Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 312/14

bei uns veröffentlicht am20.12.2016
vorgehend
Sozialgericht München, S 22 SO 325/13, 15.10.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Oktober 2014, S 22 SO 325/13, wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist im Erstattungswege die sachliche Zuständigkeit für die Leistungsgewährung an den Beigeladenen zu 1) nach dem 4. und 7. Kapitel des Sozialgesetzbuches XII (SGB XII) gemäß Art. 82 Abs. 2 BayAGSG i.V.m. § 97 Abs. 4 SGB XII.

Bei dem im Jahre 1968 geborenen Leistungsempfänger, dem Beigeladenen zu 1), besteht infolge einer frühkindlichen Hirnschädigung eine schwere geistige Behinderung und aufgrund der Folgen eines Sturzes im Jahre 2002 eine massive körperliche Behinderung (hohe Querschnittslähmung). Er erhält Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und steht unter rechtlicher Betreuung. Der Beigeladene zu 1) ist schwerbehinderter Mensch mit den Merkzeichen G, H, RF und bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung Bund.

In der Zeit vom 16.09.2002 bis 31.05.2006 erhielt der Beigeladene zu 1) vom Beklagten, dem überörtlichen Sozialhilfeträger, stationäre Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen, den Barbetrag, Bekleidungsbeihilfe sowie Hilfe zur Pflege. Der Beigeladene zu 1) war seinerzeit in der Einrichtung „A.“, A-Straße 12, in A-Stadt untergebracht. In der Zeit vom 01.06.2006 bis 30.11.2007 erhielt der Beigeladene zu 1) ebenfalls vom Beklagten Leistungen für die stationäre Unterbringung in der Pflegeeinrichtung „B.“ in B-Stadt.

Seit 01.12.2007 lebt der Beigeladene zu 1) in einer Wohngruppe mit ambulanter Pflege nach SGB XI in der A-Straße in A-Stadt und wird von der „C.“, C-Straße 6, C-Stadt, der Beigeladenen zu2), ambulant pflegerisch versorgt.

Am 03.12.2007 beantragte der Betreuer des Beigeladenen zu 1) beim Beklagten (überörtlicher Sozialhilfeträger) Leistungen der Sozialhilfe, unter anderem der Hilfe zur Pflege. Er gab an, es habe sich für den Beigeladenen zu 1) „kurzfristig die Möglichkeit ergeben, in eine Wohngruppe unter ambulanter Pflege nach SGB XII zu ziehen“. Er legte dem Beklagten den Mietvertrag vom 29.11.2007 über teilmöblierte Räume mit dem Vermieter (300 € monatliche Miete), den Servicevertrag vom 29.11.2007 (volle Verpflegung, Wäschewaschen, Reinigung, Betreuung, monatlich 650 €) und den Pflegevertrag vom 01.12.2007 über die Erbringung ambulanter Pflege nach § 120 SGB XI einschließlich eines Kostenvoranschlages mit aufgeführten Leistungen über monatlich 4.386,50 € abzüglich der Pflegeleistungen der Pflegekasse in Höhe von 1.688 € vor; Vertragspartner der beiden letztgenannten Verträge war die Beigeladene zu 2).

Der beklagte Bezirk leitete den Antrag vom 03.12.2007 am 05.12.2007 an den Kläger (örtlicher Sozialhilfeträger) weiter, weil es sich um eine ambulante Wohnform nach dem SGB XI handele. Der Kläger bewilligte dem Beigeladenen zu 1), erstmals mit Bescheid vom 07.02.2008, Leistungen der ambulanten Hilfe zur Pflege ab dem 01.12.2007, soweit diese nicht durch Leistungen der Pflegeversicherung gedeckt seien. Erstmals mit Bescheid vom 20.05.2008 bewilligte der Kläger dem Beigeladenen zu 1) Grundsicherungsleistungen bei Erwerbsminderung, wobei der Kläger einen Regelbedarf von 750 € monatlich anerkannte, damit die Pauschale aus dem Servicevertrag abgedeckt werden konnte.

Am 30.07.2008 legte der Kläger dem Beklagten die Sache „zur Entscheidung wegen dortiger Zuständigkeit“ vor und meldete einen Erstattungsanspruch an. Der Beklagte sei nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG als überörtlicher Sozialhilfeträger zuständig, weil nach den Feststellungen des Klägers die Beigeladene zu 2) auch Eingliederungshilfe im Umfang von mindestens 420 Minuten wöchentlich erbringe. Der Beklagte lehnte am 09.04.2009 die Übernahme des Falles mit der Begründung ab, es liege kein ambulant betreutes Wohnen vor. Nach einer Stellungnahme des bezirksinternen sozialpädagogischen Dienstes vom 04.03.2009 erbringe die C. die Unterstützung in der alltäglichen Lebensbewältigung im Rahmen der grund- und behandlungspflegerischen Versorgung. Es handle sich um aktivierende Pflege und nicht um Teilhabeleistungen am Leben in der Gemeinschaft. Der Beklagte bewilligte dem Beigeladenen zu 1) jedoch, erstmals mit Bescheid vom 25.09.2009, Leistungen der Eingliederungshilfe (ambulante Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft) im Umfang von 1 Stunde täglich (Freizeitgestaltung). Hintergrund dieser Bewilligung waren Ermittlungen des Klägers, wonach der Beigeladene zu 1) täglich eine Stunde „gemeinsame Beschäftigung“ (Rekapitulieren von vorher Geschehenem, von Spaziergängen, Fotos oder Personen zum Erhalt der kognitiven Fähigkeiten, Spazierfahrt, Sitzen auf Terrasse etc.) von der Beigeladenen zu 2) erhielt. Die Auszahlung und Abrechnung der Eingliederungshilfe erfolgte durch den örtlichen Sozialhilfeträger (den Kläger).

Mit Bescheid vom 21.04.2011 bewilligte der Beklagte dem Beigeladenen zu 1) zudem rückwirkend ab 25.11.2009 Mobilitätshilfe im Umfang von 80 € monatlich.

Am 22.05.2013 wandte sich der Kläger erneut mit der Bitte um Kostenerstattung und Übernahme der Bearbeitung des Falles an den Beklagten und wies auf ein Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 21.02.2013 (L 18 SO 85/120) hin. Danach habe der überörtliche Träger nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG die Fallbearbeitung zu übernehmen, wenn überhaupt Eingliederungshilfe erbracht werde. Der Beklagte lehnte den Erstattungsanspruch und die Fallübernahme am 27.05.2013 erneut ab.

Mit der am 24.06.2013 zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger die Erstattung der bisherigen Aufwendungen (01.01.2009 bis 31.05.2013 in Höhe von 90.211,20 €) und die Fallübernahme durch den Beklagten beantragt. Dieser sei nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG „allzuständig“, weil er Eingliederungshilfe in einer betreuten Wohnform an den Beigeladenen zu 1) leiste.

Das SG hat den Leistungsberechtigten (Beigeladener zu 1) und die Leistungserbringerin der ambulanten Pflegeleistung (Beigeladene zu 2) mit Beschluss vom 26.08.2014 beigeladen und mit Urteil vom 15. Oktober 2014 die Klage abgewiesen. Die als („echte“) Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage, welche sich auf den Erlass eines Grundurteils gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG richte, sei nicht begründet. Es könne dahinstehen, ob sich der hier streitige Anspruch auf Erstattung nach § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) oder nach § 105 SGB X richte. Denn beide Normen setzten voraus, dass nicht der Kläger, sondern der Beklagte im hier streitigen Zeitraum (ab dem 01.01.2009) zur Leistung verpflichtet gewesen sei. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn der Kläger habe die Leistungen der Hilfe zur Pflege zu Recht in eigener Zuständigkeit erbracht. Ein Fall des § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) liege nicht vor, weil es nicht um die dort genannten Leistungen der Teilhabe gehe.

Art. 82 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG; in der Fassung des zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 27.12.2007) treffe zwar eine nach § 97 Abs. 2 SGB XII zulässige abweichende Festlegung der Zuständigkeit durch Landesrecht. Nach Art. 82 Abs. 2 AGSG gelte § 97 Abs. 4 SGB XII entsprechend, es bestehe also eine umfassende sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers (hier: des Beklagten), wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinne des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht werde. Dies sei nach der Überzeugung des SG aber nicht der Fall. Der Beklagte habe im maßgeblichen Zeitraum keine Leistungen der Eingliederungshilfe „durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen“ erbracht.

Art. 82 Abs. 2 BayAGSG könne jedenfalls nicht so ausgelegt werden, dass stets dann, wenn irgend eine (beliebige) Leistung der Eingliederungshilfe erbracht werde, unabhängig von den sonstigen Umständen der Betreuung, die „Gesamtfallzuständigkeit“ des überörtlichen Trägers ausgelöst werde. Dem stehe bereits der Wortlaut der genannten Norm entgegen (Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht). Die Eingliederungshilfe müsse also Bestandteil des „betreuten Wohnens“ sein. Es erscheine somit sachgerecht, eine (selbst angemietete) Wohnung dann als betreute Wohnmöglichkeit anzusehen, wenn der behinderte Mensch dort Angebote zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erhalte, er also dort nicht nur Hilfen bekomme, die gesundheitsbedingte Defizite ausgleichen sollten.

Auch müsse Eingliederungshilfe in Form des betreuten Wohnens auf die Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich gerichtet sein. Dies ergebe sich aus § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, wonach Hilfen „zu selbstbestimmtem Leben“ in betreuten Wohnmöglichkeiten geleistet würden. Die ausschließliche Erbringung von Hilfen am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben könne dem gegenüber für eine Anwendung von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG nicht genügen. Der Sinn und Zweck des betreuten Wohnens liege darin, trotz der behinderungsbedingten Beschränkungen ein möglichst eigenständiges und unabhängiges Leben führen zu können. Nur anhand dieses Zwecks könne jedoch eine Definition des betreuten Wohnens in sinnvoller Weise vorgenommen werden (siehe BSG, Urteil vom 25.08.2011, B 8 SO 7/10 R, Rn. 15). Da der Beigeladene zu 1) in der von ihm angemieteten Privatwohnung keine Angebote der Eingliederungshilfe erhalte, welche auf die Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung seiner alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich gerichtet seien, bleibe es bei der sachlichen Zuständigkeit des Klägers.

Die Beigeladene zu 2) habe dazu in der mündlichen Verhandlung dargelegt, der Beigeladene zu 1) erhalte in seiner Wohnung lebenspraktische, lebensgestaltende sowie soziale Förderung. Es werde mit ihm der sog. „Langsitz“ geübt, um selbständig aufrecht sitzen zu können. Weiter werde der Schluckvorgang trainiert, mit der Folge, dass keine Sondenernährung mehr erforderlich sei. Zudem würden dem Beigeladenen zu 1) einfache Rechenaufgaben gestellt. Das geistige Leistungsvermögen des Beigeladenen zu 1) entspreche etwa dem eines zwei- bis vierjährigen Kindes. Dennoch habe er ganz individuelle Vorstellungen und Wünsche, fühle sich zum Beispiel zu bestimmten Pflege- und Bezugspersonen stärker hingezogen als zu anderen. Für das SG ergebe sich daraus, dass der Beigeladene zu 1) behinderungsbedingt nicht (oder allenfalls in geringen Ansätzen) über die Fähigkeit zur eigenständigen Lebensgestaltung verfüge. Ein Fall des betreuten Wohnens im Sinne von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG liege somit nicht vor, weil es nicht möglich sei, ein Mindestmaß an Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung seiner alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich zu erreichen.

Gegen das am 04.12.2014 zugestellte Urteil des SG vom 15. Oktober 2014 hat der Kläger am 19.12.2014 Berufung zum LSG erhoben. Der beklagte Bezirk selbst sei nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG sachlich zuständig, weil der Beigeladene zu 1) in der betreuten Wohnform tatsächlich Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten habe. Der Kläger habe am 12.03.2013 eine Vereinbarung nach §§ 75 ff SGB XII für den Leistungsbereich des ambulant betreuten Wohnens für pflegebedürftige Menschen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf mit der Beigeladenen zu 2) abgeschlossen. Der Beigeladene zu1) werde in der selbst angemieteten Wohnung ambulant betreut, wobei diese Betreuung neben Behandlungspflege, Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung auch Maßnahmen der Eingliederungshilfe in Form von Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erfasse. Der Pflegedienst erbringe auch Leistungen im lebenspraktischen, lebensgestaltenden und psychosozialen Bereich. Daneben würden Eingliederungshilfen in Form der Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben im Umfang von 7 Stunden/Woche erbracht. Der Beklagte sei nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG auch für die Pflege und die Grundsicherungsleistungen sachlich zuständig. Die Definition des betreuten Wohnens des Verbandes der bayer. Bezirke vom 21.04.2010, wonach bei Maßnahmen der Freizeitgestaltung keine ambulant betreute Wohnform vorliege, widerspreche der Rechtsprechung des LSG (Urteil vom 21.03.2013, L 18 SO 85/10). Es sei gerade nicht auf den Zweck und den Umfang der Eingliederungsmaßnahmen abzustellen. Auch komme es nicht auf den Schwerpunkt der Maßnahmen an. Der Zweck des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG liege darin, Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden und Leistungen aus einer Hand zu gewähren.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Oktober 2014 aufzuheben. Der Berufungsbeklagte wird verurteilt, dem Kläger alle für den Beigeladenen zu 1) seit dem 01.01.2009 bis 30.11.2016 geleisteten Aufwendungen nach dem SGB XII in Höhe von 244.013,83 € zu erstatten. Der Berufungsbeklagte wird verurteilt, den Hilfefall in eigener Zuständigkeit ab 01.12.2016 zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 2) stellen keinen Antrag.

Nach Auffassung des Beklagten erbringe er Leistungen der Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (Begleitung zum Einkaufen, Spazierengehen, gemeinsam lesen und spielen). Es handle sich aber nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe durch Betreuung im betreuten Einzelwohnen nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG, weil solche nie beantragt worden seien und zudem der Beigeladene zu 1) dazu nicht in der Lage wäre. Die vom Kläger erwähnten Leistungen im lebenspraktischen, lebensgestaltenden und psychosozialen Bereich gehörten zu der pflegerischen Versorgung, insbesondere zu der aktivierenden Pflege nach § 28 Abs. 4 SGB XII.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Klägers und des Beklagten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den beklagten Bezirk keinen Erstattungsanspruch und keine Anspruch auf Übernahme der Fallbearbeitung in eigener Zuständigkeit.

A.Gegen das Urteil des SG vom 15. Oktober 2014 ist die Berufung zulässig, insbesondere ist der für die Statthaftigkeit bei Erstattungsstreitigkeiten erforderliche Beschwerdewert von 10.000 € überschritten, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG.

Die Berufung ist zulässig und form- und fristgemäß vom Kläger am 19.12.2014 gegen das ihm am 04.12.2014 zugestellte Urteil des SG eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG).

1. Der Senat legt das Klagebegehren dahingehend aus, dass sowohl die Kostenerstattung als auch die gerichtliche Feststellung des sachlich zuständigen Sozialhilfeträgers für den Leistungsfall des Beigeladenen zu 1) begehrt wird (§ 123 SGG). Die im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) zur Entscheidung gestellten Rechtsschutzbegehren sind zulässig.

2. Soweit der Kläger erstinstanzlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 15.10.2014 abweichend von seinem ursprünglich bezifferten Leistungsantrag und seiner Feststellungsklage bei Klageerhebung am 20.06.2013 ausschließlich einen unbezifferten Leistungsantrag gerichtet auf die Erstattung der ab dem 01.01.2009 für den Beigeladenen zu 1) erbrachten Leistungen der Hilfe zur Pflege gestellt hat, hat das SG hierüber im Wege eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 S. 1 SGG entschieden und dieses unter Berufung auf eine Entscheidung des LSGvom 21.02.2013, L 18 SO 85/10 als zulässig angesehen.

Nachdem der Kläger nunmehr im Wege der Klageänderung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.11.2016 einen auf 244.013,83 € bezifferten Leistungsantrag und den Antrag auf Übernahme des Hilfefalles in eigener Zuständigkeit stellt, liegt darin eine nach § 99 Abs. 1 SGG zulässige, weil sachdienliche Klageänderung. Der Senat kann an dieser Stelle daher offenlassen, ob er der vom 18. Senat im o.g. Urteil vertretenen Rechtsansicht zur Zulässigkeit eines unbezifferten Leistungsantrages im Erstattungsstreit zwischen Sozialhilfeträgern folgt. Anzumerken ist hier aber, dass ein Grundurteil nach § 130 SGG für eine Feststellungsklage bzw. eine Klage auf Übernahme des Falles nicht zulässig ist.

3. Hinsichtlich des nunmehr bezifferten Berufungsantrages handelt sich um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, denn die Beteiligten stehen einander nicht in einem Über-, Unterordnungsverhältnis, sondern in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber (Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 54 Rn. 41).

4. Soweit es um die Feststellung der zukünftigen sachlichen Zuständigkeit für den Leistungsfall geht („Fallübernahme“), ist eine Feststellungsklage (§ 55 SGG) zulässig. Dem steht keine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob in einem Rechtsstreit zwischen zwei öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern die Subsidiarität der Feststellungsklage überhaupt greift (verneinend Keller in Meyer-Ladewig, a.a.O. § 55 Rn. 19 c). Denn jedenfalls in der in diesem Verfahren vorliegenden Konstellation steht dem Kläger eine Gestaltungs- oder Leistungsklage hinsichtlich der künftigen Kosten nach der mündlichen Verhandlung beim Senat als prozessual sinnvolle Alternative nicht zur Verfügung. Ein Feststellungsinteresse des Klägers ist zu bejahen. Es kann dahinstehen, ob es sich hierbei um einen unter § 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG zu subsumierenden Fall einer Zuständigkeitsklage (dagegen spricht, dass es sich bei den beteiligten Sozialhilfeträgern nicht um Sozialversicherungsträger handelt) oder um einen Anwendungsfall des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses, hier: eines Erstattungsrechtsverhältnisses) handelt.

5. Hinsichtlich des nunmehr (wieder) gestellten Feststellungsantrages bedurfte es einer Beiladung des Leistungsberechtigten und der Leistungserbringerin, weil beide ein berechtigtes Interesse (§ 75 Abs. 1 SGG) daran haben, welcher Sozialhilfeträger künftig zuständiger Leistungsträger ist. Hinsichtlich der geltend gemachten Erstattungsforderung bedurfte es hingegen keiner Beiladung des Hilfebedürftigen nach § 75 Abs. 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung) oder der Leistungserbringerin. Es kann daher dahinstehen, ob die Rechtsprechung zur Erstattung von Leistungen nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX (keine Beiladung des Leitungsempfängers, weil die Anspruchsnorm des § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen den Sozialhilfeträgern betreffe, vgl. BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - Rn. 10 m.w.N., zuletzt BSG, Urteil vom 23.7.2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 Rn. 9) auf Erstattungsansprüche nach § 105 SGB X zu übertragen ist, oder dies wegen der Wirkung der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X hier anders zu beurteilen ist.

Die Leistungserbringerin war hinsichtlich der Erstattungsforderung nicht beizuladen, weil deren finanzielle Forderungen hinsichtlich der Kosten der ambulanten Pflege des Leistungsberechtigten in der Zeit vom 01.01.2009 bis 30.11.2016 durch den Kläger beglichen wurden und sie somit kein berechtigtes Interesse i.S. § 75 SGG hat, das durch die Entscheidung berührt werden kann. Eine Beiladung des Leistungserbringers ist nach der Rechtsprechung nur im Rechtsstreit zwischen dem Sozialhilfeempfänger und dem Sozialhilfeträger erforderlich, nicht aber im Erstattungsstreit (Leitherer in Meyer/Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 75, Rn. 10 k).

B.Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Erstattungsanspruch gegen den beklagten Bezirk. Ungeachtet der Rechtsgrundlage und der rechtzeitigen Anmeldung (siehe dazu unter 1) kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger unzuständiger Leistungsträger ist; vielmehr ist er sachlich (siehe dazu unter 2-4) und örtlich (siehe dazu unter 5,6) zuständiger Sozialhilfeträger - § 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. Art. 80, 82 BayAGSG.

1. a) Der Kläger hätte seinen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten jedenfalls rechtzeitig am 30.07.2008 und am 22.05.2013 geltend gemacht, als er diesen dem Grunde nach angemeldet hat. Nach § 111 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Der Kläger hat hier erstmals ab 01.12.2007 mit Bescheid vom 07.02.2008 Leistungen der ambulanten Pflege nach § 65 Abs. 1 S.2 SGB XII bewilligt und diese vorsorglich bereits am 30.07.2008 beim Beklagten zur Erstattung angemeldet. Am 22.05.2013 hat der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des LSG vom 21.02.2013, L 18 SO 85/10 erneut seinen Erstattungsanspruch angemeldet und um Fallübernahme gebeten. Am 20.06.2013 hat der Kläger dann Klage zum SG erhoben. Selbst mit der späteren zweiten Anmeldung des Erstattungsanspruches vom 22.05.2013 konnte der Beklagte sich nicht auf die Verjährung der für die Zeit ab 01.01.2009 geltend gemachten Leistungen berufen.

b) Es kann unentschieden bleiben, ob der Kläger einen Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X oder nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX gegen den beklagten Bezirk geltend macht. Denn sowohl der Wortlaut von § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX verlangt, dass festgestellt wird, dass ein anderer Leistungsträger für die Leistung zuständig ist, wie das auch bei § 105 SGB X der Fall ist. Dort wird verlangt, dass ein unzuständiger Träger Sozialleistungen erbracht hat. (§ 105 Abs. 1 S. 1 SGB X).

Es muss damit nicht entschieden werden (vgl. so auch in ähnlicher Konstellation BSG, Urteil vom 25. April 2013 - B 8 SO 6/12 R -, Rn. 12, juris), ob der Kläger aufgrund des vom Beklagten an ihn - als zweitangegangenen Trägers - weitergeleiteten Antrages vom 03.12.2007 auf Kostenübernahme für die Leistungen in der Wohngruppe der ambulanten Pflege in A-Stadt (denkbar als Leistung der Eingliederungshilfe nach § 19 Abs. 3, §§ 53 und 54 Abs. 1 SGB XII iVm § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX) gegenüber dem Leistungsempfänger im Außenverhältnis zuständiger Leistungs- und Rehabilitationsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX i.V.m. § 5 Nr. 4 SGB IX) geworden ist, denn er ist sachlich und örtlich zuständiger Träger und damit nicht Erstattungsberechtigter.

2. Der Kläger ist als örtlicher Sozialhilfeträger sachlich zuständig, weil die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers nicht gegeben ist. Weder wurden Leistungen stationär erbracht (siehe dazu unter 3), noch liegt eine Sonderzuständigkeit des Bezirks für Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft vor (siehe dazu unter 4).

Der Kläger ist sachlich nach § 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1SGB XII i.V.m. Art. 80, 82 BayAGSG zuständig für die erbrachte Hilfe zur ambulanten Pflege nach § 65 SGB XII.

Gem. § 97 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ist dann, wenn das Gesetz keine andere Bestimmung trifft, der örtliche Träger der Sozialhilfe für die Erbringung der Leistungen nach dem SGB XII zuständig; dies ist hier der Kläger. Ein Fall des § 97 Abs. 4 SGB XII (stationäre Leistungen) liegt nicht vor (siehe dazu unter 3).

Nach § 97 Abs. 2 SGB XII ist eine abweichende Festlegung der Zuständigkeit durch Landesrecht möglich. Dabei soll gem. § 97 Abs. 2 Satz 2 SGB XII „soweit wie möglich“ eine einheitliche sachliche Zuständigkeit für die Leistungen (im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 SGB XII) geschaffen werden.

Die sachliche Zuständigkeit, d.h. die Abgrenzung zwischen überörtlichem und örtlichem Sozialhilfeträger ergibt sich aus Art. 82 i.V.m. 81 BayAGSG ( in der Fassung des zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 27.12.2007). Nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 BayAGSG sind die überörtlichen Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für (Nr. 1) alle Leistungen der Sozialhilfe nach dem 6. Kapitel SGB XII und (Nr. 2) alle übrigen Leistungen der Sozialhilfe, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen gewährt werden. Nach Art. 82 Abs. 2 AGSG gilt § 97 Abs. 4 SGB XII entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird. In diesem Fall ist also der überörtliche Sozialhilfeträger zuständig und zwar für sämtliche Leistungen nach dem SGB XII, die an den Leistungsempfänger erbracht werden.

3. Bei der Versorgung des Beigeladenen zu 1) in der Wohngemeinschaft C. A-Stadt handelt es sich um eine ambulante, und nicht um eine stationäre (oder teilstationäre) Leistung nach § 13 Abs. 1 SGB XII. Der Beklagte war daher nicht nach § 97 Abs. Abs. 2 SGB XII i.V.m. Art. 82 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 S. 2 BayAGSG als überörtlicher Träger sachlich zuständig.

a. Von einer vollstationären Einrichtung im Sinne von § 13 SGB XII und damit auch im Sinne von Art. 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayAGSG kann nur dann gesprochen werden, wenn der gesamte Bedarf des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs. 1 SGB XII in der Einrichtung in einrichtungsspezifischer Weise befriedigt wird. Eine stationäre Einrichtung übernimmt für den Hilfebedürftigen - von dessen Aufnahme bis zur Entlassung - die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung (vgl Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand November 2014, K § 13 RdNr. 58, 59 mwN). Das BSG betont in ständiger Rechtsprechung, dass es bei der Abgrenzung von stationären zu ambulanten Angeboten für die rechtliche Qualifikation der Leistung ohne Belang ist, ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet und es ebenso wenig von Belang ist, wie die Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen bezeichnet werden (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 19, 20).

Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (ständige Rechtsprechung des BVerwGE zuletzt mit Urteil vom 24.Februar1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; sowie des BSG, BSGE 106, 264 ff Rn. 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr. 2 undUrteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 18) und der der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dient (vgl. § 13 Abs. 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1 Rn. 15).

b. Hier übernahm kein Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Beigeladenen zu 1). Die Intensivwohngruppe der C. A-Stadt bietet betreutes Wohnen in einer familiären und persönlichen Umgebung an. Die professionelle Pflege wird von einem Team aus Intensivfachpersonal und examinierten Pflegefachkräften, die über eine spezielle Fortbildung für außerklinische Heimbeatmung verfügen, geleistet. Sowohl ein Facharzt für Allgemeinmedizin mit langjähriger Erfahrung in der Betreuung von „heimbeatmeten“ Patienten, als auch ein Facharzt (Prof.) für Neurologie stehen zur Verfügung, um eine fachspezifische ambulante ärztliche Versorgung zu gewährleisten. Zudem bestehen Kooperationen mit Physio- und Ergotherapeuthen, sowie Logopäden, die regelmäßig die Bewohner zur Therapie aufsuchen.

Der Betreuer des Beigeladenen zu 1) legte dem Beklagten den Mietvertrag nach § 535 BGB vom 29.11.2007 über teilmöblierte Räume mit dem Vermieter (300 € monatliche Miete), den Servicevertrag vom 29.11.2007 (volle Verpflegung, Wäschewaschen, Reinigung, monatlich 650 €) und den Pflegevertrag vom 01.12.2007 über die Erbringung ambulanter Pflege nach § 120 SGB XI einschließlich eines Kostenvoranschlages über monatlich 4386,50 € abzüglich der Pflegeleistungen der Pflegekasse in Höhe von 1688 € vor; Vertragspartner der beiden letztgenannten Verträge war die Beigeladene zu 2). Nach der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) geschlossenen Vereinbarung nach §§ 75 ff SGB XII für den Leistungsbereich des ambulant betreuten Wohnens für pflegebedürftige Menschen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf vom 12.03.2013 beinhaltete die vereinbarte Betreuungspauschale von 650 € monatlich neben Ernährung und Haushaltsführung auch die Betreuung und allgemeine „Pflege“.

Der Mietvertrag wurde mit dem Vermieter geschlossen, es bestand keine Einheit zwischen den drei Verträgen. Nach § 3 des Servicevertrages war der Beigeladene zu 1) in der Wahl der Serviceleisters frei; der Servicevertrag war jederzeit unabhängig vom Mietvertrag kündbar.

Der Vertragspartner (Bewohner) konnte und musste also seine notwendige Pflege und ggf. erforderliche Teilhabeleistungen sowie Betreuung selbst organisieren. Der Pflegevertrag vom 01.12.2007 über die Erbringung ambulanter Pflege nach § 120 SGB XI beinhaltete ausdrücklich Leistungen der ambulanten Pflege i.S.v. § 36 SGB XI (häusliche Pflege). Leistungen der häuslichen Pflege werden zulässigerweise auch dann erbracht, wenn der Pflegebedürftige nicht in seinem eigenen Haushalt gepflegt wird. Dies ist durch Änderung in § 36 Abs. 1 Satz 2 SGB XI durch das 1. SGB XI-ÄndG vom 14.06.1996 „klargestellt“ worden. Mit dieser Änderung, dass Leistungen bei häuslicher Pflege auch dann möglich sind, wenn Pflegebedürftige nicht in ihrem eigenen Haushalt gepflegt werden, sollte ermöglicht werden, dass die häusliche Pflegehilfe auch bei Aufenthalt in einer Altenwohnung oder in einem Wohnheim erbracht werden kann. Dagegen sind Leistungen bei häuslicher Pflege - neben der Situation einer vollstationären Pflege (§ 43 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 71 Abs. 2 SGB XI) - ausgeschlossen, wenn es sich bei der Einrichtung, in welcher der Pflegebedürftige gepflegt wird, um Einrichtungen i.S. des § 71 Abs. 4 SGB XI handelt. Dazu gehören insbesondere Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Kindergärten, Schulen und Internate, Werkstätten und Wohnheime für behinderte Menschen. In diesen Einrichtungen werden zwar im Einzelfall auch Hilfen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens nach § 14 Abs. 4 SGB XI zur Verfügung gestellt; sie dienen jedoch nach ihrer Grundausrichtung regelmäßig einem anderen Zweck als demjenigen der Pflege (Behrend in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 36 SGB XI, Rn. 24). Um ein derartiges Institut handelte es sich bei dem Vertragsangebot der Beigeladenen zu 2) nicht. Die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Bewohner sollte, entsprechend dem Konzept bei den Bewohnern selbst bzw. bei ihren rechtlichen Betreuern liegen.

Damit lag keine stationäre Leistung vor.

c. Für das Vorliegen einer ambulanten Leistung spricht auch das Fehlen von Verträgen nach §§ 75 ff SGB XII über stationäre Leistungen und die ambulante Leistungserbringung durch die zuständige Krankenkasse/Pflegekasse (Leistungen für Versicherte mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf).

d. Es lag auch keine teilstationäre Leistung vor. Der Beigeladene zu 1) lebt am Ort der Hilfeerbringung und suchte die Wohngemeinschaft nicht nur für einen Teil des Tages auf. Im Übrigen hat das BSG erhebliche Zweifel daran geäußert, ob ein betreutes Wohnen überhaupt in teilstationärer Form erbracht werden kann (BSG Urteil vom 23.Juli 2015, B 8 SO 7/14 R, Rn. 18 ff.). Diesen Zweifel schließt sich der Senat an.

e. § 1 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) enthält demgegenüber kein verlässliches Abgrenzungskriterium. Während früher der Anwendungsbereich des HeimG an eine institutionelle Form des Wohnens oder Betreut-Werdens anknüpfte und sich beschränkte auf die herkömmlichen Formen stationärer Pflege, stellt das WBVG dagegen auf eine Verbindung von Verträgen zur Überlassung von Wohnraum mit Pflege- und Betreuungsleistungen für ältere sowie pflegebedürftige oder behinderte volljährige Personen ab. Damit erstreckt sich sein Anwendungsbereich auch auf neue Betreuungs- und Wohnformen.

4. Der Beklagte ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe nicht nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG - mit der Folge der Gesamtfallzuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers - sachlich zuständig, weil keine Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird.

Der Beigeladene zu 1) gehört zwar aufgrund seiner schweren Behinderungen, verbunden mit Schwerstpflegebedürftigkeit, grundsätzlich zu dem von § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII erfassten Personenkreis. Das Zusammenleben in der Intensivwohngruppe der C. A-Stadt ist auch eine Wohngemeinschaft i.S. Art. 82 Abs. 2 BayAGSG, es fehlt aber an dem zusätzlichen Merkmal des Erbringens der Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft.

a. Der Senat hat sich bereits in seiner Entscheidung vom 22.November 2016, L 8 SO 221/14 umfassend zum Begriff des ambulant betreuten Wohnens geäußert und schon früher entschieden, dass der Begriff des (betreuten) Wohnens nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anders auszulegen ist, als der (weitere) Begriff des in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten (betreuten) Wohnens in § 98 Abs. 5 SGB XII (Urteil des Senatsvom 21. Januar 2016, L 8 SO 235/14, Rn.57).

In Art. 82 Abs. 2 BayAGSG wird schon dem anderen Wortlaut nach „Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen“ gefordert und Ziel der Vorschrift ist, im Interesse des Leistungsempfängers entsprechend dem Gesamtfallgrundsatz die Leistung aus einer Hand zu erbringen. § 98 SGB XII hat keine Auswirkungen auf die Frage der sachlichen Zuständigkeit (BT-Drs. 16/2711, S. 11). Ist für die betreute Wohnmöglichkeit (etwa eines behinderten Menschen) der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, geht eine für die vorherige Hilfeleistung bestehende Zuständigkeit des örtlichen Trägers daher auf ihn über (Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 45. UPD 11/2015, § 98 Örtliche Zuständigkeit, Rn. 74).

Der Wille des Landesgesetzgebers zeigt sich hier insbesondere in der Entstehungsgeschichte, die den Schluss auf eine weit gezogene Auslegung im Sinne des Gesamtfallgrundsatzes erlaubt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (Änderungsantrag vom 8.12.2007, Drucksache 15/9458 des Bayer. Landtags) sind zuvor vorgesehene einschränkende Tatbestandsmerkmale gestrichen worden. Zuvor hieß es noch im Entwurf zu Art. 82 Abs. 2 AGSG: „wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer therapeutischen Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“ Dann wurden unter Nummer 4 b) der Gesetzesbegründung (Drucksache 15/8865, Gliederungspunkt 1.3, S. 10 vom 4.12.2007 des bayerischen Landtags betreffend Art. 82 Abs. 2 BayAGSG) die Zusätze „therapeutisches bzw. vergleichbar intensives“ bei „in einer betreuten Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht“ gestrichen. Dies bedeutete damals, dass die Bezirke, die zusätzlich zu ihrer Zuständigkeit für die teilstationäre und stationäre auch die Zuständigkeit für die gesamte ambulante Eingliederungshilfe erhalten haben, für die übrigen Leistungen (z.B. Pflege) auch zuständig werden sollten, wenn in der Form einer betreuten Wohngemeinschaft auch Eingliederungshilfe geleistet wurde. Der Rechtsprechung des 18. Senats des Bayer. LSG (Urteil vom 21.2.2013, Az.: L 18 SO 85/10) ist daher beizupflichten. Der 18. Senat sieht den Gesetzeszweck infrage gestellt, wenn es darauf ankäme, in welchem Umfang Leistungen der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege, der sozialen Pflegeversicherung und gegebenenfalls der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, um zu bestimmen, welcher Sozialhilfeträger für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB XII zuständig ist, zumal der anteilige Bedarf in Folge von Änderungen im Gesundheitszustand des Hilfebedürftigen zeitlich variieren könne. Diesem Gedanken hat sich der erkennende Senat angeschlossen. Auf die Auslegung durch den Verband der Bezirke kommt es nicht an, wonach der überörtliche Träger nur leisten solle, wenn der Anteil der Eingliederungshilfe in der gesamten Hilfe mehr als unerheblich ist und ein Ausmaß von 2 Stunden erreicht (Ergebnisprotokoll einer Sitzung des Fachausschusses für Soziales des Verbandes der bayerischen Bezirke in Füssen im April 2010). Dabei ist ausgeführt, dass es insbesondere notwendig sei, dass die Eingliederungshilfeleistungen regelmäßig und kontinuierlich erbracht würden, einen Betreuungsschlüssel von mindestens 1 zu 12 bzw. mindestens zwei Fachleistungsstunden direkte Klientenleistung pro Woche umfassten und diese Betreuungsleistungen dem Zweck dienten, die eigenbestimmte Lebensführung durch Unterstützung in der täglichen Lebenswirklichkeit zu verbessern und damit die Fähigkeit im häuslichen nicht stationären Leben zu sichern (Seite 4 des Protokolls).

b. Entgegen der Ansicht des SG handelt es sich bei den Leistungen des Intensivwohnens A-Stadt um eine Betreuung in einer Wohngemeinschaft i.S. Art. 82 Abs. 2 BayAGSG. Auch wenn die Begrifflichkeit in Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anders gewählt ist als in § 98 Abs. 5 SGB XII (Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten) kann man zur Orientierung die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der bundesrechtlichen Regelung des § 98 Abs. 5 SGB XII heranziehen. So führt auch das BSG mit Urteil vom 25.08.2011 (B 8 SO 7/10 R Rn. 15) an, dass der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten im Gesetz nicht näher definiert werde, sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren habe (BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93). Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen hat deshalb in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein.

In dem Intensivwohnen A-Stadt erfolgt eine Betreuung in einer Wohngemeinschaft. Bei den vom C. angebotenen Leistungen handelt es sich um solche des ambulant betreuten Wohnens i.S. einer wohnbezogenen Betreuung. Dies ergibt sich zum einen aus der Leistungsvereinbarung, die der C. mit dem Kläger für den Leistungsbereich des ambulanten Wohnens für pflegebedürftige Menschen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf am 12.03.2013 geschlossen hat. Als Ziel der Leistungen werden eine selbstbestimmte Lebensführung und ein selbstständiges Wohnen beschrieben. Daneben wird die Aktivierung der Leistungsbezieher zu einer angemessenen Tagestruktur als vordergründig beschrieben, um das Ziel der sozialen Integration und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu erreichen. Die Leistungen umfassen u.a. den lebenspraktischen, den lebensgestaltenden Bereich und die psychosoziale Betreuung. Anders als das SG meint, hat die behinderungsbedingte, massive Einschränkung des Beigeladenen zu 1) nicht zur Folge, dass dieser nicht mit seinen verbliebenen Restmöglichkeiten ein seinen Fähigkeiten entsprechendes selbstbestimmtes Leben führen kann (vgl. hierzu Rechtsprechung des BSG zu Regelsatzstufe 3 BSG Urteile vom 24.02.2016, B 8 SO 13/14 R, Urteile vom 23.07.2014, B 8 SO 31/12 R, B 8 SO 14/13 R).

Das BSG hält die Vorschrift des § 98 Abs. 5 SGB XII für wenig durchdacht und inkonsistent und regt eine gesetzliche Neuregelung an (BSG Urteil vom 20.04.2016, B 8 SO 8/14 R, Rn. 11). Gleichwohl ist die Vorschrift geltendes Recht und anzuwenden, wobei entscheidend auf das Ziel der Hilfe abzustellen ist, wie das BSG im Urteil vom 30. Juni 2016 - B 8 SO 7/15 R -, Rn. 19, juris erneut betont hat: Es genüge, sei aber auch erforderlich, dass durch die geleistete Hilfe das selbständige Leben und Wohnen ermöglicht werden solle, indem z.B. einer Isolation bzw. Verwahrlosung, einer relevanten psychischen Beeinträchtigung oder einer stationären Unterbringung entgegengewirkt werde, die mit einer Übernahme der Gesamtverantwortung für die gesamte Lebensführung des behinderten Menschen durch eine Einrichtung einhergehe, damit der behinderte Mensch durch den Verbleib in der eigenen Wohnung einen Freiraum für die individuelle Gestaltung seiner Lebensführung erhalte.

Nach dem Konzept der Beigeladenen zu 2) geht es hier um die Unterstützung der selbstständigen Lebensführung. Vergütet werden die Betreuungsleistungen mit einer monatlichen Pauschale von 650 €, die neben Aufwendungen für Ernährung, Haushaltsführung, Hygieneartikel und neben den gesondert abgerechneten Pflegeleistungen, alle mit der Leistungsvereinbarung geschuldeten Betreuungsleistungen mitabdeckt. Nach dem Ziel der Hilfe war hier die Verselbstständigung bzw. der Erhalt der Selbstständigkeit der Lebensführung des schwerstbehinderten Menschen in seinem eigenen Wohn- und Lebensumfeld Ziel der Maßnahme. Eine Form des betreuten Wohnens liegt hier vor, weil dem Beigeladenen zu 1) durch fachlich geschulte Personen in regelmäßiger Form Betreuungsleistungen erbracht werden, die konzeptionell auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung im Rahmen seiner behinderungsbedingten Einschränkungen gerichtet sind.

c. Der Beklagte hat aber keine Eingliederungshilfe i.S. Art. 82 Abs. 2 BayAGSG „durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen“ für den Beigeladenen zu 1) erbracht, so dass es bei der sachlichen Zuständigkeit des Klägers verblieben ist.

aa. Zwar bewilligte der Beklagte dem Beigeladenen zu 1) anders als in dem vom Senat am 22. November 2016 entschiedenen Fall (L 8 SO 221/14) erstmals mit Bescheid vom 25.09.2009, Leistungen der Eingliederungshilfe (ambulante Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft) im Umfang von 1 Stunde täglich (Freizeitgestaltung) für die Zeit ab 01.10.2009. Hintergrund dieser Bewilligung waren Ermittlungen des Klägers, wonach der Beigeladene zu 1) täglich eine Stunde „gemeinsame Beschäftigung“ (Rekapitulieren von vorher Geschehenem, von Spaziergängen, Fotos oder Personen zum Erhalt der kognitiven Fähigkeiten, Spazierfahrt, Sitzen auf Terrasse etc.) von der Beigeladenen zu 2) erhielt. Die Auszahlung und Abrechnung der Eingliederungshilfe erfolgte durch den örtlichen Sozialhilfeträger (den Kläger). Mit Bescheid vom 21.04.2011 bewilligte der Beklagte dem Beigeladenen zu 1) rückwirkend ab 25.11.2009 Mobilitätshilfe im Umfang von 80 € monatlich.

bb. Die dem Beigeladenen zu 1) tatsächlich bewilligten und erbrachten Eingliederungshilfen (Freizeitgestaltung und Mobilitätshilfe) begründen aber nicht die Anwendung der Ausnahmevorschrift von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG, weil es sich nicht um eine an einen Behinderten i.S. § 53 Abs. 1, 2 SGB XII erbrachte Eingliederungshilfe „durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen“ handelt.

Insoweit folgt der Senat der Auffassung des SG, wonach Art. 82 Abs. 2 AGSG jedenfalls nicht so ausgelegt werden kann, dass stets dann, wenn irgend eine (beliebige) Leistung der Eingliederungshilfe erbracht wird, unabhängig von den sonstigen Umständen der Betreuung, die „Gesamtfallzuständigkeit“ des überörtlichen Trägers ausgelöst wird.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anhand des Wortlautes, der Entstehungsgeschichte und des systematischen Regelungszusammenhanges.

Nach dem eindeutigen Wortlaut der landesrechtlichen Norm setzt die Zuständigkeit (für die Leistungen nach den anderen Kapiteln des SGB XII) voraus, dass Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird. Es ist sachgerecht, eine (selbst angemietete) Wohnung dann als betreute Wohnmöglichkeit anzusehen, wenn der behinderte Mensch dort Angebote zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erhält, er also dort nicht nur Hilfen bekommt, die gesundheitsbedingte Defizite ausgleichen sollen (Majerski-Pahlen in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, Kommentar, 12. Aufl. 2010, § 55 Rn. 21). Darüber hinaus muss die Eingliederungshilfe in Form des betreuten Wohnens auf die Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn-und Lebensbereich gerichtet sein. Dies ergibt sich aus § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, wonach Hilfen „zu selbstbestimmtem Leben“ in betreuten Wohnmöglichkeiten geleistet wird. Die ausschließliche Erbringung von Hilfen am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben genügt dem gegenüber für eine Anwendung von Art. 82 Abs. 2 AGSG nicht.

Der Sinn und Zweck des betreuten Wohnens liegt darin, trotz der behinderungsbedingten Beschränkungen ein möglichst eigenständiges und unabhängiges Leben führen zu können. Da der Beigeladene zu 1) in dem von ihm angemieteten Zimmer keine Angebote der Eingliederungshilfe erhält, welche auf die Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung seiner alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich gerichtet sind, bleibt es bei der sachlichen Zuständigkeit des Klägers als örtlichen Sozialhilfeträger. Die dem Beigeladenen zu 1) bewilligte Eingliederungshilfe war auf eine reine Freizeitgestaltung gerichtet, Gegenstand war die gemeinsame Beschäftigung (Rekapitulieren von vorher Geschehenem, von Spaziergängen, Fotos oder Personen zum Erhalt der kognitiven Fähigkeiten, Spazierfahrt, Sitzen auf Terrasse etc.). Es ging dabei nicht um eine pädagogische Hilfestellung zum Bewältigen eines selbstbestimmten Wohnens, wie dies etwa in den vom Senat bereits am 21.01.2016, L 8 SO 235/14 (betreutes Wohnen einer Studentin) oder am 20.12.2016 unter dem Az. L 8 SO 119/15 (betreutes Einzelwohnen mit Budget) entschiedenen Fällen stattfand. Dort sicherten die Eingliederungshilfemaßnahmen konkret das selbstständige und selbstbestimmte Wohnen durch qualifiziertes, sonderpädagogisches Fachpersonal.

Auch die dem Beigeladenen zu 1) vom Beklagten seit 25.11.2009 gewährte Mobilitätshilfe dient nicht der Unterstützung des selbstständigen Lebens.

Der Senat hält die Auslegung des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG, wonach nur Eingliederungshilfemaßnahmen i.S. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX das Merkmal „durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft“ erfüllen, nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG (Allzuständigkeit des überörtlichen Trägers, Leistungen aus einer Hand) für zutreffend. Der Landesgesetzgeber hat die bloße Erbringung von Eingliederungshilfen nach dem eindeutigen Wortlaut nicht ausreichen lassen. Auch legt die sprachliche Gestaltung „durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft“ anstelle von „in einer Wohngemeinschaft“ eine Verknüpfung der gewährten Eingliederungshilfe mit dem betreuten Wohnen zwingend nahe. Nach dem Sinn und Zweck der Norm sollen bei bestimmten Leistungsformen („Betreutes Wohnen“) die Leistungen nach den unterschiedlichen Kapiteln des SGB XII von einem überörtlichen Träger erbracht werden. Nachdem Art. 82 Abs. 2 BayAGSG eine Ausnahmevorschrift zu Art. 81, 82 Abs. 1 BayAGSG ist, hat an dieser Stelle eine einschränkende Auslegung zu erfolgen.

Für eine einschränkende Auslegung spricht auch der Gesetzentwurf der Staatsregierung Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 10.09.2007 (LT-Drucksache 15/8865 S. 2). Dort wird ausgeführt, dass die Staatsregierung an ihrem Ziel festhält, auch die Zuständigkeit für die stationären und ambulanten Angebote der Hilfe zur Pflege zusammenzuführen. Dies soll jedoch erst in einem weiteren Schritt erfolgen. Nachdem die Bezirke über Art. 82 Abs. 1 Nr. 2 BayAGSG die sachliche Zuständigkeit für die Leistungen in stationären und teilstationären Einrichtungen haben, wäre eine weite Auslegung des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG, wonach jede Form der Eingliederungshilfe ausreichte, eine (ungewollte) Vorwegnahme des für die Zukunft anvisierten Zusammenlegungsziels bei den Hilfen zur Pflege.

Zudem sollte mit der Neuregelung des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG eine Förderung des ambulanten Sektors erzielt werden (Landtags-DS aaO S. 10). Auch dies spricht für eine restriktive Auslegung, denn nur diese ermöglicht, dass die örtlichen Träger, die wohnortnah das Angebots- und Leistungsspektrum in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich steuern, bei der ambulanten Pflege weitgehenden Gestaltungsfreiraum erhalten und behalten. Schließlich spricht auch die Geschichte der Gesetzesänderung (historische Auslegung) gegen eine Anwendung der Vorschrift bei jeglicher Art der Eingliederungshilfe. Durch den Änderungsantrag vom 04.12.2007 (Drucksache 15/9458) sind frühere, zusätzliche Beschreibungen der Intensität („therapeutische“ Wohngemeinschaft oder „vergleichbar Intensiv betreutes“ Einzelwohnen) weggefallen. Diese Hilfen sollen auch den Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung zugute kommen. Dies besagt der Änderungsantrag vom 4.12.2007 (Drucksache 15/9458). Gleichzeitig wird aber ausgeführt, dass damit keine substantielle Ausdehnung der umfassenden Sonderzuständigkeit verbunden sei. Es wird also erkannt, dass die Rechtsfolge zu einer umfassenden Sonderzuständigkeit führt (alle weiteren Hilfen der Sozialhilfe). Eine „substantielle Ausdehnung“ sollte aber nicht erfolgen. Das bedeutet, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eng begrenzt bleiben sollten im Sinne einer Sonderform der Betreuung.

Die vom Beklagten gewährte Eingliederungshilfe (Freizeitgestaltung und Mobilitätshilfe) steht nicht mit den Leistungen zur Betreuung in einer Wohngemeinschaft im Zusammenhang. Es handelt sich nach dem Inhalt der Leistung (eine Stunde täglich gemeinsame Beschäftigung" (Rekapitulieren von vorher Geschehenem, von Spaziergängen, Fotos oder Personen zum Erhalt der kognitiven Fähigkeiten, Spazierfahrt, Sitzen auf Terrasse etc.) um Teilhabeleistungen nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII, § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX als Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich i.S. von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht.

d. Das zu Art. 82 Abs. 2 BayAGSG gefundene Auslegungsergebnis steht auch in Übereinstimmung mit der hier nicht entscheidungsrelevanten Abgrenzung zwischen den Leistungen der Hilfen zur Pflege und den Eingliederungshilfen. Der Senat teilt die Auffassung des SG in seinem Urteil vom 20. Mai 2016, S 22 SO 186/15 (anhängig unter L 8 SO 155/16), wonach diejenigen teilhaberelevanten Leistungen, die in den §§ 45 b, 124 SGB XII erfasst und vom Gesetzgeber ausdrücklich der Pflege zugewiesen sind, nicht zur Eingliederungshilfe gehören und für die Eingliederungshilfe dagegen Leistungen und Angebote in Frage kommen, die über den in §§ 45b, 124 SGB XI umschriebenen Leistungskatalog hinausgehen. Auch verbietet es sich, die in den Leistungen der zusätzlichen (§ 45b SGB XI) und häuslichen Betreuung (§ 124 SGB XI) zweifellos enthalten teilhabebezogenen Aspekte isoliert zu betrachten und allein deshalb unter Bezugnahme auf Art. 82 AGSG die Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers zu reklamieren. Nur ergänzend merkt der Senat an, dass der Kläger als örtlicher Sozialhilfeträger mit dem Beigeladenen zu 2) eine Vereinbarung nach §§ 75 ff SGB XII über Leistungen des ambulant betreuten Wohnens unter Bezugnahme auf § 61 SGB XII geschlossen hat und in § 9 der Vereinbarung vom 12.03.2013 das Abrechnungsverfahren geregelt hat. Daraus ergibt sich, dass die Vertragsparteien (der Kläger und die Beigeladene zu 2)) übereinstimmend davon ausgehen, dass die in dem Vertrag geregelten direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen (vgl. § 6 Umfang der Leistungen) alle unter die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und unter den Begriff der Hilfen zu Pflege fallen. Damit spricht hier vieles dafür, dass die Rund - um - die - Uhr- Betreuung und Versorgung des Beigeladenen zu 1) vertraglich und auch faktisch unter dem erweiterten Leistungskatalog der Hilfen zur ambulanten Pflege erfolgt, für die der Kläger sachlich und örtlich zuständig ist.

5. Der Kläger ist auch örtlich zuständiger (örtlicher) Sozialhilfeträger für die Leistungen der Hilfe zur ambulanten Pflege, die er beginnend mit dem 01.12.2007 und dem erstmaligen Bewilligungsbescheid vom 07.02.2008 dem Beigeladenen zu 1) als Leistungen der ambulanten Pflege nach § 65 Abs. 1 S.2 SGB XII gewährt hat. Der Beigeladene zu 1) hält sich tatsächlich im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Klägers auf (§ 98 Abs. 1 SGB XII), so dass sich dessen örtliche Zuständigkeit ergibt. Eine abweichende örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 SGB XII kommt nicht in Betracht.

6. Ebenso wenig kommt eine örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 SGB XII in Betracht, weil es sich bei der Unterbringung in der Wohngemeinschaft in A-Stadt nicht um eine stationäre Leistung handelt (vgl. oben unter 3).

Nachdem der Kläger sachlich und örtlich originär zuständiger Träger für die Leistungen der ambulanten Pflege des Beigeladenen zu 1) ist, steht ihm kein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten zu.

Das Urteil des SG erging zu Recht. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

C.Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Der Kläger hat die gesamten Kosten zu tragen. Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat;

§ 155 Abs. 3 VwGO. Eine Befreiung von den Gerichtskosten (§ 2 Gerichtskostengesetz) besteht nicht (§ 64 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB X).

