Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Jan. 2016 - 14 Ca 4636/15

ECLI:ECLI:DE:ARBGD:2016:0129.14CA4636.15.00
29.01.2016

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.

2.Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.Der Streitwert wird auf EUR 36.556,54 festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

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(1) Recht, das als Bundesrecht erlassen worden ist, aber wegen der Änderung des Artikels 74 Abs. 1, der Einfügung des Artikels 84 Abs. 1 Satz 7, des Artikels 85 Abs. 1 Satz 2 oder des Artikels 105 Abs. 2a Satz 2 oder wegen der Aufhebung der Artikel 7

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(1) Recht, das als Bundesrecht erlassen worden ist, aber wegen der Änderung des Artikels 74 Abs. 1, der Einfügung des Artikels 84 Abs. 1 Satz 7, des Artikels 85 Abs. 1 Satz 2 oder des Artikels 105 Abs. 2a Satz 2 oder wegen der Aufhebung der Artikel 74a, 75 oder 98 Abs. 3 Satz 2 nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Es kann durch Landesrecht ersetzt werden.

(2) Recht, das auf Grund des Artikels 72 Abs. 2 in der bis zum 15. November 1994 geltenden Fassung erlassen worden ist, aber wegen Änderung des Artikels 72 Abs. 2 nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, dass es durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(3) Recht, das als Landesrecht erlassen worden ist, aber wegen Änderung des Artikels 73 nicht mehr als Landesrecht erlassen werden könnte, gilt als Landesrecht fort. Es kann durch Bundesrecht ersetzt werden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Juni 2011 - 10 Sa 15/11 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger. Er ist seit September 2007 als pädagogische Fachkraft an einer Förderschule im Schuldienst des beklagten Landes beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), das beklagte Land ist Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL).

3

Im letzten Formulararbeitsvertrag vom 13. März 2008 vereinbarten die Parteien ua.:

        

„§ 1   

        

Herr S wird ab dem Tag der Dienstaufnahme, frühestens ab 01.04.2008,

        

auf unbestimmte Zeit

        

als vollbeschäftigte Pädagogische Fachkraft mit wöchentlich 38,50 Pflichtstunden eingestellt.

        

…       

        

Etwaig bestehende Vertragsverhältnisse mit dem Land Rheinland-Pfalz (Vertretungsverträge) enden mit Beginn dieses Vertrages.

        

…       

        

§ 2     

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten

        

-       

der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L),

        

-       

der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder), sowie

        

-       

die Tarifverträge, die den TV-L und den TVÜ-Länder ergänzen, ändern oder ersetzen,

        

in der Fassung, die für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und für das Land Rheinland-Pfalz jeweils gilt, solange der Arbeitgeber hieran gebunden ist.

        

…       

        

§ 4     

        

Für die Eingruppierung gelten die Abschnitte A und B der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien der TdL) in der jeweiligen Fassung in Verbindung mit der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder. Die Pädagogische Fachkraft ist danach in die Entgeltgruppe 8 TV-L eingruppiert.

        

…       

        

Der Arbeitgeber ist berechtigt, der Pädagogischen Fachkraft aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen.

        

Anpassungen der Eingruppierung aufgrund des In-Kraft-Tretens einer neuen Entgeltordnung können auch entgeltgruppenübergreifend erfolgen (§ 17 Abs. 4 TVÜ-Länder).

        

Bis zum In-Kraft-Treten einer neuen Entgeltordnung sind alle Eingruppierungsvorgänge vorläufig und begründen keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand (§ 17 Absatz 3 Satz 1 TVÜ-Länder).“

4

Die Lehrer-Richtlinien der TdL (LRL-TdL) hatten in ihrer Fassung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

„Die Mitgliederversammlung beschließt, die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte, für die nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1 a zum BAT nicht gilt, durch Arbeitsvertrag wie folgt zu regeln:

        

…       

        

B.    

        

Sonstige Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis

        

an allgemeinbildenden und an berufsbildenden Schulen

        

…       

        

III.   

Lehrkräfte an Sonderschulen

Vergütungsgruppe

        

…       

        

7.    

Erzieher …

                 

mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung

        
                 

als pädagogische Unterrichtshilfen

V c     

                 

nach mehrjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe

V b     

        

…       

        

Protokollnotizen zu Abschnitt B:

        

…       

        

Nr. 2 

Für die Eingruppierung ist auf diejenige Tätigkeit abzustellen, die zeitlich mindestens zur Hälfte und nicht nur vorübergehend auszuüben ist. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses.

                 

Soweit Tätigkeitsmerkmale einen Aufstieg (z. B. Bewährungsaufstieg, Tätigkeitsaufstieg) enthalten, gilt § 23 b Abschn. A BAT entsprechend.

                 

Auf die Bewährungszeit können Zeiten einer entsprechenden Unterrichtstätigkeit im sonstigen anerkannten Schuldienst oder im kirchlichen Dienst nach Maßgabe des Unterabsatzes 2 angerechnet werden.

                 

…“    

5

Mit Schreiben vom 3. März 2010 machte der Kläger für die Zeit ab dem 1. April 2010 nach zweijähriger Bewährung erfolglos einen Anspruch auf Entgelt nach Entgeltgruppe 9 TV-L geltend. Der monatliche Unterschiedsbetrag zwischen den Entgeltgruppen 8 und 9 TV-L beträgt ca. 150,00 Euro brutto.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach § 4 des Arbeitsvertrags fänden für seine Eingruppierung nur die LRL-TdL Anwendung, die - anders als der TV-L - nach wie vor einen Bewährungsaufstieg vorsähen. Die arbeitsvertraglich vereinbarten LRL-TdL könnten durch tarifvertragliche Regelungen nicht verschlechtert werden.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem 1. April 2010 in die Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrags der Länder höherzugruppieren.

8

Das beklagte Land hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag von März 2008 sehe genauso wenig wie der am 1. November 2006 in Kraft getretene TV-L einen Bewährungsaufstieg vor. Ein Anspruch auf Teilnahme am Bewährungsaufstieg und damit auf eine Höhergruppierung ergebe sich auch nicht aus dem Verweis auf die LRL-TdL. Vielmehr sei durch die Tarifreform im öffentlichen Dienst der Bewährungsaufstieg abgeschafft worden, was aufgrund der vertraglich in Bezug genommenen Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder zu berücksichtigen sei.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land weiterhin die Abweisung der Klage.

10

Nach der Verkündung des Berufungsurteils haben die Tarifvertragsparteien des TV-L zum 1. Januar 2012 eine neue Entgeltordnung (EntgeltO 2012) verabschiedet. Zum gleichen Termin sind nach einem Beschluss der Mitgliederversammlung der TdL vom 19./20. Dezember 2011 die neuen LRL-TdL 2012 in Kraft getreten, die einen Bewährungsaufstieg nicht mehr vorsehen. Gleichzeitig wurde eine neue eigenständige Entgeltgruppe „9*“ geschaffen, in der eine Zuordnung zu höheren Entwicklungsstufen erst nach längeren Laufzeiten in den jeweils unteren Stufen erfolgt als in der Entgeltgruppe 9 TV-L. Der Kläger hat bei der Beklagten den in den LRL-TdL 2012 vorgesehenen Antrag auf eine zum 1. Januar 2012 rückwirkende Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9* gestellt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes gegen das erstinstanzliche Urteil ohne Rechtsfehler zurückgewiesen. Die Klage ist begründet.

12

A. Die Klage ist nach der gebotenen Auslegung als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage nach der Senatsrechtsprechung (vgl. nur BAG 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 13 mwN; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 447/01 - zu I 1 der Gründe) zulässig.

13

I. Der Antrag kann entsprechend der Klarstellung des Klägers in der Revisionsverhandlung als allgemein üblicher Eingruppierungsfeststellungsantrag dahin ausgelegt werden festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger nach der Entgeltgruppe 9 TV-L zu vergüten.

14

II. Entsprechend der weiteren Klarstellung des Klägers in der Revisionsverhandlung beschränkt sich der Zeitraum, für den er ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 verlangt, nun auf die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Dezember 2011. Der Kläger hat von der nach der Neufassung der Lehrer-Richtlinien der TdL ab dem 1. Januar 2012 bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen Antrag auf zu diesem Datum rückwirkende Eingruppierung in die neue Entgeltgruppe 9* LRL-TdL 2012 zu stellen.

15

III. Das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Es ist bei Eingruppierungsfeststellungsklagen, die die Vergangenheit betreffen, in der Regel gegeben, wenn von der begehrten Feststellung Rechte oder Ansprüche des Klägers abhängen (vgl. zB BAG 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - BAGE 108, 224). Dies ist hinsichtlich des hier noch in Rede stehenden streitigen Zeitraums der Fall.

16

B. Mit diesen Maßgaben ist die Klage begründet. Der Kläger war im Zeitraum vom 1. April 2010 bis zum 31. Dezember 2011 in der Entgeltgruppe 9 TV-L eingruppiert und hat demzufolge einen Anspruch auf die entsprechende Vergütung.

17

I. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel ausschließlich nach den materiell-rechtlichen Regelungen der Abschnitte A und B der LRL-TdL in ihrer im Streitzeitraum geltenden Fassung. Das folgt aus der Auslegung des Arbeitsvertrags. Der TV-L und der TVÜ-Länder, die für die Parteien wegen beiderseitiger Tarifgebundenheit auch normativ gelten, enthalten keine eigenständige Eingruppierungsregelung für Lehrkräfte.

18

1. § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien verweist für die Eingruppierung des Klägers auf die LRL-TdL in ihrer jeweiligen Fassung. Danach sind für den Streitzeitraum die Regelungen der LRL-TdL in ihrer Fassung vom 1. Februar 1992, zuletzt geändert durch Beschluss der Mitgliederversammlung der TdL vom 13. Juni 2007, maßgebend. Dieses aus dem eindeutigen Wortlaut der arbeitsvertraglichen Klausel folgende Ergebnis entspricht dem allgemeinen Verständnis und der praktischen Durchführung der Eingruppierung von Lehrkräften an öffentlichen Schulen und Einrichtungen. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen, auch wenn es eine ältere Fassung der LRL-TdL zugrunde gelegt hat; die hier maßgebenden Vorschriften waren von den zwischenzeitlichen Änderungen nicht betroffen.

19

a) Die Eingruppierung von Lehrkräften haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes seit langem den Arbeitsvertragsparteien und damit im Ergebnis dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der Arbeitgeberseite überlassen.

