4 B 157.83 u.a. - ZfW 1984, 294; Beschl. v. 30.9.1996 - 4 NB 31.96 - u.a. NVwZ 1997, 887; Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
62 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichnet sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 45, Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 46; Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 51 WHG Rn. 42).
63 
Die angefochtene Verordnung ist nach diesen Maßgaben auch in der räumlichen Abgrenzung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht zu beanstanden. Sowohl das GLA in seinem hydrologischen Abschlussgutachten zur Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets einschließlich der vorgesehenen Schutzzonen I - III für die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vom 26.10.1989 und seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 als auch das LGRB in seinen Gutachten vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 haben unter Berücksichtigung der hydrogeologischen-hydraulischen Gegebenheiten und in ausführlicher Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen nachvollziehbar und folgerichtig die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets dargelegt.
64 
Das GLA und das LGRB haben sich dabei zu Recht an dem als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ herangezogenen DVGW-Arbeitsblatt W 101 orientiert. Diese „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind; sie sind mithin also eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG a.F. und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a.F. Rn. 46f; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 70; Kotulla, WHG, § 51 Rn. 25 ff.; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 58; Schwind, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 63 f.).
65 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen vermögen die überzeugenden gutachterlichen Aussagen des GLA und des LGRB nicht in Frage zu stellen. Weder enthalten diese offen erkennbare Mängel oder gehen von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, noch weisen sie unlösbare Widersprüche auf. Auch bestehen an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Fachgutachter keinerlei Zweifel (vgl. zu diesen Kriterien bei der Beurteilung von Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen BVerwG, Beschl. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris; Urt. v. 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 - juris).
66 
aa) Der Einwand der Antragstellerin, die vom Antragsgegner herangezogenen Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB seien veraltet und deshalb nicht mehr verwertbar, trifft nicht zu. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seit Erstellung des Abschlussgutachtens des GLA vom 26.10.1989 geändert hätten, hat das LGRB in seiner Stellungnahme vom 24.9.2004 mit überzeugenden Gründen verneint. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führten dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten. Im W. finde ein dauernder Austausch von Wiese-Wasser und Grundwasser statt. Ein erheblicher Teil des Grundwassers bestehe somit aus Uferfiltrat der Wiese. Hinzu kämen der Randzustrom vom Festgestein in den Talkieseaquifer und der Zustrom aus den Nebentälern des W.s. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei daher für das Grundwasserdargebot im W. nur von untergeordneter Bedeutung.
67 
bb) Auch mit der von der Antragstellerin geforderten Erstellung eines numerischen Grundwassermodells hat sich das LGRB auseinandergesetzt und nachvollziehbar ausgeführt, dass zum einen die Datengrundlage für die Abgrenzung der Schutzzone ausreichend sei. Der Markierungsversuch sei nach den auch heute noch gültigen Regeln von Wissenschaft und Technik durchgeführt worden und gut dokumentiert. Die Ergebnisse des Färbversuchs aus dem Jahre 1970 seien nach wie vor gültig. Zum anderen sei ein numerisches Grundwassermodell für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Ferner hätten für die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells weitere Grundwassermessstellen eingerichtet und hydrochemische Untersuchungen im Hinblick auf die Uferfiltratanteile von Steinenbach und Rohrbach durchgeführt werden müssen. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien indes auch durch die geforderte Erstellung eines numerischen Grundwassermodells nicht zu erwarten. Diesen umfangreichen fachbehördlichen Stellungnahmen ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten.
68 
cc) Der Hinweis der Antragstellerin, im Gutachten des LGRB vom 24.11.2005 (Dokumentation des Färbversuchs aus dem Jahre 1970) werde der Vorschlag gemacht, eine zusammenfassende neue hydrogeologische Bearbeitung des W.s eventuell unter Einbeziehung des schweizerischen Wassergewinnungsgebietes „Lange Erlen“ durchzuführen, nimmt die weiteren Ausführungen in dieser und der ergänzenden Stellungnahme nicht zur Kenntnis. Denn dieser Vorschlag bezieht sich zum einen auf das gesamte W.. Zum anderen führt Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 21.9.2006 aus, dass eine neue Bilanzierung des Wasserhaushalts des gesamten W.s - zwar - wünschenswert wäre, aber für die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die „W.B.“ nicht maßgebend sei. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass nach den neu überprüften Ergebnissen fundierte Unterlagen zur hydrogeologischen Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „W.B.“ vorlägen.
69 
dd) Soweit die Antragstellerin die Vermutung äußert, dass die Schutzzone II im Süden allein deshalb in der ausgewiesenen Abgrenzung erfolgt sei, damit die geplante Neutrassierung der Landesstraße 138 - unter Wegfall der jetzt vorhandenen Straßenführung - in die Schutzzone III zu liegen komme, bleibt sie jegliche greifbare Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen bei der fachbehördlichen Abgrenzung und ihr folgend der Festsetzung durch das Landratsamt L. schuldig. Im Übrigen haben sowohl der Vertreter der Fachbehörde Dr. S. vom LGRB wie auch die Vertreter des Beklagten überzeugend ausgeführt, dass die geplante Neutrassierung der L 138 weder in der Schutzzone III noch in der Schutzzone II eine Gefährdung für das zu schützende Grundwasservorkommen im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ darstellen würde. Denn beim Bau und dem Betrieb dieser Straße wären die fachlich bewährten Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) - Ausgabe 2002 - zu beachten. Diese von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung von Vertretern der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e.V. (ATT) aufgestellten Richtlinien bieten aufgrund der dort für die Schutzzone II und III vorgesehenen Schutzmaßnahmen (vgl. nur Nrn. 4.2, 5.3, 5.4 und insbesondere Nrn. 6.2 und 6.3) eine Gewähr dafür, dass eine Grundwasserbeeinträchtigung nicht zu besorgen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris; Bay.VGH, Urt. v. 27.10.2006 - 22 N 04.2609 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.7.2002 - 5 S 2715/01 - ZLW 2004, 160). Gegenteiliges wird auch von der Antragstellerin nicht behauptet.
70 
4. Der Senat bejaht auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der „W.B. I - III“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers.
71 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N; Sieder/Zeitler/Dah- me, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467).
72 
Nach Maßgabe dessen vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.
73 
a) Die Planungshoheit der Antragstellerin wird durch die angefochtene Verordnung nicht unverhältnismäßig betroffen.
74 
Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen (vgl. hierzu die Schutzbestimmungen unter §§ 3 ff. WSV). Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen.
75 
Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160; Beschl. v. 15.4.2003 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116; Urt. v. 9.2.2005 - 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813; Urt. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259; Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 - 7 CN 1.04 - BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung insbesondere BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 181; zur dieser Situationsgebundenheit vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1982 - 5 S 1359/81 - DVBl 1983, 639).
76 
Die Antragstellerin hat in Reaktion auf die geplante Wasserschutzgebietsausweisung während des Verwaltungsverfahrens eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, in dem Bau- und Mischgebiete in der zu diesem Zeitpunkt bereits geplanten und nachfolgend auch festgesetzten Schutzzone II dargestellt werden. Dieser Flächennutzungsplan erlangte aber mangels Genehmigung des Landratsamts L. insoweit keine Wirksamkeit. Die Antragstellerin hat gegen diese - teilweise - Versagung der Genehmigung ihres geänderten Flächennutzungsplans keinen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Die Verfügung des Landratsamts L. vom 29.5.2006 ist daher bestandskräftig geworden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine konkretisierte und verfestigte Planung in dem oben genannten Sinn nicht festzustellen. Eine weitere durch die angefochtene Verordnung nachhaltig gestörte Planung hat die Antragstellerin nicht dargelegt (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast der Gemeinde bezüglich ihrer konkreten Planung BVerwG, Beschl. v. 15.4.2004 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116).
77 
b) Selbst wenn im Hinblick auf den Flächennutzungsplan der Antragstellerin von einer konkretisierten und verfestigten Planung im vorgenannten Sinne auszugehen wäre, weil die Antragstellerin auch nach Versagung der Genehmigung dieses Plans an ihren ursprünglichen Vorstellungen festhalten möchte, rechtfertigte dies keine andere Beurteilung. Denn auch in diesem Fall führte die von der Antragstellerin befürchtete Verkürzung ihrer gemeindlichen Entwicklungschancen nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in ihre kommunale Planungshoheit, weil dieser Belang vorliegend gegenüber den konkreten Bedürfnissen der Trinkwasserversorgung zurücktreten müsste.
78 
Die Antragstellerin unterliegt insoweit einer besonderen Situationsgebundenheit, als auf ihrem Gemarkungsgebiet ein bedeutender Grundwasservorrat vorhanden ist, der auch für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist und auf den die Stadt L. zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung angewiesen ist. Mit Blick auf den in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 6.11.2013 - 9 A 9.12 - juris m.w.N.) zu berücksichtigenden Grundsatz der Priorität ist darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Wasserschutzgebietsausweisung das Gemarkungsgebiet der Antragstellerin nicht erstmals betroffen ist. Vielmehr wurde bereits 1977 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I bis III im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet festgesetzt. Ferner lagen bereits lange vor der geänderten Flächennutzungsplanung insbesondere im Hinblick auf das Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuabgrenzung des bereits festgesetzten Wasserschutzgebiets - insbesondere der Zone II - mit einer deutlichen Erweiterung auf die im Westen der Antragstellerin liegende Gemarkung geplant war. Denn gerade in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin Schritte zur Änderung ihres Flächennutzungsplans unternommen. Ferner hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, bei ihrer gemeindlichen Entwicklung zwingend gerade auf die Flächen, die nunmehr in der Schutzzone II liegen, angewiesen zu sein.
79 
Zudem verbleiben der Antragstellerin auch Räume für die weitere ortsplanerische Gestaltung. In der Schutzzone III, in die weite Teile des Gemarkungsgebiets der Antragstellerin fallen, ist nach § 3 WSV die Ausweisung von Baugebieten und die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben grundsätzlich zulässig. Da die Schutzzonen I und II westlich der bebauten Ortslage liegen, stehen der Antragstellerin auch weiterhin nördlich, östlich und südlich hiervon Gemeindeflächen zur weiteren Entwicklung zur Verfügung.
80 
c) Der bei einer Wasserschutzgebietsverordnung zugrundegelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer Wasserschutzgebietsverordnung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden. Es ist also nicht zu prüfen, ob der Träger der Wasserversorgung einen Brunnen auch an anderer Stelle mit gleichem Erfolg hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
81 
Nach den Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen des GLA und des LGRB sowie der Stellungnahme der badenova vom 25.9.2007, die für die Stadt L. die Wasserversorgung durchführt, gibt es im Übrigen zu den Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ keine Alternative. Gegenteiliges wird von der Antragstellerin zwar behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang hat die Fachbehörde insbesondere auch den Vorschlag der Antragstellerin auf Verschiebung der Brunnen zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Brunnen I bis III der „W.B.“ in einem Bereich mit optimaler Aquifermächtigkeit und somit optimaler Ergiebigkeit abgeteuft seien, so dass ein beliebiges Verschieben der Brunnenstandorte nicht möglich sei. Ferner könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Ein neuer Tiefbrunnen in westlicher/nordwestlicher Richtung Hauingen ergebe aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers und der zurzeit minimalen Abgrenzung der Zone II für deren Längsausdehnung keine Änderung. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „Wilden Brunnen“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im Grütt“ erfolgen. Der Brunnen III weise periodisch bakteriologische Belastungen mit coliformer Bakterien auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Auch bei dem Tiefbrunnen II seien zuweilen - wenn auch in deutlich geringerem Umfang - bakteriologische Belastungen feststellbar. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu.
82 
d) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 2 bis 6 WSV i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen vorsieht und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) - in § 7 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 26.6.2002 - 22 N 01.2625 - ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.5.2004 - 8 S 471/03 - n.v.).
83 
e) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III (vorliegend mit der weiteren Unterteilung der Zone III in Teilfläche 1 und 2) und ihre Abgrenzung folgt schließlich den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in dem DVGW-Arbeitsblatt W 101 aufgeführt sind (siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3, S. 6 ff.; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 6.5.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991) und die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen „Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen“ (Belzenkötter u.a., Hannover 1984).
84 
Das GLA und das LGRB haben diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - berücksichtigt; auch die WSV trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
85 
Entgegen der Meinung der Antragstellerin besteht für eine darüber hinausgehende Abwägung im Sinne des Planungsrechts - wie eingangs dargestellt - kein Raum.
86 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
88 
Beschluss vom 19. März 2014
89 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG (i.V.m. mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 [NVwZ 2004, 1327], Nr. 9.8.2 [in entsprechender Anwendung]) auf 60.000,-- EUR festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
29 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
30 
Der Antrag ist zwar zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
31 
Der nach ordnungsgemäßer Verkündung der angefochtenen Verfügung am 8.12.2009 innerhalb der Ein-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO am 12.2.2010 gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig.
I.
32 
Der Antrag ist statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
33 
Die Antragstellerin ist als Behörde (vgl. § 1 Abs. 2 LVwVfG) auch antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 VwGO, ohne dass es darauf ankommt, ob sie durch die Schutzgebietsverordnung in eigenen Rechten verletzt werden kann (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO).
34 
Für die Antragsbefugnis einer Behörde ist Voraussetzung, dass sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N.) oder dass die Rechtsvorschrift sie jedenfalls in ihrer Tätigkeit berührt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - VBlBW 1987, 461). Für die Antragsbefugnis einer Gemeinde als Behörde ist deshalb ausreichend, dass die angegriffene Norm sich für ihr Gebiet auswirkt und von ihr zu beachten ist (BVerwG, Beschl. v. 15.3.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307). Die Gemeinden verwalten - soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen - in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben allein und unter eigener Verantwortung (Art. 71 Abs. 2 Satz 1 LV, § 2 Abs. 1 GemO). Im Hinblick auf diesen allumfassenden Wirkungskreis wird eine Gemeinde durch die Teile ihres Gebietes flächendeckend erfassenden, zahlreiche Gebote und Verbote enthaltenden wasserrechtlichen Schutzverordnungen in ihrem Aufgabenkreis berührend eingeschränkt. Dies löst die Befugnis aus, die Rechtmäßigkeit dieser Einschränkung gerichtlich überprüfen zu lassen, soweit es sich - wie hier - um Rechtsvorschriften i.S.v. § 47 Abs. 1 VwGO handelt.
35 
Ob sich die Antragstellerin zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auch auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) in Gestalt der Planungshoheit (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236) berufen kann, braucht der Senat deshalb nicht abschließend zu erörtern. Hieran bestünden allerdings erhebliche Zweifel. Denn dafür wäre nach ständiger Rechtsprechung Voraussetzung, dass die Schutzgebietsverordnung eine hinreichend bestimmte Planung der Antragstellerin nachhaltig stört oder durch sie wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung gänzlich entzogen werden (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124; Beschl. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.1992 - 8 S 1741/92 - NuR 1994, 84; Gerichtsbescheid v. 7.4.1997 - 8 S 2550/96 - VBlBW 1997, 387). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entnehmen (vgl. hierzu nachfolgend die Ausführungen unter B.II.4.).
B.
36 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
37 
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor und auch sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
38 
Verfahrens- oder Formfehler bei der Normsetzung sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
39 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG a.F. wurden die durch die angefochtene Verordnung betroffenen Gemeinden - insbesondere die Antragstellerin - angehört. Der Entwurf der angefochtenen Verordnung wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG a.F. i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt.
40 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.6.2009 - 3 S 1108/07 - juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]).
41 
3. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerfBW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der WSV nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 - BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/08 - VBlBW 2009, 220).
II.
42 
Die angefochtene Verfügung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
43 
Die Verordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG in der bei ihrem Erlass noch geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl I S. 3245).
44 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., der insoweit mit dem am 1.3.2010 in Kraft getretenen § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009 (BGBl I S. 2585) inhaltlich übereinstimmt (ebenso BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 - juris), i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung - WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG) - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG a.F.). Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG a.F. können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 52 WHG) u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
45 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 -, juris; Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - NVwZ 2006, 85; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn bei der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nicht um die planende, potentiell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Das Wohl der Allgemeinheit bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005, a.a.O. - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 13, 40 ff. m.w.N.).
46 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG,10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 41). Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn dies vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
47 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Landratsamt L. als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG a.F.) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. und § 24 WG a.F. ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und vom 21.10.1992 sowie den hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des LGRB vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und vom 24.10.2007 die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Wasserschutzgebietsverordnung (vgl. BayVGH, Urt. v. 1.8.2011 - 22 N 09.2729 - ZfW 2012, 94) dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Stadt L. (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (4.).
48 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. sind zweifellos erfüllt. Denn das in „W.B. I - III“ geförderte Grundwasser mit dem dazugehörigen Wasserreservoir dient als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Versorgung der Bevölkerung L.s. Dies zeigt bereits die der Stadt L. am 11.7.2006 erneut erteilte, bis 2036 geltende wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser aus den Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
49 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
50 
Schutzwürdigkeit in diesem Sinn ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: das Vorkommen im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen I - III der „W.B.“ - nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Zur Wasserversorgung müssen aber - insbesondere aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten Umweltschädigungen - auch weniger gute, bereits in gewissem Umfang belastete Wasservorkommen beitragen. Dies gilt zum Beispiel auch dann, wenn die Qualität des gewonnenen Wassers für Trinkwasserzwecke erst durch verstärkte Aufbereitung gewahrt werden kann, weil es den Anforderungen der (in Umsetzung der RL 98/83/EG vom 3.11.1998 erlassenen) Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 21.5.2001 (BGBl. I, 959) - TrinkwV - nicht mehr entspricht. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG a.F. zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870; Kibele, ZfW 2012, 177).
51 
Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen schutzwürdig, auch wenn das bezogene Grundwasser aus dem Brunnen III periodisch mikrobiologische Belastungen mit Grenzwertüberschreitungen coliformer Bakterien aufweist. Diesen zu begegnen, dient im Ergebnis die angefochtene Verordnung, mit ihrer gegenüber ihrer Vorgängerregelung vergrößerten Engeren Schutzzone II. Gerade die Schutzgebietsausweisung mit den darin geltenden Schutzbestimmungen ist ein geeignetes Instrument, um Grundwasservorkommen langfristig normativ zu schützen und dauerhaft einen guten Zustand des Grundwassers i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik - WRRL - vom 23.10.2000 und - speziell das Grundwasser betreffend - der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung vom 12.12.2006 zu gewährleisten. Dem dienen in besonderem Maße die Schutzbestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung - SchALVO - vom 20.2.2001 (GBl. S. 145), die gemäß § 2 Abs. 1 SchALVO für Wasserschutzgebiete gilt und auf deren Geltung die WSV in § 2 ausdrücklich hinweist. Deren Zweck besteht gerade darin, zum Schutz von Rohwässern der öffentlichen Wasserversorgung deren Belastungen zu minimieren. Im Übrigen ist das aus dem Brunnen III gewonnene Grundwasser nach Aufbereitung zur Trinkwasserverwendung geeignet.
52 
3. Der unter Schutz gestellte Grundwasserkörper ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
53 
a) In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
54 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG a.F.). Deshalb bedurfte es bei Erlass der Verordnung nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 18). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor pathogenen Mikroorganismen, die infolge landwirtschaftlicher Bodennutzung, gewerblicher Tätigkeiten oder durch Wohnbebauung in das Grundwasser gelangen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a WG a.F. Rn. 17). Zudem haben das GLA und das LGRB in ihren Gutachten und Stellungnahmen nachvollziehbar ausgeführt, dass die bisherige Abgrenzung des Wasserschutzgebietes, insbesondere der Zone II, zum Schutz der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vor Schadstoffen nicht mehr ausreicht. Dies hat auch die Antragstellerin substantiiert nicht in Zweifel gezogen.
55 
Der Umstand, dass die Schutzzone II nicht nach der 50-Tage-Linie bemessen ist, die die in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser - LAWA - erarbeiteten Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, e.V. - DVGW - für Trinkwasserschutzgebiete; Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser, Technische Regel - DVGW-Arbeitsblatt W 101 vom Juni 2006 - grundsätzlich vorsehen, nimmt dem Wasserschutzgebiet nicht die Schutzbedürftigkeit. Denn nach den Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB geben die vorliegenden Daten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die vorhandene Bebauung im Westen des Gemeindegebiets der Antragstellerin, die in der 50-Tage-Linie liegt, bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führten. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 26.9.2006 ausgeführt, es sei notwendig, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze des Ortsteils Steinen als Zone II als minimalen Schutz auszuweisen. Die hygienische Reinheit des Trinkwassers müsse ferner durch eine entsprechende Überwachung und die Aufbereitungsanlage im Wasserwerk garantiert werden. Zwar werde damit die grundsätzlich erforderliche Schutzzone, die sich aus der 50-Tage-Linie ergebe, nicht erreicht. Eine Schutzgebietsverordnung könne jedoch naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten im maßgebenden Aquifer. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den westlichen Bebauungsrand stelle denjenigen Schutz dar, der unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten der noch größtmögliche Schutz sei.
56 
Gegenteiliges wäre fachlich nicht vertretbar, wie auch die weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. E. vom 26.9.2006 aufzeigt. Danach seien im Wasser des Brunnens III des Öfteren, im Brunnen II gelegentlich bakteriologische Belastungen festgestellt worden. Es werde davon ausgegangen, dass Uferfiltrat des (nördlich gelegenen) Steinenbachs zu den Brunnen fließe. Nach dem Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und den dort als Anlage enthaltenen Grundwassergleichenpläne sowie den Auswertungen der Firma Hydrodata 1999 fließe das Grundwasser im Bereich der Brunnen in etwa von Ost nach West. Ein erheblicher Teil des Grundwassers im W. bestehe nach den hydrochemischen Befunden aus kurzfristigem und langfristigem Uferfiltrat der (südlich der Brunnen parallel zur B 317 fließenden) Wiese. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei im W. nur von untergeordneter Bedeutung. Die bestehenden hohen Abstandsgeschwindigkeiten ergäben sich aus einem Färbversuch aus dem Jahre 1970. Die große Diskrepanz zwischen den berechneten und den mit dem Markierungsversuch gemessenen Fließgeschwindigkeiten hätten ihre Ursache in dem inhomogenen Aufbau der Talfüllung des W.s. Offensichtlich seien geringmächtige besonders durchlässige Gerölllagen verantwortlich für sehr schnelle Fließwege. Die Berechnungen zeigten, dass die Zone II bis an den Rand der bestehenden Bebauung, und, bedingt durch die Entnahme im Brunnen I, auch in den Randbereich der Bebauung reiche. Die relativ geringe Abhängigkeit der Größe der Zone II von der Entnahmerate beruhe auf den generell hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten im K. des W.s. Vor diesem Hintergrund werde vorgeschlagen, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze von Steinen als Zone II auszuweisen. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten, auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten.
57 
Die Tatsache, dass die vorhandene Bebauung für das Trinkwasservorkommen bisher zu keinen Problemen geführt hat, hat den Antragsgegner erkennbar veranlasst, die Schutzzone II nicht entsprechend der 50-Tage-Linie festzusetzen. Denn auch eine vorhandene Ortsbebauung oder Gewerbenutzung, die bei nachträglichen Wasserschutzgebietsfestsetzungen grundsätzlich eigentumsrechtlichen Bestandsschutz genießen, schließen es grundsätzlich nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch entsprechende zusätzliche Verbote und Beschränkungen zu verhüten (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.1.2008 - 22 N 04.3471 - juris). Das - die Interessen der Antragstellerin im Rahmen des fachlich Vertretbaren insoweit berücksichtigende - Vorgehen des Landratsamts L. ist nicht zu beanstanden. Die Verkürzung der 50-Tage-Linie entspricht den Vorgaben der DVGW-Richtlinie W 101 (vgl. Nr. 4.3.1 und - insbesondere bei Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis - Nr. 4.3.2; siehe hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris). Dass diese Vorgehensweise auch im vorliegenden Fall fachlich vertretbar ist, weil die Schutzwürdigkeit des Grundwasservorkommens damit nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, hat Dr. S. vom LGRB als Vertreter der Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
58 
Andererseits kann hieraus nicht - wie die Antragstellerin meint - der Schluss gezogen werden, dass eine weitere nach Westen ausgreifende Bebauung gleichfalls keine Gefährdung darstelle. Denn der Wasserschutzgebietsverordnung geht es vor allem darum, künftige Gefährdungen - insbesondere in der Zone II - auszuschließen. Ebenso wie Dr. E. in seinen oben angeführten Stellungnahmen hat auch Dr. S. in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die DVGW-Richtlinie W 101 überzeugend ausgeführt, dass jegliche Bebauungen - insbesondere gewerbliche Grundstücksnutzungen - ein starkes Risikopotenzial für das geschützte Trinkwasserreservoir darstellten. Nach Tabelle 1 Nr. 1 und Nr. 4 zur DVGW-Richtlinie W 101 stellten die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und neuer Baugebiete in der Zone II ein hohes Gefährdungspotenzial dar. Diese lägen vor allem in der Verminderung von Deckschichten. Weitere besondere Gefahrenquellen stellten insbesondere die Bauphasen und Kanalisationsanlagen auch bei Einhaltung erhöhter Anforderungen an Material und Dichtigkeit dar.
59 
Der mit einem Hinweis auf die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 8.1.1997 verbundene Einwand der Antragstellerin, die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ könnten unter Zulassung von baulichen Nutzungen auch durch Auflagen geschützt werden, geht fehl. Sie übersieht, dass die in der genannten Verordnung getroffenen Regelungen den Bereich bereits bestehender Bebauungspläne und Anlagen betreffen und somit Ausdruck des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG sind. Die Schutzgebietszone II der angefochtenen WSV ist indessen - mit Ausnahme eines landwirtschaftlichen Hofes - frei von Bebauung und liegt gerade nicht im räumlichen Geltungsbereich von Bebauungsplänen der Antragstellerin.
60 
b) Die Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ist vorliegend auch räumlich - hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets - gegeben. Denn insoweit erfordert der Schutz des Grundwassers im Hinblick auf die öffentliche Trinkwasserversorgung die in der Wasserschutzgebietsverordnung festgesetzte Gebietsabgrenzung.
61 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Wasserversorgung, etwa einer Trinkwassergewinnungsanlage, liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (§ 51 Abs. 1 WHG) ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Beschl. v. 23.1.1984 - 4 B 157.83 u.a. - ZfW 1984, 294; Beschl. v. 30.9.1996 - 4 NB 31.96 - u.a. NVwZ 1997, 887; Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
62 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichnet sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 45, Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 46; Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 51 WHG Rn. 42).
63 
Die angefochtene Verordnung ist nach diesen Maßgaben auch in der räumlichen Abgrenzung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht zu beanstanden. Sowohl das GLA in seinem hydrologischen Abschlussgutachten zur Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets einschließlich der vorgesehenen Schutzzonen I - III für die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vom 26.10.1989 und seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 als auch das LGRB in seinen Gutachten vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 haben unter Berücksichtigung der hydrogeologischen-hydraulischen Gegebenheiten und in ausführlicher Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen nachvollziehbar und folgerichtig die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets dargelegt.
64 
Das GLA und das LGRB haben sich dabei zu Recht an dem als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ herangezogenen DVGW-Arbeitsblatt W 101 orientiert. Diese „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind; sie sind mithin also eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG a.F. und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a.F. Rn. 46f; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 70; Kotulla, WHG, § 51 Rn. 25 ff.; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 58; Schwind, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 63 f.).
65 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen vermögen die überzeugenden gutachterlichen Aussagen des GLA und des LGRB nicht in Frage zu stellen. Weder enthalten diese offen erkennbare Mängel oder gehen von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, noch weisen sie unlösbare Widersprüche auf. Auch bestehen an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Fachgutachter keinerlei Zweifel (vgl. zu diesen Kriterien bei der Beurteilung von Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen BVerwG, Beschl. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris; Urt. v. 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 - juris).
66 
aa) Der Einwand der Antragstellerin, die vom Antragsgegner herangezogenen Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB seien veraltet und deshalb nicht mehr verwertbar, trifft nicht zu. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seit Erstellung des Abschlussgutachtens des GLA vom 26.10.1989 geändert hätten, hat das LGRB in seiner Stellungnahme vom 24.9.2004 mit überzeugenden Gründen verneint. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führten dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten. Im W. finde ein dauernder Austausch von Wiese-Wasser und Grundwasser statt. Ein erheblicher Teil des Grundwassers bestehe somit aus Uferfiltrat der Wiese. Hinzu kämen der Randzustrom vom Festgestein in den Talkieseaquifer und der Zustrom aus den Nebentälern des W.s. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei daher für das Grundwasserdargebot im W. nur von untergeordneter Bedeutung.
67 
bb) Auch mit der von der Antragstellerin geforderten Erstellung eines numerischen Grundwassermodells hat sich das LGRB auseinandergesetzt und nachvollziehbar ausgeführt, dass zum einen die Datengrundlage für die Abgrenzung der Schutzzone ausreichend sei. Der Markierungsversuch sei nach den auch heute noch gültigen Regeln von Wissenschaft und Technik durchgeführt worden und gut dokumentiert. Die Ergebnisse des Färbversuchs aus dem Jahre 1970 seien nach wie vor gültig. Zum anderen sei ein numerisches Grundwassermodell für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Ferner hätten für die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells weitere Grundwassermessstellen eingerichtet und hydrochemische Untersuchungen im Hinblick auf die Uferfiltratanteile von Steinenbach und Rohrbach durchgeführt werden müssen. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien indes auch durch die geforderte Erstellung eines numerischen Grundwassermodells nicht zu erwarten. Diesen umfangreichen fachbehördlichen Stellungnahmen ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten.
68 
cc) Der Hinweis der Antragstellerin, im Gutachten des LGRB vom 24.11.2005 (Dokumentation des Färbversuchs aus dem Jahre 1970) werde der Vorschlag gemacht, eine zusammenfassende neue hydrogeologische Bearbeitung des W.s eventuell unter Einbeziehung des schweizerischen Wassergewinnungsgebietes „Lange Erlen“ durchzuführen, nimmt die weiteren Ausführungen in dieser und der ergänzenden Stellungnahme nicht zur Kenntnis. Denn dieser Vorschlag bezieht sich zum einen auf das gesamte W.. Zum anderen führt Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 21.9.2006 aus, dass eine neue Bilanzierung des Wasserhaushalts des gesamten W.s - zwar - wünschenswert wäre, aber für die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die „W.B.“ nicht maßgebend sei. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass nach den neu überprüften Ergebnissen fundierte Unterlagen zur hydrogeologischen Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „W.B.“ vorlägen.
69 
dd) Soweit die Antragstellerin die Vermutung äußert, dass die Schutzzone II im Süden allein deshalb in der ausgewiesenen Abgrenzung erfolgt sei, damit die geplante Neutrassierung der Landesstraße 138 - unter Wegfall der jetzt vorhandenen Straßenführung - in die Schutzzone III zu liegen komme, bleibt sie jegliche greifbare Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen bei der fachbehördlichen Abgrenzung und ihr folgend der Festsetzung durch das Landratsamt L. schuldig. Im Übrigen haben sowohl der Vertreter der Fachbehörde Dr. S. vom LGRB wie auch die Vertreter des Beklagten überzeugend ausgeführt, dass die geplante Neutrassierung der L 138 weder in der Schutzzone III noch in der Schutzzone II eine Gefährdung für das zu schützende Grundwasservorkommen im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ darstellen würde. Denn beim Bau und dem Betrieb dieser Straße wären die fachlich bewährten Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) - Ausgabe 2002 - zu beachten. Diese von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung von Vertretern der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e.V. (ATT) aufgestellten Richtlinien bieten aufgrund der dort für die Schutzzone II und III vorgesehenen Schutzmaßnahmen (vgl. nur Nrn. 4.2, 5.3, 5.4 und insbesondere Nrn. 6.2 und 6.3) eine Gewähr dafür, dass eine Grundwasserbeeinträchtigung nicht zu besorgen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris; Bay.VGH, Urt. v. 27.10.2006 - 22 N 04.2609 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.7.2002 - 5 S 2715/01 - ZLW 2004, 160). Gegenteiliges wird auch von der Antragstellerin nicht behauptet.
70 
4. Der Senat bejaht auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der „W.B. I - III“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers.
71 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N; Sieder/Zeitler/Dah- me, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467).
72 
Nach Maßgabe dessen vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.
73 
a) Die Planungshoheit der Antragstellerin wird durch die angefochtene Verordnung nicht unverhältnismäßig betroffen.
74 
Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen (vgl. hierzu die Schutzbestimmungen unter §§ 3 ff. WSV). Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen.
75 
Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160; Beschl. v. 15.4.2003 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116; Urt. v. 9.2.2005 - 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813; Urt. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259; Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 - 7 CN 1.04 - BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung insbesondere BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 181; zur dieser Situationsgebundenheit vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1982 - 5 S 1359/81 - DVBl 1983, 639).
76 
Die Antragstellerin hat in Reaktion auf die geplante Wasserschutzgebietsausweisung während des Verwaltungsverfahrens eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, in dem Bau- und Mischgebiete in der zu diesem Zeitpunkt bereits geplanten und nachfolgend auch festgesetzten Schutzzone II dargestellt werden. Dieser Flächennutzungsplan erlangte aber mangels Genehmigung des Landratsamts L. insoweit keine Wirksamkeit. Die Antragstellerin hat gegen diese - teilweise - Versagung der Genehmigung ihres geänderten Flächennutzungsplans keinen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Die Verfügung des Landratsamts L. vom 29.5.2006 ist daher bestandskräftig geworden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine konkretisierte und verfestigte Planung in dem oben genannten Sinn nicht festzustellen. Eine weitere durch die angefochtene Verordnung nachhaltig gestörte Planung hat die Antragstellerin nicht dargelegt (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast der Gemeinde bezüglich ihrer konkreten Planung BVerwG, Beschl. v. 15.4.2004 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116).
77 
b) Selbst wenn im Hinblick auf den Flächennutzungsplan der Antragstellerin von einer konkretisierten und verfestigten Planung im vorgenannten Sinne auszugehen wäre, weil die Antragstellerin auch nach Versagung der Genehmigung dieses Plans an ihren ursprünglichen Vorstellungen festhalten möchte, rechtfertigte dies keine andere Beurteilung. Denn auch in diesem Fall führte die von der Antragstellerin befürchtete Verkürzung ihrer gemeindlichen Entwicklungschancen nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in ihre kommunale Planungshoheit, weil dieser Belang vorliegend gegenüber den konkreten Bedürfnissen der Trinkwasserversorgung zurücktreten müsste.
78 
Die Antragstellerin unterliegt insoweit einer besonderen Situationsgebundenheit, als auf ihrem Gemarkungsgebiet ein bedeutender Grundwasservorrat vorhanden ist, der auch für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist und auf den die Stadt L. zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung angewiesen ist. Mit Blick auf den in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 6.11.2013 - 9 A 9.12 - juris m.w.N.) zu berücksichtigenden Grundsatz der Priorität ist darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Wasserschutzgebietsausweisung das Gemarkungsgebiet der Antragstellerin nicht erstmals betroffen ist. Vielmehr wurde bereits 1977 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I bis III im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet festgesetzt. Ferner lagen bereits lange vor der geänderten Flächennutzungsplanung insbesondere im Hinblick auf das Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuabgrenzung des bereits festgesetzten Wasserschutzgebiets - insbesondere der Zone II - mit einer deutlichen Erweiterung auf die im Westen der Antragstellerin liegende Gemarkung geplant war. Denn gerade in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin Schritte zur Änderung ihres Flächennutzungsplans unternommen. Ferner hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, bei ihrer gemeindlichen Entwicklung zwingend gerade auf die Flächen, die nunmehr in der Schutzzone II liegen, angewiesen zu sein.
79 
Zudem verbleiben der Antragstellerin auch Räume für die weitere ortsplanerische Gestaltung. In der Schutzzone III, in die weite Teile des Gemarkungsgebiets der Antragstellerin fallen, ist nach § 3 WSV die Ausweisung von Baugebieten und die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben grundsätzlich zulässig. Da die Schutzzonen I und II westlich der bebauten Ortslage liegen, stehen der Antragstellerin auch weiterhin nördlich, östlich und südlich hiervon Gemeindeflächen zur weiteren Entwicklung zur Verfügung.
80 
c) Der bei einer Wasserschutzgebietsverordnung zugrundegelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer Wasserschutzgebietsverordnung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden. Es ist also nicht zu prüfen, ob der Träger der Wasserversorgung einen Brunnen auch an anderer Stelle mit gleichem Erfolg hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
81 
Nach den Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen des GLA und des LGRB sowie der Stellungnahme der badenova vom 25.9.2007, die für die Stadt L. die Wasserversorgung durchführt, gibt es im Übrigen zu den Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ keine Alternative. Gegenteiliges wird von der Antragstellerin zwar behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang hat die Fachbehörde insbesondere auch den Vorschlag der Antragstellerin auf Verschiebung der Brunnen zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Brunnen I bis III der „W.B.“ in einem Bereich mit optimaler Aquifermächtigkeit und somit optimaler Ergiebigkeit abgeteuft seien, so dass ein beliebiges Verschieben der Brunnenstandorte nicht möglich sei. Ferner könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Ein neuer Tiefbrunnen in westlicher/nordwestlicher Richtung Hauingen ergebe aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers und der zurzeit minimalen Abgrenzung der Zone II für deren Längsausdehnung keine Änderung. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „Wilden Brunnen“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im Grütt“ erfolgen. Der Brunnen III weise periodisch bakteriologische Belastungen mit coliformer Bakterien auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Auch bei dem Tiefbrunnen II seien zuweilen - wenn auch in deutlich geringerem Umfang - bakteriologische Belastungen feststellbar. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu.
82 
d) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 2 bis 6 WSV i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen vorsieht und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) - in § 7 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 26.6.2002 - 22 N 01.2625 - ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.5.2004 - 8 S 471/03 - n.v.).
83 
e) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III (vorliegend mit der weiteren Unterteilung der Zone III in Teilfläche 1 und 2) und ihre Abgrenzung folgt schließlich den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in dem DVGW-Arbeitsblatt W 101 aufgeführt sind (siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3, S. 6 ff.; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 6.5.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991) und die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen „Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen“ (Belzenkötter u.a., Hannover 1984).
84 
Das GLA und das LGRB haben diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - berücksichtigt; auch die WSV trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
85 
Entgegen der Meinung der Antragstellerin besteht für eine darüber hinausgehende Abwägung im Sinne des Planungsrechts - wie eingangs dargestellt - kein Raum.
86 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
88 
Beschluss vom 19. März 2014
89 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG (i.V.m. mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 [NVwZ 2004, 1327], Nr. 9.8.2 [in entsprechender Anwendung]) auf 60.000,-- EUR festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Tenor

Der Antrag, die Rechtsverordnung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes in den Gemarkungen Sinzig (Stadt Sinzig), Niederbreisig, Oberbreisig und Rheineck (Verbandsgemeinde Bad Breisig), Kreis Ahrweiler vom 9. November 2011 zugunsten der beigeladenen Stadt Sinzig für unwirksam zu erklären, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung seitens des Antragsgegners und der Beigeladenen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn diese nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsverordnung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord über die Festsetzung des Wasserschutzgebiets „Goldene Meile“ zugunsten der beigeladenen Stadt Sinzig in den Gemarkungen Sinzig (Stadt Sinzig), Niederbreisig, Oberbreisig und Rheineck (Stadt Bad Breisig).

2

Im nördlichen Bereich der Rheinaue zwischen Sinzig und Bad Breisig lag das 1977 festgesetzte Wasserschutzgebiet „Goldene Meile (alt)“, dessen Regelungen 2007 außer Kraft traten. Durch eine vorläufige Anordnung des Antragsgegners wurde das Trinkwasseraufkommen auch für die Zeit danach geschützt. Unmittelbar südlich schloss sich das 1984 festgesetzte und von seiner Geltungsdauer bis 2014 befristete Wasserschutzgebiet „Am Maar“ zugunsten der Verbandsgemeinde Bad Breisig an. Die Vorplanungen für eine Neuausweisung begannen 2006. Dabei stellte sich insbesondere heraus, dass die bestehenden Anlagen in Bad Breisig umfangreich saniert werden mussten. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde entschieden, zukünftig eine gemeinsame Trinkwassergewinnung sowohl für Sinzig als auch für Bad Breisig und die übrigen Orte der vorgenannten Verbandsgemeide aus den im Gemarkungsgebiet der Beigeladenen gelegenen Brunnen „Niederau“ der Stadtwerke Sinzig vorzunehmen. Zu diesem Zweck wurde neben den bereits vorhandenen drei Wasserquellen ein weiterer Brunnen gebohrt. Im Juni 2009 schloss die Beigeladene mit der Verbandsgemeinde Bad Breisig einen Wasser-lieferungsvertrag. Seit Februar 2011 wird Bad Breisig durch die Stadtwerke Sinzig aus den neuen Brunnen versorgt. Insgesamt hatte man zu diesem Zeitpunkt laut einer Presseinformation der rheinland-pfälzischen Landesregierung rund 3,3 Millionen Euro in die erforderlichen Anlagen investiert, wobei Fördermittel in Form eines zinslosen Darlehens in Höhe von 1,65 Millionen Euro gewährt worden waren.

3

Die am 21. November 2011 durch Veröffentlichung im Staatsanzeiger Rheinland-Pfalz in Kraft getretene Rechtsverordnung vom 9. November 2011 führte zu einer erheblichen räumlichen Erweiterung des unter Schutz gestellten Gebiets, das nunmehr erstmals auch das gesamte Stadtgebiet von Niederbreisig umfasst und eine Größe von 1023,33 ha hat. Es ist in die Schutzzonen I (Fassungsbereich), II (engere Schutzzone), III A, III B und III S (weitere Schutzzone) gegliedert und wird im Osten durch das Rheinufer begrenzt.

4

Der Festsetzung des Wasserschutzgebiets liegt maßgeblich die Grundwasser-modelluntersuchung der Firma H... Ingenieurgesellschaft mbH (H...) vom Februar 2010 sowie die „Fachtechnische Begründung der Wasserschutzzonen II und III und Beschreibung der Zone I“ des Büros W… und B… GmbH vom März 2010 zugrunde. Weiterhin holte der Antragsgegner mehrere Stellungnahmen des Landesamts für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz ein und erläuterte im Juni 2011 bzw. Oktober 2011 in einem „Verbotskatalog“ die einzelnen Schutz-anordnungen

5

Dem Erlass der angegriffenen Rechtsverordnung ging ferner ein Verfahren gemäß § 122 Landeswassergesetz – LWG – in der hier maßgebenden Fassung vom 22. Januar 2004 voraus: Die Beigeladene und die Verbandsgemeinde Bad Breisig legten den Entwurf der Rechtsverordnung mit den dazu gehörenden Plänen vom 4. April bis zum 3. Mai 2011 aus. Bei der ortsüblichen Bekanntmachung und Auslegung wurde auf die am 17. Mai 2011 ablaufende Einwendungsfrist und auf den damit verbundenen Einwendungsausschluss hingewiesen. Außerdem erfolgte ein gesondertes Behördenbeteiligungsverfahren. Die Antragstellerin erhob vor Ablauf der Frist Anregungen und Bedenken. Am 6. September 2011 fand in Sinzig ein Erörterungstermin statt, den die Antragstellerin durch ihren Stadtbürgermeister und ihre Verfahrensbevollmächtigten wahrnahm. Die Einwendungen konnten dort nicht ausgeräumt werden. Unter dem 7. November 2011 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihre vorgetragenen Anregungen und Bedenken der Ausweisung des Wasserschutzgebiets nicht entgegenstünden.

6

Ihren am 19. November 2012 gestellten Antrag auf gerichtliche Normenkontrolle begründet die Antragstellerin wie folgt:

7

Vorliegend könne nicht von einer Schutzfähigkeit des Grundwasservorkommens ausgegangen werden. Der Antragsgegner verkenne bereits den Prüfungsrahmen, weil er den Gesichtspunkt einer verhältnismäßigen Belastung Dritter von vorn-herein ausgeblendet habe. Darüber hinaus sei das Wasserschutzgebiet fehlerhaft abgegrenzt worden. Dies gelte zunächst im Hinblick auf die Zone II. Gerügt werde, dass der Antragsgegner zu hohe Entnahmemengen zugrunde gelegt habe. Sein Vorgehen und die von ihm getroffenen Feststellungen seien zudem konstruiert, um auf diese Weise zu einem gewünschten Ergebnis zu gelangen. Weiterhin habe das Rheinufer – ebenso wie bei der Begrenzung der Zone III − nicht als östliche Abgrenzung gewählt werden dürfen, da dies den Mindestanforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W 101 widerspreche. Sowohl eine Verlegung der Gewinnungsanlagen als auch eine mögliche Versorgung des Gebiets der Verbands-gemeinde Bad Breisig durch Anschluss an den benachbarten Wasserversor-gungszweckverband Maifeld-Eifel sei zu Unrecht nicht geprüft worden, obwohl so unverhältnismäßige Belastungen hätten vermieden werden können. Auch die Vergrößerung der südlichen Abgrenzung über 260 Meter hinaus widerspreche den einschlägigen Richtlinien. Vor allem habe der Antragsgegner die Schutzzone III durch die Einbeziehung des gesamten Stadtgebiets von Niederbreisig zu weit in südlicher Richtung ausgedehnt. Die hierzu gegebene fachtechnische Begründung des Büros Wasser und Boden halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu beanstanden seien des Weiteren die in der Rechtsverordnung enthaltenen Schutzanordnungen. Belastbare Gefahrenanalysen und vertretbare Risikobewertungen seien nicht vorgenommen worden. Hier hätte insbesondere näher untersucht werden müssen, ob sich das abstrakte Gefährdungspotenzial zu einer „mehr oder weniger“ konkreten Gefahr verdichtet habe und eine Beschränkung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes notwendig sei. Einzelne Verbote seien zudem nicht hinreichend bestimmt, nicht nachvollziehbar und willkürlich. Insgesamt würden die Regelungen in unangemessener Weise in das Eigentum und die Berufsfreiheit der im Wasserschutzgebiet ansässigen Betriebe und Privatpersonen sowie in ihr Selbstverwaltungsrecht und in ihre Planungshoheit eingreifen. So falle ins Gewicht, dass die drei größten Gewerbebetriebe in der Zone III A faktisch mit einem Bauverbot belegt würden und keine neuen Gewerbegebiete mehr ausgewiesen werden könnten. Aus den Schutzanordnungen des Wasserschutzgebiets „Koblenz-Urmitz“ (Rechtsverordnung vom 12. Dezember 2013) folge, dass differenzierte Verbote auch für diese Zone ausreichend seien. Schließlich habe der Antragsgegner Vorgaben des Regionalen Raumordnungsplans Mittelrhein-Westerwald ignoriert.

8

Die Antragstellerin beantragt,

9

die Rechtsverordnung über die Festsetzung eines Wasserschutz-gebietes in den Gemarkungen Sinzig (Stadt Sinzig), Niederbreisig, Oberbreisig und Rheineck (Verbandsgemeinde Bad Breisig), Kreis Ahrweiler, für die Brunnen I – IV Niederau, Sinzig, Wasserschutz-gebiet „Goldene Meile“, zugunsten der Stadt Sinzig, Kirchplatz 5, 53489 Sinzig, für unwirksam zu erklären.

10

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,

11

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

12

Sie treten den Darlegungen der Antragstellerin mit eigenen Ausführungen ent-gegen.

13

Der Antragsgegner verweist darauf, dass das Wasserschutzgebiet ein bedeutendes und ergiebiges Grundwasservorkommen im nördlichen Bereich des Landes Rheinland-Pfalz schütze. Ausgehend von der Annahme, dass die Antragstellerin im Normenkontrollverfahren nur diejenigen Verbote zur Überprüfung stellen dürfe, von denen sie auch tatsächlich betroffen sei, könne sie sich hier nur auf eine Beschränkung ihrer kommunalen Planungshoheit berufen. Dabei sei der Umfang der gerichtlichen Kontrolle auf diejenigen Teile beschränkt, von denen der jeweilige Antragsteller auch tatsächlich betroffen und in eigenen Rechten verletzt werde. Der Vorwurf, er – der Antragsgegner − habe eine alternative Versorgungsmöglichkeit nicht hinreichend in Betracht gezogen, gehe schon deshalb ins Leere, weil durch die geschützten Brunnen auch das Stadtgebiet der Beigeladenen versorgt werde. Die Abgrenzung der einzelnen Schutzzone sei fehlerfrei erfolgt und entspreche den Regelungen des DVGW-Arbeitsblattes W 101. Eine Einbeziehung von Teilen des Einzugsgebiets des Rheins sei weder praktikabel noch geboten. Die Ausdehnung der Schutzzone III im Zustrombereich beruhe darauf, dass es sich bei der Niederterrasse um einen zusammenhängenden Grundwasserleiter handele, der bis südlich von Bad Breisig reiche und instationäre Verhältnisse aufweise. Unterlegt werde diese Annahme durch einen Schadensfall innerhalb der Ortslage von Bad Breisig, der wahrscheinlich ursächlich für die Ausbreitung von Schadstoffen bis in die Fassungsanlagen „Niederau“ gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei für die Rechtmäßigkeit der in die Rechtsverordnung aufgenommenen Verbote ausschließlich das Vorliegen eines abstrakten Gefährdungspotenzials maßgebend. Die einzelnen Verbotstatbestände enthielten zwar Eingriffe in Grundrechte und in die kommunale Planungshoheit, sie seien jedoch zum Schutz des Trinkwasservorkommens zulässig und insbesondere nicht unverhältnismäßig.

14

Die Beigeladene teilt die Ansicht des Antragsgegners und trägt vor, die fest-gesetzte Gebietsabgrenzung sei rechtlich nicht in Zweifel zu ziehen. Zwar müsse ein Normgeber unter Berücksichtigung der Eigentumsgarantie sowie weiterer rechtlicher Interessen möglicherweise Betroffener die örtlichen Gegebenheiten in Rechnung stellen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen, dies sei vorliegend jedoch geschehen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichne sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Deshalb begegne es keinen Bedenken, dass sich der Antragsgegner mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt habe.

15

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. April 2014 Beweis erhoben zu der Frage, ob der Antragsgegner die Schutzzone III des Wasserschutzgebiets im Hinblick auf den südlich der Brunnen I bis IV Niederau gelegenen Bereich der Niederterrasse unter Beachtung der hydrogeologischen Gegebenheiten und der fachlichen Grundsätze für die Ausweisung von Wasserschutzgebieten zutreffend festgelegt hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. C… T…, B…. und P…, Beratende Ingenieure GmbH, vom 14. Januar 2015, die ergänzende Stellungnahme vom 16. April 2015 sowie die mündlichen Erläuterungen des Gutachters im Verhandlungstermin vom 8. Oktober 2015.

16

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands ergeben sich aus dem Inhalt der Gerichtsakte mit den zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen, aus den Akten des Antragsgegners (3 Hefte und 14 Ordner) betreffend den Erlass der angegriffenen Wassergebietsschutzverordnung sowie aus der Gerichtsakte des Verfahrens 1 C 10845/13.OVG. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

17

18

Der Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Normenkontrolle hat keinen Erfolg.

19

I. Gegen seine Zulässigkeit bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

20

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 4 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung − AGVwGO – ist der Normenkontrollantrag statthaft; die angegriffene Rechts-verordnung unterfällt nicht der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO. Ins-besondere kann die Antragstellerin geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit als Teilaspekt des der Antragstellerin zustehenden Rechts auf kommunale Selbstverwaltung im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG – erscheint jedenfalls mit Rücksicht auf die beträchtliche Ausdehnung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht von vornherein ausgeschlossen; dieses umfasst überschlägig betrachtet zwischen 40 und 50 Prozent des Gemeindegebiets und die Hälfte der bebauten Ortslage von Niederbreisig, sodass negative Auswirkungen auf planerische Gesichtspunkte nicht von der Hand zu weisen sind. Vor allem berühren das Verbot, in den Schutzzonen – zum Teil beschränkt auf bestimmte Nutzungsarten – neue Baugebiete im Rahmen der Bauleitplanung auszuweisen, sowie die Beschränkungen für die Errichtung und Erweiterung baulicher Anlagen die Belange der Antragstellerin negativ, weil sie für die ortsplanerische und bauliche Entwicklung einschränkende Vorgaben beinhalten (zur Ableitung der Antragsbefugnis aus der gemeindlichen Planungshoheit vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2000 − 1 C 12087/98.OVG –, ESOVGRP).

21

II. In der Sache ist das Begehren der Antragstellerin jedoch unbegründet. Hinsichtlich des Prüfungsumfangs ist dabei dem Charakter eines Normenkontrollantrages als objektives Beanstandungsverfahren Rechnung zu tragen. Anders als bei sogenannten Individualklagen in Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO genügt bereits das Bestehen einer Antragsbefugnis gegenüber einer in der Norm getroffenen Regelung unter einem bestimmten Aspekt, wie hier, um – im Rahmen des Streitgegenstandes − eine umfassende Überprüfung der Rechtmäßigkeit auch in Bezug auf solche Bestimmungen herbeizuführen, bezüglich derer subjektive Rechte des jeweiligen Antragstellers nicht beeinträchtigt sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 47 Rn. 50).

22

Allerdings sind von der Rechtskontrolle solche Aspekte auszuklammern, die einer Präklusion gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 2 Landeswassergesetz – LWG – in der hier maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 2004 (GVBl. 2004, S. 54) unterliegen. Das bedeutet, dass wegen Umständen, für die der Einwendungsausschluss zur Anwendung kommt, nicht mehr im Wege der gerichtlichen Normenkontrolle die Unwirksamkeit der Verordnung festgestellt werden kann. Das Landesrecht schränkt insoweit den Prüfungsmaßstab des Oberverwaltungsgerichts ein (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2005 – 1 C 10258/04.OVG –, ESOVGRP). Hieran hält der Senat auch weiterhin fest.

23

Zwar ist im Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Urteils noch nicht abschließend geklärt, welche Auswirkungen das beim Europäischen Gerichtshof anhängige Vertragsverletzungsverfahren C-137/14 auf die Beibehaltung von Präklusionsvorschriften hat (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH vom 21. Mai 2015). Für den vorliegenden Fall ist sein Ausgang jedoch nicht relevant. Gegenstand des von der Europäischen Kommission eingeleiteten Verfahrens ist die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland durch die Einführung einer Präklusion nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten – UmwRG – und § 73 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG gegen Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten – UVP-Richtlinie −) sowie gegen Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) – IED-Richtlinie – verstoßen hat. Die UVP-Pflicht gilt jedoch nur für Projekte (vgl. hierzu die Legaldefinition in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a UVP-RL: Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen, sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen). Im Übrigen beinhaltet die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets wegen des damit verbundenen Schutzzwecks keinen Eingriff in Natur- und Landschaft. Darüber hinaus ist vorliegend auch keine industrielle Tätigkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 1 IED-Richtlinie gegeben.

24

Dies vorausgeschickt hält die Verordnung einer rechtlichen Nachprüfung stand.

25

Formelle Fehler sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Die von der Antragstellerin erhobenen materiell-rechtlichen Einwendungen unterfallen teilweise einem Einwendungsausschluss und liegen darüber hinaus insgesamt nicht vor.

26

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) – WHG – i.d.F. der Bekanntmachung vom 31. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2585) können Wasserschutzgebiete unter anderem festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, ein Gewässer – wozu gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG auch das Grundwasser gehört – im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung dann, wenn das Wasservorkommen schutzbedürftig, schutzwürdig und schutzfähig ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2005 – 1 C 10358/04. OVG – m.w.N., ESOVGRP). Wasserschutzgebiete werden von der oberen Wasserbehörde festgesetzt, wobei nach Schutzzonen gestaffelte Verbote, Beschränkungen und Duldungspflichten angeordnet werden können (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 LWG).

27

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze sind hier erhebliche Rechtsfehler des Antragsgegners bei der Festsetzung des Wasserschutzgebiets „Goldene Meile“ nicht ersichtlich.

28

1. Die Schutzbedürftigkeit des in Rede stehenden Grundwasservorkommens zum Zweck der Trinkwasserversorgung ist gegeben. Hierfür reicht es aus, dass das Wasservorkommen aus qualitativen Gründen für die Trinkwasserversorgung überhaupt brauchbar ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2000 –1 C 12087/98.OVG –, ESOVGRP). Davon ist auszugehen, da drei der Brunnen schon seit Jahrzehnten Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Beigeladenen gewesen sind und Wasser geliefert haben, das nach seiner Menge und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (siehe hierzu Stellungnahme des Landesamts für Geologie und Bergbau vom 20. April 2010). Da auch die Antragstellerin selbst die Schutzwürdigkeit sowohl quantitativ als auch qualitativ bejaht, sieht der Senat von weiteren Darlegungen ab.

29

2. Auch die Schutzbedürftigkeit steht nicht in Frage. Es ist vernünftigerweise geboten, abstrakte Gefährdungen für das Trinkwasser vorsorglich auszuschließen. Ein konkreter Nachweis eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts ist nicht notwendig. Vielmehr genügt ein Anlass, um typischerweise gefährdende Situationen zu begegnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 1980 − 4 C 89.77 –, BayVBl. 1980, 759). Das unter Schutz gestellte Gebiet liegt in einem Areal mit teilweise intensiven Nutzungen und lediglich sehr gering bis gering ausgebildeten Deckschichten in der Niederterrasse des Rheins. Es bedarf daher grundsätzlich der Inschutznahme des quellennahen Teils des Einzugsgebiets, um abstrakte Gefährdungen vorsorglich auszuschließen, wie sie etwa durch die Neuerrichtung baulicher Anlagen oder durch die großräumige Verletzung der schützenden Deckschichten entstünden. Die Antragstellerin zieht die Schutzbedürftigkeit ebenfalls nicht in Zweifel.

30

3. Ferner ist die Schutzfähigkeit des festgesetzten Wasserschutzgebiets gegeben. Davon ist auszugehen, wenn das Grundwasservorkommen ohne unverhältnismäßige Belastungen Dritter vor störenden Einwirkungen geschützt werden kann. Eingriffe in der Form von Schutzgebietsverordnungen müssen demnach geeignet sein, das angestrebte Schutzziel zu erreichen, sie müssen erforderlich im Sinne des geringsten Eingriffs sein, und sie müssen dem Grundsatz der Ver-hältnismäßigkeit im engeren Sinn entsprechen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. März 2000, a.a.O.; siehe auch Kerkmann in Jeromin/Prinz, Kommentar zum LWG/WHG, § 13 LWG/§ 19 WHG Rn. 42).

31

a) Soweit die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner habe den Prüfungsumfang verkannt, weil er den einschränkenden Zusatz „ohne verhältnismäßige Belastung Dritter“ ausgeblendet habe, trifft dies nicht zu, weil dieser sich mit den zahlreichen Einwendungen inhaltlich auseinandergesetzt und in eine konkrete Güterabwägung eintreten ist. Namentlich erfolgte eine ausführliche Würdigung der Anregungen und Bedenken der Betroffenen, wie sich den an sie ergangenen Mitteilungen vom 7. November 2011 entnehmen lässt.

32

b) Anders als die Antragstellerin meint, steht der Erforderlichkeit der Schutzgebietsausweisung nicht entgegen, dass eine Verlegung der Gewinnungsanlagen sowie ein Anschluss an den Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel nicht in Erwägung gezogen worden sei. Ungeachtet dessen, dass dieser Vortrag dem Einwendungsausschluss unterliegt, durfte der Antragsgegner bei der Festsetzung des Wasserschutzgebiets von den vorhandenen, in Betrieb befindlichen Brunnen Niederau ausgehen. Dies ergibt sich schon aus der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG enthaltenen Formulierung, wonach gerade auch die „bestehende“ öffentliche Wasserversorgung zu schützen ist. Die bei einer Ausweisung vorgefundene und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzte Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann deshalb im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in der Regel nicht in Frage gestellt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Dezember 2009 – 3 S 170/07 –, NuR 2010, 659).

33

Selbst wenn man aber der Auffassung ist, dass wegen des Eigentumsschutzes Betroffener nach Art. 14 GG nicht ohne weiteres von den vorhandenen Brunnenstandorten ausgegangen und auf eine alternative Prüfung nicht verzichtet werden kann, gilt dies nur dann, wenn eine sich aufdrängende alternative Trinkwassererschließung mit zumutbarem Aufwand hätte ernsthaft in Betracht gezogen werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 29. Dezember 2011 – 22 N 08.190 –, BayVBl. 2012, 500). Das ist hier nicht der Fall.

34

Eine räumliche Verlegung der Brunnen innerhalb des nunmehr bestehenden Erschließungsgebiets scheitert daran, dass eine solche Verschiebung zum einen die Gefahr einer deutlichen Reduzierung der Zuflussmengen entsprechend der in Bad Breisig zwischenzeitlich aufgegebenen Brunnen „Am Maar“, zum anderen den Zufluss verstärkt nitrat- und sulfatbelasteter Grundwässer aus den Festgesteinsbereichen mit sich gebracht hätte (vgl. Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

35

Aber auch die Prüfung eines Zusammengehens mit dem Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel musste sich dem Antragsgegner angesichts von drei funktionsfähigen Brunnen mit einem ausgebauten Leitungsnetz nicht aufdrängen. Ungeachtet dessen fällt insoweit entscheidend ins Gewicht, dass die Beigeladene und die Verbandsgemeinde Bad Breisig 2009 einen Wasserlieferungsvertrag geschlossen haben und der Antragsgegner laut unwidersprochen gebliebener Angabe des Bürgermeisters der vorgenannten Verbandsgemeinde im Termin zur mündlichen Verhandlung die Leistung von Zuwendungen in Millionenhöhe von einem gemeinsamen Versorgungssystem zwischen seiner Gebietskörperschaft und der Beigeladenen abhängig gemacht hat. Ohne diese Zuschüsse wäre die Sicherung der Trinkwasserversorgung für die beteiligten Träger dieser Aufgabe aber kaum finanzierbar gewesen. Die der Ausweisung zugrunde liegende Standortfrage sowie das Versorgungskonzept waren damit vor Erlass der Rechtsverordnung bereits abschließend geklärt, ohne dass vonseiten der Antragstellerin oder der Verbandsgemeinde Bad Breisig auch nur geltend gemacht wurde, dagegen rechtzeitig Bedenken erhoben zu haben.

36

c) Die Festlegung der Grenzen der einzelnen Schutzzonen genügt den an die Erforderlichkeit zu stellenden Anforderungen. Der hierzu erfolgte Vortrag der Antragstellerin ist deshalb – unbeschadet eines teilweise gegebenen Rügeverlustes − schon aus sachlichen Erwägungen unbeachtlich. Bezüglich dieser Bewertung geht der Senat von folgenden allgemeinen Kriterien aus:

37

Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG die flächenmäßige Ausdehnung eines Wasserschutzgebiets als erforderlich angesehen werden kann, müssen für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1984 – 4 B 157/83 und 4 B 158/83 –, BayVBl. 1984, 371). In ein Wasserschutzgebiet dürfen nur solche Grundstücke einbezogen werden, die im Einzugsbereich der zu schützenden Trinkwasserbrunnen und -quellen liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten aufgrund eingehender Prüfung der örtlichen Verhältnisse Einwirkungen auf das zu schützende Grundwasser ausgehen können. Der örtliche Normgeber muss die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. der einzelnen Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind mit verhältnismäßigen, dem konkreten Konflikt angemessenen, zumutbaren Aufwand nicht zu schließen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die zuständige Behörde bzw. der Verordnungsgeber bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt, soweit diese auf wasserwirtschaftlichen und hydrogeologischen Fakten beruhen, und sich bei der Grenzziehung an in der Natur äußerlich erkennbaren Linien und an topografischen Gegebenheiten orientiert (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Mai 2008 − 1 C 10511/06.OVG –, juris).

38

Bei der Abgrenzung kommen den durch Runderlass des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten vom 12. Juni 1963 (MinBl., S. 657) für verbindlich erklärten „Richtlinien für die Einrichtung von Schutzgebieten für Trinkwassergewinnungsanlagen (Trinkwasserschutzgebieten)“ von 1953 (jetzt: die als Arbeitsblatt W 101 veröffentlichten „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ von 2006) des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) e.V. – DVGW-Arbeitsblatt W 101 – eine wesentliche Bedeutung zu. Diese Richtlinien weisen keine Rechtsnormqualität auf. Sie stellen lediglich technische Regeln dar, die jedoch kraft eines qualifizierten Erfahrungsschatzes als „antizipierte Sachverständigengutachten“ bei der Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe zugrunde gelegt werden können (siehe OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. September 1989 − 10 C 42/88.OVG –, NVwZ-RR 1990, 126 m.w.N.). Danach sind Wasserschutzgebiete grundsätzlich in drei Zonen einzuteilen: den Fassungsbereich zum unmittelbaren Schutz der Fassungsanlage (Zone I), die engere Schutzzone (Zone II) zur Abhaltung vor allem von Verunreinigungen durch pathogene Mikroorganismen (z. B. Bakterien, Viren, Parasiten und Wurmeier) und die weitere Schutzzone (Zone III) zur Vermeidung weitreichender Beeinträchtigungen, insbesondere von nicht oder nur schwer abbaubaren chemischen oder radioaktiven Verunreinigungen. Vor diesem Hintergrund wird der mit der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets verfolgte Zweck grundsätzlich dann in geeigneter Weise erreicht, wenn die Maßnahme den Richtlinien entspricht oder aber eine Abweichung durch erkennbare, sachlich gebotene Gründe angezeigt erscheint.

39

Die Antragstellerin kann weder mit Erfolg geltend machen, der Antragsgegner habe zu Unrecht das östliche Rheinufer als Grenze des Wasserschutzgebiets festgesetzt, noch sich darauf berufen, bei der Abgrenzung der beiden Schutzzonen II und III seien im Übrigen hier relevante Rechtsfehler begangen worden.

40

aa) Der Umstand, dass das Schutzgebiet an den Rhein grenzt, stellt seine Schutzfähigkeit nicht in Frage. Dies folgt zweifelsfrei nicht nur aus den fachbehördlichen Stellungnahmen des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 17. Oktober 2011 und vom 30. April 2013, sondern auch aus den beiden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. T... vom 14. Januar und vom 16. April 2015 sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin vor dem Senat.