D.Die Revision wird nicht zugelassen. Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Streitentscheidend ist die landesrechtliche Norm des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG, die nicht revisionsrechtlich zu überprüfen ist (§ 162 SGG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

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(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

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(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 19 Leistungsberechtigte


(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. (2)

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 75


(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 28 Ermittlung der Regelbedarfe


(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt. (2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Abs

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 55


(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 123


Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 56


Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 75 Allgemeine Grundsätze


(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernom

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 14 Begriff der Pflegebedürftigkeit


(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 98 Örtliche Zuständigkeit


(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 102 Anspruch des vorläufig leistenden Leistungsträgers


(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig. (2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorle

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 55 Unterstützte Beschäftigung


(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 162


Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezir

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 97 Sachliche Zuständigkeit


(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. (2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht besti

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 6 Rehabilitationsträger


(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein: 1. die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,2. die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,3. die Träger der gesetzlichen

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 130


(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet w

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 107 Erfüllung


(1) Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt. (2) Hat der Berechtigte Ansprüche gegen mehrere Leistungsträger, gilt der Anspruch als erfüllt, den der

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 36 Pflegesachleistung


(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Der Anspruch

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 105 Anspruch des unzuständigen Leistungsträgers


(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleist

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 71 Pflegeeinrichtungen


(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslic

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 43 Inhalt der Leistung


(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen. (2) Für Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen übernimmt die Pflegekasse im Rahmen der pauschalen Leistungsbeträge nach Satz 2 die

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 61 Leistungsberechtigte


Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 9 Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles


(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt. (2) Wünschen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 13 Leistungen für Einrichtungen, Vorrang anderer Leistungen


(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstat

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 5 Leistungsgruppen


Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht: 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,3. unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,4. Leistungen zur Teilhabe an Bildung und5. L

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 111 Ausschlussfrist


Der Anspruch auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpun

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 45b Entlastungsbetrag


(1) Pflegebedürftige in häuslicher Pflege haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleic

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 8 Leistungen


Die Sozialhilfe umfasst: 1. Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40),2. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46b),3. Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52),4. Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66a),5. Hilfe zur Überwindung besonderer s

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 65 Stationäre Pflege


Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 120 Pflegevertrag bei häuslicher Pflege


(1) Bei häuslicher Pflege übernimmt der zugelassene Pflegedienst spätestens mit Beginn des ersten Pflegeeinsatzes auch gegenüber dem Pflegebedürftigen die Verpflichtung, diesen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit, entsprechend den von ihm

Referenzen - Urteile

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 312/14 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 312/14 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 22. Nov. 2016 - L 8 SO 221/14

bei uns veröffentlicht am 22.11.2016

Tenor I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Juli 2014, S 51 SO 617/11, wird zurückgewiesen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. III. Die Revision wird n

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 119/15

bei uns veröffentlicht am 20.12.2016

Tenor I. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. März 2015 wird aufgehoben. II. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die im Zeitraum vom 26.04.2009 bis 31.12.2013 erbrachten Leistungen der Sozialhilfe in Höhe von 127.86

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 21. Jan. 2016 - L 8 SO 235/14

bei uns veröffentlicht am 21.01.2016

Tenor I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbe

Bundessozialgericht Urteil, 30. Juni 2016 - B 8 SO 7/15 R

bei uns veröffentlicht am 30.06.2016

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Dezember 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses

Bundessozialgericht Urteil, 20. Apr. 2016 - B 8 SO 8/14 R

bei uns veröffentlicht am 20.04.2016

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses

Bundessozialgericht Urteil, 24. Feb. 2016 - B 8 SO 13/14 R

bei uns veröffentlicht am 24.02.2016

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Mai 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht

Bundessozialgericht Urteil, 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R

bei uns veröffentlicht am 23.07.2015

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses

Bundessozialgericht Urteil, 23. Juli 2014 - B 8 SO 31/12 R

bei uns veröffentlicht am 23.07.2014

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. September 2012 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurück

Bundessozialgericht Urteil, 23. Juli 2014 - B 8 SO 14/13 R

bei uns veröffentlicht am 23.07.2014

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23. Mai 2013 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverw

Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2013 - B 8 SO 6/12 R

bei uns veröffentlicht am 25.04.2013

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 2
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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 241/14

bei uns veröffentlicht am 20.12.2016

Tenor I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014, S 15 SO 33/14, aufgehoben und die Klage abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. III. Die Revision w

Referenzen

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Bei häuslicher Pflege übernimmt der zugelassene Pflegedienst spätestens mit Beginn des ersten Pflegeeinsatzes auch gegenüber dem Pflegebedürftigen die Verpflichtung, diesen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit, entsprechend den von ihm in Anspruch genommenen Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 zu versorgen (Pflegevertrag). Bei jeder wesentlichen Veränderung des Zustandes des Pflegebedürftigen hat der Pflegedienst dies der zuständigen Pflegekasse unverzüglich mitzuteilen.

(2) Der Pflegedienst hat nach Aufforderung der zuständigen Pflegekasse unverzüglich eine Ausfertigung des Pflegevertrages auszuhändigen. Der Pflegevertrag kann von dem Pflegebedürftigen jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden.

(3) In dem Pflegevertrag sind mindestens Art, Inhalt und Umfang der Leistungen einschließlich der dafür mit den Kostenträgern nach § 89 vereinbarten Vergütungen für jede Leistung oder jeden Leistungskomplex einschließlich ergänzender Unterstützungsleistungen bei der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen gesondert zu beschreiben. Der Pflegedienst hat den Pflegebedürftigen vor Vertragsschluss und bei jeder wesentlichen Veränderung in der Regel schriftlich über die voraussichtlichen Kosten zu unterrichten. Bei der Vereinbarung des Pflegevertrages ist zu berücksichtigen, dass der Pflegebedürftige Leistungen von mehreren Leistungserbringern in Anspruch nimmt. Ebenso zu berücksichtigen ist die Bereitstellung der Informationen für eine Nutzung des Umwandlungsanspruchs nach § 45a Absatz 4.

(4) Der Anspruch des Pflegedienstes auf Vergütung seiner Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 und seiner ergänzenden Unterstützungsleistungen im Sinne des § 39a ist unmittelbar gegen die zuständige Pflegekasse zu richten. Soweit die von dem Pflegebedürftigen abgerufenen Leistungen nach Satz 1 den von der Pflegekasse mit Bescheid festgelegten und von ihr zu zahlenden leistungsrechtlichen Höchstbetrag überschreiten, darf der Pflegedienst dem Pflegebedürftigen für die zusätzlich abgerufenen Leistungen keine höhere als die nach § 89 vereinbarte Vergütung berechnen.

(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 26. Januar 2011 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 64 945,52 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von insgesamt 64 945,52 Euro (Eingliederungshilfe und Leistungen für den Lebensunterhalt, die der Kläger in der Zeit vom 29.6.2007 bis 28.2.2009 für M H erbracht hat).

2

Der Beklagte hatte nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) für den 1981 geborenen M.H., der von 1994 bis 31.7.2006 im St. Vinzenzstift A (Hessen) stationär untergebracht war und danach vom 1.8.2006 bis 28.6.2007, getragen vom St. Vinzenzstift, betreut wohnte, die entsprechenden Sozialhilfeleistungen erbracht, weil dieser vor Aufnahme in die Einrichtung im Jahre 1994, als er bei seiner Mutter in M (Rheinland-Pfalz) lebte, dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Seit dem 29.6.2007 ist M.H. in den Heilerziehungs- und Pflegeheimen Sch (Rheinland-Pfalz) wiederum stationär untergebracht.

3

Den beim Beklagten eingereichten Antrag (vom 9.1.2007) auf Leistungen wegen dieser Unterbringung leitete der Beklagte am 16.1.2007 mit der Begründung an den Kläger weiter, er sei für den Leistungsfall nicht mehr zuständig, nachdem M.H. zwischenzeitlich (ab 1.8.2006 wegen des Betreuten-Wohnens) einen gewöhnlichen Aufenthalt in Hessen begründet habe, der die Zuständigkeit des Klägers nach sich ziehe. Dieser bewilligte M.H. Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Dritten bzw Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) unter Beteiligung des Hilfeempfängers in Höhe von 12 Euro monatlich an den Kosten (bestandskräftige Bescheide vom 26.6.2007 und 18.7.2007). Gegenüber dem Beklagten machte er erfolglos einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) geltend(Schreiben vom 3.7.2007).

4

Die auf Kostenerstattung in Höhe von 64 945,52 Euro gerichtete Klage blieb beim Sozialgericht (SG) Kassel ohne Erfolg (Urteil vom 26.1.2011), weil der Kläger selbst für die Leistungsgewährung nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII zuständig gewesen sei. Während des Ambulant-betreuten-Wohnens habe M.H. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in A gehabt; § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII, wonach bei einem Wechsel von einer Einrichtung in eine andere Einrichtung auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor dem Eintritt in die erste Einrichtung abzustellen sei, sei auf den Übergang von einer ambulant-betreuten Wohnform in eine stationäre Einrichtung nicht entsprechend anwendbar. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den Beklagten zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 25.1.2012), weil dieser für die stationäre Maßnahme und damit auch für die Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 97 Abs 4 SGB XII) zuständig sei. Das Ambulant-betreute-Wohnen habe die vor der Aufnahme in das St. Vinzenzstift im Jahre 1994 in Gang gesetzte "Kette" von stationären Maßnahmen nicht unterbrochen. Vielmehr ergebe sich die Zuständigkeit des Beklagten in entsprechender Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 5 Satz 1 SGB XII (Kette zwischen Einrichtungen und Ambulant-betreutem-Wohnen) aufgrund des gewöhnlichen Aufenthaltes von M.H. vor der ersten stationären Aufnahme in das St. Vinzenzstift im Jahre 1994. Deshalb habe er gemäß § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX als eigentlich zuständiger Leistungs- und Rehabilitationsträger dem Kläger die gesamten Sozialhilfekosten (unter Einschluss der Leistungen für den Lebensunterhalt) zu erstatten. Selbst wenn man bezüglich der Leistungen für den Lebensunterhalt § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX nicht anwenden würde, ergäbe sich insoweit ein Erstattungsanspruch aus § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X).

5

Mit seiner Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII geltend. Es sei kein Raum für eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII. Durch die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts während des Ambulant-betreuten-Wohnens unmittelbar vor der stationären Aufnahme am 29.6.2007 in die Sch Heime sei die "Einrichtungskette" zwischen der ersten stationären Aufnahme und der zweiten unterbrochen worden, sodass § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII Anwendung finde und der Kläger wegen des gewöhnlichen Aufenthaltes des M.H. in A vor Beginn der zweiten stationären Maßnahme zuständig geworden sei.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Der Kläger hat keinen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten, weil er selbst der für die M.H. im streitbefangenen Zeitraum erbrachten Leistungen zuständige Leistungsträger ist.

10

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor; eine Beiladung des M.H. gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) war nicht erforderlich. Danach sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Bei dem zuvörderst in Betracht kommenden Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX handelt es sich jedoch nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft; durch die Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX wird gegenüber dem Leistungsberechtigten eine eigene gesetzliche Verpflichtung des sog "zweitangegangenen" Leistungs- und Rehabilitationsträgers im Außenverhältnis begründet, und die Leistungsbewilligung bildet für den Leistungsberechtigten den Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Leistung(BSGE 98, 267 ff RdNr 19 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4; BSGE 98, 277 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Die Position des Leistungsberechtigten wird im Rahmen des § 14 SGB IX durch den Erstattungsstreit der Rehabilitationsträger untereinander nicht berührt; insbesondere greift die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X nicht. Bei einem wegen der Leistungen für den Lebensunterhalt ggf nach § 105 SGB X in Betracht kommenden Erstattungsanspruch(dazu später) ist eine Entscheidung des Senats zumindest deshalb ohne Beiladung des M.H. möglich, weil die Klageabweisung diesem zu keinerlei Nachteil gereichen kann (vgl zu dieser Überlegung nur BSG SozR 4-1300 § 104 Nr 5 RdNr 24 mwN). Ob eine Beiladung im Hinblick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X überhaupt erforderlich gewesen wäre(vgl dazu BSG aaO), bedarf deshalb keiner Entscheidung.

11

Als Rechtsgrundlage für den vom Kläger mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen den Beklagten kommt zunächst § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX in Betracht. Danach erstattet ein Rehabilitationsträger dem anderen dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach der Bewilligung der Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach Maßgabe von Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass der andere Rehabilitationsträger zuständig ist. Zuständig ist in diesem Sinne ein Träger, der ohne die Regelung des § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Versicherte die gewährte Leistung hätte beanspruchen können(vgl: BSGE 98, 277 RdNr 10 ff mwN = SozR 4-2500 § 40 Nr 4; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN). Dies gilt aber nicht in der offenbar hier vorliegenden Konstellation der Heranziehung anderer (juristischer) Personen durch den zuständig bleibenden Sozialhilfeträger nach § 99 SGB XII durch Landesrecht(§ 4 Landesgesetz zur Ausführung des SGB XII vom 22.12.2004 - AGSGB XII Rh-Pf - Gesetz- und Verordnungsblatt 571). Hier richtet sich der Erstattungsanspruch gegen die herangezogene juristische Person; die Beteiligtenfähigkeit des Beklagten ergibt sich insoweit wegen des in Rheinland-Pfalz geltenden Behördenprinzips aus § 70 Nr 3 SGG.

12

Ob vorliegend § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX auch für die Leistungen zum Lebensunterhalt an M.H. nach dem Dritten bzw Vierten Kapitel des SGB XII wegen § 97 Abs 4 SGB XII (sachliche Zuständigkeit für alle Leistungen des SGB XII bei Zuständigkeit für stationäre Leistungen) einschlägig ist oder ob insoweit statt § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX § 105 SGB X zur Anwendung kommt, weil es sich bei diesen Leistungen nicht um Teilhabeleistungen handelt, kann dahinstehen. Der Kläger ist nämlich ohnedies nicht erst aufgrund der innerhalb von zwei Wochen (§ 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX) nach Antragseingang beim Beklagten erfolgten Weiterleitung des Antrags auf Kostenübernahme für die Unterbringung in den Heimen Sch (als Leistung der Eingliederungshilfe nach § 19 Abs 3, §§ 53 und 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX) gegenüber dem Leistungsempfänger im Außenverhältnis zuständiger Leistungs- und Rehabilitationsträger(§ 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX iVm § 5 Nr 4 SGB IX) geworden, sondern er ist für alle erbrachten Leistungen der originär örtlich und sachlich zuständige Leistungs- bzw Rehabilitationsträger (§ 97 Abs 1 und Abs 2 Satz 1, Abs 3 Nr 1 und Abs 4, § 98 SGB XII iVm § 2 Abs 3, § 3 Hessisches Ausführungsgesetz zum SGB XII vom 20.12.2004 - GVBl 488). Der Beklagte ist deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erstattungspflichtig (passiv legitimiert); ebenso wenig kommt - unabhängig von einer Heranziehung nach § 99 Abs 2 SGB XII iVm § 4 AGSGB XII Rh-Pf - die Erstattungspflicht des überörtlichen Sozialhilfeträgers(§ 1 Abs 2 AGSGB XII Rh-Pf) als des sachlich zuständigen Leistungsträgers (§ 97 Abs 2 SGB XII iVm § 2 AGSGB XII Rh-Pf) bzw der entsprechenden Behörde in Betracht.

13

Es kann für die Entscheidung offen bleiben, ob M.H. bis zur Aufnahme in die Einrichtungen Sch, also bis einschließlich 28.6.2007, tatsächlich Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens erhalten hat (zu der Voraussetzung des Erhaltens von Leistungen siehe OVG Münster, Urteil vom 19.2.2013 - 12 A 1906/12); der Gebrauch dieses Rechtsbegriffs durch das LSG kann jedenfalls die notwendigen tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) nicht ersetzen (vgl dazu: BSGE 109, 56 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1). Hat M.H. bis einschließlich 28.6.2007 nicht ambulant-betreut gewohnt, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Klägers - und daraus folgend auch die sachliche - bereits aus § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII, wonach für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe zuständig ist, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten. Nach § 30 Abs 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Gemessen an diesen Kriterien ist nach den vom LSG festgestellten Umständen, die in der Zeit vom 1.8.2006 bis 28.6.2007 jedenfalls einen Aufenthalt des M.H. in einer stationären Einrichtung ausschließen (vgl zur Problematik des gewöhnlichen Aufenthalts bei Unterbringung in einer stationären Einrichtung § 109 SGB XII), von einem gewöhnlichen Aufenthalt in A, im Zuständigkeitsbereich des Klägers, auszugehen. M.H. hatte sich dort unter Umständen aufgehalten, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilen wollte. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass er nur weniger als ein Jahr in der Wohngruppe gelebt habe und bereits im Jahr 2007 die Wiederaufnahme in eine stationäre Einrichtung, in der ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet werden kann (§ 109 SGB XII), in die Wege geleitet worden sei; denn er hielt sich nach den Feststellungen des LSG im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs außerhalb dieser stationären Einrichtung in A auf, was für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ausreichend ist (vgl nur BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 25/11 - juris RdNr 23 mwN).

14

Aber auch dann, wenn M.H. vom 1.8.2006 bis 28.6.2007 ambulant-betreut gewohnt haben sollte, wäre der Kläger örtlich und sachlich zuständiger Leistungs- bzw Rehabilitationsträger für die in den Heimen Sch gewährten Leistungen. Es könnten dann zwar Gründe dafür sprechen, die M.H. seit 1994 gewährten Leistungen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten - gleichgültig ob stationär, teilstationär oder ambulant - insgesamt als einheitliches Leistungsgeschehen des Betreuten-Wohnens zu werten (vgl zum Wechsel von einer ambulant-betreuten Wohnform zur anderen bereits: BSGE 109, 56 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1), und die örtliche - damit vorliegend auch die sachliche - Zuständigkeit des Klägers bei einem mehrfachen Wechsel zwischen stationärer und ambulanter Betreuung in entsprechender Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII(hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) zu beurteilen. Nur bei einem einheitlichen Leistungsgeschehen in diesem Sinne wäre eine Analogie zu § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII überhaupt denkbar. Wäre dies der Fall, müsste allerdings § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII beachtet werden(dazu später); bei dessen Anwendung würde ebenso wenig eine Zuständigkeit des Beklagten begründet wie über § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII ohne entsprechende Heranziehung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII.

15

Gemäß § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII ist für die stationäre Leistung, wenn die Leistungsberechtigten beim Einsetzen der Sozialhilfe aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten waren oder nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall eingetreten war, der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Daneben bestimmt § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII, dass für Leistungen an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulant-betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Für eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII auch auf den Wechsel zwischen ambulant- und stationär-betreuten Wohnformen könnte sprechen, dass der sozialhilferechtlich relevante Bedarf des Betreuten-Wohnens, der durch Leistungen der Sozialhilfe zu decken ist, als Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten(vgl § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX) im Kern unverändert bleibt und lediglich der äußere Rahmen, in dem die Hilfe geleistet wird (ambulant oder stationär), Veränderungen unterworfen ist. Der Schutz des Sozialhilfeträgers am Ort ambulant-betreuter Wohnmöglichkeiten entfiele dann bei unveränderter Bedarfslage (Betreutes-Wohnen) nicht (so auch: Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 96a, Stand Juni 2012, Josef/Wenzel, NDV 2007, 85, 90 f, und Hammel, ZFSH/SGB 2008, 67, 74; aA Gerlach, ZfF 2008, 5, 9, Söhngen in juris PraxisKommentar SGB XII, § 98 SGB XII RdNr 53, und Schoch in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 98 SGB XII RdNr 60). § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII könnte indes aus teleologischen Gründen allenfalls bei einem einheitlichen Leistungsgeschehen des Betreuten-Wohnens entsprechend herangezogen werden; denn seine generelle Anwendung bei einem Wechsel zwischen Einrichtungen und Ambulant-betreuten-Wohnformen lässt sich keinesfalls mit Wortlaut und Systematik des § 98 Abs 5 SGB XII vereinbaren, der anders als Abs 4 gerade nicht auf die gesamten Absätze 1 und 2 verweist.

16

Die entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII würde unter diesen Voraussetzungen zu einer fortbestehenden Zuständigkeit des Beklagten führen, weil an dem gewöhnlichen Aufenthalt des M.H. vor der erstmaligen Aufnahme in eine Einrichtung im Jahr 1994 (in M, Rheinland-Pfalz) anzuknüpfen wäre. Insoweit hat das LSG jedoch nicht beachtet, dass § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII für das Ambulant-betreute-Wohnen eine Sonderregelung zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit trifft, wonach vor Inkrafttreten des SGB XII zum 1.1.2005 begründete Zuständigkeiten von der Regelung des § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII unberührt bleiben. Dieser normative Befehl ist so zu verstehen, dass bei einem Leistungsfall des Betreuten-Wohnens, der vor dem 1.1.2005 begonnen hat, die zur Zeit des Leistungsbeginns geltenden Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) über die örtliche Zuständigkeit weitergelten (vgl BSGE 109, 56 ff RdNr 18 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1). Geregelt ist zwar unmittelbar nur das Ambulant-betreute-Wohnen; wollte man § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII über seinen Wortlaut hinaus auf Fälle des Ambulant-betreuten-Wohnens nach § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII und auf einen Wechsel zwischen ambulanter und stationärer Betreuung anwenden, wäre zwangsläufig auch die Sonderregelung des § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII für sog Altfälle zu berücksichtigen, die durch die entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII nicht unterlaufen werden darf. Da die Analogie zu § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII beim Wechsel zwischen ambulanter und stationärer Betreuung - gleichgültig in welcher Reihenfolge - nur mit dem Argument eines einheitlichen, ununterbrochenen sozialhilferechtlichen Bedarfsfalls des Betreuten-Wohnens überhaupt bejaht werden könnte, würde sich vorliegend die Zuständigkeit weiterhin nach den Vorschriften des BSHG richten; denn nach den Feststellungen des LSG handelte es sich jedenfalls für die Zeit von 1994 bis 28.6.2007 um ein solch einheitliches Leistungsgeschehen. Nach § 97 Abs 2 Satz 1 BSHG wäre dann für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme (hier 29.6.2007) hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatte; dies war - wie oben ausgeführt - A (Hessen). Auf die stationäre Unterbringung vor dem Ambulant-betreuten-Wohnen käme es für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit mangels einer Kette zwischen stationären Einrichtungen nach § 97 Abs 2 BSHG nicht an; eine § 98 Abs 5 SGB XII vergleichbare Regelung, über die die im Gesetz vorgesehene Einrichtungskette auf Ambulant-betreute-Wohnformen hätte ausgeweitet werden können, kannte das BSHG nicht.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 und 3 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

18

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 3 und Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 47 Abs 1 und 2, § 52 Abs 1, § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 82 838,08 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 82 838,08 Euro für Leistungen der Eingliederungshilfe (Betreutes-Wohnen), die der Kläger in der Zeit vom 20.10.2006 bis 12.4.2010 für die Leistungsberechtigte T. R. (T.R.) erbracht hat.

2

Die 1983 geborene T.R. zog zum 20.10.2006 von ihrem bisherigen Wohnort S. nach K. um, weil sie in eine Wohngruppe einer sozialtherapeutischen Einrichtung für Frauen aufgenommen wurde; dort wohnte sie im streitbefangenen Zeitraum. Sowohl in S. als auch in K. erhielt sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Den Antrag der T.R. auf Übernahme der Kosten der Betreuung in der Wohngruppe (vom 2.10.2006) leitete der Beklagte an den Kläger weiter (Schreiben vom 6.10.2006), weil er sich für nicht zuständig erachtete. Der Kläger bewilligte T.R. Leistungen der Eingliederungshilfe (bestandskräftige Bescheide vom 16.10.2006, 10.5.2007, 2.4.2008, 28.5. sowie 18.11.2009) und machte erfolglos einen Erstattungsanspruch bei dem Beklagten geltend (Schreiben vom 16.10.2006; ablehnendes Schreiben des Beklagten vom 1.11.2006).

3

Die auf Kostenerstattung in Höhe von 82 838,08 Euro gerichtete Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 4.6.2013; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12.3.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, gleichgültig ob T.R. in K. in einer ambulanten Wohnform oder einer teilstationären Einrichtung gewohnt habe, sei der Beklagte der eigentlich zuständige Träger. Dessen örtliche Zuständigkeit ergebe sich bei Annahme einer teilstationären Einrichtung in analoger Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), weil T.R. vor Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. gehabt habe; bei Annahme einer ambulanten Betreuung ergebe sich seine Zuständigkeit aus § 98 Abs 5 iVm Abs 1 SGB XII wegen des tatsächlichen Aufenthalts der T.R. in S. vor Eintritt in die ambulante Wohnform, sodass für davor zu erbringende Sozialleistungen der Beklagte zuständig gewesen wäre.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 und 5 SGB XII. Für Einrichtungen der teilstationären Betreuung bedürfe es keiner analogen Anwendung der genannten Vorschriften; vielmehr komme unmittelbar § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII zur Anwendung. Dies führe zu einer eigentlichen örtlichen Zuständigkeit des Klägers, weil sich T.R. in K. tatsächlich aufgehalten habe.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

9

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere bedurfte es keiner Beiladung der T.R. nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung), weil es sich bei dem vom Kläger als Rehabilitationsträger (§ 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - iVm §§ 1, 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Schleswig-Holstein vom 17.12.2010 - Gesetz- und Verordnungsblatt 789, 813) mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch des § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch handelt, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft(vgl zuletzt zusammenfassend die Senatsentscheidung vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 10 mwN).

10

Nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX erstattet ein Rehabilitationsträger einem anderen dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach der Bewilligung der Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach Maßgabe von Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass der andere Rehabilitationsträger zuständig ist. Zuständig in diesem Sinne ist ein Träger, der ohne die Regelung des § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Leistungsberechtigte die gewährte Leistung hätte beanspruchen können(vgl: BSGE 98, 277 ff RdNr 10 mwN = SozR 4-2500 § 40 Nr 4; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN).

11

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch tatsächlich zusteht, war dem Senat nicht möglich; es fehlt an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht nur zum Inhalt der Maßnahme, sondern auch zur Rechtmäßigkeit der gegenüber T.R. erbrachten Leistungen und der Höhe der geltend gemachten Erstattungsforderung (vgl zu diesen Voraussetzungen nur BSGE 109, 56 ff RdNr 10 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

12

Lägen diese Voraussetzungen vor, wäre der Beklagte ohne die rechtzeitige Weiterleitung des Antrags der eigentlich zuständige Träger für die Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten als Leistung der Eingliederungshilfe (§§ 53, 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX); allerdings ist insoweit eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen(dazu später).

13

Nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ist für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten. Für Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre (§ 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII).

14

Nach Maßgabe des vom LSG nicht festgestellten und deshalb vom Senat eigenständig prüfbaren Landesrechts wäre der Beklagte durch Heranziehung für stationäre Leistungen (nur) wahrnehmungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 2 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 16.12.2004 - GVBl 644 -, iVm § 2 Abs 1 Nr 1 Verordnung zur Durchführung des AGSGB XII); denn T.R. hatte vor Aufnahme in die Wohngruppe in S. ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -). Läge ein Fall des Ambulant-betreuten-Wohnens vor, wäre, weil T.R. in S. keine Leistungen nach dem SGB XII, sondern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erhalten hat, nach § 98 Abs 5 Satz 1 2. Alt SGB XII darauf abzustellen, welcher Träger der Sozialhilfe vor Eintritt in diese Wohnform für Sozialhilfeleistungen zuletzt zuständig gewesen wäre (vgl: BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 16; Waldhorst-Kahnau in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 13 SGB XII RdNr 19). Dies wäre nach § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII ebenfalls der Beklagte, wenn T.R. anstelle der an sie erbrachten Leistungen nach dem SGB II Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten hätte, weil sich T.R. in S. tatsächlich aufhielt und dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Als örtlicher Träger wäre der Beklagte indes nicht nur wahrnehmungszuständig, sondern auch sachlich leistungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 1 AGSGB XII).

15

Gäbe es eine teilstationäre Leistung des Betreuten-Wohnens und läge ein solcher Fall vor, fände § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII weder unmittelbar noch analog Anwendung. § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII regelt nämlich nur die örtliche Zuständigkeit für vollstationäre Leistungen in einer Einrichtung(so auch: Söhngen in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 98 SGB XII RdNr 31; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 30; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 45, Stand März 2015). Der Begriff "stationäre Leistung" umfasst nicht, gleichsam als Oberbegriff, vollstationäre und teilstationäre Leistungen. Dies macht die ausdrückliche Differenzierung in § 13 Abs 1 Satz 1 SGB XII und § 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII deutlich, wonach terminologisch zwischen teilstationären und stationären Leistungen unterschieden wird(vgl auch § 100 Abs 1 Nr 1 und 5 Bundessozialhilfegesetz).

16

Die Zuständigkeit des Beklagten für teilstationäre Maßnahmen kann mangels Regelungslücke auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII gestützt werden. Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (BSG SozR 3-2500 § 38 Nr 2 S 12) und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (BVerfGE 82, 6, 11 ff mwN; BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSGE 89, 199, 202 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 21 S 95 f mwN). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

17

Angesichts der bereits im BSHG angelegten (vgl § 97 Abs 2) Unterscheidung (vgl dazu: BVerwGE 88, 86 ff = Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 19; BVerwG Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 12) und der Änderungen, die § 98 Abs 2 und 5 SGB XII seit seinem Inkrafttreten zum 1.1.2005 erfahren hat, ohne dass eine (neue) Regelung zu teilstationären Leistungen des Betreuten-Wohnens in das Gesetz aufgenommen worden ist, ist nicht von einer unbewussten Lücke auszugehen.

18

Ohnedies ist zweifelhaft, ob es eine teilstationäre Form des Betreuten-Wohnens überhaupt geben kann. Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist nämlich ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (BVerwGE 95, 149, 152; BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2)und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl § 13 Abs 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 15). Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (BVerwGE 95, 149, 150). Die Hilfeleistung in einer Einrichtung kann sich also schon per se nicht auf eine einzelne Verrichtung beschränken, sondern umfasst - schon durch die Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Räumlichkeiten des Trägers - die gesamte Betreuung des Leistungsberechtigten, solange sich dieser in der Einrichtung aufhält (BVerwGE 48, 228 ff = Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr 6).

19

Die Intensität der Betreuung ist für die Abgrenzung stationärer und teilstationärer Maßnahmen dabei ohne Belang und nur als Abgrenzungskriterium im Verhältnis zu ambulanten Leistungen des Betreuten-Wohnens heranzuziehen. Erhält ein Leistungsberechtigter auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit eine umfassende Betreuung beim Wohnen in einer Einrichtung auch dann, wenn nach dem Therapiekonzept bzw dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten (vgl BVerwGE 95, 149, 150), wird eine solche Hilfe wegen der Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Einrichtung gleichwohl in stationärer Form erbracht. In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist dabei allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 RdNr 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 33). Die Abgrenzung teilstationärer zu stationären Leistungen in Einrichtungen kann deshalb nur anhand zeitlicher Kriterien erfolgen. Wohnt ein Leistungsberechtigter hingegen ohne organisatorische Anbindung und ohne die beschriebene umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form vor. Ein teilstationäres Betreutes-Wohnen wäre deshalb überhaupt nur denkbar, wenn sich die Hilfe in einer Einrichtung auf zeitlich klar abgrenzbare Abschnitte beschränken würde, was angesichts des Umstands, dass eine Person an einem Ort auch dann wohnt, wenn sie sich ggf kurzfristig oder zeitabschnittsweise an einem anderen Ort befindet, nur schwer vorstellbar erscheint.

20

Ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet, sei es, wie hier, als "teilstationäre Wohngemeinschaft/Wohngruppe für Menschen mit seelischer Behinderung", ist für die rechtliche Qualifikation der Leistung ebenso wenig von Belang wie die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen.

21

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Satz 1, § 40 Gerichtskostengesetz.

22

Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt.

(2) Hat der Berechtigte Ansprüche gegen mehrere Leistungsträger, gilt der Anspruch als erfüllt, den der Träger, der die Sozialleistung erbracht hat, bestimmt. Die Bestimmung ist dem Berechtigten gegenüber unverzüglich vorzunehmen und den übrigen Leistungsträgern mitzuteilen.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

Der Anspruch auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat.

Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 26. Januar 2011 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 64 945,52 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von insgesamt 64 945,52 Euro (Eingliederungshilfe und Leistungen für den Lebensunterhalt, die der Kläger in der Zeit vom 29.6.2007 bis 28.2.2009 für M H erbracht hat).

2

Der Beklagte hatte nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) für den 1981 geborenen M.H., der von 1994 bis 31.7.2006 im St. Vinzenzstift A (Hessen) stationär untergebracht war und danach vom 1.8.2006 bis 28.6.2007, getragen vom St. Vinzenzstift, betreut wohnte, die entsprechenden Sozialhilfeleistungen erbracht, weil dieser vor Aufnahme in die Einrichtung im Jahre 1994, als er bei seiner Mutter in M (Rheinland-Pfalz) lebte, dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Seit dem 29.6.2007 ist M.H. in den Heilerziehungs- und Pflegeheimen Sch (Rheinland-Pfalz) wiederum stationär untergebracht.

3

Den beim Beklagten eingereichten Antrag (vom 9.1.2007) auf Leistungen wegen dieser Unterbringung leitete der Beklagte am 16.1.2007 mit der Begründung an den Kläger weiter, er sei für den Leistungsfall nicht mehr zuständig, nachdem M.H. zwischenzeitlich (ab 1.8.2006 wegen des Betreuten-Wohnens) einen gewöhnlichen Aufenthalt in Hessen begründet habe, der die Zuständigkeit des Klägers nach sich ziehe. Dieser bewilligte M.H. Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Dritten bzw Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) unter Beteiligung des Hilfeempfängers in Höhe von 12 Euro monatlich an den Kosten (bestandskräftige Bescheide vom 26.6.2007 und 18.7.2007). Gegenüber dem Beklagten machte er erfolglos einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) geltend(Schreiben vom 3.7.2007).

4

Die auf Kostenerstattung in Höhe von 64 945,52 Euro gerichtete Klage blieb beim Sozialgericht (SG) Kassel ohne Erfolg (Urteil vom 26.1.2011), weil der Kläger selbst für die Leistungsgewährung nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII zuständig gewesen sei. Während des Ambulant-betreuten-Wohnens habe M.H. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in A gehabt; § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII, wonach bei einem Wechsel von einer Einrichtung in eine andere Einrichtung auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor dem Eintritt in die erste Einrichtung abzustellen sei, sei auf den Übergang von einer ambulant-betreuten Wohnform in eine stationäre Einrichtung nicht entsprechend anwendbar. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den Beklagten zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 25.1.2012), weil dieser für die stationäre Maßnahme und damit auch für die Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 97 Abs 4 SGB XII) zuständig sei. Das Ambulant-betreute-Wohnen habe die vor der Aufnahme in das St. Vinzenzstift im Jahre 1994 in Gang gesetzte "Kette" von stationären Maßnahmen nicht unterbrochen. Vielmehr ergebe sich die Zuständigkeit des Beklagten in entsprechender Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 5 Satz 1 SGB XII (Kette zwischen Einrichtungen und Ambulant-betreutem-Wohnen) aufgrund des gewöhnlichen Aufenthaltes von M.H. vor der ersten stationären Aufnahme in das St. Vinzenzstift im Jahre 1994. Deshalb habe er gemäß § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX als eigentlich zuständiger Leistungs- und Rehabilitationsträger dem Kläger die gesamten Sozialhilfekosten (unter Einschluss der Leistungen für den Lebensunterhalt) zu erstatten. Selbst wenn man bezüglich der Leistungen für den Lebensunterhalt § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX nicht anwenden würde, ergäbe sich insoweit ein Erstattungsanspruch aus § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X).

5

Mit seiner Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII geltend. Es sei kein Raum für eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII. Durch die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts während des Ambulant-betreuten-Wohnens unmittelbar vor der stationären Aufnahme am 29.6.2007 in die Sch Heime sei die "Einrichtungskette" zwischen der ersten stationären Aufnahme und der zweiten unterbrochen worden, sodass § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII Anwendung finde und der Kläger wegen des gewöhnlichen Aufenthaltes des M.H. in A vor Beginn der zweiten stationären Maßnahme zuständig geworden sei.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Der Kläger hat keinen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten, weil er selbst der für die M.H. im streitbefangenen Zeitraum erbrachten Leistungen zuständige Leistungsträger ist.

10

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor; eine Beiladung des M.H. gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) war nicht erforderlich. Danach sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Bei dem zuvörderst in Betracht kommenden Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX handelt es sich jedoch nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft; durch die Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX wird gegenüber dem Leistungsberechtigten eine eigene gesetzliche Verpflichtung des sog "zweitangegangenen" Leistungs- und Rehabilitationsträgers im Außenverhältnis begründet, und die Leistungsbewilligung bildet für den Leistungsberechtigten den Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Leistung(BSGE 98, 267 ff RdNr 19 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4; BSGE 98, 277 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Die Position des Leistungsberechtigten wird im Rahmen des § 14 SGB IX durch den Erstattungsstreit der Rehabilitationsträger untereinander nicht berührt; insbesondere greift die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X nicht. Bei einem wegen der Leistungen für den Lebensunterhalt ggf nach § 105 SGB X in Betracht kommenden Erstattungsanspruch(dazu später) ist eine Entscheidung des Senats zumindest deshalb ohne Beiladung des M.H. möglich, weil die Klageabweisung diesem zu keinerlei Nachteil gereichen kann (vgl zu dieser Überlegung nur BSG SozR 4-1300 § 104 Nr 5 RdNr 24 mwN). Ob eine Beiladung im Hinblick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X überhaupt erforderlich gewesen wäre(vgl dazu BSG aaO), bedarf deshalb keiner Entscheidung.

11

Als Rechtsgrundlage für den vom Kläger mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen den Beklagten kommt zunächst § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX in Betracht. Danach erstattet ein Rehabilitationsträger dem anderen dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach der Bewilligung der Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach Maßgabe von Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass der andere Rehabilitationsträger zuständig ist. Zuständig ist in diesem Sinne ein Träger, der ohne die Regelung des § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Versicherte die gewährte Leistung hätte beanspruchen können(vgl: BSGE 98, 277 RdNr 10 ff mwN = SozR 4-2500 § 40 Nr 4; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN). Dies gilt aber nicht in der offenbar hier vorliegenden Konstellation der Heranziehung anderer (juristischer) Personen durch den zuständig bleibenden Sozialhilfeträger nach § 99 SGB XII durch Landesrecht(§ 4 Landesgesetz zur Ausführung des SGB XII vom 22.12.2004 - AGSGB XII Rh-Pf - Gesetz- und Verordnungsblatt 571). Hier richtet sich der Erstattungsanspruch gegen die herangezogene juristische Person; die Beteiligtenfähigkeit des Beklagten ergibt sich insoweit wegen des in Rheinland-Pfalz geltenden Behördenprinzips aus § 70 Nr 3 SGG.

12

Ob vorliegend § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX auch für die Leistungen zum Lebensunterhalt an M.H. nach dem Dritten bzw Vierten Kapitel des SGB XII wegen § 97 Abs 4 SGB XII (sachliche Zuständigkeit für alle Leistungen des SGB XII bei Zuständigkeit für stationäre Leistungen) einschlägig ist oder ob insoweit statt § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX § 105 SGB X zur Anwendung kommt, weil es sich bei diesen Leistungen nicht um Teilhabeleistungen handelt, kann dahinstehen. Der Kläger ist nämlich ohnedies nicht erst aufgrund der innerhalb von zwei Wochen (§ 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX) nach Antragseingang beim Beklagten erfolgten Weiterleitung des Antrags auf Kostenübernahme für die Unterbringung in den Heimen Sch (als Leistung der Eingliederungshilfe nach § 19 Abs 3, §§ 53 und 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX) gegenüber dem Leistungsempfänger im Außenverhältnis zuständiger Leistungs- und Rehabilitationsträger(§ 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX iVm § 5 Nr 4 SGB IX) geworden, sondern er ist für alle erbrachten Leistungen der originär örtlich und sachlich zuständige Leistungs- bzw Rehabilitationsträger (§ 97 Abs 1 und Abs 2 Satz 1, Abs 3 Nr 1 und Abs 4, § 98 SGB XII iVm § 2 Abs 3, § 3 Hessisches Ausführungsgesetz zum SGB XII vom 20.12.2004 - GVBl 488). Der Beklagte ist deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erstattungspflichtig (passiv legitimiert); ebenso wenig kommt - unabhängig von einer Heranziehung nach § 99 Abs 2 SGB XII iVm § 4 AGSGB XII Rh-Pf - die Erstattungspflicht des überörtlichen Sozialhilfeträgers(§ 1 Abs 2 AGSGB XII Rh-Pf) als des sachlich zuständigen Leistungsträgers (§ 97 Abs 2 SGB XII iVm § 2 AGSGB XII Rh-Pf) bzw der entsprechenden Behörde in Betracht.

13

Es kann für die Entscheidung offen bleiben, ob M.H. bis zur Aufnahme in die Einrichtungen Sch, also bis einschließlich 28.6.2007, tatsächlich Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens erhalten hat (zu der Voraussetzung des Erhaltens von Leistungen siehe OVG Münster, Urteil vom 19.2.2013 - 12 A 1906/12); der Gebrauch dieses Rechtsbegriffs durch das LSG kann jedenfalls die notwendigen tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) nicht ersetzen (vgl dazu: BSGE 109, 56 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1). Hat M.H. bis einschließlich 28.6.2007 nicht ambulant-betreut gewohnt, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Klägers - und daraus folgend auch die sachliche - bereits aus § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII, wonach für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe zuständig ist, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten. Nach § 30 Abs 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Gemessen an diesen Kriterien ist nach den vom LSG festgestellten Umständen, die in der Zeit vom 1.8.2006 bis 28.6.2007 jedenfalls einen Aufenthalt des M.H. in einer stationären Einrichtung ausschließen (vgl zur Problematik des gewöhnlichen Aufenthalts bei Unterbringung in einer stationären Einrichtung § 109 SGB XII), von einem gewöhnlichen Aufenthalt in A, im Zuständigkeitsbereich des Klägers, auszugehen. M.H. hatte sich dort unter Umständen aufgehalten, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilen wollte. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass er nur weniger als ein Jahr in der Wohngruppe gelebt habe und bereits im Jahr 2007 die Wiederaufnahme in eine stationäre Einrichtung, in der ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet werden kann (§ 109 SGB XII), in die Wege geleitet worden sei; denn er hielt sich nach den Feststellungen des LSG im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs außerhalb dieser stationären Einrichtung in A auf, was für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ausreichend ist (vgl nur BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 25/11 - juris RdNr 23 mwN).

14

Aber auch dann, wenn M.H. vom 1.8.2006 bis 28.6.2007 ambulant-betreut gewohnt haben sollte, wäre der Kläger örtlich und sachlich zuständiger Leistungs- bzw Rehabilitationsträger für die in den Heimen Sch gewährten Leistungen. Es könnten dann zwar Gründe dafür sprechen, die M.H. seit 1994 gewährten Leistungen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten - gleichgültig ob stationär, teilstationär oder ambulant - insgesamt als einheitliches Leistungsgeschehen des Betreuten-Wohnens zu werten (vgl zum Wechsel von einer ambulant-betreuten Wohnform zur anderen bereits: BSGE 109, 56 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1), und die örtliche - damit vorliegend auch die sachliche - Zuständigkeit des Klägers bei einem mehrfachen Wechsel zwischen stationärer und ambulanter Betreuung in entsprechender Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII(hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) zu beurteilen. Nur bei einem einheitlichen Leistungsgeschehen in diesem Sinne wäre eine Analogie zu § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII überhaupt denkbar. Wäre dies der Fall, müsste allerdings § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII beachtet werden(dazu später); bei dessen Anwendung würde ebenso wenig eine Zuständigkeit des Beklagten begründet wie über § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII ohne entsprechende Heranziehung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII.

15

Gemäß § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII ist für die stationäre Leistung, wenn die Leistungsberechtigten beim Einsetzen der Sozialhilfe aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten waren oder nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall eingetreten war, der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Daneben bestimmt § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII, dass für Leistungen an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulant-betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Für eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII auch auf den Wechsel zwischen ambulant- und stationär-betreuten Wohnformen könnte sprechen, dass der sozialhilferechtlich relevante Bedarf des Betreuten-Wohnens, der durch Leistungen der Sozialhilfe zu decken ist, als Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten(vgl § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX) im Kern unverändert bleibt und lediglich der äußere Rahmen, in dem die Hilfe geleistet wird (ambulant oder stationär), Veränderungen unterworfen ist. Der Schutz des Sozialhilfeträgers am Ort ambulant-betreuter Wohnmöglichkeiten entfiele dann bei unveränderter Bedarfslage (Betreutes-Wohnen) nicht (so auch: Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 96a, Stand Juni 2012, Josef/Wenzel, NDV 2007, 85, 90 f, und Hammel, ZFSH/SGB 2008, 67, 74; aA Gerlach, ZfF 2008, 5, 9, Söhngen in juris PraxisKommentar SGB XII, § 98 SGB XII RdNr 53, und Schoch in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 98 SGB XII RdNr 60). § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII könnte indes aus teleologischen Gründen allenfalls bei einem einheitlichen Leistungsgeschehen des Betreuten-Wohnens entsprechend herangezogen werden; denn seine generelle Anwendung bei einem Wechsel zwischen Einrichtungen und Ambulant-betreuten-Wohnformen lässt sich keinesfalls mit Wortlaut und Systematik des § 98 Abs 5 SGB XII vereinbaren, der anders als Abs 4 gerade nicht auf die gesamten Absätze 1 und 2 verweist.

16

Die entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII würde unter diesen Voraussetzungen zu einer fortbestehenden Zuständigkeit des Beklagten führen, weil an dem gewöhnlichen Aufenthalt des M.H. vor der erstmaligen Aufnahme in eine Einrichtung im Jahr 1994 (in M, Rheinland-Pfalz) anzuknüpfen wäre. Insoweit hat das LSG jedoch nicht beachtet, dass § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII für das Ambulant-betreute-Wohnen eine Sonderregelung zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit trifft, wonach vor Inkrafttreten des SGB XII zum 1.1.2005 begründete Zuständigkeiten von der Regelung des § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII unberührt bleiben. Dieser normative Befehl ist so zu verstehen, dass bei einem Leistungsfall des Betreuten-Wohnens, der vor dem 1.1.2005 begonnen hat, die zur Zeit des Leistungsbeginns geltenden Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) über die örtliche Zuständigkeit weitergelten (vgl BSGE 109, 56 ff RdNr 18 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1). Geregelt ist zwar unmittelbar nur das Ambulant-betreute-Wohnen; wollte man § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII über seinen Wortlaut hinaus auf Fälle des Ambulant-betreuten-Wohnens nach § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII und auf einen Wechsel zwischen ambulanter und stationärer Betreuung anwenden, wäre zwangsläufig auch die Sonderregelung des § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII für sog Altfälle zu berücksichtigen, die durch die entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII nicht unterlaufen werden darf. Da die Analogie zu § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII beim Wechsel zwischen ambulanter und stationärer Betreuung - gleichgültig in welcher Reihenfolge - nur mit dem Argument eines einheitlichen, ununterbrochenen sozialhilferechtlichen Bedarfsfalls des Betreuten-Wohnens überhaupt bejaht werden könnte, würde sich vorliegend die Zuständigkeit weiterhin nach den Vorschriften des BSHG richten; denn nach den Feststellungen des LSG handelte es sich jedenfalls für die Zeit von 1994 bis 28.6.2007 um ein solch einheitliches Leistungsgeschehen. Nach § 97 Abs 2 Satz 1 BSHG wäre dann für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme (hier 29.6.2007) hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatte; dies war - wie oben ausgeführt - A (Hessen). Auf die stationäre Unterbringung vor dem Ambulant-betreuten-Wohnen käme es für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit mangels einer Kette zwischen stationären Einrichtungen nach § 97 Abs 2 BSHG nicht an; eine § 98 Abs 5 SGB XII vergleichbare Regelung, über die die im Gesetz vorgesehene Einrichtungskette auf Ambulant-betreute-Wohnformen hätte ausgeweitet werden können, kannte das BSHG nicht.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 und 3 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

18

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 3 und Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 47 Abs 1 und 2, § 52 Abs 1, § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht:

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
3.
unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,
4.
Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
5.
Leistungen zur sozialen Teilhabe.

Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

Die Sozialhilfe umfasst:

1.
Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40),
2.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46b),
3.
Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52),
4.
Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66a),
5.
Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69),
6.
Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74)
sowie die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden. Vorrang haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

(2) Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden. Vorrang haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

(2) Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 82 838,08 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 82 838,08 Euro für Leistungen der Eingliederungshilfe (Betreutes-Wohnen), die der Kläger in der Zeit vom 20.10.2006 bis 12.4.2010 für die Leistungsberechtigte T. R. (T.R.) erbracht hat.

2

Die 1983 geborene T.R. zog zum 20.10.2006 von ihrem bisherigen Wohnort S. nach K. um, weil sie in eine Wohngruppe einer sozialtherapeutischen Einrichtung für Frauen aufgenommen wurde; dort wohnte sie im streitbefangenen Zeitraum. Sowohl in S. als auch in K. erhielt sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Den Antrag der T.R. auf Übernahme der Kosten der Betreuung in der Wohngruppe (vom 2.10.2006) leitete der Beklagte an den Kläger weiter (Schreiben vom 6.10.2006), weil er sich für nicht zuständig erachtete. Der Kläger bewilligte T.R. Leistungen der Eingliederungshilfe (bestandskräftige Bescheide vom 16.10.2006, 10.5.2007, 2.4.2008, 28.5. sowie 18.11.2009) und machte erfolglos einen Erstattungsanspruch bei dem Beklagten geltend (Schreiben vom 16.10.2006; ablehnendes Schreiben des Beklagten vom 1.11.2006).

3

Die auf Kostenerstattung in Höhe von 82 838,08 Euro gerichtete Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 4.6.2013; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12.3.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, gleichgültig ob T.R. in K. in einer ambulanten Wohnform oder einer teilstationären Einrichtung gewohnt habe, sei der Beklagte der eigentlich zuständige Träger. Dessen örtliche Zuständigkeit ergebe sich bei Annahme einer teilstationären Einrichtung in analoger Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), weil T.R. vor Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. gehabt habe; bei Annahme einer ambulanten Betreuung ergebe sich seine Zuständigkeit aus § 98 Abs 5 iVm Abs 1 SGB XII wegen des tatsächlichen Aufenthalts der T.R. in S. vor Eintritt in die ambulante Wohnform, sodass für davor zu erbringende Sozialleistungen der Beklagte zuständig gewesen wäre.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 und 5 SGB XII. Für Einrichtungen der teilstationären Betreuung bedürfe es keiner analogen Anwendung der genannten Vorschriften; vielmehr komme unmittelbar § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII zur Anwendung. Dies führe zu einer eigentlichen örtlichen Zuständigkeit des Klägers, weil sich T.R. in K. tatsächlich aufgehalten habe.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

9

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere bedurfte es keiner Beiladung der T.R. nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung), weil es sich bei dem vom Kläger als Rehabilitationsträger (§ 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - iVm §§ 1, 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Schleswig-Holstein vom 17.12.2010 - Gesetz- und Verordnungsblatt 789, 813) mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch des § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch handelt, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft(vgl zuletzt zusammenfassend die Senatsentscheidung vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 10 mwN).

10

Nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX erstattet ein Rehabilitationsträger einem anderen dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach der Bewilligung der Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach Maßgabe von Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass der andere Rehabilitationsträger zuständig ist. Zuständig in diesem Sinne ist ein Träger, der ohne die Regelung des § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Leistungsberechtigte die gewährte Leistung hätte beanspruchen können(vgl: BSGE 98, 277 ff RdNr 10 mwN = SozR 4-2500 § 40 Nr 4; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN).

11

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch tatsächlich zusteht, war dem Senat nicht möglich; es fehlt an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht nur zum Inhalt der Maßnahme, sondern auch zur Rechtmäßigkeit der gegenüber T.R. erbrachten Leistungen und der Höhe der geltend gemachten Erstattungsforderung (vgl zu diesen Voraussetzungen nur BSGE 109, 56 ff RdNr 10 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

12

Lägen diese Voraussetzungen vor, wäre der Beklagte ohne die rechtzeitige Weiterleitung des Antrags der eigentlich zuständige Träger für die Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten als Leistung der Eingliederungshilfe (§§ 53, 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX); allerdings ist insoweit eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen(dazu später).

13

Nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ist für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten. Für Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre (§ 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII).

