Arbeitsgericht Weiden Endurteil, 15. Sept. 2017 - 1 Ca 168/17

bei uns veröffentlicht am15.09.2017

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Der Streitwert wird festgesetzt auf 37.078,89 €.

IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im bestehenden Arbeitsverhältnis um Annahmeverzugslohn.

Der 1961 geborene und ledige Kläger ist seit 03.03.1997 bei der Beklagten als Elektrotechniker beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom gleichen Tag umschloss das Aufgabengebiet u.a. die Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger erklärte sich darüber hinaus mit dem Einsatz auf Baustellen einverstanden. Die Beklagte lehnt sich an die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie an.

Der Kläger machte eine ausweislich seiner Prüfungszeugnisse vom 26.06.1980 und vom 04.02.1982 (Blatt 68 der Akte des beigezogenen Verfahrens) eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker und zum Energiegeräteelektroniker. Anschließend diente er mehrere Jahre als Soldat und wurde dort zum Flugsicherungsradarmechanikermeister ausgebildet. Nach der Militärzeit machte er eine Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker ausweislich seines Abschlusszeugnisses vom 31.07.1992 (Blatt 71f der Akte des beigezogenen Verfahrens). In dem Fach Englisch zeigte er sehr gute Leistungen.

Die Beklagte richtet im Geschäftsbereich Automation Robotik für ihre industriellen Kunden unter anderem die Sicherheitstechnik ein. Dazu zählt unter anderem die „Einzäunung“ von Fertigungslinien, in denen Roboter arbeiten. Für die Sicherheit der Mitarbeiter des Kunden und von Servicefirmen muss auch umfangreiche Sicherheitssoftware programmiert werden, damit diese Mitarbeiter für notwendige Wartungs-, Umrüst- oder Reparaturarbeiten nicht in den Wirkbereich der Roboter kommen können, solange diese nicht zuverlässig stillstehen. Dazu zählen auch Notstopps der Fertigungsstraße, wenn Mitarbeiter des Kunden oder der Servicefirmen den Wirkbereich der Roboter während der laufenden Produktion betreten und dabei durch mit Lichtschranken geschützte Zugänge zu den Fertigungslinien gehen. Im Bereich der Programmierung dieser sogenannten Sicherheits-SPS war der Kläger seit seinem Eintritt bei der Beklagten beschäftigt.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 unverschuldet einen Verkehrsunfall, bei dem es zu einer schweren hirnorganischen Schädigung kam. Nach dem Bescheid der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) vom 07.03.2006 (Blatt 23 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wurde als Unfallfolge unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt. Für die Zeit vom 17.06.2002 bis 31.10.2004 wurde eine MdE von 40% und ab dem 01.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Ferner war ab 01.11.2004 ein GdB von 30 nach § 69 Abs. 2 SGB IX gegeben.

Am 10.04.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 Abs. 2 SGB IX.

Der Kläger erhält in Folge des Unfalles eine Erwerbsminderungsrente. Die Erwerbsminderungsrente des Klägers erhöhte sich ab 01.07.2008 auf 609,83 € ab 01.07.2009 auf 624,53 € ab 01.07.2011 auf 630,71 € und ab 01.07.2012 auf 644,46 €.

Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers streitet einen Erwerbsausfallschaden ab. Ab 15.04.2002 nahm der Kläger nach weniger als fünf Monaten nach dem Unfall im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.06.2002 war er vollschichtig tätig. Im Laufe der wieder aufgenommenen Beschäftigung stellte sich heraus, dass der Kläger in quantitativer Hinsicht erheblich leistungsgemindert war und in qualitativer Hinsicht untypische und in der Vergangenheit vor dem Unfall nicht aufgetretene Programmierfehler machte. Im Herbst/Winter 2003/2004 war vom Kläger bei der Sicherheitssoftware für eine Lackieranlage eines großen süddeutschen Automobilproduzenten die Funktionalität des „Not-Aus“ aus der Software gelöscht worden. Ab Mai 2004 beschäftigte die Beklagte den Kläger deshalb nicht mehr als Programmierer für SPS-Sicherheitssoftware.

Mit Schreiben vom 02.09.2004 (Blatt 42 der Akte des beigezogenen Verfahrens) teilte der Betriebsarzt mit, dass sich der Kläger bei ihm vorgestellt hatte und umfangreiche Unterlagen dabei hatte, aus denen hervorging, dass mehrere Gutachter einmütig eine Wesensveränderung wie auch eine Leistungseinschränkung bejahen. Im Nachgang dazu teilte der Betriebsarzt mit weiterem Schreiben vom 09.09.2004 (Blatt 43 der beigezogenen Akte) mit, dass im Rahmen einer Testaufgabe der Kläger für die gestellte Aufgabe knapp 140 Stunden für eine Station benötigte und ein unerfahrener Kollege dagegen nur 68 Stunden für 5 Stationen.

Die Beklagte sprach am 23.09.2004 eine Beendigungskündigung zum 31.12.2004 aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.03.2005 (Blatt 198,, 201 der Akte) geltend:

„Aufgrund seiner Ausbildung wäre der Kläger daher jederzeit in der Lage, auch im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung bei der Beklagten beschäftigt zu werden. Diese Umstände müssten der Personalabteilung der Beklagten durchweg bekannt sein, da dieser auch diese Ausbildungszeugnisse bzw. -bescheinigungen vorliegen.“

Im Berufungsverfahren vor dem LAG Nürnberg machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 08.09.2005 (Blatt 205, 210 der Akte) geltend: „Die Beklagte übersieht hier völlig, dass der Kläger eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker sowie Energiegeräteelektroniker besitzt. In einer Weiterbildung wurde er zum Elektrotechniker ausgebildet. (…) Zumindest hätte eine Versetzungsmöglichkeit in diese Arbeitsbereiche, die die Beklagte auch unterhält, geprüft werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.“

Die Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Die Beklagte sprach am 19.07.2005 eine Änderungskündigung aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Klageschrift seines Prozessbevollmächtigten vom 01.08.2005 (Blatt 212, 215 der Akte) geltend:

„Der Kläger ist jedenfalls in der Lage, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.“

Er macht dort (Blatt 212, 216 der Akte) ferner geltend:

„Keinesfalls können dem Kläger in Anbetracht seiner Ausbildung und seiner Leistungsfähigkeit Lagerarbeiten zugewiesen werden.

Sofern überhaupt eine Umsetzung des Klägers gerechtfertigt sein sollte, sind die unterschiedlichen Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen. Der Kläger könnte beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten. Es wird bestritten, dass die Beklagte weitere Umsetzungsmöglichkeiten geprüft hat. Die Beklagte missachtet den Grundsatz, dass der Arbeitgeber alle Anstrengungen zu unternehmen hat, um den Arbeitnehmer möglichst dauerhaft weiter zu beschäftigen.“

Auch diese Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Am 08.08.2005 nahm der Kläger im Rahmen eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses seine Tätigkeit für die Beklagte wieder auf. Er wurde vorübergehend mit Übersetzungs- und Dokumentationsaufgaben betraut. Im Dezember 2005 führte die Beklagte mit dem Kläger einen Arbeitsversuch durch mit der von ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Programmiertätigkeit. Auch hier machte er mehrere sicherheitsrelevante Fehler. Ab dem 01.01.2006 wurde der Kläger im Geschäftsbereich Automation Robotik als Lagerhelfer beschäftigt.

Ab August 2006 wurde der Kläger weiter im Geschäftsbereich Automation Robotik als Helfer bei der Kalt-Brünier-Anlage in der Lackiererei beschäftigt.

Ab Juli 2010 wurde der Kläger schließlich weiterhin im Bereich Automation Robotik in der CNC-Fräserei beschäftigt zum Umspannen von Serienteilen.

Unter dem 16.03.2006 erklärte die Beklagte ein weiteres Mal eine Änderungskündigung. Auch insoweit war eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage erfolgreich.

Unter dem 30.03.2006 erklärte die Beklagte eine weitere und bisher letzte Änderungskündigung zum 30.06.2006. Diese Änderungskündigung sollte zu einer Neubestimmung der vertraglichen Aufgaben des Klägers führen und damit einhergehend zu einer erheblichen Reduzierung seiner Vergütung. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an und erhob Kündigungsschutzklage. Deren Akten wurden dem Verfahren beigezogen.

In der Klageschrift vom 03.04.2006 (Blatt 7, 11 der Akte des beigezogenen Verfahrens) hielt der Kläger daran fest, dass er die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung als SPS-Programmierer weiterhin ausüben könne und an seinem Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 01.08.2005 im Vorverfahren. In dem weiteren Schriftsatz vom 14.07.2006 (Blatt 56, 64 der Akte des beigezogenen Verfahrens) machte er geltend, er könne im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung beschäftigt werden. Nach Beweisaufnahme wurde die Kündigungsschutzklage abgewiesen.

In der Berufungsbegründung vom 05.06.2007 (Blatt 145, 154, 155 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wies der Kläger darauf hin, dass er ab dem 08.08.2005 einer Prozessbeschäftigung nachging mit Übersetzungs- und Dokumentationsarbeiten und im Anlagenbau bzw. der Anlagenfertigung arbeiten könne. Die Beklagte machte dazu geltend, dass es sich bei den Dokumentations- und Übersetzungsarbeiten nur um eine Prozessbeschäftigung gehandelt habe und ein Arbeitsplatz nicht dauerhaft zur Verfügung stünde. Dazu machte der Kläger mit Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 23.08.2007 (Blatt 176, 183 der Akte des beigezogenen Verfahrens) geltend, dass eine externe Vergabe dieser Aufgaben erfolgt sei, es der Beklagten aber zuzumuten sei, diese Arbeiten nicht mehr fremd zu vergeben, sondern im eigenen Haus zu erledigen und hierfür den Kläger einzusetzen. Im Übrigen verwies der Kläger im beigezogenen Verfahren wiederholt auf verschiedene Arbeitsbereiche bei der Beklagten und vielfältige Stellenanzeigen der Beklagten. Er machte unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend, er könne in diesen Arbeitsbereichen und auf diesen ausgeschriebenen Stellen arbeiten.

Im Berufungsverfahren wurden mehrere ärztliche Gutachten eingeholt zu der Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers im Hinblick auf seine Befähigung, nach dem Unfall noch sicherheitsrelevante Software zu programmieren.

Der erste Gutachter T. L. teilte in dem psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010 (Blatt 326ff der beigezogenen Akte) mit, dass er sich im Ergebnis außerstande sieht, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten (Blatt 334 der beigezogenen Akte) und eine fachgerechte neuropsychologische Untersuchung erforderlich sei. Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 (Blatt 296ff der beigezogenen Akte) teilte der Gutachter Prof. Dr. med. Sch. mit, dass die Fragen des Gerichtes aus neuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden können, weil es dazu an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle (Blatt 323 der beigezogenen Akte).

Im weiteren Gutachten vom 12.03.2012 (Blatt 340ff der beigezogenen Akten) teilt der Gutachter Prof. Dr. med. D. abschließend mit, es sei schwer beurteilbar, ob weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden können, da es nicht möglich sei, dies vor Ort zu überprüfen (Blatt 359 der beigezogenen Akten).

Der letzte Gutachter Prof. Dr. med. Dr. Dipl.-Ing. W. kommt mit Gutachten vom 08.08.2013 (Blatt 491ff der beigezogenen Akte) zu dem Ergebnis, er habe keinen vernünftigen Zweifel daran, „dass sich die erheblichen Defizite auf das Leistungsvermögen in dem komplexen und verantwortungsvollen Tätigkeitsfeld des SPS-Programmierers negativ auswirken. Dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, dass der Kläger noch in der Lage wäre, Programmierarbeiten zu erledigen. Soweit diese komplexer sind und unter Zeitdruck erfolgen, verliert der Kläger jedoch leicht die Übersicht, sodass dann in einem erheblich verstärkten Umfang die erbrachten Leistungen von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssten. Versuche ich dies zu quantifizieren, erachte ich die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30-40% gemindert.“ (Blatt 521 der beigezogenen Akte).

Diese Feststellungen führten im Ergebnis zur Zurückweisung der Berufung. Dagegen wandte sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und begründete diese damit, dass das Berufungsgericht mangels Schwerbehinderung oder Gleichstellung des Klägers weder eine Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX vor der Kündigung erkennen konnte noch mangels einer ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit des Klägers von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens nach § 84 Abs. 2 SGB IX. Insoweit liege eine Divergenz nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG vor zu BAG, Urteil vom 12.07.2007 - 2 AZR 716/06 - . Darüber hinaus habe die Frage grundsätzliche Bedeutung nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG, ob § 84 Abs. 2 SGB IX bei Arbeitnehmern mit einer einfachen Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX voraussetze, dass diese ebenfalls länger als sechs Wochen im Kalenderjahr arbeitsunfähig krank waren, um die Notwendigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements auszulösen. Mit Beschluss des BAG vom 19.01.2016 wurde die Revision entsprechend § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ohne Begründung zugelassen.

Mit Berichterstatterschreiben vom 16.11.2016 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass die Vorinstanzen die Frage der sozialen Rechtfertigung der Absenkung des Stundenlohnes auf 8,50 € brutto nicht geprüft hätten. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Binnen gesetzter Frist teilte die Beklagte Namen und Stundenverdienste der übrigen mit Lagerhelfertätigkeiten beschäftigten Mitarbeiter mit. Diesen Tatsachenvortrag bestritt der Kläger mit Nichtwissen.

Mit weiterem Berichterstatterschreiben vom 09.01.2017 wurden die Parteien mit folgenden Überlegungen bekannt gemacht: „In pp. dürfte das mit der Kündigung vom 30. März 2006 unterbreitete Änderungsangebot aus dem grundsätzlich maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des Klägers mehrere Auslegungsmöglichkeiten hinsichtlich der fortan geschuldeten Arbeitsleistung zulassen, was möglicherweise zu Zweifeln an seiner Bestimmtheit, jedenfalls aber an seinem Inhalt und seiner sozialen Rechtfertigung führen könnte.

Musste der Kläger davon ausgehen, dass er nach Ablauf der Kündigungsfrist Tätigkeiten eines Elektrotechnikers unter Einschluss von Arbeiten im Lager verrichten sollte? Sollte er künftig als Elektrotechniker und zusätzlich als „Lagermitarbeiter“ eingesetzt werden können? Sollte er fortan ausschließlich mit Lagerarbeiten betraut werden können? Welchen Sinn hatten die Passagen, nach denen er als Elektrotechniker „eingestellt“ werde und sich mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden erkläre? Ist zwischen den Parteien im Vorfeld der Kündigung vom 30. März 2006 über den avisierten Aufgabenbereich gesprochen worden? Wenn dem Kläger nach Wirksamwerden der Änderungen nicht ausschließlich reine Lagertätigkeiten übertragen werden sollten: Wie ließe sich dies mit der angebotenen Vergütung vereinbaren?.“

Im Hinblick auf den bevorstehenden Termin zur Revisionsverhandlung wurden die Parteien um möglichst kurzfristige Stellungnahme gebeten. Die Parteien trugen ergänzend vor.

Der Änderungskündigungsschutzklage wurde nach mündlicher Verhandlung am 26.01.2017 schließlich mit BAG, Urteil vom 26.01.2017 - 2 AZR 68/16 - stattgegeben. Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht erfolgte nicht.

In der Begründung wird unter anderem Bezug genommen auf Sachvortrag der Beklagten, der erstmals im Verfahren vorgetragen wurde vor dem BAG mit Schreiben der beklagten Partei vom 12.12.2016 in Beantwortung des Schreibens des Berichterstatters vom 16.11.2016. In der Begründung wird ferner ausgeführt, entscheidungserheblicher weiterer Sachvortrag der Beklagten stehe nicht zu erwarten.

Der Kläger hat im Verlauf des langjährigen Kündigungsschutzverfahrens in verschiedenen beim Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - anhängigen Verfahren zur Wahrung der in Ziffer 8 des Arbeitsvertrages vereinbarten Ausschlussfristen den Differenzlohn zwischen der nach dem ursprünglich geschlossenen Vertrag geschuldeten Vergütung und der tatsächlich infolge der Änderungskündigung gezahlten Vergütung geltend gemacht. In dem Verfahren 3 Ca 169/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.05.2007 Differenzlohn geltend in Höhe von 21.891,16 € brutto. In dem Verfahren 3 Ca 166/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.12.2008 Differenzlohn geltend in Höhe von 28.004,14 € brutto. In dem hier streitgegenständlichen Verfahren 1 Ca 167/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 Differenzlohn geltend in Höhe von 45.360,77 € brutto.

In dem Verfahren 1 Ca 168/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2012 Differenzlohn geltend in Höhe von 37.078,89 € brutto.

In dem Verfahren 3 Ca 1437/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2016 Differenzlohn geltend in Höhe von 81.147,16 € brutto.

Insgesamt begehrt der Kläger eine Nachzahlung von 213.482,12 € brutto.

Der Kläger macht geltend:

Ihm stehe der Differenzlohn als Annahmeverzugslohn zu.

Dieser berechne sich unter Berücksichtigung der über die Jahre erfolgten Tariflohnerhöhungen wie folgt: Für das Jahr 2011:

01.01. bis 31.12.2011 37.867,81 € brutto zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.213,81 € brutto zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.897,55 € brutto zuzüglich VWL 159,60 € brutto Summe: 42.138,77 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 23.798,31 € brutto, sodass sich eine Nachforderung ergebe von 18.340,46 € brutto.

Und für das Jahr 2012:

01.01. bis 31.12.2012; 39.038,88 € brutto zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.309,00 € brutto zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.979,14 € brutto zuzüglich VWL 159,60 € brutto Summe: 43.486,62 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 24.748,19 € brutto, sodass sich eine Nachforderung ergebe von 18.738,43 € brutto.

Für beide Jahre ergebe sich eine Nachforderung von 37.078,89 € brutto.

Daraus errechne sich die Klageforderung. Die Beklagte könne nicht einwenden, dass sie sich an die Branchentarifverträge nur anlehne. Es bestehe eine betriebsübliche betriebliche Übung, die Tarifabschlüsse zu übernehmen und an die Beschäftigten weiterzugeben.

Die Beklagte könne nach dem Urteil des BAG nicht mehr damit gehört werden, er, der Kläger, sei nicht leistungsfähig gewesen im Sinne des ursprünglichen Vertrages. Er sei aber auch unabhängig von dieser rechtlichen Überlegung leistungsfähig gewesen. Dies ergebe sich aus den vor dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. D2. und des Prof. Dr. L., deren Beiziehung zu Beweiszwecken zum vorliegenden Verfahren beantragt werde. Auch die Berufsgenossenschaft habe schon 2002 festgestellt, dass er wieder voll einsatzfähig sei ausweislich des Aktenvermerks der Berufshilfe vom 02.07.2002 (Blatt 150 der Akte).

Einer Beschäftigung auf dem ursprünglichen Arbeitsplatz seien auch keine versicherungsrechtlichen oder arbeitsschutzrechtlichen Aspekte entgegengestanden. Das Vorbringen der Beklagten sei insoweit zu bestreiten.

Vorsorglich sei im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche in tatsächlicher Hinsicht geltend zu machen:

Darum gehe es gar nicht. Er habe nach der Wiedergenesung wieder erfolgreich auf der alten Stelle als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer gearbeitet.

Es sei der Beklagten jedenfalls möglich gewesen, ihn nicht nur als Lagerhelfer weiter zu beschäftigen mit einem Lohn von ursprünglich von 8,50 € brutto ab 01.07.2006. Dies ergebe sich schon aus dem tatsächlichen weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses nach der Wiedergenesung von dem Unfall und den verschiedenen ihm zugewiesenen Arbeitsplätzen und Arbeitsaufgaben.

Es hätte auch höherwertige Arbeitsplätze gegeben, wie die wiederholten Stellenausschreibungen bei der Beklagten in der Zeit danach gezeigt hätten. Es seien Projektleiter, Industriemechaniker/Schlosser, CNC-Fräser sowie Elektriker/Energieelektroniker gesucht worden. Solche seien auch eingestellt worden. Ihm sei dagegen keine solche Stelle angeboten worden. Selbst wenn er trotz seiner vielfachen Ausbildung auf diesen Stellen in Teilbereichen nicht einsetzbar gewesen wäre, so hätte er mit entsprechendem „learning on the job“ in die jeweilige Tätigkeit hineinfinden können. Entsprechende Nachqualifizierungsmaßnahmen seien für die Beklagte sogar kostenneutral möglich gewesen über die Berufsgenossenschaft.

Es sei pflichtwidrig keine Maßnahme nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchgeführt worden.

Es sei auch pflichtwidrig kein BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt worden. In einem solchen Verfahren hätte sich ebenfalls eine höherwertige Tätigkeit als nur Lagertätigkeit für den Kläger finden lassen, wenn er schon nicht mehr habe programmieren können.

In rechtlicher Hinsicht sei darauf zu verweisen, dass es einer Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB nicht bedurft habe nach der ernsthaften und endgültigen Weigerung der Beklagten, dem Kläger einen (soweit überhaupt erforderlich) leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Er habe wiederholt eine leidensgerechte Arbeit angeboten.

Auch ein Einsatz als Elektrotechniker sei möglich gewesen. Die Beklagte gehe selbst nach den Urteilsgründen des BAG im Kündigungsschutzverfahren davon aus, dass der Kläger zumindest auf Baustellen als Elektrotechniker hätte eingesetzt werden können.

Auch ein Einsatz im Bereich der technischen Dokumentation und der entsprechenden Übersetzung sei möglich gewesen. Diese Tätigkeit wäre auch auf dem Standard der vertraglich vereinbarten Tätigkeit gewesen. In dieser Position habe er auch gearbeitet ab dem 08.08.2005. Darauf habe er auch Bezug genommen in der Kündigungsschutzklage mit dem Hinweis, dass unterschiedliche Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen seien und er, der Kläger, beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten könne.

Der Kläger beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 37.078,89 € brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Differenzlohn aus Annahmeverzug. Die Berechnung des Klägers sei schon fehlerbehaftet.

Die Beklagte lehne sich nur an die Flächentarifverträge an. Tariflohnerhöhungen würden deshalb auch nicht 1:1 an die eigenen Mitarbeiter weitergegeben. Ferner beziehe der Kläger eine Teilerwerbsminderungsrente, die gegebenenfalls auf den Annahmeverzugsanspruch anzurechnen sei.

Der Anspruch bestehe schon dem Grunde nach nicht.

Ansprüche aus Annahmeverzug setzten voraus, dass der Arbeitnehmer auch objektiv leistungsfähig sei. Dies sei der Kläger nicht gewesen. Nach Wiederaufnahme der Tätigkeit ab Sommer 2002 sei festgestellt worden, dass der Kläger die von der Beklagten erstellte Sicherheitssoftware nicht mehr fehlerfrei programmieren könne und die Leistung insgesamt um ca. 50% im Vergleich zur Normalleistung zurückgegangen sei. Darüber hinaus seien bei dem Programmiertest im Zusammenhang mit einem Projekt für den Autobauer Daimler massive Fehler gemacht worden. Die Programmierfehler des Klägers hätten zu unnötigen Bandstillegungen führen können wie bei dem Programmiertest für Daimler oder zu keinem Notstop der Roboter bei einem Betreten der Gefahrenzone durch Mitarbeiter des Kunden.

Ursächlich für die Programmierfehler des Klägers sei der Unfall gewesen und die dabei erlittenen dauerhaften gesundheitlichen Schäden, die den Kläger außerstande setzten, komplexe Aufgaben wie Programmiertätigkeiten strukturiert und konzentriert und im Ergebnis fehlerfrei abzuarbeiten. Dies ergebe sich aus dem von dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. W., dessen Beiziehung zum vorliegenden Verfahren beantragt werde.

Der Kläger habe im Bereich der Programmierung von Sicherheitssoftware wegen dieser organischen Hirnschädigungen nicht mehr beschäftigt werden können aus haftungsrechtlichen Gründen wie auch aus Gründen des Arbeitsschutzes. So habe die Betriebshaftpflicht der Beklagten bestätigt, dass bei arbeitgeberseitiger Vorkenntnis der fehlenden Verlässlichkeit des Mitarbeiters darauf zurückführende Schäden nach § 61 VVG und § 4 Abs. 2 Ziffer 1 AHB (1997) nicht versichert seien. Dies sei ein für die Beklagte nicht hinnehmbares Haftungsrisiko. Ferner dürfe die Beklagte aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen Mitarbeiter nicht mit Arbeiten betrauen, die diese nicht erledigen können ohne Gefahr für sich und andere, wie sich aus der einschlägigen berufsgenossenschaftlichen UVV zur Prävention, dort § 7 ergebe.

Die Beklagte habe dem Kläger auch im Laufe der Zeit höherwertige Tätigkeiten übertragen, soweit der Kläger dazu in der Lage gewesen sei. Ursprünglich sei der Kläger beschäftigt worden im Bereich Automation Robotik, dort im Bereich Lager als Lagerhelfer. Ab August 2006 sei der Kläger dann versetzt worden innerhalb des Bereiches als Helfer in der Lackiererei. Ab Juli 2010 sei er dann zum Einsatz gekommen in der CNC-Fräserei.

In den vom Kläger genannten Bereichen sei ein Einsatz jedoch nicht möglich. Der Kläger könne weder unter Zeitdruck arbeiten noch mit komplexeren Aufgaben wie Projektleitung oder Anlagenbau und Schaltschrankbau betraut werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 313 Abs. 2 ZPO. Die Kammer hat die Akten des Kündigungsschutzprozesses vor dem LAG - 7 (2) Sa 229/07 - und dem BAG - 2 AZR 68/16 - insbesondere hinsichtlich der Sachverständigengutachten Prof. Dr. med. Sch. (Blatt 297ff der dortigen Akte), Prof. Dr. med. D. (Blatt 340ff der dortigen Akte) und Prof. Dr. med. W. (Blatt 491ff der dortigen Akte) zu Beweiszwecken beigezogen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zum Arbeitsgericht ist eröffnet, § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG i.V.m. den §§ 46, 48 ArbGG. Das Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - ist zur Entscheidung des Rechtsstreites auch örtlich zuständig, § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Nr.10, Art. 3 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 BayArbGOrgG.

II.

Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Differenzlohn in geltend gemachter Höhe gegen die Beklagte aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach §§ 611, 615 BGB oder aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Schadenersatzes nach § 280 Abs. 1 BGB.

A.

Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß §§ 611, 615 Satz 1 BGB besteht nicht, weil sich die Beklagte während des streitigen Klagezeitraums nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug befand.

1. Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit nicht willens ist, die geschuldete Leistung zu erbringen, oder aber objektiv außerstande ist, die Leistung zu bewirken, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris, in jüngerer Zeit auch BAG, Urteil vom 28.09.2016 -5 AZR 224/16 - dort Rdz. 23, zitiert nach juris.

a. Entfällt das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber. Da er über den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. In Betracht kommen insbesondere Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor, in und nach dem Verzugszeitraum. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann, BAG, Urteil vom 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 - dort Rdz. 17, zitiert nach juris.

b. Zu der Frage des objektiven Leistungs(un) vermögens hat das BAG eine differenzierte Rechtsprechung entwickelt. Es ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer alle im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann. Es kommt vielmehr nur darauf, ob er noch objektiv in der Lage ist, die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesenen Arbeitsaufgaben zu erledigen.

Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ durch den Arbeitnehmer ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet, BAG, Urteil vom 30.04.2008 - 5 AZR 502/07 - dort Rdz. 24, zitiert nach juris. Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung, BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris und in jüngerer Zeit BAG, Urteil vom 27.05.2015 -5 AZR 88/14 - dort Rdz. 19, zitiert nach juris. Das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers muss insoweit gegeben sein, damit dem Anspruch auf Annahmeverzugslohn nicht § 297 BGB entgegensteht. Auf diese Tätigkeit muss sich auch der Leistungswille des Arbeitnehmers, also sein Arbeitsangebot beziehen, BAG, Urteil vom 27.08.2008 - 5 AZR 16/08 - dort Rdz. 14, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 21, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 09.04.2014 -10 AZR 637/13 - dort Rdz.37, zitiert nach juris. Dieser Rechtsprechung haben sich auch die Landesarbeitsgerichte angeschlossen, LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.06.2012 - 4 Sa 2151/11 - dort 47, zitiert nach juris, LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.08.2013 - 2 Sa 248/13 - dort Rdz. 45.

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus:

a. Der Kläger wurde als Elektrotechniker bei der Beklagten eingestellt. Die Tätigkeit, die ihm nach seinem Arbeitsvertrag oblag, umfasste u.a. die Softwareerstellung, die Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Bei den Programmierarbeiten des Klägers handelte es sich ausschließlich um sog. Sicherheits-SPS (= speicherprogrammierbare Steuerung) bei Fertigungsanlagen. Dies ergibt sich aus dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten. Diese Tätigkeit war die zugewiesene Tätigkeit, hinsichtlich derer zur Begründung von Annahmeverzugsansprüchen objektive Leistungsfähigkeit und subjektiver Leistungswille erforderlich waren.

b. Die nach BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO für die Frage der objektiven Leistungsunfähigkeit maßgebliche vom Kläger geschuldete Tätigkeit war die des Programmierens von Sicherheits-SPS. Mit der Zuweisung dieser Tätigkeit bewegte sich die Beklagte im Rahmen ihres durch den Arbeitsvertrag umschriebenen Direktionsrechtes. Damit wurde die dem Kläger obliegende Arbeit letztmals innerhalb des Direktionsrechtes der Beklagten konkretisiert. Diese zuletzt zugewiesene Tätigkeit des Programmierens von SPS-Sicherheitssoftware kann der Kläger seit seinem Unfall dauerhaft nicht mehr ausüben. Insoweit schließt sich das erkennende Gericht den überzeugenden Ausführungen des LAG Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters im Gutachten vom 08.08.2013 an. Nach diesem Gutachten, das zu Beweiszwecken beigezogen wurde, ist davon auszugehen, dass beim Kläger eine irreversible hirnorganische Verletzung vorliegt, die dazu führt, dass er die an sich geschuldeten komplexen Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen kann.

Nach dem Gutachten ist beim Kläger eine rechts im Frontalhirn gelegene Narbenzone vorhanden. Diese beeinträchtigt nach den Ausführungen des Gutachters zwei kognitive Funktionen des Gehirns, nämlich temporal das Gedächtnis und die exekutiven Funktionen, wobei zu letzteren beispielsweise Planung, Kontaktfähigkeit und Problemlösung gehören.

Nach dem Ergebnis der gutachterlichen Untersuchung weist der Kläger in den Bereichen Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit deutliche Defizite auf, die dazu führen, dass seine Leistungsfähigkeit in seinem Tätigkeitsfeld um 30 bis 40% gemindert ist. Diese Einschätzung beruht auf den vom Gutachter schriftlich dargestellten und nachvollziehbaren Testergebnissen. Die Leistungsminderung bedingt, dass die erbrachten Leistungen nicht von der Beklagten weiter übernommen werden können, sondern vorher von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssen. Die vorgängigen Gutachten der anderen Gutachter stehen dem Gutachten vom 08.08.2013 nicht entgegen.

Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 ist ausgeführt, dass es durchaus vorstellbar sei, dass der Kläger die frühere Tätigkeit wieder aufnehme. Diesbezüglich erfolgt eine Einschränkung, wenn im Ergebnis ausgeführt wird, es sei dem Kläger eine etwas längere Zeit zur Selbstkontrolle bzw. zur Zuhilfenahme von Gedächtnis- und Planungsstützen einzuräumen. Maßgebend ist indes die Feststellung auf Blatt 27 dieses Gutachtens, die Frage des Gerichtes, ob der Kläger wegen der beim Verkehrsunfall am 23.01.2001 erlittenen Hirnschädigung nicht mehr in der Lage sei, das ihm übertragene Aufgabengebiet zu bearbeiten, könne in dieser Form aus neurologischneuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden, weil es an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle, d.h., der Gutachter besaß keine konkrete Vorstellung davon, welche Arbeit der Kläger zu leisten hatte und welche Anforderungen neurologischer Art diese mit sich brachte.

Das Gleiche gilt im Ergebnis für das Gutachten vom 12.03.2012 und das psychiatrische Teilgutachten vom 12.08.2010. So wird im Gutachten vom 12.03.2012 auf Seite 20 (Bl. 359 der beigezogenen Akten) ausgeführt, inwieweit weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden könnten, sei von den Gutachtern schwer beurteilbar, da sie nicht in der Lage seien, dies vor Ort zu überprüfen. Der Ersteller des Gutachtens beantwortet die gestellte Beweisfrage also mit der Aussage, dass er dies in seinem Gutachten nicht abschließend beurteilen konnte. Dies entspricht der Kernaussage im psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010. Dort wird von dem Gutachter auf der vorletzten Seite (Bl. 371 der beigezogenen Akte) ausgeführt, der Unterzeichner sehe sich im Ergebnis außerstande, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass der Kläger nach dem Unfall die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesene Arbeit als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer als Unfallfolge nicht mehr ausüben konnte.

Dem Kläger stehen daher Ansprüche gegen die Beklagte aus Annahmeverzug nicht zu.