41

Demzufolge sind die Brunnen im Wasserwerk „Goldene Meile“ in den wasserdurchlässigen, ca. 20 m mächtigen Kiesen und Sanden der Niederterrasse des Rheins verfiltert. Der größte Teil des nutzbaren Dargebotes stammt an diesem Standort südlich der Ahrmündung aus dem Uferfiltrat des Rheins. Die klimatisch und fördertechnisch erzeugten Höhenunterschiede zwischen den Wasserspiegeln im Rhein und im Niederterrassengrundwasserleiter lösen im Fall des Wassergewinnungsgebietes Niederau eine Influenz aus, deren Ausmaß durch die hydraulische Durchlässigkeit der Sohl- und Böschungsschichten des Flusses und der angrenzenden Terrassenablagerungen gesteuert wird. Im Nachgang zu einem Unfall in der Chemieanlage der Firma Sandoz im Jahr 1986 wurde ein Verbund-forschungsvorhaben zur Sicherheit der Trinkwassergewinnung aus Rheinuferfiltrat durchgeführt, dessen Ergebnisse von H. Sontheimer 1991 publiziert wurden. Daraus ergeben sich auch auf die Brunnen im Wasserwerk Niederau übertragbare Resultate:

42

Die Infiltration des Rheinwassers erfolgt meist in einem breiten Infiltrationsbereich im Bereich des Hauptstromstriches; der geringste Anteil fließt über die Uferböschung in den Grundwasserleiter. Dadurch wird bei der Vermischung unterschiedlich alter Infiltratanteile bereits in unmittelbarer Flussnähe ein Konzentrations-ausgleich ausgelöst. Durch die geologisch bedingten Schichtungsunterschiede in einem pleistozänen Terrassenaquifer kommt es darüber hinaus zu unterschied-lichen Fließzeiten zu den Brunnen. Die Ankunft verschiedener alter und beschaffener Wässer am Brunnen erhöht die Effizienz des Konzentrationsausgleichs. Aufgrund der unterschiedlichen standörtlichen und räumlichen Durchlässigkeiten der geologischen Schichten unterstützt die Dispersion außerdem diesen Ausgleich. Ferner wirken in der Bodenpassage Adsorptions- und Assimilationsvor-gänge auf den Prozess des biologischen Abbaus von gut eliminierbaren Stoffen ein. Die unmittelbare Infiltrationszone im Flussland stellt sich insgesamt als laufend selbstreinigender „Langsamfilter“ dar, in dem Feststoffe und Kolloide sowie Mikroorganismen festgehalten, organische Wasserinhaltsstoffe mikrobiell oxidiert und schließlich eliminiert werden. Diese Abbauprozesse sind nach wenigen Metern Fließstrecke für die überwiegende Anzahl der organischen Stoffe abgeschlossen. Ein weiterer Faktor für den Konzentrationsausgleich ist die Mischung von Uferfiltrat und landseitigem Grundwasser, das aus der Grundwasserneubildung und aus Zuflüssen tributärer Einzugsgebiete stammt. Hierbei ist häufig die Belastung des landseitigen Grundwassers mit bestimmten Wasserinhaltsstoffen, wie z. B. Nitrat oder Sulfat (Härte), aufgrund vielfältiger Einflüsse durch die Landnutzung und Besiedlung größer als im Uferfiltrat.

43

Belegt wurden diese Ergebnisse durch Untersuchungen an Grundwasser-messstellen und Brunnen rheinnaher Wasserwerke in Nordrhein-Westfalen, im Labor des DVGW-Technologiezentrums Wasser in Karlsruhe sowie durch Modellrechnungen der dortigen Universität. Hinzu kommen noch Langzeitmessungen des Chloridgehalts im Rhein, der durch den werktäglichen Rhythmus der Ein-leitung kalisalzhaltiger Wässer hervorgerufen wird. In diesem Kontext stellte Sontheimer fest, dass in rheinnahen Grundwassermessstellen der typische FünfTagewoche-Gang der Chloridgehalte, der im Rhein noch eindeutig identifizierbar ist, im Uferfiltrat nicht mehr nachgewiesen werden kann. Da Chlorid als konservativer Tracer nicht abgebaut, sondern nur verdünnt werden kann, eignet sich dieser Wasserinhaltsstoff typischerweise für eine verallgemeinerungsfähige Betrachtung von Konzentrationsausgleichsprozessen.

44

Die starke Dämpfung dieser Konzentrationssignale bestätigt auch die Beobachtungen, die bei der Stoßbelastung in Folge des Chemieunfalls bei der Firma Sandoz gemacht wurden. Es wurde, unterstützt durch Modellrechnungen mit Worst-Case-Szenarien, abgeleitet, dass bei zeitlich begrenzten Stoßbelastungen, wie Chemieunfällen oder Tankerunglücken auf dem Rhein, die Misch- und Ausgleichsvorgänge nicht nachhaltig gestört oder ausgesetzt werden. Zum Durchbruch von Anteilen einer Störstoffkonzentration aus dem Fluss in den brunnennahen Grundwasserleiter kann es nur bei Dauerbelastungen und bei Belastungen mit Chemikalien kommen, die in der Bodenpassage nicht vollständig abgebaut werden (z. B. organische Sporenstoffe, sog. Xenobiotika, wie Arzneimittelrückstände etc., etwa aus undichten Kanälen oder Kläranlagenabläufen). Daher liegt das Hauptaugenmerk beim Wasserschutz von Uferfiltratwasserwerken und bei der Wasseraufbereitung dort auf den schwer oder langsam abbaubaren organischen Stoffen.

45

Für den Wasserschutz am Wasserwerk Niederau bedeutet dies nach den einleuchtenden und vom Senat geteilten Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen, dass hier durch die Nähe zum Rhein und den damit verbundenen Prozess der Uferfiltration keine besonderen Gefährdungen des Trinkwassers zu besorgen sind, was durch die vorliegenden Wasseranalysen aus den Brunnen bestätigt wird.

46

Die gegen diese fachliche Bewertung gerichteten Rügen greifen nicht durch.

47

Soweit die Antragstellerin im Hinblick auf die östliche Abgrenzung der Zone II beanstandet, es werde die nach Nr. 4.3.1 DGVW-Arbeitsblatt W 101 als äußeres Bemessungskriterium zugrunde zu legende 50-Tages-Linie nicht eingehalten, ist sie mit diesem Vorbringen bereits präkludiert.

48

Davon abgesehen wird insoweit nicht hinreichend in Rechnung gestellt, dass bei komplexen hydrogeologischen Verhältnissen Ersatzkriterien herangezogen werden können (vgl. Nr. 4.1 DVGW-Arbeitsblatt W 101). Solche Ersatzkriterien sind zum Beispiel mächtige Überdeckungen oder geologische Schichten mit einem bestimmten Retentionspotential für mikrobiologische Partikel. Im vorliegenden Fall der Wassergewinnungsanlage Niederau ist dies gerade – wie der gerichtliche Sachverständige plausibel dargelegt hat − die Uferfiltratzone des Rheins, in der nach Sontheimer der wesentliche Abbau von Stoffen und die Zurückhaltung von Partikeln stattfinden. Die Grenzziehung der Zone II bis an den Rhein widerspricht deshalb in keiner Weise den Vorgaben des technischen Regelwerks und ist dementsprechend als regelkonform zu bezeichnen. Schon aus diesen Gründen überzeugt die Argumentation der Antragstellerin mithin nicht. Jedenfalls rechtfertigen die im Gutachten angeführten Erwägungen eine Abweichung von den Grundsätzen des Arbeitsblatts.

49

Der vorstehenden Einschätzung steht weiterhin nicht entgegen, dass die das Grundwasser überdeckenden Schichten der Niederterrasse eine geringe Mächtigkeit und eine hohe Durchlässigkeit haben. Insofern hat der Sachverständige überzeugend erläutert, dass die sog. Deckschichten – als geologische Ablagerungen über dem Terrassengrundwasserleiter – nur dann als Abgrenzungskriterium für die Zonen II und III herangezogen werden können, wenn sie eine reduzierte Durchlässigkeit gegenüber dem Grundwasserleiter aufweisen, wovon hier aber nicht auszugehen ist. Insofern besteht ein Unterschied zwischen dem Prozess der Uferfiltration und der Schutzwirkung der Kolmationsschicht auf der einen und der Funktion der Deckschichten auf der anderen Seite. Beim erstgenannten Fall handelt es sich, wie angesprochen, um einen langsamen Filterprozess, der stetig abläuft, während der zuletzt genannte Tatbestand durch eine periodische Sickerwasserbildung gekennzeichnet ist, die durch den Niederschlag und die Durchlässigkeit der Böden gesteuert wird (unstetiger Prozess). Ein Wasseraustausch findet primär über die Gewässersohle in der Fahrrinne bzw. über die Uferpassage statt. Die Filtrationswirkung der Kolmationsschicht am Flussufer darf deshalb nicht verwechselt werden mit der Barrierewirkung grundwasserüberdeckender Schichten oberhalb des Terrassengrundwasserleiters.

50

Vor allem musste die Schutzgebietsgrenze aus fachlicher Sicht nicht auf der rechten Uferseite angesetzt werden. Allerdings existiert nach den Erläuterungen des Gutachters Prof. Dr. T… am Niederrhein eine Praxis, auch die Uferbereiche oder Teile des Flusses mit in eine Schutzzone einzubeziehen. Hierbei gehe es in der Regel um eine 50 m breite Zone bezogen auf die Mittelwasserlinie, die mit Ankerverboten belegt sei. Begründet werde dies mit der Vorsorge zur Vermeidung einer Beschädigung der Kolmationsschicht durch Schiffsschrauben oder Schiffsbewegungen (Wellengang). Die Ausweisung einer solchen „Sonderzone Rhein“ basiere auf den besonderen schifffahrtstechnischen Randbedingungen und den Mäanderschleifen in der Industriezone Rhein-Ruhr (Warteposition von Schiffen). Eine vergleichbare Situation besteht im vorliegend zu beurteilenden Rheinuferbereich mangels möglicher Ankerplätze indes nicht.

51

bb) Die mit der Antragsbegründung gegen die räumliche Abgrenzung der Schutzzonen II und III weiterhin vorgebrachten Argumente sind ebenfalls nicht stichhaltig.

52

(1) Soweit die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren die Ausdehnung der Schutzzone II in Frage stellt, ist sie mit ihrem Vortrag präkludiert. Aber auch in der Sache sind ihre Rügen unberechtigt.

53

Dass der Antragsgegner bei der Modellierung der Schutzzone und der Errechnung des Wasserbedarfs mit mehr als 7 Millionen m³ pro Jahr eine zu hohe Ent-nahmemenge angenommen haben soll, ist nicht richtig. Interne Berechnungen im Vorfeld weisen lediglich im Hinblick auf eine nachhaltige wasserwirtschaftliche Vorsorge für die gesamte umliegende Region unter Einbeziehung der Bedürfnisse der umliegenden Gebietskörperschaften Remagen, Grafschaft, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Zweckverband Eifel-Ahr und Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel einen derartigen Bedarf aus (vgl. E-Mail des Referenten für Grundwasser und Wasserversorgung bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 26. Februar 2008). Die Bedürfnisse der benachbarten Körperschaften wurden jedoch nicht realisiert und flossen damit auch nicht in die Überlegungen des Antragsgegners ein (vgl. dazu auch die negativen Antworten der zuletzt genannten Träger der Wasserversorgung auf die Abfrage eines möglichen Bedarfs aus der zweiten Jahreshälfte 2008). In Ansatz gebracht wurde tatsächlich ein zukünftiger Wasserbedarf für das geplante Versorgungsgebiet in Höhe von maximal 2,3 Millionen m³ pro Jahr. Dieser errechnet sich im Wesentlichen aus einer angestrebten Entnahme von 1,92 Millionen m³ pro Jahr und einem Zuschlag von 20 Prozent, um höhere Spitzenentnahmen im Sommer zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen die fachtechnische Begründung vom März 2010 in Anlehnung an die Grundlagendaten des Modells der Firma H... (H...); siehe auch die Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

54

Dass der Antragsgegner versucht haben könnte, unter Anwendung von Worst-Case-Annahmen eine zu groß bemessene Schutzzone II zu rechtfertigen, lässt sich nicht feststellen. Die Abbildung verschiedener, auch ungünstiger hydraulischer Zustände wurde nicht zur Herleitung einer überdimensionierten Ausdehnung dieser Zone verwandt, sondern diente vielmehr der notwendigen Abbildung und vollständigen Erfassung der wechselhaften Strömungszustände. Zu diesem Zweck mussten namentlich auch die Pegelstände des Rheins und der Ahr mitbetrachtet werden, da sie als Modellränder benötigt wurden. Vor allem sind die Einflüsse der Wasserstände des Rheins auf die hydraulischen Zustände prägend und durften daher nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich lagen aus dem Untersuchungsgebiet Porösitätswerte anhand ungestörter Bodenproben kaum vor und konnten deshalb, wie die sog. Leakage-Werte, vielfach lediglich abgeschätzt werden (vgl. zu allem Landesamt für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

55

Im Einzelnen plausibel und nach den Vorgaben des DVGW-Arbeitsblatt W 101 begründet ist auch die südliche Ausdehnung der Zone II. Ausgangspunkt der Grenzziehung war insoweit eine geohydrauliche Betrachtung, die eine berechnete theoretische Abstandsgeschwindigkeit von 260 m pro 50 Tage ergab. Nach der sog. Zylinderformel wurde die 50-Tages-Linie sodann in einem mittleren Abstand von 224 m angesetzt (vgl. fachtechnische Begründung, S. 33, 35). Jedoch waren neben den theoretischen Bemessungen durch die Modellsimulation (Einhüllende) und der überschlägigen Plausibilitätsprüfung mit der Zylinderformel die geologischen Verhältnisse mit Rinnenstrukturen und ähnlichen Heterogenitäten des Untergrundes zu berücksichtigen. Allen vorangegangenen rechnerischen Ermittlungen des Antragsgegners lag nämlich denknotwendig die Annahme zugrunde, dass flächendeckend gleichmäßige Untergrundverhältnisse vorherrschen. Die Auswertung von ca. 80 vorhandenen Bohraufschlüssen hat jedoch eindeutig belegt, dass im Untersuchungsgebiet eine Rinnenstruktur im Untergrund besteht, die den früher direkt nach Norden gerichteten Flussverlauf nachzeichnet (vgl. S. 13 der fachtechnischen Begründung).

56

Weiter ist davon auszugehen, dass diese Rinnen, die nicht genau lokalisierbar sind, erhöhte Durchlässigkeiten aufweisen (vgl. Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013 und des Antragsgegners vom 17. Juli 2013). Gemäß Nr. 4.3.1 Abs. 6 DVGW-Arbeitsblatt W 101 ist eine Vergrößerung der Zone II zur Erreichung des hygienischen Schutzschilds bei Hinweisen auf heterogene Strukturen im Grundwasserleiter mit besonders hochduchlässigen Fließwegen, wie hier, indes notwendig. Dass eine Vergrößerung der Zone II nur bei einer Bestimmung der 50-Tage-Linie durch Markierungsversuche in Betracht kommt, ist den Richtlinien nicht zu entnehmen. Die Vergrößerung einer abgeschätzten bzw. errechneten oder nummerisch modellierten 50-Tage-Linie ist, wenn erforderlich, nicht allein auf der Grundlage von Tracer-Versuchen möglich. Das technische Regelwerk bestimmt nur für den Fall einer solchen Ermittlung die weitere Vorgehensweise (vgl. Landesamt für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013). Andere Methoden, wie wissenschaftlich begründete Modellsimulationen, werden dadurch nicht ausgeschlossen.

57

Entscheidend ist regelmäßig die Erreichung des Schutzziels. Weist der Untergrund aufgrund in sich stimmiger fachbehördlicher Aussagen eine erhöhte Durchlässigkeit auf, so ist es sachlich geboten, diesem Umstand durch eine größere Ausdehnung der Zone II Rechnung zu tragen. Nach allem ist die Annahme der Antragstellerin, die Schutzzone reiche über die 50-Tage-Linie hinaus, irrig, da nicht die Schutzzone II über diese Linie vergrößert wurde, sondern die lediglich modelltechnisch ermittelte 50-Tage-Linie selbst aufgrund der hydrogeologischen Gegebenheiten (modelltechnisch nicht abbildbare Heterogenitäten) vergrößert werden musste (vgl. Landesamt für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

58

(2) Die Bestimmung der weiteren Grenzen der Zone III des Wasserschutzgebiets genügt ebenfalls den fachlichen Anforderungen. Dies gilt namentlich für die Erweiterung nach Süden.

59

Nach dem technischen Regelwerk (DVGW-Arbeitsblatt W 101 Nr. 4.4) reicht die Zone III in der Regel bis zur Grenze des unterirdischen Einzugsgebiets der Wassergewinnungsanlage. Oberirdisch dort hinein entwässernde Flächen können zusätzlich einbezogen werden. Der Abgrenzung sind grundsätzlich die wasserrechtlich genehmigte Jahresentnahme und die langfristig mittleren hydrologischen Ver-hältnisse zugrunde zu legen. Kann das unterirdische Einzugsgebiet bei komplexen hydrogeologischen und hydraulischen Verhältnissen nicht sicher abgegrenzt werden, sind bei der Abgrenzung des Einzugsgebiets der Fassungsanlage begründete Näherungslösungen heranzuziehen. Bei stark schwankenden Grundwasserständen ist zur Bemessung des Grundwasserschutzgebiets zu untersuchen, ob statistische Werte für niedrige und hohe Grundwasserstände Berücksichtigung finden müssen. Dabei sind hydrologisch extreme Verhältnisse nur dann bei der Einzugsgebietsabgrenzung in Ansatz zu bringen, wenn das Grundwasser aus zum Beispiel nur temporär in das Einzugsgebiet entwässernden Bereichen die Fassungsanlage tatsächlich erreicht.

60

In der Regel nimmt die Gefährdung des zu fördernden Grundwassers bei zu-nehmender Verweilzeit ab, weshalb je nach Standortbedingungen eine Unter-teilung der Schutzzone III in die Zonen III A und III B vorgenommen werden kann. Ggf. kommen auch weitere Unterteilungen in Betracht. Nach dem technischen Regelwerk ist die Unterteilung der Zone III in einer bestimmten Entfernung von der Fassungsanlage vor allem für Fassungen mit einem schmalen, langestreckten Einzugsgebiet mit gut bestimmbarer Einströmrichtung geeignet. Bei einer starken Variation der Fließzeiten von Punkten mit gleichem Abstand zur Fassung kann die Orientierung der Grenze der Zone III A/B anhand von Isochronen (Linien gleicher Fließgeschwindigkeit des Grundwassers im Untergrund; vgl. auch die vorgenannten 50-Tage-Linien) erfolgen. Welche Isochrone der Abgrenzung der Zone III A zugrunde gelegt wird, ist hier allerdings – anders als bei der Abgrenzung der Zone II – nicht durch das Regelwerk vorgegeben, sondern muss im Einzelfall begründet entschieden werden (so zusammenfassend Gutachten Prof. Dr. T… vom 14. Januar 2015).

61

Davon ausgehend ist vorliegend in Rechnung zu stellen, dass das unterirdische Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlage Niederau durch den zusammen-hängenden und flächig verbreiteten Porengrundwasserleiter der Niederterrasse dominiert wird. Nach Norden erfolgte die Abgrenzung anhand der 10-Jahres-Isochronen für mittlere und hydraulisch trockene Verhältnisse, da hier gemäß den Modellrechnungen keine räumliche Varianz der Isochronen auftrat (Ausbildung einer quasi-stationären Trennstromlinie). Nach Westen erweiterte man die Zone um das oberirdische Einzugsgebiet, soweit es durch kanalisierte Ableitungen in den Rhein hydraulisch nicht von der Niederterrasse entkoppelt ist. Nach Süden dehnte der Antragsgegner die Zone schließlich bis zum Südrand der Nieder-terrasse südlich von Bad Breisig über die im Norden angesetzte 10-Jahres-Isochrone des instationären Modells der Firma H… aus (siehe Gutachten Prof. Dr. T… vom 14. Januar 2015).

62

Die zwischen den Beteiligten umstrittene Vergrößerung des unterirdischen Einzugsgebiets in südlicher Richtung ist nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme von fachlichen Grundsätzen gedeckt und hält sich daher ebenfalls im Rahmen des dem Antragsgegner zustehenden Gestaltungsspielraums.

63

Dass der Antragsgegner nicht alle einschlägigen Regelungen des DVGW-Arbeitsblattes W 101 konsequent umgesetzt und zutreffend angewendet hat, ist unschädlich.

64

Der gerichtliche Sachverständige weist insofern darauf hin, dass die Verwendung einer angenommenen 10-Jahres-Isochrone, die eine zeitlich definierte Abfolge extremer Trockenwettersituationen, wie im Jahr 2003 real gemessen, simulieren sollte, als Grundlage für die Abgrenzung des unterirdischen Einzugsgebiets aus wissenschaftlicher Sicht nicht konsistent sei. Denn die Wahl eines 10-Jahres-Zeitraums sei wissenschaftlich weder durch die Daten der vergangenen Niederschlagsjahre noch durch die Modellprognosen der aktuellen Klimaforschung abgesichert. Hinzu komme, dass die in der fachtechnischen Begründung der Firma W… und B… und im Schreiben des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013 angeführten LHKW- und Chloridnachweise im inzwischen aufgelassenen Wasserwerk „Am Maar“ keine wissenschaftlich verwertbaren Datengrundlagen für eine tatsachenorientierte Abgrenzung der südlichen Schutzzone III darstellten. Es handle sich um qualitative Hinweise, die lediglich eine Süd-Nord-Verlagerung im sich nach Norden erweiternden Talaquifer indizierten. Eine tatsächliche Ankunft dieser Stoffe in den Brunnen Niederau sei damit nicht vorhersehbar oder ableitbar.

65

Hierauf kommt es jedoch nicht an, da die Ausweisung der Schutzzone III im Ergebnis keine Rechtsverletzung beinhaltet. Denn es besteht gleichwohl eine empirische, hydrogeologisch begründbare Möglichkeit, dass das Grundwasser bei bestimmten Rheinwasserständen und Neubildungsverhältnissen, die nicht vorhersehbar sind, die Fassung der Wassergewinnungsanlage erreicht. Wegen der angesprochenen großmächtigen Überdeckung des Einzugsgebiets der Brunnen Niederau mit gering durchlässigen, retardierend wirkenden Deckschichten dringt bei einem Hochwasserereignis nämlich breitflächig Uferfiltrat in den Terrassenkörper von Süden nach Norden ein, das je nach Ereignis den gesamten Terrassenkörper des Rheins bis zum Festgebirgsrand im Westen ausfüllen kann. In den dadurch bedingten instationären Verhältnissen ist es unmöglich, dass sich ein stabiler Trennstromfaden im Terrassenkörper ausbildet. Dies hat zur Folge, dass der gesamte Terrassenkörper potentiell als Einzugsgebiet fungiert. Die Uferfiltratschicht wird im Hochwasserfall indes durch die Überflutung der Rheinaue problemlos überwunden. Da dadurch die Schutzfunktion der Uferfiltratschicht unwirksam wird, muss der Grundwasserschutz in der Fläche des Terrassenkörpers realisiert werden. Der Hochwasserfall stellt somit für den Terrassenaquifer diejenige Randbedingung dar, die für die Abgrenzung der Zone III maßgeblich ist. Da der Rheinhochwasserfall statistisch gesehen häufiger vorkommt als extreme Trockenperioden, ist eine Wahrscheinlichkeit gegeben, dass ein einmal in den Aquifer eingespeistes Wasserteilchen aus dem Süden im Norden an den Brunnen der Wassergewinnungsanlage Niederau ankommen kann. Ein Rückfluss in den Rhein ist vor allem aus den talrandparallelen Strömungen in den rheinferneren Rinnenstrukturen innerhalb der Terrassenablagerungen im Gegensatz zu den rheinnahen Aquiferbereichen nicht zwangsläufig zu erwarten (so im Einzelnen überzeugend Gutachten Prof. Dr. T… vom 15. Januar und 16. April 2015).

66

Der Vorwurf der Antragstellerin, der Sachverständige habe in der Stellungnahme vom 16. April 2015 einen kompletten Begründungsaustausch vorgenommen, wenn er nunmehr im Gegensatz zu seinen Ausführungen im Gutachten vom Januar 2015 behaupte, dass nicht Trockenperioden, sondern Hochwasserfälle das eigentliche Problem seien, ist unzutreffend (vgl. Gutachten vom 15. Januar 2015, S. 41, 42).

67

Auch bedurfte es keiner näheren Untersuchung des Gutachters zum Vorliegen eines Hochwasserfalls, da dieser über eine ausreichendes Erfahrungswissen verfügt, um zum Beispiel die Zahl der Hochwasserereignisse abzuschätzen. Weshalb hier eine Überarbeitung der Grundwassermodelluntersuchung notwendig gewesen sein soll, erschließt sich dem Senat ebenfalls nicht. Davon abgesehen würde der von weitergehenden Untersuchungen ausgehende Erkenntnisgewinn in keinem angemessenen Verhältnis zu den anfallenden Kosten stehen.

68

Die Behauptung, dass der nördlich des Wasserwerks „Am Maar“ in Ost-West-Richtung verlaufende und im Bereich der Niederterrasse versickernde sog. Simmerbach (andere Bezeichnungen: „Tiefpfad“ bzw. „Im Teufelsteingraben“; vgl. fachtechnische Begründung, S. 51) eine Sperrwirkung auf voller Breite der Niederterrasse entfalten soll, ist zu unsubstantiiert, um diesem Einwand näher nachzugehen. Darüber hinaus hat der Sachverständige im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass der Bach zwar die Grundwasserfließrichtungen im Terrassengrundwasserleiter beeinflusse, der Einfluss aber gegenüber dem Rhein, der aufgrund seiner größeren Wassermenge und Fließdynamik einen höheren hydrostatischen Druck auf den Grundwasserleiter ausübe, gering sei.

69

Soweit die Antragstellerin ferner anführt, der Sachverständige sehe die getroffene Abgrenzung keineswegs als zwingend an, wird übersehen, dass allein maßgebend ist, ob insofern fachliche Grundsätze beachtet worden sind, wovon hier gerade auszugehen ist.

70

Die Einbeziehung oberirdischer in das Einzugsgebiet entwässernder Flächen erfolgte ebenfalls rechtfehlerfrei (vgl. fachtechnische Begründung, S. 46 ff.). Für die in diesem Zusammenhang von der Antragstellerin erhobene Rüge, es hätte auch der Rhein nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, da dieser Wechselwirkungen entfalte und von der Niederterrasse hydraulisch nicht abgekoppelt werden könne, besteht kein Raum. Aus den im Einzelnen aufgezeigten Gründen sind solche Wirkungen nicht festzustellen.

71

Präkludiert und darüber hinaus unerheblich sind die von der Antragstellerin vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der Festsetzung der nördlichen Grenze der Schutzzone III, die der Antragsgegner ebenfalls in Übereinstimmung mit fachtechnischen Grundsätzen definiert hat. Dass diese im Vergleich zur bisherigen Ausdehnung des Schutzgebiets nicht mehr bis zur Ahr reicht, beruht auf neueren hydrogeologischen Erkenntnissen, die in der Modellierung der 50-Tages-Linie durch das Abgrenzungsgutachten ihren Niederschlag gefunden haben (siehe S. 32 der fachtechnischen Begründung; vgl. auch die mündlichen Erklärungen des Sachverständigen Prof. Dr. T… in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat).

72

c) Des Weiteren sind die in der Rechtsverordnung enthaltenen Schutzanordnungen rechtmäßig.

73

aa) Vorweg ist auch insoweit klarzustellen, dass die Ermächtigung zu einer Normsetzung gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG keine konkreten, sondern typische Gefährdungssachverhalte erfasst, die erfahrungsgemäß zu Schäden führen können. Beschrieben wird also ausschließlich ein abstrakter Gefährdungstatbestand. Zwar kann nicht pauschal auf die Hinweise im DVGW-Arbeitsblatt. W 101 zurückgegriffen werden, eine Einzelfallprüfung, ob die darin aufgestellten Kriterien auch auf das Untersuchungsgebiet zutreffen, bleibt deshalb notwendig (vgl. auch OVG Saarland, Beschluss vom 22. April 1993 – 8 N 2/92 –, juris; gleichlautend Beschluss vom selben Tag – 8 N 3/92 –, ZfW 1994, 297). Diese Prüfung erfolgt aber wiederum nicht unter der Fragestellung, ob eine konkrete Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt anzunehmen ist, sondern anhand des vorbeschriebenen abstrakten Gefahrenbegriffs.

74

Überlegungen der Antragstellerin, das Vorliegen eines abstrakten Gefährdungspotentials im Rahmen eines von ihr sogenannten Drei-Stufen-Modells (vgl. Schriftsatz vom 9. Juli 2013) lediglich als Ausgangspunkt anzusehen (1. Stufe) und anschließend zu untersuchen, ob dieses sich zu einer „mehr oder weniger“ konkreten Gefahr verdichtet hat (2. Stufe) bzw. unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine Beschränkung notwendig ist (3. Stufe), sind demgegenüber nicht tragfähig. Die Antragstellerin übersieht, dass eine Rechtsverordnung ihrem Rechtscharakter gemäß lediglich generelle Regelungen treffen kann, so dass der Normgeber gezwungen und berechtigt ist, sich verallgemeinernd am Regelfall zu orientieren. Die Verallgemeinerungen müssen in diesem Zusammenhang auf einer möglichst weiten Beobachtung, die alle betroffenen Regelungstatbestände einschließt, aufbauen. Nur auf diese Weise kann ein möglichst lückenloser Schutz des Grundwassers überhaupt gewährleistet werden. Fehlende konkrete Gefährdungspotentiale sind ggf. im Rahmen der Prüfung einer Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG zu berücksichtigen.

75

An die sich daraus ergebenden Voraussetzungen hat sich der Antragsgegner gehalten, da die Festlegung der im Einzelnen untersagten Einrichtungen, Handlungen und Vorgänge auf der Grundlage der fachlichen Beurteilung der örtlichen Verhältnisse vorgenommen wurde (vgl. S. 1 des Verbotskatalogs vom Oktober 2011). Nur diese sind hier maßgebend. Ob die in anderen Wasserschutzgebieten ausgesprochenen Verbote differenzierter oder weniger belastend ausgestaltet sind, ist unerheblich.

76

bb) Der Antragsgegner hat ferner nicht dadurch inkonsequent oder sachwidrig gehandelt, dass bestehende und abstrakt gefährliche Anlagen von den Verboten ausgenommen worden sind (vgl. § 4 der Rechtsverordnung – RVO −). Eine bereits vorhandene Ortsbebauung oder Nutzung durch abstrakt gefährdende Anlagen schließt es nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch zusätzliche Verbote zu verhüten (vgl. BayVGH, Urteil vom 25. Januar 2008 − 22 N 04.3471 –, juris). So verhält es sich hier.

77

In der wasserwirtschaftlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2011 wurde abschließend eine zusammenfassende Bewertung mit dem Ergebnis vorgenommen, dass die bestehenden störenden Anlagen der Festsetzung des Wasserschutzgebiets nicht entgegenstehen. Zu diesem Zweck hat der Antragsgegner namentlich die im Wasserschutzgebiet ansässigen Betriebe nach der Landesverordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe – VAwS-Anlagen − vom 1. Februar 1996, soweit möglich, ermittelt und im Rahmen der Gefährdungsabschätzung nach abstrakt-generellen Kriterien rechtsfehlerfrei bewertet (vgl. Ordner I, Texte, IU.7).

78

Deswegen ist es nicht willkürlich, wenn die Rechtsverordnung etwa die Errichtung von neuen Abwassersammelgruben selbst in der Schutzzone III verbietet (vgl. Nr. III.21 RVO), für die vorhandene Grube eines Wassersportvereins in der Schutzzone II aber zumindest bis auf weiteres einen Bestandsschutz (vgl. § 4 RVO) vorsieht. Die in Nr. II.7 RVO aufgenommene Ausnahme von der Untersagung des Transports und der Lagerung wassergefährdender Stoffe im Fall der Andienung rechtmäßig bestehender Anlagen, darunter vor allem solche zum Zweck der Heizöllagerung (vgl. die Begründung im Verbotskatalog vom Oktober 2011), enthält nach allem ebenfalls keinen Rechtsverstoß. Darüber hinaus bewegt sich der Antragsgegner im Bereich einer zulässigen typisierenden Betrachtung, wenn er vom Verbot des Umgangs mit wassergefährdenden Stoffen im Sinne der Nr. III.22 RVO unter anderem eine Ausnahme im Hinblick auf Dieselkraftstoffe für land- und forstwirtschaftliche Betriebe macht und von einer gleichgelagerten Vergünstigung für (jegliche) gewerbliche Unternehmen absieht. Der Grad einer abstrakten Gefährdung des Grundwassers durch die in den Schutzzonen tätigen Betriebsinhaber von landwirtschaftlichen Hofstellen ist aufgrund ihrer überschaubaren Anzahl wesentlich geringer als sie wäre, wenn man generell sämtliche Gewerbebetriebe einbeziehen würde.

79

cc) Das gegen die rechtliche Wirksamkeit einzelner Schutzanordnungen gerichtete sonstige Vorbringen der Antragstellerin führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Namentlich ist auch keine Teilunwirksamkeit der betreffenden Regelungen gegeben.

80

(1) Die Planungshoheit der Antragstellerin aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG wird durch die in der angefochtenen Verordnung getroffenen Regelungen des § 3 RVO, darunter vor allem die Verbote zur Ausweisung und Erweiterung von Baugebieten (vgl. z. B. Nrn. III.2, III.16, III.35, die über Nrn. I.1 und II.1 auch in den Zonen I und II Anwendung finden), nicht unverhältnismäßig betroffen.

81

Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen. Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit liegt nur dann vor, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 –4 A 12.99 –, NVwZ 2001, 1160; Beschluss vom 15. April 2003 – 7 BN 4.02 –, NVwZ 2003, 1116; Urteil vom 9. Februar 2005 − 9 A 62.03 –, NVwZ 2005, 813; Urteil vom 15. Dezember 2006 – 7 C 1.06 –, BVerwGE 127, 259; Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 7 BN 4.08 –, UPR 2009, 236).

82

Auch bei der Ausweisung von mehr als der Hälfte der Fläche des Gebiets einer Gemeinde als Wasserschutzgebiet kann deshalb die kommunale Planungshoheit noch zutreffend in die bei der Festsetzung vorangegangene Abwägung der Festsetzungsbehörde eingestellt sein (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2000 – 1 C 12087/98.OVG –, ZfW 2000, 243). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urteil vom 22. Juli 2004 − 7 CN 1.04 –, BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung: BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 –, BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01 –, BVerwGE 118, 181; siehe VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. März 2014 − 3 S 280/10 –, juris).

83

Davon ausgehend ist zunächst festzuhalten, dass der Antragstellerin in dem außerhalb des Wasserschutzgebiets gelegenen Teil ihres 19,94 km² großen Gemeindegebiets die ortsplanerischen Möglichkeiten erhalten bleiben. Unabhängig davon wird ihr aber auch innerhalb des Geltungsbereichs der Rechtsverordnung nicht jede Planungsmöglichkeit genommen. So gilt ein Verbot der Ausweisung und Erweiterung von jeglichen Baugebieten nur in den Zonen I, II und III A, während in der weiträumigen Zone III B nur eine auf Gewerbegebiete bezogene Untersagung gilt. Dort können also bei Beachtung der sonstigen Vorgaben der Rechtsverordnung durchaus Wohn- und Mischgebiete entstehen und hierzu erforderliche Planungen stattfinden. In diesem Zusammenhang ist weiterhin, ohne dass es allerdings noch darauf ankommt, die Möglichkeit von Bedeutung, nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG, § 6 Abs. 1 RVO Befreiungen von den Verboten zuzulassen.

84

Der Einwand, es handele sich hierbei um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt, dessen Voraussetzungen nie vorliegen würden, weil die konkrete Ungefährlichkeit nichts am abstrakten Gefährdungspotential ändere, überzeugt nicht. Ob eine Befreiung von dem Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete hier tatsächlich erfolgen kann, ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls und hängt ggf. auch von der konkreten Ausgestaltung eines Bebauungsplans ab. So hat der Antragsgegner in der Vergangenheit etwa seine Zustimmung zum Bebauungsplan „Katharinenhof“ der Antragstellerin erteilt, wie diese an anderer Stelle selbst einräumt.

85

(2) Das in Nr. III.29 RVO ausgesprochene Verbot der Gewinnung von Steinen, Erden und anderen oberflächennahen Rohstoffen ist rechtmäßig. Die Formulierung basiert auf Kapitel 7 Tabelle 1 Nrn. 5.1 und 5.2 DVGW-Arbeitsblatt W 101.

86

Vor allem Nassauskiesungen, d. h. die Freilegung von Grundwasser, bergen ein typisches Gefährdungspotential in sich, weil Schadstoffe in den Grundwasserkörper gelangen können. Dass von den derzeit vorhandenen Gruben und Abbauten keine erkennbare Gefahr für die Wassergewinnungsanlagen Niederau (vgl. Wasser und Boden, Bewertungsmatrix, Stand Januar 2011, IU.4, Steine und Erden) ausgehen, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Damit ist allein gemeint, dass bei bestandsgeschützten Anlagen derzeit keine konkrete Gefahr besteht, worauf hier jedoch nicht ankommt. Davon abgesehen stellt der Antragsgegner zutreffend fest, dass eine Befreiung denkbar sei, wenn unter anderem ein ausreichender Mindestflurabstand zwischen der Abbausohle und der Druckoberfläche des Grundwassers vorliege sowie der oberen Wasserbehörde die mittlere Schutzfunktion der das Grundwasser überdeckenden Schichten unterhalb der Abbausohle nachgewiesen werde. Auch der „Gemeinsame Standpunkt zur Kies- und Sandgewinnung in Trinkwasserschutzgebieten (Stand: März 2007)“ der Rohstoffindustrie, des DVGW und der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) geht davon aus, dass eine Nassauskiesung allenfalls in der Schutzzone III B im Weg einer Befreiung im Einzelfall zugelassen werden kann.

87

(3) Des Weiteren stehen die in Nr. III.44 RVO enthaltenen Untersagungstatbestände, welche die landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstwirtschaftliche Betriebsführung und Nutzung einschränken, sofern sie nicht grundwasserschonend unter Vorsorgegesichtspunkten betrieben werden, mit höherrangigem Recht in Einklang.

88

Den auf Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 6 DVGW-Arbeitsblatt W 101 beruhenden Regelungen vermag die Antragstellerin aus den dargestellten Gründen nicht mit dem Vorhalt zu begegnen, das konkrete Gefahrenpotential sei nicht untersucht worden. Die abstrakte Gefahrensituation vor dem Hintergrund der Deckschichtenverhältnisse in der Niederterrasse wurde vielmehr auch hier genügend begründet. Danach rechtfertigen sich die Verbote in der Hauptsache durch die Abwehr von unsachgemäßem Dünger- und Schadstoffeintrag, insbesondere von Nitrat und Pflanzenbehandlungsmitteln, in den Untergrund und damit letztendlich in das Grundwasser. Ergänzend ist festzustellen, dass ein Zufluss pathogener Organismen aus der Schutzzone III nicht auszuschließen ist, da nicht alle Mikroorganismen (z. B. manche Viren) innerhalb von 50 Tagen abgetötet werden. Die Minimierung solcher Gefahren wird durch die entsprechenden Schutzanordnungen innerhalb der weiteren Schutzzone gleichfalls unterstützt (Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

89

Die Schutzanordnungen sind außerdem inhaltlich nicht deshalb zu unbestimmt, weil – so der Vortrag der Antragstellerin − unklar bleibe, wie die Formulierung „grundwasserschonend unter Vorsorgegesichtspunkten“ zu verstehen sei.

90

Gesetzliche Tatbestände sind zwar so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten können; welche Anforderungen an die Bestimmtheit gestellt werden müssen, lässt sich aber nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt von der Eigenart des Regelungsgegenstandes und dem Zweck der betroffenen Norm sowie davon ab, in welchem Ausmaß Grundrechte betroffen sind. Der verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG steht der Verwendung unbestimmter (Rechts-)Begriffe nicht von vornherein entgegen, sondern ist erst dann verletzt, wenn es wegen der Unbestimmtheit nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und die Gerichte ausschließen (vgl. z. B. zusammenfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. August 2012 − OVG 2 B 13.09 –, juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

91

Nr. III.44 RVO enthält eine hinreichend klare Generalklausel, die durch die mit der Einleitung „insbesondere“ versehenen Nrn. III.44.1 bis 44.8 RVO näher umschrieben wird. Diese Unterziffern definieren negativ, unter welchen Voraussetzungen jedenfalls keine grundwasserschonende Nutzung betrieben werden darf. Im Wege einer systematischen und an Sinn und Zweck der Norm orientierten Auslegung lassen sich darüber hinausgehende weitere Fälle einer verbotenen Nutzung, die einen vergleichbaren Schweregrad haben müssen, ohne weiteres ermitteln.

92

Bei der Festlegung von Nutzungsauflagen für die Land- und Forstwirtschaft ist der Antragsgegner ferner nicht von pauschalen Vorgaben für Anbau- oder Bewirtschaftungsverfahren im Hinblick auf die Erreichung eines bestmöglichen Gewässerschutzes ausgegangen; stattdessen wurden standortbezogene Anforderungen unter Beachtung der Kriterien des DVGW-Arbeitsblattes W 104 (Grundsätze und Maßnahmen einer gewässerschützenden Landbewirtschaftung) zugrunde gelegt. Diese finden gerade in der Tabelle 1 DGVW-Arbeitsblatt W 101 ihren Niederschlag. Weiterhin enthält der Hinweis auf einen „bestmöglichen Gewässerschutz“ ohnehin nur eine Zielbestimmung, deren Ausfüllung auf der Grundlage des zuletzt genannten Regelwerks erfolgt.

93

Der Umstand einer fehlenden Kontamination des Erdreichs in den vergangenen Jahren unter Geltung der bisherigen Schutzverordnung verbietet auch keine Verschärfung bestehender Regelungen aufgrund neuer fachlicher Erkenntnisse oder einer neuen fachlichen Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Antragsgegner beanstandungsfrei vorgenommen.

94

Soweit die Antragstellerin bemängelt, dass bei der Ermittlung der Schutzfunktion der Deckschicht der erste Meter fehlerhaft nicht berücksichtigt worden sei, ist dieses Vorbringen ebenfalls unbeachtlich. Eine Bewertung des obersten Meters darf nicht erfolgen, da makroskopische Störungen des Bodens, zum Beispiel durch Grabgänge oder Wurzeln, bevorzugte Wasserwegsamkeiten bilden und damit keine Schutzwirkung entfalten. Die Verwendung eines abstrakten Punktebewertungsverfahrens ist gleichfalls keinen Zweifeln ausgesetzt. Eine Erhöhung dieses Punktwerts bis auf eine mittlere Schutzfunktion aufgrund des mächtigkeitsbedingt (1 m) vergleichsweise geringen Einflusses des Schutzfunktionswertes des Bodens ist flächendeckend nicht gegeben. Dies gilt umso mehr, als die Deckschichten der Niederterrasse bereits zum Teil zerstört oder beseitigt worden sind (vgl. die überzeugenden Darlegungen des Landesamtes für Bergbau und Geologie vom 30. April 2013).

95

Aus dem Vorhalt der Antragstellerin, dass gemäß Nr. III.44.1 RVO ein Aufbringen von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft nach Maßgabe der Düngeverordnung zulässig, das Lagern dieses Düngers hingegen gemäß Nr. III.44.2 RVO verboten sei und damit ein Aufbringen unmöglich gemacht werde, folgt kein Normwiderspruch. Gegenstand der Nr. III.44.2 RVO ist die Lagerung von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft (Gülle, Jauche, Festmist) sowie von Gärsubstraten, fließfähigen Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln außerhalb dauerhaft dichter Anlagen. Dünger nichttierischer Herkunft kann mithin ohne weiteres im Wasserschutzgebiet gelagert werden, Dünger tierischer Herkunft in dauerhaft dichten Anlagen ebenso. Im Übrigen ist das Aufbringen von tierischem Dünger nicht unmöglich, da dieser ggf. auch außerhalb des Schutzgebiets gelagert werden kann.

96

Notwendig ist auch dieses Verbot wegen der hier vorhandenen Bodenverhältnisse und des damit verbundenen abstrakten Gefährdungspotentials (vgl. auch Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 6.2 DVGW-Arbeitsblatt W 101). Lagerstellen, die auf Dauer eingerichtet werden, müssen generell als dauerhaft dichte Anlagen gebaut werden, da tierische Ausscheidungen Keime und wasserlösliche Stoffe enthalten, die geeignet sind, die Qualität von Grundwasser zu beeinträchtigen (siehe die Begründung im Verbotskatalog vom Oktober 2011). Dass der Antragsgegner die Verwendung tierischen Düngers in den einzelnen Schutzzonen zudem durchaus differenziert und je nach Gefährdungsgrad abgewogen hat, zeigt die Regelung in Nr. II.8 RVO (Anwendung von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft, Gärsubstrate, Komposte und Silagesickersaft), das nur für die Zonen I und II Geltung beansprucht. Die hier gegebene Begründung (vgl. auch Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 6.1 DVGW-Arbeitsblatt W 101), insofern bestehe das Risiko, dass Krankheitserreger aus den tierischen Ausscheidungen bis zur Gewinnungsanlage gelangen können, lässt Rechtsfehler ebenfalls nicht erkennen (vgl. Verbotskatalog vom Oktober 2011).

97

Ein über die Untersagungen nach Nr. III.4.4 RVO hinausgehendes Verbot der baulichen Veränderung der Hofstellen landwirtschaftlicher Betriebe in der Zone III A gemäß Nr. III.3 RVO scheitert entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin nicht an der Erforderlichkeit. In der Zone III A besteht zwar ein weniger hohes Gefährdungspotential (vgl. Kapitel 7 Nr. 4.2 DVGW-Ab. W 101), ein Verbot ist jedoch wegen der nicht ausreichenden Schutzfunktion der Deckschichten notwendig, weil auch insoweit weitere Bauten diese Schutzfunktion beeinträchtigen können. Das verständliche Anliegen der landwirtschaftlichen Betriebsinhaber, die Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Hofstellen zu sichern, muss demgegenüber zurücktreten.

98

Nach allem bedarf es keiner näheren Erläuterung, dass namentlich die Verbotstatbestände aus Nrn. II.2 (Errichten und Erweitern baulicher Anlagen einschließlich deren Nutzungsänderung), II.10 (Lagerung von Mineraldünger und Pflanzenschutzmitteln), II.12 (Kompostplätze, auch häusliche Eigenkompostierung), III.6 (Tierbesatz, insbesondere Beweidung, ausgenommen im Zeitpunkt der Hauptvegetation von Mai bis Oktober), III.7 (Biogasanlagen) sowie III.26 (Waldrodung, Kahlschlag, Erstaufforstungen, Grünlandumbruch) RVO rechtlich unbedenklich erscheinen und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen.

99

(4) Schließlich ist für die von den Verbotsregelungen betroffenen Gewerbebetriebe keine günstigere Beurteilung angezeigt. Die vor allem auch insoweit gegen die Bauverbote (vgl. Nrn. II.2, III.3 RVO) vorgebrachten ergänzenden Kritikpunkte zielen im Wesentlichen darauf ab, dem Antragsgegner ein willkürliches und unverhältnismäßiges Handeln zu unterstellen, weil von einzelnen Betrieben oder Betriebssparten keine Gefahren ausgingen und deshalb generelle Errichtungs- bzw. Erweiterungsverbote unstatthaft seien. So sei beispielsweise nicht verständlich, warum Einzelhandelsbetriebe untersagt sein müssten, obwohl von ihnen nach der Liste störender Anlagen auch in der Schutzzone III A keine Gefährdungen befürchtet werden müssten. Anderen Unternehmen würde dagegen ein hohes Gefährdungspotential unterstellt, obwohl nicht nachvollziehbar sei, welche Stoffe überhaupt in welchem Umfang ins Grundwasser gelangen könnten. Dieser Argumentation ist indes zu entgegnen, dass damit erneut ein dem Normzweck von Rechtsverordnungen zuwiderlaufendes Eingehen auf die Gegebenheiten des konkreten Sachverhalts verbunden wäre, welches letztlich zu unübersichtlichen und kaum vollziehbaren Regelungen führen würde. Dass der Antragsgegner die Grenzen einer typisierenden Betrachtung der Verbote überschritten haben könnte, ist nicht ersichtlich.

100

Das von der Antragstellerin angegriffene und in Nr. III.10 RVO mitenthaltene Verbot der Aufstellung oder des Parkens von Wohnwagen und Wohnmobilen außerhalb dafür zugelassener oder dafür seitens der Gemeindeverwaltung bestimmter Flächen mit geordneter Schmutzwasser- und Abfallbeseitigung findet seine Rechtfertigung in Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 7.8 DVGW-Arbeitsblatt W 101. Aus der vorerwähnten Zustimmung des Antragsgegners zum Bebauungsplan „Katharinenhof“ können keine Rückschlüsse auf eine fehlende Erforderlichkeit des in Nr. III.10 RVO geregelten Untersagungstatbestandes gezogen werden, da es sich um einen anderen Verfahrensgegenstand handelt. Die Zustimmung wurde überdies nur unter der Maßgabe erteilt, dass die darin enthaltenen Flächen zum Abstellen von Fahrzeugen entsprechend befestigt und entwässert werden.

101

ee) Ferner ist auch im Übrigen eine unverhältnismäßige oder rechtswidrige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.

102

(1) Dass der gerichtliche Sachverständige die südliche Ausdehnung der Schutzzone III, wie gezeigt, teilweise mit einer anderen Begründung gerechtfertigt hat als der Antragsgegner, bedeutet nicht, dass an die Verhältnismäßigkeit zumindest der hierfür geltenden Schutzanordnungen nunmehr zugunsten des von den Regelungen betroffenen Adressatenkreises geringere Maßstäbe angelegt werden müssen oder eine erneute „Abwägung“ zu erfolgen habe, wie die Antragstellerin meint. Dafür spricht, dass sich die Abgrenzung und somit das Vorhandensein einer abstrakten Gefährdung des Trinkwasservorkommens innerhalb der gesamten Schutzzone III im Ergebnis uneingeschränkt bestätigt hat und dieser Umstand als solcher unter gleichzeitiger Berücksichtigung der individuellen örtlichen Bodenverhältnisse, mit denen der Antragsgegner die einzelnen Verbote im Wesentlichen begründet hat, die Anordnungen im Interesse eines präventiven Grundwasserschutzes trägt.

103

(2) Ein erheblicher Eingriff in bestehende und bestandsgeschützte Betriebe ist nicht deshalb gegeben, weil § 4 RVO nach Auffassung der Antragstellerin rechtsfehlerhaft ist. Danach müssen für Anlagen, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung rechtmäßig bestehen und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben betrieben werden, die sich aus dieser Verordnung ergebenden strengeren Anforderungen erst nach Anordnung durch die zuständige Wasserbehörde beachtet werden.

104

Eine unzulässige Verlagerung auf den Vollzug der Verordnung (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 22. April 1993, a.a.O.) liegt darin nicht. Der vorstehend zitierten Entscheidung, auf die sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang beruft, lag eine Konstellation zugrunde, die mit dem vorliegend zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar ist. Gegenstand des dortigen Verfahrens war unter anderem ein Verbot baulicher und gewerblicher Anlagen in der Schutzzone II in Ortskernen, obwohl mehrere sachverständige Stellen dies nicht für erforderlich gehalten hatten. Ein Verbot mit Dispens genügte ausweislich der Entscheidungsgründe nicht dem Übermaßverbot, weil die wasserschutzrechtliche Befreiung nur die Berücksichtigung von Sonderinteressen einzelner Eigentümer zulasse, deren Lage verschieden sei von derjenigen anderer Eigentümer (vgl. hierzu die Neufassung des § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG). Dabei war eine Übergangsbestimmung zu überprüfen, die für bestehende Einrichtungen deren Beseitigung oder Änderung auf Anordnung vorsah, wohingegen vorliegend nur die Beachtung von strengeren Anforderungen ermöglicht wird. Eine solche Regelung ist jedoch im Hinblick auf das wasserhaushaltsrechtliche Vorsorgeprinzip nicht unangemessen und darüber hinaus auch sachgerecht, da es nicht Aufgabe einer Verordnung sein kann, jeden einzelnen Bestandsschutzfall individuell-konkret zu regeln.

105

(3) Zu Unrecht behauptet die Antragstellerin, der Antragsgegner habe den Regionalen Raumordnungsplan Mittelrhein-Westerwald – RROP – ignoriert, der eine Weiterentwicklung des Rheintals nach dem Leitbild „Wohnen und Arbeiten in einer zukunftsträchtigen Technologie-, Dienstleistungs- und Tourismusregion“ (vgl. S. 67 RROP, G1) ebenso wie das DVGW-Arbeitsblatt W 101 fordere. Eine Berücksichtigung derartiger Gesichtspunkte war entbehrlich, nachdem bereits die Obere Landesplanungsbehörde keine Bedenken erhoben und zutreffend darauf hingewiesen hatte, dass die Flächen in einem Vorrang- und Vorbehaltsgebiet für Hochwasserschutz liegen (vgl. Schreiben vom 19. April 2011). Demzufolge ist in Nr. 4.2.1 RROP (Wasser- und Hochwasserschutz) als Ziel definiert, dass entsprechende Vorranggebiete von jeglicher Bebauung freizuhalten und in den Vorbehaltsgebieten dem vorbeugenden Hochwasserschutz ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Ferner fällt ins Gewicht, dass die Sicherung und Verbesserung der Freiraumqualität unter der Vorbedingung der wasserwirtschaftlichen Verträglichkeit steht (vgl. Nr. 5.7 G6 RROP).

106

(4) Schließlich sind keine Grundrechte von privaten Dritten verletzt.

107

Die einzelnen Regelungen beinhalten grundsätzlich keine Enteignungen zu Lasten der Grundstückseigentümer im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern stellen Be-stimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass das jeweilige Grundstück durch seine Lage und Beschaffenheit sowie die Einbettung in seine Umwelt geprägt wird. Diese „Situationsgebundenheit“ kann den Gesetzgeber zu einer Beschränkung der Eigentumsposition berechtigen, die hier wegen der überragenden Bedeutung des Gemeinwohlinteresses an einer gesicherten Trinkwasserversorgung nicht unangemessen ist (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 –, BVerfGE 58, 300). Keine anderen Kriterien gelten, soweit im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb in Rede steht. Dessen Schutz geht nicht weiter als derjenige, den seine wirtschaftliche Grundlage − das Grundeigentum – genießt (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981, a.a.O.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 13. April 1983 – 4 C 76.80 –, BVerwGE 67, 93).

108

Des Weiteren scheidet ein Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG aus. Die getroffenen Festsetzungen stellen allenfalls mittelbare Berufsausübungsregelungen dar, die durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 2000 − 1 BvR 1538/98 –, juris).

109

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO entsprach es der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, nachdem diese sich durch die Stellung eines Sachantrages einem eigenen Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat.

110

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

111

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

112

Beschluss

113

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.3 analog des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [LKRZ 2014, 169]).

