Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Jan. 2018 - 8 AZR 309/16

ECLI:ECLI:DE:BAG:2018:250118.U.8AZR309.16.0
bei uns veröffentlicht am25.01.2018

Tenor

Die Revision der Beklagten zu 2. gegen das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 23. März 2016 - 2 Sa 35/15 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 2. hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger und die vormalige Beklagte zu 2. (im Folgenden Beklagte) streiten darüber, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis über den 31. März 2011 hinaus zwischen ihnen fortbesteht, und in diesem Zusammenhang darüber, ob das Arbeitsverhältnis zum 1. April 2011 infolge eines Betriebsübergangs auf die vormalige Beklagte zu 1., die I W GmbH + Co. KG, die später unter F H-K GmbH + Co. KG firmierte (im Folgenden F), übergegangen ist.

2

Der Kläger war seit 2001 als Schlosser im Betrieb der Beklagten in O beschäftigt. Dort stellte die Beklagte Industrieprodukte, insbesondere in den Bereichen Holz- und Kunststoffwerkstoffe, sowie Formteile her, veredelte diese und erbrachte Werk- und Dienstleistungen auf diesen Gebieten. Hierzu setzte sie die in ihrem Eigentum stehenden Betriebsmittel ein. Neben dem Betrieb in O unterhielt die Beklagte Betriebe in N und in B.

3

Im Sommer 2010 beschloss der Beirat der Beklagten auszugsweise Folgendes:

        

„Die W GmbH + Co. KG soll in Zukunft nur noch die Immobilien halten und verwalten sowie das Anlagevermögen, die Lizenzrechte sowie die sonstigen Vermögensgegenstände der Gesellschaft.

        

Der Betrieb der Gesellschaft soll zukünftig - im Wesentlichen unverändert - durch eine neu gegründete Schwestergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH + Co. KG mit den gleichen Beteiligungsverhältnissen wie bei der W GmbH + Co. KG geführt werden (W I GmbH + Co. KG). In der neuen Gesellschaft soll derselbe Beirat installiert werden wie bei der W GmbH + Co. KG.

        

Diese neue Gesellschaft soll die Produktion der W-Produkte als Lohnfertigung für die W GmbH + Co. KG übernehmen sowie die die Bereiche Einkauf, Vertrieb, Marketing, Forschung und Entwicklung sowie das Rechnungswesen etc. für die W GmbH + Co. KG mittels Dienstleistungsverträgen erledigen. Die neu gegründete Gesellschaft soll dabei die Möglichkeit haben, neben der Auftragsproduktion für die W GmbH + Co. KG eigene, nicht in Konkurrenz zu den W-Produkten stehende Produkte zu entwickeln und zu vertreiben sowie Fremdaufträge von anderen Unternehmen (ausgenommen Konkurrenzunternehmen) zu übernehmen.

        

Die Arbeitsverhältnisse der W GmbH + Co. KG sollen auf die neu gegründete W I GmbH + Co. KG übergehen (Betriebsübergang gemäß § 613a BGB).

        

Die Rechtsverhältnisse zwischen den beiden Gesellschaften werden durch Abschluss entsprechender Verträge (z.B. Dienstleistungsverträge) geregelt.

        

Es handelt sich um eine strategische Entscheidung, die mittel- und langfristige Vorteile für das Unternehmen hat, v.a. im arbeitsrechtlichen Bereich.“

4

Am 28. Oktober 2010 vereinbarten die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat zur Umsetzung dieses Konzepts einen Interessenausgleich, der insbesondere die Übernahme aller Arbeitnehmer durch die neu zu gründende Gesellschaft F im Wege eines Betriebsübergangs zum Gegenstand hatte.

5

Im März 2011 schlossen die Beklagte und die - seinerzeit noch als I W GmbH + Co. KG firmierende - F eine „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ (im Folgenden Vereinbarung) ab. Hierin heißt es:

        

Vorbemerkung:

        

W ist ein weltweit tätiger Hersteller von Bauelementen (Fensterbänke, Balkon-, Fassadenelemente, Terrassenprofile), Tischplatten, Industrieformteilen und Sperrholz-Formteilen (insbesondere Federleisten) und verfügt in Deutschland über 3 Standorte in O, N und B.

        

Im Dezember 2010 wurde eine neue Schwestergesellschaft, die I W GmbH + Co. KG, mit dem Sitz in O gegründet. Diese neue Gesellschaft soll in Zukunft die Produkte von W in Lohnfertigung herstellen und im Übrigen die drei Betriebe von W in Deutschland führen. Die Mitarbeiter von W werden zum Stichtag 1. April 2011 im Rahmen eines gesetzlichen Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB auf die neu gegründete I W GmbH + Co. KG übergehen.

        

Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Vertragsparteien folgendes:

                 
        

A. Lohnfertigung

        

§ 1     

        

Vertragsinhalt/Entgelt

        

Die I W führt die komplette Produktion der WProdukte an allen 3 inländischen Standorten ab dem 1. April 2011 in Lohnfertigung weiter. Dies umfasst insbesondere die Herstellung und Bearbeitung der folgenden Produkte nach den Vorgaben von W:

                 

-       

Fensterbänke,

                 

-       

Balkon- und Fassadenelemente,

                 

-       

Terrassenprofile,

                 

-       

Tischplatten,

                 

-       

Industrieformteile und

                 

-       

Sperrholz-Formteile (insbesondere Federleisten).

        

Die Vergütung der von der I W erbrachten Leistungen erfolgt anhand der von der I W nachgewiesenen Lohnkosten (zuzüglich Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung sowie sonstigen Lohnnebenkosten) plus eines Aufschlages zu den BruttoLohnsummen von 3 %. Darüber hinaus hat die I W Anspruch auf Erstattung der gerechtfertigten Sachkosten, die im direkten Zusammenhang mit der Wertschöpfung entstehen.

        

Das Entgelt gemäß Absatz 2 (Sätze 1 und 2) hat W der I W innerhalb von 14 Arbeitstagen nach Rechnungsstellung zu erstatten. Die lnrechnungstellung erfolgt monatlich zu Beginn des darauf folgenden Kalendermonats.

        

Auf diese Zahlungen leistet W monatlich im Voraus Abschlagszahlungen an die I W in Höhe von ca. 1,6 Mio. €. Diese werden von der im nachfolgenden Kalendermonat zu erfolgenden Abrechnung in Abzug gebracht.

        

Miete und/oder Pacht für die Nutzung der Produktionshallen und -maschinen sowie sonstiges Anlagevermögen ist von der I W nicht zu entrichten. Die mit der Produktion zusammenhängenden Nebenkosten (insbesondere Energiekosten und sonstige Verbrauchskosten) trägt W.

        

…       

                 
        

B. Betriebsführung im Übrigen

        

§ 6     

        

Betriebsführung mittels Geschäftsbesorgungsvertrag

        

Die I W übernehmen darüber hinaus für W ab dem 1. April 2011 die Betriebsführung des gesamten Geschäftsbetriebes an allen drei inländischen Standorten. Insbesondere umfasst dies sämtliche, in den folgenden Abteilungen zu erledigenden Arbeiten nach den Vorgaben von W:

                 

-       

Einkauf

                 

-       

Vertrieb

                 

-       

Marketing

                 

-       

Finanzbuchhaltung

                 

-       

Forschung und Entwicklung sowie

                 

-       

Instandhaltung.

        

Der Auftrag zur Betriebsführung erstreckt sich auf alle Geschäfte und Maßnahmen, die dem Betriebsablauf und dem gewerblichen Zweck des Betriebes dienen.

        

Die Geschäftsbesorgung und die Betriebsführung erfolgt durch die I W mit eigenen, auf sie gem. § 613a BGB übergegangen Arbeitnehmern.

        

Grundlage dafür ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen den Vertragsparteien mit folgendem Inhalt:

                 
        

§ 7     

        

Handeln für Rechnung und im Namen von W / Bevollmächtigung

        

Die I W handeln bei ihrer Tätigkeit gem. § 6, sofern diese im Zusammenhang mit der Lohnfertigung und der Herstellung der WProdukte ausgeführt wird, für welche W die Patentrechte und das Know-how besitzt, ausschließlich für Rechnung und im Namen von W.

        

Insofern erteilt W der I W Generalhandlungsvollmacht zur Vertretung von W bei allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen, bei denen das Gesetz eine Stellvertretung gestattet und die der Betrieb des Gewerbes von W mit sich bringt. Die I W dürfen von dieser Vollmacht nur für die Zwecke der Betriebsführung und im Rahmen dieses Auftrages Gebrauch machen.

                 
        

§ 8     

        

Verpflichtungen des Auftragnehmers I W

        

Die I W erledigen und managen eigenverantwortlich die in § 6 aufgeführten Abteilungen an allen drei Standorten. Sie sind verantwortlich für die gesamten Abläufe ab Auftragseingang bis zum Zahlungseingang durch den Kunden von W. Des Weiteren kümmern sie sich im Vertrieb darum, dass ausreichende Auftragseingänge zu verzeichnen sind. Hinzu kommen die Erledigung der erforderlichen lnstandhaltungsmaßnahmen, der gebotenen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sowie die pünktliche und ordnungsgemäße Erstellung der Finanzbuchhaltung.

        

Dabei sind neben den Vorgaben von W alle gesetzlichen Vorgaben zu beachten.

        

Die I W stellen sicher, dass das für den reibungslosen Ablauf der in § 6 genannten Abteilungen eingesetzte Personal über die erforderlichen beruflichen Qualifikationen verfügt. Die I W sorgen für die nötigen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.

                 
        

§ 9     

        

Entgelt für die Geschäftsbesorgung

        

Die Vergütung der von der I W erbrachten Leistungen erfolgt anhand der von der I W nachgewiesenen Kosten für die Gehälter der in den in § 6 genannten Abteilungen eingesetzten Mitarbeiter (zuzüglich Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung sowie sonstigen Nebenkosten) plus eines Aufschlages zu den Brutto-Gehaltssummen von 3 %. Darüber hinaus haben die I W Anspruch auf Erstattung der gerechtfertigten Sachkosten, die im direkten Zusammenhang mit der Wertschöpfung entstehen.

        

Das Entgelt zuzüglich der Aufwendungen hat W der I W innerhalb von 14 Arbeitstagen nach Rechnungsstellung zu erstatten. Die lnrechnungstellung erfolgt monatlich zu Beginn des darauf folgenden Kalendermonats.

        

Auf diese Zahlungen leistet W monatlich im Voraus Abschlagszahlungen an die I W in Höhe von ca. 0,8 Mio. €.

        

Diese werden von der im nachfolgenden Kalendermonat zu erfolgenden Abrechnung in Abzug gebracht.

        

Miete und/oder Pacht für die Nutzung der Verwaltungsgebäude sowie das Anlagevermögen ist von der I W nicht zu entrichten. Die mit der Verwaltung zusammenhängenden Nebenkosten (insbesondere Energiekosten und sonstige Verbrauchskosten) trägt W.

                 
        

§ 10   

        

Gewerbliche Schutzrechte

        

W verfügt zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung über eine Reihe von gewerblichen Schutzrechten (Altschutzrechte). Unbeschadet der Benutzung dieser Schutzrechte zur Ausführung der Lohnfertigung und der Durchführung von weiteren Entwicklungsarbeiten durch die Mitarbeiter der I W in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, berührt dieser Vertrag nicht die rechtliche Situation dieser Schutzrechte, insbesondere verbleiben diese Schutzrechte im ausschließlichen Eigentum von W. …

        

…       

                 
        

§ 14   

        

Vertragsdauer

        

Das Vertragsverhältnis ist auf Dauer angelegt. Der Vertrag beginnt am 1. April 2011 und hat eine feste Erstlaufzeit von fünf Jahren. Er kann von beiden Parteien ordentlich erstmals auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Erstlaufzeit gekündigt werden, und zwar mit einer Frist von einem Jahr. Erfolgt keine Kündigung, verlängert sich die Vertragslaufzeit jeweils um fünf weitere Jahre. Auch in diesem Fall beträgt die Kündigungsfrist ein Jahr.

        

Das Recht beider Vertragsparteien, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen, bleibt unberührt.

        

…“    

6

Mit Schreiben vom 1. März 2011 informierten die Beklagte und die F die Arbeitnehmer der Beklagten darüber, dass ihre Arbeitsverhältnisse zum 1. April 2011 gemäß § 613a BGB von der Beklagten auf die F übergehen würden.

7

Nahezu alle Arbeitnehmer - so auch der Kläger - widersprachen dem von der Beklagten und der F angenommenen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die F nicht, erbrachten über den 31. März 2011 hinaus ihre Arbeitsleistung an ihren bisherigen Arbeitsplätzen in unveränderter Art und Weise und stellten weiterhin ausschließlich W-Produkte her. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts schloss die F ab dem 1. April 2011 Verträge mit Dritten, insbesondere mit Kunden und Lieferanten, auf Rechnung und im Namen der Beklagten. Der Marktauftritt zum Vertrieb der W-Produkte erfolgte weiterhin über die Internetseite der Beklagten und bei der E-Mail-Kommunikation nach außen versah das EDV-System die E-Mails der Mitarbeiter automatisch mit einer Signatur der Beklagten. Gegenüber den Arbeitnehmern sowie gegenüber verschiedenen Behörden (zB der Agentur für Arbeit, dem Finanzamt) trat die F hingegen im eigenen Namen auf.

8

Im Mai/Juni 2013 beschlossen die Gesellschafter der F, diese zu liquidieren und die Betriebe in O, N und B stillzulegen. Die Liquidation der F wurde am 12. Juli 2013 in das Handelsregister eingetragen.

9

Am 17. Juli 2013 schlossen die Beklagte und die F eine neue „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ ab. Danach führte die F lediglich Teile der Produktion in Lohnfertigung weiter; zudem war die Beklagte berechtigt, auch andere Unternehmen mit der Lohnfertigung zu beauftragen.

10

Nachdem in der Folgezeit Verhandlungen über einen Interessenausgleich vor der Einigungsstelle gescheitert waren, kündigte die F - nach Beteiligung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige - die bestehenden Arbeitsverhältnisse, soweit diese nicht auf andere Firmen übergingen. Gegenüber dem Kläger erklärte sie mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 die Kündigung zum 31. März 2015.

11

Am 25. November 2014 kam durch Spruch der Einigungsstelle ein Sozialplan zustande, der keine Abfindungsleistungen für die Arbeitnehmer vorsah.

12

Unter dem 31. Dezember 2014 kündigte die Beklagte die „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ vom 17. Juli 2013 zum 31. März 2015. Am 26. März 2015 schlossen die Beklagte und die F eine bis zum 31. Mai 2015 befristete, den Betrieb in O betreffende „Vereinbarung über Geschäftsbesorgung und Betriebsführung“. Ihre Tätigkeit in B hatte die F bereits mit Ablauf des 30. September 2014 und ihre Tätigkeit in N mit Ablauf des 28. Februar 2015 eingestellt.

13

Der Kläger, der zunächst lediglich Kündigungsschutzklage gegen die F erhoben hatte, hat seine Klage im März 2015 gegen die Beklagte erweitert. Insoweit hat er - soweit für die Revision von Bedeutung - die Auffassung vertreten, dass zwischen der Beklagten und ihm über den 31. März 2011 hinaus ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehe. Sein mit der Beklagten begründetes Arbeitsverhältnis sei nicht infolge eines Betriebsübergangs auf die F übergegangen. Die F habe den Betrieb der Beklagten nicht identitätswahrend übernommen. Sie habe den Betrieb nicht umfassend nach außen hin genutzt, sondern lediglich aufgrund einer externen Generalhandlungsvollmacht im Namen und auf Rechnung der Beklagten gehandelt. Unerheblich sei, dass sie gegenüber den Beschäftigten als Arbeitgeberin aufgetreten sei. Dies führe lediglich dazu, dass der Vertrag zwischen der F und der Beklagten als Mischform zwischen „echtem“ und „unechtem“ Betriebsführungsvertrag anzusehen sei. Da für einen Betriebsinhaberwechsel die tatsächliche Übernahme der Organisations- und Leitungsmacht im eigenen Namen erforderlich sei, könne es bei einer solchen Mischform nicht zu einem Betriebsübergang kommen. Im Übrigen sei auch die Identität der wirtschaftlichen Einheit verändert worden. Bei der Beklagten handele es sich um ein produzierendes Unternehmen. Die F sei demgegenüber eine reine Betriebsführungsgesellschaft, also ein Unternehmen, dessen Zweck in der Führung eines fremden Betriebs, mithin in einer Dienstleistung bestehe.

14

Nachdem die F im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2015 ein Anerkenntnis erklärt hatte, hat das Landesarbeitsgericht mit Teilanerkenntnisurteil vom 15. März 2016 (- 2 Sa 35/15 -) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der F durch deren Kündigung vom 28. Oktober 2014 nicht beendet wurde.

15

Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

        

        

festzustellen, dass zwischen der Beklagten und ihm über den 31. März 2011 hinaus ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

16

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des Anerkenntnisurteils gegen die F stehe fest, dass ein Arbeitsverhältnis mit dieser bestanden habe. Die materielle Rechtskraft dieser Entscheidung stehe der Zulässigkeit der Klage gegen sie, die Beklagte, entgegen. Zudem sei die gegen sie gerichtete Klage rechtsmissbräuchlich, weil das Klagerecht prozessual verwirkt sei. Der über den Betriebsübergang unterrichtete Kläger habe in Kenntnis sämtlicher Umstände über vier Jahre hinweg weder die Arbeitgeberstellung der F angezweifelt noch sie, die Beklagte, als Arbeitgeberin angesprochen. Sie habe entsprechend disponiert und die Abwicklung und tatsächliche Handhabung des Betriebsführungsvertrags über mehrere Jahre nicht mehr im Einzelnen dokumentiert.

17

Die Klage sei auch unbegründet. Das zwischen ihr und dem Kläger begründete Arbeitsverhältnis sei im Jahr 2011 infolge eines Betriebsübergangs auf die F übergegangen. Sie habe ihren Produktionsbetrieb unter Wahrung seiner wirtschaftlichen Identität auf die F übertragen, diese habe ihn auch tatsächlich fortgeführt. Die Betriebsmittel seien auf die F übergegangen, indem sie dieser zur Verfügung gestellt worden seien; auf die Eigentumsverhältnisse komme es insoweit nicht an. Die Art und Weise, wie die F am Markt aufgetreten sei, sei ebenso unerheblich. Maßgeblich sei allein, dass die F ab dem 1. April 2011 als Arbeitgeberin aufgetreten sei und die Leitungsmacht im Verhältnis zu den Arbeitnehmern ausgeübt habe.

18

Dem Kläger sei es jedenfalls verwehrt, sich ihr gegenüber auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu berufen. Dies folge bereits daraus, dass er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die F nicht innerhalb der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB vorgesehenen Monatsfrist widersprochen habe. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB sei unmittelbar, jedenfalls aber analog anwendbar. Im Übrigen habe der Kläger sein Recht, sich auf einen Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit ihr über den 31. März 2011 hinaus zu berufen, verwirkt.

19

Das Arbeitsgericht hat der gegen die Beklagte gerichteten Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31. März 2011 hinaus jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 8. Mai 2015 bestanden hat. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Revision. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

21

A. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

22

I. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass zwischen den Parteien über den 31. März 2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis zu unveränderten vertraglichen Bedingungen besteht. Anders als die Beklagte unter Bezugnahme auf die - im Übrigen nicht tragenden - Erwägungen des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 24. September 2015 (- 2 AZR 562/14 - Rn. 22, BAGE 152, 345) zur eventuellen Zulässigkeit einer „Betriebsübergangs-Feststellungsklage“ meint, ist der Klageantrag nicht dahin auszulegen, dass der Kläger die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis zum 1. April 2011 nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten auf die F übergegangen ist.

23

1. Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des Bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind prozessuale Willenserklärungen so auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 15. September 2016 - 8 AZR 351/15 - Rn. 20; 7. Juli 2015 - 10 AZR 416/14 - Rn. 18 , BAGE 152, 108 ; 2. September 2014 -  3 AZR 951/12  - Rn. 34 ).

24

2. Danach ist der Klageantrag dahin auszulegen, dass der Kläger die Feststellung des Fortbestands seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu unveränderten vertraglichen Bedingungen über den 31. März 2011 hinaus begehrt und nicht etwa die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zum 1. April 2011 nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten auf die F übergegangen ist. Hierfür spricht schon der unmissverständliche Wortlaut des Antrags. Eine Auslegung des Klageantrags als negative „Betriebsübergangs-Feststellungsklage“ würde auch nicht der wohlverstandenen Interessenlage des Klägers entsprechen. Ein Klageantrag, mit dem lediglich das Ziel verfolgt würde festzustellen, dass kein Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs von der Beklagten auf die F stattgefunden hat, wäre unzulässig. Er wäre nicht auf die Feststellung eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet(vgl. BAG 22. Juli 2003 - 1 AZR 575/02 - zu III 1 b bb der Gründe; 16. Mai 2002 - 8 AZR 320/01 - zu B II 1 der Gründe). Zwar muss sich ein Feststellungsantrag nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis als Ganzes beziehen, sondern kann sich auch auf Teilrechtsverhältnisse, etwa auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen beschränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, wozu auch die Frage gehört, ob es zu einem Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs gekommen ist oder nicht, können jedoch nicht zum Gegenstand eines Feststellungsantrags gemacht werden (zum feststellungsfähigen Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO vgl. BAG 28. März 2017 - 1 ABR 40/15 - Rn. 16 mwN; 21. März 2017 - 7 AZR 222/15 - Rn. 15).

25

II. In dieser Auslegung ist der Klageantrag zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich eines zu unveränderten Vertragsbedingungen bestehenden Arbeitsverhältnisses gerichtet. Für die begehrte Feststellung bestehtauch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten stehen der Zulässigkeit der Klage auch weder eine Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils vom 15. März 2016 (- 2 Sa 35/15 -) noch der durchgreifende Einwand der prozessualen Verwirkung entgegen.

26

1. Das für den Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor, da die Beklagte einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger über den 31. März 2011 hinaus in Abrede stellt.

27

Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg einwenden, der Kläger hätte in Reaktion auf die Unterrichtung vom 1. März 2011 einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die F erklären und damit sein Klageziel auf einfacherem Wege erreichen können. Der Kläger erstrebt die gerichtliche Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten über den 31. März 2011 hinaus fortbesteht. Dieses Klageziel könnte er in keinem Fall allein durch einen Widerspruch gemäß § 613a Abs. 6 BGB gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines (vermeintlichen) Betriebsübergangs erreichen. Es kann an dieser Stelle offenbleiben, ob der Betrieb der Beklagten in O am 1. April 2011 iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die F übergegangen ist. Sollte es zu einem Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die F gekommen sein, wäre die wirksame Ausübung des Widerspruchsrechts Voraussetzung für die begehrte Feststellung, mithin eine materiell-rechtliche Vorfrage und schon deshalb kein einfacherer Weg, um das Klageziel zu erreichen. Sollte es hingegen nicht zu einem Übergang des Betriebs der Beklagten iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die F gekommen sein, ginge ein etwaiger Widerspruch des Klägers vor dem Hintergrund, dass das Widerspruchsrecht ein Gestaltungsrecht ist, dessen Ausübung bewirkt, dass die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht eintreten(vgl. zuletzt BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 16 mwN), von vornherein ins Leere.

28

2. Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht auch eine Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils vom 15. März 2015 (- 2 Sa 35/15 -) nicht entgegen.

29

a) Die materielle Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO)einer gerichtlichen Entscheidung verbietet zwar - als negative Prozessvoraussetzung - eine neue Verhandlung über denselben Streitgegenstand. Unzulässig ist deshalb eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits identisch ist (BGH 24. Januar 2008 - VII ZR 46/07 - Rn. 13; 19. November 2003 - VIII ZR 60/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 157, 47). Die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung wirkt aber grundsätzlich nur gegenüber der Partei der gerichtlichen Entscheidung, sie tritt nur im Verhältnis der Prozessparteien zueinander ein (vgl. BGH 4. April 2014 - V ZR 110/13 - Rn. 11; 12. Januar 1996 - V ZR 246/94 - zu II 4 c der Gründe, BGHZ 131, 376). Partei des Kündigungsschutzprozesses war hingegen nicht die Beklagte, sondern die F.

30

b) Es gibt auch keine besondere gesetzliche Bestimmung, die die materielle Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils auf die Beklagte erstreckt. Es kann vorliegend dahinstehen, ob und ggf. inwieweit der Streitgegenstand, über den durch das gegen die F ergangene Teilanerkenntnisurteil erkannt wurde, mit dem Streitgegenstand der gegen die Beklagte gerichteten Klage überhaupt identisch ist; es existiert schon keine Regelung, der sich entnehmen ließe, dass die materielle Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils auch gegenüber der Beklagten wirkt. Aus § 325 ZPO folgt insoweit nichts Abweichendes. Zwar kann die bindende Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsveräußerer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch gegenüber dem neuen Inhaber wirken. Die Rechtskraft eines gegen den früheren Arbeitgeber ergehenden Urteils wirkt in entsprechender Anwendung der §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO für und gegen den neuen Inhaber, wenn der Betriebsübergang nach Rechtshängigkeit erfolgt ist(st. Rspr. vgl. etwa BAG 19. November 2014 - 4 AZR 761/12 - Rn. 23 mwN, BAGE 150, 97; 24. August 2006 - 8 AZR 574/05 - Rn. 25). Vorliegend geht es jedoch nicht um die Frage, ob ein gegen den früheren Arbeitgeber ergangenes Urteil auch für und gegen den neuen Inhaber wirkt, sondern darum, ob die materielle Rechtskraft einer gegen den (vermeintlichen) neuen Inhaber ergangenen gerichtlichen Entscheidung auch gegenüber dem früheren Arbeitgeber wirkt.

31

c) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten gebieten die Wertungen in § 62 Abs. 1 ZPO(notwendige Streitgenossenschaft) keine andere Beurteilung.

32

Dies folgt bereits daraus, dass zwischen der Beklagten und der F weder eine notwendige Streitgenossenschaft aus prozessualen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO) noch eine solche aus materiell-rechtlichen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO) besteht.

33

(aa) Zwischen der F und der Beklagten besteht keine notwendige Streitgenossenschaft aus prozessualen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO).

