Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 23. Mai 2019 - 22 B 17.1299

bei uns veröffentlicht am23.05.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 16 K 11.161, 31.05.2011

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich als Grundstückseigentümer gegen einen von der Beklagten erlassenen Enteignungsbeschluss.

Unter dem 10. September 2007 erließ die Regierung von Oberbayern einen Planfeststellungsbeschluss gemäß § 20 Abs. 1 UVPG in der Fassung vom 9. Dezember 2006 betreffend die Errichtung und den Betrieb einer Ethylen-Pipeline durch die Beigeladene auf dem bayerischen Streckenabschnitt von Münchsmünster bis zur Landesgrenze zu Baden-Württemberg. Im Planfeststellungsbeschluss (dort Nr. 6, S. 71) wurde unter anderem festgestellt, dass dieser keine enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet.

Vom planfestgestellten Vorhaben ist u.a. das landwirtschaftlich genutzte, im Eigentum der Kläger stehende Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung E* … betroffen. Die Leitungstrasse der vorgenannten Ethylen-Pipeline durchschneidet dieses Grundstück im südöstlichen Bereich auf einer Länge von 75,33 m (Länge der Mittelachse).

Mit Beschluss der Beklagten vom 6. April 2009 wurde die Beigeladene zum Zweck der Errichtung und des Betriebs der planfestgestellten Ethylen-Pipeline auf Dauer in den Besitz einer Teilfläche von 452 m² und vorübergehend für die Zeit der Bauarbeiten in den Besitz einer weiteren Teilfläche von insgesamt 826 m² jeweils aus dem genannten Grundstück eingewiesen. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 20. Oktober 2009 (Az. M 16 K 09.2072) wurde die Anfechtungsklage der Kläger gegen diesen Besitzeinweisungsbeschluss abgewiesen. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. April 2010 (Az. 22 ZB 10.43) wurde ihr Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 20. Oktober 2009 (Az. M 16 K 08.4271) wurde eine Anfechtungsklage der Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 10. September 2007 wegen Präklusion abgewiesen. Ein hiergegen gerichteter Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. März 2010 (Az. 22 ZB 09.3157) abgelehnt.

Mit Enteignungsbeschluss der Beklagten vom 7. Dezember 2010 (dort Nr. B.) wurde das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung E* … zugunsten der Beigeladenen mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit belastet und deren Eintragung in das Grundbuch verfügt. Das Eigentum an dem Grundstück wurde dahin beschränkt, dass die Beigeladene berechtigt ist, in einem Grundstücksstreifen von 6 m Breite (Schutzstreifen) eine ausschließlich für den Transport von Ethylen bestimmte Leitung mit einer bestimmten Dimension zu verlegen, dort auf Dauer zu belassen und zu betreiben, im Bedarfsfalle auszubessern, zu ändern und auszuwechseln und das Grundstück für diese Zwecke zu betreten und zu nutzen. Die Grundstückseigentümer wurden verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand und den Betrieb der Leitung und des Zubehörs gefährden können, und auch derartige Maßnahmen durch Dritte nicht zuzulassen. Insbesondere dürfen die Grundstückseigentümer den Schutzstreifen nicht überbauen. Der Schutzstreifen ist von Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern freizuhalten; er kann jedoch weiter landwirtschaftlich genutzt werden. Der Rand des Schutzstreifens verläuft in einem Abstand von jeweils 3 m beiderseits der Leitungsachse. Hinsichtlich des Verlaufs der Pipeline und des Schutzstreifens wurde auf einen zum Bestandteil des Beschlusses erklärten Lageplan Bezug genommen. Weiter wurde in dem Beschluss (dort Nr. C.) eine von der Beigeladenen an die Kläger zu zahlende, jährlich zu verzinsende Geldentschädigung von insgesamt 2.669,37 Euro festgesetzt.

Die Kläger erhoben am 10. Januar 2011 Anfechtungsklage gegen den Beschluss vom 7. Dezember 2010. Mit Urteil vom 31. Mai 2011 wies das Verwaltungsgericht München die Klage ab. Die Beklagte habe ihrer Entscheidung zutreffend die einschlägigen Vorschriften des Bayerischen Rohrleitungs-Enteignungsgesetzes - BayRohrlEnteigG - und des bayerischen Enteignungsgesetzes - BayEG - zu Grunde gelegt, deren tatbestandlichen Voraussetzungen rechtsfehlerfrei subsumiert und die Eigentumsbeschränkung auf ein verhältnismäßiges Maß beschränkt. Im Rahmen seiner in Art. 44 Abs. 2 Satz 1 BayEG beschriebenen - und die von Klägerseite gerügte Einhaltung von Art. 8 BayEG damit ausschließenden - Überprüfungskompetenz folge das Gericht der zutreffenden Begründung des streitgegenständlichen Bescheids und sehe insoweit von einer eigenständigen Begründung ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es sei entgegen der von Klägerseite schriftsätzlich ausgeführten Bedenken von der Verfassungsmäßigkeit des BayRorhrlEnteignG überzeugt. Weiter vermöge es auch keine durchgreifenden Verfahrensfehler im Enteignungsverfahren zu erkennen. Der streitgegenständliche Bescheid habe zu Recht darauf abgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 10. September 2007, der seinerseits Sicherheitsanforderungen an die Errichtung und den Betrieb der Rohrleitung und die Trassenführung bestimme, bestandskräftig sei und entgegen der klägerischen Ausführungen nicht mehr angegriffen werden könne. Auf die in der mündlichen Verhandlung erneut gerügte mangelnde Beteiligung der Kläger im Planfeststellungsverfahren komme es daher vorliegend nicht an. Trotz der von Klägerseite schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Erkenntnisquellen im Hinblick auf potentielle Explosionsgefahren gebe es keine ernsthaften Erkenntnisse dahingehend, dass sich seit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses betreffend die Sicherheit der Rohrleitung die fachlich-wissenschaftlichen Anforderungen derart geändert hätten, dass diese dem aktuellen Stand der Sicherheit und Technik nicht (mehr) genügen würden. Entgegen den Ausführungen der Klagepartei prüfe und setzte sich der streitgegenständliche Enteignungsbeschluss ausführlich und einzelfallbezogen damit auseinander, dass das Wohl der Allgemeinheit die Grundstücksbelastung erfordere, der Enteignungszweck nicht auf andere Weise habe erreicht werden können und die Beigeladene sich erfolglos ernsthaft bemüht habe, die beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben. Die Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger belaste diese in verhältnismäßig geringem Ausmaß und ermögliche nach wie vor die landwirtschaftliche Nutzung im Rahmen der bereits vorhandenen Trassenführung. Die Leitungsführung sei im Übrigen schon deshalb geboten, da sie dem anerkannten Grundsatz der Leitungsbündelung in Bezug auf eine parallel verlaufende Überlandleitung folge, sodass eine andere Trassenwahl auf dem streitgegenständlichen Grundstück die Kläger in der ausgeübten und berücksichtigungsfähigen Nutzung in noch größerem Maße beeinträchtigt hätte. Die Erforderlichkeit der im Ausmaß verhältnismäßigen Inanspruchnahme werde im Übrigen auch nicht dadurch infrage gestellt, dass sich eine Leitungsführung auf den offenbar im Eigentum der Beklagten stehenden, das klägerische Grundstück umlaufenden Wegen (Fl.Nrn. … und …*) aufgedrängt hätte. Unabhängig davon, dass den Klägern ohnehin kein Anspruch dahingehend zustehe, gleichsam an ihrer Stelle einen Dritten in Anspruch zu nehmen, folge die gewählte Trasse der im bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss vorgegebenen Leitungsführung und sei wegen der schon bestehenden Vorbelastung durch die Paralleltrasse einerseits und der vorzufindenden Trassenanbindungen auf den unmittelbar westlich und östlich angrenzenden Grundstücken andererseits abwägungsgerecht. Jedenfalls dränge sich diese von Klägerseite beanspruchte Leitungsvariante schon deswegen nicht geradezu auf, als die bezeichneten Grundstücke schon nicht von der Trasse des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses tangiert würden und die Kläger über den Schutzstreifen dennoch und ohnehin von der Leitungsführung berührt würden. Es verstoße ersichtlich auch nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn - wie von Klägerseite vorgetragen - tatsächlich im östlichen Bereich des streitgegenständlichen Grundstücks aufgrund einer Einigung mit den dortigen Grundeigentümern von dem im Planfeststellungsbeschluss vorgeprägten Leitungsverlauf abgewichen worden sein sollte, denn unter Gesichtspunkten der Gleichbehandlung seien allenfalls Grundstückseigentümer in parallelen Enteignungsverfahren bei der Beklagten berücksichtigungsfähig.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Mai 2012 (Az. 22 ZB 11.1980) wurde auf Antrag der Kläger die Berufung zugelassen, weil die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweise (ausreichende Konkretisierung der Allgemeinwohldienlichkeit sowie ausreichende und dauerhafte Sicherung des Enteignungszwecks durch das BayRohrlEnteignG). Im Hinblick auf eine beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde zu Regelungen des Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetzes - BWEthylRohrlG - wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 31. August 2012 das Ruhen des Berufungsverfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2017 haben die Bevollmächtigten der Beigeladenen die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens erklärt und dabei auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2017 (Az. 1 BvR 2297/1) hingewiesen, in dem das BWEthylRohrlG in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht beanstandet worden sei.

Mit ihrer Berufung beantragen die Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 31. Mai 2011 und den Enteignungsbeschluss der Beklagten vom 7. Dezember 2010 aufzuheben.

Zur Begründung tragen die Kläger im Wesentlichen vor, es habe kein förmlich korrekter Enteignungsantrag nach Art. 20 BayEG vorgelegen. Neben einer Inzidentkontrolle des Planfeststellungsbeschlusses habe die Enteignungsbehörde in einem zweiten Schritt die Voraussetzungen gemäß Art. 3 BayRohrlEnteignG zu prüfen. Die gesetzlichen Enteignungsvoraussetzungen seien vorliegend von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht unzureichend geprüft worden; dies betreffe u.a. die Frage, ob die streitgegenständliche Enteignung dem Allgemeinwohl diene und erforderlich sei. Die engen Voraussetzungen nach dem BayRohrlEnteignG für die „Allgemeinwohldienlichkeit“ eines privatnützigen Vorhabens seien nicht gegeben. Die Arbeitsplatz- und die Standortsicherheit für die petrochemische Industrie seien nicht im Detail geprüft worden. Der Umwelt- und Klimaschutz und die Erhöhung der Transportsicherheit würden nicht zwingend die konkrete Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger erfordern. Die Prüfung von Trassenalternativen zur Entlastung des klägerischen Grundstücks sei unterblieben. Das klägerische Grundstück erleide durch den Leitungsbau im Hinblick auf die günstige Lage sehr nahe an Industrieanlagen eine besondere Wertminderung, welche durch die von den Klägern vorgeschlagenen Alternativtrassen (A 1: An Nordgrenze des Grundstücks, im Bereich einer „Grasfahrt“; A 2: Verlegung in einem im Süden entlang eines Bachs verlaufenden Geh- und Radweg; A3: Im Verlauf einer Straße nördlich des benachbarten Werksgeländes; A 4: Eine bachnahe Verlegung) vermieden würde. Die Leitungsverlegung in angrenzenden Wegen (Alternativen A 2 und A 3) hätte auch den Vorteil, die Querung von Drainageleitungen im streitgegenständlichen Grundstück zu vermeiden. Die Kläger hätten auch gefordert, eine im südlichen Grundstücksbereich verlaufende Leitung unmittelbar an den Bach zu verlegen. Bei benachbarten Grundstücken sei die Ethylen-Leitung grenznah verlegt worden. Die Kläger hätten eine solche Leitungsverlegung auch für ihr Grundstück gefordert, um dessen Durchschneidung zu vermeiden. Es widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, wenn andere landwirtschaftlich genutzte Grundstücke von der Leitungsverlegung verschont blieben, das mit höherwertiger Qualität einzustufende klägerische Grundstück dagegen nicht. Die Berechnung der erforderlichen Schutzstreifenbreite sei dem Enteignungsbeschluss nicht zu entnehmen. Das BayRohrlEnteignG sei insbesondere wegen fehlender Bestimmtheit hinsichtlich des Enteignungszwecks verfassungswidrig. Auch wegen der fehlenden Prüfung bzw. Festsetzung der vollständigen Enteignungsentschädigung gemäß Art. 8 Abs. 2 Nr. 2 BayEG sei der Enteignungsbeschluss rechtswidrig und aufzuheben. Hinsichtlich der Entschädigungshöhe sei Klage zum Landgericht I* … erhoben worden. Bei der Bemessung der Entschädigung hätte wegen der Nähe zur Wohnbebauung eine höhere Grundstücksqualität als „Zwischenstufenland“ zugrunde gelegt werden müssen. Als sonstiger Nachteil nach Art. 8 Abs. 2 Nr. 2 BayEG hätte insbesondere eine Wertminderung des Restgrundstücks durch den Leitungsbau im Hinblick auf die Lage in der Nähe zu einer Industrieanlage, wegen der Belastung des Grundstücks mit einer hochexplosiven Leitung und der zu beachtenden Bauverbotszone entschädigt werden müssen. Auch hinsichtlich der Fläche von 1.137 m², die durch die streitgegenständliche Leitung im Süden des Grundstücks abgeschnitten werde, müsse Entschädigung geleistet werden. Die Verzinsung der Enteignungsentschädigung hätte sich auf Basiszinssatz der EZB beziehen müssen. Die Kostenerstattung nach Art. 43 Abs. 2 BayEG sei zu niedrig bemessen worden. Im Klageverfahren sei es durch unterlassene Beweiserhebungen zu Verfahrensfehlern gekommen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfassungsmäßigkeit der Enteignungsgrundlage im BayRohrlEnteignG i.V.m. dem BayEG stehe nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2017 (Az. 1 BvR 2297/10) zum fast wortlautidentischen BWEthylRohrlG außer Frage. Die Erforderlichkeit der Enteignung des konkreten Grundstücks aus Gründen des allgemeinen Wohls habe die Beklagte sorgfältig abgewogen, geprüft und im Ergebnis zutreffend bejaht. Die Voraussetzung einer „zwingenden“ Inanspruchnahme eines Grundstücks sei dem Enteignungsrecht fremd; die Enteignung erfordere nicht, dass das betreffende Vorhaben auch vom Wohl der Allgemeinheit „gefordert“ sein müsse. Weiterhin seien auch großräumige und kleinräumige Trassenalternativen geprüft worden. Die Alternativenprüfung der Planfeststellungsbehörde sei abwägend nachvollzogen und als zutreffend erkannt worden. Die von den Klägern in ihrem Berufungszulassungsantrag erstmals erwähnten „Alternativen 1 bis 4“ würden sämtlich eine (stärkere) Inanspruchnahme anderer Grundstück erfordern. Die Klägerseite habe selbst kleinräumige Trassenveränderungen, die das klägerische Grundstück weniger beeinträchtigt hätten, abgelehnt. Ein Eigentümer könne zur Abwendung der Enteignung nicht auf die Zwangsbelastung eines anderen Grundstücks verweisen. Der Grundsatz der vorrangigen Inanspruchnahme von Grundstücken der öffentlichen Hand gelte nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dann nicht, wenn die Enteignung notwendig sei, um eine bestehende Lücke - hier zwischen den Anschlusspunkten auf den Nachbargrundstücken Fl.Nrn. … und … - zu schließen. Bereits aus dem vorliegenden Kartenmaterial sei ersichtlich, dass die behaupteten Alternativen an den gegebenen Zwangspunkten eine Inanspruchnahme bzw. verstärkte Inanspruchnahme anderer Grundstück erfordern würden. Die Beklagte sei aufgrund eines förmlich korrekten Antrags gemäß Art. 20 BayEG tätig geworden. Bezüglich der Einwände hinsichtlich der Entschädigungshöhe und der Erstattung von Aufwendungen der Beteiligten sei gemäß Art. 3 Abs. 3 BayRohrlEnteignG, Art. 44 Abs. 1 BayEG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Ungeachtet dessen habe die Beklagte vorliegend eine im Einklang mit dem BayEG rechtmäßige und vollumfängliche Entschädigung festgesetzt.

Die Beigeladene trat der Berufung entgegen, ohne einen Antrag zu stellen. Die Kläger hätten die Berufung nicht begründet, sondern lediglich ausgeführt, aus welchen Gründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden, und im Wesentlichen ihren Vortrag zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung wiederholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 22 ZB 11.1980 sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist zurückzuweisen, da die zulässige Anfechtungsklage gegen den Enteignungsbeschluss vom 7. Dezember 2010 unbegründet ist. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Enteignungsbeschluss vom 7. Dezember 2010 ist formell rechtmäßig.

Die Kläger meinen zu Unrecht, mit dem Schreiben der Beigeladenen vom 22. Juli 2008 habe kein förmlich korrekter Enteignungsantrag vorgelegen (Art. 3 Abs. 3 Art. 2 Abs. 1 BayRohrlEnteignG i.V:m. Art. 20 BayEG). Nach Art. 20 Abs. 2 BayEG hat der jeweilige Antragsteller mit dem Enteignungsantrag die für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Enteignungsantrags erforderlichen Unterlagen einzureichen; er muss insbesondere die zu enteignenden Gegenstände, soweit erforderlich unter Vorlage von Grundbuch- oder Katasterauszügen und Lageplänen, bezeichnen und er soll die Beteiligten nach Namen und Anschrift angeben. Vorliegend wurde im Schreiben des Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 22. Juli 2018 (Bl. 110 bis 116 der Behördenakte zum Enteignungsverfahren) u.a. das zu enteignende Grundstück mit Angabe der Kläger als Grundeigentümer bezeichnet; Lagepläne (Übersicht des Pipelineverlaufs, exakte Lage der Leitung im Grundstück, Wegerechtsplan) und ein Grundbuchauszug wurden beigefügt. Es ergibt sich nicht aus dem Vortrag der Kläger und ist auch sonst nicht ersichtlich, inwieweit der Enteignungsantrag dennoch formell mangelhaft gewesen sein sollte.

2. Der angefochtene Enteignungsbeschluss ist auch materiell rechtmäßig.

Rechtsgrundlage des Beschlusses ist Art. 30 Abs. 1 BayEG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 BayRohrlEnteignG. Die Enteignungsbehörde entscheidet durch Beschluss über den Enteignungsantrag und ggf. die übrigen Anträge, soweit eine Einigung nicht zustande kommt (Art. 30 Abs. 1 BayEG). Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen Münchsmünster und der Landesgrenze zu Baden-Württemberg bei Nördlingen dienen nach der Wertung des Gesetzgebers (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayRohrlEnteignG) dem Wohl der Allgemeinheit gemäß Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG; für dieses Vorhaben kann grundsätzlich enteignet werden (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayRohrlEnteignG). Die materiell rechtlichen Voraussetzungen der Enteignung im Einzelfall ergeben sich insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 Sätze 2 und 3 sowie Art. 3 BayRohrlEnteignG.

2.1. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Vorschriften des BayRohrlEnteignG verfassungsgemäß sind.

Der Enteignungszweck der Errichtung der vorgenannten Ethylen-Pipeline ist vom Allgemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG gedeckt. Wie das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 25. Januar 2017 - 1 BvR 2297/10 - (juris Rn. 39 ff.) zur insoweit gleichlautenden Vorschrift in § 1 Abs. 2 Nr. 6 BWEthylRohrlG im Einzelnen ausgeführt hat, stellt jedenfalls die mit diesem Vorhaben angestrebte Verbesserung der Transportsicherheit (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayRohrlEnteignG) ein hinreichend tragfähiges Gemeinwohlziel dar. Der Gesetzgeber hat dabei zugrunde gelegt, dass beim Leitungstransport im Vergleich mit dem Transport über Straße, Schiene oder Binnenschiff die Transportsicherheit höher einzuschätzen ist, da Witterungseinflüsse, Gefährdungen durch andere Verkehrsteilnehmer sowie menschliches Fehlverhalten als potentielle Gefahrenquellen beim Leitungstransport einen geringeren Einfluss haben (vgl. Gesetzesbegründung, LT-Drs. 15/10316 S. 6). In der vorgenannten Entscheidung vom 25. Januar 2017 - 1 BvR 2297/10 - (juris Rn. 41) hat das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass das Gewicht der Allgemeinwohl-Dienlichkeit durch das im Gesetz vorgesehene sogenannte Common-Carrier-Prinzip verstärkt werde, wonach allen Unternehmen der diskriminierungsfreie Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten ist (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 BayRohrlEnteignG). Hinsichtlich des freien Zugangs für alle anschlusswilligen Unternehmen sei die Pipeline vergleichbar mit einem öffentlichen Weg, mit dem Unterschied, dass die Pipeline nicht von der öffentlichen Hand, sondern von einer privaten Gesellschaft gebaut worden sei und der Zugang nicht allgemein jedem Bürger offen stehe.

Das Gemeinwohlziel „Verbesserung der Transportsicherheit“ ist auch unter Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen einer Enteignung zugunsten Privater (vgl. hierzu BVerfG, U.v. 17.12.2013 - 1 BvR 3139/08, 1 BvR 31 BvR 3386/08 - juris Rn. 178 ff.) ausreichend gewichtig. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf das relativ geringe Eingriffsgewicht des Leitungsrechts einerseits (vgl. dazu auch LT-Drs. 15/10316 S. 7 zu Art. 2 BayRohrlEnteignG) und den Zugewinn durch die Vermeidung von Ethylen-Transporten mithilfe anderer Transportmittel andererseits. Wie das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 25. Januar 2017 - 1 BvR 2297/10 - (juris Rn. 42) ausgeführt hat, wird durch das zur Verwirklichung der Pipeline erforderliche Leitungsrecht die Nutzungsmöglichkeit betroffener Grundstücke - wie zum Beispiel die landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch die Verpflichtung zur Freihaltung von Überbauungen sowie von Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern - regelmäßig nur in sehr begrenztem Maße dauerhaft beeinträchtigt. Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht in der vorgenannten Entscheidung (a.a.O., juris Rn. 43 bis Rn. 48) näher begründet, dass das Gemeinwohlziel der „Verbesserung der Transportsicherheit“ (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayRohrlEnteignG), das die Enteignung rechtfertigende Vorhaben (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayRohrlEnteignG) sowie die weiteren Enteignungsvoraussetzungen (vgl. Art. 2 Abs. 1 Sätze 2 und 3 und Abs. 2, Art. 3 BayRohrlEnteignG) durch den Gesetzgeber hinreichend bestimmt geregelt seien. Weiter ist die Erreichung dieses Gemeinwohlziels dadurch hinreichend gesichert, dass die Errichtung und der ordnungsgemäße Betrieb der Anlage durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit sanktionsbewehrten Verpflichtungen (vgl. insoweit Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayRohrlEnteignG) sowie ein vereinfachtes Rückübereignungsverfahren (vgl. Art. 4 BayRohrlEnteignG) erreicht werden. Schließlich ist auch entsprechend den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG eine Entschädigung vorgesehen (vgl. Art. 3 Abs. 2 BayRohrlEnteignG). Die diesbezüglichen Bewertungen des Bundesverfassungsgerichts zum BWEthylRohrlG sind auf die inhalts- und weitgehend wortgleichen Vorschriften des BayRohrlEnteignG übertragbar.

2.2. Die materiellen Enteignungsvoraussetzungen liegen vor.

Zunächst dient die streitgegenständliche Enteignung dem Wohl der Allgemeinheit (vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayRohrlEnteignG). Sie ist geeignet, das Gemeinwohlziel einer Verbesserung der Transportsicherheit (Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayRohrlEnteignG) zu erreichen. Durch die vorliegende Enteignung wird der Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline ermöglicht, welche wiederum die Transportsicherheit verbessert (vgl. BVerfG, B.v. 25.1.2017 - 1 BvR 2297/10 - juris Rn. 55), wie auch im angefochtenen Enteignungsbeschluss (dort S. 10 unter Nr. 2. b) aa)) ausgeführt wird.

Das Vorhaben ist auch in dem Sinn geeignet zur Erreichung des genannten Gemeinwohlziels, dass es mit öffentlich-rechtlichen Belangen vereinbar ist (vgl. zu diesem Erfordernis Molodovsky/Bernstorff, Enteignungsrecht in Bayern, Stand Dezember 2018, Rn. 3.1.2.1 zu Art. 3 BayEG). Dies wurde durch den Planfeststellungsbeschluss vom 10. September 2007 festgestellt, worauf im Enteignungsbeschluss (dort S. 11 unter Nr. 2 b) bb)) Bezug genommen wurde. Die Kläger haben auch nicht substantiiert geltend gemacht, inwieweit öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Vorhaben entgegenstehen könnten. Sie behaupten lediglich ohne Angabe nachprüfbarer Anhaltspunkte, bei der Ethylen-Pipeline bestehe eine hohe Explosionsgefahr. Die Beklagte hat im Enteignungsbeschluss (dort S. 12 unten bis S. 13 oben) ausgeführt, bei der streitgegenständlichen Leitung handle es sich um hochfeste, kunststoffummantelte Stahlrohre, von denen bei Einhaltung der festgesetzten sicherheitstechnischen Auflagen (vgl. Nr. 3.1, S. 14 ff. des Planfeststellungsbeschlusses vom 10.9.2007) und der getroffenen Vorkehrungen zum Brand- und Katastrophenschutz (vgl. Nr. 3.2.3.3.2, S. 171 f. des Planfeststellungsbeschlusses) nach Überzeugung der Enteignungsbehörde weder beim Bau, noch beim Betrieb oder bei Betriebsstörungen (vgl. S. 139 f. des Planfeststellungsbeschlusses) eine ernsthafte Gefährdung ausgehe. Nach der im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Auflage Nr. 3.1.1.1 müssen Errichtung, Betrieb, Instandhaltung, Reparaturen, Änderungen und Prüfungen der Rohrfernleitung entsprechend den Bestimmungen der Rohrfernleitungsverordnung - RohrFLtgV - und der Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen -TRFL - unter Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, der Vorschriften des Verbandes Deutscher Elektrotechniker (VDE) sowie der sonstigen einschlägigen Regeln vorgenommen werden. Anhaltspunkte dafür, dass die vorgenannte Einschätzung der Enteignungsbehörde unzutreffend sein und trotz Einhaltung der vorgenannten einschlägigen Vorschriften und der weiteren Auflagen im Planfeststellungsbeschluss schädliche Einwirkungen auf den Menschen und die Umwelt im Sinne des § 3 RohrFLtgV von der streitgegenständlichen Ethylen-Pipeline ausgehen könnten, sind nicht ersichtlich (vgl. auch VGH BW, B.v. 23.8.2010 - 1 S 975/10 - juris Rn. 62). Der Kläger hat sich im Übrigen in der Berufungsbegründung nicht mit den zitierten Ausführungen im Enteignungsbeschluss und den in Bezug genommenen Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses auseinandergesetzt.

Das Vorhaben der Pipeline-Errichtung ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels „Verbesserung der Transportsicherheit“ vernünftigerweise geboten und im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayRohrlEnteignG erforderlich. Durch die Nutzung des Grundstücks der Kläger für die Verlegung der Ethylen-Pipeline auf einem Teilstück wird ein substantieller Beitrag zum Errichtung und zum Betrieb der Pipeline insgesamt geleistet; die Leitungsführung ist auch im Sinne eines Lückenschlusses erforderlich. Ein Ausweichen auf Nachbargrundstücke wäre mit Eingriffen in das Grundeigentum Dritter verbunden. Die Kläger haben auch nicht konkret in Frage gestellt, dass ein Bedarf für die strittige Pipeline besteht, wie ihn der Gesetzgeber (vgl. LT-Drs. 15/10316 S. 4 unter Nr. 1. zur Ethylennachfrage und Nr. 6 zu den getätigten Investitionen) nachvollziehbar dargelegt hat (vgl. dazu auch BVerfG, B.v. 25.1.2017 - 1 BvR 2297/10 - juris Rn. 56).

Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich eine von den Klägern vorgeschlagene oder eine sonstige Alternativtrasse gegenüber der vorgesehenen Leitungstrasse als vorzugswürdig aufdrängen würde, wie die Enteignungsbehörde zutreffend festgestellt hat (vgl. Nr. 2. c), S. 13 f. des Enteignungsbeschlusses).

Die Enteignungsbehörde hat die Überlegungen der Planfeststellungsbehörde (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom 10.9.2007, dort insbesondere unter Nr. 3.2.3.2.10., S. 164 oben, und unter Nr. 3.2.3.2.10.1, S. 164 f.) zur Frage in Betracht kommender Trassenalternativen nachvollzogen. Auch unter Berücksichtigung von Eigentümerbelangen hat sie sich der Einschätzung angeschlossen, dass sich keine andere Trassenvariante aufdrängt. Die Kläger haben nicht dargelegt, inwieweit sich eine Verlegung der Leitung nördlich und südlich des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung E* … entsprechend den von ihr als Alternativen 1 bis 4 bezeichneten Trassen für die Enteignungsbehörde nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung am 18. November 2010 unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als eindeutig bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Trassenvariante aufdrängen musste (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2004 - 9 A 11/03 - Rn. 57). Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Vorhaben in gleicher Weise ohne Entzug privaten Eigentums in Form von beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten - z.B. durch die Inanspruchnahme öffentlichen oder von privater Seite freiwillig zur Verfügung gestellten Grunds - in gleicher Weise verwirklicht werden kann (vgl. BVerfG, U. v. 17.12.2013 - 1 BvR 3139/08, 1 BvR 31 BvR 3386/08 - juris Rn. 183 a.E.).

Die von den Klägern vorgeschlagenen Trassenalternativen würden das von der Enteignungsbehörde hervorgehobene Kriterium der Leitungsbündelung nicht erfüllen. Bereits im Planfeststellungsbeschluss wurde die „Bündelung (Parallelführung) mit anderen Infrastrukturbändern“ als wesentliches Auswahlkriterium bei der Trassenwahl genannt, um Synergieeffekte zu nutzen („z.B. Überschneidung von Schutzstreifen; Eingriffsminimierung“); im Rahmen der Trassenfindung wurden insbesondere Möglichkeit der Parallelführung zu bereits bestehenden Leitungen geprüft (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom 10.9.2007, dort Nr. 3.2.3.2.10., S. 164 oben, und unter Nr. 3.2.3.2.10.1, S. 164 Mitte). Dieses bei der Trassenauswahl besonders berücksichtigte Kriterium wird im Enteignungsbeschluss (S. 13) richtigerweise als vernünftig bezeichnet (vgl. hierzu auch BVerfG, B.v. 25.1.2017 - 1 BvR 2297/10 - juris Rn. 56). In diesem Zusammenhang weist die Enteignungsbehörde nachvollziehbar darauf hin, dass das klägerische Grundstück bereits durch eine Überlandleitung und deren Schutzstreifen sowie durch den Schutzstreifen einer weiteren Überlandleitung unmittelbar südlich und parallel zur streitgegenständlichen Rohrleitungstrasse gequert wird. Zwar könnte der Vorschlag der Kläger zu einer Bündelung der streitgegenständlichen Pipeline mit Verkehrswegen theoretisch betrachtet dem Ziel einer möglichst weitgehenden Bündelung (Parallelführung) der geplanten Rohrleitung mit anderen Infrastrukturbändern gleichfalls dienen. Im Planfeststellungsbeschluss vom 10. September 2007 (S. 102) wird insoweit als Beispiel die Verlegung in Bauverbotszonen vorhandener Straßen genannt. Durch die von den Klägern vorgeschlagenen Alternativtrassen würde jedoch zum einen die Parallelität des Trassenverlaufs zu den Überlandleitungen beeinträchtigt. Zum anderen würde sich der Verlauf der streitgegenständlichen Pipeline von den bereits vorhandenen Leitungen entfernen und damit der genannte Bündelungseffekt deutlich verringert. Es widerspräche offensichtlich dem Bündelungsziel, wenn der Trassenverlauf in einem relativ kleinräumigen Bereich zwischen einer Parallelführung mit den genannten Überlandleitungen und einer Parallelführung mit Verkehrswegen gewissermaßen hin- und herwechselt und damit eine „Zickzacklinie“ entsteht. Zudem wurde gemäß dem Planfeststellungsbeschluss vom 10. September 2007 (vgl. S. 164) bei der Trassenauswahl auch das Ziel eines möglichst geradlinigen Trassenverlaufs verfolgt. Aus dem von den Klägern vorgelegten Lageplan in Anlage AS 3 mit eingezeichneten Alternativen zur Plantrasse würden die Trassen A 1, A 2 und A 3 im rechten Winkel abknickende Linien aufweisen. Auch die im Lageplan in Anlage AS 2 eingezeichnete Alternativtrasse 4 (bachnahe Verlegung) soll quer zur planfestgestellten Trasse verlaufen.

Unabhängig davon soll nach einem weiteren Planungskriterium eine Kreuzung bereits bebauter Flächen vermieden werden (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom 10.9.2007, vgl. S. 164 oben, 5. Spiegelstrich). Dies folgt aus dem Grundsatz, dass eine Überbauung der Fernleitungstrasse im Bereich des sechs Meter breiten Schutzstreifens grundsätzlich nicht gestattet ist. Im Schutzstreifen dürfen dem Planfeststellungsbeschluss zufolge (vgl. dort S. 167 unter Nr. 3.2.3.3.1) zudem grundsätzlich keine Arbeiten, die eine Gefährdung der Leitung mit sich bringen oder Instandsetzungs- oder Notfallmaßnahmen behindern können, vorgenommen werden. Diesem Kriterium würde eine Nutzung von Straßengrund widersprechen, wie sie die von den Klägern genannten Alternativen A 2 (Verlegung in einen Geh- und Radweg, vgl. Berufungsbegründung vom 5.7.2012, S. 5) und A 3 (Verlegung in der Straße nördlich eines Industriegeländes, vgl. Berufungsbegründung vom 5.7.2012, S. 5 f.) vorsehen. Zudem würde ein Leitungsbau auf Straßengrund den Straßenkörper und den Straßenverkehr beeinträchtigen. Im Planfeststellungsbeschluss (dort S. 172 unter Nr. 3.2.3.3.3) wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, durch die Kreuzung von Verkehrsinfrastruktureinrichtungen durch die planfestgestellte Pipeline würden sich keine relevanten Beeinträchtigungen ergeben. In den Planfeststellungsunterlagen sei das Querungsverfahren jeweils anhand des konkreten Einzelfalls festgelegt worden; klassifizierte Straßen würden aber in der Regel geschlossen gequert. Damit können bei klassifizierten Straßen insbesondere Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs durch die Leitungserrichtung vermieden werden. Eine Verlegung der strittigen Pipeline längs eines Geh- und Radwegs oder einer Kreisstraße, wie es die Kläger mit der sogenannten Alternativtrassen A 2 bzw. A 3 vorschlagen, würde im Gegensatz dazu offensichtlich eine offene Verlegung im Straßengrund mit den entsprechenden Beeinträchtigungen für den Straßenverkehr verursachen; dass dagegen andere Straßen gequert werden müssen, könnten auch diese Alternativtrassen nicht vermeiden. Zudem hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2019 nachvollziehbar erläutert, dass in der näheren Umgebung keine größeren Wege oder Straßen vorhanden seien, bei denen der erforderliche sechs Meter breite Schutzstreifen nicht andere Grundstückseigentümer belastet hätte. Die Kläger sind dem nicht substantiiert entgegen getreten.

Die Kläger behaupten sinngemäß, ihr Grundstück sei aufgrund einer günstigen Lage „höherwertiger“ als diejenigen Grundstücke, die von den Alternativtrassen betroffen wären. Dies trifft enteignungsrechtlich aber nicht zu. Denn nur die ausgeübte Nutzung oder eine verfestigte Anspruchsposition auf eine Nutzungsmöglichkeit unterfallen dem Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 GG und sind insoweit abwägungserheblich. Es ist vorliegend nicht ersichtlich, inwieweit die derzeit landwirtschaftliche Nutzung des klägerischen Grundstücks schutzwürdiger als die Nutzbarkeit der potentiell durch Alternativtrassen betroffenen Grundstücke wäre. Soweit die Kläger meinen, gerade ihr Grundstück habe vor der Inanspruchnahme für die Errichtung und den Betrieb der Pipeline einen besonders hohen Verkehrswert besessen, so wäre dies kein sachgerechtes Kriterium für die Trassenwahl; der Eigentümer eines Grundstücks hat keinen Anspruch auf die bevorzugte Inanspruchnahme eines Grundstücks mit geringerem Verkehrswert. Ein tatsächlich „aus dem Rahmen fallender“ hoher Verkehrswert wäre vielmehr bei der Entschädigung zu berücksichtigen.

Inwieweit für die Antragstrasse und damit eine Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks gegebenenfalls auch sprechen könnte, dass möglicherweise zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 18. November 2010 auf den angrenzenden Grundstücken bereits Leitungsrechte der Beigeladenen für die Errichtung und den Betrieb der planfestgestellten Pipeline bestanden haben, kann offen bleiben. Zum einen kommt es nach den vorstehenden Erwägungen hierauf nicht entscheidungserheblich an. Zum anderen beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle vorliegend auf die Frage, ob die Enteignungsbehörde bei der Abwägung zur Trassenentscheidung die dabei geltenden rechtlichen Grenzen gewahrt hat (vgl. hierzu näher Molodovsky/Bernstorff, Enteignungsrecht in Bayern, Stand Dezember 2018, Rn. 3.2.1 zu Art. 3 BayEG). Vorliegend hat die Enteignungsbehörde den vorgenannten Gesichtspunkt nicht in ihre Abwägung eingestellt.

Betreffend die Erforderlichkeit der Enteignung u.a. im Hinblick auf die vorliegende Trassenwahl wird ergänzend auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. April 2010 - 22 ZB 10.43 - betreffend die vorzeitige Besitzeinweisung in das klägerische Grundstück Bezug genommen. Dort (juris Rn. 13) wurde diesbezüglich Folgendes ausgeführt: „Die Trassenführung im Bereich des Grundstücks der Kläger hält sich im Rahmen des planerischen Ermessens der Enteignungsbehörde und belastet die Kläger nur verhältnismäßig gering und damit nicht unzumutbar. Das Grundstück wird von ihnen landwirtschaftlich genutzt und wird nach Verlegung der Rohrleitung mit einer Überdeckung von 1,20 m auch weiterhin grundsätzlich landwirtschaftlich uneingeschränkt genutzt werden können. Im Besitzeinweisungsbeschluss wird zudem darauf hingewiesen, dass im Planfeststellungsbeschluss vom 10. September 2007 eine Vielzahl von Auflagen und Bedingen zur Minimierung des Eingriffs in die Landwirtschaft vorgesehen sind; nach Ziffer 3.2.7 des Planfeststellungsbeschlusses ist die Funktionsfähigkeit der Bodenentwässerungsanlagen (Drainagen) während der Baumaßnahmen zu erhalten und deren Funktionsfähigkeit nach Beendigung der Baumaßnahmen ggf. dauerhaft und gleichwertig wieder herzustellen. Wie sich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Enteignungsbehörde vom 12. März 2009 entnehmen lässt, haben die Kläger dort das Angebot der Beigeladenen, die Leitung noch näher an die südöstliche Grundstücksgrenze heranzuführen und die Querungslänge der Leitung von 75,33 m auf ca. 50 m zu verringern, abgelehnt. Insoweit kann der vorliegende Fall auch nicht mit den kleinräumigen Umtrassierungen im Bereich von Nachbargrundstücken verglichen werden, die mit Zustimmung der jeweiligen Grundstückseigentümer erfolgt sind, wobei nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten eine Betroffenheit und Inanspruchnahme dieser Grundstücke in keinem Fall vollständig entfallen ist.“

Weiter ist nachvollziehbar, dass die Enteignungsbehörde aufgrund einer Gesamtabwägung angenommen hat, dass das Gemeinwohlinteresse an der Errichtung und dem Betrieb der Ethylen-Pipeline die entgegenstehenden Interessen der Kläger überwiegt (Enteignungsbeschluss S. 14 f.). Diese Prüfung bezieht sich auf den konkreten Zugriff auf das Grundstück der Kläger. Dabei sind alle konkret geltend gemachten Beeinträchtigungen zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 25.1.2017 - 1 BvR 2297/10 - juris Rn. 59, 62). In diesem Zusammenhang ist die Bindung an die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung für die Ethylen-Pipeline zu beachten (BVerfG, B.v. 25.1.2017 - 1 BvR 2297/10 - juris Rn. 60). Vorliegend steht der Beitrag des entzogenen Eigentumsrechts zur Errichtung und zum Betrieb dieser Pipeline nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des Eingriffs, den der konkrete Eigentumsentzug für die Betroffenen bedeutet (vgl. insoweit BVerfG, B.v. 25.1.2017 - 1 BvR 2297/10 - juris Rn. 62). Durch die beschränkt persönliche Dienstbarkeit wird die grundsätzliche landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit nicht beeinträchtigt, worauf die Enteignungsbehörde zutreffend hingewiesen hat. Hinzu kommen die bereits genannten Auflagen und Bedingen im Planfeststellungsbeschluss vom 10. September 2007 zur Minimierung des Eingriffs in die Landwirtschaft. Die Kläger haben auch nicht substantiiert geltend gemacht, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Erlass des Enteignungsbeschlusses auf dem streitgegenständlichen Grundstück eine planerisch bereits (z.B. durch einen bereits eingereichten Bauantrag) konkretisierte und bauplanungsrechtlich dort grundsätzlich zulässige Nutzung verwirklichen wollten, deren Realisierung durch das Leitungsrecht zumindest erheblich erschwert worden wäre. Weiter ist für bleibende Nachteile eine angemessene Entschädigung zu leisten. Schwere existentielle Folgen der Kläger werden nicht vorgetragen. Zu berücksichtigen ist auch die Vorbelastung des klägerischen Grundstücks durch die bereits erfolgte (teilweise) oberirdische Inanspruchnahme für eine Trasse sowie für Schutzstreifen von Überlandleitungen.