20

aa) Mit dieser Gestaltung wollen die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer weitgehenden Gleichstellung von angestellten und verbeamteten Lehrern erreichen. Nach den Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT kamen bei den Lehrkräften deshalb weder die Regelungen der §§ 22 bis 24 BAT(siehe jetzt § 12 Abs. 1 TV-L) noch die Anlage 1a zum BAT zur Anwendung (BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 28/92 -; 18. Mai 1994 - 4 AZR 524/93 - BAGE 77, 23). An deren Stelle traten über eine entsprechende einzelarbeitsvertragliche Bezugnahme die jeweiligen vergütungsrechtlichen Landesregelungen, wie bspw. im vorliegenden Fall die nicht auf Arbeitsvorgänge iSv. § 22 Abs. 2 BAT abstellenden „Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte“. Dabei unterscheiden die LRL-TdL grundsätzlich zwischen angestellten Lehrern, die die Anforderungen für eine Übernahme in ein Beamtenverhältnis erfüllten (sog. Erfüller) und den Angestellten, bei denen dies nicht der Fall war (sog. Nichterfüller). Die Regelungen für die „Erfüller“ bestehen zumeist in einer tabellenähnlichen Verweisung auf die jeweiligen Besoldungsgruppen nach den Beamtenbesoldungsgesetzen. Die „Nichterfüller“ sind regelmäßig aufgrund bestimmter Tätigkeitsmerkmale Vergütungsgruppen zugeordnet, die sich in der LRL-TdL-Fassung bis zum 31. Dezember 2011 zumeist an den Bezeichnungen der Anlage 1a zum BAT orientierten (im Erg. grundsätzlich ebenso für die neuen Bundesländer § 2 Nr. 3 ÄndTV Nr. 1 zum BAT-O iVm. den Lehrer-Richtlinien-O der TdL).

21

bb) Eine beiderseitige Tarifgebundenheit von öffentlichem Arbeitgeber und Lehrkraft ist für die Eingruppierung ebenso ohne Bedeutung wie eine arbeitsvertragliche Verweisung auf den BAT (BAG 23. Februar 1994 - 4 AZR 219/93 - BAGE 76, 44; 30. September 2004 - 8 AZR 551/03 -) oder den TV-L. Die Zuordnung der Tätigkeit einer Lehrkraft zu einem bestimmten Tätigkeitsmerkmal war und ist allein in außertariflichen Regelungen festgehalten, die nur dann auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, wenn sie arbeitsvertraglich vereinbart sind. Fehlt es an einer solchen arbeitsvertraglichen Verweisung, bleiben die LRL-TdL ohne Bedeutung für das Arbeitsverhältnis (BAG 15. November 1995 - 4 AZR 489/94 -; ebenso bereits 25. November 1970 - 4 AZR 69/69 - BAGE 23, 83; s. auch 13. Januar 1987 - 4 AZN 370/86 -). Ist eine dynamische Verweisung vereinbart - wie in der Regel -, werden die späteren Änderungen der LRL-TdL auch ohne eine weitere Vereinbarung unmittelbar Inhalt des Arbeitsverhältnisses (BAG 25. November 1987 - 4 AZR 386/87 -).

22

cc) Die Verbindlichkeit der LRL-TdL für das Arbeitsverhältnis führt dazu, dass die nach diesen eingeordnete Lehrkraft nicht nur die Vergütung aus der - regelmäßig im Arbeitsvertrag gesondert genannten - Vergütungsgruppe, sondern - wie bei einer tarifvertraglichen Vergütungsordnung - auch die Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe fordern kann, wenn die Tätigkeit die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale einer höheren Vergütungsgruppe der LRL-TdL erfüllt, wie es zB bis zum 31. Dezember 2011 nach einer erfolgreichen Bewährungszeit vorgesehen war (BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 498/92 -; 15. November 1995 - 4 AZR 658/94 -). Dabei gab es in den LRL-TdL für die „Nichterfüller“ kaum ein Tätigkeitsmerkmal, das keinen Bewährungsaufstieg vorsah. Der jeweils maßgebende Zeitraum der Bewährung war unterschiedlich (von fünfzehn über sechs und vier Jahre bis zu „mehrjähriger Bewährung“ oder „langjähriger Bewährung“).

23

Auf die allgemeinen tariflichen Regelungen zum Bewährungsaufstieg konnte sich eine Lehrkraft hingegen nicht berufen, da § 23a BAT für sie nicht galt. Dem stand bereits der Ausschluss der Eingruppierungsregelungen nach der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT entgegen (BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 28/92 -; 4. April 2001 - 4 AZR 194/00 -; ebenso für § 24 BAT: 26. April 2001 - 8 AZR 281/00 -).

24

b) Die Tarifreform im öffentlichen Dienst hat mit der Inkraftsetzung des TV-L und des TVÜ-Länder zum 1. November 2006 an dieser Regelungstechnik und den daraus folgenden Eingruppierungsregelungen grundsätzlich nichts geändert.

25

aa) Der TV-L und der TVÜ-Länder haben ua. die bisher nach der Anlage 1a zum BAT bestehenden tariflichen Aufstiegsmöglichkeiten aufgrund von Bewährung, Zeitablauf oder Tätigkeit abgeschafft (§ 17 Abs. 5 TVÜ-Länder) und für die am 31. Oktober/1. November 2006 übergeleiteten Arbeitnehmer Übergangsbestimmungen ua. zur Eingruppierung bis zur Erstellung einer neuen Entgeltordnung geschaffen, indem bspw. bei den unmittelbar nach Anlage 1a zum BAT eingruppierten Arbeitnehmern deren erreichte Besitzstände auch hinsichtlich der - noch nicht vollendeten - Bewährungszeit mittels einer pauschalierenden Regelung bei der Überleitung in die neuen Entgeltgruppen berücksichtigt wurden. Dabei wurden Bewährungszeiten, die einen bestimmten Stand erreicht hatten (so etwa die Hälfte der noch in der Anlage 1a zum BAT vorgesehenen Bewährungszeit), aufgrund von Sonderregelungen auch nach dem 1. November 2006 fiktiv weiterentwickelt (vgl. bspw. § 8 Abs. 1 TVÜ-Länder).

26

Für die nach dem 1. November 2006 neu eingestellten Arbeitnehmer galt nur der TV-L, nicht jedoch die Übergangsregelungen des TVÜ-Länder. Sie sollten nur dann dem TVÜ-Länder unterliegen, wenn dies ausdrücklich angeordnet ist (§ 1 Abs. 2 TVÜ-Länder). Dies war nach § 17 Abs. 1 TVÜ-Länder bei den Bestimmungen zur Eingruppierung bis zum 31. Dezember 2011 der Fall. Damit regelte der TVÜ-Länder (mit Ausnahme der neuen Entgeltgruppe 1 - „Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten“ -, der früheren Vergütungsgruppe I BAT und der Eingruppierung von Ärzten, vgl. § 17 Abs. 2 TVÜ-Länder) bis zu diesem Zeitpunkt die Weitergeltung der §§ 22, 23 BAT und der vergleichbaren Eingruppierungsregelungen der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes; „die den Vergütungs- und Lohngruppen zugrunde liegenden Tätigkeitsmerkmale werden durch die Zuordnung zu Entgeltgruppen des TV-L nicht zu deren Tätigkeitsmerkmalen“ (Durchführungshinweise der TdL zu § 17 Abs. 7 TVÜ-Länder, hervorgeh. im Orig.). Dementsprechend mussten neu eingestellte Arbeitnehmer mit ihren Tätigkeiten weiterhin zunächst den entsprechenden Fallgruppen der Vergütungsgruppen des BAT zugeordnet werden, um daran anschließend die so ermittelte Vergütungsgruppe des BAT über die Tabelle in Anlage 4 (Teil A) TVÜ-Länder einer Entgeltgruppe des TV-L zuzuordnen. Dabei haben die Tarifvertragsparteien die nach der Vergütungsordnung zum BAT seinerzeit möglichen Aufstiege, die den Tätigkeitsmerkmalen bzw. Fallgruppen zugeordnet waren, pauschaliert, bei der Zuordnung zu den Entgeltgruppen des TV-L berücksichtigt und damit gewissermaßen „eingearbeitet“. Eine fiktive weitere „Beobachtung“ der Arbeitsverhältnisse unter dem Gesichtspunkt etwa einer noch zu vollendenden Bewährungszeit ist - anders als bei den übergeleiteten Arbeitnehmern - bei neu eingestellten Arbeitnehmern ausgeschlossen. Für sie ist die Entgeltgruppe mit der erstmaligen (und insoweit eigentlich „einmaligen“) Zuordnung der ermittelten BAT-Vergütungsgruppe zur TV-L-Entgeltgruppe festgeschrieben.

27

Insoweit hatten die Tarifvertragsparteien bereits vor der Tarifreform ihre Regelungsmacht ausgeübt; sie veränderten damit zulässigerweise lediglich den von ihnen vorher selbst geschaffenen Normenbestand.

28

bb) Das bis 2006 praktizierte System der Eingruppierung von Lehrkräften wurde mit dem Inkrafttreten des TV-L und des TVÜ-Länder nicht grundsätzlich modifiziert.

29

(1) Hinsichtlich der Eingruppierung von Lehrkräften hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes - ausdrücklich und nachhaltig und durch die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierin immer wieder bestätigt - keine eigenen Regelungen getroffen und treffen wollen. Mit der regelmäßig und durchgängig vereinbarten dynamischen Anwendung der LRL-TdL bestand eine gegenüber den anderen Angestellten des öffentlichen Dienstes abweichende Ausgangssituation. Die vertraglich in Bezug genommenen Regelungen galten über den 1. November 2006 hinaus unverändert fort und waren für den Streitzeitraum gerade nicht angepasst worden.

30

(2) Die Anpassung der Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte in den LRL-TdL ist tatsächlich erst fünf Jahre später erfolgt. Diese grundsätzliche Struktur ist durch die zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Neuregelungen nicht verändert worden. Sowohl die seitdem geltende neue Entgeltordnung zum TV-L als auch die zeitgleich erfolgte Neufassung der LRL-TdL entsprechen in ihrer Regelungstechnik - bis ins Detail - dem bisherigen Zustand.

