Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Aug. 2018 - 1 Sa 534/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0810.1Sa534.17.00
bei uns veröffentlicht am10.08.2018

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.11.017, Az.: 7 Ca 2022/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Berufungsverfahrens streiten um Gehaltsansprüche des Zeitraums August 2013 bis einschließlich April 2014 und um Urlaubsabgeltungsansprüche für die Jahre 2013 und 2014, jeweils nebst Zinsen.

2

Die Klägerin war ab dem 01.02.2012 zunächst bei der Z Hotelfinanz- und Investment GmbH Hotel Y als Kosmetikerin/Masseurin zu einem monatlichen Bruttogehalt von (zunächst) 1.800,-- EUR beschäftigt.

3

Mit Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.11.2012 wurde ihr damaliger Arbeitgeber zur Zahlung des Lohns für August und September 2012 verurteilt, mit weiterem Versäumnisurteil vom 10.01.2013 zur Zahlung der Löhne für Oktober und November 2012.

4

Zum 01.02.2013 erfolgte ein Betriebsübergang auf die erstinstanzliche Beklagte zu 1). Diese teilte der Klägerin mit Schreiben vom 04.02.2013 mit, sie habe ihr Arbeitsverhältnis seit dem 01.02.2013 übernommen und fordere sie auf, ihre Tätigkeit unverzüglich wieder aufzunehmen. Mit Schreiben vom 07.05.2013 erklärte die Klägerin, sie mache "mit sofortiger Wirkung von meinem Zurückbehaltungsrecht mit meiner Arbeitsleistung Gebrauch, bis der Rückstand (der ausstehenden Vergütungen für die Monate Februar bis April 2013) ausgeglichen ist". Am 13.06.2013 schloss die Klägerin mit der erstinstanzlichen Beklagten zu 1) einen Vergleich über die Zahlung der Gehälter für die Monate Februar bis Mai 2013. Mit Versäumnisurteil vom 26.09.2013 wurde die erstinstanzliche Beklagte zu 1) zur Zahlung der Löhne für Juni und Juli 2013 verurteilt. Mit Schreiben vom 21.11.2013 erklärte die Klägerin erneut, sie arbeite nur deshalb nicht, weil sie nach wie vor von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch mache, und wies darauf hin, dass ausweislich des Arbeitsvertrages ihr monatliches Bruttogehalt seit August 2013 monatlich 3.000,-- EUR betrage.

5

Am 01.02.2014 schloss die Geschäftsführerin der erstinstanzlichen Beklagten zu 1., in deren Eigentum die Hotelimmobilie stand, mit der Berufungsbeklagten (= erstinstanzliche Beklagte zu 2) einen Pachtvertrag, der zum 01.03.2014 beginnen sollte und eingangs dessen es heißt:

6

"Es ist bereits vereinbart, dass der jetzige Pächter, X Hotel Management GmbH als Pächter ausscheiden wird, sobald die neue Firma, X Hotel W GmbH gegründet wird, die die Pflichten und Rechte aus diesem Vertrag übernimmt und als alleiniger Pächter in diesem Vertrag ist."

7

Am 25.03.2014 wurde der Gesellschaftsvertrag der X Hotel W GmbH notariell beurkundet, am 17.06.2014 wurde diese ins Handelsregister eingetragen. Bereits unter dem 11.03.2014 meldete eine "X Hotel W GmbH i.G." rückwirkend zum 01.03.2014 ein Gewerbe – den Hotelbetrieb – an.

8

Mit Schreiben vom 17.04.2014 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis wegen Zahlungsverzugs außerordentlich zum 30.04.2014.

9

Gegenüber der erstinstanzlichen Beklagten zu 1) ist der Rechtsstreit nach § 240 ZPO unterbrochen, nachdem über ihr Vermögen am 21.08.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Am 21.05.2015 wurde das Insolvenzverfahren auch über das Vermögen der X Hotel W GmbH eröffnet.

10

Die Klägerin begehrt Lohnzahlungen für den Zeitraum August 2013 bis April 2014 sowie Urlaubsabgeltung von der Berufungsbeklagten, da ein Betriebsübergang auf diese stattgefunden habe.

11

Am 30.03.2017 verkündete das Arbeitsgericht gegen die Berufungsbeklagte ein Teil-Versäumnisurteil folgenden Tenors:

12

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 31.846,17 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.000,-- Euro seit dem 01.09.2013, aus weiteren 3.000,00 Euro seit dem 01.10.2013, aus weiteren 3.000,00 Euro seit dem 01.11.2013, aus weiteren 3.000,00 Euro seit dem 01.12.2013, aus weiteren 3.000,00 Euro seit dem 01.01.2014, aus weiteren 3.000,00 Euro seit dem 01.02.2014, aus weiteren 3.000,00 Euro seit dem 01.03.2014, aus weiteren 3.000,00 Euro seit dem 01.04.2014, aus weiteren 3.000,00 Euro sowie aus weiteren 4.846,17 Euro seit dem 28.06.2014 zu zahlen.

13

2. Eine Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

14

3. Der Streitwert wird auf EUR 31.846,17 Euro.

15

Nach fristgerechtem Einspruch der Berufungsbeklagten hat das Arbeitsgericht mit Teil-Urteil vom 16.11.2017, Az. 7 Ca 2022/16, das genannte Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage gegen die Berufungsbeklagte abgewiesen.

16

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des genannten Urteils Bezug genommen (Bl. 479 ff. d.A.).

17

Gegen das ihr am 23.11.2017 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.12.2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.02.2018 durch Beschluss vom 23.01.2018 mit Schriftsatz vom 23.02.2018, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am selben Tag eingegangen, begründet.

18

Nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie weiterem Schriftsatz vom 12.07.2018, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 546 ff, 632 ff. d.A.), macht die Klägerin zur Begründung ihres Rechtsmittels im Wesentlichen geltend:

19

Die Berufungsbeklagte habe den Hotelbetrieb im Sinne des § 613 a BGB übernommen. Dies ergebe sich aus der Presseberichterstattung (Anlage K 31, sowie Seite 3 des Schriftsatzes vom 13.07.2018, Bl. 634 d.A.), wonach die Berufungsbeklagte das Hotel in ihr Portfolio aufgenommen habe. Dies entspreche auch ihrem Gesellschaftszweck laut Handelsregister. Wenn die X Hotel W GmbH bzw. diese als Vorgesellschaft (GmbH i.G.) schon vor notarieller Beurkundung des Gesellschaftsvertrages nach außen aufgetreten sei, ändere dies nichts daran, dass es eine rechtsfähige Persönlichkeit noch nicht gegeben habe. Vor dem Hintergrund, dass die im Rahmen des Betriebsübergangs handelnden Personen sowohl mit der Berufungsbeklagten als auch mit der X Hotel W GmbH verbunden waren, müsse sich die zum damaligen Zeitpunkt einzig als Gesellschaft existierende Berufungsbeklagte das Handeln der Beteiligten zum Zeitpunkt der Übernahme des Hotelbetriebs zurechnen lassen, zumal diese vertraglich Berechtigte aus dem Pachtvertrag gewesen sei. Jedenfalls treffe die Berufungsbeklagte eine sekundäre Darlegungslast dafür, dass die X Hotel W GmbH tatsächlich bereits rechtsfähig gewesen sei und sie den Hotelbetrieb fortgeführt habe. Jedenfalls habe die Berufungsbeklagte den Rechtsschein einer Übernahme gesetzt, woran sie sich nunmehr daran festhalten lassen müsse. Das Hotel sei auch in seiner Struktur unverändert einschließlich des Wellness-Bereichs fortgeführt worden. Die Übernahme des Hotelbetriebs durch eine Vorgründungsgesellschaft der späteren X Hotel W GmbH sei nicht nachvollziehbar.

20

Die Klägerin beantragt,

21

das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16. November 2017, Az.: 7 Ca 2022/16 abzuändern und das Teil-Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30. März 2017, Az. 7 Ca 2022/16, aufrechtzuerhalten.

22

Die Berufungsbeklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie verteidigt das angegriffene Urteil mit ihrer Berufungserwiderung gem. Schriftsatz vom 11. April 2018, auf den Bezug genommen wird (Bl. 576 ff. d.A.), als zutreffend. Die Klägerin habe weiterhin nicht dargelegt, dass gerade die Berufungsbeklagte das Hotel fortgeführt habe. Das Hotel sei ab dem 01.03.2014 von der X Hotel W GmbH bzw. deren Vorgesellschaft und Vorgründungsgesellschaft geführt worden. Insbesondere seien auch die Abrechnungen der Arbeitnehmer und die Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung von dieser ausgestellt worden. Auch sei dies den Arbeitnehmern mitgeteilt worden, womit diese auch einverstanden gewesen seien. Einen Rechtsschein einer Übernahme habe sie nicht gesetzt.

25

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

26

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist nach § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit 519, 520 ZPO.

II.

27

Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Ihr steht gegen die Berufungsbeklagte kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung nebst Zinsen für den Zeitraum August 2013 bis April 2014 und auch kein Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung nebst Zinsen für nicht genommenen Urlaub der Jahre 2013 und 2014 zu. Das Arbeitsgericht hat daher zu Recht das Teil-Versäumnisurteil aufgehoben, § 343 ZPO, und die Klage abgewiesen.

1.

28

Das Arbeitsgericht hat zulässigerweise durch Teil-Urteil entschieden. Zwar kann grundsätzlich nur dann durch Teilurteil entschieden werden, wenn dadurch nicht die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen begründet wird (st. Rspr., BAG v. 04.05.2006 – 8 AZR 311/05-, juris Rn. 22).

29

Eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Teilurteilen bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht, wenn das Verfahren gegen einen einfachen Streitgenossen nach § 240 ZPO unterbrochen ist und nur der übrige Teil des Verfahrens gegen einen anderen einfachen Streitgenossen fortgeführt wird (st. Rspr., s. nur BGH 23.09.2015 – I ZR 78/14-, juris, Rn. 29). Dies gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass das unterbrochene Verfahren alsbald fortgesetzt werden kann (BGH v. 19.12.2002 – VII ZR 176/02-, NJW-RR 2003, 1002).

30

Nach diesen Grundsätzen konnte hier durch Teilurteil entschieden werden. Der Rechtsstreit ist weiterhin in dem Umfang unterbrochen, wie er von Gesetzes wegen nach § 240 ZPO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) unterbrochen wurde. Im Übrigen wurde der Prozess fortgesetzt. Anhaltspunkte für die alsbaldige Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens sind nicht ersichtlich. Bei den beiden Beklagten handelt es sich auch um einfache Streitgenossen. Notwendige Streitgenossenschaft liegt beim Betriebsübergang zwischen Veräußerer und Erwerber allenfalls bei einer hier nicht vorliegenden „Betriebsübergangs-Feststellungsklage“ vor (BAG v. 24.09.2015 – 2 AZR 562/14, NZA 2016, 366).

2.

31

Die geltend gemachten Ansprüche bestehen gegenüber der Berufungsbeklagten nicht. Es bestehen keine durch Abschluss eines eigenen Arbeitsvertrages mit der Berufungsbeklagten begründete Ansprüche der Klägerin. Der Arbeitsvertrag der Klägerin wurde vielmehr mit der Z Hotelfinanz- und Investment GmbH geschlossen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das mit der Z Hotelfinanz- und Investment GmbH Arbeitsverhältnis zunächst mit Wirkung zum 1. Februar 2013 aufgrund eines Betriebsübergangs nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte zu 1. übergegangen ist. Ansprüche gegen die Berufungsbeklagte kommen damit nur in Betracht, wenn diese für die Vergütungsansprüche im Zeitraum August 2013 bis Februar 2014 als Betriebsübernehmerin im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB haften würde bzw. für die Ansprüche ab März 2014 sowie eventuelle Urlaubsabgeltung aufgrund eigener, durch einen Betriebsübergang im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB begründeter Arbeitgeberstellung einzustehen hätte.

32

Die Klägerin hat keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die den Schluss rechtfertigen, gerade die Berufungsbeklagte sei „anderer Inhaber“ im Sinne des § 613 a BGB geworden.

a)

33

Ein Betriebs(teil-)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass der Übergang eine auf Dauer angelegte, ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft. Erforderlich für das Vorliegen eines Betriebs(teil-)übergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist ferner, dass die für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit verantwortliche natürliche oder juristische Person, die in dieser Eigenschaft die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt (vgl. etwa BAG 25.01.2018 -8 AZR 309/16-, juris, Rn. 52 ff.).

34

Die Berufungskammer geht davon aus, dass es sich bei dem fraglichen Hotel „Y“ um eine im Sinne des § 613 a BGB übergangsfähige wirtschaftliche Einheit handelte, die auch unter Wahrung ihrer Identität per 1. März 2014 im Rahmen vertraglicher Beziehungen von der erstinstanzlichen Beklagten zu 1. auf einen anderen Inhaber überging.

35

Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass das fragliche Hotel nahtlos unter Beibehalt seiner sächlichen Betriebsmittel und mittels eines Großteils der auch zuvor tätigen Belegschaft sowie unter dem markteingeführten Namen am Markt tätig war. Ob -wie die Beklagte geltend macht- zu einem allerdings auch nicht näher spezifizierten späteren Zeitpunkt die Konzeption des Hotels geändert wurde, ist ohne Relevanz.

36

Ebenso kann unterstellt werden, dass es per 1. März 2014 zu einem Übergang von der erstinstanzlichen Beklagten zu 1. auf einen „ anderen Inhaber“ im Sinne des § 613 a BGB kam. Hierfür spricht insbesondere, dass die Eigentümerin der Immobilie, die zugleich Geschäftsführerin der Beklagten zu 1. war, ausweislich des vorgelegten Auszugs aus dem Pachtvertrag (Bl. 431 d.A.) vertraglich verpflichtet war, das gesamte Objekt nebst Inventar der Pächterin mit Wirkung ab 1. März 2014 zu überlassen.

b)

37

Die hierfür nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. etwa BAG 15.11.2012 -8AZR 683/11. Juris, Rn. 22) darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat aber nicht ausreichend dargelegt, dass gerade die Berufungsbeklagte „Inhaber“ im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB geworden ist.

aa)

38

Wie bereits ausgeführt ist für das Vorliegen eines Betriebsübergangs erforderlich, dass die für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit verantwortliche natürliche oder juristische Person, die in dieser Eigenschaft die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt. Verantwortlich für den Betrieb einer wirtschaftlichen Einheit ist die (natürliche oder juristische) Person, die die wirtschaftliche Einheit im eigenen Namen führt und nach außen als deren Inhaber auftritt; die Person, die bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen diese Verantwortlichkeit übernimmt, ist Betriebsübernehmer, also „neuer Inhaber“ im Sinne von § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB (BAG 25.01.2018, aaO., Rn. 56; GK-KSchG/Treber, 11. Aufl., § 613 a BGB Rn. 52 f., jeweils mwN.).

bb)

39

Dass die Berufungsbeklagte in diesem Sinne neue Inhaberin geworden ist, ergibt sich zunächst nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Zeitungsartikeln. Zwar ist dort die Rede davon, dass die Berufungsbeklagte das Hotel "in ihr Portfolio" aufgenommen habe bzw. das Hotel nun ein Hotel der Berufungsbeklagten sei. Hieraus aber zu schlussfolgern, dass es auch zwingend von dieser selbst betrieben werden müsste und damit die Möglichkeit auszuschließen, dass es durch ein Tochterunternehmen o.ä. betrieben wird, lässt sich den Zeitungsartikeln, die nicht auf eine juristische Zuordnung, sondern allenfalls auf die für die Leserschaft interessante wirtschaftliche Zuordnung abstellen, nicht entnehmen. Dass das Hotel von (einem Unternehmen) der X-Gruppe übernommen wurde, bestreitet auch die Berufungsbeklagte nicht. Dementsprechend ist in den Artikeln denn auch teilweise von "der X-Gruppe" die Rede. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen.

cc)

40

Ebenso wenig ergibt sich eine Übernahme der Verantwortlichkeit für den Betrieb des Hotels der Berufungsbeklagten daraus, dass diese mit der Beklagten zu 1. den Pachtvertrag abgeschlossen hat. Es ist nicht ersichtlich, dass diese die wirtschaftliche Einheit „Hotel“ im eigenen Namen geführt und nach außen als deren Inhaber aufgetreten ist.

41

Hiergegen spricht bereits der im Tatbestand zitierte Passus des Pachtvertrages. Danach war der Pachtvertrag von vornherein auf eine Führung des Hotels durch die X Hotel W GmbH angelegt. In Bezug auf das Auftreten der Berufungsbeklagten nach außen hat die Klägerin keine weiteren Tatsachen vorgetragen. Die Berufungsbeklagte ihrerseits hat durch Vorlage einer Reihe von Unterlagen (Gewerbeanmeldung, Bl. 465 d.A., Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung, Lohnabrechnungen, Bl. 579 ff. d.A.) dargelegt, dass bereits vor Beurkundung des Gesellschaftsvertrages der X Hotel W GmbH am 25.3.2014 unter dieser Bezeichnung nach außen gehandelt wurde, so dass eine Führung im eigenen Namen und ein Auftreten nach außen der Berufungsbeklagten gerade nicht feststellbar ist.

42

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass zumindest bis zur Beurkundung des Gesellschaftsvertrags der X Hotel W GmbH diese nicht – auch nicht als GmbH in Gründung- als juristische Person rechtlich existent war und deshalb dieses Auftreten nach außen ungeachtet der gewählten Bezeichnung und mangels eines anderen rechtlich in Betracht kommenden Zuordnungssubjekts als ein solches der Berufungsbeklagten zu werten wäre.