Hinsichtlich der von den Klägern befürchteten möglichen Beschädigungen von Drainagen infolge der Leitungserrichtung enthält der Planfeststellungsbeschluss vom 10. September 2007 (dort Nr. 3.2.7, S. 29 f.) Schutzauflagen. Diese verpflichten die Beigeladene zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von Drainagen, zu einer diesbezüglichen Beweissicherung sowie einer Entschädigung für den Fall, dass die vorgenannten Maßnahmen nicht den bisherigen Entwässerungserfolg gewährleisten. Damit wurde dem Interesse der Kläger am Erhalt etwaiger Drainagen in ihrem Grundstück abwägungsfehlerfrei Rechnung getragen.

Weiter ist, wie oben bereits ausgeführt, insbesondere auch wegen der einschlägigen Auflagen im Planfeststellungsbeschluss vom 10. September 2007 davon auszugehen, dass von der Ethylen-Pipeline keine schädlichen Einwirkungen auf den Menschen und die Umwelt im Sinne des § 3 RohrfernlV ausgehen.

Auch steht die Bedeutung des Vorhabens für das konkret verfolgte Gemeinwohlziel einer Verbesserung der Transportsicherheit in einem angemessenen Verhältnis zu den durch das Vorhaben beeinträchtigten Belangen (vgl. BVerfG, B.v. 25.1.2017 - 1 BvR 2297/10 - juris Rn. 63). Wie oben bereits näher ausgeführt, greifen die Sicherheitsbedenken der Kläger nicht durch. Durch die Bündelung mit bestehenden Trassen sollen Eingriffe in die Natur durch die Ethylen-Pipeline möglichst gering gehalten werden (vgl. LT-Drs. 15/10316 S. 4; Planfeststellungsbeschluss vom 10.9.2007, dort insbesondere unter Nr. 3.2.3.2.10., S. 164 oben); auch kann dadurch die Belastung der betroffenen Grundstücke wie im Fall der Kläger verringert werden (vgl. Enteignungsbeschluss, S. 14). Auch soll der Transport von Ethylen über Rohrleitungsanlagen gegenüber anderen Transportmitteln zu positiven Umwelteffekten führen, insbesondere zu einer CO2-Reduktion beitragen (vgl. LT-Drs. 15/10316 S. 6). Im Enteignungsbeschluss (dort S. 14 unten) wird zudem berücksichtigt, dass im Planfeststellungsbeschluss Auflagen und Bedingungen insbesondere zur Minimierung des Eingriffs in die Land- und Forstwirtschaft sowie hinsichtlich des Naturschutzes vorgesehen sind; insoweit nimmt die Enteignungsbehörde insbesondere auf die Nrn. 3.2, 3.3 und 3.4 des Planfeststellungsbeschlusses vom 10. September 2007 Bezug.

Private Belange sind demgegenüber von dem Vorhaben nicht schwerwiegend betroffen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich in der Regel - infolge der Meidung bebauter bzw. für die Bebauung vorgesehener Gebiete - um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke handelt, deren Nutzung während des Betriebs der Ethylen-Pipeline nicht beeinträchtigt wird, abgesehen von den Einschränkungen durch den 6 m breiten Schutzstreifen (dort keine Überbauung und tiefwurzelnde Bepflanzung). Die Beeinträchtigungen der Grundstückseigentümer beschränken sich damit im Wesentlichen auf temporäre, baubedingte Nutzungseinschränkungen (vgl. Planfeststellungsbeschluss Nr. 3.3.2.2, S. 182 f.). Deshalb ist es nachvollziehbar, wenn im Enteignungsbeschluss (dort S. 14 unten) angenommen wird, die Belastung der Kläger stehe nicht außer Verhältnis zu dem mit dem strittigen Vorhaben beabsichtigten, auf das Gemeinwohl abzielenden Erfolg.

2.3. Auch die weiteren Enteignungsvoraussetzungen nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayRohrlEnteignG liegen vor.

Die Beigeladene hat hinreichende Erwerbsbemühungen unternommen, Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayRohrlEnteignG (vgl. hierzu näher BayVGH, B.v. 23.10.2010 - 22 ZB 10.43 - juris Rn. 15). Eine zweckentsprechende Verwendung des Grundstücksteils, für den das Leitungsrecht der Beigeladenen begründet wurde, ist mit der Errichtung und Inbetriebnahme der Ethylen-Pipeline bereits erfolgt, Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayRohrlEnteignG. Schließlich besteht ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayRohrlEnteignG zwischen dem Freistaat Bayern und der Beigeladenen (vgl. Enteignungsbeschluss S. 16, Nr. 2. f)).

2.4. Der Inhalt der in das Grundbuch einzutragenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ist zivilrechtlich zulässig und beschränkt den hoheitlichen Eingriff in das Grundeigentum der Kläger auf das Notwendige. Die Kläger haben insoweit lediglich geltend gemacht, die Breite des Schutzstreifens von 6 m sei nicht näher begründet worden. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn die Enteignungsbehörde bei der Bestimmung des Inhalts der Dienstbarkeit den Schutzstreifen mit der Breite von 6 m zugrunde legt, wie er gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 BayRohrlEnteignG Bestandteil der Rohrleitungsanlage ist. Im Übrigen ergibt sich die Schutzstreifenbreite von mindestens 6 m (auch) aus einer Forderung der TRFL, die im Planfeststellungsbeschluss wiedergegeben wird (vgl. dort Nr. 3.1.2.2.1, S. 18). Die Kläger haben auch keine Argumente dafür genannt, dass vorliegend ein Schutzstreifen in dieser Breite nicht erforderlich sein könnte.

2.5. Soweit die Kläger meinen, der angefochtene Enteignungsbeschluss sei wegen der Festsetzung einer ihrer Ansicht nach unzureichend bemessenen Entschädigung rechtswidrig und im vorliegenden Verfahren aufzuheben, ist dem nicht zu folgen. Die Rechtsfrage, ob die hier festgesetzte Entschädigung den gesetzlichen Vorgaben nach Art. 3 Abs. 3 BayRohrlEnteignG i.V.m. Art. 8 ff. BayEG entspricht, kann nur im Zivilrechtsweg geklärt werden (Art. 44 Abs. 1 BayEG). Dies betrifft gleichermaßen die Höhe der Kostenerstattung nach Art. 43 Abs. 2 BayEG, die Teil der Enteignungsentschädigung ist (vgl. Molodovsky/Bernstorff, Enteignungsrecht in Bayern, Stand März 2015, Rn. 2.4 zu Art. 44 BayEG).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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1.
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2.
die Dauer der Speicherung der Unterlagen.

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Unter Berücksichtigung der subjektiven und besonderen objektiven Bedeutung der Verfahren und ihrer Förderung durch die anwaltliche Tätigkeit (vgl. BVerfGE 79, 365 <369 f.>) wird der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf 250.000,- € (in Worten: zweihundertfünfzigtausend Euro) festgesetzt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren wegen der sofortigen Vollziehbarkeit enteignungsrechtlicher vorzeitiger Besitzeinweisungen in ein im Eigentum des Beschwerdeführers stehendes, landwirtschaftlich genutztes Grundstück sowie zwei von ihm zur landwirtschaftlichen Nutzung gepachtete Flächen. Die vorzeitigen Besitzeinweisungen erfolgten, um den Bau der Ethylen-Pipeline-Süd zu ermöglichen.

2

1. Zur Errichtung und zum Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd haben sich sieben Unternehmen der Chemieindustrie zusammengeschlossen (im Folgenden: Enteignungsbegünstigte). Ziel der mittlerweile gebauten und in Betrieb genommenen Pipeline ist es, die erforderliche Infrastruktur für den sicheren und wirtschaftlichen Transport von gasförmigem, aber für den Pipelinetransport druckverflüssigtem Ethylen zwischen wichtigen süddeutschen Chemiestandorten zu schaffen und diese an den bestehenden nordwesteuropäischen Rohrleitungsverbund anzubinden. Die Ethylen-Pipeline-Süd soll nach Vorstellung der Europäischen Kommission eine zentrale Rolle für ein europaweites Ethylenpipeline-Netz spielen (vgl. Entscheidung der Kommission vom 12. Oktober 2006 über die staatliche Beihilfe C 11/2005 , die Deutschland für den Bau einer Ethylenpipeline in Bayern gewähren will, Amtsblatt der Europäischen Union L 143 vom 6. Juni 2007, S. 24). Die Rohrfernleitung mit einem Durchmesser von 25 cm und einer Verlegungstiefe zwischen 1 m und 1,2 m führt über eine Länge von circa 370 km von Münchsmünster in Bayern durch Baden-Württemberg nach Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz.

3

2. Das Gas Ethylen wird gewöhnlich in petrochemischen Anlagen (Steamcrackern) aus Erdöl gewonnen und für die Herstellung einer Vielzahl von Kunststoffen benötigt. Das Gas ist narkotisierend, erstickend, hochentzündlich, bildet mit Luft explosionsfähige Gemische und wird der höchsten Gefahrenklasse zugeordnet. Bevorzugter und sicherster Transportweg für das Gas sind daher Pipelines.

4

3. Mit Planfeststellungsbeschluss ließ das für die Grundstücke des Beschwerdeführers zuständige Regierungspräsidium im Jahr 2008 die Errichtung und den Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd zu. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Er ist gegenüber dem Beschwerdeführer bestandskräftig.

5

4. Der Enteignungsbegünstigten gelang der Erwerb der erforderlichen Rechte an den vom Trassenverlauf betroffenen Grundstücken auf freiwilliger Basis zwar zu einem Großteil, jedoch nicht vollständig. Im Jahr 2009 schuf der Landtag von Baden-Württemberg eine enteignungsrechtliche Grundlage und beschloss das Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb einer Ethylen-Rohrleitungsanlage in Baden-Württemberg (BWEthylRohrlG). Das Gesetz trat am 8. Dezember 2009 in Kraft. Die Enteignungsvoraussetzungen sind in §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG festgelegt. Diese lauten:

§ 1 (Enteignungszweck)

(1) Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen dienen dem Wohl der Allgemeinheit nach Artikel 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Dies gilt auch unter der Voraussetzung, dass die Anlage neben den in Absatz 2 genannten Zwecken auch privatwirtschaftlichen Interessen dient und neben deutschen auch ausländischen Nutzern zur Verfügung stehen kann.

(2) Insbesondere dient die Verwirklichung des in Absatz 1 bezeichneten Vorhabens

1. dem Ausbau und der Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandortes Baden-Württemberg,

2. der Stärkung des Chemieclusters Karlsruhe - Mannheim - Ludwigshafen,

3. dem Anschluss der baden-württembergischen Chemie- und Petrochemiestandorte an den nordwesteuropäischen Ethylen-Verbund,

4. der Stärkung der wirtschaftlichen Infrastruktur zur Verbesserung der Ansiedelungsmöglichkeiten für Unternehmen,

5. der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Petrochemie,

6. der Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit und

7. der Erhöhung der Versorgungssicherheit.

§ 2 (Enteignung)

(1) Zur Errichtung und zum Betrieb der in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Rohrleitungsanlage kann enteignet werden. Ein Grundstück darf nur in dem Umfang enteignet werden, in dem dies zur Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich ist. Reicht eine Belastung des Grundstücks mit einem Recht, insbesondere einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, zur Verwirklichung des Enteignungszwecks aus, so ist die Enteignung hierauf zu beschränken.

(2) Bestandteile der Rohrleitungsanlage sind insbesondere ihre sämtlichen Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen, die notwendigen Zufahrten zu diesen Einrichtungen sowie der sechs Meter breite Schutzstreifen. Die der Errichtung dienenden Arbeitsstreifen und Hilfsflächen sind den Bestandteilen der Rohrleitungsanlage im Sinne des Satzes 1 für die Dauer der Errichtung gleichgestellt.

§ 3 (Enteignungsvoraussetzungen)

Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, soweit sie zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Die Enteignung setzt ferner voraus, dass das die Anlage errichtende und betreibende Unternehmen

1. sich nachweislich ernsthaft bemüht hat, das Grundstück oder das in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben,

2. glaubhaft macht, dass das Grundstück oder das Recht daran innerhalb einer angemessenen Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet oder ausgeübt wird, und

3. sich in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg verpflichtet, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten; die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist durch Sanktionsmöglichkeiten zu sichern.

6

Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Entschädigung vor (§ 4 BWEthylRohrlG), enthält Vorgaben für eine Rückenteignung (§ 5 BWEthylRohrlG), verweist auf das Landesenteignungsgesetz des Landes Baden-Württemberg (LEntG) für das weitere Verfahren (§ 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG) und nimmt der Anfechtungsklage gegen vorzeitige Besitzeinweisungen die aufschiebende Wirkung (§ 6 Abs. 2 BWEthylRohrlG).

7

Durch den Verweis auf das Landesenteignungsgesetz ist über § 37 LEntG eine vorzeitige Besitzeinweisung in Grundstücke möglich, die von Enteignungsmaßnahmen betroffen sind. § 37 LEntG lautet:

§ 37 (Anordnung der vorzeitigen Besitzeinweisung)

(1) Die Enteignungsbehörde kann den Träger des Vorhabens, der einen Enteignungsantrag gestellt hat, auf seinen Antrag vorzeitig in den Besitz des Grundstücks einweisen, soweit die sofortige Ausführung des Vorhabens aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten ist. Ist für das Vorhaben ein Planfeststellungsbeschluss oder eine sonstige behördliche Entscheidung erforderlich, so ist die Besitzeinweisung nur zulässig, wenn der Planfeststellungsbeschluss oder die sonstige behördliche Entscheidung unanfechtbar oder sofort vollziehbar ist.

(2) Die Besitzeinweisung ergeht auf Grund einer mündlichen Verhandlung. Hierzu sind der Antragsteller, der Eigentümer und der unmittelbare Besitzer zu laden. Die Ladungsfrist beträgt zwei Wochen. In der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass auch bei Nichterscheinen über den Antrag entschieden werden kann. Die Entscheidung ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem unmittelbaren Besitzer zuzustellen. Im Übrigen sind §§ 17, 18, 20, § 21 Abs. 1 und 3, § 22 Abs. 2 Satz 3, §§ 23, 25, § 27 Abs. 1 und § 28 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(3) Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist dieser Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses an ihn festzusetzen, wenn das nach Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Der unmittelbare Besitzer ist über das Antragsrecht zu belehren.

(4) Die Enteignungsbehörde kann den Besitzeinweisungsbeschluss befristen, mit Bedingungen und Auflagen versehen und von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der zu erwartenden Enteignungsentschädigung abhängig machen.

(5) Die Enteignungsbehörde hat auf Antrag des Antragstellers, des Eigentümers oder des unmittelbaren Besitzers den Zustand des Grundstücks vor der Besitzeinweisung in einer Niederschrift festzustellen, soweit er für die Besitzeinweisungs- oder Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist. Auf das Antragsrecht ist in der Ladung hinzuweisen. Den in Satz 1 bezeichneten Personen ist eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden.

8

5. Im Januar 2010 schlossen das Land Baden-Württemberg und die Enteignungsbegünstigte den in § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Darin verpflichtet sich die Enteignungsbegünstigte, die Pipeline nach Maßgabe der erlassenen Planfeststellungsbeschlüsse zu errichten, sie entsprechend den in § 1 BWEthylRohrlG festgelegten Gemeinwohlzwecken zu betreiben und in betriebssicherem Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Pipeline zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (§ 1 Abs. 1 bis 3 des Vertrages). In § 1 Abs. 4 des Vertrages verpflichtet sie sich zur Vermeidung eines förmlichen Rückübereignungsverfahrens (vgl. § 5 BWEthylRohrlG) zur Rückübertragung der enteigneten Grundstücke für den Fall, dass die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG festgelegten Enteignungszwecke nicht mehr erreicht werden können. § 2 des Vertrages stellt das Vorhaben unter die Aufsicht des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums. § 3 des Vertrages sieht für Pflichtverstöße eine Vertragsstrafe von bis zu 5.000.000 € vor. Die Enteignungsbegünstigte hat sich der sofortigen Vollstreckung unterworfen (§ 4 des Vertrages).

9

6. Nach erfolglosen Erwerbsversuchen beantragte die Enteignungsbegünstigte Ende des Jahres 2009 beim zuständigen Regierungspräsidium die (Teil-) Enteignung der Pachtgrundstücke des Beschwerdeführers und des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks. Zudem beantragte sie die vorzeitige Besitzeinweisung in die Grundstücke.

10

7. Mit Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschluss gab das Regierungspräsidium dem Antrag für das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück (unten a) und mit gesondertem Besitzeinweisungsbeschluss dem Antrag für die gepachteten Grundstücke (unten b) statt.

11

a) Die beantragte (Teil-)Enteignung wurde in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit wie folgt verfügt:

"In das […] vorgenannte Grundbuch ist im Rang vor den Grundpfandrechten eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt einzutragen: 'Die Antragstellerin erhält die Befugnis, in dem mit einem Abstand von 3 m beiderseits zur Leitungsachse verlaufenden Schutzstreifen […] eine ausschließlich für den Transport von Ethylen bestimmte Leitung mit der Dimension DN 250 (250 mm Durchmesser) nebst Steuerkabel, Kathodenschutzkabel und sonstigen Zubehörteilen (Schilderpfähle, Messpfähle, Lüftungsrohre, Messkontakte) zu verlegen, dort zu belassen und zu betreiben, im Bedarfsfalle auszubessern, unwesentlich zu ändern (vorbehaltlich einer evtl. erforderlichen Genehmigung der Planfeststellungsbehörde) und auszuwechseln sowie das Grundstück für diese Zwecke zu betreten und zu nutzen.

Die Antragstellerin darf sich hierzu auch Dritter bedienen, auf die sich das Betretungs- und Benutzungsrecht erstreckt. Die Beteiligten sind verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand und den Betrieb der Leitung und des Zubehörs gefährden können und dürfen derartige Maßnahmen durch Dritte auch nicht gestatten. Der Schutzstreifen darf nicht überbaut werden und ist von Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern freizuhalten; er kann jedoch weiter landwirtschaftlich genutzt werden.'"

12

Die daneben angeordnete vorzeitige Besitzeinweisung hat folgenden Inhalt:

"Die Antragstellerin wird in den Besitz einer Teilfläche von 2357 m² aus dem in Ziffer 1. genannten Grundstück […] eingewiesen. Diese Besitzeinweisung wird zwei Wochen nach Zustellung wirksam und gibt der Antragstellerin das Recht, das Grundstück innerhalb des im angeschlossenen Lageplanauszug eingezeichneten Arbeitsstreifens für die Zeit der Verlegung der Ethylenleitung und anschließend im Rahmen des in Ziffer 1. und 2. beschriebenen Umfangs für den Betrieb der Leitung zu nutzen. Im Übrigen ist der Besitz unverzüglich, ordnungsgemäß und protokolliert zurückzugeben."

13

Dem Beschwerdeführer wurde für die Belastung des Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit sowie für die durch die Baumaßnahmen entstehenden Schäden und Folgeschäden eine Entschädigung zugesprochen.

14

b) Mit im Wesentlichen gleichem Inhalt verfügte das Regierungspräsidium jeweils die vorzeitige Besitzeinweisung für einen entsprechenden Arbeits- und Schutzstreifen zum Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd hinsichtlich der gepachteten Grundstücke und sprach auch insoweit eine Entschädigung für die vorzeitigen Besitzeinweisungen zu.

15

8. Das Verwaltungsgericht ordnete auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung der gegen die vorzeitigen Besitzeinweisungen erhobenen Klage an. Die sofortige Ausführung des Vorhabens sei nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten.

16

9. Auf die hiergegen gerichteten Beschwerden des Landes Baden-Württemberg sowie der Enteignungsbegünstigten änderte der Verwaltungsgerichtshof den Beschluss des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Die Beschlüsse des Regierungspräsidiums seien mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.

17

Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sei verfassungsgemäß und erfülle die Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG. Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen stellten einen hinreichend konkreten und bestimmten Enteignungstatbestand dar. Zudem fordere das Wohl der Allgemeinheit die Enteignungen, und der Enteignungszweck könne auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden. Die prognostische Einschätzung des Gesetzgebers bei der Festlegung der konkreten Allgemeinwohlbelange sei von dem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt.

18

Die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG genannten Enteignungszwecke begründeten jedenfalls bei einer Gesamtschau ein besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse, welches eine Enteignung zugunsten Privater grundsätzlich rechtfertige. Der Gesetzgeber gehe von einer erhöhten Attraktivität für die Neuansiedlung von Unternehmen entlang der Pipeline sowie einem erhöhten Investitionsanreiz aus, wodurch Arbeitsplätze geschaffen würden. Die Ethylen-Pipeline-Süd spiele eine zentrale Rolle für das europaweite Ethylenpipelinenetz und verbessere die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Gleichzeitig werde im Vergleich zum Straßen- oder Schifftransport die Transportsicherheit erhöht und die Umweltbelastung verringert.

19

Das Ausmaß des Eingriffs in das Eigentum Privater erscheine demgegenüber eher gering, da die beschränkt persönliche Dienstbarkeit die Eigentümer beziehungsweise Pächter soweit wie möglich schone. Die landwirtschaftliche Nutzung sei im Regelfall nach Verlegung der Pipeline weiter möglich. Daher überwiege das öffentliche Interesse am Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd im Regelfall.

20

Durch § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG und den geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag würden die Enteignungsziele ausreichend gesichert. Die Enteignungsvoraussetzungen des § 3 BWEthylRohrlG lägen vor.

21

Auch die Voraussetzungen für eine vorzeitige Besitzeinweisung seien gegeben (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 LEntG). Die sofortige Ausführung des Vorhabens sei aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Ausführung des Vorhabens sei schon aufgrund des Baufortschritts anzunehmen. Lediglich einzelne Flächen müssten zur Fertigstellung enteignet werden. Bei einer weiteren Verzögerung bestehe die begründete Besorgnis einer Gefährdung der vom Gesetzgeber verfolgten mittelbaren Gemeinwohlzwecke. Der Planfeststellungsbeschluss sei gegenüber dem Beschwerdeführer bestandskräftig und damit vollziehbar.

22

Das Allgemeinwohlinteresse an der sofortigen Vollziehbarkeit der sofortigen Besitzeinweisungen zur Fertigstellung der Ethylen-Pipeline-Süd überwiege das private Interesse des Beschwerdeführers, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren von den Folgen des Vollzugs der Besitzeinweisungsbeschlüsse verschont zu bleiben. Die landwirtschaftliche Nutzung könne nach Durchführung der Baumaßnahme nahezu uneingeschränkt fortgeführt werden. Das Eigentum sei nur mit einem Durchleitungsrecht belastet. Deshalb sei der Kernbereich der Eigentumsgarantie nicht betroffen. Zudem habe der Beschwerdeführer Entschädigungsansprüche. Die vorläufige Besitzeinweisung könne erforderlichenfalls rückgängig gemacht und die Rohrleitung zurückgebaut werden.

II.

23

Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen die Entscheidungen des Regierungspräsidiums sowie gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs und mittelbar gegen die §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG. Er rügt eine Verletzung seines Grundrechts auf Eigentum (Art. 14 GG).

24

Der Verwaltungsgerichtshof gehe von einer grundlegend unrichtigen Auffassung von Bedeutung und Trageweite des Art. 14 GG aus. Der Eingriff in sein Eigentumsgrundrecht sei nicht gerechtfertigt, denn das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sei verfassungswidrig (unten 1). Es fehle an dem Erfordernis einer vorzeitigen Besitzeinweisung aus dringenden Gründen des Allgemeinwohls (unten 2). Er sei durch die Dienstbarkeit und die sofortigen Besitzeinweisungen auch tatsächlich beeinträchtigt (unten 3).

25

1. Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz werde den aus Art. 14 Abs. 3 GG folgenden Anforderungen an eine Enteignung zugunsten Privater nicht gerecht. Die Ethylenpipeline und die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG genannten Zwecke dienten nicht dem Wohl der Allgemeinheit im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG. Die vom Gesetzgeber herangezogenen Gründe seien nicht hinreichend bestimmt und zum Teil nicht zutreffend oder nicht ausreichend belegt. Der prognostizierte Ausbau und die Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandorts Baden-Württemberg sowie die prognostizierte Ansiedlung weiterer Unternehmen seien fragwürdig und von allgemeinwirtschaftlichen Bedingungen abhängig. Anschlusswillige Unternehmen entlang der Pipeline in Baden-Württemberg gebe es nicht. Denn Ethylen werde hauptsächlich als Zwischenprodukt in Form von Granulat benötigt, welches unproblematisch per Lastkraftwagen transportiert werden könne. Für die Versorgung mit Ethylen durch eine Rohrleitung bestehe mithin kein Bedarf. Deshalb sei auch keine Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit sowie keine Erhöhung der Versorgungssicherheit zu erwarten. Der angeführte Effekt der Pipeline werde zudem ausweislich der Gesetzesbegründung gerade nicht in Baden-Württemberg eintreten, auf dessen Gemeinwohlbelange es aber bei einem Landesgesetz allein ankomme. Letztlich seien lediglich erwünschte und erhoffte langfristige Auswirkungen für die genannten Gemeinwohlbelange Grundlage des Gesetzes geworden. Darüber hinaus sicherten § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG sowie der abgeschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag die verfolgten arbeitsmarkt-, wirtschafts-, struktur- und umweltpolitischen Interessen nicht hinreichend.

26

2. Für eine vorzeitige Besitzeinweisung hätten keine tragfähigen Gründe vorgelegen. Im Falle des Unterbleibens der sofortigen Besitzeinweisung sei mit keinen schwerwiegenden Nachteilen für das öffentliche Wohl zu rechnen gewesen. Die prognostizierten positiven Effekte beschränkten sich auf lediglich ein baden-württembergisches Unternehmen. Positive Auswirkungen auf die bayerische Industrie als Grundlage schieden für ein baden-württembergisches Landesgesetz aus. Auf den zum Zeitpunkt der Besitzeinweisungen bereits weit fortgeschrittenen einvernehmlichen Erwerb der erforderlichen Rechte könne nicht abgestellt werden, da es sonst die Beteiligten in der Hand hätten, durch Schaffung vollendeter Tatsachen ein dringendes Gebotensein der Maßnahme aus Allgemeinwohlgründen herbeizuführen. Die bis dahin bereits getätigten Investitionen seien auf eigenes Risiko der Enteignungsbegünstigten erfolgt.

27

3. Durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen komme es zu relevanten und nicht reversiblen Beeinträchtigungen. Der Bau der Pipeline verschlechtere die Bodenqualität (Verschlechterung des Mutterbodens, Bodenverdichtung). Deshalb sei jedenfalls im Bereich des Arbeitsstreifens mit einem geringeren Ernteertrag zu rechnen. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit schränke die landwirtschaftliche wie die anderweitige Nutzung der betroffenen Grundstücke ein.

III.

28

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Enteignungsbegünstigte und Beigeladene des Ausgangsverfahrens, die Landesregierung von Baden-Württemberg, die Bayerische Staatsregierung, das Bundesverwaltungsgericht, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Verband der Chemischen Industrie, der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Deutsche Anwaltverein Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

IV.

29

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil keiner der Annahmegründe des § 93a Abs. 2 BVerfGG vorliegt. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. insbesondere BVerfGE 74, 264; 134, 242) wirft die Verfassungsbeschwerde keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf, die sich nicht nach den Maßstäben der vorliegenden Entscheidungen beantworten ließen. Danach erscheint bereits die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde fraglich; sie erweist sich jedenfalls in der Sache als unbegründet. Deshalb ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde auch nicht zur Durchsetzung der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt.

30

1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ergangenen Entscheidungen über die sofortige Vollziehbarkeit der vorzeitigen Besitzeinweisungen. Im Blick darauf erscheint bereits die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Subsidiaritätsgrundsatzes sowie - jedenfalls in Teilen - hinsichtlich der Erschöpfung des Rechtswegs fraglich. Es liegt nicht fern, dass es darüber hinaus der Verfassungsbeschwerde insoweit auch an einer hinreichenden Begründung und Auseinandersetzung mit diesen Fragen ermangelt. Im Ergebnis kann dies indessen dahingestellt bleiben. Denn eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts des Beschwerdeführers lässt sich nicht feststellen.

31

2. Die den angegriffenen Entscheidungen mittelbar mit zugrunde liegenden Vorschriften der §§ 1 bis 3 des Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetzes begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

32

a) Bei der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG eröffneten Möglichkeit zur Enteignung durch vollständigen Eigentumsentzug handelt es sich um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG. Gleiches gilt für die nach dem Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz regelmäßig in Betracht kommende Belastung eines Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 BWEthylRohrlG); diese erweist sich im Umfang der Dienstbarkeit als teilweise Entziehung von Eigentümerbefugnissen und greift damit in das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum am Grundstück ein (vgl. BVerfGE 45, 297 <339>; 56, 249 <260>).

33

b) Die in Rede stehenden gesetzlichen Regelungen genügen, auch unter Berücksichtigung der strengeren Anforderungen an Enteignungen zugunsten Privater, den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

34

aa) Die Enteignung ist regelmäßig ein schwerer Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Eigentum und an Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zu messen. Dieser lässt die Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zu. Sie darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG). Die Bestimmung des eine Enteignung rechtfertigenden Gemeinwohlziels und des Vorhabens, das generell zu seiner Verwirklichung in Frage kommt, sowie der wesentlichen Voraussetzungen für eine Enteignung sind dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten. Sofern eine Enteignung zugunsten Privater vorgesehen ist, sind weitere Anforderungen an das Gesetz zu stellen (vgl. BVerfGE 134, 242 <290 f. Rn. 166 ff.>).

35

(1) Bei der Auswahl der Gemeinwohlziele steht dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zu, der nur eingeschränkt verfassungsrechtlich überprüfbar ist. Art. 14 Abs. 3 GG enthält lediglich in begrenztem Umfang einen Maßstab für die Bestimmung des gemeinen Wohls. Dem Grundgesetz lässt sich keine umfassende, allgemeine Bestimmung der eine Enteignung tragenden Gemeinwohlziele entnehmen. Von Verfassungs wegen von vornherein ausgeschlossen sind lediglich Enteignungszwecke, die ausschließlich im Interesse Privater liegen, die rein fiskalischen Interessen dienen oder die vom Grundgesetz missbilligte Ziele verfolgen (vgl. BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 169 ff.> m.w.N.). Darüber hinaus ist die gesetzgeberische Entscheidung nur dahingehend überprüfbar, ob sie offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen ist, wie sie insbesondere in den Grundrechten oder den Staatszielbestimmungen zum Ausdruck kommen (vgl. BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 172, 339 Rn. 289>). Das Gemeinwohlziel muss grundsätzlich geeignet sein, die für die Erreichung des Ziels typischerweise in Betracht kommenden Enteignungen zu rechtfertigen. Je nach geregeltem Lebenssachverhalt können infolgedessen die Anforderungen an seine Bedeutung variieren. Weder wiegt jede Enteignung gleich schwer, noch vermag jedes legitime Gemeinwohlziel Enteignungen jeglicher Schwere zu rechtfertigen. Auch bei dieser Gewichtung steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu, der einer verfassungsrechtlichen Vertretbarkeitskontrolle unterliegt (vgl. BVerfGE 134, 242 <293 Rn. 173>).

36

Das zur Enteignung ermächtigende Gesetz muss außerdem hinreichend bestimmt regeln, zu welchem Zweck, unter welchen Voraussetzungen und für welche Vorhaben enteignet werden darf. Wird das Vorhaben der Art nach hinreichend bestimmt benannt und ergibt sich daraus zugleich eindeutig der vom Gesetzgeber angestrebte Gemeinwohlzweck, ist die ausdrückliche Benennung des Gemeinwohls im Gesetz entbehrlich. Den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG genügt hingegen eine Regelung nicht, die die Entscheidung, für welche Vorhaben und zu welchen Zwecken enteignet werden darf, faktisch in die Hand der Verwaltung legt (vgl. BVerfGE 134, 242 <293 f. Rn. 174 ff.> m.w.N.).

37

(2) Auch Enteignungen zugunsten Privater sind grundsätzlich zulässig. Jedoch ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob hinter dem verfolgten Gemeinwohlziel ein auch unter Berücksichtigung der Privatnützigkeit der Enteignung hinreichend schwerwiegendes, spezifisch öffentliches Interesse steht. Zudem sind zusätzliche Anforderungen an das Enteignungsgesetz zu stellen (vgl. BVerfGE 134, 242 <294 f. Rn. 177 ff.> m.w.N.). Dient die Enteignung nur mittelbar dem gemeinen Wohl, muss das Gesetz unzweideutig regeln, ob und für welche Vorhaben, unter welchen Voraussetzungen und für welche Zwecke eine Enteignung statthaft ist. Der mittelbar verfolgte Enteignungszweck muss gesetzlich so genau beschrieben werden, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung nicht in die Hand der Verwaltung gegeben wird. Des Weiteren muss der im Allgemeininteresse liegende Zweck der Maßnahme dauerhaft gesichert werden. Es bedarf umso genauerer und detaillierterer gesetzlicher Vorgaben zur Sicherung der dauerhaften Gemeinwohlnutzung, je weniger schon der Geschäftsgegenstand des privaten Enteignungsbegünstigten darauf ausgerichtet ist, dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen (vgl. BVerfGE 74, 264 <285 f.>; 134, 242 <295 f. Rn. 180 f.> m.w.N.). Kann sich der Nutzen für das allgemeine Wohl nicht aus dem Unternehmensgegenstand selbst, sondern nur als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit ergeben, bedarf es einer effektiven rechtlichen Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel, damit dieses dauerhaft garantiert ist. Regelungen, welche lediglich die bloße Realisierung des Vorhabens sichern, sind nicht ausreichend. Außerdem kann kein "Vertrauensvorschuss" dahingehend gewährt werden, dass allein die Wirtschaftskraft eines von der Enteignung begünstigten Unternehmens Gewähr dafür bietet, dass die Gemeinwohlziele durch die plankonforme Ausführung des Vorhabens und seinen dauerhaften Betrieb tatsächlich erreicht werden (vgl. BVerfGE 74, 264 <286, 295 f.>).

38

bb) Diesen Maßstäben werden die §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG gerecht. Der Gesetzgeber hat jedenfalls mit der Verbesserung der Transportsicherheit ein ausreichend gewichtiges und die Enteignung tragendes Gemeinwohlziel normiert (unten (1)). Hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit des Gemeinwohlziels und des Vorhabens bestehen keine Bedenken (unten (2)). Ebenso hat der Gesetzgeber die weiteren Enteignungsvoraussetzungen hinreichend festgelegt (unten (3)). Die dauerhafte Erreichung des Gemeinwohlziels ist genügend gesichert (unten (4)). Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sieht außerdem eine Entschädigung vor (unten (5)).

39

(1) Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs. 2 Nr. 6 BWEthylRohrlG jedenfalls mit der Verbesserung der Transportsicherheit ein hinreichend tragfähiges Gemeinwohlziel bestimmt. Unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsspielraums bei der Bestimmung möglicher Gemeinwohlziele steht der Auswahl dieses Gemeinwohlziels nichts entgegen. Grundsätzlich ist es dem Gesetzgeber überlassen, durch die Unterstützung bestimmter Vorhaben die Transportsicherheit und somit die Sicherheit aller potentiell betroffenen Menschen sowie der Rechtsgüter der Allgemeinheit für alle Transportwege wie etwa auch Straße, Schiene oder Wasserstraße zu fördern. Dieses Ziel ist insbesondere nicht von vornherein ausgeschlossen, weil es etwa ausschließlich im Interesse Privater läge; es ist auch nicht offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen.

40

Das Gemeinwohlziel der Transportsicherheit ist - unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen für Enteignungen zugunsten Privater - auch hier ausreichend gewichtig und somit grundsätzlich geeignet, die typischerweise in Betracht kommenden Enteignungen zu rechtfertigen. Das Gas Ethylen ist narkotisierend, erstickend, hochentzündlich, bildet mit Luft explosionsfähige Gemische und wird der höchsten Gefahrenklasse zugeordnet. Der Pipelinetransport stellt sich gegenüber dem Transport auf dem Seeweg, auf der Schiene oder Straße als sicherer dar. Witterungseinflüsse, Gefährdungen durch andere Verkehrsteilnehmer und sonstiges menschliches Fehlverhalten haben als potentielle Gefahrenquellen beim Rohrleitungstransport einen geringeren Einfluss. Das Unfallrisiko stellt sich im Hinblick auf potentielle Unfallfolgen für Betroffene sowie die aus einem Unfall gegebenenfalls resultierenden schädlichen Umweltauswirkungen auch als Risiko der Allgemeinheit im Land Baden-Württemberg dar.

41

Verstärkt wird das Gewicht der Allgemeinwohl-Dienlichkeit durch das im Gesetz vorgesehene sogenannte Common-Carrier-Prinzip. Danach ist allen Unternehmen der diskriminierungsfreie Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (§ 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG). Durch den freien Zugang für alle anschlusswilligen Unternehmen ist auch für diese ein Ausweichen auf alternative Transportwege nicht notwendig. Insofern ist die Pipeline vergleichbar mit einem öffentlichen Weg, mit dem Unterschied, dass die Pipeline nicht von der öffentlichen Hand, sondern von einer privaten Gesellschaft gebaut wurde und der Zugang nicht allgemein jedem Bürger offen steht (ähnlich LTDrucks 14/5401, S. 4).

42

Das beschriebene Gemeinwohlziel ist gewichtig genug, um die in Rede stehende Enteignung zu rechtfertigen. Gegenüber dem Anliegen des sicheren Transports von Ethylen fällt die aufgrund des hier geregelten Lebenssachverhalts (Verlegung und Betrieb einer unterirdischen Rohrleitung) typischerweise in Betracht kommende Enteignung weniger schwer ins Gewicht. Denn für die Verwirklichung der durch das Erdreich verlaufenden Pipeline sowie die Erreichung des Gemeinwohlziels wird regelmäßig die Belastung des betroffenen Grundeigentums mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in Form eines Leitungsrechts ausreichen. Durch eine solche Dienstbarkeit wird die Nutzungsmöglichkeit betroffener Grundstücke - wie im vorliegenden Fall die landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch die Verpflichtung zur Freihaltung von Überbauungen sowie Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern - regelmäßig nur in sehr begrenztem Maße dauerhaft beeinträchtigt. Anders als beispielsweise im Braunkohletagebau dürfte Wohnbebauung regelmäßig nicht betroffen sein, da jedenfalls der hier relevante Planfeststellungsbeschluss dem Grundsatz der Meidung bebauter Gebiete folgt. Stellt man dieses relativ geringe Eingriffsgewicht den Gefahren beim Ethylen-Transport auf alternativen Transportwegen gegenüber, so stellt sich das Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" unter Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen für Enteignungen zugunsten Privater als ausreichend gewichtig dar. Die dem zugrunde liegende Einschätzung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

43

(2) Das Gemeinwohlziel der "Verbesserung der Transportsicherheit" sowie das Vorhaben an sich sind - auch im Hinblick auf die strengeren Voraussetzungen für Enteignungen zugunsten Privater - hinreichend bestimmt durch den Gesetzgeber geregelt.

44

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG sind Enteignungen zur Errichtung und zum Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen zulässig. Dieses Vorhaben ist grundsätzlich geeignet, dem Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" zu dienen, da Ethylentransporte auf anderen risikoreicheren Wegen vermieden werden. Damit wird ein ganz bestimmtes Vorhaben benannt, zu dessen Zwecken enteignet werden kann. Außerdem wird das Gemeinwohl in Form der "Verbesserung der Transportsicherheit" ausreichend bestimmt benannt. Aus dem Gesetz ergibt sich damit unzweideutig, für welches Vorhaben und zu welchem Enteignungszweck eine Enteignung erfolgen darf. Selbst wenn aufgrund der Verwendung des Wortes "insbesondere" bei der Benennung der Vorhabenziele in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG von einer lediglich beispielhaften Aufzählung der Allgemeinwohlgründe ausgegangen würde, bestehen keine Bedenken hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit; denn eine Enteignung ist lediglich zur Errichtung und zum Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd möglich. Dass dieses konkrete Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit dient, hat damit gerade der Gesetzgeber entschieden (zu anders gelagerten Enteignungen nach dem Bergrecht mit weiterreichenden Auswirkungen vgl. BVerfGE 134, 242 <302 Rn. 198 f.>).

45

Indem damit ein tragfähiges sowie hinreichend konkretes Gemeinwohlziel im Sinne einer Verbesserung der Transportsicherheit normiert ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die weiteren genannten Gemeinwohlziele ebenfalls den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen.

46

(3) Auch die weiteren Enteignungsvoraussetzungen sind im Gesetz ausreichend bestimmt geregelt. § 2 Abs. 2 BWEthylRohrlG verhält sich zum Umfang der Enteignung, indem er die Bestandteile der Rohrleitungsanlage festlegt. § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BWEthylRohrlG enthält Vorgaben zur Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen; regelmäßig dürfte dafür eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit ausreichen. § 3 Satz 1 BWEthylRohrlG verlangt darüber hinaus, dass die Enteignung im einzelnen Fall zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Das begünstigte Unternehmen muss sich nachweislich und ernsthaft bemüht haben, das Grundstück oder das in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BWEthylRohrlG bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben (§ 3 Satz 2 Nr. 1 BWEthylRohrlG).