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Wasserschutzgebietsverordnung (im Folgenden: WSV) des Landratsamts L. vom 10.11.2009 zum Schutz des Grundwassers in dem Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I bis III - Wasserschutzgebiet „W.B.“ - der Stadt L..
Die Antragstellerin ist eine im Vorderen W. gelegene Gemeinde im Landkreis L. mit ca. 9.697 Einwohnern und einer Gemeindegebietsfläche von ca. 46,86 km². Sie besteht aus den sieben Ortsteilen E., H., Y., Z., S., X. und W..
Die westlich der Antragstellerin gelegene Stadt L. gewinnt ihr gesamtes Trinkwasser aus dem Grundwasserleiter des Tals der Wiese. Die Wasserversorgung erfolgt über Grundwasserentnahmen aus den in diesem Tal liegenden Brunnen in den Gewannen „Im G.“ und „W.B.“. Im Gewann „W.B.“, das vorwiegend auf der Gemarkung der Antragstellerin zwischen dem X.bach und der Landestraße L 138 liegt, wurden in den 70er-Jahren insgesamt drei Brunnen errichtet (I - III).
Die erste wasserrechtliche Bewilligung für die (damals) vier geplanten „W.B.“ erteilte das Regierungspräsidium am 15.7.1975 der Stadt L. zur Entnahme von 3,8 Millionen m³/a .
Am 11.7.2006 erteilte das Landratsamt L. eine wasserrechtliche Bewilligung zur Wasserentnahme aus den Brunnen „Im G. I - IV“ und „W.B. I - III“ zur Trinkwasserversorgung bis maximal 14.000 m³/d und 4,2 Millionen m³/a, die bis zum 31.7.2036 befristet ist. In den Jahren 2000 bis 2003 betrug die Entnahmemenge aus den Brunnen „W.B. I - III“ im Durchschnitt 1.091.177,50 m³/a.
Das Landratsamt L. setzte mit Rechtsverordnung vom 16.5.1977 zum Schutz der Grundwasserfassungen der Stadt L. im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet fest.
Das - vormalige - Geologische Landesamt Baden-Württemberg - im Folgenden: GLA - überprüfte auf Antrag des damaligen Wasserwirtschaftsamts Waldshut vom 13.1.1989 die hydrogeologischen Verhältnisse im W. zwischen L. und Zell. In dem hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 wird festgestellt, dass die Schutzzonen der öffentlichen Trinkwasserbrunnen insgesamt zu gering bemessen seien. Dies gelte auch für die beiden Wasserschutzgebiete „Im G.“ und „W.B.“ der Stadt L..
Die Stadt L. beantragte daraufhin mit Schreiben vom 28.11.2003 die Erweiterung der Wasserschutzgebiete „Im G.“ und „W.B.“. Das Landratsamt L. gab mit Schreiben vom 8.1.2004 den Trägern öffentlicher Belange - darunter auch der Antragstellerin - unter Übersendung des Entwurfs der Rechtsverordnungen über die WSG „Im G.“ und „W.B.“ Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Antragstellerin erhob mit Schreiben vom 28.4.2004 Einwendungen, mit denen sie u.a. geltend machte, dass die beabsichtigte Ausdehnung der Schutzzone II des Wasserschutzgebiets „W.B.“ mit der von ihr beabsichtigten Bebauung im Gewann „Lange und Hintere Neumatt“ kollidiere.
Die vom Gemeinderat der Antragstellerin am 14.3.2006 beschlossene Fortschreibung des Flächennutzungsplans sieht in einem sich nach Westen an den Ortsrand anschließenden Bereich (E 3a) Wohnnutzung und im Bereich eines sich südlich angrenzenden Streifens nördlich der L.er Straße Mischgebietsnutzung (E 3b) vor. Das Landratsamt L. genehmigte mit Bescheid vom 29.5.2006 die vom Gemeinderat der Antragstellerin beschlossene Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2020 mit Ausnahme der Flächen E 3a und E 3b, weil diese in einem Gebiet lägen, welches als Wasserschutzzone II abgegrenzt worden sei. Die Ausweisung der Zone II ende zwar an der Grenze der jetzigen Bebauung, obwohl die 50 Tage-Linie damit nicht eingehalten werde. Es werde damit aber eine Verschlechterung der Situation vermieden.
10 
Der Entwurf der Rechtsverordnung sowie die dazugehörenden Pläne lagen bei der Stadt L. und dem Landratsamt L. einen Monat zur Einsicht aus. Ort und Zeit der Auslegung wurden am 5.8.2009 in den im Landkreis L. verbreiteten Tageszeitungen amtlich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Bedenken und Anregungen bis zum 7.9.2009 erhoben werden können. Das Fristende wurde durch amtliche Bekanntmachung vom 7.8.2009 auf den 14.9.2009 geändert.
11 
Die Antragstellerin erhob am 14.8.2009 unter Hinweis (u.a.) auf ihre Schreiben vom 13.7.2005 und 24.7.2006 Einwendungen. Am 3.11.2009 erfolgte im Landratsamt L. die Anhörung der Bedenken betroffener Privatpersonen und der Antragstellerin. Am 8.12.2009 teilte das Landratsamt L. der Antragstellerin mit, dass ihre Bedenken und Anregungen nach Abwägung aller Umstände keine Berücksichtigung finden könnten. Dem Schutz und der Sicherung des Grundwassers als Trinkwasserreservoir gebühre Vorrang.
12 
Das Landratsamt erließ am 10.11.2009 die Verordnung zum Schutz des Grundwassers in dem Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I bis III - Wasserschutzgebiet W.B. - der Stadt L.. Die Wasserschutzgebietsverordnung wurde am 8.12.2009 in den örtlichen Tageszeitungen verkündet.
13 
Nach § 1 Nr. 2 WSV gliedert sich das Wasserschutzgebiet in drei Schutzzonen. Für die Fassungsbereiche (Schutzzone I) enthält sie ein weitgehendes Betretungsverbot. Bezüglich der Engeren Schutzzone (Zone II) spricht die Verordnung umfängliche Verbote aus. In der Weiteren Schutzzone (Zone III) gelten diese Verbote nur relativ.
14 
Die bisherige in der Rechtsverordnung von 16.5.1977 festgesetzte Schutzzone II wird von ca. 37 ha auf ca. 128 ha und die bisherige Schutzzone III von 102 ha auf ca. 388 ha erweitert. Dies hat zur Folge, dass sich der bisher außerhalb des gesamten Schutzgebiets liegende nordwestliche - bisher nahezu unbebaute - Teil des Teilorts X. der Antragstellerin nunmehr im Bereich der Schutzzone II befindet.
15 
Neben dem hydrologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 lagen dem Landratsamt L. die hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg - im Folgenden: LGRB - vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 vor.
16 
Die Antragstellerin hat am 12.2.2010 das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
17 
Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor: Die Festsetzung der Schutzzone II diene nicht dem Wohl der Allgemeinheit. Es würden weder wasserwirtschaftliche Zielsetzungen noch sonstige öffentliche Belange verfolgt. Die Schutzgebietsfestsetzung Zone II sei nicht erforderlich. Der Antragsgegner stütze seine Festsetzungen auf veraltete Gutachten, Berechnungen und Färbversuche, deren Gültigkeit und Übertragbarkeit auf die heutige Situation nicht nachgewiesen worden seien und die sich widersprächen. Seit 1989 habe sich die Bebauungssituation im W. erheblich verändert, weite Flächen seien versiegelt worden. Die Grundwasserverläufe dürften sich deshalb verändert haben. Das gutachterlich geforderte Grundwasserströmungsmodell, das Erkenntnisse über die aktuelle Lage geliefert hätte, habe der Antragsgegner nicht erstellen lassen. Es fehle daher an einer ordnungsgemäßen Ermittlung des Sachverhalts. Die Ausweisung der Schutzzone II lasse sich auch nicht mit der bakteriologischen Belastung der Brunnen begründen. Der Brunnen I weise keine bakteriologischen Belastungen auf. Er sei aber gerade der Brunnen, der sich am nächsten zur Wohnbebauung befinde. Weiterhin fehle es an der objektiven Bedeutung der Brunnen. So sei im Jahre 2002 aus dem Tiefbrunnen III überhaupt kein Wasser gewonnen worden. Es gebe also offensichtlich in ausreichendem Umfang andere Quellfassungen.
18 
Die Schutzgebietsfestsetzung sei schließlich auch unverhältnismäßig. Die Ausweitung der Wasserschutzzone II führe zu einer erheblichen Verletzung ihrer Planungshoheit. Gerade der westliche Ortsrand sei wesentlich für die zukünftige Siedlungsentwicklung des Teilorts X.. Am 3.7.2001 sei der Beschluss zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans gefasst worden. Der Entwurf sehe für den Bereich „X.-West“ eine Wohnnutzung und nördlich der L.er Straße eine Mischgebietsnutzung vor. Das Landratsamt L. habe den Flächennutzungsplan 2020 - allerdings unter Herausnahme der nunmehr durch die angefochtene Schutzgebietsverordnung ausgewiesenen Fläche - am 29.5.2006 genehmigt. Gerade das Gebiet „X.-West“ biete sich aus stadtplanerischer Sicht für eine Erweiterung zwingend an. Der Standort zeichne sich durch eine gute Naherholungsmöglichkeit entlang des X.bachs aus. Durch seine zentrale Lage am westlichen Ortseingang werde keine zusätzliche verkehrliche Belastung der Ortsmitte herbeigeführt. Die bereits bestehenden Erschließungen könnten der Gesamtplanung entsprechend fortgeführt werden. Die Abwasser- und Wasserleitungen würden demgemäß bei der Erschließung des Baugebiets „Lange-Hintere-Neumatt“ bereits bis an die Grenze des Baugebiets verlegt. Die fehlende Berücksichtigung ihrer Belange sei nicht zu rechtfertigen.
19 
Zunächst sei vorgesehen gewesen, die Schutzgebietszone II um weitere 5 km nach Osten auszudehnen. Damit wäre auch die bereits bestehende Bebauung des Teilorts X. in die Schutzgebietszone gefallen. Hierauf sei verzichtet worden. Deswegen hätte ermittelt werden müssen, ob sich durch eine Verringerung der Schutzgebietszone II um weitere 200 m bis 250 m eine relevante Erhöhung des Risikopotentials ergebe und ob sich eine relevante Erhöhung des Risikopotentials auch unter Beachtung strenger Schutzanforderungen für bauliche Anlagen ergebe.
20 
Mit ihrem Vorschlag, in einen künftigen Bebauungsplan Festsetzungen aufzunehmen, die eine Wassergefährdung ausschlössen, habe sich der Antragsgegner nicht auseinandergesetzt. Verbleibende Möglichkeiten der Zusatzwassererschließung seien nicht geprüft worden. Tatsächlich könne die Stadt L. zur Sicherstellung ihrer Trinkwasserversorgung in erster Linie auf Quellfassungen zurückgreifen, deren Schutzgebietszone auf ihrer eigenen Gemarkung lägen. Es sei nicht untersucht worden, warum das Wasserschutzgebiet „Im G.“ nicht intensiver genutzt werden könne. Schließlich sei die geplante räumliche Ausweisung der Schutzgebietszone II nicht widerspruchsfrei. Diese solle nördlich der geplanten Trasse der Landstraße verlaufen. Eine hydrogeologische Rechtfertigung ergebe sich hierfür nicht. Es sei rein willkürlich und offensichtlich nur durch die Rücksichtnahme auf geplante Infrastrukturmaßnahmen zu begründen.
21 
Sie beantragt,
22 
die Rechtsverordnung des Landratsamts L. vom 10.11.2009 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I - III - Wasserschutzgebiet „W.B.“ - der Stadt L. mit Ausnahme der §§ 2 und 8 für unwirksam zu erklären.
23 
Der Antragsgegner beantragt,
24 
den Antrag abzuweisen.
25 
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Tiefbrunnen im Gewann „W.B.“ seien in den Jahren 1966, 1969 und 1970 errichtet worden und seither in Betrieb. Zusammen mit dem Wassergewinnungsgebiet „Im G.“ deckten sie den Bedarf des Versorgungsgebiets. Das Grundwasser der Tiefbrunnen „W.B.“ sei schutzwürdig und schutzfähig. Die Schutzzone II diene dem Schutz vor Verunreinigungen, die von verschiedenen menschlichen Tätigkeiten und Einrichtungen ausgingen und wegen ihrer Nähe zur Fassungsanlage besonders gefährlich seien. Die bisherige Abgrenzung der Schutzzone II sei ungenügend. Dies gehe bereits aus dem hydrogeologischen Gutachten vom 26.10.1989 hervor. Eine Erweiterung des Schutzgebiets sei dringend erforderlich. Die Ermittlung der Abgrenzung der Schutzzone II sei auf zwei Arten erfolgt. Die ersten Gutachten basierten auf den Ergebnissen der numerischen Berechnung mit dem Modell WSG II. Eine Abgrenzung der Zone II bis hin zur Wohnbebauung von X.-West bedeute nach dieser Untersuchungsmethode nur noch etwa eine 45-Tage-Linie. Eine spätere abschließende Beurteilung stütze sich auf die Ergebnisse des Markierungsversuches aus dem Jahre 1970, bei dem eine Abstandsgeschwindigkeit von 4,2 m/Std. gemessen worden sei, so dass das Grundwasser innerhalb von 50 Tagen eine Fließstrecke von ca. 5 km zurücklege. Das Ergebnis bedeute somit einen noch geringeren Fließabstand von der Bebauung auf X.er Gemarkung bis zu den Tiefbrunnen. Um den hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers im W. Rechnung zu tragen, sei ähnlich wie in Karstgebieten die Zone II auf die noch unbebauten Flächen reduziert worden. Eine Schutzgebietsverordnung könne naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Würde die vorhandene Bebauung bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führen, wäre das Grundwasser nicht mehr schutzfähig. Die vorliegenden Daten gäben hierfür aber keinen Anhaltspunkt. Dennoch müsse eine Eröffnung eines weiteren Gefährdungspotentials ausgeschlossen werden. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seither geändert hätten. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führe dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten.
26 
Die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells sei für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien nicht zu erwarten. Dies gelte vor allem im Hinblick darauf, dass aufgrund der bestehenden Bebauung die 50-Tage-Linie bereits jetzt nicht eingehalten werden könne. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „W.B.“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im G.“ erfolgen. Der Brunnen III weise des Öfteren bakteriologische Belastungen auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Entsprechendes gelte für den Tiefbrunnen II. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu. Auch eine weitere Verlagerung auf den Brunnen „Im G.“ sei nicht möglich. Dies würde eine erneute Erweiterung des Wasserschutzgebiets erforderlich machen, die aber aufgrund der Nähe der Schutzzone II zur vorhandenen Bebauung, insbesondere von Gewerbegebieten nicht umsetzbar wäre. Die Stadt L. sei auf die Brunnen im Gewann „W.B.“ und im Gewann „Im G.“ angewiesen.
27 
Alternative Brunnenstandorte seien nicht gegeben. Insbesondere könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Die Antragstellerin unterliege im vorliegenden Fall aufgrund ihrer geografischen Lage einer besonderen Situationsgebundenheit, die Einschränkungen der Planungshoheit rechtfertigten. Die Trinkwasserversorgung gehöre zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz Verfassungsrang genieße. Bis zum Jahre 2002 sei ein weiterer Bedarf für die Ausweisung zusätzlicher Bauflächen nicht substantiiert geltend gemacht worden. Alternativen, durch welche von einem Bauverbot in der Zone II abgesehen werden könnte, sei nicht gegeben. Von einer Bebauung gingen grundsätzlich Gefährdungen für das Grundwasser aus. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den Bebauungsrand stelle unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten den noch größtmöglichen Schutz dar. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten. Aus Sicht des Grundwasserschutzes werde sich die Situation durch die künftige Lage der Landesstraße L 138 verbessern. Eine Reduzierung der Entnahmeraten führe nicht zu einer Verkleinerung der Zone II.
28 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Akten des Landratsamts sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
30 
Der Antrag ist zwar zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
31 
Der nach ordnungsgemäßer Verkündung der angefochtenen Verfügung am 8.12.2009 innerhalb der Ein-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO am 12.2.2010 gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig.
I.
32 
Der Antrag ist statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
33 
Die Antragstellerin ist als Behörde (vgl. § 1 Abs. 2 LVwVfG) auch antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 VwGO, ohne dass es darauf ankommt, ob sie durch die Schutzgebietsverordnung in eigenen Rechten verletzt werden kann (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO).
34 
Für die Antragsbefugnis einer Behörde ist Voraussetzung, dass sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N.) oder dass die Rechtsvorschrift sie jedenfalls in ihrer Tätigkeit berührt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - VBlBW 1987, 461). Für die Antragsbefugnis einer Gemeinde als Behörde ist deshalb ausreichend, dass die angegriffene Norm sich für ihr Gebiet auswirkt und von ihr zu beachten ist (BVerwG, Beschl. v. 15.3.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307). Die Gemeinden verwalten - soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen - in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben allein und unter eigener Verantwortung (Art. 71 Abs. 2 Satz 1 LV, § 2 Abs. 1 GemO). Im Hinblick auf diesen allumfassenden Wirkungskreis wird eine Gemeinde durch die Teile ihres Gebietes flächendeckend erfassenden, zahlreiche Gebote und Verbote enthaltenden wasserrechtlichen Schutzverordnungen in ihrem Aufgabenkreis berührend eingeschränkt. Dies löst die Befugnis aus, die Rechtmäßigkeit dieser Einschränkung gerichtlich überprüfen zu lassen, soweit es sich - wie hier - um Rechtsvorschriften i.S.v. § 47 Abs. 1 VwGO handelt.
35 
Ob sich die Antragstellerin zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auch auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) in Gestalt der Planungshoheit (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236) berufen kann, braucht der Senat deshalb nicht abschließend zu erörtern. Hieran bestünden allerdings erhebliche Zweifel. Denn dafür wäre nach ständiger Rechtsprechung Voraussetzung, dass die Schutzgebietsverordnung eine hinreichend bestimmte Planung der Antragstellerin nachhaltig stört oder durch sie wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung gänzlich entzogen werden (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124; Beschl. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.1992 - 8 S 1741/92 - NuR 1994, 84; Gerichtsbescheid v. 7.4.1997 - 8 S 2550/96 - VBlBW 1997, 387). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entnehmen (vgl. hierzu nachfolgend die Ausführungen unter B.II.4.).
B.
36 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
37 
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor und auch sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
38 
Verfahrens- oder Formfehler bei der Normsetzung sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
39 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG a.F. wurden die durch die angefochtene Verordnung betroffenen Gemeinden - insbesondere die Antragstellerin - angehört. Der Entwurf der angefochtenen Verordnung wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG a.F. i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt.
40 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.6.2009 - 3 S 1108/07 - juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]).
41 
3. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerfBW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der WSV nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 - BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/08 - VBlBW 2009, 220).
II.
42 
Die angefochtene Verfügung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
43 
Die Verordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG in der bei ihrem Erlass noch geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl I S. 3245).
44 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., der insoweit mit dem am 1.3.2010 in Kraft getretenen § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009 (BGBl I S. 2585) inhaltlich übereinstimmt (ebenso BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 - juris), i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung - WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG) - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG a.F.). Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG a.F. können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 52 WHG) u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
45 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 -, juris; Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - NVwZ 2006, 85; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn bei der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nicht um die planende, potentiell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Das Wohl der Allgemeinheit bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005, a.a.O. - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 13, 40 ff. m.w.N.).
46 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG,10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 41). Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn dies vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
47 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Landratsamt L. als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG a.F.) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. und § 24 WG a.F. ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und vom 21.10.1992 sowie den hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des LGRB vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und vom 24.10.2007 die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Wasserschutzgebietsverordnung (vgl. BayVGH, Urt. v. 1.8.2011 - 22 N 09.2729 - ZfW 2012, 94) dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Stadt L. (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (4.).
48 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. sind zweifellos erfüllt. Denn das in „W.B. I - III“ geförderte Grundwasser mit dem dazugehörigen Wasserreservoir dient als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Versorgung der Bevölkerung L.s. Dies zeigt bereits die der Stadt L. am 11.7.2006 erneut erteilte, bis 2036 geltende wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser aus den Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
49 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
50 
Schutzwürdigkeit in diesem Sinn ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: das Vorkommen im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen I - III der „W.B.“ - nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Zur Wasserversorgung müssen aber - insbesondere aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten Umweltschädigungen - auch weniger gute, bereits in gewissem Umfang belastete Wasservorkommen beitragen. Dies gilt zum Beispiel auch dann, wenn die Qualität des gewonnenen Wassers für Trinkwasserzwecke erst durch verstärkte Aufbereitung gewahrt werden kann, weil es den Anforderungen der (in Umsetzung der RL 98/83/EG vom 3.11.1998 erlassenen) Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 21.5.2001 (BGBl. I, 959) - TrinkwV - nicht mehr entspricht. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG a.F. zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870; Kibele, ZfW 2012, 177).
51 
Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen schutzwürdig, auch wenn das bezogene Grundwasser aus dem Brunnen III periodisch mikrobiologische Belastungen mit Grenzwertüberschreitungen coliformer Bakterien aufweist. Diesen zu begegnen, dient im Ergebnis die angefochtene Verordnung, mit ihrer gegenüber ihrer Vorgängerregelung vergrößerten Engeren Schutzzone II. Gerade die Schutzgebietsausweisung mit den darin geltenden Schutzbestimmungen ist ein geeignetes Instrument, um Grundwasservorkommen langfristig normativ zu schützen und dauerhaft einen guten Zustand des Grundwassers i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik - WRRL - vom 23.10.2000 und - speziell das Grundwasser betreffend - der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung vom 12.12.2006 zu gewährleisten. Dem dienen in besonderem Maße die Schutzbestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung - SchALVO - vom 20.2.2001 (GBl. S. 145), die gemäß § 2 Abs. 1 SchALVO für Wasserschutzgebiete gilt und auf deren Geltung die WSV in § 2 ausdrücklich hinweist. Deren Zweck besteht gerade darin, zum Schutz von Rohwässern der öffentlichen Wasserversorgung deren Belastungen zu minimieren. Im Übrigen ist das aus dem Brunnen III gewonnene Grundwasser nach Aufbereitung zur Trinkwasserverwendung geeignet.
52 
3. Der unter Schutz gestellte Grundwasserkörper ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
53 
a) In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
54 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG a.F.). Deshalb bedurfte es bei Erlass der Verordnung nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 18). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor pathogenen Mikroorganismen, die infolge landwirtschaftlicher Bodennutzung, gewerblicher Tätigkeiten oder durch Wohnbebauung in das Grundwasser gelangen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a WG a.F. Rn. 17). Zudem haben das GLA und das LGRB in ihren Gutachten und Stellungnahmen nachvollziehbar ausgeführt, dass die bisherige Abgrenzung des Wasserschutzgebietes, insbesondere der Zone II, zum Schutz der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vor Schadstoffen nicht mehr ausreicht. Dies hat auch die Antragstellerin substantiiert nicht in Zweifel gezogen.
55 
Der Umstand, dass die Schutzzone II nicht nach der 50-Tage-Linie bemessen ist, die die in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser - LAWA - erarbeiteten Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, e.V. - DVGW - für Trinkwasserschutzgebiete; Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser, Technische Regel - DVGW-Arbeitsblatt W 101 vom Juni 2006 - grundsätzlich vorsehen, nimmt dem Wasserschutzgebiet nicht die Schutzbedürftigkeit. Denn nach den Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB geben die vorliegenden Daten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die vorhandene Bebauung im Westen des Gemeindegebiets der Antragstellerin, die in der 50-Tage-Linie liegt, bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führten. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 26.9.2006 ausgeführt, es sei notwendig, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze des Ortsteils Steinen als Zone II als minimalen Schutz auszuweisen. Die hygienische Reinheit des Trinkwassers müsse ferner durch eine entsprechende Überwachung und die Aufbereitungsanlage im Wasserwerk garantiert werden. Zwar werde damit die grundsätzlich erforderliche Schutzzone, die sich aus der 50-Tage-Linie ergebe, nicht erreicht. Eine Schutzgebietsverordnung könne jedoch naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten im maßgebenden Aquifer. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den westlichen Bebauungsrand stelle denjenigen Schutz dar, der unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten der noch größtmögliche Schutz sei.
56 
Gegenteiliges wäre fachlich nicht vertretbar, wie auch die weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. E. vom 26.9.2006 aufzeigt. Danach seien im Wasser des Brunnens III des Öfteren, im Brunnen II gelegentlich bakteriologische Belastungen festgestellt worden. Es werde davon ausgegangen, dass Uferfiltrat des (nördlich gelegenen) Steinenbachs zu den Brunnen fließe. Nach dem Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und den dort als Anlage enthaltenen Grundwassergleichenpläne sowie den Auswertungen der Firma Hydrodata 1999 fließe das Grundwasser im Bereich der Brunnen in etwa von Ost nach West. Ein erheblicher Teil des Grundwassers im W. bestehe nach den hydrochemischen Befunden aus kurzfristigem und langfristigem Uferfiltrat der (südlich der Brunnen parallel zur B 317 fließenden) Wiese. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei im W. nur von untergeordneter Bedeutung. Die bestehenden hohen Abstandsgeschwindigkeiten ergäben sich aus einem Färbversuch aus dem Jahre 1970. Die große Diskrepanz zwischen den berechneten und den mit dem Markierungsversuch gemessenen Fließgeschwindigkeiten hätten ihre Ursache in dem inhomogenen Aufbau der Talfüllung des W.s. Offensichtlich seien geringmächtige besonders durchlässige Gerölllagen verantwortlich für sehr schnelle Fließwege. Die Berechnungen zeigten, dass die Zone II bis an den Rand der bestehenden Bebauung, und, bedingt durch die Entnahme im Brunnen I, auch in den Randbereich der Bebauung reiche. Die relativ geringe Abhängigkeit der Größe der Zone II von der Entnahmerate beruhe auf den generell hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten im K. des W.s. Vor diesem Hintergrund werde vorgeschlagen, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze von Steinen als Zone II auszuweisen. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten, auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten.
57 
Die Tatsache, dass die vorhandene Bebauung für das Trinkwasservorkommen bisher zu keinen Problemen geführt hat, hat den Antragsgegner erkennbar veranlasst, die Schutzzone II nicht entsprechend der 50-Tage-Linie festzusetzen. Denn auch eine vorhandene Ortsbebauung oder Gewerbenutzung, die bei nachträglichen Wasserschutzgebietsfestsetzungen grundsätzlich eigentumsrechtlichen Bestandsschutz genießen, schließen es grundsätzlich nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch entsprechende zusätzliche Verbote und Beschränkungen zu verhüten (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.1.2008 - 22 N 04.3471 - juris). Das - die Interessen der Antragstellerin im Rahmen des fachlich Vertretbaren insoweit berücksichtigende - Vorgehen des Landratsamts L. ist nicht zu beanstanden. Die Verkürzung der 50-Tage-Linie entspricht den Vorgaben der DVGW-Richtlinie W 101 (vgl. Nr. 4.3.1 und - insbesondere bei Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis - Nr. 4.3.2; siehe hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris). Dass diese Vorgehensweise auch im vorliegenden Fall fachlich vertretbar ist, weil die Schutzwürdigkeit des Grundwasservorkommens damit nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, hat Dr. S. vom LGRB als Vertreter der Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
58 
Andererseits kann hieraus nicht - wie die Antragstellerin meint - der Schluss gezogen werden, dass eine weitere nach Westen ausgreifende Bebauung gleichfalls keine Gefährdung darstelle. Denn der Wasserschutzgebietsverordnung geht es vor allem darum, künftige Gefährdungen - insbesondere in der Zone II - auszuschließen. Ebenso wie Dr. E. in seinen oben angeführten Stellungnahmen hat auch Dr. S. in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die DVGW-Richtlinie W 101 überzeugend ausgeführt, dass jegliche Bebauungen - insbesondere gewerbliche Grundstücksnutzungen - ein starkes Risikopotenzial für das geschützte Trinkwasserreservoir darstellten. Nach Tabelle 1 Nr. 1 und Nr. 4 zur DVGW-Richtlinie W 101 stellten die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und neuer Baugebiete in der Zone II ein hohes Gefährdungspotenzial dar. Diese lägen vor allem in der Verminderung von Deckschichten. Weitere besondere Gefahrenquellen stellten insbesondere die Bauphasen und Kanalisationsanlagen auch bei Einhaltung erhöhter Anforderungen an Material und Dichtigkeit dar.
59 
Der mit einem Hinweis auf die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 8.1.1997 verbundene Einwand der Antragstellerin, die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ könnten unter Zulassung von baulichen Nutzungen auch durch Auflagen geschützt werden, geht fehl. Sie übersieht, dass die in der genannten Verordnung getroffenen Regelungen den Bereich bereits bestehender Bebauungspläne und Anlagen betreffen und somit Ausdruck des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG sind. Die Schutzgebietszone II der angefochtenen WSV ist indessen - mit Ausnahme eines landwirtschaftlichen Hofes - frei von Bebauung und liegt gerade nicht im räumlichen Geltungsbereich von Bebauungsplänen der Antragstellerin.
60 
b) Die Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ist vorliegend auch räumlich - hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets - gegeben. Denn insoweit erfordert der Schutz des Grundwassers im Hinblick auf die öffentliche Trinkwasserversorgung die in der Wasserschutzgebietsverordnung festgesetzte Gebietsabgrenzung.
61 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Wasserversorgung, etwa einer Trinkwassergewinnungsanlage, liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (§ 51 Abs. 1 WHG) ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Beschl. v. 23.1.1984 - 4 B 157.83 u.a. - ZfW 1984, 294; Beschl. v. 30.9.1996 - 4 NB 31.96 - u.a. NVwZ 1997, 887; Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
62 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichnet sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 45, Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 46; Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 51 WHG Rn. 42).
63 
Die angefochtene Verordnung ist nach diesen Maßgaben auch in der räumlichen Abgrenzung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht zu beanstanden. Sowohl das GLA in seinem hydrologischen Abschlussgutachten zur Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets einschließlich der vorgesehenen Schutzzonen I - III für die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vom 26.10.1989 und seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 als auch das LGRB in seinen Gutachten vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 haben unter Berücksichtigung der hydrogeologischen-hydraulischen Gegebenheiten und in ausführlicher Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen nachvollziehbar und folgerichtig die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets dargelegt.
64 
Das GLA und das LGRB haben sich dabei zu Recht an dem als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ herangezogenen DVGW-Arbeitsblatt W 101 orientiert. Diese „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind; sie sind mithin also eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG a.F. und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a.F. Rn. 46f; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 70; Kotulla, WHG, § 51 Rn. 25 ff.; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 58; Schwind, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 63 f.).
65 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen vermögen die überzeugenden gutachterlichen Aussagen des GLA und des LGRB nicht in Frage zu stellen. Weder enthalten diese offen erkennbare Mängel oder gehen von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, noch weisen sie unlösbare Widersprüche auf. Auch bestehen an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Fachgutachter keinerlei Zweifel (vgl. zu diesen Kriterien bei der Beurteilung von Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen BVerwG, Beschl. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris; Urt. v. 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 - juris).
66 
aa) Der Einwand der Antragstellerin, die vom Antragsgegner herangezogenen Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB seien veraltet und deshalb nicht mehr verwertbar, trifft nicht zu. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seit Erstellung des Abschlussgutachtens des GLA vom 26.10.1989 geändert hätten, hat das LGRB in seiner Stellungnahme vom 24.9.2004 mit überzeugenden Gründen verneint. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führten dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten. Im W. finde ein dauernder Austausch von Wiese-Wasser und Grundwasser statt. Ein erheblicher Teil des Grundwassers bestehe somit aus Uferfiltrat der Wiese. Hinzu kämen der Randzustrom vom Festgestein in den Talkieseaquifer und der Zustrom aus den Nebentälern des W.s. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei daher für das Grundwasserdargebot im W. nur von untergeordneter Bedeutung.
67 
bb) Auch mit der von der Antragstellerin geforderten Erstellung eines numerischen Grundwassermodells hat sich das LGRB auseinandergesetzt und nachvollziehbar ausgeführt, dass zum einen die Datengrundlage für die Abgrenzung der Schutzzone ausreichend sei. Der Markierungsversuch sei nach den auch heute noch gültigen Regeln von Wissenschaft und Technik durchgeführt worden und gut dokumentiert. Die Ergebnisse des Färbversuchs aus dem Jahre 1970 seien nach wie vor gültig. Zum anderen sei ein numerisches Grundwassermodell für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Ferner hätten für die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells weitere Grundwassermessstellen eingerichtet und hydrochemische Untersuchungen im Hinblick auf die Uferfiltratanteile von Steinenbach und Rohrbach durchgeführt werden müssen. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien indes auch durch die geforderte Erstellung eines numerischen Grundwassermodells nicht zu erwarten. Diesen umfangreichen fachbehördlichen Stellungnahmen ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten.
68 
cc) Der Hinweis der Antragstellerin, im Gutachten des LGRB vom 24.11.2005 (Dokumentation des Färbversuchs aus dem Jahre 1970) werde der Vorschlag gemacht, eine zusammenfassende neue hydrogeologische Bearbeitung des W.s eventuell unter Einbeziehung des schweizerischen Wassergewinnungsgebietes „Lange Erlen“ durchzuführen, nimmt die weiteren Ausführungen in dieser und der ergänzenden Stellungnahme nicht zur Kenntnis. Denn dieser Vorschlag bezieht sich zum einen auf das gesamte W.. Zum anderen führt Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 21.9.2006 aus, dass eine neue Bilanzierung des Wasserhaushalts des gesamten W.s - zwar - wünschenswert wäre, aber für die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die „W.B.“ nicht maßgebend sei. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass nach den neu überprüften Ergebnissen fundierte Unterlagen zur hydrogeologischen Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „W.B.“ vorlägen.
69 
dd) Soweit die Antragstellerin die Vermutung äußert, dass die Schutzzone II im Süden allein deshalb in der ausgewiesenen Abgrenzung erfolgt sei, damit die geplante Neutrassierung der Landesstraße 138 - unter Wegfall der jetzt vorhandenen Straßenführung - in die Schutzzone III zu liegen komme, bleibt sie jegliche greifbare Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen bei der fachbehördlichen Abgrenzung und ihr folgend der Festsetzung durch das Landratsamt L. schuldig. Im Übrigen haben sowohl der Vertreter der Fachbehörde Dr. S. vom LGRB wie auch die Vertreter des Beklagten überzeugend ausgeführt, dass die geplante Neutrassierung der L 138 weder in der Schutzzone III noch in der Schutzzone II eine Gefährdung für das zu schützende Grundwasservorkommen im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ darstellen würde. Denn beim Bau und dem Betrieb dieser Straße wären die fachlich bewährten Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) - Ausgabe 2002 - zu beachten. Diese von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung von Vertretern der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e.V. (ATT) aufgestellten Richtlinien bieten aufgrund der dort für die Schutzzone II und III vorgesehenen Schutzmaßnahmen (vgl. nur Nrn. 4.2, 5.3, 5.4 und insbesondere Nrn. 6.2 und 6.3) eine Gewähr dafür, dass eine Grundwasserbeeinträchtigung nicht zu besorgen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris; Bay.VGH, Urt. v. 27.10.2006 - 22 N 04.2609 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.7.2002 - 5 S 2715/01 - ZLW 2004, 160). Gegenteiliges wird auch von der Antragstellerin nicht behauptet.
70 
4. Der Senat bejaht auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der „W.B. I - III“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers.
71 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N; Sieder/Zeitler/Dah- me, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467).
72 
Nach Maßgabe dessen vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.
73 
a) Die Planungshoheit der Antragstellerin wird durch die angefochtene Verordnung nicht unverhältnismäßig betroffen.
74 
Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen (vgl. hierzu die Schutzbestimmungen unter §§ 3 ff. WSV). Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen.
75 
Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160; Beschl. v. 15.4.2003 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116; Urt. v. 9.2.2005 - 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813; Urt. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259; Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 - 7 CN 1.04 - BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung insbesondere BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 181; zur dieser Situationsgebundenheit vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1982 - 5 S 1359/81 - DVBl 1983, 639).
76 
Die Antragstellerin hat in Reaktion auf die geplante Wasserschutzgebietsausweisung während des Verwaltungsverfahrens eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, in dem Bau- und Mischgebiete in der zu diesem Zeitpunkt bereits geplanten und nachfolgend auch festgesetzten Schutzzone II dargestellt werden. Dieser Flächennutzungsplan erlangte aber mangels Genehmigung des Landratsamts L. insoweit keine Wirksamkeit. Die Antragstellerin hat gegen diese - teilweise - Versagung der Genehmigung ihres geänderten Flächennutzungsplans keinen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Die Verfügung des Landratsamts L. vom 29.5.2006 ist daher bestandskräftig geworden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine konkretisierte und verfestigte Planung in dem oben genannten Sinn nicht festzustellen. Eine weitere durch die angefochtene Verordnung nachhaltig gestörte Planung hat die Antragstellerin nicht dargelegt (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast der Gemeinde bezüglich ihrer konkreten Planung BVerwG, Beschl. v. 15.4.2004 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116).
77 
b) Selbst wenn im Hinblick auf den Flächennutzungsplan der Antragstellerin von einer konkretisierten und verfestigten Planung im vorgenannten Sinne auszugehen wäre, weil die Antragstellerin auch nach Versagung der Genehmigung dieses Plans an ihren ursprünglichen Vorstellungen festhalten möchte, rechtfertigte dies keine andere Beurteilung. Denn auch in diesem Fall führte die von der Antragstellerin befürchtete Verkürzung ihrer gemeindlichen Entwicklungschancen nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in ihre kommunale Planungshoheit, weil dieser Belang vorliegend gegenüber den konkreten Bedürfnissen der Trinkwasserversorgung zurücktreten müsste.
78 
Die Antragstellerin unterliegt insoweit einer besonderen Situationsgebundenheit, als auf ihrem Gemarkungsgebiet ein bedeutender Grundwasservorrat vorhanden ist, der auch für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist und auf den die Stadt L. zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung angewiesen ist. Mit Blick auf den in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 6.11.2013 - 9 A 9.12 - juris m.w.N.) zu berücksichtigenden Grundsatz der Priorität ist darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Wasserschutzgebietsausweisung das Gemarkungsgebiet der Antragstellerin nicht erstmals betroffen ist. Vielmehr wurde bereits 1977 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I bis III im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet festgesetzt. Ferner lagen bereits lange vor der geänderten Flächennutzungsplanung insbesondere im Hinblick auf das Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuabgrenzung des bereits festgesetzten Wasserschutzgebiets - insbesondere der Zone II - mit einer deutlichen Erweiterung auf die im Westen der Antragstellerin liegende Gemarkung geplant war. Denn gerade in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin Schritte zur Änderung ihres Flächennutzungsplans unternommen. Ferner hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, bei ihrer gemeindlichen Entwicklung zwingend gerade auf die Flächen, die nunmehr in der Schutzzone II liegen, angewiesen zu sein.
79 
Zudem verbleiben der Antragstellerin auch Räume für die weitere ortsplanerische Gestaltung. In der Schutzzone III, in die weite Teile des Gemarkungsgebiets der Antragstellerin fallen, ist nach § 3 WSV die Ausweisung von Baugebieten und die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben grundsätzlich zulässig. Da die Schutzzonen I und II westlich der bebauten Ortslage liegen, stehen der Antragstellerin auch weiterhin nördlich, östlich und südlich hiervon Gemeindeflächen zur weiteren Entwicklung zur Verfügung.
80 
c) Der bei einer Wasserschutzgebietsverordnung zugrundegelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer Wasserschutzgebietsverordnung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden. Es ist also nicht zu prüfen, ob der Träger der Wasserversorgung einen Brunnen auch an anderer Stelle mit gleichem Erfolg hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
81 
Nach den Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen des GLA und des LGRB sowie der Stellungnahme der badenova vom 25.9.2007, die für die Stadt L. die Wasserversorgung durchführt, gibt es im Übrigen zu den Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ keine Alternative. Gegenteiliges wird von der Antragstellerin zwar behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang hat die Fachbehörde insbesondere auch den Vorschlag der Antragstellerin auf Verschiebung der Brunnen zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Brunnen I bis III der „W.B.“ in einem Bereich mit optimaler Aquifermächtigkeit und somit optimaler Ergiebigkeit abgeteuft seien, so dass ein beliebiges Verschieben der Brunnenstandorte nicht möglich sei. Ferner könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Ein neuer Tiefbrunnen in westlicher/nordwestlicher Richtung Hauingen ergebe aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers und der zurzeit minimalen Abgrenzung der Zone II für deren Längsausdehnung keine Änderung. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „Wilden Brunnen“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im Grütt“ erfolgen. Der Brunnen III weise periodisch bakteriologische Belastungen mit coliformer Bakterien auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Auch bei dem Tiefbrunnen II seien zuweilen - wenn auch in deutlich geringerem Umfang - bakteriologische Belastungen feststellbar. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu.
82 
d) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 2 bis 6 WSV i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen vorsieht und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) - in § 7 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 26.6.2002 - 22 N 01.2625 - ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.5.2004 - 8 S 471/03 - n.v.).
83 
e) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III (vorliegend mit der weiteren Unterteilung der Zone III in Teilfläche 1 und 2) und ihre Abgrenzung folgt schließlich den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in dem DVGW-Arbeitsblatt W 101 aufgeführt sind (siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3, S. 6 ff.; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 6.5.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991) und die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen „Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen“ (Belzenkötter u.a., Hannover 1984).
84 
Das GLA und das LGRB haben diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - berücksichtigt; auch die WSV trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
85 
Entgegen der Meinung der Antragstellerin besteht für eine darüber hinausgehende Abwägung im Sinne des Planungsrechts - wie eingangs dargestellt - kein Raum.
86 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
88 
Beschluss vom 19. März 2014
89 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG (i.V.m. mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 [NVwZ 2004, 1327], Nr. 9.8.2 [in entsprechender Anwendung]) auf 60.000,-- EUR festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
29 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
30 
Der Antrag ist zwar zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
31 
Der nach ordnungsgemäßer Verkündung der angefochtenen Verfügung am 8.12.2009 innerhalb der Ein-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO am 12.2.2010 gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig.
I.
32 
Der Antrag ist statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
33 
Die Antragstellerin ist als Behörde (vgl. § 1 Abs. 2 LVwVfG) auch antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 VwGO, ohne dass es darauf ankommt, ob sie durch die Schutzgebietsverordnung in eigenen Rechten verletzt werden kann (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO).
34 
Für die Antragsbefugnis einer Behörde ist Voraussetzung, dass sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N.) oder dass die Rechtsvorschrift sie jedenfalls in ihrer Tätigkeit berührt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - VBlBW 1987, 461). Für die Antragsbefugnis einer Gemeinde als Behörde ist deshalb ausreichend, dass die angegriffene Norm sich für ihr Gebiet auswirkt und von ihr zu beachten ist (BVerwG, Beschl. v. 15.3.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307). Die Gemeinden verwalten - soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen - in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben allein und unter eigener Verantwortung (Art. 71 Abs. 2 Satz 1 LV, § 2 Abs. 1 GemO). Im Hinblick auf diesen allumfassenden Wirkungskreis wird eine Gemeinde durch die Teile ihres Gebietes flächendeckend erfassenden, zahlreiche Gebote und Verbote enthaltenden wasserrechtlichen Schutzverordnungen in ihrem Aufgabenkreis berührend eingeschränkt. Dies löst die Befugnis aus, die Rechtmäßigkeit dieser Einschränkung gerichtlich überprüfen zu lassen, soweit es sich - wie hier - um Rechtsvorschriften i.S.v. § 47 Abs. 1 VwGO handelt.
35 
Ob sich die Antragstellerin zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auch auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) in Gestalt der Planungshoheit (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236) berufen kann, braucht der Senat deshalb nicht abschließend zu erörtern. Hieran bestünden allerdings erhebliche Zweifel. Denn dafür wäre nach ständiger Rechtsprechung Voraussetzung, dass die Schutzgebietsverordnung eine hinreichend bestimmte Planung der Antragstellerin nachhaltig stört oder durch sie wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung gänzlich entzogen werden (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124; Beschl. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.1992 - 8 S 1741/92 - NuR 1994, 84; Gerichtsbescheid v. 7.4.1997 - 8 S 2550/96 - VBlBW 1997, 387). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entnehmen (vgl. hierzu nachfolgend die Ausführungen unter B.II.4.).
B.
36 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
37 
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor und auch sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
38 
Verfahrens- oder Formfehler bei der Normsetzung sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
39 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG a.F. wurden die durch die angefochtene Verordnung betroffenen Gemeinden - insbesondere die Antragstellerin - angehört. Der Entwurf der angefochtenen Verordnung wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG a.F. i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt.
40 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.6.2009 - 3 S 1108/07 - juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]).
41 
3. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerfBW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der WSV nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 - BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/08 - VBlBW 2009, 220).
II.
42 
Die angefochtene Verfügung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
43 
Die Verordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG in der bei ihrem Erlass noch geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl I S. 3245).
44 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., der insoweit mit dem am 1.3.2010 in Kraft getretenen § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009 (BGBl I S. 2585) inhaltlich übereinstimmt (ebenso BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 - juris), i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung - WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG) - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG a.F.). Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG a.F. können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 52 WHG) u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
45 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 -, juris; Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - NVwZ 2006, 85; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn bei der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nicht um die planende, potentiell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Das Wohl der Allgemeinheit bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005, a.a.O. - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 13, 40 ff. m.w.N.).
46 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG,10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 41). Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn dies vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
47 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Landratsamt L. als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG a.F.) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. und § 24 WG a.F. ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und vom 21.10.1992 sowie den hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des LGRB vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und vom 24.10.2007 die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Wasserschutzgebietsverordnung (vgl. BayVGH, Urt. v. 1.8.2011 - 22 N 09.2729 - ZfW 2012, 94) dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Stadt L. (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (4.).
48 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. sind zweifellos erfüllt. Denn das in „W.B. I - III“ geförderte Grundwasser mit dem dazugehörigen Wasserreservoir dient als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Versorgung der Bevölkerung L.s. Dies zeigt bereits die der Stadt L. am 11.7.2006 erneut erteilte, bis 2036 geltende wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser aus den Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
49 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
50 
Schutzwürdigkeit in diesem Sinn ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: das Vorkommen im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen I - III der „W.B.“ - nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Zur Wasserversorgung müssen aber - insbesondere aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten Umweltschädigungen - auch weniger gute, bereits in gewissem Umfang belastete Wasservorkommen beitragen. Dies gilt zum Beispiel auch dann, wenn die Qualität des gewonnenen Wassers für Trinkwasserzwecke erst durch verstärkte Aufbereitung gewahrt werden kann, weil es den Anforderungen der (in Umsetzung der RL 98/83/EG vom 3.11.1998 erlassenen) Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 21.5.2001 (BGBl. I, 959) - TrinkwV - nicht mehr entspricht. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG a.F. zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870; Kibele, ZfW 2012, 177).
51 
Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen schutzwürdig, auch wenn das bezogene Grundwasser aus dem Brunnen III periodisch mikrobiologische Belastungen mit Grenzwertüberschreitungen coliformer Bakterien aufweist. Diesen zu begegnen, dient im Ergebnis die angefochtene Verordnung, mit ihrer gegenüber ihrer Vorgängerregelung vergrößerten Engeren Schutzzone II. Gerade die Schutzgebietsausweisung mit den darin geltenden Schutzbestimmungen ist ein geeignetes Instrument, um Grundwasservorkommen langfristig normativ zu schützen und dauerhaft einen guten Zustand des Grundwassers i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik - WRRL - vom 23.10.2000 und - speziell das Grundwasser betreffend - der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung vom 12.12.2006 zu gewährleisten. Dem dienen in besonderem Maße die Schutzbestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung - SchALVO - vom 20.2.2001 (GBl. S. 145), die gemäß § 2 Abs. 1 SchALVO für Wasserschutzgebiete gilt und auf deren Geltung die WSV in § 2 ausdrücklich hinweist. Deren Zweck besteht gerade darin, zum Schutz von Rohwässern der öffentlichen Wasserversorgung deren Belastungen zu minimieren. Im Übrigen ist das aus dem Brunnen III gewonnene Grundwasser nach Aufbereitung zur Trinkwasserverwendung geeignet.
52 
3. Der unter Schutz gestellte Grundwasserkörper ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
53 
a) In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
54 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG a.F.). Deshalb bedurfte es bei Erlass der Verordnung nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 18). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor pathogenen Mikroorganismen, die infolge landwirtschaftlicher Bodennutzung, gewerblicher Tätigkeiten oder durch Wohnbebauung in das Grundwasser gelangen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a WG a.F. Rn. 17). Zudem haben das GLA und das LGRB in ihren Gutachten und Stellungnahmen nachvollziehbar ausgeführt, dass die bisherige Abgrenzung des Wasserschutzgebietes, insbesondere der Zone II, zum Schutz der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vor Schadstoffen nicht mehr ausreicht. Dies hat auch die Antragstellerin substantiiert nicht in Zweifel gezogen.
55 
Der Umstand, dass die Schutzzone II nicht nach der 50-Tage-Linie bemessen ist, die die in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser - LAWA - erarbeiteten Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, e.V. - DVGW - für Trinkwasserschutzgebiete; Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser, Technische Regel - DVGW-Arbeitsblatt W 101 vom Juni 2006 - grundsätzlich vorsehen, nimmt dem Wasserschutzgebiet nicht die Schutzbedürftigkeit. Denn nach den Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB geben die vorliegenden Daten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die vorhandene Bebauung im Westen des Gemeindegebiets der Antragstellerin, die in der 50-Tage-Linie liegt, bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führten. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 26.9.2006 ausgeführt, es sei notwendig, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze des Ortsteils Steinen als Zone II als minimalen Schutz auszuweisen. Die hygienische Reinheit des Trinkwassers müsse ferner durch eine entsprechende Überwachung und die Aufbereitungsanlage im Wasserwerk garantiert werden. Zwar werde damit die grundsätzlich erforderliche Schutzzone, die sich aus der 50-Tage-Linie ergebe, nicht erreicht. Eine Schutzgebietsverordnung könne jedoch naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten im maßgebenden Aquifer. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den westlichen Bebauungsrand stelle denjenigen Schutz dar, der unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten der noch größtmögliche Schutz sei.
56 
Gegenteiliges wäre fachlich nicht vertretbar, wie auch die weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. E. vom 26.9.2006 aufzeigt. Danach seien im Wasser des Brunnens III des Öfteren, im Brunnen II gelegentlich bakteriologische Belastungen festgestellt worden. Es werde davon ausgegangen, dass Uferfiltrat des (nördlich gelegenen) Steinenbachs zu den Brunnen fließe. Nach dem Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und den dort als Anlage enthaltenen Grundwassergleichenpläne sowie den Auswertungen der Firma Hydrodata 1999 fließe das Grundwasser im Bereich der Brunnen in etwa von Ost nach West. Ein erheblicher Teil des Grundwassers im W. bestehe nach den hydrochemischen Befunden aus kurzfristigem und langfristigem Uferfiltrat der (südlich der Brunnen parallel zur B 317 fließenden) Wiese. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei im W. nur von untergeordneter Bedeutung. Die bestehenden hohen Abstandsgeschwindigkeiten ergäben sich aus einem Färbversuch aus dem Jahre 1970. Die große Diskrepanz zwischen den berechneten und den mit dem Markierungsversuch gemessenen Fließgeschwindigkeiten hätten ihre Ursache in dem inhomogenen Aufbau der Talfüllung des W.s. Offensichtlich seien geringmächtige besonders durchlässige Gerölllagen verantwortlich für sehr schnelle Fließwege. Die Berechnungen zeigten, dass die Zone II bis an den Rand der bestehenden Bebauung, und, bedingt durch die Entnahme im Brunnen I, auch in den Randbereich der Bebauung reiche. Die relativ geringe Abhängigkeit der Größe der Zone II von der Entnahmerate beruhe auf den generell hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten im K. des W.s. Vor diesem Hintergrund werde vorgeschlagen, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze von Steinen als Zone II auszuweisen. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten, auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten.
57 
Die Tatsache, dass die vorhandene Bebauung für das Trinkwasservorkommen bisher zu keinen Problemen geführt hat, hat den Antragsgegner erkennbar veranlasst, die Schutzzone II nicht entsprechend der 50-Tage-Linie festzusetzen. Denn auch eine vorhandene Ortsbebauung oder Gewerbenutzung, die bei nachträglichen Wasserschutzgebietsfestsetzungen grundsätzlich eigentumsrechtlichen Bestandsschutz genießen, schließen es grundsätzlich nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch entsprechende zusätzliche Verbote und Beschränkungen zu verhüten (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.1.2008 - 22 N 04.3471 - juris). Das - die Interessen der Antragstellerin im Rahmen des fachlich Vertretbaren insoweit berücksichtigende - Vorgehen des Landratsamts L. ist nicht zu beanstanden. Die Verkürzung der 50-Tage-Linie entspricht den Vorgaben der DVGW-Richtlinie W 101 (vgl. Nr. 4.3.1 und - insbesondere bei Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis - Nr. 4.3.2; siehe hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris). Dass diese Vorgehensweise auch im vorliegenden Fall fachlich vertretbar ist, weil die Schutzwürdigkeit des Grundwasservorkommens damit nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, hat Dr. S. vom LGRB als Vertreter der Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
58 
Andererseits kann hieraus nicht - wie die Antragstellerin meint - der Schluss gezogen werden, dass eine weitere nach Westen ausgreifende Bebauung gleichfalls keine Gefährdung darstelle. Denn der Wasserschutzgebietsverordnung geht es vor allem darum, künftige Gefährdungen - insbesondere in der Zone II - auszuschließen. Ebenso wie Dr. E. in seinen oben angeführten Stellungnahmen hat auch Dr. S. in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die DVGW-Richtlinie W 101 überzeugend ausgeführt, dass jegliche Bebauungen - insbesondere gewerbliche Grundstücksnutzungen - ein starkes Risikopotenzial für das geschützte Trinkwasserreservoir darstellten. Nach Tabelle 1 Nr. 1 und Nr. 4 zur DVGW-Richtlinie W 101 stellten die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und neuer Baugebiete in der Zone II ein hohes Gefährdungspotenzial dar. Diese lägen vor allem in der Verminderung von Deckschichten. Weitere besondere Gefahrenquellen stellten insbesondere die Bauphasen und Kanalisationsanlagen auch bei Einhaltung erhöhter Anforderungen an Material und Dichtigkeit dar.
59 
Der mit einem Hinweis auf die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 8.1.1997 verbundene Einwand der Antragstellerin, die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ könnten unter Zulassung von baulichen Nutzungen auch durch Auflagen geschützt werden, geht fehl. Sie übersieht, dass die in der genannten Verordnung getroffenen Regelungen den Bereich bereits bestehender Bebauungspläne und Anlagen betreffen und somit Ausdruck des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG sind. Die Schutzgebietszone II der angefochtenen WSV ist indessen - mit Ausnahme eines landwirtschaftlichen Hofes - frei von Bebauung und liegt gerade nicht im räumlichen Geltungsbereich von Bebauungsplänen der Antragstellerin.
60 
b) Die Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ist vorliegend auch räumlich - hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets - gegeben. Denn insoweit erfordert der Schutz des Grundwassers im Hinblick auf die öffentliche Trinkwasserversorgung die in der Wasserschutzgebietsverordnung festgesetzte Gebietsabgrenzung.
61 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Wasserversorgung, etwa einer Trinkwassergewinnungsanlage, liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (§ 51 Abs. 1 WHG) ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Beschl. v. 23.1.1984 - 4 B 157.83 u.a. - ZfW 1984, 294; Beschl. v. 30.9.1996 - 4 NB 31.96 - u.a. NVwZ 1997, 887; Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
62 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichnet sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 45, Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 46; Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 51 WHG Rn. 42).
63 
Die angefochtene Verordnung ist nach diesen Maßgaben auch in der räumlichen Abgrenzung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht zu beanstanden. Sowohl das GLA in seinem hydrologischen Abschlussgutachten zur Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets einschließlich der vorgesehenen Schutzzonen I - III für die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vom 26.10.1989 und seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 als auch das LGRB in seinen Gutachten vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 haben unter Berücksichtigung der hydrogeologischen-hydraulischen Gegebenheiten und in ausführlicher Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen nachvollziehbar und folgerichtig die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets dargelegt.
64 
Das GLA und das LGRB haben sich dabei zu Recht an dem als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ herangezogenen DVGW-Arbeitsblatt W 101 orientiert. Diese „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind; sie sind mithin also eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG a.F. und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a.F. Rn. 46f; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 70; Kotulla, WHG, § 51 Rn. 25 ff.; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 58; Schwind, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 63 f.).
65 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen vermögen die überzeugenden gutachterlichen Aussagen des GLA und des LGRB nicht in Frage zu stellen. Weder enthalten diese offen erkennbare Mängel oder gehen von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, noch weisen sie unlösbare Widersprüche auf. Auch bestehen an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Fachgutachter keinerlei Zweifel (vgl. zu diesen Kriterien bei der Beurteilung von Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen BVerwG, Beschl. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris; Urt. v. 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 - juris).
66 
aa) Der Einwand der Antragstellerin, die vom Antragsgegner herangezogenen Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB seien veraltet und deshalb nicht mehr verwertbar, trifft nicht zu. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seit Erstellung des Abschlussgutachtens des GLA vom 26.10.1989 geändert hätten, hat das LGRB in seiner Stellungnahme vom 24.9.2004 mit überzeugenden Gründen verneint. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führten dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten. Im W. finde ein dauernder Austausch von Wiese-Wasser und Grundwasser statt. Ein erheblicher Teil des Grundwassers bestehe somit aus Uferfiltrat der Wiese. Hinzu kämen der Randzustrom vom Festgestein in den Talkieseaquifer und der Zustrom aus den Nebentälern des W.s. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei daher für das Grundwasserdargebot im W. nur von untergeordneter Bedeutung.
67 
bb) Auch mit der von der Antragstellerin geforderten Erstellung eines numerischen Grundwassermodells hat sich das LGRB auseinandergesetzt und nachvollziehbar ausgeführt, dass zum einen die Datengrundlage für die Abgrenzung der Schutzzone ausreichend sei. Der Markierungsversuch sei nach den auch heute noch gültigen Regeln von Wissenschaft und Technik durchgeführt worden und gut dokumentiert. Die Ergebnisse des Färbversuchs aus dem Jahre 1970 seien nach wie vor gültig. Zum anderen sei ein numerisches Grundwassermodell für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Ferner hätten für die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells weitere Grundwassermessstellen eingerichtet und hydrochemische Untersuchungen im Hinblick auf die Uferfiltratanteile von Steinenbach und Rohrbach durchgeführt werden müssen. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien indes auch durch die geforderte Erstellung eines numerischen Grundwassermodells nicht zu erwarten. Diesen umfangreichen fachbehördlichen Stellungnahmen ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten.
68 
cc) Der Hinweis der Antragstellerin, im Gutachten des LGRB vom 24.11.2005 (Dokumentation des Färbversuchs aus dem Jahre 1970) werde der Vorschlag gemacht, eine zusammenfassende neue hydrogeologische Bearbeitung des W.s eventuell unter Einbeziehung des schweizerischen Wassergewinnungsgebietes „Lange Erlen“ durchzuführen, nimmt die weiteren Ausführungen in dieser und der ergänzenden Stellungnahme nicht zur Kenntnis. Denn dieser Vorschlag bezieht sich zum einen auf das gesamte W.. Zum anderen führt Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 21.9.2006 aus, dass eine neue Bilanzierung des Wasserhaushalts des gesamten W.s - zwar - wünschenswert wäre, aber für die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die „W.B.“ nicht maßgebend sei. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass nach den neu überprüften Ergebnissen fundierte Unterlagen zur hydrogeologischen Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „W.B.“ vorlägen.
69 
dd) Soweit die Antragstellerin die Vermutung äußert, dass die Schutzzone II im Süden allein deshalb in der ausgewiesenen Abgrenzung erfolgt sei, damit die geplante Neutrassierung der Landesstraße 138 - unter Wegfall der jetzt vorhandenen Straßenführung - in die Schutzzone III zu liegen komme, bleibt sie jegliche greifbare Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen bei der fachbehördlichen Abgrenzung und ihr folgend der Festsetzung durch das Landratsamt L. schuldig. Im Übrigen haben sowohl der Vertreter der Fachbehörde Dr. S. vom LGRB wie auch die Vertreter des Beklagten überzeugend ausgeführt, dass die geplante Neutrassierung der L 138 weder in der Schutzzone III noch in der Schutzzone II eine Gefährdung für das zu schützende Grundwasservorkommen im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ darstellen würde. Denn beim Bau und dem Betrieb dieser Straße wären die fachlich bewährten Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) - Ausgabe 2002 - zu beachten. Diese von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung von Vertretern der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e.V. (ATT) aufgestellten Richtlinien bieten aufgrund der dort für die Schutzzone II und III vorgesehenen Schutzmaßnahmen (vgl. nur Nrn. 4.2, 5.3, 5.4 und insbesondere Nrn. 6.2 und 6.3) eine Gewähr dafür, dass eine Grundwasserbeeinträchtigung nicht zu besorgen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris; Bay.VGH, Urt. v. 27.10.2006 - 22 N 04.2609 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.7.2002 - 5 S 2715/01 - ZLW 2004, 160). Gegenteiliges wird auch von der Antragstellerin nicht behauptet.
70 
4. Der Senat bejaht auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der „W.B. I - III“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers.
71 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N; Sieder/Zeitler/Dah- me, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467).
72 
Nach Maßgabe dessen vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.
73 
a) Die Planungshoheit der Antragstellerin wird durch die angefochtene Verordnung nicht unverhältnismäßig betroffen.
74 
Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen (vgl. hierzu die Schutzbestimmungen unter §§ 3 ff. WSV). Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen.
75 
Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160; Beschl. v. 15.4.2003 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116; Urt. v. 9.2.2005 - 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813; Urt. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259; Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 - 7 CN 1.04 - BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung insbesondere BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 181; zur dieser Situationsgebundenheit vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1982 - 5 S 1359/81 - DVBl 1983, 639).
76 
Die Antragstellerin hat in Reaktion auf die geplante Wasserschutzgebietsausweisung während des Verwaltungsverfahrens eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, in dem Bau- und Mischgebiete in der zu diesem Zeitpunkt bereits geplanten und nachfolgend auch festgesetzten Schutzzone II dargestellt werden. Dieser Flächennutzungsplan erlangte aber mangels Genehmigung des Landratsamts L. insoweit keine Wirksamkeit. Die Antragstellerin hat gegen diese - teilweise - Versagung der Genehmigung ihres geänderten Flächennutzungsplans keinen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Die Verfügung des Landratsamts L. vom 29.5.2006 ist daher bestandskräftig geworden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine konkretisierte und verfestigte Planung in dem oben genannten Sinn nicht festzustellen. Eine weitere durch die angefochtene Verordnung nachhaltig gestörte Planung hat die Antragstellerin nicht dargelegt (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast der Gemeinde bezüglich ihrer konkreten Planung BVerwG, Beschl. v. 15.4.2004 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116).
77 
b) Selbst wenn im Hinblick auf den Flächennutzungsplan der Antragstellerin von einer konkretisierten und verfestigten Planung im vorgenannten Sinne auszugehen wäre, weil die Antragstellerin auch nach Versagung der Genehmigung dieses Plans an ihren ursprünglichen Vorstellungen festhalten möchte, rechtfertigte dies keine andere Beurteilung. Denn auch in diesem Fall führte die von der Antragstellerin befürchtete Verkürzung ihrer gemeindlichen Entwicklungschancen nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in ihre kommunale Planungshoheit, weil dieser Belang vorliegend gegenüber den konkreten Bedürfnissen der Trinkwasserversorgung zurücktreten müsste.
78 
Die Antragstellerin unterliegt insoweit einer besonderen Situationsgebundenheit, als auf ihrem Gemarkungsgebiet ein bedeutender Grundwasservorrat vorhanden ist, der auch für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist und auf den die Stadt L. zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung angewiesen ist. Mit Blick auf den in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 6.11.2013 - 9 A 9.12 - juris m.w.N.) zu berücksichtigenden Grundsatz der Priorität ist darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Wasserschutzgebietsausweisung das Gemarkungsgebiet der Antragstellerin nicht erstmals betroffen ist. Vielmehr wurde bereits 1977 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I bis III im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet festgesetzt. Ferner lagen bereits lange vor der geänderten Flächennutzungsplanung insbesondere im Hinblick auf das Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuabgrenzung des bereits festgesetzten Wasserschutzgebiets - insbesondere der Zone II - mit einer deutlichen Erweiterung auf die im Westen der Antragstellerin liegende Gemarkung geplant war. Denn gerade in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin Schritte zur Änderung ihres Flächennutzungsplans unternommen. Ferner hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, bei ihrer gemeindlichen Entwicklung zwingend gerade auf die Flächen, die nunmehr in der Schutzzone II liegen, angewiesen zu sein.
79 
Zudem verbleiben der Antragstellerin auch Räume für die weitere ortsplanerische Gestaltung. In der Schutzzone III, in die weite Teile des Gemarkungsgebiets der Antragstellerin fallen, ist nach § 3 WSV die Ausweisung von Baugebieten und die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben grundsätzlich zulässig. Da die Schutzzonen I und II westlich der bebauten Ortslage liegen, stehen der Antragstellerin auch weiterhin nördlich, östlich und südlich hiervon Gemeindeflächen zur weiteren Entwicklung zur Verfügung.
80 
c) Der bei einer Wasserschutzgebietsverordnung zugrundegelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer Wasserschutzgebietsverordnung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden. Es ist also nicht zu prüfen, ob der Träger der Wasserversorgung einen Brunnen auch an anderer Stelle mit gleichem Erfolg hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
81 
Nach den Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen des GLA und des LGRB sowie der Stellungnahme der badenova vom 25.9.2007, die für die Stadt L. die Wasserversorgung durchführt, gibt es im Übrigen zu den Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ keine Alternative. Gegenteiliges wird von der Antragstellerin zwar behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang hat die Fachbehörde insbesondere auch den Vorschlag der Antragstellerin auf Verschiebung der Brunnen zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Brunnen I bis III der „W.B.“ in einem Bereich mit optimaler Aquifermächtigkeit und somit optimaler Ergiebigkeit abgeteuft seien, so dass ein beliebiges Verschieben der Brunnenstandorte nicht möglich sei. Ferner könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Ein neuer Tiefbrunnen in westlicher/nordwestlicher Richtung Hauingen ergebe aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers und der zurzeit minimalen Abgrenzung der Zone II für deren Längsausdehnung keine Änderung. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „Wilden Brunnen“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im Grütt“ erfolgen. Der Brunnen III weise periodisch bakteriologische Belastungen mit coliformer Bakterien auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Auch bei dem Tiefbrunnen II seien zuweilen - wenn auch in deutlich geringerem Umfang - bakteriologische Belastungen feststellbar. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu.
82 
d) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 2 bis 6 WSV i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen vorsieht und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) - in § 7 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 26.6.2002 - 22 N 01.2625 - ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.5.2004 - 8 S 471/03 - n.v.).
83 
e) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III (vorliegend mit der weiteren Unterteilung der Zone III in Teilfläche 1 und 2) und ihre Abgrenzung folgt schließlich den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in dem DVGW-Arbeitsblatt W 101 aufgeführt sind (siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3, S. 6 ff.; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 6.5.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991) und die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen „Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen“ (Belzenkötter u.a., Hannover 1984).
84 
Das GLA und das LGRB haben diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - berücksichtigt; auch die WSV trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
85 
Entgegen der Meinung der Antragstellerin besteht für eine darüber hinausgehende Abwägung im Sinne des Planungsrechts - wie eingangs dargestellt - kein Raum.
86 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
88 
Beschluss vom 19. März 2014
89 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG (i.V.m. mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 [NVwZ 2004, 1327], Nr. 9.8.2 [in entsprechender Anwendung]) auf 60.000,-- EUR festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert,