14

Nach Maßgabe des vom LSG nicht festgestellten und deshalb vom Senat eigenständig prüfbaren Landesrechts wäre der Beklagte durch Heranziehung für stationäre Leistungen (nur) wahrnehmungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 2 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 16.12.2004 - GVBl 644 -, iVm § 2 Abs 1 Nr 1 Verordnung zur Durchführung des AGSGB XII); denn T.R. hatte vor Aufnahme in die Wohngruppe in S. ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -). Läge ein Fall des Ambulant-betreuten-Wohnens vor, wäre, weil T.R. in S. keine Leistungen nach dem SGB XII, sondern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erhalten hat, nach § 98 Abs 5 Satz 1 2. Alt SGB XII darauf abzustellen, welcher Träger der Sozialhilfe vor Eintritt in diese Wohnform für Sozialhilfeleistungen zuletzt zuständig gewesen wäre (vgl: BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 16; Waldhorst-Kahnau in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 13 SGB XII RdNr 19). Dies wäre nach § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII ebenfalls der Beklagte, wenn T.R. anstelle der an sie erbrachten Leistungen nach dem SGB II Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten hätte, weil sich T.R. in S. tatsächlich aufhielt und dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Als örtlicher Träger wäre der Beklagte indes nicht nur wahrnehmungszuständig, sondern auch sachlich leistungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 1 AGSGB XII).

15

Gäbe es eine teilstationäre Leistung des Betreuten-Wohnens und läge ein solcher Fall vor, fände § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII weder unmittelbar noch analog Anwendung. § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII regelt nämlich nur die örtliche Zuständigkeit für vollstationäre Leistungen in einer Einrichtung(so auch: Söhngen in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 98 SGB XII RdNr 31; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 30; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 45, Stand März 2015). Der Begriff "stationäre Leistung" umfasst nicht, gleichsam als Oberbegriff, vollstationäre und teilstationäre Leistungen. Dies macht die ausdrückliche Differenzierung in § 13 Abs 1 Satz 1 SGB XII und § 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII deutlich, wonach terminologisch zwischen teilstationären und stationären Leistungen unterschieden wird(vgl auch § 100 Abs 1 Nr 1 und 5 Bundessozialhilfegesetz).

16

Die Zuständigkeit des Beklagten für teilstationäre Maßnahmen kann mangels Regelungslücke auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII gestützt werden. Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (BSG SozR 3-2500 § 38 Nr 2 S 12) und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (BVerfGE 82, 6, 11 ff mwN; BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSGE 89, 199, 202 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 21 S 95 f mwN). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

17

Angesichts der bereits im BSHG angelegten (vgl § 97 Abs 2) Unterscheidung (vgl dazu: BVerwGE 88, 86 ff = Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 19; BVerwG Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 12) und der Änderungen, die § 98 Abs 2 und 5 SGB XII seit seinem Inkrafttreten zum 1.1.2005 erfahren hat, ohne dass eine (neue) Regelung zu teilstationären Leistungen des Betreuten-Wohnens in das Gesetz aufgenommen worden ist, ist nicht von einer unbewussten Lücke auszugehen.

18

Ohnedies ist zweifelhaft, ob es eine teilstationäre Form des Betreuten-Wohnens überhaupt geben kann. Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist nämlich ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (BVerwGE 95, 149, 152; BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2)und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl § 13 Abs 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 15). Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (BVerwGE 95, 149, 150). Die Hilfeleistung in einer Einrichtung kann sich also schon per se nicht auf eine einzelne Verrichtung beschränken, sondern umfasst - schon durch die Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Räumlichkeiten des Trägers - die gesamte Betreuung des Leistungsberechtigten, solange sich dieser in der Einrichtung aufhält (BVerwGE 48, 228 ff = Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr 6).

19

Die Intensität der Betreuung ist für die Abgrenzung stationärer und teilstationärer Maßnahmen dabei ohne Belang und nur als Abgrenzungskriterium im Verhältnis zu ambulanten Leistungen des Betreuten-Wohnens heranzuziehen. Erhält ein Leistungsberechtigter auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit eine umfassende Betreuung beim Wohnen in einer Einrichtung auch dann, wenn nach dem Therapiekonzept bzw dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten (vgl BVerwGE 95, 149, 150), wird eine solche Hilfe wegen der Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Einrichtung gleichwohl in stationärer Form erbracht. In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist dabei allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 RdNr 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 33). Die Abgrenzung teilstationärer zu stationären Leistungen in Einrichtungen kann deshalb nur anhand zeitlicher Kriterien erfolgen. Wohnt ein Leistungsberechtigter hingegen ohne organisatorische Anbindung und ohne die beschriebene umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form vor. Ein teilstationäres Betreutes-Wohnen wäre deshalb überhaupt nur denkbar, wenn sich die Hilfe in einer Einrichtung auf zeitlich klar abgrenzbare Abschnitte beschränken würde, was angesichts des Umstands, dass eine Person an einem Ort auch dann wohnt, wenn sie sich ggf kurzfristig oder zeitabschnittsweise an einem anderen Ort befindet, nur schwer vorstellbar erscheint.

20

Ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet, sei es, wie hier, als "teilstationäre Wohngemeinschaft/Wohngruppe für Menschen mit seelischer Behinderung", ist für die rechtliche Qualifikation der Leistung ebenso wenig von Belang wie die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen.

21

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Satz 1, § 40 Gerichtskostengesetz.

22

Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden. Vorrang haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

(2) Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Bei häuslicher Pflege übernimmt der zugelassene Pflegedienst spätestens mit Beginn des ersten Pflegeeinsatzes auch gegenüber dem Pflegebedürftigen die Verpflichtung, diesen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit, entsprechend den von ihm in Anspruch genommenen Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 zu versorgen (Pflegevertrag). Bei jeder wesentlichen Veränderung des Zustandes des Pflegebedürftigen hat der Pflegedienst dies der zuständigen Pflegekasse unverzüglich mitzuteilen.

(2) Der Pflegedienst hat nach Aufforderung der zuständigen Pflegekasse unverzüglich eine Ausfertigung des Pflegevertrages auszuhändigen. Der Pflegevertrag kann von dem Pflegebedürftigen jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden.

(3) In dem Pflegevertrag sind mindestens Art, Inhalt und Umfang der Leistungen einschließlich der dafür mit den Kostenträgern nach § 89 vereinbarten Vergütungen für jede Leistung oder jeden Leistungskomplex einschließlich ergänzender Unterstützungsleistungen bei der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen gesondert zu beschreiben. Der Pflegedienst hat den Pflegebedürftigen vor Vertragsschluss und bei jeder wesentlichen Veränderung in der Regel schriftlich über die voraussichtlichen Kosten zu unterrichten. Bei der Vereinbarung des Pflegevertrages ist zu berücksichtigen, dass der Pflegebedürftige Leistungen von mehreren Leistungserbringern in Anspruch nimmt. Ebenso zu berücksichtigen ist die Bereitstellung der Informationen für eine Nutzung des Umwandlungsanspruchs nach § 45a Absatz 4.

(4) Der Anspruch des Pflegedienstes auf Vergütung seiner Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 und seiner ergänzenden Unterstützungsleistungen im Sinne des § 39a ist unmittelbar gegen die zuständige Pflegekasse zu richten. Soweit die von dem Pflegebedürftigen abgerufenen Leistungen nach Satz 1 den von der Pflegekasse mit Bescheid festgelegten und von ihr zu zahlenden leistungsrechtlichen Höchstbetrag überschreiten, darf der Pflegedienst dem Pflegebedürftigen für die zusätzlich abgerufenen Leistungen keine höhere als die nach § 89 vereinbarte Vergütung berechnen.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Der Anspruch umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 genannten Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.

(2) Häusliche Pflegehilfe wird erbracht, um Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Bestandteil der häuslichen Pflegehilfe ist auch die pflegefachliche Anleitung von Pflegebedürftigen und Pflegepersonen. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld, insbesondere

1.
bei der Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder von Gefährdungen,
2.
bei der Orientierung, bei der Tagesstrukturierung, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei bedürfnisgerechten Beschäftigungen im Alltag sowie
3.
durch Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung.

(3) Der Anspruch auf häusliche Pflegehilfe umfasst je Kalendermonat

1.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 724 Euro,
2.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 363 Euro,
3.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 693 Euro,
4.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 2 095 Euro.

(4) Häusliche Pflegehilfe ist auch zulässig, wenn Pflegebedürftige nicht in ihrem eigenen Haushalt gepflegt werden; sie ist nicht zulässig, wenn Pflegebedürftige in einer stationären Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung oder in Räumlichkeiten im Sinne des § 71 Absatz 4 gepflegt werden. Häusliche Pflegehilfe wird durch geeignete Pflegekräfte erbracht, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Absatz 1 abgeschlossen hat, kann häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht werden. Mehrere Pflegebedürftige können häusliche Pflegehilfe gemeinsam in Anspruch nehmen.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen.

(2) Für Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen übernimmt die Pflegekasse im Rahmen der pauschalen Leistungsbeträge nach Satz 2 die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Der Anspruch beträgt je Kalendermonat

1.
770 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2,
2.
1 262 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3,
3.
1 775 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4,
4.
2 005 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.
Abweichend von Satz 1 übernimmt die Pflegekasse auch Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung, soweit der nach Satz 2 gewährte Leistungsbetrag die in Satz 1 genannten Aufwendungen übersteigt.

(3) Wählen Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 vollstationäre Pflege, erhalten sie für die in Absatz 2 Satz 1 genannten Aufwendungen einen Zuschuss in Höhe von 125 Euro monatlich.

(4) Bei vorübergehender Abwesenheit von Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim werden die Leistungen für vollstationäre Pflege erbracht, solange die Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 Satz 5 und 6 vorliegen.

(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 versorgen.

(1a) Auf ambulante Betreuungseinrichtungen, die für Pflegebedürftige dauerhaft pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung erbringen (Betreuungsdienste), sind die Vorschriften dieses Buches, die für Pflegedienste gelten, entsprechend anzuwenden, soweit keine davon abweichende Regelung bestimmt ist.

(2) Stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:

1.
unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden,
2.
ganztägig (vollstationär) oder tagsüber oder nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können.

(3) Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne der Absätze 1 und 2 ist neben dem Abschluss einer Ausbildung als

1.
Pflegefachfrau oder Pflegefachmann,
2.
Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger,
3.
Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder
4.
Altenpflegerin oder Altenpfleger
eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten Ausbildungsberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre erforderlich. Bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, die überwiegend behinderte Menschen pflegen und betreuen, gelten auch nach Landesrecht ausgebildete Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger sowie Heilerzieherinnen und Heilerzieher mit einer praktischen Berufserfahrung von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre als ausgebildete Pflegefachkraft. Bei Betreuungsdiensten kann anstelle der verantwortlichen Pflegefachkraft eine entsprechend qualifizierte, fachlich geeignete und zuverlässige Fachkraft mit praktischer Berufserfahrung im erlernten Beruf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre (verantwortliche Fachkraft) eingesetzt werden. Die Rahmenfrist nach den Sätzen 1, 2 oder 3 beginnt acht Jahre vor dem Tag, zu dem die verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne des Absatzes 1 oder 2 bestellt werden soll. Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft ist ferner Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen mit einer Mindeststundenzahl, die 460 Stunden nicht unterschreiten soll, erfolgreich durchgeführt wurde. Anerkennungen als verantwortliche Fachkraft, die im Rahmen der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste erfolgt sind, gelten fort. Für die Anerkennung einer verantwortlichen Fachkraft ist ferner ab dem 1. Januar 2023 ebenfalls Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne von Satz 5 durchgeführt wurde.

(4) Keine Pflegeeinrichtungen im Sinne des Absatzes 2 sind

1.
stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung oder zur sozialen Teilhabe, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker Menschen oder von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stehen,
2.
Krankenhäuser sowie
3.
Räumlichkeiten,
a)
in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht,
b)
auf deren Überlassung das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet und
c)
in denen der Umfang der Gesamtversorgung der dort wohnenden Menschen mit Behinderungen durch Leistungserbringer regelmäßig einen Umfang erreicht, der weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht; bei einer Versorgung der Menschen mit Behinderungen sowohl in Räumlichkeiten im Sinne der Buchstaben a und b als auch in Einrichtungen im Sinne der Nummer 1 ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, ob der Umfang der Versorgung durch Leistungserbringer weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht.

(5) Mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, erlässt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen spätestens bis zum 1. Juli 2019 Richtlinien zur näheren Abgrenzung, wann die in Absatz 4 Nummer 3 Buchstabe c in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung genannten Merkmale vorliegen und welche Kriterien bei der Prüfung dieser Merkmale mindestens heranzuziehen sind. Die Richtlinien nach Satz 1 sind im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene zu beschließen; die Länder, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sind zu beteiligen. Für die Richtlinien nach Satz 1 gilt § 17 Absatz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Genehmigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erteilt und die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 82 838,08 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 82 838,08 Euro für Leistungen der Eingliederungshilfe (Betreutes-Wohnen), die der Kläger in der Zeit vom 20.10.2006 bis 12.4.2010 für die Leistungsberechtigte T. R. (T.R.) erbracht hat.

2

Die 1983 geborene T.R. zog zum 20.10.2006 von ihrem bisherigen Wohnort S. nach K. um, weil sie in eine Wohngruppe einer sozialtherapeutischen Einrichtung für Frauen aufgenommen wurde; dort wohnte sie im streitbefangenen Zeitraum. Sowohl in S. als auch in K. erhielt sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Den Antrag der T.R. auf Übernahme der Kosten der Betreuung in der Wohngruppe (vom 2.10.2006) leitete der Beklagte an den Kläger weiter (Schreiben vom 6.10.2006), weil er sich für nicht zuständig erachtete. Der Kläger bewilligte T.R. Leistungen der Eingliederungshilfe (bestandskräftige Bescheide vom 16.10.2006, 10.5.2007, 2.4.2008, 28.5. sowie 18.11.2009) und machte erfolglos einen Erstattungsanspruch bei dem Beklagten geltend (Schreiben vom 16.10.2006; ablehnendes Schreiben des Beklagten vom 1.11.2006).

3

Die auf Kostenerstattung in Höhe von 82 838,08 Euro gerichtete Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 4.6.2013; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12.3.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, gleichgültig ob T.R. in K. in einer ambulanten Wohnform oder einer teilstationären Einrichtung gewohnt habe, sei der Beklagte der eigentlich zuständige Träger. Dessen örtliche Zuständigkeit ergebe sich bei Annahme einer teilstationären Einrichtung in analoger Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), weil T.R. vor Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. gehabt habe; bei Annahme einer ambulanten Betreuung ergebe sich seine Zuständigkeit aus § 98 Abs 5 iVm Abs 1 SGB XII wegen des tatsächlichen Aufenthalts der T.R. in S. vor Eintritt in die ambulante Wohnform, sodass für davor zu erbringende Sozialleistungen der Beklagte zuständig gewesen wäre.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 und 5 SGB XII. Für Einrichtungen der teilstationären Betreuung bedürfe es keiner analogen Anwendung der genannten Vorschriften; vielmehr komme unmittelbar § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII zur Anwendung. Dies führe zu einer eigentlichen örtlichen Zuständigkeit des Klägers, weil sich T.R. in K. tatsächlich aufgehalten habe.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

9

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere bedurfte es keiner Beiladung der T.R. nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung), weil es sich bei dem vom Kläger als Rehabilitationsträger (§ 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - iVm §§ 1, 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Schleswig-Holstein vom 17.12.2010 - Gesetz- und Verordnungsblatt 789, 813) mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch des § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch handelt, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft(vgl zuletzt zusammenfassend die Senatsentscheidung vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 10 mwN).

10

Nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX erstattet ein Rehabilitationsträger einem anderen dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach der Bewilligung der Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach Maßgabe von Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass der andere Rehabilitationsträger zuständig ist. Zuständig in diesem Sinne ist ein Träger, der ohne die Regelung des § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Leistungsberechtigte die gewährte Leistung hätte beanspruchen können(vgl: BSGE 98, 277 ff RdNr 10 mwN = SozR 4-2500 § 40 Nr 4; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN).

11

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch tatsächlich zusteht, war dem Senat nicht möglich; es fehlt an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht nur zum Inhalt der Maßnahme, sondern auch zur Rechtmäßigkeit der gegenüber T.R. erbrachten Leistungen und der Höhe der geltend gemachten Erstattungsforderung (vgl zu diesen Voraussetzungen nur BSGE 109, 56 ff RdNr 10 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

12

Lägen diese Voraussetzungen vor, wäre der Beklagte ohne die rechtzeitige Weiterleitung des Antrags der eigentlich zuständige Träger für die Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten als Leistung der Eingliederungshilfe (§§ 53, 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX); allerdings ist insoweit eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen(dazu später).

13

Nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ist für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten. Für Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre (§ 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII).

14

Nach Maßgabe des vom LSG nicht festgestellten und deshalb vom Senat eigenständig prüfbaren Landesrechts wäre der Beklagte durch Heranziehung für stationäre Leistungen (nur) wahrnehmungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 2 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 16.12.2004 - GVBl 644 -, iVm § 2 Abs 1 Nr 1 Verordnung zur Durchführung des AGSGB XII); denn T.R. hatte vor Aufnahme in die Wohngruppe in S. ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -). Läge ein Fall des Ambulant-betreuten-Wohnens vor, wäre, weil T.R. in S. keine Leistungen nach dem SGB XII, sondern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erhalten hat, nach § 98 Abs 5 Satz 1 2. Alt SGB XII darauf abzustellen, welcher Träger der Sozialhilfe vor Eintritt in diese Wohnform für Sozialhilfeleistungen zuletzt zuständig gewesen wäre (vgl: BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 16; Waldhorst-Kahnau in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 13 SGB XII RdNr 19). Dies wäre nach § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII ebenfalls der Beklagte, wenn T.R. anstelle der an sie erbrachten Leistungen nach dem SGB II Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten hätte, weil sich T.R. in S. tatsächlich aufhielt und dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Als örtlicher Träger wäre der Beklagte indes nicht nur wahrnehmungszuständig, sondern auch sachlich leistungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 1 AGSGB XII).

15

Gäbe es eine teilstationäre Leistung des Betreuten-Wohnens und läge ein solcher Fall vor, fände § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII weder unmittelbar noch analog Anwendung. § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII regelt nämlich nur die örtliche Zuständigkeit für vollstationäre Leistungen in einer Einrichtung(so auch: Söhngen in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 98 SGB XII RdNr 31; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 30; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 45, Stand März 2015). Der Begriff "stationäre Leistung" umfasst nicht, gleichsam als Oberbegriff, vollstationäre und teilstationäre Leistungen. Dies macht die ausdrückliche Differenzierung in § 13 Abs 1 Satz 1 SGB XII und § 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII deutlich, wonach terminologisch zwischen teilstationären und stationären Leistungen unterschieden wird(vgl auch § 100 Abs 1 Nr 1 und 5 Bundessozialhilfegesetz).

16

Die Zuständigkeit des Beklagten für teilstationäre Maßnahmen kann mangels Regelungslücke auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII gestützt werden. Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (BSG SozR 3-2500 § 38 Nr 2 S 12) und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (BVerfGE 82, 6, 11 ff mwN; BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSGE 89, 199, 202 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 21 S 95 f mwN). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

17

Angesichts der bereits im BSHG angelegten (vgl § 97 Abs 2) Unterscheidung (vgl dazu: BVerwGE 88, 86 ff = Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 19; BVerwG Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 12) und der Änderungen, die § 98 Abs 2 und 5 SGB XII seit seinem Inkrafttreten zum 1.1.2005 erfahren hat, ohne dass eine (neue) Regelung zu teilstationären Leistungen des Betreuten-Wohnens in das Gesetz aufgenommen worden ist, ist nicht von einer unbewussten Lücke auszugehen.

18

Ohnedies ist zweifelhaft, ob es eine teilstationäre Form des Betreuten-Wohnens überhaupt geben kann. Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist nämlich ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (BVerwGE 95, 149, 152; BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2)und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl § 13 Abs 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 15). Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (BVerwGE 95, 149, 150). Die Hilfeleistung in einer Einrichtung kann sich also schon per se nicht auf eine einzelne Verrichtung beschränken, sondern umfasst - schon durch die Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Räumlichkeiten des Trägers - die gesamte Betreuung des Leistungsberechtigten, solange sich dieser in der Einrichtung aufhält (BVerwGE 48, 228 ff = Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr 6).

19

Die Intensität der Betreuung ist für die Abgrenzung stationärer und teilstationärer Maßnahmen dabei ohne Belang und nur als Abgrenzungskriterium im Verhältnis zu ambulanten Leistungen des Betreuten-Wohnens heranzuziehen. Erhält ein Leistungsberechtigter auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit eine umfassende Betreuung beim Wohnen in einer Einrichtung auch dann, wenn nach dem Therapiekonzept bzw dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten (vgl BVerwGE 95, 149, 150), wird eine solche Hilfe wegen der Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Einrichtung gleichwohl in stationärer Form erbracht. In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist dabei allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 RdNr 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 33). Die Abgrenzung teilstationärer zu stationären Leistungen in Einrichtungen kann deshalb nur anhand zeitlicher Kriterien erfolgen. Wohnt ein Leistungsberechtigter hingegen ohne organisatorische Anbindung und ohne die beschriebene umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form vor. Ein teilstationäres Betreutes-Wohnen wäre deshalb überhaupt nur denkbar, wenn sich die Hilfe in einer Einrichtung auf zeitlich klar abgrenzbare Abschnitte beschränken würde, was angesichts des Umstands, dass eine Person an einem Ort auch dann wohnt, wenn sie sich ggf kurzfristig oder zeitabschnittsweise an einem anderen Ort befindet, nur schwer vorstellbar erscheint.

20

Ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet, sei es, wie hier, als "teilstationäre Wohngemeinschaft/Wohngruppe für Menschen mit seelischer Behinderung", ist für die rechtliche Qualifikation der Leistung ebenso wenig von Belang wie die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen.

21

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Satz 1, § 40 Gerichtskostengesetz.

22

Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten, beide überörtliche Träger der Sozialhilfe, streiten um die Erstattung von Kosten, die der Kläger im Zeitraum vom 3.10.2013 bis 30.6.2014 für Leistungen an die Hilfeempfängerin (Leistungsberechtigte S. S.) aufgewandt hat.

Die Leistungsberechtigte legte im Bezirk des Klägers im Jahr 2013 das Abitur ab und verzog am 20.9.2013 in das Gebiet des Beklagten. Dort studierte sie seit dem Wintersemester 2013/2014 an der Universität, die im Gebiet der Beigeladenen liegt.

Während der Schulzeit hatte der Kläger die Kosten eines Schulhelfers als Eingliederungshilfe übernommen. Denn die Leistungsberechtigte leidet von Geburt an an einer spinalen Muskelatrophie und kann nicht stehen oder gehen und nur bedingt frei sitzen. Für die Fortbewegung ist ein elektrischer Rollstuhl notwendig; die Armkraft ist stark eingeschränkt. Sie ist auch nachts auf ständige Hilfe angewiesen, muss insbesondere mehrmals umgelagert werden. Sie ist seitens der gesetzlichen Pflegeversicherung in die Pflegestufe III eingeordnet.

Den Umzug sowie die Aufnahme des Studiums hatte die Leistungsberechtigte dem Kläger unter Übersendung des am 10.5.2013 unterzeichneten Hilfeplanungs-, Entwicklungs- und Abschlussberichtsbogens (HEB-Bogen) vom 29.4.2013 mitgeteilt und am 16.5.2013 (Eingang) Leistungen beantragt.

Der Kläger übersandte dem Beklagten den Antrag am 21.5.2013, weil in dessen Bereich die Hochschule liege. Dieser sandte am 29.5.2013 den Antrag an den Kläger zurück, weil es sich um ambulant betreutes Wohnen handle. Nach § 98 Abs. 5 SGB XII sei danach der bisherige Sozialhilfeträger zuständig.

Nach Rücksprache mit dem Beklagten und der Beigeladenen bewilligte der Kläger mit Bescheid vom 13.9.2013 Eingliederungshilfe und ambulante Hilfe zur Pflege in Form von Hochschulhilfe und persönlicher Assistenz laut Kostenvoranschlag des Zentrums für selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. - Assistenzorganisation - ZSL - A-Stadt in Höhe von bis zu 16.202,93 € pro Monat und machte gleichzeitig gegenüber dem Beklagten und gegenüber der Krankenkasse einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X geltend. Mit Bescheid vom 29.11.2013 übernahm der Kläger auch die Kosten für ein Assistentenzimmer in Höhe von 100,00 € monatlich.

Zuvor erfolgten Schriftwechsel und Telefonate mit dem Beklagten. Gleichzeitig sandte der Kläger Schreiben in Kopie an die Beigeladene, damit diese über die beantragten ambulanten Hilfen zur Pflege ggf. in Absprache mit dem Beklagten entscheiden könne. Am 13.9.2013 erstellte der Sozialpädagogisch-Medizinische Dienst nach Durchführung eines Hilfeplangespräches eine fachliche Stellungnahme

Am 9.12.2013 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29.11.2013 Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) wegen der bisher angefallenen Kosten erhoben.

Mit Beschluss vom 4.7.2014 hat das SG die Stadt A-Stadt zum Verfahren beigeladen.

Durch Urteil vom 12. August 2014 hat das SG den Beklagten verurteilt, dem Kläger die im Zeitraum vom 3.10.2013 bis 30.6.2014 für die Leistungsberechtigte entstandenen Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 122.288,02 € zu erstatten. Dabei hat es auch eine zulässige Klageerweiterung angenommen.

Zur Begründung führt das SG an, dass der Kläger gemäß § 102 SGB X Erstattung vom Beklagten verlangen könne. Denn dieser habe gemäß § 43 Abs. 1 SGB I vorläufig mit Bescheid vom 13.9.2013 Leistungen gewährt. Nach der objektiven Rechtslage sei aber der Beklagte zuständig gewesen. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Es liege kein ambulant betreutes Wohnen im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII vor. Nach der Rechtsprechung (BSG Urteil vom 25.8.2011, B 8 SO 7/10) dürfe es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein. Hier entfielen aber von den täglich insgesamt 22,5 Stunden Assistenz lediglich 6 Stunden 22 min auf die Assistenz zum selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, während der Vorlesungszeit sogar nur 1 Stunde 39 min. Die sachliche Zuständigkeit richte sich nach Art. 82 Abs. 2 AGSG. Nach dieser Vorschrift gelte § 97 Abs. 4 SGB XII entsprechend, wenn Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft erbracht werde. Art. 82 Abs. 2 AGSG regele somit eine Allzuständigkeit. Anders als bei der Auslegung von § 98 Abs. 5 SGB XII komme es bei Art. 82 Abs. 2 AGSG nicht auf den Schwerpunkt der Maßnahme an. Entscheidend sei, dass überhaupt - wenn auch nur zu einem kleinen Teil - Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht würden (vgl. BayLSG Urteil vom 21.2.2013, L 18 SO 85/10). Grund für die abweichende Auslegung sei insbesondere der mit der Neufassung von Art. 82 AGSG verfolgte Zweck, Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden und Leistungen aus einer Hand zur Verfügung zu stellen. Betreutes Wohnen in diesem Sinne liege vor. Die Assistenz beinhalte neben der Hochschulhilfe die Hilfe „zu Hause“, u. a. zum Empfang von Besuch in der Wohnung, für Bürotätigkeiten wie Schreibtisch ordnen oder Briefe öffnen sowie für das Bedienen technischer Geräte. Jedenfalls ein Teil der erbrachten Leistung bestehe somit in der Erbringung von Eingliederungsleistungen „durch“ Betreuung in betreutem Einzelwohnen. Anders als vom Beklagten behauptet, liege Eingliederungshilfe nicht nur bei der Erbringung pädagogischer Hilfe vor. Eingliederungshilfe sei auch bei rein körperlich behinderten Leistungsempfängern möglich. So gehörten z. B. gerade Hilfen zur Vermittlung gesellschaftlicher Kontakte zum Bereich der Eingliederungshilfe, §§ 55, 58

SGB IX.

Gegen das am 3.9.2014 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 25.9.2014 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Diese wurde zunächst damit begründet (Schriftsatz vom 25.9.2014), dass es sich der Art nach bei der Betreuung im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII nicht um überwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln dürfe. Da aber bei der Leistungsempfängerin immerhin über 6 Stunden täglich auf Assistenz zum selbstbestimmten Leben entfielen, müsse ein hinreichend genügender Bedarf an Eingliederungshilfe im Sinne von § 98

Abs. 5 SGB XII angenommen werden. Damit bleibe der Träger zuständig, der unmittelbar vor Eintritt in diese Wohnform zuständig gewesen sei. Dem hat der Kläger widersprochen (Schriftsatz vom 1.10.2014). Hauptzielrichtung bei der Maßnahme der Leistungsempfängerin sei nicht die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Bei einer sozial integrierten Abiturientin mit sehr guten Noten müssten die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Wohnen nicht vermittelt werden. Im Vordergrund stehe vielmehr die aufgrund der schweren körperlichen Behinderung erforderliche pflegerische Hilfe.

Der Senat hat den Kläger um Stellungnahme zu Aktivitäten des Gesetzgebers gebeten. Dieser hat mitgeteilt (Schriftsatz vom 16.1.2015), dass die unterschiedliche Interpretation des Begriffs „betreutes Wohnen“ in § 98 Abs. 5 SGB XII und Art. 82 Abs. 2 AGSG zwar zu Besprechungen beim Verband der bayerischen Bezirke geführt habe. Im Gesetzgebungsverfahren selbst habe sich aber nichts Neues zugetragen.

Der Senat hat dann anschließend eine Stellungnahme des ZSL eingeholt. Danach wird die Pflege nach einem Dreieck organisiert: Kunde, Assistenzkraft und Assistenzbegleitung, die für die Koordination der Assistenzorganisation zuständige Person. Zur Organisation selbst wird unter Punkt 4 des vorgelegten Konzepts beschrieben, dass seit Einführung der Pflegeversicherung ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI abgeschlossen worden sei und dass das ZSL ein nach SGB XI zugelassener, anerkannter Pflegedienst sei. Darüber hinaus sei die Assistenzorganisation Leistungserbringer für Menschen mit Behinderungen, die über die Pflegeversicherung hinaus auf Leistungen nach dem

SGB XII angewiesen seien. Seit 2010 sei der überörtliche Sozialhilfeträger für diese Leistung im Rahmen der Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege zuständig, der seine Leistungen auf eine Grundlage einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII erbringe.

Dazu nahm der Kläger erneut Stellung (Schriftsatz 29.7.2015). Die Leistungsempfängerin sei intellektuell überhaupt nicht beeinträchtigt und bedürfe keiner Betreuung allgemeiner Art. Bei § 98 Abs. 5 SGB XII sei ein hauptsächliches Ziel bzw. ein Schwerpunkt erforderlich. Danach sei eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit zu bejahen, wenn der Hilfebedürftige die Wohnung selbst anmiete und darin durch qualifiziertes Fachpersonal regelmäßig ambulante Betreuungsmöglichkeiten im Rahmen eines Gesamtkonzepts angeboten würden, welche auf die Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnissen zu selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet seien. Später (Schriftsatz 12.10.2015) hat der Kläger auch noch auf ein Urteil des LSG Berlin-Brandenburg verwiesen (Urteil vom 11.12.2014, Az.: L 23 SO 106/13). Danach orientiere sich der Begriff des betreuten Wohnens im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII an dem Begriff des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.

Der Berufungskläger (Beklagter) beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 zurückzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und wurde form- und fristgerecht erhoben.

Die Wertvorschriften sind erfüllt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Die Klage ist auch beziffert. Ein Grundurteil wäre bei einer Leistungsklage unzulässig.

Es handelt sich um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Das Rechtsschutzbedürfnis war jedenfalls gegeben, da die Leistungszuständigkeit umstritten war.

Insbesondere bedurfte es keiner Beiladung der Hilfebedürftigen nach § 75 Abs. 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung), weil es sich bei dem vom Kläger als Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX i. V. m. Art. 81 Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze) mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch des § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch handelt, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft (vgl. BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - Rn. 10 m. w. N., zuletzt BSG, Urteil vom 23.7.2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 Rn. 9).

Gegenstand der Klage ist die Erstattung für zunächst einen Zeitraum vom 3.10.2013 bis Ende November 2013 (Klageeingang). Später erfolgte dann eine Klageerweiterung, die vom SG als sachdienlich erachtet worden ist, und damit auch der Berufung zugrunde liegt. Somit geht es um die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von insgesamt 122.288,02 € für den Zeitraum vom 3.10.2013 bis zum 30.6.2014.

Das Urteil des Sozialgerichts erging zu Recht.

Ein Erstattungsanspruch des Klägers (Bezirk Schwaben) besteht gemäß § 105 SGB X (unter 1). Denn der Kläger und Berufungsbeklagte hat als unzuständiger Leistungsträger geleistet, obwohl der Berufungskläger sachlich (unter 2) und örtlich (unter 3) und in der verlangten Höhe (unter 4) zur Leistung verpflichtet war.

1. Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs des Klägers gegen den Beklagten ist hier § 14 Abs. 4 S. 3 2. HS SGB IX i. V. m. § 105 Abs. 1 S. 1 SGB X. Der Beklagte hätte gem. § 14 Abs. 2 S. 3 SGB IX (als zweitangegangener Leistungsträger) leisten müssen. Die Vorschrift dient der schnellen Klärung des zuständigen Rehabilitationsträgers, damit der behinderte Mensch trotz des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in kurzer Zeit die entsprechenden Leistungen zur Teilhabe bekommt. Der Rehabilitationsträger, an den der Leistungsantrag abgegeben wurde, ist an diese Abgabe gebunden (Kossens/von der Heide/Maaß/Grauthoff SGB IX § 14 Rn. 17, BeckOK SozR/Jabben SGB IX § 14 Rn. 3-7, beckonline).

Die Voraussetzungen lagen nach § 105 SGB X vor.

a)

Am 21.5.2013 übersandte der Kläger den Antrag an den Beklagten. Am 29.5.2013 sandte der Beklagte den Antrag an den Kläger zurück (Eingang dort am 3.6.2013) mit der Begründung, dass es sich um ambulant betreutes Wohnen handle und gemäß § 98 Abs. 5 SGB XII der bisherige Sozialhilfeträger, also der Kläger, zuständig bleibe.

Die Systematik des SGB IX erlaubt es einem Träger nicht, einen Antrag zurückzugeben. Es ist vielmehr gerade Sinn und Zweck des Verfahrensrechts in der Rehabilitation, eindeutige Zuständigkeit zu schaffen und einen Zuständigkeitsstreit zulasten des Leistungsempfängers auszuschalten (vgl. diverse Entscheidungen des erkennenden Senats, Beschlüsse vom 21.1.2015 - L 8 SO 316/14 B ER und vom 25.8.2014 - L 8 SO 190/14 ER -, Rn. 8, juris). Zur Feststellung des Rehabilitationsbedarfs hatte der Beklagte gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX diesen unabhängig von der ihm nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX zugewiesenen, dem materiellen Recht folgenden Zuständigkeit unverzüglich festzustellen und nicht lediglich den nach dem für ihn geltenden materiellen Recht maßgeblichen Rehabilitationsbedarf, sondern in Folge der Zuständigkeitszuweisung nach § 14 Abs. 2 SGB IX auch einen Rehabilitationsbedarf nach sonstigen Rechtsgrundlagen festzustellen. Denn die Zuständigkeitszuweisung des § 14 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zum behinderten Menschen auf alle Rechtsgrundlagen, die in der konkreten Bedarfssituation für Reha-Träger vorgesehen sind (zuletzt BSG6.3.2013 - B 11 AL 2/12 R, juris Rn. 11 m. w. N., bzw. BSG vom 23.8.2013, Az.: B 8 SO 17/12 R). Im Verhältnis zum behinderten Menschen wird dadurch eine eigene gesetzliche Verpflichtung des zweitangegangenen Trägers begründet, die - vergleichbar der Regelung des § 107 SGB X - einen endgültigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistungen in diesem Rechtsverhältnis bildet (BSG a. a. O.).

b)

Der Beklagte war Rehabilitationsträger im Sinne von § 6 SGB IX. Der Begriff der Rehabilitation ist nicht auf die Eingliederungshilfe reduziert. Zudem geht der Streit hier gerade auch darum, ob wegen des Anteils an Eingliederungshilfe an der Gesamtleistung die Zuständigkeit des zweitangegangenen Träges besteht. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 6. SGB IX in der Fassung vom 12.4.2012 können die Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach § 5 Nr. 1, 2 und 4 u. a. Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) sein. Zur Teilhabe werden nach § 5 Nr. 4 SGB IX ua. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erbracht (§ 5 SGB IX). Grundsätzlich kommen auch bei pflegebedürftigen Personen Teilhabeleistungen in Betracht, wenn das Teilhebeziel noch annähernd erreichbar ist. Ein hoher Grad der Pflegebedürftigkeit und Rehabilitation schließen sich nicht aus (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 4 SGB IX, Rn. 34).

Der Antrag vom 16.5.2013 war zudem bei dem Beklagten als einem Träger der Rehabilitation eingegangen. Der erstangegangene Träger muss lediglich abstrakt Rehabilitationsträger sein. Ein umstrittener Bedarf an Rehabilitation wird nicht in eine erste Prüfung der Zuständigkeit hineingezogen. So ist es unerheblich, wenn der Beklagte mit einem Antrag befasst worden ist, der sich uU auch auf Rechtsgrundlagen stützt, für die der Beklagte materiellrechtlich nicht zuständig ist. Zudem gilt auch für den Beklagten als bayer. Sozialhilfeträger Art. 82 Abs. 2 AGSG.

c)

Obwohl er hier als zuerst angegangener Leistungsträger bei unzulässiger Rückleitung geleistet hat, steht dem Kläger dennoch ein Erstattungsanspruch zu. § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX sieht zwar in dem Falle vor, dass für unzuständige Rehabilitationsträger, die eine Leistung nach Abs. 2 Satz 1 und 2 erbracht haben, § 105 SGB X nicht anzuwenden ist. Obwohl hier der zuerst angegangene Leistungsträger geleistet hat, steht ihm dennoch ein Erstattungsanspruch zu. Nach § 14 Abs. 4 Satz 3 2. HS SGB IX bleibt ein Erstattungsanspruch doch noch erhalten, wenn die Rehabilitationsträger Abweichendes vereinbaren. Seit dem 1.5.2004 (Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen) können die Rehabilitationsträger zur Abfederung von Härten abweichende Vereinbarungen treffen (Hauck/Noftz/Götze SGB IX § 14 Rn. 24). Zu einer entsprechenden Vereinbarung der Rehabilitationsträger ist es bislang aufgrund von unterschiedlichen Rechtsauffassungen nicht gekommen, so dass Einzelprobleme in Ausnahmefällen durch die Rechtsprechung geklärt werden müssen.

d)

Der Senat nimmt hier einen solchen Ausnahmefall an. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts besteht weiterhin ein Erstattungsanspruch, wenn der Leistungsträger faktisch zur Vorleistung gezwungen wird (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 14/13 R -, Rn. 14, juris). Hier wurde zwar keine Vereinbarung im og Sinne getroffen. Es erfolgte aber eine umfassende Korrespondenz zwischen den Prozessbeteiligten, aus der der Wunsch nach einer grundsätzlichen Klärung hervorgegangen ist. Denn auch der Beklagte hatte Leistungsfälle zu bearbeiten, wegen derer er in ein anderes Bundesland leisten musste. Insbesondere hat der Bezirk Mittelfranken, Frau Ziegler, schon am 26.6.2013 entsprechend einem Telefongespräch um Vorleistung für die beantragte Eingliederungshilfe gebeten. Die örtliche Zuständigkeit war nach wie vor höchst umstritten. Die Mutter der Leistungsempfängerin (eine Rechtsanwältin) hat mit rechtlichen Schritten gedroht (E-Mail vom 19.7.2013). Der Kläger sah sich daher zu Recht im Interesse der Leistungsberechtigten faktisch gezwungen, die bei ihr beantragten Maßnahmen zu erbringen (BSG, Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 44/08 R -, BSGE 104, 294-303, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9, SozR 4-3250 § 28 Nr. 4, Rn. 17).

e)

Nicht als Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs war demnach § 104 SGB X einschlägig. Danach hätte ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht haben müssen (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X). § 14 Abs. 4 SGB IX regelt aber die Aufgabe des zweitangegangenen Rehabilitationsträgers, der aufgrund der Weiterleitung zuständig wurde, als „aufgedrängte Zuständigkeit“ und damit allumfassende singuläre Zuständigkeit.

Es bestand - entgegen der Ansicht des SG - keine vorläufige Zuständigkeit nach § 43 SGB I i. V. m. § 102 SGB X (h.M. vgl. BSGE 98, 267, 270 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4 und Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 14 SGB IX, Rn. 132). Die Regelung des § 14 Abs. 2 SGB IX berücksichtigt die Situation des zweitangegangenen Trägers und begründet einen Ausgleich darauf, dass der zweitangegangene Rehabilitationsträger - bei Vorliegen eines entsprechenden Bedarfs - die erforderlichen Rehabilitationsmaßnahmen selbst dann - auch nach anderen Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuchs - erbringen muss, wenn er der Auffassung ist, hierfür nicht zuständig zu sein (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 10 Rn. 11). Als Konsequenz hieraus scheidet ein Erstattungsanspruch für den erstangegangenen Träger nach § 102 SGB X regelmäßig mangels Notwendigkeit aus, weil dieser den Leistungsantrag nach § 14 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IX weiterleiten kann (Grube in jurisPK-SGB X, 1. Aufl. 2013, § 102 Rn. 6).

f)

Die Ausschlussfrist (§ 111 SGB X) hindert den Anspruch nicht. Danach ist der Erstattungsanspruch ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat.

Die Kenntnis bestand frühestens ab der Bescheiderteilung an die Leistungsempfängerin am 13.9.2013. Bereits am 9.12.2013 wurde Klage erhoben für Leistungen ab dem 3.10.2013. Mit Klageerweiterung vom 31.7.2014 für Zeiten/Leistungen bis zum 30.6.2014 in Höhe von insgesamt 122.288,02 € ist die Ausschlussfrist ebenfalls gewahrt.

Noch weniger ist eine Verjährung eingetreten (§ 113 Abs. 1 S. 1 SGB X). Der Fristenlauf ist schon durch die Geltendmachung beim SG gehemmt (§ 113 Abs. 1 S. 1 SGB X i. V. m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

2. Sachlich zuständig ist der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe. Die Länder bestimmen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe (§ 3 SGB XII). In Bayern sind dies die Bezirke (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, Art. 81 AGSG). In Konkurrenz zum Bundesrecht regelt das Landesrecht die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe für Leistungen der Pflege nach den §§ 61 bis 66 (§ 97 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in der Fassung vom 27.12.2003). Das bayerische Landesrecht weicht (entsprechend der Ermächtigung nach § 98 SGB XII) vom Bundesrecht insoweit ab, als die Leistungen der Hilfe zur Pflege nicht in die Zuständigkeit der Bezirke fallen, wenn diese ambulant erfolgen. Davon besteht aber wieder eine Rückausnahme, wenn neben der Pflege auch Eingliederungshilfe erfolgt. Dann gilt nach Art. 82 Abs. 2 AGSG eine besondere Zuständigkeit aufgrund des Gesamtfallgrundsatzes. § 97 Abs. 4 SGB XII gilt dann entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird (Art. 82 AGSG in der Fassung vom 20.12.2007).

So bestimmt Art. 82 Abs. 1 S. 1 AGSG (neu gef. m.W.v. 1.1.2008 durch G v. 20.12.2007 GVBl S. 979): „Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe sind sachlich zuständig 1. für alle Leistungen der Sozialhilfe nach dem Sechsten Kapitel SGB XII, 2. alle übrigen Leistungen der Sozialhilfe, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen gewährt werden, 3. die Leistungen der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII“. Art. 82 Abs. 2 AGSG besagt dagegen: „§ 97 Abs. 4 SGB XII gilt entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“

Nach der Ansicht des Senats ist ein Tatbestand gegeben, der die Rechtsfolge des Art. 82 Abs. 2 AGSG rechtfertigt. Im Sinne der sachlichen Zuständigkeit findet bei der Leistungsempfängerin eine Betreuung in einer Wohngemeinschaft statt. Der Wille des Landesgesetzgebers zeigt sich hier insbesondere in der Entstehungsgeschichte, die den Schluss auf eine weit gezogene Auslegung im Sinne des Gesamtfallgrundsatzes erlaubt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (Änderungsantrag vom 8.12.2007, Drucksache 15/9458 des Bayer. Landtags) sind zuvor vorgesehene einschränkende Tatbestandsmerkmale gestrichen worden. Zuvor hieß es noch im Entwurf: „wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer therapeutischen Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“ Dann wurden unter Nummer 4 b) der Gesetzesbegründung (Drucksache 15/8865, Gliederungspunkt 1.3, S. 10 vom 4.12.2007 des bayerischen Landtags betreffend Art. 82 Abs. 2 AGSG) die Zusätze „therapeutisches bzw. vergleichbar intensives“ bei „in einer betreuten Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht“ gestrichen. Dies bedeutete damals, dass die Bezirke, die zusätzlich zu ihrer Zuständigkeit für die teilstationäre und stationäre auch die Zuständigkeit für die gesamte ambulante Eingliederungshilfe erhalten haben, für die übrigen Leistungen (z. B. Pflege) auch zuständig werden sollten, wenn in der Form einer betreuten Wohngemeinschaft auch Eingliederungshilfe geleistet wurde. Der Rechtsprechung des 18. Senats des Bayer. LSG (Urteil vom 21.2.2013, Az.: L 18 SO 85/10) ist daher beizupflichten. Der 18. Senat sieht den Gesetzeszweck infrage gestellt, wenn es darauf ankäme, in welchem Umfang Leistungen der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege, der sozialen Pflegeversicherung und gegebenenfalls der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, um zu bestimmen, welcher Sozialhilfeträger für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB XII zuständig ist, zumal der anteilige Bedarf in Folge von Änderungen im Gesundheitszustand des Hilfebedürftigen zeitlich variieren könne. Diesem Gedanken schließt sich der erkennende Senat an.

Hier kommt es im Übrigen auch nicht auf die Auslegung durch den Verband der Bezirke an, dass der überörtliche Träger nur leisten solle, wenn der Anteil der Eingliederungshilfe in der gesamten Hilfe mehr als unerheblich ist und ein Ausmaß von 2 Stunden erreicht (Ergebnisprotokoll einer Sitzung des Fachausschusses für Soziales des Verbandes der bayerischen Bezirke in Füssen im April 2010). Dabei ist ausgeführt, dass es insbesondere notwendig sei, dass die Eingliederungshilfeleistungen regelmäßig und kontinuierlich erbracht würden, einen Betreuungsschlüssel von mindestens 1 zu 12 bzw. mindestens zwei Fachleistungsstunden direkte Klientenleistung pro Woche umfassten und diese Betreuungsleistungen dem Zweck dienten, die eigenbestimmte Lebensführung durch Unterstützung in der täglichen Lebenswirklichkeit zu verbessern und damit die Fähigkeit im häuslichen nicht stationären Leben zu sichern (Seite 4 des Protokolls).

Von der Klägerin werden verschiedene Arten von Hilfen geleistet. Mit Bescheid vom 13.9.2013 sind Eingliederungshilfe und ambulante Hilfe zur Pflege in Form von Hochschulhilfe und persönliche Assistenz bis zu einer monatlichen Größenordnung von 16.203 € bewilligt. Am 13.9.2013 stellte der Sozialpädagogisch-Medizinische Dienst nach Durchführung eines Hilfeplangespräches einen Gesamtbedarf an Assistenz von 22:30 Stunden täglich fest. Die Assistenz zum selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wurden dabei während der Vorlesungszeit mit 1:39 Stunden täglich und außerhalb des Semesterbetriebs und an Wochenenden mit 6:22 Stunden täglich festgestellt. An diesen durch eine fachkundige Stelle ermittelten und auch auf den Angaben des Betroffenen beruhenden Umständen hat der Senat keine Zweifel. Damit wird ein unmittelbarer Anteil an der Gesamtleistung für Hilfen zum selbstständigen Wohnen und in der Form des betreuten Wohnens erbracht. Ohne Zweifel ist damit eine entsprechende Anwendung von § 97 Abs. 4 SGB XII anzunehmen. Nach § 97 Abs. 4 SGB XII (Fassung vom 27.12.2003) umfasst die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74 SGB XII.

Zusammenfassend besteht also eine sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 3 SGB XII, Art. 81 Abs. 1 AGSG).

3. Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten besteht ebenfalls. Der Studienort der Leistungsempfängerin liegt im Gebiet des Bezirks Mittelfranken (§ 3 Abs. 3 SGB XII, Art. 81 Abs. 1 AGSG, Art. 1 BayKommStaGebG). Damit ist dieser gem. § 98 Abs. 1 SGB XII örtlich zuständig. Die Leistungsberechtigte hält sich dort tatsächlich auf. Sie ist in E. angemeldet, studiert und wohnt dort.

Eine Zuständigkeit der Klägerin gemäß § 98 Abs. 5 SGB XII besteht demgegenüber nicht.

a) Zunächst besteht keine Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 SGB XII, die eine solche nach § 98 Abs. 5 SGB XII ausschlösse. Denn bei der von der Leistungsempfängerin gewählten Wohnform liegt gerade keine stationäre Maßnahme vor. Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (ständige Rechtsprechung des BVerwGE zuletzt mit Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; sowie des BSG, BSGE 106, 264 ff Rn. 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr. 2 undUrteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 18) und der der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dient (vgl. § 13 Abs. 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1 Rn. 15).

Im vorliegenden Fall übernimmt kein Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten. Nach der Aufgabenbeschreibung des Dienstleisters ZSL erfolgt in einer Absprache von Pflegedienstleitung, Klient und Assistenzkraft eine im Wesentlichen durch die Leistungsempfängerin selbst bestimmte Betreuung. Die Leistungsberechtigte meistert auch nach den Bekundungen des Fachdienstes sehr selbstbewusst und selbstbestimmt ihr Leben. Es ist gerade deren erklärtes Ziel, nicht stationär untergebracht zu werden. Dies schließt aber andererseits nicht aus, dass Hilfestellungen im Konzept des „betreuten Wohnens“ ambulant erbracht werden.

Das vorgelegte Konzept des Zentrums für selbstbestimmtes Leben beinhaltet für sich genommen keine großen Zweifel an einer Maßnahme der Eingliederungshilfe, die - die Pflege ausgeklammert - als betreutes Wohnen bezeichnet werden kann. Es ist nur so ausgestaltet, dass nach dem Therapiekonzept bzw. dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten. Das Zentrum für selbstbestimmtes Leben schafft letztlich das Ambiente für ein Wohnen außerhalb des Haushalts der Eltern.

In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist dabei allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 Rn. 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 98 SGB XII Rn. 33). Die Abgrenzung teilstationärer zu stationären Leistungen in Einrichtungen kann deshalb nur anhand zeitlicher Kriterien erfolgen. Wohnt ein Leistungsberechtigter hingegen ohne organisatorische Anbindung und ohne die beschriebene umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form (zur Qualifikation als „Betreutes Wohnen“ siehe unter b) vor. Ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet, ist für die rechtliche Qualifikation der Leistung ebenso wenig von Belang wie die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 19, 20).

b) Dennoch besteht hier kein betreutes Wohnen im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII. Dem Wortlaut nach wird die Erbringung von Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel „in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten“ vorausgesetzt (§ 98 SGB XII in der Fassung vom 20.12.2012).

Nach der sprachlich eher verwirrenden Formulierung „Für Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel ... erhalten ...“ erstreckt sich die angeordnete Zuständigkeit auf alle Sozialleistungen i. S. d. § 8 SGB XII, die an den Berechtigten erbracht werden und damit auch auf solche, die über die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel hinausgehen (Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 98 SGB XII, Rn. 55). Mit diesem durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 gegenüber der Fassung vom 21.3.2005 eingefügten Zusatz sollte klargestellt werden, dass sich der Leistungsumfang (Rechtsfolgenseite) auf alle Leistungen erstreckt. Für die aus sprachlicher Sicht denkbare Tatbestandserweiterung ergeben sich keine Anhaltspunkte aus den Gesetzesmaterialien. Damit würde faktisch auch eine Gleichstellung des betreuten Wohnens mit der stationären Unterbringung stattfinden und es käme nicht mehr auf die besondere Zielsetzung eines betreuten Wohnens im Sinne von § 55 SGB IX an. Denn irgendwelche Leistungen der besonderen Kapitel des SGB XII werden mehr oder weniger in jeder Wohngemeinschaft erbracht, ohne dass es dann noch auf die besondere Zielrichtung der Ermöglichung des Führens eines selbstbestimmten Lebens ankäme. So ist in der Begründung des Gesetzentwurfes angeführt, dass die Änderungen der Klarstellung des Gewollten dienten. Die Einfügung der Wörter „nach diesem Buch“ verdeutlicht, dass mit der Anknüpfung der örtlichen Zuständigkeit an die vorhergehende örtliche Zuständigkeit alle Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch betroffen seien. Die Einfügung „nach dem Sechsten bis Achten Kapitel“ stelle den Regelungsbereich klar (BR Drucksache 617/06 vom 31.8.2006, S 21).

Nach der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1514, Seite 67 zum § 93, später § 98 SGB XII) stellt der „neue“ Absatz 5 die Zuständigkeit desjenigen Trägers der Sozialhilfe sicher, der vor Eintritt der Person in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten zuletzt zuständig war. Der Begriff „betreute Wohnmöglichkeiten“ orientiere sich an dem des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.