47

(4) Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sieht überdies eine ausreichende dauerhafte Sicherung des im Allgemeininteresse liegenden Zwecks der Maßnahme vor. Vorliegend bedarf es einer effektiven rechtlichen Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel (vgl. BVerfGE 74, 264 <286>), da der Geschäftsgegenstand der Enteignungsbegünstigten als Trägerin des Vorhabens nicht dem Bereich der klassischen Daseinsvorsorge zuzuordnen ist. Die Rohrleitung dient jedoch dem ihr vom Gesetzgeber unter anderem zugeschriebenen Zweck der Transportsicherheit und mithin dem Gemeinwohl. Da dieses Ziel über die Begünstigung eines Privaten erreicht werden soll, sind erhöhte Anforderungen an die Sicherung der Erreichung des Gemeinwohlziels zu stellen. Die Sicherung des Zwecks "Verbesserung der Transportsicherheit" wird bereits durch die Errichtung und den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage erreicht. Die Errichtung und der ordnungsgemäße Betrieb der Anlage werden wiederum über § 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie § 5 BWEthylRohrlG genügend gesichert. Der in § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG vorgesehene öffentlich-rechtliche Vertrag ist zwischen der Begünstigten und dem Land Baden-Württemberg geschlossen. Darin hat sich die Enteignungsbegünstigte verpflichtet, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten; die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist sanktionsbewehrt. Darüber hinaus ist ein vereinfachtes Rückübereignungsverfahren vorgesehen und die Enteignungsbegünstigte hat sich der Kontrolle durch das baden-württembergische Wirtschaftsministerium sowie einer sofortigen Vollstreckung unterworfen. Die Erreichung des Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" ist demnach hinreichend gesichert. Deshalb kommt es auf eine ausreichende Sicherung der im Gesetz weiter genannten arbeitsmarkt-, wirtschafts- und strukturpolitischen Interessen nicht mehr entscheidungserheblich an.

48

(5) § 4 BWEthylRohrlG sieht in Verbindung mit § 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG sowie §§ 7 ff. LEntG eine Entschädigung vor. Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz wird damit auch den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG gerecht.

49

3. Die unmittelbar angegriffenen Entscheidungen sehen sich ebenfalls keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt. Der Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Beschwerdeführers (Art. 14 GG) erweist sich als gerechtfertigt.

50

a) Von den vorzeitigen Besitzeinweisungen sind das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück sowie die von ihm gepachteten Grundstücke betroffen. Dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der Pacht um eine von Art. 14 GG geschützte Rechtsposition handelt (hiervon ausgehend wohl BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. September 1997 - 1 BvR 392/89 -, juris, Rn. 13; ebenso: BGHZ 175, 35 <41 ff. Rn. 23 ff.> m.w.N.; BVerwGE 105, 178 <180>) und ob es sich bei den vorzeitigen Besitzeinweisungen um Enteignungen im verfassungsrechtlichen Sinne oder um Inhalts- und Schrankenbestimmungen handelt (wohl von einer Enteignung ausgehend BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 21 ff.). Denn die vorzeitigen Besitzeinweisungen halten den strengen Anforderungen an eine Enteignung zugunsten Privater hinsichtlich aller hier betroffener Grundstücke stand.

51

b) Die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 3 GG sind erfüllt.

52

aa) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen erfolgten aufgrund eines Gesetzes (§ 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG i.V.m. §§ 37 ff. LEntG). Eine Entschädigung wurde zugesprochen, deren Höhe nicht beanstandet wird und hier auch nicht zur Prüfung steht. Das mit dem Vorhaben verfolgte Gemeinwohlziel einer Verbesserung der Transportsicherheit erweist sich auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Überprüfung der vorzeitigen Besitzeinweisungen als tragfähig.

53

bb) Die einfachrechtlichen Voraussetzungen einer vorzeitigen Besitzeinweisung einschließlich des Vorliegens besonders dringender Gründe des Allgemeinwohls können verfassungsrechtlich lediglich einer Vertretbarkeitskontrolle unterzogen werden. Denn die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall ist Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Fehler, die einen Verstoß gegen das Willkürverbot oder eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung und Reichweite eines Grundrechts offenbaren würden, sind nicht erkennbar (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 112, 93 <108>; stRspr). Dass der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der besonderen Dringlichkeit des Allgemeinwohlgrundes von einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Reichweite des Art. 14 GG ausgegangen sein könnte, hat der Beschwerdeführer schon nicht dargelegt.

54

cc) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen genügen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Im Rahmen einer Gesamtabwägung hat der Verwaltungsgerichtshof alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange nachvollziehbar im Ergebnis zugunsten des Vorhabens bewertet (vgl. zum Maßstab BVerfGE 134, 242 <290 ff. Rn. 166 ff.>).

55

(1) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen sind grundsätzlich geeignet, das Gemeinwohlziel in Form einer Verbesserung der Transportsicherheit zu erreichen. Durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen werden Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd ermöglicht. Dass die Pipeline die Transportsicherheit verbessert, ist bereits ausgeführt.

56

(2) Das Vorhaben "Errichtung und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd" ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" vernünftigerweise geboten und somit erforderlich. Denn das Vorhaben kann einen substantiellen Beitrag zur Transportsicherheit erbringen. Die vorzeitigen Besitzeinweisungen waren für das Vorhaben unumgänglich erforderlich. Ohne diese hätte die Ethylen-Pipeline-Süd nicht fertiggestellt werden können. Ein milderes und gleich geeignetes Mittel war nicht verfügbar. Insbesondere hätte ein Ausweichen auf andere Grundstücke ebenfalls einen Eingriff in das Eigentumsrecht anderer Personen mit sich gebracht. Da sich der über die betroffenen Grundstücke führende Trassenverlauf an gewissen Grundsätzen orientiert (z.B. Meidung bebauter Gebiete, Leitungsbündelung), könnte eine Umlegung sogar zu schwerwiegenderen Eingriffen führen (vgl. zur Erforderlichkeit BVerfGE 134, 242 <296 ff. Rn. 182 ff.> m.w.N.). Gegen eine Erforderlichkeit spricht auch nicht der vom Beschwerdeführer behauptete fehlende Bedarf für die Pipeline. Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Enteignungsbegünstigte Stellungnahmen verschiedener Unternehmen vorgelegt, in welchen diese einen Bedarf für Ethylen gerade in Gasform substantiiert darlegen. Hierfür sprechen auch die mit Blick auf die Pipeline bereits getätigten Investitionen. Zwar wird Ethylen in Gasform faktisch selten auf alternativen Transportwegen transportiert; jedoch ist nach der Einschätzung des baden-württembergischen Gesetzgebers vorstellbar, dass ohne die Realisierung der Ethylen-Pipeline-Süd "Ethylenerzeuger oder -verbraucher Ethylen aus wirtschaftlichen Erwägungen über Straße und Schiene transportieren, um bereits getätigte Investitionen wie beispielsweise im Falle Bayerns zu amortisieren" (vgl. LTDrucks 14/5171, S. 13). Angesichts der im Erlasszeitpunkt des Ethylen-Rohrleitungsgesetzes mit Blick auf eine erwartete Inbetriebnahme der Ethylen-Pipeline-Süd getätigten Investitionen sowie des dargelegten grundsätzlichen Ethylen-Bedarfs erscheint diese Einschätzung jedenfalls nicht unvertretbar.

57

(3) Die im Rahmen der Angemessenheitsprüfung durchzuführende Gesamtabwägung fällt zu Lasten des Beschwerdeführers aus (vgl. zur Angemessenheit BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 186 ff.> m.w.N.).

58

Hier ist es allerdings nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die der Ausgangsbehörde und nachvollziehend den Fachgerichten obliegende Aufgabe einer Gesamtabwägung selbst wahrzunehmen und sich an deren Stelle zu setzen. Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind vielmehr allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind. Die Überprüfung des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich daher darauf, ob bei der Tatsachenermittlung verfassungsrechtlich erhebliche Fehler unterlaufen sind oder ob bei der Gesamtabwägung die Bedeutung der betroffenen Grundrechte - insbesondere des Art. 14 Abs. 1 GG - oder sonstiger grundgesetzlicher Wertungen grundsätzlich verkannt wurden (vgl. BVerfGE 134, 242 <353 Rn. 323>).

59

Ausgehend hiervon erweist sich die Gesamtabwägung für das Vorhaben "Ethylen-Pipeline-Süd" in der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof als vereinbar mit Art. 14 Abs. 1 GG. Dieser hat zutreffend erkannt, dass der konkrete Zugriff auf die Grundstücke dem Grunde und Umfang nach zu überprüfen ist und vor allem dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen muss. Die wesentlichen Abwägungskriterien hat der Verwaltungsgerichtshof berücksichtigt. Die von ihm durchgeführte Abwägung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

60

Keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen zunächst, soweit der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Bindungswirkung an die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung angenommen hat. Denn im Rahmen der Gesamtabwägung ist die gesetzgeberische Entscheidung zugunsten der grundsätzlichen Enteignungswürdigkeit des verfolgten gemeinen Wohls zu beachten (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 188>). Die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung und die Entscheidung zugunsten einer Enteignungswürdigkeit sind eng miteinander verknüpft. Bestünde kein Bedarf für die Pipeline, so wäre das Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" nicht enteignungswürdig. Ein Bedarf für die Pipeline ist jedoch nachvollziehbar dargelegt (oben 2 b bb (1)).

61

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung der Angemessenheit der konkreten Maßnahmen gegenüber dem Beschwerdeführer (vorzeitige Besitzeinweisungen) unter Berücksichtigung besonderer individueller Beeinträchtigungen nicht ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt der "Angemessenheit" vorgenommen. Er hat jedoch die allgemeine, auf die im Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz vorgesehene Enteignung (in der Regel die Belastung mit einer Dienstbarkeit) bezogene gesetzgeberische Abwägung im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses überprüft und aus nachvollziehbaren Gründen nicht beanstandet. Der Gesetzgeber hat indessen im Rahmen seiner Abwägung gerade nicht die individuellen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers im Blick gehabt. Jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof neben der Überprüfung der gesetzgeberischen Abwägung eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung aller konkret geltend gemachter Beeinträchtigungen vorgenommen, wenngleich er diese in den Rahmen der Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gestellt hat. Dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe ist damit noch verlässlich zu entnehmen, dass er den konkreten Einzelfall mit allen seinen Umständen im Blick hatte.

62

Der Verwaltungsgerichtshof hat alle in die Gesamtabwägung einzustellenden Belange im Ergebnis hinreichend berücksichtigt. Auf dieser Grundlage ist er zu dem vertretbaren Ergebnis gekommen, dass der Beitrag, den das entzogene Eigentumsrecht zur Verwirklichung des Vorhabens leistet, nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des Eingriffs steht, den der konkrete teilweise Eigentumsentzug für den betroffenen Rechtsinhaber bedeutet (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 Rn. 187>). Er hat berücksichtigt, dass die Dienstbarkeit lediglich eine Einschränkung im tatsächlichen Gebrauch des Grundstücks mit sich bringt, sich die grundsätzliche landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch die Pipeline aber letztlich nicht ändert, und dass durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen im Wesentlichen keine vollendeten, irreparablen Tatsachen geschaffen werden und die Enteignungsbegünstigte für alle bleibenden Nachteile eine angemessene Entschädigung zu leisten hat. Dem Beschwerdeführer werde nicht Haus und Hof genommen und die betroffenen Grundstücke seien bereits mit Leitungsrechten belastet. Dass aus den vorzeitigen Besitzeinweisungen für den Beschwerdeführer schwerwiegende existenzielle Folgen drohten, hat dieser nicht vorgetragen. Von massiveren Beeinträchtigungen kann daher keine Rede sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem berücksichtigt, dass die betroffenen Grundstücke zur Fertigstellung des Vorhabens benötigt werden, das entzogene Eigentumsrecht also einen wesentlichen Beitrag zu dessen Verwirklichung leistet und dieser Aspekt im Verhältnis zu den Beeinträchtigungen nicht außer Verhältnis steht.

63

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter in vertretbarer Weise angenommen, dass die Bedeutung des Vorhabens für das konkret verfolgte Gemeinwohlziel in einem angemessenen Verhältnis zu den durch das Vorhaben beeinträchtigten Belangen steht (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 188 f.>). Im Rahmen dieser Prüfung hat er auch die gesetzgeberische Abwägung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nachvollzogen, welche wiederum entgegenstehende öffentliche Belange (z.B. Naturschutzbelange) berücksichtigt hat (vgl. LTDrucks 14/5171). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Sicherheitsbedenken als nicht tragfähig bewertet.

64

Zudem könnten die vorzeitigen Besitzeinweisungen mit allenfalls geringen bleibenden Beeinträchtigungen rückgängig gemacht werden. Die Pipeline selbst könnte zurückgebaut werden oder gegebenenfalls sogar nach einer Außerbetriebnahme ohne erhebliche Nachteile im Boden verbleiben. Wohnbebauung ist im Falle des Beschwerdeführers nicht betroffen. Daraus ergibt sich, dass die vorzeitigen Besitzeinweisungen nicht offensichtlich mit so erheblichen Nachteilen für andere gewichtige Gemeinwohlbelange oder private Rechte verbunden sind, dass diese in keinem vernünftigen Verhältnis zum Gewicht des durch das Vorhaben "Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd" verfolgten Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" stehen. Zu diesem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis ist letztlich auch der Verwaltungsgerichtshof gelangt, wenngleich er zur Begründung auf das Gewicht aller im Gesetz genannten Gemeinwohlziele "in einer Gesamtschau" abgestellt haben dürfte.

65

dd) Durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wird dem Beschwerdeführer auch effektiver Rechtsschutz zuteil. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes stellt ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Gerade bei Enteignungen kann im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes daher die notwendige Prüfungsintensität über diejenige einer nur summarischen Prüfung hinausgehen. Ob eine abschließende Prüfung notwendig ist, ist von der Intensität des Grundrechtseingriffs abhängig (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 20 f. m.w.N.). Dies zugrunde gelegt, bestehen hinsichtlich der Prüfintensität des Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Im vorliegenden Fall entstehen durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen keine schwerwiegenden irreparablen Schäden, weshalb eine abschließende Prüfung nicht notwendig war. Selbst wenn man eine weitergehende Prüfung für erforderlich erachten wollte, wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs dem gerecht. Dieser weist an verschiedenen Stellen zwar auf eine lediglich summarische Prüfung hin. Nimmt man indessen die gesamte Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs in den Blick, so ergibt sich, dass er die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der beanstandeten Maßnahmen ausführlich geprüft und sich nicht lediglich auf eine Folgenabwägung beschränkt hat.

66

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Rohrfernleitungsanlagen müssen so beschaffen sein und betrieben werden, dass eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit vermieden wird und insbesondere schädliche Einwirkungen auf den Menschen und die Umwelt nicht zu besorgen sind.

(2) Eine Rohrfernleitungsanlage ist entsprechend dem Stand der Technik zu errichten und zu betreiben. Als Stand der Technik im Sinne von Satz 1 gelten insbesondere die Technischen Regeln, die nach § 9 Abs. 5 veröffentlicht werden. Als gleichwertige Regeln der Technik im Sinne von Satz 1 gelten Normen, sonstige Bestimmungen oder technische Vorschriften anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, sofern das geforderte Schutzniveau gleichermaßen dauerhaft erreicht wird.