1.
Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen,
2.
das Grundwasser anzureichern oder
3.
das schädliche Abfließen von Niederschlagswasser sowie das Abschwemmen und den Eintrag von Bodenbestandteilen, Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln in Gewässer zu vermeiden,
kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung Wasserschutzgebiete festsetzen. In der Rechtsverordnung ist die begünstigte Person zu benennen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(2) Trinkwasserschutzgebiete sollen nach Maßgabe der allgemein anerkannten Regeln der Technik in Zonen mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen unterteilt werden.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Wasserschutzgebietsverordnung (im Folgenden: WSV) des Landratsamts L. vom 10.11.2009 zum Schutz des Grundwassers in dem Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I bis III - Wasserschutzgebiet „W.B.“ - der Stadt L..
Die Antragstellerin ist eine im Vorderen W. gelegene Gemeinde im Landkreis L. mit ca. 9.697 Einwohnern und einer Gemeindegebietsfläche von ca. 46,86 km². Sie besteht aus den sieben Ortsteilen E., H., Y., Z., S., X. und W..
Die westlich der Antragstellerin gelegene Stadt L. gewinnt ihr gesamtes Trinkwasser aus dem Grundwasserleiter des Tals der Wiese. Die Wasserversorgung erfolgt über Grundwasserentnahmen aus den in diesem Tal liegenden Brunnen in den Gewannen „Im G.“ und „W.B.“. Im Gewann „W.B.“, das vorwiegend auf der Gemarkung der Antragstellerin zwischen dem X.bach und der Landestraße L 138 liegt, wurden in den 70er-Jahren insgesamt drei Brunnen errichtet (I - III).
Die erste wasserrechtliche Bewilligung für die (damals) vier geplanten „W.B.“ erteilte das Regierungspräsidium am 15.7.1975 der Stadt L. zur Entnahme von 3,8 Millionen m³/a .
Am 11.7.2006 erteilte das Landratsamt L. eine wasserrechtliche Bewilligung zur Wasserentnahme aus den Brunnen „Im G. I - IV“ und „W.B. I - III“ zur Trinkwasserversorgung bis maximal 14.000 m³/d und 4,2 Millionen m³/a, die bis zum 31.7.2036 befristet ist. In den Jahren 2000 bis 2003 betrug die Entnahmemenge aus den Brunnen „W.B. I - III“ im Durchschnitt 1.091.177,50 m³/a.
Das Landratsamt L. setzte mit Rechtsverordnung vom 16.5.1977 zum Schutz der Grundwasserfassungen der Stadt L. im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet fest.
Das - vormalige - Geologische Landesamt Baden-Württemberg - im Folgenden: GLA - überprüfte auf Antrag des damaligen Wasserwirtschaftsamts Waldshut vom 13.1.1989 die hydrogeologischen Verhältnisse im W. zwischen L. und Zell. In dem hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 wird festgestellt, dass die Schutzzonen der öffentlichen Trinkwasserbrunnen insgesamt zu gering bemessen seien. Dies gelte auch für die beiden Wasserschutzgebiete „Im G.“ und „W.B.“ der Stadt L..
Die Stadt L. beantragte daraufhin mit Schreiben vom 28.11.2003 die Erweiterung der Wasserschutzgebiete „Im G.“ und „W.B.“. Das Landratsamt L. gab mit Schreiben vom 8.1.2004 den Trägern öffentlicher Belange - darunter auch der Antragstellerin - unter Übersendung des Entwurfs der Rechtsverordnungen über die WSG „Im G.“ und „W.B.“ Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Antragstellerin erhob mit Schreiben vom 28.4.2004 Einwendungen, mit denen sie u.a. geltend machte, dass die beabsichtigte Ausdehnung der Schutzzone II des Wasserschutzgebiets „W.B.“ mit der von ihr beabsichtigten Bebauung im Gewann „Lange und Hintere Neumatt“ kollidiere.
Die vom Gemeinderat der Antragstellerin am 14.3.2006 beschlossene Fortschreibung des Flächennutzungsplans sieht in einem sich nach Westen an den Ortsrand anschließenden Bereich (E 3a) Wohnnutzung und im Bereich eines sich südlich angrenzenden Streifens nördlich der L.er Straße Mischgebietsnutzung (E 3b) vor. Das Landratsamt L. genehmigte mit Bescheid vom 29.5.2006 die vom Gemeinderat der Antragstellerin beschlossene Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2020 mit Ausnahme der Flächen E 3a und E 3b, weil diese in einem Gebiet lägen, welches als Wasserschutzzone II abgegrenzt worden sei. Die Ausweisung der Zone II ende zwar an der Grenze der jetzigen Bebauung, obwohl die 50 Tage-Linie damit nicht eingehalten werde. Es werde damit aber eine Verschlechterung der Situation vermieden.
10 
Der Entwurf der Rechtsverordnung sowie die dazugehörenden Pläne lagen bei der Stadt L. und dem Landratsamt L. einen Monat zur Einsicht aus. Ort und Zeit der Auslegung wurden am 5.8.2009 in den im Landkreis L. verbreiteten Tageszeitungen amtlich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Bedenken und Anregungen bis zum 7.9.2009 erhoben werden können. Das Fristende wurde durch amtliche Bekanntmachung vom 7.8.2009 auf den 14.9.2009 geändert.
11 
Die Antragstellerin erhob am 14.8.2009 unter Hinweis (u.a.) auf ihre Schreiben vom 13.7.2005 und 24.7.2006 Einwendungen. Am 3.11.2009 erfolgte im Landratsamt L. die Anhörung der Bedenken betroffener Privatpersonen und der Antragstellerin. Am 8.12.2009 teilte das Landratsamt L. der Antragstellerin mit, dass ihre Bedenken und Anregungen nach Abwägung aller Umstände keine Berücksichtigung finden könnten. Dem Schutz und der Sicherung des Grundwassers als Trinkwasserreservoir gebühre Vorrang.
12 
Das Landratsamt erließ am 10.11.2009 die Verordnung zum Schutz des Grundwassers in dem Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I bis III - Wasserschutzgebiet W.B. - der Stadt L.. Die Wasserschutzgebietsverordnung wurde am 8.12.2009 in den örtlichen Tageszeitungen verkündet.
13 
Nach § 1 Nr. 2 WSV gliedert sich das Wasserschutzgebiet in drei Schutzzonen. Für die Fassungsbereiche (Schutzzone I) enthält sie ein weitgehendes Betretungsverbot. Bezüglich der Engeren Schutzzone (Zone II) spricht die Verordnung umfängliche Verbote aus. In der Weiteren Schutzzone (Zone III) gelten diese Verbote nur relativ.
14 
Die bisherige in der Rechtsverordnung von 16.5.1977 festgesetzte Schutzzone II wird von ca. 37 ha auf ca. 128 ha und die bisherige Schutzzone III von 102 ha auf ca. 388 ha erweitert. Dies hat zur Folge, dass sich der bisher außerhalb des gesamten Schutzgebiets liegende nordwestliche - bisher nahezu unbebaute - Teil des Teilorts X. der Antragstellerin nunmehr im Bereich der Schutzzone II befindet.
15 
Neben dem hydrologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 lagen dem Landratsamt L. die hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg - im Folgenden: LGRB - vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 vor.
16 
Die Antragstellerin hat am 12.2.2010 das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
17 
Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor: Die Festsetzung der Schutzzone II diene nicht dem Wohl der Allgemeinheit. Es würden weder wasserwirtschaftliche Zielsetzungen noch sonstige öffentliche Belange verfolgt. Die Schutzgebietsfestsetzung Zone II sei nicht erforderlich. Der Antragsgegner stütze seine Festsetzungen auf veraltete Gutachten, Berechnungen und Färbversuche, deren Gültigkeit und Übertragbarkeit auf die heutige Situation nicht nachgewiesen worden seien und die sich widersprächen. Seit 1989 habe sich die Bebauungssituation im W. erheblich verändert, weite Flächen seien versiegelt worden. Die Grundwasserverläufe dürften sich deshalb verändert haben. Das gutachterlich geforderte Grundwasserströmungsmodell, das Erkenntnisse über die aktuelle Lage geliefert hätte, habe der Antragsgegner nicht erstellen lassen. Es fehle daher an einer ordnungsgemäßen Ermittlung des Sachverhalts. Die Ausweisung der Schutzzone II lasse sich auch nicht mit der bakteriologischen Belastung der Brunnen begründen. Der Brunnen I weise keine bakteriologischen Belastungen auf. Er sei aber gerade der Brunnen, der sich am nächsten zur Wohnbebauung befinde. Weiterhin fehle es an der objektiven Bedeutung der Brunnen. So sei im Jahre 2002 aus dem Tiefbrunnen III überhaupt kein Wasser gewonnen worden. Es gebe also offensichtlich in ausreichendem Umfang andere Quellfassungen.
18 
Die Schutzgebietsfestsetzung sei schließlich auch unverhältnismäßig. Die Ausweitung der Wasserschutzzone II führe zu einer erheblichen Verletzung ihrer Planungshoheit. Gerade der westliche Ortsrand sei wesentlich für die zukünftige Siedlungsentwicklung des Teilorts X.. Am 3.7.2001 sei der Beschluss zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans gefasst worden. Der Entwurf sehe für den Bereich „X.-West“ eine Wohnnutzung und nördlich der L.er Straße eine Mischgebietsnutzung vor. Das Landratsamt L. habe den Flächennutzungsplan 2020 - allerdings unter Herausnahme der nunmehr durch die angefochtene Schutzgebietsverordnung ausgewiesenen Fläche - am 29.5.2006 genehmigt. Gerade das Gebiet „X.-West“ biete sich aus stadtplanerischer Sicht für eine Erweiterung zwingend an. Der Standort zeichne sich durch eine gute Naherholungsmöglichkeit entlang des X.bachs aus. Durch seine zentrale Lage am westlichen Ortseingang werde keine zusätzliche verkehrliche Belastung der Ortsmitte herbeigeführt. Die bereits bestehenden Erschließungen könnten der Gesamtplanung entsprechend fortgeführt werden. Die Abwasser- und Wasserleitungen würden demgemäß bei der Erschließung des Baugebiets „Lange-Hintere-Neumatt“ bereits bis an die Grenze des Baugebiets verlegt. Die fehlende Berücksichtigung ihrer Belange sei nicht zu rechtfertigen.
19 
Zunächst sei vorgesehen gewesen, die Schutzgebietszone II um weitere 5 km nach Osten auszudehnen. Damit wäre auch die bereits bestehende Bebauung des Teilorts X. in die Schutzgebietszone gefallen. Hierauf sei verzichtet worden. Deswegen hätte ermittelt werden müssen, ob sich durch eine Verringerung der Schutzgebietszone II um weitere 200 m bis 250 m eine relevante Erhöhung des Risikopotentials ergebe und ob sich eine relevante Erhöhung des Risikopotentials auch unter Beachtung strenger Schutzanforderungen für bauliche Anlagen ergebe.
20 
Mit ihrem Vorschlag, in einen künftigen Bebauungsplan Festsetzungen aufzunehmen, die eine Wassergefährdung ausschlössen, habe sich der Antragsgegner nicht auseinandergesetzt. Verbleibende Möglichkeiten der Zusatzwassererschließung seien nicht geprüft worden. Tatsächlich könne die Stadt L. zur Sicherstellung ihrer Trinkwasserversorgung in erster Linie auf Quellfassungen zurückgreifen, deren Schutzgebietszone auf ihrer eigenen Gemarkung lägen. Es sei nicht untersucht worden, warum das Wasserschutzgebiet „Im G.“ nicht intensiver genutzt werden könne. Schließlich sei die geplante räumliche Ausweisung der Schutzgebietszone II nicht widerspruchsfrei. Diese solle nördlich der geplanten Trasse der Landstraße verlaufen. Eine hydrogeologische Rechtfertigung ergebe sich hierfür nicht. Es sei rein willkürlich und offensichtlich nur durch die Rücksichtnahme auf geplante Infrastrukturmaßnahmen zu begründen.
21 
Sie beantragt,
22 
die Rechtsverordnung des Landratsamts L. vom 10.11.2009 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I - III - Wasserschutzgebiet „W.B.“ - der Stadt L. mit Ausnahme der §§ 2 und 8 für unwirksam zu erklären.
23 
Der Antragsgegner beantragt,
24 
den Antrag abzuweisen.
25 
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Tiefbrunnen im Gewann „W.B.“ seien in den Jahren 1966, 1969 und 1970 errichtet worden und seither in Betrieb. Zusammen mit dem Wassergewinnungsgebiet „Im G.“ deckten sie den Bedarf des Versorgungsgebiets. Das Grundwasser der Tiefbrunnen „W.B.“ sei schutzwürdig und schutzfähig. Die Schutzzone II diene dem Schutz vor Verunreinigungen, die von verschiedenen menschlichen Tätigkeiten und Einrichtungen ausgingen und wegen ihrer Nähe zur Fassungsanlage besonders gefährlich seien. Die bisherige Abgrenzung der Schutzzone II sei ungenügend. Dies gehe bereits aus dem hydrogeologischen Gutachten vom 26.10.1989 hervor. Eine Erweiterung des Schutzgebiets sei dringend erforderlich. Die Ermittlung der Abgrenzung der Schutzzone II sei auf zwei Arten erfolgt. Die ersten Gutachten basierten auf den Ergebnissen der numerischen Berechnung mit dem Modell WSG II. Eine Abgrenzung der Zone II bis hin zur Wohnbebauung von X.-West bedeute nach dieser Untersuchungsmethode nur noch etwa eine 45-Tage-Linie. Eine spätere abschließende Beurteilung stütze sich auf die Ergebnisse des Markierungsversuches aus dem Jahre 1970, bei dem eine Abstandsgeschwindigkeit von 4,2 m/Std. gemessen worden sei, so dass das Grundwasser innerhalb von 50 Tagen eine Fließstrecke von ca. 5 km zurücklege. Das Ergebnis bedeute somit einen noch geringeren Fließabstand von der Bebauung auf X.er Gemarkung bis zu den Tiefbrunnen. Um den hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers im W. Rechnung zu tragen, sei ähnlich wie in Karstgebieten die Zone II auf die noch unbebauten Flächen reduziert worden. Eine Schutzgebietsverordnung könne naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Würde die vorhandene Bebauung bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führen, wäre das Grundwasser nicht mehr schutzfähig. Die vorliegenden Daten gäben hierfür aber keinen Anhaltspunkt. Dennoch müsse eine Eröffnung eines weiteren Gefährdungspotentials ausgeschlossen werden. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seither geändert hätten. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führe dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten.
26 
Die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells sei für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien nicht zu erwarten. Dies gelte vor allem im Hinblick darauf, dass aufgrund der bestehenden Bebauung die 50-Tage-Linie bereits jetzt nicht eingehalten werden könne. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „W.B.“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im G.“ erfolgen. Der Brunnen III weise des Öfteren bakteriologische Belastungen auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Entsprechendes gelte für den Tiefbrunnen II. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu. Auch eine weitere Verlagerung auf den Brunnen „Im G.“ sei nicht möglich. Dies würde eine erneute Erweiterung des Wasserschutzgebiets erforderlich machen, die aber aufgrund der Nähe der Schutzzone II zur vorhandenen Bebauung, insbesondere von Gewerbegebieten nicht umsetzbar wäre. Die Stadt L. sei auf die Brunnen im Gewann „W.B.“ und im Gewann „Im G.“ angewiesen.
27 
Alternative Brunnenstandorte seien nicht gegeben. Insbesondere könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Die Antragstellerin unterliege im vorliegenden Fall aufgrund ihrer geografischen Lage einer besonderen Situationsgebundenheit, die Einschränkungen der Planungshoheit rechtfertigten. Die Trinkwasserversorgung gehöre zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz Verfassungsrang genieße. Bis zum Jahre 2002 sei ein weiterer Bedarf für die Ausweisung zusätzlicher Bauflächen nicht substantiiert geltend gemacht worden. Alternativen, durch welche von einem Bauverbot in der Zone II abgesehen werden könnte, sei nicht gegeben. Von einer Bebauung gingen grundsätzlich Gefährdungen für das Grundwasser aus. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den Bebauungsrand stelle unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten den noch größtmöglichen Schutz dar. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten. Aus Sicht des Grundwasserschutzes werde sich die Situation durch die künftige Lage der Landesstraße L 138 verbessern. Eine Reduzierung der Entnahmeraten führe nicht zu einer Verkleinerung der Zone II.
28 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Akten des Landratsamts sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
30 
Der Antrag ist zwar zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
31 
Der nach ordnungsgemäßer Verkündung der angefochtenen Verfügung am 8.12.2009 innerhalb der Ein-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO am 12.2.2010 gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig.
I.
32 
Der Antrag ist statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
33 
Die Antragstellerin ist als Behörde (vgl. § 1 Abs. 2 LVwVfG) auch antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 VwGO, ohne dass es darauf ankommt, ob sie durch die Schutzgebietsverordnung in eigenen Rechten verletzt werden kann (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO).
34 
Für die Antragsbefugnis einer Behörde ist Voraussetzung, dass sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N.) oder dass die Rechtsvorschrift sie jedenfalls in ihrer Tätigkeit berührt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - VBlBW 1987, 461). Für die Antragsbefugnis einer Gemeinde als Behörde ist deshalb ausreichend, dass die angegriffene Norm sich für ihr Gebiet auswirkt und von ihr zu beachten ist (BVerwG, Beschl. v. 15.3.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307). Die Gemeinden verwalten - soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen - in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben allein und unter eigener Verantwortung (Art. 71 Abs. 2 Satz 1 LV, § 2 Abs. 1 GemO). Im Hinblick auf diesen allumfassenden Wirkungskreis wird eine Gemeinde durch die Teile ihres Gebietes flächendeckend erfassenden, zahlreiche Gebote und Verbote enthaltenden wasserrechtlichen Schutzverordnungen in ihrem Aufgabenkreis berührend eingeschränkt. Dies löst die Befugnis aus, die Rechtmäßigkeit dieser Einschränkung gerichtlich überprüfen zu lassen, soweit es sich - wie hier - um Rechtsvorschriften i.S.v. § 47 Abs. 1 VwGO handelt.
35 
Ob sich die Antragstellerin zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auch auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) in Gestalt der Planungshoheit (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236) berufen kann, braucht der Senat deshalb nicht abschließend zu erörtern. Hieran bestünden allerdings erhebliche Zweifel. Denn dafür wäre nach ständiger Rechtsprechung Voraussetzung, dass die Schutzgebietsverordnung eine hinreichend bestimmte Planung der Antragstellerin nachhaltig stört oder durch sie wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung gänzlich entzogen werden (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124; Beschl. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.1992 - 8 S 1741/92 - NuR 1994, 84; Gerichtsbescheid v. 7.4.1997 - 8 S 2550/96 - VBlBW 1997, 387). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entnehmen (vgl. hierzu nachfolgend die Ausführungen unter B.II.4.).
B.
36 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
37 
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor und auch sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
38 
Verfahrens- oder Formfehler bei der Normsetzung sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
39 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG a.F. wurden die durch die angefochtene Verordnung betroffenen Gemeinden - insbesondere die Antragstellerin - angehört. Der Entwurf der angefochtenen Verordnung wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG a.F. i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt.
40 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.6.2009 - 3 S 1108/07 - juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]).
41 
3. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerfBW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der WSV nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 - BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/08 - VBlBW 2009, 220).
II.
42 
Die angefochtene Verfügung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
43 
Die Verordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG in der bei ihrem Erlass noch geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl I S. 3245).
44 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., der insoweit mit dem am 1.3.2010 in Kraft getretenen § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009 (BGBl I S. 2585) inhaltlich übereinstimmt (ebenso BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 - juris), i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung - WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG) - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG a.F.). Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG a.F. können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 52 WHG) u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
45 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 -, juris; Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - NVwZ 2006, 85; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn bei der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nicht um die planende, potentiell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Das Wohl der Allgemeinheit bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005, a.a.O. - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 13, 40 ff. m.w.N.).
46 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG,10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 41). Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn dies vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
47 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Landratsamt L. als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG a.F.) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. und § 24 WG a.F. ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und vom 21.10.1992 sowie den hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des LGRB vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und vom 24.10.2007 die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Wasserschutzgebietsverordnung (vgl. BayVGH, Urt. v. 1.8.2011 - 22 N 09.2729 - ZfW 2012, 94) dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Stadt L. (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (4.).
48 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. sind zweifellos erfüllt. Denn das in „W.B. I - III“ geförderte Grundwasser mit dem dazugehörigen Wasserreservoir dient als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Versorgung der Bevölkerung L.s. Dies zeigt bereits die der Stadt L. am 11.7.2006 erneut erteilte, bis 2036 geltende wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser aus den Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
49 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
50 
Schutzwürdigkeit in diesem Sinn ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: das Vorkommen im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen I - III der „W.B.“ - nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Zur Wasserversorgung müssen aber - insbesondere aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten Umweltschädigungen - auch weniger gute, bereits in gewissem Umfang belastete Wasservorkommen beitragen. Dies gilt zum Beispiel auch dann, wenn die Qualität des gewonnenen Wassers für Trinkwasserzwecke erst durch verstärkte Aufbereitung gewahrt werden kann, weil es den Anforderungen der (in Umsetzung der RL 98/83/EG vom 3.11.1998 erlassenen) Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 21.5.2001 (BGBl. I, 959) - TrinkwV - nicht mehr entspricht. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG a.F. zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870; Kibele, ZfW 2012, 177).
51 
Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen schutzwürdig, auch wenn das bezogene Grundwasser aus dem Brunnen III periodisch mikrobiologische Belastungen mit Grenzwertüberschreitungen coliformer Bakterien aufweist. Diesen zu begegnen, dient im Ergebnis die angefochtene Verordnung, mit ihrer gegenüber ihrer Vorgängerregelung vergrößerten Engeren Schutzzone II. Gerade die Schutzgebietsausweisung mit den darin geltenden Schutzbestimmungen ist ein geeignetes Instrument, um Grundwasservorkommen langfristig normativ zu schützen und dauerhaft einen guten Zustand des Grundwassers i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik - WRRL - vom 23.10.2000 und - speziell das Grundwasser betreffend - der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung vom 12.12.2006 zu gewährleisten. Dem dienen in besonderem Maße die Schutzbestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung - SchALVO - vom 20.2.2001 (GBl. S. 145), die gemäß § 2 Abs. 1 SchALVO für Wasserschutzgebiete gilt und auf deren Geltung die WSV in § 2 ausdrücklich hinweist. Deren Zweck besteht gerade darin, zum Schutz von Rohwässern der öffentlichen Wasserversorgung deren Belastungen zu minimieren. Im Übrigen ist das aus dem Brunnen III gewonnene Grundwasser nach Aufbereitung zur Trinkwasserverwendung geeignet.
52 
3. Der unter Schutz gestellte Grundwasserkörper ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
53 
a) In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
54 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG a.F.). Deshalb bedurfte es bei Erlass der Verordnung nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 18). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor pathogenen Mikroorganismen, die infolge landwirtschaftlicher Bodennutzung, gewerblicher Tätigkeiten oder durch Wohnbebauung in das Grundwasser gelangen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a WG a.F. Rn. 17). Zudem haben das GLA und das LGRB in ihren Gutachten und Stellungnahmen nachvollziehbar ausgeführt, dass die bisherige Abgrenzung des Wasserschutzgebietes, insbesondere der Zone II, zum Schutz der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vor Schadstoffen nicht mehr ausreicht. Dies hat auch die Antragstellerin substantiiert nicht in Zweifel gezogen.
55 
Der Umstand, dass die Schutzzone II nicht nach der 50-Tage-Linie bemessen ist, die die in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser - LAWA - erarbeiteten Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, e.V. - DVGW - für Trinkwasserschutzgebiete; Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser, Technische Regel - DVGW-Arbeitsblatt W 101 vom Juni 2006 - grundsätzlich vorsehen, nimmt dem Wasserschutzgebiet nicht die Schutzbedürftigkeit. Denn nach den Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB geben die vorliegenden Daten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die vorhandene Bebauung im Westen des Gemeindegebiets der Antragstellerin, die in der 50-Tage-Linie liegt, bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führten. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 26.9.2006 ausgeführt, es sei notwendig, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze des Ortsteils Steinen als Zone II als minimalen Schutz auszuweisen. Die hygienische Reinheit des Trinkwassers müsse ferner durch eine entsprechende Überwachung und die Aufbereitungsanlage im Wasserwerk garantiert werden. Zwar werde damit die grundsätzlich erforderliche Schutzzone, die sich aus der 50-Tage-Linie ergebe, nicht erreicht. Eine Schutzgebietsverordnung könne jedoch naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten im maßgebenden Aquifer. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den westlichen Bebauungsrand stelle denjenigen Schutz dar, der unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten der noch größtmögliche Schutz sei.
56 
Gegenteiliges wäre fachlich nicht vertretbar, wie auch die weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. E. vom 26.9.2006 aufzeigt. Danach seien im Wasser des Brunnens III des Öfteren, im Brunnen II gelegentlich bakteriologische Belastungen festgestellt worden. Es werde davon ausgegangen, dass Uferfiltrat des (nördlich gelegenen) Steinenbachs zu den Brunnen fließe. Nach dem Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und den dort als Anlage enthaltenen Grundwassergleichenpläne sowie den Auswertungen der Firma Hydrodata 1999 fließe das Grundwasser im Bereich der Brunnen in etwa von Ost nach West. Ein erheblicher Teil des Grundwassers im W. bestehe nach den hydrochemischen Befunden aus kurzfristigem und langfristigem Uferfiltrat der (südlich der Brunnen parallel zur B 317 fließenden) Wiese. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei im W. nur von untergeordneter Bedeutung. Die bestehenden hohen Abstandsgeschwindigkeiten ergäben sich aus einem Färbversuch aus dem Jahre 1970. Die große Diskrepanz zwischen den berechneten und den mit dem Markierungsversuch gemessenen Fließgeschwindigkeiten hätten ihre Ursache in dem inhomogenen Aufbau der Talfüllung des W.s. Offensichtlich seien geringmächtige besonders durchlässige Gerölllagen verantwortlich für sehr schnelle Fließwege. Die Berechnungen zeigten, dass die Zone II bis an den Rand der bestehenden Bebauung, und, bedingt durch die Entnahme im Brunnen I, auch in den Randbereich der Bebauung reiche. Die relativ geringe Abhängigkeit der Größe der Zone II von der Entnahmerate beruhe auf den generell hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten im K. des W.s. Vor diesem Hintergrund werde vorgeschlagen, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze von Steinen als Zone II auszuweisen. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten, auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten.
57 
Die Tatsache, dass die vorhandene Bebauung für das Trinkwasservorkommen bisher zu keinen Problemen geführt hat, hat den Antragsgegner erkennbar veranlasst, die Schutzzone II nicht entsprechend der 50-Tage-Linie festzusetzen. Denn auch eine vorhandene Ortsbebauung oder Gewerbenutzung, die bei nachträglichen Wasserschutzgebietsfestsetzungen grundsätzlich eigentumsrechtlichen Bestandsschutz genießen, schließen es grundsätzlich nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch entsprechende zusätzliche Verbote und Beschränkungen zu verhüten (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.1.2008 - 22 N 04.3471 - juris). Das - die Interessen der Antragstellerin im Rahmen des fachlich Vertretbaren insoweit berücksichtigende - Vorgehen des Landratsamts L. ist nicht zu beanstanden. Die Verkürzung der 50-Tage-Linie entspricht den Vorgaben der DVGW-Richtlinie W 101 (vgl. Nr. 4.3.1 und - insbesondere bei Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis - Nr. 4.3.2; siehe hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris). Dass diese Vorgehensweise auch im vorliegenden Fall fachlich vertretbar ist, weil die Schutzwürdigkeit des Grundwasservorkommens damit nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, hat Dr. S. vom LGRB als Vertreter der Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
58 
Andererseits kann hieraus nicht - wie die Antragstellerin meint - der Schluss gezogen werden, dass eine weitere nach Westen ausgreifende Bebauung gleichfalls keine Gefährdung darstelle. Denn der Wasserschutzgebietsverordnung geht es vor allem darum, künftige Gefährdungen - insbesondere in der Zone II - auszuschließen. Ebenso wie Dr. E. in seinen oben angeführten Stellungnahmen hat auch Dr. S. in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die DVGW-Richtlinie W 101 überzeugend ausgeführt, dass jegliche Bebauungen - insbesondere gewerbliche Grundstücksnutzungen - ein starkes Risikopotenzial für das geschützte Trinkwasserreservoir darstellten. Nach Tabelle 1 Nr. 1 und Nr. 4 zur DVGW-Richtlinie W 101 stellten die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und neuer Baugebiete in der Zone II ein hohes Gefährdungspotenzial dar. Diese lägen vor allem in der Verminderung von Deckschichten. Weitere besondere Gefahrenquellen stellten insbesondere die Bauphasen und Kanalisationsanlagen auch bei Einhaltung erhöhter Anforderungen an Material und Dichtigkeit dar.
59 
Der mit einem Hinweis auf die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 8.1.1997 verbundene Einwand der Antragstellerin, die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ könnten unter Zulassung von baulichen Nutzungen auch durch Auflagen geschützt werden, geht fehl. Sie übersieht, dass die in der genannten Verordnung getroffenen Regelungen den Bereich bereits bestehender Bebauungspläne und Anlagen betreffen und somit Ausdruck des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG sind. Die Schutzgebietszone II der angefochtenen WSV ist indessen - mit Ausnahme eines landwirtschaftlichen Hofes - frei von Bebauung und liegt gerade nicht im räumlichen Geltungsbereich von Bebauungsplänen der Antragstellerin.
60 
b) Die Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ist vorliegend auch räumlich - hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets - gegeben. Denn insoweit erfordert der Schutz des Grundwassers im Hinblick auf die öffentliche Trinkwasserversorgung die in der Wasserschutzgebietsverordnung festgesetzte Gebietsabgrenzung.
61 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Wasserversorgung, etwa einer Trinkwassergewinnungsanlage, liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (§ 51 Abs. 1 WHG) ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Beschl. v. 23.1.1984 - 4 B 157.83 u.a. - ZfW 1984, 294; Beschl. v. 30.9.1996 - 4 NB 31.96 - u.a. NVwZ 1997, 887; Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
62 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichnet sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 45, Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 46; Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 51 WHG Rn. 42).
63 
Die angefochtene Verordnung ist nach diesen Maßgaben auch in der räumlichen Abgrenzung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht zu beanstanden. Sowohl das GLA in seinem hydrologischen Abschlussgutachten zur Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets einschließlich der vorgesehenen Schutzzonen I - III für die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vom 26.10.1989 und seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 als auch das LGRB in seinen Gutachten vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 haben unter Berücksichtigung der hydrogeologischen-hydraulischen Gegebenheiten und in ausführlicher Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen nachvollziehbar und folgerichtig die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets dargelegt.
64 
Das GLA und das LGRB haben sich dabei zu Recht an dem als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ herangezogenen DVGW-Arbeitsblatt W 101 orientiert. Diese „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind; sie sind mithin also eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG a.F. und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a.F. Rn. 46f; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 70; Kotulla, WHG, § 51 Rn. 25 ff.; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 58; Schwind, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 63 f.).
65 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen vermögen die überzeugenden gutachterlichen Aussagen des GLA und des LGRB nicht in Frage zu stellen. Weder enthalten diese offen erkennbare Mängel oder gehen von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, noch weisen sie unlösbare Widersprüche auf. Auch bestehen an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Fachgutachter keinerlei Zweifel (vgl. zu diesen Kriterien bei der Beurteilung von Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen BVerwG, Beschl. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris; Urt. v. 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 - juris).
66 
aa) Der Einwand der Antragstellerin, die vom Antragsgegner herangezogenen Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB seien veraltet und deshalb nicht mehr verwertbar, trifft nicht zu. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seit Erstellung des Abschlussgutachtens des GLA vom 26.10.1989 geändert hätten, hat das LGRB in seiner Stellungnahme vom 24.9.2004 mit überzeugenden Gründen verneint. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führten dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten. Im W. finde ein dauernder Austausch von Wiese-Wasser und Grundwasser statt. Ein erheblicher Teil des Grundwassers bestehe somit aus Uferfiltrat der Wiese. Hinzu kämen der Randzustrom vom Festgestein in den Talkieseaquifer und der Zustrom aus den Nebentälern des W.s. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei daher für das Grundwasserdargebot im W. nur von untergeordneter Bedeutung.
67 
bb) Auch mit der von der Antragstellerin geforderten Erstellung eines numerischen Grundwassermodells hat sich das LGRB auseinandergesetzt und nachvollziehbar ausgeführt, dass zum einen die Datengrundlage für die Abgrenzung der Schutzzone ausreichend sei. Der Markierungsversuch sei nach den auch heute noch gültigen Regeln von Wissenschaft und Technik durchgeführt worden und gut dokumentiert. Die Ergebnisse des Färbversuchs aus dem Jahre 1970 seien nach wie vor gültig. Zum anderen sei ein numerisches Grundwassermodell für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Ferner hätten für die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells weitere Grundwassermessstellen eingerichtet und hydrochemische Untersuchungen im Hinblick auf die Uferfiltratanteile von Steinenbach und Rohrbach durchgeführt werden müssen. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien indes auch durch die geforderte Erstellung eines numerischen Grundwassermodells nicht zu erwarten. Diesen umfangreichen fachbehördlichen Stellungnahmen ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten.
68 
cc) Der Hinweis der Antragstellerin, im Gutachten des LGRB vom 24.11.2005 (Dokumentation des Färbversuchs aus dem Jahre 1970) werde der Vorschlag gemacht, eine zusammenfassende neue hydrogeologische Bearbeitung des W.s eventuell unter Einbeziehung des schweizerischen Wassergewinnungsgebietes „Lange Erlen“ durchzuführen, nimmt die weiteren Ausführungen in dieser und der ergänzenden Stellungnahme nicht zur Kenntnis. Denn dieser Vorschlag bezieht sich zum einen auf das gesamte W.. Zum anderen führt Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 21.9.2006 aus, dass eine neue Bilanzierung des Wasserhaushalts des gesamten W.s - zwar - wünschenswert wäre, aber für die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die „W.B.“ nicht maßgebend sei. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass nach den neu überprüften Ergebnissen fundierte Unterlagen zur hydrogeologischen Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „W.B.“ vorlägen.
69 
dd) Soweit die Antragstellerin die Vermutung äußert, dass die Schutzzone II im Süden allein deshalb in der ausgewiesenen Abgrenzung erfolgt sei, damit die geplante Neutrassierung der Landesstraße 138 - unter Wegfall der jetzt vorhandenen Straßenführung - in die Schutzzone III zu liegen komme, bleibt sie jegliche greifbare Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen bei der fachbehördlichen Abgrenzung und ihr folgend der Festsetzung durch das Landratsamt L. schuldig. Im Übrigen haben sowohl der Vertreter der Fachbehörde Dr. S. vom LGRB wie auch die Vertreter des Beklagten überzeugend ausgeführt, dass die geplante Neutrassierung der L 138 weder in der Schutzzone III noch in der Schutzzone II eine Gefährdung für das zu schützende Grundwasservorkommen im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ darstellen würde. Denn beim Bau und dem Betrieb dieser Straße wären die fachlich bewährten Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) - Ausgabe 2002 - zu beachten. Diese von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung von Vertretern der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e.V. (ATT) aufgestellten Richtlinien bieten aufgrund der dort für die Schutzzone II und III vorgesehenen Schutzmaßnahmen (vgl. nur Nrn. 4.2, 5.3, 5.4 und insbesondere Nrn. 6.2 und 6.3) eine Gewähr dafür, dass eine Grundwasserbeeinträchtigung nicht zu besorgen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris; Bay.VGH, Urt. v. 27.10.2006 - 22 N 04.2609 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.7.2002 - 5 S 2715/01 - ZLW 2004, 160). Gegenteiliges wird auch von der Antragstellerin nicht behauptet.
70 
4. Der Senat bejaht auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der „W.B. I - III“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers.
71 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N; Sieder/Zeitler/Dah- me, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467).
72 
Nach Maßgabe dessen vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.
73 
a) Die Planungshoheit der Antragstellerin wird durch die angefochtene Verordnung nicht unverhältnismäßig betroffen.
74 
Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen (vgl. hierzu die Schutzbestimmungen unter §§ 3 ff. WSV). Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen.
75 
Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160; Beschl. v. 15.4.2003 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116; Urt. v. 9.2.2005 - 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813; Urt. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259; Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 - 7 CN 1.04 - BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung insbesondere BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 181; zur dieser Situationsgebundenheit vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1982 - 5 S 1359/81 - DVBl 1983, 639).
76 
Die Antragstellerin hat in Reaktion auf die geplante Wasserschutzgebietsausweisung während des Verwaltungsverfahrens eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, in dem Bau- und Mischgebiete in der zu diesem Zeitpunkt bereits geplanten und nachfolgend auch festgesetzten Schutzzone II dargestellt werden. Dieser Flächennutzungsplan erlangte aber mangels Genehmigung des Landratsamts L. insoweit keine Wirksamkeit. Die Antragstellerin hat gegen diese - teilweise - Versagung der Genehmigung ihres geänderten Flächennutzungsplans keinen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Die Verfügung des Landratsamts L. vom 29.5.2006 ist daher bestandskräftig geworden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine konkretisierte und verfestigte Planung in dem oben genannten Sinn nicht festzustellen. Eine weitere durch die angefochtene Verordnung nachhaltig gestörte Planung hat die Antragstellerin nicht dargelegt (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast der Gemeinde bezüglich ihrer konkreten Planung BVerwG, Beschl. v. 15.4.2004 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116).
77 
b) Selbst wenn im Hinblick auf den Flächennutzungsplan der Antragstellerin von einer konkretisierten und verfestigten Planung im vorgenannten Sinne auszugehen wäre, weil die Antragstellerin auch nach Versagung der Genehmigung dieses Plans an ihren ursprünglichen Vorstellungen festhalten möchte, rechtfertigte dies keine andere Beurteilung. Denn auch in diesem Fall führte die von der Antragstellerin befürchtete Verkürzung ihrer gemeindlichen Entwicklungschancen nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in ihre kommunale Planungshoheit, weil dieser Belang vorliegend gegenüber den konkreten Bedürfnissen der Trinkwasserversorgung zurücktreten müsste.
78 
Die Antragstellerin unterliegt insoweit einer besonderen Situationsgebundenheit, als auf ihrem Gemarkungsgebiet ein bedeutender Grundwasservorrat vorhanden ist, der auch für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist und auf den die Stadt L. zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung angewiesen ist. Mit Blick auf den in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 6.11.2013 - 9 A 9.12 - juris m.w.N.) zu berücksichtigenden Grundsatz der Priorität ist darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Wasserschutzgebietsausweisung das Gemarkungsgebiet der Antragstellerin nicht erstmals betroffen ist. Vielmehr wurde bereits 1977 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I bis III im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet festgesetzt. Ferner lagen bereits lange vor der geänderten Flächennutzungsplanung insbesondere im Hinblick auf das Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuabgrenzung des bereits festgesetzten Wasserschutzgebiets - insbesondere der Zone II - mit einer deutlichen Erweiterung auf die im Westen der Antragstellerin liegende Gemarkung geplant war. Denn gerade in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin Schritte zur Änderung ihres Flächennutzungsplans unternommen. Ferner hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, bei ihrer gemeindlichen Entwicklung zwingend gerade auf die Flächen, die nunmehr in der Schutzzone II liegen, angewiesen zu sein.
79 
Zudem verbleiben der Antragstellerin auch Räume für die weitere ortsplanerische Gestaltung. In der Schutzzone III, in die weite Teile des Gemarkungsgebiets der Antragstellerin fallen, ist nach § 3 WSV die Ausweisung von Baugebieten und die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben grundsätzlich zulässig. Da die Schutzzonen I und II westlich der bebauten Ortslage liegen, stehen der Antragstellerin auch weiterhin nördlich, östlich und südlich hiervon Gemeindeflächen zur weiteren Entwicklung zur Verfügung.
80 
c) Der bei einer Wasserschutzgebietsverordnung zugrundegelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer Wasserschutzgebietsverordnung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden. Es ist also nicht zu prüfen, ob der Träger der Wasserversorgung einen Brunnen auch an anderer Stelle mit gleichem Erfolg hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
81 
Nach den Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen des GLA und des LGRB sowie der Stellungnahme der badenova vom 25.9.2007, die für die Stadt L. die Wasserversorgung durchführt, gibt es im Übrigen zu den Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ keine Alternative. Gegenteiliges wird von der Antragstellerin zwar behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang hat die Fachbehörde insbesondere auch den Vorschlag der Antragstellerin auf Verschiebung der Brunnen zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Brunnen I bis III der „W.B.“ in einem Bereich mit optimaler Aquifermächtigkeit und somit optimaler Ergiebigkeit abgeteuft seien, so dass ein beliebiges Verschieben der Brunnenstandorte nicht möglich sei. Ferner könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Ein neuer Tiefbrunnen in westlicher/nordwestlicher Richtung Hauingen ergebe aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers und der zurzeit minimalen Abgrenzung der Zone II für deren Längsausdehnung keine Änderung. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „Wilden Brunnen“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im Grütt“ erfolgen. Der Brunnen III weise periodisch bakteriologische Belastungen mit coliformer Bakterien auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Auch bei dem Tiefbrunnen II seien zuweilen - wenn auch in deutlich geringerem Umfang - bakteriologische Belastungen feststellbar. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu.
82 
d) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 2 bis 6 WSV i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen vorsieht und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) - in § 7 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 26.6.2002 - 22 N 01.2625 - ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.5.2004 - 8 S 471/03 - n.v.).
83 
e) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III (vorliegend mit der weiteren Unterteilung der Zone III in Teilfläche 1 und 2) und ihre Abgrenzung folgt schließlich den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in dem DVGW-Arbeitsblatt W 101 aufgeführt sind (siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3, S. 6 ff.; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 6.5.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991) und die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen „Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen“ (Belzenkötter u.a., Hannover 1984).
84 
Das GLA und das LGRB haben diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - berücksichtigt; auch die WSV trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
85 
Entgegen der Meinung der Antragstellerin besteht für eine darüber hinausgehende Abwägung im Sinne des Planungsrechts - wie eingangs dargestellt - kein Raum.
86 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
88 
Beschluss vom 19. März 2014
89 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG (i.V.m. mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 [NVwZ 2004, 1327], Nr. 9.8.2 [in entsprechender Anwendung]) auf 60.000,-- EUR festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
29 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
30 
Der Antrag ist zwar zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
31 
Der nach ordnungsgemäßer Verkündung der angefochtenen Verfügung am 8.12.2009 innerhalb der Ein-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO am 12.2.2010 gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig.
I.
32 
Der Antrag ist statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
33 
Die Antragstellerin ist als Behörde (vgl. § 1 Abs. 2 LVwVfG) auch antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 VwGO, ohne dass es darauf ankommt, ob sie durch die Schutzgebietsverordnung in eigenen Rechten verletzt werden kann (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO).
34 
Für die Antragsbefugnis einer Behörde ist Voraussetzung, dass sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N.) oder dass die Rechtsvorschrift sie jedenfalls in ihrer Tätigkeit berührt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - VBlBW 1987, 461). Für die Antragsbefugnis einer Gemeinde als Behörde ist deshalb ausreichend, dass die angegriffene Norm sich für ihr Gebiet auswirkt und von ihr zu beachten ist (BVerwG, Beschl. v. 15.3.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307). Die Gemeinden verwalten - soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen - in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben allein und unter eigener Verantwortung (Art. 71 Abs. 2 Satz 1 LV, § 2 Abs. 1 GemO). Im Hinblick auf diesen allumfassenden Wirkungskreis wird eine Gemeinde durch die Teile ihres Gebietes flächendeckend erfassenden, zahlreiche Gebote und Verbote enthaltenden wasserrechtlichen Schutzverordnungen in ihrem Aufgabenkreis berührend eingeschränkt. Dies löst die Befugnis aus, die Rechtmäßigkeit dieser Einschränkung gerichtlich überprüfen zu lassen, soweit es sich - wie hier - um Rechtsvorschriften i.S.v. § 47 Abs. 1 VwGO handelt.
35 
Ob sich die Antragstellerin zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auch auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) in Gestalt der Planungshoheit (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236) berufen kann, braucht der Senat deshalb nicht abschließend zu erörtern. Hieran bestünden allerdings erhebliche Zweifel. Denn dafür wäre nach ständiger Rechtsprechung Voraussetzung, dass die Schutzgebietsverordnung eine hinreichend bestimmte Planung der Antragstellerin nachhaltig stört oder durch sie wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung gänzlich entzogen werden (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124; Beschl. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.1992 - 8 S 1741/92 - NuR 1994, 84; Gerichtsbescheid v. 7.4.1997 - 8 S 2550/96 - VBlBW 1997, 387). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entnehmen (vgl. hierzu nachfolgend die Ausführungen unter B.II.4.).
B.
36 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
37 
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor und auch sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
38 
Verfahrens- oder Formfehler bei der Normsetzung sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
39 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG a.F. wurden die durch die angefochtene Verordnung betroffenen Gemeinden - insbesondere die Antragstellerin - angehört. Der Entwurf der angefochtenen Verordnung wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG a.F. i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt.
40 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.6.2009 - 3 S 1108/07 - juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]).
41 
3. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerfBW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der WSV nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 - BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/08 - VBlBW 2009, 220).
II.
42 
Die angefochtene Verfügung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
43 
Die Verordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG in der bei ihrem Erlass noch geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl I S. 3245).
44 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., der insoweit mit dem am 1.3.2010 in Kraft getretenen § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009 (BGBl I S. 2585) inhaltlich übereinstimmt (ebenso BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 - juris), i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung - WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG) - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG a.F.). Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG a.F. können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 52 WHG) u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
45 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 -, juris; Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - NVwZ 2006, 85; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn bei der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nicht um die planende, potentiell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Das Wohl der Allgemeinheit bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005, a.a.O. - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 13, 40 ff. m.w.N.).
46 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG,10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 41). Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn dies vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
47 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Landratsamt L. als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG a.F.) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. und § 24 WG a.F. ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und vom 21.10.1992 sowie den hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des LGRB vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und vom 24.10.2007 die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Wasserschutzgebietsverordnung (vgl. BayVGH, Urt. v. 1.8.2011 - 22 N 09.2729 - ZfW 2012, 94) dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Stadt L. (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (4.).
48 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. sind zweifellos erfüllt. Denn das in „W.B. I - III“ geförderte Grundwasser mit dem dazugehörigen Wasserreservoir dient als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Versorgung der Bevölkerung L.s. Dies zeigt bereits die der Stadt L. am 11.7.2006 erneut erteilte, bis 2036 geltende wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser aus den Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
49 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
50 
Schutzwürdigkeit in diesem Sinn ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: das Vorkommen im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen I - III der „W.B.“ - nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Zur Wasserversorgung müssen aber - insbesondere aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten Umweltschädigungen - auch weniger gute, bereits in gewissem Umfang belastete Wasservorkommen beitragen. Dies gilt zum Beispiel auch dann, wenn die Qualität des gewonnenen Wassers für Trinkwasserzwecke erst durch verstärkte Aufbereitung gewahrt werden kann, weil es den Anforderungen der (in Umsetzung der RL 98/83/EG vom 3.11.1998 erlassenen) Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 21.5.2001 (BGBl. I, 959) - TrinkwV - nicht mehr entspricht. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG a.F. zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870; Kibele, ZfW 2012, 177).
51 
Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen schutzwürdig, auch wenn das bezogene Grundwasser aus dem Brunnen III periodisch mikrobiologische Belastungen mit Grenzwertüberschreitungen coliformer Bakterien aufweist. Diesen zu begegnen, dient im Ergebnis die angefochtene Verordnung, mit ihrer gegenüber ihrer Vorgängerregelung vergrößerten Engeren Schutzzone II. Gerade die Schutzgebietsausweisung mit den darin geltenden Schutzbestimmungen ist ein geeignetes Instrument, um Grundwasservorkommen langfristig normativ zu schützen und dauerhaft einen guten Zustand des Grundwassers i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik - WRRL - vom 23.10.2000 und - speziell das Grundwasser betreffend - der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung vom 12.12.2006 zu gewährleisten. Dem dienen in besonderem Maße die Schutzbestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung - SchALVO - vom 20.2.2001 (GBl. S. 145), die gemäß § 2 Abs. 1 SchALVO für Wasserschutzgebiete gilt und auf deren Geltung die WSV in § 2 ausdrücklich hinweist. Deren Zweck besteht gerade darin, zum Schutz von Rohwässern der öffentlichen Wasserversorgung deren Belastungen zu minimieren. Im Übrigen ist das aus dem Brunnen III gewonnene Grundwasser nach Aufbereitung zur Trinkwasserverwendung geeignet.
52 
3. Der unter Schutz gestellte Grundwasserkörper ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
53 
a) In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
54 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG a.F.). Deshalb bedurfte es bei Erlass der Verordnung nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 18). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor pathogenen Mikroorganismen, die infolge landwirtschaftlicher Bodennutzung, gewerblicher Tätigkeiten oder durch Wohnbebauung in das Grundwasser gelangen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a WG a.F. Rn. 17). Zudem haben das GLA und das LGRB in ihren Gutachten und Stellungnahmen nachvollziehbar ausgeführt, dass die bisherige Abgrenzung des Wasserschutzgebietes, insbesondere der Zone II, zum Schutz der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vor Schadstoffen nicht mehr ausreicht. Dies hat auch die Antragstellerin substantiiert nicht in Zweifel gezogen.
55 
Der Umstand, dass die Schutzzone II nicht nach der 50-Tage-Linie bemessen ist, die die in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser - LAWA - erarbeiteten Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, e.V. - DVGW - für Trinkwasserschutzgebiete; Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser, Technische Regel - DVGW-Arbeitsblatt W 101 vom Juni 2006 - grundsätzlich vorsehen, nimmt dem Wasserschutzgebiet nicht die Schutzbedürftigkeit. Denn nach den Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB geben die vorliegenden Daten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die vorhandene Bebauung im Westen des Gemeindegebiets der Antragstellerin, die in der 50-Tage-Linie liegt, bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führten. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 26.9.2006 ausgeführt, es sei notwendig, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze des Ortsteils Steinen als Zone II als minimalen Schutz auszuweisen. Die hygienische Reinheit des Trinkwassers müsse ferner durch eine entsprechende Überwachung und die Aufbereitungsanlage im Wasserwerk garantiert werden. Zwar werde damit die grundsätzlich erforderliche Schutzzone, die sich aus der 50-Tage-Linie ergebe, nicht erreicht. Eine Schutzgebietsverordnung könne jedoch naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten im maßgebenden Aquifer. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den westlichen Bebauungsrand stelle denjenigen Schutz dar, der unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten der noch größtmögliche Schutz sei.
56 
Gegenteiliges wäre fachlich nicht vertretbar, wie auch die weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. E. vom 26.9.2006 aufzeigt. Danach seien im Wasser des Brunnens III des Öfteren, im Brunnen II gelegentlich bakteriologische Belastungen festgestellt worden. Es werde davon ausgegangen, dass Uferfiltrat des (nördlich gelegenen) Steinenbachs zu den Brunnen fließe. Nach dem Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und den dort als Anlage enthaltenen Grundwassergleichenpläne sowie den Auswertungen der Firma Hydrodata 1999 fließe das Grundwasser im Bereich der Brunnen in etwa von Ost nach West. Ein erheblicher Teil des Grundwassers im W. bestehe nach den hydrochemischen Befunden aus kurzfristigem und langfristigem Uferfiltrat der (südlich der Brunnen parallel zur B 317 fließenden) Wiese. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei im W. nur von untergeordneter Bedeutung. Die bestehenden hohen Abstandsgeschwindigkeiten ergäben sich aus einem Färbversuch aus dem Jahre 1970. Die große Diskrepanz zwischen den berechneten und den mit dem Markierungsversuch gemessenen Fließgeschwindigkeiten hätten ihre Ursache in dem inhomogenen Aufbau der Talfüllung des W.s. Offensichtlich seien geringmächtige besonders durchlässige Gerölllagen verantwortlich für sehr schnelle Fließwege. Die Berechnungen zeigten, dass die Zone II bis an den Rand der bestehenden Bebauung, und, bedingt durch die Entnahme im Brunnen I, auch in den Randbereich der Bebauung reiche. Die relativ geringe Abhängigkeit der Größe der Zone II von der Entnahmerate beruhe auf den generell hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten im K. des W.s. Vor diesem Hintergrund werde vorgeschlagen, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze von Steinen als Zone II auszuweisen. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten, auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten.
57 
Die Tatsache, dass die vorhandene Bebauung für das Trinkwasservorkommen bisher zu keinen Problemen geführt hat, hat den Antragsgegner erkennbar veranlasst, die Schutzzone II nicht entsprechend der 50-Tage-Linie festzusetzen. Denn auch eine vorhandene Ortsbebauung oder Gewerbenutzung, die bei nachträglichen Wasserschutzgebietsfestsetzungen grundsätzlich eigentumsrechtlichen Bestandsschutz genießen, schließen es grundsätzlich nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch entsprechende zusätzliche Verbote und Beschränkungen zu verhüten (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.1.2008 - 22 N 04.3471 - juris). Das - die Interessen der Antragstellerin im Rahmen des fachlich Vertretbaren insoweit berücksichtigende - Vorgehen des Landratsamts L. ist nicht zu beanstanden. Die Verkürzung der 50-Tage-Linie entspricht den Vorgaben der DVGW-Richtlinie W 101 (vgl. Nr. 4.3.1 und - insbesondere bei Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis - Nr. 4.3.2; siehe hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris). Dass diese Vorgehensweise auch im vorliegenden Fall fachlich vertretbar ist, weil die Schutzwürdigkeit des Grundwasservorkommens damit nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, hat Dr. S. vom LGRB als Vertreter der Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
58 
Andererseits kann hieraus nicht - wie die Antragstellerin meint - der Schluss gezogen werden, dass eine weitere nach Westen ausgreifende Bebauung gleichfalls keine Gefährdung darstelle. Denn der Wasserschutzgebietsverordnung geht es vor allem darum, künftige Gefährdungen - insbesondere in der Zone II - auszuschließen. Ebenso wie Dr. E. in seinen oben angeführten Stellungnahmen hat auch Dr. S. in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die DVGW-Richtlinie W 101 überzeugend ausgeführt, dass jegliche Bebauungen - insbesondere gewerbliche Grundstücksnutzungen - ein starkes Risikopotenzial für das geschützte Trinkwasserreservoir darstellten. Nach Tabelle 1 Nr. 1 und Nr. 4 zur DVGW-Richtlinie W 101 stellten die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und neuer Baugebiete in der Zone II ein hohes Gefährdungspotenzial dar. Diese lägen vor allem in der Verminderung von Deckschichten. Weitere besondere Gefahrenquellen stellten insbesondere die Bauphasen und Kanalisationsanlagen auch bei Einhaltung erhöhter Anforderungen an Material und Dichtigkeit dar.
59 
Der mit einem Hinweis auf die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 8.1.1997 verbundene Einwand der Antragstellerin, die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ könnten unter Zulassung von baulichen Nutzungen auch durch Auflagen geschützt werden, geht fehl. Sie übersieht, dass die in der genannten Verordnung getroffenen Regelungen den Bereich bereits bestehender Bebauungspläne und Anlagen betreffen und somit Ausdruck des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG sind. Die Schutzgebietszone II der angefochtenen WSV ist indessen - mit Ausnahme eines landwirtschaftlichen Hofes - frei von Bebauung und liegt gerade nicht im räumlichen Geltungsbereich von Bebauungsplänen der Antragstellerin.
60 
b) Die Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ist vorliegend auch räumlich - hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets - gegeben. Denn insoweit erfordert der Schutz des Grundwassers im Hinblick auf die öffentliche Trinkwasserversorgung die in der Wasserschutzgebietsverordnung festgesetzte Gebietsabgrenzung.
61 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Wasserversorgung, etwa einer Trinkwassergewinnungsanlage, liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (§ 51 Abs. 1 WHG) ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Beschl. v. 23.1.1984 - 4 B 157.83 u.a. - ZfW 1984, 294; Beschl. v. 30.9.1996 - 4 NB 31.96 - u.a. NVwZ 1997, 887; Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
62 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichnet sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 45, Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 46; Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 51 WHG Rn. 42).
63 
Die angefochtene Verordnung ist nach diesen Maßgaben auch in der räumlichen Abgrenzung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht zu beanstanden. Sowohl das GLA in seinem hydrologischen Abschlussgutachten zur Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets einschließlich der vorgesehenen Schutzzonen I - III für die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vom 26.10.1989 und seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 als auch das LGRB in seinen Gutachten vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 haben unter Berücksichtigung der hydrogeologischen-hydraulischen Gegebenheiten und in ausführlicher Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen nachvollziehbar und folgerichtig die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets dargelegt.
64 
Das GLA und das LGRB haben sich dabei zu Recht an dem als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ herangezogenen DVGW-Arbeitsblatt W 101 orientiert. Diese „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind; sie sind mithin also eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG a.F. und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a.F. Rn. 46f; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 70; Kotulla, WHG, § 51 Rn. 25 ff.; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 58; Schwind, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 63 f.).
65 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen vermögen die überzeugenden gutachterlichen Aussagen des GLA und des LGRB nicht in Frage zu stellen. Weder enthalten diese offen erkennbare Mängel oder gehen von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, noch weisen sie unlösbare Widersprüche auf. Auch bestehen an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Fachgutachter keinerlei Zweifel (vgl. zu diesen Kriterien bei der Beurteilung von Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen BVerwG, Beschl. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris; Urt. v. 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 - juris).
66 
aa) Der Einwand der Antragstellerin, die vom Antragsgegner herangezogenen Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB seien veraltet und deshalb nicht mehr verwertbar, trifft nicht zu. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seit Erstellung des Abschlussgutachtens des GLA vom 26.10.1989 geändert hätten, hat das LGRB in seiner Stellungnahme vom 24.9.2004 mit überzeugenden Gründen verneint. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führten dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten. Im W. finde ein dauernder Austausch von Wiese-Wasser und Grundwasser statt. Ein erheblicher Teil des Grundwassers bestehe somit aus Uferfiltrat der Wiese. Hinzu kämen der Randzustrom vom Festgestein in den Talkieseaquifer und der Zustrom aus den Nebentälern des W.s. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei daher für das Grundwasserdargebot im W. nur von untergeordneter Bedeutung.
67 
bb) Auch mit der von der Antragstellerin geforderten Erstellung eines numerischen Grundwassermodells hat sich das LGRB auseinandergesetzt und nachvollziehbar ausgeführt, dass zum einen die Datengrundlage für die Abgrenzung der Schutzzone ausreichend sei. Der Markierungsversuch sei nach den auch heute noch gültigen Regeln von Wissenschaft und Technik durchgeführt worden und gut dokumentiert. Die Ergebnisse des Färbversuchs aus dem Jahre 1970 seien nach wie vor gültig. Zum anderen sei ein numerisches Grundwassermodell für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Ferner hätten für die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells weitere Grundwassermessstellen eingerichtet und hydrochemische Untersuchungen im Hinblick auf die Uferfiltratanteile von Steinenbach und Rohrbach durchgeführt werden müssen. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien indes auch durch die geforderte Erstellung eines numerischen Grundwassermodells nicht zu erwarten. Diesen umfangreichen fachbehördlichen Stellungnahmen ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten.
68 
cc) Der Hinweis der Antragstellerin, im Gutachten des LGRB vom 24.11.2005 (Dokumentation des Färbversuchs aus dem Jahre 1970) werde der Vorschlag gemacht, eine zusammenfassende neue hydrogeologische Bearbeitung des W.s eventuell unter Einbeziehung des schweizerischen Wassergewinnungsgebietes „Lange Erlen“ durchzuführen, nimmt die weiteren Ausführungen in dieser und der ergänzenden Stellungnahme nicht zur Kenntnis. Denn dieser Vorschlag bezieht sich zum einen auf das gesamte W.. Zum anderen führt Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 21.9.2006 aus, dass eine neue Bilanzierung des Wasserhaushalts des gesamten W.s - zwar - wünschenswert wäre, aber für die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die „W.B.“ nicht maßgebend sei. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass nach den neu überprüften Ergebnissen fundierte Unterlagen zur hydrogeologischen Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „W.B.“ vorlägen.
69 
dd) Soweit die Antragstellerin die Vermutung äußert, dass die Schutzzone II im Süden allein deshalb in der ausgewiesenen Abgrenzung erfolgt sei, damit die geplante Neutrassierung der Landesstraße 138 - unter Wegfall der jetzt vorhandenen Straßenführung - in die Schutzzone III zu liegen komme, bleibt sie jegliche greifbare Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen bei der fachbehördlichen Abgrenzung und ihr folgend der Festsetzung durch das Landratsamt L. schuldig. Im Übrigen haben sowohl der Vertreter der Fachbehörde Dr. S. vom LGRB wie auch die Vertreter des Beklagten überzeugend ausgeführt, dass die geplante Neutrassierung der L 138 weder in der Schutzzone III noch in der Schutzzone II eine Gefährdung für das zu schützende Grundwasservorkommen im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ darstellen würde. Denn beim Bau und dem Betrieb dieser Straße wären die fachlich bewährten Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) - Ausgabe 2002 - zu beachten. Diese von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung von Vertretern der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e.V. (ATT) aufgestellten Richtlinien bieten aufgrund der dort für die Schutzzone II und III vorgesehenen Schutzmaßnahmen (vgl. nur Nrn. 4.2, 5.3, 5.4 und insbesondere Nrn. 6.2 und 6.3) eine Gewähr dafür, dass eine Grundwasserbeeinträchtigung nicht zu besorgen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris; Bay.VGH, Urt. v. 27.10.2006 - 22 N 04.2609 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.7.2002 - 5 S 2715/01 - ZLW 2004, 160). Gegenteiliges wird auch von der Antragstellerin nicht behauptet.
70 
4. Der Senat bejaht auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der „W.B. I - III“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers.
71 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N; Sieder/Zeitler/Dah- me, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467).
72 
Nach Maßgabe dessen vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.
73 
a) Die Planungshoheit der Antragstellerin wird durch die angefochtene Verordnung nicht unverhältnismäßig betroffen.
74 
Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen (vgl. hierzu die Schutzbestimmungen unter §§ 3 ff. WSV). Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen.
75 
Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160; Beschl. v. 15.4.2003 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116; Urt. v. 9.2.2005 - 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813; Urt. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259; Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 - 7 CN 1.04 - BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung insbesondere BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 181; zur dieser Situationsgebundenheit vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1982 - 5 S 1359/81 - DVBl 1983, 639).
76 
Die Antragstellerin hat in Reaktion auf die geplante Wasserschutzgebietsausweisung während des Verwaltungsverfahrens eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, in dem Bau- und Mischgebiete in der zu diesem Zeitpunkt bereits geplanten und nachfolgend auch festgesetzten Schutzzone II dargestellt werden. Dieser Flächennutzungsplan erlangte aber mangels Genehmigung des Landratsamts L. insoweit keine Wirksamkeit. Die Antragstellerin hat gegen diese - teilweise - Versagung der Genehmigung ihres geänderten Flächennutzungsplans keinen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Die Verfügung des Landratsamts L. vom 29.5.2006 ist daher bestandskräftig geworden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine konkretisierte und verfestigte Planung in dem oben genannten Sinn nicht festzustellen. Eine weitere durch die angefochtene Verordnung nachhaltig gestörte Planung hat die Antragstellerin nicht dargelegt (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast der Gemeinde bezüglich ihrer konkreten Planung BVerwG, Beschl. v. 15.4.2004 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116).
77 
b) Selbst wenn im Hinblick auf den Flächennutzungsplan der Antragstellerin von einer konkretisierten und verfestigten Planung im vorgenannten Sinne auszugehen wäre, weil die Antragstellerin auch nach Versagung der Genehmigung dieses Plans an ihren ursprünglichen Vorstellungen festhalten möchte, rechtfertigte dies keine andere Beurteilung. Denn auch in diesem Fall führte die von der Antragstellerin befürchtete Verkürzung ihrer gemeindlichen Entwicklungschancen nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in ihre kommunale Planungshoheit, weil dieser Belang vorliegend gegenüber den konkreten Bedürfnissen der Trinkwasserversorgung zurücktreten müsste.
78 
Die Antragstellerin unterliegt insoweit einer besonderen Situationsgebundenheit, als auf ihrem Gemarkungsgebiet ein bedeutender Grundwasservorrat vorhanden ist, der auch für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist und auf den die Stadt L. zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung angewiesen ist. Mit Blick auf den in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 6.11.2013 - 9 A 9.12 - juris m.w.N.) zu berücksichtigenden Grundsatz der Priorität ist darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Wasserschutzgebietsausweisung das Gemarkungsgebiet der Antragstellerin nicht erstmals betroffen ist. Vielmehr wurde bereits 1977 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I bis III im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet festgesetzt. Ferner lagen bereits lange vor der geänderten Flächennutzungsplanung insbesondere im Hinblick auf das Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuabgrenzung des bereits festgesetzten Wasserschutzgebiets - insbesondere der Zone II - mit einer deutlichen Erweiterung auf die im Westen der Antragstellerin liegende Gemarkung geplant war. Denn gerade in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin Schritte zur Änderung ihres Flächennutzungsplans unternommen. Ferner hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, bei ihrer gemeindlichen Entwicklung zwingend gerade auf die Flächen, die nunmehr in der Schutzzone II liegen, angewiesen zu sein.
79 
Zudem verbleiben der Antragstellerin auch Räume für die weitere ortsplanerische Gestaltung. In der Schutzzone III, in die weite Teile des Gemarkungsgebiets der Antragstellerin fallen, ist nach § 3 WSV die Ausweisung von Baugebieten und die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben grundsätzlich zulässig. Da die Schutzzonen I und II westlich der bebauten Ortslage liegen, stehen der Antragstellerin auch weiterhin nördlich, östlich und südlich hiervon Gemeindeflächen zur weiteren Entwicklung zur Verfügung.
80 
c) Der bei einer Wasserschutzgebietsverordnung zugrundegelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer Wasserschutzgebietsverordnung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden. Es ist also nicht zu prüfen, ob der Träger der Wasserversorgung einen Brunnen auch an anderer Stelle mit gleichem Erfolg hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
81 
Nach den Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen des GLA und des LGRB sowie der Stellungnahme der badenova vom 25.9.2007, die für die Stadt L. die Wasserversorgung durchführt, gibt es im Übrigen zu den Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ keine Alternative. Gegenteiliges wird von der Antragstellerin zwar behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang hat die Fachbehörde insbesondere auch den Vorschlag der Antragstellerin auf Verschiebung der Brunnen zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Brunnen I bis III der „W.B.“ in einem Bereich mit optimaler Aquifermächtigkeit und somit optimaler Ergiebigkeit abgeteuft seien, so dass ein beliebiges Verschieben der Brunnenstandorte nicht möglich sei. Ferner könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Ein neuer Tiefbrunnen in westlicher/nordwestlicher Richtung Hauingen ergebe aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers und der zurzeit minimalen Abgrenzung der Zone II für deren Längsausdehnung keine Änderung. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „Wilden Brunnen“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im Grütt“ erfolgen. Der Brunnen III weise periodisch bakteriologische Belastungen mit coliformer Bakterien auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Auch bei dem Tiefbrunnen II seien zuweilen - wenn auch in deutlich geringerem Umfang - bakteriologische Belastungen feststellbar. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu.
82 
d) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 2 bis 6 WSV i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen vorsieht und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) - in § 7 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 26.6.2002 - 22 N 01.2625 - ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.5.2004 - 8 S 471/03 - n.v.).
83 
e) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III (vorliegend mit der weiteren Unterteilung der Zone III in Teilfläche 1 und 2) und ihre Abgrenzung folgt schließlich den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in dem DVGW-Arbeitsblatt W 101 aufgeführt sind (siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3, S. 6 ff.; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 6.5.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991) und die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen „Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen“ (Belzenkötter u.a., Hannover 1984).
84 
Das GLA und das LGRB haben diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - berücksichtigt; auch die WSV trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
85 
Entgegen der Meinung der Antragstellerin besteht für eine darüber hinausgehende Abwägung im Sinne des Planungsrechts - wie eingangs dargestellt - kein Raum.
86 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
88 
Beschluss vom 19. März 2014
89 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG (i.V.m. mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 [NVwZ 2004, 1327], Nr. 9.8.2 [in entsprechender Anwendung]) auf 60.000,-- EUR festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert,