31

(a) Die EntgeltO 2012 enthält nunmehr - wie früher die Vergütungsordnung zum BAT - eine allgemeine Vorbemerkung (jetzt: Nr. 4) „zu allen Teilen der Entgeltordnung“, die wie folgt lautet:

        

„Die Entgeltordnung gilt nicht für Beschäftigte, die als Lehrkräfte - auch wenn sie nicht unter § 44 TV-L fallen - beschäftigt sind, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist.“

32

Die Tarifvertragsparteien haben also erneut und bewusst keinerlei Tätigkeitsmerkmale für Lehrkräfte vereinbart. Für deren Eingruppierung erklären sie sich damit selbst nach wie vor als „unzuständig“.

33

(b) Auf der anderen Seite hat die TdL in ihren Durchführungshinweisen zum Änderungstarifvertrag Nr. 4 zum TV-L, durch den die neue Entgeltordnung zum TV-L mit Wirkung ab 1. Januar 2012 eingeführt wurde, formuliert:

        

„Für Lehrkräfte an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen bleibt es weiterhin grundsätzlich bei der Eingruppierung auf der Grundlage der Lehrer-Richtlinien der TdL …“

34

Die neu gefassten LRL-TdL 2012 orientieren sich damit zwar nicht mehr am Vergütungsgruppensystem des BAT, sondern am Entgeltgruppensystem des TV-L. Sie sind aber wieder als eine eigenständige Vergütungsordnung ausgestaltet worden. Da sie nunmehr - analog zur Entgeltordnung und im Einklang mit den allgemeinen tariflichen Eingruppierungsbestimmungen - keinen Bewährungsaufstieg mehr formulieren, kann ihnen unmittelbar entnommen werden, welche Tätigkeit nach welcher Entgeltgruppe des TV-L zu vergüten ist.

35

Damit bestätigen die neuen LRL-TdL 2012 und die EntgeltO 2012 nicht nur die bisherige Regelungstechnik, sondern zugleich, dass eine grundlegende Veränderung der Eingruppierung von Lehrkräften, vor allem in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Tarifvertragsparteien einerseits und dem Normgeber der Richtlinien andererseits weder gewollt war noch letztlich durchgeführt worden ist. Im Gegenteil ist gerade in Bezug auf dieses Verhältnis die jedenfalls bis zum 31. Oktober 2006 bestehende Rechtslage perpetuiert worden.

36

(3) Für den Zwischenzeitraum vom 1. November 2006 bis zum 31. Dezember 2011 wird damit deutlich, dass von einer kontinuierlichen Weitergeltung der bisherigen Eingruppierungsregelungen auszugehen ist. So war die Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT, in der der „Verzicht“ der Tarifvertragsparteien auf die Regelung materiell-rechtlicher Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte festgeschrieben war, auch während dieses Zeitraums gültiges Tarifrecht. Das ergibt sich zum einen aus dem allgemeinen Verweis zur Weiteranwendung der Anlage 1a zum BAT in § 17 Abs. 1 und - für Neueingestellte - Abs. 7 TVÜ-Länder, der auch deren Vorbemerkungen erfasst. Zum anderen sehen die Sonderregelungen für Lehrer im TVÜ-Länder, zB in der Anlage 4 Teil B und in § 8, in ihren Anwendungsbereichsvoraussetzungen ausdrücklich vor, dass sie (nur) für Lehrkräfte gelten, „für die nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1a zum BAT/BAT-O nicht gilt“(so die Überschrift von Anlage 4 Teil B und § 8 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder). Ferner wurde die im Streitzeitraum maßgebende Fassung der LRL-TdL noch am 13. Juni 2007, also nach Inkrafttreten des TVÜ-Länder mit seinen oben behandelten Regelungen, in Teilen geändert, im Übrigen aber unverändert gelassen. Zu den unveränderten Teilen gehörten aber gerade die Eingruppierungsregelungen mit den vielfältigen Möglichkeiten eines Bewährungsaufstiegs für „Nichterfüller“ und die Bezugnahme auf § 23b BAT. Damit wurde die grundsätzliche Alleinzuständigkeit der LRL-TdL für die Eingruppierung von Lehrkräften sieben Monate nach Inkrafttreten des TVÜ-Länder von jedenfalls einer der Tarifvertragsparteien festgeschrieben (vgl. auch BAG 11. Juli 2012 - 10 AZR 203/11 -, im Ergebnis geht auch der Zehnte Senat von der Kontinuität der besonderen Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte aus, die nunmehr durch die Anpassungen in der EntgeltO 2012 und den LRL-TdL 2012 weiter fortgeschrieben worden sind).

37

In dieser Zeit zwischen 2006 und 2011 bestanden die LRL-TdL in der bisherigen Form fort und bildeten - nach wie vor - die einzige materiell-rechtliche Grundlage für die Eingruppierung von Lehrkräften. Entgegen der Auffassung der Revision kann angesichts dessen allein aus der vertraglichen Bezugnahme (§ 4 des Arbeitsvertrags) auf die Überleitungstabelle in der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder keine eigenständige tarifliche, materiell-rechtliche Regelung entnommen werden. Wegen des Weiterbestehens der bisher hierfür allein maßgebenden LRL-TdL wäre es ansonsten zu einer Kollision der unterschiedlichen Regelungssysteme gekommen, die in ihrem Nebeneinander als solche offensichtlich von den beteiligten Tarifvertragsparteien und der TdL gewollt waren. Auch hätten sich die Tarifvertragsparteien damit angemaßt, ohne jede ausdrückliche Bezugnahme Bestimmungen der LRL-TdL, die überdies einzelvertraglich Inhalt der Arbeitsverhältnisse von Lehrkräften waren, abweichend zu regeln.

38

(4) Im Übrigen wäre eine eigenständige tarifliche Modifizierung der einzelvertraglich vereinbarten Lehrereingruppierung, wenn die Tarifvertragsparteien eine solche mit den Regelungen im TVÜ-Länder beabsichtigt haben sollten, wegen einer Überschreitung der tariflichen Regelungsmacht unwirksam. Das Bundesarbeitsgericht hat wiederholt entschieden, dass tarifliche Regelungen, die einzelvertraglich vereinbarte Entgeltbestandteile der Verfügung der Arbeitsvertragsparteien entziehen, in unzulässiger Weise in deren Vertragsbeziehungen eingreifen (zB BAG 26. August 2009 - 4 AZR 294/08 - Rn. 49; 16. Juni 2004 - 4 AZR 408/03 - BAGE 111, 108; grdl. 14. Februar 1968 - 4 AZR 275/67 - BAGE 20, 308 zur sog. Effektivklausel). Nichts anderes gilt auch für einzelvertraglich vereinbarte außertarifliche Eingruppierungsregelungen. Mit der dynamischen Verweisung auf die LRL-TdL ist auch deren Änderung dem dafür vorgesehenen Verfahren durch die dafür zuständigen Gremien unterworfen. Mit dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht korrespondiert dabei sowohl eine vollständige Vertragskontrolle nach §§ 305 ff. BGB als auch eine gerichtliche Billigkeitskontrolle nach §§ 315 ff. BGB (BAG 18. Mai 1994 - 4 AZR 524/93 - BAGE 77, 23; 28. März 1990 - 4 AZR 619/89 -). Der mit der Eingruppierung verbundene Umfang des Direktionsrechts des Arbeitgebers (vgl. dazu nur für den konkreten Fall § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien) ist zudem für die Leistungspflicht des Arbeitnehmers entscheidend. Diese individualvertraglich geregelte Konstellation können Tarifvertragsparteien nicht durch Einzelbestimmungen umgestalten, sondern allenfalls durch die Schaffung normativ geltender Mindestarbeitsbedingungen insgesamt - nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips (§ 4 Abs. 3 TVG) - verdrängen (vgl. zB JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 82; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1893, 1895). Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder haben aber keine eigene Regelung zur Eingruppierung von Lehrkräften getroffen, sondern greifen allenfalls ganz punktuell und für eine begrenzte Zeit in das geschlossene komplexe System der einzelvertraglich vereinbarten Eingruppierungsregelungen ein. Wegen der darin liegenden Überschreitung der tariflichen Regelungsmacht würden deshalb die entsprechenden Regelungen selbst dann keine normative Wirkung für das einzelne Arbeitsverhältnis entfalten, wenn dies von den Tarifvertragsparteien beabsichtigt worden wäre (vgl. dazu auch Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 531).

39

2. Weder der im Zusammenhang mit der Bezugnahmeklausel stehende arbeitsvertragliche Verweis (§ 4 des Arbeitsvertrags) auf die Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder („… in Verbindung mit …“) noch die in § 4 des Arbeitsvertrags genannten Regelungen des § 17 Abs. 3 und Abs. 4 TVÜ-Länder ändern etwas an der unmittelbaren Anwendung der LRL-TdL und einer darauf aufbauenden Eingruppierung. Diese Tarifregelungen enthalten keine materiellen Eingruppierungsbestimmungen. Insbesondere die Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder hat keine eigene Bedeutung für die Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zu den für ihn verbindlichen Tätigkeitsmerkmalen der LRL-TdL, sondern ordnet lediglich die sich aus den LRL-TdL ergebende Eingruppierung in eine BAT-Vergütungsgruppe einer der im TV-L zugrunde gelegten Entgeltgruppen zu.

40

a) Im Ausgangspunkt noch zutreffend meint die Revision, bei einer Auslegung des Arbeitsvertrags und einer Eingruppierung des Klägers sei auch die vertraglich einbezogene Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder zu berücksichtigen. Weiter gehend ist sie aber der unzutreffenden Auffassung, bereits aus der Überschrift zur Anlage 4 TVÜ-Länder („Vorläufige Zuordnung …“) folge, dass bei der nach den Tabellen vorgenommenen Ersteingruppierung der früher mögliche Bewährungsaufstieg bei der Zuordnung zu den neuen Entgeltgruppen des TV-L berücksichtigt und deshalb auch für die Eingruppierung von Lehrkräften kein Bewährungsaufstieg und keine sich daraus ergebende höhere Eingruppierung für nach dem 1. November 2006 eingestellte Lehrkräfte mehr möglich sei; ansonsten würde der Wille der Tarifvertragsparteien konterkariert.

41

b) Diese Auffassung ist schon deshalb unzutreffend, weil durch die vertragliche Formulierung „in Verbindung mit der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder“ keine materiell-rechtliche Eingruppierungsregelung in Bezug genommen wird, die der Tätigkeit des Klägers Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsordnung zuordnen würde.