43

Zutreffend ist, dass eine sog. Vorgesellschaft einer GmbH erst mit Beurkundung des Gesellschaftsvertrags entsteht. Vor diesem Stadium der GmbH-Gründung möglich und zulässig ist aber der auch konkludent und formfrei mögliche Abschluss eines Gründungsvorvertrages, wodurch dann eine sog. Vorgründungsgesellschaft entsteht, die entweder BGB-Gesellschaft oder unter den Voraussetzungen des § 1 HGB OHG ist (vgl. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 11 GmbHG Rn. 9 ff.). Wird vor Errichtung der GmbH bereits ein Gesellschaftsvermögen gebildet oder sogar schon ein gemeinschaftliches Unternehmen betrieben, entsteht zudem eine Außengesellschaft (Schmidt, aaO., Rn. 10), die als Rechtssubjekt als Betriebsübernehmer nach § 613 a BGB in Betracht kommt. Hierauf hat sich die Beklagte ausdrücklich berufen, wofür nach den Umständen des Falles auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht: Die Berufungsbeklagte war nicht und sollte auch nicht Gesellschafterin der X Hotel W GmbH werden, der Pachtvertrag sah als endgültige Pächterin diese GmbH vor und die vorgelegten Anmeldungen und Lohnabrechnungen lauteten bereits auf diese GmbH, wobei zudem der Gesellschaftsvertrag zeitnah nach Abschluss des Pachtvertrages beurkundet wurde. Entsprechend der „normalen Reihenfolge“ der GmbH-Gründung (Vorgründungsgesellschaft-Vorgesellschaft (GmbH iG.)-Eintragung der GmbH in das Handelsregister) spricht ein Handeln unter dem Namen der GmbH noch vor Beurkundung des Gesellschaftsvertrages nach außen eher für ein Handeln für eine Vorgründungsgesellschaft als für ein Handeln für eine andere juristische Person, die von vornherein nicht Gesellschafterin der zu gründenden GmbH werden sollte. Angesichts dessen hätte es der Klägerin oblegen weitere Umstände darzulegen, die desungeachtet mit überwiegendem Gewicht den Schluss rechtfertigen würden, es habe sich nach Außen um ein Auftreten der Berufungsbeklagten im Sinne der Führung des Hotels im eigenen Namen gehandelt. Hieran fehlt es.

dd)

44

Der Hinweis der Klägerin auf das Institut der sog. Sekundären Darlegungslast führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Das Eingreifen der sog. sekundären Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt, setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (so etwa BAG v. 06.09.2007 – 2 AZR 715/06- juris, Rn. 38). Dies ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil gerade streitig ist, wer genau das Hotel ab dem 01.03.2014 geführt hat. Wenn aber die Berufungsbeklagte (entsprechend ihrer Behauptung) das Hotel nie geführt hat, kann es auch nicht ihr obliegen, entsprechende Darlegungen zur Führung des Hotels zu machen. Eine sekundäre Darlegungslast könnte damit allenfalls bezüglich der einzelnen Umstände des dann weiter streitigen Betriebsübergangs (wie etwa der konkreten Ausgestaltung des Hotelbetriebs zur Überprüfung einer für das Vorliegen eines Betriebsübergangs erforderlichen Betriebsfortführung) bestehen, wenn geklärt wäre, dass die Berufungsbeklagte das Hotel betrieben hätte. Dies aber ist gerade streitig.

45

Doch selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgehen würde, dass die Berufungsbeklagte eine sekundäre Darlegungslast treffen würde, wäre sie dieser mit der Vorlage der Gewerbeanmeldung, der Abrechnungen gegenüber den Arbeitnehmern und der Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung jedenfalls nachgekommen, sodass es jedenfalls angesichts dieser Unterlagen wieder an der Klägerin gewesen wäre, diese Umstände zu erschüttern bzw. zu widerlegen. Denn mit diesen Unterlagen legt die Berufungsbeklagte dar, dass der Betrieb gerade nicht durch sie selbst, sondern durch die X Hotel W GmbH bzw. deren Vorgesellschaft und Vorgründungsgesellschaft geführt wurde. Selbst wenn ein Rechtsträger in Form der X Hotel W GmbH bzw. deren Vorgesellschaft und Vorgründungsgesellschaft noch gefehlt hätte, würde dies nicht dazu führen, dass dann ein Betrieb des Hotels durch die Berufungsbeklagte (und damit ggf. ein Betriebsübergang auf diese) vorliegen würde, sondern lediglich, dass etwa mangels Vertretungsmacht (bzw. mangels Existenz des vermeintlich Vertretenen) eine Haftung der handelnden Personen selbst in Betracht kommt.

3.

46

Auch Ansprüche der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinhaftung oder wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht nach § 280 BGB iVm. § 613a Abs. 5 BGB bestehen nicht.

47

Die Berufungsbeklagte trifft keine Rechtsscheinhaftung. Dabei kann offenbleiben, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine solche Rechtsscheinhaftung in Betracht käme. Die Berufungsbeklagte hat jedenfalls gegenüber der Klägerin keinen Rechtsschein eines Betriebsübergangs auf sie gesetzt. Sie hat sich gegenüber der Klägerin nie als Betreiberin des Hotels ausgegeben. Der Inhalt der von der Klägerin herangezogenen Zeitungsartikel ist der Berufungsbeklagten nicht zurechenbar.

48

Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 613a Abs. 5 BGB scheidet schon deshalb aus, weil zur Unterrichtung nur der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber verpflichtet sind. Eine Verletzung der Pflicht durch den bisherigen Arbeitgeber hätte indes nur dessen Haftung zur Folge; eine Unterrichtungsverpflichtung der Berufungsbeklagten bestünde nur, wenn diese Betriebsübernehmerin wäre, was -wie ausgeführt- nicht ausreichend dargelegt ist.

III.

49

Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

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Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

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a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist allerdings anerkannt , dass gegen einen einfachen Streitgenossen ein Teilurteil trotz der Gefahr einer widerstreitenden Entscheidung im weiteren Verfahren ergehen kann, wenn das Verfahren durch Insolvenz oder Tod des anderen Streitgenossen unterbrochen ist. Diese Ausnahme findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Unterbrechung des Verfahrens zu einer faktischen Trennung des Rechtsstreits führt, weil regelmäßig nicht voraussehbar ist, ob und gegebenenfalls wann das Verfahren aufgenommen werden wird. Da die übrigen Prozessbeteiligten keine prozessuale Möglichkeit haben, die Aufnahme des Verfahrens und damit den Fortgang des Prozesses insgesamt zu bewirken, wäre es mit ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die abstrakte Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, NJW-RR 2003, 1002, 1003; BGH, NJW 2007, 156 Rn. 15 f.; GRUR 2010, 343 Rn. 22 - Oracle; BGHZ 189, 356 Rn. 17).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 176/02 Verkündet am:
19. Dezember 2002
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Unterbrechung eines Verfahrens gegen einen einfachen Streitgenossen wegen
der Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens gemäß § 240 ZPO berührt
das Verfahren der übrigen Streitgenossen nicht.

b) Dieses Verfahren kann regelmäßig durch Teilurteil abgeschlossen werden.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Teilurteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. April 2002 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten zu 1 bis 3 als Gesamtschuldner Zahlung von Restwerklohn aus einem Bauvertrag. Die Beklagte zu 1 sowie die in der Objektgesellschaft Auepark GbR zusammengeschlossenen Beklagten zu 2 und 3 beauftragten die Klägerin mit Erschließungsleistungen. Die Klägerin hat die nach ihrer Auffassung vertraglich geschuldete Vergütung für die Bereitstellung von Containern verlangt. Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 158.527,50 DM nebst Zinsen verurteilt. Während des Berufungsverfahrens ist über das Vermögen der Beklagten zu 2 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Berufungsgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und der Anhö-
rung des Geschäftsführers der Klägerin die gegen die Beklagten zu 1 und 3 gerichtete Klage durch Teilurteil abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht kommt aufgrund der Beweisaufnahme zu der Überzeugung, die Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagten zu 2 hätten sich während der Baumaßnahmen dahin geeinigt, daß die Klägerin aus der Position für die Bereitstellung des Baucontainers ungeachtet einer längeren Nutzungsdauer lediglich eine Vergütung für 4 Wochen verlangen könne. Das ergebe sich aus der Aussage des Zeugen G. und dem damit in Übereinstimmung zu bringenden Akteninhalt. Die Angaben des als Partei gehörten Geschäftsführers der Klägerin seien dagegen nicht glaubhaft. Für eine von der Klägerin angeregte Parteivernehmung ihres Geschäftsführers lägen die Voraussetzungen des § 448 ZPO nicht vor. Gegen die Richtigkeit der Sachdarstellung der Klägerin sprächen in Würdigung der Gesamtumstände weitaus überwiegende und letztlich überzeugende Gesichtspunkte. Die Parteivernehmung zum Zwecke des Gegenbeweises sei nicht zulässig. Der Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit rechtfertige keine andere Beurteilung. Dieser sei
durch den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gewährleistet. Die Vernehmung des nicht gehörten Geschäftsführers der Beklagten zu 2 sei ebenfalls entbehrlich, wie sich bereits aus dem in § 445 Abs. 2 ZPO normierten Rechtsgedanken ergebe. Die Klägerin habe keine Ansprüche mehr, weil die sich aus der nachträglichen Einigung ergebende Vergütung bezahlt sei. Die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 könne durch Teilurteil abgewiesen werden. Der Grundsatz, dass ein Teilurteil nur ergehen dürfe, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten Anspruchs unabhängig sei, gelte bei einer subjektiven Klagehäufung nur eingeschränkt. Den Beklagten zu 1 und 3 sei es nicht zumutbar, nach der Beweisaufnahme die Verfahrensverzögerung bis zur Beendigung der Unterbrechung hinsichtlich der Beklagten zu 2 hinzunehmen. Ohne diese Unterbrechung hätte der Senat die Verfahren gemäß § 145 ZPO trennen können.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht durch Teilurteil entschieden (1.) und von einer Vernehmung der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagten zu 2 abgesehen (2.). 1. Das Berufungsurteil hat die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 ohne Verfahrensfehler durch Teilurteil abgewiesen.
a) Zutreffend weist die Revision allerdings darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich ein Teilurteil nur dann ergehen darf, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so daß die Gefahr einander
widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht (BGH, Urteil vom 5. Juni 2002 - XII ZR 194/00, MDR 2002, 1068 m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn die Klage über einen Anspruch gegen mehrere Personen erhoben wird (BGH, Urteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98, NJW 1999, 1035). In diesem Fall darf sich jedenfalls dann, wenn eine Beweisaufnahme stattzufinden hat, ein Gericht grundsätzlich nicht auf ein Prozeßrechtsverhältnis beschränken und gleichzeitig über das andere vorab durch Teilurteil entscheiden. Denn die Beweise sind wegen der Einheitlichkeit des Verfahrens nur einmal zu erheben und einheitlich frei zu würdigen, so daß unterschiedliche Ergebnisse gegen einzelne Streitgenossen ausgeschlossen sind (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1991 - V ZR 341/89, WM 1992, 242, 243).
b) Diese Grundsätze gelten jedoch nicht, wenn über das Vermögen eines einfachen Streitgenossen das Konkurs- oder Insolvenzverfahren eröffnet und deshalb gemäß § 240 ZPO das Verfahren insoweit unterbrochen worden ist. Das Verfahren gegen die übrigen Streitgenossen wird durch die Unterbrechung des Verfahrens gegen einen einfachen Streitgenossen nicht berührt. In diesen Fällen hat der Bundesgerichtshof trotz der jeweils offen liegenden Gefahr, daß bei Aufnahme des durch den Konkurs bzw. die Insolvenz unterbrochenen Verfahrens eine abweichende Entscheidung ergehen könnte, stets die Möglichkeit bejaht, gemäß § 301 ZPO ein Teilurteil zu erlassen (BGH, Urteil vom 3. Juli 2001 - VI ZR 284/00, BGHZ 148, 214, 216; Urteil vom 10. März 1988 - IX ZR 194/87, NJW 1988, 2113; Urteil vom 1. April 1987 - VIII ZR 15/86, NJW 1987, 2367, 2368). Diese Ausnahme von dem Grundsatz, daß ein Teilurteil dann nicht ergehen soll, wenn die Gefahr widerstreitender Erkenntnisse besteht, ist im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch Konkurs oder Insolvenz eines einfachen Streitgenossen regelmäßig gerechtfertigt, weil die Unterbrechung zu einer faktischen Trennung der Verfahren führt. Die Dauer der Unterbrechung ist in der Regel ungewiß. Sie endet, wenn das Verfahren nicht nach den für das
Konkurs- oder Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen wird, erst dann, wenn das Konkurs- oder Insolvenzverfahren beendet ist. Dieses Verfahren kann sich in Einzelfällen viele Jahre lang hinziehen. Ob und gegebenenfalls wann eine Aufnahme des Verfahrens erfolgt, ist in aller Regel nicht voraussehbar. Die übrigen Streitgenossen haben keine prozessuale Möglichkeit , die Aufnahme des Verfahrens und damit auch den Fortgang des Prozesses insgesamt zu bewirken. Es wäre mit dem Anspruch der übrigen Prozeßbeteiligten auf einen effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die abstrakte Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht. Anders kann es zu beurteilen sein, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß das unterbrochene Verfahren alsbald fortgesetzt werden kann. Solche Anhaltspunkte lagen nicht vor. 2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht hätte aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit die Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagten zu 2 von Amts wegen als Partei vernehmen müssen.
a) Die Entscheidung über die Vernehmung einer Partei nach § 448 ZPO liegt im Ermessen des Tatrichters und ist im Revisionsverfahren nur daraufhin nachprüfbar, ob die rechtlichen Voraussetzungen verkannt sind oder das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt worden ist. Die Parteivernehmung von Amts wegen darf nur angeordnet werden, wenn aufgrund einer vorausgegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache spricht (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96, NJW 1999, 363, 364 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die in § 448 ZPO geregelten
Voraussetzungen für eine Parteivernehmung der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagten zu 2 verneint. Es ist zu der Überzeugung gekommen, daß die im einzelnen festgestellten Ergebnisse der Beweisaufnahme überzeugend gegen die Richtigkeit der Darstellung der Klägerin sprächen. Damit hat es zum Ausdruck gebracht, daß die Behauptung der Klägerin unwahrscheinlich ist. Die von der Revision angeführten Gründe, die für eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Behauptung der Klägerin sprechen sollen, hat das Berufungsgericht umfassend berücksichtigt.
b) Durch die Ablehnung der Vernehmung der Geschäftsführer der Klägerin und, soweit zulässig, der Beklagten zu 2 hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen, wie er aus dem Gleichheitssatz, dem Rechtsstaatsgebot und Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeleitet werden kann (vgl. die Entscheidung des EGMR, NJW 1995, 1413, 1414 - Dombo Beheer B.V.; BVerfG, Beschluß vom 25. Juli 1979 - 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131, 156; Beschluß vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531, 2532). aa) Erfordert der Grundsatz der Waffengleichheit, daß der Partei, die für ein Gespräch keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozeß persönlich einzubringen, so ist dem grundsätzlich Genüge getan, wenn die Partei nach § 141 ZPO angehört wird. Die dagegen von der Revision und teilweise auch von der Literatur erhobenen Bedenken (Kluth/Böckelmann, MDR 2002, 476, 480; Messer, Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof , S. 67, 81 f.) sind unbegründet. Sie tragen nicht dem Umstand Rechnung, daß der Bundesgerichtshof einerseits den Anwendungsbereich und den Beweiswert einer Parteianhörung gesteigert und andererseits die Anforderungen an die Zulässigkeit der Vernehmung einer Partei, die sich in Beweisnot befindet, abgesenkt hat (vgl. BVerfG, Beschluß vom 21. Februar 2001 - 2 BvR
140/00, aaO; BGH, Urteil vom 9. März 1990 - V ZR 244/88, BGHZ 110, 363, 365 f.). Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gewährleistet, daß das Ergebnis der Anhörung ausreichend Gewicht hat (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998, aaO). Durch die Anhörung der Partei wird das Gericht freilich nicht von der Prüfung der Frage entbunden, ob nach § 448 ZPO eine förmliche Parteivernehmung stattzufinden hat. Bei dieser Prüfung kann es jedoch unter Heranziehung aller Umstände wie auch der Anhörung der Partei nach § 141 ZPO zu dem Ergebnis kommen, daß keine Wahrscheinlichkeit für die unter Beweis gestellte Behauptung besteht (vgl. Lange, NJW 2002, 476, 482). Das Berufungsgericht hat den Geschäftsführer der Klägerin nach § 141 ZPO angehört. Es hat seine Angaben bei der persönlichen Anhörung in der Beweiswürdigung ausführlich berücksichtigt. bb) Der Grundsatz der Waffengleichheit wird nicht verletzt, wenn das Gericht nach Vernehmung eines Zeugen davon absieht, die Gegenpartei gemäß § 448 ZPO von Amts wegen zu vernehmen, weil es keine Wahrscheinlichkeit für die Parteibehauptung erkennt (BGH, Urteil vom 19. April 2002 - V ZR 90/01, NJW 2002, 2247).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 ZPO. Dressler Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 23. Juli 2014 - 6 Sa 198/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der 1961 geborene Kläger wurde 1985 von der D P der DDR eingestellt. Sein Arbeitsverhältnis, das nach § 10 UTV iVm. § 7 TV Sonderregelungen iVm. § 26 MTV DT AG betriebsbedingt nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, ging zum 1. Mai 2007 auf die Beklagte zu 2. über.

3

Die Beklagte zu 2. beschäftigte den Kläger als Call-Center-Agent zu den bei ihrer Betriebsvorgängerin geltenden Bedingungen weiter. Mit neu eingestellten Arbeitnehmern vereinbarte sie deutlich schlechtere Konditionen. Im Juli 2008 bot sie den übernommenen Mitarbeitern an, mit Wirkung zum 1. Januar 2009 neue Arbeitsverträge abzuschließen. Darin waren eine Verlängerung der Arbeitszeit, der Wegfall sämtlicher Sonderzahlungen und eine Absenkung der Vergütung bei Zahlung einer Besitzstandszulage bis zum Jahr 2012 vorgesehen. Das Angebot wurde von 44 Arbeitnehmern - unter ihnen der Kläger - abgelehnt (sog. Nein-Sager).