34

(1) Eine notwendige Streitgenossenschaft iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO setzt ua. voraus, dassgesetzliche Vorschriften die Rechtskraft des gegenüber dem einen Streitgenossen ergangenen Urteils auf den anderen Streitgenossen erstrecken (vgl. BGH 3. November 2016 - I ZR 101/15 - Rn. 17 mwN; 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83 - zu I der Gründe, BGHZ 92, 351; 13. Juli 1970 - VIII ZR 230/68 - zu I 1 der Gründe, BGHZ 54, 251; 15. Juni 1959 - II ZR 44/58 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 30, 195: „auf Grund besonderer Vorschriften“). Hier müsste aus prozessualen Gründen auch dann einheitlich entschieden werden, wenn die Prozesse nacheinander durchgeführt werden (vgl. BGH 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83 - aaO). Die bloße Bindungswirkung bezüglich einer Vorfrage reicht insoweit nicht aus (vgl. BGH 24. Juni 1992 - VIII ZR 203/91 - zu I 2 a der Gründe, BGHZ 119, 35; MüKoZPO/Schultes 5. Aufl. § 62 Rn. 17).

35

(2) Danach besteht zwischen der Beklagten und der F keine notwendige Streitgenossenschaft iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 37 mwN). Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Fall der Rechtskrafterstreckung nach § 325 ZPO als Anwendungsfall der notwendigen Streitgenossenschaft iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO überhaupt in Betracht kommt, was zweifelhaft ist, da der Rechtsnachfolger im Hinblick auf die in § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffene Bestimmung nicht gemeinsam mit dem Rechtsvorgänger als Partei auftreten kann(zu dieser Problematik vgl. etwa MüKoZPO/Schultes 5. Aufl. § 62 Rn. 7 mwN; Musielak/Voit/Weth ZPO 14. Aufl. § 62 Rn. 4; PG/Gehrlein ZPO 9. Aufl. § 62 Rn. 4). Es gibt - wie unter Rn. 30 ausgeführt - keine besondere gesetzliche Bestimmung, die die materielle Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils auf die Beklagte erstreckt.

36

(bb) Zwischen der F und der Beklagten besteht auch keine notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO.

37

(1) Eine Streitgenossenschaft ist materiell-rechtlich eine notwendige, wenn ein Recht aus materiell-rechtlichen Gründen nur von mehreren Berechtigten oder gegen mehrere Verpflichtete gemeinsam ausgeübt werden darf, die Klage einzelner oder gegen einzelne Streitgenossen mithin wegen fehlender Prozessführungsbefugnis als unzulässig abgewiesen werden müsste (BGH 3. November 2016 - I ZR 101/15 - Rn. 17; 24. Januar 2012 - X ZR 94/10 - Rn. 19, BGHZ 192, 245; 14. April 2010 - IV ZR 135/08 - Rn. 17; 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83 - zu I der Gründe). Das Erfordernis einer gemeinschaftlichen Klage ergibt sich hier aus der lediglich gemeinschaftlich vorhandenen materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis (BGH 14. April 2010 - IV ZR 135/08 - aaO; Zöller/Althammer ZPO 32. Aufl. § 62 Rn. 11). Nicht ausreichend für die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO ist hingegen, dass aus Gründen der Logik eine einheitliche Entscheidung notwendig oder angesichts der Folgeprobleme wünschenswert wäre (BGH 4. April 2014 - V ZR 110/13 - Rn. 6; 14. April 2010 - IV ZR 135/08 - Rn. 18; 15. Juni 1959 - II ZR 44/58 - zu II 4 der Gründe, BGHZ 30, 195; vgl. auch BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 37).

38

(2) Danach liegt im vorliegenden Fall keine Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO vor. Der frühere Arbeitgeber und der neue Inhaber iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB sind gerade nicht lediglich gemeinschaftlich materiell-rechtlich verfügungsbefugt.Es gibt keine materiell-rechtliche Norm, die anordnet, dass über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses bei mehreren alternativ in Betracht kommenden Arbeitgebern nur einheitlich entschieden werden kann. Insoweit ließe sich allenfalls feststellen, dass insbesondere im Fall eines streitigen Übergangs des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs aus Gründen der Logik eine einheitliche Entscheidung notwendig oder angesichts der - auch auf widersprechenden Entscheidungen beruhenden - Folgeprobleme wünschenswert wäre. Dies reicht jedoch für die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft nach § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO nicht aus.

39

(3) Entgegen ihrer Rechtsauffassung kann die Beklagte aus dem von ihr angezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24. September 2015 (- 2 AZR 562/14 - Rn. 22, BAGE 152, 345) nichts zu ihren Gunsten ableiten. Zwar hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts in den nichttragenden Gründen dieser Entscheidung die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft iSv. § 62 ZPO - aus materiell-rechtlichen Gründen - zwischen verklagtem vermeintlichem Veräußerer und vermeintlichem neuen Inhaber iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erwogen. Dies war allerdings untrennbar mit der Erwägung verknüpft, eine „Betriebsübergangs-Feststellungsklage“ für nach § 256 ZPO zulässig zu erachten. Dass eine - auch negative - Betriebsübergangs-Feststellungsklage unzulässig ist, weil sie nicht auf die Feststellung eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet ist, wurde indes bereits unter Rn. 24 ausgeführt.

40

(4) Im Übrigen kommt einem formell rechtskräftigen Teilurteil gegen einzelne aus materiell-rechtlichen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO) notwendige Streitgenossen auch keine materielle Rechtskraftwirkung gegenüber den anderen notwendigen Streitgenossen zu (vgl. etwa BGH 4. April 2014 - V ZR 110/13 - Rn. 11; 12. Januar 1996 - V ZR 246/94 - zu II 4 c der Gründe, BGHZ 131, 376).

41

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger das Recht, den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten klageweise geltend zu machen, nicht nach den für eine Prozessverwirkung geltenden Grundsätzen verwirkt.

42

a) Zwar kann die Befugnis, eine Klage zu erheben, verwirkt werden mit der Folge, dass eine dennoch angebrachte Klage unzulässig ist. Dies kommt jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht. Das Klagerecht kann ausnahmsweise verwirkt sein, wenn der Anspruchsteller die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums (Zeitmoment) erhebt und zusätzlich ein Vertrauenstatbestand beim Anspruchsgegner geschaffen worden ist, er werde gerichtlich nicht mehr belangt werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an der sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Gegner die Einlassung auf die nicht innerhalb angemessener Frist erhobene Klage nicht mehr zumutbar ist (BAG 21. September 2017 - 2 AZR 57/17 - Rn. 29; 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - Rn. 23 mwN; 10. Oktober 2007 - 7 AZR 448/06 - Rn. 17). Durch die Annahme einer prozessualen Verwirkung darf der Weg zu den Gerichten allerdings nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Dies ist im Zusammenhang mit den an das Zeit- und das Umstandsmoment zu stellenden Anforderungen zu berücksichtigen (BAG 21. September 2017 - 2 AZR 57/17 - aaO; 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - aaO mwN; 10. Oktober 2007 - 7 AZR 448/06 - aaO).

43

b) Im Streitfall liegen - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - die Voraussetzungen der Prozessverwirkung nicht vor. Der Beklagten ist die Einlassung auf das Klagebegehren nicht unzumutbar.

44

aa) Der Kläger hat seine auf die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage gegenüber der Beklagten bereits knapp vier Jahre nach dem (vermeintlichen) Betriebsübergang erhoben. Die Beklagte hat auch keine besonderen Umstände dargetan, auf Grund derer es ihr aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zugemutet werden könnte, sich im Rahmen eines Rechtsstreits auf das Klagebegehren einzulassen und sich hiergegen zu verteidigen. Sie hat sich insoweit lediglich darauf berufen, sie habe vor dem Hintergrund, dass in zahlreichen arbeitsgerichtlichen Entscheidungen ein Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von ihr auf die F angenommen worden sei, entsprechend disponiert und die Abwicklung und tatsächliche Handhabung des Betriebsführungsvertrags über mehrere Jahre nicht mehr im Einzelnen dokumentiert. Dies reicht jedoch für das zur Prozessverwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht aus. Beweisschwierigkeiten, denen der Verpflichtete deshalb ausgesetzt ist, weil der Gläubiger seine Rechte erst nach längerer Zeit geltend macht, rechtfertigen den Einwand der Prozessverwirkung grundsätzlich nicht. Vielmehr muss der Verpflichtete die Beweismittel gerade im berechtigten Vertrauen darauf, dass der Gläubiger seine Rechte nicht mehr geltend machen wird, nicht sichergestellt oder vernichtet haben (vgl. BGH 18. Januar 2001 - VII ZR 416/99  - zu II 2 b der Gründe; 26. Mai 1992 -  VI ZR 230/91  - zu II 1 b der Gründe). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Umstand, dass ggf. in einer Vielzahl von arbeitsgerichtlichen Entscheidungen von einem Betriebsübergang von der Beklagten auf die F ausgegangen wurde, war von vornherein nicht geeignet, bei der Beklagten ein berechtigtes Vertrauen darauf zu begründen, dass der Kläger seine Rechte nicht mehr klageweise geltend machen würde. Im Gegenteil, der Beklagten musste vielmehr bereits aufgrund der Tatsache, dass andere Arbeitnehmer einen Betriebsübergang von ihr auf die F in Abrede gestellt und einen Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses mit ihr über den 31. März 2011 hinaus reklamiert hatten, die rechtliche Problematik ihres Vorgehens im Zusammenhang mit der „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ bekannt sein. Sie musste deshalb damit rechnen, dass auch andere Arbeitnehmer - wie der Kläger - entsprechende Klagen erheben würden. Dies hätte die Beklagte veranlassen müssen, die zur Verteidigung gegen derartige Klagen vorhandenen Unterlagen und Beweismittel sicherzustellen und aufzubewahren. Wenn dies gleichwohl nicht geschehen ist, eröffnet dies der Beklagten nicht die Möglichkeit, sich auf das nur in besonderen Ausnahmefällen aus Gründen des Vertrauensschutzes anzuerkennende Rechtsinstitut der Prozessverwirkung zu berufen.

45

bb) Aus dem Umstand, dass der Kläger sich zunächst nur mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der F vom 28. Oktober 2014 zur Wehr gesetzt und von einer Klage gegen die Beklagte zunächst abgesehen hat, folgt nichts Abweichendes. Solange noch nicht abschließend geklärt war, ob es mit dem 1. April 2011 zu einem Betriebsübergang von der Beklagten auf die F gekommen war, musste der Kläger - auch um sich ein Widerspruchsrecht gegen einen etwaigen Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die F zu erhalten und sich nicht dem Vorwurf einer unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB)aufgrund einer Disposition über sein Arbeitsverhältnis auszusetzen (vgl. hierzu BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 50; 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32; 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - Rn. 35; 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 45) - zunächst innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG die Kündigung der F angreifen. Im Übrigen hat sich der Kläger mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage genau so verhalten, wie es die Beklagte nach den gesamten Umständen, insbesondere aufgrund ihres eigenen Unterrichtungsschreibens vom 1. März 2011 über einen Betriebsübergang auf die F erwarten musste. Dass der Kläger seit 2013 von der Liquidation der F wusste und im Jahr 2014 von den Interessenausgleichsverhandlungen und dem Tätigwerden der Einigungsstelle erfahren hat, ist insoweit ohne Belang. Ebenso wenig wirkt sich aus, dass der Kläger nahezu vier Jahre die Arbeitgeberstellung der F nicht angezweifelt und die Beklagte nicht als Arbeitgeber angesprochen hatte.

46

B. Die Klage ist auch begründet. Das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis besteht über den 31. März 2011 zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen den Parteien fort. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist das Arbeitsverhältnis des Klägers - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - nicht infolge eines Betriebsübergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die F übergegangen. Der Begründetheit der Klage steht auch nicht die Regelung in § 613a Abs. 6 BGB entgegen. Letztlich hat der Kläger sein Recht, sich auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu berufen, auch nicht verwirkt.

47

I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht infolge eines Betriebsübergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zum 1. April 2011 auf die F übergegangen ist. Da die einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben durch die im Folgenden dargestellte und zitierte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt sind, bedurfte es - anders als die Beklagte meint - auch keines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV.

48

1. Die Richtlinie 2001/23/EG soll nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse unabhängig von einem Inhaberwechsel gewährleisten (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25 mwN; so auch BAG 23. März 2017 - 8 AZR 91/15 - Rn. 21 mwN, BAGE 159, 1).

49

a) Für die Anwendbarkeit der Richtlinie 2001/23/EG ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Buchst. b deshalb entscheidend, dass der Übergang eine ihre Identität bewahrende (auf Dauer angelegte) wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft (vgl. etwa EuGH 26. November 2015 - C-509/14  - [ADIF/Aira Pascual ua.] Rn. 31; 9. September 2015 -  C-160/14  - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25; 6. März 2014 -  C-458/12  - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN). Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck ( EuGH 19. Oktober 2017 - C-200/16 - [Securitas] Rn. 25; 6. März 2014 - C-458/12  - [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN; 6. September 2011 -  C-108/10  - [Scattolon] Rn. 42 mwN, zur Vorgängerrichtlinie 77/187/EWG ; 29. Juli 2010 -  C-151/09  - [UGT-FSP] Rn. 26 ; 13. September 2007 -  C-458/05  - [Jouini ua.] Rn. 31 ; 26. September 2000 -  C-175/99  - [Mayeur] Rn. 32 zur Vorgängerrichtlinie 77/187/EWG ). Darauf, ob es sich dabei um ein „Unternehmen“, einen „Betrieb“ oder einen „Unternehmens-“ oder „Betriebsteil“ - auch iSd. jeweiligen nationalen Rechts - handelt, kommt es nicht an (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-160/14  - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25; 20. Januar 2011 -  C-463/09  - [CLECE] Rn. 30 ). Entscheidend ist nur, dass der Übergang eine wirtschaftliche Einheit im og. Sinn betrifft (vgl. auch BAG 27. April 2017 - 8 AZR 859/15 - Rn. 30 f.).

50

Zudem ist die Richtlinie 2001/23/EG nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nur in den Fällen anwendbar, in denen die für den Betrieb des Betriebs oder Unternehmens, dh. die für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit verantwortliche natürliche oder juristische Person, die in dieser Eigenschaft die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, (im Rahmen vertraglicher Beziehungen) wechselt (ua. EuGH 19. Oktober 2017 - C-200/16 - [Securitas] Rn. 23; 26. November 2015 - C-509/14  - [ADIF/Aira Pascual ua.] Rn. 28; 9. September 2015 -  C-160/14  - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 24 mwN; 6. März 2014 -  C-458/12  - [Amatori ua.] Rn. 29 mwN). Ein „Übergang“ iSd. Richtlinie 2001/23/EG erfordert eine Übernahme durch einen „neuen“ Arbeitgeber (st. Rspr., ua. EuGH 6. April 2017 - C-336/15  - [Unionen] Rn. 18 mwN; 6. März 2014 -  C-458/12  - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; 6. September 2011 -  C-108/10  - [Scattolon] Rn. 60 mwN).

51

Diese Rechtsprechung ist auch für das Verständnis der anzuwendenden Bestimmungen des nationalen Rechts, hier: § 613a BGB, maßgebend(vgl. auch BAG 27. April 2017 - 8 AZR 859/15 - Rn. 31).

52

b) Ein Betriebs(teil-)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt demnach nicht nur voraus, dass der Übergang eine auf Dauer angelegte, ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft. Erforderlich für das Vorliegen eines Betriebs(teil-)übergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist ferner, dass die für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit verantwortliche natürliche oder juristische Person, die in dieser Eigenschaft die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt(vgl. etwa BAG 27. April 2017 - 8 AZR 859/15 - Rn. 30 f.; 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 25; 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 13 mwN).

53

2. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der gesamte Betrieb der Beklagten in O oder schon die „Produktion“ für sich betrachtet eine wirtschaftliche Einheit iSd. Richtlinie 2001/23/EG und damit iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt. Jedenfalls ist die wirtschaftliche Einheit, in deren Rahmen das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand, nicht zum 1. April 2011 von der Beklagten auf die F übergegangen. Es fehlt an einem Wechsel in der Person des für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit Verantwortlichen.

54

a) Zwar hat die Beklagte der F entsprechend der „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ von März 2011 ab dem 1. April 2011 die für die Herstellung und Bearbeitung der W-Produkte erforderlichen Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Auch wurden über den 31. März 2011 hinaus in den der F zur Nutzung überlassenen Betriebsräumlichkeiten der Beklagten weiterhin W-Produkte hergestellt und bearbeitet. Gegen einen Betriebs(teil-)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB spricht insoweit nicht, dass die vorgenannten Betriebsmittel im Eigentum der Beklagten verblieben sind. Für die Anwendung der Richtlinie 2001/23/EG und damit auch für die Anwendung von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es nicht darauf an, dass der Erwerber das Eigentum an den erforderlichen Aktiva, insbesondere Vermögensgegenständen, erwirbt bzw. dass dieses überhaupt übertragen wird (EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres] Rn. 37; 20. November 2003 - C-340/01 - [Abler] Rn. 41; 2. Dezember 1999 - C-234/98 - [Allen ua.] Rn. 16 und 30). Maßgeblich ist vielmehr die tatsächliche Verfügungsbefugnis.

55

b) Die F hat allerdings nicht die Verantwortlichkeit für den Betrieb der in Rede stehenden wirtschaftlichen Einheit übernommen.

56

aa) Verantwortlich für den Betrieb einer wirtschaftlichen Einheit ist die Person, die die wirtschaftliche Einheit im eigenen Namen führt und nach außen als deren Inhaber auftritt. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen (vgl. BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 27; 15. Dezember 2005 - 8 AZR 202/05 - zu B I 1 c aa der Gründe mwN). Danach reicht es nicht aus, lediglich im Verhältnis zur Belegschaft als Inhaber aufzutreten. Erforderlich ist vielmehr die Nutzung der wirtschaftlichen Einheit nach außen (vgl. BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - aaO; 31. Januar 2008 - 8 AZR 2/07 - Rn. 28 ). Diese Auslegung von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB entspricht der Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wonach der Zeitpunkt des Übergangs im Sinne dieser Bestimmung dem Zeitpunkt entspricht, zu dem die Inhaberschaft, mit der die Verantwortung für den Betrieb der übertragenen Einheit verbunden ist, vom Veräußerer auf den Erwerber übergeht und dieser den Betrieb fortführt ( EuGH 26. Mai 2005 - C-478/03  - [CELTEC] Rn. 44).

57

bb) Danach hat die F zu keinem Zeitpunkt die Verantwortung für den Betrieb der in Rede stehenden wirtschaftlichen Einheit übernommen, vielmehr ist diese Verantwortung über den 31. März 2011 bei der Beklagten verblieben. Die Beklagte hat ihre wirtschaftliche Betätigung in der in Rede stehenden wirtschaftlichen Einheit nicht eingestellt.

58

Dies ergibt sich aus der „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ aus März 2011. Zwar heißt es in § 1 Abs. 1 Satz 1 der Vereinbarung, dass die I W (die spätere F) die komplette Produktion der WProdukte an allen drei inländischen Standorten ab dem 1. April 2011 in „Lohnfertigung“ weiterführt; auch waren die Beklagte und die F in § 6 Abs. 1 der Vereinbarung übereingekommen, dass die F ab dem 1. April 2011 die Betriebsführung des gesamten Geschäftsbetriebs an allen drei inländischen Standorten übernimmt. Diese Abreden bewirkten jedoch nicht die Übertragung der Verantwortung für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit von der Beklagten auf die F. Zum einen hatten die Beklagte und die F in § 6 Abs. 1 der Vereinbarung ausdrücklich geregelt, dass die F die Betriebsführung „für W“ und nicht „an deren Stelle“ übernimmt, was nichts anderes bedeutet, als dass die F nicht im eigenen, sondern im Namen der Beklagten nach außen in Erscheinung treten sollte; zum anderen hatten die Beklagte und die F in § 7 Abs. 1 der Vereinbarung nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die F bei ihrer Tätigkeit gemäß § 6, sofern diese im Zusammenhang mit der Lohnfertigung und der Herstellung der W-Produkte ausgeführt wird, für welche die Beklagte die Patentrechte und das Know-How besitzt, ausschließlich im Namen der Beklagten handelt. Insoweit hatte die Beklagte der F in § 7 Abs. 2 der Vereinbarung Generalhandlungsvollmacht zur Vertretung von W bei allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen eingeräumt, bei denen eine Stellvertretung gestattet ist und die der Betrieb des Gewerbes der Beklagten mit sich bringt. Auch diese Regelung bestätigt, dass die F nicht im eigenen Namen nach außen auftreten sollte, sondern dass aus Rechtsgeschäften der F ausschließlich die Beklagte berechtigt und verpflichtet sein sollte. Nach den vertraglichen Vereinbarungen sollte die F demnach nur wie ein leitender Angestellter bzw. Generalbevollmächtigter für die Beklagte tätig werden und damit gerade nicht die Verantwortung für den Betrieb der in Rede stehenden wirtschaftlichen Einheit nach außen übernehmen. Diese sollte bei der Beklagten verbleiben, die weiterhin als Inhaber der wirtschaftlichen Einheit nach außen hin auftreten wollte.

59

Etwas anderes folgt weder daraus, dass die F gegenüber den Arbeitnehmern sowie gegenüber verschiedenen Behörden (zB der Agentur für Arbeit, dem Finanzamt) - soweit es um die Arbeitsverhältnisse ging - tatsächlich im eigenen Namen aufgetreten ist, noch aus der in § 6 Abs. 2 der Vereinbarung getroffenen Regelung. Zwar sollte danach die Geschäftsbesorgung und die Betriebsführung durch die F mit eigenen, auf sie gemäß § 613a BGB übergegangenen Arbeitnehmern erfolgen. Diese Regelung unterstreicht aber nur, dass die Beklagte und die F nicht von einer Personalgestellung, sondern von einem Betriebsübergang ausgingen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, dass die F gegenüber den Arbeitnehmern und verschiedenen Behörden (zB der Agentur für Arbeit, dem Finanzamt), soweit es um die Arbeitsverhältnisse ging, im eigenen Namen aufgetreten ist. Mit ihrer Rüge, das Landesarbeitsgericht habe sich mit ihrem Vorbringen nicht auseinandergesetzt, wonach die F zudem gegenüber Leiharbeitsunternehmen, der Industrie- und Handelskammer, der Finanzverwaltung, dem Wirtschaftsprüfer, dem Steuerberater ua. im eigenen Namen aufgetreten sei und Verträge geschlossen habe, dringt die Beklagte schon deshalb nicht durch, weil ihr Vorbringen aus den in Bezug genommenen Schriftsätzen vom 9. Juli 2015 und 3. August 2015 nicht erkennen lässt, wann, mit welchem Inhalt und vor welchem Hintergrund wem gegenüber Erklärungen abgegeben und wann, mit welchem Inhalt und mit wem welche Verträge geschlossen wurden.

60

Anhaltspunkte für eine von der „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ abweichende Vertragspraxis bestehen nicht. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die F ab dem 1. April 2011 jedenfalls Verträge mit Kunden und Lieferanten nicht im eigenen, sondern im Namen der Beklagten geschlossen. Der Marktauftritt zum Vertrieb der W-Produkte erfolgte weiterhin über die Internetseite der Beklagten und bei der E-Mail-Kommunikation nach außen versah das EDV-System die E-Mails der Mitarbeiter automatisch mit einer Signatur der Beklagten.

61

II. Dem Begehren des Klägers steht ferner nicht die Regelung in § 613a Abs. 6 BGB entgegen. Anders als die Beklagte meint, war der Kläger auch nach Ablauf der einmonatigen Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nach Zugang des Unterrichtungsschreibens der Beklagten und der F vom 1. März 2011 nicht daran gehindert, sich auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu berufen. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB ist im vorliegenden Fall weder unmittelbar noch analog anwendbar.

62

1. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs. 5 schriftlich widersprechen kann, ist vorliegend nicht unmittelbar anwendbar. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB knüpft an die in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB getroffene Bestimmung an, wonach der neue Inhaber im Fall eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt und setzt damit voraus, dass es zu einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang gekommen ist. Dass ein Betriebs(teil-)übergang von der Beklagten auf die F nicht stattgefunden hat, wurde unter Rn. 47 ff. ausgeführt.

63

2. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB ist aber auch nicht analog in den Fällen anwendbar, in denen - wie hier - der vermeintliche Veräußerer und/oder der vermeintliche neue Inhaber den Arbeitnehmer über einen rechtsirrig angenommenen Betriebsübergang unterrichtet haben. Darauf, ob der Irrtum vermeidbar war, kommt es entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht an.

64

a) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält. Die Lücke muss sich demnach aus dem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Regelungsplan ergeben. Dabei muss die Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können. Andernfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers als planwidrige Lücke aufgefasst und diese im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden.Darüber hinaus muss der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen(vgl. etwa BGH 18. Oktober 2017 - IV ZR 97/15 - Rn. 22; 17. Oktober 2017 - VI ZR 477/16 - Rn. 19 mwN; 4. Dezember 2014 - III ZR 61/14 - Rn. 9 mwN; vgl. etwa BAG 12. Juli 2016 - 9 AZR 352/15 - Rn. 19; 24. September 2015 - 6 AZR 511/14 - Rn. 26 mwN; 23. Juli 2015 - 6 AZR 490/14 - Rn. 34, BAGE 152, 147). Der gesetzlich ungeregelte Fall muss demnach nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangen wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle (vgl. etwa BAG 12. Juli 2016 - 9 AZR 352/15 - aaO; 24. September 2015 - 6 AZR 511/14 - aaO; 23. Juli 2015 - 6 AZR 490/14 - aaO).

65

b) Daran gemessen kommt eine analoge Anwendung von § 613a Abs. 6 BGB auf Fälle, in denen eine Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB erfolgt ist, weil der (bisherige) Arbeitgeber und/oder ein vermeintlicher Übernehmer rechtsirrig einen Betriebsübergang annehmen, nicht in Betracht. Insoweit fehlt es bereits an der erforderlichen, positiv festzustellenden planwidrigen Regelungslücke. Aus Sinn und Zweck der in § 613a BGB getroffenen Bestimmungen und der inneren Systematik von § 613a BGB ergibt sich vielmehr, dass der Gesetzgeber nur die Fälle regeln wollte, in denen ein Betriebs(teil-)übergang tatsächlich stattfindet. Darüber hinaus fehlt es an der hinreichenden Vergleichbarkeit des hier zu beurteilenden Sachverhalts mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand.

66

aa) Mit der Regelung in § 613a BGB ging es dem Gesetzgeber darum, die auch unionsrechtlich gebotene Gewährleistung der Rechte der Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel sicherzustellen(vgl. den dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 23/2001/EG sowie zB EuGH 29. Juli 2010 - C-151/09 - [UGT-FSP] Rn. 22 mwN). Gibt es einen solchen Inhaberwechsel nicht, bedarf es des durch § 613a Abs. 1 und Abs. 2 BGB vermittelten Schutzes nicht. Die Rechte der Arbeitnehmer bleiben vielmehr im Rahmen des unverändert fortbestehenden Arbeitsverhältnisses mit ihrem Arbeitgeber gewahrt.