42

aa) Die Anlage 4 TVÜ-Länder hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

„Vorläufige Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für ab dem 1. November 2006 stattfindende Eingruppierungsvorgänge (Länder)

        

Teil A

        

Beschäftigte mit Ausnahme der Lehrkräfte im Sinne des Teils B

        

…       

        

Teil B

        

Lehrkräfte, für die nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1 a zum BAT/BAT-O nicht gilt

        

Entgeltgruppe

Eingruppierung Lehrkräfte ‚Erfüller’ Vergütungsgruppe

Eingruppierung Lehrkräfte ‚Nichterfüller’ Vergütungsgruppe

        

…       

…       

…       

        

10    

IVa     

IVa ohne Aufstieg nach III

                          

IVb mit Aufstieg nach IVa

        

9       

IVb     

IVb ohne Aufstieg nach IVa

                 

Vb (Stufe 3 nach 5 Jahren in Stufe 2, Stufe 4 nach 9 Jahren in Stufe 3, keine Stufe 5)

Vb mit Aufstieg nach IVb
Vb ohne Aufstieg nach IVb (Stufe 3 nach 5 Jahren in Stufe 2, Stufe 4 nach 9 Jahren in Stufe 3, keine Stufe 5)

        

8       

Vc    

Vc ohne Aufstieg

                          

Vc mit Aufstieg nach Vb“

43

bb) Der Aussagewert der Tabelle in Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder ist im Zusammenhang mit der Verweisungsklausel - wie früher und ab dem 1. Januar 2012 die gesamte tarifliche Entgeltordnung - darauf beschränkt, die einer Lehrkraft nach der einzelvertraglich vereinbarten Vergütungsordnung zustande gekommene Vergütungsgruppe in die entsprechende Entgeltgruppe des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes, hier: TV-L, zu „übersetzen“. Die originäre Vergütungsgruppe ist dabei nach wie vor der Vergütungsordnung der LRL-TdL zu entnehmen. Aus der Tabelle ergibt sich gleichsam rein „arithmetisch“ die dieser zugeordnete Entgeltgruppe. Ein eigener materiell-rechtlicher Regelungsgehalt, der wichtige Teile der ausdrücklich vereinbarten differenzierten Vergütungsordnung konstitutiv verändert und insbesondere ausdrücklich geregelte Aufstiegsmöglichkeiten de facto beseitigt, lässt sich hieraus - und im Übrigen auch für den Kläger hinreichend erkennbar (vgl. nur die Unklarheitenregel gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) - nicht entnehmen.

44

c) Auch die im Arbeitsvertrag vereinbarten Verweisungen auf § 17 Abs. 3 und Abs. 4 TVÜ-Länder führen zu keinem anderen Ergebnis.

45

aa) In § 17 Abs. 3 TVÜ-Länder ist der Ausschluss eines Vertrauensschutzes für die vor dem Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung vorgenommenen Eingruppierungen geregelt. § 17 Abs. 4 TVÜ-Länder, der im Übrigen durch § 1 Nr. 6 Buchst. c des Änderungstarifvertrags Nr. 4 zum TVÜ-Länder vom 2. Januar 2012 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 aufgehoben worden ist, regelte im Wesentlichen Besitzstandszulagen, die aufgrund von finanziellen Nachteilen bei der Eingruppierung nach einer neuen Entgeltordnung entstehen können.

46

bb) Bei keiner der beiden Bestimmungen handelt es sich um eine materiell-rechtliche Eingruppierungsregelung über die Zuordnung einer Tätigkeit zu einem Tätigkeitsmerkmal aus einer Vergütungs- oder Entgeltordnung. Sie sind deshalb für die Eingruppierung des Klägers ohne Bedeutung.

47

d) Auch die weiteren vom beklagten Land angezogenen Sonderbestimmungen für Lehrkräfte im TV-L und im TVÜ-Länder enthalten keine materiell-rechtlichen Regelungen, die sich mit der Zuordnung der Tätigkeit einer Lehrkraft zu einem konkreten Tätigkeitsmerkmal befassen, und sind deshalb für den Streitfall ohne Belang.

48

aa) So stellt § 44 TV-L Sonderregelungen für Lehrkräfte an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen auf, die jedoch nicht die Eingruppierung betreffen, sondern deren Arbeitszeit, die Stufen der Entgelttabelle, den Urlaub und die Befristung(entspr. der früheren SR 2l l zum BAT).

49

bb) Der weitere Verweis der Revision auf § 20 TVÜ-Länder(„Anwendung der Entgelttabelle auf Lehrkräfte“) erweist sich schon deshalb als unbegründet, weil die Regelung Sachverhalte betrifft, die eine Eingruppierung der Lehrkräfte notwendig voraussetzt, sie aber nicht eigenständig begründet oder gestaltet. Die Entgelttabelle enthält - auch für Lehrkräfte - tarifliche Normen, die durch die Tarifvertragsparteien gestaltet worden sind und deshalb auch geändert werden dürfen, aber keine Bestimmungen zur Zuordnung von Tätigkeiten einer Lehrkraft zu Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsordnung.

50

II. Unter Anwendung der Eingruppierungsregelungen der LRL-TdL erfüllt der Kläger seit dem 1. April 2010 und damit im Streitzeitraum das Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe Vb LRL-TdL, die der Entgeltgruppe 9 TV-L entspricht.

51

1. Der Kläger ist als pädagogische Unterrichtshilfe tätig und verfügt über eine einschlägige Ausbildung als staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger. Er hat sich seit Beginn seines Arbeitsverhältnisses und damit auch „mehrjährig“ in dieser Tätigkeit und in der maßgebenden Vergütungsgruppe Vc bewährt. Der Begriff „mehrjährige Bewährung“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zB BAG 18. Mai 1983 - 4 AZR 539/80 -) und nach übereinstimmender Auffassung der Tarifvertragsparteien (so Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT VergO BL Stand August 2008 Anlage 1a Teil I Allg. Teil Erl. 10) bereits durch eine mindestens zweijährige Bewährung erfüllt. Im Falle des Klägers war sie mit Ablauf des 31. März 2010 absolviert. Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

52

2. Unter Anwendung der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder hat der Kläger damit einen Anspruch auf ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TV-L.

53

Der Vergütungsgruppe Vb LRL-TdL entspricht die Entgeltgruppe 9 TV-L. Das ergibt sich unmittelbar aus der „Nichterfüller“-Tabelle in der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder. Dort ist bei den „Ausgangsgruppen“ die Vergütungsgruppe Vb in verschiedenen Varianten („mit Aufstieg …“, „ohne Aufstieg …“) der Entgeltgruppe 9 TV-L zugeordnet.

54

Ob ein in die Überleitungstabelle eingearbeiteter möglicher Bewährungsaufstieg bei anderen Lehrkräften, insbesondere Nichterfüllern, deren bisherige Vergütungsgruppe je nach einzelnen Maßgaben nicht derselben, sondern unterschiedlichen Entgeltgruppen zugeordnet wird, bei einem während der Zeit zwischen dem 1. November 2006 und dem 31. Dezember 2011 erfolgten Bewährungsaufstieg nach den LRL-TdL zu berücksichtigen ist, muss vorliegend nicht entschieden werden. Die für den Kläger maßgebenden Vergütungsgruppen Vc und Vb LRL-TdL werden in der Überleitungstabelle jeweils nur einer einzigen Entgeltgruppe zugeordnet, so dass auch bei einer originären Eingruppierung in die höhere Vergütungsgruppe eine Zuordnung zu der entsprechend höheren Entgeltgruppe erfolgt wäre.

55

C. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    

                 

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 22. April 2009 - 2 Sa 1689/08 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche Lebensaltersstufe bei der Berechnung der tariflichen Vergütung des Klägers zugrunde zu legen war.

2

Der 1976 geborene, nicht tarifgebundene Kläger war vom 1. August 2005 bis zum 31. Dezember 2008 beim beklagten Land an der Universität M als Angestellter tätig, zuletzt aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 27. Juni 2007. In diesem ist ua. vereinbart, dass der Kläger ab dem 1. August 2007 bis zum 31. Dezember 2008 als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten weiterbeschäftigt wird, das Arbeitsverhältnis sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den sonstigen einschlägigen Tarifverträgen für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) bestimmt, soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen sind, und der Kläger in der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a/1 b zum BAT eingruppiert ist.

3

Das beklagte Land ist mit Ablauf des 31. März 2004 aus der TdL ausgetreten, die Tarifvertragspartei des BAT ist. Der BAT und der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 sind für den Bereich des Bundes mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 und für den Bereich der TdL mit Wirkung vom 1. November 2006 durch andere tarifliche Regelungen ersetzt worden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2010 hat das beklagte Land mit verschiedenen Gewerkschaften den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H) und den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Landes Hessen in den TV-H und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-H) abgeschlossen.

4

§ 3 TVÜ-H und die Protokollerklärung zu § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H lauten:

        

„§ 3   

Überleitung in den TV-H.

        

(1) Die von § 1 Absatz 1 erfassten Beschäftigten werden am 1. Januar 2010 nach den folgenden Regelungen in den TV-H übergeleitet.

        

(2) Die Überleitung für Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BAT erfolgt entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vergütungssystems. Die Überleitungsregelungen regeln nicht die Rechtsfolgen für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009.

                 
        

Protokollerklärung zu § 3 Absatz 2 Satz 1:

        

Durch Absatz 2 Satz 1 wird sichergestellt, dass die Überleitung wie beim TVÜ-L, TVÜ-VKA und TVÜ-Bund entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt. Der Schutz dieses bestehenden, auf den bisherigen individuellen Lebensaltersstufen basierenden Besitzstands wird durch die Anknüpfung der Überleitungsregelungen an das nach Maßgabe von § 5 festgelegte Vergleichsentgelt geregelt. Die Tarifvertragsparteien sind sich - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Urteil des LAG Köln, Urteil vom 6. Februar 2009 - 8 Sa 1016/08 - darüber einig, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht getroffen zu haben.“

5

Die Bezügestelle des beklagten Landes berechnete die Grundvergütung des Klägers für die Monate August 2007 bis Februar 2008 versehentlich statt nach der aufgrund seines Alters zutreffenden Lebensaltersstufe 31 nach der Lebensaltersstufe 45, der letzten Lebensaltersstufe der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT. Der Kläger erhielt aufgrund dieses Versehens in dem genannten Zeitraum nicht wie im Juli 2007 monatlich 1.317,83 Euro brutto, sondern 1.709,96 Euro brutto. Das beklagte Land forderte den Kläger in einem Schreiben vom 25. Februar 2008 auf, 2.148,46 Euro netto zurückzuzahlen, und behielt den geltend gemachten Betrag im Wege der Verrechnung von der Vergütung des Klägers ein. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner dem beklagten Land am 19. Juni 2008 zugestellten Klage.

