Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2016 - 5 CS 16.2133

bei uns veröffentlicht am08.12.2016

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. September 2016 wird in Nr. I, II und IV aufgehoben.

II.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerinnen gegen Nr. 5 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 16. August 2016 wird wiederhergestellt.

III.

Den Antragstellerinnen wird für das Verfahren in beiden Rechtszügen Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B., Augsburg, als Bevollmächtigter beigeordnet.

IV.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

V.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerinnen begehren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. August 2016 angeordnete und für sofort vollziehbar erklärte Einziehung von Kinderreisepässen. Die Antragstellerin zu 1 ist die Mutter der Antragstellerinnen zu 2 und 3, auf deren Kinderreisepässe sich die Einziehung bezieht.

Die im Jahr 1988 in Deutschland geborene Antragstellerin zu 1 ist türkische Staatsangehörige. Im Jahr 2004 wurde ihr eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt, die ab 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgalt. 2012 heiratete sie einen in der Türkei wohnhaften türkischen Staatsangehörigen. Die Antragstellerinnen zu 2 und 3 wurden 2013 und 2015 in Deutschland geboren; ihnen wurden deutsche Kinderreisepässe ausgestellt. Bis Anfang 2016 hielten sich die Antragstellerinnen teils in Deutschland, teils in der Türkei auf (vgl. die Übersicht im Bescheid vom 16.8.2016 sowie in der Klageschrift vom 1.9.2016 im Verfahren Au 1 K 16.1263); seit Februar 2016 befinden sie sich in Augsburg. Im Juni 2016 beantragte die Antragstellerin zu 1 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie die Feststellung, dass ihre Niederlassungserlaubnis und ihr Aufenthaltsrecht aus ARB 1/80 fortbestünden. Im Juli 2016 beantragten die Antragstellerinnen zu 2 und 3 die Feststellung der deutschen Staatangehörigkeit, hilfsweise die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Nach Anhörung forderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 16. August 2016 die Antragstellerin zu 1 zum Verlassen der Bundesrepublik auf (Nr. 1), stellte fest, dass die Antragstellerinnen zu 2 und 3 die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besäßen, und forderte sie zum Verlassen der Bundesrepublik auf (Nr. 2), lehnte den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Antragstellerinnen zu 2 und 3 ab (Nr. 3), drohte den Antragstellerinnen zu 1 bis 3 die Abschiebung an (Nr. 4), ordnete die Einziehung der Kinderreisepässe der Antragstellerinnen zu 2 und 3 an (Nr. 5), ordnete den Sofortvollzug der Einziehung an (Nr. 6) und drohte ein Zwangsgeld für den Fall der nicht fristgerechten Rückgabe der Kinderreisepässe an (Nr. 7). Zur Begründung von Nr. 5 des Bescheids wurde ausgeführt, die Kinderreisepässe seien als ungültig einzuziehen, weil die Eintragung der deutschen Staatsangehörigkeit unzutreffend sei. Zur Begründung des Sofortvollzugs hieß es, die aufschiebende Wirkung der Klage würde dazu führen, dass die Antragstellerinnen zu 2 und 3 für einen derzeit unabsehbaren Zeitraum in der Öffentlichkeit durch die Vorlage des Kinderausweises weiterhin die Vermutung der Deutschen-Eigenschaft begründeten; sie könnten daher entsprechende Rechte und Vergünstigungen in Anspruch nehmen.

Gegen den Bescheid erhoben die Antragstellerinnen beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage (Au 1 K 16.1263), über die noch nicht entschieden ist. Zugleich beantragten sie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Anordnung der Einziehung der Kinderreisepässe sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe hierfür (Au 1 S 16.1264). Zur Begründung wurde unter anderem vorgetragen, die Antragstellerinnen zu 2 und 3 besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit. Im Zeitpunkt ihrer Geburt sei die Niederlassungserlaubnis ihrer Mutter nicht erloschen gewesen.

Mit Beschluss vom 30. September 2016 lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Nr. I) sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (Nr. IV) ab und erlegte den Antragstellerinnen die Verfahrenskosten auf (Nr. II). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Interessenabwägung zu Ungunsten der Antragstellerinnen ausfalle, weil die Einziehung der Kinderreisepässe rechtmäßig sei. Die Antragstellerinnen zu 2 und 3 hätten entgegen der Eintragung in ihren Kinderreisepässen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Die Antragstellerin zu 1 habe weder bei der Geburt der Antragstellerin zu 2 noch bei der Geburt der Antragstellerin zu 3 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt. Die Einziehung der Kinderausweise sei rechtmäßig und ermessensgemäß.

Gegen den Eilbeschluss haben die Antragstellerinnen Beschwerde erhoben. Sie beantragen,

ihnen unter Aufhebung des Beschlusses vom 30. September 2016 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. zu gewähren sowie die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung der Einziehung der Kinderreisepässe anzuordnen.

Zur Begründung wird vorgetragen, die Antragstellerinnen zu 2 und 3 hätten die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, so dass ihre Pässe nicht ungültig seien. Im Zeitpunkt der Geburt beider minderjähriger Antragstellerinnen, zumindest aber der Antragstellerin zu 2, habe die Antragstellerin zu 1 über eine Niederlassungserlaubnis sowie ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt. Die Antragstellerin zu 1 habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht einer dauernden Niederlassung in der Türkei gehabt. Bei ihren längeren Türkeiaufenthalten habe es sich um letztlich vorübergehende Aufenthalte bis zum erfolgreichen Abschluss des Ehegattennachzugsverfahrens gehandelt. Da somit die Antragstellerinnen zu 2 und 3 die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen, bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einziehungsanordnung betreffend ihre Reisepässe. Angesichts der überragenden Bedeutung der Rechtssicherheit im Staatsangehörigkeitsrecht könne die Antragsgegnerin nicht nachträglich die deutsche Staatsangehörigkeit der Antragstellerinnen zu 2 und 3 in Zweifel ziehen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss und das bisherige Vorbringen verwiesen.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und Abs. 4 VwGO zulässig und hat in der Sache Erfolg. Die von der Antragstellerseite fristgerecht dargelegten und vom Senat geprüften Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO) rechtfertigen und gebieten es, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärte Einziehung der Kinderreisepässe wiederherzustellen. Dementsprechend ist den Antragstellerinnen sowohl für das Ausgangs- als auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr Rechtsanwalt als Bevollmächtigter beizuordnen.