1.
Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen,
2.
das Grundwasser anzureichern oder
3.
das schädliche Abfließen von Niederschlagswasser sowie das Abschwemmen und den Eintrag von Bodenbestandteilen, Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln in Gewässer zu vermeiden,
kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung Wasserschutzgebiete festsetzen. In der Rechtsverordnung ist die begünstigte Person zu benennen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(2) Trinkwasserschutzgebiete sollen nach Maßgabe der allgemein anerkannten Regeln der Technik in Zonen mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen unterteilt werden.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Wasserschutzgebietsverordnung (im Folgenden: WSV) des Landratsamts L. vom 10.11.2009 zum Schutz des Grundwassers in dem Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I bis III - Wasserschutzgebiet „W.B.“ - der Stadt L..
Die Antragstellerin ist eine im Vorderen W. gelegene Gemeinde im Landkreis L. mit ca. 9.697 Einwohnern und einer Gemeindegebietsfläche von ca. 46,86 km². Sie besteht aus den sieben Ortsteilen E., H., Y., Z., S., X. und W..
Die westlich der Antragstellerin gelegene Stadt L. gewinnt ihr gesamtes Trinkwasser aus dem Grundwasserleiter des Tals der Wiese. Die Wasserversorgung erfolgt über Grundwasserentnahmen aus den in diesem Tal liegenden Brunnen in den Gewannen „Im G.“ und „W.B.“. Im Gewann „W.B.“, das vorwiegend auf der Gemarkung der Antragstellerin zwischen dem X.bach und der Landestraße L 138 liegt, wurden in den 70er-Jahren insgesamt drei Brunnen errichtet (I - III).
Die erste wasserrechtliche Bewilligung für die (damals) vier geplanten „W.B.“ erteilte das Regierungspräsidium am 15.7.1975 der Stadt L. zur Entnahme von 3,8 Millionen m³/a .
Am 11.7.2006 erteilte das Landratsamt L. eine wasserrechtliche Bewilligung zur Wasserentnahme aus den Brunnen „Im G. I - IV“ und „W.B. I - III“ zur Trinkwasserversorgung bis maximal 14.000 m³/d und 4,2 Millionen m³/a, die bis zum 31.7.2036 befristet ist. In den Jahren 2000 bis 2003 betrug die Entnahmemenge aus den Brunnen „W.B. I - III“ im Durchschnitt 1.091.177,50 m³/a.
Das Landratsamt L. setzte mit Rechtsverordnung vom 16.5.1977 zum Schutz der Grundwasserfassungen der Stadt L. im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet fest.
Das - vormalige - Geologische Landesamt Baden-Württemberg - im Folgenden: GLA - überprüfte auf Antrag des damaligen Wasserwirtschaftsamts Waldshut vom 13.1.1989 die hydrogeologischen Verhältnisse im W. zwischen L. und Zell. In dem hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 wird festgestellt, dass die Schutzzonen der öffentlichen Trinkwasserbrunnen insgesamt zu gering bemessen seien. Dies gelte auch für die beiden Wasserschutzgebiete „Im G.“ und „W.B.“ der Stadt L..
Die Stadt L. beantragte daraufhin mit Schreiben vom 28.11.2003 die Erweiterung der Wasserschutzgebiete „Im G.“ und „W.B.“. Das Landratsamt L. gab mit Schreiben vom 8.1.2004 den Trägern öffentlicher Belange - darunter auch der Antragstellerin - unter Übersendung des Entwurfs der Rechtsverordnungen über die WSG „Im G.“ und „W.B.“ Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Antragstellerin erhob mit Schreiben vom 28.4.2004 Einwendungen, mit denen sie u.a. geltend machte, dass die beabsichtigte Ausdehnung der Schutzzone II des Wasserschutzgebiets „W.B.“ mit der von ihr beabsichtigten Bebauung im Gewann „Lange und Hintere Neumatt“ kollidiere.
Die vom Gemeinderat der Antragstellerin am 14.3.2006 beschlossene Fortschreibung des Flächennutzungsplans sieht in einem sich nach Westen an den Ortsrand anschließenden Bereich (E 3a) Wohnnutzung und im Bereich eines sich südlich angrenzenden Streifens nördlich der L.er Straße Mischgebietsnutzung (E 3b) vor. Das Landratsamt L. genehmigte mit Bescheid vom 29.5.2006 die vom Gemeinderat der Antragstellerin beschlossene Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2020 mit Ausnahme der Flächen E 3a und E 3b, weil diese in einem Gebiet lägen, welches als Wasserschutzzone II abgegrenzt worden sei. Die Ausweisung der Zone II ende zwar an der Grenze der jetzigen Bebauung, obwohl die 50 Tage-Linie damit nicht eingehalten werde. Es werde damit aber eine Verschlechterung der Situation vermieden.
10 
Der Entwurf der Rechtsverordnung sowie die dazugehörenden Pläne lagen bei der Stadt L. und dem Landratsamt L. einen Monat zur Einsicht aus. Ort und Zeit der Auslegung wurden am 5.8.2009 in den im Landkreis L. verbreiteten Tageszeitungen amtlich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Bedenken und Anregungen bis zum 7.9.2009 erhoben werden können. Das Fristende wurde durch amtliche Bekanntmachung vom 7.8.2009 auf den 14.9.2009 geändert.
11 
Die Antragstellerin erhob am 14.8.2009 unter Hinweis (u.a.) auf ihre Schreiben vom 13.7.2005 und 24.7.2006 Einwendungen. Am 3.11.2009 erfolgte im Landratsamt L. die Anhörung der Bedenken betroffener Privatpersonen und der Antragstellerin. Am 8.12.2009 teilte das Landratsamt L. der Antragstellerin mit, dass ihre Bedenken und Anregungen nach Abwägung aller Umstände keine Berücksichtigung finden könnten. Dem Schutz und der Sicherung des Grundwassers als Trinkwasserreservoir gebühre Vorrang.
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Das Landratsamt erließ am 10.11.2009 die Verordnung zum Schutz des Grundwassers in dem Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I bis III - Wasserschutzgebiet W.B. - der Stadt L.. Die Wasserschutzgebietsverordnung wurde am 8.12.2009 in den örtlichen Tageszeitungen verkündet.
13 
Nach § 1 Nr. 2 WSV gliedert sich das Wasserschutzgebiet in drei Schutzzonen. Für die Fassungsbereiche (Schutzzone I) enthält sie ein weitgehendes Betretungsverbot. Bezüglich der Engeren Schutzzone (Zone II) spricht die Verordnung umfängliche Verbote aus. In der Weiteren Schutzzone (Zone III) gelten diese Verbote nur relativ.
14 
Die bisherige in der Rechtsverordnung von 16.5.1977 festgesetzte Schutzzone II wird von ca. 37 ha auf ca. 128 ha und die bisherige Schutzzone III von 102 ha auf ca. 388 ha erweitert. Dies hat zur Folge, dass sich der bisher außerhalb des gesamten Schutzgebiets liegende nordwestliche - bisher nahezu unbebaute - Teil des Teilorts X. der Antragstellerin nunmehr im Bereich der Schutzzone II befindet.
15 
Neben dem hydrologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 lagen dem Landratsamt L. die hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg - im Folgenden: LGRB - vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 vor.
16 
Die Antragstellerin hat am 12.2.2010 das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
17 
Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor: Die Festsetzung der Schutzzone II diene nicht dem Wohl der Allgemeinheit. Es würden weder wasserwirtschaftliche Zielsetzungen noch sonstige öffentliche Belange verfolgt. Die Schutzgebietsfestsetzung Zone II sei nicht erforderlich. Der Antragsgegner stütze seine Festsetzungen auf veraltete Gutachten, Berechnungen und Färbversuche, deren Gültigkeit und Übertragbarkeit auf die heutige Situation nicht nachgewiesen worden seien und die sich widersprächen. Seit 1989 habe sich die Bebauungssituation im W. erheblich verändert, weite Flächen seien versiegelt worden. Die Grundwasserverläufe dürften sich deshalb verändert haben. Das gutachterlich geforderte Grundwasserströmungsmodell, das Erkenntnisse über die aktuelle Lage geliefert hätte, habe der Antragsgegner nicht erstellen lassen. Es fehle daher an einer ordnungsgemäßen Ermittlung des Sachverhalts. Die Ausweisung der Schutzzone II lasse sich auch nicht mit der bakteriologischen Belastung der Brunnen begründen. Der Brunnen I weise keine bakteriologischen Belastungen auf. Er sei aber gerade der Brunnen, der sich am nächsten zur Wohnbebauung befinde. Weiterhin fehle es an der objektiven Bedeutung der Brunnen. So sei im Jahre 2002 aus dem Tiefbrunnen III überhaupt kein Wasser gewonnen worden. Es gebe also offensichtlich in ausreichendem Umfang andere Quellfassungen.
18 
Die Schutzgebietsfestsetzung sei schließlich auch unverhältnismäßig. Die Ausweitung der Wasserschutzzone II führe zu einer erheblichen Verletzung ihrer Planungshoheit. Gerade der westliche Ortsrand sei wesentlich für die zukünftige Siedlungsentwicklung des Teilorts X.. Am 3.7.2001 sei der Beschluss zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans gefasst worden. Der Entwurf sehe für den Bereich „X.-West“ eine Wohnnutzung und nördlich der L.er Straße eine Mischgebietsnutzung vor. Das Landratsamt L. habe den Flächennutzungsplan 2020 - allerdings unter Herausnahme der nunmehr durch die angefochtene Schutzgebietsverordnung ausgewiesenen Fläche - am 29.5.2006 genehmigt. Gerade das Gebiet „X.-West“ biete sich aus stadtplanerischer Sicht für eine Erweiterung zwingend an. Der Standort zeichne sich durch eine gute Naherholungsmöglichkeit entlang des X.bachs aus. Durch seine zentrale Lage am westlichen Ortseingang werde keine zusätzliche verkehrliche Belastung der Ortsmitte herbeigeführt. Die bereits bestehenden Erschließungen könnten der Gesamtplanung entsprechend fortgeführt werden. Die Abwasser- und Wasserleitungen würden demgemäß bei der Erschließung des Baugebiets „Lange-Hintere-Neumatt“ bereits bis an die Grenze des Baugebiets verlegt. Die fehlende Berücksichtigung ihrer Belange sei nicht zu rechtfertigen.
19 
Zunächst sei vorgesehen gewesen, die Schutzgebietszone II um weitere 5 km nach Osten auszudehnen. Damit wäre auch die bereits bestehende Bebauung des Teilorts X. in die Schutzgebietszone gefallen. Hierauf sei verzichtet worden. Deswegen hätte ermittelt werden müssen, ob sich durch eine Verringerung der Schutzgebietszone II um weitere 200 m bis 250 m eine relevante Erhöhung des Risikopotentials ergebe und ob sich eine relevante Erhöhung des Risikopotentials auch unter Beachtung strenger Schutzanforderungen für bauliche Anlagen ergebe.
20 
Mit ihrem Vorschlag, in einen künftigen Bebauungsplan Festsetzungen aufzunehmen, die eine Wassergefährdung ausschlössen, habe sich der Antragsgegner nicht auseinandergesetzt. Verbleibende Möglichkeiten der Zusatzwassererschließung seien nicht geprüft worden. Tatsächlich könne die Stadt L. zur Sicherstellung ihrer Trinkwasserversorgung in erster Linie auf Quellfassungen zurückgreifen, deren Schutzgebietszone auf ihrer eigenen Gemarkung lägen. Es sei nicht untersucht worden, warum das Wasserschutzgebiet „Im G.“ nicht intensiver genutzt werden könne. Schließlich sei die geplante räumliche Ausweisung der Schutzgebietszone II nicht widerspruchsfrei. Diese solle nördlich der geplanten Trasse der Landstraße verlaufen. Eine hydrogeologische Rechtfertigung ergebe sich hierfür nicht. Es sei rein willkürlich und offensichtlich nur durch die Rücksichtnahme auf geplante Infrastrukturmaßnahmen zu begründen.
21 
Sie beantragt,
22 
die Rechtsverordnung des Landratsamts L. vom 10.11.2009 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I - III - Wasserschutzgebiet „W.B.“ - der Stadt L. mit Ausnahme der §§ 2 und 8 für unwirksam zu erklären.
23 
Der Antragsgegner beantragt,
24 
den Antrag abzuweisen.
25 
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Tiefbrunnen im Gewann „W.B.“ seien in den Jahren 1966, 1969 und 1970 errichtet worden und seither in Betrieb. Zusammen mit dem Wassergewinnungsgebiet „Im G.“ deckten sie den Bedarf des Versorgungsgebiets. Das Grundwasser der Tiefbrunnen „W.B.“ sei schutzwürdig und schutzfähig. Die Schutzzone II diene dem Schutz vor Verunreinigungen, die von verschiedenen menschlichen Tätigkeiten und Einrichtungen ausgingen und wegen ihrer Nähe zur Fassungsanlage besonders gefährlich seien. Die bisherige Abgrenzung der Schutzzone II sei ungenügend. Dies gehe bereits aus dem hydrogeologischen Gutachten vom 26.10.1989 hervor. Eine Erweiterung des Schutzgebiets sei dringend erforderlich. Die Ermittlung der Abgrenzung der Schutzzone II sei auf zwei Arten erfolgt. Die ersten Gutachten basierten auf den Ergebnissen der numerischen Berechnung mit dem Modell WSG II. Eine Abgrenzung der Zone II bis hin zur Wohnbebauung von X.-West bedeute nach dieser Untersuchungsmethode nur noch etwa eine 45-Tage-Linie. Eine spätere abschließende Beurteilung stütze sich auf die Ergebnisse des Markierungsversuches aus dem Jahre 1970, bei dem eine Abstandsgeschwindigkeit von 4,2 m/Std. gemessen worden sei, so dass das Grundwasser innerhalb von 50 Tagen eine Fließstrecke von ca. 5 km zurücklege. Das Ergebnis bedeute somit einen noch geringeren Fließabstand von der Bebauung auf X.er Gemarkung bis zu den Tiefbrunnen. Um den hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers im W. Rechnung zu tragen, sei ähnlich wie in Karstgebieten die Zone II auf die noch unbebauten Flächen reduziert worden. Eine Schutzgebietsverordnung könne naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Würde die vorhandene Bebauung bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führen, wäre das Grundwasser nicht mehr schutzfähig. Die vorliegenden Daten gäben hierfür aber keinen Anhaltspunkt. Dennoch müsse eine Eröffnung eines weiteren Gefährdungspotentials ausgeschlossen werden. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seither geändert hätten. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führe dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten.
26 
Die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells sei für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien nicht zu erwarten. Dies gelte vor allem im Hinblick darauf, dass aufgrund der bestehenden Bebauung die 50-Tage-Linie bereits jetzt nicht eingehalten werden könne. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „W.B.“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im G.“ erfolgen. Der Brunnen III weise des Öfteren bakteriologische Belastungen auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Entsprechendes gelte für den Tiefbrunnen II. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu. Auch eine weitere Verlagerung auf den Brunnen „Im G.“ sei nicht möglich. Dies würde eine erneute Erweiterung des Wasserschutzgebiets erforderlich machen, die aber aufgrund der Nähe der Schutzzone II zur vorhandenen Bebauung, insbesondere von Gewerbegebieten nicht umsetzbar wäre. Die Stadt L. sei auf die Brunnen im Gewann „W.B.“ und im Gewann „Im G.“ angewiesen.
27 
Alternative Brunnenstandorte seien nicht gegeben. Insbesondere könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Die Antragstellerin unterliege im vorliegenden Fall aufgrund ihrer geografischen Lage einer besonderen Situationsgebundenheit, die Einschränkungen der Planungshoheit rechtfertigten. Die Trinkwasserversorgung gehöre zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz Verfassungsrang genieße. Bis zum Jahre 2002 sei ein weiterer Bedarf für die Ausweisung zusätzlicher Bauflächen nicht substantiiert geltend gemacht worden. Alternativen, durch welche von einem Bauverbot in der Zone II abgesehen werden könnte, sei nicht gegeben. Von einer Bebauung gingen grundsätzlich Gefährdungen für das Grundwasser aus. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den Bebauungsrand stelle unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten den noch größtmöglichen Schutz dar. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten. Aus Sicht des Grundwasserschutzes werde sich die Situation durch die künftige Lage der Landesstraße L 138 verbessern. Eine Reduzierung der Entnahmeraten führe nicht zu einer Verkleinerung der Zone II.
28 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Akten des Landratsamts sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
30 
Der Antrag ist zwar zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
31 
Der nach ordnungsgemäßer Verkündung der angefochtenen Verfügung am 8.12.2009 innerhalb der Ein-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO am 12.2.2010 gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig.
I.
32 
Der Antrag ist statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
33 
Die Antragstellerin ist als Behörde (vgl. § 1 Abs. 2 LVwVfG) auch antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 VwGO, ohne dass es darauf ankommt, ob sie durch die Schutzgebietsverordnung in eigenen Rechten verletzt werden kann (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO).
34 
Für die Antragsbefugnis einer Behörde ist Voraussetzung, dass sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N.) oder dass die Rechtsvorschrift sie jedenfalls in ihrer Tätigkeit berührt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - VBlBW 1987, 461). Für die Antragsbefugnis einer Gemeinde als Behörde ist deshalb ausreichend, dass die angegriffene Norm sich für ihr Gebiet auswirkt und von ihr zu beachten ist (BVerwG, Beschl. v. 15.3.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307). Die Gemeinden verwalten - soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen - in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben allein und unter eigener Verantwortung (Art. 71 Abs. 2 Satz 1 LV, § 2 Abs. 1 GemO). Im Hinblick auf diesen allumfassenden Wirkungskreis wird eine Gemeinde durch die Teile ihres Gebietes flächendeckend erfassenden, zahlreiche Gebote und Verbote enthaltenden wasserrechtlichen Schutzverordnungen in ihrem Aufgabenkreis berührend eingeschränkt. Dies löst die Befugnis aus, die Rechtmäßigkeit dieser Einschränkung gerichtlich überprüfen zu lassen, soweit es sich - wie hier - um Rechtsvorschriften i.S.v. § 47 Abs. 1 VwGO handelt.
35 
Ob sich die Antragstellerin zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auch auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) in Gestalt der Planungshoheit (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236) berufen kann, braucht der Senat deshalb nicht abschließend zu erörtern. Hieran bestünden allerdings erhebliche Zweifel. Denn dafür wäre nach ständiger Rechtsprechung Voraussetzung, dass die Schutzgebietsverordnung eine hinreichend bestimmte Planung der Antragstellerin nachhaltig stört oder durch sie wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung gänzlich entzogen werden (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124; Beschl. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.1992 - 8 S 1741/92 - NuR 1994, 84; Gerichtsbescheid v. 7.4.1997 - 8 S 2550/96 - VBlBW 1997, 387). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entnehmen (vgl. hierzu nachfolgend die Ausführungen unter B.II.4.).
B.
36 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
37 
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor und auch sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
38 
Verfahrens- oder Formfehler bei der Normsetzung sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
39 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG a.F. wurden die durch die angefochtene Verordnung betroffenen Gemeinden - insbesondere die Antragstellerin - angehört. Der Entwurf der angefochtenen Verordnung wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG a.F. i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt.
40 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.6.2009 - 3 S 1108/07 - juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]).
41 
3. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerfBW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der WSV nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 - BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/08 - VBlBW 2009, 220).
II.
42 
Die angefochtene Verfügung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
43 
Die Verordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG in der bei ihrem Erlass noch geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl I S. 3245).
44 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., der insoweit mit dem am 1.3.2010 in Kraft getretenen § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009 (BGBl I S. 2585) inhaltlich übereinstimmt (ebenso BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 - juris), i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung - WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG) - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG a.F.). Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG a.F. können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 52 WHG) u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
45 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 -, juris; Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - NVwZ 2006, 85; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn bei der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nicht um die planende, potentiell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Das Wohl der Allgemeinheit bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005, a.a.O. - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 13, 40 ff. m.w.N.).
46 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG,10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 41). Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn dies vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
47 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Landratsamt L. als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG a.F.) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. und § 24 WG a.F. ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und vom 21.10.1992 sowie den hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des LGRB vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und vom 24.10.2007 die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Wasserschutzgebietsverordnung (vgl. BayVGH, Urt. v. 1.8.2011 - 22 N 09.2729 - ZfW 2012, 94) dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Stadt L. (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (4.).
48 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. sind zweifellos erfüllt. Denn das in „W.B. I - III“ geförderte Grundwasser mit dem dazugehörigen Wasserreservoir dient als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Versorgung der Bevölkerung L.s. Dies zeigt bereits die der Stadt L. am 11.7.2006 erneut erteilte, bis 2036 geltende wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser aus den Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
49 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
50 
Schutzwürdigkeit in diesem Sinn ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: das Vorkommen im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen I - III der „W.B.“ - nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Zur Wasserversorgung müssen aber - insbesondere aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten Umweltschädigungen - auch weniger gute, bereits in gewissem Umfang belastete Wasservorkommen beitragen. Dies gilt zum Beispiel auch dann, wenn die Qualität des gewonnenen Wassers für Trinkwasserzwecke erst durch verstärkte Aufbereitung gewahrt werden kann, weil es den Anforderungen der (in Umsetzung der RL 98/83/EG vom 3.11.1998 erlassenen) Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 21.5.2001 (BGBl. I, 959) - TrinkwV - nicht mehr entspricht. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG a.F. zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870; Kibele, ZfW 2012, 177).
51 
Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen schutzwürdig, auch wenn das bezogene Grundwasser aus dem Brunnen III periodisch mikrobiologische Belastungen mit Grenzwertüberschreitungen coliformer Bakterien aufweist. Diesen zu begegnen, dient im Ergebnis die angefochtene Verordnung, mit ihrer gegenüber ihrer Vorgängerregelung vergrößerten Engeren Schutzzone II. Gerade die Schutzgebietsausweisung mit den darin geltenden Schutzbestimmungen ist ein geeignetes Instrument, um Grundwasservorkommen langfristig normativ zu schützen und dauerhaft einen guten Zustand des Grundwassers i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik - WRRL - vom 23.10.2000 und - speziell das Grundwasser betreffend - der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung vom 12.12.2006 zu gewährleisten. Dem dienen in besonderem Maße die Schutzbestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung - SchALVO - vom 20.2.2001 (GBl. S. 145), die gemäß § 2 Abs. 1 SchALVO für Wasserschutzgebiete gilt und auf deren Geltung die WSV in § 2 ausdrücklich hinweist. Deren Zweck besteht gerade darin, zum Schutz von Rohwässern der öffentlichen Wasserversorgung deren Belastungen zu minimieren. Im Übrigen ist das aus dem Brunnen III gewonnene Grundwasser nach Aufbereitung zur Trinkwasserverwendung geeignet.
52 
3. Der unter Schutz gestellte Grundwasserkörper ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
53 
a) In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
54 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG a.F.). Deshalb bedurfte es bei Erlass der Verordnung nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 18). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor pathogenen Mikroorganismen, die infolge landwirtschaftlicher Bodennutzung, gewerblicher Tätigkeiten oder durch Wohnbebauung in das Grundwasser gelangen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a WG a.F. Rn. 17). Zudem haben das GLA und das LGRB in ihren Gutachten und Stellungnahmen nachvollziehbar ausgeführt, dass die bisherige Abgrenzung des Wasserschutzgebietes, insbesondere der Zone II, zum Schutz der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vor Schadstoffen nicht mehr ausreicht. Dies hat auch die Antragstellerin substantiiert nicht in Zweifel gezogen.
55 
Der Umstand, dass die Schutzzone II nicht nach der 50-Tage-Linie bemessen ist, die die in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser - LAWA - erarbeiteten Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, e.V. - DVGW - für Trinkwasserschutzgebiete; Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser, Technische Regel - DVGW-Arbeitsblatt W 101 vom Juni 2006 - grundsätzlich vorsehen, nimmt dem Wasserschutzgebiet nicht die Schutzbedürftigkeit. Denn nach den Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB geben die vorliegenden Daten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die vorhandene Bebauung im Westen des Gemeindegebiets der Antragstellerin, die in der 50-Tage-Linie liegt, bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führten. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 26.9.2006 ausgeführt, es sei notwendig, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze des Ortsteils Steinen als Zone II als minimalen Schutz auszuweisen. Die hygienische Reinheit des Trinkwassers müsse ferner durch eine entsprechende Überwachung und die Aufbereitungsanlage im Wasserwerk garantiert werden. Zwar werde damit die grundsätzlich erforderliche Schutzzone, die sich aus der 50-Tage-Linie ergebe, nicht erreicht. Eine Schutzgebietsverordnung könne jedoch naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten im maßgebenden Aquifer. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den westlichen Bebauungsrand stelle denjenigen Schutz dar, der unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten der noch größtmögliche Schutz sei.
56 
Gegenteiliges wäre fachlich nicht vertretbar, wie auch die weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. E. vom 26.9.2006 aufzeigt. Danach seien im Wasser des Brunnens III des Öfteren, im Brunnen II gelegentlich bakteriologische Belastungen festgestellt worden. Es werde davon ausgegangen, dass Uferfiltrat des (nördlich gelegenen) Steinenbachs zu den Brunnen fließe. Nach dem Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und den dort als Anlage enthaltenen Grundwassergleichenpläne sowie den Auswertungen der Firma Hydrodata 1999 fließe das Grundwasser im Bereich der Brunnen in etwa von Ost nach West. Ein erheblicher Teil des Grundwassers im W. bestehe nach den hydrochemischen Befunden aus kurzfristigem und langfristigem Uferfiltrat der (südlich der Brunnen parallel zur B 317 fließenden) Wiese. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei im W. nur von untergeordneter Bedeutung. Die bestehenden hohen Abstandsgeschwindigkeiten ergäben sich aus einem Färbversuch aus dem Jahre 1970. Die große Diskrepanz zwischen den berechneten und den mit dem Markierungsversuch gemessenen Fließgeschwindigkeiten hätten ihre Ursache in dem inhomogenen Aufbau der Talfüllung des W.s. Offensichtlich seien geringmächtige besonders durchlässige Gerölllagen verantwortlich für sehr schnelle Fließwege. Die Berechnungen zeigten, dass die Zone II bis an den Rand der bestehenden Bebauung, und, bedingt durch die Entnahme im Brunnen I, auch in den Randbereich der Bebauung reiche. Die relativ geringe Abhängigkeit der Größe der Zone II von der Entnahmerate beruhe auf den generell hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten im K. des W.s. Vor diesem Hintergrund werde vorgeschlagen, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze von Steinen als Zone II auszuweisen. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten, auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten.
57 
Die Tatsache, dass die vorhandene Bebauung für das Trinkwasservorkommen bisher zu keinen Problemen geführt hat, hat den Antragsgegner erkennbar veranlasst, die Schutzzone II nicht entsprechend der 50-Tage-Linie festzusetzen. Denn auch eine vorhandene Ortsbebauung oder Gewerbenutzung, die bei nachträglichen Wasserschutzgebietsfestsetzungen grundsätzlich eigentumsrechtlichen Bestandsschutz genießen, schließen es grundsätzlich nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch entsprechende zusätzliche Verbote und Beschränkungen zu verhüten (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.1.2008 - 22 N 04.3471 - juris). Das - die Interessen der Antragstellerin im Rahmen des fachlich Vertretbaren insoweit berücksichtigende - Vorgehen des Landratsamts L. ist nicht zu beanstanden. Die Verkürzung der 50-Tage-Linie entspricht den Vorgaben der DVGW-Richtlinie W 101 (vgl. Nr. 4.3.1 und - insbesondere bei Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis - Nr. 4.3.2; siehe hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris). Dass diese Vorgehensweise auch im vorliegenden Fall fachlich vertretbar ist, weil die Schutzwürdigkeit des Grundwasservorkommens damit nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, hat Dr. S. vom LGRB als Vertreter der Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
58 
Andererseits kann hieraus nicht - wie die Antragstellerin meint - der Schluss gezogen werden, dass eine weitere nach Westen ausgreifende Bebauung gleichfalls keine Gefährdung darstelle. Denn der Wasserschutzgebietsverordnung geht es vor allem darum, künftige Gefährdungen - insbesondere in der Zone II - auszuschließen. Ebenso wie Dr. E. in seinen oben angeführten Stellungnahmen hat auch Dr. S. in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die DVGW-Richtlinie W 101 überzeugend ausgeführt, dass jegliche Bebauungen - insbesondere gewerbliche Grundstücksnutzungen - ein starkes Risikopotenzial für das geschützte Trinkwasserreservoir darstellten. Nach Tabelle 1 Nr. 1 und Nr. 4 zur DVGW-Richtlinie W 101 stellten die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und neuer Baugebiete in der Zone II ein hohes Gefährdungspotenzial dar. Diese lägen vor allem in der Verminderung von Deckschichten. Weitere besondere Gefahrenquellen stellten insbesondere die Bauphasen und Kanalisationsanlagen auch bei Einhaltung erhöhter Anforderungen an Material und Dichtigkeit dar.
59 
Der mit einem Hinweis auf die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 8.1.1997 verbundene Einwand der Antragstellerin, die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ könnten unter Zulassung von baulichen Nutzungen auch durch Auflagen geschützt werden, geht fehl. Sie übersieht, dass die in der genannten Verordnung getroffenen Regelungen den Bereich bereits bestehender Bebauungspläne und Anlagen betreffen und somit Ausdruck des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG sind. Die Schutzgebietszone II der angefochtenen WSV ist indessen - mit Ausnahme eines landwirtschaftlichen Hofes - frei von Bebauung und liegt gerade nicht im räumlichen Geltungsbereich von Bebauungsplänen der Antragstellerin.
60 
b) Die Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ist vorliegend auch räumlich - hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets - gegeben. Denn insoweit erfordert der Schutz des Grundwassers im Hinblick auf die öffentliche Trinkwasserversorgung die in der Wasserschutzgebietsverordnung festgesetzte Gebietsabgrenzung.
61 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Wasserversorgung, etwa einer Trinkwassergewinnungsanlage, liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (§ 51 Abs. 1 WHG) ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Beschl. v. 23.1.1984 - 4 B 157.83 u.a. - ZfW 1984, 294; Beschl. v. 30.9.1996 - 4 NB 31.96 - u.a. NVwZ 1997, 887; Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
62 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichnet sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 45, Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 46; Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 51 WHG Rn. 42).
63 
Die angefochtene Verordnung ist nach diesen Maßgaben auch in der räumlichen Abgrenzung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht zu beanstanden. Sowohl das GLA in seinem hydrologischen Abschlussgutachten zur Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets einschließlich der vorgesehenen Schutzzonen I - III für die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vom 26.10.1989 und seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 als auch das LGRB in seinen Gutachten vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 haben unter Berücksichtigung der hydrogeologischen-hydraulischen Gegebenheiten und in ausführlicher Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen nachvollziehbar und folgerichtig die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets dargelegt.
64 
Das GLA und das LGRB haben sich dabei zu Recht an dem als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ herangezogenen DVGW-Arbeitsblatt W 101 orientiert. Diese „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind; sie sind mithin also eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG a.F. und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a.F. Rn. 46f; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 70; Kotulla, WHG, § 51 Rn. 25 ff.; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 58; Schwind, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 63 f.).
65 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen vermögen die überzeugenden gutachterlichen Aussagen des GLA und des LGRB nicht in Frage zu stellen. Weder enthalten diese offen erkennbare Mängel oder gehen von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, noch weisen sie unlösbare Widersprüche auf. Auch bestehen an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Fachgutachter keinerlei Zweifel (vgl. zu diesen Kriterien bei der Beurteilung von Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen BVerwG, Beschl. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris; Urt. v. 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 - juris).
66 
aa) Der Einwand der Antragstellerin, die vom Antragsgegner herangezogenen Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB seien veraltet und deshalb nicht mehr verwertbar, trifft nicht zu. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seit Erstellung des Abschlussgutachtens des GLA vom 26.10.1989 geändert hätten, hat das LGRB in seiner Stellungnahme vom 24.9.2004 mit überzeugenden Gründen verneint. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führten dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten. Im W. finde ein dauernder Austausch von Wiese-Wasser und Grundwasser statt. Ein erheblicher Teil des Grundwassers bestehe somit aus Uferfiltrat der Wiese. Hinzu kämen der Randzustrom vom Festgestein in den Talkieseaquifer und der Zustrom aus den Nebentälern des W.s. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei daher für das Grundwasserdargebot im W. nur von untergeordneter Bedeutung.
67 
bb) Auch mit der von der Antragstellerin geforderten Erstellung eines numerischen Grundwassermodells hat sich das LGRB auseinandergesetzt und nachvollziehbar ausgeführt, dass zum einen die Datengrundlage für die Abgrenzung der Schutzzone ausreichend sei. Der Markierungsversuch sei nach den auch heute noch gültigen Regeln von Wissenschaft und Technik durchgeführt worden und gut dokumentiert. Die Ergebnisse des Färbversuchs aus dem Jahre 1970 seien nach wie vor gültig. Zum anderen sei ein numerisches Grundwassermodell für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Ferner hätten für die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells weitere Grundwassermessstellen eingerichtet und hydrochemische Untersuchungen im Hinblick auf die Uferfiltratanteile von Steinenbach und Rohrbach durchgeführt werden müssen. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien indes auch durch die geforderte Erstellung eines numerischen Grundwassermodells nicht zu erwarten. Diesen umfangreichen fachbehördlichen Stellungnahmen ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten.
68 
cc) Der Hinweis der Antragstellerin, im Gutachten des LGRB vom 24.11.2005 (Dokumentation des Färbversuchs aus dem Jahre 1970) werde der Vorschlag gemacht, eine zusammenfassende neue hydrogeologische Bearbeitung des W.s eventuell unter Einbeziehung des schweizerischen Wassergewinnungsgebietes „Lange Erlen“ durchzuführen, nimmt die weiteren Ausführungen in dieser und der ergänzenden Stellungnahme nicht zur Kenntnis. Denn dieser Vorschlag bezieht sich zum einen auf das gesamte W.. Zum anderen führt Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 21.9.2006 aus, dass eine neue Bilanzierung des Wasserhaushalts des gesamten W.s - zwar - wünschenswert wäre, aber für die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die „W.B.“ nicht maßgebend sei. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass nach den neu überprüften Ergebnissen fundierte Unterlagen zur hydrogeologischen Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „W.B.“ vorlägen.
69 
dd) Soweit die Antragstellerin die Vermutung äußert, dass die Schutzzone II im Süden allein deshalb in der ausgewiesenen Abgrenzung erfolgt sei, damit die geplante Neutrassierung der Landesstraße 138 - unter Wegfall der jetzt vorhandenen Straßenführung - in die Schutzzone III zu liegen komme, bleibt sie jegliche greifbare Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen bei der fachbehördlichen Abgrenzung und ihr folgend der Festsetzung durch das Landratsamt L. schuldig. Im Übrigen haben sowohl der Vertreter der Fachbehörde Dr. S. vom LGRB wie auch die Vertreter des Beklagten überzeugend ausgeführt, dass die geplante Neutrassierung der L 138 weder in der Schutzzone III noch in der Schutzzone II eine Gefährdung für das zu schützende Grundwasservorkommen im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ darstellen würde. Denn beim Bau und dem Betrieb dieser Straße wären die fachlich bewährten Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) - Ausgabe 2002 - zu beachten. Diese von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung von Vertretern der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e.V. (ATT) aufgestellten Richtlinien bieten aufgrund der dort für die Schutzzone II und III vorgesehenen Schutzmaßnahmen (vgl. nur Nrn. 4.2, 5.3, 5.4 und insbesondere Nrn. 6.2 und 6.3) eine Gewähr dafür, dass eine Grundwasserbeeinträchtigung nicht zu besorgen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris; Bay.VGH, Urt. v. 27.10.2006 - 22 N 04.2609 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.7.2002 - 5 S 2715/01 - ZLW 2004, 160). Gegenteiliges wird auch von der Antragstellerin nicht behauptet.
70 
4. Der Senat bejaht auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der „W.B. I - III“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers.
71 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N; Sieder/Zeitler/Dah- me, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467).
72 
Nach Maßgabe dessen vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.
73 
a) Die Planungshoheit der Antragstellerin wird durch die angefochtene Verordnung nicht unverhältnismäßig betroffen.
74 
Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen (vgl. hierzu die Schutzbestimmungen unter §§ 3 ff. WSV). Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen.
75 
Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160; Beschl. v. 15.4.2003 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116; Urt. v. 9.2.2005 - 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813; Urt. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259; Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 - 7 CN 1.04 - BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung insbesondere BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 181; zur dieser Situationsgebundenheit vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1982 - 5 S 1359/81 - DVBl 1983, 639).
76 
Die Antragstellerin hat in Reaktion auf die geplante Wasserschutzgebietsausweisung während des Verwaltungsverfahrens eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, in dem Bau- und Mischgebiete in der zu diesem Zeitpunkt bereits geplanten und nachfolgend auch festgesetzten Schutzzone II dargestellt werden. Dieser Flächennutzungsplan erlangte aber mangels Genehmigung des Landratsamts L. insoweit keine Wirksamkeit. Die Antragstellerin hat gegen diese - teilweise - Versagung der Genehmigung ihres geänderten Flächennutzungsplans keinen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Die Verfügung des Landratsamts L. vom 29.5.2006 ist daher bestandskräftig geworden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine konkretisierte und verfestigte Planung in dem oben genannten Sinn nicht festzustellen. Eine weitere durch die angefochtene Verordnung nachhaltig gestörte Planung hat die Antragstellerin nicht dargelegt (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast der Gemeinde bezüglich ihrer konkreten Planung BVerwG, Beschl. v. 15.4.2004 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116).
77 
b) Selbst wenn im Hinblick auf den Flächennutzungsplan der Antragstellerin von einer konkretisierten und verfestigten Planung im vorgenannten Sinne auszugehen wäre, weil die Antragstellerin auch nach Versagung der Genehmigung dieses Plans an ihren ursprünglichen Vorstellungen festhalten möchte, rechtfertigte dies keine andere Beurteilung. Denn auch in diesem Fall führte die von der Antragstellerin befürchtete Verkürzung ihrer gemeindlichen Entwicklungschancen nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in ihre kommunale Planungshoheit, weil dieser Belang vorliegend gegenüber den konkreten Bedürfnissen der Trinkwasserversorgung zurücktreten müsste.
78 
Die Antragstellerin unterliegt insoweit einer besonderen Situationsgebundenheit, als auf ihrem Gemarkungsgebiet ein bedeutender Grundwasservorrat vorhanden ist, der auch für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist und auf den die Stadt L. zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung angewiesen ist. Mit Blick auf den in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 6.11.2013 - 9 A 9.12 - juris m.w.N.) zu berücksichtigenden Grundsatz der Priorität ist darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Wasserschutzgebietsausweisung das Gemarkungsgebiet der Antragstellerin nicht erstmals betroffen ist. Vielmehr wurde bereits 1977 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I bis III im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet festgesetzt. Ferner lagen bereits lange vor der geänderten Flächennutzungsplanung insbesondere im Hinblick auf das Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuabgrenzung des bereits festgesetzten Wasserschutzgebiets - insbesondere der Zone II - mit einer deutlichen Erweiterung auf die im Westen der Antragstellerin liegende Gemarkung geplant war. Denn gerade in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin Schritte zur Änderung ihres Flächennutzungsplans unternommen. Ferner hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, bei ihrer gemeindlichen Entwicklung zwingend gerade auf die Flächen, die nunmehr in der Schutzzone II liegen, angewiesen zu sein.
79 
Zudem verbleiben der Antragstellerin auch Räume für die weitere ortsplanerische Gestaltung. In der Schutzzone III, in die weite Teile des Gemarkungsgebiets der Antragstellerin fallen, ist nach § 3 WSV die Ausweisung von Baugebieten und die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben grundsätzlich zulässig. Da die Schutzzonen I und II westlich der bebauten Ortslage liegen, stehen der Antragstellerin auch weiterhin nördlich, östlich und südlich hiervon Gemeindeflächen zur weiteren Entwicklung zur Verfügung.
80 
c) Der bei einer Wasserschutzgebietsverordnung zugrundegelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer Wasserschutzgebietsverordnung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden. Es ist also nicht zu prüfen, ob der Träger der Wasserversorgung einen Brunnen auch an anderer Stelle mit gleichem Erfolg hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
81 
Nach den Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen des GLA und des LGRB sowie der Stellungnahme der badenova vom 25.9.2007, die für die Stadt L. die Wasserversorgung durchführt, gibt es im Übrigen zu den Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ keine Alternative. Gegenteiliges wird von der Antragstellerin zwar behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang hat die Fachbehörde insbesondere auch den Vorschlag der Antragstellerin auf Verschiebung der Brunnen zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Brunnen I bis III der „W.B.“ in einem Bereich mit optimaler Aquifermächtigkeit und somit optimaler Ergiebigkeit abgeteuft seien, so dass ein beliebiges Verschieben der Brunnenstandorte nicht möglich sei. Ferner könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Ein neuer Tiefbrunnen in westlicher/nordwestlicher Richtung Hauingen ergebe aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers und der zurzeit minimalen Abgrenzung der Zone II für deren Längsausdehnung keine Änderung. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „Wilden Brunnen“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im Grütt“ erfolgen. Der Brunnen III weise periodisch bakteriologische Belastungen mit coliformer Bakterien auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Auch bei dem Tiefbrunnen II seien zuweilen - wenn auch in deutlich geringerem Umfang - bakteriologische Belastungen feststellbar. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu.
82 
d) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 2 bis 6 WSV i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen vorsieht und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) - in § 7 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 26.6.2002 - 22 N 01.2625 - ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.5.2004 - 8 S 471/03 - n.v.).
83 
e) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III (vorliegend mit der weiteren Unterteilung der Zone III in Teilfläche 1 und 2) und ihre Abgrenzung folgt schließlich den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in dem DVGW-Arbeitsblatt W 101 aufgeführt sind (siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3, S. 6 ff.; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 6.5.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991) und die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen „Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen“ (Belzenkötter u.a., Hannover 1984).
84 
Das GLA und das LGRB haben diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - berücksichtigt; auch die WSV trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
85 
Entgegen der Meinung der Antragstellerin besteht für eine darüber hinausgehende Abwägung im Sinne des Planungsrechts - wie eingangs dargestellt - kein Raum.
86 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
88 
Beschluss vom 19. März 2014
89 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG (i.V.m. mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 [NVwZ 2004, 1327], Nr. 9.8.2 [in entsprechender Anwendung]) auf 60.000,-- EUR festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
29 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
30 
Der Antrag ist zwar zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
31 
Der nach ordnungsgemäßer Verkündung der angefochtenen Verfügung am 8.12.2009 innerhalb der Ein-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO am 12.2.2010 gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig.
I.
32 
Der Antrag ist statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
33 
Die Antragstellerin ist als Behörde (vgl. § 1 Abs. 2 LVwVfG) auch antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 VwGO, ohne dass es darauf ankommt, ob sie durch die Schutzgebietsverordnung in eigenen Rechten verletzt werden kann (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO).
34 
Für die Antragsbefugnis einer Behörde ist Voraussetzung, dass sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N.) oder dass die Rechtsvorschrift sie jedenfalls in ihrer Tätigkeit berührt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - VBlBW 1987, 461). Für die Antragsbefugnis einer Gemeinde als Behörde ist deshalb ausreichend, dass die angegriffene Norm sich für ihr Gebiet auswirkt und von ihr zu beachten ist (BVerwG, Beschl. v. 15.3.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307). Die Gemeinden verwalten - soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen - in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben allein und unter eigener Verantwortung (Art. 71 Abs. 2 Satz 1 LV, § 2 Abs. 1 GemO). Im Hinblick auf diesen allumfassenden Wirkungskreis wird eine Gemeinde durch die Teile ihres Gebietes flächendeckend erfassenden, zahlreiche Gebote und Verbote enthaltenden wasserrechtlichen Schutzverordnungen in ihrem Aufgabenkreis berührend eingeschränkt. Dies löst die Befugnis aus, die Rechtmäßigkeit dieser Einschränkung gerichtlich überprüfen zu lassen, soweit es sich - wie hier - um Rechtsvorschriften i.S.v. § 47 Abs. 1 VwGO handelt.
35 
Ob sich die Antragstellerin zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auch auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) in Gestalt der Planungshoheit (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236) berufen kann, braucht der Senat deshalb nicht abschließend zu erörtern. Hieran bestünden allerdings erhebliche Zweifel. Denn dafür wäre nach ständiger Rechtsprechung Voraussetzung, dass die Schutzgebietsverordnung eine hinreichend bestimmte Planung der Antragstellerin nachhaltig stört oder durch sie wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung gänzlich entzogen werden (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124; Beschl. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.1992 - 8 S 1741/92 - NuR 1994, 84; Gerichtsbescheid v. 7.4.1997 - 8 S 2550/96 - VBlBW 1997, 387). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entnehmen (vgl. hierzu nachfolgend die Ausführungen unter B.II.4.).
B.
36 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
37 
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor und auch sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
38 
Verfahrens- oder Formfehler bei der Normsetzung sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
39 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG a.F. wurden die durch die angefochtene Verordnung betroffenen Gemeinden - insbesondere die Antragstellerin - angehört. Der Entwurf der angefochtenen Verordnung wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG a.F. i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt.
40 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.6.2009 - 3 S 1108/07 - juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]).
41 
3. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerfBW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der WSV nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 - BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/08 - VBlBW 2009, 220).
II.
42 
Die angefochtene Verfügung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
43 
Die Verordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG in der bei ihrem Erlass noch geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl I S. 3245).
44 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., der insoweit mit dem am 1.3.2010 in Kraft getretenen § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009 (BGBl I S. 2585) inhaltlich übereinstimmt (ebenso BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 - juris), i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung - WG a.F. (vgl. nunmehr § 45 und § 95 WG) - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Zu diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG a.F.). Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG a.F. können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG a.F. (vgl. nunmehr § 52 WHG) u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
45 
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2010 - 7 BN 1.10 -, juris; Beschl. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 - NVwZ 2006, 85; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn bei der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nicht um die planende, potentiell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Das Wohl der Allgemeinheit bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005, a.a.O. - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 13, 40 ff. m.w.N.).
46 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig, schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG,10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 41). Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn dies vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, jeweils a.a.O. m.w.N.). Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
47 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Landratsamt L. als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG a.F.) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG a.F. und § 24 WG a.F. ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und vom 21.10.1992 sowie den hydrologischen Gutachten und Stellungnahmen des LGRB vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und vom 24.10.2007 die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Wasserschutzgebietsverordnung (vgl. BayVGH, Urt. v. 1.8.2011 - 22 N 09.2729 - ZfW 2012, 94) dient das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung der Stadt L. (1.). Ferner erfordert das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig ist (4.).
48 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. sind zweifellos erfüllt. Denn das in „W.B. I - III“ geförderte Grundwasser mit dem dazugehörigen Wasserreservoir dient als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Versorgung der Bevölkerung L.s. Dies zeigt bereits die der Stadt L. am 11.7.2006 erneut erteilte, bis 2036 geltende wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser aus den Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, findet die Verordnung als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
49 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen I bis III im Gewann „W.B.“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
50 
Schutzwürdigkeit in diesem Sinn ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: das Vorkommen im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen I - III der „W.B.“ - nach seiner Quantität und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Zur Wasserversorgung müssen aber - insbesondere aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten Umweltschädigungen - auch weniger gute, bereits in gewissem Umfang belastete Wasservorkommen beitragen. Dies gilt zum Beispiel auch dann, wenn die Qualität des gewonnenen Wassers für Trinkwasserzwecke erst durch verstärkte Aufbereitung gewahrt werden kann, weil es den Anforderungen der (in Umsetzung der RL 98/83/EG vom 3.11.1998 erlassenen) Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 21.5.2001 (BGBl. I, 959) - TrinkwV - nicht mehr entspricht. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG a.F. zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 19; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a. F. Rn. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870; Kibele, ZfW 2012, 177).
51 
Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen schutzwürdig, auch wenn das bezogene Grundwasser aus dem Brunnen III periodisch mikrobiologische Belastungen mit Grenzwertüberschreitungen coliformer Bakterien aufweist. Diesen zu begegnen, dient im Ergebnis die angefochtene Verordnung, mit ihrer gegenüber ihrer Vorgängerregelung vergrößerten Engeren Schutzzone II. Gerade die Schutzgebietsausweisung mit den darin geltenden Schutzbestimmungen ist ein geeignetes Instrument, um Grundwasservorkommen langfristig normativ zu schützen und dauerhaft einen guten Zustand des Grundwassers i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik - WRRL - vom 23.10.2000 und - speziell das Grundwasser betreffend - der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung vom 12.12.2006 zu gewährleisten. Dem dienen in besonderem Maße die Schutzbestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung - SchALVO - vom 20.2.2001 (GBl. S. 145), die gemäß § 2 Abs. 1 SchALVO für Wasserschutzgebiete gilt und auf deren Geltung die WSV in § 2 ausdrücklich hinweist. Deren Zweck besteht gerade darin, zum Schutz von Rohwässern der öffentlichen Wasserversorgung deren Belastungen zu minimieren. Im Übrigen ist das aus dem Brunnen III gewonnene Grundwasser nach Aufbereitung zur Trinkwasserverwendung geeignet.
52 
3. Der unter Schutz gestellte Grundwasserkörper ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
53 
a) In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens in qualitativer oder quantitativer Hinsicht befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
54 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG a.F.). Deshalb bedurfte es bei Erlass der Verordnung nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 - ZfW 1981, 87 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 - NVwZ-RR 1997, 609/610; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 18). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor pathogenen Mikroorganismen, die infolge landwirtschaftlicher Bodennutzung, gewerblicher Tätigkeiten oder durch Wohnbebauung in das Grundwasser gelangen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a WG a.F. Rn. 17). Zudem haben das GLA und das LGRB in ihren Gutachten und Stellungnahmen nachvollziehbar ausgeführt, dass die bisherige Abgrenzung des Wasserschutzgebietes, insbesondere der Zone II, zum Schutz der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vor Schadstoffen nicht mehr ausreicht. Dies hat auch die Antragstellerin substantiiert nicht in Zweifel gezogen.
55 
Der Umstand, dass die Schutzzone II nicht nach der 50-Tage-Linie bemessen ist, die die in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser - LAWA - erarbeiteten Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, e.V. - DVGW - für Trinkwasserschutzgebiete; Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser, Technische Regel - DVGW-Arbeitsblatt W 101 vom Juni 2006 - grundsätzlich vorsehen, nimmt dem Wasserschutzgebiet nicht die Schutzbedürftigkeit. Denn nach den Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB geben die vorliegenden Daten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die vorhandene Bebauung im Westen des Gemeindegebiets der Antragstellerin, die in der 50-Tage-Linie liegt, bereits zu ständigen bakteriologischen Einträgen führten. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 26.9.2006 ausgeführt, es sei notwendig, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze des Ortsteils Steinen als Zone II als minimalen Schutz auszuweisen. Die hygienische Reinheit des Trinkwassers müsse ferner durch eine entsprechende Überwachung und die Aufbereitungsanlage im Wasserwerk garantiert werden. Zwar werde damit die grundsätzlich erforderliche Schutzzone, die sich aus der 50-Tage-Linie ergebe, nicht erreicht. Eine Schutzgebietsverordnung könne jedoch naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt des Wirksamwerdens vorfinde. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten im maßgebenden Aquifer. Die Erweiterung der Zone II bis hin an den westlichen Bebauungsrand stelle denjenigen Schutz dar, der unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten der noch größtmögliche Schutz sei.
56 
Gegenteiliges wäre fachlich nicht vertretbar, wie auch die weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. E. vom 26.9.2006 aufzeigt. Danach seien im Wasser des Brunnens III des Öfteren, im Brunnen II gelegentlich bakteriologische Belastungen festgestellt worden. Es werde davon ausgegangen, dass Uferfiltrat des (nördlich gelegenen) Steinenbachs zu den Brunnen fließe. Nach dem Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 und den dort als Anlage enthaltenen Grundwassergleichenpläne sowie den Auswertungen der Firma Hydrodata 1999 fließe das Grundwasser im Bereich der Brunnen in etwa von Ost nach West. Ein erheblicher Teil des Grundwassers im W. bestehe nach den hydrochemischen Befunden aus kurzfristigem und langfristigem Uferfiltrat der (südlich der Brunnen parallel zur B 317 fließenden) Wiese. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei im W. nur von untergeordneter Bedeutung. Die bestehenden hohen Abstandsgeschwindigkeiten ergäben sich aus einem Färbversuch aus dem Jahre 1970. Die große Diskrepanz zwischen den berechneten und den mit dem Markierungsversuch gemessenen Fließgeschwindigkeiten hätten ihre Ursache in dem inhomogenen Aufbau der Talfüllung des W.s. Offensichtlich seien geringmächtige besonders durchlässige Gerölllagen verantwortlich für sehr schnelle Fließwege. Die Berechnungen zeigten, dass die Zone II bis an den Rand der bestehenden Bebauung, und, bedingt durch die Entnahme im Brunnen I, auch in den Randbereich der Bebauung reiche. Die relativ geringe Abhängigkeit der Größe der Zone II von der Entnahmerate beruhe auf den generell hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten im K. des W.s. Vor diesem Hintergrund werde vorgeschlagen, den noch verbleibenden unbebauten Bereich von den Brunnen bis zur derzeitigen Bebauungsgrenze von Steinen als Zone II auszuweisen. Eine weitere Verringerung des Abstands der Bebauung zu den Brunnen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Fließgeschwindigkeiten, auch unter sehr hohen Auflagen eine Erhöhung des Gefährdungspotentials bedeuten.
57 
Die Tatsache, dass die vorhandene Bebauung für das Trinkwasservorkommen bisher zu keinen Problemen geführt hat, hat den Antragsgegner erkennbar veranlasst, die Schutzzone II nicht entsprechend der 50-Tage-Linie festzusetzen. Denn auch eine vorhandene Ortsbebauung oder Gewerbenutzung, die bei nachträglichen Wasserschutzgebietsfestsetzungen grundsätzlich eigentumsrechtlichen Bestandsschutz genießen, schließen es grundsätzlich nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch entsprechende zusätzliche Verbote und Beschränkungen zu verhüten (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.1.2008 - 22 N 04.3471 - juris). Das - die Interessen der Antragstellerin im Rahmen des fachlich Vertretbaren insoweit berücksichtigende - Vorgehen des Landratsamts L. ist nicht zu beanstanden. Die Verkürzung der 50-Tage-Linie entspricht den Vorgaben der DVGW-Richtlinie W 101 (vgl. Nr. 4.3.1 und - insbesondere bei Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis - Nr. 4.3.2; siehe hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris). Dass diese Vorgehensweise auch im vorliegenden Fall fachlich vertretbar ist, weil die Schutzwürdigkeit des Grundwasservorkommens damit nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, hat Dr. S. vom LGRB als Vertreter der Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
58 
Andererseits kann hieraus nicht - wie die Antragstellerin meint - der Schluss gezogen werden, dass eine weitere nach Westen ausgreifende Bebauung gleichfalls keine Gefährdung darstelle. Denn der Wasserschutzgebietsverordnung geht es vor allem darum, künftige Gefährdungen - insbesondere in der Zone II - auszuschließen. Ebenso wie Dr. E. in seinen oben angeführten Stellungnahmen hat auch Dr. S. in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die DVGW-Richtlinie W 101 überzeugend ausgeführt, dass jegliche Bebauungen - insbesondere gewerbliche Grundstücksnutzungen - ein starkes Risikopotenzial für das geschützte Trinkwasserreservoir darstellten. Nach Tabelle 1 Nr. 1 und Nr. 4 zur DVGW-Richtlinie W 101 stellten die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und neuer Baugebiete in der Zone II ein hohes Gefährdungspotenzial dar. Diese lägen vor allem in der Verminderung von Deckschichten. Weitere besondere Gefahrenquellen stellten insbesondere die Bauphasen und Kanalisationsanlagen auch bei Einhaltung erhöhter Anforderungen an Material und Dichtigkeit dar.
59 
Der mit einem Hinweis auf die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 8.1.1997 verbundene Einwand der Antragstellerin, die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ könnten unter Zulassung von baulichen Nutzungen auch durch Auflagen geschützt werden, geht fehl. Sie übersieht, dass die in der genannten Verordnung getroffenen Regelungen den Bereich bereits bestehender Bebauungspläne und Anlagen betreffen und somit Ausdruck des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG sind. Die Schutzgebietszone II der angefochtenen WSV ist indessen - mit Ausnahme eines landwirtschaftlichen Hofes - frei von Bebauung und liegt gerade nicht im räumlichen Geltungsbereich von Bebauungsplänen der Antragstellerin.
60 
b) Die Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ist vorliegend auch räumlich - hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets - gegeben. Denn insoweit erfordert der Schutz des Grundwassers im Hinblick auf die öffentliche Trinkwasserversorgung die in der Wasserschutzgebietsverordnung festgesetzte Gebietsabgrenzung.
61 
In räumlicher Hinsicht gebietet das Kriterium der Erforderlichkeit bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürfen, die im Einzugsbereich der zu schützenden Wasserversorgung, etwa einer Trinkwassergewinnungsanlage, liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nachteilige Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. (§ 51 Abs. 1 WHG) ein Wasserschutzgebiet überhaupt festgesetzt werden kann, müssen demnach für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412; BVerwG Beschl. v. 23.1.1984 - 4 B 157.83 u.a. - ZfW 1984, 294; Beschl. v. 30.9.1996 - 4 NB 31.96 - u.a. NVwZ 1997, 887; Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
62 
Der Normgeber muss deshalb die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. seiner Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind daher häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem, zumutbarem Aufwand nicht zu schließen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichnet sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; BayVGH, Urt. v. 5.2.2007 - 22 N 06.2838 - ZfW 2008, 158; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 45, Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 46; Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 51 WHG Rn. 42).
63 
Die angefochtene Verordnung ist nach diesen Maßgaben auch in der räumlichen Abgrenzung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht zu beanstanden. Sowohl das GLA in seinem hydrologischen Abschlussgutachten zur Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets einschließlich der vorgesehenen Schutzzonen I - III für die Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ vom 26.10.1989 und seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 15.7.1992 und 21.10.1992 als auch das LGRB in seinen Gutachten vom 24.9.2004, 14.11.2005, 21.9.2006, 26.9.2006 und 24.10.2007 haben unter Berücksichtigung der hydrogeologischen-hydraulischen Gegebenheiten und in ausführlicher Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen nachvollziehbar und folgerichtig die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets dargelegt.
64 
Das GLA und das LGRB haben sich dabei zu Recht an dem als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ herangezogenen DVGW-Arbeitsblatt W 101 orientiert. Diese „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind; sie sind mithin also eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG a.F. und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 WG a.F. Rn. 46f; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 70; Kotulla, WHG, § 51 Rn. 25 ff.; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 58; Schwind, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 51 Rn. 63 f.).
65 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen vermögen die überzeugenden gutachterlichen Aussagen des GLA und des LGRB nicht in Frage zu stellen. Weder enthalten diese offen erkennbare Mängel oder gehen von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, noch weisen sie unlösbare Widersprüche auf. Auch bestehen an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Fachgutachter keinerlei Zweifel (vgl. zu diesen Kriterien bei der Beurteilung von Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen BVerwG, Beschl. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris; Urt. v. 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 - juris).
66 
aa) Der Einwand der Antragstellerin, die vom Antragsgegner herangezogenen Gutachten und Stellungnahmen des GLA und des LGRB seien veraltet und deshalb nicht mehr verwertbar, trifft nicht zu. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich die hydrogeologischen Verhältnisse seit Erstellung des Abschlussgutachtens des GLA vom 26.10.1989 geändert hätten, hat das LGRB in seiner Stellungnahme vom 24.9.2004 mit überzeugenden Gründen verneint. Weder die Änderung der Bebauungssituation noch die Erhöhung des Versiegelungsgrades führten dazu, dass sich die unterirdischen Fließverhältnisse änderten. Im W. finde ein dauernder Austausch von Wiese-Wasser und Grundwasser statt. Ein erheblicher Teil des Grundwassers bestehe somit aus Uferfiltrat der Wiese. Hinzu kämen der Randzustrom vom Festgestein in den Talkieseaquifer und der Zustrom aus den Nebentälern des W.s. Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag sei daher für das Grundwasserdargebot im W. nur von untergeordneter Bedeutung.
67 
bb) Auch mit der von der Antragstellerin geforderten Erstellung eines numerischen Grundwassermodells hat sich das LGRB auseinandergesetzt und nachvollziehbar ausgeführt, dass zum einen die Datengrundlage für die Abgrenzung der Schutzzone ausreichend sei. Der Markierungsversuch sei nach den auch heute noch gültigen Regeln von Wissenschaft und Technik durchgeführt worden und gut dokumentiert. Die Ergebnisse des Färbversuchs aus dem Jahre 1970 seien nach wie vor gültig. Zum anderen sei ein numerisches Grundwassermodell für Mehrbrunnenanlagen nicht zwingend erforderlich. Ferner hätten für die Erstellung eines numerischen Grundwassermodells weitere Grundwassermessstellen eingerichtet und hydrochemische Untersuchungen im Hinblick auf die Uferfiltratanteile von Steinenbach und Rohrbach durchgeführt werden müssen. Neue Erkenntnisse bzw. eine Änderung der flächenhaften Ausdehnung der Schutzzone II seien indes auch durch die geforderte Erstellung eines numerischen Grundwassermodells nicht zu erwarten. Diesen umfangreichen fachbehördlichen Stellungnahmen ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten.
68 
cc) Der Hinweis der Antragstellerin, im Gutachten des LGRB vom 24.11.2005 (Dokumentation des Färbversuchs aus dem Jahre 1970) werde der Vorschlag gemacht, eine zusammenfassende neue hydrogeologische Bearbeitung des W.s eventuell unter Einbeziehung des schweizerischen Wassergewinnungsgebietes „Lange Erlen“ durchzuführen, nimmt die weiteren Ausführungen in dieser und der ergänzenden Stellungnahme nicht zur Kenntnis. Denn dieser Vorschlag bezieht sich zum einen auf das gesamte W.. Zum anderen führt Dr. E. vom LGRB in seiner Stellungnahme vom 21.9.2006 aus, dass eine neue Bilanzierung des Wasserhaushalts des gesamten W.s - zwar - wünschenswert wäre, aber für die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die „W.B.“ nicht maßgebend sei. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass nach den neu überprüften Ergebnissen fundierte Unterlagen zur hydrogeologischen Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „W.B.“ vorlägen.
69 
dd) Soweit die Antragstellerin die Vermutung äußert, dass die Schutzzone II im Süden allein deshalb in der ausgewiesenen Abgrenzung erfolgt sei, damit die geplante Neutrassierung der Landesstraße 138 - unter Wegfall der jetzt vorhandenen Straßenführung - in die Schutzzone III zu liegen komme, bleibt sie jegliche greifbare Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen bei der fachbehördlichen Abgrenzung und ihr folgend der Festsetzung durch das Landratsamt L. schuldig. Im Übrigen haben sowohl der Vertreter der Fachbehörde Dr. S. vom LGRB wie auch die Vertreter des Beklagten überzeugend ausgeführt, dass die geplante Neutrassierung der L 138 weder in der Schutzzone III noch in der Schutzzone II eine Gefährdung für das zu schützende Grundwasservorkommen im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ darstellen würde. Denn beim Bau und dem Betrieb dieser Straße wären die fachlich bewährten Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) - Ausgabe 2002 - zu beachten. Diese von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung von Vertretern der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e.V. (ATT) aufgestellten Richtlinien bieten aufgrund der dort für die Schutzzone II und III vorgesehenen Schutzmaßnahmen (vgl. nur Nrn. 4.2, 5.3, 5.4 und insbesondere Nrn. 6.2 und 6.3) eine Gewähr dafür, dass eine Grundwasserbeeinträchtigung nicht zu besorgen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.5.2008 - 1 C 10511/06 - juris; Bay.VGH, Urt. v. 27.10.2006 - 22 N 04.2609 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.7.2002 - 5 S 2715/01 - ZLW 2004, 160). Gegenteiliges wird auch von der Antragstellerin nicht behauptet.
70 
4. Der Senat bejaht auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der „W.B. I - III“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers.
71 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 - jeweils m.w.N; Sieder/Zeitler/Dah- me, WHG, § 19 WHG a. F. Rn. 5; Czychowski, a.a.O., Rn. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets auch unter diesem Blickwinkel nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urt. v. 12.9.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 26.11.2009 u. v. 2.12.2009, a.a.O. m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467).
72 
Nach Maßgabe dessen vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.
73 
a) Die Planungshoheit der Antragstellerin wird durch die angefochtene Verordnung nicht unverhältnismäßig betroffen.
74 
Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen (vgl. hierzu die Schutzbestimmungen unter §§ 3 ff. WSV). Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen.
75 
Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160; Beschl. v. 15.4.2003 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116; Urt. v. 9.2.2005 - 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813; Urt. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259; Beschl. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 - UPR 2009, 236). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 - 7 CN 1.04 - BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung insbesondere BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 181; zur dieser Situationsgebundenheit vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1982 - 5 S 1359/81 - DVBl 1983, 639).
76 
Die Antragstellerin hat in Reaktion auf die geplante Wasserschutzgebietsausweisung während des Verwaltungsverfahrens eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, in dem Bau- und Mischgebiete in der zu diesem Zeitpunkt bereits geplanten und nachfolgend auch festgesetzten Schutzzone II dargestellt werden. Dieser Flächennutzungsplan erlangte aber mangels Genehmigung des Landratsamts L. insoweit keine Wirksamkeit. Die Antragstellerin hat gegen diese - teilweise - Versagung der Genehmigung ihres geänderten Flächennutzungsplans keinen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Die Verfügung des Landratsamts L. vom 29.5.2006 ist daher bestandskräftig geworden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine konkretisierte und verfestigte Planung in dem oben genannten Sinn nicht festzustellen. Eine weitere durch die angefochtene Verordnung nachhaltig gestörte Planung hat die Antragstellerin nicht dargelegt (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast der Gemeinde bezüglich ihrer konkreten Planung BVerwG, Beschl. v. 15.4.2004 - 7 BN 4.02 - NVwZ 2003, 1116).
77 
b) Selbst wenn im Hinblick auf den Flächennutzungsplan der Antragstellerin von einer konkretisierten und verfestigten Planung im vorgenannten Sinne auszugehen wäre, weil die Antragstellerin auch nach Versagung der Genehmigung dieses Plans an ihren ursprünglichen Vorstellungen festhalten möchte, rechtfertigte dies keine andere Beurteilung. Denn auch in diesem Fall führte die von der Antragstellerin befürchtete Verkürzung ihrer gemeindlichen Entwicklungschancen nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in ihre kommunale Planungshoheit, weil dieser Belang vorliegend gegenüber den konkreten Bedürfnissen der Trinkwasserversorgung zurücktreten müsste.
78 
Die Antragstellerin unterliegt insoweit einer besonderen Situationsgebundenheit, als auf ihrem Gemarkungsgebiet ein bedeutender Grundwasservorrat vorhanden ist, der auch für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist und auf den die Stadt L. zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung angewiesen ist. Mit Blick auf den in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 6.11.2013 - 9 A 9.12 - juris m.w.N.) zu berücksichtigenden Grundsatz der Priorität ist darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Wasserschutzgebietsausweisung das Gemarkungsgebiet der Antragstellerin nicht erstmals betroffen ist. Vielmehr wurde bereits 1977 zum Schutz des Grundwassers im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen I bis III im Gewann „W.B.“ ein Wasserschutzgebiet festgesetzt. Ferner lagen bereits lange vor der geänderten Flächennutzungsplanung insbesondere im Hinblick auf das Abschlussgutachten des GLA vom 26.10.1989 hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuabgrenzung des bereits festgesetzten Wasserschutzgebiets - insbesondere der Zone II - mit einer deutlichen Erweiterung auf die im Westen der Antragstellerin liegende Gemarkung geplant war. Denn gerade in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin Schritte zur Änderung ihres Flächennutzungsplans unternommen. Ferner hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, bei ihrer gemeindlichen Entwicklung zwingend gerade auf die Flächen, die nunmehr in der Schutzzone II liegen, angewiesen zu sein.
79 
Zudem verbleiben der Antragstellerin auch Räume für die weitere ortsplanerische Gestaltung. In der Schutzzone III, in die weite Teile des Gemarkungsgebiets der Antragstellerin fallen, ist nach § 3 WSV die Ausweisung von Baugebieten und die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben grundsätzlich zulässig. Da die Schutzzonen I und II westlich der bebauten Ortslage liegen, stehen der Antragstellerin auch weiterhin nördlich, östlich und südlich hiervon Gemeindeflächen zur weiteren Entwicklung zur Verfügung.
80 
c) Der bei einer Wasserschutzgebietsverordnung zugrundegelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer Wasserschutzgebietsverordnung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden. Es ist also nicht zu prüfen, ob der Träger der Wasserversorgung einen Brunnen auch an anderer Stelle mit gleichem Erfolg hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
81 
Nach den Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen des GLA und des LGRB sowie der Stellungnahme der badenova vom 25.9.2007, die für die Stadt L. die Wasserversorgung durchführt, gibt es im Übrigen zu den Trinkwasserbrunnen I - III im Gewann „W.B.“ keine Alternative. Gegenteiliges wird von der Antragstellerin zwar behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang hat die Fachbehörde insbesondere auch den Vorschlag der Antragstellerin auf Verschiebung der Brunnen zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Brunnen I bis III der „W.B.“ in einem Bereich mit optimaler Aquifermächtigkeit und somit optimaler Ergiebigkeit abgeteuft seien, so dass ein beliebiges Verschieben der Brunnenstandorte nicht möglich sei. Ferner könnten Quellen nicht zu 100 % genutzt werden, da noch ein Mindestabfluss für die Oberflächengewässer vorhanden sein müsse. Ein neuer Tiefbrunnen in westlicher/nordwestlicher Richtung Hauingen ergebe aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers und der zurzeit minimalen Abgrenzung der Zone II für deren Längsausdehnung keine Änderung. Eine Aufgabe des Brunnens I scheide aus Gründen der quantitativen Sicherstellung der Grundwasserförderung aus. Ein vollständiger Ersatz könne weder durch Umverteilung auf die Brunnen II und III der „Wilden Brunnen“ noch durch Erhöhung der Entnahmen aus dem Tiefbrunnen „Im Grütt“ erfolgen. Der Brunnen III weise periodisch bakteriologische Belastungen mit coliformer Bakterien auf und könne deshalb nicht konstant genutzt werden. Auch bei dem Tiefbrunnen II seien zuweilen - wenn auch in deutlich geringerem Umfang - bakteriologische Belastungen feststellbar. Der Tiefbrunnen I im Gewann „W.B.“ sei derjenige, welcher aus trinkwasserhygienischer Sicht unproblematisch sei und der ein sehr gutes Wasserdargebot habe. Diesem komme deshalb eine wesentliche Bedeutung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zu.
82 
d) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 2 bis 6 WSV i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen vorsieht und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412) - in § 7 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 26.6.2002 - 22 N 01.2625 - ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.5.2004 - 8 S 471/03 - n.v.).
83 
e) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III (vorliegend mit der weiteren Unterteilung der Zone III in Teilfläche 1 und 2) und ihre Abgrenzung folgt schließlich den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in dem DVGW-Arbeitsblatt W 101 aufgeführt sind (siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3, S. 6 ff.; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 6.5.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991) und die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen „Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen“ (Belzenkötter u.a., Hannover 1984).
84 
Das GLA und das LGRB haben diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - berücksichtigt; auch die WSV trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
85 
Entgegen der Meinung der Antragstellerin besteht für eine darüber hinausgehende Abwägung im Sinne des Planungsrechts - wie eingangs dargestellt - kein Raum.
86 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
88 
Beschluss vom 19. März 2014
89 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG (i.V.m. mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 [NVwZ 2004, 1327], Nr. 9.8.2 [in entsprechender Anwendung]) auf 60.000,-- EUR festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.11.2009 - 3 S 140/07 - juris = ESVGH 60, 248 [Ls.]; Urt. v. 2.12.2009 - 3 S 170/07 - NuR 2010, 659).
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Tenor

Der Antrag, die Rechtsverordnung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes in den Gemarkungen Sinzig (Stadt Sinzig), Niederbreisig, Oberbreisig und Rheineck (Verbandsgemeinde Bad Breisig), Kreis Ahrweiler vom 9. November 2011 zugunsten der beigeladenen Stadt Sinzig für unwirksam zu erklären, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung seitens des Antragsgegners und der Beigeladenen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn diese nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsverordnung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord über die Festsetzung des Wasserschutzgebiets „Goldene Meile“ zugunsten der beigeladenen Stadt Sinzig in den Gemarkungen Sinzig (Stadt Sinzig), Niederbreisig, Oberbreisig und Rheineck (Stadt Bad Breisig).

2

Im nördlichen Bereich der Rheinaue zwischen Sinzig und Bad Breisig lag das 1977 festgesetzte Wasserschutzgebiet „Goldene Meile (alt)“, dessen Regelungen 2007 außer Kraft traten. Durch eine vorläufige Anordnung des Antragsgegners wurde das Trinkwasseraufkommen auch für die Zeit danach geschützt. Unmittelbar südlich schloss sich das 1984 festgesetzte und von seiner Geltungsdauer bis 2014 befristete Wasserschutzgebiet „Am Maar“ zugunsten der Verbandsgemeinde Bad Breisig an. Die Vorplanungen für eine Neuausweisung begannen 2006. Dabei stellte sich insbesondere heraus, dass die bestehenden Anlagen in Bad Breisig umfangreich saniert werden mussten. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde entschieden, zukünftig eine gemeinsame Trinkwassergewinnung sowohl für Sinzig als auch für Bad Breisig und die übrigen Orte der vorgenannten Verbandsgemeide aus den im Gemarkungsgebiet der Beigeladenen gelegenen Brunnen „Niederau“ der Stadtwerke Sinzig vorzunehmen. Zu diesem Zweck wurde neben den bereits vorhandenen drei Wasserquellen ein weiterer Brunnen gebohrt. Im Juni 2009 schloss die Beigeladene mit der Verbandsgemeinde Bad Breisig einen Wasser-lieferungsvertrag. Seit Februar 2011 wird Bad Breisig durch die Stadtwerke Sinzig aus den neuen Brunnen versorgt. Insgesamt hatte man zu diesem Zeitpunkt laut einer Presseinformation der rheinland-pfälzischen Landesregierung rund 3,3 Millionen Euro in die erforderlichen Anlagen investiert, wobei Fördermittel in Form eines zinslosen Darlehens in Höhe von 1,65 Millionen Euro gewährt worden waren.

3

Die am 21. November 2011 durch Veröffentlichung im Staatsanzeiger Rheinland-Pfalz in Kraft getretene Rechtsverordnung vom 9. November 2011 führte zu einer erheblichen räumlichen Erweiterung des unter Schutz gestellten Gebiets, das nunmehr erstmals auch das gesamte Stadtgebiet von Niederbreisig umfasst und eine Größe von 1023,33 ha hat. Es ist in die Schutzzonen I (Fassungsbereich), II (engere Schutzzone), III A, III B und III S (weitere Schutzzone) gegliedert und wird im Osten durch das Rheinufer begrenzt.

4

Der Festsetzung des Wasserschutzgebiets liegt maßgeblich die Grundwasser-modelluntersuchung der Firma H... Ingenieurgesellschaft mbH (H...) vom Februar 2010 sowie die „Fachtechnische Begründung der Wasserschutzzonen II und III und Beschreibung der Zone I“ des Büros W… und B… GmbH vom März 2010 zugrunde. Weiterhin holte der Antragsgegner mehrere Stellungnahmen des Landesamts für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz ein und erläuterte im Juni 2011 bzw. Oktober 2011 in einem „Verbotskatalog“ die einzelnen Schutz-anordnungen

5

Dem Erlass der angegriffenen Rechtsverordnung ging ferner ein Verfahren gemäß § 122 Landeswassergesetz – LWG – in der hier maßgebenden Fassung vom 22. Januar 2004 voraus: Die Beigeladene und die Verbandsgemeinde Bad Breisig legten den Entwurf der Rechtsverordnung mit den dazu gehörenden Plänen vom 4. April bis zum 3. Mai 2011 aus. Bei der ortsüblichen Bekanntmachung und Auslegung wurde auf die am 17. Mai 2011 ablaufende Einwendungsfrist und auf den damit verbundenen Einwendungsausschluss hingewiesen. Außerdem erfolgte ein gesondertes Behördenbeteiligungsverfahren. Die Antragstellerin erhob vor Ablauf der Frist Anregungen und Bedenken. Am 6. September 2011 fand in Sinzig ein Erörterungstermin statt, den die Antragstellerin durch ihren Stadtbürgermeister und ihre Verfahrensbevollmächtigten wahrnahm. Die Einwendungen konnten dort nicht ausgeräumt werden. Unter dem 7. November 2011 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihre vorgetragenen Anregungen und Bedenken der Ausweisung des Wasserschutzgebiets nicht entgegenstünden.

6

Ihren am 19. November 2012 gestellten Antrag auf gerichtliche Normenkontrolle begründet die Antragstellerin wie folgt:

7

Vorliegend könne nicht von einer Schutzfähigkeit des Grundwasservorkommens ausgegangen werden. Der Antragsgegner verkenne bereits den Prüfungsrahmen, weil er den Gesichtspunkt einer verhältnismäßigen Belastung Dritter von vorn-herein ausgeblendet habe. Darüber hinaus sei das Wasserschutzgebiet fehlerhaft abgegrenzt worden. Dies gelte zunächst im Hinblick auf die Zone II. Gerügt werde, dass der Antragsgegner zu hohe Entnahmemengen zugrunde gelegt habe. Sein Vorgehen und die von ihm getroffenen Feststellungen seien zudem konstruiert, um auf diese Weise zu einem gewünschten Ergebnis zu gelangen. Weiterhin habe das Rheinufer – ebenso wie bei der Begrenzung der Zone III − nicht als östliche Abgrenzung gewählt werden dürfen, da dies den Mindestanforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W 101 widerspreche. Sowohl eine Verlegung der Gewinnungsanlagen als auch eine mögliche Versorgung des Gebiets der Verbands-gemeinde Bad Breisig durch Anschluss an den benachbarten Wasserversor-gungszweckverband Maifeld-Eifel sei zu Unrecht nicht geprüft worden, obwohl so unverhältnismäßige Belastungen hätten vermieden werden können. Auch die Vergrößerung der südlichen Abgrenzung über 260 Meter hinaus widerspreche den einschlägigen Richtlinien. Vor allem habe der Antragsgegner die Schutzzone III durch die Einbeziehung des gesamten Stadtgebiets von Niederbreisig zu weit in südlicher Richtung ausgedehnt. Die hierzu gegebene fachtechnische Begründung des Büros Wasser und Boden halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu beanstanden seien des Weiteren die in der Rechtsverordnung enthaltenen Schutzanordnungen. Belastbare Gefahrenanalysen und vertretbare Risikobewertungen seien nicht vorgenommen worden. Hier hätte insbesondere näher untersucht werden müssen, ob sich das abstrakte Gefährdungspotenzial zu einer „mehr oder weniger“ konkreten Gefahr verdichtet habe und eine Beschränkung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes notwendig sei. Einzelne Verbote seien zudem nicht hinreichend bestimmt, nicht nachvollziehbar und willkürlich. Insgesamt würden die Regelungen in unangemessener Weise in das Eigentum und die Berufsfreiheit der im Wasserschutzgebiet ansässigen Betriebe und Privatpersonen sowie in ihr Selbstverwaltungsrecht und in ihre Planungshoheit eingreifen. So falle ins Gewicht, dass die drei größten Gewerbebetriebe in der Zone III A faktisch mit einem Bauverbot belegt würden und keine neuen Gewerbegebiete mehr ausgewiesen werden könnten. Aus den Schutzanordnungen des Wasserschutzgebiets „Koblenz-Urmitz“ (Rechtsverordnung vom 12. Dezember 2013) folge, dass differenzierte Verbote auch für diese Zone ausreichend seien. Schließlich habe der Antragsgegner Vorgaben des Regionalen Raumordnungsplans Mittelrhein-Westerwald ignoriert.