Tenor

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. April 2010 - 5 K 755/10 - geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die vorzeitigen Besitzeinweisungen in den Beschlüssen des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Februar 2010 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf jeweils 3.081,48 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. ..., Gemarkung ... ... ... (...). Das landwirtschaftliche genutzte Grundstück hat eine Fläche von 14.279 qm. Der Antragsteller ist ferner Pächter der beiden ebenfalls landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Flst. Nrn. ... (2.830 qm) und ... (2.140 qm), Gemarkung ... ... ....
Die Beigeladene ist eine Gesellschaft, in der sich sieben Unternehmen der Chemieindustrie zum Zweck der Errichtung und des Betriebs der Ethylenpipeline Süd - im Folgenden: EPS - zusammengeschlossen haben. Mit der EPS soll die erforderliche Infrastruktur für den sicheren und wirtschaftlichen Transport von Ethylen zwischen wichtigen süddeutschen Chemiestandorten und die Anbindung an den bestehenden nordwesteuropäischen Rohrleitungsverbund geschaffen werden. Dazu wird eine Rohrfernleitung mit einer Länge von ca. 360 km und einer Jahreskapazität von bis zu 400.000 t einschließlich aller dafür notwendigen technischen Einrichtungen verlegt. Die EPS verläuft von Münchsmünster in Bayern durch Baden-Württemberg nach Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz. Die Trassenlänge in Bayern beträgt ca. 100 km, in Baden-Württemberg ca. 190 km und in Rheinland-Pfalz ca. 70 km. Ethylen ist ein chemisches Zwischenprodukt. Es wird für eine Vielzahl von Kunststoffen benötigt, die ihren Einsatz im täglichen Leben, in der Landwirtschaft, in der Automobilindustrie und in vielen weiteren Bereichen finden. Die EPS wird an bereits bestehende Rohrleitungssysteme angeschlossen, und zwar in Bayern an die Pipeline zwischen Münchsmünster und Gendorf/Burghausen (sog. bayerisches Chemiedreieck) und in Ludwigshafen zunächst an die Pipeline bis Frankfurt. Von dort besteht eine Anschlussmöglichkeit an die Pipeline bis Wesseling bei Köln. Die EPS ist zugleich Verbindungsbaustein und Teil eines künftigen gesamteuropäischen geschlossenen Ethylenpipelinenetzes. Die Bedeutung der EPS für die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie wurde von der Europäischen Kommission ausdrücklich anerkannt, die eine vom Freistaat Bayern gewährte Beihilfe in Höhe von 44.850.000,-- EUR mit dem gemeinsamen Markt für vereinbar erklärt hat (Entscheidung vom 12.10.2006, ABl. EU 2007 Nr. L 143/16).
Im Regierungsbezirk Stuttgart wurden Errichtung und Betrieb der EPS mit einem auf der Grundlage von § 20 UVPG erlassenen Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.07.2008, geändert mit Beschluss vom 27.10.2009, zugelassen. Die Rohrleitung mit einem Durchmesser von 0,25 m ist nach dem verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses im Boden in einer Tiefe von mindestens 1,00 m (Mindestüberdeckung), bei landwirtschaftlichen Flächen mit einer Mindestüberdeckung von 1,20 m zu verlegen. Von der planfestgestellten Trasse sind auch die drei vom Antragsteller bewirtschafteten Grundstücke betroffen. Beim Verwaltungsgericht Stuttgart sind mehrere Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss anhängig; der Antragsteller hat jedoch keine Klage erhoben.
In Baden-Württemberg muss die Beigeladene zur Errichtung und zum Betrieb der EPS mehr als 6.000 Gestattungsverträge und Bauerlaubnisse einholen. Mit dem Wegerechtserwerb wurde im Jahr 2007 auf der Basis von Rahmenvereinbarungen mit dem Landesbauernverband Baden-Württemberg und den Kreisbauernverbänden begonnen. Auf der Basis der Rahmenvereinbarung mit den Bauernverbänden ist es der Beigeladenen bis Mitte 2009 gelungen, mehr als 5.000 Gestattungsverträge und Bauerlaubnisse und damit mehr als 90 % des erforderlichen Grunderwerbs auf freiwilliger Basis abzuschließen. Ein vollständiger Erwerb der erforderlichen Wegerechte auf freiwilliger Basis war nicht möglich. Aus diesem Grund mussten die Bauarbeiten in Baden-Württemberg im Juni 2009 vorübergehend eingestellt werden, da infolge damals fehlender Wegerechte keine längeren zusammenhängenden Bauabschnitte mehr vorlagen.
Am 25.11.2009 beschloss der Landtag von Baden-Württemberg das Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb einer Ethylenrohrleitungsanlage in Baden-Württemberg (Baden-Württembergisches Ethylen-Rohrleitungsgesetz, im Folgenden: BWEthylRohrlG) v. 01.12.2009 (GBl. S. 677). Das Gesetz trat am 08.12.2009 in Kraft. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG dienen die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen dem Wohl der Allgemeinheit nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG. Zur Errichtung und zum Betrieb dieser Rohrleitungsanlage kann enteignet werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG). Bestandteil der Rohrleitungsanlage sind insbesondere ihre sämtlichen Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen, die notwendigen Zufahrten zu diesen Einrichtungen sowie der 6 m breite Schutzstreifen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BWEthylRohrlG). Die der Errichtung dienenden Arbeitsstreifen und Hilfsflächen sind den Bestandteilen der Rohrleitungsanlage i.S. des § 2 Abs. 2 Satz 1 BWEthylRohrlG für die Dauer der Errichtung gleichgestellt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 BWEthylRohrlG).
Ab Mitte Dezember 2009 begann die Beigeladene in den Fällen, in denen eine freiwillige Einigung nicht möglich war, Enteignungs- und Besitzeinweisungsanträge bei den Regierungspräsidien Karlsruhe und Stuttgart zu stellen. Insgesamt wurden 114 Enteignungs- und Besitzeinweisungsverfahren eingeleitet. Nach der Einleitung der Verfahren konnte bisher in 35 Fällen eine gütliche Einigung erzielt werden. 18 Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschlüsse sind bestandskräftig geworden. Insgesamt konnten in Baden-Württemberg bislang insgesamt 120 km Leitung zusammenhängend gebaut werden.
Mit Schreiben vom 15.12.2009 stellte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Stuttgart bezüglich des Grundstücks Flst. Nr. ... des Antragstellers einen Antrag auf Enteignung und vorzeitige Besitzeinweisung. Die Enteignung soll sich als beschränkte persönliche Dienstbarkeit in Gestalt eines 6 m breiten Schutzstreifens (jeweils in einer Breite von 3 m beidseits der Leitungsachse der Rohrleitung) auf eine Schutzstreifenfläche von 942 qm erstrecken. Ferner beantragte die Beigeladene die vorzeitige Einweisung in den Besitz der Schutzstreifenfläche sowie zusätzlich in den vorzeitigen Besitz eines Arbeitsstreifens mit einer Breite von 16 m (sog. Arbeitsstreifenfläche von 2.367 qm), wobei die Schutzstreifenfläche innerhalb der Arbeitsstreifenfläche liegen soll. Gleichfalls mit Schreiben vom 15.12.2009 beantragte die Beigeladene bezüglich der beiden Pachtgrundstücke des Antragstellers (Flst. Nrn. ... und ...) für die Durchführung der Baumaßnahmen die (Teil-)Enteignung durch Besitzentzug von Arbeitsstreifenflächen (Flst. Nr. ...: 577 qm; Flst. Nr. ...: 489 qm) für einen 16 m breiten Arbeitsstreifen sowie die vorzeitige Einweisung in den Besitz der Arbeitsstreifenflächen. Von den Arbeitsstreifenflächen sollen wiederum ein 6 m breiter Schutzstreifen umfasst sein (Flst. Nr. ...: 217 qm Schutzstreifenfläche; Flst. Nr. ... 183 qm Schutzstreifenfläche). Zur Begründung der erstrebten vorzeitigen Besitzeinweisungen führte die Beigeladene aus, der sofortige Beginn vorbereitender Maßnahmen und der Bauarbeiten sei aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten. Jede Verzögerung führe zu einer Verzögerung der Fertigstellung der Rohrleitungsanlage insgesamt mit schwerwiegenden Nachteilen, die aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit vermieden werden müssten. Die Pipeline werde den Ausbau von Chemie- und Petrochemiestandorten in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz stärken. Der Pipelinebau in Baden-Württemberg bewirke Investitionen in Höhe von 70 Mio. EUR. Die sofortige Ausführung des Lückenschlusses der Pipeline in Baden-Württemberg sei dringend geboten. Jede weitere Verzögerung der Durchführung der Bauarbeiten führe zu erhöhten Projektkosten mit einem erheblichen finanziellen Mehraufwand für die privaten Trägergesellschaften der Beigeladenen. Aufgrund der bereits eingetretenen Verzögerung von neun Monaten (Verzögerung der geplanten Inbetriebnahme von März 2010 auf Dezember 2010) hätten sich die Projektkosten bereits um rd. 18 Mio. EUR erhöht. Jede weitere Verzögerung der Bauarbeiten in Baden-Württemberg habe eine Erhöhung der Projektkosten in Höhe von mindestens zwei Mio. EUR pro Monat zur Folge. Das EPS-Projekt wandle sich damit schon jetzt von einem „low profit“-Projekt mit geringer Rendite zu einem „no profit“-Projekt für die Gesellschafter. Die Erhöhung der Baukosten sei auch im öffentlichen Interesse zu vermeiden, weil für den Bau der Pipeline öffentliche Fördergelder verwendet würden. Es sei beabsichtigt, die Bauarbeiten in Baden-Württemberg in fünf Baulosen durchzuführen. Der Baubeginn in den verschiedenen Losen sei zwischen dem 15.03.2010 und dem 28.05.2010 vorgesehen. Dabei seien Bauzeitenbeschränkungen sowie Beschränkungen bei der Durchführung von Holz- und Rodungsarbeiten zu berücksichtigen. Die Bauarbeiten in Baden-Württemberg sollten Ende August 2010 abgeschlossen sein. Danach schließe sich die Phase der Inbetriebnahme von etwa drei Monaten an. Zur Vermeidung weiterer Projektkosten sei es zwingend erforderlich, dass die Beigeladene alle Grundstücke zur Durchführung von vorbereitenden Maßnahmen und zur Ausführung der Baumaßnahmen schnellstmöglich betreten könne. Die Dringlichkeit der Ausführung des Vorhabens sei damit aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit gegeben. Es bestehe ein besonderes öffentliches Interesse, das über das öffentliche Interesse an der Realisierung des Projekts hinausgehe.
Mit Schreiben vom 07.01.2010 gab das Regierungspräsidium Stuttgart dem Antragsteller Gelegenheit zur Äußerung zu den Anträgen der Beigeladenen auf Enteignung und vorzeitige Besitzeinweisungen. Am 18.01.2010 schloss der Antragsteller mit der Beigeladenen einen Gestattungsvertrag bezüglich des Grundstücks Flst. Nr. ... und erteilte bezüglich dieses Grundstücks sowie der beiden Pachtgrundstücke Flst. Nrn. ... und ... die Erlaubnis zum Bau der Ethylenpipeline. Mit Schreiben vom 29.01.2010 widerrief der Antragsteller den Gestattungsvertrag sowie die Bauerlaubnis. Mit Schriftsatz vom 02.02.2010 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers, die Anträge der Beigeladenen auf Enteignung und vorzeitige Besitzeinweisungen zurückzuweisen. Zur Begründung führte er insbesondere aus, der Planfest-stellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.07.2008 für die Errichtung und den Betrieb der EPS sei rechtswidrig; die hiergegen erhobenen Klagen entfalteten auch bezüglich des Antragstellers aufschiebende Wirkung. Die Voraussetzungen für eine sofortige Besitzeinweisung lägen nicht vor; die sofortige Ausführung des Vorhabens sei nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten. Am 10.02.2010 führte das Regierungspräsidium Stuttgart in den Verfahren zur Enteignung und vorzeitigen Besitzeinweisung eine mündliche Verhandlung durch.
Mit Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.02.2010 wurde zugunsten der Beigeladenen das Grundstück Flst. Nr. ... des Antragstellers mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastet und die Beigeladene vorzeitig in den Besitz einer Teilfläche von 2.357 qm (Arbeitsstreifenfläche) dieses Grundstücks eingewiesen. Mit Besitzeinweisungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.02.2010 wurde die Beigeladene vorzeitig in den Besitz von Teilflächen der beiden Pachtgrundstücke des Antragstellers eingewiesen (Flst. Nr. ...: Arbeitsstreifenfläche 577 qm, Schutzstreifenfläche 217 qm; Flst. Nr. ...: Arbeitsstreifenfläche 489 qm, Schutzstreifenfläche 183 qm). Die Wirksamkeit der Besitzeinweisungen wurde auf den Ablauf von zwei Wochen nach Zustellung der beiden Beschlüsse festgesetzt. Zur Begründung der vorzeitigen Besitzeinweisung führte das Regierungspräsidium aus, eine weitere Verzögerung der Realisierung des Projekts sei nach den überzeugenden Darstellungen der Beigeladenen mit einem derart hohen finanziellen Mehraufwand verbunden, dass damit die Wirtschaftlichkeit des Gesamtvorhabens konkret gefährdet wäre. Dies zeigten nicht zuletzt die Überlegungen führender Chemieunternehmen, bei Ausbleiben der Fertigstellung des Vorhabens die geplanten Investitionen im Ausland zu tätigen. Nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Angaben der Beigeladenen hätten sich die Projektkosten durch die bisherigen Verzögerungen schon um rd. sechs Mio. EUR erhöht, und jede weitere mehrmonatige Verzögerung der Inbetriebnahme würde zu weiteren Mehrkosten in Millionenhöhe führen. Die umgehende Fertigstellung der Leitung diene nicht zuletzt der zielgerichteten und sparsamen Verwendung von steuerfinanzierten Fördermitteln. Die Pipeline sei lückenlos planfestgestellt und weitgehend in Bau bzw. schon gebaut. Fertigstellung und Inbetriebnahme seien jedoch nur möglich, wenn die Baulücken geschlossen würden. Angesichts der bereits getätigten Investitionen und der positiven Auswirkungen auf Arbeitsplätze in Deutschland werde es immer dringender, dass die Pipeline tatsächlich genutzt werden könne. Die Beigeladene habe in ihrer Antragsbegründung ausführlich und schlüssig dargelegt, dass eine weitere Verzögerung beim Bau der EPS eine konkrete Gefahr für Arbeitsplätze insbesondere in der bayerischen und rheinland-pfälzischen Chemieindustrie zur Folge hätte. Hinzu komme, dass der Transport des Ethylens in der Pipeline die sicherste und umweltfreundlichste Möglichkeit darstelle und jeder Tag eines weiteren Verzugs die Ziele des § 1 Abs. 2 Nr. 6 BWEthylRohrlG beeinträchtige. Es sei zwar grundsätzlich zutreffend, dass ein Handeln des Bauherrn auf eigenes Risiko erfolge und eine wie auch immer geartete Eilbedürftigkeit damit nicht begründet werden könne. Hier sei jedoch den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Bereits von mehreren Ländern sei in Form von entsprechenden Gesetzen festgestellt worden, dass das Vorhaben der Beigeladenen dem Wohl der Allgemeinheit entspreche. Allein in Baden-Württemberg handele es sich um mehr als 6.000 Grundstücksbetroffene. Es sei der Beigeladenen nicht zumutbar mit dem Baubeginn zu warten, bis alle Betroffenen den Rechtsweg ausgeschöpft hätten.
10 
Am 02.03.2010 hat der Antragsteller gegen die beiden Beschlüsse vom 10.02.2010 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und im Hinblick auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage gegen die vorzeitige Besitzeinweisung (§ 6 Abs. 2 BWEthylRohrlG) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt.
11 
Mit Beschluss vom 14.04.2010 - 5 K 755/10 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die vorzeitigen Besitzeinweisungen in den beiden Beschlüssen des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.02.2010 angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorzeitige Besitzeinweisung scheitere daran, dass die sofortige Ausführung des Vorhabens nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten sei. Bei der EPS handele es sich um ein Vorhaben, das weder - wie der Bau von Verkehrsanlagen, Energie- oder Wasserversorgungseinrichtungen durch einen Hoheitsträger - einen unmittelbaren Gemeinwohlbezug aufweise noch einen mittelbaren Gemeinwohlbezug zum Bereich der Daseinsvorsorge habe. Das Vorhaben der Beigeladenen diene vielmehr zuvörderst und unmittelbar den privaten wirtschaftlichen Geschäftszwecken der auch privatrechtlich organisierten Unternehmen. Gemeinwohlbelange seien lediglich als mittelbare Folge dieser privaten wirtschaftlichen Investitionen der Beigeladenen berührt. Die mittelbar von der Investition erhofften positiven Wirkungen für die Allgemeinheit, die das Gesetz nenne, könnten jedenfalls nicht kurzfristig eintreten. Es gehe um den Ausbau und die Stärkung des Chemie- und Pretrochemiestandorts Baden-Württemberg und die damit verbundene positive Entwicklung für Steuern zahlende Unternehmen und die Schaffung, Erhaltung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Diese Ziele seien zu allgemein, als dass sie bereits für sich die Dringlichkeit der hier in Frage stehenden konkreten Baumaßnahme begründen könnten. In den Beschlüssen vom 10.02.2010 werde die Dringlichkeit in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beigeladenen in erster Linie mit Mehrkosten begründet, die der Beigeladenen im Falle einer weiteren Verzögerung des Baus der Ethylenpipeline entstünden. Die Steigerung der Baukosten eines privaten Investors im Rahmen der Verwirklichung eines unmittelbar privatnützigen Vorhabens, welches nur mittelbar gemeinnützigen Zwecken diene, rechtfertige indes keine Dringlichkeit i.S. des § 37 Abs. 1 Satz 1 LEntG. Soweit die Dringlichkeit unter Hinweis auf die Ziele des § 1 Abs. 2 Nr. 6 BWEthylRohrlG - Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit - begründet werde, legten die Beschlüsse nicht nachvollziehbar dar, anhand welcher konkreten Kriterien die zwei Verbesserungen zu messen seien. Mangels einer diesbezüglichen Substantiierung fehle es an schlüssigen qualitativen und quantitativen Angaben, anhand derer zu bewerten und gewichten wäre, ob umwelt- und/oder gefahrenbezogene Vorteile sogleich eine spürbare, die Dringlichkeit gebietende Verbesserung zur Folge hätten. Schließlich zeige der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens die fehlende Dringlichkeit für das Gemeinwohl. Obwohl der Planfeststellungsbeschluss vom 11.07.2008 keine enteignende Vorwirkung habe, habe der Gesetzgeber sich noch fast eineinhalb Jahre Zeit gelassen, ein entsprechendes Gesetz zur Enteignung zu verabschieden. Schließlich erscheine auch fraglich, ob dieses Gesetz den bei Enteignungen zugunsten von Privaten zu beachtenden verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge. Die vertiefte Prüfung, ob an die im Gesetz bezüglich der Art und Anzahl von Betrieben und Arbeitsplätzen nicht näher dargelegten Entwicklungschancen als besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse, welches Enteignungen rechtfertigen könne, zu qualifizieren seien, müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Zweifelhaft sei ferner die verfassungsrechtlich erforderliche gesetzliche Vorkehrung zur dauerhaften Sicherung des angestrebten Enteignungszwecks. Gesichert seien nur die Errichtung und der Betrieb der Ethylenrohrleitungsanlage als solche, nicht aber die weiteren durch den Betrieb angestrebten Enteignungszwecke wie die Erhaltung vorhandener und die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
12 
Der Antragsgegner und die Beigeladene haben gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt.
13 
Der Antragsgegner führt zur Beschwerdebegründung aus: Der Enteignungszweck sei im Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz hinreichend genau bestimmt. Insoweit stehe dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu, die von den Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden könne. Die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG genannten vielfältigen Gesichtspunkte beträfen erhebliche arbeitsmarkt-, wirtschaftsstruktur- und umweltpolitische Interessen, deren Realisierung dem Wohl der Allgemeinheit diene. Der baden-württembergische Gesetzgeber habe auch die positiven Auswirkungen des Vorhabens auf die ebenfalls betroffenen Bundesländer Bayern und Rheinland-Pfalz nicht außer Acht lassen dürfen. Das Allgemeinwohl ende nicht an den Landesgrenzen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der angestrebte Enteignungszweck auch hinreichend gesichert. Eine konkrete Sicherung von Arbeitsplätzen zu verlangen, würde die Anforderungen an den Gesetzgeber überspannen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestünden besondere Anforderungen an die gesetzliche Kon-kretisierung des Enteignungszwecks, nicht aber an seine Sicherung. Das Bundesverfassungsgericht gehe zutreffend davon aus, dass die mittelbaren Auswirkungen auf das Wohl der Allgemeinheit nach den besonders konkret gefassten Feststellungen des Gesetzgebers in einem kausalen Zusammenhang zu der Verwirklichung des Vorhabens stünden. Die konkreten gesetzlichen Vorkehrungen und Vorgaben für den mit der Beigeladenen abzuschließenden öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl. § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG) reichten mithin als gesetzliche Sicherungsmaßnahme aus. Die erforderliche Abwägung mit den widerstreitenden Interessen sei sowohl vom Gesetzgeber als auch von der Enteignungsbehörde vorgenommen worden. Der baden-württembergische Gesetzgeber habe sich sehr intensiv mit den Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer und Gemeinden auseinandergesetzt. Auch die Enteignungsbehörde sei dem Abwägungsgebot nachgekommen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Bau der Pipeline auch dringlich. Hierfür sei es nicht erforderlich, dass ein sofortiges Tätig-werden zur Abwendung eines erheblichen Schadens für die Allgemeinheit unumgänglich sein müsse. Vorausgesetzt werde lediglich ein unter zeitlichem Blickwinkel gesteigertes öffentliches Interesse, das gerade durch die vorzeitige Besitzeinweisung gewahrt werden könne und müsse. Bedeutsam könnten neben den zeitlichen Erwägungen u.a. auch technisch konstruktive sein, wenn die geplante Bauausführung beispielsweise nur einheitlich durchgeführt werden könne oder die Gefahr erheblicher Mehrkosten bestehe.
14 
Die Beigeladene führt zur Beschwerdebegründung aus, ein dringendes öffentliches Interesse liege vor, wenn durch die vorzeitige Besitzeinweisung von der Allgemeinheit wesentliche Nachteile abgewendet oder ihr wesentliche Vorteile erhalten blieben, die bei der Ausführung des Vorhabens erst nach rechtskräftigem Abschluss des letzten gerichtlichen Verfahrens gegen den Enteignungsbeschluss verloren gingen. Die vorzeitige Besitzeinweisung diene zwecks Beschleunigung der Verwirklichung des Vorhabens dazu, der Enteignung vorzugreifen und den Träger des Vorhabens vor der Erlangung der von der Enteignung abhängigen endgültigen Verfügungsmacht über das Grundstück vorläufig in die Lage zu versetzen, das Vorhaben als Besitzer der benötigten Grundstücksflächen umzusetzen. Vorausgesetzt werde ein unter zeitlichem Blickwinkel gesteigertes öffentliches Interesse, das gerade durch die vorzeitige Besitzeinweisung gewahrt werden könne und müsse. Dagegen verlange das Merkmal der Dringlichkeit nicht, dass das Bauvorhaben sinnvoll schlechterdings ausschließlich sofort verwirklicht werden könne und in diesem Sinne zeitlich engen Bindungen unterliege. Die zeitnahe Fertigstellung der EPS sei für die Sicherung und Erhaltung der Arbeitsplätze in der Chemieindustrie in Süddeutschland von entscheidender Bedeutung. Im bayerischen Chemiedreieck bestehe eine Abhängigkeit zwischen Ethylenerzeugern und Ethylenverbrauchern, die beim Wegfall eines Ethylenerzeugers oder -verbrauchers im schlimmsten Fall zu einem Dominoeffekt mit einem sukzessiven Ausscheiden der anderen Hersteller bzw. Verbraucher führen könne. Letztlich drohe der Zusammenbruch des gesamten Ethylenverbundes mit seinen Arbeitsplätzen (vgl. LT-Drs. 14/5171, S. 14). Der baden-württembergische Gesetzgeber habe diese Gefahr erkannt und deshalb zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und damit zum Schutz des Wirtschaftsstandortes und der dort vorhandenen Arbeitsplätze eine Enteignungsmöglichkeit geschaffen (§ 1 Abs. 2 Nr. 7 BWEthylRohrlG). Zur Beseitigung der mit dem Dominoeffekt verbunden latenten Gefahren für die Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort Bayern sei die zeitnahe Errichtung der EPS dringend erforderlich. Der Gesetzgeber habe auch zu Recht entschieden, dass der Bau der EPS für den Anschluss der Chemie- und Petrochemiestandorte in Bayern an den nordwesteuropäischen Ethylenverbund (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG) und für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Petrochemie (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 5 BWEthylRohrlG) und damit für die Sicherung der Arbeitsplätze in Deutschland von zentraler Bedeutung sei. Die EPS spiele eine zentrale Rolle für das europaweite Ethylenpipelinenetz, das die gegenwärtig existierenden Netze mit den verschiedenen nicht angebundenen Industrieinseln verbinden solle. Auch zur Umsetzung der vom Gesetzgeber für die Ansiedlungsmöglichkeiten von Unternehmen herausgestellten Chancen sei die baldige Herstellung der EPS dringlich. Eine langjährige Verzögerung der Inbetriebnahme der EPS hätte zwangsläufig zur Folge, dass keine Investitionsentscheidungen getroffen würden. Dies hätte negative Auswirkungen für die vom Gesetzgeber prognostizierte Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandorts Baden-Württemberg. Zur Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit sei die baldige Herstellung der EPS ebenfalls dringend geboten. Der Gesetzgeber habe zu Recht darauf hingewiesen, dass der Pipelinetransport im Hinblick auf die CO2-Emissionen und die Sicherheit jedem anderen Transportmittel bei weitem überlegen sei. Bei der Beurteilung der Dringlichkeit einer Baumaßnahme müssten des weiteren die bautechnischen Belange gewürdigt werden. Das öffentliche Interesse an der sofortigen baulichen Verwirklichung einer Rohrleitungsanlage könne auch dadurch bestimmt werden, dass die Errichtung im Zeitpunkt der Besitzeinweisung bereits so weit fortgeschritten sei, dass eine Unterbrechung des Fortgangs Erschwernisse hervorrufe. Schließlich könne auch die Vermeidung von Mehrkosten für den Vorhabenträger ein Argument für die Besitzeinweisung sein, wenn ständig steigende Kosten die Wirtschaftlichkeit des Projekts generell gefährdeten. In diesem Fall werde die Verwirklichung des Projekts und damit seiner positiven Auswirkungen für das Allgemeinwohl mit immer länger dauernden Verzögerungen immer unwahrscheinlicher. Nach einer Abwägung aller Interessen hätte das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die zeitnahe Errichtung der EPS im Allgemeinwohlinteresse dringlich sein. Das Interesse des Antragstellers an einer Durchführung des Hauptsacheverfahrens vor Beginn der Baumaßnahmen auf seinem Grundstück sei geringer zu bewerten als das öffentliche Interesse an der baldigen Fertigstellung der EPS. Durch die vorzeitige Besitzeinweisung würden keine vollendeten Tatsachen geschaffen. Die vorzeitige Besitzeinweisung sei nur vorläufig. Werde der Enteignungsantrag abgewiesen oder der Enteignungsbeschluss aufgehoben, so sei der Besitzeinweisungsbeschluss aufzuheben und der vorherige Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Der Eingewiesene habe für alle durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile angemessene Entschädigung zu leisten. Die EPS könne nach einem für den Antragsteller erfolgreichen Hauptsacheverfahren auch in technischer Hinsicht wieder entfernt werden. Der Besitzeinweisungsbeschluss stelle im Übrigen sicher, dass für den Antragsteller keine unzumutbaren Nachteile entstünden. Ihm würden alle durch die Baumaßnahmen entstehenden Flur- und Aufwuchsschäden entschädigt. Die landwirtschaftliche Nutzung könne nach Durchführung der Baumaßnahmen wieder uneingeschränkt fortgeführt werden. Die Belastung des Eigentums mit einem Durchleitungsrecht sei zwar eine Enteignung, bei der Interessenabwägung dürften aber die Auswirkungen der Enteignung auf das Eigentumsgrundrecht nicht unberücksichtigt bleiben. Hier sei die Eigentumsgarantie lediglich am Rande betroffen. Dem Antragsteller werde gerade nicht durch Vollentzug des Eigentums Haus und Hof genommen, die Nutzung, die den Kernbereich des Eigentums für ihn ausmache, nämlich die landwirtschaftliche Nutzung, bleibe auch nach der Enteignung uneingeschränkt möglich. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erfülle das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz auch die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Enteignungen zugunsten Privater. Nach der Rechtsprechung sei eine Enteignung zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur und zur Schaffung von Arbeitsplätzen zulässig. Ein Eingreifen des Gesetzgebers sei nicht erst dann zulässig, wenn sich ganze Branchen bereits im Niedergang befinden. Die dauerhafte Erreichung der vom Gesetzgeber vorausgesetzten Enteignungszwecke durch das Baden-Württem-bergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sei gewährleistet. Der Gesetzgeber mache in § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG konkrete Vorgaben für die dauerhafte Gemeinwohlsicherung. Diese Maßgaben genügten den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an eine dauerhafte Sicherung des Ent-eignungszwecks bei Enteignungen zugunsten Privater. Der Gesetzgeber verlange eine Betriebspflicht für die Leitung. Nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers würden über den Leitungsbetrieb auch die mittelbar mit dem Gesetz verfolgten Gemeinwohlzwecke ausreichend gesichert.
15 
Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,
16 
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.04.2010 - 5 K 755/10 - zu ändern und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die vorzeitigen Besitzeinweisungen in den Beschlüssen des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.02.2010 abzulehnen.
17 
Der Antragsteller beantragt,
18 
die Beschwerden zurückzuweisen.
19 
Er trägt vor, die Beschwerden seien unbegründet. Das überwiegende Aufschubinteresse des Antragstellers ergebe sich daraus, dass es an dringenden Gründen des Allgemeinwohls für die vorzeitige Besitzeinweisung fehle und dass das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz als Ermächtigungsgrundlage verfassungswidrig und nichtig sei. Der Gesetzgeber habe die Anforderungen an eine privatnützige Enteignung nicht eingehalten. Die Enteignung für die EPS sei entgegen der gesetzgeberischen Fiktion, die die Grenzen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative überschreite und willkürlich ein angebliches Gemeinwohl erfinde, nicht im dringenden öffentlichen Interesse geboten. Es fehle zudem an der ausreichenden Sicherung des Enteignungszwecks. § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG richte sich als einzige Sicherungsmaßnahme darauf, dass sich der Beigeladene in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg verpflichte, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten. Allein daraus solle dann sozusagen automatisch das Erreichen und die dauerhafte Sicherung des im Allgemeininteresse liegenden Zwecks der Maßnahme folgen. Nirgends würden die vom Antragsgegner beschworenen arbeitsmarkt-, wirtschafts-, struktur- und umweltpolitischen Interessen gesichert. Weiter ergebe sich ein überwiegendes Aufschubinteresse des Antragstellers daraus, dass die angefochtenen Bescheide inhaltlich nicht hinreichend bestimmt seien. Die Bescheide setzten unter Ziff. III. 4. bzw. II. fest, dass Folgeschäden, die nach Ablauf von drei Jahren einträten, nach Maßgabe „der Vereinbarungen mit den Kreisbauernverbänden und dem Landesbauernverband e.V.“ ausgeglichen werden müssten. Diese Vereinbarungen hätten den Bescheiden nicht beigelegen. Der objektivierte Adressat könne den Regelungsgehalt aus den Bescheiden daher nicht abschließend erkennen. Die entsprechenden Unterlagen seien erst im Gerichtsverfahren nachgereicht worden. Die Vorlage im Prozess durch die Beigeladene ändere nichts an der fehlenden Bestimmtheit der Bescheide auf Enteignung und sofortige Besitzeinweisung. Maßgebliche Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also der 10.02.2010. Das überwiegende Aufschubinteresse des Antragstellers bestehe auch deshalb, weil der vorgesehene Umfang der einzutragenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit nicht vom Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz gedeckt sei. Ausweislich des angefochtenen Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschlusses vom 10.02.2010 laute der Wortlaut der einzutragenden persönlichen Dienstbarkeit:
20 
„Die Antragstellerin erhält die Befugnis, in dem mit einem Abstand von 3 m beidseits zur Leitungsachse verlaufenden Schutzstreifen von 942,00 qm bei Grundstück Flst. Nr. ... eine ausschließlich für den Transport von Ethylen bestimmte Leitung mit der Dimension DN 250 (250 mm Durchmesser) nebst Steuerkabel, Kathodenschutzkabel und sonstigen Zubehörteilen (Schilderpfähle, Messpfähle, Lüftungsrohre, Messkontakte) zu verlegen, dort zu belassen und zu betreiben, im Bedarfsfalle auszubessern, unwesentlich zu ändern (vorbehaltlich einer eventuell erforderlichen Genehmigung der Planfeststellungsbehörde) und auszuwechseln sowie das Grundstück für diese Zwecke zu betreten und zu nutzen. Die Antragstellerin darf sich hierzu auch Dritter bedienen, auf die sich das Betretungs- und Benutzungsrecht erstreckt. Die Beteiligten sind verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand und den Betrieb der Leitung und des Zubehörs gefährden können und dürfen derartige Maßnahmen durch Dritte auch nicht gestatten. Der Schutzstreifen darf nicht überbaut werden und ist von Bäumen und tiefwurzelnden Sträuchern freizuhalten; er kann jedoch weiter landwirtschaftlich genutzt werden.“
21 
Diese Dienstbarkeit enthalte eine Belastung des Eigentümers mit der aktiven Pflicht zur Freihaltung von Bäumen und tiefwurzelnden Sträuchern. Es gebe jedoch keine Ermächtigungsgrundlage für die Verpflichtung des belasteten Eigentümers zu einem aktiven Tun. Mit der zugelassenen Überlassung der Ausübung durch Dritte werde zudem die vermeintliche Bindung der Enteignung an den Gemeinwohlzweck gefährdet, wofür es ebenfalls keine Ermächtigungsgrundlage gebe. Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit sei auch inhaltlich zu unbestimmt, soweit sie sich darauf beziehe, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand oder den Betrieb der Leitung oder des Zubehörs gefährden könnten. Schließlich bestehe ein überwiegendes Aufschub-interesse des Antragstellers, weil der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig sei. Art. 14 GG ermögliche den Zugriff auf das besonders geschützte Individualeigentum nur in Vollzug eines rechtsfehlerfreien Planfeststellungsbeschlusses.
22 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.
II.
23 
Die fristgerecht erhobenen (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und begründeten (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO) sowie den inhaltlichen Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen sind zulässig und begründet.
24 
Der Antrag des Antragstellers ist zwar statthaft (vgl. §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO; § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 6 Abs. 2 BWEthylRohrlG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Die Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschlüsse vom 10.02.2010 sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig und die im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der sofortigen Besitzeinweisungen das private Interesse des Antragstellers überwiegt, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren von den Folgen des Vollzugs der Besitzeinweisungsbeschlüsse verschont zu bleiben.
25 
1. Die Bescheide sind formell rechtmäßig.
26 
a) Das Regierungspräsidium Stuttgart ist nach § 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG i.V.m. § 17 Abs. 1 und 2 LEntG die sachlich und örtlich zuständige Enteignungsbehörde.
27 
b) Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die Bescheide hinreichend bestimmt (§ 37 LVwVfG). Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung, der Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach richten können (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 5). Zulässig sind auch Bezugnahmen auf gegenüber den Beteiligten früher ergangene Verwaltungsakte, ihnen bekannte und ihnen vorliegende oder jederzeit zugängliche Unterlagen, Pläne etc. (Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 7). Hier waren die im Zusammenhang mit den Regelungen zur Entschädigung in Bezug genommenen Vereinbarungen mit dem Landesbauernverband Baden-Württemberg und mit den Kreisbauernverbänden dem Antragsteller nicht erst während des Gerichtsverfahrens, sondern bereits mit dem Angebotsschreiben der Beigeladenen vom 26.11.2009 bekanntgegeben worden. Diesem Schreiben waren die beiden Rahmenvereinbarungen als Anlagen beigefügt. Damit war für den Antragsteller erkennbar, nach welchen Maßstäben etwaige Folgeschäden ersetzt werden sollen.
28 
2. Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.
29 
Gegenstand der summarischen Überprüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind die mit der Klage angefochtenen Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschlüsse im vollen Umfang, auch wenn die Beschlüsse lediglich bezüglich der vorzeitigen Besitzeinweisung sofort vollziehbar sind. Denn eine vorzeitige Besitzeinweisung steht in einem engen Zusammenhang mit dem Enteignungsverfahren, weil die Gründe des Wohls der Allgemeinheit, die eine Enteignung zulassen, zugleich dringlich sein müssen, um die sofortige Ausführung des Vorhabens zu rechtfertigen (§ 37 Abs. 1 LEntG). Ergeht - wie hier - der Besitzeinweisungsbeschluss zeitgleich mit dem Enteignungsbeschluss, so hängt die Frage, ob vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren ist, deshalb auch davon ab, ob an der Rechtmäßigkeit des Enteignungsbeschlusses ernstliche Zweifel bestehen (VGH BW, Beschl. v. 05.03.2001 - 10 S 2700/00 - NVwZ-RR 2001, 562).
30 
Rechtsgrundlage für die Enteignungsmaßnahmen - hier die Begründung von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten der Beigeladenen - ist § 3 BWEthylRohrlG i.V.m. § 28 LEntG. Nach § 28 Abs. 1 LEntG entscheidet die Enteignungsbehörde, soweit eine Einigung nicht zustande kommt, durch Beschluss über den Enteignungsantrag. Die materiellen Anforderungen an die Enteignung ergeben sich aus § 3 BWEthylRohrlG. Danach ist die Enteignung im einzelnen Fall nur zulässig, soweit sie zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann (vgl. auch Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG). Die - hier vorgesehene - zwangsweise Belastung fremder Grundstücke mit beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten beinhaltet eine teilweise Entziehung konkreter subjektiver Rechtspositionen und stellt deshalb eine Enteignung im Sinn von Art. 14 Abs. 3 GG dar (BVerfG, Beschl. v. 10.05.1977 - 1 BvR 514/68, 1 BvR 323/69 - BVerfGE 45, 297 <338 f.>; Beschl. v. 12.06.1979 - 1 BvL 19/76 - BVerfGE 52, 1 <27>; Urt. v. 10.03.1981 - 1 BvR 92/71, 1 BvR 96/71 - BVerfGE 56, 249 <260>; Beschl. v. 12.03.1986 - 1 BvL 81/79 - BVerfGE 72, 66 <76>).
31 
Enteignungsbetroffene Bürger können eine umfassende Prüfung enteignender Maßnahmen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beanspruchen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1986 - 4 C 48.82 - BVerwGE 74, 109 <111>). Insbesondere kann eine Enteignung nur auf einwandfreier gesetzlicher Grundlage erfolgen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 - BVerfGE 58, 300 <322 f.> und Urt. v. 10.03.1981 - 1 BvR 92/71, 1 BvR 96/71 - a.a.O. S. 262 f.), so dass eine Enteignung, die nicht auf einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Ermächtigung beruht, schon dem Grunde nach unzulässig ist.
32 
a) Gegen die Verfassungsmäßigkeit des Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetzes bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
33 
aa) Die Fachgerichte sind durch Art. 100 Abs. 1 GG nicht gehindert, schon vor der im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird (BVerfG, Beschl. v. 24.06.1992 - 1 BvR 1028/91 - BVerfGE 86, 382 <389>). Der Senat hat bereits keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetzes, so dass er offen lassen kann, ob in diesen Fällen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nur in Betracht kommt, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtsnorm verfassungswidrig ist (so Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rn. 267 f.) oder ob die Verfassungsmäßigkeit der von der Behörde angewandten Norm im Rahmen der summarischen Prüfung nach § 80 Abs. 5 VwGO zum materiellen Prüfprogramm gehört, ohne dass insoweit ein von den allgemeinen Grundsätzen abweichender Prüfungsmaßstab gilt (so J. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 80 Rn. 82).
34 
bb) Die Gesetzgebungskompetenz des Landes folgt aus Art. 72 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und Nr. 14 GG. Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) und das Recht der Enteignung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 14 GG). Da er für den hier in Rede stehenden Teilbereich des Rechts der Wirtschaft, den Transport von chemischen Grundstoffen mittels Rohrleitungen, bisher keinen Gebrauch gemacht hat und auch kein Gesetz über Enteignungen für Rohrleitungsanlagen erlassen hat, stand dem Land gemäß Art. 72 Abs. 1 GG die Gesetzgebungskompetenz für das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungs-gesetz zu.
35 
cc) Das Gesetz ist mit Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar. Es handelt sich um ein zu einer Administrativenteignung ermächtigendes Enteignungsgesetz, da § 3 Satz 1 BWEthylRohrlG dem Vorbild anderer Fachplanungsgesetze folgend (vgl. § 22 AEG, § 19 FStrG, § 28 LuftVG, § 30 PBefG, § 7 MBPlG, § 40 StrG, § 65 WG) die verfassungsrechtliche Ermächtigung des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG dahin konkretisiert, dass das Zwangsinstrument der Enteignung nur eingesetzt werden darf, wenn der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann. Welche Eigentümer bzw. Pächter in welchem Umfang letztlich von der Enteignung betroffen sein sollen, bleibt nach der gesetzlichen Regelung dem Enteignungsverfahren vorbehalten.
36 
Die Vorschriften des Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetzes entsprechen den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG an ein eine Enteignung generell zulassendes Gesetz (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.1990 - 7 C 5.90 - BVerwGE 87, 241). Der zunächst erforderliche „qualifizierte Enteignungszweck“ (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.03.1987 - 1 BvR 1046/85 - BVerfGE 74, 264 <285>), d.h. ein hinreichend konkreter (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.12.1968 - 1 BvR 638/64 u.a. - BVerfGE 24, 367 <403 f.>; Beschl. v. 12.11.1974 - 1 BvR 32/68 - BVerfGE 38, 175 <180>; Urt. v. 10.03.1981 - 1 BvR 92/71, 1 BvR 96/71 - a.a.O. S. 261; Beschl. v. 20.03.1984 - 1 BvL 28/82 - BVerfGE 66, 248 <259>; BVerwG, Urt. v. 14.12.1990, a.a.O.) und bestimmter (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.03.1987, a.a.O., S. 287; Urt. v. 10.03.1981, a.a.O.) Enteignungstatbestand lässt sich dem Gesetz ohne weiteres entnehmen. Eine Enteignung soll nach § 2 Abs.1 BWEthylRohrlG allein zu dem Zweck der Errichtung und des Betriebs einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zulässig sein. Die Frage, ob die Enteignung letztlich auch im Einzelfall vom Allgemeinwohl getragen wird, ist nicht vom Gesetzgeber, sondern erst im Enteignungsverfahren zu prüfen.
37 
Mit dem Begriff des „Wohls der Allgemeinheit“ steht ein abstrakter, unbestimmter Rechtsbegriff in Rede, der eine Vielfalt von Sachverhalten und Zwecken erfassen soll. Da die Enteignung in einem „komplementären“ Verhältnis zur Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG steht, ist dieser Begriff nicht gleichbedeutend mit demselben Begriff in Art. 14 Abs. 2 GG. Vielmehr müssen - bei typisierender Betrachtung des Gesetzgebers - Gründe des allgemeinen Wohls vorliegen, denen der Vorrang vor dem grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Bürgers zukommt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.11.1974 - 1 BvR 32/68 - BVerfGE 38, 175 <180>; Urt. 08.07.1976 - 1 BvL 19/75 u.a. - BVerfGE 42, 263). Dabei ist das „Wohl der Allgemeinheit“ von den „Interessen der Allgemeinheit“ i.S. des Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG zu unterscheiden; dieses ist nicht mit einem einfachen öffentlichen Interesse identisch, so dass nicht zu jedem von der öffentlichen Hand verfolgten Zweck enteignet werden darf. Vielmehr bedarf es besonders schwerwiegender, gewichtiger, dringender öffentlicher Interessen (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.03.1987 - 1 BvR 1046/85 - a.a.O. S. 289; Beschl. v. 04.07.2002 - 1 BvR 390/01 - NVwZ 2003, 71). Der Zugriff auf das Eigentum ist deshalb nur zulässig, wenn er - was typischerweise bei der Erfüllung „öffentlicher Aufgaben“ in Betracht kommt - einem besonderen, überindividuellen, im öffentlichen Nutzen liegenden Zweck dient (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.12.1968, a.a.O. S. 389; Urt. v. 12.11.1974, a.a.O. S. 180; Urt. v. 20.03.1984, a.a.O. S. 257; Urt. v. 24.03.1987, a.a.O. S. 289). Dass darüber hinaus bereits das Vorhaben auch vom Wohl der Allgemeinheit gefordert sein müsste, verlangt Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG nicht (vgl. BVerwG, Urt. 24.10.2002 - 4 C 7.01 - BVerwGE 117, 138); dies lässt sich auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entnehmen.
38 
Inhaltlich bezweckt das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz, das an sich privatnützige Vorhaben der Rohrleitungsanlage, zu dessen Verwirklichung nicht in Rechte Dritter eingegriffen und insbesondere nicht enteignet werden dürfte (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.03.1990 - 7 C 21.89 - NVwZ 1990, 969; Urt. v. 10.02.1978 - 4 C 25. 75 - ZfW 1978, 363), für auch gemeinnützig zu erklären. Bei der Enteignung zugunsten privater Unternehmen sind spezifische, erhöhte Anforderungen einzuhalten. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Kammerbeschluss vom 10.09.2008 (- 1 BvR 1914/02 - WM 2009, 422) die in der Boxberg-Entscheidung (BVerfGE 74, 264) aufgestellten Grundsätze bestätigt und wie folgt zusammengefasst:
39 
„Der Person des Begünstigten kommt keine ausschlaggebende Bedeutung bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Enteignung zu. Art. 14 Abs. 3 GG verlangt vielmehr einen qualifizierten Enteignungszweck - das Wohl der Allgemeinheit -, der seine konkrete Ausformung in gesetzlichen Vorschriften oder auf deren Grundlage gefunden haben muss. Ist die Enteignung zu diesem durch das Grundgesetz vorgegebenen und durch den Gesetzgeber hinreichend festgelegten Ziel erforderlich, kommt es für ihre verfassungsrechtliche Beurteilung nicht entscheidend darauf an, ob sie zugunsten eines Privaten oder eines Trägers öffentlicher Verwaltung erfolgt (vgl. BVerfGE 66, 248 <257>; 74, 264 <284 f.>). Bei einer Enteignung zugunsten Privater, die nur mittelbar dem Gemeinwohl dient, hat der parlamentarisch-demokratische Gesetzgeber unzweideutig gesetzlich festzulegen, ob und für welche Vorhaben unter welchen Voraussetzungen und für welche Zwecke eine Enteignung zulässig sein soll. Auch muss - soll zugunsten eines Privaten enteignet werden - gewährleistet sein, dass der im Allgemeininteresse liegende Zweck der Maßnahme erreicht und dauerhaft gesichert wird; nur dann fordert das allgemeine Wohl die Enteignung. Ist bereits der Geschäftsgegenstand des privaten Unternehmens dem allgemein anerkannten Bereich der Daseinsvorsorge zuzuordnen, genügt es, wenn hinreichende Vorkehrungen dafür getroffen sind, dass die selbstgestellte "öffentliche" Aufgabe ordnungsgemäß erfüllt wird. Kann sich der Nutzen für das allgemeine Wohl demgegenüber nicht aus dem Unternehmensgegenstand selbst, sondern nur als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit ergeben, reichen solche Vorkehrungen nicht aus. Dann müssen besondere Anforderungen an die gesetzliche Konkretisierung des nur mittelbar erfüllten Enteignungszwecks gestellt werden. Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG gebietet hier eine so genaue gesetzliche Beschreibung des Enteignungszwecks, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung insoweit nicht in die Hand der Verwaltung gegeben wird. Es bedarf darüber hinaus differenzierter materiell- und verfahrensrechtlicher Regelungen, die sicherstellen, dass den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Gleichheit vor dem Gesetz im Interessendreieck Gemeinwohl-Enteigneter-Begünstigter im Einzelfall Rechnung getragen und insbesondere die Erforderlichkeit der Enteignung sorgfältig geprüft wird. Schließlich ist unabdingbar, dass der Gemeinwohlbezug der werbenden Tätigkeit des Unternehmens kein bloßer tatsächlicher Reflex bleibt, sondern auf Dauer garantiert ist. Dazu ist eine gesetzlich vorgesehene effektive rechtliche Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel notwendig (vgl. BVerfGE 66, 248 <257>; 74, 264 <285 f.>).“
40 
Ob das Wohl der Allgemeinheit eine Enteignung zu rechtfertigen vermag, ist - auch auf der Ebene des Enteignungsgesetzes - nur durch eine Abwägung nach Verhältnismäßigkeitskriterien zwischen dem öffentlichen Interesse an der Enteignung und dem Interesse des Eigentümers bzw. Pächters an der Erhaltung seiner Eigentums- bzw. Pachtsubstanz zu bestimmen, wobei ein öffentliches Interesse an der Enteignung seinerseits nur besteht, wenn es die gegen das Enteignungsvorhaben sprechenden öffentlichen Interessen überwiegt (vgl. BVerwG, Urt. 24.10.2002, a.a.O.; Urt. v. 12.12.2000 - 4 CN 7.01 - BVerwGE 117, 248 zum Erlass einer Entwicklungssatzung; Brünneck, NVwZ 1986, 425 <427>).
41 
Bei der Festlegung der konkreten Allgemeinwohlbelange für ein bestimmtes Vorhaben steht dem Gesetzgeber ein gerichtlich nicht vollständig überprüfbarer Gestaltungsspielraum zu. Im demokratischen Verfassungsstaat ist es vor allem Aufgabe des Gesetzgebers, kraft seiner demokratischen Legitimation im Rahmen seiner politischen Gestaltungsfreiheit das Wohl der Allgemeinheit zu konkretisieren. Das Gemeinwohlerfordernis entfaltet Bedeutung auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht: Der Gesetzgeber muss sein Gemeinwohlverständnis offen ausweisen, den öffentlichen Zweck im Gesetz hinreichend klar zum Ausdruck bringen und dafür die demokratische Verantwortung übernehmen (Depenheuer in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 425). Die politischen Einschätzungen und Prognosen des Gesetzgebers sind im Rahmen sachgerechter Befundaufnahme und verantwortungsbezogener Vertretbarkeit hinzunehmen (BVerfG, Urt. v. 18.12.1968, a.a.O.; Beschl. v. 17.07.1996 - 2 BvF 2/93 - BVerfGE 95, 1 <20, 22>; Beschl. v. 04.07.2002 - 1 BvR 390/01 - a.a.O. zur städtebaulichen Entwicklungsplanung; BVerwG, Urt. v. 17.01.1986 - 4 C 6.84, 4 C 7.84 - BVerwGE 72, 365 <367>; Urt. v. 11.07.2002 - 4 C 9.00 - BVerwGE 116, 365; Urt. v. 24.10.2002 - 4 C 7.01 - a.a.O.).
42 
Ausgehend davon ist die in § 2 Abs. 1 BWEthylRohrlG für die in § 1 dieses Gesetzes umschriebenen Enteignungszwecke grundsätzlich zugelassene Enteignung von dem Allgemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG gedeckt. Nach § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG dienen Errichtung und Betrieb der EPS insbesondere
43 
1. dem Ausbau und der Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandortes Baden-Württemberg,
2. der Stärkung des Chemieclusters Karlsruhe - Mannheim - Ludwigshafen,
3. dem Anschluss der baden-württembergischen Chemie- und Petro-chemiestandorte an den nordwesteuropäischen Ethylen-Verbund,
4. der Stärkung der wirtschaftlichen Infrastruktur zur Verbesserung der Ansiedelungsmöglichkeiten für Unternehmen,
5. der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Petrochemie,
6. der Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit und
7. der Erhöhung der Versorgungssicherheit.
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Diese Enteignungszwecke begründen jedenfalls bei einer Gesamtschau ein besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse, welches eine Enteignung grundsätzlich rechtfertigt.
45 
Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass insbesondere entlang der Pipeline eine Erhöhung der Attraktivität für die Neuansiedlung von Unternehmen beispielsweise aus den Bereichen Ingenieurdienstleistungen, Pipelineservices oder Kunststoffverarbeitung zu erwarten sei (LT-Drs. 14/5171 S. 9). Ein Beleg hierfür sei die bestehende Ethylenpipeline zwischen Antwerpen, Köln und Marl. Entlang dieser Pipeline seien rund 40 % der heutigen Anrainer Unternehmen und Anlagen, die zu Beginn des Baus der Pipeline vor 40 Jahren dort noch nicht tätig gewesen seien. Ein solcher Cluster-Effekt sei auch hier zu erwarten. Ein weiterer Aspekt sei die intensive Kundenbeziehung baden-württembergischer Unternehmen zu dem bayerischen Chemiedreieck. Konkretes Beispiel für ein Unternehmen in Baden-Württemberg, das seine künftige strategische Ausrichtung, Standortpolitik und Investitionen von der Realisierung der EPSD abhängig mache, sei die Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG in Karlsruhe - MiRO -. Die MiRO erzeuge schon jetzt ca. 80.000 t Ethylen pro Jahr als Nebenprodukt. Mangels Anbindung an Kunden werde das Ethylen derzeit in der Raffinerie zur Wärmeerzeugung unterfeuert. Über die EPS bestehe die Möglichkeit, das Ethylen an Kunden zu verkaufen (LT-Drs. 14/5171 S. 10). Die EPS spiele eine zentrale Rolle für das europaweite Ethylen-Pipelinenetz, das die gegenwärtig existierenden Netze mit den verschiedenen nicht angebundenen „Industrieinseln“ verbinden solle. Dieses Netz verbessere die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der petrochemischen Industrie. Die Pipeline erhöhe die Flexibilität und Sicherheit der Versorgung. Dadurch sänken die Gesamtkosten, die Produktions- und Lieferbedingungen für Ethylen und Ethylenderivate verbesserten sich (LT-Drs. 14/5171 S. 11 f.). Die Transportsicherheit sei beim Leitungstransport höher einzuschätzen als bei allen anderen Transportmöglichkeiten. Ohne Realisierung der EPS müssten auch Ethylenderivate sowie petrochemische Zwischen- und Endprodukte in größeren Mengen transportiert werden, um die Nachfrage der Kunststoffindustrie, weiterverarbeitender Industrien bzw. Endverbraucher in einzelnen Ländern zu befriedigen. Derartige Transporte erfolgten meist über Straße, Schiene oder per Binnenschiff. Die damit verbundene Umweltbelastung übersteige die des Ethylentransports mittels Pipeline deutlich (LT-Drs. 14/5171 S. 13). Durch die Inbetriebnahme der EPS würden auch die Chemiestandorte in Bayern und Rheinland-Pfalz in erheblichem Umfang profitieren. In Bayern bestünden aufgrund der derzeitigen Insellage keine Anreize für Neuinvestitionen in zusätzliche Kapazitäten und damit in die Schaffung von Arbeitsplätzen. Insgesamt habe die Chemieindustrie in Bayern im Vertrauen auf den Bau der EPS bereits mit Investitionsmaßnahmen in Höhe von ca. 2,5 Mrd. EUR begonnen. Auch für die Sicherung und Weiterentwicklung des Chemiestandorts Rheinland-Pfalz sei die Inbetriebnahme der EPS unabdingbar (LT-Drs. 14/5171 S. 14).
46 
Diese prognostischen Einschätzungen des Gesetzgebers halten sich im Rahmen des ihm zuzubilligenden Gestaltungsspielraums. Sie sind weder eindeutig widerlegbar noch offensichtlich fehlsam und widersprechen auch nicht der Werteordnung des Grundgesetzes.
47 
Auch das Gesetzgebungsverfahren und die mit ihm verbundene Ermittlung des Sachverhalts genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sowohl die Ministerialverwaltung, die den Gesetzentwurf vorbereitet hat, als auch der Landtag selbst haben die Auswirkungen der EPS für das Allgemeinwohl intensiv ermittelt, geprüft und in die Abwägungsentscheidung eingestellt. Die rechtlichen Belange wurden auf Bitten des Ministerrats in zwei Rechtsgutachten des Justizministeriums umfassend geprüft. Nach Billigung des Gesetzentwurfs durch den Ministerrat wurde ein Anhörungsverfahren durchgeführt. Am 08.10.2009 erfolgte die erste Beratung des Gesetzentwurfs im Landtag. Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen. Dieser beabsichtigte zunächst, am 14.10.2009 über den Gesetzentwurf zu beraten. Weil die Aufarbeitung verschiedener Stellungnahmen zu dem Entwurf noch mehr Zeit benötigte, erfolgte die abschließende Beratung im Wirtschaftsausschuss am 11.11.2009. Am 25.11.2009 beschloss sodann der Landtag bei nur einer Gegenstimme das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz.
48 
Der Gesetzgeber durfte auch die Gemeinwohlbelange aus anderen Bundesländern - Bayern und Rheinland-Pfalz - berücksichtigen. Die Gesetzgebungskompetenz des Landes führt nicht dazu, dass nur Gemeinwohlbelange der Bewohner Baden-Württembergs berücksichtigt werden dürften. Alle in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Menschen zählen zu den „Destinatären des Gemeinwohls“ gemäß Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.2002 - 4 C 7.01 - a.a.O. S. 140 zu dem bayerischen Gesetz über die Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage zwischen Vohburg an der Donau und Waidhaus).
49 
Der Gesetzgeber hat auch die erforderliche Abwägung mit den entgegenstehenden Interessen Betroffener an der Integrität ihres Grundeigentums bzw. ihrer obligatorischen Nutzungsrechte (z.B. Pacht) vorgenommen. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das öffentliche Interesse an der Verlegung und dem Betrieb der EPS im Regelfall gewichtiger ist als die entgegenstehenden Interessen Betroffener, weil mit der gesetzlichen Ermächtigung, die Enteignung im Wege der Belastung des Eigentums bzw. der Beschränkung der obligatorischen Nutzungsrechte mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit auszusprechen, ein rechtliches Instrument zur Verfügung gestellt werde, dessen Anwendung den Eigentümer bzw. Pächter soweit wie möglich schone. Die landwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks bleibe nach Verlegung der Rohrleitungsanlage im Regelfall möglich. Das Ausmaß des Eingriffs in das Eigentum Privater erscheine damit eher gering (LT-Drs. 14/5171 S. 16).
50 
dd) Die Vorkehrungen zur Wahrung und Sicherung des Gemeinwohlzwecks über den Zeitpunkt des Enteignungsakts hinaus sind nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ausreichend (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.03.1987, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002 - 1 BvR 218/99 - NVwZ 2003, 197). Eine ausreichende Sicherung ergibt sich daraus, dass das die Anlage errichtende und betreibende Unternehmen sich nach § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Land verpflichten muss, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicherem Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (vgl. zu derartigen Erhaltungs- und Betriebspflichten etwa §§ 45, 47 LuftVZO). Für den Fall, dass der Vorhabenträger den Betrieb der Pipeline nicht aufnimmt, endgültig einstellt oder die Pflichten nach § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG nicht erfüllt, sind die Folgen bereits erlassener Enteignungsanordnungen wieder rückgängig zu machen (§ 5 BWEthylRohrlG i.V.m. §§ 42, 43 LEntG).
51 
Über die Betriebspflicht werden nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers auch die mittelbar mit dem Gesetz verfolgten Gemeinwohlzwecke ausreichend gesichert. Der am 21./22.01.2010 zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen abgeschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag genügt den Anforderungen des Gesetzgebers an eine wirksame dauerhafte Sicherung der Enteignungszwecke. Der Vertrag sieht eine Betriebspflicht für die Leitung vor und verpflichtet die Beigeladene, den diskriminierungsfreien Zugang zu der Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (§ 1 Abs. 1, 2 und 3). § 2 regelt die Aufsicht des Wirtschaftsministeriums oder einer von ihm bestimmten Stelle. Schließlich schreibt der Vertrag wirksame Sanktionen (§ 3) und die Unterwerfung der Beigeladenen unter die sofortige Vollstreckung vor (§ 4). Eine Sicherung der weiteren mittelbaren Enteignungszwecke kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Erwartungen des Gesetzgebers in Bezug auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen nicht gegenüber der Beigeladenen bestehen. Vielmehr geht der Gesetzgeber - ohne dass diese Prognose zu beanstanden wäre - davon aus, dass Dritte infolge des Pipelinebaus in Baden-Württemberg wie auch in Bayern und Rheinland-Pfalz Investitionen tätigen und Arbeitsplätze erhalten oder schaffen.
52 
b) Die materiellen Enteignungsvoraussetzungen nach § 3 Satz 1 BWEthylRohrlG liegen bei summarischer Prüfung vor.
53 
aa) Da das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz kein Ent-eignungsgesetz im Sinne einer Legalenteignung darstellt und auch der aufgrund von § 20 UVPG ergangene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.07.2008 keine enteignungsrechtliche Vorwirkung hat, ist von der Enteignungsbehörde in jedem einzelnen Enteignungsverfahren das Vorliegen der Enteignungsvoraussetzungen zu prüfen (vgl. LT-Drs. 14/5171 S. 8). Das VwVfG, auf dessen §§ 72 - 78 in § 22 UVPG für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens verwiesen wird, enthält keine Vorschrift, die eine Bindungswirkung für ein späteres Enteignungsverfahren anordnet. Eine enteignungsrechtliche Vorwirkung könnte deshalb nur eintreten, wenn sie spezialgesetzlich angeordnet worden wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 75 Rn. 12 a). Daran fehlt es hier. Die Entscheidung, ob das Vorhaben eine Enteignung rechtfertigen kann, steht daher nicht bereits dem Grunde nach verbindlich fest; sie wird vielmehr erst im Enteignungsverfahren selbstständig getroffen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 75 Rn. 13). Nichts anderes ergibt sich aus § 25 LEntG. Nach dieser Vorschrift ist die Enteignungsbehörde an eine in einem Planfeststellungsverfahren getroffene Entscheidung über die Zulässigkeit und die Art der Verwirklichung des Vorhabens, die für die Beteiligten verbindlich ist, gebunden, wenn diese Entscheidung unanfechtbar oder sofort vollziehbar ist. Gegen enteignungsrechtliche Maßnahmen können keine Einwendungen erhoben werden, über die im Planfeststellungsverfahren der Sache nach entschieden worden ist oder die durch die Planfeststellung ausgeschlossen sind. Vorliegend konnte im Planfeststellungsverfahren bezogen auf das Eigentum des Antragstellers schon deshalb keine verbindliche Entscheidung getroffen werden, weil der Enteignungszweck erst zu einem späteren Zeitpunkt durch den Gesetzgeber festgelegt worden ist. Eine Entscheidung, ob die Voraussetzungen für eine spätere Enteignung der Grundstücke des Antragstellers erfüllt sind, konnte daher im Planfeststellungsverfahren noch gar nicht getroffen werden. Soweit im Planfeststellungsverfahren nicht über Fragen entschieden wurde, die für das Enteignungsverfahren bedeutsam sind (z.B. ob das Wohl der Allgemeinheit das Vorhaben erfordert), kann auch keine Bindungswirkung angenommen werden (vgl. Molodovsky/Bernstorff, Enteignungsrecht in Bayern, Art. 28 Anm. 4.3). Die spezifisch enteignungsrechtliche Gesamtabwägung aller Gemeinwohlgesichtspunkte, die nicht mit der planerischen Abwägung gleichzusetzen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.2009 - 1 BvR 2187/07, 1 BvR 692/08 - NVwZ 2009, 1283), kann hier erst im Enteignungs- und Besitzeinweisungsverfahren erfolgen. Auch die Präklusionsvorschrift des § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG greift daher entgegen der Auffassung der Beigeladenen insoweit nicht ein.
54 
Eine Bindung der Enteignungsbehörde an den Planfeststellungsbeschluss besteht danach, soweit es um Eingriffe in Eigentumspositionen des Antragstellers geht, nicht. Gebunden ist die Behörde allerdings an die gesetzliche Bedarfsfeststellung in §1 BWEthylRohrlG. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber im Sinne einer Planrechtfertigung entschieden, dass das Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG dient und zur Erfüllung der angestrebten Gemeinwohlziele vernünftigerweise geboten ist. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber entschieden, dass zur Errichtung und zum Betrieb der EPS enteignet werden kann. Damit ist dem Grunde nach entschieden, dass ein besonders schwerwiegendes und dringendes öffentliches Interesse die Verwirklichung der EPS rechtfertigt.
55 
Allerdings hat der Enteignungsbetroffene einen aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG folgenden verfassungsrechtlichen Anspruch auf effektive gerichtliche Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, ob der konkrete Zugriff auf sein Eigentum zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.05.1977 - 1 BvR 514/68, 1 BvR 323/69 - a.a.O. S. 321, 333; BVerfG, Beschl. v. 04.07.2002 - 1 BvR 390/01 - NVwZ 2003, 71; BVerfG, Beschl. v. 08.07.2009 - 1 BvR 2187/07, 1 BvR 692/08 - NVwZ 2009, 1283 <1284>).
56 
Im Enteignungsverfahren ist folglich zu prüfen, ob der konkrete Zugriff auf die Grundstücke des Antragstellers dem Grunde und dem Umfang nach berechtigt ist, insbesondere ob er dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entspricht. Eine vollständige Bedarfsprüfung erfolgt indes nicht, weil der Bedarf für das Vorhaben dem Grunde nach schon vom Gesetzgeber festgestellt ist.
57 
bb) Die gesetzliche Bedarfsfeststellung bedeutet allerdings nicht, dass eine Überprüfung insoweit im vorliegenden Verfahren vollständig unterbliebe. Mit einer Bedarfsfeststellung für ein Vorhaben, für das es an jeglicher Notwendigkeit fehlte, würde der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seines Ermessens überschreiten. Davon kann hier jedoch nicht die Rede sein. Die insofern vorzunehmende Evidenzprüfung geht indes nicht über die bereits im Zusammenhang mit dem Gemeinwohlerfordernis angestellte Prüfung hinaus, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die gesetzliche Bedarfsfestlegung inzwischen in jeder Hinsicht ihre Berechtigung verloren hätte und infolgedessen ein verfassungswidriger Zustand eingetreten wäre (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 18.06.1997 - 4 C 3.95 - NVwZ-RR 1998, 292).
58 
cc) Die die Grundstücke des Antragstellers in Anspruch nehmende Trassenwahl lässt bei summarischer Prüfung keine Rechtsfehler erkennen. Insofern gilt, dass ernsthaft in Betracht kommende Alternativen mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die Abwägung einzustellen sind. Alternativen, die auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, dürfen in einem früheren Verfahrensabschnitt ausgeschieden werden; verändern sich die Verhältnisse bis zu dem für die Abwägung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung, kann dies Nachermittlungen erfordern. Abwägungsfehlerhaft ist die Trassenwahl erst dann, wenn sich eine andere Lösung als vorzugswürdig hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 - BVerwGE 121, 72 m.w.N.). Hier hat sich der Enteignungsausschuss intensiv mit den Belangen des Antragstellers auseinandergesetzt. Die von ihm angeregte Verlegung der Trassenführung wurde auch unter Berücksichtigung von Sicherheitserwägungen ausführlich erörtert. Der Enteignungsausschuss kam unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers zu dem Ergebnis, dass die Allgemeinwohlbelange, die von dem Vorhaben gefördert werden, die Interessen des Antragstellers überwiegen. Der Enteignungsausschuss hat mithin eine eigenständige Überprüfung und Gewichtung der jeweiligen Belange vorgenommen.
59 
Die Trassenführung wurde insbesondere an folgenden Kriterien ausgerichtet:
60 
- gestreckter, geradliniger Verlauf zwischen Anfangs- und Endpunkt der Trasse,
- Beachtung von Zwangspunkten (Anfangspunkt Münchsmünster; Zwischenziel MiRO in Karlsruhe; Endpunkt Ludwigshafen),
- günstige Stellen für die Querung von Gewässern und großen Verkehrswegen,
- Bündelung mit anderen Infrastrukturbändern, insbesondere bestehenden Rohrleitungen und Freileitungstrassen, um sinnvolle Überlappungen der Schutzstreifen zu erreichen,
- weitestgehende Umgehung ökologisch wertvoller Bereiche,
- Vermeidung einer Trassenführung durch bereits bebaute oder als Baugebiet ausgewiesene Flächen.
61 
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Grundsatz der Leitungsbündelung nicht zu beanstanden und eine abweichende Trassenführung im Bereich seiner Grundstücke nicht geboten. Die Trasse verläuft parallel zur TAL und zur Bundeswehr Fernleitung. Leitungsdienstbarkeiten für diese Leitungen sind bereits im Grundbuch eingetragen. Die Bündelung dient u.a. dazu, weitere Einschränkungen für eine künftige Siedlungsentwicklung oder für andere Bebauung zu vermeiden. Durch den Bau der EPS ändert sich die landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit der Grundstücke nicht.
62 
dd) Die vom Antragsteller angeführten Sicherheitsbedenken greifen nicht durch. Die maßgeblichen rechtlichen und technischen Vorgaben der Rohrfernleitungsverordnung - RohrfernlV - und der Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen - TRFL - werden beachtet. Zur Überzeugung des Senats sind durch die EPS keine schädlichen Einwirkungen auf den Menschen und die Umwelt im Sinne des § 3 RohrfernlV zu erwarten. Insbesondere erscheint sichergestellt, dass die Errichtung und der geplante Betrieb der Leitung dem Stand der Technik entsprechen und ausreichende Schutzvorkehrungen vor Entzündungen und vor Explosionen des Stoffes Ethylen getroffen worden sind. Dies gilt auch im Hinblick auf die Parallelverlegung mit anderen Rohrleitungen. Der Senat folgt insoweit den angefochtenen Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschlüssen vom 10.02.2010 und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO entsprechend).
63 
ee) Für die vom Antragsteller zum Zweck der Rückbausicherung für den Fall der Betriebseinstellung verlangte Insolvenzsicherung gibt es weder eine gesetzliche Grundlage noch einen Anlass. Die Kosten für die Stellung einer Bankbürgschaft liegen meist bei 3 % des zu sichernden Anspruchs jährlich. Bei der in Aussicht genommenen Betriebsdauer der EPS von 100 Jahren käme ein mehrfaches der ursprünglichen Einbaukosten zusammen. Die Auferlegung einer so weitgehenden Verpflichtung wäre unverhältnismäßig. Selbst wenn sich das vom Antragsteller befürchtete Insolvenzrisiko verwirklichen sollte, würde ihm kein wesentlicher Nachteil entstehen, weil nach Leerung der Leitung ein leeres Rohr im Boden bleibt, von dem keine schädlichen Auswirkungen auf sein Eigentum und seine Pachtgrundstücke ausgehen und das in aller Regel störungsfrei dort liegen bleiben kann.
64 
c) Die weiteren Enteignungsvoraussetzungen nach § 3 Satz 2 BWEthylRohrlG liegen ebenfalls vor.
65 
aa) Die Beigeladene hat hinreichende Erwerbsbemühungen im Sinn von § 3 Satz 2 Nr. 1 BWEthylRohrlG entfaltet. Sie hat mehrfach ernsthaft versucht, mit dem Antragsteller über einen freihändigen Erwerb der Bauerlaubnis und der Dienstbarkeit zu verhandeln. Die dem Antragsteller unterbreiteten Angebote waren nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung angemessen.
66 
bb) Es fehlt auch nicht an einer Glaubhaftmachung der zweckentsprechenden Verwendung (§ 3 Satz 2 Nr. 2 BWEthylRohrlG). Das Enteignungsrecht enthält keine Vorschriften darüber, welche Mittel der Glaubhaftmachung zulässig sind. Es genügt, dass der Vorhabenträger vergangene oder gegenwärtige Tatsachen darlegt, die darauf hindeuten, dass das Grundstück innerhalb einer bestimmten Frist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zweckgerecht verwendet werden wird (vgl. Molodovsky/Bernstorff, a.a.O., Art. 3 Anm. 4.3 zu der vergleichbaren Vorschrift des Art. 3 Abs. 2 Nr. 2 BayEntG). Die Beigeladene hat einen Bauzeitenplan vorgelegt, den sie auch bisher - soweit es ihr rechtlich möglich war - weitgehend eingehalten hat. Der Bau ist bereits weit fortgeschritten und die Beigeladene will die Errichtung so bald wie möglich abschließen und die EPS in Betrieb nehmen. Angesichts dieser Umstände bedarf es keiner weitergehenden Glaubhaftmachung.
67 
cc) Der zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag, der inhaltlich den Anforderungen des § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylen-RohrlG genügt, ist wirksam. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers handelt es sich bei diesem Vertrag um einen subordinationsrechtlichen Vertrag im Sinn von § 54 Satz 2 VwVfG. Diese Norm gilt trotz des engen Wortlauts für alle Verträge zwischen einer Privatperson und einem Träger der öffentlichen Verwaltung auf einem Gebiet, auf dem ein hoheitliches Verhältnis der Über- und Unterordnung besteht, ohne dass es darauf ankommt, ob der konkrete Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung "sonst" durch Verwaltungsakt geregelt werden könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162 <165>; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2003 - 2 S 36/03 - VBlBW 2004, 52). Nach § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG dient der öffentlich-rechtliche Vertrag dazu, den dauerhaften Betrieb der EPS und damit die Enteignungsvoraussetzungen effektiv zu sichern. In diesem Vertrag unterwirft sich die Beigeladene der Aufsicht des Wirtschaftsministeriums oder einer von ihm bestimmten Stelle (§ 2), es werden Sanktionen bei Verstoß gegen die vertraglich übernommenen Pflichten vereinbart (§ 3). Da es sich nicht um einen Vertrag im Gleichordnungsverhältnis handelt, sind diese vertraglichen Regelungen nicht zu beanstanden und führen insbesondere nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages.
68 
Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertrages. Die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 61 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG ist zulässig. Hierdurch werden die Vorschriften des öffentlich-rechtlichen Vertrages einem verwaltungsrechtlichen Titel gleichgestellt; sie können nach Maßgabe der Vorschriften des LVwVG mit Zwangsmitteln vollstreckt werden (§§ 19 ff. LVwVG). Damit besteht u.a. die Möglichkeit, die vereinbarte Vertragsstrafe von 5 Mio. EUR durch Verwaltungsakt festzusetzen.
69 
d) Die sofortige Ausführung des Vorhabens ist aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten, § 37 Abs. 1 Satz 1 LEntG.
70 
aa) Die Dringlichkeit der Maßnahmen kann sich wegen der Beschränkung auf Gründe des Wohls der Allgemeinheit allein aus hierfür beachtlichen Gesichtspunkten ergeben. Die von der Beigeladenen mit dem Vorhaben verfolgten privatnützigen Interessen und die Auswirkungen einer nicht sofortigen Ausführung des Vorhabens auf diese Interessen sind nur insoweit von Bedeutung, als hierdurch das Wohl der Allgemeinheit, also das öffentliche Interesse, berührt wird. Das öffentliche Interesse an der Ausführung des Vorhabens muss dabei ein solches Gewicht besitzen, dass für den Fall des Abwartens des regulären Enteignungsverfahrens wesentliche Nachteile drohen. Denn eine vorzeitige Besitzeinweisung dient zwecks Beschleunigung der Verwirklichung des Vorhabens dazu, der Enteignung vorzugreifen und den Träger des Vorhabens vor der Erlangung der von der Enteignung abhängigen endgültigen Verfügungsmacht über das Grundstück vorläufig in die Lage zu versetzen, das Vorhaben als Besitzer der benötigten Grundflächen umzusetzen. Erforderlich ist deshalb ein besonderes öffentliches Interesse, das über das Interesse am Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und seiner sofortigen Vollziehbarkeit wie auch über dasjenige hinausgeht, das allgemein an der Realisierung eines dem Wohl der Allgemeinheit dienenden Vorhabens besteht. Vorausgesetzt wird ein unter zeitlichem Blickwinkel gesteigertes öffentliches Interesse, das gerade durch die vorzeitige Besitzeinweisung gewahrt werden kann und muss (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 24.01.2008 - 20 B 1789/07 - NWVBl 2009, 316; ThürOVG, Beschl. v. 11.03.1999 - 2 EO 1247/98 - NVwZ-RR 1999, 488; KG, Urt. v. 17.04.1998 - U 702/98 Baul - NJW 1998, 3064). Das Merkmal der Dringlichkeit verlangt dabei nicht, dass das Vorhaben sinnvoll ausschließlich sofort verwirklicht werden kann und in diesem Sinne zeitlich engen Bindungen unterliegt; entscheidend ist vielmehr der Zweck des Vorhabens bzw. der Enteignung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls (OVG NRW, Beschl. v. 24.01.2008 - 20 B 1789/07 - a.a.O.). Bedeutsam können neben zeitlichen Erwägungen auch technisch-konstruktive sein, wenn die geplante Bauausführung beispielsweise nur einheitlich durchgeführt werden kann. Schließlich kann die Gefahr erheblicher Mehrkosten für die öffentliche Hand die Dringlichkeit begründen (KG, Urt. v. 17.04.1998 - U 702/98 Baul - a.a.O.; Molodovsky/Bernstorff, a.a.O., Art. 39 Anm. 4.4.3 zu der vergleichbaren Vorschrift des Art. 39 BayEntG). Wurden die Bauarbeiten bereits begonnen, kann die vorzeitige Besitzeinweisung auch bei Flächen gerechtfertigt sein, die zur Fortsetzung der Arbeiten benötigt werden (OVG NRW, Beschl. v. 24.01.2008 - 20 B 1789/07 - a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 25.08.1995 - 22 CS 95.2269 - BayVBl 1996, 146). Dies gilt gerade dann, wenn bei einem umfangreichen Vorhaben die Notwendigkeit zwangsweiser Enteignungen nicht durchgängig besteht, sondern mit dem Bau auf einvernehmlich bereitgestellten Flächen begonnen wurde und mit der vorzeitigen Besitzeinweisung Lücken in der Verfügbarkeit geschlossen werden sollen (OVG NRW, Beschl. v. 24.01.2008 - 20 B 1789/07 - a.a.O.). Die Dringlichkeit des Zugriffs kann gerade bei großräumigen Projekten, wie dem vorliegenden, nicht kleinräumig oder nach einzelnen Gemarkungen bewertet werden. Insbesondere liegt sie nicht erst dann vor, wenn das betreffende Grundstück gleichsam als allerletztes Grundstück der Verwirklichung des Projekts entgegensteht. Die bisherige Dauer des Verfahrens braucht die Dringlichkeit nicht auszuschließen, sie kann vielmehr zu dem Schluss führen, dass ein weiteres Zuwarten nicht vertretbar wäre. Gleiches gilt für vorausgegangene langwierige Verhandlungen (Molodovsky/Bernstorff, a.a.O.). Die von dem Vorhabenträger unter Ausnutzung der Bestandskraft oder der sofortigen Vollziehbarkeit eines Planfeststellungsbeschlusses bereits ergriffenen Maßnahmen stehen der Annahme der Dringlichkeit nicht entgegen (OVG NRW, Beschl. v. 24.01.2008 - 20 B 1769/07 - juris Rn. 28).
71 
bb) Hier umfasst das Gesamtvorhaben eine ca. 360 km lange, durch drei Bundesländer führende Pipeline, wobei der Bau in zwei Bundesländern bereits abgeschlossen ist und auch in Baden-Württemberg bereits ca. 97 % der von der Beigeladenen für den Bau benötigten Wegerechte vorliegen. Die vorzeitige Besitzeinweisung ist angesichts des Baufortschritts daher zu dem Zweck, einzelne Lücken in der Verfügbarkeit der benötigten Grundstücke zu schließen, gerechtfertigt. Rechnet man die tatsächlich bisher fehlenden Flächen, die in ganz Baden-Württemberg verteilt liegen, zusammen, ergibt dies eine Strecke von lediglich 6,5 km, die derzeit aus rechtlichen Gründen nicht bebaut werden darf.
72 
Des weiteren besteht die begründete Besorgnis, dass bei einer weiteren Verzögerung des Vorhabens bis zum rechtskräftigen Abschluss aller noch offenen Gerichtsverfahren gegen den Planfeststellungsbeschuss und gegen die Enteignungsbeschlüsse die vom Gesetzgeber verfolgten mittelbaren Gemeinwohlzwecke, insbesondere die Erhaltung vorhandener und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der süddeutschen petrochemischen Industrie, gefährdet sind. Der Fortbestand des bayerischen Ethylenverbundes mit seinen rund 25.000 Beschäftigten ist nach den überzeugenden Darlegungen der Beigeladenen und des Antragsgegners ohne die EPS latent gefährdet. Die EPS dient der Auslastung vorhandener Anlagen und schafft die Möglichkeit neuer Investitionen. Ohne die EPS würde die Situation der bayerischen Chemieindustrie insgesamt strukturell instabil. Die Beigeladene hat überzeugend dargelegt, dass konkrete Anlagen in Burghausen, Gendorf und Münchsmünster ohne die baldige Fertigstellung und Inbetriebnahme der EPS in ihrem Fortbestand akut gefährdet sind. Auch die Fa. MiRO hat in ihrem Schreiben vom 17.05.2010 nachvollziehbar erläutert, dass sie dringend auf die EPS angewiesen ist und unmittelbar vor der Anschaffung einer Ethylen-Rückgewinnungsanlage mit einem Investitionsvolumen von 100 Mio. EUR steht.
73 
e) Der Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.07.2008 ist gegenüber dem Antragsteller bestandskräftig und damit vollziehbar. Vollziehbarkeit im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 2 LEntG liegt vor, wenn - vergleichbar dem Vollstreckungsrecht (§ 2 VwVG) - die Planungsentscheidung entweder unanfechtbar ist oder gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt wurde (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.03.2010 - 5 S 76/10 - NVwZ-RR 2010, 588 zu der vergleichbaren Vorschrift des § 40 a Abs. 1 Satz 2 StrG BW). Der Antragsteller kann sich nicht auf die aufschiebende Wirkung der Klagen in anderen Verfahren berufen. Es ist allgemein anerkannt, dass der Schutz der aufschiebenden Wirkung nur für die Personen eintritt, die tatsächlich Klage erhoben haben. Gegenüber Dritten, die nicht Klage erhoben haben, kann der Planfeststellungsbeschluss mit allen Konsequenzen bestandskräftig werden (BVerwG, Beschl. v. 27.01.1982 - 4 ER 401.81 - BVerwGE 64, 347 <352>).
74 
f) Der in I. 2. b) des Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschlusses vom 10.02.2010 angegebene Inhalt der in das Grundbuch einzutragenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten genügt sowohl den zivilrechtlichen Anforderungen als auch dem, was der Antragsteller aus rechtsstaatlichen Gründen zur Eingrenzung des hoheitlichen Eingriffs verlangen kann.
75 
Der Antragsteller ist keineswegs - was unzulässig wäre - mit der Pflicht zur aktiven Freihaltung von Bäumen und tiefwurzelnden Sträuchern belastet. Die Dienstbarkeit hat eine Beschränkung im tatsächlichen Gebrauch des Grundstücks zum Inhalt. Der Schutzstreifen darf nicht überbaut werden und nicht mit Bäumen und tiefwurzelnden Sträuchern bepflanzt werden. Gegen diesen Inhalt der Dienstbarkeit bestehen keine rechtlichen Bedenken. Die Dienstbarkeit verpflichtet den Antragsteller nicht zu einem aktiven Tun. Die Beigeladene hat im Übrigen keinen Zweifel daran gelassen, dass es ihre Verpflichtung ist, den Schutzstreifen auf das Vorhandensein tiefwurzelnder Sträucher und Bäume zu überprüfen. Insoweit obliegt der Beigeladenen auch nach dem Planfeststellungsbeschluss die Verpflichtung, die Trasse kontinuierlich, z.B. durch Abfliegen, zu beobachten.
76 
Die Überlassung der Ausübung der Dienstbarkeit an Dritte wird durch das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz nicht ausgeschlossen. Im öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Land und der Beigeladenen ist unter § 1 Abs. 2 geregelt, dass sich die Beigeladene zur Erfüllung ihrer Betriebspflichten eines Dritten bedienen kann; im Verhältnis zum Land bleibt die Beigeladene allerdings verpflichtet. Der öffentlich-rechtliche Vertrag lässt damit ausdrücklich zu, dass die Beigeladene die Ausübung der Dienstbarkeit einem Dritten überlässt. Eine solche Gestattung der Überlassung ist nach § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB zulässig.
77 
Die Duldungspflichten der Dienstbarkeit sind inhaltlich ausreichend bestimmt. Der Inhalt einer Dienstbarkeit muss nicht in jedem Detail ausdrücklich geregelt werden, sondern kann sich ebenso durch Auslegung ergeben (Palandt, BGB, 68. Aufl., § 1018 Rn. 8 ff.). Hierbei dürfen auch Umstände außerhalb der für die Grundbucheintragung vorzulegenden Urkunden herangezogen werden, soweit sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH, Urt. v. 30.09.1994 - V ZR 1/94 - NJW-RR 1995, 15 f. m.w.N.). Hier ergibt die Auslegung, dass der Antragsteller verpflichtet ist, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand und den Betrieb der Leitung und des Zubehörs gefährden können. Nachdem die EPS auf den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken des Antragstellers in einer Tiefe von 1,20 m verlegt wird und es sich dabei um ein stabiles Stahlrohr handelt, ist klar ersichtlich, welche Maßnahmen der Antragsteller zu unterlassen hat. Dazu gehören insbesondere die Abgrabung, etwa mit einem Bagger, im Bereich der Leitung, das Pflanzen von Bäumen und tiefwurzelnden Sträuchern und ähnliche Maßnahmen, die objektiv geeignet sind, die Leitung und das Zubehör zu beschädigen.
78 
3. Nach alledem überwiegen die öffentlichen Allgemeinwohlinteressen, die für die Fertigstellung der EPS sprechen, das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage bei weitem. Wie oben ausgeführt, ist die zeitnahe Errichtung der EPS zur Verwirklichung der vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG herausgestellten Allgemeinwohlinteressen besonders dringlich. Das Interesse des Antragstellers an einer Durchführung des Hauptsacheverfahrens vor Beginn der Baumaßnahmen auf seinen Grundstücken ist demgegenüber geringer zu bewerten. Durch die vorzeitige Besitzeinweisung werden keine vollendeten Tatsachen geschaffen. Die vorzeitige Besitzeinweisung ist nur vorläufig. Wird im Hauptsacheverfahren der Enteignungsbeschluss aufgehoben, ist auch der Besitzeinweisungsbeschluss aufzuheben und der vorherige Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Der Eingewiesene hat für alle durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile angemessene Entschädigung zu leisten (§ 38 Abs. 2 LEntG). Die Rohrleitung könnte bei einem Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache auch in technischer Hinsicht wieder entfernt werden. Die Besitzeinweisungsbeschlüsse stellen im Übrigen sicher, dass für den Antragsteller keine unzumutbaren Nachteile entstehen. Alle Flur- und Aufwuchsschäden durch die Baumaßnahmen werden entschädigt. Die landwirtschaftliche Nutzung kann nach Durchführung der Baumaßnahme wieder nahezu uneingeschränkt fortgeführt werden. Schließlich fällt ins Gewicht, dass das Eigentum nur mit einem Durchleitungsrecht belastet wird und daher der Kernbereich der Eigentumsgarantie nicht betroffen ist. Dem Antragsteller wird nicht durch Vollentzug des Eigentums „Haus und Hof“ genommen. Die Nutzung, die den Kernbereich des Eigentums für ihn ausmacht, nämlich die landwirtschaftliche Nutzung, bleibt auch nach der Enteignung möglich. Angesichts dessen ist es eher dem Antragsteller zuzumuten, vorläufig den Bau der Rohrleitungsanlage hinzunehmen als der Beigeladenen, daran gehindert zu werden, den Bau fortzusetzen und abzuschließen. Dass die Beigeladene dabei mit Blick auf die noch offenen Hauptsacheverfahren auf eigenes Risiko handelt, liegt auf der Hand und muss ihr bewusst sein. Will sie dieses Risiko eingehen, geben die Belange des Antragstellers keinen ausreichenden Anlass, ihr das zu verwehren.
III.
79 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren ebenfalls dem Antragsteller aufzuerlegen, da jene erfolgreich Anträge gestellt hat, eine notwendige Beiladung vorliegt und es auch primär um ihre Rechte geht.
80 
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Abzustellen ist, ähnlich wie bei einem Planfeststellungsbeschluss, der enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 01.03.1993 - 4 B 188.92 - NVwZ-RR 1993, 331), auf das Interesse des Betroffenen. Dabei ist zu beachten, dass die Besitzeinweisung hier nicht dem teilweisen Entzug, sondern lediglich der Zwangsbelastung des Grundstücks FlSt. Nr. 266 mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit dient. Einen tauglichen Maßstab für die Bewertung bildet im Ausgangspunkt die vorläufige Besitzeinweisungsentschädigung (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1993 - 4 C 15.93 - NVwZ-RR 1994, 305 <307>), die auf 282,60 EUR festgesetzt wurde. Hinzuzurechnen sind die festgesetzten Abschlagszahlungen für die zu erwartenden Flur- und Aufwuchsschäden in Höhe von zusammen 5.880,35 EUR. Der Gesamtwert von 6.162,95 EUR ist im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.
81 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren wegen der sofortigen Vollziehbarkeit enteignungsrechtlicher vorzeitiger Besitzeinweisungen in ein im Eigentum des Beschwerdeführers stehendes, landwirtschaftlich genutztes Grundstück sowie zwei von ihm zur landwirtschaftlichen Nutzung gepachtete Flächen. Die vorzeitigen Besitzeinweisungen erfolgten, um den Bau der Ethylen-Pipeline-Süd zu ermöglichen.