Der Zielsetzung und dem Wortlaut nach unterscheidet sich diese Vorschrift damit von Art 82 Abs. 2 Bay. AGSG. Dort wird „Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen“ gefordert und es ist beabsichtigt, im Interesse des Leistungsempfängers entsprechend dem Gesamtfallgrundsatz die Leistung aus einer Hand zu erbringen. § 98 SGB XII hat keine Auswirkungen auf die Frage der sachlichen Zuständigkeit (BT-Drs. 16/2711, S. 11). Ist für die betreute Wohnmöglichkeit (etwa eines behinderten Menschen) der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, geht eine für die vorherige Hilfeleistung bestehende Zuständigkeit des örtlichen Trägers daher auf ihn über (Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 45. UPD 11/2015, § 98 Örtliche Zuständigkeit, Rn. 74).

Demgegenüber zielt die Tatbestandsseite von § 98 Abs. 5 SGB XII auf den Schutz des Einrichtungsortes ab und verlangt eine Maßnahme des betreuten Wohnens im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Der Charakter der Maßnahme muss im betreuten Wohnen bestehen. So führt auch das BSG mit Urteil vom 25.08.2011 (B 8 SO 7/10 R Rn. 15) an:

„Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten wird im Gesetz nicht näher definiert, hat sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren (BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93). Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen hat deshalb in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung aber nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein“

Die Betreuung des Hilfeempfängers soll nach den Ausführungen des LSG Baden-Württemberg spezifisch auf die eigenständige Steuerung und Sicherung des Tagesablaufs mit regelmäßiger sozialpädagogischer Hilfe und der Beratung in bestimmten Lebenssituationen im Bereich Wohnen gerichtet sein. Das zu fordernde Konzept muss insbesondere auf die Erhaltung oder Verbesserung der Fähigkeit, sich selbstständig in der Wohnung zurecht zu finden, diese eigenverantwortlich sauber zu halten sowie den sozialen Umgang mit Mitbewohnern und anderen Mietern zu erlernen oder zu trainieren, abzielen, um dem Hilfebedürftigen zu ermöglichen, sich innerhalb und außerhalb der Wohnung möglichst selbstständig zu bewegen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 4.5.2011 - L 2 SO 5815/09 -, Rn. 37, juris). Ähnlich hat schon das LSG Berlin-Branden- burg (Urteil vom 8.10.2009, Az.: L 15 SO 267/08) entschieden in einem Fall einer Klägerin, die zu eigenständigen Bewegungsabläufen nicht in der Lage war und für alle Belange des täglichen Lebens auf die Hilfe anderer angewiesen war. Aus der gesetzessystematischen Stellung des § 55 SGB IX folge, so das LSG Berlin-Brandenburg, dass eine betreute Wohnmöglichkeit lediglich eine solche sei, in der Betroffene Angebote zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erhalte. Das sei bei der dortigen Klägerin nicht der Fall. Sie erhalte in ihrer Unterkunft lediglich Hilfen, die ihre gesundheitsbedingte Unfähigkeit ausglichen, die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens selbst ausführen zu können, also Hilfen zur Pflege.

Im speziellen Einzelfall der Leistungsempfängerin stehen hier die Zwecke der Pflege und die Hochschulhilfe eindeutig im Vordergrund. Auch Anteile der sonstigen Assistenz unterfallen der Pflege, da sie z.T. der hauswirtschaftlichen Versorgung oder der Mobilität dienen (§ 14 Abs. 4 Nrn. 3 und 4 SGB XI). Berücksichtigungsfähig sind hier Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind. Erfasst sind damit solche auswärtigen Termine, die Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim vermeiden und die das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen. Dies betrifft die von der Leistungsempfängerin beschriebenen Hilfestellungen, ständige Begleitung bei allen Aktivitäten außerhalb der Wohnung (Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, Jacke und Schuhe aus- und anziehen, Hilfe beim Essen und Trinken unterwegs). Da der Kopf beim Fahren oft nach vorn falle, müsse er von Assistenten wieder aufgerichtet werden.

Darüber hinaus hat sie auch häusliche Krankenpflege für eine Beatmungsassistenz im Umfang von 25 Stunden wöchentlich beantragt, die aber von der Krankenversicherung nicht bewilligt worden ist. Allein der zeitlichen Verteilung nach ist - wie oben bereits dargestellt - die Assistenz zum selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft mit 1:39 Stunden täglich und außerhalb des Semesterbetriebs und an Wochenenden mit 6:22 Stunden weit geringer als der tägliche Bedarf an Pflege in Höhe von 16:08 Stunden; wobei noch der Hilfebedarf Assistenzhochschulhilfe mit täglich 4:43 Stunden hinzukommt. Die Rechnung des ZLS vom 13.11.2013 für den Zeitraum vom 1. bis 31.10.2013 beläuft sich auf 11.377,51 €. Berechnet wurden 141 Stunden Grundpflege und 366 Stunden Assistenz. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich (Luthe in jurisPK-SGB IX § 55 Rn. 44; Lachwitz in Lachwitz/Schellhorn/Welti, Handkommentar zum SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 55 Rn. 65a).

Dies spiegelt sich auch unter Kostenaspekten wieder, wenn die Stundensätze für Assistenzleistungen und Grundpflege von 29,29 € bzw. mit Nachtzuschlag von 32,16 € auf die entsprechenden Zeitkontingente umgelegt werden. Dies ergibt beispielsweise während der Zeit des Vorlesungsbetriebs eine Kostenverteilung von ca. 1400 € für Assistenz zum selbstbestimmten Leben gegenüber Gesamtkosten von ca. 15.000 € im Monat.

Hier steht die Pflege weit im Vordergrund, so dass diese Betreuungsform eher ihren Rechtsgrund in der Pflegeversicherung findet. Dort wurden mit § 38a SGB XI (Gesetz vom 23.10.2015, BGBl. I S. 2246) zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in „ambulant betreuten Wohngruppen“ eingeführt. Es handelt sich dabei um ein gemeinschaftliches Wohnen von regelmäßig mindestens drei Pflegebedürftigen mit dem Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung (§ 38a Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Diese Leistung wird in der Neufassung der Vorschrift zum 1.1.2016 noch deutlicher beschrieben. So muss eine Person, die von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung leisten (Nr. 3) und es darf keine Versorgungsform vorliegen (Nr. 4), in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfeldes sichergestellt werden kann. Dabei zeigt sich auch, dass schon ein Teil der Betreuungskosten für klassisches betreutes Wohnen die gleiche Zielrichtung hat wie der Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI.

Dies entspricht weit gehend dem Konzept, das das Zentrum für selbstbestimmtes Leben dem Senat in seiner Auskunft vom 16.7.2015, insbesondere mit der Person der Pflegedienstleitung aufgezeichnet hat. Danach ist die Zielrichtung personenzentriert und mit der Bezeichnung „Persönliche Assistenz“ versehen. Es werden Dienstleistungen in der Weise angeboten und erbracht, dass die individuellen Anforderungen und Wünsche der Kunden bestmöglich erfüllt werden und sie Ihre Lebenskonzepte verwirklichen können. Das Angebot richtet sich in erster Linie an erwachsene körperbehinderte Menschen. Charakteristisch ist das Dreieck der Interaktion zwischen Kunden, Assistenzkraft und Assistenzbegleitung (die für die Koordination in der Assistenzorganisation zuständige Person). Eine Bindung an eine Wohnung bzw. ein in einer Wohnung gemeinsam miteinander Leben ist hier keinerlei Voraussetzung. Versorgungsverträge sind nach dem SGB XI und nach dem SGB XII abgeschlossen.

Die Leistungen der Pflegeversicherung sind darüber hinaus vorrangig gegenüber den von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängigen Sozialleistungen. Nach § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI bleiben Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII, dem BVG und dem SGB VIII unberührt und sind im Vergleich zu Pflegeversicherung nicht nachrangig, sondern bleiben von der Einführung der Regelung des § 38a SGB XI unberührt (BT-Drs. 17/9369, 41, BeckOK SozR/Diepenbruck SGB XI § 38a Rn. 17-18, beckonline).

Schließlich dienen § 98 Abs. 2 und 5 SGB XII dem sogenannten Schutz des Einrichtungsortes („für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat“). Bei § 98 Abs. 5 SGB XII muss dieser wegen der Gleichstellung in seiner Rechtsfolge mit § 98 Abs. 2 SGB XII durch besondere Angebote des betreuten Wohnens gerechtfertigt sein. Die Neuregelung ab 1.1.2005 dient dem Schutz der Leistungsorte, die Formen des betreuten Wohnens anbieten und finanziell durch den dadurch bedingten Zuzug hilfebedürftiger Menschen überproportional belastet werden (BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 7/10 R -, BSGE 109, 56-61, SozR 4-3500 § 98 Nr. 1, SozR 4-3250 § 55 Nr. 3, SozR 4-3500 § 54 Nr. 7, Rn. 18). Auch dies spricht für die Notwendigkeit überwiegender Betreuungsleistungen, weil ansonsten abweichende Regelungen für Pflegeleistungen getroffen würden, die erkennbar nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen waren.

Zusammenfassend ist auszuführen, dass es dem Senat bewusst ist, dass er innerhalb des Begriffshofs des „betreuten Wohnens“ je nach Ziel und Zweck ähnliche Begriffe in den beiden Vorschriften § 98 Abs. 5 SGB XII und § 97 SGB XII (i. V. m. Art. 82 Abs. 2 AGSG) anders auslegt und zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt.

c) Es liegt auch kein Übergangsfall vor, der die Fortwirkung der Zuständigkeit des Klägers rechtfertigt. Die Vorschrift des § 98 Abs. 5 S 2 SGB XII ist so zu verstehen, dass in Fällen eines vor dem 1.1.2005 eingetretenen und fortbestehenden Leistungsfalls des betreuten Wohnens die vor dem 1.1.2005 geltenden Regelungen des BSHG über die örtliche Zuständigkeit weitergelten (vgl. BSG Urteile vom 25.8.2011 - B 8 SO 7/10 R = BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 undvom 25.4.2013 - B 8 SO 16/11 R -, Rn.17 juris). Eine Leistungsgewährung an sich erfolgte zwar schon vor 2005; nicht aber in einer vergleichbaren Art des betreuten Wohnens, die im Übrigen auch für die aktuelle Wohnsituation im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII nicht gegeben ist. Die Leistungsempfängerin wohnte bei ihren Eltern und erhielt ambulante Eingliederungshilfe durch Kostenübernahme für die individuelle Schulbegleitung zum Besuch des Gymnasiums.

4. Der Erstattungsanspruch ist auch in der geltend gemachten Höhe begründet. Zu seinem Umfang wird auch auf die Ausführungen zur Gesetzesfassung vom 20.12.2012 verwiesen (Gliederungspunkt 3b). Es sind alle Leistungen zu erstatten. Der Anspruch entspricht den im Klageverfahren vorgelegten Rechnungen über den Zeitraum vom 1.10.2013 bis zum 30.6.2014 des Zentrums für selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. für Leistungen gemäß §§ 53 ff. und 61 ff. SGB XII unter Abzug der Leistungen der Pflegekasse und darüber hinaus für Kosten eines Assistenzzimmers als Nebenleistung und eine zusätzliche Assistenz für einen Lehrgang außerhalb der Wohnung. Davon erfolgte der Abzug der Unterhaltsleistungen für 9 Monate. Nach Art. 82 Abs. 2 AGSG ist der Beklagte insgesamt sachlich zuständig und hat demzufolge zumindest die Kosten der Eingliederungshilfe und der Leistung zur Pflege zu übernehmen. Leistungen der Grundsicherung sind im Erstattungsbetrag nicht enthalten.

Das Urteil des SG erging zu Recht. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Der Beklagte hat die gesamten Kosten zu tragen. Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 3 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Es handelt sich bei der zentralen Streitfrage um die einfache Auslegung einer Vorschrift des Bundesrechts, zu der auch schon eine Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorliegt (25.8.2011 B 8 SO 7/10 R). Der Senat weicht hiervon nicht ab.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Mai 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) für die Zeit vom 1.1.2010 bis 31.12.2011.

2

Die 1988 geborene Klägerin ist schwer behindert (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen aG); sie ist pflegebedürftig und erhält von der Pflegekasse ein monatliches Pflegegeld nach der Pflegestufe III. Sie nutzt einen Rollstuhl oder - für kürzere Strecken - einen Gehwagen oder Rollator; zu Hause bewegt sie sich vorwiegend auf den Knien fort. Sie besucht die Fördergruppe einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) und erhält Leistungen der Eingliederungshilfe von der Beklagten. Sie und ihre Mutter wohnten im streitbefangenen Zeitraum mit dem volljährigen Bruder der Klägerin und zwei weiteren Haushaltsangehörigen in der Eigentumswohnung des Bruders; sie haben mit dem Bruder einen Mietvertrag abgeschlossen, wonach sie eine Kaltmiete in Höhe von 525 Euro monatlich und Nebenkosten in Höhe von 75 Euro zahlten.

3

Für die Zeit ab 1.9.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin erstmals Grundsicherungsleistungen bis auf Weiteres (Bescheid vom 22.1.2010). Dem bewilligten Betrag (617,69 Euro monatlich) legte sie einen Regelsatz in Höhe von 287 Euro, einen Mehrbedarfszuschlag in Höhe von 48,79 Euro sowie Kosten der Unterkunft und Heizung (250 Euro Kaltmiete, Nebenkosten in Höhe von 50 Euro abzüglich einer Pauschale für die Bereitung von Warmwasser in Höhe von 5,43 Euro und für Strom in Höhe von 12,67 Euro) zugrunde. Für die Zeit ab 1.1.2011 bewilligte sie (unter Änderung des vorangehenden Bescheids) bis auf Weiteres einen Betrag in Höhe von 617,85 Euro und legte dabei einen Regelsatz in Höhe von 291 Euro, einen Mehrbedarfszuschlag in Höhe von 49,47 Euro und Kosten der Unterkunft und Heizung (250 Euro Kaltmiete, Nebenkosten mit Heizung inklusiv Warmwasseranteile in Höhe von 50 Euro abzüglich einer "Energiepauschale" für den Haushaltsstrom in Höhe von 22,62 Euro) zugrunde (bestandskräftiger Bescheid vom 7.4.2011).

4

Einen im Oktober 2011 gestellten Antrag auf höhere Leistungen lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 7.11.2011; Widerspruchbescheid vom 30.1.2012); die Klage (vom 2.3.2012) beim Sozialgericht (SG) Freiburg (S 9 SO 1075/12) hat das SG abgewiesen (Urteil vom 12.11.2013). Die Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Klägerin zurückgenommen (Erklärung vom 1.4.2014). Einen Antrag auf Überprüfung der bewilligenden Bescheide für die Zeit ab dem 1.1.2010 lehnte die Beklagte ebenfalls ab (Antrag auf Überprüfung vom 12.12.2011; Bescheid vom 16.8.2012), senkte jedoch die Energiepauschale auf den Widerspruch hin für die Zeit vom 1.1. bis zum 31.12.2011 auf 15,78 Euro ab; im Übrigen blieb der Widerspruch ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.12.2012).

5

Die Klage, gerichtet auf Überprüfung der Bewilligungsbescheide betreffend die Zeit vom 1.1.2010 bis 31.12.2011, blieb ohne Erfolg (Urteil des SG vom 12.11.2013; Urteil des LSG vom 27.5.2014). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, ein Anspruch auf einen höheren Regelsatz ergebe sich nicht. Die von der Klägerin belegten, über dem durchschnittlichen Bedarf liegenden Kosten für die Anschaffung von Hosen und Schuhen seien der Höhe nach durch den im Regelsatz für diese Bedarfe enthaltenen Anteil und dem pauschalen Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 SGB XII erfüllt. Darüber hinaus werde ein Mehrbedarf ohne nähere Spezifizierung behauptet; den Beweisanträgen habe man deshalb nicht nachkommen müssen. Auch die Höhe der Bedarfe für Unterkunft und Heizung habe die Beklagte zutreffend bestimmt. Bei den Kosten für den Haushaltsstrom, die in dem monatlichen pauschalen Betrag von 300 Euro für die Unterkunft enthalten seien, handele es sich von vornherein nicht um einen Bedarf, für den solche Leistungen erbracht werden könnten.

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, ihr stehe sowohl nach dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht als auch seither ein Regelbedarf in voller Höhe zu, nämlich bis 31.12.2010 der Regelsatz nach § 3 Abs 1 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII - Regelsatzverordnung - (RSV) und ab 1.1.2011 der Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1. Dieser Bedarf sei sogar abweichend zu ihren Gunsten zu bemessen. Der geltend gemachte verschleißbedingte Bedarf an Schuhen und Kleidung sei mit dem Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 SGB XII nicht abgedeckt, weil er nicht aus einer Gehbehinderung, sondern einer geistig-seelischen Behinderung resultiere. Der Regelbedarf dürfe im Übrigen nicht um die darin enthaltenen Stromkosten gekürzt werden. Sie habe zudem Anspruch auf Berücksichtigung ihrer gesamten Mietzahlungen als Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Auslegung der mietvertraglichen Vereinbarungen durch das LSG, wonach die Betriebskostenzahlungen den Haushaltsstrom erfasse, sei unzutreffend.

7

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben sowie den Bescheid vom 16.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.12.2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2011 unter Abänderung der Bescheide vom 22.1.2010, 7.4.2011 und 7.11.2011 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

11

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 16.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.12.2012 (§ 95 SGG), mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, unter Änderung bestandskräftiger Verwaltungsakte höhere Leistungen der Grundsicherung zu gewähren. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG). In zeitlicher Hinsicht hat die Klägerin den Streitgegenstand auf die Überprüfung der Bescheide für die Zeit vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2011 beschränkt. In der Sache hat sie das Überprüfungsbegehren dagegen nicht auf einzelne abtrennbare Regelungen der Ausgangsbescheide begrenzt, auch wenn sie zur Begründung ihres Überprüfungsantrages nur auf Teilaspekte (Höhe des Regelsatzes und der Kosten der Unterkunft) hingewiesen hat, sodass sämtliche in diesen Bescheiden getroffenen Regelungen Streitgegenstand im Zugunstenverfahren sind.

12

Die Klage ist zulässig. Der angefochtene Bescheid vom 16.8.2012, der über den Überprüfungsantrag vom 12.12.2011 entscheidet, ist insbesondere nicht nach § 96 SGG(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 - BGBl I 444 - erhalten hat) Gegenstand des im Zeitpunkt seines Erlasses noch anhängigen Klageverfahrens gegen den Bescheid vom 7.11.2011 (S 9 SO 1075/12) geworden (dazu BSG, Beschluss vom 30.9.2009 - B 9 SB 19/09 B). Insoweit bestand für die vorliegende Klage wegen der vom dortigen Verfahren erfassten Zeiträume ab dem 1.10.2011 zwar zunächst kein Rechtsschutzbedürfnis, weil das Ziel der Klage insoweit mit der einfacheren Anfechtungs-und Leistungsklage gegen den noch nicht bestandskräftigen Bescheid vom 7.11.2011 zu erreichen war; dieses Prozesshindernis ist mit Rücknahme der Berufung am 1.4.2014 aber entfallen (vgl etwa BSGE 114, 302 ff RdNr 19 = SozR 4-3520 § 1a Nr 1).

13

Die Begründetheit der Revision misst sich an § 44 SGB X. Nach dessen Abs 1 ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, wobei abweichend von § 44 Abs 4 SGB X Sozialleistungen rückwirkend nicht für vier, sondern nur für ein Jahr vor Rücknahme zu erbringen sind(§ 116a SGB XII), hier also frühestens für die Zeit ab 1.1.2010. Ob der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum (höhere) Ansprüche auf Leistungen der Grundsicherung zustanden, kann der Senat ebenso wenig abschließend prüfen, wie die Frage, ob die bestandskräftigen rechtswidrigen Leistungsablehnungen deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zu korrigieren sind (zu den weitergehenden Besonderheiten des Sozialhilferechts im Anwendungsbereich des § 44 SGB X nur BSGE 104, 213 ff RdNr 14 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20 mwN),weil es an ausreichenden Feststellungen des LSG fehlt.

14

Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 3 SGB XII(für die Zeit bis zum 31.12.2010 idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat; für die Zeit ab 1.1.2011 idF, die die Norm durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453 - erhalten hat), werden Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gewährt, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für solche Leistungen (dauerhaft volle Erwerbsminderung ua) dürften dem Grunde nach zwar gegeben sein; genaue Feststellungen (insbesondere zu Einkommen und Vermögen) fehlen indes.

15

Nach § 42 SGB XII(für die Zeit bis zum 31.10.2010 idF, die die Norm durch das 2. Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2933 erhalten hat, für die Zeit ab 1.1.2011 idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG ) umfassen die Grundsicherungsleistungen für die Zeit bis 31.12.2010 den maßgebenden Regelsatz (vgl § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII aF iVm § 28 SGB XII idF, die die Norm durch das Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495 - erhalten hat ) bzw ab 1.1.2011 den Regelsatz nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII(idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG ). Von dem jeweils maßgeblichen Regelsatz bzw der maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs - Merkzeichen G - ab, der der Klägerin zustand, sofern nicht ein abweichender Bedarf bestand (vgl § 42 Satz 1 Nr 3 aF iVm § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII idF des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes bzw ab 1.1.2011 § 42 Nr 2 SGB XII nF iVm § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG). Ferner sind die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42 Satz 1 Nr 2 aF iVm § 29 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat ) bzw (ab 1.1.2011) nach § 42 Nr 4 SGB XII nF iVm § 35 SGB XII(idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG ) zu berücksichtigen. Für Bedarfslagen nach § 42 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB XII aF bzw § 42 Nr 3 und 5 SGB XII nF bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.

16

Der bis zum 31.12.2010 maßgebliche Regelsatz beträgt im Falle der Klägerin - die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach unterstellt - nicht 287 Euro (wovon die Beklagte zu Unrecht ausgegangen ist), sondern 359 Euro. Wegen des für die Zeit bis zum 31.12.2010 maßgeblichen Regelsatzes hat der Senat für das Zusammenleben eines erwachsenen Kindes mit seinem Elternteil bereits entschieden, dass das volljährige Kind, das mit seinem Elternteil weder eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) noch eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 Abs 2 SGB XII bildet, nicht als "Haushaltsangehöriger" iS des § 3 Abs 1 RSV angesehen werden konnte(vgl BSGE 106, 62 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).

17

Die Höhe des maßgeblichen Regelsatzes für die Zeit ab 1.1.2011 wird das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Regelbedarfsstufe 3 zu beurteilen haben. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei verfassungskonformer Auslegung des § 27a Abs 3 SGB XII iVm der Anlage zu § 28 SGB XII aufgrund gesetzlicher Vermutung(§ 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII) von einer gemeinsamen Haushaltsführung der Klägerin (jedenfalls) mit ihrer Mutter auszugehen, sodass Leistungen für den Lebensunterhalt grundsätzlich nach der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren sind. Die Regelbedarfsstufe 3 könnte erst dann zur Anwendung kommen, wenn bei der Klägerin ausnahmsweise keinerlei eigenständige oder nur eine gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorläge (vgl im Einzelnen BSGE 116, 210 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 9; BSGE 116, 223 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 10; BSG SozR 4-3500 § 28 Nr 11).

18

Eine abweichende Festsetzung des Regelbedarfs nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII aF bzw § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII (nF) jeweils in Verbindung mit § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII(zur Anwendung des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII aF bzw des § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII nF im Rahmen der Grundsicherung bereits BSGE 99, 252 ff RdNr 20 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 3; vgl nunmehr die Klarstellung des § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII idF des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.2012 - BGBl I 2783) zugunsten der Klägerin scheidet demgegenüber aus. Soweit durch die Art und Weise der Fortbewegung behinderungsbedingt ein erhöhter Bedarf für Kosten von Oberbekleidung und Schuhen anfällt, hat das LSG zutreffend ausgeführt, dass diese mit dem Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII abgegolten sind. Maßstab für die Zuerkennung des Mehrbedarfs ist die Mobilitätsbeeinträchtigung von Menschen mit erheblicher Gehbehinderung (im Einzelnen BSGE 104, 200 ff = SozR 4-3500 § 30 Nr 1). Auch psychische oder seelische Einschränkungen, die sich spezifisch auf das Gehvermögen auswirken, können zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr und damit - anders als die Klägerin offenbar meint - zur Zuerkennung des entsprechenden Nachteilsausgleichs (vgl §§ 145 Abs 1 Satz 1, 146 Abs 1 Satz 1 iVm § 69 Abs 1 und 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) führen (zuletzt BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 21 RdNr 18 ff mwN).

19

Da der Bedarf an Kleidung und Schuhen wegen der entsprechend eingeschränkten Steuerungsfähigkeit anfällt, die sich (auch) in der eingeschränkten Mobilität der Klägerin ausdrückt, handelt es sich um einen (pauschal unterstellten) behinderungsbedingten Bedarf, der typisierend mit der Zuerkennung des Merkzeichens G erfasst wird, und zwar unabhängig davon, dass die entsprechenden Bedarfe im privaten Raum, nicht aber bei der Teilnahme am Straßenverkehr anfallen. Dabei setzt der Zuschlag am besonderen Bedarf an, nicht hingegen an einer besonderen Behinderung, sodass unerheblich ist, welche Behinderungen zu welchen Mobilitätseinschränkungen führen. Eine aufwändige Prüfung der konkret mit den gesundheitlichen Einschränkungen verbundenen Bedarfe sollte mit der Gewährung eines Mehrbedarfs gerade vermieden werden (vgl BSGE 104, 200 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 30 Nr 1); ob und in welchem Umfang ein solcher Bedarf aufgrund der Behinderung im Einzelfall tatsächlich vorliegt, braucht deshalb nur überprüft zu werden, wenn ein höherer als der pauschale Mehrbedarf spezifizierend geltend gemacht wird (dazu sogleich).

20

Ein Anspruch auf einen individuell höheren Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII ergibt sich im Fall der Klägerin indes nicht; dies konnte das LSG entscheiden, ohne zuvor deswegen in Ermittlungen einzutreten. Entscheidend für einen höheren Mehrbedarfszuschlag ist nämlich allein der weiter gehende (finanzielle) Aufwand, der behinderungsbedingt entsteht. Ein solcher Aufwand ist von der Klägerin hier schon nicht behauptet worden; denn sie hat nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG ihre Aufwendungen mit rund 35 Euro monatlich angegeben. Ermittlungspflichten setzen aber voraus, dass sich von der Klägerin im Einzelnen spezifizierte Anhaltspunkte für einen höheren finanziellen Aufwand als der Pauschale ergeben. Daran fehlt es hier.

21

Mehrkosten wegen nächtlicher Inkontinenz (insbesondere also für Windeln) können ebenso wenig zu einer abweichenden Festsetzung des Regelbedarfs zugunsten der Klägerin führen. Solche Inkontinenzartikel sind für Versicherte in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vorrangig als Hilfsmittel nach § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V - (vgl BSGE 66, 245 = SozR 3-2500 § 33 Nr 1) bzw in der sozialen Pflegeversicherung (nachrangig) als Ansprüche auf zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfemittel (vgl § 40 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - idF, die die Norm durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.5.2008 - BGBl I 874 - erhalten hat; insoweit begrenzt auf 31 Euro monatlich, vgl § 40 Abs 2 Satz 1 SGB XI) erfasst. In der GKV ist die Zuzahlung bei solchen zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln auf höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf begrenzt (vgl § 33 Abs 8 Satz 3 SGB V), soweit nicht die Belastungsgrenze des § 62 Abs 1 Satz 2 iVm Abs 2 Satz 5 SGB V erreicht ist. Diese Zuzahlung ist damit aus dem Regelbedarf zu bestreiten (zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung bereits BSGE 100, 221 ff = SozR 4-2500 § 62 Nr 6) und begründet keinen abweichenden Bedarf. Soweit die genannten Leistungen aus der GKV bzw der sozialen Pflegeversicherung tatsächlich nicht erbracht werden sollten, würde es sich der Sache nach allerdings um Hilfen zur Gesundheit (vgl §§ 47 ff SGB XII) und zur Pflege (§§ 61 ff SGB XII) handeln, die vorliegend überhaupt nicht im Streit sind; denn es geht nur um die Überprüfung von bestandskräftigen Bescheiden über Grundsicherungsleistungen.

22

Ob eine abweichende Festsetzung des Regelsatzes zu Lasten der Klägerin vorzunehmen ist, kann nicht entschieden werden. Nach § 28 Abs 1 Satz 4 SGB XII aF bzw § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII nF käme wegen der nach Auffassung des LSG pauschal in der Miete enthaltenen Stromkosten - anders als im Anwendungsbereich des SGB II, das eine entsprechende Regelung nicht kennt(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 54) - zwar im Grundsatz eine Absenkung des Regelsatzes in Betracht. § 28 Abs 1 Satz 4 SGB XII aF bzw § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII nF soll mit der Möglichkeit, auch einen niedrigeren Regelsatz festzulegen, verhindern, dass Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Sozialhilfeleistungen gegenüber dem Leistungsempfänger Leistungen doppelt erbringen. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist deshalb zur Vermeidung solcher Doppelleistungen nur eröffnet, wenn es bei der Gewährung von Sozialhilfeleistungen zu Überschneidungen mit den durch den Regelsatz nach § 28 Abs 1 Satz 1 SGB XII pauschal abgegoltenen tatsächlichen Bedarfen kommt(vgl zuletzt BSGE 112, 54 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 28 Nr 8 mwN). Dies würde vorliegend also voraussetzen, dass sie als Teil der mietvertraglich geschuldeten Kosten von den Leistungen für Unterkunft und Heizung bereits mitumfasst sind und insoweit also durch eine anderweitige Leistung der Beklagten tatsächlich ("im Einzelfall") gedeckt werden. Ein Abzug von solchen mietvertraglich wirksam vereinbarten Kosten von den Leistungen für Unterkunft und Heizung scheidet demgegenüber regelmäßig aus (im Einzelnen sogleich).

23

Ob die Mietvertragsparteien vorliegend - vorausgesetzt, die Klägerin war überhaupt einer wirksam vereinbarten (vgl §§ 117 Abs 1, 133 Bürgerliches Gesetzbuch) Mietzinsforderung ausgesetzt - im Sinne einer sog Pauschal- oder Inklusivmiete auch den in die Bemessung des Regelbedarfs eingeflossenen Haushaltsstrom (zum Begriff im Sinne der Regelbedarfsermittlung nur BT-Drucks 17/3404, S 55 f) als Teil der Miete vereinbart haben und damit ein Abzug dieser Anteile vom Regelsatz bzw der Regelleistung möglich ist, lässt sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht entscheiden. Es hat lediglich eine bestimmte Auslegung des Begriffs der "Betriebskosten" im vorgelegten Formularmietvertrag vorgenommen, ohne irgendwelche Feststellungen zu den Vorstellungen der Mietvertragsparteien hierüber zu treffen. Allein der rechtliche Schluss, den das LSG zieht, lässt aber keine Rückschlüsse auf den Vertragsinhalt zu. Entsprechende Feststellungen zum tatsächlich Vereinbarten, das sich mit dem schriftlich fixierten Inhalt nicht decken muss, fehlen. Offenbleiben kann damit, auf welcher Grundlage der Anteil der in der Regelleistung bereits enthaltenen Stromkosten bei Vereinbarung einer solchen Inklusivmiete geschätzt werden könnte (vgl zur Möglichkeit einer Schätzung auch BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 54 RdNr 23). Diese wäre eine Tatfrage und deren Beantwortung damit ohnehin nicht Aufgabe des Revisionsgerichts.

24

Neben dem Regelsatz und dem Mehrbedarf sind nach § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII aF iVm § 29 Abs 1 Satz 1 SGB XII aF bzw § 42 Nr 4 1. Halbsatz SGB XII nF iVm § 35 SGB XII nF die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen. Dabei werden Leistungen für die Unterkunft "in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen" erbracht. Vorliegend kommen als berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft und Heizung die Anteile der Klägerin an den Mietkosten aus dem Mietvertrag in Betracht. Aus einer wirksam vereinbarten Mietzinsforderung (vgl zu diesen Voraussetzungen bei Mietverträgen insbesondere unter Verwandten BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 15) - oder einer entsprechenden faktischen Beteiligung an solchen Kosten (dazu BSG SozR 4-3500 § 35 Nr 4 RdNr 16) -folgt der Bedarf. Dies gilt bei mietvertraglich wirksam vereinbarten Kosten im Grundsatz für alle Kosten, von denen sich der Mieter in rechtlich zulässiger Weise nicht lösen kann, und zwar auch, soweit sie nicht unmittelbar Wohnbedürfnisse abdecken, beispielsweise Mietanteile für Nebengebäude (vgl BSGE 97, 231 ff RdNr 28 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2) oder für einen Kabelanschluss (vgl BSGE 102, 274 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 18).

25

Für die Zeit vor dem 1.1.2011 war nach gefestigter Rechtsprechung der Senate für die Grundsicherung für Arbeitsuchende - begründet im Wesentlichen mit der zuvor bestehenden Rechtslage zum Bundessozialhilfegesetz - allerdings ein Anspruch auf vollständige und tatsächliche Übernahme der Kosten der Warmwasserbereitung im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II nur vorgesehen, soweit diese Kosten nicht von der Regelleistung (insoweit als sog Warmwasserpauschale) umfasst waren(stRspr seit BSGE 100, 94 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 5 und BSGE 104, 179 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 24; zu den Einzelheiten: Hölzer, Sozialrecht aktuell, 2009, 14 ff; Brehm/Schifferdecker, SGb 2010, 331 ff). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an; der Abzug dieser Pauschale (abgeleitet vom Regelsatz eines Alleinstehenden) ist bis zum 31.12.2010 mithin nicht zu beanstanden. Mit Inkrafttreten der Änderungen in § 35 Abs 4 SGB XII nF am 1.1.2011 entfällt ein solcher Abzug.

26

Die Stromkosten iS von § 2 Nr 11 Betriebskostenverordnung vom 25.11.2003 (BGBl I 2346), also die Stromkosten für die Beleuchtung von gemeinschaftlich genutzten Flächen wie Treppen, Keller, Waschküchen etc, gehören indes nach alter wie nach neuer Rechtslage zu den tatsächlichen Aufwendungen iS des § 29 Abs 1 Satz 1 SGB XII aF bzw § 35 Abs 1 Satz 1 SGB XII nF, weil der Vermieter sie auf die Mieter umlegen kann, ohne dass Letzterer diese Kosten senken oder gar vermeiden kann(vgl nur BSGE 102, 274 ff RdNr 16 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18). Sind, wie die Klägerin behauptet, nur solche Kosten von der vereinbarten Nebenkostenpauschale erfasst, scheidet ein Abzug dieser Kosten von den Kosten der Unterkunft ebenso wie vom Regelsatz bzw der Regelleistung aus; sie sind untrennbarer Teil der Kosten der Unterkunft und nicht als "Haushaltsstrom" in die Bemessung der Regelsätze eingeflossen (vgl BT-Drucks 17/3404, S 56), sodass keine "Doppelleistung" von Sozialleistungen vorliegt.

27

In Betracht kommt in diesem Fall andererseits, dass das kostenfreie Zurverfügungstellung von Strom durch einen Dritten im Rahmen der Einkommensberücksichtigung zu einer Minderung der Grundsicherungsansprüche der Klägerin führt. Tatsächliche Leistungen in Geld oder in Geldeswert (hier also die denkbare Freistellung von jeglichen Stromkosten) werden auch dann berücksichtigt, wenn sie im Fall des § 43 Abs 1 Satz 2 SGB XII von Familienangehörigen nicht erwartet werden können(vgl BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 9).

28

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. September 2012 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.5.2011 bis 30.11.2011.

2

Der 1981 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 80; Merkzeichen "G", "H" und "B"). Er leidet ua an einer mittleren Intelligenzminderung (Intelligenzquotient von höchstens 50) und Grand-Mal-Epilepsie. Er lebt gemeinsam mit seiner Mutter, die auch seine Betreuerin ist, in einer Wohnung.

3

Der Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst für die Zeit von Dezember 2010 bis November 2011 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 665,69 Euro unter Zugrundelegung eines Regelbedarfs in Höhe von 359 Euro nebst eines Mehrbedarfs für Erwerbsgeminderte mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 61,03 Euro und anteiliger Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 257,09 Euro, abzüglich eines anrechenbaren Einkommens aus einer Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) in Höhe von 11,43 Euro (Bescheide vom 23.9.2010 und 20.12.2010). Ab 1.5.2011 hob der Beklagte diese Bescheide unter Hinweis auf die geänderten Regelbedarfsstufen teilweise auf, bewilligte dem Kläger nur noch Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 565,57 Euro und legte dabei ua lediglich noch einen Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro (80 vH) sowie einen Mehrbedarf für behinderte Menschen in Höhe von 49,47 Euro zugrunde (Bescheid vom 19.4.2011; Widerspruchsbescheid vom 22.9.2011). Für August 2011 bewilligte der Beklagte aufgrund eines um einen Cent höheren Freibetrags für Werkstatteinkommen insgesamt 565,58 Euro (Bescheid vom 25.7.2011).

4

Die Klage gegen diese Bescheide blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27.9.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Beklagte habe dem Kläger ab Mai 2011 zu Recht nur noch Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro gewährt. Der Kläger unterfalle der Regelbedarfsstufe 3, weil er im Haushalt seiner Mutter lebe und damit keinen eigenen Haushalt führe. Die Höhe der seit dem 1.1.2011 geltenden Regelbedarfssätze sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ab Vollendung des 25. Lebensjahrs Anspruch auf den vollen Regelsatz hätten, beruhe auf Systemunterschieden zwischen dem SGB II und SGB XII.

5

Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger, die Regelbedarfsstufe 3 sei verfassungswidrig. Sie verstoße insbesondere gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, weil ihr keine spezielle Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 zugrunde liege. Außerdem sei der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) dadurch verletzt, dass über 25jährige Leistungsbezieher nach dem SGB II den vollen Regelsatz erhielten. Schließlich verstoße der geringere Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG, weil der Gesetzgeber dadurch einen erwachsenen behinderten Menschen in eine Abhängigkeit zu anderen Haushaltsangehörigen zwinge, die seinem Selbstbestimmungsrecht widerspreche. Der Gesetzgeber dürfe nicht unterstellen, dass die übrigen erwachsenen Haushaltsmitglieder die überwiegenden Kosten der Haushaltsführung übernehmen wollten.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG und die Bescheide des Beklagten vom 19.4.2011 und 25.7.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1.5. bis 30.11.2011 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die vom SG zugelassene Sprungrevision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 19.4.2011 und 25.7.2011, letzterer gemäß § 86 SGG als Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2011 (§ 95 SGG) - und zwar in der Sache unbeschränkt. Ob der nach § 86 SGG Gegenstand gewordene Bescheid vom 25.7.2011 allerdings eine Regelung für die Zeit ab August 2011 oder nur für August selbst (so die Auslegung des SG) oder gar für die Zeit davor trifft, wird das SG im wiedereröffneten Verfahren genauer zu prüfen haben; ggf wird es auch zu beachten haben, ob im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte gemäß § 116 Abs 2 SGB XII beteiligt worden sind. Gegen die Bescheide wendet sich der Kläger zutreffend mit der kombinieren Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG), obwohl sich die Rechtmäßigkeit beider angefochtenen Entscheidungen an § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst. Denn der Kläger macht nicht nur geltend, es sei mit Inkrafttreten der Neuregelungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453; RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) zum 1.1.2011 (vgl Art 14 Abs 1 RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) keine Änderung zu seinen Lasten eingetreten. Vielmehr macht er höhere Grundsicherungsleistungen unter jedem denkbaren Gesichtspunkt geltend. Dieses Ziel kann er nicht allein mit der Anfechtung der Bescheide erreichen.

11

Ob mit den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des (begünstigenden) Verwaltungsaktes vom 23.9. bzw 20.12.2010 unter Berücksichtigung des Bescheids vom 25.7.2011 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, wie dies § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X voraussetzt, und ob diese in Bezug auf die Höhe der bewilligten Leistungen (ggf ausschließlich) begünstigenden oder belastenden Charakter haben, also einen Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen gegen den örtlich und sachlich zuständigen Beklagten begründen, kann nicht abschließend entschieden werden, weil ausreichende Feststellungen des SG zur Anspruchshöhe fehlen. Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 3 SGB XII(jeweils idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für solche Leistungen dem Grunde nach erfüllte der Kläger, weil er nach den Feststellungen des SG neben dem Einkommen aus seiner Tätigkeit in einer WfbM kein weiteres Einkommen bezog und vermögenslos war.

12

Die Höhe der Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1.1.2011 richtet sich nach § 42 Nr 1 SGB XII in der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, wobei sich eine Verminderung des Regelbedarfs aus Anlass der Neuregelung wegen der Übergangsregelung in § 137 SGB XII vor dem 1.4.2011 nicht zu Lasten der Betroffenen auswirken kann. Danach umfassen die Grundsicherungsleistungen unter anderem die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII; ergänzend ist § 27a Abs 3 und Abs 4 Satz 1 und 2 SGB XII(in der Normfassung dieses Gesetzes) anzuwenden. Zur Deckung des Regelbedarfs sind danach monatliche Regelsätze zu gewähren, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII ergeben(§ 27a Abs 3 Satz 1 SGB XII). Gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII erhält seit dem 1.1.2011 Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 364 Euro eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind. Leistungen der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 328 Euro (mithin 90 vH der Regelbedarfsstufe 1) werden demgegenüber gewährt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Regelbedarfsstufe 3, die Leistungen in Höhe von 291 Euro (80 vH der Regelbedarfsstufe 1) vorsieht, gilt für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Für Kinder und Jugendliche sind - abhängig von ihrem Alter - die weiteren Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gebildet.

13

Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr 2 SGB XII iVm § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) - Merkzeichen "G" - ab, der dem Kläger zustand, sofern nicht - wofür bislang keine Anhaltspunkte vorliegen - ein abweichender Bedarf bestand. Entgegen der Auffassung des Beklagten wird der notwendige Regelbedarf des Klägers, der mit seiner Mutter in einem Haushalt lebt, nicht von vornherein mit der Regelbedarfsstufe 3 beschrieben. Diese Auslegung legt schon der Wortlaut der Anlage zu § 28 SGB XII nahe; aus der Systematik des Gesetzes und seinem Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschriften folgt dies vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 und Abs 3 Satz 2 GG zwingend, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 23.7.2014 (B 8 SO 14/13 R) ausführlich dargestellt hat; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf verwiesen.

14

Leben erwachsene nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte zusammen mit ihren Eltern in einem Haushalt, gilt Gleiches, selbst wenn diese Konstellation nach der Begründung der entsprechenden Regelungen im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales angeblich der Hauptanwendungsfall für die Regelbedarfsstufe 3 ist (vgl BT-Drucks 17/4095, S 27 f und S 40 f). Es muss indes typisierend bei familienhaftem Zusammenleben von behinderten und nicht behinderten Menschen, gerade auch beim Zusammenleben von Eltern mit ihren behinderten erwachsenen Kindern, davon ausgegangen werden, dass die hilfebedürftige Person der Regelbedarfsstufe 1 (gemeinsamer eigener, kein fremder Haushalt) unterfällt, ergänzt durch die gesetzliche Vermutungsregelung des § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO). Denn die zu fordernde Beteiligung an der Haushaltsführung muss sich auch hier an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten des behinderten Menschen orientieren.

15

Das entsprechende Leitbild normiert § 1626 Abs 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Pflege und Erziehung des (minderjährigen) Kindes, wonach Eltern dabei die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln berücksichtigen. Gegenüber einer (nach heutigen Maßstäben entwicklungsgefährdenden) Inanspruchnahme elterlicher Befugnisse, als die die elterliche Sorge noch vor wenigen Jahrzehnten verstanden wurde, stellt sich § 1626 Abs 2 Satz 1 BGB als bewusste Selbstbeschränkung der Eltern zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung ihres Kindes dar(vgl etwa Huber in Münchener Komm zum BGB, 6. Aufl 2012, § 1626 BGB RdNr 61 mwN). Dieses gesetzgeberische Verständnis von Elternverantwortung findet wegen der Volljährigkeit des Klägers zwar unmittelbar auf die zur Entscheidung stehende Konstellation keine Anwendung; es entspricht gleichwohl typisierend dem Bild eines familienhaften Zusammenlebens auch mit behinderten erwachsenen Kindern, und zwar insbesondere dann, wenn das Kind - wie hier - bei der Aufenthaltsbestimmung unter Betreuung durch das Elternteil steht, mit dem es zusammen lebt. Denn auch das Handeln des Betreuers ist am Wohl des Betreuten auszurichten und nach dessen Fähigkeiten entsprechend seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten; die Ziele der Rehabilitation behinderter Menschen sind dabei besonders in den Blick zu nehmen (vgl § 1901 Abs 2 und 4 BGB).

16

Dem Bestreben, das Kind über seine Volljährigkeit hinaus mit dem Ziel der größtmöglichen Selbständigkeit zumindest in Teilbereichen des Lebens zu fördern, stünde die Annahme entgegen, anknüpfend an die Schwere einer dauerhaften körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung, damit an die Auswirkungen einer Behinderung, würde einem Kind im elterlichen Haushalt per se eine geringere Selbständigkeit als zB in einer ambulant betreuten Wohngruppe zukommen. Ein solches Verständnis liefe neben dem Verbot der Benachteiligung von behinderten Menschen aus Art 3 Abs 3 GG und dem Diskriminierungsverbot auch der Verpflichtung des Staates aus Art 23 Abs 3 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention iVm dem Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812) zuwider, wonach die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleiche Rechte in Bezug auf das Familienleben haben. Ein "fremder Haushalt" kann mithin nur vorliegen, wenn bei dem behinderten Menschen entgegen der gesetzlichen Vermutung keinerlei eigenständige oder nur eine gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorläge. Die materielle Beweislast liegt insoweit bei dem Beklagten; allerdings bedürfte es zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt noch eines qualifizierten Vortrags, damit das SG überhaupt in weitere Ermittlungen eintreten muss.

17

Soweit in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass (jedenfalls) weit überwiegend "haushaltsführende" Eltern im Haushalt mit ihren erwachsenen nicht erwerbsfähigen Kindern die Kosten der Haushaltsführung allein tragen (BT-Drucks 17/4095, S 40 f), ist dies ohne Bedeutung. Auf die Frage, wer die Kosten der Haushaltsführung trägt, kommt es bei der Zuordnung der Leistungsberechtigten zur Regelbedarfsstufe 1 gerade nicht an (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO).

18

Das SG wird über die Leistungshöhe insgesamt und ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23. Mai 2013 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.5. bis 30.9.2011.

2

Die 1921 geborene und im Februar 2014 verstorbene E S (S) war schwerbehindert (Grad der Behinderung 60; Merkzeichen "G"); sie erhielt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) entsprechend der Pflegestufe II. Sie wohnte seit 2009 bei ihrer 1940 geborenen Freundin E W (W) in deren Wohnung; W hatte sich bereit erklärt, die notwendige Pflege zu übernehmen.

3

Die Beklagte bewilligte S Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.1. bis 30.9.2011 (Bescheid vom 24.2.2011) in Höhe von 773,54 Euro monatlich (Regelbedarf in Höhe von 359 Euro; Mehrbedarf für ältere Menschen mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 61,03 Euro; Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 143,51 Euro; Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 210 Euro). Ab dem 1.4.2011 hob die Beklagte die Bewilligung unter Hinweis auf die geänderten Regelbedarfsstufen teilweise auf und bewilligte S nur noch Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 693,98 Euro, dabei (neben den unverändert gebliebenen Leistungen für Unterkunft und den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung) nur noch einen Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro sowie einen Mehrbedarf für ältere Menschen mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 49,47 Euro (Bescheid vom 29.3.2011); in der Folge gewährte sie für Juli, August und September 2011 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für die dezentrale Warmwassererzeugung in Höhe von 6,69 Euro monatlich Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 700,67 Euro (Bescheid vom 28.7.2011). Der zeitlich vor diesem Bescheid erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 14.10.2011 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter).

4

Das Sozialgericht (SG) Detmold hat auf die dagegen erhobene Klage den Bescheid vom 29.3.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.7.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 14.10.2011 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "S für den Zeitraum April bis September 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren" (Urteil vom 23.5.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, es könne offenbleiben, ob S einen eigenen Haushalt oder einen gemeinsamen Haushalt mit W führe oder in dem Haushalt der W lebe und wie diese Konstellationen voneinander abzugrenzen seien. Denn S habe unabhängig davon einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1. Die Regelbedarfsstufe 3 verstoße gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG), weil die Leistungen für haushaltsangehörige Leistungsberechtigte nach dem SGB XII ab Vollendung des 25. Lebensjahrs geringer seien als für vergleichbare Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II); diese hätten Anspruch auf den vollen Regelbedarf. Einsparungen bei Führung eines gemeinsamen Haushalts könnten nur angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des SGB XII bildeten, was bei S und W nicht der Fall sei. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art 100 Abs 1 GG sei entbehrlich, weil es sich bei der Anlage nach § 28 SGB XII, die die Regelbedarfsstufen enthalte, um eine Rechtsverordnung und nicht um ein förmliches Gesetz handele.

5

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Sprungrevision. Nachdem sie den Bescheid vom 29.3.2011 für April 2011 aufgehoben hat, macht sie wegen der Zeit ab 1.5.2011 geltend, dass die Regelbedarfsstufe 3 nicht gegen Art 3 Abs 1 GG verstoße, weil die Systemunterschiede zwischen SGB II und SGB XII eine unterschiedliche Behandlung der Leistungsempfänger rechtfertigten. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende wende sich an einen dem Grunde nach erwerbsfähigen Personenkreis, der nur vorübergehend der Unterstützung durch steuerfinanzierte Sozialleistungen bedürfe. Mit der Erwerbsfähigkeit gingen zahlreiche Pflichten bzw Obliegenheiten einher, die bei schuldhafter Verletzung Sanktionen nach sich zögen. Diese Pflichten träfen die Berechtigten nach dem SGB XII nicht. Schließlich werde das menschenwürdige Existenzminimum ua dadurch gesichert, dass der individuelle Bedarf im Einzelfall abweichend vom Regelsatz nach Maßgabe des § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII festzulegen sei.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7
        

Der Prozessbevollmächtigte der früheren Klägerin beantragt, nachdem er die Klage für April 2011 zurückgenommen hat,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Er trägt vor, S habe sich von W Geld leihen müssen, weil sie, die S, von der Beklagten die notwendigen Mittel zum Lebensunterhalt nicht erhalten habe; der vom SG zutreffend zugesprochene Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen sei also an die noch nicht bekannten Rechtsnachfolger vererbt worden.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Mit dem Tod von S im Revisionsverfahren hat auf Klägerseite zwar ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden. Eine Unterbrechung des Verfahrens (vgl § 202 SGG iVm § 239 Zivilprozessordnung) ist jedoch nicht eingetreten, weil S durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten war (§ 246 ZPO). Er führt den Rechtsstreit für die noch unbekannten Rechtsnachfolger fort (vgl BGHZ 121, 263 ff, unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 5.2.1958 - IV ZR 204/57 -, LM Nr 10 zu § 325 ZPO).

11

Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 29.3.2011 und der während des Widerspruchsverfahrens erlassene Änderungsbescheid vom 28.7.2011 (vgl § 86 SGG) - wobei das SG prüfen mag, ob dieser den vorangegangenen Bescheid lediglich für Juli bis September 2011 oder bereits für die Zeit davor ersetzt und damit erledigt hat - beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2011 (§ 95 SGG), gegen die sich der/die Rechtsnachfolger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage wenden (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG). Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist die richtige Klageart, obwohl sich die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen an § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst. Geltend gemacht wird nämlich nicht nur, es sei mit Inkrafttreten der Neuregelungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) vom 24.3.2011 (BGBl I 453) zum 1.1.2011 (vgl Art 14 Abs 1 RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) keine Änderung zu Lasten der S, sondern wegen der Erhöhung der Regelbedarfe für Alleinstehende um 5 Euro und damit des Mehrbedarfs für ältere Leistungsberechtigte mit dem Merkzeichen "G" sowie der Einführung eines Mehrbedarfs für dezentrale Warmwasserbereitung zum selben Zeitpunkt eine Änderung zu ihren Gunsten eingetreten, der mit den angegriffenen Entscheidungen hätte Rechnung getragen werden müssen. Dieses Ziel (höhere Leistungen) kann nicht allein mit der Anfechtungsklage verwirklicht werden. Weder die verstorbene Klägerin noch deren Rechtsnachfolger haben den Streitgegenstand in der Sache beschränkt, sodass über die gesamten Grundsicherungsleistungen zu befinden ist.