67

bb) Ebenso von Bedeutung ist, dass das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB den grundrechtlichen Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung trägt, der dem Arbeitnehmer die freie Wahl des Arbeitsplatzes und damit auch die freie Wahl des Vertragspartners garantiert. Der Arbeitnehmer soll nicht verpflichtet werden, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (BT-Drs. 14/7760 S. 20 unter Hinweis auf BAG 22. April 1993 - 2 AZR 50/92  -; vgl. auch BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14  - Rn. 17, BAGE 153, 296 ; 24. April 2014 - 8   AZR 369/13  - Rn. 18, BAGE 148, 90 ; zu den Wertungen von Art. 15 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), wonach jede Person das Recht hat, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben, mithin auch bei der Wahl des Arbeitgebers frei sein muss und nicht verpflichtet werden kann, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der nicht frei gewählt wurde vgl. etwa EuGH 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 32). Findet hingegen kein Betriebsübergang statt, stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer verpflichtet wird, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat, von vornherein nicht.

68

cc) Bereits diese Umstände sprechen dafür, dass der Gesetzgeber mit den in § 613a BGB getroffenen Bestimmungen von vornherein nur die Fälle erfassen und regeln wollte, in denen tatsächlich ein Betriebs(teil-)übergang vom „bisherigen Arbeitgeber“ auf den „neuen Inhaber“ stattfindet. Eine analoge Anwendung von § 613a Abs. 6 BGB auf Fälle, in denen eine Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB erfolgt ist, weil der (bisherige) Arbeitgeber und ein vermeintlicher Übernehmer rechtsirrig einen Betriebsübergang annehmen, liefe im Übrigen dem Schutzzweck von § 613a BGB zuwider. Liegt kein Betriebsübergang vor, tritt die Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ein. Das Arbeitsverhältnis geht nicht auf einen „neuen Arbeitgeber“ über. Für den Arbeitnehmer bestünde in einem solchen Fall bei analoger Anwendung von § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB die Gefahr, infolge eines nicht rechtzeitigen Widerspruchs ohne Arbeitsverhältnis dazustehen. Die Annahme, dass diese Folge Bestandteil des ursprünglichen Regelungsplans des Gesetzgebers war, ist indes fernliegend.

69

dd) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten erfordert auch der Zweck der Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB keine andere Bewertung. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Monatsfrist dem Bedürfnis von bisherigem Arbeitgeber und neuem Inhaber nach Planungssicherheit Rechnung getragen. Letztere sollen durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung innerhalb einer kurzen Zeit eine rechtssichere Zuordnung der Arbeitsverhältnisse herbeiführen können (vgl. BT-Drs. 14/7760 S. 19; BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 29, BAGE 153, 296). Liegt jedoch kein Betriebsübergang vor, besteht auf Seiten des Arbeitgebers und des vermeintlichen neuen Inhabers kein schutzwürdiges Interesse an der Gewährleistung einer Planungssicherheit. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber und/oder der vermeintliche neue Inhaber über einen aus ihrer Sicht vorliegenden Betriebsübergang unterrichtet und sich dabei in einem entschuldbaren Irrtum befunden haben. Auch in einem solchen Fall geht das Risiko der Einschätzung, ob ein Betriebs(teil-)übergang vorliegt oder nicht, nicht auf den Arbeitnehmer über.

70

III. Entgegen der Ansicht der Beklagten hatte der Kläger sein Recht, sich auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu berufen, auch nicht verwirkt.

71

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung ( § 242 BGB ). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und trägt dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Die Verwirkung verfolgt allerdings nicht den Zweck, den Schuldner bereits dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger seine Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 18; 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12  - Rn. 26 ).

72

a) Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig; beide Elemente sind - bildhaft ausgedrückt - im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden (vgl. BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 19; 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09  - Rn. 30). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Gegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch oder Recht verwirken ( BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07  - Rn. 27). Umgekehrt gilt, je länger der Arbeitnehmer untätig geblieben ist, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12  - Rn. 27 mwN).

73

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwands vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12  - Rn. 28 ; 11. November 2010 - 8  AZR 185/09  - Rn. 25; 20. Mai 2010 - 8   AZR 734/08  - Rn. 24).

74

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe sein Recht, sich auf den unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten über den 31. März 2011 hinaus zu berufen, nicht verwirkt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

75

a) Dabei kann dahinstehen, ob das Recht, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, überhaupt verwirkt werden kann (bejahend BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 497/89 - zu I 2 der Gründe, BAGE 67, 124; offengelassen von BAG 24. Mai 2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 30; 10. Oktober 2007 - 7 AZR 448/06 - Rn. 25; 20. September 2016 - 9 AZR 735/15 - Rn. 47; zweifelnd BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 160/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 105, 59). Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet und ist unter Berücksichtigung aller erheblichen Gesichtspunkte zu der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Annahme gelangt, der Kläger habe davon ausgehen dürfen, von der Beklagten und der F zutreffend über einen Betriebsübergang unterrichtet worden zu sein, ohne dass ihn die Verpflichtung getroffen habe, das Unterrichtungsschreiben auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen oder gar die Beklagte auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsauffassung hinzuweisen. Vor diesem Hintergrund stelle sich das gesamte Verhalten des Klägers ab dem Zeitpunkt des angeblichen Betriebsübergangs lediglich als ein Verhalten in Vollziehung der Rechtsfolgen dar, die ihm mit dem Unterrichtungsschreiben bekannt gemacht worden waren, so dass er schon nicht unter Umständen untätig geblieben sei, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle.

76

b) Hiergegen kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, das Landesarbeitsgericht habe bei seiner Beurteilung den Umstand außer Acht gelassen, dass der Kläger sich zunächst nur mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der F vom 28. Oktober 2014 zur Wehr gesetzt und von einer Klage gegen die Beklagte zunächst abgesehen hat. Der Kläger hat mit der Kündigungsschutzklage nicht zu erkennen gegeben, an einem Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nicht mehr interessiert zu sein. Eine Klageerhebung gegenüber der F innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG war vielmehr schon deshalb geboten, um ein Wirksamwerden der Kündigung der F nach § 7 KSchG zu verhindern. Solange noch nicht abschließend geklärt war, ob es mit dem 1. April 2011 zu einem Betriebsübergang von der Beklagten auf die F gekommen war, musste der Kläger - auch um sich für den Fall eines Betriebsübergangs ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die F zu erhalten und sich nicht dem Vorwurf einer unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB)aufgrund einer Disposition über sein Arbeitsverhältnis auszusetzen (vgl. hierzu BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 50; 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32; 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - Rn. 35; 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 45) - zunächst die Kündigung der F vom 28. Oktober 2014 angreifen. Im Übrigen gilt auch hier, dass sich der Kläger mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage genau so verhalten hat, wie es die Beklagte nach den gesamten Umständen, insbesondere aufgrund ihres eigenen Unterrichtungsschreibens vom 1. März 2011 über einen Betriebsübergang auf die F erwarten musste. Dass der Kläger seit 2013 von der Liquidation der F wusste und im Jahr 2014 von den Interessenausgleichsverhandlungen und dem Tätigwerden der Einigungsstelle erfahren hat, ist insoweit ebenso wie der Umstand, dass er nahezu vier Jahre die Arbeitgeberstellung der F nicht angezweifelt und die Beklagte nicht als Arbeitgeber angesprochen hatte, ohne Belang.

77

c) Die Beklagte kann schließlich auch aus dem von ihr angezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Juni 2011 (- 8 AZR 204/10 -) nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dies folgt bereits daraus, dass das Bundesarbeitsgericht in dieser Entscheidung nicht zu prüfen hatte, ob das Recht, sich auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Arbeitgeber zu berufen, verwirkt war, sondern es darum ging zu beurteilen, ob das Zeit- und das Umstandsmoment für die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB vorlagen.

        

    Schlewing    

        

    Vogelsang    

        

    Roloff    

        

        

        

    R. Kandler    

        

    Bloesinger    

                 

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(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
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die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
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die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

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(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, dass eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer geworden ist.

(2) Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, gelten entsprechend.

(3) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Veräußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht gekannt hat. Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängigkeit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist.

(4) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Schiffshypothek, so gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

(1) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, dass eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer geworden ist.

(2) Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, gelten entsprechend.

(3) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Veräußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht gekannt hat. Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängigkeit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist.

(4) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Schiffshypothek, so gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend.

(1) Kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grund eine notwendige, so werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Streitgenossen versäumt wird, die säumigen Streitgenossen als durch die nicht säumigen vertreten angesehen.

(2) Die säumigen Streitgenossen sind auch in dem späteren Verfahren zuzuziehen.

(1) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, dass eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer geworden ist.

(2) Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, gelten entsprechend.

(3) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Veräußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht gekannt hat. Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängigkeit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist.

(4) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Schiffshypothek, so gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grund eine notwendige, so werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Streitgenossen versäumt wird, die säumigen Streitgenossen als durch die nicht säumigen vertreten angesehen.

(2) Die säumigen Streitgenossen sind auch in dem späteren Verfahren zuzuziehen.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 97/15 Verkündet am:
18. Oktober 2017
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
NEhelG Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1
Der Wertersatzanspruch des nichtehelichen Kindes gegen den Staat gemäß Art. 12
§ 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG in der Fassung des Gesetzes vom 12. April 2011 umfasst
keinen Nutzungsersatz in Form erwirtschafteter oder ersparter Zinsen.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 - IV ZR 97/15 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2017:181017UIVZR97.15.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Felsch, Dr. Karczewski, die Richterin Dr. Brockmöller und den Richter Dr. Götz auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2017

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die vor dem 1. Juli 1949 geborene Klägerin ist die nichteheliche Tochter des am 2. September 1977 verstorbenen Erblassers. Sie verlangt von dem beklagten Land (im Folgenden: Beklagter) die Zahlung von Zinsen auf den Wert der von diesem vereinnahmten Erbschaft.
2
Mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 21. April 1982 wurde das Fiskuserbrecht des Beklagten festgestellt. Der Nachlasswert betrug 169.060,72 DM. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 erkannte der Beklagte seine Verpflichtung zum Ersatz des Wertes der Erbschaft abzüg- lich angefallener Verwaltungskosten an und zahlte der Klägerin 84.415,40 € aus.
3
Mit der Klage macht die Klägerin noch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von jährlich 4% auf 84.415,40 € über einen Zeitraum von 30 Jahren, insgesamt 101.298,48 €, geltend. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat keinen Erfolg.
5
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Er ergebe sich nicht aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 12 § 10 Abs. 2 NEhelG in der Fassung vom 12. April 2011. Weder nach dem Wortlaut noch nach dem Zweck dieser Bestimmung stehe der Klägerin eine Entschädigung dafür zu, dass ihr der Nachlass nicht bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls oder zum Zeitpunkt der Feststellung des Fiskuserbrechts zugefallen sei. § 2021 BGB in Verbindung mit §§ 812 ff. BGB scheide als Anspruchsgrundlage ebenfalls aus, weil der Beklagte nach wie vor Erbe und nicht Erbschaftsbesitzer sei. Schließlich komme auch eine analoge Anwendung der Vorschriften über den Scheinerben nach §§ 2018 ff. BGB nicht in Betracht, weil keinerlei Anhaltspunkte für eine ungewollte Regelungslücke vorlägen.
6
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen auf den Nachlasswert gegen den Beklagten zu.
7
1. Das Berufungsgericht hat richtig entschieden, dass sich ein solcher Anspruch nicht aus Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1243; im Folgenden: Nichtehelichengesetz) in der durch Art. 1 Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder, zur Änderung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung vom 12. April 2011 (BGBl. I S. 615; im Folgenden: ZwErbGleichG) geänderten Fassung (im Folgenden: Art. 12 § 10 Abs. 2 NEhelG) ergibt.
8
Gemäß dieser Bestimmung kann ein vor dem 1. Juli 1949 geborenes nichteheliches Kind, dem vor dem 29. Mai 2009 kein gesetzliches Erbrecht nach seinem Vater oder dessen Verwandten zustand, vom Bund oder einem Land Ersatz in Höhe des Wertes der ihm entgangenen erbrechtlichen Ansprüche verlangen, wenn der Bund oder das Land gemäß § 1936 BGB Erbe geworden ist.
9
Das Gesetz räumt dem Kind nicht die Stellung eines Erben ein, das einen Erbschaftsanspruch gemäß §§ 2018, 2021, 818 BGB gegen den Fiskus als Erbschaftsbesitzer geltend machen könnte. Vielmehr bleibt es dabei, dass der Fiskus gesetzlicher Erbe geworden ist (vgl. BT-Drucks. 17/3305 S. 8). Dem Kind wird lediglich ein Ersatzanspruch in Höhe des Wertes der ihm entgangenen erbrechtlichen Ansprüche eingeräumt. Nur insoweit hat der Gesetzgeber ein berechtigtes Vertrauen des Fiskus nicht für gegeben erachtet. Der Ersatzanspruch bemisst sich nach der Höhe des Wertes der dem Kind entgangenen erbrechtlichen Ansprüche. Ein Anspruch aus §§ 2018, 2020, 2021, 818 Abs. 2 BGB, der unter anderem die Zahlung von Wertersatz für durch den Erbschaftsbesitzer ersparte oder erzielte Zinsen erfasst und sich auch gegen den Fiskus richten kann (vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 2015 - IV ZR 438/14, ZEV 2015, 698 Rn. 6 ff.), besteht demgegenüber nicht.
10
a) Der genannte Anspruch auf Zinsen aus dem Nachlasswert wäre der Klägerin nach dem Wortlaut nur dann aufgrund des ihr nicht zustehenden gesetzlichen Erbrechts "entgangen", wenn er im Fall des Bestehens eines gesetzlichen Erbrechts zu ihren Gunsten entstanden wäre. Das ist aber nicht der Fall. Wenn der Klägerin zum Zeitpunkt des Erbfalls das Erbrecht gemäß § 1924 Abs. 1 BGB zugestanden hätte, hätte das Nachlassgericht nach dem - mangels anderweitiger Anhaltspunkte der hypothetischen Betrachtung zugrunde zu legenden - gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht das Fiskuserbrecht gemäß § 1936 Satz 1 BGB festgestellt. Dass die Klägerin in diesem Fall - wie die Revision geltend macht - ab dem Eintritt des Erbfalls selbst Zinsen aus der Erbschaft hätte ziehen können, ist nach dem Wortlaut von Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG unerheblich. Denn danach ist kein Wertersatz für entgangene Nutzungen , sondern nur für entgangene erbrechtliche Ansprüche zu leisten.
11
b) Es entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, dass der Anspruch gemäß Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG nur den Ersatz des Wertes des Nachlasses selbst betrifft. Ausweislich der Begründung des ZwErbGleichG erschien es dem Gesetzgeber angemessen, dass der Staat den betroffenen nichtehelichen Kindern den Wert des aus seiner Erbenstellung gemäß § 1936 BGB resultierenden Vermögenserwerbs herausgibt (vgl. BT-Drucks. 17/3305 S. 8: "…In solchen Fällen erscheint es angemessen, dass der Staat den Wert dieses Vermögenserwerbs an die betroffenen nichtehelichen Kinder herausgibt. Ein rückwirkendes Eintreten des nichtehelichen Kindes in die Erbenstellung sieht der Entwurf in diesen Fällen allerdings nicht vor … ."). Damit ist ausschließlich der Gegenstand , den der Staat erworben hat, in Bezug genommen worden. Dies ist der Nachlass, aber nicht das mit dem Nachlass Erwirtschaftete.
12
c) Entgegen der Ansicht der Revision verletzt dieses Ergebnis der Rechtsanwendung weder das Grundrecht der Klägerin aus Art. 6 Abs. 5 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG noch das Diskriminierungsverbot gemäß Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK), so dass sich die Frage einer verfassungskonformen oder konventionsfreundlichen Auslegung und Anwendung von Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG im Streitfall nicht stellt.
13
aa) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nach dem Wortlaut des ZwErbGleichG vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kindern weder ein Erbrecht noch ein Wertersatzanspruch zusteht , wenn sich der Erbfall vor dem 29. Mai 2009 ereignet hat und eine andere Person als der Staat Erbe geworden ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2011 - IV ZR 150/10, BGHZ 191, 229 Rn. 19 ff.; BVerfG ZEV 2013, 326 Rn. 27 ff.). Dies gilt erst recht, wenn das nichteheliche Kind - wie die Klägerin - in den Fällen des Fiskuserbrechts gemäß Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG einen Ersatzanspruch gegen den Staat in Höhe des Wertes des Nachlasses hat.
14
bb) Anders als dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) der Fall sein kann, wenn dem nichtehelichen Kind weder ein erbrechtlicher Anspruch noch eine finanzielle Kompensation für das Nichtbestehen eines solchen Anspruchs zusteht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 12. Juli 2017 - IV ZB 6/15, ZEV 2017, 510 Rn. 11-13; Entscheidungen des EGMR in den Rechtssachen Wolter und Sarfert gegen Deutschland, ZEV 2017, 507 und Mitzinger gegen Deutschland, Urteil vom 9. Februar 2017 - 29762/10, juris; Zusammenfassung der Entscheidung in FamRZ 2017, 656), verletzt die Nichtgewährung eines Anspruchs auf Herausgabe des Wertes der vom Staat als gemäß § 1936 BGB berufener Erbe ersparten oder erzielten Zinsen auch nicht Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK (Schutz des Eigentums) oder in Verbindung mit Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

).


15
(1) Nach der Rechtsprechung des EGMR kommt es für die Frage des Vorliegens einer Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK darauf an, obder Betroffene ohne die gerügte Diskriminierung einen nach staatlichem Recht durchsetzbaren Anspruch auf den in Rede stehenden Vermögenswert gehabt hätte (EGMR, Urteil vom 23. März 2017 - 59752/13 und 66277/13, juris Rn. 51 in den Rechtssachen Wolter und Sarfert gegen Deutschland, insoweit in ZEV 2017, 508 nicht vollständig abgedruckt; Fabris gegen Frankreich, ZEV 2014, 491 Rn. 52; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 12. Juli 2017 - IV ZB 6/15, ZEV 2017, 510 Rn. 11). Dies ist im Hinblick auf den in Streit stehenden Vermögenswert zu verneinen. Wenn die Klägerin von vornherein dieselbe erbrechtliche Stellung wie ein eheliches Kind gehabt hätte, wäre sie zum Zeitpunkt des Erbfalles Erbin des Erblassers geworden. Sie - und nicht der Beklagte - hätte in diesem Fall unter gewöhnlichen Umständen den Nachlass erhalten. Ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen gegen den Beklagten wäre nicht entstan- den. Aus dem Blickwinkel des Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK ist es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Klägerin im Falle des Bestehens eines Erbrechts die Möglichkeit gehabt hätte, selbst Zinsen aus dem Nachlass zu erwirtschaften. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine faktische Möglichkeit der Nutzung des Nachlasses und nicht um einen nach deutschem Recht durchsetzbaren Anspruch.
16
(2) Es liegt auch keine Verletzung von Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 8 EMRK vor. Dies gilt im Streitfall bereits deswegen, weil die Klägerin keine Umstände vorgetragen hat, aus denen auf enge persönliche Verbindungen zwischen ihr und dem Erblasser und damit auf die Eröffnung des Anwendungsbereiches des Art. 8 EMRK geschlossen werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2011 aaO Rn. 53; EGMR in den Rechtssachen Mitzinger gegen Deutschland, Urteil vom 9. Februar 2017 - 29762/10, juris Rn. 32; Brauer gegen Deutschland, ZEV 2009, 510 Rn. 30).
17
(3) Entscheidend gegen das Vorliegen einer Konventionsverletzung ist ferner in Rechnung zu stellen, dass der EGMR in den Entscheidungen Sarfert und Mitzinger gegen Deutschland im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung jeweils auch darauf abgestellt hat, dass dort dem nichtehelichen Kind durch die Rechtslage in Deutschland - anders als im Streitfall - keinerlei Ausgleichsanspruch gewährt worden war. So heißt es etwa in der Entscheidung Sarfert (gemäß deutscher Übersetzung in ZEV 2017, 507 Rn. 79): "Schließlich schließt der geänderte Art. 12 § 10 II 1 NEhelG die Bf. ohne finanzielle Entschädigung von allen erbrechtlichen Ansprüchen am Nachlass aus, wie das auch die frühere Fassung des Gesetzes getan hat, wegen der festgestellt worden ist, dass sie gegen die Konvention verstößt (EGMR ZEV 2009, 510)."
18
Entsprechend hatte der EGMR bereits in der Sache Mitzinger gegen Deutschland argumentiert (Urteil vom 9. Februar 2017 - 29762/10, juris Rn. 47; vgl. hierzu auch Magnus FamRZ 2017, 586).
19
Auf dieser Grundlage fällt hier ins Gewicht, dass dem nichtehelichen Kind ein Erstattungsanspruch hinsichtlich des Wertes des Nachlasses zusteht. Lediglich Nutzungsersatzansprüche werden ihm versagt. Das ist ein entscheidender Unterschied zu den Fällen, in denen das nichteheliche Kind - wie in allen übrigen Konstellationen außerhalb des Fiskuserbrechts - nach der bisherigen deutschen Gesetzeslage keinerlei Kompensation erhält (vgl. hierzu auch Leipold, ZEV 2017, 489, 494). Dieser hier gerade nicht fehlende finanzielle Ausgleich für das nichteheliche Kind - die Klägerin hat den Nachlasswert in Höhe von 84.415,40 € erhalten - steht einer Konventionswidrigkeit von Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG entgegen.
20
2. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf §§ 2018, 2020, 2021, 818 Abs. 2 BGB stützen. Denn Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG ändert nichts daran, dass der Beklagte weiterhin Erbe und damit nicht lediglich Erbschaftsbesitzer im Sinne des § 2018 BGB ist (vgl. BT-Drucks. 17/3305 S. 8). Dies ist der maßgebliche Unterschied zu der Sachverhaltskonstellation, die dem Senatsurteil vom 14. Oktober 2015 (IV ZR 438/14, ZEV 2015, 698) zugrunde lag. Dort hatte der Senat dem wahren Erben gegen den Staat als bloßen Erbschaftsbesitzer im Sinne von § 2018 BGB einen Zinsanspruch zugesprochen.

21
3. Entgegen der Auffassung der Revision kommt auch eine analoge Anwendung der §§ 2018, 2020, 2021, 818 Abs. 2 BGB nicht in Betracht. Das Berufungsgericht hat richtig gesehen, dass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung nicht vorliegen.
22
Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrunde liegenden - Regelungsplan ergeben (vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 2017 - IV ZR 440/14, r+s 2017, 409 Rn. 25 f., 32; BGH, Urteile vom 18. Januar 2017 - VIII ZR 278/15, NVwZ-RR 2017, 372 Rn. 32; vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 274/02, BGHZ 155, 380 unter III 2 b; jeweils m.w.N.).
23
Eine planwidrige Regelungslücke besteht hier nicht. Wie bereits ausgeführt, entsprach es dem Willen des Gesetzgebers, dass ein nichteheliches Kind in den von Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG geregelten Fällen nur den Ersatz des Wertes des Nachlasses selbst erhält (vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 2017 aaO).
Mayen Felsch Dr. Karczewski
Dr. Brockmöller Dr. Götz

Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 17.04.2014- 2-4 O 510/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 17.12.2014 - 4 U 101/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 477/16 Verkündet am:
17. Oktober 2017
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Bundesagentur für Arbeit als Trägerin der Arbeitslosenversicherung ist
nicht Sozialversicherungsträger im Sinne von § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
BGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 - VI ZR 477/16 - OLG Dresden
LG Zwickau
ECLI:DE:BGH:2017:171017UVIZR477.16.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Offenloch, die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und Müller
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Oktober 2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagende Bundesagentur für Arbeit nimmt als Trägerin der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung den Beklagten gemäß § 110 Abs. 1 SGB VII auf Ersatz ihr entstandener Aufwendungen nach einem Arbeitsunfall ihres Versicherten W. in Anspruch.
2
Der bei dem Beklagten beschäftigte Versicherte brach am 16. April 2009 bei Dachdeckerarbeiten durch ein Hallendach und stürzte etwa 6,5 Meter in die Tiefe. Dabei verletzte er sich so schwer, dass er nicht mehr in seinem Beruf als Dachdecker arbeiten kann. Durch ordentliche Kündigung vom 27. Juni 2009 beendete der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Versicherten zum 31. Juli 2009. Vom 14. Oktober 2010 bis zum 11. Oktober 2011 bezog der Versicherte Arbeitslosengeld. Zusammen mit Sozialversicherungsbeiträgen wendete die Klägerin dafür einen Betrag von 16.059,06 € auf, dessen Ersatz sie von dem Beklagten begehrt. Ferner beantragt sie die Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz sämtlicher weiterer ihr aus dem Schadensereignis entstehender Aufwendungen verpflichtet ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg gebliebenen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheidet ein Anspruch aus § 110 Abs. 1 SGB VII aus, weil die Klägerin als Trägerin der Arbeitslosenversicherung kein Sozialversicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift und deshalb nicht anspruchsberechtigt sei. Der Gesetzgeber unterscheide zwischen Sozialversicherung , Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und Arbeitsförderung nach dem SGB III. Als für die Arbeitsförderung zuständiger Träger zähle die Klägerin nicht zu den Versicherungsträgern nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X, weshalb der Gesetzgeber § 116 Abs. 10 SGB X geschaffen und dadurch die Eigenschaft der Klägerin als Versicherungsträger im Sinne dieser Norm fingiert habe. Demgegenüber fehle es in § 110 SGB VII an einer § 116 Abs. 10 SGB X vergleichbaren Regelung. Auch in anderen Normen des Sozialgesetzbuchs sei die Klägerin ausdrücklich als den Versicherungsträgern gleichgestellt aufgeführt worden. Etwas Anderes ergebe sich weder aus dem SGB I noch aus § 58 SGB Vll.
4
Zudem scheiterten Ansprüche der Klägerin nach § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII daran, dass sie ihre Leistungen nicht allein "infolge des Versicherungsfalls" und den damit einhergehenden körperlichen Beeinträchtigungen des Versicherten erbracht habe, sondern infolge der Kündigung und der Arbeitslosigkeit.
5
Ein Fall einer unberechtigten Ungleichbehandlung verschiedener Leistungsträger , die aufgrund des gleichen Schadensereignisses Leistungen erbrächten , liege nicht vor.

II.