1. Gegenstand des Ausgangs- und Beschwerdeverfahrens ist allein die in Nr. 5 des angefochtenen Bescheids angeordnete und in Nr. 6 des Bescheids für sofort vollziehbar erklärte Einziehung der Kinderreisepässe der Antragstellerinnen zu 2 und 3. Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde nicht nur von den Antragstellerinnen zu 2 und 3, sondern auch von ihrer Mutter, der Antragstellerin zu 1, mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO angegriffen. Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich ohne nähere Begründung von der Zulässigkeit aller Eilanträge ausgegangen und hat über sie in der Sache entschieden. Schon aus diesem Grund kann der Antragstellerin zu 1 die Beschwerdebefugnis nicht abgesprochen werden. Im Übrigen steht der Antragstellerin zu 1 eine aus Art. 6 Abs. 1 GG abgeleitete Antrags- und Klagebefugnis gegen die Einziehung der Kinderreisepässe ihrer Töchter zu (vgl. zu ähnlichen Fallgestaltungen BVerwG, U. v. 27.8.1996 - 1 C 8.94 - BVerwGE 102, 12 = NVwZ 1997, 1116/1117; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014; § 42 Rn. 422; bei Sicherstellung eines Kinderreisepasses offen gelassen von NdsOVG, B. v. 12.10.2010 - 11 ME 347/10 - NVwZ-RR 2011, 37). Die streitgegenständliche Einziehung wurde als eine von mehreren behördlichen Anordnungen in Bescheid vom 16. August 2016 verfügt, der in Form eines zusammengefassten Bescheides verschiedene statusrechtliche Regelungen betreffend die Antragstellerinnen zu 1, 2 und 3 enthält und auch an die Antragstellerin zu 1 adressiert war.

2. Es bestehen bereits durchgreifende Zweifel daran, ob die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Passeinziehung entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet hat. Für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. etwa BVerfG, B. v. 21.2.2011 - 2 BvR 1392/10 - NVwZ-RR 2011, 420/421 m. w. N.). Dieses muss bei der schriftlichen Begründung des besonderen Interesses der Behörde an der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zum Ausdruck kommen. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid dürften diesen Vorgaben nicht gerecht werden. Die Begründung des Sofortvollzugs erschöpft sich in der (selbstverständlichen) Aussage, dass durch die Weiterverwendung der Pässe falsche Vorstellungen über die Staatsangehörigkeit erweckt werden könnten. Hierbei handelt es sich lediglich um den Hinweis auf die allgemeine Funktion von Pässen (vgl. § 1 Abs. 1 PassG), nicht aber um eine einzelfallbezogene Begründung, warum die damit verbundenen Folgen nicht für den Übergangszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung hingenommen werden können. Insoweit ist die - bei festgestellter Ungültigkeit als endgültige Maßnahme vorgesehene - Einziehung des Passes nach § 12 PassG von der Sicherstellung nach § 13 PassG zu unterscheiden, die vom Gesetzgeber als vorübergehendes Sicherungsinstrument ausgestaltet ist (vgl. Hornung/Möller, PassG und PAuswG, 2011, § 11 PassG Rn. 2, § 12 PassG Rn. 11). Anders als die Sicherstellung hat der Gesetzgeber die Einziehung in § 14 PassG gerade nicht für sofort vollziehbar erklärt (vgl. NdsOVG, B. v. 12.10.2010 - 11 ME 347/10 - NVwZ-RR 2011, 37). Mangels einer besonders begründeten Anordnung des Sofortvollzugs muss es daher bei der nach § 80 Abs. 1 VwGO für den Regelfall vorgeschriebenen aufschiebenden Wirkung der Klage verbleiben.

3. Unabhängig davon überwiegt das Interesse der Antragstellerinnen an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Einziehung der Kinderreisepässe das öffentliche Vollzugsinteresse. Die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage gegen die Passeinziehung sind zumindest als offen anzusehen. Vermittelt über die Frage der für sofort vollziehbar erklärten Passeinziehung stellen sich komplexe staatsangehörigkeitsrechtliche und inzident auch aufenthaltsrechtliche Fragen, die einer sorgfältigen Prüfung und Klärung im Hauptsacheverfahren durch den zur Entscheidung berufenen Spruchkörper bedürfen.

a) Rechtsgrundlage für die Passeinziehung ist § 12 Abs. 1 Satz 1 PassG, wonach ein gemäß § 11 ungültiger Pass - also auch ein Kinderreisepass nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PassG - eingezogen werden. Ungültig ist ein Pass unter anderem, wenn Eintragungen nach dem Passgesetz fehlen oder unzutreffend sind (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 PassG). Zu den Eintragungen gehört auch die Angabe der Staatsangehörigkeit (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 PassG). Der Pass darf nur Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ausgestellt werden (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Hs. 1 PassG). Die Passbehörde hat einen Pass für ungültig zu erklären, wenn die Voraussetzungen für seine Erteilung nicht vorgelegen haben oder nachträglich weggefallen sind (§ 11 Abs. 2 PassG). Die Rechtmäßigkeit der Passeinziehung setzt somit voraus, dass die Antragstellerinnen zu 2 und 3 entgegen den Eintragungen in ihren Kinderreisepässen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Diese Frage, die im Unterschied zu anderen Angaben nach § 4 Abs. 1 PassG ein rechtlich geprägtes Kriterium betrifft, ist bislang nicht verbindlich bzw. rechtskräftig geklärt. Nach dem Passgesetz ist die Klärung der Deutscheneigenschaft nicht Aufgabe der Passbehörde im Passverfahren, sondern erfolgt durch die für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten zuständige Behörde im dortigen Verfahren (vgl. HessVGH, B. v. 27.7.2007 - 7 UZ 1218/07 - NVwZ-RR 2008, 108; OVG Berlin-Bbg, B. v. 3.8.2015 - 5 S 9.15 - juris Rn. 6 ff.; jeweils m. w. N.). Schon aus diesem Grund bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Einziehungsverfügung der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren Bestand haben kann.

b) Die Beantwortung der staatsangehörigkeitsrechtlichen (Vor-)Frage ist auch nicht offensichtlich. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt richtet sich nach § 4 StAG. Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG erwirbt ein Kind ausländischer Eltern durch die Geburt im Inland die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wird in dem Geburtenregister, in dem die Geburt des Kindes beurkundet ist, eingetragen (§ 4 Abs. 3 Satz 2 StAG). Die Staatsangehörigkeit der in der Bundesrepublik geborenen Antragstellerinnen zu 2 und 3 hängt somit entscheidend von dem ebenfalls nicht rechtsverbindlich geklärten tatsächlichen und (aufenthalts-)rechtlichen Status der Antragstellerin zu 1 ab. Ob diese bei der Geburt der Antragstellerinnen zu 2 und 3 in den Jahren 2013 und 2015 noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte und ob zu diesen Zeitpunkten ihr Aufenthaltsrecht - das sie sowohl auf ihre Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) als auch auf das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht aus ARB 1/80 stützt (vgl. § 4 Abs. 5 AufenthG) - fortbestanden hat, muss einer Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Bei der Geburt der Antragstellerinnen zu 2 und 3 sah die Antragsgegnerin jedenfalls keinen Anlass, an deren deutscher Staatsangehörigkeit zu zweifeln, obwohl zu dieser Zeit die Eheschließung der Antragstellerin zu 1 mit einem in der Türkei wohnhaften türkischen Staatsangehörigen und ihre damit zusammenhängenden Auslandsaufenthalte bereits bekannt waren. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin jeweils kurz nach der Geburt den Antragstellerinnen zu 2 und 3 deutsche Kinderreisepässe ausgestellt. Die Antragstellerin zu 1 hat nach eigenen Angaben bei ihren Aufenthalten in der Türkei stets darauf geachtet, vor Ablauf von sechs Monaten (vgl. den Erlöschensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG) wieder in die Bundesrepublik einzureisen.