6

Der Kläger hat gemeint, die Bemessung der tariflichen Grundvergütung nach Lebensaltersstufen beinhalte eine nicht zulässige Altersdiskriminierung. Das beklagte Land habe deshalb bei der Berechnung der Grundvergütung die Lebensaltersstufe 45 zugrunde zu legen.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm Grundvergütung gemäß Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT nach der Lebensaltersstufe „nach vollendetem 45. Lebensjahr“ für die Monate August 2007 bis Dezember 2008 zu zahlen,

        

hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 2.747,01 Euro brutto zu zahlen.

8

Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Lebensaltersstufenregelung des BAT benachteilige jüngere Angestellte nicht wegen ihres Alters gegenüber älteren Angestellten. Jedenfalls wäre eine Benachteiligung bei der gebotenen typisierenden Betrachtung durch legitime Ziele gemäß § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG gerechtfertigt. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, dürfe keine Anpassung „nach oben“ vorgenommen werden. § 7 Abs. 2 AGG ordne als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot die Unwirksamkeit entgegenstehender Vereinbarungen an. Der Gesetzgeber habe jedoch nicht geregelt, was an Stelle der unwirksamen Regelungen gelten solle. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie bilde die verfassungsrechtliche Grenze der Schließung einer entstandenen Regelungslücke durch die Gerichte für Arbeitssachen. Diese Grenze sei überschritten, wenn eine Norm, die bestimmten Arbeitnehmergruppen eine Leistung gewähren wolle, in eine Regelung umgewandelt werde, die allen Arbeitnehmern diese Leistung zuerkenne. Durch eine Anpassung „nach oben“ entstünde eine massive rückwirkende Belastung des Arbeitgebers, die in die Tarifautonomie eingreife, indem sie die Gesamtbelastung des Arbeitgebers verändere und nicht berücksichtige, dass die Tarifvertragsparteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit des Systems das Gesamtbelastungsvolumen anders verteilt hätten. Aus diesen Gründen sei es richtig, die vom Bundesverfassungsgericht zur Nichtigkeit von Gesetzen entwickelten Grundsätze auch auf Tarifverträge anzuwenden und diskriminierende Bestimmungen eines Tarifvertrags für die Zukunft für unwirksam zu erklären, ohne die Nichtigkeit ex tunc eintreten zu lassen. Damit werde eine nachhaltige Erweiterung des Dotierungsrahmens vermieden und der Bindung des öffentlichen Arbeitgebers an das Haushaltsrecht Rechnung getragen. Eine massive Verschiebung des Dotierungsrahmens widerspräche auch dem Willen der Tarifvertragsparteien. Dies belege der am 1. Januar 2010 in Kraft getretene TV-H. Es treffe nicht zu, dass nur eine Möglichkeit der Korrektur bestehe. So könnten die Tarifvertragsparteien zB für die Vergangenheit die Lebensaltersstufen durch eine Stufung nach Beschäftigungsjahren ersetzen und dabei eine Erhaltung des Besitzstands zugunsten der älteren Angestellten festlegen. Bei Annahme einer nicht gerechtfertigten Vergütung nach Lebensaltersstufen sei von der Gesamtnichtigkeit des Entgeltsystems auszugehen. Dies habe zur Folge, dass kein Angestellter Anspruch auf eine höhere Vergütung habe.

9

Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gebiete keine Anpassung „nach oben“. Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union in Fällen der Geschlechterdiskriminierung eine Anpassung „nach oben“ vorgenommen habe, sei es anders als im Entscheidungsfall jeweils „nur“ um die Benachteiligung einer verhältnismäßig kleinen Gruppe gegangen. Seien Ausnahmebestimmungen aufgrund von Verstößen gegen Diskriminierungsverbote nichtig, liege es nahe, die Regel anzuwenden. Um einen Verstoß einer Ausnahmebestimmung gegen ein Diskriminierungsverbot gehe es bei der Vergütung nach Lebensaltersstufen aber nicht.

10

Unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens, wie er in § 15 Abs. 3 AGG zum Ausdruck komme, müsste allenfalls eine Anpassung „nach unten“ erfolgen. Das Haftungsprivileg dieser Vorschrift greife auch bei der Anwendung des § 27 Abschn. A BAT. Grobe Fahrlässigkeit liege erst dann vor, wenn der Arbeitgeber eine Tarifnorm anwende, die nach gefestigter Rechtsprechung „AGG-widrig“ sei. § 8 Abs. 2 AGG stehe einer Anpassung „nach unten“ nicht entgegen. Für eine Anpassung „nach unten“ spreche, dass die Anfangsgrundvergütung die Regel sei, von der Stufe für Stufe Ausnahmen vorgesehen seien. Seien sämtliche mit Erreichen eines höheren Lebensalters verbundene Steigerungen als gleichheitswidrige Ausnahmen gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, bleibe allein die Anfangsgrundvergütung wirksam.

11

Schließlich würde auch der Vertrauensschutz den Anspruch des Klägers hindern. Die Voraussetzungen einer zulässigen unechten Rückwirkung lägen nicht vor. Bei der letzten Änderung des BAT im Januar 2003 hätte den Tarifvertragsparteien des BAT nicht bewusst sein können, dass sie ein ungeschriebenes primärrechtliches Altersdiskriminierungsverbot beachten müssten. Eine durch das AGG rückwirkend herbeigeführte Unwirksamkeit des § 27 Abschn. A BAT wäre unverhältnismäßig. Die Mehrkosten bei einer Anpassung „nach oben“ beliefen sich ohne Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeitragsanteile auf jährlich ca. 100 Millionen Euro. Dem Vertrauensschutz stehe nicht entgegen, dass die Parteien den letzten befristeten Arbeitsvertrag am 27. Juni 2007 und damit nach Austritt des beklagten Landes aus der TdL abgeschlossen hätten. Eine Möglichkeit, von den Vergütungsregelungen im BAT abzuweichen, habe in der Praxis nicht bestanden. Hinzu komme, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Bildung des Vergleichsentgelts bisher nicht in Frage gestellt habe, dass bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts die Grundvergütung mit der altersmäßig zutreffenden Lebensaltersstufe zugrunde zu legen sei.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klageänderung, die sich auf den Feststellungsantrag des Klägers zur Bemessung der Grundvergütung nach der Lebensaltersstufe „nach vollendetem 45. Lebensjahr“ bezog, für nicht zulässig gehalten und hat die Klage größtenteils abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und der Klage gemäß dem Hauptantrag des Klägers stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger beantragt, die Revision des beklagten Landes zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht für die Monate August 2007 bis Dezember 2008 die beanspruchte Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT unter Zugrundelegung der Lebensaltersstufe „nach vollendetem 45. Lebensjahr“ zu.

14

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Trotz des Vergangenheitsbezugs der Feststellungsklage liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - das angestrebte Feststellungsurteil geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann vom beklagten Land als Körperschaft des öffentlichen Rechts erwartet werden, dass es einem stattgebenden Feststellungsurteil nachkommen wird (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 449/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 78 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 3).

15

II. Das beklagte Land ist aufgrund der Vereinbarung im Arbeitsvertrag vom 27. Juni 2007, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT bestimmt, verpflichtet, dem Kläger für die Monate August 2007 bis Dezember 2008 Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT unter Zugrundelegung der Lebensaltersstufe „nach vollendetem 45. Lebensjahr“ zu zahlen. Nur so kann die Diskriminierung des Klägers beseitigt werden.

16

1. Mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C-298/10 - (NZA 2011, 1100) ist geklärt, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 (GRC) verankert und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78) konkretisiert worden ist, verstößt und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 RL 2000/78 darstellt, die nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 gerechtfertigt ist. Damit ist nur noch darüber zu entscheiden, auf welche Art und Weise der Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot zu beseitigen ist.

17

2. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes steht dem Kläger aufgrund der Unwirksamkeit der in § 27 Abschn. A BAT angeordneten Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen nicht nur in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung zu(Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 193; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c). Bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 27. Juni 2007, in dem auf die Vergütungsregelungen des BAT Bezug genommen wurde, war weder der Kläger noch das beklagte Land tarifgebunden. Bei einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme nicht tarifgebundener Arbeitsvertragsparteien auf ein unwirksames tarifliches Vergütungssystem kommt zwar in Betracht, in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 2 BGB auf die übliche Vergütung abzustellen(Behrendt/Gaumann/Liebermann ZTR 2009, 614, 620 f.). Betrifft die Nichtigkeit allein die Vergütungsvereinbarung, fingiert § 612 Abs. 1 BGB die Vergütungsvereinbarung, während sich die Höhe der Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB bestimmt(MünchKommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. § 612 Rn. 7). Jedoch würde dadurch, dass dem Kläger die übliche Vergütung gezahlt wird, entgegen der Auffassung des beklagten Landes die Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters nicht beseitigt. Mangels einer Tarifbindung des beklagten Landes am 27. Juni 2007 liegt zwar keine Gleichstellungsabrede vor (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Bezugnahmeklausel Nr. 7). Es macht für die Frage einer Diskriminierung wegen des Alters jedoch keinen entscheidenden Unterschied, ob die Arbeitsvertragsparteien beiderseits tarifgebunden sind und damit die tariflichen Vergütungsvorschriften unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) oder ob die Arbeitsvertragsparteien wie hier auf ein tarifliches Vergütungssystem Bezug genommen haben. Die Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen seines Alters wird noch nicht dadurch beseitigt, dass ihm die übliche Vergütung gezahlt wird. Diese könnte sogar niedriger sein als das Arbeitsentgelt, das der aufgrund seines Alters diskriminierte Arbeitnehmer bisher erhalten hat. Zur Beseitigung der Benachteiligung ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitnehmer die Vergütung erhält, die sein Arbeitgeber den nicht wegen ihres Alters diskriminierten Arbeitnehmern gezahlt hat.

18

3. Allerdings ist dem beklagten Land einzuräumen, dass mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C-298/10 - (NZA 2011, 1100) nur geklärt ist, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen unwirksam ist, jedoch noch nicht entschieden ist, ob der Verstoß gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters nur durch eine Anpassung „nach oben“ oder auch auf andere Art und Weise beseitigt werden kann.