6
Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die klagende Bundesagentur für Arbeit kein Sozialversicherungsträger im Sinne des § 110 Abs. 1 SGB VII und daher nicht anspruchsberechtigt ist.
7
1. Den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführende Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, haften den Sozialversicherungsträgern nach § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Ob die Klägerin als Trägerin der Arbeitslosenversicherung zu den von dieser Norm erfassten Sozialversicherungsträgern zählt, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Im Schrifttum ist die Frage umstritten.
8
a) Die überwiegende Ansicht in der Literatur hält die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des § 110 Abs. 1 SGB VII nicht für anspruchsberechtigt. Zur Begründung wird angeführt, bei ihr handele es sich nicht um einen Sozialversi- cherungsträger im Sinne dieser Vorschrift (Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz , 2. Aufl., § 2 Rn. 787 ff.; ders., Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht , 4. Aufl., § 4 Rn. 608; Plagemann, FD-SozVR 2017, 385541; vgl. auch SRH/Plagemann, 5. Aufl., Kap. 9 Rn. 70; BeckOK Sozialrecht/Stelljes, § 110 SGB VII Rn. 7, 24 [Stand: 31. Juli 2016]). Zudem leiste sie als Trägerin der Arbeitslosenversicherung nicht wegen des Arbeitsunfalls, sondern wegen der Arbeitslosigkeit des Versicherten (Maschmann, SGb 1998, 54, 62 mit Fn. 128; Krasney in ders., SGB VII-Komm, § 110 Rn. 6 [Stand: Juni 2013]; ders., NZS 2004, 68, 74; Dahm in Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, 4. Aufl., § 110 Rn. 7 [Stand: Januar 2015]; v. Koppenfels-Spies in Knickrehm/Kreikebohm/ Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl., § 110 SGB VII Rn. 5; Riedel, Der unfallversicherungsrechtliche Regreß des § 110 SGB VII unter besonderer Betrachtung des neu eingeführten Absatzes 1a, 2008, S. 38; zu § 640 RVO bereits Linthe, BG 1963, Sonderheft Mai, S. 5, 25).
9
b) Die Gegenansicht hält die Bundesagentur für Arbeit als Trägerin der Arbeitslosenversicherung für gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII anspruchsberechtigt (Ricke in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 110 SGB VII Rn. 5 [Stand: September 2015]; Brückner in Jahn, Sozialgesetzbuch für die Praxis, SGB Vll, § 110 Rn. 6 [Stand: 31. August 2016]). Das Argument, sie leiste nicht wegen des Versicherungsfalls, sondern wegen der Arbeitslosigkeit , sei aufgrund von § 58 SGB VII nicht schlüssig (Ricke, aaO).
10
2. Nach Auffassung des Senats ist die Klägerin jedenfalls deshalb nicht gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII anspruchsberechtigt, weil sie nicht Sozialversicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift ist. Zwar führt deren Auslegung nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck zu keinem klaren Ergebnis. Die Entstehungsgeschichte legt aber das Verständnis nahe, dass der Begriff des Sozialversicherungsträgers im Sozialgesetzbuch und damit auch in § 110 Abs. 1 SGB VII in einem formellen engen, den Träger der Arbeitslosenversicherung nicht einschließenden Sinn gebraucht wird. Dies wird durch die systematische Auslegung bestätigt.
11
a) Der Wortlaut des § 110 Abs. 1 SGB VII, der wie zuvor § 640 RVO in seinen Wirkungsbereich alle Träger der Sozialversicherung einbezieht (zu § 640 RVO vgl. Senatsurteil vom 10. Dezember 1974 - VI ZR 73/73, BGHZ 63, 313, 317), ist für beide Deutungen offen. Der Begriff der Sozialversicherung kann in einem materiellen weiten Sinn, der die Arbeitslosenversicherung miteinbezieht , verstanden werden. In diesem Sinne wird die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Funktion als Trägerin der Arbeitslosenversicherung im Rahmen des § 117 Abs. 3 Satz 2 VVG, nach dem ein gegenüber seinem Versicherungsnehmer leistungsfreier Pflichthaftpflichtversicherer auch gegenüber dem geschädigten Dritten leistungsfrei ist, wenn dieser Ersatz seines Schadens von einem Sozialversicherungsträger erlangen kann, als Sozialversicherungsträger angesehen (MünchKomm-VVG/Schneider, 2. Aufl., § 117 Rn. 40; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 117 Rn. 32; Langheid in Langheid/Rixecker, VVG, 5. Aufl., § 117 Rn. 32; Beckmann in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 117 Rn. 66; Schwartze in Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl., § 117 Rn. 22; jurisPK -StrVerkR/Lennartz, 2016, § 117 VVG Rn. 39; zur Vorgängernorm des § 158c VVG bereits OLG Frankfurt, NZV 1990, 233; OLG München, NJW-RR 1986, 1474 f.; dazu auch BGH, Urteil vom 23. September 1965 - II ZR 144/63, BGHZ 44, 166, 168 f.). Der Begriff der Sozialversicherung kann jedoch auch in einem formellen engen Sinn gedeutet werden, der - neben der erst nachträglich geschaffenen Pflegeversicherung - nur die vier zunächst in der Reichsversicherungsordnung geregelten "klassischen" Versicherungszweige (Krankheit, Alter, Invalidität und Unfall) umfasst. Gerade weil der Begriff der Sozialversicherung häufig in diesem beschränkten, engen Sinne verstanden wird, spricht das Grundgesetz in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 von der "Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung". Damit wird dem besonders naheliegenden Missverständnis vorgebeugt, in der Kompetenzordnung des Grundgesetzes stehe das Wort "Sozialversicherung" nur für die vier "klassischen" Versicherungszweige. Es wird klargestellt, dass die Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG den Begriff "Sozialversicherung" als verfassungsrechtlichen Gattungsbegriff versteht, der alles umfasst, was sich "der Sache nach" als Sozialversicherung darstellt (BVerfGE 11, 105, 111 f.).
12
b) Die teleologische Auslegung des § 110 Abs. 1 SGB VII ist unergiebig. Maßgeblich dafür, dem Schädiger in den dort genannten Fällen eine Ersatzpflicht aufzubürden, sind - neben dem das Schadensrecht beherrschenden Ausgleichsgedanken - letztlich präventive und erzieherische Gründe, die dann greifen sollen, wenn der durch das Haftungsprivileg begünstigte Schädiger den Unfall und damit die Aufwendungen des Sozialversicherungsträgers durch ein besonders zu missbilligendes Verhalten verursacht hat (Senatsurteile vom 11. Februar 2003 - VII ZR 34/02, BGHZ 154, 11, 18; vom 27. Juni 2006 - VI ZR 143/05, BGHZ 168, 161 Rn. 9; vom 15. Juli 2008 - VI ZR 212/07, VersR 2008, 1407 Rn. 31; BeckOK Sozialrecht/Stelljes, § 110 SGB VII Rn. 3 ff. [Stand: 31. Juli 2016]; zu § 640 RVO Senatsurteile vom 20. November 1979 - VI ZR 238/78, BGHZ 75, 328, 330 f.; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, VersR 1989, 109, 110). Diese Zwecke werden einerseits auch dann erreicht, wenn die Bundesagentur für Arbeit als Trägerin der Arbeitslosenversicherung ersatzberechtigt ist, erfordern andererseits aber nicht deren Einbeziehung in den Kreis der Anspruchsberechtigten. So werden, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, auch den einst nach § 903 RVO anspruchsberechtigten Sozialhil- feträgern ihre durch einen Versicherungsfall entstehenden Aufwendungen bereits seit Inkrafttreten des durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz - UVNG) vom 30. April 1963 (BGBl. I S. 241) geschaffenen § 640 RVO als Vorgängerregelung des § 110 Abs. 1 SGB VII nicht mehr ersetzt.
13
c) Die Entstehungsgeschichte spricht aber dafür, dass der historische Gesetzgeber nicht den Willen hatte, den Träger der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung in § 110 Abs. 1 SGB VII und in den Vorgängervorschriften in den Kreis der Anspruchsberechtigten einzubeziehen. Während in der bis zum 30. Juni 1963 geltenden Norm des § 903 RVO Gemeinden, Träger der Armenfürsorge , Krankenkassen, der Reichsknappschaftsverein, Ersatzkassen, Sterbe - und andere Unterstützungskassen sowie die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung anspruchsberechtigt waren, so dass insbesondere eine Aktivlegitimation des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestand (vgl. Senatsurteile vom 5. November 1957- VI ZR 221/56, BGHZ 26, 16, 18 ff. zur Invalidenversicherung; vom 30. November 1971 - VI ZR 53/70, BGHZ 57, 314, 315 ff.), erweiterte der Gesetzgeber den Kreis der Anspruchsberechtigten in der vom 1. Juli 1963 bis zum 31. Dezember 1996 geltenden, durch das Unfallversicherungs -Neuregelungsgesetz (UVNG) vom 30. April 1963 eingeführten Vorschrift des § 640 RVO auf die "Träger der Sozialversicherung". Die Begründung des Gesetzesentwurfs ging auf diese Änderung und auf die Frage, ob dazu auch der Träger der Arbeitslosenversicherung gehöre, zwar nicht ein (BTDrucks. IV/120, S. 63 - zu § 639; vgl. ferner Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 53/70, BGHZ 57, 314, 318), ebenso wenig der schriftliche Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (BT-Drucks. IV/938 (neu), S. 18 - zu § 639). Ein erster Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung, der am 21. März 1957 dem Deutschen Bundestag zugeleitet worden war, hatte aber - noch als § 795 RVO-E1 - folgende Formulierung enthalten: "Haben die Unternehmer oder die in § 632 genannten Personen den Unfall vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeigeführt, so haften sie für alles, was Träger der Unfallversicherung, Träger der gesetzlichen Renten- versicherungen, Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und Träger der öffentlichen Fürsorge nach Gesetz oder Satzung aufwenden müssen" (BTDrucks. II/3318, S. 44 f.). Die dortige Begründung, die auf die Änderung der Ersatzberechtigten ebenfalls nicht eingegangen war, war bereits fast wortgleich mit jener des späteren, insoweit Gesetz gewordenen Entwurfs (vgl. BT-Drucks. II/3318, S. 100 - zu § 795 sowie BT-Drucks, IV/120, S. 63 - zu § 639). Ein zweiter Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung, der dem Deutschen Bundestag am 16. Dezember 1958 zugeleitet worden war, hatte in § 632 RVO-E2 die Aufzählung der Anspruchsberechtigten ersetzt durch die - mangels Begründung einer abweichenden Bedeutung (BT-Drucks. III/758, S. 61) offenbar als inhaltlich gleichbedeutende Zusammenfassung gemeinte - Formulierung "die Träger der Sozialversicherung und die Träger der öffentlichen Fürsorge" (BT-Drucks. III/758, S. 20). Der später Gesetz gewordene Entwurf strich die Träger der öffentlichen Fürsorge als Ersatzberechtigte und hielt an der Formulierung "Träger der Sozialversicherung" fest. Daraus lässt sich ableiten, dass der Gesetzgeber diese Formulierung allein aus redaktionellen Gründen wählte, um - wie im ersten Entwurf - die Ersatzberechtigung der Träger der Unfall-, Renten- und Krankenversicherung zu regeln.
14
In diesem Sinne wurde der neu geschaffene § 640 RVO auch in der Literatur verstanden. Dort wurde betont, dass im Gegensatz zu dem bisher geltenden Recht die Träger der Rentenversicherung ersatzberechtigt seien (vgl. Ilgenfritz , BB 1963, 403, 406; ders., NJW 1963, 1046, 1048; Schmalzl, NJW 1963, 1706, 1709; Vollmar, VersR 1964, 29, 30; Elleser, BB 1964, 1493, 1494; Wussow , Das Unfallhaftpflichtrecht, 8. Aufl., 1963, Rn. 1982; Geigel, Der Haftpflichtprozess , 12. Aufl., 1964, Kap. 28 Rn. 3). Die Ansicht, dass dies auch für die Träger der Arbeitslosenversicherung gelte, wurde unter der Geltung der RVO, soweit ersichtlich, hingegen nicht vertreten; soweit man auf diese Frage ein- ging, lehnte man eine Einbeziehung der Arbeitslosenversicherung vielmehr ab (Schmalzl, NJW 1963, 1706, 1709; Seitz, Die Ersatzansprüche der Sozialversicherungsträger nach §§ 640 und 1542 RVO, 2. Aufl., 1964, S. 215; Lauterbach/ Waltermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., § 640 RVO Rn. 35 [Stand: September 1992]; im Ergebnis auch Linthe, BG 1963, Sonderheft Mai, S. 5, 25) oder zählte die anspruchsberechtigten Sozialversicherungsträger ohne Nennung der Arbeitslosenversicherung auf (Gotzen/Doetsch, Kommentar zur Unfallversicherung, 1963, S. 175; Elleser, BB 1964, 1493, 1494; Brox, DB 1966, 489, 490).
15
Durch das Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG) vom 7. August 1996 (BGBl. I 1254) wurde § 640 RVO in § 110 SGB VII überführt, wobei an der Anspruchsberechtigung der Sozialversicherungsträger festgehalten wurde, ohne dies und die Frage, ob dazu auch die Träger der Arbeitslosenversicherung gehören sollen, für begründungsbedürftig zu halten (vgl. BT-Drucks. 13/2204, S. 101). Daraus ist zu schließen, dass eine inhaltliche Änderung zu § 640 RVO hinsichtlich des Kreises der Anspruchsberechtigten nicht beabsichtigt war.
16
d) Dieses aus der Entstehungsgeschichte abgeleitete Ergebnis, dass die Träger der Arbeitslosenversicherung im Rahmen des § 110 Abs. 1 SGB VII nicht anspruchsberechtigt sind, wird durch systematische Erwägungen bestätigt. Denn das Sozialgesetzbuch unterscheidet einerseits zwischen der Sozialversicherung im formellen engen Sinn, zu der es die gesetzliche Kranken-, Renten -, Unfall- und Pflegeversicherung zählt (Fünftes bis Siebtes und Elftes Buch des Sozialgesetzbuchs), und andererseits der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch und der - die Arbeitslosenversicherung regelnden - Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuchs (Nehls in Hauck/Noftz, SGB X, § 116 Rn. 61a [Stand: November 2014]; LPK/Kessler, SGB I, 2. Aufl., § 4 Rn. 5, 8; BeckOK Sozialrecht/Niedermeyer, SGB I, § 4 Rn. 2 [Stand: 1. März 2017]; vgl. auch Kreikebohm/Köster, SGB IV, 2. Aufl., § 29 Rn. 3; Udsching in Hauck/Noftz, SGB IV, § 1 Rn. 13 [Stand: April 2014]). Schon aus dem mit "Sozialversicherung" überschriebenen § 4 SGB I wird deutlich, dass der Gesetzgeber im Sozialgesetzbuch einen formellen engen Begriff der Sozialversicherung verwendet. Nachdem dessen Absatz 1 jedem im Rahmen dieses Gesetzbuchs ein Recht auf Zugang zur Sozialversicherung eröffnet, konkretisiert Absatz 2 den Inhalt dieses Rechts (nur) im Rahmen der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte, nicht jedoch hinsichtlich der Arbeitslosenversicherung. Daraus wird zu Recht abgeleitet, dass die seit dem 1. Januar 1998 im Dritten Buch des Sozialgesetzbuchs geregelte Arbeitsförderung, die in § 3 Abs. 2 SGB I gesondert aufgeführt ist, nicht zur Sozialversicherung im Sinne des Sozialgesetzbuchs gehört (vgl. Rolfs in Hauck/Noftz, SGB IV, § 4 Rn. 5 [Stand: Dezember 2012]; BeckOK Sozialrecht/Niedermeyer, SGB I, § 4 Rn. 2 [Stand: 1. März 2017]; LPK/Kessler, SGB I, 2. Aufl., § 4 Rn. 2, 5; KassKomm/ Seewald, § 4 SGB I Rn. 5 [Stand: März 2017]). Dementsprechend sind die "gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung" im Vierten Buch des Sozialgesetzbuchs und damit erst hinter den im Zweiten und Dritten Buch geregelten Materien der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Arbeitsförderung angeordnet (Rolfs in Hauck/Noftz, SGB IV, § 4 Rn. 5 [Stand: Dezember 2012]). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB IV gelten diese gemeinsamen Vorschriften für die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte sowie die soziale Pflegeversicherung (Versicherungszweige ). § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ordnet sodann zwar an, dass die Vorschriften des SGB IV mit gewissen Ausnahmen auch für die Arbeitsförderung gelten, bestimmt aber in § 1 Abs. 1 Satz 3 SGB IV, dass die Bundesagen- tur für Arbeit nur als Versicherungsträger im Sinne dieses Buches "gilt" (vgl. Löcher in Eichenhofer/Wenner, SGB I, IV, X, 2012, § 29 SGB IV Rn. 7).
17
Wie in § 1 Abs. 1 Satz 3 SGB IV hat der Gesetzgeber in einer Reihe von weiteren Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs die Bundesagentur für Arbeit den Sozialversicherungsträgern gleichgestellt und dadurch im Umkehrschluss zu erkennen gegeben, dass er sie nicht zu ihnen rechnet. So ist die Bundesagentur für Arbeit als für die Arbeitsförderung zuständige Trägerin (§ 368 Abs. 1 Satz 1 SGB III) kein Sozialversicherungsträger im Sinne von § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X (Nehls in Hauck/Noftz, SGB X, § 116 Rn. 61a [Stand: November 2014]; Waltermann in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl., § 116 SGB X Rn. 22; Bieresborn in v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 116 Rn. 4a; Wussow/Schneider, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 74 Rn. 39 ff.). Schon in der vom 1. Juli 1983 bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung des § 127 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) wurde für den Fall, dass das Arbeitsamt einem durch einen Unfall Verletzten Arbeitslosengeld gewährte, für den Übergang von Schadensersatzansprüchen die nur entsprechende Geltung des § 116 Abs. 1 SGB X angeordnet. Eine unmittelbare Anwendung dieser Norm kam nicht in Betracht, da es sich bei der damaligen Bundesanstalt für Arbeit nicht um einen Versicherungsträger im Sinne des Sozialgesetzbuchs handelte (so bereits Senatsurteil vom 19. September 1989 - VI ZR 344/88, BGHZ 108, 296, 299). Mit der Einordnung des Arbeitsförderungsrechts als Drittes Buch in das Sozialgesetzbuch sah es der Gesetzgeber für erforderlich an, die Fiktion des § 116 Abs. 10 SGB X aufzustellen, wonach die Bundesagentur für Arbeit als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift gilt.
18
Auch in weiteren Bestimmungen innerhalb und auch außerhalb des Sozialversicherungsrechts differenziert der Gesetzgeber zwischen den Trägern der Sozialversicherung einerseits und der Bundesagentur für Arbeit andererseits , etwa in § 350 Abs. 2 SGB III, § 18f Abs. 1 Satz 1 SGB IV, § 293 Abs. 1 Satz 2 SGB V, § 94 Abs. 1a SGB X und § 6 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (vgl. Jahnke , Unfalltod und Schadensersatz, 2. Aufl., § 2 Rn. 789 mit weiteren Beispielen

).

19
3. Da der Gesetzgeber dem § 110 Abs. 1 SGB VII keine Norm beigefügt hat, die entsprechend § 116 Abs. 10 SGB X die Bundesagentur für Arbeit den Sozialversicherungsträgern gleichstellt, kommt eine Gleichstellung im Rahmen des § 110 SGB VII nicht in Betracht. Insbesondere scheidet entgegen der Ansicht der Revision eine analoge Anwendung des § 116 Abs. 10 SGB X aus. Eine Analogie setzt voraus, dass das Gesetz eine Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Unvollständigkeit des Gesetzes muss "planwidrig" sein (Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380 Rn. 13 mwN). Von einer - gar planwidrigen - Regelungslücke kann nicht ausgegangen werden, da der Begriff des Sozialversicherungsträgers schon im Rahmen von § 640 RVO eng ausgelegt wurde und keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Gesetzgeber bei der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch daran etwas ändern wollte. Galke Offenloch Oehler Roloff Müller
Vorinstanzen:
LG Zwickau, Entscheidung vom 04.02.2016 - 1 O 1140/14 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 12.10.2016 - 1 U 262/16 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 61/14
Verkündet am:
4. Dezember 2014
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG ist, soweit Wildschaden an Forstkulturen, die durch
Einbringen anderer als der im Jagdbezirk vorkommenden Hauptholzarten einer
erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind, nur bei Herstellung üblicher Schutzvorrichtungen
ersetzt wird, nicht analog auf sogenannte Erstaufforstungen anwendbar
, bei denen erstmals im Jagdbezirk ein Forstbestand geschaffen wird
und deshalb keine Hauptholzart existiert.
BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - III ZR 61/14 - LG Neubrandenburg
AG Neubrandenburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Dezember 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und Reiter

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 5. Februar 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Parteien streiten über den Ersatz des Wildschadens an Forstkulturen auf den Flurstücken 2/11 der Flur 55 sowie 19/2 der Flur 56 in der Gemarkung F. . Die Beklagte ist Eigentümerin dieser Flurstücke. Diese liegen im gemeinschaftlichen Jagdbezirk "F. S. C. ". Mit Vertrag vom 29. März 2004 verpachtete die Jagdgenossenschaft F. das Jagdausübungsrecht in diesem Bezirk an den Kläger. Dieser übernahm vertraglich den Ersatz des Wildschadens.
2
Im Februar 2009 zeigte die Beklagte der Stadt F. an, dass auf den vorbenannten Flurstücken an den dort einige Jahre zuvor auf ca. 38 Hektar angepflanzten Forstkulturen ein erheblicher Wildschaden eingetreten sei. Die Stadt F. beauftragte daraufhin den Dipl.-Forstingenieur H. mit der Aufnahme des Schadens. Nachdem dieser den Wildschaden geschätzt hatte, erließ die Stadt F. am 22. September 2009 einen Vorbescheid, durch den der ersatzpflichtige Wildschaden für das Flurstück 2/11 der Flur 55 auf 5.600 € und für das Flurstück 19/2 der Flur 56 auf 38.450 € festgestellt wurde.
3
Der Kläger hat Klage auf Feststellung erhoben, dass er entgegen dem Vorbescheid keinen Ersatz für Wildschäden zu leisten habe. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht unter Aufhebung des Vorbescheids der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe


4
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Beklagten kein Anspruch auf Ersatz des Wildschadens zu. Denn nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG werde Wildschaden, der an Forstkulturen, welche einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt seien, weil sie von der im Jagdbezirk vorkommenden Hauptholzart abwichen, nicht ersetzt, wenn die Herstellung von üblichen Schutzvorrichtungen unterblieben sei. Zwar gehe es im vorliegenden Fall um eine Erstaufforstung in dem Gebiet. Eine Hauptholzart existiere deshalb naturgemäß nicht. Aus Sinn und Zweck des Gesetzes folge aber, dass auch eine Erstaufforstung unter § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG falle. Denn die gesetzliche Regelung solle den grundsätzlich ersatzpflichtigen Jagdausübungsberechtigten vor dem Risiko schützen, für Schäden haften zu müssen, die dadurch entstünden, dass der Eigentümer besonders gefährdete Gewächse schutzlos dem Wild preisgebe. § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG stelle auf besonders wertvolle Gewächse ab und nehme damit den allgemeinen Rechtsgrundsatz in Bezug, dass ein Eigentümer grundsätzlich selbst die zum Schutz seines Eigentums erforderlichen Vorrichtungen zu treffen habe. Wenn das Gesetz bei Forstkulturen dabei auf die Hauptholzart abstelle, habe dies den Grund, dass das Wild besonders bevorzugt ihm nicht bekannte Pflanzen verbeiße, weshalb diese einem besonderen Risiko ausgesetzt seien. Dieser Gedanke lasse sich auf eine komplette Neuaufforstung zwanglos übertragen. Dem Ausschluss der Ersatzverpflichtung des Jagdausübungsberechtigten in § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG korrespondiere hierbei eine widerlegliche Vermutung, dass entstandene Schäden auf unzureichende Schutzmaßnahmen zurückzuführen seien. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn die Schäden ein Ausmaß erreicht hätten, das bei einer intakten und regelmäßig kontrollierten Schutzvorrichtung nicht zu erklären sei, und die Schäden durch gewöhnlich im Jagdbezirk ansässige Tiere verursacht worden seien, zu deren Abhaltung die Schutzvorrichtung eigentlich zu dienen bestimmt gewesen sei. Den Eigentümer treffe dann insoweit die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein ausreichender Vorrichtungen. Für das Flurstück 19/2 der Flur 56 habe die Beklagte es unterlassen, eine ausreichende Schutzvorrichtung herzustellen; der vorhandene Zaun sei ungenügend gewesen. Hinsichtlich des Flurstücks 2/11 der Flur 55 sei es der Beklagten nicht gelungen, die gegen sie sprechende Vermutung einer ungenügenden Schutzvorrichtung zu widerlegen.

II.