c) Sowohl der - den Gegenstand von Nr. 2 des Bescheids bildende - staatsangehörigkeitsrechtliche Status der Antragstellerinnen zu 2 und 3 als auch der - von Nr. 1 des Bescheids erfasste, mittelbar relevante - aufenthaltsrechtliche Status der Antragstellerin zu 1 sind derzeit im Hauptsacheverfahren beim Verwaltungsgericht Augsburg anhängig. Schon aus diesem Grund sind die Erfolgsaussichten für die Klage gegen die Passeinziehung im Hauptsacheverfahren zumindest als offen anzusehen. Vor diesem Hintergrund fällt die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerinnen aus. Angesichts ihrer in Rede stehenden Grundrechte ist ihrem Aussetzungsinteresse der Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung einzuräumen. Anhaltspunkte dafür, warum der Sofortvollzug der passrechtlichen Maßnahme etwa aufgrund einer konkreten Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter bzw. zur wirksamen Aufrechterhaltung der Rechts- und Staatsordnung erforderlich sein sollte, sind weder von der Antragsgegnerin vorgetragen noch sonst ersichtlich.

4. Da der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Passeinziehung auch im Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte, war der Beschwerde auch insoweit stattzugeben und den Antragstellerinnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO). Aus den oben dargelegten Gründen ist den Antragstellerinnen auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die subjektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind ausweislich der vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerinnen erfüllt.

5. Die Kostenentscheidung für das Eilrechtsschutzverfahren in beiden Rechtszügen ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 30.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. etwa BayVGH, B. v. 11.9.2007 - 5 CS 07.1921 - juris Rn. 5). Von der Einziehung sind zwei Kinderreisepässe betroffen.

Einer Kostenentscheidung für die Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren bedarf es nicht, weil Gerichtskosten nicht erhoben (Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) und Kosten nicht erstattet werden (§ 127 Abs. 4 ZPO). Daher ist auch eine Streitwertfestsetzung insoweit entbehrlich.

Das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist ebenfalls gerichtskostenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 4 Erfordernis eines Aufenthaltstitels


(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September

Zivilprozessordnung - ZPO | § 118 Bewilligungsverfahren


(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäft

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 9 Niederlassungserlaubnis


(1) Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie kann nur in den durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. § 47 bleibt unberührt. (2) Einem Ausländer ist die Niederl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 51 Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts; Fortgeltung von Beschränkungen


(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen: 1. Ablauf seiner Geltungsdauer,2. Eintritt einer auflösenden Bedingung,3. Rücknahme des Aufenthaltstitels,4. Widerruf des Aufenthaltstitels,5. Ausweisung des Ausländers,5a. Bekanntgabe einer Absc

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 4


(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach d

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 116


(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmlin

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Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerinnen zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen begehren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung der Einziehung von Kinderreisepässen.

Die Antragstellerin zu 1, eine türkische Staatsangehörige, wurde am ... 1988 in ... geboren. Sie ist in ... aufgewachsen und hat hier die Schule besucht. Am 16. Dezember 2004 wurde ihr eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt, die ab 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fort galt. Am ... 2012 heiratete sie einen in der Türkei wohnhaften türkischen Staatsangehörigen. Ihre Töchter, die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3, wurden am ... 2013 und am ... 2015 in ... geboren. Ihnen wurden deutsche Kinderreisepässe ausgestellt. Die Antragstellerin zu 1 hielt sich mit kurzen Unterbrechungen für jeweils mehrere Monate bei ihrem Ehemann in der Türkei auf (vgl. Übersicht der Auslandsaufenthalte im Bescheid vom 16.8.2016, Blatt 179 der Behördenakte). Seit dem 18. Februar 2016 befinden sich die Antragstellerinnen in .... Aus dem Rentenversicherungsverlauf der Antragstellerin zu 1 ergeben sich seit November 2011 keine Eintragungen mehr. Sie bezog in der Vergangenheit und bezieht aktuell Leistungen nach dem SGB II (vom 24. März 2013 bis zum 31. Januar 2015, vom 1. Juli 2015 bis zum 30. November 2015, ab 1. April 2016). Die Antragstellerinnen sind krankenversichert. Sie sind in ... bei den Eltern bzw. Großeltern gemeldet.

Am 22. Juni 2016 beantragte die Antragstellerin zu 1, ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG zu erteilen. Weiter beantragte sie festzustellen, dass ihre Niederlassungserlaubnis und ihr Aufenthaltsrecht aus ARB 1/80 weiter bestehen. Mit Antrag vom 6. Juli 2016 begehren die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 die Feststel 1 lung, dass sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Hilfsweise beantragten sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 33 AufenthG.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 wurden sie zur beabsichtigten Ablehnung ihrer Anträge angehört. Mit den Schreiben vom 18. Juli 2016, vom 1. August 2016 und vom 6. August 2016 führte ihr Bevollmächtigter hierzu aus, dass die Sechs-Monats-Frist bei den Ein- und Ausreisen immer gewahrt worden sei, so dass die Niederlassungserlaubnis nicht erloschen sei. Bezogen auf den Aufenthalt der Antragstellerin zu 1 in der Türkei vom 26. Oktober 2012 bis zum 24. Februar 2013 legte er dar, dass es Schwierigkeiten zwischen ihr und ihrer Schwiegermutter gegeben habe. Sie habe nicht geplant, für einen längeren Zeitraum als den eines üblichen geringfügig verlängerten Urlaubs in die Türkei zu reisen. Sie habe an der Ehe zum damaligen Zeitpunkt nicht festhalten wollen. Deshalb habe sie der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie getrennt lebend sei. Der Vater der Antragstellerin zu 1 könne den Unterhalt seiner Tochter für fünf Jahre garantieren.

Mit Bescheid vom 16. August 2016 - dem Bevollmächtigten am 18. August 2016 zugegangen - forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu 1 auf, die Bundesrepublik Deutschland spätestens einen Monat nach Zustellung dieses Bescheids zu verlassen (Ziffer 1). Weiter wurde festgestellt, dass die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzen. Sie wurden ebenfalls aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens einen Monat nach Zustellung dieses Bescheids zu verlassen (Ziffer 2). Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 33 AufenthG für die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 wurde abgelehnt (Ziffer 3). Die Abschiebung in die Türkei oder jeden anderen Staat, der zu ihrer Übernahme verpflichtet oder bereit ist, wurde angedroht (Ziffer 4). Weiter wurde die Einziehung der Kinderreisepässe Nr. G ...9 und Nr. E ...0 angeordnet. Der Antragstellerin zu 1 wurde auferlegt, die Kinderreisepässe innerhalb von 7 Tagen nach Zustellung des Bescheids bei der Passstelle abzugeben (Ziffer 5). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 5 des Bescheids wurde angeordnet (Ziffer 6). Für den Fall der nicht fristgerechten Rückgabe der Kinderreisepässe wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 300,-EUR je Pass angedroht (Ziffer 7).