4

Bis mindestens zum Sommer 2009 konnten alle Mitarbeiter von ihren Arbeitsplätzen aus sowohl Backoffice-Tätigkeiten als auch Call-Center-Arbeiten verrichten. Sodann wurden die „Nein-Sager“ einem Bereich zugeordnet, in dem sie ausschließlich Backoffice-Tätigkeiten in Gleitzeit von 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr im Zweischichtmodell auszuüben hatten. Im Call-Center-Bereich wurden in einem Großraumbüro mit Telefontätigkeiten im 24-Stunden-Takt die neu eingestellten Mitarbeiter sowie diejenigen übernommenen Arbeitnehmer beschäftigt, die sich mit der Änderung der Arbeitsverträge einverstanden erklärt hatten (sog. Ja-Sager).

5

Im Oktober 2009 entschied die Beklagte zu 2., ihren Betrieb zum 7. Dezember 2009 in diese beiden Bereiche förmlich aufzuspalten und die damit entstehenden eigenständigen Betriebe zum 1. Januar 2010 an die Beklagte zu 1. (Call-Center) und eine andere Gesellschaft (Backoffice) zu verpachten. In einer Betriebsvereinbarung verzichteten die künftigen Pächterinnen bis zum 31. Dezember 2010 darauf, betriebsbedingte Kündigungen gegenüber den von der Aufspaltung und Verpachtung betroffenen Arbeitnehmern zu erklären. Für die „Ja-Sager“ galt der Kündigungsverzicht bis zum 30. April 2012.

6

Mit Schreiben von Ende Dezember 2009 widersprach der Kläger - als einer von insgesamt elf Arbeitnehmern - dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Pächterin des Betriebs Backoffice und bot seine Arbeitsleistung für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 der Beklagten zu 1. an.

7

Mit E-Mail vom 20. Januar 2010 hörte die Beklagte zu 2. den nach den Betriebsübergängen bei der Beklagten zu 1. amtierenden Betriebsrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger betriebsbedingt außerordentlich mit Auslauffrist, hilfsweise ordentlich zu kündigen. Der Betriebsrat nahm die E-Mail am 21. Januar 2010 zur Kenntnis. Er gab keine Stellungnahme ab.

8

Mit Schreiben vom 28. Januar 2010 kündigte die Beklagte zu 2. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wie geplant jeweils zum 31. August 2010. Das Kündigungsschreiben wurde zwei Mitarbeitern am 28. Januar 2010 übergeben und dem Kläger von diesen weisungsgemäß - erst - am 29. Januar 2010 überbracht.

9

Im Januar und März 2011 nahm die Pächterin des Betriebs Backoffice an zwei Ausschreibungen großer Unternehmen teil. Zum 31. Dezember 2012 legte sie ihren Betrieb still.

10

Im hiesigen Rechtsstreit hat der Kläger vorrangig ua. die Feststellung begehrt, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1. seit dem 1. Januar 2010 ein Arbeitsverhältnis bestehe. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit diesem Antrag hat er feststellen lassen wollen, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2. durch deren Kündigungen vom 28. Januar 2010 nicht aufgelöst worden sei. Zur Begründung des Kündigungsschutzantrags hat er gemeint, die Beklagte zu 2. habe den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs missbräuchlich herbeigeführt. Dazu hat er behauptet, diese habe ihren Betrieb nur aufgespalten, um im weiteren Fortgang den „Nein-Sagern“ kündigen zu können. Deren Zusammenfassung in einem - anschließend verselbständigten - Bereich sei nicht durch unterschiedliche Arbeitsbedingungen gerechtfertigt gewesen. Die Beklagte zu 2. habe von Anfang an beabsichtigt, den nach ihrer Ansicht unrentablen Betrieb Backoffice auf eine andere Gesellschaft zu übertragen und von dieser stilllegen zu lassen. Ihr damaliger Geschäftsführer habe erklärt, man wolle sich von den „Nein-Sagern“ trennen und wisse, wie man dies tun könne, obwohl sie besonderen Kündigungsschutz genössen. Selbst wenn die von der Beklagten getroffenen Organisationsentscheidungen hinzunehmen sein sollten, sei er wegen der „konzernrechtlichen Strukturen“ auf einem freien Arbeitsplatz bei der Beklagten zu 1. weiterzubeschäftigen. Zudem sei der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigungen nicht ordnungsgemäß angehört worden.

11

Der Kläger hat - soweit noch streitgegenständlich - beantragt

        

festzustellen, dass die Kündigungen der Beklagten zu 2. vom 28. Januar 2010 das zwischen ihm und der Beklagten zu 2. bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 31. August 2010 beendet haben.

12

Die Beklagte zu 2. hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, Betriebsaufspaltung und Verpachtungsentscheidung seien rechtlich nicht zu beanstanden. Dazu hat sie behauptet, die Änderungsangebote seien unterbreitet worden, weil die Vergütung und die sonstigen Arbeitsbedingungen der übernommenen Arbeitnehmer sich als nicht marktgerecht erwiesen hätten. Die „Nein-Sager“ seien in einem eigenen Arbeitsbereich „gebündelt“ und von den anderen Mitarbeitern getrennt eingesetzt worden, damit der Betriebsfrieden nicht beeinträchtigt werde. Den bei der Beklagten zu 1. residierenden Betriebsrat habe sie vor Ausspruch der Kündigungen - vorsorglich - ordnungsgemäß angehört.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht den Hauptanträgen stattgegeben. Auf die Revisionen beider Beklagten hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21. Februar 2013 (- 8 AZR 878/11 -) das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Hauptanträge wiederhergestellt. Bezüglich des hilfsweise gestellten Kündigungsschutzantrags hat es den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Berufung nach neuer Verhandlung und Entscheidung auch insoweit zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Kündigungsschutzantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.

15

A. Die Kündigungsschutzklage ist zulässig. Sie ist nicht in subjektiver, sondern in objektiver Hinsicht bedingt erhoben worden. Im Übrigen hat der Kläger sie im Laufe des Verfahrens in prozessual zulässiger Weise in eine unbedingte Klage „umgestellt“.

16

I. Die Kündigungsschutzklage erweist sich von Beginn an nicht als subjektive, sondern als objektive Eventualklage. Der scheinbar nur die Beklagte zu 1. betreffende Hauptantrag zu 1. war in Wahrheit auch gegen die Beklagte zu 2. (künftig Beklagte) gerichtet. Damit war die Rechtshängigkeit der gegenüber der Beklagten hilfsweise erhobenen Kündigungsschutzklage von einer innerprozessualen und nicht von einer außerprozessualen Bedingung abhängig.

17

1. Der Achte Senat hat den Hauptantrag zu 1. dahin verstanden, es solle auch gegenüber der Beklagten, die sich einer gegenteiligen Rechtsposition berühmt hat (vgl. BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 215/03 - zu B I 2 b der Gründe mwN), festgestellt werden, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers seit dem 1. Januar 2010 zur Beklagten zu 1. bestand. Vor diesem Hintergrund hat er weder die Beschwer der Beklagten durch das erste Berufungsurteil bezweifelt noch die Zulässigkeit des Kündigungsschutzantrags in Frage gestellt. Letztes wäre geboten gewesen, hätte er eine subjektive Eventualklage angenommen (vgl. BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 720/08 - Rn. 35; 24. Juni 2004 - 2 AZR 215/03 - zu B I 2 a der Gründe). Die „Hilfsklage“ gegen den einen Beklagten „erstarkt“ zwar zu einer unbedingten Klage, wenn die „Hauptklage“ gegen den anderen Beklagten rechtskräftig abgewiesen wird. Der damit verbundene Übergang von einem Hilfs- zu einem Hauptantrag stellt in einem solchen Fall jedoch eine in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässige (vgl. BGH 6. Dezember 2006 - XII ZR 190/06 - Rn. 15, BGHZ 170, 176 in einer Kindschaftssache) Klageerweiterung dar. Während der Beklagte bei einem in objektiver Hinsicht bedingten Klageantrag stets damit rechnen muss, dass diesem auch stattgegeben werden kann, wenn die innerprozessuale Bedingung nach Ansicht des erkennenden Instanzgerichts eingetreten ist, darf er bei einem in subjektiver Hinsicht bedingten Klageantrag davon ausgehen, dass dieser - wegen der Unzulässigkeit der außerprozessualen Bedingung - unabhängig vom Schicksal der „Hauptklage“, also selbst bei Eintritt der außerprozessualen Bedingung, unter die er gestellt ist, als unzulässig abgewiesen wird (vgl. BGH 6. Dezember 2006 - XII ZR 190/06 - Rn. 9, aaO).

18

2. Für die Frage, ob der Kündigungsschutzantrag innerhalb eines bereits unbedingt bestehenden Prozessrechtsverhältnisses zur Beklagten objektiv bedingt erhoben worden ist, spielen das genaue Verständnis und die Zulässigkeit des Hauptantrags zu 1. keine Rolle.

19

a) Allerdings kommt das vom Achten Senat dem ersten Revisionsurteil zugrunde gelegte Verständnis des Hauptantrags zu 1. einer Meinung im Schrifttum nahe, der zu Folge der Arbeitnehmer den kündigenden Arbeitgeber als Betriebsveräußerer mit einem Hauptantrag auf die Feststellung verklagen soll, dass zu ihm im Kündigungszeitpunkt kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe, um sodann mit einem - objektiv bedingten - Hilfsantrag Kündigungsschutzklage gegen ihn zu führen. Daneben könne der Arbeitnehmer den weiteren - potenziellen - Arbeitgeber als Betriebserwerber auf die Feststellung verklagen, dass zwischen ihnen ein - ungekündigtes - Arbeitsverhältnis bestehe (so HaKo-Mestwerdt/Wemheuer 5. Aufl. § 613a BGB Rn. 212).

20

b) Dieser Vorschlag hat vieles für sich. Der Arbeitnehmer bringt den von ihm zuvorderst eingenommenen Standpunkt rechtssicher und kostenschonend „in Antragsform“. Er vermeidet eine in subjektiver Hinsicht bedingte Klagehäufung und muss den von ihm „eigentlich“ für unbegründet erachteten Kündigungsschutzantrag nicht als unbedingten Antrag stellen. Die „Vorschaltung“ des negativen Feststellungsantrags beeinträchtigt nicht das durch § 4 Satz 1 KSchG iVm. § 61a ArbGG anerkannte dringende Entscheidungsinteresse des kündigenden Arbeitgebers(vgl. Bakker Anm. EzA KSchG § 4 nF Nr. 46; Lüke JuS 1996, 969, 970). Es wird eine „Vorfrage“ des Antrags nach § 4 Satz 1 KSchG - das Bestehen des Arbeitsverhältnisses bei Zugang der Kündigung - innerhalb des „richtigen“ Prozessrechtsverhältnisses beantwortet und damit das Prüfprogramm des Kündigungsschutzantrags - so er anfallen sollte - verringert(vgl. Reiche Die prozessualen Folgen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB S. 199 f.).

21

c) Indes verbleibt die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, insbesondere dadurch, dass die Klageanträge, die nach §§ 59, 60 ZPO in selbständigen, bloß äußerlich zu einem Rechtsstreit verbundenen Prozessrechtsverhältnissen gestellt werden, während des Verfahrens „auseinanderlaufen“. Wenn das Arbeitsgericht beiden allgemeinen Feststellungsklagen stattgäbe, weil es einen Übergang des Arbeitsverhältnisses annimmt, auf die - alleinige - Berufung des vermeintlichen Erwerbers aber die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen würde, stünde der Arbeitnehmer gleichsam „ohne Arbeitsverhältnis“ da. Wegen der Präjudizialität der Entscheidung über seine negative Feststellungsklage könnte er nicht einmal eine Erfolg versprechende - neue - Kündigungsschutzklage gegen den „Veräußerer“ erheben.

22

d) Dem könnte der Arbeitnehmer entgehen, wenn man eine „Betriebsübergangs-Feststellungsklage“ für nach § 256 ZPO zulässig hielte und insofern eine notwendige Streitgenossenschaft iSv. § 62 ZPO zwischen den beklagten „Arbeitgebern“ annähme. Die Entscheidung über den zwingend gegen beide „Arbeitgeber“ gemeinsam zu richtenden Antrag „festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis vor Zugang der Kündigung von der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist“, dürfte auch aus Gründen des materiellen Rechts nur einheitlich gegenüber beiden Beklagten ergehen. Bei dem Übergang eines Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB fällt der „Beendigungstatbestand“ gegenüber dem Veräußerer mit dem „Begründungstatbestand“ gegenüber dem Erwerber zusammen. Fehlt es an dem einen, mangelt es auch an dem anderen. Der Antrag wäre auch dann insgesamt abzuweisen, wenn das Gericht annehmen sollte, das Arbeitsverhältnis sei zwar übergegangen, dies jedoch auf einen anderen Arbeitgeber als den Zweitbeklagten. Würde dem Antrag stattgegeben, stünde zweierlei fest: Die Kündigung des Veräußerers ging „ins Leere“ und das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand für eine juristische Sekunde zum Erwerber. Hingegen wäre die Klage insoweit allein gegen den Erwerber gerichtet, wenn auch der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit ihm festgestellt werden soll.

23

II. Sollte die vorliegende Kündigungsschutzklage gleichwohl in subjektiver Hinsicht bedingt erhoben worden sein, wäre sie jedenfalls im fortgesetzten Berufungsverfahren zulässig geworden. Der Kläger kann eine subjektive Eventualklage „bescheidungsfähig“ machen, indem er sie in eine unbedingte „umstellt“, also die Bedingung nachträglich fallen lässt (vgl. BAG 31. März 1993 - 2 AZR 467/92 - zu B II 2 b cc (2) der Gründe, BAGE 73, 30; BGH 6. Dezember 2006 - XII ZR 190/06 - Rn. 15, BGHZ 170, 176). Eben dies hat der Kläger nach der Zurückverweisung der Sache durch den Achten Senat zwangsläufig getan. Nachdem die „Hauptklage“ rechtskräftig abgewiesen worden war, konnte es sich bei dem Kündigungsschutzantrag nur noch um eine unbedingte Klage handeln. Diese hat das Landesarbeitsgericht als unbegründet abgewiesen. Ob dies eine Klageänderung im Berufungsverfahren darstellte und die Voraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt waren, ist vom Revisionsgericht analog § 268 ZPO nicht zu überprüfen(BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 24; 9. Dezember 2014 - 1 AZR 146/13 - Rn. 24).

24

B. Der Kündigungsschutzantrag ist unbegründet.

25

I. Das ist allerdings nicht schon deshalb der Fall, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers im Kündigungszeitpunkt nicht mehr zur Beklagten bestanden hätte. Selbst wenn das Gegenteil nicht aufgrund der Entscheidung des Achten Senats rechtskräftig feststehen sollte, herrscht zwischen den Parteien seither doch kein Streit mehr darüber, dass sie bei Zugang der Kündigung durch ein Arbeitsverhältnis verbunden waren. Die Beklagte hat dies ohnehin nie in Abrede gestellt.

26

II. Es kann offenbleiben, ob die Klage sich bereits deswegen als unbegründet erweist, weil die Kündigung nach § 7 KSchG als wirksam gilt. Allerdings dürfte die Frist des § 4 Satz 1 KSchG ohne Weiteres gewahrt worden sein, wenn der Kläger den Kündigungsschutzantrag „nur“ in objektiver Hinsicht bedingt gestellt haben sollte. Insofern dürfte nichts anderes gelten als bei mehreren in - wenn auch unechten - Hilfsverhältnissen stehenden Kündigungsschutzanträgen (vgl. BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 15; 21. November 2013 - 2 AZR 598/12 - Rn. 16 ff., BAGE 146, 353; nach BAG 31. März 1993 - 2 AZR 467/92 - zu B II der Gründe, BAGE 73, 30 kann selbst eine subjektive Eventualklage die Frist des § 4 Satz 1 KSchG wahren).

27

III. Die Klage ist zumindest deshalb unbegründet, weil die mit korrekt bemessener Auslauffrist erklärte Kündigung der Beklagten vom 28. Januar 2010 wirksam ist. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung bestand. Die Kündigung ist auch nicht wegen fehlerhafter Anhörung eines Betriebsrats unwirksam.

28

1. Auf der Grundlage der den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB für eine außerordentliche Kündigung mit - notwendiger - Auslauffrist vor.

29

a) Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung mit einer der - fiktiven - ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist kommt in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Allerdings ist der Arbeitgeber in diesem Fall in besonderem Maße verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn sämtliche denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (vgl. BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 30; 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 17). Diese Grundsätze gelten einerseits auch dann, wenn der Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit aus einer innerbetrieblichen, von äußeren Faktoren nicht „erzwungenen“ Maßnahme resultiert (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 18, BAGE 145, 265; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 15). Andererseits muss der Arbeitgeber vor einer außerordentlichen Kündigung aus betrieblichen Gründen auch dann alle zumutbaren, eine Weiterbeschäftigung ermöglichenden Mittel ausgeschöpft haben, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes auf einem Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a BGB „beruht“. Die tarifliche besondere Absicherung des Arbeitsverhältnisses wird durch einen voraussetzungslos zulässigen Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht gemindert (vgl. BAG 29. März 2007 - 8 AZR 538/06 - Rn. 35; 17. September 1998 - 2 AZR 419/97 - zu II 6 der Gründe).

30

b) Der Kläger genoss aufgrund seines Lebensalters und seiner Betriebszugehörigkeit besonderen Kündigungsschutz gemäß § 10 Abs. 1 UTV iVm. § 7 TV Sonderregelungen iVm. § 26 Abs. 1 und Abs. 2 MTV DT AG. Betriebsbedingt konnte sein Arbeitsverhältnis nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden.