6
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG auf Erstaufforstungen nicht anwendbar.
7
1. Nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG ist der Wildschaden, der an Weinbergen , Gärten, Obstgärten, Baumschulen, Alleen, einzelstehenden Bäumen, Forstkulturen, die durch Einbringen anderer als der im Jagdbezirk vorkommenden Hauptholzarten einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind, oder Freilandpflanzungen von Garten- oder hochwertigen Handelsgewächsen entsteht, vorbehaltlich abweichender - hier in nicht existierender - landesrechtlicher Bestimmungen nicht zu ersetzen, wenn die Herstellung von üblichen Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen. Der Gesetzgeber ist insoweit davon ausgegangen, dass Anlagen und Anpflanzungen der bezeichneten Art einer erhöhten Wildschadensgefahr ausgesetzt sind und deshalb einen besonderen Schutz durch den Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten erfordern (vgl. nur BGH, Urteil vom 8. Mai 1957 - V ZR 150/55, RdL 1957, 191, 193 und Senat, Urteil vom 22. Juli 2004 - III ZR 359/03, NJW-RR 2004, 1468).
8
a) Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen , dass Erstaufforstungen in einem Jagdbezirk vom Wortlaut des Gesetzes nicht erfasst werden. Denn wird erstmals in einem Jagdbezirk eine Forstkul- tur angepflanzt und dadurch überhaupt erstmals ein Forstbestand geschaffen, existiert keine Hauptholzart, von der die neu eingebrachte Forstkultur abweichen kann. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG jedoch nicht vor.
9
aa) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält. Die Lücke muss sich also aus dem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Regelungsplan ergeben. Darüber hinaus muss der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. nur BGH, Urteile vom 17. November 2009 - XI ZR 36/09, BGHZ 183, 169 Rn. 23 und vom 21. Januar 2010 - IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101 Rn. 32, jeweils mwN).
10
bb) Im vorliegenden Fall lässt sich bereits nicht feststellen, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt.
11
Die Frage des Wildschadensersatzes an Forstkulturen gehörte zu den zentralen Themen im Gesetzgebungsverfahren zum Bundesjagdgesetz (vgl. nur Harders, Das Bundesjagdgesetz von 1952 sowie die Novellen von 1961 und 1976, S. 118; Mitzschke/Schäfer, BJagdG, 4. Aufl., Einleitung Rn. 12). Die Wild- und Jagdschadenhaftung war ursprünglich im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Die einschlägige Vorschrift des § 835 BGB hatte selbst keine Einschränkungen für den Wildschadensersatz vorgesehen. Nach Art. 71 Nr. 4 EGBGB blieben freilich etwaige landesgesetzliche Vorschriften unberührt, nach denen der Wildschaden an Gärten, Obstgärten, Weinbergen, Baumschulen und einzelstehenden Bäumen nur bei Herstellung üblicher, unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichender Schutzvorrichtungen zu ersetzen war. Durch das Reichsjagdgesetz vom 3. Juli 1934 (RGBl. I S. 549) wurden die vorgenannten Bestimmungen aufgehoben (§ 71 Abs. 2 Nr. 1, 2 RJagdG) und der Ausschluss von Wildschäden bei unterbliebenen Schutzvorrichtungen einheitlich in § 47 Abs. 2 RJagdG geregelt. Diese Bestimmung entsprach dem früheren Art. 71 Nr. 4 EGBGB, wobei allerdings der Haftungsausschluss auf Alleen, Forstkulturen und Freilandpflanzungen von Garten- oder hochwertigen Handelsgewächsen ausgedehnt wurde. Der nach § 47 Abs. 2 RJagdG eingeschränkte Schutz von Forstkulturen allgemein ist vom Bundesgesetzgeber jedoch bewusst nicht übernommen worden. § 34 Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs eines Bundes-Jagdgesetzes der Bundesregierung vom 20. Januar 1951, der ansonsten inhaltlich mit § 47 Abs. 2 RJagdG völlig übereinstimmte, erwähnte die Forstkulturen in § 34 Abs. 2 BJagdG überhaupt nicht (vgl. BTDrucks. Nr. 1813 S. 13 f). Während der anschließenden Beratungen des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie des Unterausschusses Jagd setzte sich der Deutsche Jagdschutz-Verband (DJSV) dafür ein, dass der Wildschaden an Forstkulturen bei ausgebliebenen Schutzvorrichtungen des Geschädigten generell ausgeschlossen werden sollte. Zur Begründung wies der Verband darauf hin, es sei nicht einzusehen, "weshalb die Forstkulturen anders als Obstkulturen, Weingärten usw. behandelt werden sollen. In beiden Fällen handelt es sich um hochwertige Anpflanzungen, die eine unterschiedliche rechtliche Behandlung nicht als gerechtfertigt erscheinen lassen." Auch würden "erfahrungsgemäß diese frisch eingebrachten Holzarten besonders gerne verbissen" (Schreiben des DJSV vom 9. Juni 1951, Parlamentsarchiv Berlin I/358, sonstiges Material, Bl. 25; siehe auch Harders aaO S. 131 f). Dem folgte der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten jedoch nur in dem Umfang , wie dies später im Gesetz in § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG niedergelegt worden ist (Kurzprotokoll der 96. und 97. Sitzung vom 18. und 19. Februar 1952, Parlamentsarchiv Berlin I/358, Bl. 26). Hierbei hat sich der Ausschuss in der Sache - was den Bezug zur Hauptholzart im Jagdbezirk anbetrifft - erkennbar an den im Schreiben des DJSV vom 9. Juni 1951 erwähnten - in der Praxis damals häufiger vorkommenden - Fällen der Wiederaufforstung von Kahlflächen in Kieferngebieten mit Pappeln und der Veränderung von Monokulturen durch Einbringung von Mischholzarten orientiert, hierauf aber die gesetzliche Regelung beschränkt. Erneute Bemühungen des Deutschen JagdschutzVerbands , Forstkulturen in weiterem Umfang der Sonderregelung in § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG zu unterstellen (Schreiben des DJSV vom 11. März 1952 an den Ausschuss, Parlamentsarchiv Berlin I/358, sonstiges Material Bl. 29), hatten keinen Erfolg (vgl. auch Harders aaO S. 148 f).
12
Diese Entstehungsgeschichte verdeutlicht, dass sich der Gesetzgeber mit der Frage, ob und inwieweit Wildschäden an Forstkulturen auch bei Unterbleiben von ausreichenden Sicherungsmaßnahmen ersetzt werden soll, intensiv befasst hat. Er hat, obwohl Forstkulturen, das heißt junge Forstpflanzen generell für das Wild attraktiv sind, nur eine bestimmte Fallgruppe herausgegriffen. Diese ist auch nicht dahingehend definiert worden, dass alle Forstkulturen, die - aus welchen Gründen auch immer - einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind, geschützt werden müssen. Vielmehr erfasst das Gesetz nur den Fall, dass sich die erhöhte Gefährdung aus dem Umstand ergibt, dass sich die eingebrachte Holzart von den bereits vorhandenen Hauptholzarten im Jagdbezirk unterscheidet und deshalb für das Wild zusätzlich attraktiv ist. Angesichts dieser Beschränkung können nicht andere Fallgruppen, in denen nach richterlicher Auffassung ebenfalls eine erhöhte Gefährdung vorliegen soll, im Wege der Ana- logie in die gesetzliche Regelung einbezogen werden. Damit lässt sich auch nicht im Hinblick auf die tatbestandlich andere Fallgruppe einer Erstaufforstung eine planwidrige Regelungslücke feststellen. Dem entspricht es im Übrigen, dass im Schrifttum häufig ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich bei den von § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG erfassten Sonderkulturen um eine abschließende Aufzählung handele (vgl. nur Konrad, Wildschadensersatz in gemeinschaftlichen Jagdbezirken nach § 29 Abs. 1 BJagdG, S. 155; Mitzschke/ Schäfer aaO § 32 Rn. 2; Meyer-Ravenstein, Jagdrecht in Sachsen-Anhalt, 7. Aufl. § 32 BJagd, § 35 LJagdG Rn. 4; Pardey, Jagdrecht in Niedersachsen, § 32 BJagdG/§ 34 NJagdG Anm. 3; Rose, Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., § 32 BJagdG Anm. 2; Schallenberg/Knemeyer, Jagdrecht NordrheinWestfalen , 6. Aufl., Rn. 468; siehe auch AG Walsrode, RdL 1990, 151, 152).
13
b) Zu Unrecht beanstandet der Kläger im Wege einer Revisionsgegenrüge , das Berufungsgericht hätte aufklären müssen, welche Holzart im "vorhandenen Waldbestand" des Jagdbezirks als Hauptholzart anzusehen sei. Das Gericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, welche Bäume auf den übrigen Flächen des Jagdbezirks vorkämen. In der im Urteil eingangs in Bezug genommenen Flurkarte sei aber handschriftlich vermerkt, dass sich auf einer an die Neuaufforstungen angrenzenden Teilfläche Pappeln befunden hätten.
14
Das Landgericht ist ausweislich der Entscheidungsgründe davon ausgegangen , dass es sich um eine Erstaufforstung im streitgegenständlichen Jagdbezirk handelt. Die Revision zeigt insoweit keinen erheblichen und vom Landgericht verfahrensfehlerhaft übergangenen Vortrag auf. Nachdem das Amtsgericht in seinem Urteil bereits darauf hingewiesen hat, dass die streitgegenständlichen Aufforstungsflächen nicht unter § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG fallen, hat der Kläger mit der Berufung hierzu lediglich vorgetragen, "dass es sich um eine Neu- aufforstung handelt, mithin um ein Einbringen von Forstkulturen auf einer Freifläche. Damit handelt es sich bei jeder einzelnen Pflanze, die in den Boden eingebracht wird, um eine andere als im Jagdbezirk vorkommende Hauptholzart. Dies deshalb, weil im Jagdgebiet überhaupt keine Holzart bestanden hat! - sondern eben Acker." Aufgrund dieses Vorbringens hat das Berufungsgericht den Umstand, dass in dem betreffenden Jagdbezirk keine Hauptholzart vorkommt, verfahrensfehlerfrei als unstreitig behandelt.
15
Zwar hat der Kläger in beiden Instanzen - allerdings in anderem Zusammenhang - auch erwähnt, dass sich auf dem Flurstück 19/2 der Flur 56 neben dem dort befindlichen See ältere Pappeln befinden würden. Dies zeigt auch die jetzt mit der Revisionserwiderung in Bezug genommene Flurkarte. Der Kläger hat sich insoweit vor den Instanzgerichten aber - zu Recht - nicht darauf berufen , dass es sich hierbei um eine Hauptholzart in dem streitgegenständlichen Jagdbezirk handele. Hauptholzarten sind nämlich nur die im betroffenen Jagdbezirk tatsächlich vorkommenden und auf einem wesentlichen Flächenteil stockenden Arten; hiervon kann nicht gesprochen werden, wenn bezogen auf den gesamten Jagdbezirk eine bestimmte Holzart nur unwesentlich beziehungsweise vereinzelt vorkommt (vgl. nur OLG Hamm, AgrarR 1996, 265, 266; LG Flensburg, EJS II S. 14 Nr. 5; Leonhardt, Jagdrecht, § 32 BJagdG Erl. 9; Lorz/ Metzger/Stöckel, Jagdrecht, 4. Aufl., § 32 BJagdG Rn. 7; Mitzschke/Schäfer aaO § 32 Rn.15; Schulz, Das Jagdrecht in Mecklenburg-Vorpommern, § 28 LJagdG M-V Anm. 2.2.1.2; Schuck/Stamp, BJagdG § 32 Rn. 16; Thies, Wildund Jagdschaden, 9. Aufl., S. 28). Für eine tatrichterliche Feststellung, dass es sich bezogen auf den gesamten Jagdbezirk bei den Pappeln - die ausweislich der von der Revisionserwiderung in Bezug genommenen Flurkarte lediglich auf einer sehr kleinen Teilfläche des Flurstücks 19/2 stehen - um einen solchen nicht unwesentlichen Baumbestand gehandelt hat, hat das Parteivorbringen keinen Anhalt geboten.
16
2. Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe des entstandenen Schadens getroffen hat (§ 563 Abs. 3 ZPO); dies ist nachzuholen.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter
Vorinstanzen:
AG Neubrandenburg, Entscheidung vom 25.03.2011 - 5 C 300/09 -
LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 05.02.2014 - 1 S 48/11 -

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. April 2014 - 6 Sa 555/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Funktionsstufe 2 der Tätigkeitsebene IV des Tarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vom 28. März 2006.

2

Die Klägerin war seit dem 1. September 2006 bei der Beklagten beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fand aufgrund vertraglicher Inbezugnahme der TV-BA in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Sie wurde als Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG im Bereich SGB II des Jobcenters B beschäftigt und nach Funktionsstufe 2 der Tätigkeitsebene IV TV-BA vergütet. Die Funktionsstufen werden in § 20 TV-BA auszugsweise wie folgt geregelt:

        

„(1)   

Beschäftigte erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 als weiteren Gehaltsbestandteil monatlich eine oder mehrere reversible Funktionsstufe/n.

        

(2)     

Durch Funktionsstufen werden die Wahrnehmung zusätzlich übertragener Aufgaben bzw. Funktionen sowie besondere Schwierigkeitsgrade oder eine - geschäftspolitisch zugewiesene - besondere Bedeutung bestimmter Aufgaben abgegolten. …

        

…       

        
        

(5)     

Bei Wegfall der Voraussetzungen des Absatzes 2, z.B. auf Grund der Übertragung einer anderen Tätigkeit oder infolge einer Vereinbarung nach Absatz 6, entfällt die Funktionsstufe unmittelbar, ohne dass eine Änderung des Arbeitsvertrages erforderlich ist.“

3

Nach § 20 Abs. 2 TV-BA iVm. Nr. 21 der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung der Anlage 1.10 TV-BA - Zuordnungstabelle für den Rechtskreis SGB II (gemeinsame Einrichtungen) - war eine Sachbearbeiterin der Tätigkeitsebene IV in der Bearbeitungsstelle SGG der Funktionsstufe 2 zugeordnet.

4

Zum 1. Januar 2012 übernahm der Landkreis B die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende als kommunaler Träger in alleiniger Verantwortung. § 6c SGB II regelt den Personalübergang bei Zulassung eines kommunalen Trägers in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung auszugsweise wie folgt:

        

„(1)   

1Die Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die am Tag vor der Zulassung eines weiteren kommunalen Trägers nach § 6a Absatz 2 und mindestens seit 24 Monaten Aufgaben der Bundesagentur als Träger nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in dem Gebiet des kommunalen Trägers wahrgenommen haben, treten zum Zeitpunkt der Neuzulassung kraft Gesetzes in den Dienst des kommunalen Trägers über. … 3Die Versetzung eines nach Satz 1 übergetretenen Beamtinnen und Beamten vom kommunalen Träger zur Bundesagentur bedarf nicht der Zustimmung der Bundesagentur, bis sie 10 Prozent der nach Satz 1 übergetretenen Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder aufgenommen hat. 4Bis zum Erreichen des in Satz 3 genannten Anteils ist die Bundesagentur zur Wiedereinstellung von nach Satz 1 übergetretenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verpflichtet, die auf Vorschlag des kommunalen Trägers dazu bereit sind. 5Die Versetzung und Wiedereinstellung im Sinne der Sätze 3 und 4 ist innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt der Neuzulassung abzuschließen. …

        

…       

        
        

(3)     

2Treten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund des Absatzes 1 oder 2 kraft Gesetzes in den Dienst eines anderen Trägers über, tritt der neue Träger unbeschadet des Satzes 3 in die Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen ein, die im Zeitpunkt des Übertritts bestehen. 3Vom Zeitpunkt des Übertritts an sind die für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des neuen Trägers jeweils geltenden Tarifverträge ausschließlich anzuwenden. …

        

…       

        
        

(5)     

1Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die nach Absatz 1 oder 2 kraft Gesetzes in den Dienst eines anderen Trägers übertreten, soll grundsätzlich eine tarifrechtlich gleichwertige Tätigkeit übertragen werden. 2Wenn eine derartige Verwendung im Ausnahmefall nicht möglich ist, kann ihnen eine niedriger bewertete Tätigkeit übertragen werden. 3Verringert sich das Arbeitsentgelt nach den Sätzen 1 und 2, ist eine Ausgleichszahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Arbeitsentgelt bei dem abgebenden Träger zum Zeitpunkt des Übertritts und dem jeweiligen Arbeitsentgelt bei dem aufnehmenden Träger zu zahlen.“

5

Noch vor dem 1. Januar 2012 schlug der Landkreis nach § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II die Wiedereinstellung der Klägerin bei der Beklagten vor. Die Klägerin war hierzu bereit. Der zuständige Personalberater der Beklagten teilte ihr in einer E-Mail vom 10. November 2011 mit, dass ihr Einsatz bei einer Wiedereinstellung ab dem 1. Januar 2012 im „SGG-Bereich“ des Jobcenters W geplant sei. Dort wurde tatsächlich jedoch keine Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG, sondern für Ordnungswidrigkeiten benötigt. Die Klägerin wollte allerdings einen weiteren Einsatz als Sachbearbeiterin SGG und lehnte am 24. November 2011 in einem Gespräch mit dem Personalberater eine Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten im Jobcenter W ab. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit M teilte der Klägerin daraufhin in einer E-Mail vom 28. November 2011 mit, dass derzeit keine Stelle als Sachbearbeiterin SGG frei sei. Es komme nur eine Beschäftigung als Sachbearbeiterin Ordnungswidrigkeiten in Betracht. Er bat die Klägerin, diese Tätigkeit beim Jobcenter W als „Zwischenlösung“ zu akzeptieren.

6

Unter dem 22./29. Dezember 2011 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag. Dieser entspricht bis auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses und der Angabe einer höheren Entwicklungsstufe dem zuletzt geltenden Vertrag vom 1. April 2008. Der neue Vertrag lautet auszugsweise wie folgt:

        

㤠1

        

Frau S wird ab 01.01.2012 auf unbestimmte Zeit als Vollzeitbeschäftigte eingestellt.

        

§ 2

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung.

        

…       

        

§ 4

        

Die Beschäftigte ist in der Tätigkeitsebene IV eingruppiert (§ 14 Abs. 1 TV-BA). Zum Zeitpunkt der Einstellung wird die Beschäftigte der Entwicklungsstufe 3 zugeordnet.

        

§ 5

        

Der Arbeitsvertrag begründet keinen Anspruch auf Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz oder in einem bestimmten Aufgabengebiet. Das Recht des Arbeitgebers, der Beschäftigten innerhalb der Tätigkeitsebene eine andere Tätigkeit zu übertragen wird auch durch eine lang währende Verwendung der Beschäftigten auf demselben Arbeitsplatz nicht eingeschränkt.

        

Mit der Übertragung einer anderen Tätigkeit oder einer zusätzlichen Aufgabe/Funktion bzw. deren Widerruf kann das Hinzutreten bzw. der Wegfall einer Funktionsstufe verbunden sein. Dies gilt auch bei Veränderungen der Funktionsstufentabelle.“

7

Ab dem 1. Januar 2012 beschäftigte die Beklagte die Klägerin als Sachbearbeiterin Ordnungswidrigkeiten im Bereich SGB II des Jobcenters W mit einer Vergütung nach Funktionsstufe 1 der Tätigkeitsebene IV TV-BA. Dies entsprach § 20 Abs. 2 TV-BA iVm. Nr. 20 der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung der Anlage 1.10 TV-BA. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28. März 2012 verlangte die Klägerin rückwirkend zum 1. Januar 2012 eine Vergütung nach Funktionsstufe 2 der Tätigkeitsebene IV TV-BA. Sie bat zudem um Mitteilung, wann mit einer Änderung der Aufgabenzuweisung zu rechnen sei. Die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten beanspruche sie als Volljuristin nicht hinreichend. Die Beklagte lehnte die geforderte Vergütung ab. Die Übertragung einer anderen Tätigkeit sei derzeit nicht möglich.

8

Mit ihrer Klage hat die Klägerin weiterhin eine Vergütung nach Funktionsstufe 2 der Tätigkeitsebene IV TV-BA ab dem 1. Januar 2012 verlangt. Dies ergebe sich aus § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II. Ihre Wiedereinstellung sei kraft Gesetzes nach § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II erfolgt. Der Abschluss des neuen Arbeitsvertrags sei rein deklaratorisch. Anderenfalls sei § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II analog anzuwenden. Sie sei nach § 6c Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 SGB II zweimal von einem Personalübergang betroffen gewesen und müsse ebenso eine Ausgleichszahlung erhalten wie die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis auf einen kommunalen Träger übergegangen ist und die nicht wieder bei der Beklagten eingestellt wurden. Der Schutz bei einer Wiedereinstellung könne nicht geringer sein. Eine Ungleichbehandlung sei mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar. Sie habe weder den Wechsel zum Landkreis noch die Rückkehr zur Beklagten tatsächlich beeinflussen können. Ihrer Wiedereinstellung bei der Beklagten habe sie praktisch zustimmen müssen, denn sonst wäre sie bei einem Arbeitgeber beschäftigt worden, aus dessen Sicht von Anfang an keine Verwendungsmöglichkeit für sie bestanden hätte.

9

Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich auch aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Sie habe ausdrücklich eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin SGG angeboten. In der Akzeptanz einer auch aus Sicht der Beklagten nur vorübergehenden Zwischenlösung liege keine Abstandnahme von diesem Angebot. Die Beklagte sei vertraglich nicht berechtigt gewesen, ihr die Tätigkeit als Sachbearbeiterin Ordnungswidrigkeiten zuzuweisen. Dies entspreche nicht billigem Ermessen. Die Weisung sei zudem rechtswidrig, weil der Personalrat nicht beteiligt worden sei und entgegen § 3 Abs. 6 TV-BA ein zu dokumentierendes Mitarbeitergespräch vor Übertragung der neuen Tätigkeit nicht stattgefunden habe. Schließlich habe die Beklagte bei Zuweisung der Tätigkeit als Sachbearbeiterin Ordnungswidrigkeiten § 44g Abs. 4 Satz 2 SGB II nicht beachtet, wonach sich im Fall der Übertragung einer Tätigkeit, die einer niedrigeren Entgeltgruppe oder Tätigkeitsebene zuzuordnen ist, die Eingruppierung nach der vorherigen Tätigkeit bestimmt.

10

Die Klägerin hat unter Zugrundelegung ihrer Berechnung der Differenz zwischen den beiden Funktionsstufen vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die Tätigkeit als Sachbearbeiterin Ordnungswidrigkeiten im Bereich SGB II im Jobcenter W Vergütung nach Tätigkeitsebene IV Funktionsstufe 2 TV-BA zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Zeitraum 1. Januar 2012 bis 31. Mai 2013 einen Bruttobetrag in Höhe von 3.204,80 Euro zu zahlen.

11

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet. Nach § 20 Abs. 5 TV-BA entfalle der Anspruch auf die Funktionszulage, wenn eine andere Tätigkeit ohne einen solchen Anspruch im Rahmen des Direktionsrechts übertragen werde. Dies sei hier nach § 5 des Arbeitsvertrags erfolgt. Eine Ausgleichszahlung nach § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II stehe der Klägerin nicht zu. Sie sei nicht kraft Gesetzes, sondern im Wege des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrags wieder eingestellt worden. Dies entspreche dem Erfordernis der Zustimmung der Klägerin zu ihrer Wiedereinstellung. Mangels Regelungslücke komme eine analoge Anwendung des § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II nicht in Betracht. § 44g Abs. 4 Satz 2 SGB II greife nicht, da der Klägerin eine Tätigkeit derselben Tätigkeitsebene zugeordnet worden sei.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. In der Verhandlung vor dem Senat hat sie den Feststellungsantrag allerdings auf die Zeit vom 1. Juni 2013 bis zum 31. Dezember 2013 beschränkt und im Übrigen hinsichtlich des Feststellungsantrags die Revision zurückgenommen. Damit wurde eine zeitliche Überschneidung mit dem Leistungsantrag vermieden und dem Umstand Rechnung getragen, dass nach §§ 1, 3 Abs. 3 Buchst. h iVm. Anlage 7 des 13. Änderungstarifvertrags zum TV-BA für eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin SGG in der Tätigkeitsebene IV mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 in der Anlage 1.10 TV-BA keine Funktionsstufe 2 mehr vorgesehen ist.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.

14

I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt neben dem Leistungsantrag auch für den noch anhängigen Feststellungsantrag. Hinsichtlich etwaiger Ansprüche ab dem 1. Juni 2013 besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Ansprüche der Klägerin auf Zahlung der Funktionsstufe 2 beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 380/14 - Rn. 17).

15

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Funktionsstufe 2 der Tätigkeitsebene IV TV-BA ab dem 1. Januar 2012. Sie kann daher weder die begehrte Leistung noch eine entsprechende Feststellung verlangen.

16

1. Ein tariflicher Anspruch auf Vergütung nach der Funktionsstufe 2 besteht nicht. § 20 Abs. 2 TV-BA sieht iVm. Nr. 20 der Anlage 1.10 TV-BA für die von der Klägerin verrichtete Tätigkeit einer Sachbearbeiterin Ordnungswidrigkeiten im Bereich SGB II im streitgegenständlichen Zeitraum die Funktionsstufe 1 vor.

17

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung gemäß § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II. Ihre Wiedereinstellung bei der Beklagten ist kein kraft Gesetzes erfolgter Übertritt in den Dienst eines anderen Trägers iSd. § 6c Abs. 5 Satz 1 iVm. Abs. 1 SGB II.

18

a) Dabei kann zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass ihr Arbeitsverhältnis zunächst nach § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II auf den Landkreis übergegangen ist(zur Frage der Vereinbarkeit von § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II mit Art. 12 GG vgl. BAG 26. September 2013 - 8 AZR 775/12 (A) - Rn. 20 f.; aA BVerwG 26. Februar 2015 - 2 C 1.14 - Rn. 31). Anderenfalls wäre das ursprüngliche Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht beendet worden und es könnte schon mangels Arbeitgeberwechsels kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung gemäß § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II bestehen.

19

Die Voraussetzungen des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II sind unstreitig erfüllt. Dem Übergang auf den Landkreis steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der Neuzulassung des kommunalen Trägers am 1. Januar 2012 durch Abschluss des Arbeitsvertrags vom 22./29. Dezember 2011 von der Beklagten bereits wieder eingestellt wurde. Das Gesetz sieht für die Wiedereinstellung mit § 6c Abs. 1 Satz 5 SGB II nur eine zeitliche Begrenzung von drei Monaten nach dem Zeitpunkt der Neuzulassung des kommunalen Trägers vor. Dies dient der Planungssicherheit auch der Arbeitnehmer (vgl. BT-Drs. 17/1555 S. 20). Eine möglichst frühzeitige Klarheit über die Wiedereinstellung ist im Sinne des Gesetzgebers. Die Wiedereinstellung kann daher bereits vor dem Zeitpunkt der Neuzulassung vereinbart werden.

20

b) § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II sieht eine Ausgleichszahlung vor, wenn eine Verringerung des Arbeitsentgelts nach den Sätzen 1 und 2 des § 6c Abs. 5 SGB II vorliegt. § 6c Abs. 5 Satz 1 SGB II setzt wiederum einen Übertritt kraft Gesetzes in den Dienst eines anderen Trägers nach § 6c Abs. 1 oder 2 SGB II voraus. Ist dies der Fall, sichert die Ausgleichszahlung das vor dem gesetzlichen Übergang gezahlte Arbeitsentgelt statisch (BAG 16. April 2015 - 6 AZR 142/14 - Rn. 46).

21

c) Bei einer Wiedereinstellung iSd. § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II handelt es sich nicht um einen Übertritt kraft Gesetzes in den Dienst eines anderen Trägers, sondern um die vertragliche Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses.

22

aa) Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 6c Abs. 1 SGB II. Während § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II den Übertritt des Arbeitnehmers kraft Gesetzes von der Bundesagentur zu dem kommunalen Träger anordnet, spricht § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II von Wiedereinstellung. Unter einer Wiedereinstellung ist typischerweise die vertragliche Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses durch Abgabe entsprechender Willenserklärungen zu verstehen (vgl. BAG 17. März 2015 - 9 AZR 702/13 - Rn. 20, 34; zur Wiedereinstellungsklage: vgl. BAG 25. Juni 2014 - 7 AZR 847/12 - Rn. 22 f., BAGE 148, 299; 15. Oktober 2013 - 9 AZR 572/12 - Rn. 17 f.). Solche Willenserklärungen sind bei einem Übertritt kraft Gesetzes nicht erforderlich.