B.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat nicht schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt dadurch, dass sie dem Kläger nicht im Rahmen ihres Direktionsrechtes einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

1. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht.

Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur (Änderungs-)Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer vertragsgemäßen Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz und mit den bisherigen Arbeitsaufgaben, sondern auch einer vertragsgemäßen Beschäftigung an anderer Stelle und/oder mit anderen Aufgaben entgegensteht., also eine vertragsgemäße Beschäftigung nicht mehr möglich ist.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist, vergleiche oben zitierte Rechtsprechung, insbesondere BAG, Urteil vom 19.05.2010, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris und BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris. Insoweit unterscheidet das BAG unter Hervorhebung des Direktionsrechtes des Arbeitgebers nicht zwischen der Fallgestaltung, dass die zuletzt zugewiesene Arbeit nicht mehr ausgeübt werden kann, aber eine andere Arbeit ohne Änderung des Arbeitsvertrages zugewiesen werden könnte, so BAG, Urteile vom 19.05.2010 und vom 27.05.2015 oder keine vertraglich vereinbarte Tätigkeit mehr ausgeübt werden kann, sondern nur eine Tätigkeit, die eine Änderung des Arbeitsvertrages voraussetzt, so BAG, Urteil vom 13.08.2009 - 6 AZR 330/08 - dort Rdz. 28 ff, zitiert nach juris.

In diesem Zusammenhang muss der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Darlegungslast konkret vortragen, mit welchen Aufgaben er in welchen Bereichen vertragsgerecht und leidensgerecht beschäftigt werden kann und wann er eine solche Tätigkeit von dem Arbeitgeber verlangt hat, BAG, Urteil vom 27.05.2017, aaO., Rdz. 35 bzw. wann er initiativ geworden ist und dem Arbeitgeber signalisiert hat, dass er im Rahmen einer leidensgerechten Beschäftigung auch konkrete andere Tätigkeiten außerhalb des arbeitsvertraglich geschuldeten Bereiches ausüben kann, BAG, Urteil vom 13.08.2009, aaO. Rdz. 30f.

2. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens ändert daran nichts.

Die Durchführung eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX kann helfen, Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis zu beseitigen und eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. Ein Präventionsverfahren ist geboten bei Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis von schwerbehinderten Menschen und im Hinblick auf § 68 Abs. 3 SGB III behinderten Menschen mit Gleichstellung, vergleiche Knittel, SGB IX, Kommentar, 7. Auflage, Rdz. 1.

Zu diesem Personenkreis zählte der Kläger nach seinem Vorbringen und nach Aktenlage jedenfalls bis zum Ausspruch der letzten Änderungskündigung vom 30.03.2006 nicht. Er beantragte erst am 10.04.2006 die Gleichstellung. Bei positivem Bescheid über die Gleichstellung wird diese erst wirksam mit dem Tag des Eingangs des Antrages bei der zuständigen Behörde, § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Es ist auch nicht aus der Akte ersichtlich, wann der Kläger der Beklagten Kenntnis davon verschafft hätte, dass und ab wann er gleichgestellt ist. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist deshalb vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 1 SGB IX nicht ersichtlich.

Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob eine etwaige Verletzung der Pflichten aus § 84 Abs. 1 SGB IX seitens der Beklagten überhaupt dazu führt, dass nicht mehr der Kläger eine konkrete leidensgerechte Beschäftigung anbieten müsste, sondern die Beklagte nunmehr von sich aus zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen die leidensgerechte Beschäftigung definieren und anbieten müsste. Denn dazu ist sie ohne nähere Sachverhaltskenntnis von den krankheitsbedingten Einschränkungen im Leistungsvermögen des Klägers auch weiterhin nicht in der Lage. Insoweit ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

3. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens ändert daran ebenfalls nichts.

Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX kann helfen, einen leidensgerechten Arbeitsplatz innerhalb der Grenzen des bestehenden Arbeitsvertrages mit den notwendigen Hilfen einzurichten, wenn dies dem Arbeitgeber in organisatorischer wie auch finanzieller Hinsicht zumutbar ist. Unterlässt der Arbeitgeber es, ein gebotenes betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, so kann dies bei der Frage der Möglichkeit einer leidensgerechten Beschäftigung und einer im Sinne eines Verschuldens vorwerfbaren Verantwortung des Arbeitgebers dafür, dass es zu einer leidensgerechten Beschäftigung nicht gekommen ist, eine Rolle spielen. Allerdings ist die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagement nach der gesetzlichen Regelung nur dort geboten, wo der Mitarbeiter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt ist.

Der Kläger hat nicht dazu vorgetragen, dass er in der Zeit vor dem 01.01.2009 einmal innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr länger als sechs Wochen wiederholt oder ununterbrochen arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Solche Fehlzeiten ergeben sich auch nicht aus der Akte. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich.

Nach Aktenlage ist nur eine längere Erkrankung des Klägers ersichtlich. Dabei handelt es sich um die längere Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit dem schweren Unfall des Klägers im Jahr 2001. Diese Arbeitsunfähigkeit hat eine Pflicht der Beklagten zur Einleitung eines BEM-Prozesses nicht auslösen können. Die Vorschrift zum BEM als „Jedermannparagraph“ ohne Beschränkung auf schwerbehinderte Menschen oder behinderte Menschen mit Gleichstellung in der aktuellen Fassung des § 84 Abs. 2 SGB IX ist erst neu und erstmals in Kraft getreten zum 01.05.2004. Nur Zeiten der ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten dieser Norm können deshalb die Pflicht zum BEM-Prozess auslösen.

Zu dem Personenkreis mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen in einem Jahr, bei dem der Arbeitgeber in der Pflicht ist, ein BEM anzubieten und bei Mitwirkungsbereitschaft des Arbeitnehmers durchzuführen, zählt der Kläger nach Aktenlage und nach seinem eigenen Vorbringen nicht. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich. Insoweit ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

4. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass die Initiativlast beim Kläger LAG, er also gehalten war, in einem ersten Schritt die ihm vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch mögliche Arbeiten im Rahmen oder außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages näher zu umschreiben und der Beklagten als seine ihm mögliche Arbeitsleistung anzubieten.

Er hat außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht aufgefordert, ihm eine andere Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsvertrages zuzuweisen wie Projektbetreuung, Inbetriebsetzung oder Kundenschulung. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Er hat auch außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass ihm eine andere Tätigkeit außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages als leidensgerechte Arbeit möglich wäre und welche Tätigkeit er sich in diesem Zusammenhang vorstelle. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Der Kläger hat nach seinem eigenen Vorbringen sowie nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt der Beklagten eine andere im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages mögliche Tätigkeit als leidensgerechte Tätigkeit mitgeteilt. Er hat konsequent darauf beharrt, seine bisherige Tätigkeit als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Nach dem Arbeitsvertrag war der Kläger eingestellt als Elektrotechniker. Zu seinem Aufgabengebiet als Elektrotechniker zählte u.a. Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger hat nach Aktenlage wie auch nach seinem eigenen Vorbringen gegenüber der Beklagten kein konkretes Angebot gemacht, welche Arbeiten er für die Beklagte künftig leidensgerecht noch ausüben könnte. Er hat in dem Kündigungsschutzverfahren konsequent daran festgehalten, dass er in der Lage ist, seine ursprünglich zugewiesene Arbeit als SPS-Programmierer ausüben zu können.

Soweit er im Kündigungsschutzverfahren auf andere vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Projektbetreuung, Projektabwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung hingewiesen hat, LAG darin kein konkretes Arbeitsangebot, sondern nur der Hinweis auf die fehlende Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch die Beklagte bei Ausspruch der Änderungskündigung.

Soweit er auf andere nicht vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Anlagenbau und Anlagenfertigung verwiesen hat, ging es dem Kläger dabei ebenfalls nicht um die Darstellung und das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigungsmöglichkeit, sondern um die Darstellung von im Vergleich zu Helfertätigkeiten höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeiten wieder vor dem Hintergrund des im Kündigungsschutzrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten wie im Anlagenbau konnten von der Beklagten nicht im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages und in Ausübung des Weisungsrechtes realisiert werden, sondern nur durch einvernehmliche Vertragsänderung. Eine solche Vertragsänderung hat der Kläger ebenfalls nicht nachgesucht, da er im Grunde daran festgehalten hat, weiter als SPS-Programmierer arbeiten zu können. Abgesehen davon werden bei der Beklagten im Anlagenbau wie auch in der Anlagenfertigung verschiedene Arbeitsplätze für unterschiedlichste Ausbildungen und Qualifikationen angeboten. Eine entsprechende Konkretisierung seitens des Klägers, welcher Arbeitsplatz im Anlagenbau oder in der Anlagenfertigung leidensgerecht wäre, ist nicht ersichtlich.

5. Das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigung innerhalb des Direktionsrechtes des bestehenden Vertrages war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte, wie der Kläger unter Hinweis auf § 281 Abs. 2 BGB geltend macht.

Nach § 281 Abs. 2 BGB ist nur eine Fristsetzung zur Leistungserbringung durch den Schuldner unter den dort genannten Voraussetzungen entbehrlich, nicht aber die hier in Frage stehende Pflicht des Arbeitnehmers als Gläubiger, die vom Schuldner zu erbringende Leistung, den leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die leidensgerechte Beschäftigung zuzuweisen, in einem ersten Schritt zu konkretisieren. Erst wenn der Arbeitgeber mit dieser Konkretisierung durch den Arbeitnehmer weiß, was die von ihm zu erbringende Leistung iSd § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, kann er deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern iSd § 280 Abs. 2 BGB. Dies war der Beklagten hier schon deshalb nicht möglich, weil aus dem Vorbringen des Klägers in der Vergangenheit nicht konkret hervorging, ob die ihm noch mögliche Arbeitsleistung nach seiner Beurteilung innerhalb des Arbeitsvertrages möglich war oder eine Änderung des Arbeitsvertrages bedingte.

Die Klage war daher abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG gebotene Streitwertfestsetzung folgt § 3 ZPO.

V.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen nach § 64 Abs. 2 a) ArbGG, da sie ohnehin zulässig ist nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG und die Zulassungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22.05.2013 - 1 Ca 1613/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über Vergütung

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Feb. 2012 - 5 AZR 249/11

bei uns veröffentlicht am 22.02.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. August 2010 - 16 Sa 532/10, 16 Sa 637/10, 16 Sa 1405/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09

bei uns veröffentlicht am 19.05.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - auf
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Arbeitsgericht Weiden Endurteil, 15. Sept. 2017 - 1 Ca 168/17.

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17

bei uns veröffentlicht am 18.04.2018

Tenor 1. Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Weiden - Kammer Schwandorf - vom 15.09.2017, Az. 3 Ca 1437/16, 3 Ca 166/17, 1 Ca 167/17, 1 Ca 168/17 und 3 Ca 169/17, werden zurückgewiesen. 2. Der Kläger

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Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 16. Juni 2015 - 7 (2) Sa 229/07 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden - Kammer Schwandorf - vom 18. Dezember 2006 - 5 Ca 468/06 S - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 30. März 2006 sozial ungerechtfertigt ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, in deren Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind, seit März 1997 als Elektrotechniker tätig. Das vertraglich vereinbarte Aufgabengebiet umschloss ua. die Softwareerstellung.

3

Im November 2001 erlitt der Kläger bei einem Verkehrsunfall schwere Kopfverletzungen. Im Dezember 2005 führte die Beklagte einen Arbeitstest durch, bei dem der Kläger vorhandene Sicherheits-SPS anpassen sollte. Als Ergebnis des Tests hat die Beklagte gemeint, der Kläger könne keine komplexen Programmiertätigkeiten in diesem Bereich mehr durchführen. Unter dem 30. März 2006 erklärte sie eine Änderungskündigung. In dem Kündigungsschreiben heißt es auszugsweise:

        

„…    

        

Sehr geehrter [Kläger],

        

hiermit kündigen wir das Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgemäß zum 30.06.2006, gleichzeitig bieten wir Ihnen ein Arbeitsverhältnis an zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen mit folgenden Abweichungen:

        

Folgende Punkte werden abgeändert:

        

1. Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

[Der Kläger] (nachfolgend Arbeitnehmer genannt), tritt als Elektrotechniker in das Unternehmen ein. Das Aufgabengebiet umschließt die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung usw. In das Aufgabengebiet wird der Arbeitnehmer ca. ein halbes Jahr eingearbeitet. Der Arbeitnehmer erklärt sich im Rahmen seiner Tätigkeit mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden.

        

3. Bezüge

        

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit eine monatliche Vergütung von

        

brutto EUR 2.709,--

                 
        

und lautet neu:

        

1. Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

[Der Kläger] (nachfolgend Arbeitnehmer genannt), tritt als Elektrotechniker in das Unternehmen ein. Das Aufgabengebiet umschließt alle Arbeiten im Lager, vorrangig Fahrer- und Kuriertätigkeiten, hierzu gehören ua. das Be- und Entladen von Baustellen- oder sonstigem Material in und von Transportfahrzeugen, Staplerfahren sowie allgemeine Lagertätigkeiten usw.

        

In das Aufgabengebiet wird [der Kläger] ca. einen Monat eingearbeitet. Der Arbeitnehmer erklärt sich im Rahmen seiner Tätigkeit mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden.

        

3. Bezüge

        

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit einen Stundenlohn von

        

brutto EUR 8,50

        

…“    

4

Der Kläger hat das mit der Kündigung verbundene Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu neuen Vertragsbedingungen rechtzeitig unter Vorbehalt angenommen und fristgerecht die vorliegende Klage erhoben. Er sei weiterhin in der Lage, den Arbeitsvertrag zu erfüllen. Das mit der Kündigung verbundene Angebot auf Abschluss eines neuen Vertrags sei nicht hinreichend bestimmt.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 30. März 2006 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

6

Beide Vorinstanzen sind dem Klageabweisungsantrag der Beklagten gefolgt. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die mit der Kündigung der Beklagten vom 30. März 2006 erstrebte Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen ist sozial nicht gerechtfertigt.

8

A. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich in mehrfacher Hinsicht als rechtsfehlerhaft.

9

I. Das Berufungsgericht hat - erstens - angenommen, der Kläger sei dauerhaft außer Stande, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Diese Annahme wird von seinen Feststellungen nicht getragen. Dass der Kläger „die an sich geschuldeten Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen“ und „auf dem arbeitsvertraglichen Arbeitsplatz“ nicht mehr eingesetzt werden kann, besagt für sich genommen lediglich, dass er einen Teilbereich des vereinbarten Leistungsspektrums nicht mehr abzudecken vermag. Ein solcher Sachverhalt ist nicht mit dem einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, die es dem Arbeitnehmer unmöglich macht, die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung überhaupt zu erbringen (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 550/14 - Rn. 29; 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 24, BAGE 148, 16).

10

II. Das Landesarbeitsgericht hat - zweitens - nicht geprüft, ob das mit der Kündigung verbundene Vertragsangebot so konkret gefasst war, dass es der Kläger ohne Weiteres annehmen konnte (§ 145 BGB, BAG 17. Februar 2016 - 2 AZR 613/14 - Rn. 18).

11

III. Das Berufungsgericht hat - drittens - nicht festgestellt, aufgrund welcher Umstände die mit einer Änderung des Aufgabenbereichs einhergehende Absenkung der Vergütung auf einen Stundenlohn von 8,50 Euro brutto sozial gerechtfertigt sein sollte (BAG 3. April 2008 - 2 AZR 500/06 - Rn. 25; 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 32 ).

12

B. Die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts zwingen nicht zu einer Zurückverweisung. Der Senat kann abschließend entscheiden, dass die von der Beklagten unter Geltung des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1) erstrebte Änderung der Arbeitsbedingungen sozial nicht gerechtfertigt war. Der Kläger konnte nicht ausreichend erkennen, welche Arbeitsleistung er fortan schulden sollte.

13

I. Es kann unterstellt werden, dass dem Kläger aufgrund vorangegangener Erläuterungen klar sein musste, er solle überhaupt nicht mehr als Elektrotechniker eingesetzt werden und dass ein solcher Wille der Beklagten in dem Kündigungsschreiben hinreichenden Anklang gefunden hat (§ 623 BGB, BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 31; BGH 11. Februar 2010 - VII ZR 218/08 - Rn. 12). Für Tätigkeiten eines Elektrotechnikers wäre ein Stundenlohn von 8,50 Euro brutto nach dem frei ausgehandelten Gehaltsgefüge bei der Beklagten unstreitig deutlich zu niedrig.

14

II. Jedenfalls war das mit der Kündigung verbundene Fortsetzungsangebot hinsichtlich der ausdrücklich vorbehaltenen „Einsätze auf Baustellen“ nicht derart konkret gefasst, dass es der Kläger ohne Weiteres hätte annehmen können. Er konnte insoweit die für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist „versprochenen Dienste“ iSv. § 611 Abs. 1 BGB, die Art der geschuldeten Arbeitsleistung(en), nicht ausreichend erkennen.

15

1. Sollten Tätigkeiten eines Elektrotechnikers überhaupt nicht mehr zugewiesen werden können, musste dies auch für mögliche „Einsätze auf Baustellen“ gelten.

16

2. Dem Kündigungsschreiben ließ sich nicht entnehmen, der Kläger solle auch im Rahmen von „Einsätzen auf Baustellen“ mit den aufgeführten Hilfstätigkeiten befasst werden, die ausdrücklich als „Arbeiten im Lager“ bzw. „Lagertätigkeiten“ bezeichnet sind. Das gilt umso mehr, als nach dem ihm bekannten Sprachgebrauch bei der Beklagten mit „Baustellen“ alle auswärtigen Einsätze bei Kunden gemeint sind.

17

3. Schließlich konnte der Kläger aus dem festgelegten Stundenlohn nicht mittelbar auf die Art der ihm auf „Baustellen“ zuzuweisenden Tätigkeiten rückschließen, weil im Betrieb der Beklagten kein kollektives Entgeltschema bestand und damit nicht bestimmte Tätigkeiten oder doch Tätigkeitsmerkmale einer Entgeltgruppe zugeordnet waren (BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 19; 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20, 21).

18

4. Entscheidungserheblicher weiterer Vortrag der Beklagten steht nicht zu erwarten. Die Beklagte hat mit ihren auf die Hinweise des Senats vom 16. November 2016 und 9. Januar 2017 eingereichten Schriftsätzen vom 12. Dezember 2016 und 17. Januar 2017 nicht behauptet, dem Kläger sei vor Übergabe des Kündigungsschreibens vom 30. März 2006 erklärt worden, welche Arten von Aufgaben auf „Baustellen“ Gegenstand des Fortsetzungsangebots sein sollten. Vielmehr hat sie ausgeführt, dass ihm nach Möglichkeit „abwechslungsreichere und anspruchsvollere Tätigkeiten“ (nicht aber solche eines Elektrotechnikers oder gar Programmierers) zugewiesen werden sollten.

19

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Koch    

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

        

        

    B. Schipp    

        

    Niebler    

                 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 21.891,16 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütung.

Der 1961 geborene ledige Kläger ist seit 3.3.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Aufgabengebiet als Elektrotechniker umschließt nach dem Anstellungsvertrag vom 3.3.1997 die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.4.2002 nahm er im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.6.2002 vollschichtig. Nachdem es aus Sicht der Beklagten aber zu Problemen mit der Arbeitsleistung des Klägers gekommen ist und trotz Unterstützungsleistungen durch Kollegen immer wieder zu korrigierende Fehler bei der Programmiertätigkeit des Klägers aufgetreten seien, stellte die Beklagte den Kläger ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 23.9.2004 wegen Unzumutbarkeit der weiteren Entgegennahme der klägerischen Minder- und Schlechtleistung. Diese Kündigung zum 31.12.2004 wurde durch die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtskräftig für unwirksam erklärt. Die nachfolgende Änderungskündigung der Beklagten vom 19.7.2005 wurde ebenfalls rechtskräftig für unwirksam erklärt, auch die weitere Änderungskündigung der Beklagten vom 16.3.2006 und zuletzt auch die weitere Änderungskündigung vom 30.3.2006 zum 30.6.2006 (vgl. BAG vom 26.1.2017, 2 AZR 68/16).

Diese letzte Änderungskündigung sollte zu einer Neufestlegung der Arbeitspflichten unter Berücksichtigung der beklagtenseits angenommenen gesundheitlichen Einschränkungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Vergütungsreduzierung führen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Die Akten dieses Kündigungsrechtsstreits wurden mitsamt den dort eingeholten Gutachten beigezogen. Bezüglich des genauen Inhalts der Gutachten wird insbesondere auf Bl. 297 ff., 340 ff. und 491 ff. d.A. des beigezogenen Verfahrens verwiesen.

Als Unfallfolgen wurden durch die zuständige Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik am 7.3.2006 unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt (Bl. 23 f. d.A. des beigezogenen Verfahrens). Für die Zeit ab 17.6.2002 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40%, ab 1.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Danach bestand beim Kläger ab 1.11.2004 auch ein Grad der Behinderung (GdB) von 30%, vgl. § 69 II SGB IX. Am 10.4.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 II SGB IX (Bl. 22 d.A. d.b.V.). Ab 17.6.2002 erhält der Kläger von seiner Berufsgenossenschaft monatlich eine Erwerbsminderungsrente, nach der klägerseits vorgelegten Aufstellung in Höhe von zuletzt 712,44 € (pro Monat), vgl. Anlage K 28 zum letzten Schriftsatz vom 1.9.2017.

Der Kläger hat in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden Differenzlohn zwischen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten und der tatsächlich infolge der (letzten) Änderungskündigung gezahlten Vergütung eingeklagt. Diese Verfahren wurden von den Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der (letzten) Änderungskündigung vom 30.3.2006 durch das Bundesarbeitsgericht nicht betrieben.

Vorliegend macht der Kläger den Differenzlohn für den Zeitraum Januar 2006 bis Mai 2007 geltend. Da die Kündigungen unwirksam seien, schulde die Beklagte ihm die Differenz zwischen vertraglich geschuldetem und tatsächlich nur gezahltem Lohn als Annahmeverzug. Zur Berechnung der Forderung wird bezüglich aller Details auf die Klageschrift und dort auf Bl. 6 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte orientiere sich an den Tarifabschlüssen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, es gebe hier eine betriebliche Übung zur Übernahme der Tarifabschlüsse. Die Beklagte könne sich nicht auf eine - ohnehin nicht gegebene - mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers berufen. Darüber sei schon im Kündigungsschutzverfahren zu Gunsten des Klägers befunden worden. Die Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten gem. Arbeitsvertrag würde durch die Gutachten des Prof. Dr. D. sowie des Prof. Dr. L. sowie die Feststellung der Berufsgenossenschaft (über die Besprechung vom 14.6.2002, Anlage K 15, Bl. 147 d.A.) belegt. Eine weitere Beweiserhebung durch Zeugen oder Sachverständige sei hier weder geboten noch notwendig. Der Beklagten wäre es auch jederzeit möglich gewesen, den Kläger auf einem anderen, ggf. seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Beklagte hätte auch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen müssen, was aber entgegen der gesetzlichen Regelung unterblieben sei. Einer Fortbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz stünden keine versicherungsrechtlichen Gründe entgegen. Vorsorglich sei jedoch auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche vorzutragen. Zwar habe grundsätzlich keine Veranlassung bestanden, die Beklagte zur Zuweisung einer leidensgerechten Tätigkeit aufzufordern, da er nach Wiedergenesung wieder erfolgreich auf seiner alten Stelle gearbeitet habe. Durch die Klageerhebungen habe er aber gezeigt, dass er eine Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Die Beklagte habe durch die immer neuen Kündigungen gezeigt, dass sie die Zurverfügungstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ebenso wie eine dauerhafte Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit ernsthaft und endgültig verweigere. Auch habe er immer wieder seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgerechten und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht. Aufgrund seiner Qualifikationen hätte die Beklagte ihn höherwertiger als im Lager einsetzen können und müssen, worauf er in den Kündigungsschutzverfahren immer wieder hingewiesen habe. Insbesondere im Bereich Anlagenbau bzw. Anlagenfertigung wäre er einsetzbar gewesen. Die Beklagte habe ausweislich ihrer Stellenausschreibungen laufend Industriemechaniker, Elektrotechniker, staatl. geprüfte Techniker, Elektroinstallateure, Maschinenbautechniker, Energieelektroniker, auch Projektleiter, Industriemechaniker, CNC-Fräser usw. gesucht und eingestellt (Bl. 244 f. d.A.). Selbst wenn er hierfür nicht vollumfänglich qualifiziert gewesen sein sollte, so wäre ein „learning on the job“ möglich und zumutbar gewesen. Erforderliche Nachqualifizierungen hätten sogar für die Beklagte kostenneutral über die Berufsgenossenschaft erfolgen können. Die Beklagte habe dies aber ebenso blockiert wie die Möglichkeit, über § 84 I oder § 84 II SGB IX einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Kläger hätte schließlich auch wie bereits 2005 im Bereich der technischen Dokumentation eingesetzt werden können, was nicht mit einem dermaßen drastischen sozialen Abstieg verbunden gewesen wäre wie die Versetzung auf die Position eines Lagerarbeiters (Bl. 248 f. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird ergänzend und bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 21.891,16 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag i.H. von 5% über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hingegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags macht die Beklagte geltend, dass der Kläger einen Differenzlohn weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges noch als Schadensersatz verlangen könne. Durch den Unfall habe der Kläger eine Hirnschädigung erlitten, die es ihm unmöglich machte, seine an sich geschuldeten Tätigkeiten oder ähnlich komplexe Tätigkeiten zu verrichten. Dies werde durch das Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. Dipl. Ing. Widder bestätigt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger auch nicht im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung oder als Elektrotechniker beschäftigt werden. Mangels Leistungsfähigkeit sei ein Annahmeverzug nicht möglich. Die Beklagte dürfe den Kläger auch weder im bisherigen noch in ähnlich komplexen Bereichen beschäftigen, um Gefahren für Mensch und Maschinen zu vermeiden. Eine Entgeltdifferenz könne der Kläger nach Berücksichtigung seiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente beim Drittschädiger bzw. bei seiner Haftpflichtversicherung einfordern. Einen höherwertigen leidensgerechten Arbeitsplatz als den vom Kläger letztlich eingenommenen im Lager gebe es bei der Beklagten nicht, der Kläger trage hierzu nichts Konkretes vor. Seit der letzten Änderungskündigung sei die Beklagte auch bemüht, dem Kläger anspruchsvollere bzw. abwechslungsreichere Tätigkeiten anzubieten. So sei der Kläger bereits seit August 2006 in den Bereich Robotik gewechselt und ab Juli 2010 in die CNC-Fräserei (Bl. 165 f. d.A.). Die Klage könne auch der Höhe nach keinen Erfolg haben, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei und sich nur an den Tarifabschlüssen orientiere. Die Zahlen des Klägers seien daher unzutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten zum Beklagtenvortrag wird bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen noch auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 8 KSchG, 611 a II, 615 S.1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, da der Kläger im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gem. § 297 BGB war.

Nach § 297 BGB sind Annahmeverzugsansprüche ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu erbringen. Dabei geht es um die konkret zugewiesene Tätigkeit - hier u.a. Programmierarbeiten von Sicherheits-SPS bei Fertigungsanlagen - und nicht um sämtliche nach dem Arbeitsvertrag möglichen Tätigkeiten (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09). Zudem ist der Annahmeverzug wegen § 297 BGB nicht nur bei vollständiger Leistungsunfähigkeit, sondern bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer lediglich Teile der konkret zugewiesenen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erbringen kann, weil eine Teilarbeitsunfähigkeit nach der Rechtsprechung nicht existiert (vgl. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13).

Danach erachtet die erkennende Kammer den Kläger als leistungsunfähig i.S.d. § 297 BGB in Bezug auf die ihm konkret zugewiesenen Tätigkeiten. Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters Prof. Dr. Dr. W1. im Gutachten vom 8.8.2013 an. Danach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30 bis 40% gemindert. Dies bezieht sich auf den gesamten Streitzeitraum, da das 2013 erstellte Gutachten insoweit keine Einschränkungen enthält und das Endstadium einer möglichen Besserung bei den gesundheitlichen Einschränkungen nach der Erläuterung zum Gutachten von Prof. Dr. Dr. W1. im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 2.4.2015 jedenfalls 2004 erreicht war (Bl. 608 d.b.A.). Ein abweichender Befund in den hier entscheidenden Fragen findet sich auch in den übrigen Gutachten nicht. Danach ist der Kläger jedenfalls zu einem erheblichen Teil nicht mehr in der Lage, seine vormals verrichteten Tätigkeiten u.a. als Programmierer im sicherheitsrelevanten Bereich auszuführen.

Das führt dazu, dass Annahmeverzugsansprüche hier ausgeschlossen sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen, in denen keine verminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, (noch) der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. z.B. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das BAG geht davon aus, dass dann nur eine - für § 297 BGB unrelevante - eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit in Abgrenzung zu einer tatsächlich verminderten Arbeitsfähigkeit vorliegt, wenn es nur um die Frage der zeitlichen Lage der ansonsten aber weiter in vollem Umfang zu erbringenden Arbeitsleistung geht oder wenn es nur um eine untergeordnet wichtige, gar nicht vertraglich schriftlich fixierte Tätigkeit geht, die nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BAG vom 9.4.2014 a.a.O. und Anmerkung dazu von Prof. Dr. W2., zitiert nach beckonline). Das ist im vorliegenden Fall ersichtlich anders. Hier geht es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.

Auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes steht dem Kläger nicht zu.

Zwar ist nach § 241 II BGB jede Partei - auch der Arbeitgeber - verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann u.U. bei gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG vom 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Ein danach erforderliches Umsetzungsverlangen muss auch in zeitlicher Hinsicht konkret sein (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09).

Auch bei einem Schwerbehinderten gilt grundsätzlich nichts anderes, auch hier muss der Arbeitnehmer schlüssig darlegen und im Bestreitensfall nachweisen, dass es anderweitige geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und er diese auch geltend gemacht hat (vgl. BAG vom 4.10.2005, 9 AZR 632/04, zitiert nach juris, Rn. 28; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 178 Rn. 49). Auch der Schwerbehinderte muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aufzeigen und konkret einfordern (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 42: „Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung“; vgl. LAG Hessen vom 5.11.2012, 21 Sa 593/10; vgl. auch Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX, 4. Aufl., § 81 Rn. 187). Erleichterungen bei dieser Darlegungs- und Beweislast können zu Gunsten des Arbeitnehmers nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. § 84 I SGB IX oder eines Betrieblichen Eingliederungsverhältnisses gem. § 84 II SGB IX verstoßen hat. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.

Ein Präventionsverfahren setzt Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis voraus, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können (§ 84 I SGB IX). Nach dem Bundesarbeitsgericht geht es hier um aufgetretene Unzuträglichkeiten, aus denen ein Kündigungsgrund und damit eine Bestandsgefährdung entstehen kann (vgl. BAG vom 7.12.2006, 2 AZR 182/06). Diese Voraussetzung ist aus Sicht der Kammer nicht erfüllt. Der Kläger hat nach seinem Unfall erfreulich bald wieder bei der Beklagten angefangen zu arbeiten. Im Streitzeitraum haben die Parteien zwar darum gestritten, mit welchen Tätigkeiten der Kläger noch beschäftigt werden kann. Dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich aber gefährdet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil arbeiten die Parteien trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen über die Unfallfolgen beim Kläger nach wie vor weiter zusammen. Aus Sicht des Gerichts ist darüber hinaus unklar, ob sich der Kläger überhaupt auf § 84 I SGB IX berufen kann. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass und ggf. ab wann er tatsächlich einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und wann er dies ggf. der Beklagten mitgeteilt hat. Daher bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens.

Auch die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 84 II SGB IX sind nicht erfüllt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2001 und seit dem Inkrafttreten des § 84 SGB IX am 1.5.2004 innerhalb eines Jahres einmal länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Damit aber bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines BEM.