Der Bescheid wurde damit begründet, dass die Antragstellerin zu 1 zur Ausreise verpflichtet sei, da sie kein Aufenthaltsrecht für die Bundesrepublik Deutschland besitze. Ihre Niederlassungserlaubnis sei sowohl gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG als auch gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen. Sie habe sich seit 2012 in drei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils mehr als sechs Monate in der Türkei aufgehalten. Kurzfristige Aufenthalte in Deutschland könnten das Erlöschen des Aufenthaltsrechts nicht verhindern. Die Ausreise sei zu keinem seiner Natur nach vorübergehenden Grund, sondern wegen ihrer Eheschließung erfolgt. Sie habe die eheliche Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann in der Türkei aufgenommen und dort geführt. Sie könne auch nicht geltend machen, dass ihre Niederlassungserlaubnis auf Grund der Regelung des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht erloschen sei. Für die Beurteilung, ob der Lebensunterhalt gesichert sei, sei auf den Eintritt der Erlöschensvoraussetzungen, d.h. im vorliegenden Fall April 2012, abzustellen. Da sie seit April 2012 weder rentenversicherungsfähig beschäftigt noch krankenversichert gewesen sei, müsse die Prognose über künftige Lebensunterhaltssicherungen negativ ausfallen, zumal sie in den folgenden Jahren über einen erheblichen Zeitraum Leistungen nach dem SGB II bezogen habe. Spätestens mit der Ausreise zur Hochzeit und der anschließenden Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Türkei habe sie ihr Daueraufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 verloren, da sie ihren Lebensmittelpunkt in die Türkei verlegt habe. Die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 hätten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht gemäß § 4 Abs. 3 StAG erworben. Der Vater habe noch nie über einen Aufenthaltstitel bzw. einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt und erfülle die Voraussetzungen offenkundig nicht. Die Antragstellerin zu 1 habe zum Zeitpunkt der Geburten der Kinder über kein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StAG mehr verfügt. Mangels eines entsprechenden Aufenthaltsrechts und auf Grund des überwiegenden Auslandsaufenthalts habe zu diesem Zeitpunkt auch kein rechtmäßiger und gewöhnlicher Aufenthalt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG mehr vorgelegen. Andere Rechtsgrundlagen bezüglich des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit der Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 seien nicht ersichtlich. Es sei somit vom ausschließlichen Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit auszugehen. Beide Kinder hätten darüber hinaus kein Aufenthaltsrecht, weil sie von ihrer Mutter ein solches für sich nicht mehr ableiten könnten. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 33 AufenthG für die Kinder sei abzulehnen gewesen. Keiner der Elternteile besitze eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt -EU. Da das Ermessen gar nicht erst eröffnet gewesen sei, habe der Antrag abgelehnt werden müssen. Andere Rechtsgrundlagen seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Einziehung der Kinderreisepässe stütze sich auf § 12 Abs. 1 PassG. Die Kinderreisepässe seien gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 PassG ungültig. Die Eintragung der deutschen Staatsangehörigkeit sei unzutreffend. Die Einziehung stünde im Ermessen der Behörde. Gründe, die in der Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Einziehung zu einem Übergewicht des privaten Interesses an der Beibehaltung führen könnten, seien nicht ersichtlich. Die sofortige Vollziehung werde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet, denn das öffentliche Interesse an einer baldigen Einziehung der deutschen Kinderreisepässe überwiege das Interesse an der aufschiebenden Wirkung einer Klage. Diese würde dazu führen, dass die Kinder für einen derzeit unabsehbaren Zeitraum in der Öffentlichkeit durch Vorlage ihres Kinderausweises weiterhin die Vermutung begründen würden, sie seien deutsche Staatsangehörige. Dies würde dazu führen, dass sie auch künftig Rechte und Vergünstigungen in Anspruch nehmen könnten, die nur Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG vorbehalten seien. Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG.

Gegen diesen Bescheid ließen die Kläger am 1. September 2016 Klage (Au 1 K 16.1263) erheben, über die noch nicht entschieden ist. In der Hauptsache begehren sie, die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Bescheids zu verpflichten, festzustellen, dass die Antragstellerin zu 1 über eine Niederlassungserlaubnis sowie über die Rechtsstellung des § 4 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 bzw. Art. 7 ARB 1/80 verfüge, die durch ihre Aufenthalte in der Türkei nicht erloschen seien. Weiter begehren sie die Verpflichtung der Antragsgegnerin festzustellen, dass die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, hilfsweise die Verpflichtung, den Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 Aufenthaltserlaubnisse nach § 33 AufenthG für jedenfalls ein Jahr zu erteilen.

Mit gleichem Schriftsatz beantragten sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Anordnung der Einziehung 7 der Kinderreisepässe. Hierfür begehren sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Ihr Bevollmächtigter führte hierzu aus, dass die Niederlassungserlaubnis der Antragstellerin zu 1 nicht erloschen sei, da sie jeweils vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist nach Deutschland eingereist sei. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erlösche der Aufenthaltstitel zwar auch dann, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund ausreise. Ein solcher Grund müsse sich aber aus besonderen Umständen ergeben. Hier reiche es keinesfalls aus, dass die Antragstellerin zu 1 zweimal relativ kurz vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und dann wieder in die Türkei geflogen sei. Ferner werde in der Rechtsprechung gefordert, dass sich der Wunsch zum dauerhaften Verlassen der Bundesrepublik manifestiert haben müsse. Dies sei hier nicht erfolgt. Sie sei in ... geboren, habe ihre gesamte Schulzeit hier absolviert und abgeschlossen. Ein Leben im stark orientalisch geprägten ... in der erneut vom Krieg heimgesuchten Südosttürkei sei für sie nicht vorstellbar. Hier stünde nicht objektiv fest, dass die Ausländerin nicht nur vorübergehend das Bundesgebiet verlassen habe. Sie habe weder ihre Wohnung aufgegeben, noch ihr Eigentum mit in die Türkei genommen. Sie wollte weder einer drohenden Ausweisung zuvorkommen noch vor drohender Strafverfolgung fliehen. Auch sonst seien keinerlei objektive Anhaltspunkte für eine dauernde Verlassensabsicht erkennbar. Die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 würden die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einziehungsanordnung der Kinderreisepässe. § 33 AufenthG sei eine intendierte Ermessensvorschrift. Hier sei kein Aspekt ersichtlich, der gegen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis spreche.