31

c) Das Arbeitsverhältnis der Parteien war aufgrund von der Beklagten getroffener, rechtlich nicht zu beanstandender Organisationsmaßnahmen dauerhaft sinnentleert. Die Kündigung konnte nicht dadurch vermieden werden, dass der Kläger einer anderen Gesellschaft „gestellt“ oder bei dieser „untergebracht“ worden wäre.

32

aa) Die Beklagte hat ihren Betrieb in zwei Bereiche getrennt und sodann in zwei selbständige Betriebe aufgespalten. Beide Betriebe hat sie an andere Gesellschaften verpachtet. Die Überwachung der Pachtverträge hat sie nach außen vergeben. Aufgrund der Verpachtung ihrer Betriebe hatte die Beklagte unstreitig keinen Bedarf mehr an einer Beschäftigung von Arbeitnehmern „im eigenen Hause“.

33

bb) Die Beklagte musste den Kläger weder einem anderen Unternehmen zur Arbeitsleistung „überlassen“ noch musste sie versuchen, ihn bei einem anderen Arbeitgeber „unterzubringen“.

34

(1) Der Arbeitgeber muss grundsätzlich keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten neu schaffen, um eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zu vermeiden. Es kommt allein darauf an, ob andere Beschäftigungsmöglichkeiten tatsächlich noch bestehen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 27, BAGE 145, 265). Das beurteilt sich - sofern nicht ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegt - anhand der nach einer unternehmerischen Entscheidung bestehenden Strukturen. Weder stellt der Verzicht auf die beschlossene Organisationsmaßnahme eine „geeignete andere Maßnahme“ zur Vermeidung einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung dar (vgl. BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 21) noch kann der Arbeitgeber gezwungen sein, eine Organisationsentscheidung mit dem Ziel zu „modifizieren“, dass jedenfalls die Arbeitsplätze von Arbeitnehmern in ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnissen erhalten bleiben. Durch eine solche gerichtliche Grenzziehung würde die unternehmerische Entscheidung nicht nur kontrolliert, sondern ihr ggf. eine andere Gestalt gegeben. Wenn sie aber wegen Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich als „Fixpunkt“ hinzunehmen ist und ihre Vorgaben nicht verändert werden sollen, kann dem Arbeitgeber nicht vorgegeben werden, welche und wie viele Arbeitsplätze er in seinem „Betrieb“ weiter vorzuhalten hat. Vielmehr kann es nur darum gehen, ob auch auf der Basis der von ihm - nicht missbräuchlich - getroffenen unternehmerischen Entscheidung noch eine Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer sinnvoll weiterzubeschäftigen (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 19 ff., aaO; 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - zu B V 3 a, b der Gründe mwN).

35

(2) Hiernach musste die Beklagte nicht versuchen, den Kläger einer der Pächterinnen zu „stellen“.

36

(a) Die Beklagte hatte entschieden, selbst künftig nur noch als Verpächterin aufzutreten. Gegenstand der Pachtverträge waren nach deren § 1 jeweils das gesamte Sachanlagevermögen, die Nutzungsrechte an den Betriebsräumen sowie die sonstigen der Beklagten bei Pachtbeginn zustehenden materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände und Rechte aller Art, die dem Betrieb der verpachteten Anlagen zu dienen bestimmt waren oder mit dem Betrieb in Zusammenhang standen. Den Beteiligten war klar, dass in Vollzug dieser Regelungen die Arbeitsverhältnisse, die vormals zur Beklagten bestanden hatten, auf die jeweilige Pächterin übergehen würden. Hingegen sollten die Pachtverträge nach § 3 Ziff. 5 in ihrer Wirksamkeit ausdrücklich vom Übergang der Arbeitsverhältnisse unabhängig sein. Die Beklagte hatte sich nicht etwa verpflichtet, den Pächterinnen - zumal fortlaufend - eine bestimmte Anzahl an Arbeitnehmern „zur Verfügung zu stellen“. Wäre sie, um die Kündigung zu vermeiden, gehalten gewesen, den Kläger einer der Pächterinnen als Arbeitnehmer zu „überlassen“, hätte sie die von ihr getroffene, von den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich hinzunehmende Unternehmerentscheidung zumindest teilweise revidieren und entgegen ihrem Willen fortan als „Arbeitnehmerverleiherin“ tätig werden müssen.

37

(b) Hierzu war die Beklagte nicht ausnahmsweise deshalb verpflichtet, weil sie sich einer entsprechenden Tarifregelung „unterworfen“ und nunmehr deren Vorgaben umzusetzen hätte.

38

(aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der (öffentliche) Arbeitgeber verpflichtet sein, eine Weiterbeschäftigung im Wege der Personalgestellung - ggf. mit einer Differenzzahlung - in seine Überlegungen einzubeziehen, wenn der Arbeitnehmer einen Sonderkündigungsschutz genießt, der - wie etwa § 55 BAT - das Arbeitsverhältnis in „garantieähnlicher“ Weise einem Beamtenverhältnis annähert(vgl. BAG 29. März 2007 - 8 AZR 538/06 - Rn. 36 ff.; 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - zu B V 3 b cc der Gründe; 24. Juni 2004 - 2 AZR 215/03 - zu B II 3 der Gründe; 27. Juni 2002 - 2 AZR 367/01 - zu II 5 c der Gründe, BAGE 102, 40). Bei der Prüfung von „Personalgestellungsmöglichkeiten“ handelt es sich dann um die „Erfüllung des (…) vereinbarten Sonderkündigungsschutzes“ (so ausdrücklich BAG 29. März 2007 - 8 AZR 538/06 - Rn. 42).

39

(bb) Der Kläger genießt keinen solchen Sonderkündigungsschutz. § 26 MTV DT AG räumt den betreffenden Arbeitnehmern keine „Beschäftigungsgarantie“ ein. Er nähert deren Arbeitsverhältnisse auch sonst nicht einem Beamtenverhältnis an. Weder schließt er - wie § 55 BAT - eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung grundsätzlich aus, noch verpflichtet er den Arbeitgeber dazu, den Arbeitnehmer ggf. entsprechend beamtenrechtlichen Vorschriften in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen (so die Tarifregelung im Fall von BAG 29. März 2007 - 8 AZR 538/06 -). Es kann dahinstehen, ob eine solche Regelung zulasten eines privaten Arbeitgebers in einem (Haus-)Tarifvertrag von Verfassungs wegen zulässig wäre, wenn der besondere Kündigungsschutz „lediglich“ an die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter des Arbeitnehmers anknüpft und es sich nicht um eine - zeitlich begrenzte - Gegenleistung für einen Verzicht des Arbeitnehmers auf bestimmte Rechtsansprüche handelt (vgl. BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 27 mwN; Bitter/Kiel FS Schwerdtner S. 13 f. und S. 22 ff.).

40

(c) Die Beklagte war auch nicht aufgrund einer besonderen Sachverhaltsgestaltung gezwungen, eine „Gestellung“ an eine der beiden Pächterinnen zu versuchen.

41

(aa) Das Bundesarbeitsgericht hat in einer früheren Entscheidung einem (privaten) Arbeitgeber abverlangt, einen Arbeitnehmer, der einen „normalen“ Sonderkündigungsschutz genoss und dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB widersprochen hatte, gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG aF solange auf seinem „übergegangenen“ Arbeitsplatz einzusetzen, bis bei ihm - dem kündigenden Veräußerer - selbst geeignete Arbeitsplätze frei wurden(vgl. BAG 17. September 1998 - 2 AZR 419/97 - zu II 6 der Gründe). Zudem hat es in einem Fall, in dem der Veräußerer eines Betriebsteils neben einem weiteren Gesellschafter 50 vH der Anteile an dem Erwerber hielt, angenommen, er - der Veräußerer - müsse sich bei seinem Mitgesellschafter darum bemühen, dass der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechende - abberufene - Beauftragte für den Datenschutz zumindest so lange auf dem „übergegangenen“ Arbeitsplatz eingesetzt werden könne, wie der besondere Kündigungsschutz nach § 4f Abs. 3 Satz 5 bzw. Satz 6 BDSG bestehe. Dabei spielte es auch eine Rolle, dass der betreffende Arbeitnehmer noch nach seinem Widerspruch beim Erwerber eingesetzt worden war (vgl. BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 23).

42

(bb) Der Streitfall liegt anders. Der Kläger war kein Funktionsträger. Er wurde nicht trotz seines Widerspruchs bei der Pächterin des „Backoffice“ eingesetzt. Seine „Gestellung“ an eine der beiden Pächterinnen, an denen die Beklagte nicht als Gesellschafterin beteiligt ist, hätte nicht bloß der „Überbrückung“ gedient. Sie wäre vielmehr auf Dauer angelegt und mit den von der Beklagten getroffenen Organisationsentscheidungen nicht „kompatibel“ gewesen. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Beklagte sich bei einem „Verleih“ des Klägers an eine ihrer Pächterinnen nicht auch dem Verdacht ausgesetzt hätte, die „Überlassung“ geschehe in Erfüllung oder zumindest zum „Erhalt“ der Pachtverträge und damit gewerbsmäßig - dh. mit Gewinnerzielungsabsicht - iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG in der bei Zugang der Kündigung geltenden Fassung vom 23. Dezember 2002.

43

(3) Die Beklagte musste nicht versuchen, den Kläger bei einer anderen Gesellschaft der „Gruppe“ - namentlich bei einer der beiden Pächterinnen - „unterzubringen“.

44

(a) Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht gehalten, den Arbeitnehmer in einem Betrieb eines anderen Unternehmens „unterzubringen“. Ausnahmsweise kann eine solche Pflicht indes bestehen. Dies gilt etwa dann, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat oder wenn sich eine solche Verpflichtung aus einer vertraglichen Absprache oder einer in der Vergangenheit geübten Praxis ergibt. Weitere Voraussetzung ist, dass der Vertragsarbeitgeber auf die „Versetzung“ einen bestimmenden Einfluss hat. Die Entscheidung über sie darf grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten bleiben. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Möglichkeit der Einflussnahme aufgrund eindeutiger rechtlicher Regelungen oder nur faktisch besteht (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 39; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 27, BAGE 142, 36). Die zur konzernbezogenen Weiterbeschäftigungspflicht entwickelten Grundsätze gelten auch im Falle einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist (vgl. BAG 29. März 2007 - 8 AZR 538/06 - Rn. 43).

45

(b) Die Voraussetzungen einer konzernbezogenen Weiterbeschäftigungspflicht sind hier nicht erfüllt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass eine andere Gesellschaft der „Unternehmensgruppe“ zur Übernahme des Klägers bereit gewesen und der Beklagten insofern ein bestimmender Einfluss eingeräumt worden wäre. Hinsichtlich der beiden Pächterinnen tritt hinzu, dass der Kläger diejenige des „Backoffice“ ausweislich des Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses als Vertragsarbeitgeberin abgelehnt hatte (§ 242 BGB) und er - als „Nein-Sager“ - für die Beklagte zu 1. zu den bei dieser geltenden Konditionen ausdrücklich nicht hatte tätig werden wollen.

46

cc) Die Organisationsentscheidungen, die dazu geführt haben, dass der Kläger von der Beklagten nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden konnte, sind rechtlich nicht zu beanstanden.

47

(1) Die gerichtliche Kontrolle unternehmerischer Entscheidungen zielt nicht darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen. Sie dient nicht dazu, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die ihn gerade zu dem von ihm gewählten Konzept erwogen haben. Es geht allein darum, Missbrauch zu verhindern. Ein solcher kann vorliegen, wenn die Maßnahmen des Arbeitgebers alleine darauf abzielen, den Arbeitnehmer „loszuwerden“ (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 34). Dagegen genügt es nicht, dass Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der getroffenen Organisationsentscheidungen in Zweifel stehen. Dies gilt auch in Fällen, in denen von ihnen Arbeitnehmer in ordentlich unkündbaren Arbeitsverhältnissen betroffen sind (vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - zu B V 3 a der Gründe).

48

(2) Für beschlossene und durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidungen spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurden und nicht auf Rechtsmissbrauch beruhen. Im Prozess hat der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffenen Organisationsmaßnahmen offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind. Trägt er entsprechende Indizien vor, ist in den Tatsacheninstanzen zunächst zu prüfen, ob diese in ihrer Gesamtschau, ggf. im Zusammenhang mit dem übrigen Prozessstoff auf das Vorliegen von Rechtsmissbrauch schließen lassen. Ist dem so, sind die vom Arbeitnehmer angetretenen Beweise zu erheben, soweit der Arbeitgeber die Indiztatsachen ausreichend bestritten hat (§ 138 ZPO), und sind die Ergebnisse der Beweisaufnahme unter Beachtung der den Arbeitnehmer treffenden objektiven Beweislast zu würdigen (§ 286 Abs. 1 ZPO). Bei alledem ist das Gericht grundsätzlich frei darin, welche Beweiskraft es den - unstreitigen oder bewiesenen - Indizien im Einzelnen und in der Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 35 mwN).

49

(3) Vom Revisionsgericht wird nur überprüft, ob das Berufungsgericht keine überspannten Anforderungen an das Maß der richterlichen Überzeugung gestellt und sämtliche vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände widerspruchsfrei beachtet hat und ob die Beweiswürdigung frei von Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze und rechtlich möglich ist (vgl. BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 42, BAGE 123, 1; 20. November 2003 - 8 AZR 580/02 - zu II 3 b bb (4) der Gründe).

50

(4) Diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung stand. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, gegen die der Kläger keine Verfahrensrügen erhoben hat, ist frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht ist von den richtigen Grundsätzen ausgegangen und hat den von ihm festgestellten Sachverhalt voll ausgeschöpft. Dabei hat es sich vertretbar und ohne dass es insofern eine absolute Gewissheit verlangt hätte, nicht die volle Überzeugung bilden können, das Handeln der Beklagten habe - von vornherein - einzig darauf abgezielt, die Arbeitsverhältnisse der „Nein-Sager“ einseitig beenden zu können.

51

(a) Das Landesarbeitsgericht hat berücksichtigt, dass die „Nein-Sager“ im „Backoffice“ gebündelt wurden und dieser Bereich damit hinsichtlich der Personalkosten „verteuert“ wurde. Es hat den einschlägigen Plan eines Beraters ebenso in seine Würdigung einbezogen wie die vom Kläger behauptete Äußerung des damaligen Geschäftsführers der Beklagten, man wolle sich von den „Nein-Sagern“ trennen und kenne Möglichkeiten, dies trotz deren besonderen Kündigungsschutzes zu erreichen.

52

(b) Aus diesen Umständen hat das Landesarbeitsgericht dennoch nicht geschlossen, es sei der Beklagten unter dem Deckmantel unternehmerischer Entscheidungsfreiheit allein darum gegangen, die Arbeitsverhältnisse der „Nein-Sager“ wirksam kündigen zu können. Es hat gemeint, die Beklagte könne das „Backoffice“ und das „Call-Center“ auch zu dem Zweck getrennt und die zu den alten Vertragsbedingungen tätigen „Nein-Sager“ im Bereich Backoffice „gebündelt“ haben, den Betriebsfrieden zu wahren. Dass die Backoffice-Tätigkeiten „verteuert“ worden seien, besage nicht, dass die Beklagte diesen Bereich habe „vor die Wand fahren“ wollen. Dagegen spreche, dass den „Nein-Sagern“ ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen bis zum 31. Dezember 2010 eingeräumt worden sei und die Erwerberin noch nach diesem Termin - im Januar und März 2011 - an zwei Ausschreibungen großer Unternehmen teilgenommen habe. Die Beklagte müsse auch nicht den Plan ihres Beraters verfolgt haben. Das Geschehen nach der Trennung der beiden Bereiche weiche in erheblicher Weise von diesem Plan ab. Der habe nicht vorgesehen, auch den - vermeintlich - stillzulegenden „Betriebsteil“ auf eine andere Gesellschaft zu übertragen. Das sei nicht nötig gewesen, um das vom Kläger unterstellte Ziel zu erreichen, die Arbeitsverhältnisse der „Nein-Sager“ wirksam kündigen zu können. Die in diesem Sinne „überflüssige“ Verpachtung auch des Betriebs Backoffice lasse zugleich die angebliche Äußerung des früheren Geschäftsführers der Beklagten in anderem Licht erscheinen. Die Beklagte habe sich von den „Nein-Sagern“ schon dadurch „trennen“ können, dass deren Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a BGB auf eine andere Gesellschaft übergingen. Insofern sei für sie lediglich bedeutsam gewesen, dass ein Widerspruch gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse keinen Sinn mache, weil bei ihr alle Beschäftigungsmöglichkeiten weggefallen seien. Hingegen habe eine „Trennung“ von der Beklagten nicht vorausgesetzt, dass die Erwerberin ihren Betrieb stilllege und die Arbeitsverhältnisse der „Nein-Sager“ beende.

53

(c) Die Erwägungen, aufgrund derer das Landesarbeitsgericht sich gehindert sah, mit dem von § 286 Abs. 1 ZPO geforderten Grad an Überzeugung anzunehmen, es sei der Beklagten einzig darum gegangen, die Arbeitsverhältnisse der „Nein-Sager“ wirksam kündigen zu können, lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

54

(aa) Das Landesarbeitsgericht durfte es als denkbar ansehen, dass die Beklagte die „Nein-Sager“ nicht aus missbräuchlichen Motiven, sondern zur Wahrung des Betriebsfriedens in einem eigenen Bereich „gebündelt“ hat (zur Berechtigung einer solchen Überlegung vgl. BAG 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - zu B III 1 aa der Gründe). Die Befürchtung, es könne zu Missstimmungen bei anderen Arbeitnehmern kommen, muss nicht deshalb vorgeschoben gewesen sein, weil bei der Beklagten eine Drei-Klassen-Gesellschaft aus „Nein-Sagern“, „Ja-Sagern“ und Neueinstellungen bestand. Dass die „Ja-Sager“ zunächst noch eine Besitzstandszulage bezogen, änderte weder etwas daran, dass die „Nein-Sager“ keinen Beitrag zum Bestand des Unternehmens geleistet hatten, noch etwas daran, dass sie zu - auf Dauer - besseren Konditionen beschäftigt wurden.