23

bb) Die Unterscheidung in § 6c Abs. 1 SGB II zwischen einem Arbeitgeberwechsel auf gesetzlicher Grundlage und einer vertraglich begründeten Wiedereinstellung entspricht der Formulierung anderer gesetzlicher Regelungen. So sieht § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB bei einem Betriebsübergang unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen den Eintritt des Betriebserwerbers in die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen vor. § 6c Abs. 3 Satz 2 SGB II trifft eine vergleichbare Regelung bei einem Übertritt kraft Gesetzes nach § 6c Abs. 1 SGB II. Demgegenüber sprechen beispielsweise § 10 Abs. 2 Satz 1 MuSchG sowie § 90 Abs. 2 SGB IX von Wiedereinstellung und beziehen sich damit auf die vertragliche Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses(vgl. KR/Bader/Gallner 10. Aufl. § 10 MuSchG Rn. 37; HWK/Hergenröder 6. Aufl. § 10 MuSchG Rn. 3; Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 90 Rn. 29).

24

cc) Die vertragliche Vereinbarung der Wiedereinstellung iSd. § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser ging davon aus, dass eine Wiedereinstellung nicht ohne Zustimmung des jeweiligen Arbeitnehmers möglich ist (BT-Drs. 17/1555 S. 20). Die Annahme „einer Wiedereinstellung kraft Gesetzes“ durch § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II ist hiermit unvereinbar.

25

3. Die Klägerin kann auch keine Ausgleichszahlung in analoger Anwendung des § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II verlangen.

26

a) Zwar zieht der Wortlaut des Gesetzes im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze. Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet die Gerichte vielmehr dazu, nach Gesetz und Recht zu entscheiden. Eine reine Wortinterpretation schreibt die Verfassung dabei nicht vor (BVerfG 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 2 BvR 469/07 - Rn. 57, BVerfGK 19, 89). Zu den anerkannten Methoden der Auslegung gehört auch die wortsinnübersteigende Gesetzesanwendung durch Analogie. Sie bedarf jedoch einer besonderen Legitimation. Es muss eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegen, deren Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Anderenfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers als planwidrige Lücke aufgefasst und im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle (BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 490/14 - Rn. 34; 10. Dezember 2013 - 9 AZR 51/13 - Rn. 23, BAGE 146, 384).

27

b) Es ist nicht erkennbar, dass hinsichtlich der Entgeltsicherung bei Wiedereinstellung iSd. § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II eine Regelungslücke besteht. Nach der gesetzlichen Konzeption ist die Möglichkeit einer Ausgleichszahlung nur im Fall der Überleitung kraft Gesetzes geboten.

28

aa) § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II trägt dem Prinzip „Personal folgt der Aufgabe“ Rechnung. Die Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicherstellen, dass die Funktionsfähigkeit der Grundsicherung auch in den nunmehr von den zugelassenen kommunalen Trägern allein betriebenen Jobcentern gewährleistet bleibt. Er hat erkannt, dass die kommunalen Träger dafür auf personelle Kontinuität sowie die Erfahrung und Fachkompetenz der Beschäftigten der Beklagten angewiesen sind (BAG 16. April 2015 - 6 AZR 142/14 - Rn. 42 mwN). Nach § 6c Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGB II verbleibt dem Träger aber die Möglichkeit, der Beklagten 10 % des zunächst vollständig übergegangenen Personals wieder zur Verfügung zu stellen(vgl. BT-Drs. 17/1555 S. 20). Mit dieser Ausnahme von dem Prinzip „Personal folgt der Aufgabe“ verbleibt dem kommunalen Träger die Möglichkeit, die personelle Ausstattung hinreichend selbst zu gestalten. Es soll sichergestellt werden, dass die Kommune bis zu 10 % von ihr selbst ausgebildetes bzw. von ihr selbst eingestelltes Personal einsetzen und so die Aufgabenwahrnehmung durch den Einsatz von eigenen personellen Ressourcen bestimmen kann. Außerdem wird gewährleistet, dass die Kommune eigenes Personal mit besonderen Kompetenzen im Bereich der Leistungserbringung und Arbeitsvermittlung beziehungsweise eigene Führungskräfte einsetzen kann (BT-Drs. 17/1555 S. 17).

29

bb) Demnach ist hinsichtlich der Ausgleichszahlung nach § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II keine Regelungslücke erkennbar. Durch den nach § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II angeordneten Übergang sollen den Beschäftigten grundsätzlich keine Nachteile entstehen(BAG 16. April 2015 - 6 AZR 142/14 - Rn. 42; Sauer in Sauer SGB II § 6c Rn. 3). Diese sind in dieser Situation besonders schutzbedürftig, denn ihnen wird kein Widerspruchs- oder Rückkehrrecht eingeräumt (vgl. BAG 26. September 2013 - 8 AZR 775/12 (A) - Rn. 23 ff.). § 6c Abs. 5 SGB II gewährt deshalb eine Sicherung des Besitzstands. Kann ein übergeleiteter Arbeitnehmer auf Vorschlag des kommunalen Trägers gemäß § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II zur Beklagten zurückkehren, besteht keine vergleichbare Schutzbedürftigkeit. Die Wiedereinstellung kann nur mit seiner Zustimmung und muss zu den bisherigen Bedingungen erfolgen (BT-Drs. 17/1555 S. 20; Rixen/Weißenberger in Eicher/Spellbrink SGB II 3. Aufl. § 6c Rn. 3; Gagel/Luik SGB II Stand April 2014 § 6c Rn. 22; Meyerhoff in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB II 4. Aufl. § 6c Rn. 20). Ihm verbleibt angesichts des für die Beklagte bestehenden Kontrahierungszwangs die Wahl der Rückkehr zur Beklagten oder des Verbleibs bei dem kommunalen Träger. Er hat zu entscheiden, bei welchem Arbeitgeber er die besseren Perspektiven sieht. Ob er sich in dieser Wahlfreiheit, wie die Klägerin, praktisch eingeengt sieht, ist eine Frage der individuellen Situation. Aus ihr kann nicht auf die Lückenhaftigkeit der abstrakten Regelung geschlossen werden. Nach dem in sich geschlossenen gesetzgeberischen Konzept bedürfen Arbeitnehmer mit der Möglichkeit der Wiedereinstellung zu den bisherigen Bedingungen keiner Absicherung durch eine Ausgleichszahlung nach § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II.

30

c) Hierbei bestehen keine Wertungswidersprüche. Wegen der unterschiedlichen Lage bei gesetzlicher Überleitung und Wiedereinstellung gebietet auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG keine analoge Anwendung des § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II bei Wiedereinstellungen.

31

4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Vergütung der Funktionsstufe 2 gemäß § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB.

32

a) Dies würde voraussetzen, dass es sich bei der Zuweisung der mit der Funktionsstufe 1 vergüteten Tätigkeit einer Sachbearbeiterin Ordnungswidrigkeiten um keine wirksame Bestimmung der zu leistenden Arbeit durch die Beklagte gehandelt und die Klägerin einen Anspruch auf Beschäftigung mit einer Tätigkeit der Funktionsstufe 2 gehabt hätte, deren Aufnahme sie der Beklagten angeboten hat. Die Klägerin hatte jedoch keinen Anspruch auf Beschäftigung mit einer Tätigkeit der Funktionsstufe 2.

33

aa) § 615 Satz 1 BGB begründet keinen besonders gearteten Entgeltanspruch, sondern erhält dem Arbeitnehmer den originären Vergütungsanspruch des § 611 Abs. 1 BGB aufrecht(BAG 26. Juni 2013 - 5 AZR 432/12 - Rn. 17). Der Arbeitnehmer kann folglich im Wege des Annahmeverzugs keine Vergütung verlangen, auf die er ohne Annahmeverzug keinen Anspruch hätte. Dem entspricht, dass er nach § 294 BGB seine Arbeitsleistung so anbieten muss, wie sie geschuldet ist(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 36). Dies gilt auch im Fall des § 295 BGB(BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 37, BAGE 148, 16). Ist die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 19; 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 16, BAGE 134, 296). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 21, BAGE 141, 34).

34

bb) Die durch den Neuabschluss des Arbeitsvertrags unverändert gebliebene Regelung in § 5 des Arbeitsvertrags sieht entsprechend § 20 Abs. 5 TV-BA die Möglichkeit der Übertragung einer Tätigkeit vor, die mit dem Wegfall einer Funktionsstufe verbunden sein kann. Die Klägerin hat daher grundsätzlich weder vertraglich noch tarifvertraglich einen Anspruch auf Beschäftigung mit einer nach Funktionsstufe 2 vergüteten Tätigkeit. Ein solcher Anspruch könnte nur bestehen, wenn die Übertragung einer Tätigkeit der Funktionsstufe 1 im Wege des Direktionsrechts nicht billigem Ermessen entspräche (vgl. zu § 106 GewO BAG 16. April 2015 - 6 AZR 242/14 - Rn. 20). Konkrete Umstände, die auf eine solche Unbilligkeit hindeuten, hat die Klägerin nicht ausreichend vorgetragen. Ihre Qualifikation als Volljuristin lässt eine Tätigkeit der Funktionsstufe 1 nicht per se als unbillig erscheinen, auch wenn sie ggf. nicht den Interessen der Klägerin entspricht.

35

cc) Die unterbliebene Beteiligung des Personalrats gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 3 BPersVG bei der Eingruppierung unter Einbeziehung der Funktionsstufe nach dem TV-BA (vgl. hierzu BVerwG 27. Mai 2009 - 6 P 9.08 - Rn. 26 f., BVerwGE 134, 83) hat keinen Anspruch auf Übertragung einer Tätigkeit der Funktionsstufe 2 zur Folge. Die Verletzung eines Mitbestimmungsrechts kann nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung auch im Personalvertretungsrecht dazu führen, dass Entscheidungen des Arbeitgebers unwirksam sind (BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 84; 22. Mai 2012 - 1 AZR 94/11 - Rn. 29). Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers. Benachteiligend sind nur solche Maßnahmen, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten führt nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 47; 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 - Rn. 43; 11. Januar 2011 -  1 AZR 310/09  - Rn. 33 ). Wie dargelegt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Zuweisung einer Tätigkeit der Funktionsstufe 2.

36

b) Es kann daher offenbleiben, ob die Klägerin die Leistung einer Tätigkeit der Funktionsstufe 2 hinreichend angeboten hat (vgl. hierzu BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 22).

37

5. Die Klägerin kann die begehrte Vergütung auch nicht als Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB verlangen. Dabei kann zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass mit ihr vor Übertragung der Tätigkeit als Sachbearbeiterin Ordnungswidrigkeiten entgegen § 3 Abs. 6 TV-BA kein dokumentiertes Mitarbeitergespräch geführt wurde und insoweit eine Pflichtverletzung der Beklagten vorliegt. Die Klägerin hat schon nicht hinreichend dargelegt, weshalb davon auszugehen wäre, dass ihr bei Durchführung eines Mitarbeitergesprächs eine Tätigkeit der Funktionsstufe 2 ab dem 1. Januar 2012 übertragen worden wäre. Sie behauptet nicht, dass sie eine entsprechende freie Stelle in einem solchen Gespräch hätte vorschlagen können. Die Möglichkeit der nochmaligen Schilderung ihrer Belange lässt keine andere Aufgabenübertragung erwarten.

38

6. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 44g Abs. 4 Satz 2 SGB II. Ihr wurde ab dem 1. Januar 2012 keine Tätigkeit einer niedrigeren Tätigkeitsebene übertragen. Es verblieb bei der Tätigkeitsebene IV.

39

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    D. Knauß    

        

    M. Geyer    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 25. November 2015 - 5 Sa 478/15 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 22. April 2015 - 6 Ca 2653/14 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach einem Betriebsübergang noch ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Die Klägerin war seit dem 1. November 1995 bei der Beklagten als Mitarbeiterin der K in R beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 28. Dezember 1995 heißt es ua.:

        

§ 1 Inhalt und Beginn des Arbeitsverhältnisses

        

I.    

…       

        

II.     

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, soweit im folgenden nichts anderes vereinbart ist.

        

…“    

        
3

Der Betrieb „K“ der Beklagten ging am 1. September 2007 im Wege des Betriebsübergangs von der Beklagten auf die V C S GmbH (im Folgenden VCS) über. Hierüber war die Klägerin durch Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 informiert worden. Der Senat hat später zu einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben der VCS, ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend, entschieden, dass die Unterrichtung fehlerhaft war, weil sie den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB nicht entsprach(BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 -). Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS zunächst nicht und arbeitete nach dem Betriebsübergang für die VCS.

4

Mit Schreiben vom 30. Juli 2014 widersprach die Klägerin gegenüber der Beklagten dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS und bot ihre Arbeitsleistung an. Mit Schreiben vom 2. September 2014 wiederholte sie ihr Arbeitsangebot und machte Annahmeverzugslohnansprüche geltend.

5

Mit ihrer am 11. November 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin ua. die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien über den 1. September 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie hat die Ansicht vertreten, die Frist für den Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS habe aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung über den Betriebsübergang nicht zu laufen begonnen. Ihr Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Ihre widerspruchslose Weiterarbeit für die VCS allein verwirkliche das hierfür erforderliche Umstandsmoment nicht.

6

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 1. September 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei verwirkt. Nach der rund siebenjährigen widerspruchslosen Tätigkeit der Klägerin für die VCS habe sie, die Beklagte, darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die VCS akzeptiert habe. Aufgrund dieses langen Zeitraums seien an das Umstandsmoment geringere Anforderungen zu stellen, die durch die widerspruchslose Weiterarbeit erfüllt seien. Zudem wirke sich aus, dass die Klägerin auch nach Feststellung der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens vom 26. Juli 2007 durch das Bundesarbeitsgericht im Mai 2011 weitere drei Jahre weitergearbeitet habe, ohne dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die VCS zu widersprechen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass sich die Arbeitsbedingungen der Klägerin mit dem Betriebsübergang aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel und der bei der VCS angewandten Tarifverträge erheblich geändert hätten, insbesondere sei - was zwischen den Parteien unstreitig ist - das Vergütungssystem geändert und die wöchentliche Arbeitszeit ohne Lohnausgleich von 34 auf 38 Stunden erhöht worden. Die Klägerin habe überdies an allen Seminaren und Schulungen teilgenommen, die für die tägliche Arbeit in den Projekten am Standort R der VCS erforderlich gewesen seien. Im Übrigen fehle es an der Kausalität der fehlerhaften Unterrichtung für die Nichtausübung des Widerspruchsrechts. Die Nachhaftung des Veräußerers sei im Schreiben der VCS vom 26. Juli 2007 sogar nachteiliger beschrieben worden als es der gesetzlichen Regelung in § 613a Abs. 2 BGB entspreche. Schließlich dürfe auch nicht außer Acht gelassen werden, dass im Fall der Zulässigkeit des Widerspruchs außer der Klägerin eine Vielzahl anderer Arbeitnehmer nach mehr als sieben Jahren zu ihr zurückkehren könnte. Ein solcher „Lawineneffekt“ würde das Gesamtkonzept der Beschäftigungssicherung im Unternehmen und im Konzern gefährden.

8

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag der Klägerin durch Teilurteil stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das arbeitsgerichtliche Teilurteil abgeändert und die Klage - soweit vom Teilurteil betroffen - abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. Die auf Feststellung gerichtete Klage ist begründet. Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht über den 1. September 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis. Zwar hatte das Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - die Monatsfrist für die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB nicht in Gang gesetzt. Allerdings hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 30. Juli 2014 bereits verwirkt gewesen, einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

10

I. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, hat das Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 die Monatsfrist für die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB nicht in Gang gesetzt. Die Unterrichtung entspricht nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob der Unterrichtungsmangel für das Nichtausüben des Widerspruchsrechts kausal war.

11

1. Das Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 entspricht nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB.

12

Nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs. 5 widersprechen. Danach wird die Widerspruchsfrist nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14  - Rn. 27 , BAGE 153, 296 ; 10. November 2011 -  8 AZR 430/10  - Rn. 23 ; 22. Januar 2009 -  8 AZR 808/07  - Rn. 23 mwN). Wie der Senat zu einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben der VCS - ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend - entschieden hat, entspricht das Unterrichtungsschreiben schon deshalb nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, weil es das Haftungssystem nach § 613a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB nicht zutreffend wiedergibt, weil jeglicher Hinweis auf die Begrenzung der Haftung der Beklagten nach § 613a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB fehlt und weil die Unterrichtung nicht auf die Tatsache einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten und der neuen Inhaberin (der VCS) hinweist(vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 23 ff.).

13

2. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten kommt es für die Frage, ob das Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 die Monatsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB in Lauf gesetzt hat, nicht darauf an, ob die Unterrichtungsmängel im Schreiben der VCS vom 26. Juli 2007 ursächlich dafür waren, dass die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB - zunächst - nicht ausgeübt hat. Daher ist es auch unerheblich, ob die Haftung der Beklagten - aus Sicht der Klägerin - im Unterrichtungsschreiben nachteiliger als in § 613a Abs. 2 BGB geregelt beschrieben wurde. § 613a Abs. 6 BGB erfordert keinen Kausalzusammenhang zwischen der fehlerhaften Information und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht(vgl. etwa BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 73/07 - Rn. 39; 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - Rn. 36; 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 42).

14

II. Hingegen hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 30. Juli 2014 bereits verwirkt gewesen, einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

15

1. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB kann verwirkt(§ 242 BGB)sein.

16

a) Das Widerspruchsrecht ist ein Gestaltungsrecht, dessen Ausübung bewirkt, dass die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht eintreten(st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 19 mwN, BAGE 153, 296). Es kann, wie jedes Recht, nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeübt werden und deshalb verwirkt werden (st. Rspr., vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 25 mwN ).

17

Aus der Richtlinie 2001/23/EG folgt - auch unter Berücksichtigung der Wertungen von Art. 15 Abs. 1 der Charta der Grundrechte (GRC), wonach jede Person das Recht hat, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben, mithin auch bei der Wahl des Arbeitgebers frei sein muss und nicht verpflichtet werden kann, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der nicht frei gewählt wurde(vgl. etwa EuGH 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 32, Slg. 1992, I-6577), nichts Abweichendes. In der Richtlinie 2001/23/EG ist zwar - wie auch zuvor in der Richtlinie 77/187/EWG - das Recht, dem mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang des Arbeitsverhältnisses zu widersprechen, nicht ausdrücklich geregelt, jedoch ist es in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union anerkannt (ua. EuGH 24. Januar 2002 - C-51/00  - [Temco] Rn. 36 f., Slg. 2002, I-969; 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 30  ff. mwN, aaO). Der Inhalt des Widerspruchsrechts ist unionsrechtlich allerdings nicht ausgestaltet; die Rechtsfolgen eines Widerspruchs für das Arbeitsverhältnis richten sich vielmehr nach nationalem Recht (ua. EuGH 7. März 1996 - C-171/94 und C-172/94  - [Merckx, Neuhuys] Rn. 35 , Slg. 1996, I-1253; 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 35 und 37, aaO). Für die Voraussetzungen, unter denen das Widerspruchsrecht ausgeübt werden kann, ergibt sich nichts anderes (ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 321/14  - Rn. 14 ; 16. Oktober 2014 -  8 AZR 670/13  - Rn. 14 ). Zudem verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten schon nicht, die Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses mit dem Veräußerer für den Fall vorzusehen, dass der Arbeitnehmer sich frei dafür entscheidet, den Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Erwerber fortzusetzen (ua. EuGH 7. März 1996 - C-171/94 und C-172/94  - [Merckx, Neuhuys] aaO; 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] aaO).

18

b) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung ( § 242 BGB ). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 26 ).

19

c) Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig in dem Sinne, dass beide Elemente bildhaft im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden sind (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09  - Rn. 30 ). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Gegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch oder Recht verwirken ( BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07  - Rn. 27 ). Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den Erwerber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment ( BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09  - aaO). Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 27 mwN).

20

d) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwands vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 28; 11. November 2010 - 8 AZR 185/09  - Rn. 25 ; 20. Mai 2010 -  8 AZR 734/08  - Rn. 24 ).

21

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 30. Juli 2014 verwirkt gewesen.

22

a) Das Landesarbeitsgericht hat seine Annahme damit begründet, dass auch dem bloßen Untätigbleiben unter bestimmten Umständen bei objektiver Betrachtung entnommen werden könne, dass mit einer Ausübung des Widerspruchsrechts nicht mehr zu rechnen sei und dass diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt seien. Die Klägerin habe ihr Arbeitsverhältnis bei der VCS rund sieben Jahre ohne das geringste Anzeichen, sie werde ihr Widerspruchsrecht noch ausüben, fortgesetzt. Darüber hinaus lägen besondere Umstände vor, die über die bloße widerspruchslose Weiterarbeit hinaus bei objektiver Betrachtung zu dem Schluss führten, die Beklagte habe sich wegen des Untätigbleibens der Klägerin darauf einrichten dürfen, dass diese ihr Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben werde.

23

b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung bereits deshalb verwirkt gewesen, weil diese über einen Zeitraum von rund sieben Jahren vorbehaltlos für die VCS tätig gewesen sei, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

24

aa) Zwar kann die widerspruchslose Weiterarbeit des Arbeitnehmers für den neuen Inhaber - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - zur Verwirkung des Widerspruchsrechts führen. Dies setzt aber zum einen voraus, dass der Arbeitnehmer im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB von den dort genannten Personen über den mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Mitteilung des Zeitpunkts oder des geplanten Zeitpunkts sowie des Gegenstands des Betriebsübergangs und des Betriebsübernehmers (im Folgenden „grundlegende Informationen“) in Textform in Kenntnis gesetzt und über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB belehrt wurde(vgl. zu den grundlegenden Informationen schon BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 15, BAGE 153, 296). Zum anderen muss der Arbeitnehmer über einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren, der frühestens mit dem Betriebsübergang beginnt, für den neuen Inhaber tätig gewesen sein. In einem solchen Fall ist das Widerspruchsrecht regelmäßig verwirkt.

25

(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats stellt die bloße widerspruchsloseWeiterarbeit des Arbeitnehmers beim neuen Inhaber allein keinen Sachverhalt dar, durch den das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment verwirklicht werden könnte (vgl. etwa BAG 15. März 2012 - 8 AZR 700/10 - Rn. 36; 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32; 20. Mai 2010 - 8 AZR 68/09 - Rn. 35; 2. April 2009 - 8 AZR 318/07 - Rn. 22). Hieran hält der Senat fest. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände gibt der Arbeitnehmer durch das Erbringen der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung für den neuen Inhaber noch nicht zu erkennen, dass er an der Vertragsbeziehung mit dem bisherigen Arbeitgeber nicht mehr festhalten will und sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wird.

26

Eine andere Bewertung ist jedoch dann geboten, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB von den dort genannten Personen über den mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Mitteilung des Zeitpunkts oder des geplanten Zeitpunkts sowie des Gegenstands des Betriebsübergangs und des Betriebsübernehmers in Textform in Kenntnis gesetzt und über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB belehrt wurde. In einem solchen Fall liegen besondere Umstände vor, die es rechtfertigen können, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Wurde der Arbeitnehmer über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Angabe der in Rn. 24 angeführten grundlegenden Informationen einschließlich seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet, geht seine widerspruchslose Weiterarbeit für den neuen Inhaber über ein bloßes Unterlassen hinaus, das ein Umstandsmoment nicht zu begründen vermag(vgl. BGH 14. Januar 2010 - VII ZR 213/07 - Rn. 25; 14. November 2002 - VII ZR 23/02 - zu II 2 der Gründe). Der Arbeitnehmer kann einer solchen Unterrichtung nicht nur hinreichend deutlich entnehmen, dass sein vormaliger Arbeitgeber infolge dieses Betriebsübergangs seine Position als „sein Arbeitgeber“ kraft Gesetzes an den neuen Inhaber abgibt oder abgegeben hat und dass sich der Erwerber mit dem Betriebsübergang als sein „neuer Arbeitgeber“ sieht. Mit der Belehrung über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB wird dem Arbeitnehmer zudem vor Augen gehalten, dass und wie er den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit dem vormaligen Arbeitgeber aus dessen Sicht und aus Sicht des neuen Inhabers herbeiführen kann und - sofern er sich dazu entscheidet - auch muss. Arbeitet der Arbeitnehmer beim neuen Inhaber in Kenntnis dieser Umstände weiter, hat seine widerspruchslose Weiterarbeit eine andere Qualität als die eines schlichten Untätigbleibens. Sie stellt dann ein Umstandsmoment dar, das zur Verwirkung führen kann.

27

(2) Die widerspruchslose Weiterarbeit des Arbeitnehmers, der über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Angabe der in Rn. 24 angeführten grundlegenden Informationen einschließlich seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet wurde, ist allerdings kein Umstandsmoment von einem solchen Gewicht, dass an das Zeitmoment nur geringe Anforderungen zu stellen wären. Denn mit der Weiterarbeit erfüllt der Arbeitnehmer lediglich die ihm unverändert - nunmehr gegenüber dem neuen Inhaber - obliegenden Vertragspflichten. Er gibt damit zwar zu erkennen, dass er den neuen Inhaber als seinen Arbeitgeber ansieht. Dies entspricht allerdings nur der im Zeitpunkt der Tätigkeit bestehenden objektiven Rechtslage. Die widerspruchslose Weiterarbeit für den neuen Inhaber rechtfertigt es deshalb erst dann, die späte Ausübung des Widerspruchsrechts als mit Treu und Glauben (§ 242 BGB)unvereinbar und für den vormaligen Arbeitgeber als unzumutbar anzusehen, wenn sie über einen erheblichen Zeitraum erfolgt. Diesen Zeitraum, der frühestens mit dem Betriebsübergang beginnt, erachtet der Senat unter Berücksichtigung der wechselseitigen schutzwürdigen Interessen mit sieben Jahren als angemessen.

28

(a) Zur Bestimmung des angemessenen Zeitraums kann - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - auf der einen Seite nicht auf die in § 195 BGB bestimmte regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren abgestellt werden. Die Regelung in § 195 BGB betrifft allein Ansprüche iSv. § 194 Abs. 1 BGB, also das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen; sie ist auf das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht anwendbar. Das Widerspruchsrecht ist kein Anspruch, sondern ein Gestaltungsrecht, dessen Ausübung bewirkt, dass die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht eintreten(st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14  - Rn. 19 mwN, BAGE 153, 296 ; vgl. auch EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 30 mwN, Slg. 1992, I-6577), und das als solches nicht der Verjährung unterliegt (zur Unverjährbarkeit von Gestaltungsrechten vgl. etwa BGH 28. Januar 1994 - V ZR 90/92 - zu II 4 a der Gründe, BGHZ 125, 41).