2

1. Zur Errichtung und zum Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd haben sich sieben Unternehmen der Chemieindustrie zusammengeschlossen (im Folgenden: Enteignungsbegünstigte). Ziel der mittlerweile gebauten und in Betrieb genommenen Pipeline ist es, die erforderliche Infrastruktur für den sicheren und wirtschaftlichen Transport von gasförmigem, aber für den Pipelinetransport druckverflüssigtem Ethylen zwischen wichtigen süddeutschen Chemiestandorten zu schaffen und diese an den bestehenden nordwesteuropäischen Rohrleitungsverbund anzubinden. Die Ethylen-Pipeline-Süd soll nach Vorstellung der Europäischen Kommission eine zentrale Rolle für ein europaweites Ethylenpipeline-Netz spielen (vgl. Entscheidung der Kommission vom 12. Oktober 2006 über die staatliche Beihilfe C 11/2005 , die Deutschland für den Bau einer Ethylenpipeline in Bayern gewähren will, Amtsblatt der Europäischen Union L 143 vom 6. Juni 2007, S. 24). Die Rohrfernleitung mit einem Durchmesser von 25 cm und einer Verlegungstiefe zwischen 1 m und 1,2 m führt über eine Länge von circa 370 km von Münchsmünster in Bayern durch Baden-Württemberg nach Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz.

3

2. Das Gas Ethylen wird gewöhnlich in petrochemischen Anlagen (Steamcrackern) aus Erdöl gewonnen und für die Herstellung einer Vielzahl von Kunststoffen benötigt. Das Gas ist narkotisierend, erstickend, hochentzündlich, bildet mit Luft explosionsfähige Gemische und wird der höchsten Gefahrenklasse zugeordnet. Bevorzugter und sicherster Transportweg für das Gas sind daher Pipelines.

4

3. Mit Planfeststellungsbeschluss ließ das für die Grundstücke des Beschwerdeführers zuständige Regierungspräsidium im Jahr 2008 die Errichtung und den Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd zu. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Er ist gegenüber dem Beschwerdeführer bestandskräftig.

5

4. Der Enteignungsbegünstigten gelang der Erwerb der erforderlichen Rechte an den vom Trassenverlauf betroffenen Grundstücken auf freiwilliger Basis zwar zu einem Großteil, jedoch nicht vollständig. Im Jahr 2009 schuf der Landtag von Baden-Württemberg eine enteignungsrechtliche Grundlage und beschloss das Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb einer Ethylen-Rohrleitungsanlage in Baden-Württemberg (BWEthylRohrlG). Das Gesetz trat am 8. Dezember 2009 in Kraft. Die Enteignungsvoraussetzungen sind in §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG festgelegt. Diese lauten:

§ 1 (Enteignungszweck)

(1) Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen dienen dem Wohl der Allgemeinheit nach Artikel 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Dies gilt auch unter der Voraussetzung, dass die Anlage neben den in Absatz 2 genannten Zwecken auch privatwirtschaftlichen Interessen dient und neben deutschen auch ausländischen Nutzern zur Verfügung stehen kann.

(2) Insbesondere dient die Verwirklichung des in Absatz 1 bezeichneten Vorhabens

1. dem Ausbau und der Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandortes Baden-Württemberg,

2. der Stärkung des Chemieclusters Karlsruhe - Mannheim - Ludwigshafen,

3. dem Anschluss der baden-württembergischen Chemie- und Petrochemiestandorte an den nordwesteuropäischen Ethylen-Verbund,

4. der Stärkung der wirtschaftlichen Infrastruktur zur Verbesserung der Ansiedelungsmöglichkeiten für Unternehmen,

5. der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Petrochemie,

6. der Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit und

7. der Erhöhung der Versorgungssicherheit.

§ 2 (Enteignung)

(1) Zur Errichtung und zum Betrieb der in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Rohrleitungsanlage kann enteignet werden. Ein Grundstück darf nur in dem Umfang enteignet werden, in dem dies zur Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich ist. Reicht eine Belastung des Grundstücks mit einem Recht, insbesondere einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, zur Verwirklichung des Enteignungszwecks aus, so ist die Enteignung hierauf zu beschränken.

(2) Bestandteile der Rohrleitungsanlage sind insbesondere ihre sämtlichen Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen, die notwendigen Zufahrten zu diesen Einrichtungen sowie der sechs Meter breite Schutzstreifen. Die der Errichtung dienenden Arbeitsstreifen und Hilfsflächen sind den Bestandteilen der Rohrleitungsanlage im Sinne des Satzes 1 für die Dauer der Errichtung gleichgestellt.

§ 3 (Enteignungsvoraussetzungen)

Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, soweit sie zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Die Enteignung setzt ferner voraus, dass das die Anlage errichtende und betreibende Unternehmen

1. sich nachweislich ernsthaft bemüht hat, das Grundstück oder das in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben,

2. glaubhaft macht, dass das Grundstück oder das Recht daran innerhalb einer angemessenen Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet oder ausgeübt wird, und

3. sich in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg verpflichtet, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten; die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist durch Sanktionsmöglichkeiten zu sichern.

6

Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Entschädigung vor (§ 4 BWEthylRohrlG), enthält Vorgaben für eine Rückenteignung (§ 5 BWEthylRohrlG), verweist auf das Landesenteignungsgesetz des Landes Baden-Württemberg (LEntG) für das weitere Verfahren (§ 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG) und nimmt der Anfechtungsklage gegen vorzeitige Besitzeinweisungen die aufschiebende Wirkung (§ 6 Abs. 2 BWEthylRohrlG).

7

Durch den Verweis auf das Landesenteignungsgesetz ist über § 37 LEntG eine vorzeitige Besitzeinweisung in Grundstücke möglich, die von Enteignungsmaßnahmen betroffen sind. § 37 LEntG lautet:

§ 37 (Anordnung der vorzeitigen Besitzeinweisung)

(1) Die Enteignungsbehörde kann den Träger des Vorhabens, der einen Enteignungsantrag gestellt hat, auf seinen Antrag vorzeitig in den Besitz des Grundstücks einweisen, soweit die sofortige Ausführung des Vorhabens aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten ist. Ist für das Vorhaben ein Planfeststellungsbeschluss oder eine sonstige behördliche Entscheidung erforderlich, so ist die Besitzeinweisung nur zulässig, wenn der Planfeststellungsbeschluss oder die sonstige behördliche Entscheidung unanfechtbar oder sofort vollziehbar ist.

(2) Die Besitzeinweisung ergeht auf Grund einer mündlichen Verhandlung. Hierzu sind der Antragsteller, der Eigentümer und der unmittelbare Besitzer zu laden. Die Ladungsfrist beträgt zwei Wochen. In der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass auch bei Nichterscheinen über den Antrag entschieden werden kann. Die Entscheidung ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem unmittelbaren Besitzer zuzustellen. Im Übrigen sind §§ 17, 18, 20, § 21 Abs. 1 und 3, § 22 Abs. 2 Satz 3, §§ 23, 25, § 27 Abs. 1 und § 28 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(3) Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist dieser Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses an ihn festzusetzen, wenn das nach Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Der unmittelbare Besitzer ist über das Antragsrecht zu belehren.

(4) Die Enteignungsbehörde kann den Besitzeinweisungsbeschluss befristen, mit Bedingungen und Auflagen versehen und von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der zu erwartenden Enteignungsentschädigung abhängig machen.

(5) Die Enteignungsbehörde hat auf Antrag des Antragstellers, des Eigentümers oder des unmittelbaren Besitzers den Zustand des Grundstücks vor der Besitzeinweisung in einer Niederschrift festzustellen, soweit er für die Besitzeinweisungs- oder Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist. Auf das Antragsrecht ist in der Ladung hinzuweisen. Den in Satz 1 bezeichneten Personen ist eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden.

8

5. Im Januar 2010 schlossen das Land Baden-Württemberg und die Enteignungsbegünstigte den in § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Darin verpflichtet sich die Enteignungsbegünstigte, die Pipeline nach Maßgabe der erlassenen Planfeststellungsbeschlüsse zu errichten, sie entsprechend den in § 1 BWEthylRohrlG festgelegten Gemeinwohlzwecken zu betreiben und in betriebssicherem Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Pipeline zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (§ 1 Abs. 1 bis 3 des Vertrages). In § 1 Abs. 4 des Vertrages verpflichtet sie sich zur Vermeidung eines förmlichen Rückübereignungsverfahrens (vgl. § 5 BWEthylRohrlG) zur Rückübertragung der enteigneten Grundstücke für den Fall, dass die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG festgelegten Enteignungszwecke nicht mehr erreicht werden können. § 2 des Vertrages stellt das Vorhaben unter die Aufsicht des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums. § 3 des Vertrages sieht für Pflichtverstöße eine Vertragsstrafe von bis zu 5.000.000 € vor. Die Enteignungsbegünstigte hat sich der sofortigen Vollstreckung unterworfen (§ 4 des Vertrages).

9

6. Nach erfolglosen Erwerbsversuchen beantragte die Enteignungsbegünstigte Ende des Jahres 2009 beim zuständigen Regierungspräsidium die (Teil-) Enteignung der Pachtgrundstücke des Beschwerdeführers und des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks. Zudem beantragte sie die vorzeitige Besitzeinweisung in die Grundstücke.

10

7. Mit Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschluss gab das Regierungspräsidium dem Antrag für das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück (unten a) und mit gesondertem Besitzeinweisungsbeschluss dem Antrag für die gepachteten Grundstücke (unten b) statt.

11

a) Die beantragte (Teil-)Enteignung wurde in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit wie folgt verfügt:

"In das […] vorgenannte Grundbuch ist im Rang vor den Grundpfandrechten eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt einzutragen: 'Die Antragstellerin erhält die Befugnis, in dem mit einem Abstand von 3 m beiderseits zur Leitungsachse verlaufenden Schutzstreifen […] eine ausschließlich für den Transport von Ethylen bestimmte Leitung mit der Dimension DN 250 (250 mm Durchmesser) nebst Steuerkabel, Kathodenschutzkabel und sonstigen Zubehörteilen (Schilderpfähle, Messpfähle, Lüftungsrohre, Messkontakte) zu verlegen, dort zu belassen und zu betreiben, im Bedarfsfalle auszubessern, unwesentlich zu ändern (vorbehaltlich einer evtl. erforderlichen Genehmigung der Planfeststellungsbehörde) und auszuwechseln sowie das Grundstück für diese Zwecke zu betreten und zu nutzen.

Die Antragstellerin darf sich hierzu auch Dritter bedienen, auf die sich das Betretungs- und Benutzungsrecht erstreckt. Die Beteiligten sind verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand und den Betrieb der Leitung und des Zubehörs gefährden können und dürfen derartige Maßnahmen durch Dritte auch nicht gestatten. Der Schutzstreifen darf nicht überbaut werden und ist von Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern freizuhalten; er kann jedoch weiter landwirtschaftlich genutzt werden.'"

12

Die daneben angeordnete vorzeitige Besitzeinweisung hat folgenden Inhalt:

"Die Antragstellerin wird in den Besitz einer Teilfläche von 2357 m² aus dem in Ziffer 1. genannten Grundstück […] eingewiesen. Diese Besitzeinweisung wird zwei Wochen nach Zustellung wirksam und gibt der Antragstellerin das Recht, das Grundstück innerhalb des im angeschlossenen Lageplanauszug eingezeichneten Arbeitsstreifens für die Zeit der Verlegung der Ethylenleitung und anschließend im Rahmen des in Ziffer 1. und 2. beschriebenen Umfangs für den Betrieb der Leitung zu nutzen. Im Übrigen ist der Besitz unverzüglich, ordnungsgemäß und protokolliert zurückzugeben."

13

Dem Beschwerdeführer wurde für die Belastung des Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit sowie für die durch die Baumaßnahmen entstehenden Schäden und Folgeschäden eine Entschädigung zugesprochen.

14

b) Mit im Wesentlichen gleichem Inhalt verfügte das Regierungspräsidium jeweils die vorzeitige Besitzeinweisung für einen entsprechenden Arbeits- und Schutzstreifen zum Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd hinsichtlich der gepachteten Grundstücke und sprach auch insoweit eine Entschädigung für die vorzeitigen Besitzeinweisungen zu.

15

8. Das Verwaltungsgericht ordnete auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung der gegen die vorzeitigen Besitzeinweisungen erhobenen Klage an. Die sofortige Ausführung des Vorhabens sei nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten.

16

9. Auf die hiergegen gerichteten Beschwerden des Landes Baden-Württemberg sowie der Enteignungsbegünstigten änderte der Verwaltungsgerichtshof den Beschluss des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Die Beschlüsse des Regierungspräsidiums seien mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.

17

Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sei verfassungsgemäß und erfülle die Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG. Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen stellten einen hinreichend konkreten und bestimmten Enteignungstatbestand dar. Zudem fordere das Wohl der Allgemeinheit die Enteignungen, und der Enteignungszweck könne auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden. Die prognostische Einschätzung des Gesetzgebers bei der Festlegung der konkreten Allgemeinwohlbelange sei von dem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt.

18

Die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG genannten Enteignungszwecke begründeten jedenfalls bei einer Gesamtschau ein besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse, welches eine Enteignung zugunsten Privater grundsätzlich rechtfertige. Der Gesetzgeber gehe von einer erhöhten Attraktivität für die Neuansiedlung von Unternehmen entlang der Pipeline sowie einem erhöhten Investitionsanreiz aus, wodurch Arbeitsplätze geschaffen würden. Die Ethylen-Pipeline-Süd spiele eine zentrale Rolle für das europaweite Ethylenpipelinenetz und verbessere die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Gleichzeitig werde im Vergleich zum Straßen- oder Schifftransport die Transportsicherheit erhöht und die Umweltbelastung verringert.

19

Das Ausmaß des Eingriffs in das Eigentum Privater erscheine demgegenüber eher gering, da die beschränkt persönliche Dienstbarkeit die Eigentümer beziehungsweise Pächter soweit wie möglich schone. Die landwirtschaftliche Nutzung sei im Regelfall nach Verlegung der Pipeline weiter möglich. Daher überwiege das öffentliche Interesse am Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd im Regelfall.

20

Durch § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG und den geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag würden die Enteignungsziele ausreichend gesichert. Die Enteignungsvoraussetzungen des § 3 BWEthylRohrlG lägen vor.

21

Auch die Voraussetzungen für eine vorzeitige Besitzeinweisung seien gegeben (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 LEntG). Die sofortige Ausführung des Vorhabens sei aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Ausführung des Vorhabens sei schon aufgrund des Baufortschritts anzunehmen. Lediglich einzelne Flächen müssten zur Fertigstellung enteignet werden. Bei einer weiteren Verzögerung bestehe die begründete Besorgnis einer Gefährdung der vom Gesetzgeber verfolgten mittelbaren Gemeinwohlzwecke. Der Planfeststellungsbeschluss sei gegenüber dem Beschwerdeführer bestandskräftig und damit vollziehbar.

22

Das Allgemeinwohlinteresse an der sofortigen Vollziehbarkeit der sofortigen Besitzeinweisungen zur Fertigstellung der Ethylen-Pipeline-Süd überwiege das private Interesse des Beschwerdeführers, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren von den Folgen des Vollzugs der Besitzeinweisungsbeschlüsse verschont zu bleiben. Die landwirtschaftliche Nutzung könne nach Durchführung der Baumaßnahme nahezu uneingeschränkt fortgeführt werden. Das Eigentum sei nur mit einem Durchleitungsrecht belastet. Deshalb sei der Kernbereich der Eigentumsgarantie nicht betroffen. Zudem habe der Beschwerdeführer Entschädigungsansprüche. Die vorläufige Besitzeinweisung könne erforderlichenfalls rückgängig gemacht und die Rohrleitung zurückgebaut werden.

II.

23

Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen die Entscheidungen des Regierungspräsidiums sowie gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs und mittelbar gegen die §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG. Er rügt eine Verletzung seines Grundrechts auf Eigentum (Art. 14 GG).

24

Der Verwaltungsgerichtshof gehe von einer grundlegend unrichtigen Auffassung von Bedeutung und Trageweite des Art. 14 GG aus. Der Eingriff in sein Eigentumsgrundrecht sei nicht gerechtfertigt, denn das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sei verfassungswidrig (unten 1). Es fehle an dem Erfordernis einer vorzeitigen Besitzeinweisung aus dringenden Gründen des Allgemeinwohls (unten 2). Er sei durch die Dienstbarkeit und die sofortigen Besitzeinweisungen auch tatsächlich beeinträchtigt (unten 3).

25

1. Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz werde den aus Art. 14 Abs. 3 GG folgenden Anforderungen an eine Enteignung zugunsten Privater nicht gerecht. Die Ethylenpipeline und die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG genannten Zwecke dienten nicht dem Wohl der Allgemeinheit im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG. Die vom Gesetzgeber herangezogenen Gründe seien nicht hinreichend bestimmt und zum Teil nicht zutreffend oder nicht ausreichend belegt. Der prognostizierte Ausbau und die Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandorts Baden-Württemberg sowie die prognostizierte Ansiedlung weiterer Unternehmen seien fragwürdig und von allgemeinwirtschaftlichen Bedingungen abhängig. Anschlusswillige Unternehmen entlang der Pipeline in Baden-Württemberg gebe es nicht. Denn Ethylen werde hauptsächlich als Zwischenprodukt in Form von Granulat benötigt, welches unproblematisch per Lastkraftwagen transportiert werden könne. Für die Versorgung mit Ethylen durch eine Rohrleitung bestehe mithin kein Bedarf. Deshalb sei auch keine Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit sowie keine Erhöhung der Versorgungssicherheit zu erwarten. Der angeführte Effekt der Pipeline werde zudem ausweislich der Gesetzesbegründung gerade nicht in Baden-Württemberg eintreten, auf dessen Gemeinwohlbelange es aber bei einem Landesgesetz allein ankomme. Letztlich seien lediglich erwünschte und erhoffte langfristige Auswirkungen für die genannten Gemeinwohlbelange Grundlage des Gesetzes geworden. Darüber hinaus sicherten § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG sowie der abgeschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag die verfolgten arbeitsmarkt-, wirtschafts-, struktur- und umweltpolitischen Interessen nicht hinreichend.

26

2. Für eine vorzeitige Besitzeinweisung hätten keine tragfähigen Gründe vorgelegen. Im Falle des Unterbleibens der sofortigen Besitzeinweisung sei mit keinen schwerwiegenden Nachteilen für das öffentliche Wohl zu rechnen gewesen. Die prognostizierten positiven Effekte beschränkten sich auf lediglich ein baden-württembergisches Unternehmen. Positive Auswirkungen auf die bayerische Industrie als Grundlage schieden für ein baden-württembergisches Landesgesetz aus. Auf den zum Zeitpunkt der Besitzeinweisungen bereits weit fortgeschrittenen einvernehmlichen Erwerb der erforderlichen Rechte könne nicht abgestellt werden, da es sonst die Beteiligten in der Hand hätten, durch Schaffung vollendeter Tatsachen ein dringendes Gebotensein der Maßnahme aus Allgemeinwohlgründen herbeizuführen. Die bis dahin bereits getätigten Investitionen seien auf eigenes Risiko der Enteignungsbegünstigten erfolgt.

27

3. Durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen komme es zu relevanten und nicht reversiblen Beeinträchtigungen. Der Bau der Pipeline verschlechtere die Bodenqualität (Verschlechterung des Mutterbodens, Bodenverdichtung). Deshalb sei jedenfalls im Bereich des Arbeitsstreifens mit einem geringeren Ernteertrag zu rechnen. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit schränke die landwirtschaftliche wie die anderweitige Nutzung der betroffenen Grundstücke ein.

III.

28

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Enteignungsbegünstigte und Beigeladene des Ausgangsverfahrens, die Landesregierung von Baden-Württemberg, die Bayerische Staatsregierung, das Bundesverwaltungsgericht, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Verband der Chemischen Industrie, der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Deutsche Anwaltverein Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

IV.

29

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil keiner der Annahmegründe des § 93a Abs. 2 BVerfGG vorliegt. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. insbesondere BVerfGE 74, 264; 134, 242) wirft die Verfassungsbeschwerde keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf, die sich nicht nach den Maßstäben der vorliegenden Entscheidungen beantworten ließen. Danach erscheint bereits die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde fraglich; sie erweist sich jedenfalls in der Sache als unbegründet. Deshalb ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde auch nicht zur Durchsetzung der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt.

30

1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ergangenen Entscheidungen über die sofortige Vollziehbarkeit der vorzeitigen Besitzeinweisungen. Im Blick darauf erscheint bereits die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Subsidiaritätsgrundsatzes sowie - jedenfalls in Teilen - hinsichtlich der Erschöpfung des Rechtswegs fraglich. Es liegt nicht fern, dass es darüber hinaus der Verfassungsbeschwerde insoweit auch an einer hinreichenden Begründung und Auseinandersetzung mit diesen Fragen ermangelt. Im Ergebnis kann dies indessen dahingestellt bleiben. Denn eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts des Beschwerdeführers lässt sich nicht feststellen.

31

2. Die den angegriffenen Entscheidungen mittelbar mit zugrunde liegenden Vorschriften der §§ 1 bis 3 des Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetzes begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

32

a) Bei der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG eröffneten Möglichkeit zur Enteignung durch vollständigen Eigentumsentzug handelt es sich um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG. Gleiches gilt für die nach dem Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz regelmäßig in Betracht kommende Belastung eines Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 BWEthylRohrlG); diese erweist sich im Umfang der Dienstbarkeit als teilweise Entziehung von Eigentümerbefugnissen und greift damit in das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum am Grundstück ein (vgl. BVerfGE 45, 297 <339>; 56, 249 <260>).