12

Ob den unbekannten Rechtsnachfolgern/dem unbekannten Rechtsnachfolger in der Sache Ansprüche auf höhere Grundsicherungsleistungen gegen die kraft Heranziehung durch den zuständigen örtlichen Sozialhilfeträger in eigenem Namen handelnde Beklagte aus übergegangenem Recht zustehen, kann nicht entschieden werden. Das SG wird die bzw den Rechtsnachfolger zu ermitteln haben und sodann ggf die zur Akte gereichten Erklärungen der W auf inhaltliche Richtigkeit überprüfen müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 96, 18 ff), der sich der Senat anschließt, sind Sozialhilfeansprüche nach Maßgabe der §§ 58, 59 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) nämlich (nur) vererblich, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mithilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat. Dem Erben obliegt auch die Begleichung der Nachlassschulden, und die Sozialhilfeleistungen fließen ihm in solchen Fällen gerade deshalb zu, um ihn in den Stand zu setzen, die aus der Hilfe des Dritten entstandenen Schulden des Sozialhilfeempfängers zu tilgen. Ein entsprechender Sachverhalt ist hier vorgetragen worden. Ist jedoch der Fiskus der gesetzliche Erbe, kann dieser die Ansprüche von vornherein nicht geltend machen (vgl § 58 Satz 2 SGB I). Bei der Tenorierung wird das SG zu beachten haben, dass eine Zahlung von Leistungen nur an die Rechtsnachfolger in Betracht kommt.

13

Es kann ebenfalls nicht abschließend entschieden werden, ob mit den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des (begünstigenden) Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, wie dies § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X voraussetzt, und ob diese in Bezug auf die Höhe der bewilligten Leistungen (ggf ausschließlich) begünstigenden oder belastenden Charakter haben, weil ausreichende Feststellungen des SG zur Anspruchshöhe insgesamt fehlen. Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 2 SGB XII(jeweils in der Fassung, die die Norm mit dem RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG erhalten hat) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die die maßgebliche Altersgrenze - hier das 65. Lebensjahr - erreicht haben, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für solche Leistungen dem Grunde nach erfüllte S, weil sie nach den Feststellungen des SG neben den - nicht zu berücksichtigenden (§ 13 Abs 5 SGB XI) - Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung kein Einkommen bezog und vermögenslos war.

14

Die Höhe der Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1.1.2011 richtet sich nach § 42 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG), wobei sich eine Verminderung des Regelbedarfs aus Anlass der Neuregelung wegen der Übergangsregelung in § 137 SGB XII vor dem 1.4.2011 nicht zu Lasten der Betroffenen auswirken kann. Danach umfassen die Grundsicherungsleistungen unter anderem die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII; daneben ist § 27a Abs 3 und Abs 4 Satz 1 und 2 SGB XII(jeweils in der Normfassung dieses Gesetzes) anzuwenden. Zur Deckung des Regelbedarfs sind danach monatliche Regelsätze zu gewähren (§ 27a Abs 3 Satz 1 SGB XII). Gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII erhält seit dem 1.1.2011 Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 364 Euro eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind. Leistungen der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 328 Euro (mithin 90 vH der Regelbedarfsstufe 1) werden demgegenüber gewährt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Regelbedarfsstufe 3, die Leistungen in Höhe von 291 Euro (80 vH der Regelbedarfsstufe 1) vorsieht, gilt für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Für Kinder und Jugendliche sind - abhängig von ihrem Alter - die weiteren Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gebildet.

15

Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr 2 SGB XII iVm § 30 Abs 1 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) - Merkzeichen "G" - ab, der S zustand, sofern nicht - wofür bislang keine Anhaltspunkte vorliegen - ein abweichender Bedarf bestand. Seit dem 1.1.2011 ist zudem für den Fall, dass Kosten für die Bereitung von Warmwasser wegen einer dezentralen Warmwasserversorgung nicht als Kosten der Heizung nach § 35 Abs 4 SGB XII abgedeckt werden, ein Mehrbedarf nach § 30 Abs 7 SGB XII iVm § 42 Nr 2 SGB XII zu bewilligen, dessen Höhe sich im Ausgangspunkt ebenfalls prozentual (2,3 vH) von der Höhe der maßgeblichen Regelbedarfsstufe ableitet(vgl § 30 Abs 7 Satz 2 Nr 1 SGB XII). Das SG wird deshalb ggf Feststellungen dazu nachholen müssen, ob die Wohnung der W im maßgeblichen Zeitraum über eine dezentrale Warmwasserversorgung verfügte. In letzterem Fall stand S ein (dann auch im Hinblick auf eine abweichende Höhe iS des § 30 Abs 7 Satz 2 SGB XII zu überprüfender) Mehrbedarf wegen der dezentralen Warmwasserversorgung schon von Mai 2011 an zu. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, würde sich dies ggf kompensatorisch gegenüber sonstigen höheren Leistungen auswirken können.

16

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der notwendige Regelbedarf von S, die mit W in einem Haushalt lebte, ohne deren Partnerin zu sein, nicht von vornherein mit der Regelbedarfsstufe 3 beschrieben. Im Grundsatz richtet sich der Bedarf einer erwachsenen leistungsberechtigten Person nach der Regelbedarfsstufe 1 vielmehr auch dann, wenn sie mit einer anderen Person in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, ohne dass eine Partnerschaft im Sinne der Regelbedarfsstufe 2 - also eine Ehe, eine eingetragene Lebenspartnerschaft oder eine eheähnliche bzw lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft - besteht. Dem gesetzlichen Leitbild liegt dabei die Vorstellung zugrunde, dass bei Zusammenleben mit anderen Personen in einer Wohnung in der Regel gemeinsam gewirtschaftet wird und also eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt. Dementsprechend wird in § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII nF (ab 1.1.2011) vermutet, dass Personen bei Zusammenleben in einer Wohnung gemeinsam einen Haushalt führen. Diese Vermutung, die nicht durch § 43 Abs 1 2. Halbsatz bzw § 39 Satz 3 Nr 2 SGB XII ausgeschlossen wird, ist nicht schon dann widerlegt, wenn eine Person gegenüber anderen einen geringeren Beitrag an der Haushaltsführung leistet, selbst wenn für eine umfassende Haushaltsführung notwendige Fähigkeiten fehlen. Die Regelbedarfsstufe 3 kommt also im Falle des Zusammenlebens mit anderen (außerhalb von stationären Einrichtungen) erst zur Anwendung, wenn keinerlei eigenständige oder eine nur gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorliegt. Ausschließlich in diesem Fall ist der Haushalt, in dem die leistungsberechtigte Person lebt, ein "fremder Haushalt".

17

Dieses Ergebnis legt schon der Wortlaut der Vorschriften nahe; aus der Systematik des Gesetzes und seinem Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschriften folgt eine entsprechende Auslegung vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 und Abs 3 Satz 2 GG indes zwingend. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/4095, S 39 ff) findet sich zwar ein weiter gehendes Verständnis (ebenso: Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 28 SGB XII RdNr 61; Bieback, ASR 2013, 15 ff; kritisch dagegen: Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Anh 2 zu § 28 SGB XII RdNr 70 ff, Stand November 2011; Gutzler in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 27a SGB XII RdNr 79 ff; Münder, Soziale Sicherheit Extra, Sonderheft September 2011, 63, 82 f; Sartorius in Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 24 RdNr 51; Lenze in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, Anh § 28 SGB XII RdNr 4 ff; Dauber in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Anlage § 28 SGB XII RdNr 3, Stand August 2013). Hiernach wird die Haushaltsgemeinschaft typisierend als Zusammenleben eines Haushaltsvorstands mit weiteren erwachsenen Haushaltsangehörigen verstanden, von denen der zuerst genannte die haushaltsgebundenen Kosten alleine trägt, während die weiteren Haushaltsangehörigen deshalb einen geringeren Bedarf haben. Allein auf die Gesetzesbegründung kann bei der Auslegung aber nicht abgestellt werden; denn diese weiter gehende Wirkung würde zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen. Ist von mehreren Auslegungen aber nur eine mit dem Grundgesetz vereinbar, muss diese gewählt werden (BVerfGE 112, 164, 182 f = SozR 4-7410 § 32 Nr 1 RdNr 32; vgl auch BSG SozR 4-5870 § 1 Nr 2 RdNr 19 mwN). Die Vorschriften sind deshalb orientiert an dem Gesetzeszweck einschränkend auszulegen; nur diese Auslegung belässt ihnen einen vernünftigen, dem erkennbaren Gesetzeszweck jedenfalls nicht zuwiderlaufenden Sinn.

18

Dem Wortlaut der Anlage zu § 28 SGB XII lässt sich nicht entnehmen, dass in Haushaltsgemeinschaften zwischen Erwachsenen, die nicht Partner sind, typisierend die eine Person der Regelbedarfsstufe 1 und die andere Person der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen wäre und im Ergebnis also Bedarfe nur in Höhe von 180 vH anerkannt würden; überdies findet sich keine Bestimmung, die erkennen ließe, dass in der vorliegenden Konstellation der S (und nicht der W im Falle ihrer Bedürftigkeit) lediglich Bedarfe nach der Regelbedarfsstufe 3 zustünden. Die vorliegende Gesetzesfassung beschreibt zunächst nur, dass die Regelbedarfsstufe 1 einer "alleinstehenden" Person auch dann zusteht, "wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind". Dabei bringt das Merkmal "alleinstehend", das die Regelbedarfsstufe 1 kennzeichnet, zum Ausdruck, dass diese Person ohne festen Partner im Sinne der Regelbedarfsstufe 2, nicht dagegen ohne jeden (erwachsenen) Mitbewohner in dem Haushalt lebt; denn der Begriff "Alleinstehend" wird im allgemeinen Sprachgebrauch mit unverheiratet gleichgesetzt, also in Abgrenzung zu einer festen Partnerschaft gebraucht. Die Rechtsprechung zum SGB II, die wegen der Besonderheiten der Bedarfsgemeinschaft von einem normativen Verständnis des Begriffs ausgeht (BSG SozR 4-4200 § 20 Nr 2 RdNr 18), ist auf das SGB XII nicht zu übertragen. Dem zweiten Halbsatz kann andererseits nicht entnommen werden, dass ein Zusammenleben in Haushaltsgemeinschaft außerhalb einer Partnerschaft notwendig das Zusammenleben mit einer Person bedeutet, die dann der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen wäre. Die Formulierung verweist lediglich auf die Regelbedarfsstufe 3, ohne diese näher zu erläutern; sie kann nur klarstellende Bedeutung haben.

19

Aus der Formulierung der Regelbedarfsstufe 3 folgt nicht das Gegenteil. Die Regelbedarfsstufe 3 knüpft zunächst an das Leben in einem "fremden" Haushalt an, was das Zusammenleben in einer Haushaltsgemeinschaft im Grundsatz nicht erfasst. "Fremd" drückt als Adjektiv aus, dass eine Sache einem anderen gehört. Leben zwei erwachsene Personen in einem Haushalt, lebt jede Person nach dem allgemeinen Sprachverständnis aber weiterhin in ihrem eigenen, dh in einem ihr selbst zugehörigen Haushalt. Das Zusammenleben allein macht einen Haushalt nicht (schon) zu einem "fremden" Haushalt. Der Wortlaut der Regelbedarfsstufe 3 ließe in seiner 2. Alternative ("noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt") zwar die Auslegung zu, dass zwei Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, ohne Partner zu sein, nur die Regelbedarfsstufe 3 zukommt. Eine solche Auslegung, die bei zwei Haushaltsangehörigen denknotwendig zur Folge hätte, dass beiden Personen lediglich die Regelbedarfsstufe 3 zustünde, weil bei beiden keine Partnerschaft vorliegt, führt aber zu einem erkennbar verfassungswidrigen Ergebnis (im Einzelnen später).

20

Ausschließlich der Wortlaut der Regelbedarfsstufe 2 knüpft ausdrücklich an ein bestimmtes gemeinsames Zusammenleben (das nämlich zusätzlich die Kriterien einer Partnerschaft erfüllen muss) einen Regelbedarf von jeweils nur 90 vH für jede in der Partnerschaft lebende Person. Die Beschränkung auf diese Rechtsfolge nur bei Zusammenleben in Partnerschaften ist eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, wie die Entwicklung der Vorschriften im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zeigt. Bereits im ursprünglichen Entwurf zum RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG ist an dem Begriff des Haushaltsvorstands, der bis zum 31.12.2010 noch in § 3 Abs 1 Satz 1 Regelsatzverordnung (RSV) verankert war, den das SGB II aber schon seit dem 1.1.2005 nicht mehr kannte (vgl im Einzelnen BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2), nicht mehr festgehalten worden. An seine Stelle ist der alleinstehende (bzw alleinerziehende) Leistungsberechtigte getreten. Demgegenüber war für alle Fälle der Haushaltsgemeinschaft die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 2 vorgesehen ("Ehegatten und Lebenspartner sowie andere erwachsene Leistungsberechtigte, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften"; vgl BT-Drucks 17/3404, S 36, und zur Begründung S 130). Diese Fassung hätte mithin Fälle wie den vorliegenden dahin geregelt, dass in der Haushaltsgemeinschaft für beide Mitglieder der gleiche Bedarf besteht und dieser - wegen typisierend unterstellter Einsparmöglichkeiten - jeweils um 10 vH abgesenkt ist. Sie ist aber nicht Gesetz geworden; mit der endgültigen Fassung, die das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG im Zuge der Ausschussberatungen erhalten hat, werden die Fälle der gemeinsamen Haushaltsführung außerhalb von Partnerschaften gerade nicht mehr in der Regelbedarfsstufe 2 der Anlage zu § 28 SGB XII erfasst.

21

Soweit in der Gesetzesbegründung zur Neufassung der Anlage zu § 28 SGB XII, die im Zuge der Beratungen des 11. Ausschusses für Arbeit und Soziales erfolgt ist, ausgeführt wird, mit der Umformulierung der Regelbedarfsstufe 1 - mithin der Anfügung des Halbsatzes "dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind" - werde "folglich" an der im geltenden Recht als Haushaltsvorstand bezeichneten Funktion und der damit verbundenen Stellung im Haushalt außerhalb von Partnerkonstellationen festgehalten (BT-Drucks 17/4095, S 39), kommt dies in den Gesetz gewordenen Fassungen der Regelbedarfsstufen gerade nicht zum Ausdruck. Der Gesetzesbegründung lässt sich zwar die Vorstellung entnehmen, jedes Zusammenleben von Erwachsenen außerhalb von Partnerschaften, insbesondere, aber nicht ausschließlich im Familienverbund, sei typisierend dadurch gekennzeichnet, dass die mit der Führung des Haushalts verbundenen Kosten nur bei einer Person anfallen (BT-Drucks 17/4095, S 40). Ein Tatbestand im Gesetz, der diese typisierende Grundannahme - wie zuvor § 3 Abs 1 Satz 1 RSV - deutlich macht, ist jedoch nicht Gesetz geworden; er entspricht auch nicht dem neueren Verständnis des "Haushaltsvorstands".

22

Auf die bisherige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu diesem Begriff (vgl nur BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242) kann damit - entgegen der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Auffassung - nicht zurückgegriffen werden. Es ist dem Zusammenleben in Haushaltsgemeinschaften nach § 39 Satz 1 SGB XII, die durch das gemeinsame Wirtschaften aus einem Topf gekennzeichnet sind, im Grundsatz fremd, dass ein bestimmtes, nach generell-abstrakten Kriterien umschriebenes Mitglied (etwa das erwerbsfähige oder körperlich und/oder geistig nicht eingeschränkte Mitglied oder ein Elternteil) von vornherein einen höheren Beitrag zur Führung des Haushalts erbringt oder zu erbringen hätte, wie es der Begriff des "Haushaltsvorstands" voraussetzt. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger zwar in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war. Der Gesetzgeber des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG hat aber die Annahme einer Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben mit einem "Haushaltsvorstand" gerade nicht regelhaft mit der Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden; eine entsprechende Prüfungsnotwendigkeit widerspräche auch der typisierenden Beschreibung von Bedarfen in den genannten Regelbedarfsstufen, die der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität vorgenommen hat.

23

Das SGB II sieht folgerichtig eine Stellung des "Haushaltsvorstands" im Haushalt unverändert nicht vor (zur Problematik des Zusammenlebens von Leistungsberechtigten nach dem SGB XII und Leistungsberechtigten nach dem SGB II bereits BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2). Die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 3, geknüpft an den Begriff des "Haushaltsvorstands" im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, würde zudem einen Zirkelschluss bedeuten: Es kann die Bestimmung des Bedarfs der Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft (im Sinne der Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 1 oder 3) nicht im Ausgangspunkt in Abhängigkeit davon erfolgen, welche Entscheidung über die Verteilung von Mitteln ggf getroffen würde, wenn ein Mitglied seinen Bedarf nicht in gleichem Maße decken kann wie das andere Mitglied. Eine solche Entscheidung kann in Haushaltsgemeinschaften überhaupt erst getroffen werden, wenn entsprechende Mittel nicht gleichmäßig zufließen.

24

Allein die vom Senat vorgenommene Auslegung sichert die sozialrechtliche Funktion der Leistungen nach dem SGB XII, nämlich die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG (vgl dazu: BVerfGE 132, 134 ff RdNr 62 ff = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 88 ff; BVerfGE 125, 175, 221 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 132 ff). Auch nach der Gesetzesbegründung soll die Regelbedarfsstufe 3 deshalb nur für Personen gelten, denen tatsächlich keine haushaltsgebundenen Kosten entstehen; es sollen ausdrücklich nur Konstellationen erfasst werden, "in denen es keine gemeinsame Tragung von Ausgaben zu gleichen Teilen gibt" (BT-Drucks 17/4095, S 40). Wie dargelegt kann aber allein aus dem Zusammenleben in einem Haushalt nicht typisierend geschlossen werden, dass die haushaltsgebundenen Kosten nur bei einer Person anfallen. Die gegenteilige, zwar in der Gesetzesbegründung, nicht hingegen im Wortlaut zum Ausdruck kommende Auffassung führt zu erkennbar verfassungswidrigen Ergebnissen. Sie hätte zur Folge, dass zwei Personen, die die Kosten des Haushalts gemeinsam tragen, beide also den Haushalt nicht als Haushaltsvorstand im hergebrachten Sinne führen, im Falle ihres Zusammenlebens, etwa in einer Wohngemeinschaft, lediglich die Regelbedarfsstufe 3 zustünde. Eine solche Schlechterstellung gegenüber Partnerschaften kann und soll erkennbar mit der Gesetzesneufassung nicht verbunden sein. Wie der ungedeckte Bedarf in solchen Fällen gesichert werden sollte, erschließt sich weder aus der Gesetzesbegründung noch aus dem Gesetz selbst. Die Möglichkeit der Bildung von Mischregelsätzen in solchen Fällen ist aber angesichts der dargestellten Gesetzgebungsgeschichte vom Willen des Gesetzgebers nicht gedeckt (so zum Ganzen auch Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Stand November 2011, Anh 2 zu § 28 SGB XII RdNr 70). Schließlich reicht auch die abweichende Regelsatzfestlegung nach § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII nicht aus, um tatsächlichen Verhältnissen in einem Haushalt, die regelmäßig denkbar sind, Rechnung zu tragen; denn diese setzt die zutreffende Typisierung der Lebensverhältnisse durch den Gesetzgeber voraus, weil sie eine Regelung ausdrücklich nur für atypische Situationen trifft ("seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht").

25

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Gesetz den Begriff der eigenen "Haushaltsführung" im Anschluss an die Formulierung der Regelbedarfsstufen in dem Sinne versteht, dass nur die hilfebedürftige Person, die die einzelnen Verrichtungen in einem Haushalt in einem gewissen Maße auch tatsächlich ausüben kann, der Regelbedarfsstufe 1 (und nicht der Regelbedarfsstufe 3) unterfallen soll (in diesem Sinne etwa LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.7.2012 - L 8 SO 13/12 B ER; zweifelnd Gutzler in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 27a SGB XII RdNr 80). Die zu fordernde Beteiligung an der Haushaltsführung muss sich vielmehr gerade an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten orientieren. Eine andere Auslegung würde zu einer (indirekten) Ungleichbehandlung von behinderten Menschen führen und verstieße gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG und damit gleichzeitig gegen das Diskriminierungsverbot in Art 5 Abs 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention , Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812). Denn das Benachteiligungsverbot des Art 3 Abs 3 Satz 2 GG erschöpft sich nicht in der Anordnung, behinderte und nichtbehinderte Menschen rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein (vgl nur BVerfGE 128, 138 ff = SozR 4-2600 § 77 Nr 9 mwN).

26

Eine Auslegung, nach der entscheidend für die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 3 eine in bestimmter Weise dauerhaft eingeschränkte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit des Leistungsberechtigten maßgeblich wäre, träfe zwar nicht alle behinderten Menschen gleichermaßen. Sie würde gleichwohl an die Schwere einer dauerhaften körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkung und damit an die Auswirkungen einer Behinderung anknüpfen (vgl den Behinderungsbegriff in § 2 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -). Eine entsprechende Differenzierung fände auch keine Rechtfertigung gerade in den eingeschränkten Fähigkeiten der behinderten Person (dazu etwa BVerfGE 99, 341 ff); für die Wahrnehmung des in Rede stehenden Rechts sind bestimmte Fähigkeiten nicht unerlässliche Voraussetzung. Das mit Art 1 GG iVm Art 20 GG gewährleistete Recht auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz knüpft insbesondere nicht an die Erwerbsfähigkeit an. Es ist aber nicht erkennbar, welche Kompensation sich auf der Bedarfsseite für behinderte Menschen mit Beeinträchtigungen, die sich auf die Fähigkeit einen Haushalt zu führen auswirken, gerade durch das Zusammenleben mit einer anderen Person ergeben sollten, die eine Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 3 rechtfertigen würde. Dies wird besonders deutlich, wenn beide Mitglieder des Haushalts einer ambulanten Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch eine außenstehende Person bedürfen: Hier würde eine andere Sichtweise sogar zu der nicht zu rechtfertigenden Annahme führen, keiner dieser behinderten Personen stünde die Regelbedarfsstufe 1 zu. Soweit sich schließlich in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/4095, S 27 und 41) der Hinweis auf elterliche Unterhaltspflichten in Haushaltsgemeinschaften findet, sind solche Überlegungen von vornherein zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung einer Regelung ungeeignet, die gerade nicht typisierend an das Zusammenleben im Familienverbund anknüpft.

27

Eine verfassungsrechtlich zu beanstandende Schlechterstellung von Partnerschaften ist mit dieser Auslegung nicht verbunden. Es ist kein verfassungsrechtliches Gebot erkennbar, wonach für eine zusätzliche erwachsene Person im Haushalt, die in keiner partnerschaftlichen Beziehung zu einer anderen Person in diesem Haushalt steht, vor dem Hintergrund der Regelung für Paare und der Regelbedarfsermittlung für Einpersonenhaushalte gelten müsste, dass diese sozialhilferechtlich nicht als alleinstehende Person betrachtet werden kann (so aber wohl BT-Drucks 17/4095, S 40; wie hier Münder, Soziale Sicherheit Extra, Sonderheft September 2011, 63, 82). Zwar werden bei Partnern einer Lebensgemeinschaft im Sinne der Regelbedarfsstufe 2 insgesamt nur Bedarfe in Höhe von 180 vH anerkannt. Die besondere Stellung von Partnerschaften beruht indes nicht allein auf der Annahme der gemeinsamen Haushaltsführung, sondern auf der typisierenden Annahme eines Einstandswillens in dieser Partnerschaft, der darauf schließen lässt, dass nicht nur aus einem Topf gewirtschaftet wird, sondern das Ausgabeverhalten auch erkennen lässt, dass der Partner zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellt, bevor die Mittel für eigene Bedürfnisse eingesetzt werden (zur Zulässigkeit einer entsprechend typisierenden Annahme in Partnerschaften BVerfGE 87, 234 ff = SozR 3-4100 § 137 Nr 3). Dies rechtfertigt nicht nur die gesteigerten Einstandspflichten innerhalb von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft (vgl § 27 Abs 2 Satz 2 SGB XII und ergänzend das Verbot der Besserstellung von eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft in § 20 SGB XII).

28

Bereits nach der bisherigen Gesetzesfassung - im SGB XII wie im SGB II - war auch die Annahme einer weiter gehenden Einsparung bei den Ausgaben, als sie aus dem bloßen gemeinsamen Wirtschaften folgt, typisierend an eine solche Partnerschaft, also an das Bestehen des partnerschaftstypischen Einstandswillens, geknüpft (vgl BSGE 103, 181 ff RdNr 24 = SozR 4-3500 § 42 Nr 2). Es ist nicht erkennbar, dass insoweit nach der alten Rechtslage eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Partnerschaften vorlag, die mit der Neufassung hätte beseitigt werden müssen. Das BVerfG hat die Annahme einer besonderen Ersparnis in Partnerschaften auch auf der Bedarfsseite, die in den 1990er Jahren auf Grundlage einer Auswertung des Ausgabeverhaltens in Partnerschaften - nicht in anderen Mehrpersonenhaushalten - entwickelt worden war, ausdrücklich gebilligt ( BVerfGE 125, 175 ff RdNr 189 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12); eine Ausweitung auf jede Mehrpersonenkonstellation unter Erwachsenen, die nicht Bedarfs- bzw Einsatzgemeinschaften sind und die auch in den zur Überprüfung stehenden Fassungen des SGB II und des SGB XII abweichend behandelt worden waren, hat es aber nicht gefordert. Ob die ursprünglich geplante Fassung der Regelbedarfsstufe 2, die jede Haushaltsführung in einer Mehrpersonenkonstellation erfasst hätte, verfassungsgemäß gewesen wäre, weil jede gemeinsame Haushaltsführung außerhalb von Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften eine Ersparnis in gerade dieser Höhe mit sich bringt - wozu indes statistische Auswertungen fehlen (vgl BT-Drucks 17/3404, S 130, und BT-Drucks 17/4095, S 27) -, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Ebenso kann offen bleiben, ob die Einbeziehung erwerbsfähiger Erwachsener, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in die Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II unter bestimmten Voraussetzungen verfassungsgemäß ist (dazu BSGE 110, 204 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 10).

29

Dem mit dieser Auslegung gewonnenen Ergebnis, wonach ein Zusammenleben auch außerhalb von Partnerschaften im Grundsatz eine gemeinschaftliche, gleichberechtigte Haushaltsführung ist, und das folglich bei beiden Personen dieselben Bedarfe annimmt, entspricht die gesetzliche Vermutung in § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII, wonach Personen (seit dem 1.1.2005 auch solche, die nicht miteinander verwandt oder verschwägert sind), die gemeinsam in einer Wohnung leben, gemeinsam wirtschaften und damit eine Haushaltsgemeinschaft bilden. Ob die doppelte Vermutungsregelung - die nämlich in § 39 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII um eine Unterhaltsvermutung ergänzt ist - in allen Punkten verfassungsgemäß ist, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben. Nach den insoweit normierten Rückausnahmen (§ 39 Satz 3 Nr 2 SGB XII und § 43 Abs 1 2. Halbsatz SGB XII) kommt lediglich die belastende Auswirkung des § 39 Satz 1 SGB XII für Haushaltsgemeinschaften, die beispielsweise zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung von behinderten oder älteren Menschen als Wohngemeinschaften gebildet werden, nicht zur Anwendung. Denn die Rückausnahme soll ambulante Wohnformen, die durch Unterstützungsleistungen gekennzeichnet sind, finanziell stärken (vgl BT-Drucks 15/1514, S 61). Insoweit kommt nur die Unterhaltsvermutung des § 39 Satz 1 SGB XII nicht zur Anwendung; dementsprechend ist allein die Nichtgeltung dieser Unterhaltsvermutung in der Gesetzesbegründung zur Einführung der Regelbedarfsstufe 3 in Bezug genommen (vgl BT-Drucks 17/4095, S 40 f). Dies lässt die normative Grundannahme unberührt, wonach allein aus dem Sachverhalt des gemeinsamen Wohnens der Schluss auf das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft zu ziehen ist, in der auch gemeinsam gewirtschaftet wird.

30

Dem kann schließlich nicht entgegengehalten werden, es verbleibe im Ergebnis der vom Senat vorgenommenen Auslegung für die Regelbedarfsstufe 3 kein Anwendungsbereich mehr. Die Regelbedarfsstufe 3 findet nämlich als Rechengröße bei der Bestimmung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in stationären Einrichtungen Anwendung; denn in diesem Fall trägt der Leistungsberechtigte keinerlei Verantwortung für einen "Haushalt" und hierfür auch keine (unmittelbaren) Kosten.

31

Im Übrigen kommt die Regelbedarfsstufe 3 zur Anwendung, wenn abweichend von der dargelegten gesetzlichen Vermutung in § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII keine Haushaltsgemeinschaft besteht. Ob dies bei klassischen Untermietverhältnissen, die sich durch die (vertraglich) ausgeschlossene Möglichkeit der Beteiligung an der Haushaltsführung auszeichnen, regelmäßig der Fall ist (so die Gesetzesbegründung; BT-Drucks 17/4095, S 40), kann offen bleiben; denn für eine solche Fallgestaltung ergeben sich hier keine Anhaltspunkte. Bei einem Zusammenleben, das anders als ein bloßes Untermietverhältnis gerade (auch) durch verstärkte Unterstützungsleistungen des einen Haushaltsangehörigen für den anderen gekennzeichnet ist, kann ein solcher Fall nur vorliegen, wenn bei dem körperlich und/oder geistig behinderten Mitbewohner keinerlei eigenständige oder eine nur gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorliegt. Ausschließlich in diesem Fall ist der Haushalt, in dem die leistungsberechtigte Person lebt, ein "fremder Haushalt". Ein solcher Sachverhalt wird nur ausnahmsweise vorliegen; denn schon die von den zusammenlebenden Personen gewünschte und geförderte Beteiligung an der Haushaltsführung im Rahmen der jeweiligen körperlich und/oder geistigen Fähigkeiten und ein darauf abgestimmter Ablauf in der Haushaltsführung genügen. Dies hat der Senat für die Konstellation des Zusammenlebens von Eltern mit ihren erwachsenen behinderten Kindern im Einzelnen dargestellt (Urteil vom 23.7.2014 - B 8 SO 31/12 R); entsprechende Vorstellungen über ein im Ausgangspunkt gleichberechtigtes Miteinanderleben mit der Folge eines gemeinsamen Haushalts iS des § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII sind auch auf Wohngemeinschaften, die durch (gegenseitige) Unterstützungsleistungen gekennzeichnet sind, übertragbar. Ob ein hiervon ausnahmsweise abweichender Sachverhalt überhaupt vorliegt, wird das SG nur zu prüfen haben, wenn zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt qualifizierter Vortrag der Beklagten erfolgt. Die Beweislast liegt insoweit bei der Beklagten, die sich auf das Vorliegen eines von der gesetzlichen Typik abweichenden Falls beruft.

32

Das SG wird über die Leistungshöhe insgesamt und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 19 123,16 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 19 123,16 Euro für Leistungen der Eingliederungshilfe, die die Klägerin in der Zeit vom 26.10.2006 bis 7.11.2007 zugunsten des Hilfeempfängers R D (D) erbracht hat.

2

D ist 1968 geboren und lebte vor März 2002 in H (früherer Landkreis S, ab 1.8.2011 in He umbenannt). Seit März 2002 befand er sich im Rahmen eines vom Landgericht (LG) V mit einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe angeordneten Maßregelvollzugs (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) nach dem Strafgesetzbuch (StGB) im Landeskrankenhaus B ( ; Landkreis R) sowie im Jahre 2005 in Einrichtungen der "B gGmbH" im Kreis S ; ab 20.2.2006 wurde er dann in einer Wohngemeinschaft der "h gGmbH" in Kiel betreut. Die Reststrafe hat das LG Stade unter Beendigung des Maßregelvollzugs mit der Auflage zur Bewährung ausgesetzt, in dieser Wohngemeinschaft zu verbleiben (Beschluss vom 9.10.2006). Einen bereits zuvor gestellten Antrag des D auf Übernahme der Betreuungskosten in dieser Wohngruppe (vom 24.7.2006) für die Zeit nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug hatte der Beklagte an die Klägerin weitergeleitet (Schreiben vom 1.8.2006). Die Klägerin bewilligte daraufhin ab 26.10.2006, dem Tag nach der Entlassung, bis 7.11.2007 Leistungen der Eingliederungshilfe (Bescheide vom 1.2.2007 und 31.5.2007), für die sie erfolglos Erstattungsansprüche beim Beklagten geltend machte (Schreiben vom 7.2. und 7.6.2007 sowie 12.10. und 26.11.2008; ablehnendes Schreiben des Beklagten vom 13.8.2007).

3

Die (am 29.12.2010 erhobene) Klage auf Kostenerstattung hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 27.11.2012; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12.3.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Beklagte sei der iS des § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) eigentlich zuständige Träger und habe der Klägerin, nachdem er den Antrag weitergeleitet habe, deshalb nach § 14 Abs 4 SGB IX die Kosten der Eingliederungshilfe zu erstatten. D habe vor dem Aufenthalt im Landeskrankenhaus, der nach § 98 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) wie eine stationäre Leistung behandelt werde, zuletzt in H seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Es könne dahinstehen, ob die Eingliederungshilfe im streitbefangenen Zeitraum (Betreutes-Wohnen) in ambulanter oder teilstationärer Form erfolgt sei. Bei Annahme einer ambulanten Betreuung ergäbe sich die Zuständigkeit des Beklagten als zuletzt vor Aufnahme in die Wohnform zuständigen Sozialhilfeträgers aus § 98 Abs 5 SGB XII. Bei Annahme einer teilstationären Leistung sei der für vollstationäre Leistungen vorgesehene § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII analog anwendbar. In beiden Fällen sei maßgeblich der letzte gewöhnliche Aufenthalt vor Beginn der Einrichtungskette.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 98 SGB XII. Für Einrichtungen der teilstationären Betreuung - wie vorliegend - sei § 98 Abs 2 iVm Abs 5 SGB XII nicht analog anwendbar; vielmehr komme § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII (tatsächlicher Aufenthalt) zur Anwendung. Dies führe zu einer örtlichen Zuständigkeit der Klägerin selbst, weil sich D im Stadtgebiet von Kiel tatsächlich aufgehalten habe.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist iS der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

9

Bereits die Anspruchsnorm, auf die die Klägerin ihr Begehren stützen kann, steht nicht fest. Nach Aktenlage jedenfalls hat das LSG seiner Entscheidung zu Unrecht § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX zugrunde gelegt, der nur eingreift, wenn der (Erst-)Rehabilitationsantrag vom sog erstangegangenen Rehabilitationsträger fristgerecht (zwei Wochen nach Antragseingang) an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist. Aus der Leistungsakte ergibt sich jedoch, dass der Beklagte bereits am 15.2.2006 einen Antrag auf Leistungen in der Wohngemeinschaft der "h gGmbH" nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug abgelehnt hatte, mithin über denselben Leistungsanspruch bereits entschieden hat, ohne den Antrag weitergeleitet zu haben (vgl zur Anwendung des § 14 SGB IX bei einem Antrag auf "künftige" Leistungen BSG, Urteil vom 24.2.2016 - B 8 SO 18/14 R - RdNr 16 f). Unter diesen Voraussetzungen wäre der Beklagte selbst nach § 14 Abs 1 SGB IX auch bei eigentlicher Unzuständigkeit bereits vor der auf einen erneuten Antrag des D ergangenen Bewilligungsentscheidung der Klägerin(vom 26.10.2006) zuständig geworden; an dieser Zuständigkeit hätte sich nichts durch den erneuten Rehabilitationsantrag, der an die Klägerin weitergeleitet worden war, geändert.

10

Allerdings wäre unter diesen Voraussetzungen der Erstattungsanspruch nicht an § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX, sondern an § 105 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zu messen, weil die Klägerin - ihre Rechtsansicht zugrunde gelegt - als unzuständiger Leistungsträger Leistungen erbracht hätte. Dem steht § 14 Abs 4 Satz 3 SGB IX nicht entgegen. Denn § 105 SGB X ist nach dieser Vorschrift nicht anzuwenden für (eigentlich) unzuständige Reha-Träger, die eine Leistung nach § 14 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB IX erbracht haben, also für diejenigen, die den Antrag nicht oder nicht innerhalb der gesetzlichen Frist weitergeleitet haben(vgl dazu BSG, Urteil vom 8.3.2016 - B 1 KR 27/15 R - RdNr 18). Bei Anwendung des § 105 SGB X würde sich die Prüfung wegen der sich in jedem Fall aus § 14 SGB IX ergebenden (alleinigen) Zuständigkeit des Beklagten darauf beschränken, ob dem Erstattungsanspruch der Klägerin entgegengehalten werden müsste, ohne die Anwendung des § 14 SGB IX der eigentlich zuständige Leistungsträger gewesen zu sein ("dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est"), sowie ob die Klägerin den Erstattungsanspruch rechtzeitig geltend gemacht hat und dieser nicht verjährt war(§§ 111, 113 SGB X). Zu § 111 SGB X hat das LSG jedoch zu Recht ausgeführt, dass der Erstattungsanspruch innerhalb der gesetzlichen Frist geltend gemacht worden ist; ebenso zutreffend sind die Ausführungen des LSG, dass der Anspruch noch nicht verjährt ist (§ 113 SGB X). Bei Anwendung des § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX wäre demgegenüber im Rahmen der Passivlegitimation des Beklagten dessen eigentliche sachliche und örtliche Zuständigkeit nach § 97 SGB XII(bis 31.12.2006 iVm § 100 Abs 1 Bundessozialhilfegesetz) und § 98 SGB XII sowie den landesrechtlichen Regelungen zu prüfen, die auch die Möglichkeit der Heranziehung(§ 99 SGB XII)vorsehen.

11

Die (eigentliche) Zuständigkeit der Klägerin für die Leistungserbringung im streitbefangenen Zeitraum lässt sich jedoch mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen (§ 163 SGG) zu Inhalt, Ziel und Umfang der Maßnahme (in der streitbefangenen Zeit), aber auch zu den genauen Umständen der zuvor durchgeführten "Maßnahmen" nicht sicher ausschließen, sodass weder unter Beachtung des aktenmäßig erkennbaren noch nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt eine abschließende Entscheidung möglich ist. In der Folge orientiert sich jedoch die Entscheidung des Senats gleichwohl an den (noch) nicht vom LSG festgestellten, aktenmäßig aber erkennbaren Fakten, um eine kommentarartige Aufbereitung der Probleme zu vermeiden, die die wenig durchdachte und angesichts der Komplexität der aus ihr resultierenden Probleme inkonsistente gesetzliche Neuregelung (§ 98 Abs 5 SGB XII) geradezu provoziert, wie die Vielzahl der Rechtsstreitigkeiten zu dieser Norm zeigt.

12

Die sachliche Zuständigkeit für die Maßnahme richtet sich bis 31.12.2006 nach § 97 SGB XII iVm § 100 Abs 1 BSHG, ab 1.1.2007 allein nach § 97 SGB XII iVm dem schleswig-holsteinischen Landesrecht. Die örtliche Zuständigkeit der Klägerin für die durchgeführte Maßnahme beurteilt sich nach § 98 SGB XII(hier bis 31.12.2006 in der Fassung des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes vom 21.3.2005 - BGBl I 818 - und danach in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670; die Neufassung ab 7.12.2006 diente nach der Gesetzesbegründung jedoch nur der Klarstellung dessen, was bereits zuvor gewollt und geregelt war - siehe dazu BSGE 109, 56 ff RdNr 17 mwN = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

13

Soweit hier einschlägig, trifft § 98 SGB XII die folgenden Regelungen: Nach Abs 1 Satz 1 bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach dem tatsächlichen Aufenthalt, Abs 2 stellt jedoch für stationäre (gemeint: vollstationäre) Leistungen - ggf im Rahmen einer Einrichtungskette - auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in eine, im Falle einer Einrichtungskette in die erste Einrichtung ab; dies gilt nach Abs 4 in gleicher Weise für Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben. Für Leistungen in Form ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten, die nach dem Sechsten bis Achten Kapitel des SGB XII (Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) erbracht werden, ist demgegenüber der Sozialhilfeträger örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform (Wohnform des Betreuten-Wohnens an sich, nicht der Maßnahme) zuletzt zuständig war oder gewesen wäre.

14

Vor diesem normativen Hintergrund bedürfte es tatsächlicher Feststellungen des LSG zu der Maßnahme in der Zeit vom 26.10.2006 (nach Ende des Maßregelvollzugs) bis 7.11.2007. Bei einer - realistischerweise kaum annehmbaren - stationären Maßnahme (vgl dazu näher BSG SozR 4-3500 § 98 Nr 3) und dem durchgehenden Vorliegen der Voraussetzungen des § 98 Abs 4 SGB XII wäre der gewöhnliche Aufenthalt des D vor Beginn einer Einrichtungskette iS des § 98 Abs 2 SGB XII maßgebend. Eine eigene Zuständigkeit der Klägerin könnte sich nur ergeben, wenn D bereits vor dem 26.10.2006 während der Betreuung in der Wohngruppe ab 2.2.2006 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Kiel gehabt hätte. Ob dies der Fall war, bedürfte indes weiterer Feststellungen; denn § 98 Abs 4 SGB XII ordnet eine Anwendung des § 109 SGB XII an, der seinerseits einen Ausschluss des gewöhnlichen Aufenthalts für Zeiten des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung oder einer Vollzugsanstalt aufgrund richterlich angeordneter Freiheitsentziehung ausschließt.

15

Unter einem Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen ist dabei nach Sinn und Zweck der Regelung nicht nur der Strafvollzug im engen Sinn, sondern - wie hier - auch der Maßregelvollzug im Rahmen der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zu verstehen (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 90 mwN, Stand März 2015; Söhngen in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 98 SGB XII RdNr 47 ff mwN). Entscheidend für die Anwendung des § 98 Abs 4 SGB XI ist dabei, dass der Aufenthalt dort auf einer entsprechenden richterlichen Anordnung beruht. Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls für den Aufenthalt im Landeskrankenhaus B auf der Grundlage der Feststellungen des LSG vor, weil zugleich mit der Verurteilung durch das LG V eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist (§ 64 StGB). Unterbringungen iS des § 64 StGB, §§ 137, 138 Strafvollzugsgesetz (StvollzG) iVm den Vorschriften des niedersächsischen Maßregelvollzugsgesetzes (NdsMvollzG) werden in psychiatrischen Krankenhäusern und Entziehungsanstalten als Einrichtungen des Landes vollzogen(§ 3 Abs 1 Satz 1 NdsMvollzG). Bei dem Landeskrankenhaus B (mittlerweile aufgegangen im Maßregelvollzugszentrum N) hat es sich um eine solche Einrichtung gehandelt. Ob davon jedoch die Zeit ab 2.2.2006 oder vorangegangene "Betreuungszeiten" im Kreis Schleswig-Flensburg erfasst werden, kann nicht eindeutig beurteilt werden.

16

Das LSG hat nur ausgeführt, D sei "anschließend" an den Aufenthalt im Landeskrankenhaus in verschiedenen Einrichtungen der "B gGmbH" untergebracht gewesen (nach Aktenlage ab 2005), ohne die Zeiten und weiteren Umstände dieser Aufenthalte aufzuklären. Soweit es offenbar davon ausgegangen ist, während der gesamten Zeit, die auf die Strafhaft anzurechnen war, also bis zur Entlassung im Oktober 2006, hätte D einen zuständigkeitsbegründenden gewöhnlichen Aufenthalt wegen § 98 Abs 4 SGB XII iVm § 109 SGB XII überhaupt nicht begründen können, ist diese Rechtsauffassung unzutreffend. Zwar ist § 98 Abs 4 SGB XII nicht nur dann anzuwenden, wenn sich der Betroffene tatsächlich (körperlich) in der Einrichtung nach § 98 Abs 4 SGB XII aufhält. Ein Aufenthalt, der tatsächlich außerhalb einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung besteht, kann auch über die "funktionale Zuordnung" zu dieser Einrichtung angenommen werden (BVerwGE 98, 132 ff zu einem Wechsel des Aufenthalts zwischen Haftanstalt und Krankenhaus). Diesem Verständnis entspricht die Rechtsprechung des Senats im Anwendungsbereich des § 106 Abs 2 1. Alt SGB XII: Ist danach der Aufenthalt in einer stationären Einrichtung beendet, steht die anschließende Unterbringung außerhalb der Einrichtung diesem Aufenthalt nur gleich, wenn durch die Einrichtung eine ständige Überwachung des Leistungsberechtigten erfolgt und der Einrichtung damit ein bestimmender Einfluss auf die Betreuung verbleibt (BSG SozR 4-3500 § 106 Nr 1 RdNr 23). Es muss weiterhin die "verantwortliche Trägerschaft" iS des Einrichtungsbegriffs des § 13 SGB XII bestehen. Für die Einrichtung zum Vollzug einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung gilt nichts anderes; auch hier ist nach Sinn und Zweck der Regelung des § 98 Abs 4 SGB XII eine entsprechende Abgrenzung maßgeblich. Anhand dieser Kriterien wäre dann zu ermitteln, ob D sich durchgehend, insbesondere ab 2.2.2006, in einer stationären Entziehungseinrichtung iS des § 64 StGB befunden hat, auf die sich die Anordnung der Unterbringung durch das LG bezieht; dies ist bei einer - wie wohl hier - probeweisen Unterbringung in einer Einrichtung des Betreuten-Wohnens (im Rahmen eines gelockerten Maßregelvollzugs) jedenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen. Nur wenn der bestimmende Einfluss im bezeichneten Sinn nicht zu bejahen wäre, könnte sich bei Annahme einer stationären Maßnahme ab 26.10.2006 eine eigene (eigentliche) Zuständigkeit der Klägerin ergeben, weil D dann seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Kiel gehabt hätte - dabei wiederum unterstellt, die am 2.2.2006 begonnene Maßnahme war nicht stationär erbracht.

17

Sollte es sich demgegenüber bei der Maßnahme ab 26.10.2006 um eine teilstationäre Maßnahme gehandelt haben, was indes wenig realistisch ist (vgl dazu BSG SozR 4-3500 § 98 Nr 3), wäre weder § 98 Abs 5 SGB XII noch § 98 Abs 2 iVm Abs 5 SGB XII analog(vgl dazu BSG aaO) anwendbar, sondern die Zuständigkeit der Klägerin würde sich nach Abs 1, also dem tatsächlichen Aufenthalt des D zu Beginn der Maßnahme in Kiel richten, sodass daraus eine örtliche Zuständigkeit der Klägerin resultieren würde.

18

Sollte es sich bei der Maßnahme ab 26.10.2006 um den Fall eines Ambulant-betreuten-Wohnens gehandelt haben (vgl dazu BSG aaO), käme § 98 Abs 5 SGB XII zur Anwendung. Ein Altfall des Betreuten-Wohnens, der bereits vor dem 1.1.2005 begonnen hat, mit der Folge der weiteren Anwendung der Zuständigkeitsregelungen des BSHG (vgl dazu BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 15 mwN) käme nur unter Berücksichtigung der Zeiten der Betreuung in den Einrichtungen der "Brücke Schleswig-Holstein" gGmbH in Betracht, bedürfte allerdings näherer Feststellungen. Der stationäre Aufenthalt in einer Entziehungsanstalt unterfällt nach seiner Zielrichtung jedenfalls nicht dem Betreuten-Wohnen, und nach Aktenlage begannen die Betreuungszeiten in der gGmbH nicht vor dem 1.1.2005.

19

Im Rahmen des § 98 Abs 5 SGB XII wäre dann bei einem "Neufall" zu klären, wer vor dem 26.10.2006 zuständig gewesen wäre (vgl zu dieser hypothetischen Prüfung BSGE 109, 56 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1); denn davor sind keinerlei Sozialhilfeleistungen erbracht worden. Darauf abzustellen wäre, ob die Klägerin für die ab 2.2.2006 erfolgte Betreuung in der Wohngruppe zuständig gewesen wäre, wenn Eingliederungshilfe hätte erbracht werden müssen. Da die örtliche Zuständigkeit für das Ambulant-betreute-Wohnen auch eine Zuständigkeit für alle sonstigen Sozialhilfeleistungen nach sich ziehen würde (vgl BSG, aaO, RdNr 13), bedarf es keiner Entscheidung darüber, wie bei einem Auseinanderfallen der hypothetischen örtlichen Zuständigkeiten zu entscheiden wäre. Die Zuständigkeit für hypothetische Eingliederungsleistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens läge aber wiederum keinesfalls bei der Klägerin, weil erneut auf die (hypothetische) Zuständigkeit vor dem 2.2.2006 abzustellen wäre (§ 98 Abs 5 SGB XII), insoweit jedoch jeglicher Anknüpfungspunkt zulasten der Klägerin fehlt.

20

Das LSG wird deshalb wohl zu einem Anspruch der Klägerin aus § 105 SGB X gelangen und dann über die Rechtmäßigkeit der Leistung dem Grunde und der Höhe nach zu befinden haben. Schließlich wird es wegen der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X D zum Rechtsstreit beizuladen - eine andere Frage ist, ob eine fehlende Beiladung revisionsrechtlich beachtlich ist - und ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm §§ 63 Abs 2, 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Dezember 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme von Kosten, die dem Kläger durch seine Betreuung in der Zeit vom 6.10.2010 bis 25.7.2011 entstanden sind.

2

Der Kläger ist 1987 geboren und behindert (Grad der Behinderung von 50). Bei ihm lag und liegt eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vor, die sich ua in starken Stimmungsschwankungen, impulsivem und provozierendem Verhalten sowie einer Blockadehaltung gegenüber Hilfestellungen von außen zeigt. Seit Oktober 2007 ist eine rechtliche Betreuung für den Kläger eingerichtet, die sich ua auf alle Vermögens- (seit Juni 2008 mit Einwilligungsvorbehalt) und Wohnungsangelegenheiten erstreckt.

3

Seit 1.5.2010 lebt der Kläger, nachdem er sich zuvor - im Raum K bzw B zeitweise bei seiner Mutter, in einer Jugendhilfeeinrichtung, bei Freunden und Bekannten, in Notunterkünften oder auf der Straße aufgehalten hatte, alleine in einer Einzimmerwohnung. Während im streitbefangenen Zeitraum kein Vermögen vorhanden war, verfügte er über ein monatliches Einkommen in Form von Kindergeld, Halbwaisenrente und zeitweise BAföG. Er schloss mit S F (F), die mit dem Beklagten eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (vom 26.1.2009 bzw 4.2.2009) sowie Vergütungsvereinbarung (vom 22.2.2010) für den Leistungsbereich Ambulant-betreutes-Wohnen abgeschlossen hatte und Gesellschafterin der Beigeladenen ist, einen bis zum 5.10.2011 befristeten "Betreuungsvertrag" für Ambulant-betreutes-Wohnen (Vertrag vom 6.10.2010). Der Beklagte lehnte jedoch die Übernahme von Kosten ab (Bescheid vom 21.3.2011; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 13.7.2011). Bis 25.7.2011 wurde der Kläger durch einen Mitarbeiter von F 31,33 Stunden betreut.

4

Die auf Übernahme der Kosten für diese Stunden gerichtete Klage hatte nur teilweise Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Köln hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, "dem Kläger vom 6.10.2010 bis zum 25.7.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme von Kosten für insgesamt 24,33 Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren" (Urteil vom 3.5.2013); die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen (Urteil vom 22.12.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, es bestehe eine wirksame schuldrechtliche Verpflichtung des seelisch wesentlich behinderten Klägers gegenüber der Beigeladenen aus dem Betreuungsvertrag, die der Beklagte im vom SG entschiedenen Umfang zu übernehmen habe.

5

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung der § 53 Abs 1 und 3, § 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) iVm § 55 Abs 2 Nr 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) sowie des § 2 SGB XII. Er ist der Ansicht, dass das LSG zu Unrecht davon ausgegangen sei, beim Kläger habe ein Hilfebedarf für Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens bestanden; es habe insoweit seiner Pflicht zur Amtsermittlung nicht genügt. Es hätten vorrangig andere Hilfen, insbesondere eine psychiatrische bzw psychotherapeutische Behandlung oder eine ambulant-psychiatrische Pflege in Anspruch genommen werden müssen. Zudem habe das LSG das Verhältnis zwischen rechtlicher Betreuung durch den bestellten Betreuer und sozialer Betreuung im Rahmen der Sozialhilfe verkannt.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Klage unter Abänderung des Urteils des SG insgesamt abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

9

Der Vertreter der Beigeladenen beantragt,
 die Revision zurückzuweisen,

und verweist ebenfalls auf die Entscheidungsgründe im Urteil des LSG.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

11

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 21.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.7.2011 (§ 95 SGG), mit dem der möglicherweise nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zuständig gewordene, für Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens nach §§ 97, 98 SGB XII iVm dem Landesrecht sozialhilferechtlich jedenfalls zuständige Beklagte Leistungen abgelehnt hat. In der Sache ist nur noch die Übernahme (nicht die Erstattung) von Kosten für Leistungen im Umfang von 24,33 Stunden im Streit, weil nur der Beklagte Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat.