29

(b) Zur Bestimmung des für die Verwirklichung des Zeitmoments angemessenen Zeitraums kann aber - auf der anderen Seite - ebenso wenig auf die in § 121 Abs. 2 BGB bestimmte Frist von zehn Jahren abgestellt werden. Zwar betrifft die Regelung in § 121 Abs. 2 BGB ebenfalls die Ausübung eines Gestaltungsrechts, nämlich des Rechts, eine abgegebene Willenserklärung anzufechten, und normiert hierfür eine Höchstfrist, die durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) zum Zwecke der Harmonisierung mit dem neuen Verjährungsrecht von 30 auf zehn Jahre herabgesetzt wurde. Während nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB die Anfechtung in den Fällen der §§ 119, 120 BGB unverzüglich erfolgen muss, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat, ist nach § 121 Abs. 2 BGB die Anfechtung auch bei Unkenntnis vom Anfechtungsgrund ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre vergangen sind. Anders als in den Fällen des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf der Arbeitnehmer zur wirksamen Ausübung seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB indes keines Grundes. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB ist von Gesetzes wegen nicht an einen Grund und deswegen auch nicht an eine Begründung gebunden(vgl. etwa BAG 25. Juni 2009 - 8 AZR 336/08 - Rn. 42; 24. Juli 2008 - 8 AZR 755/07 - Rn. 37). Das Widerspruchsrecht muss zudem nur in dem - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der Arbeitnehmer ordnungsgemäß iSv. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet wurde, innerhalb der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB bestimmten Frist ausgeübt werden.

30

(c) Die in § 195 BGB und § 121 Abs. 2 BGB bestimmten Fristen können jedoch als Orientierungshilfe zur Bestimmung des für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Zeitraums der widerspruchslosen Weiterarbeit bei dem neuen Inhaber herangezogen werden. Vor dem Hintergrund, dass es sich beim Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB um ein Gestaltungsrecht handelt, das nicht der Verjährung unterliegt, und dass in der widerspruchslosen Weiterarbeit beim neuen Inhaber ein Umstandsmoment nur dann liegt, wenn der Arbeitnehmer über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Angabe der in Rn. 24 angeführten grundlegenden Informationen einschließlich seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet wurde, er mithin über das Bestehen seines Gestaltungsrechts in Kenntnis gesetzt wurde und in Kenntnis dieses Umstands weitergearbeitet hat, muss der Zeitraum allerdings deutlich mehr als drei Jahre und deutlich weniger als zehn Jahre betragen. Der Senat erachtet insoweit einen Zeitraum von sieben Jahren als angemessen. Wurde der Arbeitnehmer im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB unter Angabe der in Rn. 24 angeführten grundlegenden Informationen über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses sowie über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet, ist ein Zeitraum der Weiterarbeit bei dem neuen Inhaber von sieben Jahren regelmäßig geeignet, bei dem bisherigen Arbeitgeber ein schutzwürdiges Vertrauen dahin zu begründen, dass der Arbeitnehmer den neuen Inhaber endgültig als seinen Arbeitgeber akzeptiert hat und sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wird.

31

(d) Der für die Erfüllung des Zeitmoments maßgebliche Zeitraum der widerspruchslosen Weiterarbeit beim neuen Inhaber beginnt frühestens mit dem Betriebsübergang. Insoweit wirkt sich aus, dass in der widerspruchslosen Weiterarbeit des Arbeitnehmers bei dem neuen Inhaber erst nach einem Betriebsübergang und dem Ablauf der gesetzlichen Überlegungsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB überhaupt ein Umstandsmoment liegen kann. Wurde der Arbeitnehmer über einen geplanten Betriebsübergang unterrichtet und ist die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB von einem Monat nach Zugang der Unterrichtung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits abgelaufen, beginnt der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum deshalb erst mit dem Betriebsübergang. In allen anderen Fällen, in denen die Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB erst nach dem Betriebsübergang abläuft, ist demzufolge der Zeitpunkt des Ablaufs dieser Frist maßgeblich.

32

(3) Für die Annahme der Verwirkung kommt es nicht darauf an, ob der bisherige Arbeitgeber Kenntnis von der langjährigen Tätigkeit des Arbeitnehmers für den neuen Inhaber hat. Dies hat der Senat bereits mit Urteilen vom 23. Juli 2009 (- 8 AZR 357/08 - Rn. 48 f.) und vom 2. April 2009 (- 8 AZR 220/07 - Rn. 33 ff.) entschieden. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

33

(4) Der Annahme einer regelmäßigen Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unter den in Rn. 24 genannten Voraussetzungen nach siebenjähriger widerspruchsloser Weiterarbeit für den neuen Inhaber steht nicht entgegen, dass § 613a Abs. 6 BGB für den Fall, dass der Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß iSv. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet wurde, keine zeitliche Höchstgrenze für die Ausübung des Widerspruchs vorsieht. Hieraus kann nicht gefolgert werden, dass das Widerspruchsrecht schrankenlos gewährleistet wäre (vgl. BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 36, BAGE 153, 296) und deshalb nicht verwirken könnte. Der Gesetzgeber hat in § 613a BGB - anders als in anderen Gesetzen(zB § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG, § 3 Satz 3 MiLoG) - die Verwirkung nicht ausgeschlossen.

34

(5) Durch eine regelmäßige Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unter den in Rn. 24 angeführten Voraussetzungen nach einer siebenjährigen widerspruchslosen Weiterarbeit für den neuen Inhaber wird der Arbeitnehmer auch regelmäßig nicht unverhältnismäßig in seinem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt.

35

(a) Das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB trägt den grundrechtlichen Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung, der dem Arbeitnehmer die freie Wahl des Arbeitsplatzes und damit auch die freie Wahl des Vertragspartners garantiert. Der Arbeitnehmer soll nicht verpflichtet werden, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (BT-Drs. 14/7760 S. 20 unter Hinweis auf BAG 22. April 1993 - 2 AZR 50/92  -; vgl. auch BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14  - Rn. 17 , BAGE 153, 296 ; 24. April 2014 -  8 AZR 369/13  - Rn. 18 , BAGE 148, 90 ). Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert neben der freien Wahl des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Dazu zählt bei abhängig Beschäftigten auch die Wahl des Vertragspartners. Ebenso wie die freie Berufswahl sich nicht in der Entscheidung zur Aufnahme eines Berufs erschöpft, sondern auch die Fortsetzung und Beendigung eines Berufs umfasst, bezieht sich die freie Arbeitsplatzwahl neben der Entscheidung für eine konkrete Beschäftigung auch auf den Willen des Einzelnen, diese beizubehalten oder aufzugeben (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09  - Rn. 69 mwN, BVerfGE 128, 157 ; 15. Juli 1998 -  1 BvR 1554/89 ua. - zu C III 1 a der Gründe, BVerfGE 98, 365 ; 24. April 1991 -  1 BvR 1341/90  - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133 ).

36

(b) Das Grundrecht des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1 GG gebietet indes kein zeitlich unbegrenztes Widerspruchsrecht und steht auch der Annahme einer Verwirkung( § 242 BGB ) im Einzelfall nicht entgegen. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und trägt dem - auch nach § 613a Abs. 6 BGB grundsätzlich geschützten(vgl. hierzu BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 20, BAGE 153, 296) - Bedürfnis von bisherigem Arbeitgeber und neuem Inhaber nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Vor diesem Hintergrund wird der Arbeitnehmer durch eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unter den in Rn. 24 angeführten Voraussetzungen nach einer siebenjährigen widerspruchslosen Weiterarbeit für den neuen Inhaber regelmäßig nicht unverhältnismäßig in seinem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt. Er hat vielmehr regelmäßig ausreichend Zeit, sich mit allen Gegebenheiten beim neuen Inhaber vertraut zu machen und die Risiken abzuwägen, die mit der Ausübung des Widerspruchsrechts für ihn verbunden sind. Wird das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB wirksam ausgeübt, hat dies zur Folge, dass der Arbeitnehmer den alten Vertragspartner behält, zugleich aber auch das Risiko einer betriebsbedingten Kündigung eingeht, wenn bei diesem wegen des Betriebsübergangs kein Bedarf an seiner Arbeit mehr besteht(vgl. BT-Drs. 14/7760 S. 20; BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 73, BVerfGE 128, 157). Die Abwägung dieser Risiken ist nach § 613a Abs. 6 BGB der privatautonomen Entscheidung des Arbeitnehmers vorbehalten(vgl. BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 92, aaO).

37

bb) Danach war das Widerspruchsrecht der Klägerin zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 30. Juli 2014 noch nicht verwirkt. Die VCS hatte die Klägerin mit Schreiben vom 26. Juli 2007 unstreitig unter Angabe der unter Rn. 24 dargestellten grundlegenden Informationen über den Betriebsübergang unterrichtet und sie über ihr Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB informiert. Der Betriebsübergang auf die VCS hat zum 1. September 2007 stattgefunden. Damit lief die für die Verwirkung maßgebliche Frist von sieben Jahren erst mit Ablauf des 31. August 2014 ab. Dass ihr das Widerspruchsschreiben der Klägerin vom 30. Juli 2014 erst nach Ablauf des 31. August 2014 zugegangen ist, hat die Beklagte indes nicht behauptet. Vielmehr hat sie in der Revision ausdrücklich geltend gemacht, die Klägerin habe die Klage erst mit Schriftsatz vom 11. November 2014 und damit erst über drei Monate nach dem mit Schreiben vom 30. Juli 2014 erklärten Widerspruch erhoben, das demnach vor dem 11. August 2014 zugegangen sein muss.

38

c) Das Landesarbeitsgericht hat zudem zu Unrecht angenommen, im vorliegenden Verfahren lägen besondere Umstände vor, die über eine bloße widerspruchslose Weiterarbeit hinausgingen und es deshalb im Rahmen einer Gesamtbetrachtung mit diesem Umstand rechtfertigten, an das Zeitmoment geringere Anforderungen zu stellen mit der Folge, dass das Widerspruchsrecht der Klägerin nach § 613a Abs. 6 BGB zum Zeitpunkt seiner Ausübung bereits verwirkt gewesen sei.

39

aa) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts liegt ein Umstandsmoment nicht darin, dass die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht zeitnah nach Veröffentlichung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 18/10 -) ausgeübt hat, obgleich das Gericht mit diesem Urteil für ein wortgleiches Unterrichtungsschreiben der VCS, ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend, entschieden hat, dass die Unterrichtung fehlerhaft war. Zwar gehört zu den bei der Beurteilung des Umstandsmoments zugrunde zu legenden Umständen des Einzelfalls grundsätzlich auch der jeweilige Informationsstand des Berechtigten (BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 872/08 - Rn. 28). Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Klägerin die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 18/10 -) überhaupt bekannt war. Abgesehen davon, dass vom Arbeitnehmer nicht erwartet wird, dass er sich über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf dem Laufenden hält, würde selbst eine Kenntnis der Klägerin von dieser Entscheidung und damit von der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens kein Umstandsmoment begründen können, das es in einer Gesamtbetrachtung mit der widerspruchslosen Weiterarbeit für den neuen Inhaber rechtfertigen könnte, an das Zeitmoment geringere Anforderungen zu stellen. Die Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens bewirkt, dass die Frist zur Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB nicht anläuft. Dies gilt - wie unter Rn. 13 ausgeführt - unabhängig davon, ob der Unterrichtungsmangel ursächlich dafür war, dass der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB - zunächst - nicht ausgeübt hat. Da § 613a Abs. 6 BGB keinen Kausalzusammenhang zwischen der fehlerhaften Unterrichtung und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht erfordert, kann die Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung schon vom Ansatz her kein für die Verwirkung des Widerspruchsrechts maßgebliches Umstandsmoment sein.

40

bb) Anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, vermag deshalb auch der Umstand, dass die haftungsrechtliche Absicherung der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 2 BGB im Schreiben der VCS vom 26. Juli 2007 aus der Sicht der Beklagten und der VCS ungünstiger dargestellt wurde, als sie es tatsächlich war, und ein denkbarer inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Fehler in der Unterrichtung und dem Widerspruch sieben Jahre später nicht bestand, kein im Rahmen der Prüfung der Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB zu berücksichtigendes Umstandsmoment zu begründen. Wenn § 613a Abs. 6 BGB - wie bereits unter Rn. 13 ausgeführt - keinen Kausalzusammenhang zwischen der fehlerhaften Information und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht verlangt, kann es auch für die im Rahmen der Prüfung der Verwirkung erforderliche Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers als treuwidrig nicht darauf ankommen, ob die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs für die Arbeitnehmer in einzelnen Punkten ggf. sogar günstiger dargestellt werden, als es der objektiven Rechtslage entspricht.

41

III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

42

1. Der Unterrichtungsfehler ist - anders als die Beklagte meint - nicht infolge Zeitablaufs als geheilt anzusehen.

43

a) Zwar hat der Senat für den Fall einer fehlenden Information über die Sozialplanprivilegierung des neuen Inhabers nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG angenommen, dass dieser Fehler in der Unterrichtung mit dem Ablauf des Privilegierungszeitraums von vier Jahren seit der Gründung des neuen Inhabers kraft Gesetzes geheilt ist. Eine fehlende Information über die Sozialplanprivilegierung des neuen Betriebsinhabers nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG setzt zwar die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB, die mit dem Zugang der Unterrichtung beginnt, nicht in Lauf; sie begründet aber kein zeitlich unbegrenztes Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers. Vielmehr tritt mit dem Ablauf des Privilegierungszeitraums von vier Jahren seit der Gründung des neuen Betriebsinhabers eine rechtliche Zäsur ein mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt entsprechend § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine Widerspruchsfrist von einem Monat anläuft(BAG 15. Dezember 2016 - 8 AZR 612/15 - Rn. 37, BAGE 157, 317).

44

b) Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht auf ein Unterrichtungsschreiben übertragbar, das den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB deshalb nicht entspricht, weil es eine fehlerhafte Information über das Haftungssystem des § 613a Abs. 2 BGB enthält.

45

Die Sozialplanprivilegierung von Neugründungen ist nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG von vornherein zeitlich befristet(vgl. BAG 27. Juni 2006 - 1 ABR 18/05  - Rn. 35 f., BAGE 118, 304 ). Mit Ablauf von vier Jahren seit der Neugründung des neuen Betriebsinhabers besteht kein wechselseitiger Bezug mehr zwischen der Verpflichtung, über eine Sozialplanprivilegierung des Erwerbers nach § 112a Abs. 2 BetrVG zu unterrichten, und dem Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB. Mit dem Ablauf des Privilegierungszeitraums von vier Jahren tritt vielmehr eine rechtliche Zäsur ein. Zu diesem Zeitpunkt endet die Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 BetrVG und kann die wirtschaftliche Absicherung der Arbeitnehmer bei dem Erwerber nicht mehr gefährden. Dies hat zur Folge, dass sie kein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber mehr sein kann (BAG 15. Dezember 2016 - 8 AZR 612/15 - Rn. 39, BAGE 157, 317).

46

Im Hinblick auf das Haftungssystem des § 613a Abs. 2 BGB fehlt es dagegen an einer solchen rechtlichen Zäsur. Zwar ist die in § 613a Abs. 2 BGB geregelte Haftung des bisherigen Arbeitgebers zeitlich begrenzt, sich hieraus ergebende Verpflichtungen können aber auch noch nach Ablauf der in § 613a Abs. 2 BGB genannten Zeiträume geltend gemacht werden. Eine zeitliche Begrenzung kann sich insoweit allein aus den Bestimmungen über die Verjährung ergeben. Die Verjährung führt aber nur zu einem Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners (§ 241 Abs. 1 BGB), setzt also die Erhebung der Verjährungseinrede voraus. Darüber hinaus kann die Verjährung im Einzelfall nach den §§ 203 bis 209 BGB gehemmt sein oder gemäß § 212 BGB neu beginnen.

47

2. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ergibt sich ein im Rahmen der Prüfung der Verwirkung relevantes Umstandsmoment nicht daraus, dass sich die Arbeitsbedingungen der Klägerin mit dem Betriebsübergang erheblich geändert hatten, wobei insbesondere ein anderes Vergütungssystem zur Anwendung kam und die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin ohne Lohnausgleich von 34 auf 38 Stunden angehoben wurde. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten waren diese Änderungen aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel und der bei der VCS angewandten Tarifverträge eingetreten. Da nach § 1 II. des Arbeitsvertrags der Parteien vom 28. Dezember 1995 für das Arbeitsverhältnis die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden, stellten sich die in dem bei der VCS angewandten Tarifvertrag bestimmten Arbeitsbedingungen gerade als die vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen dar.

48

3. Die Beklagte kann im Hinblick auf eine Verwirkung des Widerspruchsrechts der Klägerin auch aus der von ihr behaupteten Teilnahme der Klägerin an verschiedenen Seminaren und Projekten bei der VCS nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten überhaupt wirksam gemäß § 138 Abs. 2 ZPO bestritten hatte. Eine etwaige Teilnahme der Klägerin an Seminaren und Projekten der VCS hätte nicht dahin verstanden werden können, die Klägerin habe den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die VCS und diese damit als ihren neuen Arbeitgeber akzeptiert. Die Beklagte selbst weist darauf hin, dass diese Seminare und Projekte für die Weiterarbeit der Klägerin am Standort in R notwendig gewesen seien. Damit hätte die Klägerin nur die Voraussetzungen geschaffen, um ihre Arbeit weiterhin - nunmehr für die VCS - vertragsgemäß zu verrichten.

49

4. Ein Umstandsmoment ergibt sich schließlich nicht aus dem von der Beklagten geltend gemachten „Lawinen- oder Nachahmeffekt“, der nach ihrem Vorbringen geeignet wäre, ihr Konzept der Beschäftigungssicherung bei einer Vielzahl von Widersprüchen in sich zusammenfallen zu lassen. Die Frage, wie viele Arbeitnehmer möglicherweise in der Lage wären, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagen auf die VCS auch nach Ablauf eines Monats nach Zugang der Unterrichtung über den Betriebsübergang mit Schreiben vom 26. Juli 2007 zu widersprechen, steht in keinem rechtlich relevanten Zusammenhang mit der Frage, ob konkret das Widerspruchsrecht der Klägerin nach § 613a Abs. 6 BGB zum Zeitpunkt seiner Ausübung verwirkt war.

50

5. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Umstand, dass ein Arbeitnehmer vor Ausübung des Widerspruchsrechts über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses - sei es durch Beendigung desselben oder durch eine Vereinbarung, mit der das Arbeitsverhältnis auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt wurde - disponiert hat, zur Verwirkung führen kann (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32; 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - Rn. 35; 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 45), oder ob sich die Ausübung des Widerspruchsrechts in einer solchen Situation - unabhängig von einem Zeitmoment - wegen widersprüchlichen Verhaltens nach § 242 BGB als treuwidrig darstellt. Dass die Klägerin vor Ausübung ihres Widerspruchsrechts eine solche Disposition getroffen hätte, macht die Beklagte nicht geltend. Anhaltspunkte hierfür sind auch sonst nicht ersichtlich.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    N. Reiners    

        

    Andreas Henniger    

                 

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 25. November 2015 - 5 Sa 478/15 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 22. April 2015 - 6 Ca 2653/14 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach einem Betriebsübergang noch ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Die Klägerin war seit dem 1. November 1995 bei der Beklagten als Mitarbeiterin der K in R beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 28. Dezember 1995 heißt es ua.:

        

§ 1 Inhalt und Beginn des Arbeitsverhältnisses

        

I.    

…       

        

II.     

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, soweit im folgenden nichts anderes vereinbart ist.

        

…“    

        
3

Der Betrieb „K“ der Beklagten ging am 1. September 2007 im Wege des Betriebsübergangs von der Beklagten auf die V C S GmbH (im Folgenden VCS) über. Hierüber war die Klägerin durch Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 informiert worden. Der Senat hat später zu einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben der VCS, ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend, entschieden, dass die Unterrichtung fehlerhaft war, weil sie den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB nicht entsprach(BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 -). Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS zunächst nicht und arbeitete nach dem Betriebsübergang für die VCS.

4

Mit Schreiben vom 30. Juli 2014 widersprach die Klägerin gegenüber der Beklagten dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS und bot ihre Arbeitsleistung an. Mit Schreiben vom 2. September 2014 wiederholte sie ihr Arbeitsangebot und machte Annahmeverzugslohnansprüche geltend.

5

Mit ihrer am 11. November 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin ua. die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien über den 1. September 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie hat die Ansicht vertreten, die Frist für den Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS habe aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung über den Betriebsübergang nicht zu laufen begonnen. Ihr Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Ihre widerspruchslose Weiterarbeit für die VCS allein verwirkliche das hierfür erforderliche Umstandsmoment nicht.

6

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 1. September 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei verwirkt. Nach der rund siebenjährigen widerspruchslosen Tätigkeit der Klägerin für die VCS habe sie, die Beklagte, darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die VCS akzeptiert habe. Aufgrund dieses langen Zeitraums seien an das Umstandsmoment geringere Anforderungen zu stellen, die durch die widerspruchslose Weiterarbeit erfüllt seien. Zudem wirke sich aus, dass die Klägerin auch nach Feststellung der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens vom 26. Juli 2007 durch das Bundesarbeitsgericht im Mai 2011 weitere drei Jahre weitergearbeitet habe, ohne dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die VCS zu widersprechen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass sich die Arbeitsbedingungen der Klägerin mit dem Betriebsübergang aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel und der bei der VCS angewandten Tarifverträge erheblich geändert hätten, insbesondere sei - was zwischen den Parteien unstreitig ist - das Vergütungssystem geändert und die wöchentliche Arbeitszeit ohne Lohnausgleich von 34 auf 38 Stunden erhöht worden. Die Klägerin habe überdies an allen Seminaren und Schulungen teilgenommen, die für die tägliche Arbeit in den Projekten am Standort R der VCS erforderlich gewesen seien. Im Übrigen fehle es an der Kausalität der fehlerhaften Unterrichtung für die Nichtausübung des Widerspruchsrechts. Die Nachhaftung des Veräußerers sei im Schreiben der VCS vom 26. Juli 2007 sogar nachteiliger beschrieben worden als es der gesetzlichen Regelung in § 613a Abs. 2 BGB entspreche. Schließlich dürfe auch nicht außer Acht gelassen werden, dass im Fall der Zulässigkeit des Widerspruchs außer der Klägerin eine Vielzahl anderer Arbeitnehmer nach mehr als sieben Jahren zu ihr zurückkehren könnte. Ein solcher „Lawineneffekt“ würde das Gesamtkonzept der Beschäftigungssicherung im Unternehmen und im Konzern gefährden.

8

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag der Klägerin durch Teilurteil stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das arbeitsgerichtliche Teilurteil abgeändert und die Klage - soweit vom Teilurteil betroffen - abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. Die auf Feststellung gerichtete Klage ist begründet. Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht über den 1. September 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis. Zwar hatte das Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - die Monatsfrist für die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB nicht in Gang gesetzt. Allerdings hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 30. Juli 2014 bereits verwirkt gewesen, einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

10

I. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, hat das Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 die Monatsfrist für die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB nicht in Gang gesetzt. Die Unterrichtung entspricht nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob der Unterrichtungsmangel für das Nichtausüben des Widerspruchsrechts kausal war.

11

1. Das Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 entspricht nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB.

12

Nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs. 5 widersprechen. Danach wird die Widerspruchsfrist nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14  - Rn. 27 , BAGE 153, 296 ; 10. November 2011 -  8 AZR 430/10  - Rn. 23 ; 22. Januar 2009 -  8 AZR 808/07  - Rn. 23 mwN). Wie der Senat zu einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben der VCS - ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend - entschieden hat, entspricht das Unterrichtungsschreiben schon deshalb nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, weil es das Haftungssystem nach § 613a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB nicht zutreffend wiedergibt, weil jeglicher Hinweis auf die Begrenzung der Haftung der Beklagten nach § 613a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB fehlt und weil die Unterrichtung nicht auf die Tatsache einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten und der neuen Inhaberin (der VCS) hinweist(vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 23 ff.).

13

2. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten kommt es für die Frage, ob das Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 die Monatsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB in Lauf gesetzt hat, nicht darauf an, ob die Unterrichtungsmängel im Schreiben der VCS vom 26. Juli 2007 ursächlich dafür waren, dass die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB - zunächst - nicht ausgeübt hat. Daher ist es auch unerheblich, ob die Haftung der Beklagten - aus Sicht der Klägerin - im Unterrichtungsschreiben nachteiliger als in § 613a Abs. 2 BGB geregelt beschrieben wurde. § 613a Abs. 6 BGB erfordert keinen Kausalzusammenhang zwischen der fehlerhaften Information und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht(vgl. etwa BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 73/07 - Rn. 39; 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - Rn. 36; 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 42).

14

II. Hingegen hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 30. Juli 2014 bereits verwirkt gewesen, einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

15

1. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB kann verwirkt(§ 242 BGB)sein.

16

a) Das Widerspruchsrecht ist ein Gestaltungsrecht, dessen Ausübung bewirkt, dass die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht eintreten(st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 19 mwN, BAGE 153, 296). Es kann, wie jedes Recht, nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeübt werden und deshalb verwirkt werden (st. Rspr., vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 25 mwN ).

17

Aus der Richtlinie 2001/23/EG folgt - auch unter Berücksichtigung der Wertungen von Art. 15 Abs. 1 der Charta der Grundrechte (GRC), wonach jede Person das Recht hat, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben, mithin auch bei der Wahl des Arbeitgebers frei sein muss und nicht verpflichtet werden kann, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der nicht frei gewählt wurde(vgl. etwa EuGH 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 32, Slg. 1992, I-6577), nichts Abweichendes. In der Richtlinie 2001/23/EG ist zwar - wie auch zuvor in der Richtlinie 77/187/EWG - das Recht, dem mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang des Arbeitsverhältnisses zu widersprechen, nicht ausdrücklich geregelt, jedoch ist es in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union anerkannt (ua. EuGH 24. Januar 2002 - C-51/00  - [Temco] Rn. 36 f., Slg. 2002, I-969; 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 30  ff. mwN, aaO). Der Inhalt des Widerspruchsrechts ist unionsrechtlich allerdings nicht ausgestaltet; die Rechtsfolgen eines Widerspruchs für das Arbeitsverhältnis richten sich vielmehr nach nationalem Recht (ua. EuGH 7. März 1996 - C-171/94 und C-172/94  - [Merckx, Neuhuys] Rn. 35 , Slg. 1996, I-1253; 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 35 und 37, aaO). Für die Voraussetzungen, unter denen das Widerspruchsrecht ausgeübt werden kann, ergibt sich nichts anderes (ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 321/14  - Rn. 14 ; 16. Oktober 2014 -  8 AZR 670/13  - Rn. 14 ). Zudem verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten schon nicht, die Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses mit dem Veräußerer für den Fall vorzusehen, dass der Arbeitnehmer sich frei dafür entscheidet, den Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Erwerber fortzusetzen (ua. EuGH 7. März 1996 - C-171/94 und C-172/94  - [Merckx, Neuhuys] aaO; 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] aaO).