33

b) Die in Rede stehenden gesetzlichen Regelungen genügen, auch unter Berücksichtigung der strengeren Anforderungen an Enteignungen zugunsten Privater, den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

34

aa) Die Enteignung ist regelmäßig ein schwerer Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Eigentum und an Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zu messen. Dieser lässt die Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zu. Sie darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG). Die Bestimmung des eine Enteignung rechtfertigenden Gemeinwohlziels und des Vorhabens, das generell zu seiner Verwirklichung in Frage kommt, sowie der wesentlichen Voraussetzungen für eine Enteignung sind dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten. Sofern eine Enteignung zugunsten Privater vorgesehen ist, sind weitere Anforderungen an das Gesetz zu stellen (vgl. BVerfGE 134, 242 <290 f. Rn. 166 ff.>).

35

(1) Bei der Auswahl der Gemeinwohlziele steht dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zu, der nur eingeschränkt verfassungsrechtlich überprüfbar ist. Art. 14 Abs. 3 GG enthält lediglich in begrenztem Umfang einen Maßstab für die Bestimmung des gemeinen Wohls. Dem Grundgesetz lässt sich keine umfassende, allgemeine Bestimmung der eine Enteignung tragenden Gemeinwohlziele entnehmen. Von Verfassungs wegen von vornherein ausgeschlossen sind lediglich Enteignungszwecke, die ausschließlich im Interesse Privater liegen, die rein fiskalischen Interessen dienen oder die vom Grundgesetz missbilligte Ziele verfolgen (vgl. BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 169 ff.> m.w.N.). Darüber hinaus ist die gesetzgeberische Entscheidung nur dahingehend überprüfbar, ob sie offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen ist, wie sie insbesondere in den Grundrechten oder den Staatszielbestimmungen zum Ausdruck kommen (vgl. BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 172, 339 Rn. 289>). Das Gemeinwohlziel muss grundsätzlich geeignet sein, die für die Erreichung des Ziels typischerweise in Betracht kommenden Enteignungen zu rechtfertigen. Je nach geregeltem Lebenssachverhalt können infolgedessen die Anforderungen an seine Bedeutung variieren. Weder wiegt jede Enteignung gleich schwer, noch vermag jedes legitime Gemeinwohlziel Enteignungen jeglicher Schwere zu rechtfertigen. Auch bei dieser Gewichtung steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu, der einer verfassungsrechtlichen Vertretbarkeitskontrolle unterliegt (vgl. BVerfGE 134, 242 <293 Rn. 173>).

36

Das zur Enteignung ermächtigende Gesetz muss außerdem hinreichend bestimmt regeln, zu welchem Zweck, unter welchen Voraussetzungen und für welche Vorhaben enteignet werden darf. Wird das Vorhaben der Art nach hinreichend bestimmt benannt und ergibt sich daraus zugleich eindeutig der vom Gesetzgeber angestrebte Gemeinwohlzweck, ist die ausdrückliche Benennung des Gemeinwohls im Gesetz entbehrlich. Den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG genügt hingegen eine Regelung nicht, die die Entscheidung, für welche Vorhaben und zu welchen Zwecken enteignet werden darf, faktisch in die Hand der Verwaltung legt (vgl. BVerfGE 134, 242 <293 f. Rn. 174 ff.> m.w.N.).

37

(2) Auch Enteignungen zugunsten Privater sind grundsätzlich zulässig. Jedoch ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob hinter dem verfolgten Gemeinwohlziel ein auch unter Berücksichtigung der Privatnützigkeit der Enteignung hinreichend schwerwiegendes, spezifisch öffentliches Interesse steht. Zudem sind zusätzliche Anforderungen an das Enteignungsgesetz zu stellen (vgl. BVerfGE 134, 242 <294 f. Rn. 177 ff.> m.w.N.). Dient die Enteignung nur mittelbar dem gemeinen Wohl, muss das Gesetz unzweideutig regeln, ob und für welche Vorhaben, unter welchen Voraussetzungen und für welche Zwecke eine Enteignung statthaft ist. Der mittelbar verfolgte Enteignungszweck muss gesetzlich so genau beschrieben werden, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung nicht in die Hand der Verwaltung gegeben wird. Des Weiteren muss der im Allgemeininteresse liegende Zweck der Maßnahme dauerhaft gesichert werden. Es bedarf umso genauerer und detaillierterer gesetzlicher Vorgaben zur Sicherung der dauerhaften Gemeinwohlnutzung, je weniger schon der Geschäftsgegenstand des privaten Enteignungsbegünstigten darauf ausgerichtet ist, dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen (vgl. BVerfGE 74, 264 <285 f.>; 134, 242 <295 f. Rn. 180 f.> m.w.N.). Kann sich der Nutzen für das allgemeine Wohl nicht aus dem Unternehmensgegenstand selbst, sondern nur als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit ergeben, bedarf es einer effektiven rechtlichen Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel, damit dieses dauerhaft garantiert ist. Regelungen, welche lediglich die bloße Realisierung des Vorhabens sichern, sind nicht ausreichend. Außerdem kann kein "Vertrauensvorschuss" dahingehend gewährt werden, dass allein die Wirtschaftskraft eines von der Enteignung begünstigten Unternehmens Gewähr dafür bietet, dass die Gemeinwohlziele durch die plankonforme Ausführung des Vorhabens und seinen dauerhaften Betrieb tatsächlich erreicht werden (vgl. BVerfGE 74, 264 <286, 295 f.>).

38

bb) Diesen Maßstäben werden die §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG gerecht. Der Gesetzgeber hat jedenfalls mit der Verbesserung der Transportsicherheit ein ausreichend gewichtiges und die Enteignung tragendes Gemeinwohlziel normiert (unten (1)). Hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit des Gemeinwohlziels und des Vorhabens bestehen keine Bedenken (unten (2)). Ebenso hat der Gesetzgeber die weiteren Enteignungsvoraussetzungen hinreichend festgelegt (unten (3)). Die dauerhafte Erreichung des Gemeinwohlziels ist genügend gesichert (unten (4)). Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sieht außerdem eine Entschädigung vor (unten (5)).

39

(1) Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs. 2 Nr. 6 BWEthylRohrlG jedenfalls mit der Verbesserung der Transportsicherheit ein hinreichend tragfähiges Gemeinwohlziel bestimmt. Unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsspielraums bei der Bestimmung möglicher Gemeinwohlziele steht der Auswahl dieses Gemeinwohlziels nichts entgegen. Grundsätzlich ist es dem Gesetzgeber überlassen, durch die Unterstützung bestimmter Vorhaben die Transportsicherheit und somit die Sicherheit aller potentiell betroffenen Menschen sowie der Rechtsgüter der Allgemeinheit für alle Transportwege wie etwa auch Straße, Schiene oder Wasserstraße zu fördern. Dieses Ziel ist insbesondere nicht von vornherein ausgeschlossen, weil es etwa ausschließlich im Interesse Privater läge; es ist auch nicht offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen.

40

Das Gemeinwohlziel der Transportsicherheit ist - unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen für Enteignungen zugunsten Privater - auch hier ausreichend gewichtig und somit grundsätzlich geeignet, die typischerweise in Betracht kommenden Enteignungen zu rechtfertigen. Das Gas Ethylen ist narkotisierend, erstickend, hochentzündlich, bildet mit Luft explosionsfähige Gemische und wird der höchsten Gefahrenklasse zugeordnet. Der Pipelinetransport stellt sich gegenüber dem Transport auf dem Seeweg, auf der Schiene oder Straße als sicherer dar. Witterungseinflüsse, Gefährdungen durch andere Verkehrsteilnehmer und sonstiges menschliches Fehlverhalten haben als potentielle Gefahrenquellen beim Rohrleitungstransport einen geringeren Einfluss. Das Unfallrisiko stellt sich im Hinblick auf potentielle Unfallfolgen für Betroffene sowie die aus einem Unfall gegebenenfalls resultierenden schädlichen Umweltauswirkungen auch als Risiko der Allgemeinheit im Land Baden-Württemberg dar.

41

Verstärkt wird das Gewicht der Allgemeinwohl-Dienlichkeit durch das im Gesetz vorgesehene sogenannte Common-Carrier-Prinzip. Danach ist allen Unternehmen der diskriminierungsfreie Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (§ 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG). Durch den freien Zugang für alle anschlusswilligen Unternehmen ist auch für diese ein Ausweichen auf alternative Transportwege nicht notwendig. Insofern ist die Pipeline vergleichbar mit einem öffentlichen Weg, mit dem Unterschied, dass die Pipeline nicht von der öffentlichen Hand, sondern von einer privaten Gesellschaft gebaut wurde und der Zugang nicht allgemein jedem Bürger offen steht (ähnlich LTDrucks 14/5401, S. 4).

42

Das beschriebene Gemeinwohlziel ist gewichtig genug, um die in Rede stehende Enteignung zu rechtfertigen. Gegenüber dem Anliegen des sicheren Transports von Ethylen fällt die aufgrund des hier geregelten Lebenssachverhalts (Verlegung und Betrieb einer unterirdischen Rohrleitung) typischerweise in Betracht kommende Enteignung weniger schwer ins Gewicht. Denn für die Verwirklichung der durch das Erdreich verlaufenden Pipeline sowie die Erreichung des Gemeinwohlziels wird regelmäßig die Belastung des betroffenen Grundeigentums mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in Form eines Leitungsrechts ausreichen. Durch eine solche Dienstbarkeit wird die Nutzungsmöglichkeit betroffener Grundstücke - wie im vorliegenden Fall die landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch die Verpflichtung zur Freihaltung von Überbauungen sowie Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern - regelmäßig nur in sehr begrenztem Maße dauerhaft beeinträchtigt. Anders als beispielsweise im Braunkohletagebau dürfte Wohnbebauung regelmäßig nicht betroffen sein, da jedenfalls der hier relevante Planfeststellungsbeschluss dem Grundsatz der Meidung bebauter Gebiete folgt. Stellt man dieses relativ geringe Eingriffsgewicht den Gefahren beim Ethylen-Transport auf alternativen Transportwegen gegenüber, so stellt sich das Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" unter Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen für Enteignungen zugunsten Privater als ausreichend gewichtig dar. Die dem zugrunde liegende Einschätzung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

43

(2) Das Gemeinwohlziel der "Verbesserung der Transportsicherheit" sowie das Vorhaben an sich sind - auch im Hinblick auf die strengeren Voraussetzungen für Enteignungen zugunsten Privater - hinreichend bestimmt durch den Gesetzgeber geregelt.

44

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG sind Enteignungen zur Errichtung und zum Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen zulässig. Dieses Vorhaben ist grundsätzlich geeignet, dem Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" zu dienen, da Ethylentransporte auf anderen risikoreicheren Wegen vermieden werden. Damit wird ein ganz bestimmtes Vorhaben benannt, zu dessen Zwecken enteignet werden kann. Außerdem wird das Gemeinwohl in Form der "Verbesserung der Transportsicherheit" ausreichend bestimmt benannt. Aus dem Gesetz ergibt sich damit unzweideutig, für welches Vorhaben und zu welchem Enteignungszweck eine Enteignung erfolgen darf. Selbst wenn aufgrund der Verwendung des Wortes "insbesondere" bei der Benennung der Vorhabenziele in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG von einer lediglich beispielhaften Aufzählung der Allgemeinwohlgründe ausgegangen würde, bestehen keine Bedenken hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit; denn eine Enteignung ist lediglich zur Errichtung und zum Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd möglich. Dass dieses konkrete Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit dient, hat damit gerade der Gesetzgeber entschieden (zu anders gelagerten Enteignungen nach dem Bergrecht mit weiterreichenden Auswirkungen vgl. BVerfGE 134, 242 <302 Rn. 198 f.>).

45

Indem damit ein tragfähiges sowie hinreichend konkretes Gemeinwohlziel im Sinne einer Verbesserung der Transportsicherheit normiert ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die weiteren genannten Gemeinwohlziele ebenfalls den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen.

46

(3) Auch die weiteren Enteignungsvoraussetzungen sind im Gesetz ausreichend bestimmt geregelt. § 2 Abs. 2 BWEthylRohrlG verhält sich zum Umfang der Enteignung, indem er die Bestandteile der Rohrleitungsanlage festlegt. § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BWEthylRohrlG enthält Vorgaben zur Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen; regelmäßig dürfte dafür eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit ausreichen. § 3 Satz 1 BWEthylRohrlG verlangt darüber hinaus, dass die Enteignung im einzelnen Fall zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Das begünstigte Unternehmen muss sich nachweislich und ernsthaft bemüht haben, das Grundstück oder das in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BWEthylRohrlG bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben (§ 3 Satz 2 Nr. 1 BWEthylRohrlG).

47

(4) Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sieht überdies eine ausreichende dauerhafte Sicherung des im Allgemeininteresse liegenden Zwecks der Maßnahme vor. Vorliegend bedarf es einer effektiven rechtlichen Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel (vgl. BVerfGE 74, 264 <286>), da der Geschäftsgegenstand der Enteignungsbegünstigten als Trägerin des Vorhabens nicht dem Bereich der klassischen Daseinsvorsorge zuzuordnen ist. Die Rohrleitung dient jedoch dem ihr vom Gesetzgeber unter anderem zugeschriebenen Zweck der Transportsicherheit und mithin dem Gemeinwohl. Da dieses Ziel über die Begünstigung eines Privaten erreicht werden soll, sind erhöhte Anforderungen an die Sicherung der Erreichung des Gemeinwohlziels zu stellen. Die Sicherung des Zwecks "Verbesserung der Transportsicherheit" wird bereits durch die Errichtung und den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage erreicht. Die Errichtung und der ordnungsgemäße Betrieb der Anlage werden wiederum über § 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie § 5 BWEthylRohrlG genügend gesichert. Der in § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG vorgesehene öffentlich-rechtliche Vertrag ist zwischen der Begünstigten und dem Land Baden-Württemberg geschlossen. Darin hat sich die Enteignungsbegünstigte verpflichtet, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten; die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist sanktionsbewehrt. Darüber hinaus ist ein vereinfachtes Rückübereignungsverfahren vorgesehen und die Enteignungsbegünstigte hat sich der Kontrolle durch das baden-württembergische Wirtschaftsministerium sowie einer sofortigen Vollstreckung unterworfen. Die Erreichung des Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" ist demnach hinreichend gesichert. Deshalb kommt es auf eine ausreichende Sicherung der im Gesetz weiter genannten arbeitsmarkt-, wirtschafts- und strukturpolitischen Interessen nicht mehr entscheidungserheblich an.

48

(5) § 4 BWEthylRohrlG sieht in Verbindung mit § 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG sowie §§ 7 ff. LEntG eine Entschädigung vor. Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz wird damit auch den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG gerecht.

49

3. Die unmittelbar angegriffenen Entscheidungen sehen sich ebenfalls keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt. Der Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Beschwerdeführers (Art. 14 GG) erweist sich als gerechtfertigt.

50

a) Von den vorzeitigen Besitzeinweisungen sind das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück sowie die von ihm gepachteten Grundstücke betroffen. Dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der Pacht um eine von Art. 14 GG geschützte Rechtsposition handelt (hiervon ausgehend wohl BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. September 1997 - 1 BvR 392/89 -, juris, Rn. 13; ebenso: BGHZ 175, 35 <41 ff. Rn. 23 ff.> m.w.N.; BVerwGE 105, 178 <180>) und ob es sich bei den vorzeitigen Besitzeinweisungen um Enteignungen im verfassungsrechtlichen Sinne oder um Inhalts- und Schrankenbestimmungen handelt (wohl von einer Enteignung ausgehend BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 21 ff.). Denn die vorzeitigen Besitzeinweisungen halten den strengen Anforderungen an eine Enteignung zugunsten Privater hinsichtlich aller hier betroffener Grundstücke stand.

51

b) Die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 3 GG sind erfüllt.

52

aa) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen erfolgten aufgrund eines Gesetzes (§ 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG i.V.m. §§ 37 ff. LEntG). Eine Entschädigung wurde zugesprochen, deren Höhe nicht beanstandet wird und hier auch nicht zur Prüfung steht. Das mit dem Vorhaben verfolgte Gemeinwohlziel einer Verbesserung der Transportsicherheit erweist sich auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Überprüfung der vorzeitigen Besitzeinweisungen als tragfähig.

53

bb) Die einfachrechtlichen Voraussetzungen einer vorzeitigen Besitzeinweisung einschließlich des Vorliegens besonders dringender Gründe des Allgemeinwohls können verfassungsrechtlich lediglich einer Vertretbarkeitskontrolle unterzogen werden. Denn die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall ist Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Fehler, die einen Verstoß gegen das Willkürverbot oder eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung und Reichweite eines Grundrechts offenbaren würden, sind nicht erkennbar (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 112, 93 <108>; stRspr). Dass der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der besonderen Dringlichkeit des Allgemeinwohlgrundes von einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Reichweite des Art. 14 GG ausgegangen sein könnte, hat der Beschwerdeführer schon nicht dargelegt.

54

cc) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen genügen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Im Rahmen einer Gesamtabwägung hat der Verwaltungsgerichtshof alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange nachvollziehbar im Ergebnis zugunsten des Vorhabens bewertet (vgl. zum Maßstab BVerfGE 134, 242 <290 ff. Rn. 166 ff.>).

55

(1) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen sind grundsätzlich geeignet, das Gemeinwohlziel in Form einer Verbesserung der Transportsicherheit zu erreichen. Durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen werden Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd ermöglicht. Dass die Pipeline die Transportsicherheit verbessert, ist bereits ausgeführt.

56

(2) Das Vorhaben "Errichtung und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd" ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" vernünftigerweise geboten und somit erforderlich. Denn das Vorhaben kann einen substantiellen Beitrag zur Transportsicherheit erbringen. Die vorzeitigen Besitzeinweisungen waren für das Vorhaben unumgänglich erforderlich. Ohne diese hätte die Ethylen-Pipeline-Süd nicht fertiggestellt werden können. Ein milderes und gleich geeignetes Mittel war nicht verfügbar. Insbesondere hätte ein Ausweichen auf andere Grundstücke ebenfalls einen Eingriff in das Eigentumsrecht anderer Personen mit sich gebracht. Da sich der über die betroffenen Grundstücke führende Trassenverlauf an gewissen Grundsätzen orientiert (z.B. Meidung bebauter Gebiete, Leitungsbündelung), könnte eine Umlegung sogar zu schwerwiegenderen Eingriffen führen (vgl. zur Erforderlichkeit BVerfGE 134, 242 <296 ff. Rn. 182 ff.> m.w.N.). Gegen eine Erforderlichkeit spricht auch nicht der vom Beschwerdeführer behauptete fehlende Bedarf für die Pipeline. Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Enteignungsbegünstigte Stellungnahmen verschiedener Unternehmen vorgelegt, in welchen diese einen Bedarf für Ethylen gerade in Gasform substantiiert darlegen. Hierfür sprechen auch die mit Blick auf die Pipeline bereits getätigten Investitionen. Zwar wird Ethylen in Gasform faktisch selten auf alternativen Transportwegen transportiert; jedoch ist nach der Einschätzung des baden-württembergischen Gesetzgebers vorstellbar, dass ohne die Realisierung der Ethylen-Pipeline-Süd "Ethylenerzeuger oder -verbraucher Ethylen aus wirtschaftlichen Erwägungen über Straße und Schiene transportieren, um bereits getätigte Investitionen wie beispielsweise im Falle Bayerns zu amortisieren" (vgl. LTDrucks 14/5171, S. 13). Angesichts der im Erlasszeitpunkt des Ethylen-Rohrleitungsgesetzes mit Blick auf eine erwartete Inbetriebnahme der Ethylen-Pipeline-Süd getätigten Investitionen sowie des dargelegten grundsätzlichen Ethylen-Bedarfs erscheint diese Einschätzung jedenfalls nicht unvertretbar.

57

(3) Die im Rahmen der Angemessenheitsprüfung durchzuführende Gesamtabwägung fällt zu Lasten des Beschwerdeführers aus (vgl. zur Angemessenheit BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 186 ff.> m.w.N.).

58

Hier ist es allerdings nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die der Ausgangsbehörde und nachvollziehend den Fachgerichten obliegende Aufgabe einer Gesamtabwägung selbst wahrzunehmen und sich an deren Stelle zu setzen. Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind vielmehr allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind. Die Überprüfung des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich daher darauf, ob bei der Tatsachenermittlung verfassungsrechtlich erhebliche Fehler unterlaufen sind oder ob bei der Gesamtabwägung die Bedeutung der betroffenen Grundrechte - insbesondere des Art. 14 Abs. 1 GG - oder sonstiger grundgesetzlicher Wertungen grundsätzlich verkannt wurden (vgl. BVerfGE 134, 242 <353 Rn. 323>).

59

Ausgehend hiervon erweist sich die Gesamtabwägung für das Vorhaben "Ethylen-Pipeline-Süd" in der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof als vereinbar mit Art. 14 Abs. 1 GG. Dieser hat zutreffend erkannt, dass der konkrete Zugriff auf die Grundstücke dem Grunde und Umfang nach zu überprüfen ist und vor allem dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen muss. Die wesentlichen Abwägungskriterien hat der Verwaltungsgerichtshof berücksichtigt. Die von ihm durchgeführte Abwägung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

60

Keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen zunächst, soweit der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Bindungswirkung an die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung angenommen hat. Denn im Rahmen der Gesamtabwägung ist die gesetzgeberische Entscheidung zugunsten der grundsätzlichen Enteignungswürdigkeit des verfolgten gemeinen Wohls zu beachten (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 188>). Die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung und die Entscheidung zugunsten einer Enteignungswürdigkeit sind eng miteinander verknüpft. Bestünde kein Bedarf für die Pipeline, so wäre das Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" nicht enteignungswürdig. Ein Bedarf für die Pipeline ist jedoch nachvollziehbar dargelegt (oben 2 b bb (1)).

61

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung der Angemessenheit der konkreten Maßnahmen gegenüber dem Beschwerdeführer (vorzeitige Besitzeinweisungen) unter Berücksichtigung besonderer individueller Beeinträchtigungen nicht ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt der "Angemessenheit" vorgenommen. Er hat jedoch die allgemeine, auf die im Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz vorgesehene Enteignung (in der Regel die Belastung mit einer Dienstbarkeit) bezogene gesetzgeberische Abwägung im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses überprüft und aus nachvollziehbaren Gründen nicht beanstandet. Der Gesetzgeber hat indessen im Rahmen seiner Abwägung gerade nicht die individuellen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers im Blick gehabt. Jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof neben der Überprüfung der gesetzgeberischen Abwägung eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung aller konkret geltend gemachter Beeinträchtigungen vorgenommen, wenngleich er diese in den Rahmen der Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gestellt hat. Dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe ist damit noch verlässlich zu entnehmen, dass er den konkreten Einzelfall mit allen seinen Umständen im Blick hatte.

62

Der Verwaltungsgerichtshof hat alle in die Gesamtabwägung einzustellenden Belange im Ergebnis hinreichend berücksichtigt. Auf dieser Grundlage ist er zu dem vertretbaren Ergebnis gekommen, dass der Beitrag, den das entzogene Eigentumsrecht zur Verwirklichung des Vorhabens leistet, nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des Eingriffs steht, den der konkrete teilweise Eigentumsentzug für den betroffenen Rechtsinhaber bedeutet (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 Rn. 187>). Er hat berücksichtigt, dass die Dienstbarkeit lediglich eine Einschränkung im tatsächlichen Gebrauch des Grundstücks mit sich bringt, sich die grundsätzliche landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch die Pipeline aber letztlich nicht ändert, und dass durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen im Wesentlichen keine vollendeten, irreparablen Tatsachen geschaffen werden und die Enteignungsbegünstigte für alle bleibenden Nachteile eine angemessene Entschädigung zu leisten hat. Dem Beschwerdeführer werde nicht Haus und Hof genommen und die betroffenen Grundstücke seien bereits mit Leitungsrechten belastet. Dass aus den vorzeitigen Besitzeinweisungen für den Beschwerdeführer schwerwiegende existenzielle Folgen drohten, hat dieser nicht vorgetragen. Von massiveren Beeinträchtigungen kann daher keine Rede sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem berücksichtigt, dass die betroffenen Grundstücke zur Fertigstellung des Vorhabens benötigt werden, das entzogene Eigentumsrecht also einen wesentlichen Beitrag zu dessen Verwirklichung leistet und dieser Aspekt im Verhältnis zu den Beeinträchtigungen nicht außer Verhältnis steht.

63

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter in vertretbarer Weise angenommen, dass die Bedeutung des Vorhabens für das konkret verfolgte Gemeinwohlziel in einem angemessenen Verhältnis zu den durch das Vorhaben beeinträchtigten Belangen steht (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 188 f.>). Im Rahmen dieser Prüfung hat er auch die gesetzgeberische Abwägung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nachvollzogen, welche wiederum entgegenstehende öffentliche Belange (z.B. Naturschutzbelange) berücksichtigt hat (vgl. LTDrucks 14/5171). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Sicherheitsbedenken als nicht tragfähig bewertet.

64

Zudem könnten die vorzeitigen Besitzeinweisungen mit allenfalls geringen bleibenden Beeinträchtigungen rückgängig gemacht werden. Die Pipeline selbst könnte zurückgebaut werden oder gegebenenfalls sogar nach einer Außerbetriebnahme ohne erhebliche Nachteile im Boden verbleiben. Wohnbebauung ist im Falle des Beschwerdeführers nicht betroffen. Daraus ergibt sich, dass die vorzeitigen Besitzeinweisungen nicht offensichtlich mit so erheblichen Nachteilen für andere gewichtige Gemeinwohlbelange oder private Rechte verbunden sind, dass diese in keinem vernünftigen Verhältnis zum Gewicht des durch das Vorhaben "Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd" verfolgten Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" stehen. Zu diesem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis ist letztlich auch der Verwaltungsgerichtshof gelangt, wenngleich er zur Begründung auf das Gewicht aller im Gesetz genannten Gemeinwohlziele "in einer Gesamtschau" abgestellt haben dürfte.

65

dd) Durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wird dem Beschwerdeführer auch effektiver Rechtsschutz zuteil. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes stellt ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Gerade bei Enteignungen kann im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes daher die notwendige Prüfungsintensität über diejenige einer nur summarischen Prüfung hinausgehen. Ob eine abschließende Prüfung notwendig ist, ist von der Intensität des Grundrechtseingriffs abhängig (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 20 f. m.w.N.). Dies zugrunde gelegt, bestehen hinsichtlich der Prüfintensität des Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Im vorliegenden Fall entstehen durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen keine schwerwiegenden irreparablen Schäden, weshalb eine abschließende Prüfung nicht notwendig war. Selbst wenn man eine weitergehende Prüfung für erforderlich erachten wollte, wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs dem gerecht. Dieser weist an verschiedenen Stellen zwar auf eine lediglich summarische Prüfung hin. Nimmt man indessen die gesamte Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs in den Blick, so ergibt sich, dass er die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der beanstandeten Maßnahmen ausführlich geprüft und sich nicht lediglich auf eine Folgenabwägung beschränkt hat.

66

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Unter Berücksichtigung der subjektiven und besonderen objektiven Bedeutung der Verfahren und ihrer Förderung durch die anwaltliche Tätigkeit (vgl. BVerfGE 79, 365 <369 f.>) wird der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf 250.000,- € (in Worten: zweihundertfünfzigtausend Euro) festgesetzt.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren wegen der sofortigen Vollziehbarkeit enteignungsrechtlicher vorzeitiger Besitzeinweisungen in ein im Eigentum des Beschwerdeführers stehendes, landwirtschaftlich genutztes Grundstück sowie zwei von ihm zur landwirtschaftlichen Nutzung gepachtete Flächen. Die vorzeitigen Besitzeinweisungen erfolgten, um den Bau der Ethylen-Pipeline-Süd zu ermöglichen.

2

1. Zur Errichtung und zum Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd haben sich sieben Unternehmen der Chemieindustrie zusammengeschlossen (im Folgenden: Enteignungsbegünstigte). Ziel der mittlerweile gebauten und in Betrieb genommenen Pipeline ist es, die erforderliche Infrastruktur für den sicheren und wirtschaftlichen Transport von gasförmigem, aber für den Pipelinetransport druckverflüssigtem Ethylen zwischen wichtigen süddeutschen Chemiestandorten zu schaffen und diese an den bestehenden nordwesteuropäischen Rohrleitungsverbund anzubinden. Die Ethylen-Pipeline-Süd soll nach Vorstellung der Europäischen Kommission eine zentrale Rolle für ein europaweites Ethylenpipeline-Netz spielen (vgl. Entscheidung der Kommission vom 12. Oktober 2006 über die staatliche Beihilfe C 11/2005 , die Deutschland für den Bau einer Ethylenpipeline in Bayern gewähren will, Amtsblatt der Europäischen Union L 143 vom 6. Juni 2007, S. 24). Die Rohrfernleitung mit einem Durchmesser von 25 cm und einer Verlegungstiefe zwischen 1 m und 1,2 m führt über eine Länge von circa 370 km von Münchsmünster in Bayern durch Baden-Württemberg nach Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz.

3

2. Das Gas Ethylen wird gewöhnlich in petrochemischen Anlagen (Steamcrackern) aus Erdöl gewonnen und für die Herstellung einer Vielzahl von Kunststoffen benötigt. Das Gas ist narkotisierend, erstickend, hochentzündlich, bildet mit Luft explosionsfähige Gemische und wird der höchsten Gefahrenklasse zugeordnet. Bevorzugter und sicherster Transportweg für das Gas sind daher Pipelines.

4

3. Mit Planfeststellungsbeschluss ließ das für die Grundstücke des Beschwerdeführers zuständige Regierungspräsidium im Jahr 2008 die Errichtung und den Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd zu. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Er ist gegenüber dem Beschwerdeführer bestandskräftig.

5

4. Der Enteignungsbegünstigten gelang der Erwerb der erforderlichen Rechte an den vom Trassenverlauf betroffenen Grundstücken auf freiwilliger Basis zwar zu einem Großteil, jedoch nicht vollständig. Im Jahr 2009 schuf der Landtag von Baden-Württemberg eine enteignungsrechtliche Grundlage und beschloss das Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb einer Ethylen-Rohrleitungsanlage in Baden-Württemberg (BWEthylRohrlG). Das Gesetz trat am 8. Dezember 2009 in Kraft. Die Enteignungsvoraussetzungen sind in §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG festgelegt. Diese lauten:

§ 1 (Enteignungszweck)

(1) Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen dienen dem Wohl der Allgemeinheit nach Artikel 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Dies gilt auch unter der Voraussetzung, dass die Anlage neben den in Absatz 2 genannten Zwecken auch privatwirtschaftlichen Interessen dient und neben deutschen auch ausländischen Nutzern zur Verfügung stehen kann.

(2) Insbesondere dient die Verwirklichung des in Absatz 1 bezeichneten Vorhabens

1. dem Ausbau und der Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandortes Baden-Württemberg,

2. der Stärkung des Chemieclusters Karlsruhe - Mannheim - Ludwigshafen,

3. dem Anschluss der baden-württembergischen Chemie- und Petrochemiestandorte an den nordwesteuropäischen Ethylen-Verbund,

4. der Stärkung der wirtschaftlichen Infrastruktur zur Verbesserung der Ansiedelungsmöglichkeiten für Unternehmen,

5. der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Petrochemie,

6. der Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit und

7. der Erhöhung der Versorgungssicherheit.

§ 2 (Enteignung)

(1) Zur Errichtung und zum Betrieb der in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Rohrleitungsanlage kann enteignet werden. Ein Grundstück darf nur in dem Umfang enteignet werden, in dem dies zur Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich ist. Reicht eine Belastung des Grundstücks mit einem Recht, insbesondere einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, zur Verwirklichung des Enteignungszwecks aus, so ist die Enteignung hierauf zu beschränken.

(2) Bestandteile der Rohrleitungsanlage sind insbesondere ihre sämtlichen Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen, die notwendigen Zufahrten zu diesen Einrichtungen sowie der sechs Meter breite Schutzstreifen. Die der Errichtung dienenden Arbeitsstreifen und Hilfsflächen sind den Bestandteilen der Rohrleitungsanlage im Sinne des Satzes 1 für die Dauer der Errichtung gleichgestellt.

§ 3 (Enteignungsvoraussetzungen)

Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, soweit sie zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Die Enteignung setzt ferner voraus, dass das die Anlage errichtende und betreibende Unternehmen

1. sich nachweislich ernsthaft bemüht hat, das Grundstück oder das in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben,

2. glaubhaft macht, dass das Grundstück oder das Recht daran innerhalb einer angemessenen Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet oder ausgeübt wird, und

3. sich in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg verpflichtet, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten; die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist durch Sanktionsmöglichkeiten zu sichern.

6

Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Entschädigung vor (§ 4 BWEthylRohrlG), enthält Vorgaben für eine Rückenteignung (§ 5 BWEthylRohrlG), verweist auf das Landesenteignungsgesetz des Landes Baden-Württemberg (LEntG) für das weitere Verfahren (§ 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG) und nimmt der Anfechtungsklage gegen vorzeitige Besitzeinweisungen die aufschiebende Wirkung (§ 6 Abs. 2 BWEthylRohrlG).

7

Durch den Verweis auf das Landesenteignungsgesetz ist über § 37 LEntG eine vorzeitige Besitzeinweisung in Grundstücke möglich, die von Enteignungsmaßnahmen betroffen sind. § 37 LEntG lautet:

§ 37 (Anordnung der vorzeitigen Besitzeinweisung)

(1) Die Enteignungsbehörde kann den Träger des Vorhabens, der einen Enteignungsantrag gestellt hat, auf seinen Antrag vorzeitig in den Besitz des Grundstücks einweisen, soweit die sofortige Ausführung des Vorhabens aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten ist. Ist für das Vorhaben ein Planfeststellungsbeschluss oder eine sonstige behördliche Entscheidung erforderlich, so ist die Besitzeinweisung nur zulässig, wenn der Planfeststellungsbeschluss oder die sonstige behördliche Entscheidung unanfechtbar oder sofort vollziehbar ist.

(2) Die Besitzeinweisung ergeht auf Grund einer mündlichen Verhandlung. Hierzu sind der Antragsteller, der Eigentümer und der unmittelbare Besitzer zu laden. Die Ladungsfrist beträgt zwei Wochen. In der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass auch bei Nichterscheinen über den Antrag entschieden werden kann. Die Entscheidung ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem unmittelbaren Besitzer zuzustellen. Im Übrigen sind §§ 17, 18, 20, § 21 Abs. 1 und 3, § 22 Abs. 2 Satz 3, §§ 23, 25, § 27 Abs. 1 und § 28 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(3) Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist dieser Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses an ihn festzusetzen, wenn das nach Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Der unmittelbare Besitzer ist über das Antragsrecht zu belehren.

(4) Die Enteignungsbehörde kann den Besitzeinweisungsbeschluss befristen, mit Bedingungen und Auflagen versehen und von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der zu erwartenden Enteignungsentschädigung abhängig machen.

(5) Die Enteignungsbehörde hat auf Antrag des Antragstellers, des Eigentümers oder des unmittelbaren Besitzers den Zustand des Grundstücks vor der Besitzeinweisung in einer Niederschrift festzustellen, soweit er für die Besitzeinweisungs- oder Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist. Auf das Antragsrecht ist in der Ladung hinzuweisen. Den in Satz 1 bezeichneten Personen ist eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden.

8

5. Im Januar 2010 schlossen das Land Baden-Württemberg und die Enteignungsbegünstigte den in § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Darin verpflichtet sich die Enteignungsbegünstigte, die Pipeline nach Maßgabe der erlassenen Planfeststellungsbeschlüsse zu errichten, sie entsprechend den in § 1 BWEthylRohrlG festgelegten Gemeinwohlzwecken zu betreiben und in betriebssicherem Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Pipeline zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (§ 1 Abs. 1 bis 3 des Vertrages). In § 1 Abs. 4 des Vertrages verpflichtet sie sich zur Vermeidung eines förmlichen Rückübereignungsverfahrens (vgl. § 5 BWEthylRohrlG) zur Rückübertragung der enteigneten Grundstücke für den Fall, dass die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG festgelegten Enteignungszwecke nicht mehr erreicht werden können. § 2 des Vertrages stellt das Vorhaben unter die Aufsicht des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums. § 3 des Vertrages sieht für Pflichtverstöße eine Vertragsstrafe von bis zu 5.000.000 € vor. Die Enteignungsbegünstigte hat sich der sofortigen Vollstreckung unterworfen (§ 4 des Vertrages).

9

6. Nach erfolglosen Erwerbsversuchen beantragte die Enteignungsbegünstigte Ende des Jahres 2009 beim zuständigen Regierungspräsidium die (Teil-) Enteignung der Pachtgrundstücke des Beschwerdeführers und des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks. Zudem beantragte sie die vorzeitige Besitzeinweisung in die Grundstücke.

10

7. Mit Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschluss gab das Regierungspräsidium dem Antrag für das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück (unten a) und mit gesondertem Besitzeinweisungsbeschluss dem Antrag für die gepachteten Grundstücke (unten b) statt.

11

a) Die beantragte (Teil-)Enteignung wurde in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit wie folgt verfügt:

"In das […] vorgenannte Grundbuch ist im Rang vor den Grundpfandrechten eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt einzutragen: 'Die Antragstellerin erhält die Befugnis, in dem mit einem Abstand von 3 m beiderseits zur Leitungsachse verlaufenden Schutzstreifen […] eine ausschließlich für den Transport von Ethylen bestimmte Leitung mit der Dimension DN 250 (250 mm Durchmesser) nebst Steuerkabel, Kathodenschutzkabel und sonstigen Zubehörteilen (Schilderpfähle, Messpfähle, Lüftungsrohre, Messkontakte) zu verlegen, dort zu belassen und zu betreiben, im Bedarfsfalle auszubessern, unwesentlich zu ändern (vorbehaltlich einer evtl. erforderlichen Genehmigung der Planfeststellungsbehörde) und auszuwechseln sowie das Grundstück für diese Zwecke zu betreten und zu nutzen.

Die Antragstellerin darf sich hierzu auch Dritter bedienen, auf die sich das Betretungs- und Benutzungsrecht erstreckt. Die Beteiligten sind verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand und den Betrieb der Leitung und des Zubehörs gefährden können und dürfen derartige Maßnahmen durch Dritte auch nicht gestatten. Der Schutzstreifen darf nicht überbaut werden und ist von Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern freizuhalten; er kann jedoch weiter landwirtschaftlich genutzt werden.'"

12

Die daneben angeordnete vorzeitige Besitzeinweisung hat folgenden Inhalt:

"Die Antragstellerin wird in den Besitz einer Teilfläche von 2357 m² aus dem in Ziffer 1. genannten Grundstück […] eingewiesen. Diese Besitzeinweisung wird zwei Wochen nach Zustellung wirksam und gibt der Antragstellerin das Recht, das Grundstück innerhalb des im angeschlossenen Lageplanauszug eingezeichneten Arbeitsstreifens für die Zeit der Verlegung der Ethylenleitung und anschließend im Rahmen des in Ziffer 1. und 2. beschriebenen Umfangs für den Betrieb der Leitung zu nutzen. Im Übrigen ist der Besitz unverzüglich, ordnungsgemäß und protokolliert zurückzugeben."

13

Dem Beschwerdeführer wurde für die Belastung des Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit sowie für die durch die Baumaßnahmen entstehenden Schäden und Folgeschäden eine Entschädigung zugesprochen.

14

b) Mit im Wesentlichen gleichem Inhalt verfügte das Regierungspräsidium jeweils die vorzeitige Besitzeinweisung für einen entsprechenden Arbeits- und Schutzstreifen zum Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd hinsichtlich der gepachteten Grundstücke und sprach auch insoweit eine Entschädigung für die vorzeitigen Besitzeinweisungen zu.

15

8. Das Verwaltungsgericht ordnete auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung der gegen die vorzeitigen Besitzeinweisungen erhobenen Klage an. Die sofortige Ausführung des Vorhabens sei nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten.

16

9. Auf die hiergegen gerichteten Beschwerden des Landes Baden-Württemberg sowie der Enteignungsbegünstigten änderte der Verwaltungsgerichtshof den Beschluss des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Die Beschlüsse des Regierungspräsidiums seien mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.

17

Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sei verfassungsgemäß und erfülle die Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG. Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen stellten einen hinreichend konkreten und bestimmten Enteignungstatbestand dar. Zudem fordere das Wohl der Allgemeinheit die Enteignungen, und der Enteignungszweck könne auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden. Die prognostische Einschätzung des Gesetzgebers bei der Festlegung der konkreten Allgemeinwohlbelange sei von dem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt.

18

Die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG genannten Enteignungszwecke begründeten jedenfalls bei einer Gesamtschau ein besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse, welches eine Enteignung zugunsten Privater grundsätzlich rechtfertige. Der Gesetzgeber gehe von einer erhöhten Attraktivität für die Neuansiedlung von Unternehmen entlang der Pipeline sowie einem erhöhten Investitionsanreiz aus, wodurch Arbeitsplätze geschaffen würden. Die Ethylen-Pipeline-Süd spiele eine zentrale Rolle für das europaweite Ethylenpipelinenetz und verbessere die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Gleichzeitig werde im Vergleich zum Straßen- oder Schifftransport die Transportsicherheit erhöht und die Umweltbelastung verringert.

19

Das Ausmaß des Eingriffs in das Eigentum Privater erscheine demgegenüber eher gering, da die beschränkt persönliche Dienstbarkeit die Eigentümer beziehungsweise Pächter soweit wie möglich schone. Die landwirtschaftliche Nutzung sei im Regelfall nach Verlegung der Pipeline weiter möglich. Daher überwiege das öffentliche Interesse am Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd im Regelfall.

20

Durch § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG und den geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag würden die Enteignungsziele ausreichend gesichert. Die Enteignungsvoraussetzungen des § 3 BWEthylRohrlG lägen vor.