Damit verbleibt es hier - auch im Falle einer Gleichstellung - bei der aufgezeigten Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Selbst wenn die Beklagte ein Präventionsverfahren oder BEM hätte durchführen müssen und dem Kläger damit Erleichterungen bei seiner Darlegungslast zugute kommen würden, müsste er für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung aber weiterhin jedenfalls vortragen, dass ihm die Erbringung der bislang geleisteten Arbeit nicht mehr möglich ist und unter Hinweis auf ärztliche Bescheinigungen widerspruchsfrei geltend machen, welche Fähigkeiten ihm noch verblieben sind (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 44 ff.; explizit auch: Boecken/ Düwell/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 82 SGB IX Rn. 19). Mit anderen Worten: Die Initiativlast für die Zuweisung einer anderweitigen leidensgerechten Tätigkeit liegt in jedem Fall beim Kläger (vgl. auch BAG vom 13.8.2009, 6 AZR 330/08, Rn. 34 f.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier, dass den Akten ein erfolgloses Umsetzungsverlangen oder auch eine Initiative des Klägers im beschriebenen Sinn zur Zuweisung einer im Verhältnis zur ursprünglichen Tätigkeit anderweitigen Arbeit nicht entnommen werden kann. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, seine bis zum Unfall ausgeübte Tätigkeit u.a. als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Eine nach Auffassung des Gerichts (s.o.) gegebene Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit akzeptiert der Kläger nicht und hat daher zu keiner Zeit bei seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer dem entsprechenden leidensgerechten anderen Tätigkeit verlangt. Entsprechende Aufforderungen finden sich weder in der Streitakte noch in der beigezogenen Akte. Insbesondere hat der Kläger dazu keinen entscheidenden Sachvortrag im zur Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nachgelassenen Schriftsatz erbracht. Der Vortrag in den Kündigungsschutzverfahren war erkennbar kein konkretes Arbeitsangebot bzw. Verlangen nach Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit, sondern ein Vortrag zur Begründung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestehen irgendeiner bzw. einer höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit). Ein Verlangen nach Zuweisung einer (auch) vom Kläger als leidensgerecht angesehenen anderweitigen Beschäftigung kann darin nicht erkannt werden. Das gilt schließlich auch für die Dokumentation. Der Kläger hat bis zuletzt daran festgehalten, als Programmierer auch im sicherheitsrelevanten Bereich fortbeschäftigt zu werden und die eingeholten Gutachten anders als die Beklagte und die Gerichte verstanden. Andere Arbeitsmöglichkeiten - auch die Dokumentation - wurden daher klägerseits auch nur unter dem Vorbehalt genannt, dass eine Umsetzung überhaupt gerechtfertigt ist (vgl. S. 5 der Klage im beigezogenen Verfahren). Darin aber liegt kein Verlangen nach anderer Arbeit im aufgezeigten Sinn, da der Kläger ja eigentlich gar keine Veränderung hin zu einer leidensgerechten Beschäftigung möchte.

Ein Schadensersatz wegen Nichtzuweisung einer solchen leidensgerechten Beschäftigung scheidet daher hier ebenfalls aus.

Am gefundenen Ergebnis ändert sich auch bei Berücksichtigung der Argumentation des Klägers nichts, wonach ein Angebot einer leidensgerechten Beschäftigung gem. § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte. Bei § 281 II BGB geht es um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung u.a. bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH vom 12.2.2014, XII ZR 76/13). Hier geht es jedoch gar nicht um eine erforderliche und nur ggf. entbehrliche Fristsetzung, sondern darum, ob der Kläger die von der Beklagten als Schuldnerin zu erbringende Leistung, nämlich die Zurverfügungstellung einer die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers berücksichtigenden und eben leidensgerechten Beschäftigung, geltend gemacht hat, was wie aufgezeigt gerade nicht der Fall ist. Erst nach Geltendmachung einer anderweitigen, die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Tätigkeit könnte die Beklagte deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09, Rn. 34).

Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 I ZPO.

Der Streitwert wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.

Ein gesetzlich begründeter Anlass für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nicht, § 64 III ArbGG.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren.

(2) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung oder die Dokumentation nach Absatz 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(1) Auf einen als Urkunde auf den Inhaber ausgestellten Versicherungsschein ist § 808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden.

(2) Ist im Vertrag bestimmt, dass der Versicherer nur gegen Rückgabe eines als Urkunde ausgestellten Versicherungsscheins zu leisten hat, genügt, wenn der Versicherungsnehmer erklärt, zur Rückgabe außerstande zu sein, das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis, dass die Schuld erloschen sei. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Versicherungsschein der Kraftloserklärung unterliegt.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 16. Juni 2015 - 7 (2) Sa 229/07 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden - Kammer Schwandorf - vom 18. Dezember 2006 - 5 Ca 468/06 S - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 30. März 2006 sozial ungerechtfertigt ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, in deren Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind, seit März 1997 als Elektrotechniker tätig. Das vertraglich vereinbarte Aufgabengebiet umschloss ua. die Softwareerstellung.

3

Im November 2001 erlitt der Kläger bei einem Verkehrsunfall schwere Kopfverletzungen. Im Dezember 2005 führte die Beklagte einen Arbeitstest durch, bei dem der Kläger vorhandene Sicherheits-SPS anpassen sollte. Als Ergebnis des Tests hat die Beklagte gemeint, der Kläger könne keine komplexen Programmiertätigkeiten in diesem Bereich mehr durchführen. Unter dem 30. März 2006 erklärte sie eine Änderungskündigung. In dem Kündigungsschreiben heißt es auszugsweise:

        

„…    

        

Sehr geehrter [Kläger],

        

hiermit kündigen wir das Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgemäß zum 30.06.2006, gleichzeitig bieten wir Ihnen ein Arbeitsverhältnis an zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen mit folgenden Abweichungen:

        

Folgende Punkte werden abgeändert:

        

1. Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

[Der Kläger] (nachfolgend Arbeitnehmer genannt), tritt als Elektrotechniker in das Unternehmen ein. Das Aufgabengebiet umschließt die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung usw. In das Aufgabengebiet wird der Arbeitnehmer ca. ein halbes Jahr eingearbeitet. Der Arbeitnehmer erklärt sich im Rahmen seiner Tätigkeit mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden.

        

3. Bezüge

        

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit eine monatliche Vergütung von

        

brutto EUR 2.709,--

                 
        

und lautet neu:

        

1. Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

[Der Kläger] (nachfolgend Arbeitnehmer genannt), tritt als Elektrotechniker in das Unternehmen ein. Das Aufgabengebiet umschließt alle Arbeiten im Lager, vorrangig Fahrer- und Kuriertätigkeiten, hierzu gehören ua. das Be- und Entladen von Baustellen- oder sonstigem Material in und von Transportfahrzeugen, Staplerfahren sowie allgemeine Lagertätigkeiten usw.

        

In das Aufgabengebiet wird [der Kläger] ca. einen Monat eingearbeitet. Der Arbeitnehmer erklärt sich im Rahmen seiner Tätigkeit mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden.

        

3. Bezüge

        

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit einen Stundenlohn von

        

brutto EUR 8,50

        

…“    

4

Der Kläger hat das mit der Kündigung verbundene Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu neuen Vertragsbedingungen rechtzeitig unter Vorbehalt angenommen und fristgerecht die vorliegende Klage erhoben. Er sei weiterhin in der Lage, den Arbeitsvertrag zu erfüllen. Das mit der Kündigung verbundene Angebot auf Abschluss eines neuen Vertrags sei nicht hinreichend bestimmt.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 30. März 2006 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

6

Beide Vorinstanzen sind dem Klageabweisungsantrag der Beklagten gefolgt. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die mit der Kündigung der Beklagten vom 30. März 2006 erstrebte Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen ist sozial nicht gerechtfertigt.

8

A. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich in mehrfacher Hinsicht als rechtsfehlerhaft.

9

I. Das Berufungsgericht hat - erstens - angenommen, der Kläger sei dauerhaft außer Stande, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Diese Annahme wird von seinen Feststellungen nicht getragen. Dass der Kläger „die an sich geschuldeten Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen“ und „auf dem arbeitsvertraglichen Arbeitsplatz“ nicht mehr eingesetzt werden kann, besagt für sich genommen lediglich, dass er einen Teilbereich des vereinbarten Leistungsspektrums nicht mehr abzudecken vermag. Ein solcher Sachverhalt ist nicht mit dem einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, die es dem Arbeitnehmer unmöglich macht, die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung überhaupt zu erbringen (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 550/14 - Rn. 29; 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 24, BAGE 148, 16).

10

II. Das Landesarbeitsgericht hat - zweitens - nicht geprüft, ob das mit der Kündigung verbundene Vertragsangebot so konkret gefasst war, dass es der Kläger ohne Weiteres annehmen konnte (§ 145 BGB, BAG 17. Februar 2016 - 2 AZR 613/14 - Rn. 18).

11

III. Das Berufungsgericht hat - drittens - nicht festgestellt, aufgrund welcher Umstände die mit einer Änderung des Aufgabenbereichs einhergehende Absenkung der Vergütung auf einen Stundenlohn von 8,50 Euro brutto sozial gerechtfertigt sein sollte (BAG 3. April 2008 - 2 AZR 500/06 - Rn. 25; 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 32 ).

12

B. Die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts zwingen nicht zu einer Zurückverweisung. Der Senat kann abschließend entscheiden, dass die von der Beklagten unter Geltung des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1) erstrebte Änderung der Arbeitsbedingungen sozial nicht gerechtfertigt war. Der Kläger konnte nicht ausreichend erkennen, welche Arbeitsleistung er fortan schulden sollte.

13

I. Es kann unterstellt werden, dass dem Kläger aufgrund vorangegangener Erläuterungen klar sein musste, er solle überhaupt nicht mehr als Elektrotechniker eingesetzt werden und dass ein solcher Wille der Beklagten in dem Kündigungsschreiben hinreichenden Anklang gefunden hat (§ 623 BGB, BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 31; BGH 11. Februar 2010 - VII ZR 218/08 - Rn. 12). Für Tätigkeiten eines Elektrotechnikers wäre ein Stundenlohn von 8,50 Euro brutto nach dem frei ausgehandelten Gehaltsgefüge bei der Beklagten unstreitig deutlich zu niedrig.

14

II. Jedenfalls war das mit der Kündigung verbundene Fortsetzungsangebot hinsichtlich der ausdrücklich vorbehaltenen „Einsätze auf Baustellen“ nicht derart konkret gefasst, dass es der Kläger ohne Weiteres hätte annehmen können. Er konnte insoweit die für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist „versprochenen Dienste“ iSv. § 611 Abs. 1 BGB, die Art der geschuldeten Arbeitsleistung(en), nicht ausreichend erkennen.

15

1. Sollten Tätigkeiten eines Elektrotechnikers überhaupt nicht mehr zugewiesen werden können, musste dies auch für mögliche „Einsätze auf Baustellen“ gelten.

16

2. Dem Kündigungsschreiben ließ sich nicht entnehmen, der Kläger solle auch im Rahmen von „Einsätzen auf Baustellen“ mit den aufgeführten Hilfstätigkeiten befasst werden, die ausdrücklich als „Arbeiten im Lager“ bzw. „Lagertätigkeiten“ bezeichnet sind. Das gilt umso mehr, als nach dem ihm bekannten Sprachgebrauch bei der Beklagten mit „Baustellen“ alle auswärtigen Einsätze bei Kunden gemeint sind.

17

3. Schließlich konnte der Kläger aus dem festgelegten Stundenlohn nicht mittelbar auf die Art der ihm auf „Baustellen“ zuzuweisenden Tätigkeiten rückschließen, weil im Betrieb der Beklagten kein kollektives Entgeltschema bestand und damit nicht bestimmte Tätigkeiten oder doch Tätigkeitsmerkmale einer Entgeltgruppe zugeordnet waren (BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 19; 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20, 21).

18

4. Entscheidungserheblicher weiterer Vortrag der Beklagten steht nicht zu erwarten. Die Beklagte hat mit ihren auf die Hinweise des Senats vom 16. November 2016 und 9. Januar 2017 eingereichten Schriftsätzen vom 12. Dezember 2016 und 17. Januar 2017 nicht behauptet, dem Kläger sei vor Übergabe des Kündigungsschreibens vom 30. März 2006 erklärt worden, welche Arten von Aufgaben auf „Baustellen“ Gegenstand des Fortsetzungsangebots sein sollten. Vielmehr hat sie ausgeführt, dass ihm nach Möglichkeit „abwechslungsreichere und anspruchsvollere Tätigkeiten“ (nicht aber solche eines Elektrotechnikers oder gar Programmierers) zugewiesen werden sollten.

19

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Koch    

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

        

        

    B. Schipp    

        

    Niebler    

                 

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend:

1.
Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die örtliche Zuständigkeit sind unanfechtbar.
2.
Der Beschluß nach § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeht, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat, auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer.

(1a) Für Streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4a, 7, 8 und 10 sowie Abs. 2 ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

(2) Die Tarifvertragsparteien können im Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts festlegen für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis und aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt,
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Verhältnis einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien zu den Arbeitnehmern oder Arbeitgebern.
Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Satz 1 Nr. 1 gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen über das örtlich zuständige Arbeitsgericht zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung des gesamten Tarifvertrags zwischen ihnen vereinbart ist. Die in § 38 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Beschränkungen finden keine Anwendung.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. August 2010 - 16 Sa 532/10, 16 Sa 637/10, 16 Sa 1405/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung sowie Schadensersatz nach § 717 Abs. 2 ZPO.

2

Der 1959 geborene Kläger, Diplom-Kaufmann mit Lehrbefähigung für die Unterrichtsfächer Sport und Wirtschaftslehre, ist seit Oktober 1998 beim beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Er unterrichtete zuletzt an der A-Oberschule im Bezirk C (im Folgenden: OSZ Sozialwesen). Zum 1. August 2006 setzte ihn das beklagte Land an das Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (OSZ St) um, das der Kläger erstmals am 22. oder 24. August 2006 aufsuchte. Dabei wurde er vom dortigen Schulleiter in die Räumlichkeiten und den Aufgabenbereich eingewiesen. Am 23. August 2006 und vom 25. August bis zum 29. September 2006 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank.

3

Am 25. August 2006 schrieb der Kläger an die zuständige Senatsverwaltung:

        

„Sehr geehrte Damen und Herren,

        

leider habe ich bis heute auf mein Schreiben vom 31. Juli 2006 an das Referat II D keine Antwort(en) erhalten.

        

Aber dies passt wiederum ins Bild. Diese Umsetzung ist ein Akt von Willkür.

        

…       

        

Ich betrachte das OSZ-Sozialwesen weiterhin als meine aktuelle Dienststelle.

        

(Unter Vorbehalt bin ich am OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung in St erschienen.)

        

Da ich anscheinend weiter der Willkür von Vorgesetzten ausgeliefert sein soll, widerspreche ich der Umsetzung ans OSZ St ausdrücklich.

        

Sollte die Umsetzung nicht bis 1. September rückgängig gemacht werden, müssen Sie damit rechnen, dass ich mich selbst vor der Willkür von Vorgesetzten schützen werde, indem ich am OSZ St keinen Unterricht mehr erteile und/oder den Vorgang gerichtlich überprüfen lassen werde.

        

Hochachtungsvoll

        

…“    

4

Nach den Herbstferien (2. bis 14. Oktober 2006) erschien der Kläger nicht im OSZ St. Ab dem 26. Oktober 2006 meldete er sich wiederum arbeitsunfähig krank.

5

Am 31. Oktober 2006 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung als Lehrer am OSZ Sozialwesen ein, den er in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2006 zurücknahm. Am 17. November 2006 erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der „Versetzung“ an das OSZ St, der das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 18. April 2007 - 96 Ca 20973/06 - stattgab. In der Berufungsverhandlung am 2. November 2007 nahm der Kläger nach dem gerichtlichen Hinweis, eine Entscheidung sei kein Präjudiz für einen Kündigungsschutzprozess, auf Vorschlag des Berufungsgerichts (- 13 Sa 1257/07 -) die Klage zurück. Zwischenzeitlich hatte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 6. Februar 2007 wegen Arbeitsverweigerung zum 30. Juni 2007 gekündigt. Die dagegen erhobene, mit einem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag verbundene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 12. März 2008 - 60 Ca 3331/07 - ab, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab ihr mit Urteil vom 26. November 2008 - 23 Sa 1175/08 - statt. Am 11. Dezember 2009 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.

6

Nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung und nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 9. August 2007 mit:

        

„Sehr geehrter Herr R,

        

aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts werden Sie mit Wirkung vom 1. August 2007 vom OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (Schul-Nr. 2) mit voller Stundenzahl, zurzeit 26 Wochenstunden, an die A-Oberschule im Bezirk C (Schul-Nr. 5) umgesetzt.

        

Bis zur Rechtskraft des Urteils ist dieser Bescheid vorläufig. Ein endgültiger Bescheid wird dann zu gegebener Zeit erlassen.“

7

Mit der vorliegenden, am 19. Juni 2009 eingereichten Klage hat der Kläger Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 2. Juli 2007 bis zum 10. Dezember 2008 unter Abzug bezogenen Arbeitslosengelds und erhaltener Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht und die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe sich aufgrund der unwirksamen Kündigung im streitbefangenen Zeitraum im Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines Arbeitsangebots bedurft hätte. Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage habe er zum Ausdruck gebracht, an dem Arbeitsverhältnis festhalten zu wollen und leistungswillig zu sein. Er hat behauptet, ab dem 2. Juli 2007 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 73.931,64 Euro brutto abzüglich 16.894,54 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag ab dem 2. Juli 2009 zu zahlen;

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung bis zum 1. Juli 2009 zu zahlen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, nicht in Annahmeverzug geraten zu sein, weil der Kläger bereits vor Ausspruch der Kündigung nicht willens gewesen sei, die ihm wirksam zugewiesene Tätigkeit am OSZ St zu verrichten.

10

In der Berufungsinstanz hat das beklagte Land widerklagend Schadensersatz wegen der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht und beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an das beklagte Land 53.106,26 Euro zuzüglich weiterer 2.719,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Ausnahme von Annahmeverzugsvergütung für den Monat Juli 2007 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des beklagten Landes die Klage insgesamt abgewiesen sowie der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Senat für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser seine zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht abgewiesen und der Widerklage nicht stattgegeben werden. Ob und ggf. für welchen Zeitraum der Kläger Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB hat, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

14

I. Dem Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung steht ein fehlendes Angebot des Klägers nicht entgegen. Nach einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs eines Angebots des Arbeitnehmers nicht (st. Rspr., zuletzt BAG 17. November 2011 - 5 AZR 564/10 - Rn. 13, NZA 2012, 260; 27. August 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26). Das beklagte Land hat den Kläger auch nicht - insbesondere nicht mit dem Schreiben vom 9. August 2007 - zur Wiederaufnahme der Arbeit unter unmissverständlicher Klarstellung, es habe zu Unrecht gekündigt, aufgefordert (vgl. dazu BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 27; 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - zu B I 1 b der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1; ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 67; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 60 - jeweils mwN).

15

II. Das beklagte Land hätte sich aber nicht im Annahmeverzug befunden, wenn der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig oder leistungswillig war, § 297 BGB.

16

1. Nach dieser Vorschrift kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Neben der (tatsächlichen oder rechtlichen) Leistungsfähigkeit umfasst § 297 BGB auch die nicht ausdrücklich genannte Leistungswilligkeit. Dies folgt daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die objektive Leistungsfähigkeit und der subjektive Leistungswille sind von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssen (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 15 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34).

17

2. Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande oder subjektiv nicht bereit war. Dies ergibt sich aus der Fassung des § 297 BGB(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34; vgl. auch ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 109; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 54 f.). Wendet der Arbeitgeber die fehlende Leistungsfähigkeit oder den fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es zunächst aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. Sodann ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig bzw. leistungsunwillig gewesen, als zugestanden. Andernfalls ist der Arbeitgeber für die die fehlende Leistungsfähigkeit bzw. den fehlenden Leistungswillen begründenden Tatsachen beweispflichtig.

18

3. Nach diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

19

a) Das beklagte Land hat behauptet, der Kläger sei auch über den Ablauf der Kündigungsfrist am 30. Juni 2007 hinaus weiter arbeitsunfähig und damit leistungsunfähig gewesen. Die Koinzidenz zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und dem behaupteten Ende der Arbeitsunfähigkeit nach einer mehrmonatigen Erkrankung, deren Beginn in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vom Kläger als „Akt der Willkür“ empfundenen Umsetzung stand, reicht zur Begründung der Indizwirkung aus (vgl. allg. zur Indizwirkung von Krankheitszeiten BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Weitergehender Vortrag war dem beklagten Land nicht möglich, weil ihm keine Erkenntnisse zur Erkrankung des Klägers vorliegen. Es ist Sache des Klägers, die Indizwirkung im weiteren Berufungsverfahren zu erschüttern. Lässt er sich zu seiner Erkrankung und deren Ausheilung gerade zum Ablauf der Kündigungsfrist - ggf. unter Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht - nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des beklagten Landes, der Kläger sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.

20

b) Ob der Kläger im Annahmeverzugszeitraum leistungswillig war, hängt davon ab, an welcher Schule er seine Tätigkeit - die Kündigung hinweggedacht - zu erbringen hatte. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Leistungswille des Klägers müsse sich auf eine Tätigkeit am OSZ St beziehen, wird durch die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend getragen.

21

aa) Nach § 297 BGB muss der Arbeitnehmer außer Stande sein, „die Leistung zu bewirken“. Für den Annahmeverzug ist damit ein auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit gerichteter Leistungswille erforderlich (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 115, 216). Ist die geschuldete Arbeitsleistung nur rahmenmäßig umschrieben (hier: „Lehrer“), obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 14, BAGE 134, 296; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 25a). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten.

22

bb) Ob das beklagte Land mit der Umsetzung des Klägers an das OSZ St zum 1. August 2006 ihr Direktionsrecht wirksam ausgeübt hat, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

23

(1) Aus dem Rechtsstreit über die Umsetzung kann dafür nichts hergeleitet werden. Wegen der Klagerücknahme im dortigen Verfahren ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen und das zu Gunsten des Klägers ergangene erstinstanzliche Urteil wirkungslos, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht ist zwar nach eigener Prüfung von der Wirksamkeit der Umsetzung an das OSZ St ausgegangen, seine bisherigen Feststellungen tragen diese Annahme jedoch nicht und lassen den Sachvortrag des Klägers dazu außer Betracht. Der unterstützende Hinweis auf das Berufungsurteil im Kündigungsschutzprozess ist schon deshalb unbehelflich, weil die 23. Kammer des Berufungsgerichts lediglich erkannt hat, die Kündigung wäre auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Kläger „vom Vortrag des beklagten Landes ausgehend“ wirksam umgesetzt worden sei. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach der Unwirksamkeit der Umsetzung wegen fehlender bzw. fehlerhafter Beteiligung des Personalrats nachzugehen haben. Erweist sich danach die Umsetzung als unwirksam, musste sich der Leistungswille des Klägers (nur) auf die zuvor zugewiesene Tätigkeit am OSZ Sozialwesen richten. Für das Fehlen eines derartigen Leistungswillens hat das beklagte Land keine Indiztatsachen vorgetragen.

24

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es allerdings für die Frage des (fehlenden) Leistungswillens unerheblich, ob die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St billigem Ermessen entsprach. Die unbillige Leistungsbestimmung ist nicht nichtig, sondern nur unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Entsteht Streit über die Verbindlichkeit, entscheidet nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Gericht. Deshalb darf sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts - sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist - nicht hinwegsetzen, sondern muss entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit (vgl. dazu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 18 mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17) ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung ua. des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil (etwa aufgrund einer Klage auf Beschäftigung mit der früheren Tätigkeit) die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststeht (vgl. zur Gestaltungswirkung des Urteils nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und der vorläufigen Bindung an die Leistungsbestimmung BAG 16. Dezember 1965 - 5 AZR 304/65 - zu 4 der Gründe, BAGE 18, 54; 28. Juli 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 32, AP BetrAVG § 16 Nr. 74 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 60; BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 22, BGHZ 167, 139; MünchKommBGB/Gottwald 5. Aufl. § 315 Rn. 45, 47 ff.; Erman/Hager 13. Aufl. § 315 BGB Rn. 22; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 315 BGB Rn. 16 f. - jeweils mwN; vgl. zur Verbindlichkeit einer Weisung und der möglichen Verpflichtung des Arbeitgebers, einzelne Weisungen wegen eines Gewissenskonflikts des Arbeitnehmers durch Neuausübung des Direktionsrechts zu verändern, BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 25, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 28).

25

cc) Stellt das Landesarbeitsgericht im weiteren Berufungsverfahren die Bindung des Klägers an die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St fest, musste sich sein Leistungswille darauf richten. Ein solcher Wille des Klägers ist nach den bisherigen Feststellungen nicht erkennbar.

26

(1) Der Kläger hatte mit seinem Schreiben vom 25. August 2006 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er am OSZ St keinen Unterricht erteilen werde, und diese Absicht auch in die Tat umgesetzt. Er ist der Arbeit am OSZ St nach Ende seiner Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 17. bis zum 25. Oktober 2006 unentschuldigt ferngeblieben, bevor er sich erneut krankmeldete. Dieses Verhalten begründet ein ausreichendes Indiz für den fehlenden Leistungswillen.

27

(2) Die Erhebung der Kündigungsschutzklage und auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag entkräften die Indizwirkung nicht. Der Leistungswille ist eine innere Tatsache. Der vor Ausspruch der Kündigung leistungsunwillige, die Arbeit verweigernde Arbeitnehmer muss deshalb einen wieder gefassten Leistungswillen nach außen gegenüber dem Arbeitgeber kundtun. Dazu reicht ein „Lippenbekenntnis“ nicht aus (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6). Vielmehr ist es regelmäßig erforderlich, den neu gewonnenen Leistungswillen im Rahmen des Zumutbaren durch ein tatsächliches Arbeitsangebot zu dokumentieren.

28

(3) Die Indizwirkung ist auch nicht durch das Schreiben des beklagten Landes vom 9. August 2007 dadurch entfallen, dass sich der Leistungswille des Klägers wieder auf eine Tätigkeit am OSZ Sozialwesen hätte richten dürfen. Die vorläufige (Rück-)Umsetzung an das OSZ Sozialwesen war lediglich der zwischenzeitlich ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung geschuldet, der das beklagte Land vorläufig nachkommen wollte. Eine Neuausübung des Direktionsrechts mit der Folge, dass die vom Kläger bei Hinwegdenken der Kündigung zu bewirkende Arbeitsleistung neu bestimmt worden wäre und er wieder am OSZ Sozialwesen unterrichten sollte, war damit nicht verbunden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers findet seine Grundlage und Rechtfertigung im bestehenden Arbeitsvertrag, seine Ausübung setzt einen solchen voraus. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich, steht ihm mit Ablauf der Kündigungsfrist ein Weisungsrecht nicht mehr zu. Er kann lediglich dem Arbeitnehmer eine Prozessbeschäftigung anbieten, aus deren Rechtsgrundlage ein auf die Prozessbeschäftigung bezogenes Direktionsrecht erwächst. Dass das beklagte Land mit dem Schreiben vom 9. August 2007 dem Kläger eine Prozessbeschäftigung nicht angeboten hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.

29

III. Sofern der Kläger Annahmeverzugsvergütung beanspruchen kann, stehen ihm auch für die Zeit bis zum 1. Juli 2009 Verzugszinsen entgegen dem bisherigen Antrag jeweils nur abzüglich der monatlich erhaltenen Sozialleistungen zu (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10).

30

IV. Die Entscheidung über die Widerklage ist abhängig vom Erfolg der Klage.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 12. Februar 2016 - 12 Sa 2/15 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 6. Mai 2011 bis zum 30. September 2014.

2

Der 1966 geborene Kläger ist verheiratet und als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Er war seit dem 1. August 2008 bei der Beklagten, einem Unternehmen des Gebäudereiniger-Handwerks, als Wagenschieber im Objekt METRO M beschäftigt. Bei einer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 26 Stunden verdiente er 1.000,00 Euro brutto monatlich.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt der Formulararbeitsvertrag vom 3. Januar 2011, in dem es ua. heißt:

        

„1. Beginn, Ende und Inhalt des befristeten Arbeitsverhältnisses

        

1.1 Der/die Arbeitnehmer/in wird ab dem 01.01.2011 (Vertragsbeginn) befristet bis zum 30.06.2011 (Vertragsende) als Wagenschieber ausschließlich für eine Tätigkeit im Objekt METRO M eingestellt. Eine Versetzung in ein anderes Objekt ist ausgeschlossen. (…)

        

…       

        

9. Sonstige Bestimmungen

        

…       

        

9.3 Auf das Beschäftigungsverhältnis findet der Rahmentarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung in der jeweiligen Fassung Anwendung. Im Übrigen gelten die Tarifverträge in der Gebäudereinigung nur und solange sie für allgemeinverbindlich erklärt sind.“

4

Der Vorarbeiter C teilte dem Kläger am 5. Mai 2011 mündlich mit, die Beklagte werde das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen, er brauche am nächsten Tag nicht mehr zur Arbeit erscheinen. Gleichwohl trat der Kläger am frühen Morgen des Folgetags die Arbeit an, wobei es zu einer - im Einzelnen zwischen den Parteien streitig gebliebenen - lautstarken Auseinandersetzung zwischen dem Betriebsleiter der METRO M und dem Kläger kam. Im Verlaufe dieser Auseinandersetzung soll der Kläger den Betriebsleiter beleidigt und dieser dem Kläger ein Hausverbot erteilt haben. Dieses soll noch am selben Tag von der METRO schriftlich an den Kläger wie folgt gefasst worden sein:

        

„…    

        

HAUSVERBOT

                 

Sehr geehrter Herr A,

                 

anlässlich des heutigen Vorfalls, sehen wir uns veranlasst, Ihnen mit sofortiger Wirkung ein Hausverbot bezogen auf sämtliche Gebäude sowie Gelände (inklusive Parkplätze) aller Standorte der Vertriebsmarken Metro zu erteilen.

                 

Bei Zuwiderhandlung behalten wir uns vor, ohne weitere Vorankündigung Strafantrag gemäß § 123 StGB (Hausfriedensbruch) zu stellen.

        

…“    

        
5

Ebenfalls am 6. Mai 2011 erhielt der Kläger ein Kündigungsschreiben der Beklagten vom 5. Mai 2011, mit dem das Arbeitsverhältnis - mit Zustimmung des Integrationsamts - fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin gekündigt wurde. Am 7. Mai 2011 bot der Kläger im Objekt seine Arbeitsleistung an, wurde jedoch nicht beschäftigt.

6

Gegen die Kündigung erhob der Kläger erfolgreich Kündigungsschutz- und Befristungskontrollklage.

7

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut fristlos. Die dagegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage war erfolgreich. Zugleich verurteilte das Arbeitsgericht die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Wagenschieber im Objekt METRO M. Der Versuch des Klägers, den Weiterbeschäftigungstitel zu vollstrecken, blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Ein Zwangsgeld könne nicht verhängt werden, weil die ausgeurteilte Beschäftigung nicht allein vom Willen der Beklagten abhänge.

8

Wie schon zuvor erhielt der Kläger auch im Streitzeitraum in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Unter dem 6. Februar 2015 schlossen der Kläger und das Jobcenter M einen „Rückübertragungs- und Abtretungsvertrag“, in dem es ua. heißt:

        

㤠1

        

Wegen der bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sind die Lohnansprüche des Leistungsempfängers gegen Firma R, vertr. d. d. Alleingeschäftsführer D, auf die Leistungsträger in Höhe der bewilligten Leistungen gesetzlich übergegangen. Die Höhe der Leistungen ist den entsprechenden Leistungsbescheiden zu entnehmen. Hiermit werden ab 06.05.2011 bis 31.05.2015 übergegangene und noch eingehende Lohnansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung einvernehmlich zurück übertragen (§ 33 Abs. 4 SGB II).

        

§ 2

        

Der Leistungsempfänger hat den Anspruch in eigenem Namen zu verfolgen. Die in dem Rechtsstreit erwirkten vollstreckbaren Titel sind sodann von ihm durchzusetzen. Darauf geleistete Lohnzahlungen sind unverzüglich anzuzeigen.

        

§ 3

        

Die aus dem Rechtsstreit erhaltenen Zahlungen außerhalb eines Zwangsvollstreckungsverfahrens sind in Höhe des nach § 1 rückübertragenen Anspruches an die Leistungsträger weiterzuleiten.

        

Lässt sich der Leistungsempfänger bei der Wahrnehmung seiner Interessen vertreten, hat er den Vertreter (Rechtsanwalt) zu bevollmächtigen, diese Zahlungen einzubehalten und unmittelbar an die Leistungsträger weiterzuleiten.

        

Betreibt der Leistungsempfänger die Zwangsvollstreckung, tritt er hiermit seinen Auszahlungsanspruch gegenüber dem Gerichtsvollzieher an die Leistungsträger ab.

        

…       

        

§ 5

        

Für die gerichtliche Geltendmachung ist Prozesskostenhilfe zu beantragen. Kosten, mit denen der Leistungsempfänger durch die Rückübertragung selbst belastet wird und die nicht durch Prozesskostenhilfe abgedeckt sind, werden von den Leistungsträgern übernommen.“

9

Mit mehreren Klageerweiterungen im Kündigungsschutzprozess hat der Kläger zuletzt Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 6. Mai 2011 bis zum 30. September 2014 verlangt. Er hat geltend gemacht, die Beklagte habe sich aufgrund ihrer unwirksamen Kündigungen im Annahmeverzug befunden. Ein Hausverbot sei ihm nicht erteilt worden.

10

Der Kläger hat - nachdem er erstinstanzlich erfolgreich Zahlung an sich verlangt hatte - in der Berufungsverhandlung sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, 40.833,37 Euro brutto an das Jobcenter M nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe sich nicht im Annahmeverzug befunden, weil der Kläger aufgrund des Hausverbots des Kunden die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht hätte erbringen können.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten - mit der vom Kläger beantragten Maßgabe einer Zahlung an das Jobcenter M - im Wesentlichen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision mit der Maßgabe, die ausgeurteilte Bruttovergütung an ihn zu zahlen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Vergütung wegen Annahmeverzugs nicht. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht.