Mit Schreiben vom 15. September 2016 führte der Bevollmächtigte weiter aus, dass von einem Erlöschen der Niederlassungserlaubnis jedenfalls im Jahr 2013 nicht ansatzweise ausgegangen werden könne. Der Grund für den längeren Auslandsaufenthalt vom 26. Oktober 2012 bis zum 24. Februar 2013 liege darin begründet, dass sie ursprünglich nicht an der Ehe festhalten wollte. Sie habe nicht geplant, für einen längeren Zeitraum als den eines üblichen Urlaubs in die Türkei zu reisen. Es habe damals noch tiefste Auseinandersetzungen und Streitigkeiten zwischen ihr und ihrer Schwiegermutter gegeben. Zu diesem Zeitpunkt sei die Niederlassungserlaubnis auf keinen Fall erloschen gewesen. Ihre Angabe im Juni 2016, dass sie „eigentlich im mer mit ihrem Mann zusammen gewesen sei“, sei vor dem Hintergrund einer befürchteten Visumablehnung wegen dauerhaften Getrenntlebens erfolgt. Sie habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht einer dauernden Niederlassung in der Türkei gehabt. Sie sei davon ausgegangen, dass es sich bei ihren längeren Türkei-Aufenthalten um letztlich vorübergehende Aufenthalte bis zum erfolgreichen Abschluss des Ehegat-tennachzugsverfahrens gehandelt habe. Die deutlich und erkennbar mitteleuropäisch geprägte Antragstellerin zu 1 habe sich zu keinem Zeitpunkt eine Zukunft in der Türkei vorstellen können. Dies gelte erst recht für ... im Südosten der Türkei. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund habe sich ihr Ehemann im Zeitraum vom 26. Mai 2015 bis zum 22. August 2015 in Deutschland aufgehalten. Die Rechtsstellung nach Art. 6 und Art. 7 ARB 1/80 sei im Zeitpunkt der Geburt der Antragstellerin zu 2 am... 2013 nicht erloschen gewesen. Die Antragstellerin zu 1 habe ihr Daueraufenthaltsrecht nach ARB 1/80 nicht verloren. Ob ein türkischer Staatsangehöriger das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen und dadurch sein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verloren habe, richte sich danach, ob er seinen Lebensmittelpunkt aus Deutschland wegverlagert habe. Im Umkehrschluss ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2015 (1 C 19.14), dass bei einer Unterbrechung eines Türkeiaufenthalts vor Ablauf von einem Jahr das Aufenthaltsrecht nicht erloschen sei. Die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 seien deutsche Staatsangehörige. Im Zeitpunkt ihrer Geburt sei die Niederlassungserlaubnis ihrer Mutter nicht erloschen. Erst recht gelte dies für das Aufenthaltsrecht nach § 4 Abs. 5 AufenthG i.V.m. ARB 1/80. Aus Gründen der Rechtssicherheit müsse es der Antragsgegnerin verwehrt sein, nachträglich die deutsche Staatsangehörigkeit der Kinder in Zweifel zu ziehen. Daraus ergebe sich ein Anspruch der Antragstellerin zu 1 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Denn sie habe zusammen mit ihrem Ehemann die elterliche Sorge für mindestens ein Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit inne.

Die Antragstellerinnen beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids vom 16.8.2016 wird angeordnet.

Zugleich begehren sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie meint, die Klage sei unbegründet. Hierzu werde auf die Begründung des gegenständlichen Bescheids verwiesen.

Ergänzend wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtssowie der vorgelegten Behördenakte.

II.

Die zulässigen Anträge haben in der Sache keinen Erfolg.

1. Gegenstand der Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nach dem eindeutigen Wortlaut nur die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung der Einziehung der Kinderreisepässe unter Ziffer 6 des Bescheids vom 16. August 2016. Der Bevollmächtigte der Antragstellerinnen hat dies auch ausdrücklich in seinem Schreiben vom 28. September 2016 klargestellt.

2. Die Anträge sind unbegründet, da überwiegende Interessen der Antragstellerinnen nach Auffassung des Gerichts nicht gegeben sind und die Anordnung des Sofortvollzugs auch keinen formellen Bedenken begegnet.

a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wurde zunächst den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechend schriftlich begründet.

Die Vollziehbarkeitsanordnung muss mit einer auf den konkreten Fall abgestell21 ten und nicht lediglich formelhaften schriftlichen Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts versehen werden. Erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von den von ihm bekämpften Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 84 und 85).

Diesen Anforderungen werden die Ausführungen im angegriffenen Bescheid gerade noch gerecht. Auf der Seite 7 wird sehr knapp dargelegt, warum ein weiteres Zuwarten im öffentlichen Interesse nicht mehr vertretbar ist. Eine aufschiebende Wirkung der Klage würde dazu führen, dass die Antragstellerinnen zu 2 und 3 für einen unabsehbaren Zeitraum in der Öffentlichkeit durch die Vorlage der Kinderausweise weiterhin den Anschein begründen könnten, deutsche Staatsangehörige zu sein.

b) Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Aussetzung bzw. die Aufhebung der Vollziehung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei die Interessen der Antragstellerinnen und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen. Besondere Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung bereits beurteilt werden können.

Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung zu Ungunsten der Antragstellerinnen aus. Die Klage wird diesbezüglich in der Hauptsache keinen Erfolg haben.

aa) Die Einziehung der Kinderreisepässe ist rechtmäßig.

Nach § 12 Abs. 1 PassG kann ein nach § 11 PassG ungültiger Pass eingezogen werden. Ein Pass ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 PassG ungültig, wenn Eintragungen nach diesem Gesetz fehlen oder - mit Ausnahme der Angaben über den Wohnort oder die Größe - unzutreffend sind. Ein Pass enthält nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 PassG Angaben über die Staatsangehörigkeit des Passinhabers. Ergibt sich nach Ausstellung des Passes, dass der Passinhaber entgegen der Eintragung im Pass nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, so ist die Eintragung im Pass unzutreffend und dessen Einziehung rechtmäßig.

bb) Vorliegend haben die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3 entgegen der Eintragung in ihren Kinderreisepässen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Geburt im Inland, wenn ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (Nr. 1) und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt (Nr. 2). Beide Kinder wurden zwar in Deutschland geboren. Die Antragstellerin zu 1 hatte aber weder bei der Geburt der Antragstellerin zu 2 am 1. Mai 2013 noch bei der Geburt der Antragstellerin zu 3 am 26. Juli 2015 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Ein Ausländer hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, wenn er nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit im Inland lebt und die Beendigung seines Aufenthalts mithin ungewiss ist (vgl. Marx in GK-StAR, Stand Juni 2016, § 4 Rn. 243). Diese Anforderungen erfüllte die Antragstellerin zu 1 bei der Geburt ihrer Kinder nach Auffassung der Kammer nicht. Sie hat sich spätestens seit 16. April 2012 bis Februar 2016 mit lediglich kurzen Unterbrechungen überwiegend bei ihrem Verlobten bzw. Ehemann in der Türkei aufgehalten. Die Aufenthalte in Deutschland betrugen in der Regel nur 2 bis 3 Wochen zu Besuchszwecken, abgesehen von den Zeiten, in welchen sie ihre Kinder in Deutschland geboren hat (jeweils 2 bis 3 Monate). Sie hat überwiegend bei ihrem Ehemann in der Türkei gelebt, um dort ihre familiäre Lebensgemeinschaft zu führen. Ihr gewöhnlicher Aufenthalt lag somit zum Zeitpunkt der Geburten ihrer Kinder nach Überzeugung der Kammer nicht in Deutschland, sondern bei ihrem Ehemann in der Türkei. Die jeweils kurzfristigen Besuchsaufenthalte in Deutschland - auch die längeren Aufenthalte zur Geburt ihrer Kinder -konnten demgegenüber keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründen. Somit haben die Antragsteller zu 2 und 3 bei ihrer Geburt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Die Eintragung der deutschen Staatsangehörigkeit in ihren Pässen war unzutreffend und deren Einziehung daher rechtmäßig. Entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen stehen der Einziehung Gründe der Rechtssicherheit nicht entgegen. Die Antragsgegnerin hat auch das ihr zustehende Ermessen ausgeübt. Ausgehend von dem durch § 114 Satz 1 VwGO vorgegebenen Prüfungsrahmen bestehen hiergegen keine rechtlichen Bedenken. Die Antragsgegnerin hat erkannt, dass und in welcher Art und Weise sie Ermessen auszuüben hat. Sie hat sämtliche Gesichtspunkte in ihre Entscheidung einbezogen. Sie hat diese Aspekte vertretbar gewichtet und ein sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung haltendes Ergebnis gefunden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Antragstellerinnen haben als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Die Kammer hat sich am Regelstreitwert orientiert (Nr. 30.1 VwGStreitwert Anh) und hiervon im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hälfte angesetzt.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann gleichfalls keinen Erfolg haben.