12

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob die ablehnende Entscheidung des Beklagten rechtswidrig war, konnte der Senat jedoch schon deshalb nicht treffen, weil das LSG verfahrensfehlerhaft von der Beiladung des Jugendhilfeträgers nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG abgesehen hat. Danach sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); für die Beiladung genügt die Möglichkeit der Leistungsverpflichtung (BSGE 93, 283 ff RdNr 15 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG bereits bis etwa Mitte 2007 sowie erneut ab Mitte Dezember 2007 bis Oktober 2008 Leistungen des Betreuten-Wohnens vom Jugendhilfeträger erhalten hat und eine seelische Behinderung vorliegt (dazu gleich), kommt unter Berücksichtigung der §§ 41 Abs 1 und 2, 35a Abs 1 und 3 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX eine (eigentliche) nach § 10 Abs 4 Satz 1 SGB VIII vorrangige Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers in Betracht. § 14 SGB IX gilt auch, wenn zwischen zwei Rehabilitationsträgern - wie hier im Verhältnis Sozialhilfeträger/Jugendhilfeträger - ein Vorrang-/Nachrangverhältnis besteht, also in dieser Konstellation auch in Fällen einer mehrfachen Zuständigkeit(BSGE 117, 53 ff RdNr 21 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13).

13

Für das Vorliegen einer seelischen Behinderung ist entscheidend, ob eine mehr als sechs Monate andauernde psychische Regelwidrigkeit die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt (vgl § 2 Abs 1 SGB IX; zu § 35a SGB VIII auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.11.1998 - 5 C 38/97 - Buchholz 436.511 § 35a KJHG/SGB VIII Nr 1). Dies ist nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) der Fall. Insoweit hat dieses ausgeführt, dass der Kläger an einer dauerhaften Persönlichkeitsstörung litt und leidet, die sich insbesondere in mangelnder Planungsfähigkeit und fehlendem Durchhaltevermögen bei gleichzeitiger Selbstüberschätzung zeigt, sodass er im streitbefangenen Zeitraum nicht in der Lage war, sich eigenständig im häuslichen Bereich zurechtzufinden und in sein jeweiliges häusliches Umfeld zu integrieren. Selbst wenn wegen dieser seelischen Behinderung vorhandene intellektuelle Fähigkeiten nicht umgesetzt werden konnten, also ggf aus der psychischen Beeinträchtigung eine Blockade der intellektuellen Fähigkeiten, also auch eine geistige Beeinträchtigung, resultiert, ändert dies an einem Vorrang von Jugendhilfemaßnahmen iS des § 10 Abs 4 SGB VIII nichts; eine trennscharfe Unterscheidung ist insoweit nicht möglich, und die Ursache der intellektuellen (geistigen) Beeinträchtigung bleibt die seelische Regelwidrigkeit.

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Nach § 41 Abs 1 SGB VIII soll einem jungen Volljährigen - wie dem Kläger(vgl § 7 Abs 1 Nr 3 SGB VIII) - Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenständigen Lebensführung gewährt werden, wenn und solange die Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist. Die Hilfe wird in der Regel (zwar) nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie (jedoch) für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden (sog Fortsetzungshilfe). Leistungen der Betreuung können insoweit zur Persönlichkeitsentwicklung und eigenständigen Lebensführung des Klägers geeignete und erforderliche Hilfen nach Maßgabe des Jugendhilferechts darstellen, sollte die Persönlichkeitsentwicklung des Klägers - prognostisch - nach (und trotz) der Einstellung der jugendhilferechtlichen Hilfeleistung im Oktober 2008 noch nicht abgeschlossen gewesen sein. Dann aber wäre der Träger der Jugendhilfe für die Leistungserbringung nach Maßgabe der Zuständigkeitsregelung des § 86a SGB VIII, also der örtliche Träger der Jugendhilfe(vgl § 85 SGB VIII iVm dem Landesrecht), vorrangig gegenüber dem Beklagten (eigentlich) zuständig. Das LSG mag dies ermitteln; dabei hat es auch zu beachten, dass möglicherweise der bis Oktober 2008 leistende Träger der Jugendhilfe bei Vorliegen des § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zum damaligen Zeitpunkt beizuladen wäre, wenn zwischen Oktober 2008 und der hier streitigen Leistung ab Oktober 2010 ein einheitlicher Leistungsfall im Sinne einer Fortsetzungshilfe vorläge(für die Unschädlichkeit nur einer "kurzzeitigen Unterbrechung" allerdings zB Tammen in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl 2013, § 41 RdNr 9 mwN).

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Nach Aktenlage ist die Beiladung von "Die Wohn-Helfer GbR" unzutreffend, auch wenn eine GbR partiell rechtsfähig (vgl nur BGHZ 146, 341 ff) und im Prozess nach § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig ist(vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 70 RdNr 2a mwN), also grundsätzlich beigeladen werden kann, sodass sich die Frage nicht stellt, ob die Beigeladene nicht in Wahrheit eine Offene Handelsgesellschaft ist. Richtigerweise wäre allerdings wohl F beizuladen, mit der der Kläger tatsächlich den Vertrag geschlossen hat. Das LSG mag dies noch verifizieren.

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Zudem hat das LSG, das das Urteil des SG ohne Korrekturen des Urteilstenors bestätigt hat, verfahrensfehlerhaft ein Grundurteil erlassen. Dem Erlass eines Grundurteils steht § 130 Abs 1 Satz 1 SGG entgegen, der ein solches Urteil nur bei einer Leistung in Geld vorsieht. Da es sich bei der beantragten Übernahme noch unbezahlter Kosten im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis um einen Schuldbeitritt des Beklagten, verbunden mit einem Anspruch auf Befreiung von der Schuld gegenüber dem Leistungserbringer handelt (dazu für Leistungen durch ambulante Dienste vgl BSG SozR 4-3500 § 53 Nr 4), lagen die Voraussetzungen des § 130 Abs 1 Satz 1 SGG jedoch nicht vor(vgl BSG SozR 4-1500 § 130 Nr 4 RdNr 12). Der Verfahrensfehler des SG hat sich durch die Zurückweisung der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG im Berufungsverfahren fortgesetzt. Ob dieser Verfahrensfehler zu einer Zurückverweisung der Sache an das SG führen könnte (zu dieser Überlegung in anderem Zusammenhang vgl BSG SozR 4-3500 § 43 Nr 3 RdNr 18 mwN), kann hier dahinstehen, weil bereits wegen der fehlenden Beiladung des Jugendhilfeträgers das Ergebnis des Berufungsverfahrens ohnedies noch offen ist.

17

Vor der Beiladung des Jugendhilfeträgers ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) des Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1); denn über § 35a Abs 3 SGB VIII (Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche), der hinsichtlich Aufgaben und Zielen der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises und die Art der Leistungen auf Vorschriften der §§ 53 ff SGB XII verweist und den das LSG wegen § 10 Abs 4 SGB VIII iVm § 14 SGB IX vorrangig zu prüfen haben wird, ergäbe sich jedenfalls mittelbar eine Präjudizierung. Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

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Ein nachrangiger sozialhilferechtlicher Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe ergäbe sich aus § 19 Abs 3 SGB XII(bis 31.12.2010 in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersrente an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat; ab 1.1.2011 in der Normfassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022), § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) und § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX (Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten), wobei die Beurteilung der Frage, ob die gegenüber dem Kläger erbrachten Hilfen als Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten zu den Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX zählen, allerdings weitere Feststellungen des LSG(§ 163 SGG) zum Inhalt der dem Kläger erbrachten Leistungen verlangen würden. Einem möglichen sozialhilferechtlichen Anspruch des Klägers steht indes nicht entgegen, dass er die Wohnung selbst gesucht und angemietet hat, weil es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird (BSGE 109, 56 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

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Entscheidend ist das Ziel der Hilfe (vgl: BSGE 109, 56 ff RdNr 15 f = SozR 4-3500 § 98 Nr 1; BSGE 103, 171 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; für die Abgrenzung von Leistungen im Bereich der Jugendhilfe ebenso BVerwGE 144, 364 ff RdNr 17), das beim Ambulant-betreuten-Wohnen umfassend in der Verselbständigung der Lebensführung des behinderten Menschen in seinem eigenen Wohn- und Lebensumfeld zu sehen ist. Dieses (weite) Verständnis betonen ausdrücklich der ursprünglich vorgesehene Normtext des § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX im Entwurf des SGB IX(vgl BT-Drucks 14/5074, S 22: "Hilfen zur Verselbständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten") und die dazu gegebene Begründung: Die bisher für solche Hilfen herangezogene Rechtsgrundlage des § 40 Abs 1 Nr 8 Bundessozialhilfegesetz (BSHG)("Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft") iVm § 19 Eingliederungshilfe-Verordnung sollte nur konkretisiert und verallgemeinert werden(BT-Drucks 14/5074, S 111). Die letztlich Gesetz gewordene Formulierung geht auf eine Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zurück, die der Klarstellung dienen sollte (vgl BT-Drucks 14/5786, S 48 und BT-Drucks 14/5800, S 29). Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens können somit nicht auf unmittelbar wohnungsbezogene Hilfen, zB die Hilfe zum Sauberhalten der Wohnung, beschränkt werden. Der behinderte Mensch soll vielmehr dazu befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohn- und Lebensbereich möglichst selbständig vorzunehmen (Luthe in juris PraxisKommentar SGB IX, 2. Aufl 2015, § 55 RdNr 44; im Ergebnis Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 54 SGB XII RdNr 69). Es genügt mithin, ist aber auch erforderlich, dass durch die geleistete Hilfe das selbständige Leben und Wohnen ermöglicht werden soll, indem zB einer Isolation bzw Verwahrlosung, einer relevanten psychischen Beeinträchtigung oder einer stationären Unterbringung entgegengewirkt wird, die mit einer Übernahme der Gesamtverantwortung für die gesamte Lebensführung des behinderten Menschen durch die Einrichtung (vgl zu diesem Gesichtspunkt BSG SozR 4-3500 § 98 Nr 3 RdNr 18) einhergeht, damit der behinderte Mensch durch den Verbleib in der eigenen Wohnung einen Freiraum für die individuelle Gestaltung seiner Lebensführung erhält.

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Diesem Begriffsverständnis des § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX entspricht nicht zuletzt die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und F, die die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrags NRW nach § 93d BSHG bzw § 79 SGB XII widerspiegelt(Rahmenvertrag gemäß § 93d BSHG - ambulanter Bereich - zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen nach § 93 Abs 2 BSHG, Stand 2.7.2001). Nach den Bestimmungen dieses Rahmenvertrags fällt unter Leistungstyp I "betreutes Wohnen für Menschen mit psychischen Behinderungen, geistigen und/oder Körper- und Mehrfachbehinderungen, Sinnesbehinderungen und/oder Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen in Nordrhein-Westfalen". Das Ambulant-betreute-Wohnen umfasst nach den weiteren Regelungen direkte, mittelbare und indirekte Betreuungsleistungen. Zu den direkten Betreuungsleistungen zählen: Hilfen zur Bewältigung/Verminderung von Beeinträchtigungen/Gefährdungen durch die Behinderung/Erkrankung, bei der Aufnahme und Gestaltung persönlicher/sozialer Beziehungen, der Alltagsgestaltung, -bewältigung und Lebensplanung, der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und Maßnahmen der Krisenintervention. Als mittelbare Betreuungsleistungen sind ua aufgeführt: Gespräche im sozialen Umfeld des Klienten, Koordination der Hilfeplanung sowie Organisation des Helferfeldes, Telefonate und Schriftverkehr bezüglich Alltagsangelegenheiten des Klienten. Nur hinzuweisen sei darauf, dass die pauschale Bezugnahme des LSG auf eine sich in den Akten befindende Verlaufsdokumentation bzw einen Hilfeplan revisionsrechtlich nicht die Mitteilung des Inhalts der nach Maßgabe dieser Dokumente erbrachten Leistungen ersetzen könnte.

21

Zur Unterscheidung von rechtlicher Betreuung und Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens ist zu beachten, dass die Betreuung nicht auf die tatsächliche Verrichtung von Handlungen durch den Betreuer anstelle des Betreuten zielt, sondern auf die rechtliche Besorgung von Angelegenheiten: Der Betreuer handelt als Vertreter (§ 1901 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch, § 1902 BGB). Wie der Bundesgerichtshof deshalb unter Würdigung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25.6.1998 (BGBl I 1580) zur Abgrenzung von "Leistungen der Sozialhilfe" von solchen der rechtlichen Betreuung zutreffend ausgeführt hat (Urteil vom 2.12.2010 - III ZR 19/10), sind von der rechtlichen Betreuung Tätigkeiten nicht erfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer ist vielmehr nur verpflichtet, solche Hilfen zu organisieren, nicht aber, sie selbst zu leisten. Zielt die Hilfe auf die rein tatsächliche Bewältigung des Alltags, kommt eine Leistung der Eingliederungshilfe in Betracht; zielt sie indes auf das Ersetzen einer Rechtshandlung, ist der Aufgabenbereich des rechtlichen Betreuers betroffen. Dies gilt bei Leistungen der Beratung und Unterstützung (als Hilfen zur Entscheidung) gleichermaßen (vgl dazu auch Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Abgrenzung von rechtlicher Betreuung und Sozialleistungen, 2008, S 38 f): Sind diese auf das Ob und Wie der Erledigung rechtlicher Belange ausgerichtet, sind sie der rechtlichen Betreuung zuzuordnen, ansonsten ist der Aufgabenbereich Eingliederungshilfe betroffen.

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Zwar können beide Bereiche im Einzelfall ggf Berührungspunkte aufweisen. So hat der rechtliche Betreuer auch darauf hinzuwirken, dass durch geeignete Leistungen Dritter ua eine Behinderung des Betreuten beseitigt oder ihre Auswirkungen verbessert werden (vgl § 1901 Abs 4 Satz 1 BGB; vgl auch § 60 SGB IX), sodass die rechtliche Betreuung erst die Grundlage dafür schaffen kann, dass Leistungen der sozialen Betreuung überhaupt beansprucht werden (Ließfeld, Betreuungsrecht in der Praxis, 2012, S 99). Sollte aber nicht bereits anhand von Zweck und Ziel der Leistung eine Abgrenzung erfolgen können, ist bei der Beurteilung, durch welche Maßnahme ein Bedarf zu decken ist, zu beachten, dass nicht nur die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung selbst (dazu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 2.7.2010 - 1 BvR 2579/08), sondern auch die ersetzenden Handlungen des Betreuers einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen darstellen (so auch Stölting/Greiser, SGb 2016, 136, 142; ähnlich zum Verhältnis Budgetassistenz und rechtliche Betreuung Welti, BtPrax 2009, 64, 66). Decken sie den geltend gemachten Bedarf, dürften Leistungen der Eingliederungshilfe, die auf das gleiche Ziel gerichtet sind, nicht mehr zu erbringen sein (§ 2 Abs 1 SGB XII). Dies gilt allerdings nur, wenn diese oder andere Hilfen, die auf das gleiche Ziel gerichtet sind, tatsächlich erbracht werden. Selbst wenn ein Anspruch besteht, reicht dies nicht aus (BSGE 103, 171 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5).

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Einer sozialhilferechtlichen Leistungspflicht des Beklagten stünde eine fehlende Wirksamkeit des Vertrags mit F nicht entgegen. Zwar ist der Betreuungsvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden (6.10.2010), als im Rahmen der rechtlichen Betreuung (§ 1896 Abs 1 Satz 1 BGB) für den Bereich der "Vermögenssorge" bereits ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden war, und ein ohne Einwilligung des Betreuers geschlossener Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung des Betreuers (§ 1903 Abs 1 Satz 2 BGB iVm § 108 Abs 1 BGB). Ob die Vermögenssorge auch den Abschluss des Betreuungsvertrags erfasst, kann offenbleiben. Spätestens mit der Beauftragung des Rechtsanwalts zur Erhebung der Klage gegen den Ablehnungsbescheid wäre jedenfalls konkludent (zu dieser Möglichkeit vgl nur Palandt, BGB, 75. Aufl 2016, § 182 BGB RdNr 3 mwN) dem Kläger gegenüber eine Genehmigung des Betreuungsvertrags erfolgt (§§ 182 Abs 1, 184 Abs 1 BGB).

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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Juli 2014, S 51 SO 617/11, wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Sozialhilfeleistungen in Höhe von 32.750,18 EUR streitig, die der Kläger für den Leistungsberechtigten B. (Lb) in der Zeit von 17.06.2010 bis 13.03.2011 aufgewandt hat.

Der 1949 geborene, amerikanische Staatsangehörige Lb litt ab 2006 an einer atypischen Parkinson-Erkrankung mit kortikobasaler Degenration. Seit November 2009 bestand für ihn eine umfassende gesetzliche Betreuung. Bis Mai 2010 wohnte er in einer eigenen Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten. Nach einem Sturz musste er zunächst stationär in einem Krankenhaus in A-Stadt behandelt werden; unmittelbar anschließend an den Krankenhausaufenthalt wurde er am 15.06.2010 zunächst vorläufig bis 13.07.2010 in die A. in A-Stadt aufgenommen. An diesem Tag meldete er sich in der Gemeinde A-Stadt im Landkreis M. an.

Bei der D. e.V. werden die Bewohner durch externe Ärzte und ambulante Pflegedienste palliativmedizinisch und pflegerisch versorgt und palliativ spirituell begleitet. Nach dem Mietvertrag vom 15.06.2010 handelt es sich um ein Pilotprojekt im Rahmen des betreuten Wohnens und nicht um ein Heim i. S. des Heimgesetzes. Die monatliche Miete für das vom Lb genutzte Zimmer betrug 431,04 EUR zuzüglich einer Betriebskostenpauschale von 349,63 EUR (gesamt 780,67 EUR). Nach Ziffer 11 des Mietvertrages war dieser nur gültig im Zusammenhang mit einem Betreuungsvertrag. Auch diesen schloss die Betreuerin am 15.06.2010 für den Lb, wobei der Vertrag aus den drei Bestandteilen Betreuungsvertrag für betreutes Wohnen (= Bestandteil des Mietvertrages, Pauschale 156,13 EUR), Betreuungsvertrag (330 EUR monatlich) und Wahlleistungen (bei Inanspruchnahme, z. B. Essen, Wäsche waschen etc.) bestand. Nach dem Betreuungsvertrag hatte jeder Bewohner das Recht, seine Betreuung nach freier Wahl zu gestalten, es bestand keinerlei Verpflichtung des Bewohners, Dienstleistungen vom Betreuungsträger abzurufen. Die zuständige Krankenkasse (Barmer EK) gewährte dem LB ambulante Pflegeleistungen nach der Pflegestufe III in Höhe von 1.510 EUR monatlich und teilte der Betreuerin mit, dass keine Verträge für die Hospizbehandlung bestünden. Ausweislich eines MDK Gutachtens vom 28.09.2010 bestand beim Lb eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz bei Pflegestufe III, allerdings keine Erforderlichkeit einer stationären Pflege.

Die gesetzliche Betreuerin des Lb beantragte am 17.06.2010 beim Kläger (Bezirk Oberbayern) Leistungen der Sozialhilfe (Grundsicherung und Pflege) für ihren Betreuten. Mit Schreiben vom 24.06.2010 teilte der Kläger der Betreuerin mit, dass die Kosten nicht übernommen werden könnten und der Lb sich an die Beklagte wenden solle. Es bestehe keine Pflegesatzvereinbarung zwischen dem Bezirk und dem Haus D ... Eine Weiterleitung des Antrages an einen anderen Sozialhilfeträger nach § 14 SGB IX oder § 16 Abs. 2 SGB I erfolgte nicht.

Die Betreuerin beantragte daraufhin am 25.06.2010 bei der Beklagten (LHM) Leistungen der Grundsicherung und Pflege und mit einem weiteren Antrag vom 13.08.2010 Hilfe zum Lebensunterhalt und Leistungen nach den 5. - 9. Kapiteln. Die Beklagte leitete den Antrag auf Grundsicherung und Hilfe zur Pflege am 26.08.2010 an den aus ihrer Sicht nach § 98 Abs. 1 Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zuständigen Beigeladenen (LK M.) nach § 16 Abs. 2 SGB I weiter. Der Beigeladene lehnte gegenüber der Betreuerin den Antrag 16.09.2010 ohne Begründung ab und leitete der Betreuerin die von der Beklagten erhaltenen Unterlagen zurück.

Die Betreuerin wandte sich am 22.09.2010 erneut an die Beklagte und wies auf die dringliche Leistungserbringung hin. Die Beklagte wandte sich am 29.09.2010 an den Kläger und forderte diesen zur vorläufigen Leistungserbringung nach § 43 SGB I unter gleichzeitiger Übersendung der Unterlagen auf.

Der Kläger lehnte gegenüber der Beklagten am 15.10.2010 (ambulant betreute Wohnform mit Zuständigkeit der Beklagten) seine Zuständigkeit ab und bat die Beklagte um Bearbeitung. Die Beklagte lehnte dies am 28.10.2010 gegenüber der Betreuerin und dem Kläger ab, weil es sich nicht um eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit handele und der Beigeladene als örtlicher Träger zuständig sei.

Die Betreuerin beantragte am 19.10.2010 beim Kläger vorläufige Leistungen nach § 43 SGB I und kündigte einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an. Der zwischenzeitlich bevollmächtigte Rechtsanwalt des Lb beantragte am 10.11.2010 beim Sozialgericht München (SG) gegen den Kläger und die Beklagte einstweiligen Rechtsschutz (S 19 SO 538/10 ER). Das SG lud den Landkreis M. bei. Der Kläger erklärte sich am 25.11.2010 gegenüber dem SG bereit, die nicht gedeckten Kosten der Unterbringung (Grundsicherung und Pflege) vorläufig nach § 43 SGB I zu übernehmen. Mit Bescheid vom 07.02.2011 gewährte der Kläger für die Zeit von 17.06.2010 bis zunächst 30.04.2011 die in der „Einrichtung“ A. notwendigen Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als Grundsicherung, Hilfe zur Pflege und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, soweit sie nicht durch Leistungen der Pflegeversicherung und Eigenbeteiligungen gedeckt seien. Der Kläger sei für die Leistungserbringung nur vorläufig zuständig, seine sachliche und örtliche Zuständigkeit sei nicht gegeben. Ebenfalls am 07.02.2011 meldete der Kläger einen Erstattungsanspruch bei der nach seiner Ansicht über § 98 Abs. 5 SGB XII zuständigen Beklagten an; außerdem meldete der Kläger am 08.02.2011 einen Kostenerstattungsanspruch beim nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständigen Beigeladenen an. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 24.02.2011 mit, dass sie den Erstattungsanspruch nicht anerkenne. Es handle sich bei der A. nicht um eine ambulant betreute Wohnform i. S. des Gesetzes. Nach Auffassung der Beklagten sei der Beigeladene der zuständige örtliche Sozialhilfeträger.

Der Kläger änderte die Bewilligung der Leistungen gegenüber dem Lb mit Bescheid vom 14.03.2011, wobei er die zwischenzeitlich bewilligte Erwerbsminderungsrente als Einkommen anrechnete. Die Betreuerin teilte dem Kläger am 17.03.2011 mit, dass der Kläger am 13.03.2011 verstorben war und ihre Betreuung damit ende. Das Nachlassgericht teilte dem Kläger mit, dass keine Erbenermittlung von Amts wegen erfolge.

Der Beigeladene lehnte seine Zuständigkeit nach der erneuten Anmeldung eines Erstattungsanspruches mit Schreiben des Klägers vom 07.08.2011 am 22.08.2011 ab. Zuständig sei die Beklagte. Es handle sich bei der nicht um eine stationäre Einrichtung, sondern um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft. Örtlich zuständig sei damit der Träger der Sozialhilfe, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt örtlich zuständig war oder gewesen wäre. Der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Lb sei in der Landeshauptstadt A-Stadt gewesen.

Der Kläger hat am 15.11.2011 beim SG Leistungsklage gegen die Beklagte erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die für den Leistungsberechtigten B. in der Zeit von 17.06.2010 bis 13.03.2011 erbrachten Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 32.750,18 EUR zu erstatten. Bei der D. handle es sich um eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit i. S. des § 98 Abs. 5 SGB XII. Leistungen der Eingliederungshilfe seien neben den Pflegeleistungen nicht erbracht worden. Daher sei die Beklagte für die Leistungserbringung örtlich und sachlich zuständig.

Nach Auffassung der Beklagten sei schon fraglich, ob Leistungen in einem Hospiz überhaupt als ambulant betreutes Wohnen bezeichnet werden könnten, weil es sich ja um den Rückzug aus der Gesellschaft und gerade nicht um Betreuungsleistungen i. S. v.§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft handele. Der Kläger habe nachzuweisen, dass es sich um eine Teilhabeleistung handele und sei dieser Darlegungspflicht nicht nachgekommen. Der Kläger habe überhaupt keine Eingliederungsleistungen für den Lb erbracht. Auch spreche die Leistungserbringung durch eine große Anzahl an Laienhelfern deutlich dagegen, dass es sich um eine qualifizierte Betreuung im Sinne eines ambulant betreuten Wohnens gehandelt habe. Sollte man dennoch von ambulanten Leistungen der Hilfe zur Pflege ausgehen, handle es sich jedenfalls nicht um eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit i. S. des § 98 Abs. 5 SGB XII. Der Kläger habe auch übersehen, dass Art. 82 Abs. 2 BayAGSG seine sachliche Zuständigkeit begründe, falls es sich um eine Form des ambulant betreuten Wohnens handele.

Mit Beschluss vom 26.11.2012 hat das SG den Landkreis M. zum Verfahren beigeladen.

Das SG hat mit Urteil vom 9. Juli 2014 die Beklagte verurteilt, dem Kläger die für den Lb in der Zeit von 17.06.2010 bis 13.03.2011 erbrachten Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 32.750,18 EUR zu erstatten. Dem Kläger stehe ein Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X gegen die Beklagte zu. Der Kläger habe die streitigen Leistungen für den Lb als erstangegangener Träger gemäß § 43 SGB I vorläufig erbracht. Der Kläger gewährte mit Bescheid vom 07.02.2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Die sachliche Zuständigkeit des örtlichen Sozialhilfeträgers folge aus § 97 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SGB XII i. V. m. Art. 82 Abs. 1 AGSG. Bei der A. handele es sich zur Überzeugung des SG nicht um eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung, sondern um eine ambulant betreute Wohnform. Nach § 13 Abs. 2 SGB XII seien (teilstationäre oder stationäre) Einrichtungen alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dienten. Erforderlich sei im Gegensatz zur ambulanten Leitungserbringung ein Teil- oder Vollaufenthalt des Leistungsberechtigten und die geeignete sozialhilferechtliche Betreuung, zusammengefasst in einer besonderen Organisationsform von personellen und tatsächlichen Mitteln (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 13 Rn. 28 m. w. N.). Hinzukomme eine Mindestgröße, die auf einen größeren wechselnden Personenkreis zugeschnitten sei, und eine gewisse Dauer. Im Gegensatz dazu würden ambulante Leistungen außerhalb von Einrichtungen im Wohnumfeld des Leistungsempfängers erbracht. Es erfolge keine formelle Aufnahme des Leistungsempfängers in eine Institution, so dass die Unterbringung grundsätzlich nicht Teil der Leistungserbringung sei (Waldhorst-Kahnau in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 13 Rn. 25). Entscheidend sei, ob bei einer Gesamtbetrachtung der erbrachten Leistungen von einer Vollversorgung im Rahmen einer Einrichtungsgesamtheit auszugehen sei (Waldhorst-Kahnau, a. a. O.., § 13 Rn. 27).

Vorliegend habe der Lb mit dem Verein A. einen Mietvertrag über ein seinen Bedürfnissen entsprechendes behindertengerechtes Zimmer im Anwesen A-Straße in A-Stadt geschlossen. Daneben habe er einen Betreuungsvertrag mit dem Verein abgeschlossen. Nach der Konzeption des Vereins habe jeder Bewohner das Recht, seine Betreuung nach freier Wahl zu gestalten. Es bestehe keinerlei rechtliche oder anderweitige Verpflichtung seitens des Bewohners, Dienstleistungen vom Betreuungsträger abzurufen. Hätte der Lb einen externen Pflegedienst beauftragt, hätte dieser unstreitig ambulante Leistungen der Hilfe zur Pflege erbracht. Nichts anderes könne gelten, wenn der Lb auf die Vermittlung des Vereins zurückgreife und den von diesem vermittelten Pflegedienst beauftrage.

Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten folge damit aus § 98 Abs. 5 SGB XII. Der Lb habe zur Überzeugung des SG Leistungen in einer ambulant betreuten Wohnmöglichkeit erhalten. Die örtliche Zuständigkeit für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen knüpfe damit nicht an den tatsächlichen oder gewöhnlichen Aufenthalt an, sondern perpetuiere die örtliche Zuständigkeit des zuletzt zuständigen (örtlichen oder überörtlichen) Trägers. Damit bleibe die Beklagte für den Lb örtlich zuständig. Der Begriff der „ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit“ sei eine gesetzliche Neuschöpfung; eine Legaldefinition finde sich weder im SGB XII noch anderswo. Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen habe anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen sei nicht allein die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich (Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 44; Lachwitz in Lachwitz/Schellhorn/Welti, Handkommentar zum SGB IX, 3. Aufl., § 55 Rn. 65a) in Form einer kontinuierlichen Betreuung (Josef/Wenzel, NDV 2007, 85, 89). Als ambulant betreute Wohnmöglichkeiten ausschließlich betreute Wohnmöglichkeiten nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (vgl. BT-Drucks 15/1514, S 67 zu § 93) anzusehen, werde dem Wortlaut des § 98 Abs. 5 SGB XII nicht gerecht. Dieser erfasse nämlich neben den Leistungen der Eingliederungshilfe auch Leistungen der Hilfe zur Pflege und Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, die in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erbracht würden.

Gegen das am 03.09.2014 zugestellte Urteil des SG vom 09. Juli 2014 hat die Beklagte am 09.09.2014 (Eingang beim LSG) Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Der Kläger selbst sei nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG sachlich zuständig, weil der Lb in der betreuten Wohnform tatsächlich Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten habe, auch wenn diese nicht vom Kläger ausdrücklich bewilligt worden seien. Auch wenn die Hilfen in der betreuten Wohnform zu einem Großteil durch ehrenamtliche Helfer erbracht worden seien, habe es sich um eine Form des betreuten Wohnens gehandelt. Der Kläger habe es unterlassen, diesbezüglich weitere Ermittlungen anzustellen und seiner Darlegungs- und Beweislast nachzukommen. Im Übrigen habe das SG entgegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25.08.2011, B 8 SO 7/10 R) nicht auf die Hauptzielrichtung der Leistung als Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft abgestellt.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Juli 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Nach Auffassung des Klägers habe dieser einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X gegen die Beklagte. Bei dem Angebot des A. habe es sich um ein ambulantes Angebot gehandelt, das aus einem Mietvertrag und einem davon unabhängigen Vertrag für die pflegerische und medizinische Versorgung der Bewohner bestand. Es habe eine Wahlfreiheit hinsichtlich der Betreuungsleistungen bestanden. Die Hospizgemeinschaft habe nicht die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Bewohner übernommen, so dass von einer ambulanten Betreuungsform auszugehen sei. Für diese sei die Beklagte nach § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständig, weil es sich um eine ambulant betreute Wohnform handele. Eine solche liege selbst dann vor, wenn dem Bewohner tatsächlich keinerlei Teilhabeleistungen der Eingliederungshilfe erbracht würden, weil der Wortlaut des § 98 Abs. 5 SGB XII auch Personen einschließe, die Hilfen nach den 6. - 8. Kapitel des SGB XII erhielten. Art 82 Abs. 2 BayAGSG sei nicht einschlägig, weil der Lb keinerlei Eingliederungshilfemaßnahmen beantragt und erhalten habe, so dass die Anwendung von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ausscheide.

Nach Auffassung des Beigeladenen handelt es sich um eine Einrichtung des ambulant betreuten Wohnens, für die die Beklagte nach § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständig ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beteiligten und den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

A. Gegen die Entscheidung des SG vom 9. Juli 2014 ist die Berufung zulässig, insbesondere ist der für die Statthaftigkeit bei Erstattungsstreitigkeiten erforderliche Beschwerdewert von 10.000 EUR überschritten, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG. Die Berufung ist zulässig und form- und fristgemäß eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG).

1. Es handelt sich um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

2. Es bedurfte keiner Beiladung des Hilfebedürftigen nach § 75 Abs. 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung) oder des Leistungserbringers A ... Der Lb selbst ist am 13.03.2011 verstorben. Es kann daher dahinstehen, ob die Rechtsprechung zur Erstattung von Leistungen nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX (keine Beiladung des Leitungsempfängers, weil die Anspruchsnorm des § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen den Sozialhilfeträgern betrifft vgl. BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - Rn. 10 m. w. N., zuletzt BSG, Urteil vom 23.7.2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 Rn. 9) auf Erstattungsansprüche nach § 102 SGB X zu übertragen ist, oder dies wegen der Wirkung der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X hier anders zu beurteilen ist.

Der Leistungserbringer war nicht beizuladen, weil dessen finanzielle Forderungen hinsichtlich der Kosten des Lebensunterhaltes und der Pflege des Lb in der Zeit vom 17.06.2010 bis 13.03.2011 durch den Kläger beglichen wurden und er somit kein berechtigtes Interesse i. S. § 75 SGG hat, das durch die Entscheidung berührt werden kann. Soweit der Leistungserbringer noch offene Forderungen hinsichtlich der Betreuung für betreutes Wohnen, Betreuung durch die und Wahlleistungen hat (vgl. Anlage zum Schreiben vom 22.03.2011, Bl. 375 Akte der Klägerin), liegt ebenfalls kein berechtigtes Interesse vor, weil es sich bei dem D. e.V. nicht um einen nach § 75 ff SGB XII zugelassenen Leistungserbringer handelt (siehe dazu unten), zu dessen zivilrechlicher Forderung der zuständige Sozialhilfeträger einen Schuldbeitritt erklären könnte. Eine Beiladung des Leistungserbringers ist nach der Rechtsprechung nur im Rechtsstreit zwischen dem Sozialhilfeempfänger und dem Sozialhilfeträger erforderlich, nicht aber im Erstattungsstreit (Leitherer in Meyer/Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 75, Rn. 10 k).

B. Die Berufung ist unbegründet, weil der Kläger einen Erstattungsanspruch nach § 102 Abs. 1 SGB X gegen die Beklagte hat (siehe 1. - 5), dieser nicht nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX ausgeschlossen ist (siehe dazu 6., 7.) und sich zutreffend gegen die Beklagte richtet (siehe dazu 8 ff.).

1. Der Kläger kann seinen Erstattungsanspruch auf § 102 SGB X stützen. Er ist als vorläufig leistender Sozialhilfeträger Erstattungsberechtigter (siehe dazu 3) und damit aktivlegitimiert und richtet den Anspruch gegen die Beklagte als eigentlich sachlich und örtlich zuständigen Sozialhilfeträger (siehe dazu 8.). Nach § 102 SGB X ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein anderer Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (§ 102 Abs. 2 SGB X).

Der Kläger hat dem Lb mit Bescheid vom 07.02.2011 für die Zeit von 17.06.2010 bis zunächst 30.04.2011 die in der Einrichtung A. notwendigen Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII als Grundsicherung, Hilfe zur Pflege und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erbracht, soweit sie nicht durch Leistungen der Pflegeversicherung und Eigenbeteiligungen gedeckt waren. Der Kläger war für die Leistungserbringung nur vorläufig zuständig, seine sachliche und örtliche Zuständigkeit war nicht gegeben. Der Kläger änderte die Bewilligung der Leistungen gegenüber dem Lb mit Bescheid vom 14.03.2011, wobei er die zwischenzeitlich bewilligte Erwerbsminderungsrente als Einkommen anrechnete. (Der Lb war bereits am 13.03.2011 verstorben).

2. Der Kläger hat seinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte rechtzeitig am 07.02.2011 geltend gemacht, als er diesen dem Grunde nach angemeldet hat. Nach § 111 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Der Kläger hat hier letztmals für den Todestag des Lb (13.03.2011) Leistungen erbracht und dann zeitnah am 07.08.2011 den Erstattungsanspruch beziffert und bei der Beklagten und dem Beigeladenen erneut geltend gemacht. Damit kann sich die Beklagte auch nicht auf eine Verjährung nach § 113 SGB X berufen. Im Übrigen erfolgte die Klageerhebung zum SG bereits am 15.11.2011.

3. Der Kläger ist Erstattungsberechtigter nach § 102 Abs. 1 SGB X, weil er vorläufig Leistungen nach § 43 SGB I erbracht hat, ohne selbst zuständiger Sozialhilfeträger zu sein (siehe dazu unten). Er richtet den Erstattungsanspruch gegen die Beklagte, die sachlich und örtlich zuständige Sozialhilfeträgerin ist. Der Kläger hat dem Lb mit den Bescheiden vom 07.02.2011 und 14.03.2011 vorläufig Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfen zur ambulanten Pflege und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gewährt. Bei der Leistungsbewilligung hat der Kläger hinreichend deutlich gemacht, dass er nur nach § 43 SGB I vorläufig leiste und nicht zuständiger Sozialhilfeträger sei. Die nach § 102 SGB X erforderliche Unsicherheit über die Zuständigkeit (Roos in von Wulffen, SGB X Kommentar, 7. Auflage, § 102 Rn. 6) bestand für alle beteiligten Sozialhilfeträger, die jeweils in Kenntnis der ablehnenden Entscheidungen der anderen Träger gleichwohl ihre Leistungspflicht gegenüber dem Lb ablehnten. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG (S 19 SO 538/10 ER), an dem auch der Beigeladene Beteiligter war, gab der Kläger am 25.11.2010 gegenüber dem SG die Erklärung ab, dass er nur vorläufige Leistungen der Hilfen zur Pflege und Grundsicherung erbringen werde, weil er weder sachlich noch örtlich für die Leistungserbringung zuständig sei.

4. Bei den dem Lb gewährten Leistungen handelte es sich nicht um Leistungen der Sozialhilfe, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen i. S. § 13 Abs. 1 SGB XII erbracht wurden. Der Kläger war daher nicht nach § 97 Abs. Abs. 2 SGB XII i. V. m. Art 82 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 S. 2 BayAGSG als überörtlicher Träger sachlich zuständig, sondern erbrachte die Leistungen als unzuständiger Träger vorläufig nach § 43 SGB I. In Übereinstimmung mit dem SG handelte es sich bei der Versorgung des Lb durch den A. um eine ambulante, und nicht um eine stationäre (oder teilstationäre) Leistung nach § 13 Abs. 1 SGB XII. Bei der D. in A-Stadt handelt es um keine stationäre Einrichtung, so dass jedenfalls eine Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers nach Art 82 Abs. 1 Nr. 2 BayAGSG ausscheidet.

a. Von einer vollstationären Einrichtung im Sinne von § 13 SGB XII und damit auch im Sinne von Art 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayAGSG kann nur dann gesprochen werden, wenn der gesamte Bedarf des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs. 1 SGB XII in der Einrichtung in einrichtungsspezifischer Weise befriedigt wird. Eine stationäre Einrichtung übernimmt für den Hilfebedürftigen - von dessen Aufnahme bis zur Entlassung - die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung (vgl. Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand November 2014, K § 13 RdNr. 58, 59 m. w. N.). Das BSG betont in ständiger Rechtsprechung, dass es bei der Abgrenzung von stationären zu ambulanten Angeboten für die rechtliche Qualifikation der Leistung ohne Belang ist, ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet und es ebenso wenig von Belang ist, wie die Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen bezeichnet werden (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 19, 20). Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (ständige Rechtsprechung des BVerwGE zuletzt mit Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; sowie des BSG, BSGE 106, 264 ff Rn. 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr. 2 undUrteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 18) und der der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dient (vgl. § 13 Abs. 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1 Rn. 15).

b. Hier übernahm kein Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Lb. Die D. in A-Stadt bietet betreutes Wohnen in familiärer Atmosphäre und ländlicher Umgebung im Rahmen eines Pilotprojektes an, bei dem es sich (nach der Vorbemerkung des Mietvertrages) nicht um ein Heim i. S. des Heimgesetzes handele. Unklar bleibt, ob mit dieser Formulierung auf die bundesrechtliche Regelung des WBVG vom 29.07.2009 oder auf die Bestimmungen des BayPflWoqG vom 8.07.2008 Bezug genommen wurde. Die Bewohner sind Mieter und haben das Hausrecht. Die Zimmer werden von Bewohnerseite selbst möbliert und die Bewohnergemeinschaft (Angehörige und gesetzliche Vertreter) regelt gemeinschaftlich die Nutzung und Gestaltung der Gemeinschaftsräume sowie von Garten- und Freiflächen.

Der Lb hatte mit dem Verein A. einen Mietvertrag i. S.v. § 535 BGB über ein seinen Bedürfnissen entsprechendes behindertengerechtes Zimmer im Anwesen A-Straße in A-Stadt geschlossen. Allerdings enthielt Ziffer 11 des Mietvertrages die Klausel, dass der Mietvertrag nur gültig im Zusammenhang mit dem Betreuungsvertrag sein sollte. Deswegen hat der LB einen Betreuungsvertrag mit dem Verein abgeschlossen, wobei der Vertrag aus den drei Bestandteilen Betreuungsvertrag für betreutes Wohnen (= Bestandteil des Mietvertrages, Pauschale 156,13 EUR), Betreuungsvertrag (330 EUR monatlich) und Wahlleistungen (bei Inanspruchnahme, z. B. Essen, Wäsche waschen etc.) bestand. Nach dem Betreuungsvertrag hat jeder Bewohner das Recht, seine Betreuung nach freier Wahl zu gestalten, es besteht keinerlei Verpflichtung des Bewohners, Dienstleistungen vom Betreuungsträger abzurufen. Allerdings fielen z. B. die Pauschalen für betreutes Wohnen und die hospizbedingten Grundleistungen auch dann an, wenn die Leistungen nicht in Anspruch genommen wurden. Nach der Konzeption des Vereins hatte jeder Bewohner das Recht, seine Betreuung nach freier Wahl zu gestalten. Die half im Rahmen des Betreuungsvertrages bei der Vermittlung an die notwendigen Stellen und Dienste. Es bestand keinerlei rechtliche oder anderweitige Verpflichtung seitens des Bewohners, Dienstleistungen vom Betreuungsträger abzurufen. Der Bewohner konnte und musste also seine notwendige Pflege und ggf. erforderliche Teilhabeleistungen neben dem Grundangebot des Vereins selbst organisieren. Hätte der Lb einen externen Pflegedienst beauftragt, hätte dieser unstreitig ambulante Leistungen der Hilfe zur Pflege erbracht. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nichts anderes dann gilt, wenn der Lb auf die Vermittlung des Vereins zurückgreift und den von diesem vermittelten Pflegedienst beauftragt. Die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Bewohner sollte, entsprechend dem Konzept (kranke und sterbende Menschen sollten dort weitgehend selbstständig wohnen) bei den Lb selbst bzw. bei ihren Betreuern liegen. Damit lag keine stationäre Leistung vor.

c. Für das Vorliegen einer ambulanten Leistung spricht auch das Fehlen von Verträgen nach §§ 75 ff SGB XII über stationäre Leistungen und die Einschätzung des MDK in dem Pflegegutachten vom 28.09.2010, wonach keine vollstationäre Pflege erforderlich war, weil die häusliche Pflege sichergestellt war (Pflegestufe III mit eingeschränkter Alltagskompetenz). Gegen die Annahme einer stationären Leistungen spricht auch die Praxis mit der Pflegekasse, die für häusliche Pflege als Sachleistung im Sinne von § 36 SGB XI erfolgte und nicht als Pflege in voll stationären Einrichtungen (§ 43 SGB XI).

d. Es lag auch keine teilstationäre Leistung vor. Der Lb lebte am Ort der Hilfeerbringung und suchte das D. nicht nur für einen Teil des Tages auf. Im Übrigen hat das BSG erhebliche Zweifel daran geäußert, ob ein betreutes Wohnen überhaupt in teilstationärer Form erbracht werden kann (BSG Urteil vom 23.07.2015, B 8 SO 7/14 R, Rn. 18 ff.).

e. § 1 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) enthält demgegenüber kein verlässliches Abgrenzungskriterium. Während früher der Anwendungsbereich des HeimG an eine institutionelle Form des Wohnens oder Betreut-Werdens anknüpfte und sich beschränkte auf die herkömmlichen Formen stationärer Pflege, stellt das WBVG dagegen auf eine Verbindung von Verträgen zur Überlassung von Wohnraum mit Pflege- und Betreuungsleistungen für ältere sowie pflegebedürftige oder behinderte volljährige Personen ab. Damit erstreckt sich sein Anwendungsbereich auch auf neue Betreuungs- und Wohnformen.

5. Der Kläger war nicht nach § 97 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 SGB XII i. V. m. Art 82 Abs. 2 BayAGSG i. V.m § 97 Abs. 4 SGB XII als überörtlicher Träger sachlich zuständig, weil er nicht Eingliederungshilfe an den Lb durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder im betreuten Einzelwohnen erbracht hat.

a. Art. 82 Abs. 1 S. 1 BayAGSG (neu gef. m.W.v. 1.1.2008 durch G v. 20.12.2007 GVBl S. 979) bestimmt: „Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe sind sachlich zuständig 1. für alle Leistungen der Sozialhilfe nach dem Sechsten Kapitel SGB XII, 2. alle übrigen Leistungen der Sozialhilfe, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen gewährt werden, 3. die Leistungen der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII“. Art. 82 Abs. 2 BayAGSG besagt: „§ 97 Abs. 4 SGB XII gilt entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Begriff des betreuten Wohnens nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anders auszulegen ist, als der Begriff des betreuten Wohnens in § 98 Abs. 5 SGB XII (Urteil des Senatsvom 16. Januar 2016, L 8 SO 235/14, Rn.57). In Art. 82 Abs. 2 BayAGSG wird „Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen“ gefordert und Ziel der Vorschrift ist, im Interesse des Leistungsempfängers entsprechend dem Gesamtfallgrundsatz die Leistung aus einer Hand zu erbringen. § 98 SGB XII hat keine Auswirkungen auf die Frage der sachlichen Zuständigkeit (BT-Drs. 16/2711, S. 11). Ist für die betreute Wohnmöglichkeit (etwa eines behinderten Menschen) der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, geht eine für die vorherige Hilfeleistung bestehende Zuständigkeit des örtlichen Trägers daher auf ihn über (Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 45. UPD 11/2015, § 98 Örtliche Zuständigkeit, Rn. 74).

Der Wille des Landesgesetzgebers zeigt sich hier insbesondere in der Entstehungsgeschichte, die den Schluss auf eine weit gezogene Auslegung im Sinne des Gesamtfallgrundsatzes erlaubt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (Änderungsantrag vom 8.12.2007, Drucksache 15/9458 des Bayer. Landtags) sind zuvor vorgesehene einschränkende Tatbestandsmerkmale gestrichen worden. Zuvor hieß es noch im Entwurf zu Art. 82 Abs. 2 AGSG: „wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer therapeutischen Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“ Dann wurden unter Nummer 4 b) der Gesetzesbegründung (Drucksache 15/8865, Gliederungspunkt 1.3, S. 10 vom 4.12.2007 des bayerischen Landtags betreffend Art. 82 Abs. 2 BayAGSG) die Zusätze „therapeutisches bzw. vergleichbar intensives“ bei „in einer betreuten Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht“ gestrichen. Dies bedeutete damals, dass die Bezirke, die zusätzlich zu ihrer Zuständigkeit für die teilstationäre und stationäre auch die Zuständigkeit für die gesamte ambulante Eingliederungshilfe erhalten haben, für die übrigen Leistungen (z. B. Pflege) auch zuständig werden sollten, wenn in der Form einer betreuten Wohngemeinschaft auch Eingliederungshilfe geleistet wurde. Der Rechtsprechung des 18. Senats des Bayer. LSG (Urteil vom 21.2.2013, Az.: L 18 SO 85/10) ist daher beizupflichten. Der 18. Senat sieht den Gesetzeszweck infrage gestellt, wenn es darauf ankäme, in welchem Umfang Leistungen der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege, der sozialen Pflegeversicherung und gegebenenfalls der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, um zu bestimmen, welcher Sozialhilfeträger für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB XII zuständig ist, zumal der anteilige Bedarf in Folge von Änderungen im Gesundheitszustand des Hilfebedürftigen zeitlich variieren könne. Diesem Gedanken hat sich der erkennende Senat angeschlossen. Auch auf die Auslegung durch den Verband der Bezirke kommt es nicht an, wonach der überörtliche Träger nur leisten solle, wenn der Anteil der Eingliederungshilfe in der gesamten Hilfe mehr als unerheblich ist und ein Ausmaß von 2 Stunden erreicht (Ergebnisprotokoll einer Sitzung des Fachausschusses für Soziales des Verbandes der bayerischen Bezirke in Füssen im April 2010). Dabei ist ausgeführt, dass es insbesondere notwendig sei, dass die Eingliederungshilfeleistungen regelmäßig und kontinuierlich erbracht würden, einen Betreuungsschlüssel von mindestens 1 zu 12 bzw. mindestens zwei Fachleistungsstunden direkte Klientenleistung pro Woche umfassten und diese Betreuungsleistungen dem Zweck dienten, die eigenbestimmte Lebensführung durch Unterstützung in der täglichen Lebenswirklichkeit zu verbessern und damit die Fähigkeit im häuslichen nicht stationären Leben zu sichern (Seite 4 des Protokolls).

b. Der Kläger hat hier mit Bescheid vom 07.02.2011 dem Lb Sozialhilfeleistungen in Form der Grundsicherung und ambulanten Hilfen zur Pflege erbracht. Eingliederungshilfen waren weder beim Kläger beantragt (s.u.), noch hat er solche tatsächlich an den Lb erbracht, so dass eine Anwendbarkeit des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ausscheidet. Es braucht daher auch hier nicht entschieden zu werden, ob Art. 82 Abs. 2 BayAGSG „Eingliederungshilfe...erbracht „ neben der tatsächlichen Gewährung von Eingliederungshilfen auch voraussetzt, dass die vom Dienst erbrachte Hilfe ihrer Art nach als Eingliederungshilfe qualifiziert werden kann (vgl. Urteil des SG München 20.005.2016, S 22 SO 186/15, anhängig unter L 8 SO 155/16). Ohne dass es hier darauf ankäme, spricht gegen eine solche Auslegung der Wortlaut des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG („Eingliederungshilfe an Behinderte... durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“ Dieser Wortlaut unterscheidet sich von dem in der bundesgesetzlichen Regelung verwendeten Begriff in § 97 Abs. 4 SGB XII, dessen entsprechende Anwendung Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anordnet. In § 97 Abs. 4 SGB XII heißt es: „Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind,...“. Zutreffend hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er keinerlei Eingliederungshilfeleistungen nach dem 6. Kapitel des SGB XII an den Lb erbracht und mit Bescheid vom 07.02.2011 bewilligt hat, so dass eine Anwendung von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ausscheidet. Soweit man mit der Beklagten darauf abstellen will, dass es für die Anwendbarkeit des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ausreiche, dass die von einem ambulanten Dienst erbrachte Hilfe ihrer Art nach Eingliederungshilfe sein könnte und der Lb einen Anspruch auf die Eingliederungshilfe gehabt hätte, führt auch das hier nicht zu einer All-Zuständigkeit des Klägers nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG: Denn unabhängig von der tatsächlichen Nicht- Bewilligung von Eingliederungshilfeleistungen durch den Kläger im Sozialrechtsverhältnis zum Lb (vgl. Bescheide vom 07.02.2011 und 14.03.20119, hätte der Kläger auch keine Leistungen der Eingliederungshilfe an den Lb durch den Dienst A. erbringen dürfen. Es fehlte nämlich an einer nach § 75 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 SGB XII erforderlichen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung über die Leistungen, die in dem Betreuungsvertrag vom 15.06.2010 als „Betreuungsvertrag für betreutes Wohnen“ und „Betreuungsvertrag „ Gegenstand waren. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte sind nach § 75 Abs. 3 SGB XII zur Übernahme der Vergütung im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis nur verpflichtet, wenn entsprechende Vereinbarungen mit dem Leistungserbringer vorliegen. Daran fehlte es hier, weil das A. keinerlei Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossen und auch kein §§ 76, 75 Abs. 4 S. 2 SGB XII entsprechendes Leistungsangebot abgegeben hatte. Es bestand lediglich zwischen dem ambulanten Pflegedienst des D.s und dem Spitzenverband der Pflegekassen eine Vereinbarung nach dem 8. Kapitel des SGB XI für die Abrechnung der ambulanten Pflegeleistungen, die auch für die Sozialhilfeträger wirkte (§ 75 Abs. 5 SGB XII). Der Kläger hätte also gar nicht Eingliederungshilfe erbringen dürfen und hat dies, ausweislich der Abrechnungen, auch nicht getan.

Mangels einer Leistungsvereinbarung oder eines Leistungsangebotes über die Betreuungs- oder Hospizleistungen mit der D. war demnach ausgeschlossen, dass der Lb einen Anspruch auf Eingliederungshilfe für die konkrete Leistung durch den die D. hatte.