55

(bb) Aus dem Umstand, dass den „Nein-Sagern“ ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen bloß bis zum 31. Dezember 2010 eingeräumt worden ist, während den „Ja-Sagern“ ein solcher bis zum 30. April 2012 gewährt wurde, lässt sich nicht folgern, die Stilllegung des Betriebs Backoffice müsse im Zeitpunkt der Spaltungs- und Verpachtungsentscheidung bereits „beschlossene Sache“ gewesen sein. Aus der unterschiedlichen Länge der „Schutzfristen“ folgt allenfalls, dass es nach Einschätzung der Beteiligten um die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs Backoffice in der Tat schlechter bestellt war als um diejenige des Betriebs Call-Center. Im Übrigen dürfte es sich bei der Verlängerung - die Neueinstellungen ebenfalls nicht gewährt wurde - im Sinne eines „betrieblichen Bündnisses für Arbeit“ um eine Kompensation dafür gehandelt haben, dass die „Ja-Sager“ bereit gewesen waren, dem Angebot verschlechterter Vertragsbedingungen zuzustimmen.

56

(cc) Dass der Betrieb Backoffice - auch aufgrund des „teuren“ Personals - nach der eigenen Beurteilung der Beklagten schlechte Chancen am Markt haben würde, heißt nicht, es müsse ihr bei allem darum gegangen sein, die Arbeitsverhältnisse der „Nein-Sager“ wirksam kündigen zu können. Die Verpachtungen mögen dazu gedient haben, eine „Quersubventionierung“ zulasten der „Ja-Sager“ und der Neueinstellungen zu beenden. Damit ist jedoch nur gesagt, dass die Arbeitsverhältnisse dieser beiden Gruppen - insbesondere diejenigen der „Ja-Sager“ - möglichst erhalten werden sollten. Die Absicht, bestimmte Arbeitsverhältnisse zu „retten“, erlaubt nicht den Umkehrschluss, dass die Arbeitsverhältnisse der „Nein-Sager“ beendet werden sollten. Dagegen spricht auch, dass die Pächterin des „Backoffice“ nach dem Ende des „Kündigungsverbots“ am 31. Dezember 2010 noch an zwei Ausschreibungen großer Unternehmen teilgenommen und - nachdem sie dabei keine Berücksichtigung gefunden hatte - ihren Betrieb „erst“ zum 31. Dezember 2012 eingestellt hat. Es ist eine reine Mutmaßung, dass sie die Stilllegung aus „strategischen Gründen“ verzögert habe.

57

dd) Die Beklagte war nach den von ihr beschlossenen und umgesetzten Organisationsmaßnahmen für einen beträchtlichen Zeitraum an ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis gebunden. Der Kläger war bei Ablauf der Auslauffrist 49 Jahre alt und damit weit entfernt von einer - tariflichen - Altersgrenze (vgl. BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 37; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 31, BAGE 145, 265).

58

2. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

59

a) Im Kündigungszeitpunkt existierte kein Betriebsrat, den die Beklagte zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger hätte anhören müssen.

60

aa) Der Kläger gehörte seinerzeit keinem Betrieb mehr an, für den ein vollmandatierter Betriebsrat bestanden hätte. Nach der Aufspaltung des vormals einen Betriebs der Beklagten am 7. Dezember 2009 in die selbständigen Betriebe Call-Center und Backoffice besaß der Betriebsrat übergangsweise ein Vollmandat gemäß § 21a BetrVG nur noch für diese beiden neuen Betriebe. Für die frühere Einheit hatte er ggf. lediglich ein Restmandat nach § 21b BetrVG.

61

bb) Der vor der Betriebsaufspaltung amtierende Betriebsrat musste vor der Kündigung nicht aufgrund seines Übergangsmandats nach § 21a BetrVG angehört werden. Die „neuen“ Betriebe Call-Center und Backoffice gingen nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien zum 1. Januar 2010 unter Wahrung ihrer Identitäten auf andere Gesellschaften über. Damit bestand das Übergangsmandat des bisher amtierenden Betriebsrats gegenüber den neuen Leitungen der Betriebe fort. Der Kläger wiederum gehörte nach dem Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Pächterin des „Backoffice“ keinem der Betriebe mehr an. Für die aufgrund ihres Widerspruchs bei der Beklagten „zurückgebliebenen“ Arbeitnehmer besaß der Betriebsrat nicht etwa ein „Übergangsmandat zum Übergangsmandat“. Für ein solches bestand weder ein Bedarf noch eine normative Grundlage. § 21a BetrVG ist insofern nicht analog anzuwenden(vgl. BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1005/12 - Rn. 40, 41 für das Übergangsmandat zum Vollmandat im Fall eines Betriebsübergangs).

62

cc) Der vor der Betriebsaufspaltung amtierende Betriebsrat musste vor Ausspruch der Kündigung auch nicht aufgrund eines Restmandats nach § 21b BetrVG angehört werden.

63

(1) Es fehlte an dem für die Anwendung von § 21b BetrVG erforderlichen Zusammenhang der Kündigung mit der Aufspaltung des vormals einen Betriebs der Beklagten.

64

(a) Das Restmandat ist kein Vollmandat, sondern lediglich ein nachwirkendes Teilmandat. Es soll bei Eingreifen eines der in § 21b BetrVG beschriebenen Tatbestände gewährleisten, dass die zur Abwicklung nötigen betrieblichen Regelungen noch getroffen werden können. Es setzt daher einen funktionalen Bezug zu den durch die Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung ausgelösten Aufgaben des Betriebsrats voraus. § 21b BetrVG begründet kein allgemeines Mandat für alle im Zeitpunkt der betrieblichen Umstrukturierung noch nicht erledigten Betriebsratsaufgaben. Ebenso wenig erstreckt sich das Restmandat auf Aufgaben, die erst nach einer Betriebsspaltung in den durch sie geschaffenen neuen Einheiten anfallen. Solche Aufgaben können allenfalls Gegenstand eines Übergangsmandats sein (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 55, BAGE 142, 36).

65

(b) Das in Rede stehende Recht auf Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG weist keinen hinreichenden Bezug zu Aufgaben des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Betriebsspaltung auf. Die Kündigung beruhte - trotz des engen zeitlichen Zusammenhangs - nicht auf dieser Spaltung. Zu ihr führte erst der Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Pächterin des Betriebs Backoffice. Es kann, wie die Prüfung der Missbräuchlichkeit der von der Beklagten getroffenen Organisationsentscheidungen ergeben hat, nicht angenommen werden, in der Betriebsaufspaltung sei bereits die Stilllegung des verselbständigten Betriebs Backoffice - und dies nicht durch die Beklagte, sondern durch die Pächterin - „angelegt“ gewesen und deshalb der Kläger mit seinem Widerspruch einer „sicheren“ Kündigung durch die Erwerberin lediglich zuvorgekommen.

66

(2) Die Erklärung des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses ist ihrerseits kein Vorgang, an den ein Restmandat anknüpfen könnte. Sie stellt - sei es als Akt eines Einzelnen, sei es als kollektiver Akt einer Mehrzahl von Arbeitnehmern - schon deshalb keine Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung eines Betriebs dar, weil es sich bei ihr nicht um eine Entscheidung des Arbeitgebers handelt. Arbeitnehmer können keine Betriebe stilllegen, spalten oder zusammenlegen (vgl. BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1005/12 - Rn. 37; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 56, BAGE 142, 36). Ob etwas anderes in einem betriebsmittelarmen Betrieb zu gelten hat, wenn ein erheblicher Teil der Belegschaft vom Widerspruchsrecht Gebrauch macht, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Auf einen derartigen Sachverhalt beruft der Kläger sich nicht (vgl. BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1005/12 - aaO).

67

dd) Das Ergebnis, dass zu der beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers kein Betriebsrat anzuhören war, ist mit Art. 6 Nr. 1 der Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001 (Betriebsübergangsrichtlinie) vereinbar. Das Unionsrecht verlangt offenkundig nicht nach der voraussetzungslosen Anerkennung eines Übergangs- oder Restmandats des Betriebsrats für die Beteiligung an Kündigungen von Arbeitnehmern, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang widersprochen und dadurch ihre Zugehörigkeit zu der fortbestehenden betrieblichen Einheit selbst aufgehoben haben (vgl. BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1005/12 - Rn. 43; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 57, BAGE 142, 36).

68

b) Selbst wenn man mit dem Kläger den bei der Beklagten zu 1. amtierenden Betriebsrat für zuständig erachten wollte, hätte die Beklagte die Kündigung nicht verfrüht erklärt. Die dem Betriebsrat entsprechend § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG eingeräumte Frist zur Stellungnahme lief am 28. Januar 2010 um 24:00 Uhr ab. Zwar hat die Beklagte das Kündigungsschreiben bereits im Laufe dieses Tages zwei Mitarbeitern übergeben. Sie hat das jedoch mit der Maßgabe getan, die Kündigung solle erst am Morgen des 29. Januar 2010 „zugestellt“ werden. Dabei ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte bis dahin jederzeit Zugriff auf die Boten und damit hinreichend sichergestellt hatte, den Zugang der Kündigung verhindern zu können, falls sie ihren Entschluss aufgrund einer doch noch eingehenden Stellungnahme des Betriebsrats ändern sollte (vgl. dazu BAG 8. April 2003 - 2 AZR 515/02 - zu II 1 der Gründe, BAGE 106, 14). Gegen diese Annahme hat der Kläger mit der Revision nicht eingewandt, die Beklagte habe keine ausreichenden „Sicherheitsvorkehrungen“ getroffen.

69

C. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten zu 2. gegen das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 23. März 2016 - 2 Sa 35/15 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 2. hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger und die vormalige Beklagte zu 2. (im Folgenden Beklagte) streiten darüber, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis über den 31. März 2011 hinaus zwischen ihnen fortbesteht, und in diesem Zusammenhang darüber, ob das Arbeitsverhältnis zum 1. April 2011 infolge eines Betriebsübergangs auf die vormalige Beklagte zu 1., die I W GmbH + Co. KG, die später unter F H-K GmbH + Co. KG firmierte (im Folgenden F), übergegangen ist.

2

Der Kläger war seit 2001 als Schlosser im Betrieb der Beklagten in O beschäftigt. Dort stellte die Beklagte Industrieprodukte, insbesondere in den Bereichen Holz- und Kunststoffwerkstoffe, sowie Formteile her, veredelte diese und erbrachte Werk- und Dienstleistungen auf diesen Gebieten. Hierzu setzte sie die in ihrem Eigentum stehenden Betriebsmittel ein. Neben dem Betrieb in O unterhielt die Beklagte Betriebe in N und in B.

3

Im Sommer 2010 beschloss der Beirat der Beklagten auszugsweise Folgendes:

        

„Die W GmbH + Co. KG soll in Zukunft nur noch die Immobilien halten und verwalten sowie das Anlagevermögen, die Lizenzrechte sowie die sonstigen Vermögensgegenstände der Gesellschaft.

        

Der Betrieb der Gesellschaft soll zukünftig - im Wesentlichen unverändert - durch eine neu gegründete Schwestergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH + Co. KG mit den gleichen Beteiligungsverhältnissen wie bei der W GmbH + Co. KG geführt werden (W I GmbH + Co. KG). In der neuen Gesellschaft soll derselbe Beirat installiert werden wie bei der W GmbH + Co. KG.

        

Diese neue Gesellschaft soll die Produktion der W-Produkte als Lohnfertigung für die W GmbH + Co. KG übernehmen sowie die die Bereiche Einkauf, Vertrieb, Marketing, Forschung und Entwicklung sowie das Rechnungswesen etc. für die W GmbH + Co. KG mittels Dienstleistungsverträgen erledigen. Die neu gegründete Gesellschaft soll dabei die Möglichkeit haben, neben der Auftragsproduktion für die W GmbH + Co. KG eigene, nicht in Konkurrenz zu den W-Produkten stehende Produkte zu entwickeln und zu vertreiben sowie Fremdaufträge von anderen Unternehmen (ausgenommen Konkurrenzunternehmen) zu übernehmen.

        

Die Arbeitsverhältnisse der W GmbH + Co. KG sollen auf die neu gegründete W I GmbH + Co. KG übergehen (Betriebsübergang gemäß § 613a BGB).

        

Die Rechtsverhältnisse zwischen den beiden Gesellschaften werden durch Abschluss entsprechender Verträge (z.B. Dienstleistungsverträge) geregelt.

        

Es handelt sich um eine strategische Entscheidung, die mittel- und langfristige Vorteile für das Unternehmen hat, v.a. im arbeitsrechtlichen Bereich.“

4

Am 28. Oktober 2010 vereinbarten die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat zur Umsetzung dieses Konzepts einen Interessenausgleich, der insbesondere die Übernahme aller Arbeitnehmer durch die neu zu gründende Gesellschaft F im Wege eines Betriebsübergangs zum Gegenstand hatte.

5

Im März 2011 schlossen die Beklagte und die - seinerzeit noch als I W GmbH + Co. KG firmierende - F eine „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ (im Folgenden Vereinbarung) ab. Hierin heißt es:

        

Vorbemerkung:

        

W ist ein weltweit tätiger Hersteller von Bauelementen (Fensterbänke, Balkon-, Fassadenelemente, Terrassenprofile), Tischplatten, Industrieformteilen und Sperrholz-Formteilen (insbesondere Federleisten) und verfügt in Deutschland über 3 Standorte in O, N und B.

        

Im Dezember 2010 wurde eine neue Schwestergesellschaft, die I W GmbH + Co. KG, mit dem Sitz in O gegründet. Diese neue Gesellschaft soll in Zukunft die Produkte von W in Lohnfertigung herstellen und im Übrigen die drei Betriebe von W in Deutschland führen. Die Mitarbeiter von W werden zum Stichtag 1. April 2011 im Rahmen eines gesetzlichen Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB auf die neu gegründete I W GmbH + Co. KG übergehen.

        

Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Vertragsparteien folgendes:

                 
        

A. Lohnfertigung

        

§ 1     

        

Vertragsinhalt/Entgelt

        

Die I W führt die komplette Produktion der WProdukte an allen 3 inländischen Standorten ab dem 1. April 2011 in Lohnfertigung weiter. Dies umfasst insbesondere die Herstellung und Bearbeitung der folgenden Produkte nach den Vorgaben von W:

                 

-       

Fensterbänke,

                 

-       

Balkon- und Fassadenelemente,

                 

-       

Terrassenprofile,

                 

-       

Tischplatten,

                 

-       

Industrieformteile und

                 

-       

Sperrholz-Formteile (insbesondere Federleisten).

        

Die Vergütung der von der I W erbrachten Leistungen erfolgt anhand der von der I W nachgewiesenen Lohnkosten (zuzüglich Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung sowie sonstigen Lohnnebenkosten) plus eines Aufschlages zu den BruttoLohnsummen von 3 %. Darüber hinaus hat die I W Anspruch auf Erstattung der gerechtfertigten Sachkosten, die im direkten Zusammenhang mit der Wertschöpfung entstehen.

        

Das Entgelt gemäß Absatz 2 (Sätze 1 und 2) hat W der I W innerhalb von 14 Arbeitstagen nach Rechnungsstellung zu erstatten. Die lnrechnungstellung erfolgt monatlich zu Beginn des darauf folgenden Kalendermonats.

        

Auf diese Zahlungen leistet W monatlich im Voraus Abschlagszahlungen an die I W in Höhe von ca. 1,6 Mio. €. Diese werden von der im nachfolgenden Kalendermonat zu erfolgenden Abrechnung in Abzug gebracht.

        

Miete und/oder Pacht für die Nutzung der Produktionshallen und -maschinen sowie sonstiges Anlagevermögen ist von der I W nicht zu entrichten. Die mit der Produktion zusammenhängenden Nebenkosten (insbesondere Energiekosten und sonstige Verbrauchskosten) trägt W.

        

…       

                 
        

B. Betriebsführung im Übrigen

        

§ 6     

        

Betriebsführung mittels Geschäftsbesorgungsvertrag

        

Die I W übernehmen darüber hinaus für W ab dem 1. April 2011 die Betriebsführung des gesamten Geschäftsbetriebes an allen drei inländischen Standorten. Insbesondere umfasst dies sämtliche, in den folgenden Abteilungen zu erledigenden Arbeiten nach den Vorgaben von W:

                 

-       

Einkauf

                 

-       

Vertrieb

                 

-       

Marketing

                 

-       

Finanzbuchhaltung

                 

-       

Forschung und Entwicklung sowie

                 

-       

Instandhaltung.

        

Der Auftrag zur Betriebsführung erstreckt sich auf alle Geschäfte und Maßnahmen, die dem Betriebsablauf und dem gewerblichen Zweck des Betriebes dienen.

        

Die Geschäftsbesorgung und die Betriebsführung erfolgt durch die I W mit eigenen, auf sie gem. § 613a BGB übergegangen Arbeitnehmern.

        

Grundlage dafür ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen den Vertragsparteien mit folgendem Inhalt:

                 
        

§ 7     

        

Handeln für Rechnung und im Namen von W / Bevollmächtigung

        

Die I W handeln bei ihrer Tätigkeit gem. § 6, sofern diese im Zusammenhang mit der Lohnfertigung und der Herstellung der WProdukte ausgeführt wird, für welche W die Patentrechte und das Know-how besitzt, ausschließlich für Rechnung und im Namen von W.