8

Die Antragstellerin beantragt,

9

die Rechtsverordnung über die Festsetzung eines Wasserschutz-gebietes in den Gemarkungen Sinzig (Stadt Sinzig), Niederbreisig, Oberbreisig und Rheineck (Verbandsgemeinde Bad Breisig), Kreis Ahrweiler, für die Brunnen I – IV Niederau, Sinzig, Wasserschutz-gebiet „Goldene Meile“, zugunsten der Stadt Sinzig, Kirchplatz 5, 53489 Sinzig, für unwirksam zu erklären.

10

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,

11

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

12

Sie treten den Darlegungen der Antragstellerin mit eigenen Ausführungen ent-gegen.

13

Der Antragsgegner verweist darauf, dass das Wasserschutzgebiet ein bedeutendes und ergiebiges Grundwasservorkommen im nördlichen Bereich des Landes Rheinland-Pfalz schütze. Ausgehend von der Annahme, dass die Antragstellerin im Normenkontrollverfahren nur diejenigen Verbote zur Überprüfung stellen dürfe, von denen sie auch tatsächlich betroffen sei, könne sie sich hier nur auf eine Beschränkung ihrer kommunalen Planungshoheit berufen. Dabei sei der Umfang der gerichtlichen Kontrolle auf diejenigen Teile beschränkt, von denen der jeweilige Antragsteller auch tatsächlich betroffen und in eigenen Rechten verletzt werde. Der Vorwurf, er – der Antragsgegner − habe eine alternative Versorgungsmöglichkeit nicht hinreichend in Betracht gezogen, gehe schon deshalb ins Leere, weil durch die geschützten Brunnen auch das Stadtgebiet der Beigeladenen versorgt werde. Die Abgrenzung der einzelnen Schutzzone sei fehlerfrei erfolgt und entspreche den Regelungen des DVGW-Arbeitsblattes W 101. Eine Einbeziehung von Teilen des Einzugsgebiets des Rheins sei weder praktikabel noch geboten. Die Ausdehnung der Schutzzone III im Zustrombereich beruhe darauf, dass es sich bei der Niederterrasse um einen zusammenhängenden Grundwasserleiter handele, der bis südlich von Bad Breisig reiche und instationäre Verhältnisse aufweise. Unterlegt werde diese Annahme durch einen Schadensfall innerhalb der Ortslage von Bad Breisig, der wahrscheinlich ursächlich für die Ausbreitung von Schadstoffen bis in die Fassungsanlagen „Niederau“ gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei für die Rechtmäßigkeit der in die Rechtsverordnung aufgenommenen Verbote ausschließlich das Vorliegen eines abstrakten Gefährdungspotenzials maßgebend. Die einzelnen Verbotstatbestände enthielten zwar Eingriffe in Grundrechte und in die kommunale Planungshoheit, sie seien jedoch zum Schutz des Trinkwasservorkommens zulässig und insbesondere nicht unverhältnismäßig.

14

Die Beigeladene teilt die Ansicht des Antragsgegners und trägt vor, die fest-gesetzte Gebietsabgrenzung sei rechtlich nicht in Zweifel zu ziehen. Zwar müsse ein Normgeber unter Berücksichtigung der Eigentumsgarantie sowie weiterer rechtlicher Interessen möglicherweise Betroffener die örtlichen Gegebenheiten in Rechnung stellen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen, dies sei vorliegend jedoch geschehen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichne sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Deshalb begegne es keinen Bedenken, dass sich der Antragsgegner mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt habe.

15

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. April 2014 Beweis erhoben zu der Frage, ob der Antragsgegner die Schutzzone III des Wasserschutzgebiets im Hinblick auf den südlich der Brunnen I bis IV Niederau gelegenen Bereich der Niederterrasse unter Beachtung der hydrogeologischen Gegebenheiten und der fachlichen Grundsätze für die Ausweisung von Wasserschutzgebieten zutreffend festgelegt hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. C… T…, B…. und P…, Beratende Ingenieure GmbH, vom 14. Januar 2015, die ergänzende Stellungnahme vom 16. April 2015 sowie die mündlichen Erläuterungen des Gutachters im Verhandlungstermin vom 8. Oktober 2015.

16

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands ergeben sich aus dem Inhalt der Gerichtsakte mit den zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen, aus den Akten des Antragsgegners (3 Hefte und 14 Ordner) betreffend den Erlass der angegriffenen Wassergebietsschutzverordnung sowie aus der Gerichtsakte des Verfahrens 1 C 10845/13.OVG. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

17

18

Der Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Normenkontrolle hat keinen Erfolg.

19

I. Gegen seine Zulässigkeit bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

20

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 4 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung − AGVwGO – ist der Normenkontrollantrag statthaft; die angegriffene Rechts-verordnung unterfällt nicht der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO. Ins-besondere kann die Antragstellerin geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit als Teilaspekt des der Antragstellerin zustehenden Rechts auf kommunale Selbstverwaltung im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG – erscheint jedenfalls mit Rücksicht auf die beträchtliche Ausdehnung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht von vornherein ausgeschlossen; dieses umfasst überschlägig betrachtet zwischen 40 und 50 Prozent des Gemeindegebiets und die Hälfte der bebauten Ortslage von Niederbreisig, sodass negative Auswirkungen auf planerische Gesichtspunkte nicht von der Hand zu weisen sind. Vor allem berühren das Verbot, in den Schutzzonen – zum Teil beschränkt auf bestimmte Nutzungsarten – neue Baugebiete im Rahmen der Bauleitplanung auszuweisen, sowie die Beschränkungen für die Errichtung und Erweiterung baulicher Anlagen die Belange der Antragstellerin negativ, weil sie für die ortsplanerische und bauliche Entwicklung einschränkende Vorgaben beinhalten (zur Ableitung der Antragsbefugnis aus der gemeindlichen Planungshoheit vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2000 − 1 C 12087/98.OVG –, ESOVGRP).

21

II. In der Sache ist das Begehren der Antragstellerin jedoch unbegründet. Hinsichtlich des Prüfungsumfangs ist dabei dem Charakter eines Normenkontrollantrages als objektives Beanstandungsverfahren Rechnung zu tragen. Anders als bei sogenannten Individualklagen in Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO genügt bereits das Bestehen einer Antragsbefugnis gegenüber einer in der Norm getroffenen Regelung unter einem bestimmten Aspekt, wie hier, um – im Rahmen des Streitgegenstandes − eine umfassende Überprüfung der Rechtmäßigkeit auch in Bezug auf solche Bestimmungen herbeizuführen, bezüglich derer subjektive Rechte des jeweiligen Antragstellers nicht beeinträchtigt sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 47 Rn. 50).

22

Allerdings sind von der Rechtskontrolle solche Aspekte auszuklammern, die einer Präklusion gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 2 Landeswassergesetz – LWG – in der hier maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 2004 (GVBl. 2004, S. 54) unterliegen. Das bedeutet, dass wegen Umständen, für die der Einwendungsausschluss zur Anwendung kommt, nicht mehr im Wege der gerichtlichen Normenkontrolle die Unwirksamkeit der Verordnung festgestellt werden kann. Das Landesrecht schränkt insoweit den Prüfungsmaßstab des Oberverwaltungsgerichts ein (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2005 – 1 C 10258/04.OVG –, ESOVGRP). Hieran hält der Senat auch weiterhin fest.

23

Zwar ist im Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Urteils noch nicht abschließend geklärt, welche Auswirkungen das beim Europäischen Gerichtshof anhängige Vertragsverletzungsverfahren C-137/14 auf die Beibehaltung von Präklusionsvorschriften hat (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH vom 21. Mai 2015). Für den vorliegenden Fall ist sein Ausgang jedoch nicht relevant. Gegenstand des von der Europäischen Kommission eingeleiteten Verfahrens ist die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland durch die Einführung einer Präklusion nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten – UmwRG – und § 73 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG gegen Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten – UVP-Richtlinie −) sowie gegen Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) – IED-Richtlinie – verstoßen hat. Die UVP-Pflicht gilt jedoch nur für Projekte (vgl. hierzu die Legaldefinition in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a UVP-RL: Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen, sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen). Im Übrigen beinhaltet die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets wegen des damit verbundenen Schutzzwecks keinen Eingriff in Natur- und Landschaft. Darüber hinaus ist vorliegend auch keine industrielle Tätigkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 1 IED-Richtlinie gegeben.

24

Dies vorausgeschickt hält die Verordnung einer rechtlichen Nachprüfung stand.

25

Formelle Fehler sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Die von der Antragstellerin erhobenen materiell-rechtlichen Einwendungen unterfallen teilweise einem Einwendungsausschluss und liegen darüber hinaus insgesamt nicht vor.

26

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) – WHG – i.d.F. der Bekanntmachung vom 31. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2585) können Wasserschutzgebiete unter anderem festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, ein Gewässer – wozu gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG auch das Grundwasser gehört – im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung dann, wenn das Wasservorkommen schutzbedürftig, schutzwürdig und schutzfähig ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2005 – 1 C 10358/04. OVG – m.w.N., ESOVGRP). Wasserschutzgebiete werden von der oberen Wasserbehörde festgesetzt, wobei nach Schutzzonen gestaffelte Verbote, Beschränkungen und Duldungspflichten angeordnet werden können (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 LWG).

27

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze sind hier erhebliche Rechtsfehler des Antragsgegners bei der Festsetzung des Wasserschutzgebiets „Goldene Meile“ nicht ersichtlich.

28

1. Die Schutzbedürftigkeit des in Rede stehenden Grundwasservorkommens zum Zweck der Trinkwasserversorgung ist gegeben. Hierfür reicht es aus, dass das Wasservorkommen aus qualitativen Gründen für die Trinkwasserversorgung überhaupt brauchbar ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2000 –1 C 12087/98.OVG –, ESOVGRP). Davon ist auszugehen, da drei der Brunnen schon seit Jahrzehnten Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Beigeladenen gewesen sind und Wasser geliefert haben, das nach seiner Menge und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (siehe hierzu Stellungnahme des Landesamts für Geologie und Bergbau vom 20. April 2010). Da auch die Antragstellerin selbst die Schutzwürdigkeit sowohl quantitativ als auch qualitativ bejaht, sieht der Senat von weiteren Darlegungen ab.

29

2. Auch die Schutzbedürftigkeit steht nicht in Frage. Es ist vernünftigerweise geboten, abstrakte Gefährdungen für das Trinkwasser vorsorglich auszuschließen. Ein konkreter Nachweis eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts ist nicht notwendig. Vielmehr genügt ein Anlass, um typischerweise gefährdende Situationen zu begegnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 1980 − 4 C 89.77 –, BayVBl. 1980, 759). Das unter Schutz gestellte Gebiet liegt in einem Areal mit teilweise intensiven Nutzungen und lediglich sehr gering bis gering ausgebildeten Deckschichten in der Niederterrasse des Rheins. Es bedarf daher grundsätzlich der Inschutznahme des quellennahen Teils des Einzugsgebiets, um abstrakte Gefährdungen vorsorglich auszuschließen, wie sie etwa durch die Neuerrichtung baulicher Anlagen oder durch die großräumige Verletzung der schützenden Deckschichten entstünden. Die Antragstellerin zieht die Schutzbedürftigkeit ebenfalls nicht in Zweifel.

30

3. Ferner ist die Schutzfähigkeit des festgesetzten Wasserschutzgebiets gegeben. Davon ist auszugehen, wenn das Grundwasservorkommen ohne unverhältnismäßige Belastungen Dritter vor störenden Einwirkungen geschützt werden kann. Eingriffe in der Form von Schutzgebietsverordnungen müssen demnach geeignet sein, das angestrebte Schutzziel zu erreichen, sie müssen erforderlich im Sinne des geringsten Eingriffs sein, und sie müssen dem Grundsatz der Ver-hältnismäßigkeit im engeren Sinn entsprechen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. März 2000, a.a.O.; siehe auch Kerkmann in Jeromin/Prinz, Kommentar zum LWG/WHG, § 13 LWG/§ 19 WHG Rn. 42).

31

a) Soweit die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner habe den Prüfungsumfang verkannt, weil er den einschränkenden Zusatz „ohne verhältnismäßige Belastung Dritter“ ausgeblendet habe, trifft dies nicht zu, weil dieser sich mit den zahlreichen Einwendungen inhaltlich auseinandergesetzt und in eine konkrete Güterabwägung eintreten ist. Namentlich erfolgte eine ausführliche Würdigung der Anregungen und Bedenken der Betroffenen, wie sich den an sie ergangenen Mitteilungen vom 7. November 2011 entnehmen lässt.

32

b) Anders als die Antragstellerin meint, steht der Erforderlichkeit der Schutzgebietsausweisung nicht entgegen, dass eine Verlegung der Gewinnungsanlagen sowie ein Anschluss an den Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel nicht in Erwägung gezogen worden sei. Ungeachtet dessen, dass dieser Vortrag dem Einwendungsausschluss unterliegt, durfte der Antragsgegner bei der Festsetzung des Wasserschutzgebiets von den vorhandenen, in Betrieb befindlichen Brunnen Niederau ausgehen. Dies ergibt sich schon aus der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG enthaltenen Formulierung, wonach gerade auch die „bestehende“ öffentliche Wasserversorgung zu schützen ist. Die bei einer Ausweisung vorgefundene und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzte Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann deshalb im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in der Regel nicht in Frage gestellt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Dezember 2009 – 3 S 170/07 –, NuR 2010, 659).

33

Selbst wenn man aber der Auffassung ist, dass wegen des Eigentumsschutzes Betroffener nach Art. 14 GG nicht ohne weiteres von den vorhandenen Brunnenstandorten ausgegangen und auf eine alternative Prüfung nicht verzichtet werden kann, gilt dies nur dann, wenn eine sich aufdrängende alternative Trinkwassererschließung mit zumutbarem Aufwand hätte ernsthaft in Betracht gezogen werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 29. Dezember 2011 – 22 N 08.190 –, BayVBl. 2012, 500). Das ist hier nicht der Fall.

34

Eine räumliche Verlegung der Brunnen innerhalb des nunmehr bestehenden Erschließungsgebiets scheitert daran, dass eine solche Verschiebung zum einen die Gefahr einer deutlichen Reduzierung der Zuflussmengen entsprechend der in Bad Breisig zwischenzeitlich aufgegebenen Brunnen „Am Maar“, zum anderen den Zufluss verstärkt nitrat- und sulfatbelasteter Grundwässer aus den Festgesteinsbereichen mit sich gebracht hätte (vgl. Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

35

Aber auch die Prüfung eines Zusammengehens mit dem Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel musste sich dem Antragsgegner angesichts von drei funktionsfähigen Brunnen mit einem ausgebauten Leitungsnetz nicht aufdrängen. Ungeachtet dessen fällt insoweit entscheidend ins Gewicht, dass die Beigeladene und die Verbandsgemeinde Bad Breisig 2009 einen Wasserlieferungsvertrag geschlossen haben und der Antragsgegner laut unwidersprochen gebliebener Angabe des Bürgermeisters der vorgenannten Verbandsgemeinde im Termin zur mündlichen Verhandlung die Leistung von Zuwendungen in Millionenhöhe von einem gemeinsamen Versorgungssystem zwischen seiner Gebietskörperschaft und der Beigeladenen abhängig gemacht hat. Ohne diese Zuschüsse wäre die Sicherung der Trinkwasserversorgung für die beteiligten Träger dieser Aufgabe aber kaum finanzierbar gewesen. Die der Ausweisung zugrunde liegende Standortfrage sowie das Versorgungskonzept waren damit vor Erlass der Rechtsverordnung bereits abschließend geklärt, ohne dass vonseiten der Antragstellerin oder der Verbandsgemeinde Bad Breisig auch nur geltend gemacht wurde, dagegen rechtzeitig Bedenken erhoben zu haben.

36

c) Die Festlegung der Grenzen der einzelnen Schutzzonen genügt den an die Erforderlichkeit zu stellenden Anforderungen. Der hierzu erfolgte Vortrag der Antragstellerin ist deshalb – unbeschadet eines teilweise gegebenen Rügeverlustes − schon aus sachlichen Erwägungen unbeachtlich. Bezüglich dieser Bewertung geht der Senat von folgenden allgemeinen Kriterien aus:

37

Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG die flächenmäßige Ausdehnung eines Wasserschutzgebiets als erforderlich angesehen werden kann, müssen für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1984 – 4 B 157/83 und 4 B 158/83 –, BayVBl. 1984, 371). In ein Wasserschutzgebiet dürfen nur solche Grundstücke einbezogen werden, die im Einzugsbereich der zu schützenden Trinkwasserbrunnen und -quellen liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten aufgrund eingehender Prüfung der örtlichen Verhältnisse Einwirkungen auf das zu schützende Grundwasser ausgehen können. Der örtliche Normgeber muss die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. der einzelnen Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind mit verhältnismäßigen, dem konkreten Konflikt angemessenen, zumutbaren Aufwand nicht zu schließen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die zuständige Behörde bzw. der Verordnungsgeber bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt, soweit diese auf wasserwirtschaftlichen und hydrogeologischen Fakten beruhen, und sich bei der Grenzziehung an in der Natur äußerlich erkennbaren Linien und an topografischen Gegebenheiten orientiert (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Mai 2008 − 1 C 10511/06.OVG –, juris).

38

Bei der Abgrenzung kommen den durch Runderlass des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten vom 12. Juni 1963 (MinBl., S. 657) für verbindlich erklärten „Richtlinien für die Einrichtung von Schutzgebieten für Trinkwassergewinnungsanlagen (Trinkwasserschutzgebieten)“ von 1953 (jetzt: die als Arbeitsblatt W 101 veröffentlichten „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ von 2006) des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) e.V. – DVGW-Arbeitsblatt W 101 – eine wesentliche Bedeutung zu. Diese Richtlinien weisen keine Rechtsnormqualität auf. Sie stellen lediglich technische Regeln dar, die jedoch kraft eines qualifizierten Erfahrungsschatzes als „antizipierte Sachverständigengutachten“ bei der Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe zugrunde gelegt werden können (siehe OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. September 1989 − 10 C 42/88.OVG –, NVwZ-RR 1990, 126 m.w.N.). Danach sind Wasserschutzgebiete grundsätzlich in drei Zonen einzuteilen: den Fassungsbereich zum unmittelbaren Schutz der Fassungsanlage (Zone I), die engere Schutzzone (Zone II) zur Abhaltung vor allem von Verunreinigungen durch pathogene Mikroorganismen (z. B. Bakterien, Viren, Parasiten und Wurmeier) und die weitere Schutzzone (Zone III) zur Vermeidung weitreichender Beeinträchtigungen, insbesondere von nicht oder nur schwer abbaubaren chemischen oder radioaktiven Verunreinigungen. Vor diesem Hintergrund wird der mit der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets verfolgte Zweck grundsätzlich dann in geeigneter Weise erreicht, wenn die Maßnahme den Richtlinien entspricht oder aber eine Abweichung durch erkennbare, sachlich gebotene Gründe angezeigt erscheint.

39

Die Antragstellerin kann weder mit Erfolg geltend machen, der Antragsgegner habe zu Unrecht das östliche Rheinufer als Grenze des Wasserschutzgebiets festgesetzt, noch sich darauf berufen, bei der Abgrenzung der beiden Schutzzonen II und III seien im Übrigen hier relevante Rechtsfehler begangen worden.

40

aa) Der Umstand, dass das Schutzgebiet an den Rhein grenzt, stellt seine Schutzfähigkeit nicht in Frage. Dies folgt zweifelsfrei nicht nur aus den fachbehördlichen Stellungnahmen des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 17. Oktober 2011 und vom 30. April 2013, sondern auch aus den beiden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. T... vom 14. Januar und vom 16. April 2015 sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin vor dem Senat.

41

Demzufolge sind die Brunnen im Wasserwerk „Goldene Meile“ in den wasserdurchlässigen, ca. 20 m mächtigen Kiesen und Sanden der Niederterrasse des Rheins verfiltert. Der größte Teil des nutzbaren Dargebotes stammt an diesem Standort südlich der Ahrmündung aus dem Uferfiltrat des Rheins. Die klimatisch und fördertechnisch erzeugten Höhenunterschiede zwischen den Wasserspiegeln im Rhein und im Niederterrassengrundwasserleiter lösen im Fall des Wassergewinnungsgebietes Niederau eine Influenz aus, deren Ausmaß durch die hydraulische Durchlässigkeit der Sohl- und Böschungsschichten des Flusses und der angrenzenden Terrassenablagerungen gesteuert wird. Im Nachgang zu einem Unfall in der Chemieanlage der Firma Sandoz im Jahr 1986 wurde ein Verbund-forschungsvorhaben zur Sicherheit der Trinkwassergewinnung aus Rheinuferfiltrat durchgeführt, dessen Ergebnisse von H. Sontheimer 1991 publiziert wurden. Daraus ergeben sich auch auf die Brunnen im Wasserwerk Niederau übertragbare Resultate:

42

Die Infiltration des Rheinwassers erfolgt meist in einem breiten Infiltrationsbereich im Bereich des Hauptstromstriches; der geringste Anteil fließt über die Uferböschung in den Grundwasserleiter. Dadurch wird bei der Vermischung unterschiedlich alter Infiltratanteile bereits in unmittelbarer Flussnähe ein Konzentrations-ausgleich ausgelöst. Durch die geologisch bedingten Schichtungsunterschiede in einem pleistozänen Terrassenaquifer kommt es darüber hinaus zu unterschied-lichen Fließzeiten zu den Brunnen. Die Ankunft verschiedener alter und beschaffener Wässer am Brunnen erhöht die Effizienz des Konzentrationsausgleichs. Aufgrund der unterschiedlichen standörtlichen und räumlichen Durchlässigkeiten der geologischen Schichten unterstützt die Dispersion außerdem diesen Ausgleich. Ferner wirken in der Bodenpassage Adsorptions- und Assimilationsvor-gänge auf den Prozess des biologischen Abbaus von gut eliminierbaren Stoffen ein. Die unmittelbare Infiltrationszone im Flussland stellt sich insgesamt als laufend selbstreinigender „Langsamfilter“ dar, in dem Feststoffe und Kolloide sowie Mikroorganismen festgehalten, organische Wasserinhaltsstoffe mikrobiell oxidiert und schließlich eliminiert werden. Diese Abbauprozesse sind nach wenigen Metern Fließstrecke für die überwiegende Anzahl der organischen Stoffe abgeschlossen. Ein weiterer Faktor für den Konzentrationsausgleich ist die Mischung von Uferfiltrat und landseitigem Grundwasser, das aus der Grundwasserneubildung und aus Zuflüssen tributärer Einzugsgebiete stammt. Hierbei ist häufig die Belastung des landseitigen Grundwassers mit bestimmten Wasserinhaltsstoffen, wie z. B. Nitrat oder Sulfat (Härte), aufgrund vielfältiger Einflüsse durch die Landnutzung und Besiedlung größer als im Uferfiltrat.

43

Belegt wurden diese Ergebnisse durch Untersuchungen an Grundwasser-messstellen und Brunnen rheinnaher Wasserwerke in Nordrhein-Westfalen, im Labor des DVGW-Technologiezentrums Wasser in Karlsruhe sowie durch Modellrechnungen der dortigen Universität. Hinzu kommen noch Langzeitmessungen des Chloridgehalts im Rhein, der durch den werktäglichen Rhythmus der Ein-leitung kalisalzhaltiger Wässer hervorgerufen wird. In diesem Kontext stellte Sontheimer fest, dass in rheinnahen Grundwassermessstellen der typische FünfTagewoche-Gang der Chloridgehalte, der im Rhein noch eindeutig identifizierbar ist, im Uferfiltrat nicht mehr nachgewiesen werden kann. Da Chlorid als konservativer Tracer nicht abgebaut, sondern nur verdünnt werden kann, eignet sich dieser Wasserinhaltsstoff typischerweise für eine verallgemeinerungsfähige Betrachtung von Konzentrationsausgleichsprozessen.

44

Die starke Dämpfung dieser Konzentrationssignale bestätigt auch die Beobachtungen, die bei der Stoßbelastung in Folge des Chemieunfalls bei der Firma Sandoz gemacht wurden. Es wurde, unterstützt durch Modellrechnungen mit Worst-Case-Szenarien, abgeleitet, dass bei zeitlich begrenzten Stoßbelastungen, wie Chemieunfällen oder Tankerunglücken auf dem Rhein, die Misch- und Ausgleichsvorgänge nicht nachhaltig gestört oder ausgesetzt werden. Zum Durchbruch von Anteilen einer Störstoffkonzentration aus dem Fluss in den brunnennahen Grundwasserleiter kann es nur bei Dauerbelastungen und bei Belastungen mit Chemikalien kommen, die in der Bodenpassage nicht vollständig abgebaut werden (z. B. organische Sporenstoffe, sog. Xenobiotika, wie Arzneimittelrückstände etc., etwa aus undichten Kanälen oder Kläranlagenabläufen). Daher liegt das Hauptaugenmerk beim Wasserschutz von Uferfiltratwasserwerken und bei der Wasseraufbereitung dort auf den schwer oder langsam abbaubaren organischen Stoffen.

45

Für den Wasserschutz am Wasserwerk Niederau bedeutet dies nach den einleuchtenden und vom Senat geteilten Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen, dass hier durch die Nähe zum Rhein und den damit verbundenen Prozess der Uferfiltration keine besonderen Gefährdungen des Trinkwassers zu besorgen sind, was durch die vorliegenden Wasseranalysen aus den Brunnen bestätigt wird.

46

Die gegen diese fachliche Bewertung gerichteten Rügen greifen nicht durch.

47

Soweit die Antragstellerin im Hinblick auf die östliche Abgrenzung der Zone II beanstandet, es werde die nach Nr. 4.3.1 DGVW-Arbeitsblatt W 101 als äußeres Bemessungskriterium zugrunde zu legende 50-Tages-Linie nicht eingehalten, ist sie mit diesem Vorbringen bereits präkludiert.

48

Davon abgesehen wird insoweit nicht hinreichend in Rechnung gestellt, dass bei komplexen hydrogeologischen Verhältnissen Ersatzkriterien herangezogen werden können (vgl. Nr. 4.1 DVGW-Arbeitsblatt W 101). Solche Ersatzkriterien sind zum Beispiel mächtige Überdeckungen oder geologische Schichten mit einem bestimmten Retentionspotential für mikrobiologische Partikel. Im vorliegenden Fall der Wassergewinnungsanlage Niederau ist dies gerade – wie der gerichtliche Sachverständige plausibel dargelegt hat − die Uferfiltratzone des Rheins, in der nach Sontheimer der wesentliche Abbau von Stoffen und die Zurückhaltung von Partikeln stattfinden. Die Grenzziehung der Zone II bis an den Rhein widerspricht deshalb in keiner Weise den Vorgaben des technischen Regelwerks und ist dementsprechend als regelkonform zu bezeichnen. Schon aus diesen Gründen überzeugt die Argumentation der Antragstellerin mithin nicht. Jedenfalls rechtfertigen die im Gutachten angeführten Erwägungen eine Abweichung von den Grundsätzen des Arbeitsblatts.

49

Der vorstehenden Einschätzung steht weiterhin nicht entgegen, dass die das Grundwasser überdeckenden Schichten der Niederterrasse eine geringe Mächtigkeit und eine hohe Durchlässigkeit haben. Insofern hat der Sachverständige überzeugend erläutert, dass die sog. Deckschichten – als geologische Ablagerungen über dem Terrassengrundwasserleiter – nur dann als Abgrenzungskriterium für die Zonen II und III herangezogen werden können, wenn sie eine reduzierte Durchlässigkeit gegenüber dem Grundwasserleiter aufweisen, wovon hier aber nicht auszugehen ist. Insofern besteht ein Unterschied zwischen dem Prozess der Uferfiltration und der Schutzwirkung der Kolmationsschicht auf der einen und der Funktion der Deckschichten auf der anderen Seite. Beim erstgenannten Fall handelt es sich, wie angesprochen, um einen langsamen Filterprozess, der stetig abläuft, während der zuletzt genannte Tatbestand durch eine periodische Sickerwasserbildung gekennzeichnet ist, die durch den Niederschlag und die Durchlässigkeit der Böden gesteuert wird (unstetiger Prozess). Ein Wasseraustausch findet primär über die Gewässersohle in der Fahrrinne bzw. über die Uferpassage statt. Die Filtrationswirkung der Kolmationsschicht am Flussufer darf deshalb nicht verwechselt werden mit der Barrierewirkung grundwasserüberdeckender Schichten oberhalb des Terrassengrundwasserleiters.

50

Vor allem musste die Schutzgebietsgrenze aus fachlicher Sicht nicht auf der rechten Uferseite angesetzt werden. Allerdings existiert nach den Erläuterungen des Gutachters Prof. Dr. T… am Niederrhein eine Praxis, auch die Uferbereiche oder Teile des Flusses mit in eine Schutzzone einzubeziehen. Hierbei gehe es in der Regel um eine 50 m breite Zone bezogen auf die Mittelwasserlinie, die mit Ankerverboten belegt sei. Begründet werde dies mit der Vorsorge zur Vermeidung einer Beschädigung der Kolmationsschicht durch Schiffsschrauben oder Schiffsbewegungen (Wellengang). Die Ausweisung einer solchen „Sonderzone Rhein“ basiere auf den besonderen schifffahrtstechnischen Randbedingungen und den Mäanderschleifen in der Industriezone Rhein-Ruhr (Warteposition von Schiffen). Eine vergleichbare Situation besteht im vorliegend zu beurteilenden Rheinuferbereich mangels möglicher Ankerplätze indes nicht.

51

bb) Die mit der Antragsbegründung gegen die räumliche Abgrenzung der Schutzzonen II und III weiterhin vorgebrachten Argumente sind ebenfalls nicht stichhaltig.

52

(1) Soweit die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren die Ausdehnung der Schutzzone II in Frage stellt, ist sie mit ihrem Vortrag präkludiert. Aber auch in der Sache sind ihre Rügen unberechtigt.

53

Dass der Antragsgegner bei der Modellierung der Schutzzone und der Errechnung des Wasserbedarfs mit mehr als 7 Millionen m³ pro Jahr eine zu hohe Ent-nahmemenge angenommen haben soll, ist nicht richtig. Interne Berechnungen im Vorfeld weisen lediglich im Hinblick auf eine nachhaltige wasserwirtschaftliche Vorsorge für die gesamte umliegende Region unter Einbeziehung der Bedürfnisse der umliegenden Gebietskörperschaften Remagen, Grafschaft, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Zweckverband Eifel-Ahr und Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel einen derartigen Bedarf aus (vgl. E-Mail des Referenten für Grundwasser und Wasserversorgung bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 26. Februar 2008). Die Bedürfnisse der benachbarten Körperschaften wurden jedoch nicht realisiert und flossen damit auch nicht in die Überlegungen des Antragsgegners ein (vgl. dazu auch die negativen Antworten der zuletzt genannten Träger der Wasserversorgung auf die Abfrage eines möglichen Bedarfs aus der zweiten Jahreshälfte 2008). In Ansatz gebracht wurde tatsächlich ein zukünftiger Wasserbedarf für das geplante Versorgungsgebiet in Höhe von maximal 2,3 Millionen m³ pro Jahr. Dieser errechnet sich im Wesentlichen aus einer angestrebten Entnahme von 1,92 Millionen m³ pro Jahr und einem Zuschlag von 20 Prozent, um höhere Spitzenentnahmen im Sommer zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen die fachtechnische Begründung vom März 2010 in Anlehnung an die Grundlagendaten des Modells der Firma H... (H...); siehe auch die Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

54

Dass der Antragsgegner versucht haben könnte, unter Anwendung von Worst-Case-Annahmen eine zu groß bemessene Schutzzone II zu rechtfertigen, lässt sich nicht feststellen. Die Abbildung verschiedener, auch ungünstiger hydraulischer Zustände wurde nicht zur Herleitung einer überdimensionierten Ausdehnung dieser Zone verwandt, sondern diente vielmehr der notwendigen Abbildung und vollständigen Erfassung der wechselhaften Strömungszustände. Zu diesem Zweck mussten namentlich auch die Pegelstände des Rheins und der Ahr mitbetrachtet werden, da sie als Modellränder benötigt wurden. Vor allem sind die Einflüsse der Wasserstände des Rheins auf die hydraulischen Zustände prägend und durften daher nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich lagen aus dem Untersuchungsgebiet Porösitätswerte anhand ungestörter Bodenproben kaum vor und konnten deshalb, wie die sog. Leakage-Werte, vielfach lediglich abgeschätzt werden (vgl. zu allem Landesamt für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

55

Im Einzelnen plausibel und nach den Vorgaben des DVGW-Arbeitsblatt W 101 begründet ist auch die südliche Ausdehnung der Zone II. Ausgangspunkt der Grenzziehung war insoweit eine geohydrauliche Betrachtung, die eine berechnete theoretische Abstandsgeschwindigkeit von 260 m pro 50 Tage ergab. Nach der sog. Zylinderformel wurde die 50-Tages-Linie sodann in einem mittleren Abstand von 224 m angesetzt (vgl. fachtechnische Begründung, S. 33, 35). Jedoch waren neben den theoretischen Bemessungen durch die Modellsimulation (Einhüllende) und der überschlägigen Plausibilitätsprüfung mit der Zylinderformel die geologischen Verhältnisse mit Rinnenstrukturen und ähnlichen Heterogenitäten des Untergrundes zu berücksichtigen. Allen vorangegangenen rechnerischen Ermittlungen des Antragsgegners lag nämlich denknotwendig die Annahme zugrunde, dass flächendeckend gleichmäßige Untergrundverhältnisse vorherrschen. Die Auswertung von ca. 80 vorhandenen Bohraufschlüssen hat jedoch eindeutig belegt, dass im Untersuchungsgebiet eine Rinnenstruktur im Untergrund besteht, die den früher direkt nach Norden gerichteten Flussverlauf nachzeichnet (vgl. S. 13 der fachtechnischen Begründung).

56

Weiter ist davon auszugehen, dass diese Rinnen, die nicht genau lokalisierbar sind, erhöhte Durchlässigkeiten aufweisen (vgl. Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013 und des Antragsgegners vom 17. Juli 2013). Gemäß Nr. 4.3.1 Abs. 6 DVGW-Arbeitsblatt W 101 ist eine Vergrößerung der Zone II zur Erreichung des hygienischen Schutzschilds bei Hinweisen auf heterogene Strukturen im Grundwasserleiter mit besonders hochduchlässigen Fließwegen, wie hier, indes notwendig. Dass eine Vergrößerung der Zone II nur bei einer Bestimmung der 50-Tage-Linie durch Markierungsversuche in Betracht kommt, ist den Richtlinien nicht zu entnehmen. Die Vergrößerung einer abgeschätzten bzw. errechneten oder nummerisch modellierten 50-Tage-Linie ist, wenn erforderlich, nicht allein auf der Grundlage von Tracer-Versuchen möglich. Das technische Regelwerk bestimmt nur für den Fall einer solchen Ermittlung die weitere Vorgehensweise (vgl. Landesamt für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013). Andere Methoden, wie wissenschaftlich begründete Modellsimulationen, werden dadurch nicht ausgeschlossen.

57

Entscheidend ist regelmäßig die Erreichung des Schutzziels. Weist der Untergrund aufgrund in sich stimmiger fachbehördlicher Aussagen eine erhöhte Durchlässigkeit auf, so ist es sachlich geboten, diesem Umstand durch eine größere Ausdehnung der Zone II Rechnung zu tragen. Nach allem ist die Annahme der Antragstellerin, die Schutzzone reiche über die 50-Tage-Linie hinaus, irrig, da nicht die Schutzzone II über diese Linie vergrößert wurde, sondern die lediglich modelltechnisch ermittelte 50-Tage-Linie selbst aufgrund der hydrogeologischen Gegebenheiten (modelltechnisch nicht abbildbare Heterogenitäten) vergrößert werden musste (vgl. Landesamt für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

58

(2) Die Bestimmung der weiteren Grenzen der Zone III des Wasserschutzgebiets genügt ebenfalls den fachlichen Anforderungen. Dies gilt namentlich für die Erweiterung nach Süden.

59

Nach dem technischen Regelwerk (DVGW-Arbeitsblatt W 101 Nr. 4.4) reicht die Zone III in der Regel bis zur Grenze des unterirdischen Einzugsgebiets der Wassergewinnungsanlage. Oberirdisch dort hinein entwässernde Flächen können zusätzlich einbezogen werden. Der Abgrenzung sind grundsätzlich die wasserrechtlich genehmigte Jahresentnahme und die langfristig mittleren hydrologischen Ver-hältnisse zugrunde zu legen. Kann das unterirdische Einzugsgebiet bei komplexen hydrogeologischen und hydraulischen Verhältnissen nicht sicher abgegrenzt werden, sind bei der Abgrenzung des Einzugsgebiets der Fassungsanlage begründete Näherungslösungen heranzuziehen. Bei stark schwankenden Grundwasserständen ist zur Bemessung des Grundwasserschutzgebiets zu untersuchen, ob statistische Werte für niedrige und hohe Grundwasserstände Berücksichtigung finden müssen. Dabei sind hydrologisch extreme Verhältnisse nur dann bei der Einzugsgebietsabgrenzung in Ansatz zu bringen, wenn das Grundwasser aus zum Beispiel nur temporär in das Einzugsgebiet entwässernden Bereichen die Fassungsanlage tatsächlich erreicht.

60

In der Regel nimmt die Gefährdung des zu fördernden Grundwassers bei zu-nehmender Verweilzeit ab, weshalb je nach Standortbedingungen eine Unter-teilung der Schutzzone III in die Zonen III A und III B vorgenommen werden kann. Ggf. kommen auch weitere Unterteilungen in Betracht. Nach dem technischen Regelwerk ist die Unterteilung der Zone III in einer bestimmten Entfernung von der Fassungsanlage vor allem für Fassungen mit einem schmalen, langestreckten Einzugsgebiet mit gut bestimmbarer Einströmrichtung geeignet. Bei einer starken Variation der Fließzeiten von Punkten mit gleichem Abstand zur Fassung kann die Orientierung der Grenze der Zone III A/B anhand von Isochronen (Linien gleicher Fließgeschwindigkeit des Grundwassers im Untergrund; vgl. auch die vorgenannten 50-Tage-Linien) erfolgen. Welche Isochrone der Abgrenzung der Zone III A zugrunde gelegt wird, ist hier allerdings – anders als bei der Abgrenzung der Zone II – nicht durch das Regelwerk vorgegeben, sondern muss im Einzelfall begründet entschieden werden (so zusammenfassend Gutachten Prof. Dr. T… vom 14. Januar 2015).

61

Davon ausgehend ist vorliegend in Rechnung zu stellen, dass das unterirdische Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlage Niederau durch den zusammen-hängenden und flächig verbreiteten Porengrundwasserleiter der Niederterrasse dominiert wird. Nach Norden erfolgte die Abgrenzung anhand der 10-Jahres-Isochronen für mittlere und hydraulisch trockene Verhältnisse, da hier gemäß den Modellrechnungen keine räumliche Varianz der Isochronen auftrat (Ausbildung einer quasi-stationären Trennstromlinie). Nach Westen erweiterte man die Zone um das oberirdische Einzugsgebiet, soweit es durch kanalisierte Ableitungen in den Rhein hydraulisch nicht von der Niederterrasse entkoppelt ist. Nach Süden dehnte der Antragsgegner die Zone schließlich bis zum Südrand der Nieder-terrasse südlich von Bad Breisig über die im Norden angesetzte 10-Jahres-Isochrone des instationären Modells der Firma H… aus (siehe Gutachten Prof. Dr. T… vom 14. Januar 2015).

62

Die zwischen den Beteiligten umstrittene Vergrößerung des unterirdischen Einzugsgebiets in südlicher Richtung ist nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme von fachlichen Grundsätzen gedeckt und hält sich daher ebenfalls im Rahmen des dem Antragsgegner zustehenden Gestaltungsspielraums.

63

Dass der Antragsgegner nicht alle einschlägigen Regelungen des DVGW-Arbeitsblattes W 101 konsequent umgesetzt und zutreffend angewendet hat, ist unschädlich.

64

Der gerichtliche Sachverständige weist insofern darauf hin, dass die Verwendung einer angenommenen 10-Jahres-Isochrone, die eine zeitlich definierte Abfolge extremer Trockenwettersituationen, wie im Jahr 2003 real gemessen, simulieren sollte, als Grundlage für die Abgrenzung des unterirdischen Einzugsgebiets aus wissenschaftlicher Sicht nicht konsistent sei. Denn die Wahl eines 10-Jahres-Zeitraums sei wissenschaftlich weder durch die Daten der vergangenen Niederschlagsjahre noch durch die Modellprognosen der aktuellen Klimaforschung abgesichert. Hinzu komme, dass die in der fachtechnischen Begründung der Firma W… und B… und im Schreiben des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013 angeführten LHKW- und Chloridnachweise im inzwischen aufgelassenen Wasserwerk „Am Maar“ keine wissenschaftlich verwertbaren Datengrundlagen für eine tatsachenorientierte Abgrenzung der südlichen Schutzzone III darstellten. Es handle sich um qualitative Hinweise, die lediglich eine Süd-Nord-Verlagerung im sich nach Norden erweiternden Talaquifer indizierten. Eine tatsächliche Ankunft dieser Stoffe in den Brunnen Niederau sei damit nicht vorhersehbar oder ableitbar.

65

Hierauf kommt es jedoch nicht an, da die Ausweisung der Schutzzone III im Ergebnis keine Rechtsverletzung beinhaltet. Denn es besteht gleichwohl eine empirische, hydrogeologisch begründbare Möglichkeit, dass das Grundwasser bei bestimmten Rheinwasserständen und Neubildungsverhältnissen, die nicht vorhersehbar sind, die Fassung der Wassergewinnungsanlage erreicht. Wegen der angesprochenen großmächtigen Überdeckung des Einzugsgebiets der Brunnen Niederau mit gering durchlässigen, retardierend wirkenden Deckschichten dringt bei einem Hochwasserereignis nämlich breitflächig Uferfiltrat in den Terrassenkörper von Süden nach Norden ein, das je nach Ereignis den gesamten Terrassenkörper des Rheins bis zum Festgebirgsrand im Westen ausfüllen kann. In den dadurch bedingten instationären Verhältnissen ist es unmöglich, dass sich ein stabiler Trennstromfaden im Terrassenkörper ausbildet. Dies hat zur Folge, dass der gesamte Terrassenkörper potentiell als Einzugsgebiet fungiert. Die Uferfiltratschicht wird im Hochwasserfall indes durch die Überflutung der Rheinaue problemlos überwunden. Da dadurch die Schutzfunktion der Uferfiltratschicht unwirksam wird, muss der Grundwasserschutz in der Fläche des Terrassenkörpers realisiert werden. Der Hochwasserfall stellt somit für den Terrassenaquifer diejenige Randbedingung dar, die für die Abgrenzung der Zone III maßgeblich ist. Da der Rheinhochwasserfall statistisch gesehen häufiger vorkommt als extreme Trockenperioden, ist eine Wahrscheinlichkeit gegeben, dass ein einmal in den Aquifer eingespeistes Wasserteilchen aus dem Süden im Norden an den Brunnen der Wassergewinnungsanlage Niederau ankommen kann. Ein Rückfluss in den Rhein ist vor allem aus den talrandparallelen Strömungen in den rheinferneren Rinnenstrukturen innerhalb der Terrassenablagerungen im Gegensatz zu den rheinnahen Aquiferbereichen nicht zwangsläufig zu erwarten (so im Einzelnen überzeugend Gutachten Prof. Dr. T… vom 15. Januar und 16. April 2015).

66

Der Vorwurf der Antragstellerin, der Sachverständige habe in der Stellungnahme vom 16. April 2015 einen kompletten Begründungsaustausch vorgenommen, wenn er nunmehr im Gegensatz zu seinen Ausführungen im Gutachten vom Januar 2015 behaupte, dass nicht Trockenperioden, sondern Hochwasserfälle das eigentliche Problem seien, ist unzutreffend (vgl. Gutachten vom 15. Januar 2015, S. 41, 42).

67

Auch bedurfte es keiner näheren Untersuchung des Gutachters zum Vorliegen eines Hochwasserfalls, da dieser über eine ausreichendes Erfahrungswissen verfügt, um zum Beispiel die Zahl der Hochwasserereignisse abzuschätzen. Weshalb hier eine Überarbeitung der Grundwassermodelluntersuchung notwendig gewesen sein soll, erschließt sich dem Senat ebenfalls nicht. Davon abgesehen würde der von weitergehenden Untersuchungen ausgehende Erkenntnisgewinn in keinem angemessenen Verhältnis zu den anfallenden Kosten stehen.

68

Die Behauptung, dass der nördlich des Wasserwerks „Am Maar“ in Ost-West-Richtung verlaufende und im Bereich der Niederterrasse versickernde sog. Simmerbach (andere Bezeichnungen: „Tiefpfad“ bzw. „Im Teufelsteingraben“; vgl. fachtechnische Begründung, S. 51) eine Sperrwirkung auf voller Breite der Niederterrasse entfalten soll, ist zu unsubstantiiert, um diesem Einwand näher nachzugehen. Darüber hinaus hat der Sachverständige im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass der Bach zwar die Grundwasserfließrichtungen im Terrassengrundwasserleiter beeinflusse, der Einfluss aber gegenüber dem Rhein, der aufgrund seiner größeren Wassermenge und Fließdynamik einen höheren hydrostatischen Druck auf den Grundwasserleiter ausübe, gering sei.

69

Soweit die Antragstellerin ferner anführt, der Sachverständige sehe die getroffene Abgrenzung keineswegs als zwingend an, wird übersehen, dass allein maßgebend ist, ob insofern fachliche Grundsätze beachtet worden sind, wovon hier gerade auszugehen ist.

70

Die Einbeziehung oberirdischer in das Einzugsgebiet entwässernder Flächen erfolgte ebenfalls rechtfehlerfrei (vgl. fachtechnische Begründung, S. 46 ff.). Für die in diesem Zusammenhang von der Antragstellerin erhobene Rüge, es hätte auch der Rhein nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, da dieser Wechselwirkungen entfalte und von der Niederterrasse hydraulisch nicht abgekoppelt werden könne, besteht kein Raum. Aus den im Einzelnen aufgezeigten Gründen sind solche Wirkungen nicht festzustellen.

71

Präkludiert und darüber hinaus unerheblich sind die von der Antragstellerin vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der Festsetzung der nördlichen Grenze der Schutzzone III, die der Antragsgegner ebenfalls in Übereinstimmung mit fachtechnischen Grundsätzen definiert hat. Dass diese im Vergleich zur bisherigen Ausdehnung des Schutzgebiets nicht mehr bis zur Ahr reicht, beruht auf neueren hydrogeologischen Erkenntnissen, die in der Modellierung der 50-Tages-Linie durch das Abgrenzungsgutachten ihren Niederschlag gefunden haben (siehe S. 32 der fachtechnischen Begründung; vgl. auch die mündlichen Erklärungen des Sachverständigen Prof. Dr. T… in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat).

72

c) Des Weiteren sind die in der Rechtsverordnung enthaltenen Schutzanordnungen rechtmäßig.

73

aa) Vorweg ist auch insoweit klarzustellen, dass die Ermächtigung zu einer Normsetzung gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG keine konkreten, sondern typische Gefährdungssachverhalte erfasst, die erfahrungsgemäß zu Schäden führen können. Beschrieben wird also ausschließlich ein abstrakter Gefährdungstatbestand. Zwar kann nicht pauschal auf die Hinweise im DVGW-Arbeitsblatt. W 101 zurückgegriffen werden, eine Einzelfallprüfung, ob die darin aufgestellten Kriterien auch auf das Untersuchungsgebiet zutreffen, bleibt deshalb notwendig (vgl. auch OVG Saarland, Beschluss vom 22. April 1993 – 8 N 2/92 –, juris; gleichlautend Beschluss vom selben Tag – 8 N 3/92 –, ZfW 1994, 297). Diese Prüfung erfolgt aber wiederum nicht unter der Fragestellung, ob eine konkrete Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt anzunehmen ist, sondern anhand des vorbeschriebenen abstrakten Gefahrenbegriffs.

74

Überlegungen der Antragstellerin, das Vorliegen eines abstrakten Gefährdungspotentials im Rahmen eines von ihr sogenannten Drei-Stufen-Modells (vgl. Schriftsatz vom 9. Juli 2013) lediglich als Ausgangspunkt anzusehen (1. Stufe) und anschließend zu untersuchen, ob dieses sich zu einer „mehr oder weniger“ konkreten Gefahr verdichtet hat (2. Stufe) bzw. unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine Beschränkung notwendig ist (3. Stufe), sind demgegenüber nicht tragfähig. Die Antragstellerin übersieht, dass eine Rechtsverordnung ihrem Rechtscharakter gemäß lediglich generelle Regelungen treffen kann, so dass der Normgeber gezwungen und berechtigt ist, sich verallgemeinernd am Regelfall zu orientieren. Die Verallgemeinerungen müssen in diesem Zusammenhang auf einer möglichst weiten Beobachtung, die alle betroffenen Regelungstatbestände einschließt, aufbauen. Nur auf diese Weise kann ein möglichst lückenloser Schutz des Grundwassers überhaupt gewährleistet werden. Fehlende konkrete Gefährdungspotentiale sind ggf. im Rahmen der Prüfung einer Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG zu berücksichtigen.

75

An die sich daraus ergebenden Voraussetzungen hat sich der Antragsgegner gehalten, da die Festlegung der im Einzelnen untersagten Einrichtungen, Handlungen und Vorgänge auf der Grundlage der fachlichen Beurteilung der örtlichen Verhältnisse vorgenommen wurde (vgl. S. 1 des Verbotskatalogs vom Oktober 2011). Nur diese sind hier maßgebend. Ob die in anderen Wasserschutzgebieten ausgesprochenen Verbote differenzierter oder weniger belastend ausgestaltet sind, ist unerheblich.

76

bb) Der Antragsgegner hat ferner nicht dadurch inkonsequent oder sachwidrig gehandelt, dass bestehende und abstrakt gefährliche Anlagen von den Verboten ausgenommen worden sind (vgl. § 4 der Rechtsverordnung – RVO −). Eine bereits vorhandene Ortsbebauung oder Nutzung durch abstrakt gefährdende Anlagen schließt es nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch zusätzliche Verbote zu verhüten (vgl. BayVGH, Urteil vom 25. Januar 2008 − 22 N 04.3471 –, juris). So verhält es sich hier.

77

In der wasserwirtschaftlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2011 wurde abschließend eine zusammenfassende Bewertung mit dem Ergebnis vorgenommen, dass die bestehenden störenden Anlagen der Festsetzung des Wasserschutzgebiets nicht entgegenstehen. Zu diesem Zweck hat der Antragsgegner namentlich die im Wasserschutzgebiet ansässigen Betriebe nach der Landesverordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe – VAwS-Anlagen − vom 1. Februar 1996, soweit möglich, ermittelt und im Rahmen der Gefährdungsabschätzung nach abstrakt-generellen Kriterien rechtsfehlerfrei bewertet (vgl. Ordner I, Texte, IU.7).

78

Deswegen ist es nicht willkürlich, wenn die Rechtsverordnung etwa die Errichtung von neuen Abwassersammelgruben selbst in der Schutzzone III verbietet (vgl. Nr. III.21 RVO), für die vorhandene Grube eines Wassersportvereins in der Schutzzone II aber zumindest bis auf weiteres einen Bestandsschutz (vgl. § 4 RVO) vorsieht. Die in Nr. II.7 RVO aufgenommene Ausnahme von der Untersagung des Transports und der Lagerung wassergefährdender Stoffe im Fall der Andienung rechtmäßig bestehender Anlagen, darunter vor allem solche zum Zweck der Heizöllagerung (vgl. die Begründung im Verbotskatalog vom Oktober 2011), enthält nach allem ebenfalls keinen Rechtsverstoß. Darüber hinaus bewegt sich der Antragsgegner im Bereich einer zulässigen typisierenden Betrachtung, wenn er vom Verbot des Umgangs mit wassergefährdenden Stoffen im Sinne der Nr. III.22 RVO unter anderem eine Ausnahme im Hinblick auf Dieselkraftstoffe für land- und forstwirtschaftliche Betriebe macht und von einer gleichgelagerten Vergünstigung für (jegliche) gewerbliche Unternehmen absieht. Der Grad einer abstrakten Gefährdung des Grundwassers durch die in den Schutzzonen tätigen Betriebsinhaber von landwirtschaftlichen Hofstellen ist aufgrund ihrer überschaubaren Anzahl wesentlich geringer als sie wäre, wenn man generell sämtliche Gewerbebetriebe einbeziehen würde.

79

cc) Das gegen die rechtliche Wirksamkeit einzelner Schutzanordnungen gerichtete sonstige Vorbringen der Antragstellerin führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Namentlich ist auch keine Teilunwirksamkeit der betreffenden Regelungen gegeben.

80

(1) Die Planungshoheit der Antragstellerin aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG wird durch die in der angefochtenen Verordnung getroffenen Regelungen des § 3 RVO, darunter vor allem die Verbote zur Ausweisung und Erweiterung von Baugebieten (vgl. z. B. Nrn. III.2, III.16, III.35, die über Nrn. I.1 und II.1 auch in den Zonen I und II Anwendung finden), nicht unverhältnismäßig betroffen.

81

Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen. Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit liegt nur dann vor, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 –4 A 12.99 –, NVwZ 2001, 1160; Beschluss vom 15. April 2003 – 7 BN 4.02 –, NVwZ 2003, 1116; Urteil vom 9. Februar 2005 − 9 A 62.03 –, NVwZ 2005, 813; Urteil vom 15. Dezember 2006 – 7 C 1.06 –, BVerwGE 127, 259; Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 7 BN 4.08 –, UPR 2009, 236).

82

Auch bei der Ausweisung von mehr als der Hälfte der Fläche des Gebiets einer Gemeinde als Wasserschutzgebiet kann deshalb die kommunale Planungshoheit noch zutreffend in die bei der Festsetzung vorangegangene Abwägung der Festsetzungsbehörde eingestellt sein (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2000 – 1 C 12087/98.OVG –, ZfW 2000, 243). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urteil vom 22. Juli 2004 − 7 CN 1.04 –, BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung: BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 –, BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01 –, BVerwGE 118, 181; siehe VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. März 2014 − 3 S 280/10 –, juris).

83

Davon ausgehend ist zunächst festzuhalten, dass der Antragstellerin in dem außerhalb des Wasserschutzgebiets gelegenen Teil ihres 19,94 km² großen Gemeindegebiets die ortsplanerischen Möglichkeiten erhalten bleiben. Unabhängig davon wird ihr aber auch innerhalb des Geltungsbereichs der Rechtsverordnung nicht jede Planungsmöglichkeit genommen. So gilt ein Verbot der Ausweisung und Erweiterung von jeglichen Baugebieten nur in den Zonen I, II und III A, während in der weiträumigen Zone III B nur eine auf Gewerbegebiete bezogene Untersagung gilt. Dort können also bei Beachtung der sonstigen Vorgaben der Rechtsverordnung durchaus Wohn- und Mischgebiete entstehen und hierzu erforderliche Planungen stattfinden. In diesem Zusammenhang ist weiterhin, ohne dass es allerdings noch darauf ankommt, die Möglichkeit von Bedeutung, nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG, § 6 Abs. 1 RVO Befreiungen von den Verboten zuzulassen.

84

Der Einwand, es handele sich hierbei um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt, dessen Voraussetzungen nie vorliegen würden, weil die konkrete Ungefährlichkeit nichts am abstrakten Gefährdungspotential ändere, überzeugt nicht. Ob eine Befreiung von dem Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete hier tatsächlich erfolgen kann, ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls und hängt ggf. auch von der konkreten Ausgestaltung eines Bebauungsplans ab. So hat der Antragsgegner in der Vergangenheit etwa seine Zustimmung zum Bebauungsplan „Katharinenhof“ der Antragstellerin erteilt, wie diese an anderer Stelle selbst einräumt.

85

(2) Das in Nr. III.29 RVO ausgesprochene Verbot der Gewinnung von Steinen, Erden und anderen oberflächennahen Rohstoffen ist rechtmäßig. Die Formulierung basiert auf Kapitel 7 Tabelle 1 Nrn. 5.1 und 5.2 DVGW-Arbeitsblatt W 101.

86

Vor allem Nassauskiesungen, d. h. die Freilegung von Grundwasser, bergen ein typisches Gefährdungspotential in sich, weil Schadstoffe in den Grundwasserkörper gelangen können. Dass von den derzeit vorhandenen Gruben und Abbauten keine erkennbare Gefahr für die Wassergewinnungsanlagen Niederau (vgl. Wasser und Boden, Bewertungsmatrix, Stand Januar 2011, IU.4, Steine und Erden) ausgehen, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Damit ist allein gemeint, dass bei bestandsgeschützten Anlagen derzeit keine konkrete Gefahr besteht, worauf hier jedoch nicht ankommt. Davon abgesehen stellt der Antragsgegner zutreffend fest, dass eine Befreiung denkbar sei, wenn unter anderem ein ausreichender Mindestflurabstand zwischen der Abbausohle und der Druckoberfläche des Grundwassers vorliege sowie der oberen Wasserbehörde die mittlere Schutzfunktion der das Grundwasser überdeckenden Schichten unterhalb der Abbausohle nachgewiesen werde. Auch der „Gemeinsame Standpunkt zur Kies- und Sandgewinnung in Trinkwasserschutzgebieten (Stand: März 2007)“ der Rohstoffindustrie, des DVGW und der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) geht davon aus, dass eine Nassauskiesung allenfalls in der Schutzzone III B im Weg einer Befreiung im Einzelfall zugelassen werden kann.

87

(3) Des Weiteren stehen die in Nr. III.44 RVO enthaltenen Untersagungstatbestände, welche die landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstwirtschaftliche Betriebsführung und Nutzung einschränken, sofern sie nicht grundwasserschonend unter Vorsorgegesichtspunkten betrieben werden, mit höherrangigem Recht in Einklang.

88

Den auf Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 6 DVGW-Arbeitsblatt W 101 beruhenden Regelungen vermag die Antragstellerin aus den dargestellten Gründen nicht mit dem Vorhalt zu begegnen, das konkrete Gefahrenpotential sei nicht untersucht worden. Die abstrakte Gefahrensituation vor dem Hintergrund der Deckschichtenverhältnisse in der Niederterrasse wurde vielmehr auch hier genügend begründet. Danach rechtfertigen sich die Verbote in der Hauptsache durch die Abwehr von unsachgemäßem Dünger- und Schadstoffeintrag, insbesondere von Nitrat und Pflanzenbehandlungsmitteln, in den Untergrund und damit letztendlich in das Grundwasser. Ergänzend ist festzustellen, dass ein Zufluss pathogener Organismen aus der Schutzzone III nicht auszuschließen ist, da nicht alle Mikroorganismen (z. B. manche Viren) innerhalb von 50 Tagen abgetötet werden. Die Minimierung solcher Gefahren wird durch die entsprechenden Schutzanordnungen innerhalb der weiteren Schutzzone gleichfalls unterstützt (Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

89

Die Schutzanordnungen sind außerdem inhaltlich nicht deshalb zu unbestimmt, weil – so der Vortrag der Antragstellerin − unklar bleibe, wie die Formulierung „grundwasserschonend unter Vorsorgegesichtspunkten“ zu verstehen sei.

90

Gesetzliche Tatbestände sind zwar so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten können; welche Anforderungen an die Bestimmtheit gestellt werden müssen, lässt sich aber nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt von der Eigenart des Regelungsgegenstandes und dem Zweck der betroffenen Norm sowie davon ab, in welchem Ausmaß Grundrechte betroffen sind. Der verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG steht der Verwendung unbestimmter (Rechts-)Begriffe nicht von vornherein entgegen, sondern ist erst dann verletzt, wenn es wegen der Unbestimmtheit nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und die Gerichte ausschließen (vgl. z. B. zusammenfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. August 2012 − OVG 2 B 13.09 –, juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

91

Nr. III.44 RVO enthält eine hinreichend klare Generalklausel, die durch die mit der Einleitung „insbesondere“ versehenen Nrn. III.44.1 bis 44.8 RVO näher umschrieben wird. Diese Unterziffern definieren negativ, unter welchen Voraussetzungen jedenfalls keine grundwasserschonende Nutzung betrieben werden darf. Im Wege einer systematischen und an Sinn und Zweck der Norm orientierten Auslegung lassen sich darüber hinausgehende weitere Fälle einer verbotenen Nutzung, die einen vergleichbaren Schweregrad haben müssen, ohne weiteres ermitteln.

92

Bei der Festlegung von Nutzungsauflagen für die Land- und Forstwirtschaft ist der Antragsgegner ferner nicht von pauschalen Vorgaben für Anbau- oder Bewirtschaftungsverfahren im Hinblick auf die Erreichung eines bestmöglichen Gewässerschutzes ausgegangen; stattdessen wurden standortbezogene Anforderungen unter Beachtung der Kriterien des DVGW-Arbeitsblattes W 104 (Grundsätze und Maßnahmen einer gewässerschützenden Landbewirtschaftung) zugrunde gelegt. Diese finden gerade in der Tabelle 1 DGVW-Arbeitsblatt W 101 ihren Niederschlag. Weiterhin enthält der Hinweis auf einen „bestmöglichen Gewässerschutz“ ohnehin nur eine Zielbestimmung, deren Ausfüllung auf der Grundlage des zuletzt genannten Regelwerks erfolgt.

93

Der Umstand einer fehlenden Kontamination des Erdreichs in den vergangenen Jahren unter Geltung der bisherigen Schutzverordnung verbietet auch keine Verschärfung bestehender Regelungen aufgrund neuer fachlicher Erkenntnisse oder einer neuen fachlichen Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Antragsgegner beanstandungsfrei vorgenommen.

94

Soweit die Antragstellerin bemängelt, dass bei der Ermittlung der Schutzfunktion der Deckschicht der erste Meter fehlerhaft nicht berücksichtigt worden sei, ist dieses Vorbringen ebenfalls unbeachtlich. Eine Bewertung des obersten Meters darf nicht erfolgen, da makroskopische Störungen des Bodens, zum Beispiel durch Grabgänge oder Wurzeln, bevorzugte Wasserwegsamkeiten bilden und damit keine Schutzwirkung entfalten. Die Verwendung eines abstrakten Punktebewertungsverfahrens ist gleichfalls keinen Zweifeln ausgesetzt. Eine Erhöhung dieses Punktwerts bis auf eine mittlere Schutzfunktion aufgrund des mächtigkeitsbedingt (1 m) vergleichsweise geringen Einflusses des Schutzfunktionswertes des Bodens ist flächendeckend nicht gegeben. Dies gilt umso mehr, als die Deckschichten der Niederterrasse bereits zum Teil zerstört oder beseitigt worden sind (vgl. die überzeugenden Darlegungen des Landesamtes für Bergbau und Geologie vom 30. April 2013).

95

Aus dem Vorhalt der Antragstellerin, dass gemäß Nr. III.44.1 RVO ein Aufbringen von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft nach Maßgabe der Düngeverordnung zulässig, das Lagern dieses Düngers hingegen gemäß Nr. III.44.2 RVO verboten sei und damit ein Aufbringen unmöglich gemacht werde, folgt kein Normwiderspruch. Gegenstand der Nr. III.44.2 RVO ist die Lagerung von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft (Gülle, Jauche, Festmist) sowie von Gärsubstraten, fließfähigen Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln außerhalb dauerhaft dichter Anlagen. Dünger nichttierischer Herkunft kann mithin ohne weiteres im Wasserschutzgebiet gelagert werden, Dünger tierischer Herkunft in dauerhaft dichten Anlagen ebenso. Im Übrigen ist das Aufbringen von tierischem Dünger nicht unmöglich, da dieser ggf. auch außerhalb des Schutzgebiets gelagert werden kann.

96

Notwendig ist auch dieses Verbot wegen der hier vorhandenen Bodenverhältnisse und des damit verbundenen abstrakten Gefährdungspotentials (vgl. auch Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 6.2 DVGW-Arbeitsblatt W 101). Lagerstellen, die auf Dauer eingerichtet werden, müssen generell als dauerhaft dichte Anlagen gebaut werden, da tierische Ausscheidungen Keime und wasserlösliche Stoffe enthalten, die geeignet sind, die Qualität von Grundwasser zu beeinträchtigen (siehe die Begründung im Verbotskatalog vom Oktober 2011). Dass der Antragsgegner die Verwendung tierischen Düngers in den einzelnen Schutzzonen zudem durchaus differenziert und je nach Gefährdungsgrad abgewogen hat, zeigt die Regelung in Nr. II.8 RVO (Anwendung von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft, Gärsubstrate, Komposte und Silagesickersaft), das nur für die Zonen I und II Geltung beansprucht. Die hier gegebene Begründung (vgl. auch Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 6.1 DVGW-Arbeitsblatt W 101), insofern bestehe das Risiko, dass Krankheitserreger aus den tierischen Ausscheidungen bis zur Gewinnungsanlage gelangen können, lässt Rechtsfehler ebenfalls nicht erkennen (vgl. Verbotskatalog vom Oktober 2011).

97

Ein über die Untersagungen nach Nr. III.4.4 RVO hinausgehendes Verbot der baulichen Veränderung der Hofstellen landwirtschaftlicher Betriebe in der Zone III A gemäß Nr. III.3 RVO scheitert entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin nicht an der Erforderlichkeit. In der Zone III A besteht zwar ein weniger hohes Gefährdungspotential (vgl. Kapitel 7 Nr. 4.2 DVGW-Ab. W 101), ein Verbot ist jedoch wegen der nicht ausreichenden Schutzfunktion der Deckschichten notwendig, weil auch insoweit weitere Bauten diese Schutzfunktion beeinträchtigen können. Das verständliche Anliegen der landwirtschaftlichen Betriebsinhaber, die Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Hofstellen zu sichern, muss demgegenüber zurücktreten.

98

Nach allem bedarf es keiner näheren Erläuterung, dass namentlich die Verbotstatbestände aus Nrn. II.2 (Errichten und Erweitern baulicher Anlagen einschließlich deren Nutzungsänderung), II.10 (Lagerung von Mineraldünger und Pflanzenschutzmitteln), II.12 (Kompostplätze, auch häusliche Eigenkompostierung), III.6 (Tierbesatz, insbesondere Beweidung, ausgenommen im Zeitpunkt der Hauptvegetation von Mai bis Oktober), III.7 (Biogasanlagen) sowie III.26 (Waldrodung, Kahlschlag, Erstaufforstungen, Grünlandumbruch) RVO rechtlich unbedenklich erscheinen und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen.