6. Der Erstattungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX ausgeschlossen. Der Kläger kann sich generell als „erstangegangener“ Träger nicht auf § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX berufen. Der Kläger kann seinen Anspruch gegen die Beklagte schon nicht auf § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX stützen, weil dieser nicht anwendbar ist.

a. Zum einen hat die damalige Betreuerin des LB am 17.06.2010 beim Kläger Leistungen der Grundsicherung und Hilfe zur Pflege und damit ausdrücklich keine Eingliederungshilfeleistungen beantragt. Das BSG hat zuletzt offengelassen, ob für Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII überhaupt der Anwendungsbereich des SGB IX eröffnet ist, weil es sich nicht um Teilhabeleistungen handelt (BSG Urteil vom 25.04.2013, B 8 SO 6/12 R, Rn. 12). Jedenfalls ist der Kläger als Träger der Sozialhilfe nur für Leistungen nach § 5 Nrn. 1, 2 und 4 SGB IX Rehabilitationsträger i. S. § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX. Bei den ausdrücklich von der Betreuerin am 17.06.2010 beantragten Leistungen zur Grundsicherung und Hilfe zur Pflege handelte es nach der vom Senat vorgenommenen Auslegung sich nicht um Leistungen der medizinischen Rehabilitation, Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben und Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Die Betreuerin hatte beim Kläger am 17.06.2010, anders als im späteren Antrag vom 13.08.2010 an die Beklagte (, wo auch ausdrücklich Leistungen nach dem 6. Kapitel beantragt wurden), ausdrücklich „Sozialhilfe, bzw. falls zutreffend Grundsicherung, bzw. falls zutreffend Hilfe zur Pflege“ beantragt. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Betreuerin vom Betreuungsverein der inneren Mission e.V. eine genaue Vorstellung von der Art der zu erbringende und beantragten Leistungen hat und diese bewusst als Grundsicherung und Hilfe zur Pflege bezeichnet hat. Letztlich kann aber dahinstehen, ob mit der Formulierung „Sozialhilfe, bzw. falls zutreffend Grundsicherung, bzw. falls zutreffend Hilfe zur Pflege“ auch Eingliederungsleistungen mit beantragt waren, denn die Anwendung des § 14 Abs. 1 SGB IX scheitert ohnehin.

b. Sofern man nämlich auf die generelle Zuständigkeit des Klägers für Teilhabeleistungen am Leben in der Gemeinschaft abstellt (§ 97 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII, Art. 82 Abs. 1 Nr. 1 AGSG Bayern, § 98 Abs. 1 SGB XII), ist der Kläger Reha-Träger nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX. Er war damit für die am 17.06.2010 beantragten Leistungen, die möglicherweise auch Eingliederungshilfemaßnahmen erfasst haben (siehe oben 6 a), „erstangegangener“ Träger i. S. § 14 Abs. 1 SGB IX. Entgegen seiner Verpflichtung aus § 14 Abs. 1 SGB IX hat der Kläger den Antrag nicht innerhalb von zwei Wochen an die nach seiner Auffassung zuständige Beklagte weitergeleitet, sondern hat den Antrag mit Schreiben vom 24.06.2010 gegenüber der Betreuerin aus sachlichen Gründen abgelehnt, weil keine Pflegesatzvereinbarung bestand. Bei dem Antrag der Betreuerin an die Beklagte vom 25.06.2010 und dem weiteren Antrag vom 13.08.2010 handelte es sich somit um den Antrag an den „zweitangegangenen“ Träger nach § 14 Abs. 2 SGB IX, den diese am 26.08.2010 nach § 16 Abs. 2 SGB I an die Beigeladene (drittangegangener Träger) weiterleitete. Dieser wiederum lehnte gegenüber der Betreuerin den Antrag am 16.09.2010 ab und sandte sämtliche Unterlagen an die Betreuerin zurück.

Unabhängig davon, dass sich sämtliche Träger nicht an das in § 14 SGB IX vorgesehene Verfahren gehalten haben, scheidet ein Erstattungsanspruch des Klägers nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX aus, weil es sich dabei um den Anspruch des Trägers, an den weitergeleitet worden ist (§ 14 Abs. 1 S. 2 bis 4 SGB IX, „zweit-“ angegangenen Träger) handelt und der Kläger aber der erstangegangene Träger war. Der Kläger hat den Erstantrag des Lb vom 17.06.2010 entgegen § 14 Abs. 1 SGB IX ohne Weiterleitung an die Beklagte am 24.06.2010 abgelehnt, so dass der Kläger aus § 14 Abs. 1 SGB IX zuständig geworden ist. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der Entscheidung vom 20.04.2016, B 8 SO 8/14 R unter Rn. 9 zu einer vergleichbaren Konstellation Folgendes ausgeführt:

„Nach Aktenlage jedenfalls hat das LSG seiner Entscheidung zu Unrecht § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX zugrunde gelegt, der nur eingreift, wenn der (Erst-) Rehabilitationsantrag vom sog erstangegangenen Rehabilitationsträger fristgerecht (zwei Wochen nach Antragseingang) an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist. Aus der Leistungsakte ergibt sich jedoch, dass der Beklagte bereits am 15.2.2006 einen Antrag auf Leistungen in der Wohngemeinschaft der „h gGmbH“ nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug abgelehnt hatte, mithin über denselben Leistungsanspruch bereits entschieden hat, ohne den Antrag weitergeleitet zu haben (vgl. zur Anwendung des § 14 SGB IX bei einem Antrag auf „künftige“ Leistungen BSG, Urteil vom 24.2.2016 - B 8 SO 18/14 R - Rn. 16 f). Unter diesen Voraussetzungen wäre der Beklagte selbst nach § 14 Abs. 1 SGB IX auch bei eigentlicher Unzuständigkeit bereits vor der auf einen erneuten Antrag des D ergangenen Bewilligungsentscheidung der Klägerin (vom 26.10.2006) zuständig geworden; an dieser Zuständigkeit hätte sich nichts durch den erneuten Rehabilitationsantrag, der an die Klägerin weitergeleitet worden war, geändert.“

Der Kläger kann seinen Erstattungsanspruch daher nicht auf § 14 Abs. 4 SGB IX stützen, weil er dazu nicht aktivlegitimiert ist.

7. Der Erstattungsanspruch des Klägers aus § 102 SGB X ist nicht nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX ausgeschlossen. Aus der Tatsache, dass der Kläger als erstangegangener Träger wegen der Missachtung des § 14 Abs. 1 SGB IX ggfs. zuständig geworden ist (vgl. BSG Urteil vom 20.04.2016, B 8 SO 8/14 R, Rn. 10), kann hier nicht geschlossen werden, dass sein Erstattungsanspruch ausgeschlossen ist. Denn der Kläger war wegen des Kompetenzkonflikts und des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz vor dem SG (S 19 SO 538/10 ER) einem Leistungszwang ausgesetzt, der dem eines zweitangegangenen Trägers vergleichbar war, bei dem keine Weiterleitung mehr nach § 14 Abs. 1 SGB IX erlaubt ist (BSG Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 44/08 R, vgl. auch Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 14 SGB IX, Rn. 132). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 21.01.2016 (L 8 SO 235/14, Rn. 35) einen Ausnahmefall angenommen, der in dem dort zu entscheidenden Fall auf einer abweichenden Vereinbarung der dortigen Träger nach § 14 Abs. 4 S. 3, 2. HS SGB IX beruhte. Hier hat der Kläger als erstangegangener Träger seine Zuständigkeit ausdrücklich verneint, sich aber aufgrund des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem SG und dem Drängen der Beklagten (Schriftsätze vom 29.09.2010 und 28.10.2010) am 25.11.2010 in einer Erklärung gegenüber dem SG verpflichtet, vorläufig nach § 43 SGB I Leistungen der Grundsicherung und der Hilfe zur Pflege zu erbringen (Bescheid vom 07.02.2011). Damit hat der Kläger zugunsten der Beklagten und aufgrund des Antrages des Lb nach § 43 Abs. 2 SGB I zwingend nur vorläufig als unzuständiger Träger Leistungen erbracht.

8. Der Erstattungsanspruch nach § 102 Abs. 1 SGB X des Klägers (= des vorläufig leistenden überörtlichen Trägers der Sozialhilfe) richtet sich gegen die Beklagte als zuständige örtliche Trägerin der Sozialhilfe, die sachlich nach § 97 Abs. 1 SGB XII, Art. 81 BayAGSG und nach § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständige Trägerin der Sozialhilfe für die ambulante Leistung in Form der ambulant betreuten Wohnmöglichkeit ist.

9. Es handelt sich um eine ambulante Leistung der Sozialhilfe (s.o.), für die sachlich der örtliche Träger der Sozialhilfe zuständig ist (§ 97 Abs. 1 SGB XII), weil der überörtliche Träger (Kläger) nicht sachlich zuständig ist (s.o.).

10. Die Beklagte war nach § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständiger (örtlicher) Sozialhilfeträger, weil der Lb vor der Aufnahme in das Hospiz zuletzt im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten wohnte und Leistungen nach dem 6. bis 8. Kapitel in Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten erhielt.

Bei den Leistungen des A. handelt es sich um ein betreutes Wohnen im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII. Dem Wortlaut nach wird die Erbringung von Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel „in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten“ vorausgesetzt (§ 98 SGB XII in der Fassung vom 20.12.2012).

Nach der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1514, Seite 67 zum § 93, später § 98 SGB XII) stellt der „neue“ Absatz 5 die Zuständigkeit desjenigen Trägers der Sozialhilfe sicher, der vor Eintritt der Person in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten zuletzt zuständig war. Der Begriff „betreute Wohnmöglichkeiten“ orientiere sich an dem des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. § 98 SGB XII hat keine Auswirkungen auf die Frage der sachlichen Zuständigkeit (BT-Drs. 16/2711, S. 11). Ist für die betreute Wohnmöglichkeit (etwa eines behinderten Menschen) der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, geht eine für die vorherige Hilfeleistung bestehende Zuständigkeit des örtlichen Trägers daher auf ihn über (Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 45. UPD 11/2015, § 98 Örtliche Zuständigkeit, Rn. 74). § 98 Abs. 5 SGB XII zielt auf den Schutz des Einrichtungsortes ab und verlangt eine Maßnahme des betreuten Wohnens. So führt auch das BSG mit Urteil vom 25.08.2011 (B 8 SO 7/10 R Rn. 15) an: „Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten wird im Gesetz nicht näher definiert, hat sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren (BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93). Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen hat deshalb in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung aber nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein“

In der D. liegt eine Form des ambulant betreuten Wohnens i. S. § 98 Abs. 5 SGB XII vor und damit eine örtliche Zuständigkeit der Beklagten. Der Lb lebte vor dem stationären Krankenhausaufenthalt im I.-Klinikum, der nach § 109 SGB XII keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründete, im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten und wurde unmittelbar aus dem Krankenhaus in die D. nach A-Stadt verlegt.

Bei den vom D. angebotenen Leistungen handelt es sich um solche des ambulant betreuten Wohnens i. S. einer wohnbezogenen Betreuung. Der Lb sollte nach dem Konzept der weitgehend befähigt werden, die Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig durchzuführen und sich in seinem Wohnumfeld zu orientieren. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 98 Abs. 5 SGB XII setzt eine ambulant betreute Wohnform nicht ambulante Teilhabeleistungen nach §§ 54 SGB XII, § 55 SGB IX voraus, sondern kann auch vorliegen, wenn einem Lb ausschließlich Leistungen der Hilfen zur Pflege erbracht werden. Ein „Orientieren“ an dem Begriff des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (BT Ds 15/1514, S 67) ist nicht gleichzusetzen mit dem Erbringen behinderungsbedingter Teilhabeleistungen nach § 54 ff SGB XII.

Soweit auch das BSG in seiner oben zitierten Entscheidung vom 25.08.2011, B 8 SO 7/10 R) auf das Erbringen von Teilhabeleistungen abstellte, ergab sich dies daraus, dass diese in dem vom BSG entschiedenen Fall tatsächlich auch erbracht wurden und insoweit keine Aussage darüber zu treffen war, ob ein ambulant betreutes Wohnen auch dann vorliegt, wenn, wie hier, nur Pflegeleistungen erbracht werden. Dies hat das BSG in seiner jüngsten Entscheidung zum ambulant betreuten Wohnen vom 30.06.2016, B 8 SO 6/15 R, Rn.12, 13 auch klargestellt. Das BSG hat dort Folgendes ausgeführt: „Nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII (hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) ist für Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten wird zwar im Gesetz nicht näher definiert; nach der Gesetzesbegründung zur ursprünglichen Normfassung orientiert er sich jedoch an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (BT-Drucks 15/1514, S 67 zu § 93). Soweit der Senat im Hinblick hierauf ausgeführt hat, der Art nach dürfe es sich bei der erforderlichen Betreuung ua nicht um eine solche pflegerischer Art handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistung (für die Annahme einer Eingliederungsleistung) müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSGE 109, 56 ff RdNr. 15 m. w. N. = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1), modifiziert er diese Aussage, die in der zitierten Entscheidung für die Anwendung des § 98 Abs. 5 SGB XII ohnedies nicht tragend war, sondern nur der Unterscheidung der Leistungsarten diente.

13 Mit der zum 7.12.2006 vorgenommenen Änderung im Wortlaut der Vorschrift (zuvor nur: „Leistungen an Personen, die Leistungen in Form ambulant betreuter Wohnmöglichkeit erhalten haben“), macht das Gesetz deutlich, dass sämtliche Leistungen der ambulanten Betreuung nach dem Sechsten bis Achten Kapitel - aber auch nur solche, also nicht etwa Leistungen der Altenhilfe - mit der Zielrichtung der Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich (zur Zielrichtung bereits BSG, a. a. O.) gleichgestellt sind. Neben den Leistungen zur Teilhabe kann nach dem ausdrücklichen und unzweideutigen Willen des Gesetzgebers auch die Gewährung von ambulanten Leistungen der Hilfe zur Pflege einen Leistungsfall des „Betreuten-Wohnens“ im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII darstellen, weil die Sicherung der Selbstbestimmung im eigenen Wohn- und Lebensbereich damit einhergeht. Unter Berücksichtigung dieses Wortlauts ist es systematisch ausgeschlossen, die Norm nur für Eingliederungshilfeleistungen des betreuten Wohnens anzuwenden. Der Gesetzgeber versteht vielmehr im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung auch Leistungen der Hilfe zur Pflege normativ als ambulante Betreuung iS des § 98 Abs. 5 SGB XII, hat dabei also ein weites Begriffsverständnis zugrunde gelegt; auf die für die Leistungsansprüche erforderliche Unterscheidung zwischen Eingliederungshilfe und Pflegehilfe kann es deshalb nicht ankommen, weil ansonsten § 98 Abs. 5 SGB XII für Leistungen der Hilfe zur Pflege (7. Kap des SGB XII) bedeutungslos wäre: Ihr Ziel ist immer die pflegerische Unterstützung, nicht die Eingliederung bzw. Teilhabe (vgl. näher nur Meßling in juris PraxisKommentar (jurisPK) SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 61 SGB XII RdNr. 16 ff m. w. N. zur Rspr). Ob ausnahmsweise für die Anwendung des § 98 Abs. 5 SGB XII etwas anderes gilt, wenn die Hilfe zur Pflege qualitativ eine Intensitätsstufe unterschreitet (etwa sog Pflegestufe Null; s dazu Meßling, a. a. O., RdNr. 82 ff m. w. N.) oder keine kontinuierliche, sondern nur punktuelle pflegerische Betreuung gewährt wird (s zu diesem Gedanken für die Abgrenzung zwischen Hilfe und Pflege und Eingliederungshilfe BSGE 109, 56 ff RdNr. 15 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1), bedarf keiner Entscheidung; keine dieser denkbaren Ausnahmen liegt hier vor.

14 Die Zuständigkeitsregelung beruht auf dem gesetzgeberischen Ziel, Einrichtungsorte nur in bestimmten Fällen zu schützen (vgl. dazu BSGE 109, 56 ff RdNr. 17 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1), und ist insoweit einer Prüfung auf Sinnhaftigkeit nicht zugänglich. Diesem normativen Bestreben, die Verbreitung aller ambulanten Betreuungsformen, die der Verwirklichung eines selbstbestimmten Lebens in Würde dienen, zu unterstützen, liefe es jedenfalls zuwider, wollte man entgegen dem Gesetzeswortlaut eine Abgrenzung nur nach der Art der Leistung vornehmen.“

Das BSG hält an anderer Stelle die Vorschrift des § 98 Abs. 5 SGB XII für wenig durchdacht und inkonsistent und regt eine gesetzliche Neuregelung an (BSG Urteil vom 20.04.2016, B 8 SO 8/14 R, Rn. 11). Gleichwohl ist die Vorschrift geltendes Recht und anzuwenden, wobei entscheidend auf das Ziel der Hilfe abzustellen ist, wie das BSG im Urteil vom Urteil vom 30. Juni 2016 - B 8 SO 7/15 R -, Rn. 19, juris erneut betont hat: „Entscheidend ist das Ziel der Hilfe (vgl: BSGE 109, 56 ff RdNr. 15 f = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1; BSGE 103, 171 ff RdNr. 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr. 5; für die Abgrenzung von Leistungen im Bereich der Jugendhilfe ebenso BVerwGE 144, 364 ff RdNr. 17), das beim Ambulant-betreuten-Wohnen umfassend in der Verselbstständigung der Lebensführung des behinderten Menschen in seinem eigenen Wohn- und Lebensumfeld zu sehen ist. Dieses (weite) Verständnis betonen ausdrücklich der ursprünglich vorgesehene Normtext des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX im Entwurf des SGB IX (vgl. BT-Drucks 14/5074, S 22: „Hilfen zur Verselbstständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten“) und die dazu gegebene Begründung: Die bisher für solche Hilfen herangezogene Rechtsgrundlage des § 40 Abs. 1 Nr. 8 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) („Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“) i. V. m. § 19 Eingliederungshilfe-Verordnung sollte nur konkretisiert und verallgemeinert werden (BT-Drucks 14/5074, S 111). Die letztlich Gesetz gewordene Formulierung geht auf eine Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zurück, die der Klarstellung dienen sollte (vgl. BT-Drucks 14/5786, S 48 und BT-Drucks 14/5800, S 29). Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens können somit nicht auf unmittelbar wohnungsbezogene Hilfen, z. B. die Hilfe zum Sauberhalten der Wohnung, beschränkt werden. Der behinderte Mensch soll vielmehr dazu befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohn- und Lebensbereich möglichst selbstständig vorzunehmen (Luthe in juris PraxisKommentar SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 55 RdNr. 44; im Ergebnis Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 54 SGB XII RdNr. 69). Es genügt mithin, ist aber auch erforderlich, dass durch die geleistete Hilfe das selbstständige Leben und Wohnen ermöglicht werden soll, indem z. B. einer Isolation bzw. Verwahrlosung, einer relevanten psychischen Beeinträchtigung oder einer stationären Unterbringung entgegengewirkt wird, die mit einer Übernahme der Gesamtverantwortung für die gesamte Lebensführung des behinderten Menschen durch die Einrichtung (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BSG SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 RdNr. 18) einhergeht, damit der behinderte Mensch durch den Verbleib in der eigenen Wohnung einen Freiraum für die individuelle Gestaltung seiner Lebensführung erhält.“

Nach dem Konzept des Hospizvereins war hier die Begleitung kranker und sterbender Menschen in familiärer Atmosphäre auf ihrem Weg Ziel der Hilfe. Es ging um die Unterstützung der selbstständigen Lebensführung bis zum Schluss. Kranke und sterbende Menschen sollten bis zum Lebensende weitgehend selbstständig wohnen, auf Wunsch sollte ihnen aber durch niedergelassene Ärzte und ambulante Pflegedienste die individuell notwendige Betreuung zur Verfügung stehen. Die geschuldeten Leistungen zum betreuten Wohnen bestanden in den Grundleistungen (24- Notruf, Bereitstellung täglich erreichbarer Kontaktpersonen, Vermittlung von Kontakten und Hilfen im hauswirtschaftlichen Bereich, Vermittlung qualifizierter Fachberatung, Vermittlung von ambulanten Diensten usw.). Für diese Grundleistungen des Betreuten Wohnens wurde die Grundpauschale von 156, 13 EUR monatlich erhoben.

Daneben gab es Betreuungsleistungen der Hospizgemeinschaft, die mit monatlich 330 EUR vergütet wurden. Diese umfassten u. a. den spirituellen, seelischen und psychologischen Beistand für den Lb und deren Angehörigen (der Lb hatte solche aber nicht), im Fall des Todes zusätzlich anfallende Aufgaben.

Unerheblich ist, dass gerade die hier ausschlaggebenden Betreuungsleistungen nach den Ziffern 1 und 2 des Betreuungsvertrages vom 15.06.2010 nicht als Eingliederungshilfeleistungen vergütet werden konnten, weil es an einer Leistungsvereinbarung oder einem Leistungsangebot fehlte (vgl. oben unter 9 b.). Diese Betreuungsleistungen wurden vom Kläger ausdrücklich auch nicht bezahlt, so dass diese Leistungen im Umfang von 13.092,57 EUR offen blieben (vgl. Anlage zu Schreiben D. an den Kläger vom 22.03.2011, Schreiben des Beigeladenen an den Senat vom 18.11.2016). Gleichwohl begründen diese Leistungen die Zielrichtung der Hilfe für den Lb.

Nach dem Ziel der Hilfe war hier sehr wohl die Verselbstständigung bzw. der Erhalt der Selbstständigkeit der Lebensführung des sterbenden Menschen in seinem eigenen Wohn- und Lebensumfeld Ziel der Maßnahme. Der Argumentation der Beklagten, wonach es in einem Hospiz gerade nicht um die Eingliederung in Gemeinschaft, sondern um eine Form der Ausgliederung aus dieser geht, kann nicht gefolgt werden, weil auch einem sterbenden Menschen nicht das Recht auf selbstbestimmte Lebensführung im Rahmen der ihm verbliebenen Restmöglichkeiten abgesprochen werden kann.

11. Der Umstand, dass es sich bei den dem Lb gewährten Hilfen zwar um Leistungen des ambulant betreuten Wohnens handelt, aber tatsächlich Pflegeleistungen im Vordergrund standen (vgl. auch Bayer LSG Urteil vom 21.Januar 2016, L 8 SO 235/14) führt hier nicht zu einem anderen Ergebnis: Anders als in dem vom Senat bereits entschiedenen Fall lag beim Lb neben dem allgemeinen Pflegebedarf nach dem SGB XI auch eine eingeschränkte Alltagskompetenz nach § 45 a ff SGB XI vor (MDK Gutachten vom 28.09.2010). Daneben lagen auch die Voraussetzungen für ambulante Leistungen der Krankenversicherung nach § 37 b SGB V vor (spezialisierte ambulante Palliativversorgung, §§ 132 d, 132 f SGB V). Leistungen nach § 38 a SGB XI (Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen) wurden nicht gewährt, weil diese Vorschrift zum streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht in Kraft war.) Bei beiden Leistungen kann man aber nicht unterstellen, dass die Pflege und die Palliativbetreuung den mit den Grundleistungen zum betreuten Wohnen umfassten Bedarf des Lb mitabdecken, weil es sich zum einen um den Ausgleich der Bedarfe bei den eingeschränkten Alltagskompetenzen und zum anderen um die besonderen Bedarfe der ambulanten Palliativbehandlung handelt. Nachdem hier auch keine Eingliederungshilfeleistungen an den Lb „erbracht“ wurden (s.o.), sind die für das ambulant betreute Wohnen von der D. erbrachten Betreuungsleistungen nach dem weiten Begriff des § 98 Abs. 5 SGB XII zu würdigen. Die Leistungen, die als Grundleistungen betreutes Wohnen im Betreuungsvertrag vom 15.06.2010 beschrieben wurden, decken sich nicht mit den Leistungen, die im Rahmen der Pflege und der ambulanten Palliativversorgung zu erbringen waren.

Damit ist der Anwendungsbereich des § 98 Abs. 5 SGB XII eröffnet, von dessen Wortlaut ein ambulant betreutes Wohnen auch dann vorliegt, wenn ausschließlich Leistungen nach dem 7. Kapitel (Pflege) erbracht werden.

12. Der Erstattungsanspruch ist auch in der geltend gemachten Höhe von 32.750,18 EUR begründet. Der Kläger hat entsprechend der Bewilligung der vorläufigen Leistungen in dem Bescheid vom 07.02.2011 an den Lb Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung, Hilfe zur Pflege und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erbracht, wobei er die Ewerbsminderungsrente als Einkommen angerechnet und die Leistungen der Pflegeversicherung in Abzug gebracht hat. In der Anlage zur Klageschrift zum SG vom 11.11.2011 hat der Kläger die für den Lb bewilligten und gezahlten Leistungen aufgelistet und nach Regelleistungen, Kosten der Unterkunft und Heizung, Pflegeleistungen und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen jeweils für den Zeitraum vom 17.06.2009 bis 13.03.2010 aufgelistet. Anhaltspunkte dafür, die Höhe der Erstattungsforderung in Zweifel zu ziehen, liegen nicht vor.

Das Urteil des SG erging zu Recht. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

13. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beklagte hat die gesamten Kosten zu tragen. Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 3 VwGO.

14. Die Revision wird nicht zugelassen. Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten, beide überörtliche Träger der Sozialhilfe, streiten um die Erstattung von Kosten, die der Kläger im Zeitraum vom 3.10.2013 bis 30.6.2014 für Leistungen an die Hilfeempfängerin (Leistungsberechtigte S. S.) aufgewandt hat.

Die Leistungsberechtigte legte im Bezirk des Klägers im Jahr 2013 das Abitur ab und verzog am 20.9.2013 in das Gebiet des Beklagten. Dort studierte sie seit dem Wintersemester 2013/2014 an der Universität, die im Gebiet der Beigeladenen liegt.

Während der Schulzeit hatte der Kläger die Kosten eines Schulhelfers als Eingliederungshilfe übernommen. Denn die Leistungsberechtigte leidet von Geburt an an einer spinalen Muskelatrophie und kann nicht stehen oder gehen und nur bedingt frei sitzen. Für die Fortbewegung ist ein elektrischer Rollstuhl notwendig; die Armkraft ist stark eingeschränkt. Sie ist auch nachts auf ständige Hilfe angewiesen, muss insbesondere mehrmals umgelagert werden. Sie ist seitens der gesetzlichen Pflegeversicherung in die Pflegestufe III eingeordnet.

Den Umzug sowie die Aufnahme des Studiums hatte die Leistungsberechtigte dem Kläger unter Übersendung des am 10.5.2013 unterzeichneten Hilfeplanungs-, Entwicklungs- und Abschlussberichtsbogens (HEB-Bogen) vom 29.4.2013 mitgeteilt und am 16.5.2013 (Eingang) Leistungen beantragt.

Der Kläger übersandte dem Beklagten den Antrag am 21.5.2013, weil in dessen Bereich die Hochschule liege. Dieser sandte am 29.5.2013 den Antrag an den Kläger zurück, weil es sich um ambulant betreutes Wohnen handle. Nach § 98 Abs. 5 SGB XII sei danach der bisherige Sozialhilfeträger zuständig.

Nach Rücksprache mit dem Beklagten und der Beigeladenen bewilligte der Kläger mit Bescheid vom 13.9.2013 Eingliederungshilfe und ambulante Hilfe zur Pflege in Form von Hochschulhilfe und persönlicher Assistenz laut Kostenvoranschlag des Zentrums für selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. - Assistenzorganisation - ZSL - A-Stadt in Höhe von bis zu 16.202,93 € pro Monat und machte gleichzeitig gegenüber dem Beklagten und gegenüber der Krankenkasse einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X geltend. Mit Bescheid vom 29.11.2013 übernahm der Kläger auch die Kosten für ein Assistentenzimmer in Höhe von 100,00 € monatlich.

Zuvor erfolgten Schriftwechsel und Telefonate mit dem Beklagten. Gleichzeitig sandte der Kläger Schreiben in Kopie an die Beigeladene, damit diese über die beantragten ambulanten Hilfen zur Pflege ggf. in Absprache mit dem Beklagten entscheiden könne. Am 13.9.2013 erstellte der Sozialpädagogisch-Medizinische Dienst nach Durchführung eines Hilfeplangespräches eine fachliche Stellungnahme

Am 9.12.2013 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29.11.2013 Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) wegen der bisher angefallenen Kosten erhoben.

Mit Beschluss vom 4.7.2014 hat das SG die Stadt A-Stadt zum Verfahren beigeladen.

Durch Urteil vom 12. August 2014 hat das SG den Beklagten verurteilt, dem Kläger die im Zeitraum vom 3.10.2013 bis 30.6.2014 für die Leistungsberechtigte entstandenen Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 122.288,02 € zu erstatten. Dabei hat es auch eine zulässige Klageerweiterung angenommen.

Zur Begründung führt das SG an, dass der Kläger gemäß § 102 SGB X Erstattung vom Beklagten verlangen könne. Denn dieser habe gemäß § 43 Abs. 1 SGB I vorläufig mit Bescheid vom 13.9.2013 Leistungen gewährt. Nach der objektiven Rechtslage sei aber der Beklagte zuständig gewesen. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Es liege kein ambulant betreutes Wohnen im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII vor. Nach der Rechtsprechung (BSG Urteil vom 25.8.2011, B 8 SO 7/10) dürfe es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein. Hier entfielen aber von den täglich insgesamt 22,5 Stunden Assistenz lediglich 6 Stunden 22 min auf die Assistenz zum selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, während der Vorlesungszeit sogar nur 1 Stunde 39 min. Die sachliche Zuständigkeit richte sich nach Art. 82 Abs. 2 AGSG. Nach dieser Vorschrift gelte § 97 Abs. 4 SGB XII entsprechend, wenn Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft erbracht werde. Art. 82 Abs. 2 AGSG regele somit eine Allzuständigkeit. Anders als bei der Auslegung von § 98 Abs. 5 SGB XII komme es bei Art. 82 Abs. 2 AGSG nicht auf den Schwerpunkt der Maßnahme an. Entscheidend sei, dass überhaupt - wenn auch nur zu einem kleinen Teil - Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht würden (vgl. BayLSG Urteil vom 21.2.2013, L 18 SO 85/10). Grund für die abweichende Auslegung sei insbesondere der mit der Neufassung von Art. 82 AGSG verfolgte Zweck, Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden und Leistungen aus einer Hand zur Verfügung zu stellen. Betreutes Wohnen in diesem Sinne liege vor. Die Assistenz beinhalte neben der Hochschulhilfe die Hilfe „zu Hause“, u. a. zum Empfang von Besuch in der Wohnung, für Bürotätigkeiten wie Schreibtisch ordnen oder Briefe öffnen sowie für das Bedienen technischer Geräte. Jedenfalls ein Teil der erbrachten Leistung bestehe somit in der Erbringung von Eingliederungsleistungen „durch“ Betreuung in betreutem Einzelwohnen. Anders als vom Beklagten behauptet, liege Eingliederungshilfe nicht nur bei der Erbringung pädagogischer Hilfe vor. Eingliederungshilfe sei auch bei rein körperlich behinderten Leistungsempfängern möglich. So gehörten z. B. gerade Hilfen zur Vermittlung gesellschaftlicher Kontakte zum Bereich der Eingliederungshilfe, §§ 55, 58

SGB IX.

Gegen das am 3.9.2014 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 25.9.2014 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Diese wurde zunächst damit begründet (Schriftsatz vom 25.9.2014), dass es sich der Art nach bei der Betreuung im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII nicht um überwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln dürfe. Da aber bei der Leistungsempfängerin immerhin über 6 Stunden täglich auf Assistenz zum selbstbestimmten Leben entfielen, müsse ein hinreichend genügender Bedarf an Eingliederungshilfe im Sinne von § 98

Abs. 5 SGB XII angenommen werden. Damit bleibe der Träger zuständig, der unmittelbar vor Eintritt in diese Wohnform zuständig gewesen sei. Dem hat der Kläger widersprochen (Schriftsatz vom 1.10.2014). Hauptzielrichtung bei der Maßnahme der Leistungsempfängerin sei nicht die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Bei einer sozial integrierten Abiturientin mit sehr guten Noten müssten die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Wohnen nicht vermittelt werden. Im Vordergrund stehe vielmehr die aufgrund der schweren körperlichen Behinderung erforderliche pflegerische Hilfe.

Der Senat hat den Kläger um Stellungnahme zu Aktivitäten des Gesetzgebers gebeten. Dieser hat mitgeteilt (Schriftsatz vom 16.1.2015), dass die unterschiedliche Interpretation des Begriffs „betreutes Wohnen“ in § 98 Abs. 5 SGB XII und Art. 82 Abs. 2 AGSG zwar zu Besprechungen beim Verband der bayerischen Bezirke geführt habe. Im Gesetzgebungsverfahren selbst habe sich aber nichts Neues zugetragen.

Der Senat hat dann anschließend eine Stellungnahme des ZSL eingeholt. Danach wird die Pflege nach einem Dreieck organisiert: Kunde, Assistenzkraft und Assistenzbegleitung, die für die Koordination der Assistenzorganisation zuständige Person. Zur Organisation selbst wird unter Punkt 4 des vorgelegten Konzepts beschrieben, dass seit Einführung der Pflegeversicherung ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI abgeschlossen worden sei und dass das ZSL ein nach SGB XI zugelassener, anerkannter Pflegedienst sei. Darüber hinaus sei die Assistenzorganisation Leistungserbringer für Menschen mit Behinderungen, die über die Pflegeversicherung hinaus auf Leistungen nach dem

SGB XII angewiesen seien. Seit 2010 sei der überörtliche Sozialhilfeträger für diese Leistung im Rahmen der Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege zuständig, der seine Leistungen auf eine Grundlage einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII erbringe.

Dazu nahm der Kläger erneut Stellung (Schriftsatz 29.7.2015). Die Leistungsempfängerin sei intellektuell überhaupt nicht beeinträchtigt und bedürfe keiner Betreuung allgemeiner Art. Bei § 98 Abs. 5 SGB XII sei ein hauptsächliches Ziel bzw. ein Schwerpunkt erforderlich. Danach sei eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit zu bejahen, wenn der Hilfebedürftige die Wohnung selbst anmiete und darin durch qualifiziertes Fachpersonal regelmäßig ambulante Betreuungsmöglichkeiten im Rahmen eines Gesamtkonzepts angeboten würden, welche auf die Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnissen zu selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet seien. Später (Schriftsatz 12.10.2015) hat der Kläger auch noch auf ein Urteil des LSG Berlin-Brandenburg verwiesen (Urteil vom 11.12.2014, Az.: L 23 SO 106/13). Danach orientiere sich der Begriff des betreuten Wohnens im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII an dem Begriff des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.

Der Berufungskläger (Beklagter) beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 zurückzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und wurde form- und fristgerecht erhoben.

Die Wertvorschriften sind erfüllt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Die Klage ist auch beziffert. Ein Grundurteil wäre bei einer Leistungsklage unzulässig.

Es handelt sich um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Das Rechtsschutzbedürfnis war jedenfalls gegeben, da die Leistungszuständigkeit umstritten war.

Insbesondere bedurfte es keiner Beiladung der Hilfebedürftigen nach § 75 Abs. 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung), weil es sich bei dem vom Kläger als Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX i. V. m. Art. 81 Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze) mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch des § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch handelt, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft (vgl. BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - Rn. 10 m. w. N., zuletzt BSG, Urteil vom 23.7.2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 Rn. 9).

Gegenstand der Klage ist die Erstattung für zunächst einen Zeitraum vom 3.10.2013 bis Ende November 2013 (Klageeingang). Später erfolgte dann eine Klageerweiterung, die vom SG als sachdienlich erachtet worden ist, und damit auch der Berufung zugrunde liegt. Somit geht es um die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von insgesamt 122.288,02 € für den Zeitraum vom 3.10.2013 bis zum 30.6.2014.

Das Urteil des Sozialgerichts erging zu Recht.

Ein Erstattungsanspruch des Klägers (Bezirk Schwaben) besteht gemäß § 105 SGB X (unter 1). Denn der Kläger und Berufungsbeklagte hat als unzuständiger Leistungsträger geleistet, obwohl der Berufungskläger sachlich (unter 2) und örtlich (unter 3) und in der verlangten Höhe (unter 4) zur Leistung verpflichtet war.

1. Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs des Klägers gegen den Beklagten ist hier § 14 Abs. 4 S. 3 2. HS SGB IX i. V. m. § 105 Abs. 1 S. 1 SGB X. Der Beklagte hätte gem. § 14 Abs. 2 S. 3 SGB IX (als zweitangegangener Leistungsträger) leisten müssen. Die Vorschrift dient der schnellen Klärung des zuständigen Rehabilitationsträgers, damit der behinderte Mensch trotz des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in kurzer Zeit die entsprechenden Leistungen zur Teilhabe bekommt. Der Rehabilitationsträger, an den der Leistungsantrag abgegeben wurde, ist an diese Abgabe gebunden (Kossens/von der Heide/Maaß/Grauthoff SGB IX § 14 Rn. 17, BeckOK SozR/Jabben SGB IX § 14 Rn. 3-7, beckonline).

Die Voraussetzungen lagen nach § 105 SGB X vor.

a)

Am 21.5.2013 übersandte der Kläger den Antrag an den Beklagten. Am 29.5.2013 sandte der Beklagte den Antrag an den Kläger zurück (Eingang dort am 3.6.2013) mit der Begründung, dass es sich um ambulant betreutes Wohnen handle und gemäß § 98 Abs. 5 SGB XII der bisherige Sozialhilfeträger, also der Kläger, zuständig bleibe.

Die Systematik des SGB IX erlaubt es einem Träger nicht, einen Antrag zurückzugeben. Es ist vielmehr gerade Sinn und Zweck des Verfahrensrechts in der Rehabilitation, eindeutige Zuständigkeit zu schaffen und einen Zuständigkeitsstreit zulasten des Leistungsempfängers auszuschalten (vgl. diverse Entscheidungen des erkennenden Senats, Beschlüsse vom 21.1.2015 - L 8 SO 316/14 B ER und vom 25.8.2014 - L 8 SO 190/14 ER -, Rn. 8, juris). Zur Feststellung des Rehabilitationsbedarfs hatte der Beklagte gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX diesen unabhängig von der ihm nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX zugewiesenen, dem materiellen Recht folgenden Zuständigkeit unverzüglich festzustellen und nicht lediglich den nach dem für ihn geltenden materiellen Recht maßgeblichen Rehabilitationsbedarf, sondern in Folge der Zuständigkeitszuweisung nach § 14 Abs. 2 SGB IX auch einen Rehabilitationsbedarf nach sonstigen Rechtsgrundlagen festzustellen. Denn die Zuständigkeitszuweisung des § 14 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zum behinderten Menschen auf alle Rechtsgrundlagen, die in der konkreten Bedarfssituation für Reha-Träger vorgesehen sind (zuletzt BSG6.3.2013 - B 11 AL 2/12 R, juris Rn. 11 m. w. N., bzw. BSG vom 23.8.2013, Az.: B 8 SO 17/12 R). Im Verhältnis zum behinderten Menschen wird dadurch eine eigene gesetzliche Verpflichtung des zweitangegangenen Trägers begründet, die - vergleichbar der Regelung des § 107 SGB X - einen endgültigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistungen in diesem Rechtsverhältnis bildet (BSG a. a. O.).

b)

Der Beklagte war Rehabilitationsträger im Sinne von § 6 SGB IX. Der Begriff der Rehabilitation ist nicht auf die Eingliederungshilfe reduziert. Zudem geht der Streit hier gerade auch darum, ob wegen des Anteils an Eingliederungshilfe an der Gesamtleistung die Zuständigkeit des zweitangegangenen Träges besteht. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 6. SGB IX in der Fassung vom 12.4.2012 können die Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach § 5 Nr. 1, 2 und 4 u. a. Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) sein. Zur Teilhabe werden nach § 5 Nr. 4 SGB IX ua. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erbracht (§ 5 SGB IX). Grundsätzlich kommen auch bei pflegebedürftigen Personen Teilhabeleistungen in Betracht, wenn das Teilhebeziel noch annähernd erreichbar ist. Ein hoher Grad der Pflegebedürftigkeit und Rehabilitation schließen sich nicht aus (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 4 SGB IX, Rn. 34).

Der Antrag vom 16.5.2013 war zudem bei dem Beklagten als einem Träger der Rehabilitation eingegangen. Der erstangegangene Träger muss lediglich abstrakt Rehabilitationsträger sein. Ein umstrittener Bedarf an Rehabilitation wird nicht in eine erste Prüfung der Zuständigkeit hineingezogen. So ist es unerheblich, wenn der Beklagte mit einem Antrag befasst worden ist, der sich uU auch auf Rechtsgrundlagen stützt, für die der Beklagte materiellrechtlich nicht zuständig ist. Zudem gilt auch für den Beklagten als bayer. Sozialhilfeträger Art. 82 Abs. 2 AGSG.

c)

Obwohl er hier als zuerst angegangener Leistungsträger bei unzulässiger Rückleitung geleistet hat, steht dem Kläger dennoch ein Erstattungsanspruch zu. § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX sieht zwar in dem Falle vor, dass für unzuständige Rehabilitationsträger, die eine Leistung nach Abs. 2 Satz 1 und 2 erbracht haben, § 105 SGB X nicht anzuwenden ist. Obwohl hier der zuerst angegangene Leistungsträger geleistet hat, steht ihm dennoch ein Erstattungsanspruch zu. Nach § 14 Abs. 4 Satz 3 2. HS SGB IX bleibt ein Erstattungsanspruch doch noch erhalten, wenn die Rehabilitationsträger Abweichendes vereinbaren. Seit dem 1.5.2004 (Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen) können die Rehabilitationsträger zur Abfederung von Härten abweichende Vereinbarungen treffen (Hauck/Noftz/Götze SGB IX § 14 Rn. 24). Zu einer entsprechenden Vereinbarung der Rehabilitationsträger ist es bislang aufgrund von unterschiedlichen Rechtsauffassungen nicht gekommen, so dass Einzelprobleme in Ausnahmefällen durch die Rechtsprechung geklärt werden müssen.

d)

Der Senat nimmt hier einen solchen Ausnahmefall an. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts besteht weiterhin ein Erstattungsanspruch, wenn der Leistungsträger faktisch zur Vorleistung gezwungen wird (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 14/13 R -, Rn. 14, juris). Hier wurde zwar keine Vereinbarung im og Sinne getroffen. Es erfolgte aber eine umfassende Korrespondenz zwischen den Prozessbeteiligten, aus der der Wunsch nach einer grundsätzlichen Klärung hervorgegangen ist. Denn auch der Beklagte hatte Leistungsfälle zu bearbeiten, wegen derer er in ein anderes Bundesland leisten musste. Insbesondere hat der Bezirk Mittelfranken, Frau Ziegler, schon am 26.6.2013 entsprechend einem Telefongespräch um Vorleistung für die beantragte Eingliederungshilfe gebeten. Die örtliche Zuständigkeit war nach wie vor höchst umstritten. Die Mutter der Leistungsempfängerin (eine Rechtsanwältin) hat mit rechtlichen Schritten gedroht (E-Mail vom 19.7.2013). Der Kläger sah sich daher zu Recht im Interesse der Leistungsberechtigten faktisch gezwungen, die bei ihr beantragten Maßnahmen zu erbringen (BSG, Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 44/08 R -, BSGE 104, 294-303, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9, SozR 4-3250 § 28 Nr. 4, Rn. 17).

e)

Nicht als Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs war demnach § 104 SGB X einschlägig. Danach hätte ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht haben müssen (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X). § 14 Abs. 4 SGB IX regelt aber die Aufgabe des zweitangegangenen Rehabilitationsträgers, der aufgrund der Weiterleitung zuständig wurde, als „aufgedrängte Zuständigkeit“ und damit allumfassende singuläre Zuständigkeit.

Es bestand - entgegen der Ansicht des SG - keine vorläufige Zuständigkeit nach § 43 SGB I i. V. m. § 102 SGB X (h.M. vgl. BSGE 98, 267, 270 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4 und Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 14 SGB IX, Rn. 132). Die Regelung des § 14 Abs. 2 SGB IX berücksichtigt die Situation des zweitangegangenen Trägers und begründet einen Ausgleich darauf, dass der zweitangegangene Rehabilitationsträger - bei Vorliegen eines entsprechenden Bedarfs - die erforderlichen Rehabilitationsmaßnahmen selbst dann - auch nach anderen Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuchs - erbringen muss, wenn er der Auffassung ist, hierfür nicht zuständig zu sein (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 10 Rn. 11). Als Konsequenz hieraus scheidet ein Erstattungsanspruch für den erstangegangenen Träger nach § 102 SGB X regelmäßig mangels Notwendigkeit aus, weil dieser den Leistungsantrag nach § 14 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IX weiterleiten kann (Grube in jurisPK-SGB X, 1. Aufl. 2013, § 102 Rn. 6).

f)

Die Ausschlussfrist (§ 111 SGB X) hindert den Anspruch nicht. Danach ist der Erstattungsanspruch ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat.

Die Kenntnis bestand frühestens ab der Bescheiderteilung an die Leistungsempfängerin am 13.9.2013. Bereits am 9.12.2013 wurde Klage erhoben für Leistungen ab dem 3.10.2013. Mit Klageerweiterung vom 31.7.2014 für Zeiten/Leistungen bis zum 30.6.2014 in Höhe von insgesamt 122.288,02 € ist die Ausschlussfrist ebenfalls gewahrt.

Noch weniger ist eine Verjährung eingetreten (§ 113 Abs. 1 S. 1 SGB X). Der Fristenlauf ist schon durch die Geltendmachung beim SG gehemmt (§ 113 Abs. 1 S. 1 SGB X i. V. m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

2. Sachlich zuständig ist der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe. Die Länder bestimmen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe (§ 3 SGB XII). In Bayern sind dies die Bezirke (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, Art. 81 AGSG). In Konkurrenz zum Bundesrecht regelt das Landesrecht die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe für Leistungen der Pflege nach den §§ 61 bis 66 (§ 97 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in der Fassung vom 27.12.2003). Das bayerische Landesrecht weicht (entsprechend der Ermächtigung nach § 98 SGB XII) vom Bundesrecht insoweit ab, als die Leistungen der Hilfe zur Pflege nicht in die Zuständigkeit der Bezirke fallen, wenn diese ambulant erfolgen. Davon besteht aber wieder eine Rückausnahme, wenn neben der Pflege auch Eingliederungshilfe erfolgt. Dann gilt nach Art. 82 Abs. 2 AGSG eine besondere Zuständigkeit aufgrund des Gesamtfallgrundsatzes. § 97 Abs. 4 SGB XII gilt dann entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird (Art. 82 AGSG in der Fassung vom 20.12.2007).

So bestimmt Art. 82 Abs. 1 S. 1 AGSG (neu gef. m.W.v. 1.1.2008 durch G v. 20.12.2007 GVBl S. 979): „Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe sind sachlich zuständig 1. für alle Leistungen der Sozialhilfe nach dem Sechsten Kapitel SGB XII, 2. alle übrigen Leistungen der Sozialhilfe, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen gewährt werden, 3. die Leistungen der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII“. Art. 82 Abs. 2 AGSG besagt dagegen: „§ 97 Abs. 4 SGB XII gilt entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“

Nach der Ansicht des Senats ist ein Tatbestand gegeben, der die Rechtsfolge des Art. 82 Abs. 2 AGSG rechtfertigt. Im Sinne der sachlichen Zuständigkeit findet bei der Leistungsempfängerin eine Betreuung in einer Wohngemeinschaft statt. Der Wille des Landesgesetzgebers zeigt sich hier insbesondere in der Entstehungsgeschichte, die den Schluss auf eine weit gezogene Auslegung im Sinne des Gesamtfallgrundsatzes erlaubt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (Änderungsantrag vom 8.12.2007, Drucksache 15/9458 des Bayer. Landtags) sind zuvor vorgesehene einschränkende Tatbestandsmerkmale gestrichen worden. Zuvor hieß es noch im Entwurf: „wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer therapeutischen Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“ Dann wurden unter Nummer 4 b) der Gesetzesbegründung (Drucksache 15/8865, Gliederungspunkt 1.3, S. 10 vom 4.12.2007 des bayerischen Landtags betreffend Art. 82 Abs. 2 AGSG) die Zusätze „therapeutisches bzw. vergleichbar intensives“ bei „in einer betreuten Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht“ gestrichen. Dies bedeutete damals, dass die Bezirke, die zusätzlich zu ihrer Zuständigkeit für die teilstationäre und stationäre auch die Zuständigkeit für die gesamte ambulante Eingliederungshilfe erhalten haben, für die übrigen Leistungen (z. B. Pflege) auch zuständig werden sollten, wenn in der Form einer betreuten Wohngemeinschaft auch Eingliederungshilfe geleistet wurde. Der Rechtsprechung des 18. Senats des Bayer. LSG (Urteil vom 21.2.2013, Az.: L 18 SO 85/10) ist daher beizupflichten. Der 18. Senat sieht den Gesetzeszweck infrage gestellt, wenn es darauf ankäme, in welchem Umfang Leistungen der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege, der sozialen Pflegeversicherung und gegebenenfalls der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, um zu bestimmen, welcher Sozialhilfeträger für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB XII zuständig ist, zumal der anteilige Bedarf in Folge von Änderungen im Gesundheitszustand des Hilfebedürftigen zeitlich variieren könne. Diesem Gedanken schließt sich der erkennende Senat an.

Hier kommt es im Übrigen auch nicht auf die Auslegung durch den Verband der Bezirke an, dass der überörtliche Träger nur leisten solle, wenn der Anteil der Eingliederungshilfe in der gesamten Hilfe mehr als unerheblich ist und ein Ausmaß von 2 Stunden erreicht (Ergebnisprotokoll einer Sitzung des Fachausschusses für Soziales des Verbandes der bayerischen Bezirke in Füssen im April 2010). Dabei ist ausgeführt, dass es insbesondere notwendig sei, dass die Eingliederungshilfeleistungen regelmäßig und kontinuierlich erbracht würden, einen Betreuungsschlüssel von mindestens 1 zu 12 bzw. mindestens zwei Fachleistungsstunden direkte Klientenleistung pro Woche umfassten und diese Betreuungsleistungen dem Zweck dienten, die eigenbestimmte Lebensführung durch Unterstützung in der täglichen Lebenswirklichkeit zu verbessern und damit die Fähigkeit im häuslichen nicht stationären Leben zu sichern (Seite 4 des Protokolls).

Von der Klägerin werden verschiedene Arten von Hilfen geleistet. Mit Bescheid vom 13.9.2013 sind Eingliederungshilfe und ambulante Hilfe zur Pflege in Form von Hochschulhilfe und persönliche Assistenz bis zu einer monatlichen Größenordnung von 16.203 € bewilligt. Am 13.9.2013 stellte der Sozialpädagogisch-Medizinische Dienst nach Durchführung eines Hilfeplangespräches einen Gesamtbedarf an Assistenz von 22:30 Stunden täglich fest. Die Assistenz zum selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wurden dabei während der Vorlesungszeit mit 1:39 Stunden täglich und außerhalb des Semesterbetriebs und an Wochenenden mit 6:22 Stunden täglich festgestellt. An diesen durch eine fachkundige Stelle ermittelten und auch auf den Angaben des Betroffenen beruhenden Umständen hat der Senat keine Zweifel. Damit wird ein unmittelbarer Anteil an der Gesamtleistung für Hilfen zum selbstständigen Wohnen und in der Form des betreuten Wohnens erbracht. Ohne Zweifel ist damit eine entsprechende Anwendung von § 97 Abs. 4 SGB XII anzunehmen. Nach § 97 Abs. 4 SGB XII (Fassung vom 27.12.2003) umfasst die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74 SGB XII.

Zusammenfassend besteht also eine sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 3 SGB XII, Art. 81 Abs. 1 AGSG).

3. Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten besteht ebenfalls. Der Studienort der Leistungsempfängerin liegt im Gebiet des Bezirks Mittelfranken (§ 3 Abs. 3 SGB XII, Art. 81 Abs. 1 AGSG, Art. 1 BayKommStaGebG). Damit ist dieser gem. § 98 Abs. 1 SGB XII örtlich zuständig. Die Leistungsberechtigte hält sich dort tatsächlich auf. Sie ist in E. angemeldet, studiert und wohnt dort.

Eine Zuständigkeit der Klägerin gemäß § 98 Abs. 5 SGB XII besteht demgegenüber nicht.

a) Zunächst besteht keine Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 SGB XII, die eine solche nach § 98 Abs. 5 SGB XII ausschlösse. Denn bei der von der Leistungsempfängerin gewählten Wohnform liegt gerade keine stationäre Maßnahme vor. Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (ständige Rechtsprechung des BVerwGE zuletzt mit Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; sowie des BSG, BSGE 106, 264 ff Rn. 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr. 2 undUrteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 18) und der der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dient (vgl. § 13 Abs. 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1 Rn. 15).

Im vorliegenden Fall übernimmt kein Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten. Nach der Aufgabenbeschreibung des Dienstleisters ZSL erfolgt in einer Absprache von Pflegedienstleitung, Klient und Assistenzkraft eine im Wesentlichen durch die Leistungsempfängerin selbst bestimmte Betreuung. Die Leistungsberechtigte meistert auch nach den Bekundungen des Fachdienstes sehr selbstbewusst und selbstbestimmt ihr Leben. Es ist gerade deren erklärtes Ziel, nicht stationär untergebracht zu werden. Dies schließt aber andererseits nicht aus, dass Hilfestellungen im Konzept des „betreuten Wohnens“ ambulant erbracht werden.