14

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 21). Streitgegenstand ist ein bestimmter Eurobetrag, den der Kläger als Bruttovergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für die Zeit vom 6. Mai 2011 bis zum 30. September 2014 begehrt.

15

II. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

16

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB hat, wenn ihm - wie er behauptet - vom Kunden, bei dem er vor Ausspruch der Kündigungen eingesetzt war, ein Hausverbot nicht erteilt wurde.

17

a) Die Beklagte befand sich am 6. Mai 2011 aufgrund der vom Vorarbeiter am Vortag erklärten Freistellung für diesen Tag, im übrigen Streitzeitraum in Folge ihrer unwirksamen Kündigungen vom 5. Mai und 11. Oktober 2011 im Annahmeverzug, ohne dass es eines tatsächlichen Angebots der Arbeitsleistung bedurft hätte (st. Rspr., vgl. BAG 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 19, BAGE 153, 85; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 50, jeweils mwN). Darüber hinaus hat der Kläger nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts am 6. Mai 2011 trotz Freistellung die Arbeit angetreten und am 7. Mai 2011 seine Arbeitskraft tatsächlich angeboten.

18

b) Die Höhe der für den Streitzeitraum errechneten Vergütung wegen Annahmeverzugs hat die Beklagte außer Streit gestellt. Gegen die Annahmen des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe mit den Kündigungsschutzklagen die in § 22 Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk (RTV) vorgesehene Frist zur gerichtlichen Geltendmachung gewahrt(sh. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 14 ff., BAGE 143, 119, seither st. Rspr.), und die Forderung sei nicht verjährt, hat die Revision ausdrücklich keine Angriffe erhoben.

19

2. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob dem Kläger - wie von der Beklagten unter Beweisantritt vorgetragen - vom Kunden am 6. Mai 2011 Hausverbot erteilt wurde und gemeint, in einem solchen Falle folge ein Anspruch des Klägers auf Vergütung wegen Annahmeverzugs aus der entsprechenden Anwendung des § 615 Satz 3 BGB.

20

a) Das Hausverbot eines Kunden ist keiner der Fälle, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls nach § 615 Satz 3 BGB zu tragen hat. Die Norm meint das von der Rechtsprechung entwickelte Betriebsrisiko (ErfK/Preis 16. Aufl. § 615 BGB Rn. 122; HWK/Krause 7. Aufl. § 615 BGB Rn. 115; MüKoBGB/Henssler 6. Aufl. § 615 Rn. 90; BT-Drs. 14/6857 S. 48). Dies ist das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb betreiben zu können (dazu im Einzelnen BAG 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 - Rn. 22, BAGE 152, 327; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 52, jeweils mwN). Kann ein Arbeitnehmer wegen des Hausverbots eines Kunden die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen, beruht dies nicht auf betriebstechnischen Umständen, wie etwa dem Ausfall von Produktionsmitteln oder einem von außen auf den Betrieb einwirkenden Geschehen („höhere Gewalt“), das die Beschäftigung der Belegschaft oder Teile davon unmöglich macht (aA Schmiegel/Robrecht FS Löwisch S. 355, 363).

21

b) § 615 Satz 3 BGB ist eine gesetzlich angeordnete Analogie, mit der - abweichend von §§ 275, 326 Abs. 1 BGB - bei einem Umstand, der dem Betriebsrisiko unterfällt, § 615 Satz 1 und Satz 2 BGB entsprechende Anwendung finden. Für die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene weitere entsprechende Anwendung der Norm fehlt es an einer Regelungslücke. Nimmt der Arbeitgeber, ohne dass ihn betriebstechnische Umstände daran hindern, die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht an, bestimmt sich die Rechtsfolge nach § 615 Satz 1 iVm. §§ 293 ff. BGB. Liegt ein Fall des Unvermögens des Arbeitnehmers iSd. § 297 BGB vor, regelt § 326 BGB, ob der Vergütungsanspruch entfällt(Abs. 1) oder aufrechterhalten bleibt (Abs. 2 Satz 1).

22

3. Annahmeverzug der Beklagten scheidet aus, wenn der Kunde, bei dem der Kläger eingesetzt war (und bei dem er nach Ziff. 1.1 Arbeitsvertrag allein eingesetzt werden durfte) am 6. Mai 2011 dem Kläger für das Einsatzobjekt ein durch sein Verhalten veranlasstes Hausverbot erteilt hat.

23

a) Unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen kommt der Arbeitgeber nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die Leistungsfähigkeit ist - neben dem Leistungswillen - eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss. Unerheblich ist dabei die Ursache für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie zB Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder ihre Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt (st. Rspr., vgl. nur BAG 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 27 f. mwN, BAGE 153, 85).

24

Kann dagegen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur deshalb nicht einsetzen, weil er dem Kunden vertraglich ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Arbeitnehmer eingeräumt hat, und widersetzt sich der Kunde dem Einsatz eines bestimmten Arbeitnehmers, begründet das grundsätzlich kein Unvermögen dieses Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Bei einem solchen „Einsatzverbot“ scheidet Annahmeverzug des Arbeitgebers erst aus, wenn ihm nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar ist (BAG 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 33 f., BAGE 153, 85).

25

b) Nach diesen Grundsätzen bedingte ein an den Kläger gerichtetes, aus seiner Sphäre resultierendes Hausverbot des Kunden Unvermögen iSd. § 297 BGB(vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1060/06 - Rn. 18; HWK/Krause 7. Aufl. § 615 BGB Rn. 55; Schaub/Linck ArbR-Hdb 16. Aufl. § 95 Rn. 44). Ein solches wäre nicht lediglich eine Aufforderung an die Beklagte, den Kläger nicht mehr wie bisher einzusetzen. Ein Hausverbot bringt vielmehr den einem Betreten des geschützten Raums entgegenstehenden Willen des Hausrechtsinhabers zum Ausdruck (Fischer StGB 63. Aufl. § 123 Rn. 19 f.). Damit wäre der Kläger, wollte er sich nicht strafbar machen (zur strafrechtlichen Beachtlichkeit auch des mit Rechtsmitteln angegriffenen Hausverbots sh. BGH 8. Oktober 1981 - 3 StR 449/80 -, - 3 StR 450/80 - zu II 4 a aa der Gründe; Fischer aaO Rn. 21 mwN), aufgrund des ihm erteilten Hausverbots wenn nicht tatsächlich, so doch rechtlich gehindert, an die Arbeitsstelle zu gelangen und die dort geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Weil nach § 294 BGB die Leistung so angeboten werden muss, wie sie zu bewirken ist, also am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise entsprechend dem Inhalt des Schuldverhältnisses(BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 37, BAGE 149, 144), liegt Unvermögen iSd. § 297 BGB auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer an sich arbeitsfähig ist, aber nicht an den Arbeitsplatz gelangen kann.

26

c) Ob Unvermögen ausscheidet, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar ist, den Arbeitnehmer auf einem anderen zur Verfügung stehenden Arbeitsplatz einzusetzen (so BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1060/06 - Rn. 18 mwN) oder in einem solchen Falle nur ein Schadensersatzanspruch in Betracht käme, wenn der Arbeitgeber schuldhaft sein Direktionsrecht nicht neu ausübt (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 25 ff., BAGE 134, 296), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn eine andere Tätigkeit als im Objekt METRO M ist arbeitsvertraglich nicht vereinbart, noch hat sich der Kläger auf eine andere Beschäftigungsmöglichkeit berufen.

27

d) Das durch ein Hausverbot begründete Unvermögen des betroffenen Arbeitnehmers entsteht unabhängig davon, ob der Kunde dabei vertragliche Rücksichtnahmepflichten verletzt.

28

aa) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jeder Teil eines Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, BAGE 132, 72). Deshalb kann eine Pflicht zu leistungssichernden Maßnahmen bestehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 26 mwN, BAGE 134, 296). Dabei können die Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB gemäß § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB auch Personen treffen, die nicht selbst Vertragspartei sind.

29

bb) Daraus folgt:

30

Ein Unternehmer, der in seinem Betrieb anfallende Arbeiten an einen Dritten vergibt, hat - wie dies für die Leiharbeit ausdrücklich in § 11 Abs. 6 AÜG geregelt ist - nicht nur dafür Sorge zu tragen, dass die zu ihm entsandten Arbeitnehmer den Vorschriften des Arbeitsschutzrechts entsprechende Bedingungen vorfinden(vgl. dazu MüKoBGB/Henssler 6. Aufl. § 618 Rn. 25; HWK/Krause 7. Aufl. § 618 BGB Rn. 9 mwN). Er muss, behält er sich kein Mitspracherecht über die Auswahl der bei ihm eingesetzten Beschäftigten vor, deren Anwesenheit im Betrieb dulden und darf ihnen nicht ohne triftigen Grund durch Maßnahmen des Hausrechts die Erledigung der zugewiesenen Arbeiten unmöglich machen. Dabei wird ein Hausverbot die Rücksichtnahmepflicht regelmäßig nicht verletzen, wenn sich ein Arbeitnehmer gegenüber dem Kunden in einer Art und Weise fehl verhält, bei der im Arbeitsverhältnis ein verständiger Arbeitgeber ernsthaft eine Kündigung in Erwägung ziehen dürfte.

31

Verletzt der Kunde durch ein Hausverbot die ihm gegenüber einem in seinen Betrieb eingesetzten Arbeitnehmer des beauftragten Drittunternehmers obliegende Rücksichtnahmepflicht schuldhaft, hat dieser nach § 280 Abs. 1 BGB einen auf die entgangene Vergütung(§ 252 BGB) gerichteten Schadensersatzanspruch, der - gegebenenfalls hilfsweise - mit der Inanspruchnahme des Arbeitgebers gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG bei den Gerichten für Arbeitssachen anhängig gemacht werden kann.

32

4. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigen nicht die Annahme, bei einem Hausverbot des Kunden hätte der Kläger den Vergütungsanspruch jedenfalls nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB behalten.

33

a) Fehlt es an den Voraussetzungen des Annahmeverzugs, weil ein Fall des § 297 BGB gegeben war, steht § 615 BGB der Anwendung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht entgegen (BAG 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 - Rn. 26, BAGE 152, 327). Danach bleibt der Vergütungsanspruch erhalten, wenn der Arbeitgeber für die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, sie also iSd. §§ 276, 278 BGB allein oder weit überwiegend zu vertreten hat(BAG 19. August 2015 - 5 AZR 975/13 - Rn. 29, BAGE 152, 213; 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 - Rn. 28, aaO).

34

b) Für die Annahme, die Beklagte könne für ein Unvermögen des Klägers begründendes Hausverbot des Kunden allein oder weit überwiegend verantwortlich sein, hat der Kläger nichts vorgetragen.

35

Soweit das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang annimmt, die Beklagte habe mit dem Abschluss des Arbeitsvertrags das Risiko übernommen, „dass die Auftraggeberin die Arbeitsleistung des Klägers nicht zulässt“, fehlen dafür ausreichende Anhaltspunkte. Eine vertragliche Übernahme des bei subjektiven Leistungshindernissen an sich den Arbeitnehmer treffenden Vergütungsrisikos durch den Arbeitgeber ist zwar möglich und besonders dann naheliegend, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Kenntnis des Leistungshindernisses einstellt (BAG 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 - Rn. 32, BAGE 152, 327). Der Umstand, dass der Arbeitnehmer (nur) für eine bestimmte Tätigkeit in einem bestimmten Objekt an einem bestimmten Ort eingestellt wurde, kann vielfältige Gründe haben und auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen. Er rechtfertigt allein nicht die Annahme, der Arbeitgeber wolle damit vertraglich das Vergütungsrisiko übernehmen für den Fall, dass der Kunde dem Arbeitnehmer ein aus dessen Sphäre resultierendes Hausverbot erteilt.

36

5. Auch für die Erwägung, bei einem Hausverbot könne die eingeklagte Vergütung dem Kläger unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zustehen, fehlt jeder Anhaltspunkt.

37

Zwar ist nach § 241 Abs. 2 BGB jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet, wozu auch leistungssichernde Maßnahmen gehören können (vgl. oben Rn. 28). Erteilt ein Kunde einem Arbeitnehmer Hausverbot, kann es im Rahmen der Mitwirkungspflicht geboten sein, dass der Arbeitgeber auf den Kunden einwirkt und - im Rahmen des im Einzelfall Zumutbaren - versucht, eine Aufhebung der Maßnahme zu erwirken. Dass die Beklagte eine solche Pflicht verletzt hätte, ergibt sich jedoch weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch dem Vorbringen des Klägers.

38

III. Kommt das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu dem Ergebnis, der Kläger könne für den streitgegenständlichen Zeitraum Vergütung wegen Annahmeverzugs beanspruchen, wird es der Frage nachgehen müssen, in welcher Höhe der Kläger für die streitgegenständliche Forderung aktivlegitimiert ist.

39

1. Der Kläger hat im Streitzeitraum - wie auch zuvor - in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten. Nach § 115 SGB X, der gemäß § 33 Abs. 5 SGB II der Regelung des Übergangs von Ansprüchen nach § 33 Abs. 1 SGB II vorgeht, hat ein Anspruchsübergang auf das Jobcenter M stattgefunden, soweit dieses wegen der Nichterfüllung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt(zum Erfordernis der Kausalität, vgl. BAG 29. April 2015 - 5 AZR 756/13 - Rn. 8 ff., BAGE 151, 281) Grundsicherungsleistungen an die Bedarfsgemeinschaft (zum Anspruchsübergang nach § 115 SGB X bei Bedarfsgemeinschaften, vgl. BAG 21. März 2012 - 5 AZR 61/11 - BAGE 141, 95) erbracht hat. Es ist zwar bislang nicht ausdrücklich festgestellt, aber anzunehmen, dass sich infolge des Wegfalls des Arbeitseinkommens des Klägers die Grundsicherungsleistungen an die Bedarfsgemeinschaft im Streitzeitraum erhöhten.

40

Aufgrund des Rückübertragungs- und Abtretungsvertrags vom 6. Februar 2015, den der Kläger und das Jobcenter M gemäß § 33 Abs. 4 SGB II geschlossen haben, sind die übergegangenen Ansprüche im Wege einer privatrechtlichen Abtretung nach § 398 BGB auf den Kläger zurückübertragen worden, so dass er insoweit wieder Inhaber der streitgegenständlichen Forderung ist.

41

2. Der Kläger hat aber, wie sich aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen und seiner Einlassung im Revisionsverfahren ergibt, nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte und Ablauf einer Sperrzeit auch Arbeitslosengeld I bezogen mit der Folge, dass in Höhe der bezogenen Leistung ein Anspruchsübergang nach § 115 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit erfolgt und der Kläger insoweit nicht aktivlegitimiert ist.

42

3. Sofern sich die Klage im erneuten Berufungsverfahren als begründet erweisen sollte, stehen dem Kläger auf den Hauptanspruch Zinsen zu, § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Soweit der Kläger zum Anspruchsübergang nach § 115 SGB X führende öffentlich-rechtliche Leistungen erhalten hat, sind diese ab dem Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses auszunehmen(BAG 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 16, BAGE 126, 198; 29. April 2015 - 5 AZR 756/13 - Rn. 19, BAGE 151, 281).

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl     

        

    Volk     

        

        

        

    Buschmann     

        

    Feldmeier    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Februar 2012 - 18 Sa 867/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Die Beklagte, eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt ein Krankenhaus. Die 1978 geborene Klägerin gehört dem islamischen Glauben an. Sie wurde von der Beklagten, bei der sie zunächst seit 1996 eine Ausbildung absolviert hatte, in ein Arbeitsverhältnis übernommen.

3

Im Arbeitsvertrag vom 22. Dezember 2000 heißt es ua.:

        

㤠1

        

Frau T … wird mit Wirkung vom 01.02.2001 als Krankenschwester weiterbeschäftigt.

        

§ 2

        

Vertragsinhalt sind

        

1.    

die Bestimmungen des Bundes-Angestellten-tarifvertrages in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen geltenden Fassung (BAT-KF),

        

2.    

die sonstigen für die Dienstverhältnisse der Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen beschlossenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen,

        

wie sie aufgrund des Kirchengesetzes über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG) und seinen Änderungen geregelt sind.“

4

Die Präambel des Bundes-Angestelltentarifvertrags in kirchlicher Fassung (im Folgenden: BAT-KF) lautet:

        

„Präambel

        

Der kirchliche Dienst ist durch den Auftrag der Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat bestimmt. Nach ihren Gaben, Aufgaben und Verantwortungsbereichen tragen die kirchlichen Mitarbeitenden, wie es in der ‚Richtlinie des Rates der EKD nach § 9 Buchstabe b Grundordnung über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der EKD und des Diakonischen Werkes der EKD‘ in der Fassung vom 1. Juli 2005 bestimmt ist, zur Erfüllung dieses Auftrags bei. Ihr gesamtes Verhalten im Dienst und außerhalb des Dienstes muss der Verantwortung entsprechen, die sie als Mitarbeitende im Dienst der Kirche übernommen haben. Es wird von ihnen erwartet, dass sie die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahen.“

5

In der „Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Art. 9 Buchst. b Grundordnung über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und des diakonischen Werkes der EKD“ (im Folgenden: RL-EKD) heißt es auszugsweise:

        

㤠2

        

Grundlagen des kirchlichen Dienstes

        

(1) Der Dienst der Kirche ist durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu bezeugen. Alle Frauen und Männer, die in Anstellungsverhältnissen in Kirche und Diakonie tätig sind, tragen in unterschiedlicher Weise dazu bei, dass dieser Auftrag erfüllt werden kann. Dieser Auftrag ist Grundlage der Rechte und Pflichten von Anstellungsträgern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

        

…       

        

§ 4

        

Berufliche Anforderungen während des Arbeitsverhältnisses

        

(1) Je nach Aufgabenbereich übernehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verantwortung für die glaubwürdige Erfüllung kirchlicher und diakonischer Aufgaben. Sie haben sich daher loyal gegenüber der evangelischen Kirche zu verhalten.

        

(2) Von evangelischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie Schrift und Bekenntnis anerkennen. Sofern sie in der Verkündigung, Seelsorge, Unterweisung oder Leitung tätig sind, wird eine inner- und außerdienstliche Lebensführung erwartet, die der übernommenen Verantwortung entspricht.

        

(3) Von christlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie Schrift und Bekenntnis achten und für die christliche Prägung ihrer Einrichtung eintreten.

        

(4) Nichtchristliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben den kirchlichen Auftrag zu beachten und die ihnen übertragenen Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen.“

6

In einer zwischen der Beklagten und der Mitarbeitervertretung geschlossenen „Dienstvereinbarung zur Personalhygiene …“ vom 24. August 2009 ist ua. geregelt:

        

„Vorwort

        

Die A gGmbH stellt den Mitarbeitern unentgeltlich Berufs- und Schutzkleidung zur Verfügung, soweit dies nach den gesetzlichen oder anerkannten Regeln der Krankenhaushygiene und des Arbeitsschutzes erforderlich ist.

        

…       

        

Die Bereitstellung der Dienstkleidung durch den Arbeitgeber hat zum Ziel, ein einheitliches Erscheinungsbild nach außen zu dokumentieren und damit die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften (UVV) und Hygienevorschriften zu erleichtern.

        

…       

        

Die Umsetzung dieser Dienstanweisung ist für alle Mitarbeiter verbindlich.

        

…       

        

1.    

Berufskleidung

        

…       

        
                 

●       

In den Abteilungen und Bereichen des Krankenhauses, in denen Berufs- und Schutzkleidung zu tragen ist, ist das Tragen von sonstiger Privatkleidung (z.B. Jeans, Pullover, Halstuch, Kopftuch) untersagt. Bei Dienstwegen außerhalb des Krankenhauses (Personalabteilung) kann eine Strickjacke, Pullover über der Berufskleidung getragen werden, ebenso bei Zeiten außerhalb der direkten Patientenbetreuung kann eine Strickjacke, Pullover über der Berufskleidung getragen werden.

                 

●       

Die Berufskleidung ist regelmäßig der Aufbereitung der Krankenhauswäscherei zuzuführen. Die Berufskleidung darf auf keinen Fall zu Hause gewaschen werden.

        

…       

                 
        

12.     

Allgemeine Hinweise

                 

●       

Vor Betreten der Cafeteria ist der Dienstkittel in der Garderobe abzulegen.

                 

●       

Das Tragen von Kopftüchern ist während der Arbeitszeit nicht gestattet.

                 

●       

Das Tragen von Stethoskopen in der Cafeteria ist untersagt.

        

…“    

                 
7

Die Klägerin befand sich vom 27. März 2006 bis zum 28. Januar 2009 in Elternzeit. Anschließend war sie arbeitsunfähig krank. Mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 26. April 2010 wandte sich die Klägerin wegen einer von ihr gewünschten Wiedereingliederung an die Beklagte und teilte gleichzeitig mit, sie wolle aus religiösen Gründen während ihrer Tätigkeit ein Kopftuch tragen. In einem weiteren Schreiben ihrer damaligen Bevollmächtigten vom 18. Mai 2010 heißt es ua.:

        

„…    

        

Frau T teilte uns mit, dass Sie sich bei ihr noch nicht bezüglich der gewünschten Wiedereingliederung gemeldet haben.

        

Wir bitten Sie, mit Frau T Kontakt aufzunehmen und Ihr Zeit und Ort für die Wiederaufnahme der Tätigkeit bis zum 21.05.2010 mitzuteilen.

        

Mit diesem Schreiben bieten wir offiziell die Arbeitskraft unseres Mitgliedes an und werden, sollte eine Reaktion Ihrerseits nicht erfolgen, arbeitsrechtliche Schritte zur Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs einleiten.

        

…“    

8

Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 25. Mai 2010, in dem ua. ausgeführt wird:

        

„…    

        

Ihre Mandantin hatte darum gebeten, ein Wiedereingliederungsverfahren durchzuführen. Wie Ihnen bekannt ist, besteht auf die Durchführung eines solchen Verfahrens kein Rechtsanspruch. Unsere Mandantin hatte sich gleichwohl dazu bereit erklärt unter der Voraussetzung, dass die Kleiderordnung eingehalten wird. Gem. Ziffer 12 ist das Tragen von Kopftüchern während der Arbeitszeit nicht gestattet. Die Kleiderordnung ist seinerzeit gemeinsam mit der Mitarbeitervertretung beschlossen worden.

        

Wie Sie in Ihrem Schreiben vom 26.4.2010 mitteilen, trägt Frau T das Kopftuch aufgrund ihrer religiösen Ausrichtung. Bei unserer Mandantin handelt es sich um ein konfessionelles Krankenhaus. In konfessionellen Krankenhäusern hat der Arbeitgeber ein Direktionsrecht dahingehend, dass er das Tragen von Kopftüchern verbieten kann.

        

…       

        

Unsere Mandantin besteht nach wie vor darauf, dass das Kopftuchverbot eingehalten wird. Sobald die entsprechende Zustimmung Ihrer Mandantin vorliegt, kann ein Wiedereingliederungsverfahren durchgeführt werden.

        

…“    

9

Mit Schreiben ihrer jetzigen Bevollmächtigten vom 25. August 2010 wandte sich die Klägerin wie folgt erneut an die Beklagte:

        

„…    

        

Unsere Mandantin befindet sich seit Beginn ihrer Ausbildung im Kalenderjahr 1996 bis heute bei Ihnen in einem Arbeitsverhältnis als Krankenschwester. Aufgrund einer längeren Erkrankung nach Beendigung ihrer Elternzeit im Januar 2009 sollte sie ab dem 23.08.2010 ihre Tätigkeit wieder aufnehmen. In Absprache mit Ihnen und ihrem Hausarzt wurde ein Wiedereingliederungsplan erarbeitet.

        

Als unsere Mandantin Ihnen am 23.08.2010 Ihre Arbeitsleistung anbot, erklärten Sie unserer Mandantin, dass sie ihr Kopftuch während der Arbeitszeit ablegen müsse. Mit einem Kopftuch tragend brauche sie nicht zu erscheinen. Sie drohten Ihr an, dass sofern Sie dies nicht täte, ihr gegenüber eine Kündigung ausgesprochen werden würde. Unsere Mandantin ist aus tief religiösen Gründen nicht geneigt, ihr Kopftuch während der Arbeitszeit abzulegen.

        

Hiermit bieten wir Ihnen namens und im Auftrage unserer Mandantin nochmals ihre

        

Arbeitsleistung

        

an.    

        

Unsere Mandantin ist bereit, unverzüglich die Arbeit in Ihrem Hause aufzunehmen.

        

Bitte teilen Sie uns mit, wann unsere Mandantin zum Dienst erscheinen soll.

        

…“    

10

Die Beklagte erklärte hierauf mit Schreiben vom 30. August 2010 ua.:

        

„…    

        

Auf das in Kopie beigefügte Schreiben der Gewerkschaft ver.di vom 18.5.2010 haben wir bereits am 25.5.2010 geantwortet. Auch von diesem Schreiben fügen wir eine Kopie bei, auf das wir vollinhaltlich Bezug nehmen. Daher ist das ‚Angebot‘ Ihrer Mandantin zur Arbeitsaufnahme nicht ordnungsgemäß erfolgt.

        

…“    

11

Mit ihrer am 4. November 2010 eingereichten, mehrfach erweiterten Klage hat die Klägerin Vergütungsansprüche für den Zeitraum 23. August 2010 bis 31. Januar 2011 geltend gemacht. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei mit der Annahme ihrer Arbeitsleistung in Verzug geraten. Durch ein kleines, farblich an die Dienstkleidung angepasstes, im Nacken gebundenes Kopftuch, wie sie es schon zwischen dem 19. September und Ende Dezember 2005 getragen habe, werde sie nicht daran gehindert, ihre Arbeitsleistung als Krankenschwester zu erbringen. Der Betriebsablauf werde hierdurch nicht beeinträchtigt. Das Verbot, ein Kopftuch, das ihre weiblichen Reize verdecke, oder eine - wie von der Beklagten in Gesprächen ebenfalls untersagt - vergleichbare Kopfbedeckung zu tragen, schränke sie unzulässig in ihrer Glaubensfreiheit und in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ein. Sie werde dadurch wegen ihrer Religion benachteiligt. Im Koran fänden sich Aussagen zur Bedeckungspflicht der Frau. Ihr ganzer Körper, ausgenommen das Gesicht und die Hände, sei Aura. Diese Aussagen würden zwar von den islamischen Religionslehrern nicht einheitlich ausgelegt, es bleibe aber zumindest die Aufforderung zu anständiger Bekleidung, Bedeckung der Haare oder Verhüllung bestimmter Teile des Körpers aus Gründen der Scham. Das in der Dienstvereinbarung zur Personalhygiene geregelte Verbot sei nicht wirksam. Das Kopftuch werde als religiöses Symbol getragen und könne nicht wie ein normales Kleidungsstück behandelt werden. Die Regelungen in der Präambel des BAT-KF und der Richtlinie des Rates der EKD seien unbestimmt. Aus dem Gebot eines loyalen Verhaltens könne allenfalls eine Neutralitätspflicht abgeleitet werden, die sie durch das Tragen eines Kopftuchs nicht verletze. Das Sichtbarmachen der eigenen Religion stelle keinen Loyalitätsverstoß iSv. § 4 RL-EKD dar. Das Kopftuch werde von der Allgemeinheit nicht mehr nur als Zeichen islamischer Religionszugehörigkeit, sondern auch als modisches Accessoire verstanden. Sie genieße zudem Vertrauensschutz, weil die Beklagte sie in Kenntnis ihrer islamischen Religionszugehörigkeit eingestellt und die Pflegedienstleitung früher das Tragen eines Kopftuchs nicht beanstandet habe. Die Reaktionen von Kollegen und Patienten, von denen viele zuvor keinen Kontakt zum Islam gehabt hätten, seien damals positiv gewesen.

12

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 15.313,54 Euro brutto nebst Zinsen nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und geltend gemacht, die Klägerin habe ihre Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß angeboten. Die Berechtigung es der Klägerin zu untersagen, während der Arbeitszeit ein Kopftuch zu tragen, ergebe sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf die Präambel des BAT-KF und die RL-EKD. Die Klägerin sei nach § 4 Abs. 1 und Abs. 4 RL-EKD verpflichtet, sich ihr gegenüber loyal zu verhalten, den kirchlichen Auftrag, wie er sich aus § 2 RL-EKD ergebe, zu beachten und ihre Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen. Hieraus resultiere - auch ohne konkretisierende Weisung oder Dienstvereinbarung - eine Neutralitätspflicht. Die Klägerin müsse demzufolge alles unterlassen, was als gegen die Evangelische Kirche gerichtete Meinungsbekundung angesehen werden könne und die Glaubwürdigkeit der Kirche in Frage stelle. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, die Kirche lasse eine Relativierung ihrer Glaubensüberzeugungen zu und halte ihre Glaubenswahrheiten für beliebig austauschbar. Die unterschiedlichen Religionen stünden sich als „Konkurrenten“ gegenüber, auch wenn sie sich gegenseitig respektieren und anerkennen würden. Als konfessionelles Krankenhaus könne sie sich auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 WRV berufen. Die Glaubensfreiheit der Klägerin, der die konfessionelle Bindung der Einrichtung bei Eingehung des Arbeitsverhältnisses bekannt gewesen sei, müsse demgegenüber zurücktreten. Das Kopftuchverbot entspreche billigem Ermessen. Außerdem sei das Tragen von Privatkleidung nach der bestehenden Kleiderordnung untersagt.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist begründet. Auf Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang die Klage begründet ist. Dazu bedarf es weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

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A. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn aus § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 BGB bisher nicht dargelegt. Die Klage ist unschlüssig, auch wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, sie sei nicht verpflichtet gewesen, ihr Kopftuch während der Arbeitszeit abzulegen. Aus dem Vorbringen der Klägerin selbst ergeben sich gewichtige Indizien, die dafür sprechen, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum nicht leistungsfähig war, § 297 BGB.

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I. Unbeschadet der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Leistung zu bewirken, § 297 BGB. Die objektive Leistungsfähigkeit ist eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss. Grundsätzlich hat bei Streit über die Leistungsfähigkeit der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande war. Er muss hierfür Indizien vortragen, aus denen darauf geschlossen werden kann (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 16 f. mwN, BAGE 141, 34). Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass sich bereits aus dem Sachvortrag des Arbeitnehmers selbst Indizien ergeben, aus denen auf eine fehlende Leistungsfähigkeit in dem Zeitraum, für den Vergütung wegen Annahmeverzugs begehrt wird, geschlossen werden kann. In einem solchen Falle ist die Klage unschlüssig, wenn der Arbeitnehmer die selbst geschaffene Indizwirkung nicht ausräumt und substantiiert seine Arbeitsfähigkeit darlegt (BAG 15. Mai 2013 - 5 AZR 130/12 - Rn. 27).

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II. Die von der Klägerin zur Begründung ihres Anspruchs vorgelegten Schreiben vom 18. Mai und 25. August 2010 beziehen sich auf eine Arbeitsaufnahme im Rahmen eines Wiedereingliederungsverhältnisses. Nach § 74 SGB V kommt eine stufenweise Wiedereingliederung in Betracht, wenn arbeitsunfähige Versicherte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten können und sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich wieder besser in das Erwerbsleben eingegliedert werden können. Die Erstellung eines Wiedereingliederungsplans mit einem zum 23. August 2010 vorgesehenen Beginn der Wiedereingliederung ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass der behandelnde Arzt von einer über den 23. August 2010 hinaus fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ausging. Die Klägerin hätte vor diesem Hintergrund erläutern müssen, aufgrund welcher Tatsachen sie dennoch für die vertraglich geschuldete Tätigkeit arbeitsfähig gewesen oder im streitgegenständlichen Zeitraum arbeitsfähig geworden sei und dies der Beklagten - verbunden mit einem Angebot der Arbeitsleistung - mitgeteilt hätte. Dies ist nicht geschehen.

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B. Nachdem die Vorinstanzen die Klägerin im Hinblick auf die im Schriftwechsel der Parteien in Rede stehende Wiedereingliederung nicht auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage hingewiesen haben, ist ihr Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag zu ergänzen.

20

I. Der Klägerin obliegt es, die Indizwirkung des vom behandelnden Arzt erstellten Wiedereingliederungsplans zu erschüttern und ihre Leistungsfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum darzulegen.

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II. Sie hat darüber hinaus - unabhängig davon, ob sie verpflichtet gewesen wäre, ihr Kopftuch während der Arbeitszeit abzulegen - darzulegen, dass sie der Beklagten die Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung und nicht eine Tätigkeit im Rahmen eines Wiedereingliederungsverhältnisses angeboten hat. Dies ist den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu entnehmen.

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1. Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen, § 295 BGB. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich(zuletzt BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 14, BAGE 141, 34; 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 28, BAGE 143, 119; 15. Mai 2013 - 5 AZR 130/12 - Rn. 22). Ein Angebot der Arbeitsleistung kann ausnahmsweise auch dann entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt (BAG 16. April 2013 - 9 AZR 554/11 - Rn. 17; BGH 9. Oktober 2000 - II ZR 75/99 - zu 1 der Gründe).