19

a) Wenngleich überwiegend bei einem Verstoß eines tarifvertraglichen Vergütungssystems gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters eine Anpassung „nach oben“ befürwortet wird und diese Anpassung auch der allgemeinen Systematik entspricht (vgl. Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 187 ff.; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c; Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 7 Rn. 52 mwN), besteht doch keine völlige Einigkeit, wie der Verstoß des Vergütungssystems des BAT gegen das Diskriminierungsverbot zu beheben ist. Dies ist der Besonderheit geschuldet, dass nicht einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen von einer Leistung des Arbeitgebers ausgenommen und dadurch benachteiligt werden, sondern ein tarifliches Vergütungssystem insgesamt gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist und dies zu einem Regelungsvakuum führt(vgl. Lingemann/Gotham NZA 2007, 663, 667; Kamanabrou ZfA 2006, 327, 333).

20

aa) So wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, das Dogma einer generellen Anpassung „nach oben“ hätte absurde praktische Konsequenzen (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 7 Rn. 29). Auch soll das Anfangsgrundgehalt in den Vergütungsgruppen des BAT die Regelleistung sein, von der Stufe für Stufe gleichheitswidrige Ausnahmen vorgesehen werden (Krebber EuZA 2009, 200, 213). Dies soll zur Folge haben, dass sich der Anspruch aller Angestellten auf diese Regelleistung beschränkt, wenn die Tarifvertragsparteien nicht innerhalb einer ihnen einzuräumenden Übergangsfrist die diskriminierenden Regelungen ersetzen.

21

bb) Die Annahme, die Anfangsgrundvergütung sei die Regelleistung, überzeugt jedoch nicht. Die Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen ist nach § 27 Abschn. A Abs. 1 BAT die Regel. Die höheren Grundvergütungen werden nicht nur „ausnahmsweise“ gezahlt. Vielmehr ist dies bei der Anfangsgrundvergütung der Fall. Im Übrigen wird Angestellten nie die Anfangsgrundvergütung gezahlt, wenn sie bei ihrer Einstellung bereits das 23. bzw. 25. Lebensjahr vollendet haben. Hinzu kommt, dass nach Art. 16 Buchst. b RL 2000/78 die verbotswidrigen Regelungen entweder für nichtig erklärt werden müssen oder erklärt werden können oder sichergestellt werden muss, dass sie geändert werden. Hätten alle Angestellten nur Anspruch auf die Anfangsgrundvergütung ihrer Vergütungsgruppe, wenn die Tarifvertragsparteien keine diskriminierungsfreie Regelung treffen, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. Kamanabrou ZfA 2006, 327, 330; Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 191).

22

b) Die Ungleichbehandlung kann nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden.

23

aa) Stellt das Bundesverfassungsgericht einen Gleichheitsverstoß fest, hat der Gesetzgeber in der Regel mehrere Möglichkeiten, diesen zu beheben. Das Bundesverfassungsgericht überlässt ihm aus kompetenzrechtlichen Gründen deshalb grundsätzlich die Entscheidung, in welcher Weise er den Anforderungen des Gleichheitssatzes genügen will, sieht regelmäßig vom Nichtigkeitsausspruch ab und beschränkt sich auf eine Unvereinbarkeitserklärung (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 52). Bei gleichheitswidrigen Tarifverträgen haben die Gerichte für Arbeitssachen zwar die Verwerfungskompetenz, auch hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Entscheidung, auf welche Art und Weise die Benachteiligung beseitigt wird, aufgrund der Gewährleistung der Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG den Tarifvertragsparteien obliegt oder ob die Gerichte für Arbeitssachen eine Anpassung „nach oben“ vornehmen dürfen, indem sie die für die Bessergestellten geltenden Tarifbestimmungen auf die Benachteiligten erstrecken(Wiedemann/Peters RdA 1997, 100, 107). Eine Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit ist bisher grundsätzlich nur bei Nichtigkeit einer Ausnahmeregelung erfolgt, wenn nach dem Regelungstatbestand unter Berücksichtigung der Zusatzbelastung des Arbeitgebers anzunehmen war, dass die Tarifvertragsparteien die Regelung auch mit erweitertem Anwendungsbereich getroffen hätten (vgl. BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236), oder die Benachteiligung für die Vergangenheit nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden konnte (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 43, AP GG Art. 3 Nr. 322 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 20; 18. März 2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 54, BAGE 133, 354; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung sexuelle Orientierung Nr. 1; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 37, BAGE 129, 93; 13. November 1985 - 4 AZR 234/84 - BAGE 50, 137). Im Urteil vom 28. Mai 1996 (- 3 AZR 752/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 143 = EzA GG Art. 3 Nr. 55) hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts angenommen, dass die benachteiligten Arbeitnehmer für zurückliegende Zeiten einen Anspruch auf den ihnen vorenthaltenen Zuschuss haben, wenn der Arbeitgeber nicht sichergestellt hat, dass seine Rückforderungsansprüche gegen diejenigen Arbeitnehmer, denen er den Zuschuss gewährt hat, nicht verfallen und wenn ihm bewusst war, dass die Zuschussregelung möglicherweise insgesamt unwirksam ist.

24

bb) Für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009 ist eine Angleichung „nach oben“ schon deshalb gerechtfertigt, weil der Anspruch auf ein höheres Grundgehalt den älteren Angestellten nicht rückwirkend entzogen werden kann, so dass nur diese Möglichkeit besteht (vgl. Wank FS Wißmann S. 599, 617; Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger KSchR 8. Aufl. Art. 3 GG Rn. 35).

25

(1) Das beklagte Land wäre bereits aufgrund der tariflichen sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 70 BAT bzw. des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-H gehindert, bereits verfallene Gehaltsrückforderungsansprüche gegenüber älteren Angestellten mit Erfolg geltend zu machen.

26

(2) Auch soweit die tarifliche Ausschlussfrist nicht entgegensteht, muss die Beseitigung von in der Vergangenheit liegenden Folgen der Benachteiligung das Vertrauen der älteren Angestellten auf die Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT schützen (Schlachter FS Schaub S. 651, 662). Die Normunterworfenen und damit auch die älteren Angestellten dürfen grundsätzlich auf den Fortbestand der tariflichen Ordnung vertrauen. Nur so kann der Tarifvertrag seiner Aufgabe gerecht werden und den Individualparteien beiderseits Planungssicherheit gewähren (Däubler/Deinert TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 35). In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist deshalb anerkannt, dass die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt ist (BAG 23. November 1994 - 4 AZR 879/93 - BAGE 78, 309; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung sexuelle Orientierung Nr. 1). Jedenfalls vor Bekanntwerden des Vorlagebeschlusses des Senats mussten ältere Angestellte nicht davon ausgehen, dass ihre Grundvergütung rückwirkend neu berechnet wird und sie eine niedrigere Vergütung erhalten. Deshalb hilft dem beklagten Land auch sein Hinweis nicht weiter, die nachträgliche Regelungslücke sei im Rahmen einer ergänzenden Auslegung in Anlehnung an die entsprechenden Regelungen im TV-L und TVöD durch eine pauschalierte Berücksichtigung der Berufserfahrung in Form von Dienstaltersstufen zu schließen.

27

cc) Entscheidend kommt hinzu, dass die Tarifvertragsparteien des TV-H und des TVÜ-H weder für die Zeit vor dem 1. Januar 2010 eine vom Vergütungssystem des BAT abweichende, dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gerecht werdende Regelung rückwirkend getroffen haben noch bereit sind, eine solche rückwirkende Ersatzregelung zu vereinbaren.

28

(1) In § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H haben die Tarifvertragsparteien bestimmt, dass die Überleitung für Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BAT entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vergütungssystems erfolgt. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-H regeln die Überleitungsregelungen nicht die Rechtsfolgen für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009. Bereits dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien eine abschließende Regelung treffen wollten und nicht bereit sind, das vor dem 1. Januar 2010 bestehende Vergütungssystem rückwirkend zu ändern oder durch ein anderes Vergütungssystem zu ersetzen oder den in § 3 Abs. 1 TVÜ-H auf den 1. Januar 2010 festgelegten Zeitpunkt der Überleitung der Beschäftigten in den TV-H vorzuverlegen (aA Behrendt/Gaumann/Liebermann ZTR 2009, 614, 621). Dies hätte nämlich zur Folge, dass die Überleitung nicht mehr entsprechend den nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufen erfolgen könnte, sondern die Vergleichsentgelte neu ermittelt werden müssten. Bei einer Vorverlegung des Überleitungszeitpunkts könnten bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts nicht mehr gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-H die den Beschäftigten im Dezember 2009 zustehenden Bezüge nebst ehegatten- und kinderbezogenen Entgeltbestandteilen zugrunde gelegt werden. Wenn die Tarifvertragsparteien des TV-H bzw. TVÜ-H im Falle einer Unwirksamkeit des auf Lebensaltersstufen abstellenden Vergütungssystems des BAT an den am 1. Januar 2010 von ihnen in Kraft gesetzten Entgeltregelungen nicht hätten festhalten wollen, hätten sie in § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H nicht formulieren dürfen, dass die Überleitung entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vergütungssystems erfolgt.

29

(2) Die Protokollerklärung zu § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien nicht zu einer auch den Klagezeitraum erfassenden rückwirkenden Entgeltregelung bereit sind. Aus Satz 1 der Protokollerklärung wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien durch § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H sicherstellen wollten, dass die Überleitung wie beim TVÜ-L, TVÜ-VKA und TVÜ-Bund entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt. Auch Satz 3 der Protokollerklärung, wonach sich die Tarifvertragsparteien - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 2009 - 8 Sa 1016/08 - darüber einig sind, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht getroffen zu haben, hindert die Annahme, die Tarifvertragsparteien würden für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009 ein neues Vergütungssystem vereinbaren, das nicht gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters verstößt, sondern eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 vermeidet.

30

(3) Den Tarifvertragsparteien des TVÜ-H bzw. des TV-H darf auch nicht unterstellt werden, dass sie nicht vor Augen hatten, dass sie durch eine rückwirkende tarifliche Regelung eine Beseitigung der Diskriminierung nur erreichen können, wenn sie entweder alle Beschäftigten der jeweils höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe zuordnen oder die Grundvergütungen der den höchsten Lebensaltersstufen zugeordneten Beschäftigten vermindern. Letztere Möglichkeit schied aber aufgrund des auch von Tarifvertragsparteien zu achtenden Vertrauensschutzes aus.

31

(4) Aufgrund des übereinstimmenden, eindeutigen Willens der Tarifvertragsparteien, unabhängig von der Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT keine Ersatzregelung zu treffen, überzeugt das Argument des beklagten Landes, eine Ersatzregelung für die Zeit vor dem Inkrafttreten des TVÜ-H bzw. TV-H am 1. Januar 2010 sei den Tarifvertragsparteien vorbehalten, nicht.