        

Insofern erteilt W der I W Generalhandlungsvollmacht zur Vertretung von W bei allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen, bei denen das Gesetz eine Stellvertretung gestattet und die der Betrieb des Gewerbes von W mit sich bringt. Die I W dürfen von dieser Vollmacht nur für die Zwecke der Betriebsführung und im Rahmen dieses Auftrages Gebrauch machen.

                 
        

§ 8     

        

Verpflichtungen des Auftragnehmers I W

        

Die I W erledigen und managen eigenverantwortlich die in § 6 aufgeführten Abteilungen an allen drei Standorten. Sie sind verantwortlich für die gesamten Abläufe ab Auftragseingang bis zum Zahlungseingang durch den Kunden von W. Des Weiteren kümmern sie sich im Vertrieb darum, dass ausreichende Auftragseingänge zu verzeichnen sind. Hinzu kommen die Erledigung der erforderlichen lnstandhaltungsmaßnahmen, der gebotenen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sowie die pünktliche und ordnungsgemäße Erstellung der Finanzbuchhaltung.

        

Dabei sind neben den Vorgaben von W alle gesetzlichen Vorgaben zu beachten.

        

Die I W stellen sicher, dass das für den reibungslosen Ablauf der in § 6 genannten Abteilungen eingesetzte Personal über die erforderlichen beruflichen Qualifikationen verfügt. Die I W sorgen für die nötigen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.

                 
        

§ 9     

        

Entgelt für die Geschäftsbesorgung

        

Die Vergütung der von der I W erbrachten Leistungen erfolgt anhand der von der I W nachgewiesenen Kosten für die Gehälter der in den in § 6 genannten Abteilungen eingesetzten Mitarbeiter (zuzüglich Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung sowie sonstigen Nebenkosten) plus eines Aufschlages zu den Brutto-Gehaltssummen von 3 %. Darüber hinaus haben die I W Anspruch auf Erstattung der gerechtfertigten Sachkosten, die im direkten Zusammenhang mit der Wertschöpfung entstehen.

        

Das Entgelt zuzüglich der Aufwendungen hat W der I W innerhalb von 14 Arbeitstagen nach Rechnungsstellung zu erstatten. Die lnrechnungstellung erfolgt monatlich zu Beginn des darauf folgenden Kalendermonats.

        

Auf diese Zahlungen leistet W monatlich im Voraus Abschlagszahlungen an die I W in Höhe von ca. 0,8 Mio. €.

        

Diese werden von der im nachfolgenden Kalendermonat zu erfolgenden Abrechnung in Abzug gebracht.

        

Miete und/oder Pacht für die Nutzung der Verwaltungsgebäude sowie das Anlagevermögen ist von der I W nicht zu entrichten. Die mit der Verwaltung zusammenhängenden Nebenkosten (insbesondere Energiekosten und sonstige Verbrauchskosten) trägt W.

                 
        

§ 10   

        

Gewerbliche Schutzrechte

        

W verfügt zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung über eine Reihe von gewerblichen Schutzrechten (Altschutzrechte). Unbeschadet der Benutzung dieser Schutzrechte zur Ausführung der Lohnfertigung und der Durchführung von weiteren Entwicklungsarbeiten durch die Mitarbeiter der I W in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, berührt dieser Vertrag nicht die rechtliche Situation dieser Schutzrechte, insbesondere verbleiben diese Schutzrechte im ausschließlichen Eigentum von W. …

        

…       

                 
        

§ 14   

        

Vertragsdauer

        

Das Vertragsverhältnis ist auf Dauer angelegt. Der Vertrag beginnt am 1. April 2011 und hat eine feste Erstlaufzeit von fünf Jahren. Er kann von beiden Parteien ordentlich erstmals auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Erstlaufzeit gekündigt werden, und zwar mit einer Frist von einem Jahr. Erfolgt keine Kündigung, verlängert sich die Vertragslaufzeit jeweils um fünf weitere Jahre. Auch in diesem Fall beträgt die Kündigungsfrist ein Jahr.

        

Das Recht beider Vertragsparteien, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen, bleibt unberührt.

        

…“    

6

Mit Schreiben vom 1. März 2011 informierten die Beklagte und die F die Arbeitnehmer der Beklagten darüber, dass ihre Arbeitsverhältnisse zum 1. April 2011 gemäß § 613a BGB von der Beklagten auf die F übergehen würden.

7

Nahezu alle Arbeitnehmer - so auch der Kläger - widersprachen dem von der Beklagten und der F angenommenen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die F nicht, erbrachten über den 31. März 2011 hinaus ihre Arbeitsleistung an ihren bisherigen Arbeitsplätzen in unveränderter Art und Weise und stellten weiterhin ausschließlich W-Produkte her. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts schloss die F ab dem 1. April 2011 Verträge mit Dritten, insbesondere mit Kunden und Lieferanten, auf Rechnung und im Namen der Beklagten. Der Marktauftritt zum Vertrieb der W-Produkte erfolgte weiterhin über die Internetseite der Beklagten und bei der E-Mail-Kommunikation nach außen versah das EDV-System die E-Mails der Mitarbeiter automatisch mit einer Signatur der Beklagten. Gegenüber den Arbeitnehmern sowie gegenüber verschiedenen Behörden (zB der Agentur für Arbeit, dem Finanzamt) trat die F hingegen im eigenen Namen auf.

8

Im Mai/Juni 2013 beschlossen die Gesellschafter der F, diese zu liquidieren und die Betriebe in O, N und B stillzulegen. Die Liquidation der F wurde am 12. Juli 2013 in das Handelsregister eingetragen.

9

Am 17. Juli 2013 schlossen die Beklagte und die F eine neue „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ ab. Danach führte die F lediglich Teile der Produktion in Lohnfertigung weiter; zudem war die Beklagte berechtigt, auch andere Unternehmen mit der Lohnfertigung zu beauftragen.

10

Nachdem in der Folgezeit Verhandlungen über einen Interessenausgleich vor der Einigungsstelle gescheitert waren, kündigte die F - nach Beteiligung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige - die bestehenden Arbeitsverhältnisse, soweit diese nicht auf andere Firmen übergingen. Gegenüber dem Kläger erklärte sie mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 die Kündigung zum 31. März 2015.

11

Am 25. November 2014 kam durch Spruch der Einigungsstelle ein Sozialplan zustande, der keine Abfindungsleistungen für die Arbeitnehmer vorsah.

12

Unter dem 31. Dezember 2014 kündigte die Beklagte die „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ vom 17. Juli 2013 zum 31. März 2015. Am 26. März 2015 schlossen die Beklagte und die F eine bis zum 31. Mai 2015 befristete, den Betrieb in O betreffende „Vereinbarung über Geschäftsbesorgung und Betriebsführung“. Ihre Tätigkeit in B hatte die F bereits mit Ablauf des 30. September 2014 und ihre Tätigkeit in N mit Ablauf des 28. Februar 2015 eingestellt.

13

Der Kläger, der zunächst lediglich Kündigungsschutzklage gegen die F erhoben hatte, hat seine Klage im März 2015 gegen die Beklagte erweitert. Insoweit hat er - soweit für die Revision von Bedeutung - die Auffassung vertreten, dass zwischen der Beklagten und ihm über den 31. März 2011 hinaus ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehe. Sein mit der Beklagten begründetes Arbeitsverhältnis sei nicht infolge eines Betriebsübergangs auf die F übergegangen. Die F habe den Betrieb der Beklagten nicht identitätswahrend übernommen. Sie habe den Betrieb nicht umfassend nach außen hin genutzt, sondern lediglich aufgrund einer externen Generalhandlungsvollmacht im Namen und auf Rechnung der Beklagten gehandelt. Unerheblich sei, dass sie gegenüber den Beschäftigten als Arbeitgeberin aufgetreten sei. Dies führe lediglich dazu, dass der Vertrag zwischen der F und der Beklagten als Mischform zwischen „echtem“ und „unechtem“ Betriebsführungsvertrag anzusehen sei. Da für einen Betriebsinhaberwechsel die tatsächliche Übernahme der Organisations- und Leitungsmacht im eigenen Namen erforderlich sei, könne es bei einer solchen Mischform nicht zu einem Betriebsübergang kommen. Im Übrigen sei auch die Identität der wirtschaftlichen Einheit verändert worden. Bei der Beklagten handele es sich um ein produzierendes Unternehmen. Die F sei demgegenüber eine reine Betriebsführungsgesellschaft, also ein Unternehmen, dessen Zweck in der Führung eines fremden Betriebs, mithin in einer Dienstleistung bestehe.

14

Nachdem die F im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2015 ein Anerkenntnis erklärt hatte, hat das Landesarbeitsgericht mit Teilanerkenntnisurteil vom 15. März 2016 (- 2 Sa 35/15 -) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der F durch deren Kündigung vom 28. Oktober 2014 nicht beendet wurde.

15

Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

        

        

festzustellen, dass zwischen der Beklagten und ihm über den 31. März 2011 hinaus ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

16

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des Anerkenntnisurteils gegen die F stehe fest, dass ein Arbeitsverhältnis mit dieser bestanden habe. Die materielle Rechtskraft dieser Entscheidung stehe der Zulässigkeit der Klage gegen sie, die Beklagte, entgegen. Zudem sei die gegen sie gerichtete Klage rechtsmissbräuchlich, weil das Klagerecht prozessual verwirkt sei. Der über den Betriebsübergang unterrichtete Kläger habe in Kenntnis sämtlicher Umstände über vier Jahre hinweg weder die Arbeitgeberstellung der F angezweifelt noch sie, die Beklagte, als Arbeitgeberin angesprochen. Sie habe entsprechend disponiert und die Abwicklung und tatsächliche Handhabung des Betriebsführungsvertrags über mehrere Jahre nicht mehr im Einzelnen dokumentiert.

17

Die Klage sei auch unbegründet. Das zwischen ihr und dem Kläger begründete Arbeitsverhältnis sei im Jahr 2011 infolge eines Betriebsübergangs auf die F übergegangen. Sie habe ihren Produktionsbetrieb unter Wahrung seiner wirtschaftlichen Identität auf die F übertragen, diese habe ihn auch tatsächlich fortgeführt. Die Betriebsmittel seien auf die F übergegangen, indem sie dieser zur Verfügung gestellt worden seien; auf die Eigentumsverhältnisse komme es insoweit nicht an. Die Art und Weise, wie die F am Markt aufgetreten sei, sei ebenso unerheblich. Maßgeblich sei allein, dass die F ab dem 1. April 2011 als Arbeitgeberin aufgetreten sei und die Leitungsmacht im Verhältnis zu den Arbeitnehmern ausgeübt habe.

18

Dem Kläger sei es jedenfalls verwehrt, sich ihr gegenüber auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu berufen. Dies folge bereits daraus, dass er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die F nicht innerhalb der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB vorgesehenen Monatsfrist widersprochen habe. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB sei unmittelbar, jedenfalls aber analog anwendbar. Im Übrigen habe der Kläger sein Recht, sich auf einen Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit ihr über den 31. März 2011 hinaus zu berufen, verwirkt.

19

Das Arbeitsgericht hat der gegen die Beklagte gerichteten Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31. März 2011 hinaus jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 8. Mai 2015 bestanden hat. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Revision. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

21

A. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

22

I. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass zwischen den Parteien über den 31. März 2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis zu unveränderten vertraglichen Bedingungen besteht. Anders als die Beklagte unter Bezugnahme auf die - im Übrigen nicht tragenden - Erwägungen des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 24. September 2015 (- 2 AZR 562/14 - Rn. 22, BAGE 152, 345) zur eventuellen Zulässigkeit einer „Betriebsübergangs-Feststellungsklage“ meint, ist der Klageantrag nicht dahin auszulegen, dass der Kläger die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis zum 1. April 2011 nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten auf die F übergegangen ist.

23

1. Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des Bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind prozessuale Willenserklärungen so auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 15. September 2016 - 8 AZR 351/15 - Rn. 20; 7. Juli 2015 - 10 AZR 416/14 - Rn. 18 , BAGE 152, 108 ; 2. September 2014 -  3 AZR 951/12  - Rn. 34 ).

24

2. Danach ist der Klageantrag dahin auszulegen, dass der Kläger die Feststellung des Fortbestands seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu unveränderten vertraglichen Bedingungen über den 31. März 2011 hinaus begehrt und nicht etwa die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zum 1. April 2011 nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten auf die F übergegangen ist. Hierfür spricht schon der unmissverständliche Wortlaut des Antrags. Eine Auslegung des Klageantrags als negative „Betriebsübergangs-Feststellungsklage“ würde auch nicht der wohlverstandenen Interessenlage des Klägers entsprechen. Ein Klageantrag, mit dem lediglich das Ziel verfolgt würde festzustellen, dass kein Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs von der Beklagten auf die F stattgefunden hat, wäre unzulässig. Er wäre nicht auf die Feststellung eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet(vgl. BAG 22. Juli 2003 - 1 AZR 575/02 - zu III 1 b bb der Gründe; 16. Mai 2002 - 8 AZR 320/01 - zu B II 1 der Gründe). Zwar muss sich ein Feststellungsantrag nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis als Ganzes beziehen, sondern kann sich auch auf Teilrechtsverhältnisse, etwa auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen beschränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, wozu auch die Frage gehört, ob es zu einem Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs gekommen ist oder nicht, können jedoch nicht zum Gegenstand eines Feststellungsantrags gemacht werden (zum feststellungsfähigen Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO vgl. BAG 28. März 2017 - 1 ABR 40/15 - Rn. 16 mwN; 21. März 2017 - 7 AZR 222/15 - Rn. 15).

25

II. In dieser Auslegung ist der Klageantrag zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich eines zu unveränderten Vertragsbedingungen bestehenden Arbeitsverhältnisses gerichtet. Für die begehrte Feststellung bestehtauch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten stehen der Zulässigkeit der Klage auch weder eine Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils vom 15. März 2016 (- 2 Sa 35/15 -) noch der durchgreifende Einwand der prozessualen Verwirkung entgegen.

26

1. Das für den Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor, da die Beklagte einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger über den 31. März 2011 hinaus in Abrede stellt.

27

Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg einwenden, der Kläger hätte in Reaktion auf die Unterrichtung vom 1. März 2011 einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die F erklären und damit sein Klageziel auf einfacherem Wege erreichen können. Der Kläger erstrebt die gerichtliche Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten über den 31. März 2011 hinaus fortbesteht. Dieses Klageziel könnte er in keinem Fall allein durch einen Widerspruch gemäß § 613a Abs. 6 BGB gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines (vermeintlichen) Betriebsübergangs erreichen. Es kann an dieser Stelle offenbleiben, ob der Betrieb der Beklagten in O am 1. April 2011 iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die F übergegangen ist. Sollte es zu einem Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die F gekommen sein, wäre die wirksame Ausübung des Widerspruchsrechts Voraussetzung für die begehrte Feststellung, mithin eine materiell-rechtliche Vorfrage und schon deshalb kein einfacherer Weg, um das Klageziel zu erreichen. Sollte es hingegen nicht zu einem Übergang des Betriebs der Beklagten iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die F gekommen sein, ginge ein etwaiger Widerspruch des Klägers vor dem Hintergrund, dass das Widerspruchsrecht ein Gestaltungsrecht ist, dessen Ausübung bewirkt, dass die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht eintreten(vgl. zuletzt BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 16 mwN), von vornherein ins Leere.

28

2. Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht auch eine Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils vom 15. März 2015 (- 2 Sa 35/15 -) nicht entgegen.

29

a) Die materielle Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO)einer gerichtlichen Entscheidung verbietet zwar - als negative Prozessvoraussetzung - eine neue Verhandlung über denselben Streitgegenstand. Unzulässig ist deshalb eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits identisch ist (BGH 24. Januar 2008 - VII ZR 46/07 - Rn. 13; 19. November 2003 - VIII ZR 60/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 157, 47). Die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung wirkt aber grundsätzlich nur gegenüber der Partei der gerichtlichen Entscheidung, sie tritt nur im Verhältnis der Prozessparteien zueinander ein (vgl. BGH 4. April 2014 - V ZR 110/13 - Rn. 11; 12. Januar 1996 - V ZR 246/94 - zu II 4 c der Gründe, BGHZ 131, 376). Partei des Kündigungsschutzprozesses war hingegen nicht die Beklagte, sondern die F.

30

b) Es gibt auch keine besondere gesetzliche Bestimmung, die die materielle Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils auf die Beklagte erstreckt. Es kann vorliegend dahinstehen, ob und ggf. inwieweit der Streitgegenstand, über den durch das gegen die F ergangene Teilanerkenntnisurteil erkannt wurde, mit dem Streitgegenstand der gegen die Beklagte gerichteten Klage überhaupt identisch ist; es existiert schon keine Regelung, der sich entnehmen ließe, dass die materielle Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils auch gegenüber der Beklagten wirkt. Aus § 325 ZPO folgt insoweit nichts Abweichendes. Zwar kann die bindende Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsveräußerer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch gegenüber dem neuen Inhaber wirken. Die Rechtskraft eines gegen den früheren Arbeitgeber ergehenden Urteils wirkt in entsprechender Anwendung der §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO für und gegen den neuen Inhaber, wenn der Betriebsübergang nach Rechtshängigkeit erfolgt ist(st. Rspr. vgl. etwa BAG 19. November 2014 - 4 AZR 761/12 - Rn. 23 mwN, BAGE 150, 97; 24. August 2006 - 8 AZR 574/05 - Rn. 25). Vorliegend geht es jedoch nicht um die Frage, ob ein gegen den früheren Arbeitgeber ergangenes Urteil auch für und gegen den neuen Inhaber wirkt, sondern darum, ob die materielle Rechtskraft einer gegen den (vermeintlichen) neuen Inhaber ergangenen gerichtlichen Entscheidung auch gegenüber dem früheren Arbeitgeber wirkt.

31

c) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten gebieten die Wertungen in § 62 Abs. 1 ZPO(notwendige Streitgenossenschaft) keine andere Beurteilung.