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2. Ob die Klägerin eine Arbeitsleistung iSv. § 611 BGB angeboten hat, kann der Senat nicht entscheiden.

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a) Ein tatsächliches Angebot iSv. § 294 BGB hat die Klägerin nicht dargelegt. Ihr von der Beklagten bestrittener Vortrag ist - wie bereits vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt - unsubstantiiert. Wann und wem gegenüber sie ihre Leistung tatsächlich angeboten haben will, hat die Klägerin nicht angegeben.

25

b) Ob ein tatsächliches Angebot entbehrlich war und die Klägerin die Arbeitsleistung iSv. § 295 BGB wörtlich angeboten hat, ist durch Auslegung des Schriftwechsels der Parteien zu ermitteln.

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aa) Ein tatsächliches Angebot wäre nach § 295 BGB entbehrlich gewesen, wenn die an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 18. Mai und 25. August 2010 - eine Berechtigung der Klägerin unterstellt, die Arbeit kopftuchtragend zu verrichten - als Angebot der geschuldeten Arbeitsleistung und das Antwortschreiben der Beklagten vom 25. Mai 2010 oder jedenfalls das vom 30. August 2010 als ernsthafte und endgültige Weigerung, diese wie angeboten anzunehmen, zu verstehen wären.

27

bb) Die Schreiben der Parteien enthalten nichttypische Erklärungen. Die Auslegung atypischer Verträge und Willenserklärungen ist grundsätzlich den Tatsachengerichten vorbehalten. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 23; 15. April 2014 - 3 AZR 435/12 - Rn. 18).

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(1) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte (BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 36). Zu würdigen sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 14, BAGE 145, 249).

29

(2) Das Landesarbeitsgericht ist von einem „Angebot“ der Klägerin und einer „Ablehnung“ durch die Beklagte ausgegangen, ohne den Bedeutungsgehalt der von den Parteien unstreitig abgegebenen Erklärungen durch Auslegung ihres Schriftwechsels zu ermitteln. Doch spricht der Wortlaut des zwischen den Parteien geführten Schriftwechsels gegen die Annahme, die Klägerin habe die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung wörtlich angeboten. Ihre Schreiben beziehen sich auf eine Aufnahme der Tätigkeit im Rahmen einer Wiedereingliederung, auch wenn die Klägerin darin abschließend erklärte, sie böte ihre „Arbeitskraft“ bzw. „Arbeitsleistung“ an. Dass die Beklagte in ihrem Antwortschreiben vom 25. Mai 2010 ausdrücklich auf ein von der Klägerin gewünschtes Wiedereingliederungsverfahren abstellt, spricht für ein Verständnis in diesem Sinne. Die Klägerin hat einer derartigen Auslegung nicht widersprochen, sondern diese bestätigt, indem sie mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25. August 2010 auf einen in Absprache mit ihrem Hausarzt und der Beklagten erarbeiteten Wiedereingliederungsplan Bezug nimmt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 30. August 2010. Darin weist die Beklagte lediglich auf die zuvor gewechselten Schreiben hin.

30

c) Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung atypischer Verträge und Willenserklärungen nur dann selbst auslegen, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr. BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 24, BAGE 135, 255; 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 11, BAGE 145, 107). Danach kann der Senat die gebotene Auslegung nicht selbst vornehmen. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zu den Begleitumständen des Schriftwechsels der Parteien und zum Inhalt des vom behandelnden Arzt erstellten Wiedereingliederungsplans getroffen.

31

III. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung wegen Annahmeverzugs nach §§ 611, 615 BGB käme nicht in Betracht, wenn die Klägerin lediglich eine Tätigkeit im Rahmen eines Wiedereingliederungsverhältnisses angeboten hätte.

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1. Ein Wiedereingliederungsverhältnis ist nicht als Teil des Arbeitsverhältnisses zu werten, sondern stellt neben diesem ein Vertragsverhältnis eigener Art (sui generis) dar (st. Rspr. BAG 29. Januar 1992 - 5 AZR 37/91 - zu II 3 der Gründe, BAGE 69, 272; 28. Juli 1999 - 4 AZR 192/98 - BAGE 92, 140). Anders als das Arbeitsverhältnis ist das Wiedereingliederungsverhältnis nicht durch den Austausch von Leistung und Gegenleistung gekennzeichnet, sondern durch den Rehabilitationszweck. Die Tätigkeit des Arbeitnehmers ist auf die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit und nicht auf die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung gerichtet (BAG 28. Juli 1999 - 4 AZR 192/98 - zu 1 a aa der Gründe, aaO; Schmidt NZA 2007, 893). Zur Begründung des Wiedereingliederungsverhältnisses bedarf es einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es gilt für beide Seiten das Prinzip der Freiwilligkeit (BAG 13. Juni 2006 - 9 AZR 229/05 - Rn. 23, 33, BAGE 118, 252). Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind, weil die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers andauert, während des Wiedereingliederungsverhältnisses weiterhin von den Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses gemäß § 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 BGB befreit(BAG 28. Juli 1999 - 4 AZR 192/98 - zu 1 a bb der Gründe, aaO). Der Arbeitnehmer erbringt nicht die geschuldete Arbeitsleistung. Es besteht deshalb kein Anspruch auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung, es sei denn, der Arbeitgeber hat sich bei Abschluss der Wiedereingliederungsvereinbarung ausdrücklich oder stillschweigend zu einer Zahlung verpflichtet. Auch ein gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer angemessenen Vergütung nach § 612 Abs. 1 BGB besteht nicht.

33

2. Ergäbe die Auslegung des Schriftwechsels der Parteien, die Klägerin habe lediglich eine Tätigkeit im Rahmen einer Wiedereingliederung angeboten, würde ein Annahmeverzugsanspruch - unabhängig von der Frage, ob sie berechtigt gewesen wäre, hierbei ein Kopftuch zu tragen - ausscheiden.

34

C. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig.

35

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es könne offenbleiben, ob ein Verbot, während der Arbeit ein religiös motiviertes Kopftuch zu tragen, bereits aus der Dienstvereinbarung vom 24. August 2009 folge. Es sei jedenfalls vom Weisungsrecht der Beklagten gedeckt. Eine - unterstellte - Weisung habe billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 GewO entsprochen. Die Beklagte habe sich auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nach Art. 140 GG, Art. 137 WRV berufen können. Das Interesse der Beklagten, ihr Selbstbestimmungsrecht zu wahren, überwiege die durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützte Glaubensfreiheit der Klägerin. Die Klägerin habe ihre Arbeitsleistung nicht in der rechten Weise angeboten, indem sie es abgelehnt habe, ihre Arbeit ohne Kopftuch zu verrichten.

36

II. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob die Einrichtung der Beklagten - wie es deren Berufung auf Art. 140 GG, Art. 137 WRV voraussetzte - der Evangelischen Kirche institutionell zugeordnet ist. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin und ein Angebot der Arbeitsleistung unterstellt, hätte die Klägerin nur in diesem Fall die Leistung entgegen §§ 294, 295 BGB nicht so angeboten, wie sie zu bewirken war. Sie wäre arbeitsvertraglich verpflichtet gewesen, das Tragen eines islamischen Kopftuchs oder einer vergleichbaren, ihrem Verständnis der Glaubensgebote des Islam entsprechenden Kopfbedeckung während der Arbeitszeit zu unterlassen. In Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen der Parteien und unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls müsste die durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützte Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin gegenüber dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht zurücktreten. Könnte sich die Beklagte nicht auf Art. 140 GG, Art. 137 WRV berufen, wäre der Glaubensfreiheit der Klägerin gegenüber den Interessen der Beklagten der Vorrang einzuräumen.

37

1. Annahmeverzug setzt voraus, dass der Gläubiger die ihm angebotene Leistung nicht annimmt, § 293 BGB. Die Leistung muss ihm - nach § 294 BGB tatsächlich oder unter den Voraussetzungen von § 295 BGB wörtlich - so angeboten werden, wie sie zu bewirken ist, dh. am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise entsprechend dem Inhalt des Schuldverhältnisses (MüKoBGB/Ernst 6. Aufl. § 294 Rn. 4).

38

a) Das Tragen einer bestimmten Kleidung kann zur vertragsgemäßen Erfüllung der Arbeitsleistung geboten sein (BAG 13. Februar 2007 - 1 ABR 18/06 - Rn. 9 und 11, BAGE 121, 147). Ebenso kann es hierzu geboten sein, es zu unterlassen, sich in einer bestimmten Art zu kleiden. Eine bestimmte Bekleidung kann - ohne besondere vertragliche Vereinbarung - eine arbeitsleistungsbezogene Nebenpflicht des Arbeitnehmers darstellen, die der Arbeitspflicht nahekommt. Bekleidungsobliegenheiten können sich auch aus der Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag ergeben. In diesem Fall sind sie Teil der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht (vgl. Brose/Greiner/Preis NZA 2011, 369, 371 ff.). Bei der Bestimmung sich aus dem Arbeitsvertrag ergebender Handlungs- bzw. Unterlassungspflichten in Bezug auf die Kleidung während der Arbeitszeit gebietet der Schutz des Arbeitnehmers vor Überforderung eine Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien unter Berücksichtigung der widerstreitenden Grundrechtspositionen und der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls.

39

b) Die Klägerin wäre - die Zuordnung der Beklagten zur Evangelischen Kirche unterstellt - gehalten gewesen, während der Arbeitszeit das Tragen eines Kopftuchs zu unterlassen. Dies ergibt sich unmittelbar, ohne dass es einer konkretisierenden Weisung oder Dienstvereinbarung bedurft hätte, aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag. Dabei kann offenbleiben, ob als Bestandteil der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht oder als arbeitsleistungsbezogene Nebenpflicht.

40

aa) Die von der Klägerin zu bewirkende Leistung wird nach dem Arbeitsvertrag der Parteien nicht allein durch die in § 1 Arbeitsvertrag vereinbarte Tätigkeit einer Krankenschwester bestimmt, sondern auch durch die Eigenart des kirchlichen Dienstes. Dies resultiert aus § 2 Nr. 1 Arbeitsvertrag iVm. der Präambel des BAT-KF und den darin in Bezug genommenen Bestimmungen der RL-EKD.

41

bb) Die Klägerin hat sich im Arbeitsvertrag nicht nur verpflichtet, sich gegenüber der Evangelischen Kirche loyal zu verhalten (§ 4 Abs. 1 RL-EKD), sondern darüber hinaus den kirchlichen Auftrag zu beachten und die ihr übertragenen Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen (§ 4 Abs. 4 RL-EKD). Aus diesen Regelungen ergibt sich unmittelbar - als Mindestanforderung an die Aufgabenerfüllung im kirchlichen Dienst - eine Verpflichtung nichtchristlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem neutralen Verhalten gegenüber der Evangelischen Kirche.

42

(1) Die den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im kirchlichen Dienst in § 4 Abs. 1 Satz 2 RL-EKD auferlegte Pflicht, sich gegenüber der Evangelischen Kirche loyal zu verhalten, ist zunächst Ausdruck sich bereits aus § 241 Abs. 2 BGB ergebender allgemeiner vertraglicher Rücksichtnahmepflichten. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwächst einer Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis auch die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteils. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Die Arbeitsvertragsparteien sind danach verpflichtet, den Vertrag so zu erfüllen, ihre Rechte so auszuüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Vertragspartners so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der wechselseitigen Belange verlangt werden kann. Welche konkreten Folgen sich aus der Rücksichtnahmepflicht ergeben, hängt von der Art des Schuldverhältnisses und den Umständen des Einzelfalls ab (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 11, 12 mwN, BAGE 141, 1).

43

(2) § 4 Abs. 1 Satz 2 RL-EKD leitet die vertragliche Loyalitätspflicht, wie der durch das Wort „daher“ vermittelten Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 Satz 1 RL-EKD zu entnehmen ist, aus der je nach Aufgabenbereich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übernommenen Verantwortung für die glaubwürdige Erfüllung kirchlicher und diakonischer Aufgaben ab. Die RL-EKD beschränkt sich damit schon in § 4 Abs. 1 nicht nur auf die Wiedergabe allgemeiner Loyalitätspflichten als vertragliche Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis iSv. § 241 Abs. 2 BGB, sondern verknüpft die Loyalitätspflichten in besonderer Weise mit der Wahrnehmung der vertraglichen Aufgaben selbst.

44

(3) Diese Verknüpfung wird durch § 4 Abs. 4 RL-EKD verstärkt, wonach - als Bestandteil abgestufter Loyalitätspflichten kirchlicher Arbeitnehmer - auch die nichtchristlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den kirchlichen Auftrag zu beachten und die ihnen übertragenen Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen haben. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 RL-EKD ist der Dienst der Kirche durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu bezeugen. Dies entspricht dem Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft, die alle am kirchlichen Auftrag Teilnehmenden verbindet, unabhängig davon, auf welcher vertraglichen Grundlage und in welcher Einrichtung sie tätig sind (Joussen RdA 2007, 328, 333). Nach diesem theologisch geprägten Selbstverständnis verwirklicht die Arbeitsleistung in der Kirche und den ihr zugeordneten Einrichtungen ein Stück kirchlichen Auftrags in der Welt (BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 98 mwN, BAGE 143, 354). Hieran wirken alle Beschäftigten durch ihre Tätigkeit und ungeachtet ihres individuellen Glaubens oder ihrer weltanschaulichen Überzeugungen mit (BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 99 mwN, aaO). Die in einem Anstellungsverhältnis in Kirche und Diakonie stehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 RL-EKD in unterschiedlicher Weise zur Erfüllung dieses Auftrags bei. Er ist die Grundlage der Rechte und Pflichten von kirchlichen Anstellungsträgern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

45

2. Bei der Ermittlung der Reichweite der sich aus der Bezugnahme auf die RL-EKD ergebenden Pflichten bei der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Aufgaben - als Voraussetzung für die Bestimmung der nach §§ 294, 295 BGB zu bewirkenden Leistung - sind unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls die Grundrechte der kirchlichen Arbeitgeberin und die der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere mit Blick auf deren Tätigkeit und Stellung in der kirchlichen Einrichtung, gegeneinander abzuwägen.

46

a) Die Gerichte für Arbeitssachen sind wegen ihrer durch Art. 1 Abs. 3 GG angeordneten Grundrechtsbindung gehindert, bei der Auslegung und Anwendung zivilrechtlicher Normen das völlige Zurückweichen eines Grundrechts zugunsten eines anderen hinzunehmen. Sie sind gehalten, im Wege einer Güterabwägung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz einen Ausgleich der jeweils widerstreitenden grundrechtlichen Gewährleistungen herbeizuführen (vgl. BVerfG 24. November 2010 - 1 BvF 2/05 - Rn. 147, BVerfGE 128, 1; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 113 mwN, BAGE 143, 354). Diese Pflicht entfällt nicht schon deswegen, weil es sich bei Art. 4 GG um ein vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht handelt. Das hindert ein Zurückweichen einer grundrechtlichen Gewährleistung zum Schutz einer anderen - wie des hier fraglichen kirchlichen Selbstbestimmungsrechts - nicht. Auch vorbehaltlos gewährte Grundrechte können zum Schutz anderer Grundrechte oder grundrechtlicher Gewährleistungen eingeschränkt werden (vgl. BVerfG 24. November 2010 - 1 BvF 2/05 - Rn. 147, aaO; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 113 mwN, aaO).

47

Die durch die Rücksichtnahme auf kollidierende Verfassungswerte notwendig werdende Annäherung kann nicht generell, sondern nur im Einzelfall durch Güterabwägung vorgenommen werden. Eine damit einhergehende Begrenzung verfassungsrechtlich geschützter Interessen darf dabei nicht weiter gehen, als es notwendig ist, um die Konkordanz widerstreitender Rechtsgüter herzustellen. Das Zurückweichen einer grundrechtlichen Gewährleistung muss zum Schutz der anderen geboten sein. Für die erforderliche Abwägung gibt die Verfassung kein bestimmtes Ergebnis vor. Die hiernach vorzunehmende Güterabwägung betrifft nicht den gesamten Bereich der jeweiligen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen, sondern ist auf den Ausgleich der konkreten Kollisionslage beschränkt (BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 114, 115 mwN, BAGE 143, 354).

48

b) Die Interessen der Beklagten könnten danach nur dann vorrangig sein, wenn sich diese als Einrichtung der Evangelischen Kirche auf das durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 WRV garantierte kirchliche Selbstbestimmungsrecht als Konkretisierung kollektiver Glaubensfreiheit(vgl. ErfK/Schmidt 14. Aufl. Art. 4 GG Rn. 28 mwN) berufen könnte. In diesem Fall wäre das Tragen eines Kopftuchs oder einer entsprechenden anderen Kopfbedeckung als nach außen hin sichtbarem Symbol der Zugehörigkeit zum islamischen Glauben und damit als Kundgabe einer anderen Religionszugehörigkeit, angesichts der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit einer Krankenschwester, mit der Verpflichtung zu neutralem Verhalten gegenüber der Evangelischen Kirche nicht in Einklang zu bringen. Die Klägerin hätte auch unter Berücksichtigung ihrer Glaubensfreiheit die Arbeitsleistung nicht so angeboten, wie sie zu bewirken ist (§§ 294, 295 BGB), weil sie nicht bereit war, auf das Tragen eines Kopftuchs oder einer vergleichbaren Kopfbedeckung zu verzichten.

49

aa) Die Klägerin betrachtet nach den in der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts das Tragen eines Kopftuchs als für sich verbindlich von den Regeln ihrer Religion vorgegeben. Das Befolgen dieser Bekleidungsregel ist für sie Ausdruck ihres religiösen Bekenntnisses. Die der Klägerin auferlegte Pflicht, das Bekenntnis zu ihrem Glauben nicht durch das Befolgen von religiös begründeten Bekleidungsregeln sichtbar werden zu lassen, greift in ihre durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG verbürgte individuelle Glaubensfreiheit ein(vgl. BVerfG 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 108, 282). Art. 4 GG garantiert in Abs. 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Abs. 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten. Dazu gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln (BVerfG 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - zu B II 2 der Gründe, aaO). Eine Verpflichtung, während der Arbeitszeit auf das Tragen eines Kopftuchs oder einer diesem entsprechenden Kopfbedeckung zu verzichten, führt für die Klägerin zu einem ernsthaften Glaubenskonflikt, indem sie die Klägerin vor die Wahl stellt, entweder ihre Tätigkeit bei der Beklagten auszuüben oder dem von ihr als verbindlich angesehenen religiösen Bekleidungsgebot Folge zu leisten.

50

bb) Eine Obliegenheit, das Tragen der von der Klägerin gewünschten Kopfbedeckung zu tolerieren, schränkte die Beklagte - vorausgesetzt, es handelte sich bei ihr um eine kirchliche Einrichtung - in ihrem durch Art. 140 GG, Art. 137 WRV garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht ein, indem aus der Eigenart des kirchlichen Dienstes resultierende, vertraglich vereinbarte Anforderungen an die Aufgabenerfüllung durch die Klägerin gegenüber deren Glaubensfreiheit zurücktreten müssten. Werden - wie hier - Loyalitätsanforderungen in einem Arbeitsvertrag festgelegt, nimmt der kirchliche Arbeitgeber nicht nur die allgemeine Vertragsfreiheit für sich in Anspruch, er macht zugleich von seinem verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrecht Gebrauch (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - BVerfGE 70, 138; BAG 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - Rn. 23, BAGE 139, 144; 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - Rn. 25, BAGE 145, 90).

51

(1) Der Schutzbereich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts erfasst die individualrechtliche wie die kollektivrechtliche Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen der in kirchlichen Einrichtungen beschäftigten Arbeitnehmer. Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die in Verfolgung der vom kirchlichen Grundauftrag her bestimmten Aufgaben unter Berücksichtigung des kirchlichen Selbstverständnisses zu treffen sind (BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 94, 95 mwN, BAGE 143, 354). Zu den eigenen Angelegenheiten der Religionsgesellschaften gehört, dass diese der Gestaltung des kirchlichen Dienstes auch dann, wenn sie ihn auf der Grundlage von Arbeitsverträgen regeln, das Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft ihrer Mitarbeiter zugrunde legen können (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138). Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Kirche nicht auf. Sie darf deshalb die verfassungsrechtlich geschützte Eigenart des kirchlichen Dienstes nicht in Frage stellen. Die Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts bleibt daher für die Gestaltung dieser Arbeitsverhältnisse wesentlich (BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 94, 95 mwN, BAGE 143, 354).

52

(2) Im Streitfall haben die Gerichte für Arbeitssachen die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung vertraglicher Loyalitätspflichten zugrunde zu legen, soweit die Verfassung das Recht der Kirchen anerkennt, hierüber selbst zu befinden.

53

(a) Es kommt weder auf die Auffassung der einzelnen betroffenen kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Meinungsbildung von verschiedensten Motiven beeinflusst sein kann, noch auf diejenige breiter Kreise unter den Kirchengliedern oder etwa einzelner bestimmten Tendenzen verbundener Mitarbeiter an (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138).

54

(b) Es bleibt grundsätzlich den verfassten Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, was „die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordert“, was „spezifisch kirchliche Aufgaben“ sind, was „Nähe“ zu ihnen bedeutet, welches die „wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre“ sind und was als Verstoß gegen diese anzusehen ist. Auch die Entscheidung darüber, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine „Abstufung“ der Loyalitätspflichten eingreifen soll, ist grundsätzlich eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 70, 138). Die staatlichen Gerichte sind an die kirchliche Einschätzung arbeitsvertraglicher Loyalitätspflichten gebunden, es sei denn, sie begäben sich dadurch in Widerspruch zu Grundprinzipien der Rechtsordnung, wie sie im allgemeinen Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), im Begriff der „guten Sitten“ (§ 138 Abs. 1 BGB) und im ordre public (Art. 30 EGBGB) ihren Niederschlag gefunden haben. Die Gerichte haben jedoch sicherzustellen, dass die kirchlichen Einrichtungen nicht in Einzelfällen unannehmbare Anforderungen an die Loyalität ihrer Arbeitnehmer stellen (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 70, 138; BAG 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - Rn. 25, BAGE 145, 90).

55

(3) Die Beklagte hat sich an den nach den Maßstäben der verfassten Kirche den nichtchristlichen Mitarbeitern im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung auferlegten Neutralitäts- und Loyalitätspflichten orientiert. Sie leitet die Berechtigung, die von der Klägerin unter dem Vorbehalt des Tragens eines Kopftuchs angebotene Leistung ablehnen zu dürfen, aus dem für nichtchristliche Mitarbeiter nach § 4 Abs. 1 und Abs. 4 RL-EKD iVm. § 2 Abs. 1 RL-EKD geltenden Neutralitätsgebot ab.

56

cc) Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls wäre den Interessen der Beklagten - handelte es sich um eine kirchliche Einrichtung - gegenüber denen der Klägerin Vorrang einzuräumen. Der Senat folgt insoweit der zutreffenden Begründung des Landesarbeitsgerichts:

57

(1) Bei der Abwägung der Grundrechte der Klägerin mit dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht der Beklagten - unterstellt es handelt sich bei ihr um eine der Evangelischen Kirche zugeordnete Einrichtung - ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in die Obliegenheit, die an sie gestellten Loyalitätserwartungen im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung zu erfüllen, bei Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten eingewilligt hat (vgl. dazu EGMR 23. September 2010 - 1620/03 - [Schüth] Rn. 71; 3. Februar 2011 - 18136/02 - [Siebenhaar] Rn. 46; BAG 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - Rn. 32, BAGE 145, 90). Sie hat diesen Erwartungen bei Vertragsschluss zugestimmt und sich ihnen in diesem Sinne freiwillig unterworfen. Zwar liegt darin kein Verzicht auf eine zukünftig andere Ausübung ihrer Glaubensfreiheit. Religiöse Überzeugungen und Gewissenseinstellungen können sich ändern. Auch dies ist von der verfassungsrechtlich gewährleisteten Glaubensfreiheit umfasst. Die arbeitsvertragliche Anerkennung der Loyalitäts- und Neutralitätserwartungen der Beklagten durch die Klägerin, führt aber dazu, dass der nunmehr anderen Ausübung ihrer Glaubensfreiheit in Gestalt des jetzt - anders als zu Beginn des Arbeitsverhältnisses - von ihr als verbindlich angesehenen religiösen Gebots, ein Kopftuch zu tragen, zumindest kein höheres Gewicht als dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht zukommt (vgl. BAG 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - Rn. 32, BAGE 145, 90). Während die Loyalitätserwartungen der Beklagten unverändert geblieben sind, hat sich die Bereitschaft der Klägerin, ihnen zu entsprechen, gewandelt. Der Konflikt zwischen den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen ist deshalb in ihrer Sphäre begründet.

58

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht zugunsten der Klägerin berücksichtigt, dass sie durch den ihr abverlangten Verzicht auf eine ihren Glaubensregeln entsprechende Kopfbedeckung in einen ernsten Glaubenskonflikt gebracht wird. Andererseits ist zu beachten, wird der Kernbereich der Glaubensfreiheit der Klägerin hierdurch nicht betroffen: Ihre Glaubensfreiheit ist nur funktional, zeitlich und räumlich, nämlich bei der Ausübung ihrer beruflichen Aufgaben eingeschränkt. Die Klägerin wird während ihrer Arbeitszeit als eine Muslima, die kein Kopftuch trägt, nur von einem eingeschränkten Personenkreis wahrgenommen. Sie verrichtet ihre Tätigkeit als Krankenschwester nicht vor den Augen einer breiten Öffentlichkeit und muss sich ohne Kopftuch nur den Arbeitskollegen und Patienten und ggf. auch Besuchern zeigen. Sie kann außerhalb der Arbeitszeit in ihrem privaten Umfeld und auch auf dem Hin- und Rückweg zur Arbeitsstelle uneingeschränkt den Bekleidungsgeboten ihres Glaubens folgen und ein Kopftuch tragen. Indem ihr dies nur während der Arbeitszeit untersagt ist, werden ihr keine unannehmbaren Loyalitätspflichten auferlegt.

59

(3) Unterstellt, das von der Beklagten betriebene Krankenhaus sei der Evangelischen Kirche zugeordnet, ist zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie, dürfte die Klägerin bei der Arbeit eine religiös motivierte Kopfbedeckung tragen, innerhalb ihrer Einrichtung Glaubensäußerungen zugunsten einer anderer Religion hinnehmen müsste. Zugleich hätte sie eine Verletzung der Pflicht zu einem neutralen Verhalten gegenüber der Evangelischen Kirche, als sich aus § 4 Abs. 1 und Abs. 4 RL-EKD ergebender Mindestanforderung an die Aufgabenerfüllung durch nichtchristliche Arbeitnehmer im kirchlichen Dienst, zu akzeptieren.

60

(a) Dabei fiele besonders ins Gewicht, dass die Klägerin in ihrer Funktion als Krankenschwester in direktem und ständigem Kontakt zu den in der Einrichtung der Beklagten behandelten Patienten und zu anderen Arbeitnehmern steht. Die Glaubensbekundung der Klägerin für den Islam würde von diesen unmittelbar als solche wahrgenommen.

61

(b) Die Beklagte müsste, würde sie Glaubensbekundungen der Klägerin tolerieren, zudem damit rechnen, dass andere nichtchristliche Mitarbeiter ebenso während der Arbeitszeit Glaubensbekundungen zugunsten der Religionsgemeinschaft, der sie jeweils angehören, tätigen würden. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Verkündigungsauftrag der Kirche und deren Glaubwürdigkeit könnten hierdurch ernsthaft gefährdet werden. Außenstehende könnten den Eindruck gewinnen, die Kirche halte Glaubenswahrheiten für beliebig austauschbar. Zwänge man der Beklagten auf, dies innerhalb ihrer Einrichtung hinzunehmen, wäre das kirchliche Selbstbestimmungsrecht im Kernbereich beeinträchtigt.

62

(c) Die Beklagte muss sich nicht entgegenhalten lassen, ein kirchlicher Arbeitgeber habe sich mit der Entscheidung, auch nichtchristliche Mitarbeiter einzustellen, bereits für eine Form von religiösem Pluralismus geöffnet. Durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Präambel des BAT-KF und die RL-EKD hat die Beklagte vielmehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch von nichtchristlichen Mitarbeitern erwartet werde, den kirchlichen Auftrag zu beachten und die ihnen übertragenen Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen, wie es § 4 Abs. 1 und Abs. 4 RL-EKD entspricht.

63

(d) Zu einer anderen Beurteilung führt nicht, dass die Klägerin an sich in der Lage wäre, die dem allgemeinen Berufsbild einer Krankenschwester entsprechenden Tätigkeiten ohne Beeinträchtigungen des Arbeitsablaufs auch kopftuchtragend zu verrichten. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung kann die Eigenart der Aufgabenerfüllung durch nichtchristliche Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, nach dem in § 2 Abs. 1 Satz 1 RL-EKD zum Ausdruck kommenden theologischen Selbstverständnis, mit der Arbeitsleistung werde ein Stück kirchlichen Auftrags in der Welt verwirklicht, nicht außer Acht gelassen werden.

64

(e) Für das Ergebnis der Interessenabwägung kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin Ende 2005, während eines kurzen Zeitraums vor ihrem Erziehungsurlaub, die Arbeit kopftuchtragend verrichtet hat. Selbst wenn dies von der Pflegedienstleitung der Beklagten hingenommen worden sein sollte, könnte hieraus nicht geschlossen werden, die Beklagte bzw. insoweit vertretungsberechtigte Personen hätten dauerhaft auf die Einhaltung des Neutralitätsgebots verzichtet.

65

(4) Die der Klägerin auferlegte Pflicht, das Tragen eines Kopftuchs oder einer vergleichbaren, ihren Glaubensgeboten entsprechenden Kopfbedeckung während der Arbeitszeit zu unterlassen, wäre nicht unverhältnismäßig. Die Unterlassungspflicht wäre zur Gewährleistung des aus dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht resultierenden Neutralitätsgebots geeignet, erforderlich und angemessen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, wie sie dem Neutralitätsgebot in einer anderen, sie weniger belastenden Art und Weise entsprechen könnte.

66

3. Dem Abwägungsergebnis stünden die Vorschriften des AGG (§ 7 Abs. 1, §§ 1, 3 Abs. 1 und Abs. 2) nicht entgegen.

67

Nach § 7 Abs. 2 AGG führt ein Verstoß von Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verstoßen, zur Unwirksamkeit der betreffenden Regelung. Die Klägerin hat bereits nicht dargelegt, dass es anderen Arbeitnehmern der Beklagten gestattet sei, Kopfbedeckungen während der Arbeitszeit zu tragen, soweit dies nicht in besonderen Bereichen aus Gründen des Arbeitsschutzes und der Krankenhaushygiene geboten ist. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Klägerin durch die aus dem Arbeitsvertrag der Parteien resultierende Verpflichtung, das Kopftuch während der Arbeitszeit abzulegen und auch keine entsprechende andere Kopfbedeckung zu tragen, wegen ihrer Religion benachteiligt würde, denn ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot schiede nach § 9 Abs. 2 AGG aus. Nach dieser Vorschrift berührt das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion nicht das Recht der Religionsgemeinschaften, von ihren Beschäftigten ein loyales Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können. Weitergehende Verpflichtungen werden der Klägerin mit dem aus § 4 Abs. 1 und Abs. 4 RL-EKD resultierenden Neutralitätsgebot nicht auferlegt.

68

4. Auch das Grundrecht der Klägerin auf Religionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 EMRK wäre nicht verletzt.

69

a) Art. 9 EMRK gewährleistet die Religionsfreiheit nicht schrankenlos, vielmehr sind ausdrücklich Einschränkungen in Abs. 2 der Vorschrift vorgesehen. Eine Einschränkung der Religionsfreiheit kommt insbesondere im Hinblick auf die Rechte und Freiheiten anderer in Betracht (EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - [Siebenhaar] Rn. 38 f.). Insoweit hat eine Abwägung zwischen den Rechten des Arbeitnehmers und denen des kirchlichen Arbeitgebers unter Berücksichtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts stattzufinden (EGMR 23. September 2010 - 425/03 - [Obst] Rn. 43). Nach der Rechtsprechung des EGMR, deren Beachtung verfassungsrechtlich geboten ist, soweit dies methodisch vertretbar und mit den Vorgaben des Grundgesetzes vereinbar ist (BVerfG 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307; 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08 ua. - Rn. 93 f. mwN, BVerfGE 128, 326; BAG 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - Rn. 27, BAGE 145, 90), ist zu berücksichtigen, dass die Religionsgemeinschaften traditionell und weltweit in Form organisierter Strukturen existieren (EGMR 23. September 2010 - 425/03 - [Obst] Rn. 44 und - 1620/03 - [Schüth] Rn. 58; 3. Februar 2011 - 18136/02 - [Siebenhaar] Rn. 41). Vor diesem Hintergrund ist, wenn die Organisation einer solchen Gemeinschaft in Rede steht, Art. 9 EMRK im Lichte von Art. 11 EMRK auszulegen, der die Vereinigungsfreiheit vor jeglichem ungerechtfertigten staatlichen Eingriff schützt. Ihre für den Pluralismus in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbare Autonomie gehört zum Kernbestand des Schutzes, den Art. 9 EMRK vermittelt. Das Recht auf Religionsfreiheit im Sinne der Konvention ist - außer in extremen Ausnahmefällen - jeglicher Beurteilung seitens des Staates im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des religiösen Bekenntnisses oder der Art und Weise, in der es zum Ausdruck gebracht wird, entzogen (EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - [Siebenhaar] Rn. 41). Nach der Rechtsprechung des EGMR ist es nicht zu beanstanden, wenn der Kirche das Recht zuerkannt wird, ihren Beschäftigen Loyalitätspflichten aufzuerlegen, sofern diese nicht unannehmbar sind (EGMR 23. September 2010 - 425/03 - [Obst] Rn. 49; 23. September 2010 - 1620/03 - [Schüth] Rn. 69).