99

(4) Schließlich ist für die von den Verbotsregelungen betroffenen Gewerbebetriebe keine günstigere Beurteilung angezeigt. Die vor allem auch insoweit gegen die Bauverbote (vgl. Nrn. II.2, III.3 RVO) vorgebrachten ergänzenden Kritikpunkte zielen im Wesentlichen darauf ab, dem Antragsgegner ein willkürliches und unverhältnismäßiges Handeln zu unterstellen, weil von einzelnen Betrieben oder Betriebssparten keine Gefahren ausgingen und deshalb generelle Errichtungs- bzw. Erweiterungsverbote unstatthaft seien. So sei beispielsweise nicht verständlich, warum Einzelhandelsbetriebe untersagt sein müssten, obwohl von ihnen nach der Liste störender Anlagen auch in der Schutzzone III A keine Gefährdungen befürchtet werden müssten. Anderen Unternehmen würde dagegen ein hohes Gefährdungspotential unterstellt, obwohl nicht nachvollziehbar sei, welche Stoffe überhaupt in welchem Umfang ins Grundwasser gelangen könnten. Dieser Argumentation ist indes zu entgegnen, dass damit erneut ein dem Normzweck von Rechtsverordnungen zuwiderlaufendes Eingehen auf die Gegebenheiten des konkreten Sachverhalts verbunden wäre, welches letztlich zu unübersichtlichen und kaum vollziehbaren Regelungen führen würde. Dass der Antragsgegner die Grenzen einer typisierenden Betrachtung der Verbote überschritten haben könnte, ist nicht ersichtlich.

100

Das von der Antragstellerin angegriffene und in Nr. III.10 RVO mitenthaltene Verbot der Aufstellung oder des Parkens von Wohnwagen und Wohnmobilen außerhalb dafür zugelassener oder dafür seitens der Gemeindeverwaltung bestimmter Flächen mit geordneter Schmutzwasser- und Abfallbeseitigung findet seine Rechtfertigung in Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 7.8 DVGW-Arbeitsblatt W 101. Aus der vorerwähnten Zustimmung des Antragsgegners zum Bebauungsplan „Katharinenhof“ können keine Rückschlüsse auf eine fehlende Erforderlichkeit des in Nr. III.10 RVO geregelten Untersagungstatbestandes gezogen werden, da es sich um einen anderen Verfahrensgegenstand handelt. Die Zustimmung wurde überdies nur unter der Maßgabe erteilt, dass die darin enthaltenen Flächen zum Abstellen von Fahrzeugen entsprechend befestigt und entwässert werden.

101

ee) Ferner ist auch im Übrigen eine unverhältnismäßige oder rechtswidrige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.

102

(1) Dass der gerichtliche Sachverständige die südliche Ausdehnung der Schutzzone III, wie gezeigt, teilweise mit einer anderen Begründung gerechtfertigt hat als der Antragsgegner, bedeutet nicht, dass an die Verhältnismäßigkeit zumindest der hierfür geltenden Schutzanordnungen nunmehr zugunsten des von den Regelungen betroffenen Adressatenkreises geringere Maßstäbe angelegt werden müssen oder eine erneute „Abwägung“ zu erfolgen habe, wie die Antragstellerin meint. Dafür spricht, dass sich die Abgrenzung und somit das Vorhandensein einer abstrakten Gefährdung des Trinkwasservorkommens innerhalb der gesamten Schutzzone III im Ergebnis uneingeschränkt bestätigt hat und dieser Umstand als solcher unter gleichzeitiger Berücksichtigung der individuellen örtlichen Bodenverhältnisse, mit denen der Antragsgegner die einzelnen Verbote im Wesentlichen begründet hat, die Anordnungen im Interesse eines präventiven Grundwasserschutzes trägt.

103

(2) Ein erheblicher Eingriff in bestehende und bestandsgeschützte Betriebe ist nicht deshalb gegeben, weil § 4 RVO nach Auffassung der Antragstellerin rechtsfehlerhaft ist. Danach müssen für Anlagen, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung rechtmäßig bestehen und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben betrieben werden, die sich aus dieser Verordnung ergebenden strengeren Anforderungen erst nach Anordnung durch die zuständige Wasserbehörde beachtet werden.

104

Eine unzulässige Verlagerung auf den Vollzug der Verordnung (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 22. April 1993, a.a.O.) liegt darin nicht. Der vorstehend zitierten Entscheidung, auf die sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang beruft, lag eine Konstellation zugrunde, die mit dem vorliegend zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar ist. Gegenstand des dortigen Verfahrens war unter anderem ein Verbot baulicher und gewerblicher Anlagen in der Schutzzone II in Ortskernen, obwohl mehrere sachverständige Stellen dies nicht für erforderlich gehalten hatten. Ein Verbot mit Dispens genügte ausweislich der Entscheidungsgründe nicht dem Übermaßverbot, weil die wasserschutzrechtliche Befreiung nur die Berücksichtigung von Sonderinteressen einzelner Eigentümer zulasse, deren Lage verschieden sei von derjenigen anderer Eigentümer (vgl. hierzu die Neufassung des § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG). Dabei war eine Übergangsbestimmung zu überprüfen, die für bestehende Einrichtungen deren Beseitigung oder Änderung auf Anordnung vorsah, wohingegen vorliegend nur die Beachtung von strengeren Anforderungen ermöglicht wird. Eine solche Regelung ist jedoch im Hinblick auf das wasserhaushaltsrechtliche Vorsorgeprinzip nicht unangemessen und darüber hinaus auch sachgerecht, da es nicht Aufgabe einer Verordnung sein kann, jeden einzelnen Bestandsschutzfall individuell-konkret zu regeln.

105

(3) Zu Unrecht behauptet die Antragstellerin, der Antragsgegner habe den Regionalen Raumordnungsplan Mittelrhein-Westerwald – RROP – ignoriert, der eine Weiterentwicklung des Rheintals nach dem Leitbild „Wohnen und Arbeiten in einer zukunftsträchtigen Technologie-, Dienstleistungs- und Tourismusregion“ (vgl. S. 67 RROP, G1) ebenso wie das DVGW-Arbeitsblatt W 101 fordere. Eine Berücksichtigung derartiger Gesichtspunkte war entbehrlich, nachdem bereits die Obere Landesplanungsbehörde keine Bedenken erhoben und zutreffend darauf hingewiesen hatte, dass die Flächen in einem Vorrang- und Vorbehaltsgebiet für Hochwasserschutz liegen (vgl. Schreiben vom 19. April 2011). Demzufolge ist in Nr. 4.2.1 RROP (Wasser- und Hochwasserschutz) als Ziel definiert, dass entsprechende Vorranggebiete von jeglicher Bebauung freizuhalten und in den Vorbehaltsgebieten dem vorbeugenden Hochwasserschutz ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Ferner fällt ins Gewicht, dass die Sicherung und Verbesserung der Freiraumqualität unter der Vorbedingung der wasserwirtschaftlichen Verträglichkeit steht (vgl. Nr. 5.7 G6 RROP).

106

(4) Schließlich sind keine Grundrechte von privaten Dritten verletzt.

107

Die einzelnen Regelungen beinhalten grundsätzlich keine Enteignungen zu Lasten der Grundstückseigentümer im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern stellen Be-stimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass das jeweilige Grundstück durch seine Lage und Beschaffenheit sowie die Einbettung in seine Umwelt geprägt wird. Diese „Situationsgebundenheit“ kann den Gesetzgeber zu einer Beschränkung der Eigentumsposition berechtigen, die hier wegen der überragenden Bedeutung des Gemeinwohlinteresses an einer gesicherten Trinkwasserversorgung nicht unangemessen ist (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 –, BVerfGE 58, 300). Keine anderen Kriterien gelten, soweit im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb in Rede steht. Dessen Schutz geht nicht weiter als derjenige, den seine wirtschaftliche Grundlage − das Grundeigentum – genießt (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981, a.a.O.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 13. April 1983 – 4 C 76.80 –, BVerwGE 67, 93).

108

Des Weiteren scheidet ein Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG aus. Die getroffenen Festsetzungen stellen allenfalls mittelbare Berufsausübungsregelungen dar, die durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 2000 − 1 BvR 1538/98 –, juris).

109

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO entsprach es der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, nachdem diese sich durch die Stellung eines Sachantrages einem eigenen Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat.

110

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

111

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

112

Beschluss

113

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.3 analog des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [LKRZ 2014, 169]).