21

Auch die Voraussetzungen für eine vorzeitige Besitzeinweisung seien gegeben (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 LEntG). Die sofortige Ausführung des Vorhabens sei aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Ausführung des Vorhabens sei schon aufgrund des Baufortschritts anzunehmen. Lediglich einzelne Flächen müssten zur Fertigstellung enteignet werden. Bei einer weiteren Verzögerung bestehe die begründete Besorgnis einer Gefährdung der vom Gesetzgeber verfolgten mittelbaren Gemeinwohlzwecke. Der Planfeststellungsbeschluss sei gegenüber dem Beschwerdeführer bestandskräftig und damit vollziehbar.

22

Das Allgemeinwohlinteresse an der sofortigen Vollziehbarkeit der sofortigen Besitzeinweisungen zur Fertigstellung der Ethylen-Pipeline-Süd überwiege das private Interesse des Beschwerdeführers, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren von den Folgen des Vollzugs der Besitzeinweisungsbeschlüsse verschont zu bleiben. Die landwirtschaftliche Nutzung könne nach Durchführung der Baumaßnahme nahezu uneingeschränkt fortgeführt werden. Das Eigentum sei nur mit einem Durchleitungsrecht belastet. Deshalb sei der Kernbereich der Eigentumsgarantie nicht betroffen. Zudem habe der Beschwerdeführer Entschädigungsansprüche. Die vorläufige Besitzeinweisung könne erforderlichenfalls rückgängig gemacht und die Rohrleitung zurückgebaut werden.

II.

23

Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen die Entscheidungen des Regierungspräsidiums sowie gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs und mittelbar gegen die §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG. Er rügt eine Verletzung seines Grundrechts auf Eigentum (Art. 14 GG).

24

Der Verwaltungsgerichtshof gehe von einer grundlegend unrichtigen Auffassung von Bedeutung und Trageweite des Art. 14 GG aus. Der Eingriff in sein Eigentumsgrundrecht sei nicht gerechtfertigt, denn das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sei verfassungswidrig (unten 1). Es fehle an dem Erfordernis einer vorzeitigen Besitzeinweisung aus dringenden Gründen des Allgemeinwohls (unten 2). Er sei durch die Dienstbarkeit und die sofortigen Besitzeinweisungen auch tatsächlich beeinträchtigt (unten 3).

25

1. Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz werde den aus Art. 14 Abs. 3 GG folgenden Anforderungen an eine Enteignung zugunsten Privater nicht gerecht. Die Ethylenpipeline und die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG genannten Zwecke dienten nicht dem Wohl der Allgemeinheit im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG. Die vom Gesetzgeber herangezogenen Gründe seien nicht hinreichend bestimmt und zum Teil nicht zutreffend oder nicht ausreichend belegt. Der prognostizierte Ausbau und die Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandorts Baden-Württemberg sowie die prognostizierte Ansiedlung weiterer Unternehmen seien fragwürdig und von allgemeinwirtschaftlichen Bedingungen abhängig. Anschlusswillige Unternehmen entlang der Pipeline in Baden-Württemberg gebe es nicht. Denn Ethylen werde hauptsächlich als Zwischenprodukt in Form von Granulat benötigt, welches unproblematisch per Lastkraftwagen transportiert werden könne. Für die Versorgung mit Ethylen durch eine Rohrleitung bestehe mithin kein Bedarf. Deshalb sei auch keine Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit sowie keine Erhöhung der Versorgungssicherheit zu erwarten. Der angeführte Effekt der Pipeline werde zudem ausweislich der Gesetzesbegründung gerade nicht in Baden-Württemberg eintreten, auf dessen Gemeinwohlbelange es aber bei einem Landesgesetz allein ankomme. Letztlich seien lediglich erwünschte und erhoffte langfristige Auswirkungen für die genannten Gemeinwohlbelange Grundlage des Gesetzes geworden. Darüber hinaus sicherten § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG sowie der abgeschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag die verfolgten arbeitsmarkt-, wirtschafts-, struktur- und umweltpolitischen Interessen nicht hinreichend.

26

2. Für eine vorzeitige Besitzeinweisung hätten keine tragfähigen Gründe vorgelegen. Im Falle des Unterbleibens der sofortigen Besitzeinweisung sei mit keinen schwerwiegenden Nachteilen für das öffentliche Wohl zu rechnen gewesen. Die prognostizierten positiven Effekte beschränkten sich auf lediglich ein baden-württembergisches Unternehmen. Positive Auswirkungen auf die bayerische Industrie als Grundlage schieden für ein baden-württembergisches Landesgesetz aus. Auf den zum Zeitpunkt der Besitzeinweisungen bereits weit fortgeschrittenen einvernehmlichen Erwerb der erforderlichen Rechte könne nicht abgestellt werden, da es sonst die Beteiligten in der Hand hätten, durch Schaffung vollendeter Tatsachen ein dringendes Gebotensein der Maßnahme aus Allgemeinwohlgründen herbeizuführen. Die bis dahin bereits getätigten Investitionen seien auf eigenes Risiko der Enteignungsbegünstigten erfolgt.

27

3. Durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen komme es zu relevanten und nicht reversiblen Beeinträchtigungen. Der Bau der Pipeline verschlechtere die Bodenqualität (Verschlechterung des Mutterbodens, Bodenverdichtung). Deshalb sei jedenfalls im Bereich des Arbeitsstreifens mit einem geringeren Ernteertrag zu rechnen. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit schränke die landwirtschaftliche wie die anderweitige Nutzung der betroffenen Grundstücke ein.

III.

28

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Enteignungsbegünstigte und Beigeladene des Ausgangsverfahrens, die Landesregierung von Baden-Württemberg, die Bayerische Staatsregierung, das Bundesverwaltungsgericht, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Verband der Chemischen Industrie, der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Deutsche Anwaltverein Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

IV.

29

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil keiner der Annahmegründe des § 93a Abs. 2 BVerfGG vorliegt. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. insbesondere BVerfGE 74, 264; 134, 242) wirft die Verfassungsbeschwerde keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf, die sich nicht nach den Maßstäben der vorliegenden Entscheidungen beantworten ließen. Danach erscheint bereits die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde fraglich; sie erweist sich jedenfalls in der Sache als unbegründet. Deshalb ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde auch nicht zur Durchsetzung der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt.

30

1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ergangenen Entscheidungen über die sofortige Vollziehbarkeit der vorzeitigen Besitzeinweisungen. Im Blick darauf erscheint bereits die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Subsidiaritätsgrundsatzes sowie - jedenfalls in Teilen - hinsichtlich der Erschöpfung des Rechtswegs fraglich. Es liegt nicht fern, dass es darüber hinaus der Verfassungsbeschwerde insoweit auch an einer hinreichenden Begründung und Auseinandersetzung mit diesen Fragen ermangelt. Im Ergebnis kann dies indessen dahingestellt bleiben. Denn eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts des Beschwerdeführers lässt sich nicht feststellen.

31

2. Die den angegriffenen Entscheidungen mittelbar mit zugrunde liegenden Vorschriften der §§ 1 bis 3 des Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetzes begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

32

a) Bei der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG eröffneten Möglichkeit zur Enteignung durch vollständigen Eigentumsentzug handelt es sich um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG. Gleiches gilt für die nach dem Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz regelmäßig in Betracht kommende Belastung eines Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 BWEthylRohrlG); diese erweist sich im Umfang der Dienstbarkeit als teilweise Entziehung von Eigentümerbefugnissen und greift damit in das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum am Grundstück ein (vgl. BVerfGE 45, 297 <339>; 56, 249 <260>).

33

b) Die in Rede stehenden gesetzlichen Regelungen genügen, auch unter Berücksichtigung der strengeren Anforderungen an Enteignungen zugunsten Privater, den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

34

aa) Die Enteignung ist regelmäßig ein schwerer Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Eigentum und an Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zu messen. Dieser lässt die Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zu. Sie darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG). Die Bestimmung des eine Enteignung rechtfertigenden Gemeinwohlziels und des Vorhabens, das generell zu seiner Verwirklichung in Frage kommt, sowie der wesentlichen Voraussetzungen für eine Enteignung sind dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten. Sofern eine Enteignung zugunsten Privater vorgesehen ist, sind weitere Anforderungen an das Gesetz zu stellen (vgl. BVerfGE 134, 242 <290 f. Rn. 166 ff.>).

35

(1) Bei der Auswahl der Gemeinwohlziele steht dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zu, der nur eingeschränkt verfassungsrechtlich überprüfbar ist. Art. 14 Abs. 3 GG enthält lediglich in begrenztem Umfang einen Maßstab für die Bestimmung des gemeinen Wohls. Dem Grundgesetz lässt sich keine umfassende, allgemeine Bestimmung der eine Enteignung tragenden Gemeinwohlziele entnehmen. Von Verfassungs wegen von vornherein ausgeschlossen sind lediglich Enteignungszwecke, die ausschließlich im Interesse Privater liegen, die rein fiskalischen Interessen dienen oder die vom Grundgesetz missbilligte Ziele verfolgen (vgl. BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 169 ff.> m.w.N.). Darüber hinaus ist die gesetzgeberische Entscheidung nur dahingehend überprüfbar, ob sie offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen ist, wie sie insbesondere in den Grundrechten oder den Staatszielbestimmungen zum Ausdruck kommen (vgl. BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 172, 339 Rn. 289>). Das Gemeinwohlziel muss grundsätzlich geeignet sein, die für die Erreichung des Ziels typischerweise in Betracht kommenden Enteignungen zu rechtfertigen. Je nach geregeltem Lebenssachverhalt können infolgedessen die Anforderungen an seine Bedeutung variieren. Weder wiegt jede Enteignung gleich schwer, noch vermag jedes legitime Gemeinwohlziel Enteignungen jeglicher Schwere zu rechtfertigen. Auch bei dieser Gewichtung steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu, der einer verfassungsrechtlichen Vertretbarkeitskontrolle unterliegt (vgl. BVerfGE 134, 242 <293 Rn. 173>).

36

Das zur Enteignung ermächtigende Gesetz muss außerdem hinreichend bestimmt regeln, zu welchem Zweck, unter welchen Voraussetzungen und für welche Vorhaben enteignet werden darf. Wird das Vorhaben der Art nach hinreichend bestimmt benannt und ergibt sich daraus zugleich eindeutig der vom Gesetzgeber angestrebte Gemeinwohlzweck, ist die ausdrückliche Benennung des Gemeinwohls im Gesetz entbehrlich. Den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG genügt hingegen eine Regelung nicht, die die Entscheidung, für welche Vorhaben und zu welchen Zwecken enteignet werden darf, faktisch in die Hand der Verwaltung legt (vgl. BVerfGE 134, 242 <293 f. Rn. 174 ff.> m.w.N.).

37

(2) Auch Enteignungen zugunsten Privater sind grundsätzlich zulässig. Jedoch ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob hinter dem verfolgten Gemeinwohlziel ein auch unter Berücksichtigung der Privatnützigkeit der Enteignung hinreichend schwerwiegendes, spezifisch öffentliches Interesse steht. Zudem sind zusätzliche Anforderungen an das Enteignungsgesetz zu stellen (vgl. BVerfGE 134, 242 <294 f. Rn. 177 ff.> m.w.N.). Dient die Enteignung nur mittelbar dem gemeinen Wohl, muss das Gesetz unzweideutig regeln, ob und für welche Vorhaben, unter welchen Voraussetzungen und für welche Zwecke eine Enteignung statthaft ist. Der mittelbar verfolgte Enteignungszweck muss gesetzlich so genau beschrieben werden, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung nicht in die Hand der Verwaltung gegeben wird. Des Weiteren muss der im Allgemeininteresse liegende Zweck der Maßnahme dauerhaft gesichert werden. Es bedarf umso genauerer und detaillierterer gesetzlicher Vorgaben zur Sicherung der dauerhaften Gemeinwohlnutzung, je weniger schon der Geschäftsgegenstand des privaten Enteignungsbegünstigten darauf ausgerichtet ist, dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen (vgl. BVerfGE 74, 264 <285 f.>; 134, 242 <295 f. Rn. 180 f.> m.w.N.). Kann sich der Nutzen für das allgemeine Wohl nicht aus dem Unternehmensgegenstand selbst, sondern nur als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit ergeben, bedarf es einer effektiven rechtlichen Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel, damit dieses dauerhaft garantiert ist. Regelungen, welche lediglich die bloße Realisierung des Vorhabens sichern, sind nicht ausreichend. Außerdem kann kein "Vertrauensvorschuss" dahingehend gewährt werden, dass allein die Wirtschaftskraft eines von der Enteignung begünstigten Unternehmens Gewähr dafür bietet, dass die Gemeinwohlziele durch die plankonforme Ausführung des Vorhabens und seinen dauerhaften Betrieb tatsächlich erreicht werden (vgl. BVerfGE 74, 264 <286, 295 f.>).

38

bb) Diesen Maßstäben werden die §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG gerecht. Der Gesetzgeber hat jedenfalls mit der Verbesserung der Transportsicherheit ein ausreichend gewichtiges und die Enteignung tragendes Gemeinwohlziel normiert (unten (1)). Hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit des Gemeinwohlziels und des Vorhabens bestehen keine Bedenken (unten (2)). Ebenso hat der Gesetzgeber die weiteren Enteignungsvoraussetzungen hinreichend festgelegt (unten (3)). Die dauerhafte Erreichung des Gemeinwohlziels ist genügend gesichert (unten (4)). Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sieht außerdem eine Entschädigung vor (unten (5)).

39

(1) Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs. 2 Nr. 6 BWEthylRohrlG jedenfalls mit der Verbesserung der Transportsicherheit ein hinreichend tragfähiges Gemeinwohlziel bestimmt. Unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsspielraums bei der Bestimmung möglicher Gemeinwohlziele steht der Auswahl dieses Gemeinwohlziels nichts entgegen. Grundsätzlich ist es dem Gesetzgeber überlassen, durch die Unterstützung bestimmter Vorhaben die Transportsicherheit und somit die Sicherheit aller potentiell betroffenen Menschen sowie der Rechtsgüter der Allgemeinheit für alle Transportwege wie etwa auch Straße, Schiene oder Wasserstraße zu fördern. Dieses Ziel ist insbesondere nicht von vornherein ausgeschlossen, weil es etwa ausschließlich im Interesse Privater läge; es ist auch nicht offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen.

40

Das Gemeinwohlziel der Transportsicherheit ist - unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen für Enteignungen zugunsten Privater - auch hier ausreichend gewichtig und somit grundsätzlich geeignet, die typischerweise in Betracht kommenden Enteignungen zu rechtfertigen. Das Gas Ethylen ist narkotisierend, erstickend, hochentzündlich, bildet mit Luft explosionsfähige Gemische und wird der höchsten Gefahrenklasse zugeordnet. Der Pipelinetransport stellt sich gegenüber dem Transport auf dem Seeweg, auf der Schiene oder Straße als sicherer dar. Witterungseinflüsse, Gefährdungen durch andere Verkehrsteilnehmer und sonstiges menschliches Fehlverhalten haben als potentielle Gefahrenquellen beim Rohrleitungstransport einen geringeren Einfluss. Das Unfallrisiko stellt sich im Hinblick auf potentielle Unfallfolgen für Betroffene sowie die aus einem Unfall gegebenenfalls resultierenden schädlichen Umweltauswirkungen auch als Risiko der Allgemeinheit im Land Baden-Württemberg dar.

41

Verstärkt wird das Gewicht der Allgemeinwohl-Dienlichkeit durch das im Gesetz vorgesehene sogenannte Common-Carrier-Prinzip. Danach ist allen Unternehmen der diskriminierungsfreie Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (§ 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG). Durch den freien Zugang für alle anschlusswilligen Unternehmen ist auch für diese ein Ausweichen auf alternative Transportwege nicht notwendig. Insofern ist die Pipeline vergleichbar mit einem öffentlichen Weg, mit dem Unterschied, dass die Pipeline nicht von der öffentlichen Hand, sondern von einer privaten Gesellschaft gebaut wurde und der Zugang nicht allgemein jedem Bürger offen steht (ähnlich LTDrucks 14/5401, S. 4).

42

Das beschriebene Gemeinwohlziel ist gewichtig genug, um die in Rede stehende Enteignung zu rechtfertigen. Gegenüber dem Anliegen des sicheren Transports von Ethylen fällt die aufgrund des hier geregelten Lebenssachverhalts (Verlegung und Betrieb einer unterirdischen Rohrleitung) typischerweise in Betracht kommende Enteignung weniger schwer ins Gewicht. Denn für die Verwirklichung der durch das Erdreich verlaufenden Pipeline sowie die Erreichung des Gemeinwohlziels wird regelmäßig die Belastung des betroffenen Grundeigentums mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in Form eines Leitungsrechts ausreichen. Durch eine solche Dienstbarkeit wird die Nutzungsmöglichkeit betroffener Grundstücke - wie im vorliegenden Fall die landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch die Verpflichtung zur Freihaltung von Überbauungen sowie Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern - regelmäßig nur in sehr begrenztem Maße dauerhaft beeinträchtigt. Anders als beispielsweise im Braunkohletagebau dürfte Wohnbebauung regelmäßig nicht betroffen sein, da jedenfalls der hier relevante Planfeststellungsbeschluss dem Grundsatz der Meidung bebauter Gebiete folgt. Stellt man dieses relativ geringe Eingriffsgewicht den Gefahren beim Ethylen-Transport auf alternativen Transportwegen gegenüber, so stellt sich das Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" unter Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen für Enteignungen zugunsten Privater als ausreichend gewichtig dar. Die dem zugrunde liegende Einschätzung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

43

(2) Das Gemeinwohlziel der "Verbesserung der Transportsicherheit" sowie das Vorhaben an sich sind - auch im Hinblick auf die strengeren Voraussetzungen für Enteignungen zugunsten Privater - hinreichend bestimmt durch den Gesetzgeber geregelt.

44

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG sind Enteignungen zur Errichtung und zum Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen zulässig. Dieses Vorhaben ist grundsätzlich geeignet, dem Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" zu dienen, da Ethylentransporte auf anderen risikoreicheren Wegen vermieden werden. Damit wird ein ganz bestimmtes Vorhaben benannt, zu dessen Zwecken enteignet werden kann. Außerdem wird das Gemeinwohl in Form der "Verbesserung der Transportsicherheit" ausreichend bestimmt benannt. Aus dem Gesetz ergibt sich damit unzweideutig, für welches Vorhaben und zu welchem Enteignungszweck eine Enteignung erfolgen darf. Selbst wenn aufgrund der Verwendung des Wortes "insbesondere" bei der Benennung der Vorhabenziele in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG von einer lediglich beispielhaften Aufzählung der Allgemeinwohlgründe ausgegangen würde, bestehen keine Bedenken hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit; denn eine Enteignung ist lediglich zur Errichtung und zum Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd möglich. Dass dieses konkrete Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit dient, hat damit gerade der Gesetzgeber entschieden (zu anders gelagerten Enteignungen nach dem Bergrecht mit weiterreichenden Auswirkungen vgl. BVerfGE 134, 242 <302 Rn. 198 f.>).

45

Indem damit ein tragfähiges sowie hinreichend konkretes Gemeinwohlziel im Sinne einer Verbesserung der Transportsicherheit normiert ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die weiteren genannten Gemeinwohlziele ebenfalls den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen.

46

(3) Auch die weiteren Enteignungsvoraussetzungen sind im Gesetz ausreichend bestimmt geregelt. § 2 Abs. 2 BWEthylRohrlG verhält sich zum Umfang der Enteignung, indem er die Bestandteile der Rohrleitungsanlage festlegt. § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BWEthylRohrlG enthält Vorgaben zur Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen; regelmäßig dürfte dafür eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit ausreichen. § 3 Satz 1 BWEthylRohrlG verlangt darüber hinaus, dass die Enteignung im einzelnen Fall zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Das begünstigte Unternehmen muss sich nachweislich und ernsthaft bemüht haben, das Grundstück oder das in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BWEthylRohrlG bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben (§ 3 Satz 2 Nr. 1 BWEthylRohrlG).

47

(4) Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sieht überdies eine ausreichende dauerhafte Sicherung des im Allgemeininteresse liegenden Zwecks der Maßnahme vor. Vorliegend bedarf es einer effektiven rechtlichen Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel (vgl. BVerfGE 74, 264 <286>), da der Geschäftsgegenstand der Enteignungsbegünstigten als Trägerin des Vorhabens nicht dem Bereich der klassischen Daseinsvorsorge zuzuordnen ist. Die Rohrleitung dient jedoch dem ihr vom Gesetzgeber unter anderem zugeschriebenen Zweck der Transportsicherheit und mithin dem Gemeinwohl. Da dieses Ziel über die Begünstigung eines Privaten erreicht werden soll, sind erhöhte Anforderungen an die Sicherung der Erreichung des Gemeinwohlziels zu stellen. Die Sicherung des Zwecks "Verbesserung der Transportsicherheit" wird bereits durch die Errichtung und den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage erreicht. Die Errichtung und der ordnungsgemäße Betrieb der Anlage werden wiederum über § 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie § 5 BWEthylRohrlG genügend gesichert. Der in § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG vorgesehene öffentlich-rechtliche Vertrag ist zwischen der Begünstigten und dem Land Baden-Württemberg geschlossen. Darin hat sich die Enteignungsbegünstigte verpflichtet, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten; die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist sanktionsbewehrt. Darüber hinaus ist ein vereinfachtes Rückübereignungsverfahren vorgesehen und die Enteignungsbegünstigte hat sich der Kontrolle durch das baden-württembergische Wirtschaftsministerium sowie einer sofortigen Vollstreckung unterworfen. Die Erreichung des Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" ist demnach hinreichend gesichert. Deshalb kommt es auf eine ausreichende Sicherung der im Gesetz weiter genannten arbeitsmarkt-, wirtschafts- und strukturpolitischen Interessen nicht mehr entscheidungserheblich an.

48

(5) § 4 BWEthylRohrlG sieht in Verbindung mit § 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG sowie §§ 7 ff. LEntG eine Entschädigung vor. Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz wird damit auch den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG gerecht.

49

3. Die unmittelbar angegriffenen Entscheidungen sehen sich ebenfalls keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt. Der Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Beschwerdeführers (Art. 14 GG) erweist sich als gerechtfertigt.

50

a) Von den vorzeitigen Besitzeinweisungen sind das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück sowie die von ihm gepachteten Grundstücke betroffen. Dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der Pacht um eine von Art. 14 GG geschützte Rechtsposition handelt (hiervon ausgehend wohl BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. September 1997 - 1 BvR 392/89 -, juris, Rn. 13; ebenso: BGHZ 175, 35 <41 ff. Rn. 23 ff.> m.w.N.; BVerwGE 105, 178 <180>) und ob es sich bei den vorzeitigen Besitzeinweisungen um Enteignungen im verfassungsrechtlichen Sinne oder um Inhalts- und Schrankenbestimmungen handelt (wohl von einer Enteignung ausgehend BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 21 ff.). Denn die vorzeitigen Besitzeinweisungen halten den strengen Anforderungen an eine Enteignung zugunsten Privater hinsichtlich aller hier betroffener Grundstücke stand.

51

b) Die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 3 GG sind erfüllt.

52

aa) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen erfolgten aufgrund eines Gesetzes (§ 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG i.V.m. §§ 37 ff. LEntG). Eine Entschädigung wurde zugesprochen, deren Höhe nicht beanstandet wird und hier auch nicht zur Prüfung steht. Das mit dem Vorhaben verfolgte Gemeinwohlziel einer Verbesserung der Transportsicherheit erweist sich auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Überprüfung der vorzeitigen Besitzeinweisungen als tragfähig.

53

bb) Die einfachrechtlichen Voraussetzungen einer vorzeitigen Besitzeinweisung einschließlich des Vorliegens besonders dringender Gründe des Allgemeinwohls können verfassungsrechtlich lediglich einer Vertretbarkeitskontrolle unterzogen werden. Denn die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall ist Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Fehler, die einen Verstoß gegen das Willkürverbot oder eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung und Reichweite eines Grundrechts offenbaren würden, sind nicht erkennbar (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 112, 93 <108>; stRspr). Dass der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der besonderen Dringlichkeit des Allgemeinwohlgrundes von einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Reichweite des Art. 14 GG ausgegangen sein könnte, hat der Beschwerdeführer schon nicht dargelegt.

54

cc) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen genügen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Im Rahmen einer Gesamtabwägung hat der Verwaltungsgerichtshof alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange nachvollziehbar im Ergebnis zugunsten des Vorhabens bewertet (vgl. zum Maßstab BVerfGE 134, 242 <290 ff. Rn. 166 ff.>).

55

(1) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen sind grundsätzlich geeignet, das Gemeinwohlziel in Form einer Verbesserung der Transportsicherheit zu erreichen. Durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen werden Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd ermöglicht. Dass die Pipeline die Transportsicherheit verbessert, ist bereits ausgeführt.

56

(2) Das Vorhaben "Errichtung und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd" ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" vernünftigerweise geboten und somit erforderlich. Denn das Vorhaben kann einen substantiellen Beitrag zur Transportsicherheit erbringen. Die vorzeitigen Besitzeinweisungen waren für das Vorhaben unumgänglich erforderlich. Ohne diese hätte die Ethylen-Pipeline-Süd nicht fertiggestellt werden können. Ein milderes und gleich geeignetes Mittel war nicht verfügbar. Insbesondere hätte ein Ausweichen auf andere Grundstücke ebenfalls einen Eingriff in das Eigentumsrecht anderer Personen mit sich gebracht. Da sich der über die betroffenen Grundstücke führende Trassenverlauf an gewissen Grundsätzen orientiert (z.B. Meidung bebauter Gebiete, Leitungsbündelung), könnte eine Umlegung sogar zu schwerwiegenderen Eingriffen führen (vgl. zur Erforderlichkeit BVerfGE 134, 242 <296 ff. Rn. 182 ff.> m.w.N.). Gegen eine Erforderlichkeit spricht auch nicht der vom Beschwerdeführer behauptete fehlende Bedarf für die Pipeline. Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Enteignungsbegünstigte Stellungnahmen verschiedener Unternehmen vorgelegt, in welchen diese einen Bedarf für Ethylen gerade in Gasform substantiiert darlegen. Hierfür sprechen auch die mit Blick auf die Pipeline bereits getätigten Investitionen. Zwar wird Ethylen in Gasform faktisch selten auf alternativen Transportwegen transportiert; jedoch ist nach der Einschätzung des baden-württembergischen Gesetzgebers vorstellbar, dass ohne die Realisierung der Ethylen-Pipeline-Süd "Ethylenerzeuger oder -verbraucher Ethylen aus wirtschaftlichen Erwägungen über Straße und Schiene transportieren, um bereits getätigte Investitionen wie beispielsweise im Falle Bayerns zu amortisieren" (vgl. LTDrucks 14/5171, S. 13). Angesichts der im Erlasszeitpunkt des Ethylen-Rohrleitungsgesetzes mit Blick auf eine erwartete Inbetriebnahme der Ethylen-Pipeline-Süd getätigten Investitionen sowie des dargelegten grundsätzlichen Ethylen-Bedarfs erscheint diese Einschätzung jedenfalls nicht unvertretbar.

57

(3) Die im Rahmen der Angemessenheitsprüfung durchzuführende Gesamtabwägung fällt zu Lasten des Beschwerdeführers aus (vgl. zur Angemessenheit BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 186 ff.> m.w.N.).

58

Hier ist es allerdings nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die der Ausgangsbehörde und nachvollziehend den Fachgerichten obliegende Aufgabe einer Gesamtabwägung selbst wahrzunehmen und sich an deren Stelle zu setzen. Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind vielmehr allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind. Die Überprüfung des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich daher darauf, ob bei der Tatsachenermittlung verfassungsrechtlich erhebliche Fehler unterlaufen sind oder ob bei der Gesamtabwägung die Bedeutung der betroffenen Grundrechte - insbesondere des Art. 14 Abs. 1 GG - oder sonstiger grundgesetzlicher Wertungen grundsätzlich verkannt wurden (vgl. BVerfGE 134, 242 <353 Rn. 323>).

59

Ausgehend hiervon erweist sich die Gesamtabwägung für das Vorhaben "Ethylen-Pipeline-Süd" in der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof als vereinbar mit Art. 14 Abs. 1 GG. Dieser hat zutreffend erkannt, dass der konkrete Zugriff auf die Grundstücke dem Grunde und Umfang nach zu überprüfen ist und vor allem dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen muss. Die wesentlichen Abwägungskriterien hat der Verwaltungsgerichtshof berücksichtigt. Die von ihm durchgeführte Abwägung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

60

Keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen zunächst, soweit der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Bindungswirkung an die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung angenommen hat. Denn im Rahmen der Gesamtabwägung ist die gesetzgeberische Entscheidung zugunsten der grundsätzlichen Enteignungswürdigkeit des verfolgten gemeinen Wohls zu beachten (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 188>). Die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung und die Entscheidung zugunsten einer Enteignungswürdigkeit sind eng miteinander verknüpft. Bestünde kein Bedarf für die Pipeline, so wäre das Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" nicht enteignungswürdig. Ein Bedarf für die Pipeline ist jedoch nachvollziehbar dargelegt (oben 2 b bb (1)).

61

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung der Angemessenheit der konkreten Maßnahmen gegenüber dem Beschwerdeführer (vorzeitige Besitzeinweisungen) unter Berücksichtigung besonderer individueller Beeinträchtigungen nicht ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt der "Angemessenheit" vorgenommen. Er hat jedoch die allgemeine, auf die im Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz vorgesehene Enteignung (in der Regel die Belastung mit einer Dienstbarkeit) bezogene gesetzgeberische Abwägung im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses überprüft und aus nachvollziehbaren Gründen nicht beanstandet. Der Gesetzgeber hat indessen im Rahmen seiner Abwägung gerade nicht die individuellen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers im Blick gehabt. Jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof neben der Überprüfung der gesetzgeberischen Abwägung eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung aller konkret geltend gemachter Beeinträchtigungen vorgenommen, wenngleich er diese in den Rahmen der Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gestellt hat. Dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe ist damit noch verlässlich zu entnehmen, dass er den konkreten Einzelfall mit allen seinen Umständen im Blick hatte.

62

Der Verwaltungsgerichtshof hat alle in die Gesamtabwägung einzustellenden Belange im Ergebnis hinreichend berücksichtigt. Auf dieser Grundlage ist er zu dem vertretbaren Ergebnis gekommen, dass der Beitrag, den das entzogene Eigentumsrecht zur Verwirklichung des Vorhabens leistet, nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des Eingriffs steht, den der konkrete teilweise Eigentumsentzug für den betroffenen Rechtsinhaber bedeutet (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 Rn. 187>). Er hat berücksichtigt, dass die Dienstbarkeit lediglich eine Einschränkung im tatsächlichen Gebrauch des Grundstücks mit sich bringt, sich die grundsätzliche landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch die Pipeline aber letztlich nicht ändert, und dass durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen im Wesentlichen keine vollendeten, irreparablen Tatsachen geschaffen werden und die Enteignungsbegünstigte für alle bleibenden Nachteile eine angemessene Entschädigung zu leisten hat. Dem Beschwerdeführer werde nicht Haus und Hof genommen und die betroffenen Grundstücke seien bereits mit Leitungsrechten belastet. Dass aus den vorzeitigen Besitzeinweisungen für den Beschwerdeführer schwerwiegende existenzielle Folgen drohten, hat dieser nicht vorgetragen. Von massiveren Beeinträchtigungen kann daher keine Rede sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem berücksichtigt, dass die betroffenen Grundstücke zur Fertigstellung des Vorhabens benötigt werden, das entzogene Eigentumsrecht also einen wesentlichen Beitrag zu dessen Verwirklichung leistet und dieser Aspekt im Verhältnis zu den Beeinträchtigungen nicht außer Verhältnis steht.

63

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter in vertretbarer Weise angenommen, dass die Bedeutung des Vorhabens für das konkret verfolgte Gemeinwohlziel in einem angemessenen Verhältnis zu den durch das Vorhaben beeinträchtigten Belangen steht (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 188 f.>). Im Rahmen dieser Prüfung hat er auch die gesetzgeberische Abwägung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nachvollzogen, welche wiederum entgegenstehende öffentliche Belange (z.B. Naturschutzbelange) berücksichtigt hat (vgl. LTDrucks 14/5171). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Sicherheitsbedenken als nicht tragfähig bewertet.

64

Zudem könnten die vorzeitigen Besitzeinweisungen mit allenfalls geringen bleibenden Beeinträchtigungen rückgängig gemacht werden. Die Pipeline selbst könnte zurückgebaut werden oder gegebenenfalls sogar nach einer Außerbetriebnahme ohne erhebliche Nachteile im Boden verbleiben. Wohnbebauung ist im Falle des Beschwerdeführers nicht betroffen. Daraus ergibt sich, dass die vorzeitigen Besitzeinweisungen nicht offensichtlich mit so erheblichen Nachteilen für andere gewichtige Gemeinwohlbelange oder private Rechte verbunden sind, dass diese in keinem vernünftigen Verhältnis zum Gewicht des durch das Vorhaben "Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd" verfolgten Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" stehen. Zu diesem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis ist letztlich auch der Verwaltungsgerichtshof gelangt, wenngleich er zur Begründung auf das Gewicht aller im Gesetz genannten Gemeinwohlziele "in einer Gesamtschau" abgestellt haben dürfte.

65

dd) Durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wird dem Beschwerdeführer auch effektiver Rechtsschutz zuteil. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes stellt ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Gerade bei Enteignungen kann im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes daher die notwendige Prüfungsintensität über diejenige einer nur summarischen Prüfung hinausgehen. Ob eine abschließende Prüfung notwendig ist, ist von der Intensität des Grundrechtseingriffs abhängig (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 20 f. m.w.N.). Dies zugrunde gelegt, bestehen hinsichtlich der Prüfintensität des Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Im vorliegenden Fall entstehen durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen keine schwerwiegenden irreparablen Schäden, weshalb eine abschließende Prüfung nicht notwendig war. Selbst wenn man eine weitergehende Prüfung für erforderlich erachten wollte, wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs dem gerecht. Dieser weist an verschiedenen Stellen zwar auf eine lediglich summarische Prüfung hin. Nimmt man indessen die gesamte Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs in den Blick, so ergibt sich, dass er die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der beanstandeten Maßnahmen ausführlich geprüft und sich nicht lediglich auf eine Folgenabwägung beschränkt hat.

66

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren wegen der sofortigen Vollziehbarkeit enteignungsrechtlicher vorzeitiger Besitzeinweisungen in ein im Eigentum des Beschwerdeführers stehendes, landwirtschaftlich genutztes Grundstück sowie zwei von ihm zur landwirtschaftlichen Nutzung gepachtete Flächen. Die vorzeitigen Besitzeinweisungen erfolgten, um den Bau der Ethylen-Pipeline-Süd zu ermöglichen.

2

1. Zur Errichtung und zum Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd haben sich sieben Unternehmen der Chemieindustrie zusammengeschlossen (im Folgenden: Enteignungsbegünstigte). Ziel der mittlerweile gebauten und in Betrieb genommenen Pipeline ist es, die erforderliche Infrastruktur für den sicheren und wirtschaftlichen Transport von gasförmigem, aber für den Pipelinetransport druckverflüssigtem Ethylen zwischen wichtigen süddeutschen Chemiestandorten zu schaffen und diese an den bestehenden nordwesteuropäischen Rohrleitungsverbund anzubinden. Die Ethylen-Pipeline-Süd soll nach Vorstellung der Europäischen Kommission eine zentrale Rolle für ein europaweites Ethylenpipeline-Netz spielen (vgl. Entscheidung der Kommission vom 12. Oktober 2006 über die staatliche Beihilfe C 11/2005 , die Deutschland für den Bau einer Ethylenpipeline in Bayern gewähren will, Amtsblatt der Europäischen Union L 143 vom 6. Juni 2007, S. 24). Die Rohrfernleitung mit einem Durchmesser von 25 cm und einer Verlegungstiefe zwischen 1 m und 1,2 m führt über eine Länge von circa 370 km von Münchsmünster in Bayern durch Baden-Württemberg nach Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz.

3

2. Das Gas Ethylen wird gewöhnlich in petrochemischen Anlagen (Steamcrackern) aus Erdöl gewonnen und für die Herstellung einer Vielzahl von Kunststoffen benötigt. Das Gas ist narkotisierend, erstickend, hochentzündlich, bildet mit Luft explosionsfähige Gemische und wird der höchsten Gefahrenklasse zugeordnet. Bevorzugter und sicherster Transportweg für das Gas sind daher Pipelines.

4

3. Mit Planfeststellungsbeschluss ließ das für die Grundstücke des Beschwerdeführers zuständige Regierungspräsidium im Jahr 2008 die Errichtung und den Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd zu. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Er ist gegenüber dem Beschwerdeführer bestandskräftig.

5

4. Der Enteignungsbegünstigten gelang der Erwerb der erforderlichen Rechte an den vom Trassenverlauf betroffenen Grundstücken auf freiwilliger Basis zwar zu einem Großteil, jedoch nicht vollständig. Im Jahr 2009 schuf der Landtag von Baden-Württemberg eine enteignungsrechtliche Grundlage und beschloss das Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb einer Ethylen-Rohrleitungsanlage in Baden-Württemberg (BWEthylRohrlG). Das Gesetz trat am 8. Dezember 2009 in Kraft. Die Enteignungsvoraussetzungen sind in §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG festgelegt. Diese lauten:

§ 1 (Enteignungszweck)

(1) Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen dienen dem Wohl der Allgemeinheit nach Artikel 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Dies gilt auch unter der Voraussetzung, dass die Anlage neben den in Absatz 2 genannten Zwecken auch privatwirtschaftlichen Interessen dient und neben deutschen auch ausländischen Nutzern zur Verfügung stehen kann.

(2) Insbesondere dient die Verwirklichung des in Absatz 1 bezeichneten Vorhabens

1. dem Ausbau und der Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandortes Baden-Württemberg,

2. der Stärkung des Chemieclusters Karlsruhe - Mannheim - Ludwigshafen,

3. dem Anschluss der baden-württembergischen Chemie- und Petrochemiestandorte an den nordwesteuropäischen Ethylen-Verbund,

4. der Stärkung der wirtschaftlichen Infrastruktur zur Verbesserung der Ansiedelungsmöglichkeiten für Unternehmen,

5. der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Petrochemie,

6. der Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit und

7. der Erhöhung der Versorgungssicherheit.

§ 2 (Enteignung)

(1) Zur Errichtung und zum Betrieb der in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Rohrleitungsanlage kann enteignet werden. Ein Grundstück darf nur in dem Umfang enteignet werden, in dem dies zur Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich ist. Reicht eine Belastung des Grundstücks mit einem Recht, insbesondere einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, zur Verwirklichung des Enteignungszwecks aus, so ist die Enteignung hierauf zu beschränken.

(2) Bestandteile der Rohrleitungsanlage sind insbesondere ihre sämtlichen Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen, die notwendigen Zufahrten zu diesen Einrichtungen sowie der sechs Meter breite Schutzstreifen. Die der Errichtung dienenden Arbeitsstreifen und Hilfsflächen sind den Bestandteilen der Rohrleitungsanlage im Sinne des Satzes 1 für die Dauer der Errichtung gleichgestellt.

§ 3 (Enteignungsvoraussetzungen)

Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, soweit sie zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Die Enteignung setzt ferner voraus, dass das die Anlage errichtende und betreibende Unternehmen

1. sich nachweislich ernsthaft bemüht hat, das Grundstück oder das in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben,

2. glaubhaft macht, dass das Grundstück oder das Recht daran innerhalb einer angemessenen Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet oder ausgeübt wird, und

3. sich in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg verpflichtet, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten; die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist durch Sanktionsmöglichkeiten zu sichern.

6

Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Entschädigung vor (§ 4 BWEthylRohrlG), enthält Vorgaben für eine Rückenteignung (§ 5 BWEthylRohrlG), verweist auf das Landesenteignungsgesetz des Landes Baden-Württemberg (LEntG) für das weitere Verfahren (§ 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG) und nimmt der Anfechtungsklage gegen vorzeitige Besitzeinweisungen die aufschiebende Wirkung (§ 6 Abs. 2 BWEthylRohrlG).

7

Durch den Verweis auf das Landesenteignungsgesetz ist über § 37 LEntG eine vorzeitige Besitzeinweisung in Grundstücke möglich, die von Enteignungsmaßnahmen betroffen sind. § 37 LEntG lautet:

§ 37 (Anordnung der vorzeitigen Besitzeinweisung)

(1) Die Enteignungsbehörde kann den Träger des Vorhabens, der einen Enteignungsantrag gestellt hat, auf seinen Antrag vorzeitig in den Besitz des Grundstücks einweisen, soweit die sofortige Ausführung des Vorhabens aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten ist. Ist für das Vorhaben ein Planfeststellungsbeschluss oder eine sonstige behördliche Entscheidung erforderlich, so ist die Besitzeinweisung nur zulässig, wenn der Planfeststellungsbeschluss oder die sonstige behördliche Entscheidung unanfechtbar oder sofort vollziehbar ist.

(2) Die Besitzeinweisung ergeht auf Grund einer mündlichen Verhandlung. Hierzu sind der Antragsteller, der Eigentümer und der unmittelbare Besitzer zu laden. Die Ladungsfrist beträgt zwei Wochen. In der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass auch bei Nichterscheinen über den Antrag entschieden werden kann. Die Entscheidung ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem unmittelbaren Besitzer zuzustellen. Im Übrigen sind §§ 17, 18, 20, § 21 Abs. 1 und 3, § 22 Abs. 2 Satz 3, §§ 23, 25, § 27 Abs. 1 und § 28 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(3) Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist dieser Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses an ihn festzusetzen, wenn das nach Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Der unmittelbare Besitzer ist über das Antragsrecht zu belehren.

(4) Die Enteignungsbehörde kann den Besitzeinweisungsbeschluss befristen, mit Bedingungen und Auflagen versehen und von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der zu erwartenden Enteignungsentschädigung abhängig machen.