70

b) Hiervon ausgehend wären - unterstellt, es handelte sich bei der Beklagten um eine kirchliche Einrichtung - das arbeitsvertragliche Neutralitätsgebot und hieraus resultierend, das Verbot während der Arbeitszeit ein islamisches Kopftuch oder eine vergleichbare Kopfbedeckung zu tragen, mit Art. 9 Abs. 1 EMRK vereinbar. Der Klägerin werden hierdurch keine unannehmbaren Loyalitätspflichten auferlegt. Das Verbot ist nicht unverhältnismäßig. Unter Berücksichtigung der Tätigkeit der Klägerin könnte auf andere Weise das kirchliche Selbstbestimmungsrecht, von dem der kirchliche Arbeitgeber mit der Festlegung von Loyalitätspflichten im Arbeitsverhältnis Gebrauch macht (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - BVerfGE 70, 138; BAG 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - Rn. 23, BAGE 139, 144; 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - Rn. 25, BAGE 145, 90), nicht gewahrt werden.

71

5. Etwas anderes würde gelten, gelänge es der Beklagten nicht, nachzuweisen, dass sie dem Schutzbereich von Art. 140 GG, Art. 137 WRV unterfällt. In diesem Fall würden die Interessen der Klägerin überwiegen. Die Beklagte könnte sich dann gegenüber der durch Art. 4 GG gewährleisteten Glaubensfreiheit der Klägerin, trotz der Verweisung auf die RL-EKD im Arbeitsvertrag, nur auf Art. 12 GG stützen(vgl. BAG 10. Oktober 2002 2 AZR 472/01 - BAGE 103, 111; 24. Februar 2011 2 AZR 636/09 - BAGE 137, 164; vgl. hierzu auch den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 30. Juli 2003 - 1 BvR 792/03 - Rn. 17, 18, 24). Das Tragen eines Kopftuchs wäre in diesem Fall von der Beklagten hinzunehmen, denn sie hat nicht dargelegt, dass ein Verzicht auf eine Kopfbedeckung, wie sie von der Klägerin gewünscht wird, aus betrieblichen - zB hygienischen - Gründen geboten wäre und andernfalls betriebliche Störungen zu befürchten seien. Die Voraussetzungen für eine wirksame Dienstvereinbarung lägen nicht vor, handelte es sich bei der Beklagten nicht um eine kirchliche Einrichtung. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob mit der Dienstvereinbarung, soweit sie das Tragen eines Kopftuchs untersagt, Arbeitsverhalten oder Ordnungsverhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter iSv. § 40k MVG.EKD geregelt wird (zur Abgrenzung im Bereich des BetrVG, vgl. BAG 13. Februar 2007 - 1 ABR 18/06 - Rn. 9, 11, BAGE 121, 147; 17. Januar 2012 - 1 ABR 45/10 - Rn. 22, BAGE 140, 223) und, ob die Dienstvereinbarung überhaupt gegenüber der Klägerin zwingende Wirkung entfalten kann (vgl. hierzu BAG 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 19; Schaub/Linck Arbeitsrechtshandbuch 15. Aufl. § 185 Rn. 17).

72

6. Ob die Einrichtung der Beklagten der Evangelischen Kirche institutionell zugeordnet ist, vermag der Senat auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu entscheiden.

73

a) Unmittelbare Träger des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts sind die Religionsgemeinschaften iSd. Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV. Die diesen zugeordneten Einrichtungen leiten dieses Recht von ihnen ab, sie sind selbst Teil der Kirche (BAG 5. Dezember 2007 - 7 ABR 72/06 - Rn. 22 mwN, BAGE 125, 100; 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 57, BAGE 143, 354).

74

aa) Der Anwendungsbereich von Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV erstreckt sich auf alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn die Einrichtung nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihren Aufgaben entsprechend berufen ist, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen. Die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Kirche im Staat erlaubt es ihr, sich zur Erfüllung ihres Auftrags auch der Organisationsformen des staatlichen Rechts zu bedienen. Die Zugehörigkeit der auf dieser Rechtsgrundlage begründeten Einrichtungen zur Kirche wird hierdurch nicht aufgehoben (BAG 5. Dezember 2007 - 7 ABR 72/06 - Rn. 30, BAGE 125, 100).

75

(1) Für die Zuordnung einer rechtlich selbständigen Einrichtung zur Kirche ist es allerdings nicht ausreichend, wenn die Einrichtung ihrem Zweck nach auf die Verwirklichung eines kirchlichen Auftrags gerichtet ist. Sie setzt eine institutionelle Verbindung zwischen der Kirche und der Einrichtung voraus, aufgrund derer die Kirche über ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten verfügt, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit kirchlichen Vorstellungen gewährleisten zu können. Dabei bedarf der ordnende Einfluss der Kirche zwar keiner satzungsmäßigen Absicherung. Die Kirche muss aber in der Lage sein, einen etwaigen Dissens in religiösen Angelegenheiten zwischen ihr und der Einrichtung zu unterbinden (BAG 5. Dezember 2007 - 7 ABR 72/06 - Rn. 31 f., BAGE 125, 100; 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 48, BAGE 143, 354).

76

(2) Die den Religionsgemeinschaften durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV verliehene Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsgarantie hat nicht zur Folge, dass die Zuordnung einer Einrichtung zu einer Religionsgemeinschaft einer Kontrolle durch die Gerichte für Arbeitssachen entzogen ist. Diese haben in einer zweistufigen Prüfung darüber zu befinden, ob überhaupt eine verwaltungsmäßige Verflechtung zwischen der Kirche und der Einrichtung besteht und ob die Kirche aufgrund dieser Verbindung über ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten verfügt, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit ihren Vorstellungen gewährleisten zu können. Grundlage für die Beurteilung der Zuordnung ist die in den Statuten festgeschriebene Zweckbestimmung und die Struktur der Einrichtung (vgl. BAG 5. Dezember 2007 - 7 ABR 72/06 - Rn. 33 f., BAGE 125, 100).

77

b) Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen ermöglichen es nicht, anhand der genannten Kriterien zu beurteilen, ob die Beklagte eine kirchliche Einrichtung ist. Dem Tatbestand der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist lediglich zu entnehmen, bei der Beklagten handele es sich um eine Krankenanstalt unter konfessioneller Trägerschaft der Evangelischen Kirche. Nach dem Vortrag der Parteien ist „Trägerin“ der Beklagten die „Evangelische Stiftung A“. Tatsachen, die es ermöglichten zu beurteilen, ob zwischen der Kirche und der Beklagten - unmittelbar oder vermittelt durch die Stiftung - eine institutionelle Verbindung im oben genannten Sinne besteht, sind nicht festgestellt und können dem unstreitigen Parteivorbringen nicht entnommen werden. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen über den Inhalt des Gesellschaftsvertrags der Beklagten, die Bestellung, Abberufung und Entlastung ihrer Geschäftsführung sowie ggf. deren Überwachung durch die Evangelische Stiftung A als (wohl) einziger Gesellschafterin getroffen und - gemessen an den oben dargelegten Kriterien - zur Zuordnung der Stiftung zur Evangelischen Kirche. Als der Partei, die sich zu ihren Gunsten auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht beruft, obliegt es der Beklagten, dies darzulegen und ggf. zu beweisen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Dittrich     

        

    Dombrowsky     

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - aufgehoben, soweit es über die Vergütung für Januar bis Dezember 2006 in Höhe von 17.040,00 Euro brutto nebst Zinsen und über die Kosten entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen im Konzern der Deutschen Bahn AG, erbringt Serviceleistungen entlang des Schienennetzes der DB Netz AG. Der 1960 geborene Kläger stand bei ihr von September 2002 bis zum 30. April 2007 in einem Arbeitsverhältnis. Im Arbeitsvertrag vom 30. August 2002 vereinbarten die Parteien ua.:


        

        
Der Arbeitnehmer wird als gewerblicher Mitarbeiter der Niederlassung Mitte, Zuständigkeitsbereich Stützpunkt Fulda, eingestellt und mit den einschlägigen Tätigkeiten (Sipo, Sakra, AzF, Büp etc.) nach Weisung seiner Vorgesetzten beschäftigt, soweit er hierzu die Befähigung besitzt.
        
Er ist verpflichtet, auf Anweisung auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten.
        
Die BRG kann den Arbeitnehmer jederzeit an einem anderen Einsatzort oder Dienststelle innerhalb oder außerhalb des dem Arbeitnehmer zugewiesenen Bereiches zum Einsatz bringen bzw. dorthin versetzen.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wird in die Entgeltgruppe L 3 (Hessen) nach dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der für die BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, eingestuft. Darüber hinaus finden die im o. g. Tarifvertrag vereinbarten Grundsätze für die Eingruppierung Anwendung.
        
Die Nebenleistungen ergeben sich aus dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste.
        
        
Auf diesen Vertrag finden die Bestimmungen des geltenden Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer/innen der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, sowie die ihn ergänzenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wurde ausdrücklich auf die Folgen von Alkohol- und Drogenkonsum während der Ausübung der Tätigkeit hingewiesen. Der Arbeitnehmer darf weder alkoholisiert noch unter Drogen stehend zur Arbeit erscheinen noch während der Arbeitszeit und der Pausen alkoholische Getränke oder Drogen zu sich nehmen.
        
Ein Verstoß gegen diese Regelung kann arbeitsrechtliche Schritte bis zur fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages durch die BRG zur Folge haben.
        
…“   
3

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses war der Kläger als Sicherungsposten(Sipo) /Sicherungsaufsichtskraft (Sakra) eingesetzt und erhielt zuletzt eine monatliche Grundvergütung von 1.420,00 Euro brutto. Wegen Drogenabhängigkeit unterzog er sich vom 25. September 2003 bis zum 28. Januar 2004 einer stationären Entwöhnungsbehandlung und war anschließend - mit Ausnahme eines Einsatzes als Bahnübergangsposten (Büp) vom 15. bis zum 17. Juni 2004 - arbeitsunfähig krankgeschrieben bis zum 24. Januar 2005. Danach hat der Kläger mit eigenen und Schreiben verschiedener Rechtsanwälte der Beklagten mehrfach seine Arbeitsleistung angeboten, ab dem 16. Dezember 2005 auch unter Bezugnahme auf eine Einsatzmöglichkeit im Bereich Vegetationsarbeiten. Seine Beschäftigung lehnte die Beklagte wegen fehlender Bahndiensttauglichkeit ab.

4

Mit seiner am 7. Februar 2007 erhobenen Klage hat der Kläger Vergütung für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 1.420,00 Euro brutto monatlich aus den Rechtsgründen des Annahmeverzugs und des Schadensersatzes geltend gemacht und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit sei nicht auf eine solche als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten beschränkt. Wenn er diese Arbeiten nicht mehr verrichten könne, sei die Beklagte verpflichtet, ihn in der Vegetation einzusetzen. Er hat vorgetragen, bei einer Untersuchung durch den Bahnarzt Dr. S am 23. Dezember 2005 habe dieser auf Befragen des Betriebsratsvorsitzenden erklärt, der Kläger sei für Vegetationsarbeiten tauglich. Dabei sei auch eine körperliche Untersuchung erfolgt, die ergeben habe, dass keinerlei gesundheitliche Bedenken gegen eine Beschäftigung als Vegetationsarbeiter bestünden. Im Jahr 2005 habe die Beklagte mehrere Arbeitsplätze in der Vegetation mit Neueinstellungen besetzt. Zumindest könne er die Tätigkeiten der dort als Landschaftspfleger beschäftigten Arbeitnehmer M und P R übernehmen, denen die Beklagte per Direktionsrecht eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft zuweisen dürfe.

5

Der Kläger hat beantragt,


        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.990,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.
6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, der Kläger sei weder fachlich noch aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage, Vegetationsarbeiten zu verrichten. Zudem sei in der fraglichen Zeit in der Vegetation ein Arbeitsplatz nicht frei gewesen, zu einem Austausch des Klägers insbesondere mit den Arbeitnehmern R habe keine Verpflichtung bestanden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet.

9

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klage für den Zeitraum 25. Januar bis 31. Dezember 2005 unbegründet ist. Insoweit war die Revision zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

10

Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 begründet ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Der Kläger hat für die Zeit vom 25. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2006 keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung gem. § 615 Satz 1 in Verb. mit § 611 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich während des streitigen Klagezeitraums nicht im Annahmeverzug.

12

1. Das Angebot der Erbringung der vor dem streitigen Klagezeitraum ausgeübten Tätigkeiten als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, § 297 BGB. Danach kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts war der Kläger im streitigen Klagezeitraum aus in seiner Person liegenden Gründen nicht in der Lage, eine Tätigkeit als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten zu verrichten.

13

2. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, weil es nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung betraf, § 294 BGB.

14

a) Nach dieser Vorschrift setzt der Annahmeverzug des Arbeitgebers voraus, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung so anbietet, wie sie zu bewirken ist. Die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung ist(nur dann) identisch mit der arbeitsvertraglich vereinbarten, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag konkret bestimmt ist. Ist dagegen - wie hier - die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(ganz herrschende Meinung, vgl. nur ErfK/Preis 10. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11). Erst die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung.

15

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Kläger vor dem streitigen Klagezeitraum ausschließlich als Sicherungsposten/Sicherungsaufsichtskraft und nach seiner Entwöhnungsbehandlung drei Tage als Bahnübergangsposten eingesetzt war. Durch die Zuweisung dieser Tätigkeiten hat die Beklagte den Inhalt der Arbeitsleistung gem. § 106 Satz 1 GewO näher bestimmt. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation betraf deshalb - unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen für ein wirksames, den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzendes Angebot - nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung.

16

b) Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet(Senat 30. April 2008 - 5 AZR 502/07 - Rn. 24, BAGE 126, 316). Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung (so schon BAG 27. April 1960 - 4 AZR 584/58 - AP BGB § 615 Nr. 10).

17

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 296 BGB. Die Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers besteht darin, dem Arbeitnehmer überhaupt die Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen, den Arbeitsablauf fortlaufend zu planen und die Arbeitsmittel bereitzustellen(vgl. ErfK/Preis § 615 BGB Rn. 40; MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 615 Rn. 22). Aus § 296 BGB lässt sich aber keine Verpflichtung des Arbeitgebers herleiten, die von ihm wirksam konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen. Davon zu trennen ist die Frage, ob die vom Arbeitgeber unterlassene Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadensersatz begründen kann (dazu unter II).

18

c) Allerdings hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. November 2006(- 5 AZR 51/06 - Rn. 16, AP BGB § 615 Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 17) ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse. Dem lag aber der Fall einer Lehrerin zugrunde, deren Tätigkeit im Arbeitsvertrag mit „Lehrer im Angestelltenverhältnis“ umschrieben war und die vom Arbeitgeber zunächst als Sportlehrerin eingesetzt wurde, später neben Sport auch die Fächer Textilgestaltung und Kunst unterrichtete und zuletzt ausschließlich Unterricht in diesen Fächern erteilte. Damit hatte der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebene Tätigkeit zuletzt gem. § 106 Satz 1 GewO auf Unterricht in den Fächern Textilgestaltung und Kunst konkretisiert. Der Verlust der Eignung für eine Tätigkeit als Sportlehrerin war deshalb für die Leistungsfähigkeit (§ 297 BGB) ohne Belang.

19

In seiner Entscheidung vom 27. August 2008(- 5 AZR 16/08 - Rn. 13, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26)hat der Senat zwar angenommen, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse, zugleich aber betont, die Konkretisierung der Arbeitspflicht nach § 106 Satz 1 GewO sei Sache des Arbeitgebers.

20

Soweit die letztgenannte Entscheidung dahingehend verstanden werden könnte, das Angebot einer anderen als der vom Arbeitgeber nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmten Leistung könne den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzen, hält der Senat daran nicht fest.

21

d) Dem steht die Rechtsprechung des Sechsten und Neunten Senats nicht entgegen.

22

Der Sechste Senat hat in seiner Entscheidung vom 13. August 2009(- 6 AZR 330/08 - Rn. 15, AP BGB § 241 Nr. 4) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Fünften Senats ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers schließe den Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht aus, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar sei, dem krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer leistungsgerechte und vertragsgemäße Arbeit zuzuweisen und er dies unterlasse. Der Entscheidung lag jedoch die besondere Fallkonstellation zugrunde, dass der klagende Arbeitnehmer tarifliche Ansprüche auf Umsetzung und Einkommenssicherung geltend machte. Die Ausführungen zum Annahmeverzug bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit waren nicht tragend.

23

Der Neunte Senat hat im Falle eines schwerbehinderten Arbeitnehmers erkannt, dessen Einschränkung der Leistungsfähigkeit aufgrund der Behinderung stehe dem Annahmeverzug des Arbeitgebers bei unbilliger Ausübung des Direktionsrechts nicht entgegen(4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 14, BAGE 116, 121). Bei beschränkter Leistungsfähigkeit aufgrund einer Behinderung sei der Arbeitgeber nach § 106 Satz 3 GewO verpflichtet, im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Ob dem zu folgen ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, denn der Kläger ist nicht behindert iSd. Gesetzes.

24

II. Es kommt ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Vergütung in Betracht.

25

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn die Beklagte schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB dadurch verletzt hätte, dass sie dem Kläger nicht durch Neuausübung ihres Direktionsrechts einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

26

a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks(BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 31, AP BGB § 241 Nr. 4; vgl. auch MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 241 Rn. 60, 63).

27

b) Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinen bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz, sondern auch einer Beschäftigung an anderer Stelle entgegensteht(st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 34 mwN, NZA 2010, 628).

28

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist.

29

bb) Zumutbar ist dem Arbeitgeber die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn dem keine betrieblichen Gründe, zu denen auch wirtschaftliche Erwägungen zählen können, oder die Rücksichtnahmepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern entgegenstehen.

30

Betriebliche Gründe werden in der Regel der Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit nicht entgegenstehen, wenn ein entsprechender Arbeitsplatz frei ist und der Arbeitgeber Bedarf für die Tätigkeit hat.

31

Ist ein entsprechender Arbeitsplatz nicht frei, kann also die Zuweisung einer anderen Tätigkeit nur durch den Austausch mit anderen Arbeitnehmern erfolgen, ist weiter zu prüfen, ob einer Umsetzung neben betrieblichen Gründen die dem Arbeitgeber gegenüber allen Arbeitnehmern obliegende Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB entgegensteht. Letzteres ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, der den anderweitigen Arbeitsplatz inne hat, nicht im Wege des Direktionsrechts eine andere Tätigkeit zuweisen kann oder die Neuausübung des Direktionsrechts diesem Arbeitnehmer gegenüber nicht billigem Ermessen entsprechen würde. Unzumutbar ist ein Austausch ferner dann, wenn der auszutauschende Arbeitnehmer einem Arbeitsplatzwechsel seine Zustimmung verweigert und der Arbeitgeber Gefahr liefe, bei Ausübung seines Direktionsrechts einem Prozess über die Wirksamkeit der Maßnahme ausgesetzt zu sein. Die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verlangt vom Arbeitgeber nicht, die Belange eines Arbeitnehmers unter Hintanstellung eigener Belange oder solcher anderer Arbeitnehmer durchzusetzen. Der Arbeitgeber braucht deshalb das Risiko, dass ein „zwangsweise“ ausgetauschter Arbeitnehmer die Wirksamkeit der(Neu-)Ausübung des Direktionsrechts gerichtlich überprüfen lässt, nicht einzugehen.

32

cc) Rechtlich möglich ist die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn ihr keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Insbesondere kann die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten, sich betriebsverfassungswidrig zu verhalten. Stimmt der Betriebsrat den mit einem Austausch von Arbeitnehmern verbundenen Versetzungen(§ 95 Abs. 3 BetrVG) nicht gem. § 99 Abs. 1 BetrVG zu, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem seine bisherige Tätigkeit nicht mehr verrichten könnenden Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Ebenso wenig verlangt die Rücksichtnahmepflicht vom Arbeitgeber, ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen(zur krankheitsbedingten Kündigung im Ergebnis ebenso BAG 29. Januar 1997 - 2 AZR 9/96 - BAGE 85, 107).

33

2. Nach diesen Grundsätzen kommt ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen entgangener Vergütung in Betracht, allerdings erst für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006.

34

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger erstmals mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 auf seinen möglichen Einsatz mit Vegetationsarbeiten Bezug genommen und damit frühestens zu diesem Zeitpunkt die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt. Selbst wenn die Beklagte im Anschluss daran verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger eine Tätigkeit im Bereich Landschaftspflege zuzuweisen, muss der Beklagten eine gewisse Zeit zur Prüfung, insbesondere der dem Verlangen des Klägers möglicherweise entgegenstehenden eigenen Belange oder von Belangen anderer Arbeitnehmer zugestanden werden. Unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Zustimmung des Betriebsrats und dessen Stellungnahmefrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG kommt deshalb ein Verschulden der Beklagten vor dem 1. Januar 2006 nicht in Betracht. Insoweit war die Revision des Klägers zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

35

b) Für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 kann der Senat auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und - im Umfang der Aufhebung - zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

36

aa) Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger für Arbeiten im Bereich der Landschaftspflege überhaupt fachlich und gesundheitlich geeignet war und ist. Feststellungen dazu hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.

37

bb) Im Rahmen des Direktionsrechts können - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - selbst bei einer Versetzungsklausel nur gleichwertige Tätigkeiten zugewiesen werden. Die Gleichwertigkeit orientiert sich bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems in der Regel an diesem System. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer keine niedriger zu bewertende Tätigkeit im Wege des Direktionsrechts zuweisen, selbst wenn er die höhere Vergütung, die der bisherigen Tätigkeit entspricht, weiterzahlen würde(BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 26, AP BGB § 241 Nr. 4; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Eine höherwertige Tätigkeit muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht zuweisen, weil sie einer Beförderung gleichkäme, auf die kein Anspruch besteht (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 23, BAGE 127, 353; 31. Oktober 1985 - 6 AZR 129/83 - zu II 1 der Gründe, AP BPersVG § 46 Nr. 5, jeweils mwN) und zu der auch die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten kann. In Betracht kommt deshalb als anderweitige (leidensgerechte) Tätigkeit des Klägers nur die eines Landschaftspflegers. Diese ist tariflich derselben Entgeltgruppe zugeordnet wie die vom Kläger früher ausgeübte Tätigkeit eines Sicherungspostens bzw. einer Sicherungsaufsichtskraft. Dagegen wird die Tätigkeit eines Landschaftspflegehelfers tariflich niedriger, die eines Landschaftstechnikers tariflich höher bewertet.

38

cc) Ein Arbeitsplatz als Landschaftspfleger war im Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht frei. Ein Austausch des Klägers mit dem ausschließlich als Landschaftspfleger tätigen Arbeitnehmer R wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn die Zuweisung der bisherigen Tätigkeit des Klägers an den Arbeitnehmer R möglich, dieser insbesondere für die Tätigkeit geeignet gewesen wäre, die Zuweisung billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 GewO entsprochen und der Arbeitnehmer R den Arbeitsplatzwechsel hingenommen hätte. Dazu fehlt es bislang an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Einen Austausch des Klägers mit dem zweiten Arbeitnehmer gleichen Namens, der nicht ausschließlich als Landschaftspfleger, sondern nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund seiner Kenntnisse im EDV-Bereich auch im Innendienst mit vorbereitender Fakturierung, Angebotserstellung, Auswertung der Einsatzwechseltätigkeit und Bedarfsanforderung eingesetzt wird, brauchte die Beklagte nicht in Betracht zu ziehen. Der Kläger hat weder eine Tätigkeit im Innendienst verlangt noch dargetan, dass er fachlich in der Lage wäre, diese(Teil-) Aufgaben dieses Arbeitnehmers zu übernehmen.

39

dd) Ob betriebliche Gründe einem Austausch entgegenstanden, kann anhand der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenso wenig abschließend geprüft werden, wie die Frage, ob und ab welchem Zeitpunkt ein Unterlassen des Austausches schuldhaft gewesen wäre. Allein die Erfordernisse einer bahnärztlichen Untersuchung des Arbeitnehmers R auf dessen Eignung für eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft und einer vom Landesarbeitsgericht nicht näher konkretisierten „kurzfristigen Qualifizierung“ reichen nicht aus, die einem Austausch entgegenstehenden betrieblichen Gründe anzunehmen.

40

ee) Nicht aufgeklärt ist, ob die Beklagte den Betriebsrat beteiligt hat. Sollte sie im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2006 beim Betriebsrat nicht die Zustimmung zu einer Versetzung des Klägers und des Arbeitnehmers R nach § 99 Abs. 1 BetrVG beantragt haben, obwohl sie zu einem Austausch der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen wäre, könnte sich die Beklagte im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nicht auf die fehlende Zustimmung des Betriebsrats berufen.

41

ff) Bejaht das Landesarbeitsgericht einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach, wird es aufzuklären haben, ob dem Kläger bei der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) vorzuwerfen ist. Das könnte der Fall sein, wenn ihn an dem Unvermögen, die bisherige Tätigkeit auszuüben, ein Verschulden trifft (vgl. zur kündigungsrechtlichen Berücksichtigung des Verschuldens eines Arbeitnehmers an der Unmöglichkeit, ihn mit seinen bisherigen Aufgaben weiter zu betrauen BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 38, NZA 2010, 628).


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Rolf Steinmann    

        

    Ilgenfritz-Donné    
                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. November 2013 - 3 Sa 423/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung für den Zeitraum 1. Februar 2006 bis 31. Juli 2013.

2

Der im Jahr 1959 geborene Kläger wurde von der Beklagten auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 4. Januar 1990 als „vollzeitbeschäftigter Angestellter“ eingestellt und zunächst „in Vergütungsgruppe Vb BAT“ eingruppiert. Er war seit Januar 1990 im Bundesamt für Verfassungsschutz (im Folgenden BfV) in K als „fremdsprachlicher Vorauswerter“ für den russischen Sprachraum tätig und mit der Vorauswertung von Informationsmaterial befasst, das bei Telefonüberwachungsmaßnahmen anfiel. Seit 1996 setzte ihn die Beklagte zusätzlich - auch auf Auslandsdienstreisen des Amtsleiters des BfV - als Dolmetscher für Russisch ein. Er wurde zuletzt nach Entgeltgruppe 11 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (Bund und Kommunen; im Folgenden TVöD) vergütet.

3

Bei Dienstantritt wurde dem Kläger eine Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen (im Folgenden VS-Ermächtigung) gemäß dem Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (SÜG) erteilt, die für jede Tätigkeit beim BfV erforderlich ist.

4

Im August 2002 erhielt das BfV Kenntnis über laufende Ermittlungen gegen eine Tätergruppe aus dem Bereich der russischen organisierten Kriminalität wegen Geldwäsche, schweren Menschenhandels, bandenmäßig betriebener illegaler Einschleusung von Ausländern in die Bundesrepublik und Urkundenfälschung. Als einer der Hauptverdächtigen galt der Schwager des Klägers. Dieser war bereits wegen einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Haftstrafe verurteilt worden, hatte sich dem Vollzug der Haft jedoch durch Flucht in das osteuropäische Ausland entzogen. Nachdem bekannt geworden war, dass der Kläger Kontakt zu seinem Schwager hielt, stellte ihn die Beklagte am 3. Dezember 2002 unter Fortzahlung seiner Vergütung von der Arbeitsleistung frei. Am 11. August 2003 hob der Geheimschutzbeauftragte die VS-Ermächtigung des Klägers mit sofortiger Wirkung auf. Die vom Kläger hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Den Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, lehnte das OVG Münster ab.

5

Mit Schreiben vom 30. Januar 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Auf die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde. Den Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers wies das Arbeitsgericht ab. Das Landesarbeitsgericht Köln wies die Berufung des Klägers zurück. Seine Nichtzulassungsbeschwerde blieb erfolglos.

6

Am 25. September 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. März 2007. Die Kündigungsschutzklage des Klägers wies das Arbeitsgericht ab. Das Landesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung. Auf die Revision des Klägers hob das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts mit Urteil vom 26. November 2009 (- 2 AZR 272/08 - BAGE 132, 299) auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück. Im erneuten Berufungsverfahren stellte das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 17. Januar 2012 (- 12 Sa 1502/10 -) fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 25. September 2006 nicht aufgelöst worden sei, und verurteilte die Beklagte, „den Kläger über den 31.03.2007 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag als Angestellten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen“. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wurde vom Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 23. August 2012 (- 8 AZN 722/12 -), der Beklagten zugestellt am 7. September 2012, zurückgewiesen.

7

Zum 1. August 2013 ordnete die Beklagte den Kläger zur Bundespolizeiabteilung S ab. Die Vergütung des Klägers trägt weiterhin das BfV.

8

Mit der vorliegenden am 22. Dezember 2010 eingereichten, mehrfach erweiterten Klage begehrt der Kläger Vergütung wegen Annahmeverzugs, hilfsweise als Schadensersatz für den Zeitraum Februar 2006 bis Juli 2013. Er hat geltend gemacht, die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit sei nicht auf eine solche beim BfV beschränkt. § 4 Abs. 1 TVöD enthalte eine umfassende Versetzungsklausel. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihm eine in Ausübung ihres Direktionsrechts neu zu bestimmende Tätigkeit zuzuweisen. Ihr Festhalten an der bisherigen Weisung habe nicht billigem Ermessen entsprochen. Die Beklagte habe ihre vertraglichen Rücksichtnahmepflichten verletzt, indem sie es unterlassen habe, ihm eine andere Beschäftigung zuzuweisen. Er habe deshalb jedenfalls einen Anspruch auf Schadensersatz. Mit Erhebung der Kündigungsschutzklagen und seinem Weiterbeschäftigungsbegehren habe er seine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, bei der Beklagten weiterzuarbeiten und jede beliebige andere Tätigkeit übernehmen zu wollen. Das Bundesamt für Güterverkehr (BfG) habe mit der Einführung der LKW-Maut Mitarbeiter, zB „Mautkontrolleure“ gesucht. Beschäftigungsmöglichkeiten hätten auch bei anderen Bundesbehörden in Nordrhein-Westfalen und im Bereich der gesamten Gebietskörperschaft der Beklagten und bei der Deutschen Bundesbank bestanden. Auf eine fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit könne sich die Beklagte aufgrund der im vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren getroffenen Feststellungen nicht berufen. Die rechtskräftige Verurteilung der Beklagten, ihn weiter zu beschäftigen, habe präjudizielle Wirkung. Die Beklagte trage die Darlegungslast für das Nichtbestehen einer Beschäftigungsmöglichkeit in sämtlichen Geschäftsbereichen ihres territorialen Einflussbereichs. Es sei ihr zumutbar gewesen, zur Ermittlung freier Stellen auf die für Jedermann einsehbaren Stellenbörsen zurückzugreifen. Der bloßen Behauptung, es gebe bei keiner Behörde eine freie Stelle, für die er über die erforderlichen Qualifikationen verfüge, habe er nicht im Einzelnen entgegentreten können.

9

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 391.518,87 Euro brutto abzüglich Zwischenverdienstes iHv. 82.230,04 Euro brutto und abzüglich der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit iHv. 75.015,08 Euro nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kläger habe aufgrund des Entzugs der VS-Ermächtigung nicht mehr beschäftigt werden können. Eine Möglichkeit, ihn außerhalb des BfV anderweitig zu beschäftigen, habe, wie Anfragen bei anderen Behörden ergeben hätten, mangels freier, der Qualifikation des Klägers entsprechender Stellen nicht bestanden. Die Stellen von „Mautkontrolleuren“ beim Bundesamt für Güterverkehr seien vor dem Streitzeitraum mit Einführung der LKW-Maut „aus Personalüberhängen der Post und Bahn“ besetzt worden. Selbst bei Annahme einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit könne ihr ein Verschulden frühestens ab dem 23. August 2012 zur Last gelegt werden, weil zunächst beide Tatsacheninstanzen ihre Rechtsauffassung, das Arbeitsverhältnis sei wirksam gekündigt, bestätigt hätten. Etwaige Ansprüche des Klägers für das Jahr 2006 seien insgesamt, für die Jahre 2007 und 2008 zum Teil verjährt.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und die Klage im Übrigen insgesamt abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten für den streitbefangenen Zeitraum keine Vergütung wegen Annahmeverzugs oder als Schadensersatz wegen Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten verlangen. Die Anspruchsvoraussetzungen sind nicht erfüllt. Auf die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung kommt es deshalb nicht an.