Das vorgelegte Konzept des Zentrums für selbstbestimmtes Leben beinhaltet für sich genommen keine großen Zweifel an einer Maßnahme der Eingliederungshilfe, die - die Pflege ausgeklammert - als betreutes Wohnen bezeichnet werden kann. Es ist nur so ausgestaltet, dass nach dem Therapiekonzept bzw. dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten. Das Zentrum für selbstbestimmtes Leben schafft letztlich das Ambiente für ein Wohnen außerhalb des Haushalts der Eltern.

In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist dabei allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 Rn. 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 98 SGB XII Rn. 33). Die Abgrenzung teilstationärer zu stationären Leistungen in Einrichtungen kann deshalb nur anhand zeitlicher Kriterien erfolgen. Wohnt ein Leistungsberechtigter hingegen ohne organisatorische Anbindung und ohne die beschriebene umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form (zur Qualifikation als „Betreutes Wohnen“ siehe unter b) vor. Ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet, ist für die rechtliche Qualifikation der Leistung ebenso wenig von Belang wie die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 19, 20).

b) Dennoch besteht hier kein betreutes Wohnen im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII. Dem Wortlaut nach wird die Erbringung von Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel „in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten“ vorausgesetzt (§ 98 SGB XII in der Fassung vom 20.12.2012).

Nach der sprachlich eher verwirrenden Formulierung „Für Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel ... erhalten ...“ erstreckt sich die angeordnete Zuständigkeit auf alle Sozialleistungen i. S. d. § 8 SGB XII, die an den Berechtigten erbracht werden und damit auch auf solche, die über die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel hinausgehen (Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 98 SGB XII, Rn. 55). Mit diesem durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 gegenüber der Fassung vom 21.3.2005 eingefügten Zusatz sollte klargestellt werden, dass sich der Leistungsumfang (Rechtsfolgenseite) auf alle Leistungen erstreckt. Für die aus sprachlicher Sicht denkbare Tatbestandserweiterung ergeben sich keine Anhaltspunkte aus den Gesetzesmaterialien. Damit würde faktisch auch eine Gleichstellung des betreuten Wohnens mit der stationären Unterbringung stattfinden und es käme nicht mehr auf die besondere Zielsetzung eines betreuten Wohnens im Sinne von § 55 SGB IX an. Denn irgendwelche Leistungen der besonderen Kapitel des SGB XII werden mehr oder weniger in jeder Wohngemeinschaft erbracht, ohne dass es dann noch auf die besondere Zielrichtung der Ermöglichung des Führens eines selbstbestimmten Lebens ankäme. So ist in der Begründung des Gesetzentwurfes angeführt, dass die Änderungen der Klarstellung des Gewollten dienten. Die Einfügung der Wörter „nach diesem Buch“ verdeutlicht, dass mit der Anknüpfung der örtlichen Zuständigkeit an die vorhergehende örtliche Zuständigkeit alle Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch betroffen seien. Die Einfügung „nach dem Sechsten bis Achten Kapitel“ stelle den Regelungsbereich klar (BR Drucksache 617/06 vom 31.8.2006, S 21).

Nach der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1514, Seite 67 zum § 93, später § 98 SGB XII) stellt der „neue“ Absatz 5 die Zuständigkeit desjenigen Trägers der Sozialhilfe sicher, der vor Eintritt der Person in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten zuletzt zuständig war. Der Begriff „betreute Wohnmöglichkeiten“ orientiere sich an dem des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.

Der Zielsetzung und dem Wortlaut nach unterscheidet sich diese Vorschrift damit von Art 82 Abs. 2 Bay. AGSG. Dort wird „Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen“ gefordert und es ist beabsichtigt, im Interesse des Leistungsempfängers entsprechend dem Gesamtfallgrundsatz die Leistung aus einer Hand zu erbringen. § 98 SGB XII hat keine Auswirkungen auf die Frage der sachlichen Zuständigkeit (BT-Drs. 16/2711, S. 11). Ist für die betreute Wohnmöglichkeit (etwa eines behinderten Menschen) der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, geht eine für die vorherige Hilfeleistung bestehende Zuständigkeit des örtlichen Trägers daher auf ihn über (Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 45. UPD 11/2015, § 98 Örtliche Zuständigkeit, Rn. 74).

Demgegenüber zielt die Tatbestandsseite von § 98 Abs. 5 SGB XII auf den Schutz des Einrichtungsortes ab und verlangt eine Maßnahme des betreuten Wohnens im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Der Charakter der Maßnahme muss im betreuten Wohnen bestehen. So führt auch das BSG mit Urteil vom 25.08.2011 (B 8 SO 7/10 R Rn. 15) an:

„Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten wird im Gesetz nicht näher definiert, hat sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren (BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93). Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen hat deshalb in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung aber nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein“

Die Betreuung des Hilfeempfängers soll nach den Ausführungen des LSG Baden-Württemberg spezifisch auf die eigenständige Steuerung und Sicherung des Tagesablaufs mit regelmäßiger sozialpädagogischer Hilfe und der Beratung in bestimmten Lebenssituationen im Bereich Wohnen gerichtet sein. Das zu fordernde Konzept muss insbesondere auf die Erhaltung oder Verbesserung der Fähigkeit, sich selbstständig in der Wohnung zurecht zu finden, diese eigenverantwortlich sauber zu halten sowie den sozialen Umgang mit Mitbewohnern und anderen Mietern zu erlernen oder zu trainieren, abzielen, um dem Hilfebedürftigen zu ermöglichen, sich innerhalb und außerhalb der Wohnung möglichst selbstständig zu bewegen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 4.5.2011 - L 2 SO 5815/09 -, Rn. 37, juris). Ähnlich hat schon das LSG Berlin-Branden- burg (Urteil vom 8.10.2009, Az.: L 15 SO 267/08) entschieden in einem Fall einer Klägerin, die zu eigenständigen Bewegungsabläufen nicht in der Lage war und für alle Belange des täglichen Lebens auf die Hilfe anderer angewiesen war. Aus der gesetzessystematischen Stellung des § 55 SGB IX folge, so das LSG Berlin-Brandenburg, dass eine betreute Wohnmöglichkeit lediglich eine solche sei, in der Betroffene Angebote zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erhalte. Das sei bei der dortigen Klägerin nicht der Fall. Sie erhalte in ihrer Unterkunft lediglich Hilfen, die ihre gesundheitsbedingte Unfähigkeit ausglichen, die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens selbst ausführen zu können, also Hilfen zur Pflege.

Im speziellen Einzelfall der Leistungsempfängerin stehen hier die Zwecke der Pflege und die Hochschulhilfe eindeutig im Vordergrund. Auch Anteile der sonstigen Assistenz unterfallen der Pflege, da sie z.T. der hauswirtschaftlichen Versorgung oder der Mobilität dienen (§ 14 Abs. 4 Nrn. 3 und 4 SGB XI). Berücksichtigungsfähig sind hier Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind. Erfasst sind damit solche auswärtigen Termine, die Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim vermeiden und die das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen. Dies betrifft die von der Leistungsempfängerin beschriebenen Hilfestellungen, ständige Begleitung bei allen Aktivitäten außerhalb der Wohnung (Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, Jacke und Schuhe aus- und anziehen, Hilfe beim Essen und Trinken unterwegs). Da der Kopf beim Fahren oft nach vorn falle, müsse er von Assistenten wieder aufgerichtet werden.

Darüber hinaus hat sie auch häusliche Krankenpflege für eine Beatmungsassistenz im Umfang von 25 Stunden wöchentlich beantragt, die aber von der Krankenversicherung nicht bewilligt worden ist. Allein der zeitlichen Verteilung nach ist - wie oben bereits dargestellt - die Assistenz zum selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft mit 1:39 Stunden täglich und außerhalb des Semesterbetriebs und an Wochenenden mit 6:22 Stunden weit geringer als der tägliche Bedarf an Pflege in Höhe von 16:08 Stunden; wobei noch der Hilfebedarf Assistenzhochschulhilfe mit täglich 4:43 Stunden hinzukommt. Die Rechnung des ZLS vom 13.11.2013 für den Zeitraum vom 1. bis 31.10.2013 beläuft sich auf 11.377,51 €. Berechnet wurden 141 Stunden Grundpflege und 366 Stunden Assistenz. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich (Luthe in jurisPK-SGB IX § 55 Rn. 44; Lachwitz in Lachwitz/Schellhorn/Welti, Handkommentar zum SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 55 Rn. 65a).

Dies spiegelt sich auch unter Kostenaspekten wieder, wenn die Stundensätze für Assistenzleistungen und Grundpflege von 29,29 € bzw. mit Nachtzuschlag von 32,16 € auf die entsprechenden Zeitkontingente umgelegt werden. Dies ergibt beispielsweise während der Zeit des Vorlesungsbetriebs eine Kostenverteilung von ca. 1400 € für Assistenz zum selbstbestimmten Leben gegenüber Gesamtkosten von ca. 15.000 € im Monat.

Hier steht die Pflege weit im Vordergrund, so dass diese Betreuungsform eher ihren Rechtsgrund in der Pflegeversicherung findet. Dort wurden mit § 38a SGB XI (Gesetz vom 23.10.2015, BGBl. I S. 2246) zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in „ambulant betreuten Wohngruppen“ eingeführt. Es handelt sich dabei um ein gemeinschaftliches Wohnen von regelmäßig mindestens drei Pflegebedürftigen mit dem Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung (§ 38a Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Diese Leistung wird in der Neufassung der Vorschrift zum 1.1.2016 noch deutlicher beschrieben. So muss eine Person, die von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung leisten (Nr. 3) und es darf keine Versorgungsform vorliegen (Nr. 4), in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfeldes sichergestellt werden kann. Dabei zeigt sich auch, dass schon ein Teil der Betreuungskosten für klassisches betreutes Wohnen die gleiche Zielrichtung hat wie der Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI.

Dies entspricht weit gehend dem Konzept, das das Zentrum für selbstbestimmtes Leben dem Senat in seiner Auskunft vom 16.7.2015, insbesondere mit der Person der Pflegedienstleitung aufgezeichnet hat. Danach ist die Zielrichtung personenzentriert und mit der Bezeichnung „Persönliche Assistenz“ versehen. Es werden Dienstleistungen in der Weise angeboten und erbracht, dass die individuellen Anforderungen und Wünsche der Kunden bestmöglich erfüllt werden und sie Ihre Lebenskonzepte verwirklichen können. Das Angebot richtet sich in erster Linie an erwachsene körperbehinderte Menschen. Charakteristisch ist das Dreieck der Interaktion zwischen Kunden, Assistenzkraft und Assistenzbegleitung (die für die Koordination in der Assistenzorganisation zuständige Person). Eine Bindung an eine Wohnung bzw. ein in einer Wohnung gemeinsam miteinander Leben ist hier keinerlei Voraussetzung. Versorgungsverträge sind nach dem SGB XI und nach dem SGB XII abgeschlossen.

Die Leistungen der Pflegeversicherung sind darüber hinaus vorrangig gegenüber den von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängigen Sozialleistungen. Nach § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI bleiben Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII, dem BVG und dem SGB VIII unberührt und sind im Vergleich zu Pflegeversicherung nicht nachrangig, sondern bleiben von der Einführung der Regelung des § 38a SGB XI unberührt (BT-Drs. 17/9369, 41, BeckOK SozR/Diepenbruck SGB XI § 38a Rn. 17-18, beckonline).

Schließlich dienen § 98 Abs. 2 und 5 SGB XII dem sogenannten Schutz des Einrichtungsortes („für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat“). Bei § 98 Abs. 5 SGB XII muss dieser wegen der Gleichstellung in seiner Rechtsfolge mit § 98 Abs. 2 SGB XII durch besondere Angebote des betreuten Wohnens gerechtfertigt sein. Die Neuregelung ab 1.1.2005 dient dem Schutz der Leistungsorte, die Formen des betreuten Wohnens anbieten und finanziell durch den dadurch bedingten Zuzug hilfebedürftiger Menschen überproportional belastet werden (BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 7/10 R -, BSGE 109, 56-61, SozR 4-3500 § 98 Nr. 1, SozR 4-3250 § 55 Nr. 3, SozR 4-3500 § 54 Nr. 7, Rn. 18). Auch dies spricht für die Notwendigkeit überwiegender Betreuungsleistungen, weil ansonsten abweichende Regelungen für Pflegeleistungen getroffen würden, die erkennbar nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen waren.

Zusammenfassend ist auszuführen, dass es dem Senat bewusst ist, dass er innerhalb des Begriffshofs des „betreuten Wohnens“ je nach Ziel und Zweck ähnliche Begriffe in den beiden Vorschriften § 98 Abs. 5 SGB XII und § 97 SGB XII (i. V. m. Art. 82 Abs. 2 AGSG) anders auslegt und zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt.

c) Es liegt auch kein Übergangsfall vor, der die Fortwirkung der Zuständigkeit des Klägers rechtfertigt. Die Vorschrift des § 98 Abs. 5 S 2 SGB XII ist so zu verstehen, dass in Fällen eines vor dem 1.1.2005 eingetretenen und fortbestehenden Leistungsfalls des betreuten Wohnens die vor dem 1.1.2005 geltenden Regelungen des BSHG über die örtliche Zuständigkeit weitergelten (vgl. BSG Urteile vom 25.8.2011 - B 8 SO 7/10 R = BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 undvom 25.4.2013 - B 8 SO 16/11 R -, Rn.17 juris). Eine Leistungsgewährung an sich erfolgte zwar schon vor 2005; nicht aber in einer vergleichbaren Art des betreuten Wohnens, die im Übrigen auch für die aktuelle Wohnsituation im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII nicht gegeben ist. Die Leistungsempfängerin wohnte bei ihren Eltern und erhielt ambulante Eingliederungshilfe durch Kostenübernahme für die individuelle Schulbegleitung zum Besuch des Gymnasiums.

4. Der Erstattungsanspruch ist auch in der geltend gemachten Höhe begründet. Zu seinem Umfang wird auch auf die Ausführungen zur Gesetzesfassung vom 20.12.2012 verwiesen (Gliederungspunkt 3b). Es sind alle Leistungen zu erstatten. Der Anspruch entspricht den im Klageverfahren vorgelegten Rechnungen über den Zeitraum vom 1.10.2013 bis zum 30.6.2014 des Zentrums für selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. für Leistungen gemäß §§ 53 ff. und 61 ff. SGB XII unter Abzug der Leistungen der Pflegekasse und darüber hinaus für Kosten eines Assistenzzimmers als Nebenleistung und eine zusätzliche Assistenz für einen Lehrgang außerhalb der Wohnung. Davon erfolgte der Abzug der Unterhaltsleistungen für 9 Monate. Nach Art. 82 Abs. 2 AGSG ist der Beklagte insgesamt sachlich zuständig und hat demzufolge zumindest die Kosten der Eingliederungshilfe und der Leistung zur Pflege zu übernehmen. Leistungen der Grundsicherung sind im Erstattungsbetrag nicht enthalten.

Das Urteil des SG erging zu Recht. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Der Beklagte hat die gesamten Kosten zu tragen. Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 3 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Es handelt sich bei der zentralen Streitfrage um die einfache Auslegung einer Vorschrift des Bundesrechts, zu der auch schon eine Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorliegt (25.8.2011 B 8 SO 7/10 R). Der Senat weicht hiervon nicht ab.

Tenor

I. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. März 2015 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die im Zeitraum vom 26.04.2009 bis 31.12.2013 erbrachten Leistungen der Sozialhilfe in Höhe von 127.868,96 € zu erstatten.

"Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."

(ergänzt mit Berichtigungsbeschluss vom 16. Februar 2017).

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 94%, der Kläger trägt 6% der Kosten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die örtliche Zuständigkeit der Leistungserbringung an die Leistungsberechtigte S. (im Folgenden Leistungsberechtigte) im Zeitraum 26.04.2009 bis 31.12.2013.

Die 1982 geborene Leistungsberechtigte ist aufgrund einer cerebralen Dysfunktion zu 80% schwerbehindert. Sie leidet an einer intellektuellen Minderleistungsfähigkeit im Sinne einer geistigen Behinderung. Sie besuchte einen Kindergarten und die Förderstufe im Körperbehindertenzentrum in W-Stadt . Im Anschluss absolvierte sie dort die differenzierte Werkstufe. Darauf folgte eine Ausbildung zur Hauswirtschaftshelferin in der Sonderberufsfachschule des Körperbehindertenzentrums im Zeitraum 2002 - 2005. Vom 28.07.2005 bis 02.01.2006 wohnte die Leistungsberechtigte bei ihren Eltern in I-Stadt, Landkreis R. in B.. Im Anschluss lebte sie bis zum 04.09.2006 in einer ambulant betreuten Wohnform in R., B.. Anschließend wohnte die Leistungsberechtigte vom 04.09.2006 bis 14.01.2007 in einem Wohnheim in Ü-Stadt. Danach wohnte die Leistungsberechtigte bis zum 02.11.2007 erneut bei ihren Eltern. Seit November 2007 bis zum 31.12.2008 wohnte sie in einem Wohnheim der Lebenshilfe L., im Bezirk S. (Kläger) und lernte im Berufsbildungsbereich der Werkstätten der Lebenshilfe L.. Die Leistungen der Sozialhilfe wurden vom Beklagten (Landkreis R.) erbracht.

Ab dem 01.01.2009 lebte die Leistungsberechtigte in einer privat angemieteten Wohnung in L. und erhält seitdem ein persönliches Budget. Mit einer Zielvereinbarung wurde festgelegt, dass übergeordnetes Ziel des persönlichen Budgets sei, der Budgetnehmerin in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Dieses Ziel sollte erreicht werden durch Leistungen der Eingliederungshilfe in den Bereichen Aufforderung, Hilfestellung und Kontrolle im Bereich der Haushaltsführung, Aufbau und Förderung von sozialen Beziehungen, Motivation zu bzw. Begleitung bei Freizeitaktivitäten, regelmäßige Gespräche zur Sicherstellung der psychischen Stabilität, regelmäßige Gespräche zur Reflexion der Beziehung zum Freund und als Hilfe bei der Bewältigung von Konflikten in der Beziehung und im Umfeld. Vom Beklagten wurde mit Bescheid vom 02.12.2008 ab 01.01.2009 ein persönliches Budget im Rahmen der Eingliederungshilfe in Höhe einer monatlichen Pauschale von 950.-Euro gewährt. Die Leistungsberechtigte kaufte sich hiermit Unterstützung durch eine Arzthelferin und eine Heilerziehungspflegerin zu je 12 Stunden monatlich ein. Seit dem 26.04.2009 besuchte die Leistungsberechtigte den Arbeitsbereich der Werkstätten L.

Mit Bescheid vom 30.06.2009 wurden die Weitergewährung des persönlichen Budgets sowie die Übernahme der Kosten für den Arbeitsbereich der Werkstätten L. vom Beklagten abgelehnt, da der Kläger für diese Leistungen örtlich zuständig sei. Dem Kläger wurde mit Schreiben vom selben Tag mitgeteilt, dass nach einer internen Überprüfung festgestellt worden sei, dass die Zuständigkeit des Klägers für die Leistungsgewährung ab 01.01.2009 gegeben sei. Die Leistungsgewährung werde zum 31.07.2009 eingestellt. Die Leistungsberechtigte wohne nicht in einer ambulant betreuten Wohnmöglichkeit nach § 98 Abs. 5 SGB XII. Daher richte sich die Zuständigkeit gem. § 98 Abs. 1 SGB XII nach dem Ort des tatsächlichen Aufenthalts. Die Leistungsberechtigte lebe ab dem 01.01.2009 in L., im Bezirk S.. Daher sei der Kläger für die Leistungsgewährung zuständig. Dieser wurde aufgefordert, die Aufwendungen für den Zeitraum Januar bis Juli 2009 nach § 105 SGB X zu erstatten, insgesamt 6.650.-Euro.

Der Kläger übernahm daraufhin ab dem 01.08.2009 die Leistungsgewährung für das persönliche Budget (zunächst in Höhe von 950.-Euro, ab Mai 2010 in Höhe von 1.014.- Euro monatlich) sowie Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Gleichzeitig wurde dem Beklagten Kostenerstattung für Leistungen des persönlichen Budgets für den Zeitraum 02.06.2009 bis 31.07.2009 in Höhe von 950.-Euro gewährt. Für den Zeitraum ab 26.04.2009 übernahm der Kläger auch die Kosten für die Beschäftigung in der Werkstätte L. inklusive Sozialversicherungsbeiträgen, gegebenenfalls Arbeitsförderungsgeld sowie Kosten des Mittagessens.

Der Beklagte beantragte am 30.06.2009 nunmehr auch die Erstattung der geleisteten Aufwendungen der Grundsicherung für den Zeitraum Januar 2009 bis Juli 2009 in Höhe von 3.828,11 Euro. Dem kam der Kläger nicht nach, sondern machte seinerseits mit Schreiben vom 14.10.2009 Kostenerstattung beim Beklagten nach § 105 SGB X geltend. Aufgrund der Ergebnisse einer Arbeitsgruppe der bayerischen Bezirke sowie einer Sitzung der Bundesarbeitsgemeinschaft bestünden Zweifel, ob die Voraussetzungen des § 98 Abs. 5 SGB X nicht doch erfüllt seien. Der Beklagte lehnte eine Kostenerstattung ab.

Mit Schreiben vom 09.02.2012 wurde nochmals vom Kläger gegenüber dem Beklagten Kostenerstattung nach § 105 SGB X geltend gemacht.

Zum 01.06.2012 zog die Leistungsberechtigte mit ihrem Freund zusammen in eine Wohnung in C-Stadt.

Der Beklagte lehnte am 26.10.2012 nochmals die Fallübernahme und Kostenerstattung ab. § 98 Abs. 1 SGB XII sei einschlägig.

Am 19.12.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt,

  • 1.Der Beklagte hat dem Kläger die Sozialhilfeaufwendungen für die Zeit vom 26.04.2009 bis 31.12.2013 zu erstatten.

  • 2.Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Es handele sich um Leistungen, die im Rahmen eines ambulant betreuten Wohnens erbracht würden. Der Leistungsberechtigten würden 6 Assistenzstunden wöchentlich bezahlt. Diese gliederten sich in hauswirtschaftliche Unterstützungsleistungen und pädagogische Unterstützung. Letztere erhalte die Leistungsberechtigte durch eine Heilerziehungspflegerin. Die erforderliche Fachlichkeit sei somit gegeben. Unerheblich sei, dass die Leistungsberechtigte keinen Fachdienst beauftragt habe, sondern die Personen, die die erforderliche Hilfe sicherstellen sollten, selbst beschäftige. Das persönliche Budget sei keine eigenständige Leistung, sondern lediglich die Umwandlung einer Sachin eine Geldleistung.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Das persönliche Budget erfülle nicht die Voraussetzungen an eine ambulant betreute Wohnform. Die Leistungsberechtigte kaufe sich die Leistungen privat ein und sei nicht an einen Träger gebunden. Auch die von ihr bewohnte Wohnung werde privat angemietet. Der Schutz des § 98 Abs. 5 SGB XII sei nur auf solche Standorte bzw. Modelle zu erstrecken, in welchen Wohnung und ambulante Betreuung konzeptionell miteinander verknüpft seien.

In der mündlichen Verhandlung am 18.03.2015 hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für die Betreuung in Höhe von 136.025,64 Euro für die Zeit vom 26.04.2009 bis 31.12.2013 zu erstatten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18.03.2015, dem Kläger zugestellt am 30.04.2015, abgewiesen. Das persönliche Budget der Leistungsempfängerin erfülle nicht die Voraussetzungen für eine ambulant betreute Wohnform im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII, da die Leistungsempfängerin sich eine private Wohnung angemietet und dort ihre Hilfe selbst organisiert habe. § 98 Abs. 5 SGB XII sei eine Ausnahmevorschrift, die im Wesentlichen dem Schutz des Sozialhilfeträgers, in dessen Bereich eine ambulant betreute Wohnform erfolge, diene. Ein solcher Schutz sei nicht notwendig, wenn eine stationäre Einrichtung zu Gunsten einer Privatwohnung und gegebenenfalls begleitenden niederschwelligen Leistungen verlassen werde. Zwar habe das BSG entschieden, dass es keiner konzeptionellen Verknüpfung von Wohnungsgewährung und ambulanter Betreuung bedürfe. Jedoch bedürfe es einer notwendigen Fachlichkeit und in aller Regel einer besonders qualifizierten Art der Leistungserbringung. Hieran scheitere es. Die Leistungsempfängerin habe sich für das persönliche Budget und hierbei für das so genannte Arbeitgebermodell entschieden. Damit habe sie sich völlig von dem Angebot von Fachdiensten abgekoppelt. Daher gebe es keinen Grund, § 98 Abs. 5 SGB XII anzuwenden. Der Begriff des ambulant betreuten Wohnens in § 98 Abs. 5 SGB X II sei eng auszulegen. Ein rein privates Wohnen mithilfe von selbst beschafften Hilfskräften könne überall stattfinden, so dass die Schutzvorschrift des § 98 Abs. 5 SGB XII nicht greife.

Hiergegen hat der Kläger am 20.05.2015 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben und folgende Anträge gestellt:

1. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.03.2015, S 3 SO 150/13 wird aufgehoben und der Berufungsbeklagte verpflichtet, dem Berufungskläger die Kosten der Betreuung für die Zeit vom 26.04.2009 bis 31.12.2013 i. H. v. 136.025,64 Euro zu erstatten.

2. Der Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Unstreitig würde sich die Zuständigkeit des Beklagten ergeben, wenn die Leistungsberechtigte ihre wöchentlichen Betreuungsstunden durch einen Leistungserbringer, der eine Leistungsvereinbarung nach § 75 SGB XII abgeschlossen habe, erhalten würde. Denn es handele sich nicht um ein niederschwelliges Angebot, z. B. Nachbarschaftshilfe, sondern um Leistungen professioneller Kräfte mit pädagogischer Ausrichtung.

Eine abweichende Zuständigkeit könne sich auch nicht durch die Sicherstellung des Bedarfs an Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen eines persönlichen Budgets ergeben. Andernfalls hätte es der Leistungsberechtigte in der Hand, sich den Leistungsträger selbst auszusuchen.

Der Beklagte hat beantragt,

  • 1.Die Berufung wird zurückgewiesen.

  • 2.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Ausnahmevorschrift des § 98 Abs. 5 SGB XII sei nicht anwendbar. Die Beschäftigung von Personal nach dem Arbeitgebermodell könne an jedem beliebigen Ort stattfinden. Weiter könne der Leistungsempfänger mit seinem persönlichen Budget sowohl qualifizierte als auch unqualifizierte Personen beschäftigen. Würde § 98 Abs. 5 SGB XII hier angewendet, wäre eine uferlose Ausweitung der Vorschrift zu befürchten. Dies sei vom Gesetzgeber nicht gewollt.

In der mündlichen Verhandlung am 20.12.2016 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass Erstattungsmittel des Bundes nach § 46 a SGB XII bereits geleistet wurden und angeraten werde, die Erstattungssumme entsprechend zu reduzieren.

Der Kläger hat beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.03.2015 aufzuheben und den Berufungsbeklagten zu verurteilen, dem Berufungskläger die Kosten der Betreuung für die Zeit vom 26.04.2009 bis 31.12.2013 in Höhe von 132.280,46 Euro zu erstatten.

Der Beklagte hat den Antrag aus dem Schriftsatz vom 14.07.2015 gestellt, die Berufung zurückzuweisen und angeregt, die Revision zuzulassen.

Zur Vervollständigung des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Klägers verwiesen.

Gründe

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie wurde frist- und formgerecht nach § 151 SGG eingelegt, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen oder Behörden maßgeblichen Grenzwert nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 10.000.- €.

B.

Die Berufung ist auch größtenteils begründet. Zu Unrecht hat das SG einen Erstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten verneint. Die teilweises Zurückweisung der Berufung ist darin begründet, dass der Kläger aus der Erstattungsforderung die bereits erfolgte Bundesbeteiligung an den Leistungen nach dem vierten Kapitel des SGB XII nicht herausgerechnet und die Forderung entsprechend reduziert hatte. Soweit dies im Tenor nicht zum Ausdruck gelangt, wird dies in den Entscheidungsgründen dargestellt.

I.

Statthafte Klageart ist vorliegend die allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG. Ein Verwaltungsakt hatte zwischen den beiden Trägern der Sozialhilfe in Bezug auf das Erstattungsbegehren nicht zu ergehen. Die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes besteht bei Vorliegen eines Subordinationsverhältnisses zwischen Leistungsträger und Bürger. Im Verhältnis zwischen Leistungsträgern, ist der Erlass eines Verwaltungsaktes nicht zulässig (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl., Anhang § 54 Rn. 4).

II.

Der Erstattungsanspruch besteht für den Zeitraum 26.04.2009 bis 31.12.2010 gem. § 106 Abs. 3 S. 1 SGB XII, für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2013 stellt § 105 SGB X die Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch dar.

1. Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch für den Zeitraum 26.04.2009 bis 31.12.2010 ist § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB XII. Danach sind dem örtlichen Träger der Sozialhilfe die aufgewandten Kosten von dem Träger der Sozialhilfe zu erstatten, in dessen Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII hatte, wenn die leistungsberechtigte Person in Fällen des § 98 Abs. 2 SGB XII die Einrichtung verlässt und sie im Bereich des örtlichen Trägers, in dem die Einrichtung liegt, innerhalb von einem Monat danach Leistungen der Sozialhilfe erhält.

a. Die sozialhilferechtlichen Sondervorschriften §§ 106 ff. SGB XII regeln Erstattungsansprüche zwischen Trägern der Sozialhilfe infolge der Erbringung von Sozialhilfeleistungen an leistungsberechtigte Hilfebedürftige. Diese Erstattungsansprüche sollen sicherstellen, dass die gesetzlich bestimmte Lastenverteilung aufgrund der Wertungen in §§ 98, 106 ff. SGB XII auch dann beibehalten wird, wenn ein anderer Träger der Sozialhilfe die Leistung bereits erbracht hat. § 106 SGB XII bezweckt den Schutz des Trägers am Ort von stationären Einrichtungen, der über die Dauer des Aufenthalts in der stationären Einrichtung auch dann andauern soll, wenn sich der Leistungsberechtigte am Ort der Einrichtung weiterhin aufhält und dort Leistungen der Sozialhilfe erhält.

Die Erstattungsansprüche nach §§ 106 ff SGB XII gehen den Erstattungsansprüchen nach § 102 ff. SGB X als speziellere Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 SGB I vor (Böttiger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 106 SGB XII, RdNr. 13).

b. Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB XII sind für den oben genannten begrenzten Zeitraum erfüllt. Die Leistungsberechtigte hatte, bevor sie sich eine Wohnung in L. angemietet hat, stationär in einem Heim der Lebenshilfe L. gelebt. Diese Einrichtung hat die Leistungsberechtigte zum 31.12.2008 verlassen und bewohnte ab 01.01.2009 eine eigene Wohnung in L.. Sie bezog jedoch weiterhin rechtmäßig Leistungen der Sozialhilfe (insbes. Eingliederungshilfe, Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII).

Der Beklagte war gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII für die Leistungsgewährung in dem Heim der Lebenshilfe L. örtlich zuständig, da die Leistungsberechtigte zuvor bei ihren Eltern in I-Stadt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gewohnt hatte. Nach § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII ist für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt haben. Durch diese Vorschrift soll der örtliche Leistungsträger, der ein gutes und breites Angebot zur Versorgung hilfebedürftiger Menschen vorhält, vor unverhältnismäßigen Kosten geschützt werden (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 5. Aufl., § 98 Rn. 19).

Daher greift der verlängerte Schutz des Einrichtungsortes durch § 106 Abs. 3 SGB XII und der nach § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe, hier der Kläger, hat einen Anspruch auf Erstattung gegen den Beklagten.

c. Dieser Anspruch endet gem. § 106 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 SGB XII spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Verlassen der Einrichtung. Die Leistungsberechtigte war zum 01.01.2009 aus der stationären Einrichtung ausgezogen, so dass der Anspruch am 31.12.2010 endete.

d. Der Umfang der Kostenerstattung ist in § 110 SGB XII geregelt. Danach sind die aufgewendeten Kosten zu erstatten, soweit die Leistungen diesem Buch entsprechen. Dabei gelten die am Aufenthaltsort der Leistungsberechtigten zur Zeit der Leistungserbringung bestehenden Grundsätze für die Leistungserbringung. Hier hat der Kläger entsprechend den Leistungsvorschriften des SGB XII die Leistungen an S. erbracht. Aus der vom Kläger geforderten Erstattungssumme war jedoch die Bundesbeteiligung gem. § 46 a SGB XII herauszurechnen. Nach dieser Vorschrift beteiligt der Bund sich zweckgebunden an den Leistungen nach dem vierten Kapitel des SGB XII. Für das Jahr 2009 wurden im Jahr 2011 gem. § 46 a SGB XII i. d. F. vom 24.09.2008 15% der Nettoausgaben erstattet, für das Jahr 2010 wurden im Jahr 2012 gem. § 46 a SGB XII i. d. F. vom 06.12.2011 45% der Nettoausgaben erstattet. Dieser Anteil war von der Summe der im jeweiligen Jahr getätigten Grundsicherungsleistungen abzuziehen und die Erstattungssumme entsprechend zu reduzieren.

Die Bagatellgrenze von 2.560.- € nach § 110 Abs. 2 SGB XII wird mit der Erstattungsforderung von rund 130.000 Euro überschritten.

e. Die Einrede der Verjährung wurde nicht erhoben, daher war nicht zu prüfen, ob die Ansprüche gem. § 111 SGB XII verjährt waren.

2. Für den Zeitraum ab 01.01.2011 ist § 105 SGB X die Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch.

a. Dieser Anspruch ist nicht durch § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist § 105 SGB X nicht anzuwenden für einen unzuständigen Rehabilitationsträger, der eine Leistung zur Teilhabe erbracht hat und den Antrag auf Teilhabeleistung nicht entsprechend § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX weitergeleitet hat. § 14 SGB IX ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar. Ziel dieser Vorschrift ist es, einem Antragsteller auf Leistungen zur Teilhabe möglichst schnell Klarheit über den für die Leistungserbringung zuständigen Rehabilitationsträger zu verschaffen. Ein möglicher Zuständigkeitsstreit soll nicht zulasten des Hilfesuchenden gehen. Daher bestimmt § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, dass der Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt werden (erstangegangener Träger), innerhalb von 2 Wochen (bei Erforderlichkeit eines Gutachtens verlängern sich Fristen gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 bis 4 SGB IX) nach Eingang des Antrags bei ihm feststellt, ob er für die Leistungsgewährung nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz zuständig ist. Stellt der Rehabilitationsträger fest, dass er nicht zuständig ist, hat er gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX unverzüglich den Antrag dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zuzuleiten. Hat ein Rehabilitationsträger den Antrag nicht fristgemäß weitergeleitet, wird er für die beantragten Teilhabeleistungen gegenüber dem Hilfesuchenden endgültig zuständig und muss auch Leistungen, die gegebenenfalls nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallen, nach anderen Leistungsgesetzen erbringen. In einem solchen Fall bestimmt § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX, dass der unzuständige Rehabilitationsträger, der den Antrag nicht weitergeleitet hat, keinen Anspruch nach § 105 SGB X hat.

Im vorliegenden Fall war nicht der Kläger erstangegangener Rehabilitationsträger, sondern der Beklagte, bei dem die Leistungsberechtigte im Jahr 2008 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von ambulant betreutem Wohnen durch Gewährung eines persönlichen Budgets beantragt und der die Leistungen auch zunächst durch Bescheid vom 02.12.2008 gewährt hat. Denn die sog. Befassungswirkung des erstangegangenen Trägers fällt auch nach einer verbindlichen, abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg (BSG, Urteil vom 20.11.2008, B 3 KN 4/07 R). Der Beklagte war damit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX jedenfalls bis zur Fallübernahme durch den Kläger zuständig auch als erstangegangener Träger.

Dass der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 30.06.2009 aufgefordert hat, den Fall in eigener Zuständigkeit zu übernehmen, und dieser dem entsprochen hat, macht den Kläger nicht zu einem erstangegangenen Träger. Dabei handelt es sich nicht um eine den Regelungen in § 14 SGB IX zu Grunde liegende Situation, nach der Leistungen zur Teilhabe erstmals von einem Hilfesuchenden beantragt werden und die Zuständigkeitsfrage ungeklärt ist. Hier wurde nicht erstmals ein Antrag gestellt, auch waren sich Kläger und Beklagter über die Zuständigkeit des Klägers einig.

b. Der Kläger hat keinen einem Anspruch nach § 105 SGB X vorgehenden Anspruch nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX, da er nicht zweitangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX ist. Der Beklagte hat nicht innerhalb der Frist des § 14 SGB IX den Antrag der Leistungsberechtigten an den Kläger weitergeleitet. Es verbleibt daher bei der Anspruchsgrundlage des § 105 SGB X.

c. Die Voraussetzungen des § 105 SGB X liegen vor. Danach ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, soweit der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.

aa. Der Beklagte war über den 31.12.2010 hinaus für die Leistungserbringung an die Leistungsberechtigte sachlich und örtlich zuständig.

(1) Die Zuständigkeit des Beklagten ergibt sich für den hier vorliegenden Erstattungsanspruch nicht bereits aus § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Danach wird der Rehabilitationsträger, bei dem ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe gestellt wird sich, und der den Antrag nicht weiterleitet, zuständig für die Leistungsgewährung. An dieser Zuständigkeit ändert grundsätzlich auch ein erneuter Rehabilitationsantrag, der bei einem anderen Leistungsträger gestellt wird, nichts. Es handelt sich hierbei jedoch um eine Zuständigkeit im Außenverhältnis zu dem Leistungsberechtigten, der einen Antrag auf Teilhabeleistungen gestellt hat. Wer tatsächlich materiell-rechtlich zuständig ist, ist im Anschluss im Innenverhältnis zwischen den Rehabilitationsträgern zu klären. Im Erstattungsstreit zwischen den Rehabilitationsträgern ist daher die sachliche und örtliche Zuständigkeit nach den zu Grunde liegenden Leistungsgesetzen zu prüfen (Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 14 SGB IX, RdNr. 156).

(2) Der Beklagte war gemäß § 2 des Gesetzes zur Ausführung des 12. Buches Sozialgesetzbuch des Landes B. in Verbindung mit §§ 97 SGB XII, 98 Abs. 5 SGB XII sachlich und örtlich für die Leistungsgewährung auch über den 31.12.2008 hinaus zuständig.

(a) Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten als örtlichen Träger der Sozialhilfe ergibt sich aus § 2 des Gesetzes zur Ausführung des 12. Buches Sozialgesetzbuch des Landes Baden-Württemberg. Danach sind die örtlichen Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für die in § 8 SGB XII genannten Leistungen, somit für sämtliche Leistungen der Sozialhilfe.

(b) Der Beklagte ist auch örtlich für die Leistungserbringung über den 31.12.2008 hinaus zuständig geblieben. Die örtliche Zuständigkeit für die Leistungsgewährung an die Leistungsberechtigte ab dem 01.01.2009, als diese in eine eigene Wohnung in L. gezogen ist, begründet sich aus § 98 Abs. 5 SGB XII.

Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist für die Sozialhilfe örtlich zuständig grundsätzlich der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Der Gesetzgeber hat hiervon jedoch Ausnahmen gemacht, um Orte zu schützen, die besondere Leistungsangebote vorhalten, weshalb mit einer vermehrten Leistungszuständigkeit und daher einer höheren finanziellen Belastung zu rechnen ist. Dies ist gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII ein Ort, an dem eine stationäre Einrichtung besteht. Die gleiche Zielrichtung hat die Regelung in § 98 Abs. 5 SGB XII, wonach für Leistungen nach dem SGB XII an Personen, die Leistungen nach dem 6. bis 8. Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre.

Die Leistungsberechtigte lebte ab dem 01.01.2009 in einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist Voraussetzung, dass Leistungen nach dem 6. bis 8. Kapitel des SGB XII in einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit erbracht werden.

(aa) Entsprechende Leistungen wurden vorliegend erbracht. Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten, der gesetzlich nicht näher definiert wird, orientiert sich nach der Gesetzesbegründung (BT-DRS. 15/1514) zur ursprünglichen Normfassung an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Diese Vorschrift definiert nicht abschließend („insbesondere“) Leistungsbereiche von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und dabei in Abs. 2 Nr. 6 Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten. Daraus hatte das BSG zunächst geschlossen, dass es bei der Art der Betreuung um Leistungen zur Teilhabe an der Gemeinschaft handeln muss und nicht um vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung (BSG, Urteil vom .08.2011, B 8 SO 7/10 R, RdNr. 15). Diese einschränkende Rechtsauslegung hat das BSG jedoch jüngst modifiziert und klargestellt, dass sämtliche Leistungen der ambulanten Betreuung nach dem Sechsten bis Achten Kapitel des SGB XII mit der Zielrichtung der Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich gleichgestellt sind. Es ist daher nach dem BSG systematisch ausgeschlossen, § 98 Abs. 5 SGB XII nur für Eingliederungshilfeleistungen des betreuten Wohnens anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.06.2016, B 8 SO 6/15 R, RdNr. 13).

Im vorliegenden Fall waren die im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens erbrachten Betreuungsleistungen solche der Eingliederungshilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Die Betreuungsleistungen waren ausgerichtet zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich. So waren die Betreuerinnen zuständig für die Gestaltungshilfe für soziale Beziehungen, insbesondere Unterstützung bei Konflikten in der Werkstatt und mit dem Freund, Unterstützung der allgemeinen Lebensführung (Einkaufen, Aufräumen, Wäschepflege, Zubereitung von Mahlzeiten), Unterstützung beim Aufbau von neuen Beziehungen, Begleitung bei spannungsreichen Maßnahmen in psychischen Belastungssituationen und dem Umgang damit, Unterstützung zur Gestaltung der Freizeit und der Teilnahme von Veranstaltungen, Absprache und Begleitung zu Arztbesuchen, Notbereitschaft in Krisenzeiten, Unterstützung bei der Kommunikation mit den Diensten der Lebenshilfe, Unterstützung bei der Kommunikation mit Behörden und Angehörigen. Es handelt sich daher um typische Unterstützungsleistungen zur selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung in einer eigenen Wohnung, zur sozialen Integration und Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.

Diese Leistungen wurden auch rechtmäßig erbracht, sie waren gem. §§ 53, 54 SGB XII i. V. m. §§ 4, 55 SGB IX notwendig und geeignet, um die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(bb) Die Wohnung, in der die ambulanten Leistungen erbracht werden, muss nicht vom Anbieter der ambulanten Dienstleistungen organisiert sein. Es bedarf keiner Koppelung von Wohnungsgewährung und Betreuung. Der Wortlaut selbst gibt eine solche eingrenzende Auslegung nicht her. Vielmehr scheint es das Ziel des Gesetzgebers, durch die offene, der Auslegung fähige Begrifflichkeit der „ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten“, die in der jüngeren Vergangenheit entstandenen vielfältigen und unterschiedlichen Betreuungsleistungen entweder in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften zu erfassen. Daher kann es im Einzelfall ausreichen, dass der Hilfeempfänger die Wohnung selbst anmietet, aber fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. (BSG, Urteil vom .04.2013, B 8 SO 16/11 R, RdNr. 16; BSG, Urteil vom .08.2011, B 8 SO 7/10 R, RdNr. 14 f., Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 98 SGB XII, RdNr. 54).

Dass die Leistungsberechtigte die Wohnung selbst angemietet hat und die Betreuung durch Dritte erfolgte, führt daher nicht zu einem Ausschluss der Anwendbarkeit des § 98 Abs. 5 SGB XII.

(cc) Auch Qualität und Quantität der gewährten Betreuungsleistungen führen zur Annahme einer ambulant betreuten Wohnform. Dabei darf es sich zwar nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet ist (LSG NRW, Urteil vom .06.2015, L 9 SO 24/13). Denn der durch § 98 Abs. 5 SGB XII gegebene Schutz des Einrichtungsortes bedarf hinsichtlich der Intensität der Betreuung eine Abgrenzung zu lediglich niederschwelligen oder unregelmäßigen Hilfeleistungen.

Hier waren aber sowohl der Umfang der gewährten Hilfen, als auch die fachliche Qualität der Leistungserbringer derart, dass diese Vorgaben erfüllt sind. Insgesamt lag eine monatliche Hilfestellung von 24 Stunden pro Monat vor, hälftig erbracht von einer Heilerziehungspflegerin und einer Arzthelferin. Die Leistungsberechtigte wurde damit kontinuierlich ca. 6 Stunden pro Woche betreut. Die Betreuerinnen waren auch aufgrund ihrer Ausbildung fachlich befähigt, die erforderlichen Betreuungsleistungen zu erbringen. Koordiniert wurde die Betreuung von einer dritten Person, einer freiberuflichen Sozialarbeiterin, die auch die monatlichen Teamsitzungen moderierte. Weiterhin war zum Zwecke der Qualitätssicherung in der Zielvereinbarung zum persönlichen Budget zwischen der Leistungsempfängerin und dem Beklagten vereinbart, dass mit der Leistungsempfängerin halbjährlich ein Gespräch durchgeführt wird zur Prüfung der Zielerreichung sowie zum notwendigen Umfang der Unterstützungsleistungen. Aus dieser Struktur der Betreuungsleistung ist klar erkennbar, dass es sich um regelmäßige, fachlich qualifiziert erbrachte Leistungen handelt, denen eine Gesamtkonzeption zugrunde lag. Es handelt sich somit bei der Betreuung der Leistungsberechtigten um Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des SGB XII, die die Leistungsberechtigte in einer Form einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit erhalten hat.

(dd) Dass die Leistungsberechtigte sich ihre Leistungen im Rahmen eines persönlichen Budgets nach § 17 Abs. 2 bis 4 SGB IX selbst organisiert, kann nicht zu einer anderen Beurteilung dieser Leistungen führen, als wenn diese als Sachleistung oder Sachleistungsverschaffung gewährt würden. Nach § 17 Abs. 2 bis 4 SGB IX können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Denn das persönliche Budget führt nicht zu einer Änderung der bewilligten Leistungen selbst, sondern ändert nur die Art der Leistungsgewährung von einem Sachleistungsanspruch in einen Geldanspruch.

Zwar ist dem SG zuzustimmen, dass eine wie von der Leistungsberechtigten organisierte Wohnform nicht zwingend nachvollziehbar zu einem Schutz des Leistungsortes führen muss, wie es bei einer Einrichtung verständlich ist. Denn eine solche ambulante Betreuung in einer eigenen Wohnung ist nicht an ein bestimmtes nur an einigen Orten vorhandenes Leistungsangebot geknüpft. Dies ist jedoch unabhängig von der Form der Leistungserbringung als Sach- oder als Geldleistung. Es ist indes nicht Aufgabe des Gerichts, die Sinnhaftigkeit des § 98 Abs. 5 SGB XII infrage zu stellen, wie auch schon vom BSG angemerkt wurde (BSG, Urteil vom 30.06.2016, B 8 SO 6/15 R, RdNr. 14).

Der Beklagte war daher für die Leistungserbringung aller Leistungen nach dem SGB XII an die Leistungsberechtigte in einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit ab dem 01.01.2008 gemäß § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständig, da er vor Eintritt in diese Wohnform gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII örtlich zuständig gewesen war.

b. Der Kläger war gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X unzuständiger Leistungsträger. Als dieser hat er die der Erstattungsforderung zu Grunde liegenden Sozialleistungen erbracht.

c. Die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X lagen nicht vor, der Kläger hat nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht.

d. Der Beklagte als erstattungspflichtiger Leistungsträger hat die dem Erstattungsbegehren zu Grunde liegenden Sozialleistungen nicht selbst erbracht.

e. Der Anspruch auf Erstattung ist auch nicht gemäß § 111 SGB X ausgeschlossen. Danach ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat.

Für laufend gewährte Leistungen der Sozialhilfe verlangt § 111 SGB X nicht, dass der Erstattungsanspruch laufend - etwa monatlich - neu geltend zu machen ist. Vielmehr lässt die Bestimmung eine einheitliche Anmeldung auch für die Erstattung aller zukünftigen Leistungen zu (Mutschler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 111 SGB X RdNr. 17.1). Hier hat der Kläger bereits am 14.10.2009 den Erstattungsanspruch geltend gemacht. Dieser war nicht bezogen auf die bereits getätigten Leistungen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch die zukünftigen Leistungen von dem angemeldeten Erstattungsanspruch mit umfasst waren.

Im Übrigen war ein Beginn der Frist des § 111 SGB X gemäß Satz 2 dieser Vorschrift erst mit dem Zeitpunkt möglich, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Eine solche Entscheidung des Beklagten liegt nicht vor. Ob die Frist dann aufgrund anderer Umstände, zum Beispiel positiver Kenntnis der Erstattungspflicht (so etwa Mutschler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 111 SGB X, RdNr. 36) zu laufen beginnt, ist sehr strittig.

Darauf kommt es aber vorliegend auch nicht an, da der Kläger jedenfalls rechtzeitig am 14.10.2009 auch für zukünftige Leistungen einen Erstattungsanspruch angemeldet hat.

f. Die Einrede der Verjährung wurde nicht erhoben.

g. Der Umfang des Erstattungsanspruches war wie bereits oben unter II. 1. d. erläutert um die Bundesbeteiligung an den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII zu kürzen. Für die Jahre 2011 und 2012 lag die Bundesbeteiligung bei 45% der Nettoausgaben nach § 46 a SGB XII i. d. F. vom 06.12.2011, für das Jahr 2013 bei 75% der Nettoausgaben nach § 46 a SGB XII i. d. F. vom 20.12.2012.

Die Berufung ist daher größtenteils begründet. Ausgehend von einer Erstattungsforderung von 136.025,64 Euro war nach Abzug der Bundesbeteiligung von insgesamt 8.156,68 Euro für die Jahre 2009 bis 2013 eine Verurteilung zu einer Erstattungsforderung von 127.868,96 Euro zuzusprechen. Im Übrigen war, nachdem das erstinstanzliche Urteil leider insgesamt aufgehoben wurde, die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Pflegebedürftige in häuslicher Pflege haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags. Er dient der Erstattung von Aufwendungen, die den Versicherten entstehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von

1.
Leistungen der Tages- oder Nachtpflege,
2.
Leistungen der Kurzzeitpflege,
3.
Leistungen der ambulanten Pflegedienste im Sinne des § 36, in den Pflegegraden 2 bis 5 jedoch nicht von Leistungen im Bereich der Selbstversorgung,
4.
Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a.
Die Erstattung der Aufwendungen erfolgt auch, wenn für die Finanzierung der in Satz 3 genannten Leistungen Mittel der Verhinderungspflege gemäß § 39 eingesetzt werden. Die Leistung nach Satz 1 kann innerhalb des jeweiligen Kalenderjahres in Anspruch genommen werden; wird die Leistung in einem Kalenderjahr nicht ausgeschöpft, kann der nicht verbrauchte Betrag in das folgende Kalenderhalbjahr übertragen werden.

(2) Der Anspruch auf den Entlastungsbetrag entsteht, sobald die in Absatz 1 Satz 1 genannten Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, ohne dass es einer vorherigen Antragstellung bedarf. Die Kostenerstattung in Höhe des Entlastungsbetrags nach Absatz 1 erhalten die Pflegebedürftigen von der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen sowie im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von der Beihilfefestsetzungsstelle bei Beantragung der dafür erforderlichen finanziellen Mittel gegen Vorlage entsprechender Belege über entstandene Eigenbelastungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der in Absatz 1 Satz 3 genannten Leistungen. Für Zwecke der statistischen Erfassung bei den Pflegekassen und den privaten Versicherungsunternehmen muss auf den Belegen eindeutig und deutlich erkennbar angegeben sein, im Zusammenhang mit welcher der in Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 bis 4 genannten Leistungen die Aufwendungen jeweils entstanden sind.

(3) Der Entlastungsbetrag nach Absatz 1 Satz 1 findet bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege nach § 13 Absatz 3 Satz 1 keine Berücksichtigung. § 63b Absatz 1 des Zwölften Buches findet auf den Entlastungsbetrag keine Anwendung. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 darf der Entlastungsbetrag hinsichtlich der Leistungen nach § 64i oder § 66 des Zwölften Buches bei der Hilfe zur Pflege Berücksichtigung finden, soweit nach diesen Vorschriften Leistungen zu gewähren sind, deren Inhalte den Leistungen nach Absatz 1 Satz 3 entsprechen.

(4) Die für die Erbringung von Leistungen nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 bis 4 verlangte Vergütung darf die Preise für vergleichbare Sachleistungen von zugelassenen Pflegeeinrichtungen nicht übersteigen. Näheres zur Ausgestaltung einer entsprechenden Begrenzung der Vergütung, die für die Erbringung von Leistungen nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 durch nach Landesrecht anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag verlangt werden darf, können die Landesregierungen in der Rechtsverordnung nach § 45a Absatz 3 bestimmen.

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.