32

Dies folgt bereits daraus, dass zwischen der Beklagten und der F weder eine notwendige Streitgenossenschaft aus prozessualen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO) noch eine solche aus materiell-rechtlichen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO) besteht.

33

(aa) Zwischen der F und der Beklagten besteht keine notwendige Streitgenossenschaft aus prozessualen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO).

34

(1) Eine notwendige Streitgenossenschaft iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO setzt ua. voraus, dassgesetzliche Vorschriften die Rechtskraft des gegenüber dem einen Streitgenossen ergangenen Urteils auf den anderen Streitgenossen erstrecken (vgl. BGH 3. November 2016 - I ZR 101/15 - Rn. 17 mwN; 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83 - zu I der Gründe, BGHZ 92, 351; 13. Juli 1970 - VIII ZR 230/68 - zu I 1 der Gründe, BGHZ 54, 251; 15. Juni 1959 - II ZR 44/58 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 30, 195: „auf Grund besonderer Vorschriften“). Hier müsste aus prozessualen Gründen auch dann einheitlich entschieden werden, wenn die Prozesse nacheinander durchgeführt werden (vgl. BGH 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83 - aaO). Die bloße Bindungswirkung bezüglich einer Vorfrage reicht insoweit nicht aus (vgl. BGH 24. Juni 1992 - VIII ZR 203/91 - zu I 2 a der Gründe, BGHZ 119, 35; MüKoZPO/Schultes 5. Aufl. § 62 Rn. 17).

35

(2) Danach besteht zwischen der Beklagten und der F keine notwendige Streitgenossenschaft iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 37 mwN). Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Fall der Rechtskrafterstreckung nach § 325 ZPO als Anwendungsfall der notwendigen Streitgenossenschaft iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO überhaupt in Betracht kommt, was zweifelhaft ist, da der Rechtsnachfolger im Hinblick auf die in § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffene Bestimmung nicht gemeinsam mit dem Rechtsvorgänger als Partei auftreten kann(zu dieser Problematik vgl. etwa MüKoZPO/Schultes 5. Aufl. § 62 Rn. 7 mwN; Musielak/Voit/Weth ZPO 14. Aufl. § 62 Rn. 4; PG/Gehrlein ZPO 9. Aufl. § 62 Rn. 4). Es gibt - wie unter Rn. 30 ausgeführt - keine besondere gesetzliche Bestimmung, die die materielle Rechtskraft des gegen die F ergangenen Teilanerkenntnisurteils auf die Beklagte erstreckt.

36

(bb) Zwischen der F und der Beklagten besteht auch keine notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO.

37

(1) Eine Streitgenossenschaft ist materiell-rechtlich eine notwendige, wenn ein Recht aus materiell-rechtlichen Gründen nur von mehreren Berechtigten oder gegen mehrere Verpflichtete gemeinsam ausgeübt werden darf, die Klage einzelner oder gegen einzelne Streitgenossen mithin wegen fehlender Prozessführungsbefugnis als unzulässig abgewiesen werden müsste (BGH 3. November 2016 - I ZR 101/15 - Rn. 17; 24. Januar 2012 - X ZR 94/10 - Rn. 19, BGHZ 192, 245; 14. April 2010 - IV ZR 135/08 - Rn. 17; 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83 - zu I der Gründe). Das Erfordernis einer gemeinschaftlichen Klage ergibt sich hier aus der lediglich gemeinschaftlich vorhandenen materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis (BGH 14. April 2010 - IV ZR 135/08 - aaO; Zöller/Althammer ZPO 32. Aufl. § 62 Rn. 11). Nicht ausreichend für die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO ist hingegen, dass aus Gründen der Logik eine einheitliche Entscheidung notwendig oder angesichts der Folgeprobleme wünschenswert wäre (BGH 4. April 2014 - V ZR 110/13 - Rn. 6; 14. April 2010 - IV ZR 135/08 - Rn. 18; 15. Juni 1959 - II ZR 44/58 - zu II 4 der Gründe, BGHZ 30, 195; vgl. auch BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 37).

38

(2) Danach liegt im vorliegenden Fall keine Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen iSv. § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO vor. Der frühere Arbeitgeber und der neue Inhaber iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB sind gerade nicht lediglich gemeinschaftlich materiell-rechtlich verfügungsbefugt.Es gibt keine materiell-rechtliche Norm, die anordnet, dass über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses bei mehreren alternativ in Betracht kommenden Arbeitgebern nur einheitlich entschieden werden kann. Insoweit ließe sich allenfalls feststellen, dass insbesondere im Fall eines streitigen Übergangs des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs aus Gründen der Logik eine einheitliche Entscheidung notwendig oder angesichts der - auch auf widersprechenden Entscheidungen beruhenden - Folgeprobleme wünschenswert wäre. Dies reicht jedoch für die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft nach § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO nicht aus.

39

(3) Entgegen ihrer Rechtsauffassung kann die Beklagte aus dem von ihr angezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24. September 2015 (- 2 AZR 562/14 - Rn. 22, BAGE 152, 345) nichts zu ihren Gunsten ableiten. Zwar hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts in den nichttragenden Gründen dieser Entscheidung die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft iSv. § 62 ZPO - aus materiell-rechtlichen Gründen - zwischen verklagtem vermeintlichem Veräußerer und vermeintlichem neuen Inhaber iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erwogen. Dies war allerdings untrennbar mit der Erwägung verknüpft, eine „Betriebsübergangs-Feststellungsklage“ für nach § 256 ZPO zulässig zu erachten. Dass eine - auch negative - Betriebsübergangs-Feststellungsklage unzulässig ist, weil sie nicht auf die Feststellung eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet ist, wurde indes bereits unter Rn. 24 ausgeführt.

40

(4) Im Übrigen kommt einem formell rechtskräftigen Teilurteil gegen einzelne aus materiell-rechtlichen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO) notwendige Streitgenossen auch keine materielle Rechtskraftwirkung gegenüber den anderen notwendigen Streitgenossen zu (vgl. etwa BGH 4. April 2014 - V ZR 110/13 - Rn. 11; 12. Januar 1996 - V ZR 246/94 - zu II 4 c der Gründe, BGHZ 131, 376).

41

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger das Recht, den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten klageweise geltend zu machen, nicht nach den für eine Prozessverwirkung geltenden Grundsätzen verwirkt.

42

a) Zwar kann die Befugnis, eine Klage zu erheben, verwirkt werden mit der Folge, dass eine dennoch angebrachte Klage unzulässig ist. Dies kommt jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht. Das Klagerecht kann ausnahmsweise verwirkt sein, wenn der Anspruchsteller die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums (Zeitmoment) erhebt und zusätzlich ein Vertrauenstatbestand beim Anspruchsgegner geschaffen worden ist, er werde gerichtlich nicht mehr belangt werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an der sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Gegner die Einlassung auf die nicht innerhalb angemessener Frist erhobene Klage nicht mehr zumutbar ist (BAG 21. September 2017 - 2 AZR 57/17 - Rn. 29; 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - Rn. 23 mwN; 10. Oktober 2007 - 7 AZR 448/06 - Rn. 17). Durch die Annahme einer prozessualen Verwirkung darf der Weg zu den Gerichten allerdings nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Dies ist im Zusammenhang mit den an das Zeit- und das Umstandsmoment zu stellenden Anforderungen zu berücksichtigen (BAG 21. September 2017 - 2 AZR 57/17 - aaO; 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - aaO mwN; 10. Oktober 2007 - 7 AZR 448/06 - aaO).

43

b) Im Streitfall liegen - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - die Voraussetzungen der Prozessverwirkung nicht vor. Der Beklagten ist die Einlassung auf das Klagebegehren nicht unzumutbar.

44

aa) Der Kläger hat seine auf die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage gegenüber der Beklagten bereits knapp vier Jahre nach dem (vermeintlichen) Betriebsübergang erhoben. Die Beklagte hat auch keine besonderen Umstände dargetan, auf Grund derer es ihr aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zugemutet werden könnte, sich im Rahmen eines Rechtsstreits auf das Klagebegehren einzulassen und sich hiergegen zu verteidigen. Sie hat sich insoweit lediglich darauf berufen, sie habe vor dem Hintergrund, dass in zahlreichen arbeitsgerichtlichen Entscheidungen ein Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von ihr auf die F angenommen worden sei, entsprechend disponiert und die Abwicklung und tatsächliche Handhabung des Betriebsführungsvertrags über mehrere Jahre nicht mehr im Einzelnen dokumentiert. Dies reicht jedoch für das zur Prozessverwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht aus. Beweisschwierigkeiten, denen der Verpflichtete deshalb ausgesetzt ist, weil der Gläubiger seine Rechte erst nach längerer Zeit geltend macht, rechtfertigen den Einwand der Prozessverwirkung grundsätzlich nicht. Vielmehr muss der Verpflichtete die Beweismittel gerade im berechtigten Vertrauen darauf, dass der Gläubiger seine Rechte nicht mehr geltend machen wird, nicht sichergestellt oder vernichtet haben (vgl. BGH 18. Januar 2001 - VII ZR 416/99  - zu II 2 b der Gründe; 26. Mai 1992 -  VI ZR 230/91  - zu II 1 b der Gründe). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Umstand, dass ggf. in einer Vielzahl von arbeitsgerichtlichen Entscheidungen von einem Betriebsübergang von der Beklagten auf die F ausgegangen wurde, war von vornherein nicht geeignet, bei der Beklagten ein berechtigtes Vertrauen darauf zu begründen, dass der Kläger seine Rechte nicht mehr klageweise geltend machen würde. Im Gegenteil, der Beklagten musste vielmehr bereits aufgrund der Tatsache, dass andere Arbeitnehmer einen Betriebsübergang von ihr auf die F in Abrede gestellt und einen Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses mit ihr über den 31. März 2011 hinaus reklamiert hatten, die rechtliche Problematik ihres Vorgehens im Zusammenhang mit der „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ bekannt sein. Sie musste deshalb damit rechnen, dass auch andere Arbeitnehmer - wie der Kläger - entsprechende Klagen erheben würden. Dies hätte die Beklagte veranlassen müssen, die zur Verteidigung gegen derartige Klagen vorhandenen Unterlagen und Beweismittel sicherzustellen und aufzubewahren. Wenn dies gleichwohl nicht geschehen ist, eröffnet dies der Beklagten nicht die Möglichkeit, sich auf das nur in besonderen Ausnahmefällen aus Gründen des Vertrauensschutzes anzuerkennende Rechtsinstitut der Prozessverwirkung zu berufen.

45

bb) Aus dem Umstand, dass der Kläger sich zunächst nur mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der F vom 28. Oktober 2014 zur Wehr gesetzt und von einer Klage gegen die Beklagte zunächst abgesehen hat, folgt nichts Abweichendes. Solange noch nicht abschließend geklärt war, ob es mit dem 1. April 2011 zu einem Betriebsübergang von der Beklagten auf die F gekommen war, musste der Kläger - auch um sich ein Widerspruchsrecht gegen einen etwaigen Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die F zu erhalten und sich nicht dem Vorwurf einer unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB)aufgrund einer Disposition über sein Arbeitsverhältnis auszusetzen (vgl. hierzu BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 50; 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32; 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - Rn. 35; 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 45) - zunächst innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG die Kündigung der F angreifen. Im Übrigen hat sich der Kläger mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage genau so verhalten, wie es die Beklagte nach den gesamten Umständen, insbesondere aufgrund ihres eigenen Unterrichtungsschreibens vom 1. März 2011 über einen Betriebsübergang auf die F erwarten musste. Dass der Kläger seit 2013 von der Liquidation der F wusste und im Jahr 2014 von den Interessenausgleichsverhandlungen und dem Tätigwerden der Einigungsstelle erfahren hat, ist insoweit ohne Belang. Ebenso wenig wirkt sich aus, dass der Kläger nahezu vier Jahre die Arbeitgeberstellung der F nicht angezweifelt und die Beklagte nicht als Arbeitgeber angesprochen hatte.

46

B. Die Klage ist auch begründet. Das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis besteht über den 31. März 2011 zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen den Parteien fort. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist das Arbeitsverhältnis des Klägers - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - nicht infolge eines Betriebsübergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die F übergegangen. Der Begründetheit der Klage steht auch nicht die Regelung in § 613a Abs. 6 BGB entgegen. Letztlich hat der Kläger sein Recht, sich auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu berufen, auch nicht verwirkt.

47

I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht infolge eines Betriebsübergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zum 1. April 2011 auf die F übergegangen ist. Da die einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben durch die im Folgenden dargestellte und zitierte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt sind, bedurfte es - anders als die Beklagte meint - auch keines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV.

48

1. Die Richtlinie 2001/23/EG soll nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse unabhängig von einem Inhaberwechsel gewährleisten (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25 mwN; so auch BAG 23. März 2017 - 8 AZR 91/15 - Rn. 21 mwN, BAGE 159, 1).

49

a) Für die Anwendbarkeit der Richtlinie 2001/23/EG ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Buchst. b deshalb entscheidend, dass der Übergang eine ihre Identität bewahrende (auf Dauer angelegte) wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft (vgl. etwa EuGH 26. November 2015 - C-509/14  - [ADIF/Aira Pascual ua.] Rn. 31; 9. September 2015 -  C-160/14  - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25; 6. März 2014 -  C-458/12  - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN). Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck ( EuGH 19. Oktober 2017 - C-200/16 - [Securitas] Rn. 25; 6. März 2014 - C-458/12  - [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN; 6. September 2011 -  C-108/10  - [Scattolon] Rn. 42 mwN, zur Vorgängerrichtlinie 77/187/EWG ; 29. Juli 2010 -  C-151/09  - [UGT-FSP] Rn. 26 ; 13. September 2007 -  C-458/05  - [Jouini ua.] Rn. 31 ; 26. September 2000 -  C-175/99  - [Mayeur] Rn. 32 zur Vorgängerrichtlinie 77/187/EWG ). Darauf, ob es sich dabei um ein „Unternehmen“, einen „Betrieb“ oder einen „Unternehmens-“ oder „Betriebsteil“ - auch iSd. jeweiligen nationalen Rechts - handelt, kommt es nicht an (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-160/14  - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25; 20. Januar 2011 -  C-463/09  - [CLECE] Rn. 30 ). Entscheidend ist nur, dass der Übergang eine wirtschaftliche Einheit im og. Sinn betrifft (vgl. auch BAG 27. April 2017 - 8 AZR 859/15 - Rn. 30 f.).

50

Zudem ist die Richtlinie 2001/23/EG nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nur in den Fällen anwendbar, in denen die für den Betrieb des Betriebs oder Unternehmens, dh. die für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit verantwortliche natürliche oder juristische Person, die in dieser Eigenschaft die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, (im Rahmen vertraglicher Beziehungen) wechselt (ua. EuGH 19. Oktober 2017 - C-200/16 - [Securitas] Rn. 23; 26. November 2015 - C-509/14  - [ADIF/Aira Pascual ua.] Rn. 28; 9. September 2015 -  C-160/14  - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 24 mwN; 6. März 2014 -  C-458/12  - [Amatori ua.] Rn. 29 mwN). Ein „Übergang“ iSd. Richtlinie 2001/23/EG erfordert eine Übernahme durch einen „neuen“ Arbeitgeber (st. Rspr., ua. EuGH 6. April 2017 - C-336/15  - [Unionen] Rn. 18 mwN; 6. März 2014 -  C-458/12  - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; 6. September 2011 -  C-108/10  - [Scattolon] Rn. 60 mwN).

51

Diese Rechtsprechung ist auch für das Verständnis der anzuwendenden Bestimmungen des nationalen Rechts, hier: § 613a BGB, maßgebend(vgl. auch BAG 27. April 2017 - 8 AZR 859/15 - Rn. 31).

52

b) Ein Betriebs(teil-)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt demnach nicht nur voraus, dass der Übergang eine auf Dauer angelegte, ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft. Erforderlich für das Vorliegen eines Betriebs(teil-)übergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist ferner, dass die für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit verantwortliche natürliche oder juristische Person, die in dieser Eigenschaft die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt(vgl. etwa BAG 27. April 2017 - 8 AZR 859/15 - Rn. 30 f.; 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 25; 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 13 mwN).

53

2. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der gesamte Betrieb der Beklagten in O oder schon die „Produktion“ für sich betrachtet eine wirtschaftliche Einheit iSd. Richtlinie 2001/23/EG und damit iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt. Jedenfalls ist die wirtschaftliche Einheit, in deren Rahmen das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand, nicht zum 1. April 2011 von der Beklagten auf die F übergegangen. Es fehlt an einem Wechsel in der Person des für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit Verantwortlichen.

54

a) Zwar hat die Beklagte der F entsprechend der „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ von März 2011 ab dem 1. April 2011 die für die Herstellung und Bearbeitung der W-Produkte erforderlichen Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Auch wurden über den 31. März 2011 hinaus in den der F zur Nutzung überlassenen Betriebsräumlichkeiten der Beklagten weiterhin W-Produkte hergestellt und bearbeitet. Gegen einen Betriebs(teil-)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB spricht insoweit nicht, dass die vorgenannten Betriebsmittel im Eigentum der Beklagten verblieben sind. Für die Anwendung der Richtlinie 2001/23/EG und damit auch für die Anwendung von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es nicht darauf an, dass der Erwerber das Eigentum an den erforderlichen Aktiva, insbesondere Vermögensgegenständen, erwirbt bzw. dass dieses überhaupt übertragen wird (EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres] Rn. 37; 20. November 2003 - C-340/01 - [Abler] Rn. 41; 2. Dezember 1999 - C-234/98 - [Allen ua.] Rn. 16 und 30). Maßgeblich ist vielmehr die tatsächliche Verfügungsbefugnis.

55

b) Die F hat allerdings nicht die Verantwortlichkeit für den Betrieb der in Rede stehenden wirtschaftlichen Einheit übernommen.