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen die Rechtsverordnung des Landratsamtes Ravensburg zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes „Leutkircher Heide“ (... ...) zum Schutz des Grundwassers im Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlagen „Lauben“ und „Reichenhofen“ der Stadt Leutkirch vom 09.12.2005 (im Folgenden: WSV „Leutkircher Heide“).
Das Gebiet der WSV „Leutkircher Heide“ liegt auf Gemarkung Wuchzenhofen, Reichenhofen, Herlazhofen, Diepoldshofen, Hofs, Winterstetten und Friesenhofen der Stadt Leutkirch, Gemarkung Beuren, Neutrachburg und Rohrdorf der Stadt Isny und umfasst eine Gesamtfläche von 62,9 km². Es gliedert sich in Zone I (Fassungsbereiche der jeweiligen Brunnen) mit 1,5 ha, Zone II (engere Schutzzonen der Brunnen) mit 67,5 ha, Zone III A (weitere Schutzzonen der jeweiligen Brunnen) mit 785,8 ha und Zone III B (gemeinsame Weitere Schutzzone) mit 5.432,3 ha.
Die Große Kreisstadt Leutkirch betreibt im Rahmen der allgemeinen Daseinsvorsorge eine öffentliche Wasserversorgung für ihre ca. 24.000 Einwohner mit den Ortschaften Diepoldshofen, Friesenhofen, Gebrazhofen, Herlazhofen, Hofs, Reichenhofen, Winterstetten und Wuchzenhofen. Die Stadt Leutkirch fördert aus den Brunnen „Lauben“ jährlich ca. 1 Million m³ und aus den Brunnen „Reichenhofen“ ca. 140 m³ Wasser. Nach der von der Stadt Leutkirch festgelegten Konzeption der Wasserversorgung soll die Trinkwasserförderung zukünftig nur noch aus den Brunnen „Lauben“, „Reichenhofen“, „Adrazhofen“ und „Winterstetten“ erfolgen. Aus den Brunnen „Rauns“ und „Herlazhofen“ der Stadt Leutkirch - derzeitige jährliche Entnahme ca. 600.000 m³ - wird künftig kein Wasser mehr gefördert. Diese beiden Brunnen sollen entsprechend der Konzeption der Wasserversorgung als Notbrunnen vorgehalten werden. Dies wird durch eine erhöhte Entnahme aus den Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ kompensiert. Der Brunnen „Friesenhofen“ wird nicht mehr genutzt.
Die Brunnen „Lauben“ liegen ca. 4,75 km nordöstlich der Kirche von Leutkirch in der Talsohle etwa auf Höhe des Zusammenflusses der Wurzacher Ach mit der Nibel (als nördliche Fortsetzung der Eschach) auf der Gemarkung Wuchzenhofen - Gewann: „Auf der Höhe“ (Flst.-Nr. ...). Die Brunnen „Reichenhofen“ liegen im Gewann „Im Boschenschachen“ (Flst.-Nr. ...) der Gemarkung Reichenhofen Flur 1 ca. 3,7 km nordwestlich der Kirche von Leutkirch im Wurzacher Achtal. Die Fassung „Rauns“ (insgesamt drei Brunnen) liegt ca. 1,45 km südwestlich der Kirche von Leutkirch im Eschachtal. Ca. 100 m westlich der Fassung fließt der Bach Rauns. Die beiden Brunnen „Herlazhofen“ liegen ca. 3,4 km südsüdöstlich der Kirche von Leutkirch auf Höhe der Ortschaft Herlazhofen.
Der Antragsteller zu 1) ist Landwirt in der Gemeinde Reichenhofen. Zum landwirtschaftlichen Betrieb zählen insgesamt 45 ha landwirtschaftliche Nutzfläche; ca. 40 ha hiervon liegen in der Zone III A der WSV „Leutkircher Heide“. Es handelt sich hierbei um eine Fläche mit ca. 30 ha Grünlandanteil. Der Antragsteller zu 1) hält Milchkühe (ca. 60 Stück) mit Nachzucht (ca. 50 Stück) und stets ca. 90 Großvieheinheiten auf seiner Hofstelle, die ebenfalls in der Zone III A gelegen ist. Der landwirtschaftliche Betrieb liegt im Bereich des Brunnens „Reichenhofen“. Der Antragsteller zu 2), wohnhaft in Reichenhofen, betreibt ein Bauunternehmen. Die Betriebsstätte liegt in der Zone III A der WSV „Leutkircher Heide“. Zur Betriebsstätte zählt ein für derartige Unternehmen übliches Baustofflager.
Die Stadt Leutkirch beantragte am 09.12.1996 beim Landratsamt Ravensburg die Festsetzung des Wasserschutzgebietes „Leutkircher Heide“ zum Schutz des Grundwassers im Einzugsgebiet ihrer Wassergewinnungsanlagen „Lauben“ und „Reichenhofen“.
Das Geologische Landesamt Baden-Württemberg - nunmehr Amt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg (im Folgenden daher: LGRB) - erstellte das „Hydrogeologische Abschlussgutachten“ zur Abgrenzung eines gemeinsamen Wasserschutzgebiets für den geplanten Grundwasserentnahmepunkt Unterzeil sowie für die Brunnen „Lauben“, „Reichenhofen“, „Rauns“, „Herlazhofen“ und „Friesenhofen“ (Wasserschutzgebiet Leutkircher Heide) der Stadt Leutkirch im Allgäu vom 15.11.1991 sowie das Hydrogeologische Folgegutachten zum Wasserschutzgebiet „Leutkircher Heide“ der Stadt Leutkirch vom 28.11.2008.
Das Landratsamt Ravensburg gab den Trägern öffentlicher Belange mit Schreiben vom 26.11.2004 Gelegenheit, zum Entwurf der WSV „Leutkircher Heide“ bis zum 28.01.2005 Stellung zu nehmen. Der Entwurf der WSV „Leutkircher Heide“ wurde in der Zeit vom 29.06.2005 bis einschließlich 28.07.2005 öffentlich (einschließlich der Schutzgebietskarten) ausgelegt. Die öffentliche Auslegung wurde in der Schwäbischen Zeitung - Ausgabe Leutkirch - am 22.06.2005 bekannt gemacht. Das Regierungspräsidium Tübingen - Straßenwesen und Verkehr führte in seiner Stellungnahme vom 13.01.2005 u. a. aus, die durch die WSV „Leutkircher Heide“ betroffenen Autobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen lägen überwiegend in der Schutzzone III B. Beim Bau der A 96 seien zwischen den Ortschaften Haid und Kautenhofen umfangreiche Maßnahmen zum Schutz des Grundwasservorkommens getroffen worden. Die übrigen Straßen genössen über § 11 Abs. 2 WSV „Leutkircher Heide“ Bestandsschutz. Die Stellungnahme enthält weitere Einzelheiten zu der Entwässerung der Straßen.
Am 01.08.2005 wurde in der Schwäbischen Zeitung - Leutkirch - die erneute öffentliche Auslegung des Entwurfs der WSV „Leutkircher Heide“ und der Schutzgebietskarten in der Zeit vom 10.08.2005 bis 09.09.2005 bekannt gemacht. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Entwurf der WSV „Leutkircher Heide“ vom 20.06.2005 mit den zugehörigen Schutzgebietskarten unverändert erneut ausgelegt werde. Die bislang vorgebrachten Anregungen und Bedenken würden weiterhin berücksichtigt.
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Das Landratsamt Ravensburg erließ am 09.12.2005 die Verordnung zur Festsetzung des Wasserschutzgebiets „Leutkircher Heide“ (... ...) zum Schutz des Grundwassers im Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlagen „Lauben“ und „Reichenhofen“ der Stadt Leutkirch. Die WSV „Leutkircher Heide“ wurde in der Schwäbischen Zeitung - Ausgabe Leutkirch - am 21.12.2005 bekannt gemacht. Am 27.12.2005 wurde in der Schwäbischen Zeitung - Ausgabe Leutkirch - eine Berichtigung der WSV „Leutkircher Heide“ bekannt gemacht. Das Landratsamt Ravensburg berichtigte die WSV „Leutkircher Heide“ am 10.01.2006, da bei der Beschreibung des räumlichen Geltungsbereichs in § 1 Abs. 4 WSV „Leutkircher Heide“ die Flurstücke Nr.... und ... der Gemarkung Herlazhofen, die das Wasserschutzgebiet nicht berührten, versehentlich mit aufgeführt worden seien. In der Berichtigung wurde § 1 Abs. 4 im Wortlaut berichtigt und die Gemarkungen, auf die sich das Wasserschutzgebiet erstreckt, aufgeführt. Die Berichtigung wurde in der Schwäbischen Zeitung - Ausgabe Leutkirch - am 13.01.2006 amtlich bekannt gemacht. Das darin abgegrenzte Wasserschutzgebiet umfasst eine Fläche von ca. 62,9 km². Die Rechtsverordnung übernimmt zunächst die Schutzbestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichs-Verordnung (SchALVO) in der jeweils gültigen Fassung. Für die Fassungsbereiche (Schutzzone I) enthält sie ferner ein weitgehendes Betretungsverbot. Bezüglich der engeren Schutzzone (Zone II) spricht die Verordnung umfängliche Verbote aus. In der weiteren Schutzzone (Zone III), die in die Schutzzonen III A und III B untergliedert ist, gelten diese Verbote nur relativ. Schließlich enthält die angegriffene Rechtsverordnung Befreiungstatbestände.
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Die Antragsteller haben am 19.01.2007 beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
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Sie beantragen,
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die Verordnung des Landratsamts Ravensburg zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes "Leutkircher Heide" (... ...) zum Schutz des Grundwassers im Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlagen "Lauben" und "Reichenhofen" der Stadt Leutkirch vom 09.12.2005 für ungültig zu erklären.
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Zur Begründung tragen die Antragsteller vor, sie seien antragsbefugt, da sie Eigentümer von im Schutzgebiet gelegenen Grundstücken seien. Die Festsetzung des Wasserschutzgebietes sei fehlerhaft, denn es ermangele an der Erforderlichkeit der Wasserschutzgebietsausweisung. Der Antragsgegner sei davon ausgegangen, dass für das Festsetzungsverfahren die von der Stadt Leutkirch getroffene Entscheidung über die Standorte der Brunnen als eine „vorgegebene Tatsache“ zu betrachten sei. Die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zwingend gebotene Alternativprüfung habe der Antragsgegner demzufolge unterlassen. Da Wasserschutzgebietsverordnungen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 GG darstellten, seien sie nur dann erforderlich, wenn sie aus der Zielsetzung einer erforderlichen Trinkwasserversorgung tatsächlich benötigt würden. Dies sei dann nicht der Fall, wenn es eine gleichermaßen geeignete, für die jeweils Betroffenen weniger belastende Alternativlösung gebe, die auch der Wasserversorgung zumutbar sei (Bay.VGH, Urteil vom 24.10.2007 - 22 N 05.2524 -). Die Stadt Leutkirch betreibe die Wasserversorgung der Stadt aus verschiedenen Gewinnungsanlagen. Im „Normalbetrieb“ würden vier Brunnen - „Lauben“, „Reichenhofen“, „Adrazhofen“ und „Winterstetten“ - betrieben. Zusätzlich verfüge die Stadt über zwei als Notbrunnen bezeichnete Anlagen („Rauns“ und „Herlazhofen“). Nach eigenen Angaben der Stadt Leutkirch könne der gesamte Trinkwasserbedarf wahlweise allein aus einem Brunnen der Gewinnungsanlagen „Lauben“, „Reichenhofen“ bzw. „Adrazhofen“ gedeckt werden. Für die Brunnen „Adrazhofen“ existiere bereits ein ausreichend bemessenes Wasserschutzgebiet - jedenfalls nach den Angaben des Landratsamts Freising -. Die Wasserversorgung der Stadt Leutkirch sei damit bereits durch den Brunnen „Adrazhofen“ ohne die beiden verfahrensgegenständlichen Brunnen ausreichend gesichert. Dies gelte insbesondere, da noch die weiteren Brunnen „Winterstetten“ und „Rauns“ sowie „Herlazhofen“ letzterer als Notbrunnen vorhanden seien. Die beiden verfahrensgegenständlichen Brunnenanlagen seien daher nicht erforderlich, um das Allgemeinwohlinteresse zu befriedigen. Der Antragsgegner habe ein „Höchstmaß an Versorgungssicherheit“ erreichen bzw. durchsetzen wollen. Damit habe der Antragsgegner es unterlassen, dem Privateigentum in gleicher Weise Rechnung zu tragen. Es sei deshalb unzulässig, unter Übergehung entgegenstehender Privatinteressen allein dem Allgemeinwohlbelang der Trinkwasserversorgung Geltung zu verschaffen und hierbei sogar Maximalziele anzustreben. Unter den angeführten Bedingungen sei es mehr als fraglich, ob die Stadt Leutkirch die Wasserversorgung einer Kommune auf zwei selbstständige Standbeine setzen dürfe, wenn die Versorgungssicherheit bereits durch den Hauptbrunnen „Adrazhofen“ unter Berücksichtigung der verfügbaren weiteren Brunnen „Winterstetten“, „Rauns“ und „Herlazhofen“ ausreichend sichergestellt sei. Die Rechtsverordnung gehe vorliegend noch darüber hinaus, indem sie zwei weitere Standbeine schaffe. Bei Aufrechterhaltung der Verordnung würde die Stadt Leutkirch über letztlich drei selbstständig zur Gesamtbedarfsabdeckung ausreichende Brunnenanlagen - jeweils gesichert durch Wasserschutzgebiete - verfügen und zudem dann noch die weiteren Brunnen „Winterstetten“, „Rauns“ und „Herlazhofen“ vorhalten und betreiben. Die Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes liege somit auf der Hand. Weiterhin lasse sich die Dimensionierung des vorliegenden Schutzgebietes fachlich nicht halten. Sie basiere auf einem hydrogeologischen Gutachten des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg aus dem Jahre 1991 und sei damit 14 Jahre alt. Gegenstand dieses Gutachtens seien insgesamt sechs Gewinnungsgebiete und somit mehrheitlich Brunnen gewesen, die im jetzigen Verfahren erklärtermaßen keine Rolle mehr spielten bzw. außer Betrieb genommen worden seien. Das Gutachten sei daher nicht geeignet, ein Wasserschutzgebiet für die verfahrensgegenständlichen Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ abzugrenzen. In dem Gutachten überschnitten sich die Zustrom- und Schutzgebiete der einzeln betrachteten Brunnen, so dass durch die Herausnahme von Brunnen das Wasserschutzgebiet für die jetzt noch allein interessierenden Brunnen nicht mehr eindeutig abgegrenzt werden könne. So heiße es in dem Gutachten auf Seite 23, dass die „südliche Grenze des Schutzgebiets für den Brunnen Lauben in der Leutkircher Heide, knapp nördlich von Ziegelstadt“ liege. Damit würde das Schutzgebiet etwa 500 m südlich von Leutkirch enden. Auf Seite 24 heiße es aber dann, dass „weiterhin der gesamte südlich von Leutkirch liegende Teil der Leutkircher Heide und der Argen-Eschach-Rinne und das Eschachtal“ zum Einzugsgebiet des Brunnens Lauben gehörten. Es werde dort von den Einzugsgebieten der Fassungen „Rauns“, „Herlazhofen“ und „Friesenhofen“ überlagert. Eine genaue Abgrenzung werde nicht gegeben. Es werde damit nicht der Nachweis geführt, dass für jedes einzelne Grundstück die Notwendigkeit der Einbeziehung in den Geltungsbereich des Wasserschutzgebiets zur Sicherung der Brunnenanlagen geboten sei.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zusammengefasst führt er zur Begründung aus, für die Brunnen „Reichenhofen“ und „Lauben“ sei bisher keine Gestattung erteilt worden, die Erlaubnisverfahren zur Wasserentnahme ruhten. Jedoch seien sie seit etwa 40 Jahren in Betrieb. Es seien beträchtliche Investitionen in diese Standorte und in die auf sie zugeschnittene Wasserversorgungsinfrastruktur getätigt worden. Das Folgegutachten des LGRB vom 28.11.2008 zeige ausführlich und deutlich auf, dass die vorgenommene Schutzgebietsabgrenzung richtig sei. Aus dem Ausgangsgutachten 1991 und den zugehörigen Kartendarstellungen seien die zur jeweiligen Grundwasserfassung vorgeschlagenen Schutzzonen klar ersichtlich. Die Schutzgebietsausweisung sei parzellenscharf umgesetzt worden. Der Schutz des Gesamteinzugsgebiets der „Leutkircher Heide“ würde grundsätzlich eine Fläche von ca. 140 km² beanspruchen. Tatsächlich unter Schutz gestellt seien aber nur die Hauptgrundwasserleiter der „Tiefen Aitrachrinne“ und der „Argen-Eschachrinne“ sowie Talflankenbereiche, die unmittelbar in die Rinnensysteme entwässern. Die hydrogeologisch sinnvollen Gliederungselemente überdeckten eine Gesamtschutzgebietsfläche von 63 km². Hieraus werde deutlich erkennbar, dass die flächenmäßige Ausdehnung des Wasserschutzgebiets auf ein für einen nachhaltigen Grundwasserschutz notwendiges Mindestmaß reduziert worden sei. Die Wasserschutzgebietsverordnung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei sie erforderlich. Die Stadt Leutkirch fördere zukünftig aus den in der „Leutkircher Heide“ liegenden Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ 1,8 Millionen m³ Trinkwasser im Jahr für die Versorgung der Bewohner der Großen Kreisstadt. Die Brunnen würden für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung benötigt. Der Wasserbedarf für die von der Stadt Leutkirch gewählte zukünftige Versorgungsstruktur mit der Bedarfsdeckung aus den Hauptbrunnen „Lauben“, „Adrazhofen“ und „Reichenhofen“ sei bei der Größe und Anzahl der zu versorgenden Einwohner und Betriebe aus Gründen der Versorgungssicherheit angemessen und in keiner Weise zu beanstanden. Es bestehe hinreichender Anlass, die Integrität der schützenden Deckschichten zu erhalten und schwer abbaubare Schadstoffe zuverlässig vom Grundwasser fernzuhalten. Dies gelte im vorliegenden Gebiet umso mehr, als die vorhandenen Deckschichten nicht sehr ausgeprägt seien und bezüglich ihrer Schutzfunktion auf Störungen sehr sensibel reagierten. Die von der Stadt Leutkirch getroffene Entscheidung über die Standorte der Brunnen sei als vorgegebene Tatsache zu betrachten. Die Standortentscheidung zur Nutzung der Wassergewinnungsanlagen „Lauben“ und „Reichenhofen“ mit dem damit notwendigen Schutz des Grundwasservorkommens „Leutkircher Heide“ stehe im Einklang mit den Zielen der Raumordnung. Der Regionalplan Bodensee - Oberschwaben sehe den Schutz der Leutkircher Heide zur Versorgung der Verbrauchsschwerpunkte in der Region für eine spätere Wasserentnahme vor. Aus wasserwirtschaftlicher und wasserversorgungstechnischer Sicht seien die von der Stadt Leutkirch gewählten bestehenden Brunnenstandorte aus nachfolgenden Gründen sinnvoll und geeignet. Die Beschränkung auf einen Brunnenstandort in der Hauptrinne für die Gesamtwasserversorgung würde den Grundsätzen einer sicheren und nachhaltigen Wasserversorgung widersprechen. Die notwendige Versorgungssicherheit könne, wie vorgesehen, durch die Nutzung mehrerer ortsnah, aber räumlich getrennter Grundwasservorkommen mit nachhaltigem Ressourcenschutz erreicht werden. Bei einer Verunreinigung des Grundwassers in einem Brunneneinzugsgebiet, die eine Außerbetriebnahme der Anlage zur Folge hätte, könnte die Wasserversorgung ohne Weiteres vorübergehend aus den beiden nicht belasteten Grundwasserbrunnen weiter betrieben werden. Neben den räumlich getrennten Einzugsgebieten lägen die Brunnen „Reichenhofen“ und „Lauben“ in einem Bereich, in dem Grundwasserfließgeschwindigkeiten im unmittelbaren Zustrombereich sehr viel geringer seien als bei den betrachteten alternativen Standorten im südlichen Einzugsgebiet. Eine mögliche Schadstofffahne würde bei einem südlichen Brunnenstandort mit einer mehrfachen Abstandsgeschwindigkeit auf die Grundwasserfassung zufließen. Diese natürliche hydrogeologische Gegebenheit wirke sich auch bei der Festlegung der 50-Tage-Linie aus. Die oberstromige Entfernung der 50-Tage-Linie liege bei den Brunnen „Reichenhofen“ und „Lauben“ zwischen 700 und 1.000 m. Die südlichen Standorte Herlazhofen und Rauns würden Entfernungen von 1.700 - 2.400 m erforderlich machen. Dies hätte entsprechend größere Schutzzonen II mit restriktiven Schutzbestimmungen zur Folge. Die Flächen der Schutzzonen II für die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ betrügen 22 bzw. 40 ha. Im Gegensatz dazu würde der Flächenbedarf bei den Brunnen „Herlazhofen“ und „Rauns“ 77 bzw. 120 ha betragen. Gegen die südlichen Standorte sprächen neben den hohen Abstandsgeschwindigkeiten auch die oberhalb von Leutkirch festgestellte Eschachinfiltration in das Grundwasser sowie das große Hochwasserrückhaltebecken südlich von Urlau, das bestimmungsgemäß eine Versickerung von Eschachwasser vorsehe. Nach der Wasserbilanz für das Prognosejahr 2025 liege die durchschnittliche Wasserförderung der letzten Jahre bei 2,6 Millionen m³, der zu erwartende zukünftige Gesamtjahreswasserbedarf liege bei 2,9 Millionen m³. Deshalb könne der derzeitige und zukünftige Wasserbedarf aus einem der Brunnen keinesfalls bereitgestellt werden. Die Brunnen „Winterstetten“ mit einem nutzbaren Dargebot von 91.000 m³ seien nur für die Ortswasserversorgung von Friesenhofen und Winterstetten ausreichend. Das Wasserschutzgebiet für den Brunnen „Adrazhofen“ sei für eine Jahresfördermenge von 949.000 m³ ausgelegt. Aus dem flachgründigen, oberflächennahen und damit gegen anthropogene Einflüsse empfindliche Grundwasservorkommen exfiltriere unterstromig der Brunnen ein Teil des Grundwassers im Bereich Kesselbrunn und fließe über den Neumühlebach in den Stadtweiher. Die in diesen Bereichen liegenden Feuchtbiotope würden bei einer Steigerung der Entnahmerate durch Schüttungsrückgang in Mitleidenschaft gezogen, so dass im Benehmen mit der Naturschutzverwaltung nur 949.000 m³ gefördert werden könnten. Auch ohne die Betrachtung einer ökologisch verträglichen Entnahmemenge würde eine Steigerung der Fördermenge zu einer Ausweitung insbesondere der Schutzzone II führen. Eine wesentliche Steigerung der Förderrate dürfte schnell an die Grenzen des technisch Machbaren stoßen und darüber hinaus die Grenzen der Beeinträchtigung anderer Belange überschreiten. Unterhalb der Brunnenanlage „Lauben“ werde das Naturschutzgebiet „Laubener Brunnen“ im Wesentlichen durch natürliche Grundwasseraufbrüche geprägt. Dieses Naturschutzgebiet liege innerhalb des FFH-Gebiets „Aitrach und Hergottsried“. Um durch die oberliegende Grundwasserentnahme aus der Wassergewinnungsanlage „Lauben“ diesen grundwassersensiblen Bereich und damit den Schutzzweck des Naturschutzgebietes nicht wesentlich zu beeinträchtigen, sei die Entnahmemenge auf knapp 1,9 Millionen m³ zu begrenzen. Auch der Brunnen „Lauben“ könne nicht in vollem Umfang den Wasserbedarf abdecken. Die restliche Bedarfsdeckung sei daher durch die Brunnenanlage „Reichenhofen“ mit 182.000 m³ sicherzustellen. Auch hier sei die Grundwasserförderung zur Abdeckung des Gesamtwasserbedarfs nicht möglich, da die nordwestlich des Brunnens liegenden Feuchtbiotope an der Wurzacher Ach von Grundwasseraustritten gespeist würden. Diese Betrachtungen zeigten, wie stark die förderbaren Wassermengen bei diesen oberflächennahen Grundwasservorkommen an die ökologisch verträglichen Entnahmemengen anzupassen seien. Somit ergebe sich insgesamt eine nachhaltige, den Gewässer- und Naturschutz berücksichtigende Bereitstellung von Trinkwasser. Des Weiteren sei die bereits in Jahrzehnten mit hohem Investitionsaufwand geschaffene wasserversorgungstechnische Infrastruktur, insbesondere die Pumpendruckleistungen zu den Hochbehältern, nicht für die Bedarfsdeckung aus einem Betriebspunkt (zu geringe Dimensionierung, unwirtschaftlicher Betrieb, hohe Pumpkosten durch erhöhte Reibungsverluste) geeignet. Im Wasserschutzgebiet könne ordnungsgemäß Landwirtschaft betrieben werden. Einschränkungen bestünden in Form des Ausbringungsverbots von flüssigem Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft in Zone II und des Verbots des Umbruchs sowie jeglicher Nutzungsänderungen auch in Teilflächen von Dauergrünland in den Zonen II und III A und B. Das Umbruchverbot von Dauergrünland sei ein zentraler Punkt der SchALVO, da unter Grünland der geringste Stickstoffaustrag erfolge. Das Wasserschutzgebiet „Leutkircher Heide“ sei derzeit aufgrund des geringen Nitratgehaltes im geförderten Grundwasser nach der SchALVO als Normalgebiet eingestuft. Es entstünden in den Zonen III A und B keine wirtschaftlichen Nachteile, die ausgleichspflichtig seien.
18 
Dem Senat liegen die Akten des Landratsamts Ravensburg vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
20 
Der Antrag ist zwar im Ergebnis zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
21 
Gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
I.
22 
Der Normenkontrollantrag wäre, soweit er sich gegen § 12 (Ordnungswidrigkeiten) WSV „Leutkircher Heide“ richten sollte, allerdings nicht statthaft. Im Verfahren der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle entscheidet der Senat gemäß § 47 Abs. 1 VwGO „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“. Antragsgegenstand können danach nur solche Rechtsvorschriften sein, deren Überprüfung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugewiesen sind, also zu öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten führen können. Hieran fehlt es für Vorschriften, die wie § 12 WSV rein ordnungswidrigkeitsrechtlicher Natur sind und deren Vollzug durch die Verwaltungsbehörde allein von den ordentlichen Gerichten kontrolliert werden kann (§ 68 OWiG). Daran vermag der enge Zusammenhang mit den weiteren Bestimmungen der WSV „Leutkircher Heide“ nichts zu ändern. Auch wenn die Vorschriften zusammen zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden und die Ungültigkeit der Verbotsnorm die Bewehrungsvorschrift leer laufen ließe, ist der Verwaltungsgerichtshof nicht befugt, die letztere mit der in § 47 Abs. 5 Satz 2, 1. Halbsatz VwGO angeordneten Wirkung für unwirksam zu erklären (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.02.2005 - 7 CN 6.04 -, NVwZ 2005, 695; Beschluss vom 27.07.1995 - 7 NB 1.95 -, BVerwGE 99, 88 = NVwZ 1996, 63 = VBlBW 1995, 472; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 18.02.1992, VBlBW 1993, 99 = NVwZ 1992, 1105; NK-Beschluss vom 29.04.1993, ESVGH 33, Nr. 140; NK-Beschluss vom 15.12.1992 - 10 S 305/92 -, ESVGH 43, 124 = DVBl. 1993, 778; NK-Urteil vom 05.02.2002 - 10 S 1379/00 -, NuR 2004, 175 = BWGZ 2002, 801).
23 
Der Antrag im Übrigen ist jedoch statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV „Leutkircher Heide“ um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
24 
Der Normenkontrollantrag vom 19.01.2007 ist auch fristgerecht innerhalb der Zwei-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung (vgl. § 195 Abs. 7 VwGO) gestellt worden. Hierbei kann unerörtert bleiben, ob die berichtigende Bekanntmachung vom 27.12.2005 und/oder die nochmalige berichtigende Bekanntmachung vom 13.01.2006 den Lauf der Antragsfrist nach § 47 Abs. 2 VwGO a.F. neu in Lauf gesetzt haben. Denn auch dann, wenn ausschließlich auf die erste Bekanntmachung der WSV „Leutkircher Heide“ am 21.12.2005 abzustellen wäre (vgl. zur Neubekanntmachung von Normen BVerwG, Beschluss vom 20.09.2007 - 4 BN 20.07 -, BRS 71 Nr. 47 (2007); Beschluss vom 01.08.2007 - 4 BN 32.07 -, NVwZ 2007, 1310; Beschluss vom 19.10.2006 - 9 B 7.06 - juris; Beschluss vom 27.10.1998 - 4 BN 46.98 -, ZfBR 1999, 45; Beschluss vom 25.02.1997 - 4 NB 40.96 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 9; Beschluss vom 09.05.1996 - 4 NB 60.96 - Buchholz 406.11 § 12 BauGB Nr. 21; BayVGH, Beschluss vom 28.02.2008 - 1 NE 07.2946 u.a. -, juris), hätte der Normenkontrollantrag die maßgebliche Zwei-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. gewahrt.
III.
25 
Die Antragsteller sind weiterhin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn sie können geltend machen, durch die Wasserschutzgebietsverordnung - namentlich durch die infolge der Einbeziehung der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke in die Zone III A zu deren Schutz geltenden Ge-und Verbote nach §§ 5 bis 8 WSV „Leutkircher Heide“ sowie durch die Schutzbestimmungen der SchALVO (vgl. § 2 WSV „Leutkircher Heide“) - in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 GG verletzt zu sein.
IV.
26 
Dem Normenkontrollantrag fehlte hinsichtlich § 2 WSV (Geltung der Schutzbestimmungen der SchALVO), soweit sich die Antragsteller auch hiergegen wenden sollten, allerdings das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Wie jedes verwaltungsgerichtliche Verfahren erfordert das Normenkontrollverfahren ein in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfendes Rechtsschutzbedürfnis. Dieses fehlt, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichtes als nutzlos erweist, weil der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Die Unwirksamkeitserklärung des § 2 WSV verbesserte die Rechtsstellung der Antragsteller nicht. Denn gemäß § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 SchALVO gelten die Schutzbestimmungen dieser Verordnung in Wasserschutzgebieten zum Schutz des Grundwassers unabhängig davon, ob die Wasserschutzgebietsverordnung dies selbst bestimmt. § 2 WSV kommt insoweit kein eigenständiger Regelungsgehalt zu.
B.
27 
Der insoweit zulässige Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
28 
Die von den Antragstellern geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor; sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
29 
Verfahrens- bzw. Formfehler bei der Normsetzung sind weder - innerhalb der Frist von einem Jahr nach Erlass der WSV „Leutkircher Heide“ (§ 110 a Abs. 1 WG), auf die im Rahmen der Verkündung ordnungsgemäß hingewiesen wurde - substantiiert gerügt worden noch ersichtlich.
30 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG wurden die durch die WSV „Leutkircher Heide“ betroffenen Gemeinden angehört. Der Entwurf der WSV „Leutkircher Heide“ wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats vom 10.08.2005 bis 09.09.2005 erneut mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt, nachdem aufgrund von Einwendungen, die im Rahmen der ersten Offenlage erhoben wurden, bekannt geworden war, dass Pläne abhanden gekommen waren.
31 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV „Leutkircher Heide“ in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschluss vom 17.10.2005 - 7 BN 1.05 -, NVwZ 2006, 85 = ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 09.06.2009 - 3 S 1108/07 -, juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]). Der Bürger konnte auch klar erkennen, dass die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets gerade darin besteht, dass die Verordnung mit ihren Geboten und Verboten unmittelbar die künftige Nutzung konkret erfasster Grundstücke in ihrem Geltungsbereich bestimmt und nicht erst die Rechtsgrundlage für eine künftige Beschränkung der Eigentümerbefugnisse schafft.
32 
3. Weiterhin hat der Antragsgegner den Vorgaben des § 110 Abs. 4 WG entsprechend die vorgebrachten Bedenken geprüft und in den Schreiben des Landratsamts Ravensburg vom 01.12.2005, 02.12.2005, 12.12.2005 und 13.12. 2005 an die Einwender hierzu Stellung genommen sowie das Ergebnis mitgeteilt. Ferner wurde die WSV auch gem. Art. 63 Abs. 2 LVerf BW i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO ordnungsgemäß ausgefertigt und verkündet.
33 
4. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerf BW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der Wasserschutzgebietsverordnung nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 06.07.1999 - 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 15.12.2008 - 1 S 2256/07 -, VBlBW 2009, 220).
II.
34 
Die WSV „Leutkircher Heide“ ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
35 
Die WSV „Leutkircher Heide“ findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz - WHG - i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg - WG BW - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer, zu denen auch das Grundwasser gehört (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG), im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG BW u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
36 
Durch § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschluss vom 06.09.2005 - 1 BvR 1161/03 -, NVwZ 2005, 1412 = NuR 2006, 171 = ZfW 2007, 99) wird die für die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets zuständige Behörde beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ermächtigt und verpflichtet, nach ihrem Ermessen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschluss vom 17.10.2005 - 7 BN 1.05 -, NVwZ 2006, 85 = ZfW 2007, 141; Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 - u.a., NVwZ 1997, 887; Beschluss vom 23.01.1984 - 4 B 157.83 - u.a., ZfW 1984, 294; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.06.1997 - 8 S 374/97 -, ZfW 1998, 436; NK-Urteil vom 18.11.2009 - 3 S 140/07 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Urteil vom 08.05.2008 - 1 C 10511/06 - juris [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 28.10.2008 - 7 BN 4.08 -, UPR 2009, 236], BayVGH, Urteil vom 13.06.1996, BayVBl 1997, 111; Hess. VGH, Urteil vom 24.11.2006 - 7 N 1420/05 -, ZUR 2007,156). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn mit der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nämlich nicht um die planende, potenziell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Beschluss vom 27.04.1981 - VII 2009/79 -, UPR 1981, 62 = AgrarR 1981, 320; Urteil vom 21.12.1982 - 5 S 1359/81 -, DVBl 1983, 639; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Urteil vom 08.05.2008 - 1 C 10511/06 - juris [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 28.10.2008 - 7 BN 4.08 -, UPR 2009, 236], BayVGH, Urteil vom 13.06.1996 - 22 N 93.2863 -, BayVBl 1997, 111 [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 - u.a., NVwZ 1997, 887]; Urteil vom 26.06.2002 - 22 N 01.2625 -, ZfW 2003, 222; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 14). Letzteres bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.09.2005 - 1 BvR 1161/03 -, NVwZ 2005, 1412 = NuR 2006, 171 = ZfW 2007, 99; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 6, 24 ff. m.w.N.).
37 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig und schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen nach allg. M. die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 18.11.2009 - 3 S 140/07 -; Urteil vom 21.12.1982 - 5 S 1359/81 -, DVBl 1983, 638; Urteil vom 24.03.1986 - 5 S 2831/84 -, NVwZ 1987, 241; Urteil vom 13.12.1996 - 8 S 1757/96 -, ZfW 1998, 312; Urteil vom 23.06.1997 - 8 S 374/97 -, ZfW 1998, 436; Beschluss vom 05.08.1998 - 5 S 1906/97 -, NVwZ 1999, 1249 = ZfW 2000, 138; Urteil vom 21.11.2001 - 8 S 940/01 - juris; BayVGH, Urteil vom 26.06.2002 - 22 N 01.2626 -, ZfW 2003, 219; Urteil vom 13.06.1996 - 22 N 93.2863 -, BayVBl 1997, 111 [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 - u.a., NVwZ 1997, 887]; Urteil vom 15.09.2005 - 22 N 05.1126 -, ZfW 2007, 235; Urteil vom 13.10.2006 - 22 N 06.1247 -, juris; Urteil vom 27.10.2006 - 22 N 04.1544 -, ZfW 2008, 112; Urteil vom 05.02.2007 - 22 N 06.2838 -, ZfW 2008, 158; Urteil vom 15.09.2005 - 22 N 05.1126 -, ZfW 2007, 235; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Urteil vom 08.05.2008 - 1 C 10511/06 - juris [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 28.10.2008 - 7 BN 4.08 -, juris]; Hess. VGH, Urteil vom 24.11.2006 - 7 N 1420/05 -, ZUR 2007, 156; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 04.10.1995 - 2 K 2/94 -, UPR 1996, 312; Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 10; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 Rn. 41).
38 
Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH München, Urteil vom 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609; VGH Mannheim, Beschluss vom 05.08.1998, - 5 S 1906/97 -, NVwZ 1999, 1249 = ZfW 2000, 138).
39 
Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.09.2005 - 1 BvR 1161/03 -, NVwZ 2005, 1412 = NuR 2006, 171 = ZfW 2007, 99; BVerwG, Beschluss vom 23.01.1984 - 4 B 157.83 u.a. -, DVBl 1984, 342 = ZfW 1984, 294; Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 u.a. -, NVwZ 1997, 887 = ZfW 1997, 193; VGH Bad.-Württ, Beschluss vom 27.04.1981 - VII 2009/79 -, UPR 1981, 62 = AgrarR 1981, 320; Urteil vom 21.12.1982 - 5 S 1359/81 -, DVBl 1983, 639; Urteil vom 24.03.1986 - 5 S 2831/84 -, NVwZ 1987, 241).
40 
Nach Maßgabe der obigen Grundsätze hat das Landratsamt Ravensburg als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG BW) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG und § 24 WG BW ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau vom 15.11.1991 und der weiteren ergänzenden Stellungnahme dieses Amtes vom 28.11.2008 (vgl. Nr. 8.2.5 der Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 06.05.1996, GABl. 1996, 460) die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt dieses Erlasses (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 7 BN 2.08 -, UPR 2009, 236; Nds. OVG, Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371) diente das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung (1.). Ferner erforderte das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig war und ist (4.).
41 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG sind zweifellos erfüllt. Das in den Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ geförderte Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG) mit dem dazugehörigen Wasserreservoir diente im Zeitpunkt des Erlasses der WSV „Leutkircher Heide“ als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Stadt Leutkirch der Versorgung ihrer Einwohner und der ihrer Ortsgemeinden. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, fand die WSV „Leutkircher Heide“ als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
42 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen „Lauben“ und “Reichenhofen“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
43 
Schutzwürdigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen „Lauben“ und „Reichenhofen“ - nach seiner Menge und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Urteil vom 08.05.2008 - 1 C 10511/06 - juris [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 28.10.2008 - 7 BN 4.08 -, UPR 2009, 236]; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 Rn. 42). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 4.10.1995 - 2 K 2/94 -, UPR 1996, 312; Nds. OVG, Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870).
44 
Nach Maßgabe dessen bestehen gegen die Schutzwürdigkeit des Grundwassers im Einzugsgebiet der streitgegenständlichen Brunnen keine Bedenken; solche wurden von den Antragstellern auch nicht substantiiert erhoben.
45 
3. Das unter Schutz gestellte Grundwasser ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
46 
3.1 In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 05.08.1998 - 5 S 1906/97 -, NVwZ 1999, 1249 = ZfW 2000, 138).
47 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 [Grundwasser] WHG). Insoweit bedurfte es bei Erlass der WSV nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urteil vom 12.09.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87/89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, NK-Beschluss vom 05.08.1998 - 8 S 1906/07 -, VBlBW 1999, 67 = NVwZ 1999, 1249; BayVGH, Urteil vom 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 9). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor Stoffen, die zur Verunreinigung des Grundwassers führen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a Rn. 17). Im Übrigen hat das LGRB überzeugend darauf hingewiesen, es bestehe hinreichender Anlass, die Integrität der schützenden Deckschichten zu erhalten und schwer abbaubare Schadstoffe zuverlässig vom Grundwasser fernzuhalten. Dies gelte im vorliegenden Gebiet umso mehr, als die vorhandenen Deckschichten nicht sehr ausgeprägt seien und bezüglich ihrer Schutzfunktion auf Störungen sehr sensibel reagierten.
48 
3.2 Die räumliche Abgrenzung des WSV „Leutkircher Heide“ ist gleichfalls nicht zu beanstanden.
49 
Das LGRB führt zu den geologischen und hydrogeologischen Verhältnissen in seinem Abschlussgutachten vom 15.11.1991 und dem Hydrogeologischen Folgegutachten vom 28.11.2008 im Wesentlichen aus: Der Untergrund im Wasserschutzgebiet baue sich aus eiszeitlichen Sanden und Schottern auf. Während der Würm-Eiszeit hätten sich die Gletscher-Abflüsse in die unterlagernden, gering wasserdurchlässigen Sedimente der tertiären Süßwassermolasse eingegraben. Anschließend seien die so entstandenen rinnenartigen Eintiefungen wieder mit vom Fluss mitgeführten Sanden und Schottern verfüllt worden. So sei ein System mehrerer gut wasserführender Rinnen entstanden, die überwiegend einen hydraulischen Kontakt untereinander besäßen. Entsprechend der damaligen Abflussverhältnisse seien die Hauptrichtungen der Abflussrinnen nach Norden und nach Nordosten bis Osten gerichtet. Die einzelnen Rinnen seien nach den sie bildenden Flüssen bzw. Gewässern benannt worden. Die markantesten Rinnenstrukturen im Wasserschutzgebiet seien die Argen-Eschach-Rinne, die Tiefe Aitrachrinne sowie das Orlauer Eschachtal. Die Rinnen wiesen gegenüber den unterlagernden und seitlich umgebenden Sedimenten der Süßwassermolasse eine sehr hohe Wasserdurchlässigkeit auf. Aufgrund der mit einem leichten Gefälle versehenen Rinnenstrukturen - vergleichbar mit einem Fluss - fließe darin das Grundwasser in großen Mengen und hohen Abstandsgeschwindigkeiten hindurch. Diese Hauptstromrinnen besäßen daher eine herausragende Stellung als nutzbares Grundwasserstockwerk und hätten eine überregionale Bedeutung. Die größten Ergiebigkeiten wiesen Brunnen auf, die im Hauptstrom der Rinne den Grundwasserleiter vollständig erschlössen. Zu den Randbereichen hin nähmen die Mächtigkeiten und damit auch die Ergiebigkeit des Grundwasserleiters ab. Die Überdeckung des Grundwasserleiters bestehe lediglich im Bereich des Friesenhofener Eschach Schwemmfächers aus bindigen Sedimenten nennenswerter Mächtigkeit. Es sei dort eine mehrere Meter mächtige unregelmäßige Wechselfolge aus Hochflutlehmen und Kiesen aufgebaut. Im übrigen Gebiet bestehe die Überdeckung aus einer maximal 1 m mächtigen Kiesverwitterungslehmdecke (Kies-Para-Braunerde) bzw. aus wenige Dezimeter mächtigen schluffig-tonigen Auelehmen. Südlich von Herlazhofen würden die Kiese der Argen-Eschach-Rinne, westlich von Diepoldshofen die der Tiefe Aitrach-Rinne von bis zu mehrere 10 m mächtigen feinsandigen bzw. tonigen Schluffen mit Kieseinschaltungen der Würmendmoräne überlagert. Das Grundwasser sei im Untersuchungsgebiet nicht gespannt. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass die breite würmeiszeitliche Schotterebene der Leutkircher Heide sich aus der aus südlicher Richtung kommenden Argen-Eschach-Rinne und aus der entlang dem Wurzacher Achtal verlaufenden Tiefen Aitrachrinne zusammensetze. Nordwestlich von Leutkirch bei Weilerhaid münde die Argen-Eschach-Rinne in die über das Aitrachtal ins Illertal führende Tiefe Aichtrach-Rinne ein. Diese mit Schmelzwasserkiesen verfüllten Rinnensysteme bildeten ein zusammenhängendes sehr ergiebiges Grundwasservorkommen (vgl. S. 10 und 11 Gutachten LGRB). Der nördliche Teil des Schutzgebiets sei entlang der Tiefen Aichtrachrinne in west-östlicher Richtung parallel zur Wurzacher Ach ausgerichtet. In dieser Rinne lägen die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“. Der südliche Teil des Schutzgebiets orientiere sich am Verlauf der Argen-Eschach-Rinne, die von Süd/Südosten her nach Nord/Nordwesten verlaufe. Nordwestlich von Leutkirch - bei Haid - vereinigten sich beide Rinnen. Aufgrund der dargestellten hydrogeologischen Situation im Gebiet der Leutkircher Heide und des Wurzacher Achtales sowie der Anordnung der Fassungen überlappten sich die Einzugsgebiete der beiden Fassungen in hohem Maße, weshalb von einem gemeinsamen Einzugsgebiet auszugehen sei. Dessen oberirdische Grenzen seien zum Teil nicht identisch mit den unterirdischen. Die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ würden somit aus zwei Hauptstromrichtungen angeströmt. Für die Größe des Schutzgebiets sei dieser Umstand von entscheidender Bedeutung, da beide Zustrombereiche als Wasserschutzgebiet ausgewiesen werden müssten. Der Brunnen „Lauben“ befinde sich in der Tiefen Aitrach-Rinne und erhalte Zustrom von Westen aus dieser Rinne sowie aus Süden durch die Argen-Eschach-Rinne. Der Brunnen „Reichenhofen“ befinde sich in der Tiefen Aichtrach-Rinne im Bereich des Zusammenflusses mit der Argen-Eschach-Rinne, die aus südlichen Richtung einmünde. Der Brunnen „Reichenhofen“ werde daher sowohl von der Tiefen Aitrachrinne (aus Westen) als auch von der Argen-Eschach-Rinne (aus Süden) angeströmt.
50 
Zu den im Wesentlichen gleichen geologischen und hydrogeologischen Verhältnissen kommt auch die Stellungnahme des Geowissenschaftlichen Büros Dr. ... zur geplanten Ausweisung des Wasserschutzgebiets Leutkircher Heide, Landkreis Ravensburg vom Juli 2005, das im Auftrag der Schutzgemeinschaft der Wasserschutzgebietsbetroffenen Leutkircher Heide/Aitrachtal im Juli 2005 erstellt wurde. Der Einwand gegen das Abschlussgutachten des LGRB, Gegenstand dieses Gutachtens seien Brunnen, die aus dem jetzigen Verfahren abgetrennt oder bereits außer Betrieb genommen worden seien (Brunnen Rauns, Herlazhofen, Friesenhofen und Unterzeil), weshalb das Gutachten daher nicht geeignet sei, ein Wasserschutzgebiet für die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ abzugrenzen, greift nicht durch. In seiner ergänzenden Stellungnahme zum Abschlussgutachten vom 28.11.2008 hat das LGRB ausgeführt, auch bei Herausnahme der Brunnen „Rauns“, „Herlazhofen“, „Friesenhofen“ und „Unterzeil“ ergebe sich für die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ aufgrund der dargestellten großräumigen und sich überlappenden Zustrombereiche der in die Wasserschutzgebietsverordnung übernommene Abgrenzungsvorschlag. Insoweit werde der Sachverhalt zur südlichen Begrenzung des Wasserschutzgebiets für die Brunnen „Lauben“ aus dem Abschlussgutachten 1991 nur unvollständig zitiert und deshalb nicht richtig wiedergegeben. Aus Kapitel 8.1.3 des Abschlussgutachtens (S. 23 und 24, wie auch aus Anl. 17) gehe hervor, dass bei Wegfall der geplanten Entnahmestelle Unterzeil und der übrigen Brunnen der gesamte südliche Teil der Leutkircher Heide, der Argen-Eschach-Rinne und das Eschachtal zum Einzugsgebiet des Brunnens „Lauben“ gehörten. Ebenso sei für diesen Fall auch die Grenzziehung zwischen dem Wasserschutzgebiet des Brunnens „Reichenhofen“ und dem des Brunnens „Lauben“ klargestellt.
51 
Der Senat schließt sich den nachvollziehbaren und überzeugenden Darlegungen des LGRB zu den geologischen und hydrogeologischen Gegebenheiten und der hierauf beruhenden Abgrenzung des Wasserschutzgebiets an. Allein der Umstand, dass das Gutachten bereits 1991 erstellt wurde, führt nicht dazu, dass es als Grundlage für die räumliche Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „Leutkircher Heide“ nicht tragfähig ist. Dr. ... hat in der mündlichen Verhandlung zwar erklärt, man hätte aufgrund neuerer Untersuchungsmethoden differenziertere Ergebnisse finden können. Die Antragsteller haben indessen nicht substantiiert vorgetragen, dass die vom Landesamt zugrunde gelegten geologischen und hydrogeologischen Umstände unzutreffend seien oder sich grundlegend, das Gutachten insgesamt in Frage stellend, gewandelt hätten. Das LGRB weist insoweit darauf hin, dass das Abschlussgutachten die umfangreichen Untersuchungsergebnisse zur „Hydrogeologischen Karte Baden-Württemberg - Leutkircher Heide und Aitrachtal“ von 1989 sowie die Ergebnisse des darauf aufbauenden numerischen Grundwasserströmungsmodells der Universität Karlsruhe von 1991 berücksichtige. Durch seither neu hinzugekommene hydrogeologische Informationen hätten sich keine grundsätzlichen Änderungen im Verständnis der geologischen und hydrogeologischen Zusammenhänge ergeben. Die Darstellung im Abschlussgutachten wird im Übrigen in geologischer und hydrogeologischer Hinsicht gerade durch die Stellungnahme des Geowissenschaftlichen Büros Dr. ... ... vom Juli 2005 im Wesentlichen bestätigt. Das hydrogeologische Abschlussgutachten hat das Einzugsgebiet für die beiden streitgegenständlichen Brunnen sorgfältig beschrieben und dargestellt. Es hat ausführlich dargelegt, nach welchen Kriterien im vorliegenden Fall die einzelnen Schutzzonen - auch soweit eine Abweichung von den Grundregeln (z.B. bei der Bestimmung und Berechnung der 50-Tage-Linie) geboten war - auszuweisen und voneinander abzugrenzen seien. Unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Schutzbedürftigkeit ist die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets zum Schutz des zum Einzugsgebiet der Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ rechnenden Grundwassers in hydrogeologischer Hinsicht nicht zu beanstanden.
52 
4. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist schließlich auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers zu bejahen.
53 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom Beschluss vom 27.04.1981 - VII 2009/79 -, UPR 1981, 62 = AgrarR 1981, 320; Urteil vom 21.12.1982 - 5 S 1359/81 -, DVBl 1983, 638; Beschluss vom 05.08.1998 - 8 S 1906/97 -, VBlBW 1999, 67 = ZfW 2000, 138; Urteil vom 21.11.2001 - 8 S 940/01 -, juris; OVG Schleswig, Urteil vom 4.10.1995 - 2 K 2/94 -, UPR 1996, 312 = NuR 1996, 364; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.08.1992 - 10 C 11067/91 -, ZfW 1993, 220; Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Hess. VGH, Urteil vom 24.11.2006 - 7 N 1420/05 -, ZUR 2007, 156; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 19 RdNr. 5; Czychowski, a.a.O., Rdnr. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets insoweit nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist daher bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urteil vom 12.09.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, NK-Beschluss vom 05.08.1998 - 8 S 1906/97 -, VBlBW 1999, 67 = NVwZ 1999, 1249; BayVGH, Urteil vom 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 9).
54 
Nach Maßgabe dessen wird die WSV „Leutkircher Heide“ auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht, insbesondere vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung rechtlich geschützter Interessen der Antragsteller nicht festzustellen.
55 
a.) Der Rechtmäßigkeit der Wasserschutzgebietsausweisung „Leutkircher Heide“ steht insoweit nicht entgegen, dass ein deutlich verkleinertes Schutzgebiet durch eine Verlagerung und Konzentration der für die Trinkwasserversorgung genutzten Brunnen, insbesondere der Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“, auf eine Hauptstromrinne erreicht werden könnte. Hierauf verweist zwar die Stellungnahme des Geowissenschaftlichen Büros Dr. ... und diskutiert insoweit die Nutzung der Argen-Eschach-Rinne und die Nutzung der Tiefen Aitrach-Rinne sowie die Nutzung der in diesen grundwasserführenden Rinnen liegenden Brunnen. Die Stellungnahme weist aber im Ergebnis keine zeitnah umsetzbare Alternativlösung auf. Vielmehr wird eingeräumt, dass eine Konzentration der Trinkwasserversorgung auf eine der maßgebenden grundwasserführenden Rinnen umfangreiche Ermittlungen voraussetzte. So müssten entweder Brunnenneubohrungen erfolgen oder - z.B. bei einer alleinigen Nutzung der Tiefen Aichtrach-Rinne - Versuchsbohrungen niedergebracht werden, um die Wasserqualität sowie die Ergiebigkeit zu ermitteln. Eine Konzentration der Grundwassernutzung auf den Bereich des Brunnens „Lauben“ sei, wie die Stellungnahme weiter ausführt, zur Verkleinerung des Wasserschutzgebiets überhaupt nicht zielführend. Auch eine Konzentration der Grundwassernutzung auf den Bereich des Brunnens „Reichenhofen“ sei nur nachrangig zu behandeln, das Schutzgebiet erführe dadurch nur eine geringfügige Verkleinerung. Bei der ausschließlichen Nutzung von Brunnen im Bereich des Brunnens „Adrazhofen“ entfiele nach Auffassung des Geowissenschaftlichen Büros das derzeit geplante Schutzgebiet. Allerdings müsste die Möglichkeit der ausschließlichen Nutzung dieses Gewinnungsgebiets, gegebenenfalls bei gleichzeitiger Einrichtung eines Notwasserverbundes mit einer benachbarten Wasserversorgung, eingehend geprüft werden. Auch dies zeigt, dass eine Konzentration ohne Einrichtung eines Notwasserverbundes sich offenbar nicht realisieren ließe. Auch eine Verlagerung der Trinkwasserförderung in den Bereich der Brunnen „Winterstetten“ werde wegen der großen Entfernung zur Stadt Leutkirch lediglich als nachrangig angesehen. Das Gewinnungsgebiet der Brunnengalerie „Rauns“ sei - so die Stellungnahme - voraussichtlich ausreichend ergiebig, um den gesamten Wasserbedarf der Stadt Leutkirch zu decken, da sich dieses Gebiet innerhalb der stark durchströmten Argen-Eschach-Rinne befinde. Die Brunnengalerie wurde indessen, worauf auch Dr. ... hinweist, aus dem regulären Betrieb genommen, da sich die Engere Schutzzone aufgrund der geologischen und hydrogeologischen Gegebenheiten über ein vergleichsweise großes Gebiet erstrecken müsste. Aus Rücksicht auf die damit verbundenen notwendigen Einschränkungen in der landwirtschaftlichen Nutzung dieser Flächen wurde auf die weitere Nutzung dieser Brunnen verzichtet. Letzteres wurde vom Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung noch einmal näher erläutert und bestätigt.
56 
Vor diesem Hintergrund ist auch dieser Lösungsvorschlag wenig überzeugend, insbesondere müsste die Brunnengalerie mit entsprechenden Investitionskosten wieder in Betrieb genommen werden. Für die Brunnen „Herlazhofen“ müsste erst noch durch entsprechende Probebohrungen ermittelt werden, ob dieses Gewinnungsgebiet ein ausreichendes Grundwasserdargebot besitzt. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die vom Geowissenschaftlichen Büro Dr. ... vorgeschlagene Konzentration der Trinkwasserförderung auf eine der maßgebenden Grundwasserrinnen derzeit nicht ohne weitere umfangreiche hydrogeologische Ermittlungen und Untersuchungen sowie erhebliche Investitionen umsetzbar ist. Demgegenüber sind die derzeit für die Trinkwasserversorgung sich im Betrieb befindlichen Brunnen - insbesondere die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ - mit den dazuge- hörenden infrastrukturellen Gegebenheiten in vollem Umfang betriebsbereit und nutzbar. Vor diesem Hintergrund sind die von Dr. ... aufgezeigten Alternativen gegenüber der bestehenden Brunnenanlagen der Stadt Leutkirch keinesfalls derart zwingend, dass die Wasserbehörde sie bei der Ausweisung des Wasserschutzgebietes hätte mit bedenken oder gar umsetzen müssen, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Darüber hinaus ist entgegen der Auffassung der Antragsteller bei der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets grundsätzlich von den vorhandenen, in Betrieb befindlichen Brunnen auszugehen. Die der Festsetzung von Wasserschutzgebieten vorgelagerte Ebene der Standortentscheidung zeigt bereits § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG selbst auf. Denn danach können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Der bei einer Wasserschutzgebietsausweisung zugrunde gelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann sonach im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden; es kann also nicht geprüft werden, ob der Träger der Wasserversorgung mit gleichem Erfolg einen Brunnen auch an anderer Stelle hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.03.1971 - II 504/69 -, ZfW 1972, 182; Hess.VGH, Urteil vom 17.05.2002 - 7 N 4645/98 -, NuR 2002, 609; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Auf. 2004, Rn. 869). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn Brunnen in absehbarer Zeit in wassertechnischer oder wasserwirtschaftlicher Hinsicht zur Gewinnung von Trinkwasser nicht mehr einsetzbar wären (siehe insoweit der mit dem vorliegenden Fall allerdings nicht vergleichbare Sachverhalt im Urteil des Bay.VGH vom 24.10.2007 - 22 N 05.2524 -, NVwZ-RR 2008, 380). Die von der Stadt Leutkirch zur Trinkwassergewinnung genutzten Brunnenstandorte geben insoweit keinen Anlass zu Bedenken. Die Notwendigkeit von Instandhaltungsmaßnahmen ändert hieran nichts. Deshalb hat die Wasserbehörde zu Recht die Festsetzung des Wasserschutzgebietes an den vorhandenen Brunnenstandorten - auch und insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen - ausgerichtet (vgl. insoweit Hess.VGH, Urteil vom 17.05.2002 - 7 N 4645/98 -, NuR 2002, 609).
57 
Ausschließlich ein Brunnenstandort in einer der Hauptrinnen für die Gesamtwasserversorgung wäre weiterhin mit den Grundsätzen einer sicheren und nachhaltigen Wasserversorgung nicht vereinbar. Dies würde sich insbesondere bei einer Verunreinigung des Grundwassers in diesem einzigen Brunneneinzugsgebiet zeigen. Damit bestünde eine Gefährdung für die gesamte Trinkwasserversorgung. Werden hingegen - wie vorgesehen - mehrere orts- nahe, aber räumlich getrennte Grundwasservorkommen genutzt, wird ein deutlich nachhaltigerer Ressourcenschutz erreicht. Bei der Verunreinigung eines Grundwasserleiters in einem Brunneneinzugsgebiet mit der Folge einer Außerbetriebnahme der Anlage kann die Wasserversorgung ohne Weiteres vorübergehend aus den beiden nicht belasteten Grundwasserbrunnen weiter betrieben werden. Dies entspricht einer zukunftsorientierten Planung, die den Grundwasserschutz und die Trinkwasserversorgung gleichermaßen gewährleistet. Aus diesem Grund macht auch die Stellungnahme des Geowissenschaftlichen Büros Dr. ... die Verlagerung der Trinkwasserförderung allein in das Einzugsgebiet des Brunnen „Rauns“ mit gutem Grund von der Einrichtung eines Notwasserverbundes mit einer benachbarten Wasserversorgung abhängig.
58 
Gegen eine Konzentration der Trinkwasserförderung auf eine der Hauptstromrinnen sprechen auch die vom Antragsgegner aufgeführten hydrogeologischen Besonderheiten im Einzugsgebiet der Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“. Hierbei sind besonders die unterschiedlichen Grundwasserfließgeschwindigkeiten in den unmittelbaren Zustrombereichen in den Blick zu nehmen. Die Brunnen „Reichenhofen“ und „Lauben“ liegen in einem Bereich, in dem die Grundwasserfließgeschwindigkeit sehr viel geringer ist als bei den alternativen Standorten im südlichen Einzugsgebiet (Brunnen „Rauns“, „Herlazhofen“, „Adrazhofen“ und „Friesenhofen“ sowie „Winterstetten“). Eine mögliche Schadstofffahne würde bei einem südlichen Brunnenstandort mit einer mehrfachen Abstandsgeschwindigkeit auf die Grundwasserfassung zufließen. Diese natürliche hydrogeologische Gegebenheit hat Auswirkung bei der Festlegung der 50-Tage-Linie. Die oberstromige Entfernung der 50-Tage-Linie liegt bei den Brunnen „Reichenhofen“ und „Lauben“ zwischen 700 und 1.000 m. Demgegenüber erforderten die südlichen Standorte Herlazhofen und Rauns Entfernungen von 1.700 bis 2.400 m (vgl. hierzu S. 24 ff. des Abschlussgutachtens des LGRB). Würde eine Konzentration der Brunnenstandorte nach Herlazhofen bzw. Rauns verlagert werden, würde dies entsprechend größere Schutzzonen II mit restriktiveren Schutzbestimmungen zur Folge haben.
59 
Auch mit Blick auf den zu erwartenden zukünftigen Gesamtjahreswasserbedarf widerspricht nur ein Brunnenstandort in der Hauptrinne den Grundsätzen einer sicheren und nachhaltigen Wasserversorgung. Nach der Wasserbilanz für das Prognosejahr 2025 liegt dieser bei 2,9 Millionen m³. Die durchschnittliche Wasserförderung der letzten Jahre beträgt 2,6 Millionen m³. Weder der derzeitigen noch der zukünftige Wasserbedarf kann aus einem Brunnen bereitgestellt werden. Der Brunnen „Winterstetten“ verfügt nach den Angaben des Antragsgegners lediglich über ein nutzbares Dargebot von 91.000 m³ und ist allenfalls für die Ortsversorgung von Friesenhofen und Winterstetten ausreichend. Das Wasserschutzgebiet für den Brunnen „Adrazhofen“ sei für eine Jahresfördermenge von 949.000 m³ ausgelegt. Das Grundwasservorkommen in diesem Bereich sei flachgründig, oberflächennah und damit gegen anthropogene Einflüsse sehr empfindlich. Der dortige Brunnen exfiltriere unterstromig einen Teil des Grundwassers im Bereich Kesselbrunn und fließe über den Neumühlebach in den Stadtweiher. Eine Steigerung der Entnahmerate würde durch Schüttungsrückgang die in diesen Bereichen liegenden Feuchtbiotope in Mitleidenschaft ziehen. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass unterhalb der Brunnenanlage „Lauben“ das Naturschutzgebiet „Laubener Brunnen“ liege, das im Wesentlichen durch natürliche Grundwasseraufbrüche geprägt sei. Dieses Naturschutzgebiet befindet sich innerhalb des FFH-Gebiets „Aitrach und Herrgottsried“ (vgl. FFH-Gebietsmeldungen 2005; Gebiets-Nr. 8026-341; TK 25-Nr. 8026, 8125, 8126 auf der Gemarkung der Gemeinden Aichstetten, Aitrach, Bad Wurzach, Leutkirch im Allgäu, Tannheim). Um durch die oberliegende Grundwasserentnahme aus der Wassergewinnungsanlage „Lauben“ diese grundwassersensiblen Bereiche und damit den Schutzzweck des Naturschutzgebiets und FFH-Gebiets nicht wesentlich zu beeinträchtigen, sei - wie der Antragsgegner auch in der mündlichen Verhandlung schlüssig ausgeführt hat - die Entnahmemenge auf knapp 1,9 Millionen m³ begrenzt worden. Damit könne auch der Brunnen „Lauben“ den Wasserbedarf nicht in vollem Umfang abdecken. Die restliche Bedarfsdeckung müsse daher durch die Brunnenanlage „Reichenhofen“ mit ca. 182.000 m³ sichergestellt werden. Auch hier sei die Grundwasserförderung zur Abdeckung des Gesamtwasserbedarfs nicht möglich, da die nordwestlich des Brunnens liegenden Feuchtbiotope an der Wurzacher Ach von Grundwasseraustritten gespeist würden.
60 
Diese Betrachtungen zeigen, wie stark die förderbaren Wassermengen bei den oberflächennahen Grundwasservorkommen an die ökologisch verträglichen Entnahmemengen anzupassen sind. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen bereits in der Antragserwiderung ausführlich dargestellten und in der mündlichen Verhandlung wiederholten diesbezüglichen Darlegungen des Antragsgegners zu zweifeln. Die Antragsteller haben zwar erstmals in der mündlichen Verhandlung bestritten, dass die dargestellte besondere ökologische Gesamtsituation die Beschränkungen der Entnahmeraten gebiete. Sie sind ihnen jedoch auch in Ansehung der hierauf bezogenen umfangreichen Ausführungen in der Antragserwiderung weder schriftlich noch in der mündlichen Verhandlung substantiiert entgegengetreten. Soweit Dr. ... darauf hingewiesen hat, die Beschränkung der Entnahmerate in dem FFH-Gebiet „Aitrach und Herrgottsried“ infolge der dort hydrogeologisch vorzufindenden Artesik könne durch weitere Brunnen beseitigt werden, mag dies zwar zutreffen. Es ändert aber nichts daran, dass die Wasserbehörde - wie oben ausgeführt - bei der Festsetzung des Wasserschutzgebiets grundsätzlich von den bestehenden Brunnen und ihren Besonderheiten auszugehen hat. Die Entscheidung, weitere Brunnenstandorte zu schaffen, ist im Übrigen Gegenstand der gesamtwasserwirtschaftlichen Planung des Trägers der Wasserversorgung, an dessen Stelle sich das Gericht nicht setzen kann. Die Vorhaltung von zwei Notbrunnen, die innerhalb der Schutzgebietsfläche liegen, ist mit Blick auf eine zukunftsorientierte Sicherung der Wasserversorgung nicht zu beanstanden.
61 
Der Einwand der Antragsteller, der Brunnen „Reichenhofen“ könne angesichts der geringen Entnahmemenge aus dem Wasserschutzgebiet herausgenommen werden, ohne dass die Trinkwasserversorgung gefährdet wäre, greift nicht durch. Der Vertreter des Antragsgegners hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sich dadurch aufgrund der sich überschneidenden Zustrombereiche der beiden Grundwasserleiter die Gesamtfläche des Wasserschutzgebiets nicht ändern würde. Lediglich die Schutzzone III A würde zur Schutzzone III B werden. Dadurch würde sich aber die Situation der Antragssteller nicht verbessern. Denn das Umbruchverbot sowie die besonderen Anforderungen an die Lagerung wassergefährdender Stoffe würden dort gleichfalls gelten. Darüber hinaus hat der Vertreter des Antragsgegners überzeugend dargelegt, dass gerade dem Brunnen „Reichenhofen“ vor dem Hintergrund der hydrogeologischen Situation eine herausgehobene Bedeutung für die Sicherung der Trinkwasserversorgung zukommt. Der Brunnen „Reichenhofen“ nimmt insoweit eine besondere Stellung ein, als er gegenüber den anderen zur Wassergewinnung genutzten Brunnen der Wasserversorgung der Stadt Leutkirch - wie auch der Notbrunnen - nicht in der grundwasserführen- den Hauptrinne (Argen-Eschach-Rinne und Aitrach-Rinne) liegt, sondern im Zustrombereich der Wurzacher-Ach-Rinne. Bei einer Verunreinigung des Grundwassers in der Hauptrinne wäre der Brunnen „Reichenhofen“ in der Lage, die Versorgung der Bevölkerung zumindest mit Trinkwasser sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund steht für den Senat fest, dass der Brunnen „Reichenhofen“ unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Sicherung für die bestehende und künftige Trinkwasserversorgung der Stadt Leutkirch nicht verzichtbar ist und deshalb zu Recht als notwendiger Baustein der wasserwirtschaftlichen Planung in die WSV „Leutkircher Heide“ einbezogen wurde.
62 
b.) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 3 bis 8 WSV „Leutkircher Heide“ i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen - in § 10 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV vorsehen (BayVGH, Urteil vom 13.06.1996 - 22 N 93.2863 -, BayVBl 1997, 111 [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 - u.a., NVwZ 1997, 887]; Urteil vom 26.06.2002 - 22 N 01.2625 -, ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.05.2004 - 8 S 471/03 - n.v.). Die in §§ 3 ff. SchALVO in Verbindung mit der maßgeblichen Wasserschutzgebietsverordnung geregelten Verbote schränken die Nutzbarkeit der Grundstücke situationsbedingt ein. Sie sind keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.09.2005 - 1 BvR 1161/03 -, NVwZ 2005, 1412 = NuR 2006, 171 = ZfW 2007, 99; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.1996 - 8 S 1757/96 -, ZfW 1998, 312; HessVGH, Urteil vom 17.05.2002 - 7 N 4645/98 -, ZfW 2004, 33). Die Antragsteller haben die sonstigen Schutzanordnungen in den jeweiligen Schutzzonen im Einzelnen nicht substantiiert angegriffen. Der Antragsteller zu 1) hat zwar erklärt, sein Antrag auf Umbruch von Grünland sei aufgrund der Bestimmungen der WSV „Leutkircher Heide“ abgelehnt worden. Er habe diesen Antrag im Hinblick auf eine Umstrukturierung seines landwirtschaftlichen Betriebs gestellt. Auf Nachfrage gab er indessen an, eine Umstrukturierung seines Viehbetriebs sei weder in Planung noch gar eingeleitet worden. Auch der Antragsteller zu 2) konnte keine greifbare Beeinträchtigung dartun. Er hat eingeräumt, sein Betrieb sei durch die WSV „Leutkircher Heide“ nicht betroffen. Der Senat sah trotz dieser Angaben mit Blick auf die Unbegründetheit des Normenkontrollantrags keinen Anlass, insoweit die Frage der Antragsbefugnis zu vertiefen. Unabhängig davon begegnen die Einschränkungen aufgrund der Schutzbestimmungen in der WSV „Leutkircher Heide“ hinsichtlich der überragenden Bedeutung des Grundwasserschutzes auch im Lichte des Art. 14 GG keinen durchgreifenden Bedenken.
63 
c.) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III und ihre Abgrenzung folgt den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in den vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) erarbeiteten „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“, deren Teil I. die Schutzgebiete für Grundwasser zum Gegenstand hat (DVGW-Arbeitsblatt W 101), aufgeführt sind (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.1996 - 8 S 1757/96 -, ZfW 1998, 312; BayVGH, Urteil vom 05.02.2007 - 22 N 06.2838 -, ZfW 2008, 158; Nds. OVG, Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 06.05.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991). Als weitere Grundlagen für die fachtechnische Abgrenzung von Wasserschutzgebieten sind nach diesem Werk und dem Abschlussgutachten des LGRB auch die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen (Belzenkötter u.a., Hannover 1984) maßgebend. Die „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind, also um eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.1996 - 8 S 1757/96 -, ZfW 1998, 312; BayVGH, Urteil vom 05.02.2007 - 22 N 06.2838 -, ZfW 2008, 158; Nds. OVG, Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.09.1989 - 10 C 42.88 -, ZfW 1990, 480; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 18; Salzwedel, ZfW 1992, 397, 404 zur Fassung 1975; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 Rn. 46 f). Die Richtlinien werden deshalb in Rechtsprechung und Literatur als „antezipiertes Sachverständigengutachten“ bezeichnet (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.03.1971 - II 504/69 -, ZfW 1972, 182; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.09.1989 - 10 C 42.88 -, ZfW 1990, 480; Czychowski, a.a.O.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878 m.w.N.).
64 
Das LGRB hat diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - im Rahmen seines Abschlussgutachtens berücksichtigt; auch die WSV „Leutkircher Heide“ trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
65 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
66 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
67 
Beschluss vom 02. Dezember 2009
68 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt.
69 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
20 
Der Antrag ist zwar im Ergebnis zulässig (A.), in der Sache aber unbegründet (B.).
A.
21 
Gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
I.
22 
Der Normenkontrollantrag wäre, soweit er sich gegen § 12 (Ordnungswidrigkeiten) WSV „Leutkircher Heide“ richten sollte, allerdings nicht statthaft. Im Verfahren der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle entscheidet der Senat gemäß § 47 Abs. 1 VwGO „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“. Antragsgegenstand können danach nur solche Rechtsvorschriften sein, deren Überprüfung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugewiesen sind, also zu öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten führen können. Hieran fehlt es für Vorschriften, die wie § 12 WSV rein ordnungswidrigkeitsrechtlicher Natur sind und deren Vollzug durch die Verwaltungsbehörde allein von den ordentlichen Gerichten kontrolliert werden kann (§ 68 OWiG). Daran vermag der enge Zusammenhang mit den weiteren Bestimmungen der WSV „Leutkircher Heide“ nichts zu ändern. Auch wenn die Vorschriften zusammen zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden und die Ungültigkeit der Verbotsnorm die Bewehrungsvorschrift leer laufen ließe, ist der Verwaltungsgerichtshof nicht befugt, die letztere mit der in § 47 Abs. 5 Satz 2, 1. Halbsatz VwGO angeordneten Wirkung für unwirksam zu erklären (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.02.2005 - 7 CN 6.04 -, NVwZ 2005, 695; Beschluss vom 27.07.1995 - 7 NB 1.95 -, BVerwGE 99, 88 = NVwZ 1996, 63 = VBlBW 1995, 472; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 18.02.1992, VBlBW 1993, 99 = NVwZ 1992, 1105; NK-Beschluss vom 29.04.1993, ESVGH 33, Nr. 140; NK-Beschluss vom 15.12.1992 - 10 S 305/92 -, ESVGH 43, 124 = DVBl. 1993, 778; NK-Urteil vom 05.02.2002 - 10 S 1379/00 -, NuR 2004, 175 = BWGZ 2002, 801).
23 
Der Antrag im Übrigen ist jedoch statthaft, weil es sich bei der zur Überprüfung gestellten WSV „Leutkircher Heide“ um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).
II.
24 
Der Normenkontrollantrag vom 19.01.2007 ist auch fristgerecht innerhalb der Zwei-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung (vgl. § 195 Abs. 7 VwGO) gestellt worden. Hierbei kann unerörtert bleiben, ob die berichtigende Bekanntmachung vom 27.12.2005 und/oder die nochmalige berichtigende Bekanntmachung vom 13.01.2006 den Lauf der Antragsfrist nach § 47 Abs. 2 VwGO a.F. neu in Lauf gesetzt haben. Denn auch dann, wenn ausschließlich auf die erste Bekanntmachung der WSV „Leutkircher Heide“ am 21.12.2005 abzustellen wäre (vgl. zur Neubekanntmachung von Normen BVerwG, Beschluss vom 20.09.2007 - 4 BN 20.07 -, BRS 71 Nr. 47 (2007); Beschluss vom 01.08.2007 - 4 BN 32.07 -, NVwZ 2007, 1310; Beschluss vom 19.10.2006 - 9 B 7.06 - juris; Beschluss vom 27.10.1998 - 4 BN 46.98 -, ZfBR 1999, 45; Beschluss vom 25.02.1997 - 4 NB 40.96 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 9; Beschluss vom 09.05.1996 - 4 NB 60.96 - Buchholz 406.11 § 12 BauGB Nr. 21; BayVGH, Beschluss vom 28.02.2008 - 1 NE 07.2946 u.a. -, juris), hätte der Normenkontrollantrag die maßgebliche Zwei-Jahres-Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. gewahrt.
III.
25 
Die Antragsteller sind weiterhin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn sie können geltend machen, durch die Wasserschutzgebietsverordnung - namentlich durch die infolge der Einbeziehung der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke in die Zone III A zu deren Schutz geltenden Ge-und Verbote nach §§ 5 bis 8 WSV „Leutkircher Heide“ sowie durch die Schutzbestimmungen der SchALVO (vgl. § 2 WSV „Leutkircher Heide“) - in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 GG verletzt zu sein.
IV.
26 
Dem Normenkontrollantrag fehlte hinsichtlich § 2 WSV (Geltung der Schutzbestimmungen der SchALVO), soweit sich die Antragsteller auch hiergegen wenden sollten, allerdings das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Wie jedes verwaltungsgerichtliche Verfahren erfordert das Normenkontrollverfahren ein in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfendes Rechtsschutzbedürfnis. Dieses fehlt, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichtes als nutzlos erweist, weil der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Die Unwirksamkeitserklärung des § 2 WSV verbesserte die Rechtsstellung der Antragsteller nicht. Denn gemäß § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 SchALVO gelten die Schutzbestimmungen dieser Verordnung in Wasserschutzgebieten zum Schutz des Grundwassers unabhängig davon, ob die Wasserschutzgebietsverordnung dies selbst bestimmt. § 2 WSV kommt insoweit kein eigenständiger Regelungsgehalt zu.
B.
27 
Der insoweit zulässige Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
28 
Die von den Antragstellern geltend gemachten Mängel der Rechtsverordnung liegen nicht vor; sonstige Fehler sind nicht ersichtlich.
I.
29 
Verfahrens- bzw. Formfehler bei der Normsetzung sind weder - innerhalb der Frist von einem Jahr nach Erlass der WSV „Leutkircher Heide“ (§ 110 a Abs. 1 WG), auf die im Rahmen der Verkündung ordnungsgemäß hingewiesen wurde - substantiiert gerügt worden noch ersichtlich.
30 
1. Entsprechend § 110 Abs. 2 WG wurden die durch die WSV „Leutkircher Heide“ betroffenen Gemeinden angehört. Der Entwurf der WSV „Leutkircher Heide“ wurde gemäß § 110 Abs. 3 WG i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die Dauer eines Monats vom 10.08.2005 bis 09.09.2005 erneut mit den nach dieser Vorschrift erforderlichen Hinweisen öffentlich ausgelegt, nachdem aufgrund von Einwendungen, die im Rahmen der ersten Offenlage erhoben wurden, bekannt geworden war, dass Pläne abhanden gekommen waren.
31 
2. Die öffentliche Bekanntmachung über Ort und Dauer der Auslegung wurde auch ihrer „Anstoßfunktion“ gerecht. Die Bekanntmachung war sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich. Die von der WSV „Leutkircher Heide“ in Anspruch genommene Fläche wurde im Text wie auch in den beigefügten Plänen geographisch so genau bezeichnet und kartographisch entsprechend dargestellt, dass ein interessierter Bürger auf seine mögliche Betroffenheit aufmerksam werden konnte und aufgerufen war, sich um seine Belange zu kümmern (BVerwG, Beschluss vom 17.10.2005 - 7 BN 1.05 -, NVwZ 2006, 85 = ZfW 2007, 141; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 09.06.2009 - 3 S 1108/07 -, juris = DÖV 2009, 1010 [Ls.]). Der Bürger konnte auch klar erkennen, dass die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets gerade darin besteht, dass die Verordnung mit ihren Geboten und Verboten unmittelbar die künftige Nutzung konkret erfasster Grundstücke in ihrem Geltungsbereich bestimmt und nicht erst die Rechtsgrundlage für eine künftige Beschränkung der Eigentümerbefugnisse schafft.
32 
3. Weiterhin hat der Antragsgegner den Vorgaben des § 110 Abs. 4 WG entsprechend die vorgebrachten Bedenken geprüft und in den Schreiben des Landratsamts Ravensburg vom 01.12.2005, 02.12.2005, 12.12.2005 und 13.12. 2005 an die Einwender hierzu Stellung genommen sowie das Ergebnis mitgeteilt. Ferner wurde die WSV auch gem. Art. 63 Abs. 2 LVerf BW i.V.m. § 6 VerkG und § 1 DVO LKrO ordnungsgemäß ausgefertigt und verkündet.
33 
4. Der Antragsgegner hat schließlich das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 1 Satz 3 LVerf BW beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der Wasserschutzgebietsverordnung nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von § 19 Abs. 1 und 2 WHG die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 06.07.1999 - 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 15.12.2008 - 1 S 2256/07 -, VBlBW 2009, 220).
II.
34 
Die WSV „Leutkircher Heide“ ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
35 
Die WSV „Leutkircher Heide“ findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 und 2 WHG. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz - WHG - i.V.m. § 24 Abs. 1 und § 110 Abs. 1 Wassergesetz Baden-Württemberg - WG BW - können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer, zu denen auch das Grundwasser gehört (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG), im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG können in den Wasserschutzgebieten bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 24 Abs. 1 WG BW u.a., dass die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken verpflichtet werden können, ihre Grundstücke nur in bestimmter Weise zu nutzen.
36 
Durch § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschluss vom 06.09.2005 - 1 BvR 1161/03 -, NVwZ 2005, 1412 = NuR 2006, 171 = ZfW 2007, 99) wird die für die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets zuständige Behörde beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ermächtigt und verpflichtet, nach ihrem Ermessen zu entscheiden, ob sie ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf etwaige anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Grundwasserschutzes unterlässt (BVerwG, Beschluss vom 17.10.2005 - 7 BN 1.05 -, NVwZ 2006, 85 = ZfW 2007, 141; Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 - u.a., NVwZ 1997, 887; Beschluss vom 23.01.1984 - 4 B 157.83 - u.a., ZfW 1984, 294; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.06.1997 - 8 S 374/97 -, ZfW 1998, 436; NK-Urteil vom 18.11.2009 - 3 S 140/07 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Urteil vom 08.05.2008 - 1 C 10511/06 - juris [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 28.10.2008 - 7 BN 4.08 -, UPR 2009, 236], BayVGH, Urteil vom 13.06.1996, BayVBl 1997, 111; Hess. VGH, Urteil vom 24.11.2006 - 7 N 1420/05 -, ZUR 2007,156). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes ist allerdings nicht durch eine gestaltende Abwägung im Sinne des Fachplanungsrechts gekennzeichnet. Sie ist mithin keine spezifisch fachplanerische Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis eines differenzierten Bewertungs- und Gestaltungsprozesses. Denn mit der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geht es nämlich nicht um die planende, potenziell eine Vielzahl von Lösungen zulassende Einordnung eines Vorhabens in die Umwelt, sondern um die Sicherung der an einem bestimmten Ort vorhandenen natürlichen Gewässerressourcen im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ, Beschluss vom 27.04.1981 - VII 2009/79 -, UPR 1981, 62 = AgrarR 1981, 320; Urteil vom 21.12.1982 - 5 S 1359/81 -, DVBl 1983, 639; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Urteil vom 08.05.2008 - 1 C 10511/06 - juris [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 28.10.2008 - 7 BN 4.08 -, UPR 2009, 236], BayVGH, Urteil vom 13.06.1996 - 22 N 93.2863 -, BayVBl 1997, 111 [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 - u.a., NVwZ 1997, 887]; Urteil vom 26.06.2002 - 22 N 01.2625 -, ZfW 2003, 222; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 14). Letzteres bestimmt sowohl das Ziel als auch die Grenze der ein Wasserschutzgebiet betreffenden Festsetzungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.09.2005 - 1 BvR 1161/03 -, NVwZ 2005, 1412 = NuR 2006, 171 = ZfW 2007, 99; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 6, 24 ff. m.w.N.).
37 
Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zum Schutz des Grundwassers, wenn das genutzte Grundwasservorkommen schutzwürdig und schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer auch schutzfähig ist (vgl. zu diesen nach allg. M. die Erforderlichkeit bestimmenden Kriterien VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 18.11.2009 - 3 S 140/07 -; Urteil vom 21.12.1982 - 5 S 1359/81 -, DVBl 1983, 638; Urteil vom 24.03.1986 - 5 S 2831/84 -, NVwZ 1987, 241; Urteil vom 13.12.1996 - 8 S 1757/96 -, ZfW 1998, 312; Urteil vom 23.06.1997 - 8 S 374/97 -, ZfW 1998, 436; Beschluss vom 05.08.1998 - 5 S 1906/97 -, NVwZ 1999, 1249 = ZfW 2000, 138; Urteil vom 21.11.2001 - 8 S 940/01 - juris; BayVGH, Urteil vom 26.06.2002 - 22 N 01.2626 -, ZfW 2003, 219; Urteil vom 13.06.1996 - 22 N 93.2863 -, BayVBl 1997, 111 [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 - u.a., NVwZ 1997, 887]; Urteil vom 15.09.2005 - 22 N 05.1126 -, ZfW 2007, 235; Urteil vom 13.10.2006 - 22 N 06.1247 -, juris; Urteil vom 27.10.2006 - 22 N 04.1544 -, ZfW 2008, 112; Urteil vom 05.02.2007 - 22 N 06.2838 -, ZfW 2008, 158; Urteil vom 15.09.2005 - 22 N 05.1126 -, ZfW 2007, 235; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Urteil vom 08.05.2008 - 1 C 10511/06 - juris [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 28.10.2008 - 7 BN 4.08 -, juris]; Hess. VGH, Urteil vom 24.11.2006 - 7 N 1420/05 -, ZUR 2007, 156; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 04.10.1995 - 2 K 2/94 -, UPR 1996, 312; Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 10; Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 Rn. 41).
38 
Die Feststellung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG erfordert, verlangt indessen trotz der dargelegten spezifischen Struktur der Entscheidung eine Gegenüberstellung und Abwägung der für die Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen und der durch sie beeinträchtigten Belange und dabei auch die Beachtung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots. Dabei erfordert das Wohl der Allgemeinheit bereits dann die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern. Der Nachweis eines drohenden Schadenseintritts im Einzelfall ist mithin nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Der Schutz von Trinkwasservorräten in der Natur vor Verschmutzung liegt grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH München, Urteil vom 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609; VGH Mannheim, Beschluss vom 05.08.1998, - 5 S 1906/97 -, NVwZ 1999, 1249 = ZfW 2000, 138).
39 
Die Erforderlichkeit in diesem Sinne unterliegt dabei grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.09.2005 - 1 BvR 1161/03 -, NVwZ 2005, 1412 = NuR 2006, 171 = ZfW 2007, 99; BVerwG, Beschluss vom 23.01.1984 - 4 B 157.83 u.a. -, DVBl 1984, 342 = ZfW 1984, 294; Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 u.a. -, NVwZ 1997, 887 = ZfW 1997, 193; VGH Bad.-Württ, Beschluss vom 27.04.1981 - VII 2009/79 -, UPR 1981, 62 = AgrarR 1981, 320; Urteil vom 21.12.1982 - 5 S 1359/81 -, DVBl 1983, 639; Urteil vom 24.03.1986 - 5 S 2831/84 -, NVwZ 1987, 241).
40 
Nach Maßgabe der obigen Grundsätze hat das Landratsamt Ravensburg als zuständige untere Wasserbehörde (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 3 WG BW) nach § 19 Abs. 1 und 2 WHG und § 24 WG BW ausgehend von dem mit einem Abgrenzungsvorschlag verbundenen hydrogeologischen Abschlussgutachten des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau vom 15.11.1991 und der weiteren ergänzenden Stellungnahme dieses Amtes vom 28.11.2008 (vgl. Nr. 8.2.5 der Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 06.05.1996, GABl. 1996, 460) die angegriffene Rechtsverordnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erlassen. Denn im maßgebenden Zeitpunkt dieses Erlasses (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 7 BN 2.08 -, UPR 2009, 236; Nds. OVG, Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371) diente das unter Schutz gestellte Grundwasservorkommen der bestehenden und künftigen öffentlichen Wasserversorgung (1.). Ferner erforderte das Wohl der Allgemeinheit das festgesetzte Wasserschutzgebiet, weil das Grundwasservorkommen schutzwürdig (2.), schutzbedürftig (3.) und auch ohne unzumutbare Beeinträchtigung von Rechten Dritter schutzfähig war und ist (4.).
41 
1. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG sind zweifellos erfüllt. Das in den Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ geförderte Grundwasser (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG) mit dem dazugehörigen Wasserreservoir diente im Zeitpunkt des Erlasses der WSV „Leutkircher Heide“ als Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Stadt Leutkirch der Versorgung ihrer Einwohner und der ihrer Ortsgemeinden. Da die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung einen öffentlichen Belang ersten Ranges darstellt, fand die WSV „Leutkircher Heide“ als solche deshalb im Wohl der Allgemeinheit ihre grundsätzliche Rechtfertigung.
42 
2. Das im Einzugsgebiet der Brunnen „Lauben“ und “Reichenhofen“ vorhandene Wasservorkommen ist auch schutzwürdig.
43 
Schutzwürdigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn das konkrete Wasservorkommen - hier: im Einzugsgebiet der Brunnenfassungen „Lauben“ und „Reichenhofen“ - nach seiner Menge und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Urteil vom 08.05.2008 - 1 C 10511/06 - juris [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 28.10.2008 - 7 BN 4.08 -, UPR 2009, 236]; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 Rn. 42). Dass dem Schutz des Trinkwassers und seiner Ressourcen in der Natur angesichts der Knappheit und Gefährdung dieses lebenswichtigen Gutes eine überragende Bedeutung zukommt, ist allgemein anerkannt. Schutzwürdig ist danach in erster Linie reines, unbelastetes Wasser. Eine Schutzgebietsverordnung kann naturgemäß nur auf den Zustand einwirken, den sie im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens vorfindet. Das dem § 19 WHG zugrundeliegende Vorsorgeprinzip gebietet, unabhängig von bestehenden Belastungen Vorkehrungen zu treffen, die darauf gerichtet sind, künftige Belastungen zu verhindern und den Grundwasserleiter in einem - soweit möglich - intakten Zustand zu erhalten (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 4.10.1995 - 2 K 2/94 -, UPR 1996, 312; Nds. OVG, Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 870).
44 
Nach Maßgabe dessen bestehen gegen die Schutzwürdigkeit des Grundwassers im Einzugsgebiet der streitgegenständlichen Brunnen keine Bedenken; solche wurden von den Antragstellern auch nicht substantiiert erhoben.
45 
3. Das unter Schutz gestellte Grundwasser ist ferner sowohl sachlich als auch räumlich schutzbedürftig.
46 
3.1 In sachlicher Hinsicht ist ein (Grund)Wasservorkommen schutzbedürftig, wenn ohne die Unterschutzstellung eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung befürchtet werden müsste, weil zum Beispiel ohne Schutzvorkehrungen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das zur Versorgung benötigte Grundwasser hygienisch oder geschmacklich in seiner Eignung für Trinkwasserzwecke beeinträchtigt wird (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 05.08.1998 - 5 S 1906/97 -, NVwZ 1999, 1249 = ZfW 2000, 138).
47 
Davon ist angesichts der - wie bereits herausgestellten - überragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig auszugehen (vgl. allgemein § 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 [Grundwasser] WHG). Insoweit bedurfte es bei Erlass der WSV nicht eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts. Ausreichend ist ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist hier bereits dann erforderlich im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urteil vom 12.09.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87/89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, NK-Beschluss vom 05.08.1998 - 8 S 1906/07 -, VBlBW 1999, 67 = NVwZ 1999, 1249; BayVGH, Urteil vom 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 9). Ein langfristig wirksamer Schutz der Grundwasservorkommen vor Stoffen, die zur Verunreinigung des Grundwassers führen können, ist für die derzeitige und zukünftige Trinkwasserversorgung unverzichtbar (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 110a Rn. 17). Im Übrigen hat das LGRB überzeugend darauf hingewiesen, es bestehe hinreichender Anlass, die Integrität der schützenden Deckschichten zu erhalten und schwer abbaubare Schadstoffe zuverlässig vom Grundwasser fernzuhalten. Dies gelte im vorliegenden Gebiet umso mehr, als die vorhandenen Deckschichten nicht sehr ausgeprägt seien und bezüglich ihrer Schutzfunktion auf Störungen sehr sensibel reagierten.
48 
3.2 Die räumliche Abgrenzung des WSV „Leutkircher Heide“ ist gleichfalls nicht zu beanstanden.
49 
Das LGRB führt zu den geologischen und hydrogeologischen Verhältnissen in seinem Abschlussgutachten vom 15.11.1991 und dem Hydrogeologischen Folgegutachten vom 28.11.2008 im Wesentlichen aus: Der Untergrund im Wasserschutzgebiet baue sich aus eiszeitlichen Sanden und Schottern auf. Während der Würm-Eiszeit hätten sich die Gletscher-Abflüsse in die unterlagernden, gering wasserdurchlässigen Sedimente der tertiären Süßwassermolasse eingegraben. Anschließend seien die so entstandenen rinnenartigen Eintiefungen wieder mit vom Fluss mitgeführten Sanden und Schottern verfüllt worden. So sei ein System mehrerer gut wasserführender Rinnen entstanden, die überwiegend einen hydraulischen Kontakt untereinander besäßen. Entsprechend der damaligen Abflussverhältnisse seien die Hauptrichtungen der Abflussrinnen nach Norden und nach Nordosten bis Osten gerichtet. Die einzelnen Rinnen seien nach den sie bildenden Flüssen bzw. Gewässern benannt worden. Die markantesten Rinnenstrukturen im Wasserschutzgebiet seien die Argen-Eschach-Rinne, die Tiefe Aitrachrinne sowie das Orlauer Eschachtal. Die Rinnen wiesen gegenüber den unterlagernden und seitlich umgebenden Sedimenten der Süßwassermolasse eine sehr hohe Wasserdurchlässigkeit auf. Aufgrund der mit einem leichten Gefälle versehenen Rinnenstrukturen - vergleichbar mit einem Fluss - fließe darin das Grundwasser in großen Mengen und hohen Abstandsgeschwindigkeiten hindurch. Diese Hauptstromrinnen besäßen daher eine herausragende Stellung als nutzbares Grundwasserstockwerk und hätten eine überregionale Bedeutung. Die größten Ergiebigkeiten wiesen Brunnen auf, die im Hauptstrom der Rinne den Grundwasserleiter vollständig erschlössen. Zu den Randbereichen hin nähmen die Mächtigkeiten und damit auch die Ergiebigkeit des Grundwasserleiters ab. Die Überdeckung des Grundwasserleiters bestehe lediglich im Bereich des Friesenhofener Eschach Schwemmfächers aus bindigen Sedimenten nennenswerter Mächtigkeit. Es sei dort eine mehrere Meter mächtige unregelmäßige Wechselfolge aus Hochflutlehmen und Kiesen aufgebaut. Im übrigen Gebiet bestehe die Überdeckung aus einer maximal 1 m mächtigen Kiesverwitterungslehmdecke (Kies-Para-Braunerde) bzw. aus wenige Dezimeter mächtigen schluffig-tonigen Auelehmen. Südlich von Herlazhofen würden die Kiese der Argen-Eschach-Rinne, westlich von Diepoldshofen die der Tiefe Aitrach-Rinne von bis zu mehrere 10 m mächtigen feinsandigen bzw. tonigen Schluffen mit Kieseinschaltungen der Würmendmoräne überlagert. Das Grundwasser sei im Untersuchungsgebiet nicht gespannt. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass die breite würmeiszeitliche Schotterebene der Leutkircher Heide sich aus der aus südlicher Richtung kommenden Argen-Eschach-Rinne und aus der entlang dem Wurzacher Achtal verlaufenden Tiefen Aitrachrinne zusammensetze. Nordwestlich von Leutkirch bei Weilerhaid münde die Argen-Eschach-Rinne in die über das Aitrachtal ins Illertal führende Tiefe Aichtrach-Rinne ein. Diese mit Schmelzwasserkiesen verfüllten Rinnensysteme bildeten ein zusammenhängendes sehr ergiebiges Grundwasservorkommen (vgl. S. 10 und 11 Gutachten LGRB). Der nördliche Teil des Schutzgebiets sei entlang der Tiefen Aichtrachrinne in west-östlicher Richtung parallel zur Wurzacher Ach ausgerichtet. In dieser Rinne lägen die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“. Der südliche Teil des Schutzgebiets orientiere sich am Verlauf der Argen-Eschach-Rinne, die von Süd/Südosten her nach Nord/Nordwesten verlaufe. Nordwestlich von Leutkirch - bei Haid - vereinigten sich beide Rinnen. Aufgrund der dargestellten hydrogeologischen Situation im Gebiet der Leutkircher Heide und des Wurzacher Achtales sowie der Anordnung der Fassungen überlappten sich die Einzugsgebiete der beiden Fassungen in hohem Maße, weshalb von einem gemeinsamen Einzugsgebiet auszugehen sei. Dessen oberirdische Grenzen seien zum Teil nicht identisch mit den unterirdischen. Die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ würden somit aus zwei Hauptstromrichtungen angeströmt. Für die Größe des Schutzgebiets sei dieser Umstand von entscheidender Bedeutung, da beide Zustrombereiche als Wasserschutzgebiet ausgewiesen werden müssten. Der Brunnen „Lauben“ befinde sich in der Tiefen Aitrach-Rinne und erhalte Zustrom von Westen aus dieser Rinne sowie aus Süden durch die Argen-Eschach-Rinne. Der Brunnen „Reichenhofen“ befinde sich in der Tiefen Aichtrach-Rinne im Bereich des Zusammenflusses mit der Argen-Eschach-Rinne, die aus südlichen Richtung einmünde. Der Brunnen „Reichenhofen“ werde daher sowohl von der Tiefen Aitrachrinne (aus Westen) als auch von der Argen-Eschach-Rinne (aus Süden) angeströmt.
50 
Zu den im Wesentlichen gleichen geologischen und hydrogeologischen Verhältnissen kommt auch die Stellungnahme des Geowissenschaftlichen Büros Dr. ... zur geplanten Ausweisung des Wasserschutzgebiets Leutkircher Heide, Landkreis Ravensburg vom Juli 2005, das im Auftrag der Schutzgemeinschaft der Wasserschutzgebietsbetroffenen Leutkircher Heide/Aitrachtal im Juli 2005 erstellt wurde. Der Einwand gegen das Abschlussgutachten des LGRB, Gegenstand dieses Gutachtens seien Brunnen, die aus dem jetzigen Verfahren abgetrennt oder bereits außer Betrieb genommen worden seien (Brunnen Rauns, Herlazhofen, Friesenhofen und Unterzeil), weshalb das Gutachten daher nicht geeignet sei, ein Wasserschutzgebiet für die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ abzugrenzen, greift nicht durch. In seiner ergänzenden Stellungnahme zum Abschlussgutachten vom 28.11.2008 hat das LGRB ausgeführt, auch bei Herausnahme der Brunnen „Rauns“, „Herlazhofen“, „Friesenhofen“ und „Unterzeil“ ergebe sich für die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ aufgrund der dargestellten großräumigen und sich überlappenden Zustrombereiche der in die Wasserschutzgebietsverordnung übernommene Abgrenzungsvorschlag. Insoweit werde der Sachverhalt zur südlichen Begrenzung des Wasserschutzgebiets für die Brunnen „Lauben“ aus dem Abschlussgutachten 1991 nur unvollständig zitiert und deshalb nicht richtig wiedergegeben. Aus Kapitel 8.1.3 des Abschlussgutachtens (S. 23 und 24, wie auch aus Anl. 17) gehe hervor, dass bei Wegfall der geplanten Entnahmestelle Unterzeil und der übrigen Brunnen der gesamte südliche Teil der Leutkircher Heide, der Argen-Eschach-Rinne und das Eschachtal zum Einzugsgebiet des Brunnens „Lauben“ gehörten. Ebenso sei für diesen Fall auch die Grenzziehung zwischen dem Wasserschutzgebiet des Brunnens „Reichenhofen“ und dem des Brunnens „Lauben“ klargestellt.
51 
Der Senat schließt sich den nachvollziehbaren und überzeugenden Darlegungen des LGRB zu den geologischen und hydrogeologischen Gegebenheiten und der hierauf beruhenden Abgrenzung des Wasserschutzgebiets an. Allein der Umstand, dass das Gutachten bereits 1991 erstellt wurde, führt nicht dazu, dass es als Grundlage für die räumliche Abgrenzung des Wasserschutzgebietes „Leutkircher Heide“ nicht tragfähig ist. Dr. ... hat in der mündlichen Verhandlung zwar erklärt, man hätte aufgrund neuerer Untersuchungsmethoden differenziertere Ergebnisse finden können. Die Antragsteller haben indessen nicht substantiiert vorgetragen, dass die vom Landesamt zugrunde gelegten geologischen und hydrogeologischen Umstände unzutreffend seien oder sich grundlegend, das Gutachten insgesamt in Frage stellend, gewandelt hätten. Das LGRB weist insoweit darauf hin, dass das Abschlussgutachten die umfangreichen Untersuchungsergebnisse zur „Hydrogeologischen Karte Baden-Württemberg - Leutkircher Heide und Aitrachtal“ von 1989 sowie die Ergebnisse des darauf aufbauenden numerischen Grundwasserströmungsmodells der Universität Karlsruhe von 1991 berücksichtige. Durch seither neu hinzugekommene hydrogeologische Informationen hätten sich keine grundsätzlichen Änderungen im Verständnis der geologischen und hydrogeologischen Zusammenhänge ergeben. Die Darstellung im Abschlussgutachten wird im Übrigen in geologischer und hydrogeologischer Hinsicht gerade durch die Stellungnahme des Geowissenschaftlichen Büros Dr. ... ... vom Juli 2005 im Wesentlichen bestätigt. Das hydrogeologische Abschlussgutachten hat das Einzugsgebiet für die beiden streitgegenständlichen Brunnen sorgfältig beschrieben und dargestellt. Es hat ausführlich dargelegt, nach welchen Kriterien im vorliegenden Fall die einzelnen Schutzzonen - auch soweit eine Abweichung von den Grundregeln (z.B. bei der Bestimmung und Berechnung der 50-Tage-Linie) geboten war - auszuweisen und voneinander abzugrenzen seien. Unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Schutzbedürftigkeit ist die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets zum Schutz des zum Einzugsgebiet der Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ rechnenden Grundwassers in hydrogeologischer Hinsicht nicht zu beanstanden.
52 
4. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist schließlich auch die Schutzfähigkeit des im Einzugsgebiet der Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ von der Wasserschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellten Grundwassers zu bejahen.
53 
Das Wasservorkommen muss ohne unverhältnismäßige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen, insbesondere der Rechte Dritter möglich, d.h. schutzfähig sein (vgl. zu diesen Anforderungen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom Beschluss vom 27.04.1981 - VII 2009/79 -, UPR 1981, 62 = AgrarR 1981, 320; Urteil vom 21.12.1982 - 5 S 1359/81 -, DVBl 1983, 638; Beschluss vom 05.08.1998 - 8 S 1906/97 -, VBlBW 1999, 67 = ZfW 2000, 138; Urteil vom 21.11.2001 - 8 S 940/01 -, juris; OVG Schleswig, Urteil vom 4.10.1995 - 2 K 2/94 -, UPR 1996, 312 = NuR 1996, 364; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.08.1992 - 10 C 11067/91 -, ZfW 1993, 220; Urteil vom 09.03.2000 - 1 C 12087/98 -, ZfW 2000, 243; Hess. VGH, Urteil vom 24.11.2006 - 7 N 1420/05 -, ZUR 2007, 156; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 19 RdNr. 5; Czychowski, a.a.O., Rdnr. 10 m.w.N). Erforderlich ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets insoweit nicht erst dann, wenn unabweisbar feststeht, dass dem öffentlichen Interesse an dem Schutz eines Trinkwasservorkommens auf andere Weise nicht entsprochen werden kann. Ausreichend ist - wie eingangs unter II. bereits ausgeführt - ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets ist daher bereits dann erforderlich i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um eine Beeinträchtigung der Eignung des in Anspruch genommenen Grundwassers für Trinkwasserzwecke zu vermeiden und entsprechende Restrisiken zu vermindern (BVerwG, Urteil vom 12.09.1980 - 4 C 89.77 -, ZfW 1981, 87.89 = BayVBl. 1980, 759 m.w.N.; VGH Bad.-Württ, NK-Beschluss vom 05.08.1998 - 8 S 1906/97 -, VBlBW 1999, 67 = NVwZ 1999, 1249; BayVGH, Urteil vom 18.12.1996 - 22 N 95.3196 -, NVwZ-RR 1997, 609/610 = BayVBl. 1997, 467; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 9).
54 
Nach Maßgabe dessen wird die WSV „Leutkircher Heide“ auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht, insbesondere vermag der Senat eine unverhältnismäßige Beschränkung rechtlich geschützter Interessen der Antragsteller nicht festzustellen.
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a.) Der Rechtmäßigkeit der Wasserschutzgebietsausweisung „Leutkircher Heide“ steht insoweit nicht entgegen, dass ein deutlich verkleinertes Schutzgebiet durch eine Verlagerung und Konzentration der für die Trinkwasserversorgung genutzten Brunnen, insbesondere der Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“, auf eine Hauptstromrinne erreicht werden könnte. Hierauf verweist zwar die Stellungnahme des Geowissenschaftlichen Büros Dr. ... und diskutiert insoweit die Nutzung der Argen-Eschach-Rinne und die Nutzung der Tiefen Aitrach-Rinne sowie die Nutzung der in diesen grundwasserführenden Rinnen liegenden Brunnen. Die Stellungnahme weist aber im Ergebnis keine zeitnah umsetzbare Alternativlösung auf. Vielmehr wird eingeräumt, dass eine Konzentration der Trinkwasserversorgung auf eine der maßgebenden grundwasserführenden Rinnen umfangreiche Ermittlungen voraussetzte. So müssten entweder Brunnenneubohrungen erfolgen oder - z.B. bei einer alleinigen Nutzung der Tiefen Aichtrach-Rinne - Versuchsbohrungen niedergebracht werden, um die Wasserqualität sowie die Ergiebigkeit zu ermitteln. Eine Konzentration der Grundwassernutzung auf den Bereich des Brunnens „Lauben“ sei, wie die Stellungnahme weiter ausführt, zur Verkleinerung des Wasserschutzgebiets überhaupt nicht zielführend. Auch eine Konzentration der Grundwassernutzung auf den Bereich des Brunnens „Reichenhofen“ sei nur nachrangig zu behandeln, das Schutzgebiet erführe dadurch nur eine geringfügige Verkleinerung. Bei der ausschließlichen Nutzung von Brunnen im Bereich des Brunnens „Adrazhofen“ entfiele nach Auffassung des Geowissenschaftlichen Büros das derzeit geplante Schutzgebiet. Allerdings müsste die Möglichkeit der ausschließlichen Nutzung dieses Gewinnungsgebiets, gegebenenfalls bei gleichzeitiger Einrichtung eines Notwasserverbundes mit einer benachbarten Wasserversorgung, eingehend geprüft werden. Auch dies zeigt, dass eine Konzentration ohne Einrichtung eines Notwasserverbundes sich offenbar nicht realisieren ließe. Auch eine Verlagerung der Trinkwasserförderung in den Bereich der Brunnen „Winterstetten“ werde wegen der großen Entfernung zur Stadt Leutkirch lediglich als nachrangig angesehen. Das Gewinnungsgebiet der Brunnengalerie „Rauns“ sei - so die Stellungnahme - voraussichtlich ausreichend ergiebig, um den gesamten Wasserbedarf der Stadt Leutkirch zu decken, da sich dieses Gebiet innerhalb der stark durchströmten Argen-Eschach-Rinne befinde. Die Brunnengalerie wurde indessen, worauf auch Dr. ... hinweist, aus dem regulären Betrieb genommen, da sich die Engere Schutzzone aufgrund der geologischen und hydrogeologischen Gegebenheiten über ein vergleichsweise großes Gebiet erstrecken müsste. Aus Rücksicht auf die damit verbundenen notwendigen Einschränkungen in der landwirtschaftlichen Nutzung dieser Flächen wurde auf die weitere Nutzung dieser Brunnen verzichtet. Letzteres wurde vom Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung noch einmal näher erläutert und bestätigt.
56 
Vor diesem Hintergrund ist auch dieser Lösungsvorschlag wenig überzeugend, insbesondere müsste die Brunnengalerie mit entsprechenden Investitionskosten wieder in Betrieb genommen werden. Für die Brunnen „Herlazhofen“ müsste erst noch durch entsprechende Probebohrungen ermittelt werden, ob dieses Gewinnungsgebiet ein ausreichendes Grundwasserdargebot besitzt. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die vom Geowissenschaftlichen Büro Dr. ... vorgeschlagene Konzentration der Trinkwasserförderung auf eine der maßgebenden Grundwasserrinnen derzeit nicht ohne weitere umfangreiche hydrogeologische Ermittlungen und Untersuchungen sowie erhebliche Investitionen umsetzbar ist. Demgegenüber sind die derzeit für die Trinkwasserversorgung sich im Betrieb befindlichen Brunnen - insbesondere die Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“ - mit den dazuge- hörenden infrastrukturellen Gegebenheiten in vollem Umfang betriebsbereit und nutzbar. Vor diesem Hintergrund sind die von Dr. ... aufgezeigten Alternativen gegenüber der bestehenden Brunnenanlagen der Stadt Leutkirch keinesfalls derart zwingend, dass die Wasserbehörde sie bei der Ausweisung des Wasserschutzgebietes hätte mit bedenken oder gar umsetzen müssen, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Darüber hinaus ist entgegen der Auffassung der Antragsteller bei der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets grundsätzlich von den vorhandenen, in Betrieb befindlichen Brunnen auszugehen. Die der Festsetzung von Wasserschutzgebieten vorgelagerte Ebene der Standortentscheidung zeigt bereits § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG selbst auf. Denn danach können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Der bei einer Wasserschutzgebietsausweisung zugrunde gelegte Standort einer bestehenden und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzten Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann sonach im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden; es kann also nicht geprüft werden, ob der Träger der Wasserversorgung mit gleichem Erfolg einen Brunnen auch an anderer Stelle hätte niederbringen können (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.03.1971 - II 504/69 -, ZfW 1972, 182; Hess.VGH, Urteil vom 17.05.2002 - 7 N 4645/98 -, NuR 2002, 609; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Auf. 2004, Rn. 869). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn Brunnen in absehbarer Zeit in wassertechnischer oder wasserwirtschaftlicher Hinsicht zur Gewinnung von Trinkwasser nicht mehr einsetzbar wären (siehe insoweit der mit dem vorliegenden Fall allerdings nicht vergleichbare Sachverhalt im Urteil des Bay.VGH vom 24.10.2007 - 22 N 05.2524 -, NVwZ-RR 2008, 380). Die von der Stadt Leutkirch zur Trinkwassergewinnung genutzten Brunnenstandorte geben insoweit keinen Anlass zu Bedenken. Die Notwendigkeit von Instandhaltungsmaßnahmen ändert hieran nichts. Deshalb hat die Wasserbehörde zu Recht die Festsetzung des Wasserschutzgebietes an den vorhandenen Brunnenstandorten - auch und insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen - ausgerichtet (vgl. insoweit Hess.VGH, Urteil vom 17.05.2002 - 7 N 4645/98 -, NuR 2002, 609).
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Ausschließlich ein Brunnenstandort in einer der Hauptrinnen für die Gesamtwasserversorgung wäre weiterhin mit den Grundsätzen einer sicheren und nachhaltigen Wasserversorgung nicht vereinbar. Dies würde sich insbesondere bei einer Verunreinigung des Grundwassers in diesem einzigen Brunneneinzugsgebiet zeigen. Damit bestünde eine Gefährdung für die gesamte Trinkwasserversorgung. Werden hingegen - wie vorgesehen - mehrere orts- nahe, aber räumlich getrennte Grundwasservorkommen genutzt, wird ein deutlich nachhaltigerer Ressourcenschutz erreicht. Bei der Verunreinigung eines Grundwasserleiters in einem Brunneneinzugsgebiet mit der Folge einer Außerbetriebnahme der Anlage kann die Wasserversorgung ohne Weiteres vorübergehend aus den beiden nicht belasteten Grundwasserbrunnen weiter betrieben werden. Dies entspricht einer zukunftsorientierten Planung, die den Grundwasserschutz und die Trinkwasserversorgung gleichermaßen gewährleistet. Aus diesem Grund macht auch die Stellungnahme des Geowissenschaftlichen Büros Dr. ... die Verlagerung der Trinkwasserförderung allein in das Einzugsgebiet des Brunnen „Rauns“ mit gutem Grund von der Einrichtung eines Notwasserverbundes mit einer benachbarten Wasserversorgung abhängig.
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Gegen eine Konzentration der Trinkwasserförderung auf eine der Hauptstromrinnen sprechen auch die vom Antragsgegner aufgeführten hydrogeologischen Besonderheiten im Einzugsgebiet der Brunnen „Lauben“ und „Reichenhofen“. Hierbei sind besonders die unterschiedlichen Grundwasserfließgeschwindigkeiten in den unmittelbaren Zustrombereichen in den Blick zu nehmen. Die Brunnen „Reichenhofen“ und „Lauben“ liegen in einem Bereich, in dem die Grundwasserfließgeschwindigkeit sehr viel geringer ist als bei den alternativen Standorten im südlichen Einzugsgebiet (Brunnen „Rauns“, „Herlazhofen“, „Adrazhofen“ und „Friesenhofen“ sowie „Winterstetten“). Eine mögliche Schadstofffahne würde bei einem südlichen Brunnenstandort mit einer mehrfachen Abstandsgeschwindigkeit auf die Grundwasserfassung zufließen. Diese natürliche hydrogeologische Gegebenheit hat Auswirkung bei der Festlegung der 50-Tage-Linie. Die oberstromige Entfernung der 50-Tage-Linie liegt bei den Brunnen „Reichenhofen“ und „Lauben“ zwischen 700 und 1.000 m. Demgegenüber erforderten die südlichen Standorte Herlazhofen und Rauns Entfernungen von 1.700 bis 2.400 m (vgl. hierzu S. 24 ff. des Abschlussgutachtens des LGRB). Würde eine Konzentration der Brunnenstandorte nach Herlazhofen bzw. Rauns verlagert werden, würde dies entsprechend größere Schutzzonen II mit restriktiveren Schutzbestimmungen zur Folge haben.
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Auch mit Blick auf den zu erwartenden zukünftigen Gesamtjahreswasserbedarf widerspricht nur ein Brunnenstandort in der Hauptrinne den Grundsätzen einer sicheren und nachhaltigen Wasserversorgung. Nach der Wasserbilanz für das Prognosejahr 2025 liegt dieser bei 2,9 Millionen m³. Die durchschnittliche Wasserförderung der letzten Jahre beträgt 2,6 Millionen m³. Weder der derzeitigen noch der zukünftige Wasserbedarf kann aus einem Brunnen bereitgestellt werden. Der Brunnen „Winterstetten“ verfügt nach den Angaben des Antragsgegners lediglich über ein nutzbares Dargebot von 91.000 m³ und ist allenfalls für die Ortsversorgung von Friesenhofen und Winterstetten ausreichend. Das Wasserschutzgebiet für den Brunnen „Adrazhofen“ sei für eine Jahresfördermenge von 949.000 m³ ausgelegt. Das Grundwasservorkommen in diesem Bereich sei flachgründig, oberflächennah und damit gegen anthropogene Einflüsse sehr empfindlich. Der dortige Brunnen exfiltriere unterstromig einen Teil des Grundwassers im Bereich Kesselbrunn und fließe über den Neumühlebach in den Stadtweiher. Eine Steigerung der Entnahmerate würde durch Schüttungsrückgang die in diesen Bereichen liegenden Feuchtbiotope in Mitleidenschaft ziehen. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass unterhalb der Brunnenanlage „Lauben“ das Naturschutzgebiet „Laubener Brunnen“ liege, das im Wesentlichen durch natürliche Grundwasseraufbrüche geprägt sei. Dieses Naturschutzgebiet befindet sich innerhalb des FFH-Gebiets „Aitrach und Herrgottsried“ (vgl. FFH-Gebietsmeldungen 2005; Gebiets-Nr. 8026-341; TK 25-Nr. 8026, 8125, 8126 auf der Gemarkung der Gemeinden Aichstetten, Aitrach, Bad Wurzach, Leutkirch im Allgäu, Tannheim). Um durch die oberliegende Grundwasserentnahme aus der Wassergewinnungsanlage „Lauben“ diese grundwassersensiblen Bereiche und damit den Schutzzweck des Naturschutzgebiets und FFH-Gebiets nicht wesentlich zu beeinträchtigen, sei - wie der Antragsgegner auch in der mündlichen Verhandlung schlüssig ausgeführt hat - die Entnahmemenge auf knapp 1,9 Millionen m³ begrenzt worden. Damit könne auch der Brunnen „Lauben“ den Wasserbedarf nicht in vollem Umfang abdecken. Die restliche Bedarfsdeckung müsse daher durch die Brunnenanlage „Reichenhofen“ mit ca. 182.000 m³ sichergestellt werden. Auch hier sei die Grundwasserförderung zur Abdeckung des Gesamtwasserbedarfs nicht möglich, da die nordwestlich des Brunnens liegenden Feuchtbiotope an der Wurzacher Ach von Grundwasseraustritten gespeist würden.
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Diese Betrachtungen zeigen, wie stark die förderbaren Wassermengen bei den oberflächennahen Grundwasservorkommen an die ökologisch verträglichen Entnahmemengen anzupassen sind. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen bereits in der Antragserwiderung ausführlich dargestellten und in der mündlichen Verhandlung wiederholten diesbezüglichen Darlegungen des Antragsgegners zu zweifeln. Die Antragsteller haben zwar erstmals in der mündlichen Verhandlung bestritten, dass die dargestellte besondere ökologische Gesamtsituation die Beschränkungen der Entnahmeraten gebiete. Sie sind ihnen jedoch auch in Ansehung der hierauf bezogenen umfangreichen Ausführungen in der Antragserwiderung weder schriftlich noch in der mündlichen Verhandlung substantiiert entgegengetreten. Soweit Dr. ... darauf hingewiesen hat, die Beschränkung der Entnahmerate in dem FFH-Gebiet „Aitrach und Herrgottsried“ infolge der dort hydrogeologisch vorzufindenden Artesik könne durch weitere Brunnen beseitigt werden, mag dies zwar zutreffen. Es ändert aber nichts daran, dass die Wasserbehörde - wie oben ausgeführt - bei der Festsetzung des Wasserschutzgebiets grundsätzlich von den bestehenden Brunnen und ihren Besonderheiten auszugehen hat. Die Entscheidung, weitere Brunnenstandorte zu schaffen, ist im Übrigen Gegenstand der gesamtwasserwirtschaftlichen Planung des Trägers der Wasserversorgung, an dessen Stelle sich das Gericht nicht setzen kann. Die Vorhaltung von zwei Notbrunnen, die innerhalb der Schutzgebietsfläche liegen, ist mit Blick auf eine zukunftsorientierte Sicherung der Wasserversorgung nicht zu beanstanden.
61 
Der Einwand der Antragsteller, der Brunnen „Reichenhofen“ könne angesichts der geringen Entnahmemenge aus dem Wasserschutzgebiet herausgenommen werden, ohne dass die Trinkwasserversorgung gefährdet wäre, greift nicht durch. Der Vertreter des Antragsgegners hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sich dadurch aufgrund der sich überschneidenden Zustrombereiche der beiden Grundwasserleiter die Gesamtfläche des Wasserschutzgebiets nicht ändern würde. Lediglich die Schutzzone III A würde zur Schutzzone III B werden. Dadurch würde sich aber die Situation der Antragssteller nicht verbessern. Denn das Umbruchverbot sowie die besonderen Anforderungen an die Lagerung wassergefährdender Stoffe würden dort gleichfalls gelten. Darüber hinaus hat der Vertreter des Antragsgegners überzeugend dargelegt, dass gerade dem Brunnen „Reichenhofen“ vor dem Hintergrund der hydrogeologischen Situation eine herausgehobene Bedeutung für die Sicherung der Trinkwasserversorgung zukommt. Der Brunnen „Reichenhofen“ nimmt insoweit eine besondere Stellung ein, als er gegenüber den anderen zur Wassergewinnung genutzten Brunnen der Wasserversorgung der Stadt Leutkirch - wie auch der Notbrunnen - nicht in der grundwasserführen- den Hauptrinne (Argen-Eschach-Rinne und Aitrach-Rinne) liegt, sondern im Zustrombereich der Wurzacher-Ach-Rinne. Bei einer Verunreinigung des Grundwassers in der Hauptrinne wäre der Brunnen „Reichenhofen“ in der Lage, die Versorgung der Bevölkerung zumindest mit Trinkwasser sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund steht für den Senat fest, dass der Brunnen „Reichenhofen“ unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Sicherung für die bestehende und künftige Trinkwasserversorgung der Stadt Leutkirch nicht verzichtbar ist und deshalb zu Recht als notwendiger Baustein der wasserwirtschaftlichen Planung in die WSV „Leutkircher Heide“ einbezogen wurde.
62 
b.) Auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen der §§ 3 bis 8 WSV „Leutkircher Heide“ i. V. m. der SchALVO bestehen keine Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen WSV. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die SchALVO zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichsleistungen sowie im Einzelfall Befreiungen und auch die WSV - mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung unzumutbarer Härte in Einzelfällen - in § 10 WSV ebenfalls die Möglichkeit von Befreiungen von Verboten der WSV vorsehen (BayVGH, Urteil vom 13.06.1996 - 22 N 93.2863 -, BayVBl 1997, 111 [bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 30.09.1996 - 4 NB 31.96 - u.a., NVwZ 1997, 887]; Urteil vom 26.06.2002 - 22 N 01.2625 -, ZfW 2003, 222; zur Verfassungsgemäßheit der SchALVO siehe VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.05.2004 - 8 S 471/03 - n.v.). Die in §§ 3 ff. SchALVO in Verbindung mit der maßgeblichen Wasserschutzgebietsverordnung geregelten Verbote schränken die Nutzbarkeit der Grundstücke situationsbedingt ein. Sie sind keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.09.2005 - 1 BvR 1161/03 -, NVwZ 2005, 1412 = NuR 2006, 171 = ZfW 2007, 99; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.1996 - 8 S 1757/96 -, ZfW 1998, 312; HessVGH, Urteil vom 17.05.2002 - 7 N 4645/98 -, ZfW 2004, 33). Die Antragsteller haben die sonstigen Schutzanordnungen in den jeweiligen Schutzzonen im Einzelnen nicht substantiiert angegriffen. Der Antragsteller zu 1) hat zwar erklärt, sein Antrag auf Umbruch von Grünland sei aufgrund der Bestimmungen der WSV „Leutkircher Heide“ abgelehnt worden. Er habe diesen Antrag im Hinblick auf eine Umstrukturierung seines landwirtschaftlichen Betriebs gestellt. Auf Nachfrage gab er indessen an, eine Umstrukturierung seines Viehbetriebs sei weder in Planung noch gar eingeleitet worden. Auch der Antragsteller zu 2) konnte keine greifbare Beeinträchtigung dartun. Er hat eingeräumt, sein Betrieb sei durch die WSV „Leutkircher Heide“ nicht betroffen. Der Senat sah trotz dieser Angaben mit Blick auf die Unbegründetheit des Normenkontrollantrags keinen Anlass, insoweit die Frage der Antragsbefugnis zu vertiefen. Unabhängig davon begegnen die Einschränkungen aufgrund der Schutzbestimmungen in der WSV „Leutkircher Heide“ hinsichtlich der überragenden Bedeutung des Grundwasserschutzes auch im Lichte des Art. 14 GG keinen durchgreifenden Bedenken.
63 
c.) Die Einteilung der Schutzzonen in die Zonen I bis III und ihre Abgrenzung folgt den hierfür nach guter fachlicher Übung vorgesehenen Grundsätzen und Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise in den vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) erarbeiteten „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“, deren Teil I. die Schutzgebiete für Grundwasser zum Gegenstand hat (DVGW-Arbeitsblatt W 101), aufgeführt sind (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.1996 - 8 S 1757/96 -, ZfW 1998, 312; BayVGH, Urteil vom 05.02.2007 - 22 N 06.2838 -, ZfW 2008, 158; Nds. OVG, Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371; vgl. für Baden-Württemberg auch Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten - VwV-WSG - i.d.F. v. 06.05.1996, GABl. 1996, 460). Für die Abgrenzung der Schutzgebiete und die Gliederung der Schutzzonen gelten weiterhin die „Hydrogeologischen Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg“ (in: Grundwasser und Gesteinsabbau, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Informationen 2/1991, Freiburg 1991). Als weitere Grundlagen für die fachtechnische Abgrenzung von Wasserschutzgebieten sind nach diesem Werk und dem Abschlussgutachten des LGRB auch die von einer Arbeitsgruppe von Hydrogeologen der - seinerzeitigen - geologischen Landesämter erarbeiteten und im Geologischen Jahrbuch 1984 erschienenen Hydrogeologischen Kriterien bei der Bemessung von Wasserschutzgebieten für Grundwasserfassungen (Belzenkötter u.a., Hannover 1984) maßgebend. Die „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ enthalten Regelungen, bei denen es sich um die sachverständige Zusammenfassung naturwissenschaftlicher, hygienischer und technischer Erkenntnisse handelt, die bei der Einrichtung eines Wasserschutzgebiets für Grundwasser zum Schutz vor nachteiligen Veränderungen seiner Beschaffenheit zu beachten sind, also um eine sachverständige Konkretisierung dessen, was als „erforderlich“ im Sinne des § 19 WHG und damit als notwendige und hinreichende Festsetzung im Rahmen einer Wasserschutzgebietsverordnung anzusehen ist. Zwar darf das Arbeitsblatt W 101 nicht pauschal angewandt werden; entscheidend sind immer die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die jeweiligen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten. Das in dem Regelwerk konzentrierte Fachwissen erfordert aber seine Berücksichtigung im Einzelfall und legt darüber hinaus nahe, dass Abweichungen begründet werden und sachlich gerechtfertigt sein müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.1996 - 8 S 1757/96 -, ZfW 1998, 312; BayVGH, Urteil vom 05.02.2007 - 22 N 06.2838 -, ZfW 2008, 158; Nds. OVG, Urteil vom 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, OVGE MüLÜ 49, 371; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.09.1989 - 10 C 42.88 -, ZfW 1990, 480; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 Rn. 18; Salzwedel, ZfW 1992, 397, 404 zur Fassung 1975; Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., § 24 Rn. 46 f). Die Richtlinien werden deshalb in Rechtsprechung und Literatur als „antezipiertes Sachverständigengutachten“ bezeichnet (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.03.1971 - II 504/69 -, ZfW 1972, 182; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.09.1989 - 10 C 42.88 -, ZfW 1990, 480; Czychowski, a.a.O.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 878 m.w.N.).
64 
Das LGRB hat diese Vorgaben - wie bereits ausgeführt - im Rahmen seines Abschlussgutachtens berücksichtigt; auch die WSV „Leutkircher Heide“ trägt diesen Anforderungen bei der Einteilung und Abgrenzung der Schutzzonen und bei den Schutzanordnungen innerhalb dieser Zonen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
65 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
66 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
67 
Beschluss vom 02. Dezember 2009
68 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt.
69 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.