Nach § 167 VwGO i.V.m. § 115 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren wirt31 schaftlichen und persönlichen Verhältnissen die Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Diese Voraussetzungen sind, wie oben ausgeführt, nicht erfüllt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 9. April 2010 - 13 B 1300/10 - und der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. Mai 2010 - 11 ME 129/10 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Hannover zurückverwiesen.

...

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 8.000,- € (in Worten: achttausend Euro) und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 4.000,- € (in Worten: viertausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Ablehnung der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis.

2

1. Der 19jährige Beschwerdeführer ist türkischer und libanesischer Staatsangehöriger. Er wurde im Bundesgebiet geboren und lebt zusammen mit seiner Mutter und vier Geschwistern in häuslicher Gemeinschaft in H.. Seine Mutter, libanesische Staatsangehörige, sowie drei Geschwister besitzen unbefristete Aufenthaltserlaubnisse, sein älterer Bruder die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Vater des Beschwerdeführers stammt aus der Türkei; er wurde wegen Nichtableistung des Wehrdienstes aus der Türkei ausgebürgert; während des Ausgangsverfahrens befand er sich in der Justizvollzugsanstalt V. in Haft. Bis zum Eintritt der Volljährigkeit im September 2009 besaß der Beschwerdeführer eine von seiner Mutter abgeleitete Aufenthaltserlaubnis.

3

Der Beschwerdeführer ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Er verließ 2007 die Hauptschule mit einem Abgangszeugnis, das durchweg die Noten "mangelhaft" und "ungenügend" ausweist. Anschließend nahm er an einem Berufsvorbereitungsjahr teil und besuchte verschiedene Bildungs- und Integrationsmaßnahmen. Bis Ende Februar 2010 bezog er Leistungen nach dem SGB II.

4

2. Die Ausländerbehörde lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit Bescheid vom 2. März 2010 ab und drohte ihm die Abschiebung in die Türkei an. Der Aufenthaltserlaubnis stehe nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG die fehlende Lebensunterhaltssicherung entgegen; ein Abweichen von der Regelerteilungsvoraussetzung sei wegen fehlender Integration in Deutschland und geringer Motivation, den Lebensunterhalt dauerhaft aus eigenen Mitteln sicherzustellen, nicht möglich. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht mit Erfolg auf § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK berufen, da er nicht faktisch zum Inländer geworden sei. Seine fehlende Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse sei so stark, dass es auf die Möglichkeit der Integration in der Türkei nur noch untergeordnet ankomme. Dabei dürfe nicht unbeachtet bleiben, dass sein vollziehbar ausreisepflichtiger Vater mit ihm in die Türkei umsiedeln könne; sein Vater habe zudem Freunde in der Türkei, die den Beschwerdeführer dort unterstützen könnten. Das Verlassen des Bundesgebiets würde für den Beschwerdeführer auch keine außergewöhnliche Härte im Sinne von § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG bedeuten.

5

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Klage, über die noch nicht entschieden worden ist. Gleichzeitig beantragte er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Die Ausländerbehörde habe sich nur unzureichend mit der Reichweite des Art. 8 EMRK, den Integrationsleistungen des Beschwerdeführers und den tatsächlichen Folgen einer Ausreise auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer sei in Deutschland geboren, habe hier sein gesamtes bisheriges Leben verbracht und verfüge über gute Deutschkenntnisse. Trotz des formalen Eintritts der Volljährigkeit sei er auf die Hilfe und Zuwendung seiner Familie angewiesen. Mit der Türkei verbinde ihn nur die Staatsangehörigkeit. Er sei noch nie dort gewesen, verfüge über keine sozialen Bindungen dorthin und habe dort weder Verwandte noch Bekannte; die türkische Sprache beherrsche er nicht. Seine Familie sei nicht in der Lage, ihn in der Türkei finanziell zu unterstützen. Der Beschwerdeführer könne auch nicht gemeinsam mit seinem Vater zurückkehren, da dieser zum einen ausgebürgert worden sei, zum anderen frühestens im Oktober 2010 aus der Haft entlassen werde. Der Verweis auf Freunde des Vaters sei rein spekulativ. Insgesamt sei nicht nachvollziehbar, wie es dem Beschwerdeführer möglich sein solle, sich in der Türkei zu (re-)integrieren.

6

4. Mit Beschluss vom 9. April 2010 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab, da sich der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweise. Das Gericht folgte der Begründung des Bescheids. Ergänzend wies es darauf hin, dass der Beschwerdeführer trotz der Ausbürgerung seines Vaters türkischer Staatsangehöriger bleibe, dass es ihm zumutbar sei, die türkische Sprache zu erlernen, und dass es seinen in Deutschland lebenden Familienangehörigen freistehe, mit ihm in die Türkei zurückzukehren.

7

5. Mit seiner Beschwerde gegen diese Entscheidung machte der Beschwerdeführer geltend, das Verwaltungsgericht habe den zugrundeliegenden Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unzutreffend gewürdigt und sich mit seinen familiären Bindungen in Deutschland nur unzureichend auseinandergesetzt. Soweit es davon ausgegangen sei, Freunde des Vaters könnten den Beschwerdeführer in der Türkei unterstützen, hätte es zwingend weiterer Sachverhaltsklärung bedurft. Offen geblieben sei zudem, wie der Beschwerdeführer in der Zeit bis zum Erlernen der türkischen Sprache in der Türkei kommunizieren solle.