56

aa) Verantwortlich für den Betrieb einer wirtschaftlichen Einheit ist die Person, die die wirtschaftliche Einheit im eigenen Namen führt und nach außen als deren Inhaber auftritt. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen (vgl. BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 27; 15. Dezember 2005 - 8 AZR 202/05 - zu B I 1 c aa der Gründe mwN). Danach reicht es nicht aus, lediglich im Verhältnis zur Belegschaft als Inhaber aufzutreten. Erforderlich ist vielmehr die Nutzung der wirtschaftlichen Einheit nach außen (vgl. BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - aaO; 31. Januar 2008 - 8 AZR 2/07 - Rn. 28 ). Diese Auslegung von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB entspricht der Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wonach der Zeitpunkt des Übergangs im Sinne dieser Bestimmung dem Zeitpunkt entspricht, zu dem die Inhaberschaft, mit der die Verantwortung für den Betrieb der übertragenen Einheit verbunden ist, vom Veräußerer auf den Erwerber übergeht und dieser den Betrieb fortführt ( EuGH 26. Mai 2005 - C-478/03  - [CELTEC] Rn. 44).

57

bb) Danach hat die F zu keinem Zeitpunkt die Verantwortung für den Betrieb der in Rede stehenden wirtschaftlichen Einheit übernommen, vielmehr ist diese Verantwortung über den 31. März 2011 bei der Beklagten verblieben. Die Beklagte hat ihre wirtschaftliche Betätigung in der in Rede stehenden wirtschaftlichen Einheit nicht eingestellt.

58

Dies ergibt sich aus der „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ aus März 2011. Zwar heißt es in § 1 Abs. 1 Satz 1 der Vereinbarung, dass die I W (die spätere F) die komplette Produktion der WProdukte an allen drei inländischen Standorten ab dem 1. April 2011 in „Lohnfertigung“ weiterführt; auch waren die Beklagte und die F in § 6 Abs. 1 der Vereinbarung übereingekommen, dass die F ab dem 1. April 2011 die Betriebsführung des gesamten Geschäftsbetriebs an allen drei inländischen Standorten übernimmt. Diese Abreden bewirkten jedoch nicht die Übertragung der Verantwortung für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit von der Beklagten auf die F. Zum einen hatten die Beklagte und die F in § 6 Abs. 1 der Vereinbarung ausdrücklich geregelt, dass die F die Betriebsführung „für W“ und nicht „an deren Stelle“ übernimmt, was nichts anderes bedeutet, als dass die F nicht im eigenen, sondern im Namen der Beklagten nach außen in Erscheinung treten sollte; zum anderen hatten die Beklagte und die F in § 7 Abs. 1 der Vereinbarung nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die F bei ihrer Tätigkeit gemäß § 6, sofern diese im Zusammenhang mit der Lohnfertigung und der Herstellung der W-Produkte ausgeführt wird, für welche die Beklagte die Patentrechte und das Know-How besitzt, ausschließlich im Namen der Beklagten handelt. Insoweit hatte die Beklagte der F in § 7 Abs. 2 der Vereinbarung Generalhandlungsvollmacht zur Vertretung von W bei allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen eingeräumt, bei denen eine Stellvertretung gestattet ist und die der Betrieb des Gewerbes der Beklagten mit sich bringt. Auch diese Regelung bestätigt, dass die F nicht im eigenen Namen nach außen auftreten sollte, sondern dass aus Rechtsgeschäften der F ausschließlich die Beklagte berechtigt und verpflichtet sein sollte. Nach den vertraglichen Vereinbarungen sollte die F demnach nur wie ein leitender Angestellter bzw. Generalbevollmächtigter für die Beklagte tätig werden und damit gerade nicht die Verantwortung für den Betrieb der in Rede stehenden wirtschaftlichen Einheit nach außen übernehmen. Diese sollte bei der Beklagten verbleiben, die weiterhin als Inhaber der wirtschaftlichen Einheit nach außen hin auftreten wollte.

59

Etwas anderes folgt weder daraus, dass die F gegenüber den Arbeitnehmern sowie gegenüber verschiedenen Behörden (zB der Agentur für Arbeit, dem Finanzamt) - soweit es um die Arbeitsverhältnisse ging - tatsächlich im eigenen Namen aufgetreten ist, noch aus der in § 6 Abs. 2 der Vereinbarung getroffenen Regelung. Zwar sollte danach die Geschäftsbesorgung und die Betriebsführung durch die F mit eigenen, auf sie gemäß § 613a BGB übergegangenen Arbeitnehmern erfolgen. Diese Regelung unterstreicht aber nur, dass die Beklagte und die F nicht von einer Personalgestellung, sondern von einem Betriebsübergang ausgingen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, dass die F gegenüber den Arbeitnehmern und verschiedenen Behörden (zB der Agentur für Arbeit, dem Finanzamt), soweit es um die Arbeitsverhältnisse ging, im eigenen Namen aufgetreten ist. Mit ihrer Rüge, das Landesarbeitsgericht habe sich mit ihrem Vorbringen nicht auseinandergesetzt, wonach die F zudem gegenüber Leiharbeitsunternehmen, der Industrie- und Handelskammer, der Finanzverwaltung, dem Wirtschaftsprüfer, dem Steuerberater ua. im eigenen Namen aufgetreten sei und Verträge geschlossen habe, dringt die Beklagte schon deshalb nicht durch, weil ihr Vorbringen aus den in Bezug genommenen Schriftsätzen vom 9. Juli 2015 und 3. August 2015 nicht erkennen lässt, wann, mit welchem Inhalt und vor welchem Hintergrund wem gegenüber Erklärungen abgegeben und wann, mit welchem Inhalt und mit wem welche Verträge geschlossen wurden.

60

Anhaltspunkte für eine von der „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ abweichende Vertragspraxis bestehen nicht. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die F ab dem 1. April 2011 jedenfalls Verträge mit Kunden und Lieferanten nicht im eigenen, sondern im Namen der Beklagten geschlossen. Der Marktauftritt zum Vertrieb der W-Produkte erfolgte weiterhin über die Internetseite der Beklagten und bei der E-Mail-Kommunikation nach außen versah das EDV-System die E-Mails der Mitarbeiter automatisch mit einer Signatur der Beklagten.

61

II. Dem Begehren des Klägers steht ferner nicht die Regelung in § 613a Abs. 6 BGB entgegen. Anders als die Beklagte meint, war der Kläger auch nach Ablauf der einmonatigen Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nach Zugang des Unterrichtungsschreibens der Beklagten und der F vom 1. März 2011 nicht daran gehindert, sich auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu berufen. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB ist im vorliegenden Fall weder unmittelbar noch analog anwendbar.

62

1. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs. 5 schriftlich widersprechen kann, ist vorliegend nicht unmittelbar anwendbar. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB knüpft an die in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB getroffene Bestimmung an, wonach der neue Inhaber im Fall eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt und setzt damit voraus, dass es zu einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang gekommen ist. Dass ein Betriebs(teil-)übergang von der Beklagten auf die F nicht stattgefunden hat, wurde unter Rn. 47 ff. ausgeführt.

63

2. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB ist aber auch nicht analog in den Fällen anwendbar, in denen - wie hier - der vermeintliche Veräußerer und/oder der vermeintliche neue Inhaber den Arbeitnehmer über einen rechtsirrig angenommenen Betriebsübergang unterrichtet haben. Darauf, ob der Irrtum vermeidbar war, kommt es entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht an.

64

a) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält. Die Lücke muss sich demnach aus dem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Regelungsplan ergeben. Dabei muss die Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können. Andernfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers als planwidrige Lücke aufgefasst und diese im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden.Darüber hinaus muss der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen(vgl. etwa BGH 18. Oktober 2017 - IV ZR 97/15 - Rn. 22; 17. Oktober 2017 - VI ZR 477/16 - Rn. 19 mwN; 4. Dezember 2014 - III ZR 61/14 - Rn. 9 mwN; vgl. etwa BAG 12. Juli 2016 - 9 AZR 352/15 - Rn. 19; 24. September 2015 - 6 AZR 511/14 - Rn. 26 mwN; 23. Juli 2015 - 6 AZR 490/14 - Rn. 34, BAGE 152, 147). Der gesetzlich ungeregelte Fall muss demnach nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangen wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle (vgl. etwa BAG 12. Juli 2016 - 9 AZR 352/15 - aaO; 24. September 2015 - 6 AZR 511/14 - aaO; 23. Juli 2015 - 6 AZR 490/14 - aaO).

65

b) Daran gemessen kommt eine analoge Anwendung von § 613a Abs. 6 BGB auf Fälle, in denen eine Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB erfolgt ist, weil der (bisherige) Arbeitgeber und/oder ein vermeintlicher Übernehmer rechtsirrig einen Betriebsübergang annehmen, nicht in Betracht. Insoweit fehlt es bereits an der erforderlichen, positiv festzustellenden planwidrigen Regelungslücke. Aus Sinn und Zweck der in § 613a BGB getroffenen Bestimmungen und der inneren Systematik von § 613a BGB ergibt sich vielmehr, dass der Gesetzgeber nur die Fälle regeln wollte, in denen ein Betriebs(teil-)übergang tatsächlich stattfindet. Darüber hinaus fehlt es an der hinreichenden Vergleichbarkeit des hier zu beurteilenden Sachverhalts mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand.

66

aa) Mit der Regelung in § 613a BGB ging es dem Gesetzgeber darum, die auch unionsrechtlich gebotene Gewährleistung der Rechte der Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel sicherzustellen(vgl. den dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 23/2001/EG sowie zB EuGH 29. Juli 2010 - C-151/09 - [UGT-FSP] Rn. 22 mwN). Gibt es einen solchen Inhaberwechsel nicht, bedarf es des durch § 613a Abs. 1 und Abs. 2 BGB vermittelten Schutzes nicht. Die Rechte der Arbeitnehmer bleiben vielmehr im Rahmen des unverändert fortbestehenden Arbeitsverhältnisses mit ihrem Arbeitgeber gewahrt.

67

bb) Ebenso von Bedeutung ist, dass das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB den grundrechtlichen Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung trägt, der dem Arbeitnehmer die freie Wahl des Arbeitsplatzes und damit auch die freie Wahl des Vertragspartners garantiert. Der Arbeitnehmer soll nicht verpflichtet werden, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (BT-Drs. 14/7760 S. 20 unter Hinweis auf BAG 22. April 1993 - 2 AZR 50/92  -; vgl. auch BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14  - Rn. 17, BAGE 153, 296 ; 24. April 2014 - 8   AZR 369/13  - Rn. 18, BAGE 148, 90 ; zu den Wertungen von Art. 15 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), wonach jede Person das Recht hat, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben, mithin auch bei der Wahl des Arbeitgebers frei sein muss und nicht verpflichtet werden kann, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der nicht frei gewählt wurde vgl. etwa EuGH 16. Dezember 1992 -  C-132/91 , C-138/91 und C-139/91  - [Katsikas ua.] Rn. 32). Findet hingegen kein Betriebsübergang statt, stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer verpflichtet wird, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat, von vornherein nicht.

68

cc) Bereits diese Umstände sprechen dafür, dass der Gesetzgeber mit den in § 613a BGB getroffenen Bestimmungen von vornherein nur die Fälle erfassen und regeln wollte, in denen tatsächlich ein Betriebs(teil-)übergang vom „bisherigen Arbeitgeber“ auf den „neuen Inhaber“ stattfindet. Eine analoge Anwendung von § 613a Abs. 6 BGB auf Fälle, in denen eine Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB erfolgt ist, weil der (bisherige) Arbeitgeber und ein vermeintlicher Übernehmer rechtsirrig einen Betriebsübergang annehmen, liefe im Übrigen dem Schutzzweck von § 613a BGB zuwider. Liegt kein Betriebsübergang vor, tritt die Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ein. Das Arbeitsverhältnis geht nicht auf einen „neuen Arbeitgeber“ über. Für den Arbeitnehmer bestünde in einem solchen Fall bei analoger Anwendung von § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB die Gefahr, infolge eines nicht rechtzeitigen Widerspruchs ohne Arbeitsverhältnis dazustehen. Die Annahme, dass diese Folge Bestandteil des ursprünglichen Regelungsplans des Gesetzgebers war, ist indes fernliegend.

69

dd) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten erfordert auch der Zweck der Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB keine andere Bewertung. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Monatsfrist dem Bedürfnis von bisherigem Arbeitgeber und neuem Inhaber nach Planungssicherheit Rechnung getragen. Letztere sollen durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung innerhalb einer kurzen Zeit eine rechtssichere Zuordnung der Arbeitsverhältnisse herbeiführen können (vgl. BT-Drs. 14/7760 S. 19; BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 29, BAGE 153, 296). Liegt jedoch kein Betriebsübergang vor, besteht auf Seiten des Arbeitgebers und des vermeintlichen neuen Inhabers kein schutzwürdiges Interesse an der Gewährleistung einer Planungssicherheit. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber und/oder der vermeintliche neue Inhaber über einen aus ihrer Sicht vorliegenden Betriebsübergang unterrichtet und sich dabei in einem entschuldbaren Irrtum befunden haben. Auch in einem solchen Fall geht das Risiko der Einschätzung, ob ein Betriebs(teil-)übergang vorliegt oder nicht, nicht auf den Arbeitnehmer über.

70

III. Entgegen der Ansicht der Beklagten hatte der Kläger sein Recht, sich auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu berufen, auch nicht verwirkt.

71

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung ( § 242 BGB ). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und trägt dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Die Verwirkung verfolgt allerdings nicht den Zweck, den Schuldner bereits dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger seine Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 18; 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12  - Rn. 26 ).

72

a) Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig; beide Elemente sind - bildhaft ausgedrückt - im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden (vgl. BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 19; 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09  - Rn. 30). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Gegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch oder Recht verwirken ( BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07  - Rn. 27). Umgekehrt gilt, je länger der Arbeitnehmer untätig geblieben ist, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12  - Rn. 27 mwN).

73

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwands vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12  - Rn. 28 ; 11. November 2010 - 8  AZR 185/09  - Rn. 25; 20. Mai 2010 - 8   AZR 734/08  - Rn. 24).

74

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe sein Recht, sich auf den unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten über den 31. März 2011 hinaus zu berufen, nicht verwirkt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

75

a) Dabei kann dahinstehen, ob das Recht, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, überhaupt verwirkt werden kann (bejahend BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 497/89 - zu I 2 der Gründe, BAGE 67, 124; offengelassen von BAG 24. Mai 2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 30; 10. Oktober 2007 - 7 AZR 448/06 - Rn. 25; 20. September 2016 - 9 AZR 735/15 - Rn. 47; zweifelnd BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 160/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 105, 59). Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet und ist unter Berücksichtigung aller erheblichen Gesichtspunkte zu der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Annahme gelangt, der Kläger habe davon ausgehen dürfen, von der Beklagten und der F zutreffend über einen Betriebsübergang unterrichtet worden zu sein, ohne dass ihn die Verpflichtung getroffen habe, das Unterrichtungsschreiben auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen oder gar die Beklagte auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsauffassung hinzuweisen. Vor diesem Hintergrund stelle sich das gesamte Verhalten des Klägers ab dem Zeitpunkt des angeblichen Betriebsübergangs lediglich als ein Verhalten in Vollziehung der Rechtsfolgen dar, die ihm mit dem Unterrichtungsschreiben bekannt gemacht worden waren, so dass er schon nicht unter Umständen untätig geblieben sei, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle.

76

b) Hiergegen kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, das Landesarbeitsgericht habe bei seiner Beurteilung den Umstand außer Acht gelassen, dass der Kläger sich zunächst nur mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der F vom 28. Oktober 2014 zur Wehr gesetzt und von einer Klage gegen die Beklagte zunächst abgesehen hat. Der Kläger hat mit der Kündigungsschutzklage nicht zu erkennen gegeben, an einem Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nicht mehr interessiert zu sein. Eine Klageerhebung gegenüber der F innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG war vielmehr schon deshalb geboten, um ein Wirksamwerden der Kündigung der F nach § 7 KSchG zu verhindern. Solange noch nicht abschließend geklärt war, ob es mit dem 1. April 2011 zu einem Betriebsübergang von der Beklagten auf die F gekommen war, musste der Kläger - auch um sich für den Fall eines Betriebsübergangs ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die F zu erhalten und sich nicht dem Vorwurf einer unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB)aufgrund einer Disposition über sein Arbeitsverhältnis auszusetzen (vgl. hierzu BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 50; 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32; 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - Rn. 35; 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 45) - zunächst die Kündigung der F vom 28. Oktober 2014 angreifen. Im Übrigen gilt auch hier, dass sich der Kläger mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage genau so verhalten hat, wie es die Beklagte nach den gesamten Umständen, insbesondere aufgrund ihres eigenen Unterrichtungsschreibens vom 1. März 2011 über einen Betriebsübergang auf die F erwarten musste. Dass der Kläger seit 2013 von der Liquidation der F wusste und im Jahr 2014 von den Interessenausgleichsverhandlungen und dem Tätigwerden der Einigungsstelle erfahren hat, ist insoweit ebenso wie der Umstand, dass er nahezu vier Jahre die Arbeitgeberstellung der F nicht angezweifelt und die Beklagte nicht als Arbeitgeber angesprochen hatte, ohne Belang.

77

c) Die Beklagte kann schließlich auch aus dem von ihr angezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Juni 2011 (- 8 AZR 204/10 -) nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dies folgt bereits daraus, dass das Bundesarbeitsgericht in dieser Entscheidung nicht zu prüfen hatte, ob das Recht, sich auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Arbeitgeber zu berufen, verwirkt war, sondern es darum ging zu beurteilen, ob das Zeit- und das Umstandsmoment für die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB vorlagen.

        

    Schlewing    

        

    Vogelsang    

        

    Roloff    

        

        

        

    R. Kandler    

        

    Bloesinger    

                 

(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.

(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.