32

(5) Korrekturen des Tarifrechts durch den Senat für die Zeit vor dem 1. Januar 2010 bedeuten entgegen der Auffassung des beklagten Landes angesichts der Regelung in § 3 Abs. 2 TVÜ-H und aufgrund des auch in der Protokollerklärung zu dieser Bestimmung deutlich zum Ausdruck gekommenen Willens der Tarifvertragsparteien, keine tarifliche Ersatzregelung für die Vergangenheit mehr zu treffen, keinen unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie. Ein solcher Eingriff setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien bereit sind, eine unwirksame tarifliche Regelung durch eine wirksame zu ersetzen. Ein solcher Wille der Tarifvertragsparteien fehlt für die Zeit vor dem 1. Januar 2010 und damit auch für den Klagezeitraum. Der gegenteilige Wille der Tarifvertragsparteien ist zu achten. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie beinhaltet auch das Recht der Tarifvertragsparteien, von einer tariflichen Regelung abzusehen, wenn sie dies für angemessen halten. Könnten die Tarifvertragsparteien zum Abschluss von Tarifverträgen gezwungen werden, wäre dies mit der Tarifautonomie nicht zu vereinbaren. Erfolgt aber keine kollektivrechtliche Neuregelung, findet regelmäßig eine Angleichung „nach oben“ statt (Erman/Belling BGB 13. Aufl. § 7 AGG Rn. 7).

33

(6) Deshalb trägt auch das Argument des beklagten Landes nicht, der Gesetzgeber habe bewusst von der im Entwurf für die Regelung in § 7 Abs. 2 AGG vorgesehenen Bestimmung zur ergänzenden Auslegung unwirksamer kollektivrechtlicher Regelungen abgesehen und sich damit dafür entschieden, der besonderen Rechtsstellung der Tarifvertragsparteien im Rahmen von § 7 Abs. 2 AGG Rechnung zu tragen. Im Übrigen könnte Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich nur dann eine befristete Aussetzung gebieten, um den Tarifvertragsparteien den Vortritt zu lassen, damit diese regeln können, auf welche Art und Weise die Diskriminierung beseitigt werden soll, wenn es um die Beseitigung der Diskriminierung für die Zukunft geht(vgl. ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 f.; Kamanabrou ZfA 2006, 327, 332; Wank FS Wißmann S. 599, 617; Schlachter FS Schaub S. 651, 668 ff.; Wiedemann/Peters RdA 1997, 100, 107).

34

(7) Im Hinblick auf den aus § 3 Abs. 2 TVÜ-H und der dazugehörigen Protokollerklärung erkennbaren gegenteiligen Willen der Tarifvertragsparteien kann der Senat ebenso wenig statt der Anpassung „nach oben“ als mildere Maßnahme die Überleitung der Beschäftigten „vorziehen“, indem er bis zum 31. Dezember 2009 das Vergütungssystem des TV-H unter Besitzstandswahrung anwendet. Es geht hier nicht um die Überleitung in ein diskriminierungsfreies System - diese haben die Tarifvertragsparteien mit dem TVÜ-H geregelt -, sondern um die Beseitigung der Diskriminierung innerhalb eines diskriminierenden Systems.

35

dd) Für eine Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit spricht auch, dass eine solche Anpassung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Benachteiligung beim Entgelt im Einklang steht.

36

(1) Nach der bisherigen Entscheidungspraxis des Gerichtshofs der Europäischen Union kann man davon ausgehen, dass sich im Falle einer Diskriminierung die Unwirksamkeit nur auf die benachteiligenden Regelungen bezieht (vgl. Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 188). Im Urteil vom 7. Februar 1991 (- C-184/89 - [Nimz] Slg. 1991, I-297) hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, dass im Falle einer mittelbaren Diskriminierung durch eine Bestimmung eines Tarifvertrags das nationale Gericht verpflichtet ist, diese Bestimmung - ohne dass es ihre vorherige Beseitigung durch Tarifverhandlungen oder auf anderen Wegen beantragen oder abwarten müsste - außer Acht zu lassen und auf die Angehörigen der durch diese Diskriminierung benachteiligten Gruppe die gleiche Regelung wie auf die übrigen Arbeitnehmer anzuwenden, wobei diese Regelung, „solange Art. 119 EWG-Vertrag im nationalen Recht nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt“(vgl. dazu Wiedemann NZA 2007, 950, 951). An diesem Grundsatz hat der Gerichtshof der Europäischen Union ua. im Urteil vom 26. Januar 1999 (- C-18/95 - [Terhoeve] Slg. 1999, I-345) ausdrücklich festgehalten und er hat jüngst im Urteil vom 22. Juni 2011 (- C-399/09 - [Landtová]) nochmals wiederholt, dass die Regelung für die nicht benachteiligten Arbeitnehmer das einzige gültige Bezugssystem bleibt, solange das Gemeinschaftsrecht nicht richtig durchgeführt ist. Damit betrifft die Anforderung des Unionsrechts, die Diskriminierung durch eine Anpassung „nach oben“ zu beseitigen, nicht nur die Vergangenheit, sondern sogar die Zukunft, weil sie das höhere Entgelt auch zukunftsbezogen solange zugesteht, bis eine unionsrechtskonforme Neuregelung getroffen ist (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6; aA Krebber EuZA 2009, 200, 209, der die Auffassung vertritt, der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Anti-Diskriminierungsrichtlinien lasse sich ein Gebot der Angleichung „nach oben“ nicht entnehmen).

37

(2) Die Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union einer Anpassung „nach oben“ ist allerdings anhand von Fällen entwickelt worden, in denen eine kleinere Beschäftigtengruppe von einer begünstigenden Norm ausgenommen worden ist (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Wie zu verfahren ist, wenn eine tarifliche Vergütungsregelung insgesamt wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters unwirksam ist und nur die höchste Grundvergütung in den Vergütungsgruppen als Bezugssystem in Betracht kommt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union zwar noch nicht entschieden. Jedoch wird eine Anpassung „nach oben“ auch in diesem Fall der Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union, die diskriminierende Regelung außer Acht zu lassen und auf die durch die Diskriminierung benachteiligten Arbeitnehmer die gleiche Regelung wie auf die nicht benachteiligten Arbeitnehmer anzuwenden, jedenfalls dann am ehesten gerecht, wenn die Tarifvertragsparteien von einer rückwirkenden Ersatzregelung absehen und von den nicht diskriminierten Arbeitnehmern deshalb und aufgrund tariflicher Ausschlussfristen sowie aus Gründen des Vertrauensschutzes Leistungen nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg zurückgefordert werden können.

38

ee) Finanzielle Belange des beklagten Landes hindern eine Anpassung „nach oben“ nicht.

39

(1) Eine uneingeschränkte Anwendung des Grundsatzes einer Anpassung „nach oben“ bei Verstößen gegen Benachteiligungsverbote kann allerdings zu erheblichen finanziellen Belastungen eines Arbeitgebers führen. Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Ansprüche jüngerer Angestellter auf das Endgrundgehalt ihrer Vergütungsgruppe Verjährungs- und Ausschlussfristen unterliegen (Kamanabrou ZfA 2006, 327, 334). Eine Anpassung „nach oben“, die zu einer nachhaltigen Erweiterung des Dotierungs- oder Kostenrahmens führt, kann freilich auch dann vorliegen, wenn eine benachteiligte Gruppe von Arbeitnehmern groß und der Kreis der gleichheitswidrig Begünstigten klein ist. Auch in diesem Fall steht aber den gleichheitswidrig ausgeschlossenen Arbeitnehmern für die Vergangenheit grundsätzlich die ihnen vorenthaltene Leistung zu, wenn nur auf diesem Weg dem Gleichheitssatz Rechnung getragen werden kann (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58).

40

(2) Die Frage, ob eine unangemessene Kostenbelastung des Arbeitgebers überhaupt geeignet sein kann, die gebotene Beseitigung der Diskriminierungsfolgen zu hindern, oder bewirken kann, dass dem Kosteninteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Vertrauen der Begünstigten auf die Wirksamkeit der Regelung Vorrang gebührt, bedarf hier keiner Entscheidung. Bezüglich der Mehrkosten hat das beklagte Land geltend gemacht, diese beliefen sich ohne Berücksichtigung der von ihm zu tragenden Sozialversicherungsbeitragsanteile bei einer Anpassung „nach oben“ auf jährlich ca. 100 Millionen Euro. Allerdings fehlen Angaben des beklagten Landes dazu, wie viele Angestellte für welche Zeiträume die Zahlung der Endgrundvergütung ihrer Vergütungsgruppe bereits verlangt haben. Da das beklagte Land mit seinen Angestellten grundsätzlich vereinbart hat, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des BAT bestimmt, und somit die tarifliche Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit (§ 70 BAT) greift, fehlen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das eklagte Land für die Zeit bis zum Inkrafttreten des TV-H und des TVÜ-H am 1. Januar 2010 bei einer Anpassung „nach oben“ mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten belastet wird. Die Zeit bis zum 1. Januar 2010 ist maßgebend. Mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C-298/10 - (NZA 2011, 1100) ist geklärt, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 sowie Art. 28 GRC nicht entgegenstehen, wenn ein Vergütungssystem, das zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, durch ein auf objektive Kriterien gestütztes Vergütungssystem ersetzt wird und zugleich für einen befristeten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen des erstgenannten Systems bestehen bleiben, um für die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer den Übergang zum neuen System ohne Einkommensverluste zu gewährleisten.

41

ff) Ohne Erfolg beruft sich das beklagte Land auf Vertrauensschutz. Bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 27. Juni 2007 galt schon das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG. Der BAT und der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT waren bereits für den Bereich des Bundes mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 und für den Bereich der TdL mit Wirkung vom 1. November 2006 durch andere tarifliche Regelungen ersetzt worden. Das beklagte Land war in seiner Entscheidung frei, mit dem Kläger eine vom Vergütungssystem des BAT abweichende Entgeltabrede zu treffen und zB die Vergütungsbestimmungen des TV-L bzw. des TVÜ-Länder in Bezug zu nehmen. Wenn es davon trotz der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung, die Bemessung der Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT verstoße gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters (vgl. Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 7 Rn. 53 mwN), abgesehen hat, ist sein Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT nicht schützenswert.