8

6. Mit Beschluss vom 20. Mai 2010 wies das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde zurück: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben werde, weil der Beschwerdeführer die Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht erfülle und keinen Anspruch nach § 25 Abs. 4 Satz 2 oder Abs. 5 AufenthG habe. Eine im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK hinreichende Integration des Beschwerdeführers könne nicht festgestellt werden, da ihm in keiner Weise eine berufliche Verwurzelung gelungen sei. Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfte auch unter dem Aspekt des Familienlebens nicht betroffen sein, da gesundheitliche Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers nicht ersichtlich seien und er nicht näher dargelegt habe, inwiefern er auf die Hilfe seiner Mutter und seines älteren Bruders angewiesen sei. Jedenfalls sei der Eingriff nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Mangels beruflicher Integration habe das Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Einwanderungskontrolle ein überwiegendes Gewicht. Das Leben in der Türkei sei dem Beschwerdeführer nicht unzumutbar. Er sei arbeitsfähig und könne sich wegen seiner Deutschkenntnisse insbesondere im Tourismusgewerbe bewerben. Es sei ihm zuzumuten, sich in Regionen niederzulassen, in denen arabisch gesprochen wird; auch sei er in der Lage, in angemessener Zeit türkisch zu lernen. Unabhängig davon, ob Verwandte oder Freunde des Vaters den Beschwerdeführer unterstützen könnten, sei zu berücksichtigen, dass sein Vater jedenfalls nach der Haftentlassung mit ihm ausreisen könnte; die Ausbürgerung des Vaters stelle kein Hindernis dar, da er sich ohne Weiteres wieder einbürgern lassen könne.

9

7. Mit der fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer, dass die Gerichte die Bedeutung von Art. 6 Abs. 1 GG verkannt hätten. Das Verwaltungsgericht habe sich mit dem grundrechtlichen Schutz der Familie und den tatsächlichen Familienverhältnissen überhaupt nicht befasst. Das Oberverwaltungsgericht habe die persönlichen Konsequenzen, die der Verlust der familiären Bindungen für den Beschwerdeführer bedeute, bei der Abwägung nicht berücksichtigt. Der Verweis der Gerichte auf den Vater des Beschwerdeführers und dessen vermeintliche Freunde sei ungeeignet, den Eingriff in Art. 6 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Da der Beschwerdeführer in der Türkei wegen Mittellosigkeit und fehlender Sprachkenntnisse einer sozialen Isolation ausgesetzt wäre, sei Art. 6 Abs. 1 GG bereits durch die Versagung von Eilrechtsschutz verletzt.

10

Darüber hinaus lägen Verstöße gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG vor. Die angegriffenen Beschlüsse verkennten die Bedeutung, die der Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK zukomme, da sie die für die Abwägung wesentlichen Umstände nicht erkannt beziehungsweise unberücksichtigt gelassen hätten. Zudem hätten die Gerichte die Entscheidungen auf die fehlenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt, obwohl eine hinreichende Berücksichtigung des Vortrags des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis geführt hätte, dass die Aussichten der Klage offen seien und ein Anordnungsanspruch bestehe; die eigenen Feststellungen der Gerichte zeigten, dass der Sachverhalt in wesentlichen Punkten noch klärungsbedürftig sei.

11

8. Das Bundesverfassungsgericht untersagte im Wege der einstweiligen Anordnung der Ausländerbehörde, bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde die angedrohte Abschiebung zu vollziehen (Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 2010 - 2 BvR 1392/10 -).

12

9. Dem Niedersächsischen Justizministerium wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

II.

13

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet im Sinne von § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen Art. 19 Abs. 4 GG.

14

1. Der Grundsatz der Subsidiarität (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen. Der Beschwerdeführer hat deutlich gemacht, dass er bereits durch die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes in verfassungsmäßigen Rechten verletzt ist (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfGE 35, 382 <397 f.>; 53, 30 <53 f.>; 59, 63 <83 f.>; 76, 1 <40>). Er zeigt auf, dass und weshalb die angegriffenen Entscheidungen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache hätten abhängig machen dürfen, und greift damit eine spezifische Besonderheit des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes an. Der Beschwerdeführer war daher nicht gehalten, vor der Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts zunächst den Rechtsweg in der Hauptsache zu durchlaufen.

15

2. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG.

16

a) Der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Garantie eines umfassenden und effektiven Rechtsschutzes kommt wesentliche Bedeutung bereits für den vorläufigen Rechtsschutz zu, dessen Versagung vielfach irreparable Folgen hat. Die nach § 80 Abs. 1 VwGO für den Regelfall vorgeschriebene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage ist insoweit eine adäquate Ausprägung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie. Andererseits gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe im Verwaltungsprozess nicht schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange können es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts ist daher ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Der Rechtsschutzanspruch des Bürgers ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 69, 220 <227 f.>; BVerfGK 5, 328 <334>; 11, 179 <186 f.>). Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO) oder einer behördlichen Anordnung (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) entspringt (vgl. BVerfGE 69, 220 <228 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, S. 93 <94>).

17

b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen auch dann nicht gerecht, wenn man hier den in § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG normierten grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses in Rechnung stellt und daraus folgert, dass die Gerichte - neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache - zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten sind, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, S. 93 <94>). Ausgehend von der Erkenntnis, dass der Fall im Hauptsacheverfahren zu klärende Sach- und Rechtsfragen aufwirft und deshalb die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache abhängig gemacht werden kann, hätten sich die Verwaltungsgerichte mit den substantiiert vorgetragenen persönlichen Belangen des Beschwerdeführers in einer der Bedeutung dieser Umstände für die Aussetzungsentscheidung angemessenen Weise auseinandersetzen müssen. Daran fehlt es. Zwar ist es grundsätzlich Sache der Fachgerichte, den Sachverhalt zu ermitteln und rechtlich zu würdigen; die Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht ist auf die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts beschränkt (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; stRspr). Eine solche Verletzung liegt hier jedoch vor. Die Gerichte haben das Vorbringen des Beschwerdeführers einer abschließenden Würdigung in der Art einer Hauptsacheentscheidung unterzogen, ohne naheliegende Einwände zu berücksichtigen und auf die Vorläufigkeit ihrer Würdigung sowie den interimistischen Charakter ihrer Entscheidungen Bedacht zu nehmen, und damit das Gebot effektiven Rechtsschutzes verfehlt.

18

Der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten ist vor allem die Frage, ob die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vor dem Recht auf Achtung des Privatlebens, das Art. 8 Abs. 1 EMRK neben dem Recht auf Achtung des Familienlebens schützt, Bestand haben kann. Die angegriffenen Entscheidungen halten es grundsätzlich für möglich, dass sich ein Ausländer zur Begründung eines Aufenthaltsrechts auf den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen kann, stellen jedoch fest, dass die Voraussetzungen, unter denen hieraus ein rechtliches Ausreisehindernis im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG folge oder eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG anzunehmen sei, im Falle des Beschwerdeführers nicht erfüllt seien. Diese Feststellung ist nicht in einer die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes rechtfertigenden Weise begründet. Sowohl das Verwaltungsgericht - durch Inbezugnahme des Bescheids der Ausländerbehörde - als auch das Oberverwaltungsgericht haben einseitig auf die berufliche Integration des Beschwerdeführers abgestellt und damit den Schutzgehalt von Art. 8 Abs. 1 EMRK verkürzt; die Rechtfertigungsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK lässt eine hinreichende Auseinandersetzung mit den konkreten Lebensverhältnissen des Beschwerdeführers vermissen.