13

A. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 BGB ist nicht gegeben.

14

I. Unbeschadet der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu bewirken, § 297 BGB.

15

1. Die Leistungsfähigkeit ist eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss. Grundsätzlich hat bei Streit über die Leistungsfähigkeit der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung außer Stande war (vgl. BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 17).

16

2. Der Kläger war im Streitzeitraum außerstande, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

17

Für die bis Dezember 2002 ausgeübte Tätigkeit fehlte ihm, nach Entzug der für jede Tätigkeit beim BfV entsprechend den Bestimmungen des SÜG zwingend erforderlichen VS-Ermächtigung, im gesamten Streitzeitraum die subjektive Leistungsfähigkeit (vgl. zum Entzug der kanonischen Beauftragung BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 67).

18

II. Die vom Kläger bekundete Bereitschaft, jede andere ggf. auch geringer vergütete Tätigkeit als Angestellter im gesamten Bundesgebiet auszuüben, konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, weil sie nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung betraf, § 294 BGB.

19

1. Ist die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 16, BAGE 134, 296). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 21, BAGE 141, 34). Kann der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer anderen Tätigkeit ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist Sache des Arbeitgebers (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 16, aaO).

20

2. Der Kläger war vor dem Streitzeitraum ausschließlich beim BfV und dort als fremdsprachlicher Vorauswerter für den russischen Sprachraum und Dolmetscher für Russisch eingesetzt. Durch die Zuweisung dieser Tätigkeiten hat die Beklagte den Inhalt der Arbeitsleistung gem. § 106 Satz 1 GewO näher bestimmt. Die Wirksamkeit der Weisung steht zwischen den Parteien außer Streit. Das Angebot einer anderen Tätigkeit betraf deshalb nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung.

21

B. Dem Kläger steht auch kein Schadensersatz wegen entgangener Vergütung infolge einer Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten durch die Beklagte zu.

22

I. Ob das Landesarbeitsgericht an einer Entscheidung über den vom Kläger - erstmals im Berufungsverfahren - geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten durch unterlassene Zuweisung einer anderweitigen Beschäftigung gehindert war, ist einer Überprüfung in der Revision entzogen.

23

1. Das Arbeitsgericht hat, indem es mit der Abweisung eines erstinstanzlich nicht geltend gemachten Schadensersatzanspruchs über den vom Kläger in das Verfahren eingeführten Streitgegenstand hinausgegangen ist, gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Danach ist ein Gericht nicht befugt, abschlägig über einen Antrag zu entscheiden, den die Partei nicht gestellt hat. Ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten(vgl. BAG 28. Februar 2006 - 1 AZR 460/04 - Rn. 10, BAGE 117, 137). Die arbeitsgerichtliche Entscheidung über diesen Anspruch ist gegenstandslos.

24

2. Allerdings hat der Kläger die Klage mit der Berufungsbegründung erweitert, indem er das Klagebegehren hilfsweise auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten gestützt hat. Das Landesarbeitsgericht hat über diesen Streitgegenstand sachlich entschieden und damit die Voraussetzungen einer Klageänderung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG stillschweigend bejaht. Die Zulässigkeit der Klageänderung ist in der Revisionsinstanz in entsprechender Anwendung von § 268 ZPO nicht mehr zu prüfen(vgl. BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 111/09 - Rn. 22; 9. Dezember 2014 - 1 AZR 146/13 - Rn. 24).

25

II. Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben. Die Beklagte hat, indem sie dem Kläger keine andere Tätigkeit zuwies, nicht schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt.

26

1. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird(BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 26, 27, BAGE 134, 296; 15. Oktober 2013 - 1 ABR 25/12 - Rn. 24). Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 28 ff., aaO).

27

2. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der Beklagten innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens eine Beschäftigung möglich gewesen wäre und er eine solche von der Beklagten verlangt hätte.

28

a) Der Kläger ist nach allgemeinen Regeln für die den Schadensersatzanspruch begründenden Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 49, BAGE 142, 188). Abweichende Beweislastregeln greifen zu seinen Gunsten nicht ein.

29

Entgegen der Ansicht des Klägers gelten im Schadensersatzprozess nicht die Grundsätze der Darlegungslast für den Nachweis der Wirksamkeit einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung. Der Anwendungsbereich der speziellen Beweislastregel des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, der zu Folge der Arbeitgeber das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit als Teil des Kündigungsgrundes darzulegen und bei erheblichem Bestreiten zu beweisen hat, ist auf den Kündigungsschutzprozess beschränkt. Ebenso wenig können die im Kündigungsschutzprozess für die Prüfung der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers geltenden Grundsätze der Darlegungslast herangezogen werden. Die prozessualen Anforderungen an den Umfang der Darlegungen des Arbeitgebers entsprechen hier den hohen materiell-rechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB(vgl. BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 21; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 41; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 36, BAGE 145, 265).

30

b) Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast.

31

aa) Kann die darlegungspflichtige Partei, obwohl sie alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, ihrer primären Darlegungslast nicht nachkommen, weil sie außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, genügt nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast das einfache Bestreiten des Gegners der primär darlegungspflichtigen Partei nicht, wenn er die wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind. Hier kann von ihm das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 53, BAGE 133, 265; 18. September 2014 - 6 AZR 145/13 - Rn. 29).

32

bb) Einer weitergehenden sekundären Darlegungslast der Beklagten steht vorliegend bereits entgegen, dass der Kläger seine Informationsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat. Dem Kläger war es nach eigenem Vortrag möglich, in die Stellenbörsen der Beklagten Einblick zu nehmen. Er hat nicht dargelegt, diese Möglichkeit ergebnislos genutzt zu haben. Der Kläger hätte zudem zumindest konkret angeben müssen, an welche Behörde bzw. welche Dienststelle er denkt, welche Art der Beschäftigung er meint, weshalb es ihm unter Berücksichtigung seiner Qualifikation möglich gewesen wäre, eine entsprechende Tätigkeit auszuüben, und weshalb bei Nichtvorhandensein freier Stellen ein Austausch mit anderen Arbeitnehmern im Wege der Umsetzung in Betracht gekommen wäre (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 28, BAGE 142, 36; 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 47). Erst dann wäre sein Vortrag für die Beklagte überhaupt weiter einlassungsfähig gewesen. Die Beklagte konnte sich deshalb darauf beschränken vorzutragen, die Anfragen bei Behörden wegen einer für den Kläger möglicherweise bestehenden Beschäftigungsmöglichkeit seien erfolglos geblieben, weil offene, der Qualifikation des Klägers entsprechende Stellen nicht zur Verfügung gestanden hätten.

33

3. Indem der Kläger lediglich pauschal behauptet hat, der Beklagten sei es angesichts der Vielzahl im gesamten Bundesgebiet in ihren Geschäftsbereichen beschäftigten Angestellten möglich gewesen, ihn anderweitig zu beschäftigen, hat er seiner Darlegungslast nicht genügt.

34

a) Soweit sich der Kläger auf die Möglichkeit einer Beschäftigung als „Mautkontrolleur“ beim BfG berufen hat, ist er dem Vortrag der Beklagten, die Stellen seien vor dem Streitzeitraum mit Einführung der LKW-Maut „aus Personalüberhängen der Post und Bahn“ besetzt worden, nicht entgegengetreten, so dass dieser gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Der Kläger hat nicht behauptet, eine Umsetzung der dort beschäftigten Arbeitnehmer im Austausch mit ihm sei möglich gewesen. Seinem Vortrag ist zudem mangels Angaben zur auszuübenden Tätigkeit nicht zu entnehmen, ob es sich um eine vertragsgerechte oder vertragsfremde Beschäftigung gehandelt hätte. Eine Verpflichtung zu einer vertragsfremden Beschäftigung begründet das Gebot der Rücksichtnahme nicht (BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 26, 27, BAGE 134, 296; 15. Oktober 2013 - 1 ABR 25/12 - Rn. 24).

35

b) Der Vortrag des Klägers, seine Beschäftigung sei der Beklagten in den in der Revisionsbegründung genannten Geschäftsbereichen möglich gewesen, ist unsubstantiiert. Der Kläger hat lediglich einzelne Geschäftsbereiche benannt. Er hat jedoch nicht dargelegt, mit welchen Aufgaben er in den von ihm genannten Bereichen vertragsgerecht hätte beschäftigt werden können und wann er im Streitzeitraum von der Beklagten eine entsprechende Beschäftigung verlangt hätte. Nicht entscheidungserheblich ist deshalb, dass neuer Tatsachenvortrag in der Revision zudem nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unbeachtlich ist(vgl. BAG 22. Mai 2012 - 1 AZR 94/11 - Rn. 25).

36

4. Weiterer Sachvortrag des Klägers war auch nicht im Hinblick auf das der Kündigungsschutzklage stattgebende Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. Januar 2012 (- 12 Sa 1502/10 -) entbehrlich. Die Entscheidung hat hinsichtlich der Möglichkeit, den Kläger im Streitzeitraum zu beschäftigen, keine präjudizielle Wirkung.

37

a) Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen werden nur dann iSv. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt, wenn sie selbst Streitgegenstand waren. Es genügt nicht, dass über sie als bloße Vorfragen zu entscheiden war (vgl. BGH 21. April 2010 - VIII ZR 6/09 - Rn. 9; 7. Juli 1993 - VIII ZR 103/92 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 123, 137; Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. vor § 322 Rn. 34; Musielak/Voit/Musielak ZPO 12. Aufl. § 322 Rn. 17). Einzelne Begründungselemente nehmen grundsätzlich nicht an der materiellen Rechtskraft teil (vgl. BAG 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 27; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 16, BAGE 135, 239; 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 23; BGH 26. Juni 2003 - I ZR 269/00 - zu II 1 a der Gründe).

38

b) Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers bei der Beklagten nicht festgestellt, sondern lediglich eine non-liquet-Entscheidung getroffen.

39

5. Auch indem das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 17. Januar 2012 (- 12 Sa 1502/10 -) dem Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers entsprochen hat, ist für das vorliegende Verfahren eine Möglichkeit und Verpflichtung der Beklagten, den Kläger im Streitzeitraum zu beschäftigen, nicht bindend festgestellt.

40

a) Der Umfang der materiellen Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO ist aus dem Urteil und den dazu ergangenen Gründen zu bestimmen(BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 29). Der Titel muss aus sich heraus einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt haben (vgl. BAG 31. Mai 2012 - 3 AZB 29/12 - Rn. 15). Das Erfordernis der - von Amts wegen zu prüfenden - Bestimmtheit des Urteilsausspruchs dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Der Umfang der materiellen Rechtskraft iSv. § 322 Abs. 1 ZPO und damit die Entscheidungswirkungen müssen festgestellt werden können(vgl. BAG 15. Oktober 2013 - 9 AZR 564/12 - Rn. 23). Andernfalls würden Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden, dessen Aufgabe es nicht ist zu klären, worin die festgelegte Verpflichtung des Schuldners besteht (BAG 28. Februar 2003 - 1 AZB 53/02 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 105, 195; 31. Mai 2012 - 3 AZB 29/12 - Rn. 15).

41

b) Die vom Landesarbeitsgericht Köln mit der Entscheidung vom 17. Januar 2012 (- 12 Sa 1502/10 -) in Ziffer 1b des Tenors ausgeurteilte Verpflichtung der Beklagten entfaltet keine Bindungswirkung. Der Weiterbeschäftigungsausspruch ist der Rechtskraft nicht fähig. Er ist nicht hinreichend bestimmt.

42

aa) Der Entscheidung ist schon nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen, ab welchem Zeitpunkt eine Verpflichtung der Beklagten bestehen soll. Das Landesarbeitsgericht tenorierte, der Kläger sei „über den 31.03.2007 hinaus“ bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen. Dies umfasste die Verurteilung der Beklagten zu einer von vornherein unmöglichen Beschäftigung des Klägers vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung am 17. Januar 2012 auch in der Vergangenheit ab dem 1. April 2007. Im Widerspruch hierzu stehen die Entscheidungsgründe des Urteils. Das Landesarbeitsgericht nimmt darin auf die in der Entscheidung des Großen Senats vom 27. Februar 1985 (- GS 1/84 - BAGE 48, 122) aufgestellten Grundsätze Bezug. Danach ist Voraussetzung für eine dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgebende Entscheidung ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Instanzurteil (vgl. BAG GS 27. Februar 1985 - GS 1/84 - zu C II 3 c der Gründe, aaO). Eine der Kündigungsschutzklage stattgebende Entscheidung war jedoch vor dem 17. Januar 2012 nicht ergangen. Die Entscheidungsgründe sind mit dem Tenor nicht in Einklang zu bringen. Der Umfang der materiellen Rechtskraft iSv. § 322 Abs. 1 ZPO lässt sich damit schon in zeitlicher Hinsicht nicht ermitteln.

43

bb) Ebenso wenig lässt sich der Inhalt der ausgeurteilten Beschäftigungspflicht mit der erforderlichen Bestimmtheit feststellen.

44

(1) Bei der Titulierung des dem Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen während des Laufs eines Kündigungsschutzprozesses zustehenden Anspruchs auf Weiterbeschäftigung (vgl. BAG GS 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122) muss der Vollstreckungstitel verdeutlichen, um welche Art von Beschäftigung es geht. Für den Schuldner muss aus rechtsstaatlichen Gründen erkennbar sein, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat (vgl. BAG 28. Februar 2003 - 1 AZB 53/02 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 105, 195). Andererseits erfordern das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes (BVerfG 12. Februar 1992 - 1 BvL 1/89 - zu C I der Gründe, BVerfGE 85, 337), dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv durchgesetzt werden können. Bei im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebener Arbeitspflicht kann der Titel aus materiell-rechtlichen Gründen nicht so genau sein, dass er auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Darauf hat der Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch, weil das Weisungsrecht nach § 106 GewO dem Arbeitgeber zusteht. Um diesen Gesichtspunkten gerecht zu werden, ist es jedenfalls erforderlich, dass die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Titel ersichtlich ist. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Titel demgegenüber nicht enthalten. Dafür reicht es aus, wenn sich aus dem Titel das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, ergibt oder diesem zu entnehmen ist, worin die ihm zuzuweisende Tätigkeit bestehen soll (BAG 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 - Rn. 19, BAGE 130, 195).

45

(2) Auch unter Berücksichtigung dieser Anforderungen an die Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungstitels erschließt sich der Inhalt einer Beschäftigungspflicht der Beklagten aus der Entscheidung nicht.

46

Die Art und Weise der von der Beklagten vorzunehmenden Beschäftigung des Klägers ergibt sich aus dem Titel nicht. Verwertbare Angaben zur Art seiner Beschäftigung sind ihm nicht zu entnehmen. Diese ergeben sich insbesondere nicht aus der Formulierung „gemäß Arbeitsvertrag“. Zwar kann eine Bezugnahme auf einen Arbeitsvertrag, vorausgesetzt dessen Inhalt lässt sich anhand des Tenors und der Entscheidungsgründe des Urteils eindeutig feststellen, für die Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungstitels ausreichen. Vorliegend enthält die Bezugnahme jedoch, indem sie mit dem Zusatz „zu unveränderten Arbeitsbedingungen“ verbunden ist, Einschränkungen, die zur Unbestimmtheit führen. Der Zusatz steht im Widerspruch zur Feststellung des Landesarbeitsgerichts, einer Tätigkeit des Klägers zu den bisherigen Bedingungen beim BfV, wie „im sicherheitsrelevanten Bereich“ insgesamt, stehe der Entzug der VS-Ermächtigung entgegen. Auf eine konkrete andere Beschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen nimmt die Entscheidung nicht Bezug. Der Inhalt der „unveränderten Arbeitsbedingungen“ ist der Entscheidung damit nicht einmal rahmenmäßig zu entnehmen. Zumal der Titel wörtlich genommen auf eine der Beklagten nach dem SÜG verbotene Handlung gerichtet ist.

47

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Dittrich     

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. August 2010 - 16 Sa 532/10, 16 Sa 637/10, 16 Sa 1405/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung sowie Schadensersatz nach § 717 Abs. 2 ZPO.

2

Der 1959 geborene Kläger, Diplom-Kaufmann mit Lehrbefähigung für die Unterrichtsfächer Sport und Wirtschaftslehre, ist seit Oktober 1998 beim beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Er unterrichtete zuletzt an der A-Oberschule im Bezirk C (im Folgenden: OSZ Sozialwesen). Zum 1. August 2006 setzte ihn das beklagte Land an das Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (OSZ St) um, das der Kläger erstmals am 22. oder 24. August 2006 aufsuchte. Dabei wurde er vom dortigen Schulleiter in die Räumlichkeiten und den Aufgabenbereich eingewiesen. Am 23. August 2006 und vom 25. August bis zum 29. September 2006 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank.

3

Am 25. August 2006 schrieb der Kläger an die zuständige Senatsverwaltung:

        

„Sehr geehrte Damen und Herren,

        

leider habe ich bis heute auf mein Schreiben vom 31. Juli 2006 an das Referat II D keine Antwort(en) erhalten.

        

Aber dies passt wiederum ins Bild. Diese Umsetzung ist ein Akt von Willkür.

        

…       

        

Ich betrachte das OSZ-Sozialwesen weiterhin als meine aktuelle Dienststelle.

        

(Unter Vorbehalt bin ich am OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung in St erschienen.)

        

Da ich anscheinend weiter der Willkür von Vorgesetzten ausgeliefert sein soll, widerspreche ich der Umsetzung ans OSZ St ausdrücklich.

        

Sollte die Umsetzung nicht bis 1. September rückgängig gemacht werden, müssen Sie damit rechnen, dass ich mich selbst vor der Willkür von Vorgesetzten schützen werde, indem ich am OSZ St keinen Unterricht mehr erteile und/oder den Vorgang gerichtlich überprüfen lassen werde.

        

Hochachtungsvoll

        

…“    

4

Nach den Herbstferien (2. bis 14. Oktober 2006) erschien der Kläger nicht im OSZ St. Ab dem 26. Oktober 2006 meldete er sich wiederum arbeitsunfähig krank.

5

Am 31. Oktober 2006 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung als Lehrer am OSZ Sozialwesen ein, den er in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2006 zurücknahm. Am 17. November 2006 erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der „Versetzung“ an das OSZ St, der das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 18. April 2007 - 96 Ca 20973/06 - stattgab. In der Berufungsverhandlung am 2. November 2007 nahm der Kläger nach dem gerichtlichen Hinweis, eine Entscheidung sei kein Präjudiz für einen Kündigungsschutzprozess, auf Vorschlag des Berufungsgerichts (- 13 Sa 1257/07 -) die Klage zurück. Zwischenzeitlich hatte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 6. Februar 2007 wegen Arbeitsverweigerung zum 30. Juni 2007 gekündigt. Die dagegen erhobene, mit einem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag verbundene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 12. März 2008 - 60 Ca 3331/07 - ab, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab ihr mit Urteil vom 26. November 2008 - 23 Sa 1175/08 - statt. Am 11. Dezember 2009 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.

6

Nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung und nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 9. August 2007 mit:

        

„Sehr geehrter Herr R,

        

aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts werden Sie mit Wirkung vom 1. August 2007 vom OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (Schul-Nr. 2) mit voller Stundenzahl, zurzeit 26 Wochenstunden, an die A-Oberschule im Bezirk C (Schul-Nr. 5) umgesetzt.

        

Bis zur Rechtskraft des Urteils ist dieser Bescheid vorläufig. Ein endgültiger Bescheid wird dann zu gegebener Zeit erlassen.“

7

Mit der vorliegenden, am 19. Juni 2009 eingereichten Klage hat der Kläger Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 2. Juli 2007 bis zum 10. Dezember 2008 unter Abzug bezogenen Arbeitslosengelds und erhaltener Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht und die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe sich aufgrund der unwirksamen Kündigung im streitbefangenen Zeitraum im Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines Arbeitsangebots bedurft hätte. Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage habe er zum Ausdruck gebracht, an dem Arbeitsverhältnis festhalten zu wollen und leistungswillig zu sein. Er hat behauptet, ab dem 2. Juli 2007 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 73.931,64 Euro brutto abzüglich 16.894,54 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag ab dem 2. Juli 2009 zu zahlen;

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung bis zum 1. Juli 2009 zu zahlen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, nicht in Annahmeverzug geraten zu sein, weil der Kläger bereits vor Ausspruch der Kündigung nicht willens gewesen sei, die ihm wirksam zugewiesene Tätigkeit am OSZ St zu verrichten.

10

In der Berufungsinstanz hat das beklagte Land widerklagend Schadensersatz wegen der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht und beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an das beklagte Land 53.106,26 Euro zuzüglich weiterer 2.719,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Ausnahme von Annahmeverzugsvergütung für den Monat Juli 2007 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des beklagten Landes die Klage insgesamt abgewiesen sowie der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Senat für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser seine zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht abgewiesen und der Widerklage nicht stattgegeben werden. Ob und ggf. für welchen Zeitraum der Kläger Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB hat, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

14

I. Dem Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung steht ein fehlendes Angebot des Klägers nicht entgegen. Nach einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs eines Angebots des Arbeitnehmers nicht (st. Rspr., zuletzt BAG 17. November 2011 - 5 AZR 564/10 - Rn. 13, NZA 2012, 260; 27. August 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26). Das beklagte Land hat den Kläger auch nicht - insbesondere nicht mit dem Schreiben vom 9. August 2007 - zur Wiederaufnahme der Arbeit unter unmissverständlicher Klarstellung, es habe zu Unrecht gekündigt, aufgefordert (vgl. dazu BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 27; 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - zu B I 1 b der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1; ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 67; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 60 - jeweils mwN).

15

II. Das beklagte Land hätte sich aber nicht im Annahmeverzug befunden, wenn der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig oder leistungswillig war, § 297 BGB.

16

1. Nach dieser Vorschrift kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Neben der (tatsächlichen oder rechtlichen) Leistungsfähigkeit umfasst § 297 BGB auch die nicht ausdrücklich genannte Leistungswilligkeit. Dies folgt daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die objektive Leistungsfähigkeit und der subjektive Leistungswille sind von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssen (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 15 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34).

17

2. Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande oder subjektiv nicht bereit war. Dies ergibt sich aus der Fassung des § 297 BGB(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34; vgl. auch ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 109; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 54 f.). Wendet der Arbeitgeber die fehlende Leistungsfähigkeit oder den fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es zunächst aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. Sodann ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig bzw. leistungsunwillig gewesen, als zugestanden. Andernfalls ist der Arbeitgeber für die die fehlende Leistungsfähigkeit bzw. den fehlenden Leistungswillen begründenden Tatsachen beweispflichtig.

18

3. Nach diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

19

a) Das beklagte Land hat behauptet, der Kläger sei auch über den Ablauf der Kündigungsfrist am 30. Juni 2007 hinaus weiter arbeitsunfähig und damit leistungsunfähig gewesen. Die Koinzidenz zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und dem behaupteten Ende der Arbeitsunfähigkeit nach einer mehrmonatigen Erkrankung, deren Beginn in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vom Kläger als „Akt der Willkür“ empfundenen Umsetzung stand, reicht zur Begründung der Indizwirkung aus (vgl. allg. zur Indizwirkung von Krankheitszeiten BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Weitergehender Vortrag war dem beklagten Land nicht möglich, weil ihm keine Erkenntnisse zur Erkrankung des Klägers vorliegen. Es ist Sache des Klägers, die Indizwirkung im weiteren Berufungsverfahren zu erschüttern. Lässt er sich zu seiner Erkrankung und deren Ausheilung gerade zum Ablauf der Kündigungsfrist - ggf. unter Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht - nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des beklagten Landes, der Kläger sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.

20

b) Ob der Kläger im Annahmeverzugszeitraum leistungswillig war, hängt davon ab, an welcher Schule er seine Tätigkeit - die Kündigung hinweggedacht - zu erbringen hatte. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Leistungswille des Klägers müsse sich auf eine Tätigkeit am OSZ St beziehen, wird durch die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend getragen.

21

aa) Nach § 297 BGB muss der Arbeitnehmer außer Stande sein, „die Leistung zu bewirken“. Für den Annahmeverzug ist damit ein auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit gerichteter Leistungswille erforderlich (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 115, 216). Ist die geschuldete Arbeitsleistung nur rahmenmäßig umschrieben (hier: „Lehrer“), obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 14, BAGE 134, 296; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 25a). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten.

22

bb) Ob das beklagte Land mit der Umsetzung des Klägers an das OSZ St zum 1. August 2006 ihr Direktionsrecht wirksam ausgeübt hat, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

23

(1) Aus dem Rechtsstreit über die Umsetzung kann dafür nichts hergeleitet werden. Wegen der Klagerücknahme im dortigen Verfahren ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen und das zu Gunsten des Klägers ergangene erstinstanzliche Urteil wirkungslos, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht ist zwar nach eigener Prüfung von der Wirksamkeit der Umsetzung an das OSZ St ausgegangen, seine bisherigen Feststellungen tragen diese Annahme jedoch nicht und lassen den Sachvortrag des Klägers dazu außer Betracht. Der unterstützende Hinweis auf das Berufungsurteil im Kündigungsschutzprozess ist schon deshalb unbehelflich, weil die 23. Kammer des Berufungsgerichts lediglich erkannt hat, die Kündigung wäre auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Kläger „vom Vortrag des beklagten Landes ausgehend“ wirksam umgesetzt worden sei. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach der Unwirksamkeit der Umsetzung wegen fehlender bzw. fehlerhafter Beteiligung des Personalrats nachzugehen haben. Erweist sich danach die Umsetzung als unwirksam, musste sich der Leistungswille des Klägers (nur) auf die zuvor zugewiesene Tätigkeit am OSZ Sozialwesen richten. Für das Fehlen eines derartigen Leistungswillens hat das beklagte Land keine Indiztatsachen vorgetragen.

24

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es allerdings für die Frage des (fehlenden) Leistungswillens unerheblich, ob die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St billigem Ermessen entsprach. Die unbillige Leistungsbestimmung ist nicht nichtig, sondern nur unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Entsteht Streit über die Verbindlichkeit, entscheidet nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Gericht. Deshalb darf sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts - sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist - nicht hinwegsetzen, sondern muss entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit (vgl. dazu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 18 mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17) ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung ua. des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil (etwa aufgrund einer Klage auf Beschäftigung mit der früheren Tätigkeit) die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststeht (vgl. zur Gestaltungswirkung des Urteils nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und der vorläufigen Bindung an die Leistungsbestimmung BAG 16. Dezember 1965 - 5 AZR 304/65 - zu 4 der Gründe, BAGE 18, 54; 28. Juli 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 32, AP BetrAVG § 16 Nr. 74 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 60; BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 22, BGHZ 167, 139; MünchKommBGB/Gottwald 5. Aufl. § 315 Rn. 45, 47 ff.; Erman/Hager 13. Aufl. § 315 BGB Rn. 22; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 315 BGB Rn. 16 f. - jeweils mwN; vgl. zur Verbindlichkeit einer Weisung und der möglichen Verpflichtung des Arbeitgebers, einzelne Weisungen wegen eines Gewissenskonflikts des Arbeitnehmers durch Neuausübung des Direktionsrechts zu verändern, BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 25, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 28).

25

cc) Stellt das Landesarbeitsgericht im weiteren Berufungsverfahren die Bindung des Klägers an die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St fest, musste sich sein Leistungswille darauf richten. Ein solcher Wille des Klägers ist nach den bisherigen Feststellungen nicht erkennbar.

26

(1) Der Kläger hatte mit seinem Schreiben vom 25. August 2006 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er am OSZ St keinen Unterricht erteilen werde, und diese Absicht auch in die Tat umgesetzt. Er ist der Arbeit am OSZ St nach Ende seiner Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 17. bis zum 25. Oktober 2006 unentschuldigt ferngeblieben, bevor er sich erneut krankmeldete. Dieses Verhalten begründet ein ausreichendes Indiz für den fehlenden Leistungswillen.

27

(2) Die Erhebung der Kündigungsschutzklage und auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag entkräften die Indizwirkung nicht. Der Leistungswille ist eine innere Tatsache. Der vor Ausspruch der Kündigung leistungsunwillige, die Arbeit verweigernde Arbeitnehmer muss deshalb einen wieder gefassten Leistungswillen nach außen gegenüber dem Arbeitgeber kundtun. Dazu reicht ein „Lippenbekenntnis“ nicht aus (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6). Vielmehr ist es regelmäßig erforderlich, den neu gewonnenen Leistungswillen im Rahmen des Zumutbaren durch ein tatsächliches Arbeitsangebot zu dokumentieren.

28

(3) Die Indizwirkung ist auch nicht durch das Schreiben des beklagten Landes vom 9. August 2007 dadurch entfallen, dass sich der Leistungswille des Klägers wieder auf eine Tätigkeit am OSZ Sozialwesen hätte richten dürfen. Die vorläufige (Rück-)Umsetzung an das OSZ Sozialwesen war lediglich der zwischenzeitlich ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung geschuldet, der das beklagte Land vorläufig nachkommen wollte. Eine Neuausübung des Direktionsrechts mit der Folge, dass die vom Kläger bei Hinwegdenken der Kündigung zu bewirkende Arbeitsleistung neu bestimmt worden wäre und er wieder am OSZ Sozialwesen unterrichten sollte, war damit nicht verbunden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers findet seine Grundlage und Rechtfertigung im bestehenden Arbeitsvertrag, seine Ausübung setzt einen solchen voraus. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich, steht ihm mit Ablauf der Kündigungsfrist ein Weisungsrecht nicht mehr zu. Er kann lediglich dem Arbeitnehmer eine Prozessbeschäftigung anbieten, aus deren Rechtsgrundlage ein auf die Prozessbeschäftigung bezogenes Direktionsrecht erwächst. Dass das beklagte Land mit dem Schreiben vom 9. August 2007 dem Kläger eine Prozessbeschäftigung nicht angeboten hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.

29

III. Sofern der Kläger Annahmeverzugsvergütung beanspruchen kann, stehen ihm auch für die Zeit bis zum 1. Juli 2009 Verzugszinsen entgegen dem bisherigen Antrag jeweils nur abzüglich der monatlich erhaltenen Sozialleistungen zu (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10).

30

IV. Die Entscheidung über die Widerklage ist abhängig vom Erfolg der Klage.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22.05.2013 - 1 Ca 1613/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche der Klägerin für den Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013.

2

Die 1961 geborene Klägerin absolvierte zunächst vom 25. August 1993 bis 1996 bei der Beklagten ihre Ausbildung zur Altenpflegerin und wurde sodann mit "Dienstvertrag" vom 10. Juli 1996 (Bl. 4, 5 d. A.) ab 01. August 1996 als "Altenpflegerin" eingestellt (§ 1 des Dienstvertrags der Parteien).

3

Ab dem 23. September 2010 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. In der Zeit vom 05. Januar bis 08. Februar 2011 unterzog sie sich in den H.-Kliniken in W. einer stationären Rehabilitationsmaßnahme, nach der sie als arbeitsunfähig entlassen wurde. Am 30. Juni 2011 fand ein Personalgespräch zwischen der Klägerin und der Personalleiterin der Beklagten, Frau C., statt. In diesem Gespräch teilte die Klägerin mit, dass sie zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht uneingeschränkt zur Erbringung ihrer Tätigkeit als Altenpflegerin in der Lage sei. Dabei wandte sich die Klägerin mit dem von ihrer Krankenkasse gemachten Vorschlag einer Fortbildung zur Sozial- und Pflegeberaterin an die Beklagte.

4

Mit folgendem Schreiben vom 10. August 2011 (Bl. 80 d. A.) sprach sich die Beklagte gegen eine von der Klägerin angestrebte Wiedereingliederungsmaßnahme aus:

5

"Erklärung des Arbeitgebers zur vorgeschlagenen Wiedereingliederung

6

Sehr geehrte Frau A.,

anliegend erhalten Sie die Durchschläge des Wiedereingliederungsplanes für die Krankenkasse und für Ihre Unterlagen.

7

Auf der Grundlage unseres gemeinsamen Gespräches unter Beteiligung der Personalratsvorsitzenden Frau W.-S., der Schwerbehindertenvertretung Frau C.-N. sowie des Integrationsfachdienstes, Frau G. am 30.06.2011, sind wir der Ansicht, dass eine stufenweise Wiedereingliederung in Ihre alte Tätigkeit als Altenpflegerin in der stationären Patientenversorgung nicht zielführend ist.

8

Für den Einsatz in der Pflege ist eine dauerhafte und vollständige Belastbarkeit Voraussetzung. Einen leidensgerechten Arbeitsplatz können wir Ihnen in absehbarer Zeit nicht zur Verfügung stellen.

9

Wir hoffen, dass der Termin bei der DRV, bei Herrn T., Sie ein Stück weiterbringen wird und wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihre geplante Qualifikation zur Pflegeberaterin.

Bei Bedarf stehen wir Ihnen zu weiteren Gesprächen gerne zur Verfügung."