(5) Die Enteignungsbehörde hat auf Antrag des Antragstellers, des Eigentümers oder des unmittelbaren Besitzers den Zustand des Grundstücks vor der Besitzeinweisung in einer Niederschrift festzustellen, soweit er für die Besitzeinweisungs- oder Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist. Auf das Antragsrecht ist in der Ladung hinzuweisen. Den in Satz 1 bezeichneten Personen ist eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden.

8

5. Im Januar 2010 schlossen das Land Baden-Württemberg und die Enteignungsbegünstigte den in § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Darin verpflichtet sich die Enteignungsbegünstigte, die Pipeline nach Maßgabe der erlassenen Planfeststellungsbeschlüsse zu errichten, sie entsprechend den in § 1 BWEthylRohrlG festgelegten Gemeinwohlzwecken zu betreiben und in betriebssicherem Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Pipeline zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (§ 1 Abs. 1 bis 3 des Vertrages). In § 1 Abs. 4 des Vertrages verpflichtet sie sich zur Vermeidung eines förmlichen Rückübereignungsverfahrens (vgl. § 5 BWEthylRohrlG) zur Rückübertragung der enteigneten Grundstücke für den Fall, dass die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG festgelegten Enteignungszwecke nicht mehr erreicht werden können. § 2 des Vertrages stellt das Vorhaben unter die Aufsicht des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums. § 3 des Vertrages sieht für Pflichtverstöße eine Vertragsstrafe von bis zu 5.000.000 € vor. Die Enteignungsbegünstigte hat sich der sofortigen Vollstreckung unterworfen (§ 4 des Vertrages).

9

6. Nach erfolglosen Erwerbsversuchen beantragte die Enteignungsbegünstigte Ende des Jahres 2009 beim zuständigen Regierungspräsidium die (Teil-) Enteignung der Pachtgrundstücke des Beschwerdeführers und des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks. Zudem beantragte sie die vorzeitige Besitzeinweisung in die Grundstücke.

10

7. Mit Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschluss gab das Regierungspräsidium dem Antrag für das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück (unten a) und mit gesondertem Besitzeinweisungsbeschluss dem Antrag für die gepachteten Grundstücke (unten b) statt.

11

a) Die beantragte (Teil-)Enteignung wurde in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit wie folgt verfügt:

"In das […] vorgenannte Grundbuch ist im Rang vor den Grundpfandrechten eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt einzutragen: 'Die Antragstellerin erhält die Befugnis, in dem mit einem Abstand von 3 m beiderseits zur Leitungsachse verlaufenden Schutzstreifen […] eine ausschließlich für den Transport von Ethylen bestimmte Leitung mit der Dimension DN 250 (250 mm Durchmesser) nebst Steuerkabel, Kathodenschutzkabel und sonstigen Zubehörteilen (Schilderpfähle, Messpfähle, Lüftungsrohre, Messkontakte) zu verlegen, dort zu belassen und zu betreiben, im Bedarfsfalle auszubessern, unwesentlich zu ändern (vorbehaltlich einer evtl. erforderlichen Genehmigung der Planfeststellungsbehörde) und auszuwechseln sowie das Grundstück für diese Zwecke zu betreten und zu nutzen.

Die Antragstellerin darf sich hierzu auch Dritter bedienen, auf die sich das Betretungs- und Benutzungsrecht erstreckt. Die Beteiligten sind verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand und den Betrieb der Leitung und des Zubehörs gefährden können und dürfen derartige Maßnahmen durch Dritte auch nicht gestatten. Der Schutzstreifen darf nicht überbaut werden und ist von Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern freizuhalten; er kann jedoch weiter landwirtschaftlich genutzt werden.'"

12

Die daneben angeordnete vorzeitige Besitzeinweisung hat folgenden Inhalt:

"Die Antragstellerin wird in den Besitz einer Teilfläche von 2357 m² aus dem in Ziffer 1. genannten Grundstück […] eingewiesen. Diese Besitzeinweisung wird zwei Wochen nach Zustellung wirksam und gibt der Antragstellerin das Recht, das Grundstück innerhalb des im angeschlossenen Lageplanauszug eingezeichneten Arbeitsstreifens für die Zeit der Verlegung der Ethylenleitung und anschließend im Rahmen des in Ziffer 1. und 2. beschriebenen Umfangs für den Betrieb der Leitung zu nutzen. Im Übrigen ist der Besitz unverzüglich, ordnungsgemäß und protokolliert zurückzugeben."

13

Dem Beschwerdeführer wurde für die Belastung des Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit sowie für die durch die Baumaßnahmen entstehenden Schäden und Folgeschäden eine Entschädigung zugesprochen.

14

b) Mit im Wesentlichen gleichem Inhalt verfügte das Regierungspräsidium jeweils die vorzeitige Besitzeinweisung für einen entsprechenden Arbeits- und Schutzstreifen zum Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd hinsichtlich der gepachteten Grundstücke und sprach auch insoweit eine Entschädigung für die vorzeitigen Besitzeinweisungen zu.

15

8. Das Verwaltungsgericht ordnete auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung der gegen die vorzeitigen Besitzeinweisungen erhobenen Klage an. Die sofortige Ausführung des Vorhabens sei nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten.

16

9. Auf die hiergegen gerichteten Beschwerden des Landes Baden-Württemberg sowie der Enteignungsbegünstigten änderte der Verwaltungsgerichtshof den Beschluss des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Die Beschlüsse des Regierungspräsidiums seien mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.

17

Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sei verfassungsgemäß und erfülle die Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG. Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen stellten einen hinreichend konkreten und bestimmten Enteignungstatbestand dar. Zudem fordere das Wohl der Allgemeinheit die Enteignungen, und der Enteignungszweck könne auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden. Die prognostische Einschätzung des Gesetzgebers bei der Festlegung der konkreten Allgemeinwohlbelange sei von dem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt.

18

Die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG genannten Enteignungszwecke begründeten jedenfalls bei einer Gesamtschau ein besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse, welches eine Enteignung zugunsten Privater grundsätzlich rechtfertige. Der Gesetzgeber gehe von einer erhöhten Attraktivität für die Neuansiedlung von Unternehmen entlang der Pipeline sowie einem erhöhten Investitionsanreiz aus, wodurch Arbeitsplätze geschaffen würden. Die Ethylen-Pipeline-Süd spiele eine zentrale Rolle für das europaweite Ethylenpipelinenetz und verbessere die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Gleichzeitig werde im Vergleich zum Straßen- oder Schifftransport die Transportsicherheit erhöht und die Umweltbelastung verringert.

19

Das Ausmaß des Eingriffs in das Eigentum Privater erscheine demgegenüber eher gering, da die beschränkt persönliche Dienstbarkeit die Eigentümer beziehungsweise Pächter soweit wie möglich schone. Die landwirtschaftliche Nutzung sei im Regelfall nach Verlegung der Pipeline weiter möglich. Daher überwiege das öffentliche Interesse am Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd im Regelfall.

20

Durch § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG und den geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag würden die Enteignungsziele ausreichend gesichert. Die Enteignungsvoraussetzungen des § 3 BWEthylRohrlG lägen vor.

21

Auch die Voraussetzungen für eine vorzeitige Besitzeinweisung seien gegeben (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 LEntG). Die sofortige Ausführung des Vorhabens sei aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Ausführung des Vorhabens sei schon aufgrund des Baufortschritts anzunehmen. Lediglich einzelne Flächen müssten zur Fertigstellung enteignet werden. Bei einer weiteren Verzögerung bestehe die begründete Besorgnis einer Gefährdung der vom Gesetzgeber verfolgten mittelbaren Gemeinwohlzwecke. Der Planfeststellungsbeschluss sei gegenüber dem Beschwerdeführer bestandskräftig und damit vollziehbar.

22

Das Allgemeinwohlinteresse an der sofortigen Vollziehbarkeit der sofortigen Besitzeinweisungen zur Fertigstellung der Ethylen-Pipeline-Süd überwiege das private Interesse des Beschwerdeführers, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren von den Folgen des Vollzugs der Besitzeinweisungsbeschlüsse verschont zu bleiben. Die landwirtschaftliche Nutzung könne nach Durchführung der Baumaßnahme nahezu uneingeschränkt fortgeführt werden. Das Eigentum sei nur mit einem Durchleitungsrecht belastet. Deshalb sei der Kernbereich der Eigentumsgarantie nicht betroffen. Zudem habe der Beschwerdeführer Entschädigungsansprüche. Die vorläufige Besitzeinweisung könne erforderlichenfalls rückgängig gemacht und die Rohrleitung zurückgebaut werden.

II.

23

Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen die Entscheidungen des Regierungspräsidiums sowie gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs und mittelbar gegen die §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG. Er rügt eine Verletzung seines Grundrechts auf Eigentum (Art. 14 GG).

24

Der Verwaltungsgerichtshof gehe von einer grundlegend unrichtigen Auffassung von Bedeutung und Trageweite des Art. 14 GG aus. Der Eingriff in sein Eigentumsgrundrecht sei nicht gerechtfertigt, denn das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sei verfassungswidrig (unten 1). Es fehle an dem Erfordernis einer vorzeitigen Besitzeinweisung aus dringenden Gründen des Allgemeinwohls (unten 2). Er sei durch die Dienstbarkeit und die sofortigen Besitzeinweisungen auch tatsächlich beeinträchtigt (unten 3).

25

1. Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz werde den aus Art. 14 Abs. 3 GG folgenden Anforderungen an eine Enteignung zugunsten Privater nicht gerecht. Die Ethylenpipeline und die in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG genannten Zwecke dienten nicht dem Wohl der Allgemeinheit im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG. Die vom Gesetzgeber herangezogenen Gründe seien nicht hinreichend bestimmt und zum Teil nicht zutreffend oder nicht ausreichend belegt. Der prognostizierte Ausbau und die Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandorts Baden-Württemberg sowie die prognostizierte Ansiedlung weiterer Unternehmen seien fragwürdig und von allgemeinwirtschaftlichen Bedingungen abhängig. Anschlusswillige Unternehmen entlang der Pipeline in Baden-Württemberg gebe es nicht. Denn Ethylen werde hauptsächlich als Zwischenprodukt in Form von Granulat benötigt, welches unproblematisch per Lastkraftwagen transportiert werden könne. Für die Versorgung mit Ethylen durch eine Rohrleitung bestehe mithin kein Bedarf. Deshalb sei auch keine Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit sowie keine Erhöhung der Versorgungssicherheit zu erwarten. Der angeführte Effekt der Pipeline werde zudem ausweislich der Gesetzesbegründung gerade nicht in Baden-Württemberg eintreten, auf dessen Gemeinwohlbelange es aber bei einem Landesgesetz allein ankomme. Letztlich seien lediglich erwünschte und erhoffte langfristige Auswirkungen für die genannten Gemeinwohlbelange Grundlage des Gesetzes geworden. Darüber hinaus sicherten § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG sowie der abgeschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag die verfolgten arbeitsmarkt-, wirtschafts-, struktur- und umweltpolitischen Interessen nicht hinreichend.

26

2. Für eine vorzeitige Besitzeinweisung hätten keine tragfähigen Gründe vorgelegen. Im Falle des Unterbleibens der sofortigen Besitzeinweisung sei mit keinen schwerwiegenden Nachteilen für das öffentliche Wohl zu rechnen gewesen. Die prognostizierten positiven Effekte beschränkten sich auf lediglich ein baden-württembergisches Unternehmen. Positive Auswirkungen auf die bayerische Industrie als Grundlage schieden für ein baden-württembergisches Landesgesetz aus. Auf den zum Zeitpunkt der Besitzeinweisungen bereits weit fortgeschrittenen einvernehmlichen Erwerb der erforderlichen Rechte könne nicht abgestellt werden, da es sonst die Beteiligten in der Hand hätten, durch Schaffung vollendeter Tatsachen ein dringendes Gebotensein der Maßnahme aus Allgemeinwohlgründen herbeizuführen. Die bis dahin bereits getätigten Investitionen seien auf eigenes Risiko der Enteignungsbegünstigten erfolgt.

27

3. Durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen komme es zu relevanten und nicht reversiblen Beeinträchtigungen. Der Bau der Pipeline verschlechtere die Bodenqualität (Verschlechterung des Mutterbodens, Bodenverdichtung). Deshalb sei jedenfalls im Bereich des Arbeitsstreifens mit einem geringeren Ernteertrag zu rechnen. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit schränke die landwirtschaftliche wie die anderweitige Nutzung der betroffenen Grundstücke ein.

III.

28

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Enteignungsbegünstigte und Beigeladene des Ausgangsverfahrens, die Landesregierung von Baden-Württemberg, die Bayerische Staatsregierung, das Bundesverwaltungsgericht, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Verband der Chemischen Industrie, der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Deutsche Anwaltverein Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

IV.

29

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil keiner der Annahmegründe des § 93a Abs. 2 BVerfGG vorliegt. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. insbesondere BVerfGE 74, 264; 134, 242) wirft die Verfassungsbeschwerde keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf, die sich nicht nach den Maßstäben der vorliegenden Entscheidungen beantworten ließen. Danach erscheint bereits die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde fraglich; sie erweist sich jedenfalls in der Sache als unbegründet. Deshalb ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde auch nicht zur Durchsetzung der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt.

30

1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ergangenen Entscheidungen über die sofortige Vollziehbarkeit der vorzeitigen Besitzeinweisungen. Im Blick darauf erscheint bereits die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Subsidiaritätsgrundsatzes sowie - jedenfalls in Teilen - hinsichtlich der Erschöpfung des Rechtswegs fraglich. Es liegt nicht fern, dass es darüber hinaus der Verfassungsbeschwerde insoweit auch an einer hinreichenden Begründung und Auseinandersetzung mit diesen Fragen ermangelt. Im Ergebnis kann dies indessen dahingestellt bleiben. Denn eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts des Beschwerdeführers lässt sich nicht feststellen.

31

2. Die den angegriffenen Entscheidungen mittelbar mit zugrunde liegenden Vorschriften der §§ 1 bis 3 des Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetzes begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

32

a) Bei der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG eröffneten Möglichkeit zur Enteignung durch vollständigen Eigentumsentzug handelt es sich um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG. Gleiches gilt für die nach dem Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz regelmäßig in Betracht kommende Belastung eines Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 BWEthylRohrlG); diese erweist sich im Umfang der Dienstbarkeit als teilweise Entziehung von Eigentümerbefugnissen und greift damit in das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum am Grundstück ein (vgl. BVerfGE 45, 297 <339>; 56, 249 <260>).

33

b) Die in Rede stehenden gesetzlichen Regelungen genügen, auch unter Berücksichtigung der strengeren Anforderungen an Enteignungen zugunsten Privater, den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

34

aa) Die Enteignung ist regelmäßig ein schwerer Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Eigentum und an Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zu messen. Dieser lässt die Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zu. Sie darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG). Die Bestimmung des eine Enteignung rechtfertigenden Gemeinwohlziels und des Vorhabens, das generell zu seiner Verwirklichung in Frage kommt, sowie der wesentlichen Voraussetzungen für eine Enteignung sind dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten. Sofern eine Enteignung zugunsten Privater vorgesehen ist, sind weitere Anforderungen an das Gesetz zu stellen (vgl. BVerfGE 134, 242 <290 f. Rn. 166 ff.>).

35

(1) Bei der Auswahl der Gemeinwohlziele steht dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zu, der nur eingeschränkt verfassungsrechtlich überprüfbar ist. Art. 14 Abs. 3 GG enthält lediglich in begrenztem Umfang einen Maßstab für die Bestimmung des gemeinen Wohls. Dem Grundgesetz lässt sich keine umfassende, allgemeine Bestimmung der eine Enteignung tragenden Gemeinwohlziele entnehmen. Von Verfassungs wegen von vornherein ausgeschlossen sind lediglich Enteignungszwecke, die ausschließlich im Interesse Privater liegen, die rein fiskalischen Interessen dienen oder die vom Grundgesetz missbilligte Ziele verfolgen (vgl. BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 169 ff.> m.w.N.). Darüber hinaus ist die gesetzgeberische Entscheidung nur dahingehend überprüfbar, ob sie offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen ist, wie sie insbesondere in den Grundrechten oder den Staatszielbestimmungen zum Ausdruck kommen (vgl. BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 172, 339 Rn. 289>). Das Gemeinwohlziel muss grundsätzlich geeignet sein, die für die Erreichung des Ziels typischerweise in Betracht kommenden Enteignungen zu rechtfertigen. Je nach geregeltem Lebenssachverhalt können infolgedessen die Anforderungen an seine Bedeutung variieren. Weder wiegt jede Enteignung gleich schwer, noch vermag jedes legitime Gemeinwohlziel Enteignungen jeglicher Schwere zu rechtfertigen. Auch bei dieser Gewichtung steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu, der einer verfassungsrechtlichen Vertretbarkeitskontrolle unterliegt (vgl. BVerfGE 134, 242 <293 Rn. 173>).

36

Das zur Enteignung ermächtigende Gesetz muss außerdem hinreichend bestimmt regeln, zu welchem Zweck, unter welchen Voraussetzungen und für welche Vorhaben enteignet werden darf. Wird das Vorhaben der Art nach hinreichend bestimmt benannt und ergibt sich daraus zugleich eindeutig der vom Gesetzgeber angestrebte Gemeinwohlzweck, ist die ausdrückliche Benennung des Gemeinwohls im Gesetz entbehrlich. Den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG genügt hingegen eine Regelung nicht, die die Entscheidung, für welche Vorhaben und zu welchen Zwecken enteignet werden darf, faktisch in die Hand der Verwaltung legt (vgl. BVerfGE 134, 242 <293 f. Rn. 174 ff.> m.w.N.).

37

(2) Auch Enteignungen zugunsten Privater sind grundsätzlich zulässig. Jedoch ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob hinter dem verfolgten Gemeinwohlziel ein auch unter Berücksichtigung der Privatnützigkeit der Enteignung hinreichend schwerwiegendes, spezifisch öffentliches Interesse steht. Zudem sind zusätzliche Anforderungen an das Enteignungsgesetz zu stellen (vgl. BVerfGE 134, 242 <294 f. Rn. 177 ff.> m.w.N.). Dient die Enteignung nur mittelbar dem gemeinen Wohl, muss das Gesetz unzweideutig regeln, ob und für welche Vorhaben, unter welchen Voraussetzungen und für welche Zwecke eine Enteignung statthaft ist. Der mittelbar verfolgte Enteignungszweck muss gesetzlich so genau beschrieben werden, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung nicht in die Hand der Verwaltung gegeben wird. Des Weiteren muss der im Allgemeininteresse liegende Zweck der Maßnahme dauerhaft gesichert werden. Es bedarf umso genauerer und detaillierterer gesetzlicher Vorgaben zur Sicherung der dauerhaften Gemeinwohlnutzung, je weniger schon der Geschäftsgegenstand des privaten Enteignungsbegünstigten darauf ausgerichtet ist, dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen (vgl. BVerfGE 74, 264 <285 f.>; 134, 242 <295 f. Rn. 180 f.> m.w.N.). Kann sich der Nutzen für das allgemeine Wohl nicht aus dem Unternehmensgegenstand selbst, sondern nur als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit ergeben, bedarf es einer effektiven rechtlichen Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel, damit dieses dauerhaft garantiert ist. Regelungen, welche lediglich die bloße Realisierung des Vorhabens sichern, sind nicht ausreichend. Außerdem kann kein "Vertrauensvorschuss" dahingehend gewährt werden, dass allein die Wirtschaftskraft eines von der Enteignung begünstigten Unternehmens Gewähr dafür bietet, dass die Gemeinwohlziele durch die plankonforme Ausführung des Vorhabens und seinen dauerhaften Betrieb tatsächlich erreicht werden (vgl. BVerfGE 74, 264 <286, 295 f.>).

38

bb) Diesen Maßstäben werden die §§ 1 bis 3 BWEthylRohrlG gerecht. Der Gesetzgeber hat jedenfalls mit der Verbesserung der Transportsicherheit ein ausreichend gewichtiges und die Enteignung tragendes Gemeinwohlziel normiert (unten (1)). Hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit des Gemeinwohlziels und des Vorhabens bestehen keine Bedenken (unten (2)). Ebenso hat der Gesetzgeber die weiteren Enteignungsvoraussetzungen hinreichend festgelegt (unten (3)). Die dauerhafte Erreichung des Gemeinwohlziels ist genügend gesichert (unten (4)). Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sieht außerdem eine Entschädigung vor (unten (5)).

39

(1) Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs. 2 Nr. 6 BWEthylRohrlG jedenfalls mit der Verbesserung der Transportsicherheit ein hinreichend tragfähiges Gemeinwohlziel bestimmt. Unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsspielraums bei der Bestimmung möglicher Gemeinwohlziele steht der Auswahl dieses Gemeinwohlziels nichts entgegen. Grundsätzlich ist es dem Gesetzgeber überlassen, durch die Unterstützung bestimmter Vorhaben die Transportsicherheit und somit die Sicherheit aller potentiell betroffenen Menschen sowie der Rechtsgüter der Allgemeinheit für alle Transportwege wie etwa auch Straße, Schiene oder Wasserstraße zu fördern. Dieses Ziel ist insbesondere nicht von vornherein ausgeschlossen, weil es etwa ausschließlich im Interesse Privater läge; es ist auch nicht offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen.

40

Das Gemeinwohlziel der Transportsicherheit ist - unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen für Enteignungen zugunsten Privater - auch hier ausreichend gewichtig und somit grundsätzlich geeignet, die typischerweise in Betracht kommenden Enteignungen zu rechtfertigen. Das Gas Ethylen ist narkotisierend, erstickend, hochentzündlich, bildet mit Luft explosionsfähige Gemische und wird der höchsten Gefahrenklasse zugeordnet. Der Pipelinetransport stellt sich gegenüber dem Transport auf dem Seeweg, auf der Schiene oder Straße als sicherer dar. Witterungseinflüsse, Gefährdungen durch andere Verkehrsteilnehmer und sonstiges menschliches Fehlverhalten haben als potentielle Gefahrenquellen beim Rohrleitungstransport einen geringeren Einfluss. Das Unfallrisiko stellt sich im Hinblick auf potentielle Unfallfolgen für Betroffene sowie die aus einem Unfall gegebenenfalls resultierenden schädlichen Umweltauswirkungen auch als Risiko der Allgemeinheit im Land Baden-Württemberg dar.

41

Verstärkt wird das Gewicht der Allgemeinwohl-Dienlichkeit durch das im Gesetz vorgesehene sogenannte Common-Carrier-Prinzip. Danach ist allen Unternehmen der diskriminierungsfreie Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten (§ 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG). Durch den freien Zugang für alle anschlusswilligen Unternehmen ist auch für diese ein Ausweichen auf alternative Transportwege nicht notwendig. Insofern ist die Pipeline vergleichbar mit einem öffentlichen Weg, mit dem Unterschied, dass die Pipeline nicht von der öffentlichen Hand, sondern von einer privaten Gesellschaft gebaut wurde und der Zugang nicht allgemein jedem Bürger offen steht (ähnlich LTDrucks 14/5401, S. 4).

42

Das beschriebene Gemeinwohlziel ist gewichtig genug, um die in Rede stehende Enteignung zu rechtfertigen. Gegenüber dem Anliegen des sicheren Transports von Ethylen fällt die aufgrund des hier geregelten Lebenssachverhalts (Verlegung und Betrieb einer unterirdischen Rohrleitung) typischerweise in Betracht kommende Enteignung weniger schwer ins Gewicht. Denn für die Verwirklichung der durch das Erdreich verlaufenden Pipeline sowie die Erreichung des Gemeinwohlziels wird regelmäßig die Belastung des betroffenen Grundeigentums mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in Form eines Leitungsrechts ausreichen. Durch eine solche Dienstbarkeit wird die Nutzungsmöglichkeit betroffener Grundstücke - wie im vorliegenden Fall die landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch die Verpflichtung zur Freihaltung von Überbauungen sowie Bäumen und tief wurzelnden Sträuchern - regelmäßig nur in sehr begrenztem Maße dauerhaft beeinträchtigt. Anders als beispielsweise im Braunkohletagebau dürfte Wohnbebauung regelmäßig nicht betroffen sein, da jedenfalls der hier relevante Planfeststellungsbeschluss dem Grundsatz der Meidung bebauter Gebiete folgt. Stellt man dieses relativ geringe Eingriffsgewicht den Gefahren beim Ethylen-Transport auf alternativen Transportwegen gegenüber, so stellt sich das Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" unter Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen für Enteignungen zugunsten Privater als ausreichend gewichtig dar. Die dem zugrunde liegende Einschätzung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

43

(2) Das Gemeinwohlziel der "Verbesserung der Transportsicherheit" sowie das Vorhaben an sich sind - auch im Hinblick auf die strengeren Voraussetzungen für Enteignungen zugunsten Privater - hinreichend bestimmt durch den Gesetzgeber geregelt.

44

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 BWEthylRohrlG sind Enteignungen zur Errichtung und zum Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen zulässig. Dieses Vorhaben ist grundsätzlich geeignet, dem Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" zu dienen, da Ethylentransporte auf anderen risikoreicheren Wegen vermieden werden. Damit wird ein ganz bestimmtes Vorhaben benannt, zu dessen Zwecken enteignet werden kann. Außerdem wird das Gemeinwohl in Form der "Verbesserung der Transportsicherheit" ausreichend bestimmt benannt. Aus dem Gesetz ergibt sich damit unzweideutig, für welches Vorhaben und zu welchem Enteignungszweck eine Enteignung erfolgen darf. Selbst wenn aufgrund der Verwendung des Wortes "insbesondere" bei der Benennung der Vorhabenziele in § 1 Abs. 2 BWEthylRohrlG von einer lediglich beispielhaften Aufzählung der Allgemeinwohlgründe ausgegangen würde, bestehen keine Bedenken hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit; denn eine Enteignung ist lediglich zur Errichtung und zum Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd möglich. Dass dieses konkrete Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit dient, hat damit gerade der Gesetzgeber entschieden (zu anders gelagerten Enteignungen nach dem Bergrecht mit weiterreichenden Auswirkungen vgl. BVerfGE 134, 242 <302 Rn. 198 f.>).

45

Indem damit ein tragfähiges sowie hinreichend konkretes Gemeinwohlziel im Sinne einer Verbesserung der Transportsicherheit normiert ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die weiteren genannten Gemeinwohlziele ebenfalls den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen.

46

(3) Auch die weiteren Enteignungsvoraussetzungen sind im Gesetz ausreichend bestimmt geregelt. § 2 Abs. 2 BWEthylRohrlG verhält sich zum Umfang der Enteignung, indem er die Bestandteile der Rohrleitungsanlage festlegt. § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BWEthylRohrlG enthält Vorgaben zur Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen; regelmäßig dürfte dafür eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit ausreichen. § 3 Satz 1 BWEthylRohrlG verlangt darüber hinaus, dass die Enteignung im einzelnen Fall zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Das begünstigte Unternehmen muss sich nachweislich und ernsthaft bemüht haben, das Grundstück oder das in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BWEthylRohrlG bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben (§ 3 Satz 2 Nr. 1 BWEthylRohrlG).

47

(4) Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz sieht überdies eine ausreichende dauerhafte Sicherung des im Allgemeininteresse liegenden Zwecks der Maßnahme vor. Vorliegend bedarf es einer effektiven rechtlichen Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel (vgl. BVerfGE 74, 264 <286>), da der Geschäftsgegenstand der Enteignungsbegünstigten als Trägerin des Vorhabens nicht dem Bereich der klassischen Daseinsvorsorge zuzuordnen ist. Die Rohrleitung dient jedoch dem ihr vom Gesetzgeber unter anderem zugeschriebenen Zweck der Transportsicherheit und mithin dem Gemeinwohl. Da dieses Ziel über die Begünstigung eines Privaten erreicht werden soll, sind erhöhte Anforderungen an die Sicherung der Erreichung des Gemeinwohlziels zu stellen. Die Sicherung des Zwecks "Verbesserung der Transportsicherheit" wird bereits durch die Errichtung und den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage erreicht. Die Errichtung und der ordnungsgemäße Betrieb der Anlage werden wiederum über § 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie § 5 BWEthylRohrlG genügend gesichert. Der in § 3 Satz 2 Nr. 3 BWEthylRohrlG vorgesehene öffentlich-rechtliche Vertrag ist zwischen der Begünstigten und dem Land Baden-Württemberg geschlossen. Darin hat sich die Enteignungsbegünstigte verpflichtet, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten; die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist sanktionsbewehrt. Darüber hinaus ist ein vereinfachtes Rückübereignungsverfahren vorgesehen und die Enteignungsbegünstigte hat sich der Kontrolle durch das baden-württembergische Wirtschaftsministerium sowie einer sofortigen Vollstreckung unterworfen. Die Erreichung des Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" ist demnach hinreichend gesichert. Deshalb kommt es auf eine ausreichende Sicherung der im Gesetz weiter genannten arbeitsmarkt-, wirtschafts- und strukturpolitischen Interessen nicht mehr entscheidungserheblich an.

48

(5) § 4 BWEthylRohrlG sieht in Verbindung mit § 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG sowie §§ 7 ff. LEntG eine Entschädigung vor. Das Baden-Württembergische Ethylen-Rohrleitungsgesetz wird damit auch den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG gerecht.

49

3. Die unmittelbar angegriffenen Entscheidungen sehen sich ebenfalls keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt. Der Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Beschwerdeführers (Art. 14 GG) erweist sich als gerechtfertigt.

50

a) Von den vorzeitigen Besitzeinweisungen sind das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück sowie die von ihm gepachteten Grundstücke betroffen. Dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der Pacht um eine von Art. 14 GG geschützte Rechtsposition handelt (hiervon ausgehend wohl BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. September 1997 - 1 BvR 392/89 -, juris, Rn. 13; ebenso: BGHZ 175, 35 <41 ff. Rn. 23 ff.> m.w.N.; BVerwGE 105, 178 <180>) und ob es sich bei den vorzeitigen Besitzeinweisungen um Enteignungen im verfassungsrechtlichen Sinne oder um Inhalts- und Schrankenbestimmungen handelt (wohl von einer Enteignung ausgehend BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 21 ff.). Denn die vorzeitigen Besitzeinweisungen halten den strengen Anforderungen an eine Enteignung zugunsten Privater hinsichtlich aller hier betroffener Grundstücke stand.

51

b) Die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 3 GG sind erfüllt.

52

aa) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen erfolgten aufgrund eines Gesetzes (§ 6 Abs. 1 BWEthylRohrlG i.V.m. §§ 37 ff. LEntG). Eine Entschädigung wurde zugesprochen, deren Höhe nicht beanstandet wird und hier auch nicht zur Prüfung steht. Das mit dem Vorhaben verfolgte Gemeinwohlziel einer Verbesserung der Transportsicherheit erweist sich auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Überprüfung der vorzeitigen Besitzeinweisungen als tragfähig.

53

bb) Die einfachrechtlichen Voraussetzungen einer vorzeitigen Besitzeinweisung einschließlich des Vorliegens besonders dringender Gründe des Allgemeinwohls können verfassungsrechtlich lediglich einer Vertretbarkeitskontrolle unterzogen werden. Denn die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall ist Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Fehler, die einen Verstoß gegen das Willkürverbot oder eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung und Reichweite eines Grundrechts offenbaren würden, sind nicht erkennbar (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 112, 93 <108>; stRspr). Dass der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der besonderen Dringlichkeit des Allgemeinwohlgrundes von einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Reichweite des Art. 14 GG ausgegangen sein könnte, hat der Beschwerdeführer schon nicht dargelegt.

54

cc) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen genügen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Im Rahmen einer Gesamtabwägung hat der Verwaltungsgerichtshof alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange nachvollziehbar im Ergebnis zugunsten des Vorhabens bewertet (vgl. zum Maßstab BVerfGE 134, 242 <290 ff. Rn. 166 ff.>).

55

(1) Die vorzeitigen Besitzeinweisungen sind grundsätzlich geeignet, das Gemeinwohlziel in Form einer Verbesserung der Transportsicherheit zu erreichen. Durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen werden Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd ermöglicht. Dass die Pipeline die Transportsicherheit verbessert, ist bereits ausgeführt.

56

(2) Das Vorhaben "Errichtung und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd" ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" vernünftigerweise geboten und somit erforderlich. Denn das Vorhaben kann einen substantiellen Beitrag zur Transportsicherheit erbringen. Die vorzeitigen Besitzeinweisungen waren für das Vorhaben unumgänglich erforderlich. Ohne diese hätte die Ethylen-Pipeline-Süd nicht fertiggestellt werden können. Ein milderes und gleich geeignetes Mittel war nicht verfügbar. Insbesondere hätte ein Ausweichen auf andere Grundstücke ebenfalls einen Eingriff in das Eigentumsrecht anderer Personen mit sich gebracht. Da sich der über die betroffenen Grundstücke führende Trassenverlauf an gewissen Grundsätzen orientiert (z.B. Meidung bebauter Gebiete, Leitungsbündelung), könnte eine Umlegung sogar zu schwerwiegenderen Eingriffen führen (vgl. zur Erforderlichkeit BVerfGE 134, 242 <296 ff. Rn. 182 ff.> m.w.N.). Gegen eine Erforderlichkeit spricht auch nicht der vom Beschwerdeführer behauptete fehlende Bedarf für die Pipeline. Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Enteignungsbegünstigte Stellungnahmen verschiedener Unternehmen vorgelegt, in welchen diese einen Bedarf für Ethylen gerade in Gasform substantiiert darlegen. Hierfür sprechen auch die mit Blick auf die Pipeline bereits getätigten Investitionen. Zwar wird Ethylen in Gasform faktisch selten auf alternativen Transportwegen transportiert; jedoch ist nach der Einschätzung des baden-württembergischen Gesetzgebers vorstellbar, dass ohne die Realisierung der Ethylen-Pipeline-Süd "Ethylenerzeuger oder -verbraucher Ethylen aus wirtschaftlichen Erwägungen über Straße und Schiene transportieren, um bereits getätigte Investitionen wie beispielsweise im Falle Bayerns zu amortisieren" (vgl. LTDrucks 14/5171, S. 13). Angesichts der im Erlasszeitpunkt des Ethylen-Rohrleitungsgesetzes mit Blick auf eine erwartete Inbetriebnahme der Ethylen-Pipeline-Süd getätigten Investitionen sowie des dargelegten grundsätzlichen Ethylen-Bedarfs erscheint diese Einschätzung jedenfalls nicht unvertretbar.

57

(3) Die im Rahmen der Angemessenheitsprüfung durchzuführende Gesamtabwägung fällt zu Lasten des Beschwerdeführers aus (vgl. zur Angemessenheit BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 186 ff.> m.w.N.).

58

Hier ist es allerdings nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die der Ausgangsbehörde und nachvollziehend den Fachgerichten obliegende Aufgabe einer Gesamtabwägung selbst wahrzunehmen und sich an deren Stelle zu setzen. Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind vielmehr allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind. Die Überprüfung des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich daher darauf, ob bei der Tatsachenermittlung verfassungsrechtlich erhebliche Fehler unterlaufen sind oder ob bei der Gesamtabwägung die Bedeutung der betroffenen Grundrechte - insbesondere des Art. 14 Abs. 1 GG - oder sonstiger grundgesetzlicher Wertungen grundsätzlich verkannt wurden (vgl. BVerfGE 134, 242 <353 Rn. 323>).

59

Ausgehend hiervon erweist sich die Gesamtabwägung für das Vorhaben "Ethylen-Pipeline-Süd" in der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof als vereinbar mit Art. 14 Abs. 1 GG. Dieser hat zutreffend erkannt, dass der konkrete Zugriff auf die Grundstücke dem Grunde und Umfang nach zu überprüfen ist und vor allem dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen muss. Die wesentlichen Abwägungskriterien hat der Verwaltungsgerichtshof berücksichtigt. Die von ihm durchgeführte Abwägung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

60

Keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen zunächst, soweit der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Bindungswirkung an die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung angenommen hat. Denn im Rahmen der Gesamtabwägung ist die gesetzgeberische Entscheidung zugunsten der grundsätzlichen Enteignungswürdigkeit des verfolgten gemeinen Wohls zu beachten (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 188>). Die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung und die Entscheidung zugunsten einer Enteignungswürdigkeit sind eng miteinander verknüpft. Bestünde kein Bedarf für die Pipeline, so wäre das Gemeinwohlziel "Verbesserung der Transportsicherheit" nicht enteignungswürdig. Ein Bedarf für die Pipeline ist jedoch nachvollziehbar dargelegt (oben 2 b bb (1)).

61

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung der Angemessenheit der konkreten Maßnahmen gegenüber dem Beschwerdeführer (vorzeitige Besitzeinweisungen) unter Berücksichtigung besonderer individueller Beeinträchtigungen nicht ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt der "Angemessenheit" vorgenommen. Er hat jedoch die allgemeine, auf die im Baden-Württembergischen Ethylen-Rohrleitungsgesetz vorgesehene Enteignung (in der Regel die Belastung mit einer Dienstbarkeit) bezogene gesetzgeberische Abwägung im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses überprüft und aus nachvollziehbaren Gründen nicht beanstandet. Der Gesetzgeber hat indessen im Rahmen seiner Abwägung gerade nicht die individuellen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers im Blick gehabt. Jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof neben der Überprüfung der gesetzgeberischen Abwägung eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung aller konkret geltend gemachter Beeinträchtigungen vorgenommen, wenngleich er diese in den Rahmen der Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gestellt hat. Dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe ist damit noch verlässlich zu entnehmen, dass er den konkreten Einzelfall mit allen seinen Umständen im Blick hatte.

62

Der Verwaltungsgerichtshof hat alle in die Gesamtabwägung einzustellenden Belange im Ergebnis hinreichend berücksichtigt. Auf dieser Grundlage ist er zu dem vertretbaren Ergebnis gekommen, dass der Beitrag, den das entzogene Eigentumsrecht zur Verwirklichung des Vorhabens leistet, nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des Eingriffs steht, den der konkrete teilweise Eigentumsentzug für den betroffenen Rechtsinhaber bedeutet (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 Rn. 187>). Er hat berücksichtigt, dass die Dienstbarkeit lediglich eine Einschränkung im tatsächlichen Gebrauch des Grundstücks mit sich bringt, sich die grundsätzliche landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch die Pipeline aber letztlich nicht ändert, und dass durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen im Wesentlichen keine vollendeten, irreparablen Tatsachen geschaffen werden und die Enteignungsbegünstigte für alle bleibenden Nachteile eine angemessene Entschädigung zu leisten hat. Dem Beschwerdeführer werde nicht Haus und Hof genommen und die betroffenen Grundstücke seien bereits mit Leitungsrechten belastet. Dass aus den vorzeitigen Besitzeinweisungen für den Beschwerdeführer schwerwiegende existenzielle Folgen drohten, hat dieser nicht vorgetragen. Von massiveren Beeinträchtigungen kann daher keine Rede sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem berücksichtigt, dass die betroffenen Grundstücke zur Fertigstellung des Vorhabens benötigt werden, das entzogene Eigentumsrecht also einen wesentlichen Beitrag zu dessen Verwirklichung leistet und dieser Aspekt im Verhältnis zu den Beeinträchtigungen nicht außer Verhältnis steht.

63

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter in vertretbarer Weise angenommen, dass die Bedeutung des Vorhabens für das konkret verfolgte Gemeinwohlziel in einem angemessenen Verhältnis zu den durch das Vorhaben beeinträchtigten Belangen steht (vgl. BVerfGE 134, 242 <298 f. Rn. 188 f.>). Im Rahmen dieser Prüfung hat er auch die gesetzgeberische Abwägung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nachvollzogen, welche wiederum entgegenstehende öffentliche Belange (z.B. Naturschutzbelange) berücksichtigt hat (vgl. LTDrucks 14/5171). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Sicherheitsbedenken als nicht tragfähig bewertet.

64

Zudem könnten die vorzeitigen Besitzeinweisungen mit allenfalls geringen bleibenden Beeinträchtigungen rückgängig gemacht werden. Die Pipeline selbst könnte zurückgebaut werden oder gegebenenfalls sogar nach einer Außerbetriebnahme ohne erhebliche Nachteile im Boden verbleiben. Wohnbebauung ist im Falle des Beschwerdeführers nicht betroffen. Daraus ergibt sich, dass die vorzeitigen Besitzeinweisungen nicht offensichtlich mit so erheblichen Nachteilen für andere gewichtige Gemeinwohlbelange oder private Rechte verbunden sind, dass diese in keinem vernünftigen Verhältnis zum Gewicht des durch das Vorhaben "Bau und Betrieb der Ethylen-Pipeline-Süd" verfolgten Gemeinwohlziels "Verbesserung der Transportsicherheit" stehen. Zu diesem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis ist letztlich auch der Verwaltungsgerichtshof gelangt, wenngleich er zur Begründung auf das Gewicht aller im Gesetz genannten Gemeinwohlziele "in einer Gesamtschau" abgestellt haben dürfte.

65

dd) Durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wird dem Beschwerdeführer auch effektiver Rechtsschutz zuteil. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes stellt ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Gerade bei Enteignungen kann im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes daher die notwendige Prüfungsintensität über diejenige einer nur summarischen Prüfung hinausgehen. Ob eine abschließende Prüfung notwendig ist, ist von der Intensität des Grundrechtseingriffs abhängig (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 20 f. m.w.N.). Dies zugrunde gelegt, bestehen hinsichtlich der Prüfintensität des Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Im vorliegenden Fall entstehen durch die vorzeitigen Besitzeinweisungen keine schwerwiegenden irreparablen Schäden, weshalb eine abschließende Prüfung nicht notwendig war. Selbst wenn man eine weitergehende Prüfung für erforderlich erachten wollte, wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs dem gerecht. Dieser weist an verschiedenen Stellen zwar auf eine lediglich summarische Prüfung hin. Nimmt man indessen die gesamte Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs in den Blick, so ergibt sich, dass er die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der beanstandeten Maßnahmen ausführlich geprüft und sich nicht lediglich auf eine Folgenabwägung beschränkt hat.

66

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.