19

aa) Das Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind (vgl. EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 9. Oktober 2003 - 48321/99 -, Fall Slivenko , EuGRZ 2006, S. 560 <561>) und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGK 11, 153 <159 f.>; BVerwGE 133, 72 <82 f.> m.w.N.). Ein Eingriff in die Rechte aus Art. 8 Abs. 1 EMRK muss nach Art. 8 Abs. 2 EMRK eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellen, die durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und mit Blick auf das verfolgte legitime Ziel auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGK 11, 153 <160> m.w.N.).

20

bb) Hiermit im Einklang steht zwar die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene Maßstabsbildung, wonach zur Herleitung eines Aufenthaltsrechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK ein durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiertes Privatleben erforderlich sei, das nur noch im Bundesgebiet geführt werden kann, und dass es hierfür einerseits auf die Integration des Ausländers in Deutschland, andererseits die Möglichkeit zur (Re-)Integration im Staat der Staatsangehörigkeit ankomme. Allerdings wird die konkrete Würdigung der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Umstände zur Verwurzelung in Deutschland und der Entwurzelung hinsichtlich der Türkei dem auf die Erfassung der individuellen Lebensverhältnisse des Ausländers angelegten Prüfprogramm (vgl. BVerfGK 12, 37 <44>; BVerwGE 133, 72 <82 ff.>) nicht gerecht.

21

Die angegriffenen Entscheidungen nehmen keine gewichtende Gesamtbewertung der Lebensumstände des Beschwerdeführers vor (vgl. BVerwGE 133, 72 <84>). Stattdessen stellen sie hinsichtlich des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK einseitig auf die - aus ihrer Sicht fehlenden - wirtschaftlichen Bindungen des Beschwerdeführers an die Bundesrepublik Deutschland ab, indem sie eine misslungene berufliche Integration konstatieren. Die Geburt des Beschwerdeführers in Deutschland sowie das Gewicht des über 18 Jahre andauernden rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet werden nur unzureichend gewürdigt. Der Umstand, dass die gesamte Familie des Beschwerdeführers in Deutschland lebt, und die sonstigen persönlichen Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland bleiben gänzlich unberücksichtigt. Nicht in den Blick genommen wird auch das angesichts der bisherigen Straflosigkeit des Beschwerdeführers vergleichsweise geringe Gewicht des die Aufenthaltsbeendigung rechtfertigenden öffentlichen Interesses (vgl. BVerfGK 12, 37 <45>). Im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist das Oberverwaltungsgericht - ebenso wie das Verwaltungsgericht in seinen ergänzenden Hinweisen - dem Fehlen tatsächlicher Verbindungen zur Türkei nicht individuell nachgegangen, obwohl sich in Ansehung der Lebensgeschichte des Beschwerdeführers die Notwendigkeit aufdrängt, die vorgetragene Entwurzelung - insbesondere die fehlenden Kenntnisse der türkischen Sprache und Kultur sowie das Fehlen jeglicher Bezugsperson in der Türkei - aufzuklären. Der Verweis darauf, in angemessener Zeit türkisch lernen und in der Türkei Arbeit finden oder sich jedenfalls in arabisch sprechenden Landesteilen niederlassen und im Tourismusgewerbe bewerben zu können, stützt sich auf globale Erkenntnisse, deren konkrete Bedeutung für den Beschwerdeführer nicht ermittelt worden ist und ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung wohl auch nicht ermittelt werden kann. Entsprechendes gilt für die Behauptung, der ausreisepflichtige Vater könne - jedenfalls nach seiner Haftentlassung - mit dem Beschwerdeführer in die Türkei ausreisen, weil insoweit nicht nur unberücksichtigt geblieben ist, dass die Haftentlassung frühestens im Oktober 2010 möglich war, sondern es auch jeglichen Eingehens auf mögliche konkrete Lebensperspektiven des Vaters und des Beschwerdeführers ermangelt.

22

3. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auf der Grundrechtsverletzung. Es ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte bei hinreichender Berücksichtigung der sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Vorgaben zu einer anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gelangt wären. Die Kammer hebt deshalb nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG die angegriffenen Beschlüsse auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht zurück. Auf das Vorliegen der weiteren gerügten Grundrechtsverstöße kommt es nicht an.

III.

23

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Ein Kind, das im Inland aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Kind eines Deutschen. Satz 1 ist auf ein vertraulich geborenes Kind nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes entsprechend anzuwenden.

(3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil

1.
seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt.
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wird in dem Geburtenregister, in dem die Geburt des Kindes beurkundet ist, eingetragen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften über das Verfahren zur Eintragung des Erwerbs der Staatsangehörigkeit nach Satz 1 zu erlassen.

(4) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach Absatz 1 erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos. Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird; zur Fristwahrung genügt es auch, wenn der Antrag in dieser Frist bei der zuständigen Auslandsvertretung eingeht. Sind beide Elternteile deutsche Staatsangehörige, so tritt die Rechtsfolge des Satzes 1 nur ein, wenn beide die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Für den Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes und nach § 15 ist die Rechtsfolge nach Satz 1 unbeachtlich.

(5) Absatz 4 Satz 1 gilt nicht

1.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 erworben hat, und
2.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, wenn dieser ohne den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einen Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 gehabt hätte.

(1) Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie kann nur in den durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. § 47 bleibt unberührt.

(2) Einem Ausländer ist die Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er seit fünf Jahren die Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
sein Lebensunterhalt gesichert ist,
3.
er mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachweist; berufliche Ausfallzeiten auf Grund von Kinderbetreuung oder häuslicher Pflege werden entsprechend angerechnet,
4.
Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen,
5.
ihm die Beschäftigung erlaubt ist, sofern er Arbeitnehmer ist,
6.
er im Besitz der sonstigen für eine dauernde Ausübung seiner Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnisse ist,
7.
er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
8.
er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt und
9.
er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
Die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 sind nachgewiesen, wenn ein Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen wurde. Von diesen Voraussetzungen wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann. Im Übrigen kann zur Vermeidung einer Härte von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 abgesehen werden. Ferner wird davon abgesehen, wenn der Ausländer sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen kann und er nach § 44 Abs. 3 Nr. 2 keinen Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs hatte oder er nach § 44a Abs. 2 Nr. 3 nicht zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet war. Darüber hinaus wird von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 abgesehen, wenn der Ausländer diese aus den in Satz 3 genannten Gründen nicht erfüllen kann.

(3) Bei Ehegatten, die in ehelicher Lebensgemeinschaft leben, genügt es, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 durch einen Ehegatten erfüllt werden. Von der Voraussetzung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 wird abgesehen, wenn sich der Ausländer in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder einem Hochschulabschluss führt. Satz 1 gilt in den Fällen des § 26 Abs. 4 entsprechend.

(4) Auf die für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erforderlichen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis werden folgende Zeiten angerechnet:

1.
die Zeit des früheren Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis, wenn der Ausländer zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war, abzüglich der Zeit der dazwischen liegenden Aufenthalte außerhalb des Bundesgebiets, die zum Erlöschen der Niederlassungserlaubnis führten; angerechnet werden höchstens vier Jahre,
2.
höchstens sechs Monate für jeden Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets, der nicht zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis führte,
3.
die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthalts zum Zweck des Studiums oder der Berufsausbildung im Bundesgebiet zur Hälfte.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.