10

In der Zeit vom 10. Oktober 2011 bis zum 09. Oktober 2012 absolvierte die Klägerin eine von der Deutschen Rentenversicherung Bund geförderte "Zusatzausbildung Sozial- und Pflegeberater/in in der Altenpflege - Schwerpunkt Demenzerkrankungen -" gemäß dem ihr ausgestellten Zertifikat vom 09. Oktober 2012. Mit Schreiben vom 20. September 2012 (Bl. 113 d. A.) teilte die Klägerin der Beklagten Folgendes mit:

11

"Weiterbeschäftigung

Sehr geehrte Frau C.,

am 09.10.2012 ist meine Weiterbildung zur Sozial- und Pflegeberaterin mit Abschluss beendet.

Somit stehe ich Ihnen ab dem 10.10.2012 als Arbeitskraft zur Verfügung.

Dennoch müssen Sie wissen, dass ich aus Ihnen bekannten Gründen nicht mehr in der Pflege arbeiten.

In folgenden Bereichen würde ich gerne für sie arbeiten.

Im sozialen Dienst

Im Bereich der Betreuung und Beschäftigungstherapie

Im Bereich des Qualitätsmanagement

Im Bereich der Beratung zur Pflegekasse-Pflegegeld und Antragstellung in diesen Bereichen

Arbeiten auf Station die weniger mit der Pflege zutun haben

Ich freue mich auf unseren Termin am 27.09.2012."

12

Am 10. Oktober 2012 nahm die Klägerin ihre Tätigkeit bei der Beklagten auf einer anderen Station wieder auf. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 18. Oktober 2012 (Bl. 9, 10 d. A.) Folgendes mit:

13

"Sehr geehrte Frau A.,

aufgrund der Tatsache, dass Sie Ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Altenpflegerin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erbringen konnten, haben Sie eine Umschulung zur Sozial- und Pflegeberaterin vorgenommen. In diesem Zusammenhang teilten Sie uns mit, dass ein umfassendes Gutachten erstellten worden ist, aus dem sich ergibt, dass Sie zur Ausübung der Tätigkeit als Altenpflegerin in keiner Weise mehr in der Lage sind.

14

Nunmehr haben wir festgestellt, dass Sie die Arbeit dennoch am 10.10.2012 als Altenpflegerin wieder aufgenommen haben.

15

Bitte haben Sie Verständnis dafür, das wir aufgrund Ihrer eigenen Aussage, dass Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht weiter als Altenpflegerin eingesetzt werden können, sowie auf Grund Ihrer weiteren Aussage, dass auch gutachterlich bestätigt ist, dass Sie nicht als Altenpflegerin eingesetzt werden können und dürfen, wir Sie nicht mehr weiter als Altenpflegerin bei uns arbeiten lassen können und dürfen.

16

Unabhängig davon ist eine Weiterarbeit vor diesem Hintergrund auch weder versicherungsrechtlich noch haftungsrechtlich vertretbar.

17

Leider ist auch, wie wir dies umfassend erörtert haben, bei uns keine andere Arbeitsstelle frei, an der Sie eingesetzt werden könnten.

18

Aufgrund der Tatsache, dass Sie ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Altenpflegerin nicht mehr erbringen können, weisen wir Sie ausdrücklich darauf hin, dass wir ab heute keine Vergütung mehr zahlen werden, da Sie, was wir bedauern, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sind, Ihre Tätigkeit als Altenpflegerin auszuüben."

19

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Trier erhobenen Klage macht die Klägerin Vergütungsansprüche für den Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013 geltend.

20

Sie hat erstinstanzlich vorgetragen, sie habe ihre Arbeitskraft angeboten und die Beklagte habe das Angebot abgelehnt. Aus diesem Grund sei die Beklagte verpflichtet, ihren Lohn weiterhin zu zahlen. Die Arbeitsaufnahme am 10. Oktober 2012 sei der Beklagten bekannt gewesen. Sie sei in der Lage, ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Altenpflegerin bei der Beklagten zu erbringen. Nach ihrer arbeitsmedizinischen Untersuchung am 07. Januar 2013 sei die von ihr vorgelegte betriebsärztliche Leistungsbeurteilung der Betriebsärztin Dr. B. (Anlage zum Schriftsatz vom 25. März 2013 = Bl. 71 - 74 d. A.) zu dem Ergebnis gekommen, dass sie nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation wieder fähig sein werde, ihre bisherige berufliche Tätigkeit auszuüben, wenn auch nur mit gewissen Einschränkungen. Bei dem am 30. Juni 2011 geführten Gespräch habe Frau C. ihr angeboten, dass man für sie nach Durchführung der Fortbildungsmaßnahme einen Arbeitsplatz schaffen werde, der nur zum Teil aus Pflegemaßnahmen bestehe, damit ihren gesundheitlichen Einschränkungen Rechnung getragen werde. Wie die Begutachtung der Frau Dr. B. ergeben habe, sei sie mit Einschränkungen fähig, ihre bisherige berufliche Tätigkeit auszuüben. Sie habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, hierzu nicht in der Lage und willens zu sein.

21

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

22

die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013 brutto einen Betrag in Höhe von 15.243,78 EUR zu zahlen, wobei ein Teilbetrag in Höhe von 4.480,-- EUR netto zu zahlen ist an das Jobcenter T.-S..

23

Die Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Sie hat erwidert, die geltend gemachten Annahmeverzugslohnansprüche seien unbegründet, weil die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 297 BGB nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Altenpflegerin bei ihr zu erbringen. Die von der Klägerin absolvierte Umschulungsmaßnahme werde nur dann bewilligt, wenn feststehe, dass die betroffene Arbeitnehmerin nicht mehr in der Lage sei, ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Dementsprechend habe die Klägerin bei ihrer Antragstellung beim zuständigen Leistungsträger selbst angegeben, dass sie nicht mehr in der Lage sei, ihre Tätigkeit als Altenpflegerin weiter auszuüben. In dem am 30. Juni 2011 geführten Gespräch habe ihre Personalleiterin die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine solche Stelle, zu der die Klägerin umgeschult werden solle, bei ihr nicht vorhanden sei und sie der Klägerin daher auch keine Zusage dahingehend geben könne, dass sie nach der durchgeführten Umschulungsmaßnahme noch weiterbeschäftigt werden könne. Noch vor dem Ende der Umschulungsmaßnahme habe sich die Klägerin mit ihrer Personalleiterin telefonisch in Verbindung gesetzt und ausdrücklich mitgeteilt, dass sie nicht mehr in der Altenpflege arbeiten könne. In dem von der Klägerin erbetenen Gesprächstermin am 27. September 2012 habe diese nochmals erklärt, dass sie nicht mehr in der Lage sei, als Altenpflegerin zu arbeiten. Ihre Personalleiterin habe der Klägerin erklärt, dass für die neu erworbene Qualifikation keine Stelle vorhanden sei, so dass eine Beschäftigung nicht möglich sei. Dennoch habe die Klägerin ohne ihre Kenntnis am 10. Oktober 2012 wieder ihre Tätigkeit als Altenpflegerin aufgenommen, wovon ihre Personalleiterin am 12. Oktober 2012 von der zuständigen Pflegedienstleiterin erfahren habe. Die nach der betriebsärztlichen Untersuchung von Frau Dr. B. angeführten Einschränkungen seien mit der Tätigkeit einer Altenpflegerin unvereinbar. Die Tätigkeit als Altenpflegerin sei unabdingbar mit dem Heben, Tragen und Verlagern von älteren Menschen verbunden. Soweit Frau Dr. B. hinsichtlich des Transfers von Personen auf den Einsatz von Hilfsmitteln bzw. einer Hilfskraft verwiesen habe, sei dies überhaupt nicht umsetzbar. Unabhängig davon, dass der Annahmeverzug bereits nach § 297 BGB ausgeschlossen sei, müsse die Klägerin zur Begründung von Annahmeverzugsansprüchen ihre Arbeitsleistung als Altenpflegerin angeboten haben, was nicht der Fall sei. Vielmehr habe die Klägerin sowohl in dem Telefonat im September 2012 als auch anlässlich des Termins am 27. September 2012 selbst erklärt, dass sie ihre Tätigkeit als Altenpflegerin gerade nicht mehr erbringen könne.

26

Das Arbeitsgericht Trier hat mit Urteil vom 22. Mai 2013 - 1 Ca 1613/12 - die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung aus Annahmeverzug habe. Unter Berücksichtigung des Schreibens der Klägerin vom 20. September 2012 liege bereits kein Angebot im Sinne des § 293 BGB vor. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin nur unwesentlich vor ihrer Arbeitsaufnahme schriftlich mitgeteilt habe, dass sie nicht mehr als Altenpflegerin arbeiten könne, habe die Beklagte ihr Erscheinen am 10. Oktober 2012 nur so verstehen können, dass die Klägerin grundsätzlich arbeiten wolle, nicht aber im bisherigen Bereich der - vollumfänglichen - Altenpflege. Der Anspruch scheitere zudem gemäß § 297 BGB an der fehlenden Fähigkeit der Klägerin, im streitgegenständlichen Zeitraum ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Ein Arbeitnehmer, der aufgrund einer körperlichen Einschränkung nur einen Teil der ihm kraft Direktionsrecht zugewiesenen Arbeiten ausführen könne, sei nicht leistungsfähig im Sinne von § 297 BGB und damit arbeitsunfähig. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und dem von ihr in Bezug genommenen Gutachten ergebe sich klar, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum zwar einen Teilbereich der geschuldeten Tätigkeit, nicht aber die vollständig geschuldete Leistung habe erbringen können. Nach dem Vortrag der Klägerin sei nicht ersichtlich, dass arbeitgeberseitige Rücksichtsnahmepflichten verletzt worden wären oder es einer Neuausübung des Direktionsrechts bedurft hätte. Das Angebot einer leidensgerechten Tätigkeit durch den Arbeitnehmer sei für den Annahmeverzug ohne Belang, solange nicht der Arbeitgeber durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts die nunmehr zu bewirkende Arbeitsleistung neu bestimmt habe. Der Arbeitgeber müsse dem Verlangen des Arbeitnehmers, der zunächst seinerseits eine andere innerhalb der vertraglichen Vereinbarung liegende und ihm mögliche Tätigkeit benennen müsse, nur entsprechen, wenn ihm dies zumutbar und rechtlich möglich sei. Nach dem von der Klägerin in Bezug genommenen Gutachten sei ihr die Altenpflege zwar nicht in jeglichen Bereichen völlig unmöglich, jedoch würden nicht unerhebliche Einschränkungen bestehen. Insbesondere sei hiernach die Begleitung oder Assistenz einer weiteren Pflegekraft beim Einsatz der Klägerin erforderlich. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass die Beklagte gemäß § 315 BGB gezwungen gewesen wäre, dem durch einen anderen Organisationsablauf oder durch Zurverfügungstellung bestimmter Hilfsmittel abzuhelfen. Die Beklagte habe dargelegt, weshalb die von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 20. September 2012 aufgezählten Tätigkeiten ihr im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hätten angeboten werden können, ohne dass die Klägerin dem entgegengetreten wäre. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die benannten Tätigkeiten gerade nicht im Bereich der Altenpflege, also der vertraglich vereinbarten Tätigkeit, liegen würden.

27

Gegen das ihr am 05. Juni 2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 13. Juni 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 14. Juni 2013 eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 19. Juni 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 27. Juni 2013 eingegangen, begründet.

28

Die Klägerin trägt vor, die Personalleiterin der Beklagten habe ihr im Rahmen des am 30. Juni 2011 geführten Personalgesprächs angeboten, dass man nach Durchführung der Fortbildungsmaßnahme einen Arbeitsplatz schaffen werde, der nur zum Teil aus Pflegemaßnahmen bestehe, damit ihren gesundheitlichen Einschränkungen Rechnung getragen werde. Diesen Aspekt habe das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Die Verrichtung einer nur teilweise pflegerischen Tätigkeit sei für sie unproblematisch. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts stehe ihr Schreiben vom 20. September 2012 einem Angebot auf Arbeitsaufnahme nicht entgegen. Vielmehr habe sie in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass Arbeiten auf der Station, die weniger mit Pflege zu tun hätten, für sie durchaus machbar seien. Daraus ergebe sich unzweifelhaft, dass sie angekündigt habe, pflegerische Tätigkeit ausüben zu wollen und zu können. Hinzu komme, dass sie tatsächlich ca. eine Woche lang in der Pflege auf einer anderen Station gearbeitet habe, wobei sich im Rahmen ihrer dort ausgeübten Tätigkeiten keine wesentlichen gesundheitlichen Probleme ergeben hätten. Mithin habe sie am 10. Oktober 2012 ein Angebot zur Arbeitsaufnahme tatsächlich abgegeben. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts fehle es für den streitgegenständlichen Zeitraum gerade nicht an ihrer Fähigkeit, die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erbringen, weil sie zumindest einen Teilbereich der geschuldeten Tätigkeit vornehmen könne. Im Übrigen habe das Gutachten der Betriebsmedizinerin Dr. B. ergeben, dass sie ihre bisherige berufliche Tätigkeit nach Abschluss der Rehabilitation voraussichtlich mit Einschränkungen ausüben könne. Die laut Gutachten bestehenden Einschränkungen beim Heben und Tragen von Lasten, also auch beim Patientenhandling, könnten unter Zuhilfenahme von verschiedenen Maßnahmen reduziert werden. Die Einschränkung der Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers stehe dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse. Laut Stellenbeschreibung für eine Pflegekraft in Altenpflegeeinrichtungen umfasse die Stellenbeschreibung für eine Pflegekraft verschiedenste Aufgaben, zu denen insbesondere die von ihr in der Berufungsbegründung vom 19. Juni 2013 aufgeführten Fähigkeiten und Kompetenzen (S. 4 = Bl. 143 d. A.) gehören würden. Es wäre der Beklagten problemlos möglich gewesen, unter Zugrundelegung der von ihr genannten Aufgaben auch für eine nur eingeschränkt leistungsfähige Altenpflegerin entsprechende pflegerische Tätigkeiten zu finden und sie damit zu betreuen. Im Übrigen stehe ihr ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Vergütung aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte habe schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB dadurch verletzt, dass sie ihr nicht durch Neuausübung ihres Direktionsrechtes einen leidensgerechten Arbeitsplatz zugewiesen habe. Die Beklagte habe sich nicht einmal im Ansatz bemüht, ihr leistungsgerechte und vertragsgemäße Arbeit zuzuweisen. Weder sie selbst noch die Betriebsärztin Dr. B. in ihrem Gutachten habe die Feststellung getroffen, dass sie keine pflegerischen Tätigkeiten mehr verrichten könne. Allenfalls sei eine gewisse Einschränkung im Rahmen der pflegerischen Tätigkeit gegeben, wobei hier jedoch durch gezielte Unterstützungsmaßnahmen entgegengewirkt werden könne. Selbstverständlich sei sie auch bereit, in einem Gespräch mit der Beklagten darzulegen, welche konkreten ihrem Krankheitsbild entsprechenden Tätigkeiten für sie ausübbar seien. Im Hinblick darauf, dass sie gemäß ihrer Darstellung Teilbereiche durchaus erfüllen könne, wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, gemeinsam mit ihr Aufgaben zu identifizieren, die für sie ausübbar seien. Die Beklagte habe sich nicht einmal im Ansatz die Mühe gemacht, ein entsprechendes Gespräch zu führen und Aufgabenfelder für sie aufzutun. Entgegen dem von der Beklagten erweckten Eindruck, dass es im Rahmen der Altenpflege ausschließlich Schwerstarbeiten gebe, weise der Beruf der Altenpflegerin durchaus vielfältige Tätigkeitsmerkmale auf. Wie sich aus dem Gutachten entnehmen lasse, sei sie dazu in der Lage, Teilbereiche dieser geforderten Tätigkeiten auszuüben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Klägerin wird auf ihre Schriftsätze vom 19. Juni 2013 und 21. August 2013 verwiesen.

29

Die Klägerin beantragt,

30

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22. Mai 2013 - 1 Ca 1613/12 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013 brutto einen Betrag in Höhe von 15.243,78 EUR zu zahlen, wobei ein Teilbetrag in Höhe von 4.480,-- EUR netto zu zahlen ist an das Jobcenter T.-S..

31

Die Beklagte beantragt,

32

die Berufung zurückzuweisen.

33

Sie erwidert, entgegen der Darstellung der Klägerin sei von ihrer Seite niemals eine Aussage dahingehend getroffen worden, dass nach der Umschulung ein entsprechender Arbeitsplatz bestehen oder geschaffen würde. Die Klägerin sei nach ihrem eigenen Vortrag zum Handling von Patienten nicht in der Lage, weil sie weder heben noch tragen könne. Dies stelle jedoch den elementaren und zentralen Bestandteil der Altenpflegertätigkeit dar, ohne den der Beruf nicht, auch nicht teilweise, ausgeübt werden könne. Im Übrigen habe die Klägerin auch nicht näher vorgetragen, worin eine "Zuhilfenahme von verschiedenen Maßnahmen" liegen könne. Soweit die Klägerin eine Stellenbeschreibung aus dem Internet angeführt habe, könne sie den ganz überwiegenden Teil der aufgeführten Tätigkeiten schon nach ihrem eigenen Vortrag nicht ausführen. Das Arbeitsgericht habe zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Annahmeverzugslohn verneint. Die Klägerin habe zu keiner Zeit ihre Arbeitsleistung in der vertraglich geschuldeten Art und Weise angeboten. In der eigenmächtigen Arbeitsaufnahme am 10. Oktober 2012 könne kein tatsächliches Angebot liegen, weil hierfür Voraussetzung sei, dass der Anbietende zur Verrichtung der angebotenen Tätigkeit auch objektiv in der Lage sei, was nicht der Fall gewesen sei. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im Jahr 2011 sachverständig festgestellt worden sei. Ansonsten wäre die Umschulungsmaßnahme seitens des zuständigen Leistungsträgers nicht bewilligt worden. Die Klägerin habe in ihrem Schreiben vom 20. September 2012 selbst ausgeführt, dass sie zur Verrichtung der Tätigkeit als Altenpflegerin nicht in der Lage sei. Soweit die Klägerin darauf verwiesen habe, dass sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit für einige Tage "keine wesentlichen gesundheitlichen Probleme" ergeben hätten, bedeute dies im Umkehrschluss wohl nichts anderes, als dass es bereits nach diesen wenigen Tagen zumindest zu gesundheitlichen Problemen gekommen sei. Die gegenüber den Patienten obliegende Verantwortung verbiete es, für deren Betreuung Arbeitnehmer einzusetzen, die hierzu gesundheitlich nicht in der Lage seien. Nach der dargestellten Rechtsprechung genüge es, wenn der Arbeitgeber für ein Leistungsunvermögen im Sinne des § 297 BGB Indizien vortrage, aus denen auf die Arbeitsunfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum geschlossen werden könne. Der Arbeitnehmer müsse dann konkret dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf ein Leistungsunvermögen geschlossen werden könne. Einen entsprechenden Vortrag sei die Klägerin schuldig geblieben. Freie leidensgerechte Arbeitsplätze stünden ihr nicht zur Verfügung. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt ihr gegenüber in irgendeiner Weise mitgeteilt, an welchem konkreten Krankheitsbild sie leide und welche konkreten Tätigkeiten ihr aus diesem Grunde nicht mehr möglich seien und zur Verrichtung welcher Tätigkeiten sie dagegen noch imstande sei. Tätigkeiten, wie etwa sozialer Dienst, Betreuung und Beschäftigungstherapie, Pflegekasse und Pflegegeld, hätten nicht das Geringste mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit der Klägerin zu tun. Im Übrigen habe es solche Stellen nicht gegeben. Weiterhin fehle der Klägerin dazu die Ausbildung. Es sei ihr auch nicht zumutbar gewesen, der Klägerin im Rahmen des Weisungsrechts nur einen Teil der vertraglich geschuldeten Tätigkeiten zuzuweisen, zumal die Klägerin nie konkrete Angaben über die Art ihrer Erkrankung und über die ihr noch möglichen Tätigkeiten gemacht habe. Es sei nicht nachvollziehbar, wie sie ihr Direktionsrecht ausüben solle, wenn die Klägerin gerade zu den elementarsten Anforderungen an einen Altenpfleger - Heben und Tragen von Menschen - gesundheitlich nicht in der Lage sei. Das Arbeitsgericht habe deshalb zu Recht auch einen entsprechenden Schadensersatzanspruch abgelehnt.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

35

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

I.

36

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 , 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO). Unschädlich ist, dass die fristgerecht eingegangene Berufungsbegründung keinen förmlichen Berufungsantrag enthält. Die für die Berufungsbegründung vorgeschriebene Erklärung des Berufungsklägers, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden (§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO), muss nicht notwendig in einem förmlichen, vom übrigen Inhalt der Begründung abgesetzten, bestimmt gefassten Antrag niedergelegt werden, sondern es genügt, dass der innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingereichte Schriftsatz des Berufungsklägers seinem Inhalt nach deutlich erkennen lässt, in welchem Umfang das Urteil angefochten wird (BGH 13. Mai 1998 - VIII ZB 9/98 - NJW-RR 1999, 211). Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung gerecht, weil sich hieraus eindeutig ergibt, dass die Klägerin das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts insgesamt angefochten hat und ihren erstinstanzlich gestellten Sachantrag weiterverfolgt.

II.

37

Die Berufung der Klägerin hat aber in der Sache keinen Erfolg.

38

Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

39

Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagte auf die von ihr geltend gemachten Zahlungsansprüche für den streitgegenständlichen Zeitraum.

40

1. Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß §§ 615 S. 1, 611 Abs. 1 BGB besteht nicht, weil sich die Beklagte während des streitigen Klagezeitraums nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug befand.

41

a) Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Entfällt das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber. Da er über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. In Betracht kommen insbesondere Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor und nach dem Verzugszeitraum. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann (§ 138 Abs. 2 ZPO). Er kann etwa darlegen, warum die zugrunde liegenden Erkrankungen keine Aussagekraft für den Annahmeverzugszeitraum haben, oder konkrete Umstände für eine Ausheilung von Krankheiten bzw. ein Abklingen der Beschwerden vortragen. Naheliegend ist es, die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Der Arbeitgeber ist dann für die Leistungsunfähigkeit beweispflichtig. Er kann sich auf das Zeugnis der den Arbeitnehmer behandelnden Ärzte und auf ein Sachverständigengutachten berufen. Trägt der Arbeitnehmer dagegen nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei auch während des Verzugzeitraums leistungsunfähig gewesen, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - Rn. 24, AP BGB § 615 Nr. 106).

42

b) Die Beklagte hat ausreichende Indizien zum Leistungsunvermögen der Klägerin vorgetragen, die von der Klägerin nicht erschüttert worden sind. Vielmehr ist auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der von ihr vorgelegten betriebsärztlichen Leistungsbeurteilung der Betriebsärztin Dr. B. auf eine Leistungsunfähigkeit im Klagezeitraum zu schließen.

43

Die Beklagte hat zunächst darauf verwiesen, dass die Klägerin unstreitig bereits zuvor über einen längeren Zeitraum seit 23. September 2010 arbeitsunfähig erkrankt war und nach der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme in der Zeit vom 05. Januar bis 08. Februar 2011 als arbeitsunfähig entlassen worden war. In ihrem Schreiben vom 20. September 2012 hat die Klägerin selbst darauf verwiesen, dass sie aus den "bekannten Gründen" nicht mehr "in der Pflege" arbeiten könne. Auch im vorliegenden Verfahren hat sich die Klägerin in erster Linie darauf berufen, dass sie einen "Teilbereich" der geschuldeten Tätigkeit erbringen und nach der vorgelegten betriebsärztlichen Leistungsbeurteilung der Betriebsärztin Dr. B. "mit Einschränkungen" (in Bezug auf das Heben und Tragen von Lasten) eingesetzt werden könne. Nach der von der Klägerin vorgelegten betriebsärztlichen Leistungsbeurteilung bestehen in Bezug auf das Leistungsbild "keine wesentlichen Unterschiede" zur Leistungsbeurteilung der Rehabilitationseinrichtung von 2011, nach der sie als arbeitsunfähig entlassen worden war. Beim Heben und Tragen von Lasten ("also auch beim Patientenhandling") würden Einschränkungen bestehen, die jedoch unter Zuhilfenahme verschiedener Maßnahmen reduziert werden könnten ("Transfer bei Personen, die nicht mit Hilfsmitteln umzusetzen sind, mit Hilfskraft; Erleichterung des Transfers bei anderen Personen mit Haltegürteln; Lagerung mit Lagerungshilfen, z.B. Gleitmatten"). Aufgrund der bestehenden Vorerkrankungen seien erneute Arbeitsunfähigkeitszeiten zu erwarten.

44

Eine derart eingeschränkte Leistungs- und Einsatzfähigkeit, wie sie nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der von ihr vorgelegten betriebsärztlichen Leistungsbeurteilung besteht, begründet in Bezug auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit einer Altenpflegerin eine Leistungsunfähigkeit im Sinne von § 297 BGB. Eine "Teilarbeitsunfähigkeit" ist dem geltenden Arbeitsrecht unbekannt; der Arbeitgeber ist nach § 266 BGB grundsätzlich nicht verpflichtet, eine nur eingeschränkt angebotene Arbeitsleistung anzunehmen.

45

Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 S. 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer "leidensgerechten Arbeit" ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrecht diese zu der i.S.v. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 S. 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 S. 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet. Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung (BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 16, NZA 2010, 1119).

46

Im Streitfall ist die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen beim Heben und Tragen von Lasten zu dem sog. "Patientenhandling" nicht in der Lage, was zu den Kernaufgaben einer Altenpflegerin gehört. Soweit die Betriebsärztin angeführt hat, dass die beim Heben und Tragen von Lasten, also auch beim "Patientenhandling" bestehenden Einschränkungen unter Zuhilfenahme der angeführten Maßnahmen "reduziert" werden könnten, geht dies über die eine den Gläubigerverzug vermeidende Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers hinaus und kann einen Vergütungsanspruch nach § 615 BGB nicht begründen.

47

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin trotz ihrer gesundheitlichen Einschränkungen am 10. Oktober 2012 ihre Arbeit auf einer anderen Station aufgenommen und dort tatsächlich für ca. eine Woche tätig war. Ist ein Arbeitnehmer - wie hier die Klägerin - objektiv aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, seine volle, vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen, so kann das fehlende Leistungsvermögen nicht allein durch die subjektive Einschätzung des Arbeitnehmers ersetzt werden, er sei trotzdem gesundheitlich in der Lage, einen Arbeitsversuch zu unternehmen (BAG 29. Oktober 1998 - 2 AZR 666/97 - Rn. 26, NZA 1999, 377). Arbeitsunfähigkeit liegt vielmehr vor, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Tätigkeit objektiv nicht ausüben kann oder objektiv nicht ausüben sollte, weil die Heilung nach ärztlicher Prognose verhindert oder verzögert wird (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Dörner 12. Aufl. § 3 EFZG Rn. 9) Allein der Umstand, dass sich im Rahmen der von der Klägerin für ca. eine Woche ausgeübten Tätigkeit "keine wesentlichen gesundheitlichen Probleme" ergeben haben sollen, lässt keine gegenteiligen Rückschlüsse zu, zumal die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag ihre vertraglich geschuldete Tätigkeit als Altenpflegerin nur noch "mit Einschränkungen" bzw. in einem "Teilbereich" erbringen kann und die Beklagte nicht verpflichtet ist, eine derart eingeschränkte Arbeitsleistung anzunehmen.

48

2. Die Klageforderung ist auch nicht unter Schadensersatzgesichtspunkten begründet.

49

Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte ihre Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) nicht dadurch verletzt, dass sie ihr nicht durch Neuausübung ihres Direktionsrechts einen leidensgerechten Arbeitsplatz zugewiesen hat.

50

a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht. Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 S. 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist (BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 27 und 28, NZA 2010, 1119).

51

b) Nach diesen Grundsätzen besteht kein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen entgangener Vergütung im Klagezeitraum.

52

Die Klägerin hat in ihrem Schreiben vom 20. September 2012 selbst ausgeführt, dass sie aus den der Beklagten bekannten Gründen nicht mehr in der Pflege arbeiten könne. Zwar hat sie u.a. angeführt, dass sie gerne Arbeiten auf der Station, die weniger mit der Pflege zu tun hätten, erbringen würde. Die Beklagte hat aber zu Recht darauf verwiesen, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen aufgrund der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen beim sog. "Patientenhandling" nicht mehr im Bereich der Pflege als Altenpflegerin eingesetzt werden kann. Soweit die Betriebsärztin in ihrer Leistungsbeurteilung ausgeführt hat, dass die gesundheitlichen Einschränkungen beim Personentransfer mit einer zusätzlichen Hilfskraft oder mit Hilfsmitteln wie Haltegürteln reduziert werden könnten, ist der Beklagten ein solcher Arbeitseinsatz, soweit er überhaupt praktikabel ist, nicht zumutbar. Unabhängig davon hat die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum der Beklagten nicht mitgeteilt, dass sie sich eine derartige Beschäftigung als Altenpflegerin vorstellen und hierdurch das bei ihr aufgetretene Leistungshindernis ausgeräumt werden könne. Vielmehr hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 20. September 2012 selbst mitgeteilt, dass sie aus den bekannten Gründen nicht mehr in der Pflege arbeiten könne. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, für die Klägerin einen zusätzlichen Arbeitsplatz auf der Station einzurichten. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die von ihr absolvierte Fortbildung sei auf Betreiben der Beklagten mit der Intention ins Auge gefasst worden, dass ihr danach ein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden könne, der zum Teil in der Altenpflege und zum Teil in einem anderen Bereich liege, hat die Klägerin im Termin vom 29. August 2013 auf Nachfrage eingeräumt, dass sie sich selbst mit dem ihr von der Krankenkasse unterbreiteten Vorschlag einer Fortbildung an die Beklagte gewandt habe. Die Beklagte hat ihrerseits in ihrem Schreiben vom 10. August 2011 gegenüber der Klägerin vor dem Antritt ihrer Fortbildungsmaßnahme unmissverständlich klargestellt, dass für den Einsatz in der Pflege eine dauerhafte und vollständige Belastbarkeit Voraussetzung sei und sie einen leidensgerechten Arbeitsplatz in absehbarer Zeit nicht zur Verfügung stellen könne. Soweit die Klägerin in ihrem Schreiben vom 20. September 2012 auf Arbeiten in den von ihr aufgeführten weiteren Bereichen (im sozialen Dienst, im Bereich der Betreuung und Beschäftigungstherapie, im Bereich des Qualitätsmanagements, im Bereich der Beratung zur Pflegekasse-Pflegegeld und Antragstellung in diesen Bereichen) verwiesen hat, hat sie sich auf eine Tätigkeit in diesen Bereichen im vorliegenden Verfahren nicht mehr berufen. Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass diese Tätigkeiten nichts mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit der Klägerin zu tun hätten und es im Übrigen solche Stellen nicht gegeben habe bzw. der Klägerin dazu die Ausbildung fehlen würde. Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren keine Ausführungen dazu gemacht, ob und ggf. inwieweit sie in diesen anderen Bereichen aus welchen Gründen hätte eingesetzt werden können.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

54

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Macht die oder der Auszubildende glaubhaft, dass ihre oder seine Eltern den nach den Vorschriften dieses Buches angerechneten Unterhaltsbetrag nicht leisten, oder kann das Einkommen der Eltern nicht berechnet werden, weil diese die erforderlichen Auskünfte nicht erteilen oder Urkunden nicht vorlegen, und ist die Berufsausbildung, auch unter Berücksichtigung des Einkommens der Ehefrau oder des Ehemanns oder der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners im Bewilligungszeitraum, gefährdet, so wird nach Anhörung der Eltern ohne Anrechnung dieses Betrags Berufsausbildungsbeihilfe geleistet. Von der Anhörung der Eltern kann aus wichtigem Grund abgesehen werden.

(2) Ein Anspruch der oder des Auszubildenden auf Unterhaltsleistungen gegen ihre oder seine Eltern geht bis zur Höhe des anzurechnenden Unterhaltsanspruchs zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch mit der Zahlung der Berufsausbildungsbeihilfe auf die Agentur für Arbeit über. Die Agentur für Arbeit hat den Eltern die Förderung anzuzeigen. Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, nicht verpfändet oder nicht gepfändet werden kann. Ist die Unterhaltsleistung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Auszubildende oder den Auszubildenden gezahlt worden, hat die oder der Auszubildende diese insoweit zu erstatten.

(3) Für die Vergangenheit können die Eltern der oder des Auszubildenden nur von dem Zeitpunkt an in Anspruch genommen werden, ab dem

1.
die Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts vorgelegen haben oder
2.
sie bei dem Antrag auf Ausbildungsförderung mitgewirkt haben oder von ihm Kenntnis erhalten haben und darüber belehrt worden sind, unter welchen Voraussetzungen dieses Buch eine Inanspruchnahme von Eltern ermöglicht.

(4) Berufsausbildungsbeihilfe wird nicht vorausgeleistet, soweit die Eltern bereit sind, Unterhalt entsprechend einer nach § 1612 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs getroffenen Bestimmung zu leisten.

(5) Die Agentur für Arbeit kann den auf sie übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der oder dem Unterhaltsberechtigten auf diese oder diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die oder der Unterhaltsberechtigte dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen.

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.