18

b) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung ( § 242 BGB ). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 26 ).

19

c) Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig in dem Sinne, dass beide Elemente bildhaft im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden sind (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09  - Rn. 30 ). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Gegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch oder Recht verwirken ( BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07  - Rn. 27 ). Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den Erwerber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment ( BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09  - aaO). Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 27 mwN).

20

d) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwands vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 28; 11. November 2010 - 8 AZR 185/09  - Rn. 25 ; 20. Mai 2010 -  8 AZR 734/08  - Rn. 24 ).

21

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 30. Juli 2014 verwirkt gewesen.

22

a) Das Landesarbeitsgericht hat seine Annahme damit begründet, dass auch dem bloßen Untätigbleiben unter bestimmten Umständen bei objektiver Betrachtung entnommen werden könne, dass mit einer Ausübung des Widerspruchsrechts nicht mehr zu rechnen sei und dass diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt seien. Die Klägerin habe ihr Arbeitsverhältnis bei der VCS rund sieben Jahre ohne das geringste Anzeichen, sie werde ihr Widerspruchsrecht noch ausüben, fortgesetzt. Darüber hinaus lägen besondere Umstände vor, die über die bloße widerspruchslose Weiterarbeit hinaus bei objektiver Betrachtung zu dem Schluss führten, die Beklagte habe sich wegen des Untätigbleibens der Klägerin darauf einrichten dürfen, dass diese ihr Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben werde.

23

b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung bereits deshalb verwirkt gewesen, weil diese über einen Zeitraum von rund sieben Jahren vorbehaltlos für die VCS tätig gewesen sei, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

24

aa) Zwar kann die widerspruchslose Weiterarbeit des Arbeitnehmers für den neuen Inhaber - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - zur Verwirkung des Widerspruchsrechts führen. Dies setzt aber zum einen voraus, dass der Arbeitnehmer im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB von den dort genannten Personen über den mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Mitteilung des Zeitpunkts oder des geplanten Zeitpunkts sowie des Gegenstands des Betriebsübergangs und des Betriebsübernehmers (im Folgenden „grundlegende Informationen“) in Textform in Kenntnis gesetzt und über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB belehrt wurde(vgl. zu den grundlegenden Informationen schon BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 15, BAGE 153, 296). Zum anderen muss der Arbeitnehmer über einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren, der frühestens mit dem Betriebsübergang beginnt, für den neuen Inhaber tätig gewesen sein. In einem solchen Fall ist das Widerspruchsrecht regelmäßig verwirkt.

25

(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats stellt die bloße widerspruchsloseWeiterarbeit des Arbeitnehmers beim neuen Inhaber allein keinen Sachverhalt dar, durch den das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment verwirklicht werden könnte (vgl. etwa BAG 15. März 2012 - 8 AZR 700/10 - Rn. 36; 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32; 20. Mai 2010 - 8 AZR 68/09 - Rn. 35; 2. April 2009 - 8 AZR 318/07 - Rn. 22). Hieran hält der Senat fest. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände gibt der Arbeitnehmer durch das Erbringen der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung für den neuen Inhaber noch nicht zu erkennen, dass er an der Vertragsbeziehung mit dem bisherigen Arbeitgeber nicht mehr festhalten will und sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wird.

26

Eine andere Bewertung ist jedoch dann geboten, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB von den dort genannten Personen über den mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Mitteilung des Zeitpunkts oder des geplanten Zeitpunkts sowie des Gegenstands des Betriebsübergangs und des Betriebsübernehmers in Textform in Kenntnis gesetzt und über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB belehrt wurde. In einem solchen Fall liegen besondere Umstände vor, die es rechtfertigen können, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Wurde der Arbeitnehmer über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Angabe der in Rn. 24 angeführten grundlegenden Informationen einschließlich seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet, geht seine widerspruchslose Weiterarbeit für den neuen Inhaber über ein bloßes Unterlassen hinaus, das ein Umstandsmoment nicht zu begründen vermag(vgl. BGH 14. Januar 2010 - VII ZR 213/07 - Rn. 25; 14. November 2002 - VII ZR 23/02 - zu II 2 der Gründe). Der Arbeitnehmer kann einer solchen Unterrichtung nicht nur hinreichend deutlich entnehmen, dass sein vormaliger Arbeitgeber infolge dieses Betriebsübergangs seine Position als „sein Arbeitgeber“ kraft Gesetzes an den neuen Inhaber abgibt oder abgegeben hat und dass sich der Erwerber mit dem Betriebsübergang als sein „neuer Arbeitgeber“ sieht. Mit der Belehrung über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB wird dem Arbeitnehmer zudem vor Augen gehalten, dass und wie er den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit dem vormaligen Arbeitgeber aus dessen Sicht und aus Sicht des neuen Inhabers herbeiführen kann und - sofern er sich dazu entscheidet - auch muss. Arbeitet der Arbeitnehmer beim neuen Inhaber in Kenntnis dieser Umstände weiter, hat seine widerspruchslose Weiterarbeit eine andere Qualität als die eines schlichten Untätigbleibens. Sie stellt dann ein Umstandsmoment dar, das zur Verwirkung führen kann.

27

(2) Die widerspruchslose Weiterarbeit des Arbeitnehmers, der über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Angabe der in Rn. 24 angeführten grundlegenden Informationen einschließlich seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet wurde, ist allerdings kein Umstandsmoment von einem solchen Gewicht, dass an das Zeitmoment nur geringe Anforderungen zu stellen wären. Denn mit der Weiterarbeit erfüllt der Arbeitnehmer lediglich die ihm unverändert - nunmehr gegenüber dem neuen Inhaber - obliegenden Vertragspflichten. Er gibt damit zwar zu erkennen, dass er den neuen Inhaber als seinen Arbeitgeber ansieht. Dies entspricht allerdings nur der im Zeitpunkt der Tätigkeit bestehenden objektiven Rechtslage. Die widerspruchslose Weiterarbeit für den neuen Inhaber rechtfertigt es deshalb erst dann, die späte Ausübung des Widerspruchsrechts als mit Treu und Glauben (§ 242 BGB)unvereinbar und für den vormaligen Arbeitgeber als unzumutbar anzusehen, wenn sie über einen erheblichen Zeitraum erfolgt. Diesen Zeitraum, der frühestens mit dem Betriebsübergang beginnt, erachtet der Senat unter Berücksichtigung der wechselseitigen schutzwürdigen Interessen mit sieben Jahren als angemessen.

28

(a) Zur Bestimmung des angemessenen Zeitraums kann - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - auf der einen Seite nicht auf die in § 195 BGB bestimmte regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren abgestellt werden. Die Regelung in § 195 BGB betrifft allein Ansprüche iSv. § 194 Abs. 1 BGB, also das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen; sie ist auf das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht anwendbar. Das Widerspruchsrecht ist kein Anspruch, sondern ein Gestaltungsrecht, dessen Ausübung bewirkt, dass die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht eintreten(st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14  - Rn. 19 mwN, BAGE 153, 296 ; vgl. auch EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 30 mwN, Slg. 1992, I-6577), und das als solches nicht der Verjährung unterliegt (zur Unverjährbarkeit von Gestaltungsrechten vgl. etwa BGH 28. Januar 1994 - V ZR 90/92 - zu II 4 a der Gründe, BGHZ 125, 41).

29

(b) Zur Bestimmung des für die Verwirklichung des Zeitmoments angemessenen Zeitraums kann aber - auf der anderen Seite - ebenso wenig auf die in § 121 Abs. 2 BGB bestimmte Frist von zehn Jahren abgestellt werden. Zwar betrifft die Regelung in § 121 Abs. 2 BGB ebenfalls die Ausübung eines Gestaltungsrechts, nämlich des Rechts, eine abgegebene Willenserklärung anzufechten, und normiert hierfür eine Höchstfrist, die durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) zum Zwecke der Harmonisierung mit dem neuen Verjährungsrecht von 30 auf zehn Jahre herabgesetzt wurde. Während nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB die Anfechtung in den Fällen der §§ 119, 120 BGB unverzüglich erfolgen muss, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat, ist nach § 121 Abs. 2 BGB die Anfechtung auch bei Unkenntnis vom Anfechtungsgrund ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre vergangen sind. Anders als in den Fällen des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf der Arbeitnehmer zur wirksamen Ausübung seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB indes keines Grundes. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB ist von Gesetzes wegen nicht an einen Grund und deswegen auch nicht an eine Begründung gebunden(vgl. etwa BAG 25. Juni 2009 - 8 AZR 336/08 - Rn. 42; 24. Juli 2008 - 8 AZR 755/07 - Rn. 37). Das Widerspruchsrecht muss zudem nur in dem - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der Arbeitnehmer ordnungsgemäß iSv. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet wurde, innerhalb der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB bestimmten Frist ausgeübt werden.

30

(c) Die in § 195 BGB und § 121 Abs. 2 BGB bestimmten Fristen können jedoch als Orientierungshilfe zur Bestimmung des für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Zeitraums der widerspruchslosen Weiterarbeit bei dem neuen Inhaber herangezogen werden. Vor dem Hintergrund, dass es sich beim Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB um ein Gestaltungsrecht handelt, das nicht der Verjährung unterliegt, und dass in der widerspruchslosen Weiterarbeit beim neuen Inhaber ein Umstandsmoment nur dann liegt, wenn der Arbeitnehmer über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Angabe der in Rn. 24 angeführten grundlegenden Informationen einschließlich seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet wurde, er mithin über das Bestehen seines Gestaltungsrechts in Kenntnis gesetzt wurde und in Kenntnis dieses Umstands weitergearbeitet hat, muss der Zeitraum allerdings deutlich mehr als drei Jahre und deutlich weniger als zehn Jahre betragen. Der Senat erachtet insoweit einen Zeitraum von sieben Jahren als angemessen. Wurde der Arbeitnehmer im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB unter Angabe der in Rn. 24 angeführten grundlegenden Informationen über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses sowie über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet, ist ein Zeitraum der Weiterarbeit bei dem neuen Inhaber von sieben Jahren regelmäßig geeignet, bei dem bisherigen Arbeitgeber ein schutzwürdiges Vertrauen dahin zu begründen, dass der Arbeitnehmer den neuen Inhaber endgültig als seinen Arbeitgeber akzeptiert hat und sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wird.

31

(d) Der für die Erfüllung des Zeitmoments maßgebliche Zeitraum der widerspruchslosen Weiterarbeit beim neuen Inhaber beginnt frühestens mit dem Betriebsübergang. Insoweit wirkt sich aus, dass in der widerspruchslosen Weiterarbeit des Arbeitnehmers bei dem neuen Inhaber erst nach einem Betriebsübergang und dem Ablauf der gesetzlichen Überlegungsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB überhaupt ein Umstandsmoment liegen kann. Wurde der Arbeitnehmer über einen geplanten Betriebsübergang unterrichtet und ist die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB von einem Monat nach Zugang der Unterrichtung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits abgelaufen, beginnt der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum deshalb erst mit dem Betriebsübergang. In allen anderen Fällen, in denen die Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB erst nach dem Betriebsübergang abläuft, ist demzufolge der Zeitpunkt des Ablaufs dieser Frist maßgeblich.

32

(3) Für die Annahme der Verwirkung kommt es nicht darauf an, ob der bisherige Arbeitgeber Kenntnis von der langjährigen Tätigkeit des Arbeitnehmers für den neuen Inhaber hat. Dies hat der Senat bereits mit Urteilen vom 23. Juli 2009 (- 8 AZR 357/08 - Rn. 48 f.) und vom 2. April 2009 (- 8 AZR 220/07 - Rn. 33 ff.) entschieden. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

33

(4) Der Annahme einer regelmäßigen Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unter den in Rn. 24 genannten Voraussetzungen nach siebenjähriger widerspruchsloser Weiterarbeit für den neuen Inhaber steht nicht entgegen, dass § 613a Abs. 6 BGB für den Fall, dass der Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß iSv. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet wurde, keine zeitliche Höchstgrenze für die Ausübung des Widerspruchs vorsieht. Hieraus kann nicht gefolgert werden, dass das Widerspruchsrecht schrankenlos gewährleistet wäre (vgl. BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 36, BAGE 153, 296) und deshalb nicht verwirken könnte. Der Gesetzgeber hat in § 613a BGB - anders als in anderen Gesetzen(zB § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG, § 3 Satz 3 MiLoG) - die Verwirkung nicht ausgeschlossen.

34

(5) Durch eine regelmäßige Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unter den in Rn. 24 angeführten Voraussetzungen nach einer siebenjährigen widerspruchslosen Weiterarbeit für den neuen Inhaber wird der Arbeitnehmer auch regelmäßig nicht unverhältnismäßig in seinem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt.

35

(a) Das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB trägt den grundrechtlichen Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung, der dem Arbeitnehmer die freie Wahl des Arbeitsplatzes und damit auch die freie Wahl des Vertragspartners garantiert. Der Arbeitnehmer soll nicht verpflichtet werden, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (BT-Drs. 14/7760 S. 20 unter Hinweis auf BAG 22. April 1993 - 2 AZR 50/92  -; vgl. auch BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14  - Rn. 17 , BAGE 153, 296 ; 24. April 2014 -  8 AZR 369/13  - Rn. 18 , BAGE 148, 90 ). Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert neben der freien Wahl des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Dazu zählt bei abhängig Beschäftigten auch die Wahl des Vertragspartners. Ebenso wie die freie Berufswahl sich nicht in der Entscheidung zur Aufnahme eines Berufs erschöpft, sondern auch die Fortsetzung und Beendigung eines Berufs umfasst, bezieht sich die freie Arbeitsplatzwahl neben der Entscheidung für eine konkrete Beschäftigung auch auf den Willen des Einzelnen, diese beizubehalten oder aufzugeben (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09  - Rn. 69 mwN, BVerfGE 128, 157 ; 15. Juli 1998 -  1 BvR 1554/89 ua. - zu C III 1 a der Gründe, BVerfGE 98, 365 ; 24. April 1991 -  1 BvR 1341/90  - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133 ).

36

(b) Das Grundrecht des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1 GG gebietet indes kein zeitlich unbegrenztes Widerspruchsrecht und steht auch der Annahme einer Verwirkung( § 242 BGB ) im Einzelfall nicht entgegen. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und trägt dem - auch nach § 613a Abs. 6 BGB grundsätzlich geschützten(vgl. hierzu BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 20, BAGE 153, 296) - Bedürfnis von bisherigem Arbeitgeber und neuem Inhaber nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Vor diesem Hintergrund wird der Arbeitnehmer durch eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unter den in Rn. 24 angeführten Voraussetzungen nach einer siebenjährigen widerspruchslosen Weiterarbeit für den neuen Inhaber regelmäßig nicht unverhältnismäßig in seinem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt. Er hat vielmehr regelmäßig ausreichend Zeit, sich mit allen Gegebenheiten beim neuen Inhaber vertraut zu machen und die Risiken abzuwägen, die mit der Ausübung des Widerspruchsrechts für ihn verbunden sind. Wird das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB wirksam ausgeübt, hat dies zur Folge, dass der Arbeitnehmer den alten Vertragspartner behält, zugleich aber auch das Risiko einer betriebsbedingten Kündigung eingeht, wenn bei diesem wegen des Betriebsübergangs kein Bedarf an seiner Arbeit mehr besteht(vgl. BT-Drs. 14/7760 S. 20; BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 73, BVerfGE 128, 157). Die Abwägung dieser Risiken ist nach § 613a Abs. 6 BGB der privatautonomen Entscheidung des Arbeitnehmers vorbehalten(vgl. BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 92, aaO).

37

bb) Danach war das Widerspruchsrecht der Klägerin zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 30. Juli 2014 noch nicht verwirkt. Die VCS hatte die Klägerin mit Schreiben vom 26. Juli 2007 unstreitig unter Angabe der unter Rn. 24 dargestellten grundlegenden Informationen über den Betriebsübergang unterrichtet und sie über ihr Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB informiert. Der Betriebsübergang auf die VCS hat zum 1. September 2007 stattgefunden. Damit lief die für die Verwirkung maßgebliche Frist von sieben Jahren erst mit Ablauf des 31. August 2014 ab. Dass ihr das Widerspruchsschreiben der Klägerin vom 30. Juli 2014 erst nach Ablauf des 31. August 2014 zugegangen ist, hat die Beklagte indes nicht behauptet. Vielmehr hat sie in der Revision ausdrücklich geltend gemacht, die Klägerin habe die Klage erst mit Schriftsatz vom 11. November 2014 und damit erst über drei Monate nach dem mit Schreiben vom 30. Juli 2014 erklärten Widerspruch erhoben, das demnach vor dem 11. August 2014 zugegangen sein muss.

38

c) Das Landesarbeitsgericht hat zudem zu Unrecht angenommen, im vorliegenden Verfahren lägen besondere Umstände vor, die über eine bloße widerspruchslose Weiterarbeit hinausgingen und es deshalb im Rahmen einer Gesamtbetrachtung mit diesem Umstand rechtfertigten, an das Zeitmoment geringere Anforderungen zu stellen mit der Folge, dass das Widerspruchsrecht der Klägerin nach § 613a Abs. 6 BGB zum Zeitpunkt seiner Ausübung bereits verwirkt gewesen sei.

39

aa) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts liegt ein Umstandsmoment nicht darin, dass die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht zeitnah nach Veröffentlichung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 18/10 -) ausgeübt hat, obgleich das Gericht mit diesem Urteil für ein wortgleiches Unterrichtungsschreiben der VCS, ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend, entschieden hat, dass die Unterrichtung fehlerhaft war. Zwar gehört zu den bei der Beurteilung des Umstandsmoments zugrunde zu legenden Umständen des Einzelfalls grundsätzlich auch der jeweilige Informationsstand des Berechtigten (BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 872/08 - Rn. 28). Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Klägerin die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 18/10 -) überhaupt bekannt war. Abgesehen davon, dass vom Arbeitnehmer nicht erwartet wird, dass er sich über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf dem Laufenden hält, würde selbst eine Kenntnis der Klägerin von dieser Entscheidung und damit von der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens kein Umstandsmoment begründen können, das es in einer Gesamtbetrachtung mit der widerspruchslosen Weiterarbeit für den neuen Inhaber rechtfertigen könnte, an das Zeitmoment geringere Anforderungen zu stellen. Die Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens bewirkt, dass die Frist zur Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB nicht anläuft. Dies gilt - wie unter Rn. 13 ausgeführt - unabhängig davon, ob der Unterrichtungsmangel ursächlich dafür war, dass der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB - zunächst - nicht ausgeübt hat. Da § 613a Abs. 6 BGB keinen Kausalzusammenhang zwischen der fehlerhaften Unterrichtung und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht erfordert, kann die Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung schon vom Ansatz her kein für die Verwirkung des Widerspruchsrechts maßgebliches Umstandsmoment sein.

40

bb) Anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, vermag deshalb auch der Umstand, dass die haftungsrechtliche Absicherung der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 2 BGB im Schreiben der VCS vom 26. Juli 2007 aus der Sicht der Beklagten und der VCS ungünstiger dargestellt wurde, als sie es tatsächlich war, und ein denkbarer inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Fehler in der Unterrichtung und dem Widerspruch sieben Jahre später nicht bestand, kein im Rahmen der Prüfung der Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB zu berücksichtigendes Umstandsmoment zu begründen. Wenn § 613a Abs. 6 BGB - wie bereits unter Rn. 13 ausgeführt - keinen Kausalzusammenhang zwischen der fehlerhaften Information und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht verlangt, kann es auch für die im Rahmen der Prüfung der Verwirkung erforderliche Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers als treuwidrig nicht darauf ankommen, ob die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs für die Arbeitnehmer in einzelnen Punkten ggf. sogar günstiger dargestellt werden, als es der objektiven Rechtslage entspricht.

41

III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

42

1. Der Unterrichtungsfehler ist - anders als die Beklagte meint - nicht infolge Zeitablaufs als geheilt anzusehen.

43

a) Zwar hat der Senat für den Fall einer fehlenden Information über die Sozialplanprivilegierung des neuen Inhabers nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG angenommen, dass dieser Fehler in der Unterrichtung mit dem Ablauf des Privilegierungszeitraums von vier Jahren seit der Gründung des neuen Inhabers kraft Gesetzes geheilt ist. Eine fehlende Information über die Sozialplanprivilegierung des neuen Betriebsinhabers nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG setzt zwar die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB, die mit dem Zugang der Unterrichtung beginnt, nicht in Lauf; sie begründet aber kein zeitlich unbegrenztes Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers. Vielmehr tritt mit dem Ablauf des Privilegierungszeitraums von vier Jahren seit der Gründung des neuen Betriebsinhabers eine rechtliche Zäsur ein mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt entsprechend § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine Widerspruchsfrist von einem Monat anläuft(BAG 15. Dezember 2016 - 8 AZR 612/15 - Rn. 37, BAGE 157, 317).

44

b) Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht auf ein Unterrichtungsschreiben übertragbar, das den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB deshalb nicht entspricht, weil es eine fehlerhafte Information über das Haftungssystem des § 613a Abs. 2 BGB enthält.

45

Die Sozialplanprivilegierung von Neugründungen ist nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG von vornherein zeitlich befristet(vgl. BAG 27. Juni 2006 - 1 ABR 18/05  - Rn. 35 f., BAGE 118, 304 ). Mit Ablauf von vier Jahren seit der Neugründung des neuen Betriebsinhabers besteht kein wechselseitiger Bezug mehr zwischen der Verpflichtung, über eine Sozialplanprivilegierung des Erwerbers nach § 112a Abs. 2 BetrVG zu unterrichten, und dem Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB. Mit dem Ablauf des Privilegierungszeitraums von vier Jahren tritt vielmehr eine rechtliche Zäsur ein. Zu diesem Zeitpunkt endet die Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 BetrVG und kann die wirtschaftliche Absicherung der Arbeitnehmer bei dem Erwerber nicht mehr gefährden. Dies hat zur Folge, dass sie kein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber mehr sein kann (BAG 15. Dezember 2016 - 8 AZR 612/15 - Rn. 39, BAGE 157, 317).

46

Im Hinblick auf das Haftungssystem des § 613a Abs. 2 BGB fehlt es dagegen an einer solchen rechtlichen Zäsur. Zwar ist die in § 613a Abs. 2 BGB geregelte Haftung des bisherigen Arbeitgebers zeitlich begrenzt, sich hieraus ergebende Verpflichtungen können aber auch noch nach Ablauf der in § 613a Abs. 2 BGB genannten Zeiträume geltend gemacht werden. Eine zeitliche Begrenzung kann sich insoweit allein aus den Bestimmungen über die Verjährung ergeben. Die Verjährung führt aber nur zu einem Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners (§ 241 Abs. 1 BGB), setzt also die Erhebung der Verjährungseinrede voraus. Darüber hinaus kann die Verjährung im Einzelfall nach den §§ 203 bis 209 BGB gehemmt sein oder gemäß § 212 BGB neu beginnen.

47

2. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ergibt sich ein im Rahmen der Prüfung der Verwirkung relevantes Umstandsmoment nicht daraus, dass sich die Arbeitsbedingungen der Klägerin mit dem Betriebsübergang erheblich geändert hatten, wobei insbesondere ein anderes Vergütungssystem zur Anwendung kam und die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin ohne Lohnausgleich von 34 auf 38 Stunden angehoben wurde. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten waren diese Änderungen aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel und der bei der VCS angewandten Tarifverträge eingetreten. Da nach § 1 II. des Arbeitsvertrags der Parteien vom 28. Dezember 1995 für das Arbeitsverhältnis die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden, stellten sich die in dem bei der VCS angewandten Tarifvertrag bestimmten Arbeitsbedingungen gerade als die vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen dar.

48

3. Die Beklagte kann im Hinblick auf eine Verwirkung des Widerspruchsrechts der Klägerin auch aus der von ihr behaupteten Teilnahme der Klägerin an verschiedenen Seminaren und Projekten bei der VCS nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten überhaupt wirksam gemäß § 138 Abs. 2 ZPO bestritten hatte. Eine etwaige Teilnahme der Klägerin an Seminaren und Projekten der VCS hätte nicht dahin verstanden werden können, die Klägerin habe den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die VCS und diese damit als ihren neuen Arbeitgeber akzeptiert. Die Beklagte selbst weist darauf hin, dass diese Seminare und Projekte für die Weiterarbeit der Klägerin am Standort in R notwendig gewesen seien. Damit hätte die Klägerin nur die Voraussetzungen geschaffen, um ihre Arbeit weiterhin - nunmehr für die VCS - vertragsgemäß zu verrichten.

49

4. Ein Umstandsmoment ergibt sich schließlich nicht aus dem von der Beklagten geltend gemachten „Lawinen- oder Nachahmeffekt“, der nach ihrem Vorbringen geeignet wäre, ihr Konzept der Beschäftigungssicherung bei einer Vielzahl von Widersprüchen in sich zusammenfallen zu lassen. Die Frage, wie viele Arbeitnehmer möglicherweise in der Lage wären, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagen auf die VCS auch nach Ablauf eines Monats nach Zugang der Unterrichtung über den Betriebsübergang mit Schreiben vom 26. Juli 2007 zu widersprechen, steht in keinem rechtlich relevanten Zusammenhang mit der Frage, ob konkret das Widerspruchsrecht der Klägerin nach § 613a Abs. 6 BGB zum Zeitpunkt seiner Ausübung verwirkt war.

50

5. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Umstand, dass ein Arbeitnehmer vor Ausübung des Widerspruchsrechts über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses - sei es durch Beendigung desselben oder durch eine Vereinbarung, mit der das Arbeitsverhältnis auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt wurde - disponiert hat, zur Verwirkung führen kann (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32; 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - Rn. 35; 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 45), oder ob sich die Ausübung des Widerspruchsrechts in einer solchen Situation - unabhängig von einem Zeitmoment - wegen widersprüchlichen Verhaltens nach § 242 BGB als treuwidrig darstellt. Dass die Klägerin vor Ausübung ihres Widerspruchsrechts eine solche Disposition getroffen hätte, macht die Beklagte nicht geltend. Anhaltspunkte hierfür sind auch sonst nicht ersichtlich.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    N. Reiners    

        

    Andreas Henniger    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.