42

gg) Der Umstand, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters verstößt und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 darstellt, führt entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht dazu, dass es an einer Bezugsgröße für die Anpassung „nach oben“ fehlt. Dem beklagten Land ist zwar einzuräumen, dass die Tarifvertragsparteien des BAT angesichts der von ihnen vereinbarten Lebensalterstufen offensichtlich nicht wollten, dass alle Angestellten in derselben Vergütungsgruppe eine gleich hohe Grundvergütung erhalten. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, den wegen ihres Alters benachteiligten Angestellten die Vergütung vorzuenthalten, die den nicht benachteiligten Angestellten zustand. Insoweit besteht kein entscheidender Unterschied zwischen einer gleichheitswidrigen Benachteiligung und einer unzulässigen Diskriminierung, wenn dem Gleichheitssatz bzw. dem Diskriminierungsverbot nur dadurch Rechnung getragen werden kann, dass den Benachteiligten derselbe Anspruch auf Vergütung eingeräumt wird wie den gleichheitswidrig begünstigten bzw. nicht diskriminierten Angestellten (vgl. zum Gleichheitssatz ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 mwN). Bei einer Entgeltstaffelung nach dem Alter in einem Tarifvertrag bedeutet dies, dass bis auf die höchste alle Entgeltstufen benachteiligend sind (Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 190; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c).

43

c) Entgegen der Ansicht des beklagten Landes schützt es die Regelung in § 15 Abs. 3 AGG, wonach der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet ist, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, nicht vor einer Anpassung „nach oben“. Die Vorschrift bezieht sich auf Schadensersatzansprüche und begrenzt nur Ansprüche auf Entschädigungsleistung (Löwisch DB 2006, 1729, 1731; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung verhält sie sich nicht.

44

III. Das beklagte Land hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lauth    

        

    M. Jostes    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 10. März 2009 - 5 Sa 209/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Anspruch auf Zahlung eines ruhegehaltfähigen Zuschusses zur Vergütung nach § 4 der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung vom 21. Juni 1991 - 2. BesÜV).

2

Der Kläger ist seit dem 1. Mai 1993 für die beklagte Berufsgenossenschaft bzw. deren Rechtsvorgängerin als Technische Aufsichtsperson iSv. § 18 SGB VII tätig. Bei seiner Anstellung ist er in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 13 eingewiesen worden. Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die am 1. Mai 2005 aus der Fusion der bisher sieben rechtlich selbständigen einzelnen regionalen Bau-Berufsgenossenschaften und der Tiefbau-Berufsgenossenschaft zur jetzigen Beklagten hervorgegangen ist. Gemäß § 4 ihrer Dienstordnung (DO) bestimmt sich die Besoldung der Angestellten nach den Vorschriften für Beamte des Bundes auf der Grundlage des Stellenplanes.

3

Als Aufsichtsperson darf nach § 18 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nur beschäftigt werden, wer seine Befähigung für diese Tätigkeit durch eine Prüfung nachgewiesen hat. Die bei Einstellung des Klägers geltende Prüfungsordnung I für den Technischen Aufsichtsdienst bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften in der seit dem 1. Januar 1967 geltenden Fassung, die für Bewerber mit einer Hochschulausbildung und Absolventen einer höheren technischen Lehranstalt galt, enthielt ua. folgende Regelungen:

        

„...

        

§ 1

        

Zulassung zur Prüfung

        

Zur Prüfung kann nur zugelassen werden, wer

        

a)   

eine bestimmte Vorbildung hat (§§ 2, 3),

        

b)   

die Vorbereitungszeit abgeleistet hat (§ 4),

        

c)   

von der Berufsgenossenschaft zur Prüfung gemeldet wird.

        

§ 2

        

Nachweis der Vorbildung

        

Die im § 1 Buchstabe a) genannten Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Bewerber eine abgeschlossene technische oder naturwissenschaftliche Ausbildung besitzt; diese ist durch das Abschlußzeugnis einer Hochschule oder einer staatlichen oder staatlich anerkannten höheren technischen Lehranstalt nachzuweisen.

        

§ 3

        

Praktische Kenntnisse

        

Der Bewerber soll vor der Einstellung praktische betriebliche Kenntnisse erworben haben.

        

§ 4

        

Vorbereitungszeit

        

Die Vorbereitungszeit (§ 1 Buchstabe b) dauert zwei Jahre. Sie kann mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde um höchstens ein Jahr gekürzt werden, wenn der Technische Aufsichtsbeamte im Vorbereitungsdienst auf Grund seiner Berufserfahrung mit den besonderen Aufgaben der Unfallverhütung hinreichend vertraut ist.

        

...“

4

Die Zulassungsvoraussetzungen für Bewerber mit abgeschlossener technischer oder gleichartiger Ausbildung regelte die Prüfungsordnung II. Zur Prüfung konnte nach deren § 2 Abs. 1 nur zugelassen werden, wer eine abgeschlossene technische oder gleichartige Ausbildung nachwies oder die notwendigen Kenntnisse durch Lebens- und Berufserfahrung erworben hatte. Technische Aufsichtspersonen, die sich nach dieser Prüfungsordnung qualifiziert hatten, erhielten eine Eingangsbesoldung nach A 9 BBesG. Dagegen wurden Technische Aufsichtspersonen mit einer Qualifikation nach der Prüfungsordnung I im Eingangsamt in die Besoldungsgruppe A 11 BBesG eingestuft bzw. wenn sie - wie der Kläger - ein Hochschulstudium absolviert hatten, in die Besoldungsgruppe A 13 BBesG.

5

Die nach § 1 Buchst. b iVm. § 4 der Prüfungsordnung I erforderliche Vorbereitungszeit absolvierte der Kläger zwischen dem 1. Januar 1991 und dem 29. Januar 1993 teils im bisherigen Bundesgebiet, teils in den neuen Ländern. Einzelheiten zur zeitlichen Aufteilung des Dienstes sind streitig geblieben. Insoweit hat der Kläger einen für die Prüfungsordnungen I und II gleichermaßen geltenden „Stoffplan für die Ausbildung“ sowie sein „Ausbildungstagebuch“ zur Akte gereicht . Nach bestandener Prüfung setzte ihn die Beklagte - wie bereits bei seiner Einstellung vorgesehen - ausschließlich in Mecklenburg-Vorpommern ein. Die nach § 2 der Prüfungsordnung I erforderliche Vorbildung besitzt der Kläger aufgrund eines Studiums an der TH Wismar, das er zwischen September 1982 und Juli 1986 absolviert und als Diplom-Ingenieur abgeschlossen hat. Im Anschluss an sein Studium war er als Statiker in Rostock tätig.

6

Die Beklagte zahlte dem Kläger bis zum 31. März 2008 unter Anwendung des § 2 der 2. BesÜV abgesenkte Bezüge. Nach der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung dieser Vorschrift erhielten Beamte, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet wurden, bis zum 31. März 2008 lediglich 92,5 vom Hundert der für das bisherige Bundesgebiet jeweils geltenden Dienstbezüge.Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erhielten mit dem Kläger vergleichbare Technische Aufsichtsbeamte bei anderen Bau-Berufsgenossenschaften ungekürzte Bezüge, die ihnen nach der zum 1. Mai 2005 erfolgten Fusion von der Beklagten weiter gezahlt worden sind.

7

Mit seiner am 2. August 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger zuletzt noch die Feststellung, dass ihm vom 1. Mai 2005 bis zum 31. März 2008 ein Zuschuss zur Ergänzung der Dienstbezüge in Höhe des Unterschiedsbetrages zu den im bisherigen Bundesgebiet zu zahlenden Bezügen zustand.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe lediglich die allgemeinen Grundkenntnisse und -fähigkeiten, auf denen die weitere laufbahnbezogene Ausbildung aufgebaut habe, im Beitrittsgebiet erworben. Dazu gehöre auch sein Studium. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar, die Berufsausbildung als Befähigungsvoraussetzung anzusehen. Im Übrigen werde für die Laufbahn des Klägers ein Studium nicht gefordert, denn nach der Prüfungsordnung II könnten auch Meister die Ausbildung zum Technischen Aufsichtsbeamten durchführen. Abzustellen sei allein auf den Vorbereitungsdienst, den er überwiegend im bisherigen Bundesgebiet absolviert habe. Darüber hinaus sei das technische Hochschulstudium im Beitrittsgebiet überwiegend identisch mit dem im bisherigen Bundesgebiet gewesen. Ziel des Zuschusses sei es auch gewesen, Personen aus dem Beitrittsgebiet, die ihre Befähigung im bisherigen Bundesgebiet erworben hätten, zur Rückkehr ins Beitrittsgebiet zu bewegen. Deshalb komme es darauf an, welche Ausbildung der Tätigkeit ihr Gepräge gebe. Das sei im Fall des Klägers der Vorbereitungsdienst gewesen.

9

Jedenfalls sei der Gleichheitsgrundsatz verletzt, weil die Beklagte nach der Fusion mit den übrigen Berufsgenossenschaften vergleichbaren Dienstordnungsangestellten weiterhin den Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV gezahlt habe. Insoweit habe sie sich selbst gebunden.

10

Der Kläger hat zuletzt unter Zurücknahme der Revision im Übrigen beantragt

        

festzustellen, dass dem Kläger ein ruhegehaltfähiger Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Bezügen nach § 2 der 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen vom 1. Mai 2005 bis 31. März 2008 zusteht.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, gerade durch das Hochschulstudium und nicht erst und allein durch den Vorbereitungsdienst seien die erforderlichen fachspezifischen Inhalte vermittelt worden. Die unterschiedliche Besoldung der Dienstordnungsangestellten sei ausschließlich Folge der Fusion. Sie sei an die Besoldung der übernommenen Angestellten gebunden gewesen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit sie noch streitbefangen ist. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet.

14

I. Ungeachtet des reinen Vergangenheitsbezugs der Feststellungsklage liegt das nach § 256 Abs. 2 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass der Kläger nach wie vor die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil anstrebt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - das angestrebte Feststellungsurteil geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann von der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts erwartet werden, dass sie einem etwaigen gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nachkommen wird (vgl. Senat 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 13).

15

II. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stand in der Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. März 2008 kein Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV zu.

16

1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV in der für den Kläger noch maßgeblichen Fassung vom 24. August 1994 erhielten Beamte mit Anspruch auf Besoldung nach § 2 der 2. BesÜV einen ruhegehaltfähigen Zuschuss zur Ergänzung ihrer Dienstbezüge in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Bezügen nach § 2 der 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen, wenn sie aufgrund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt wurden.

17

2. Der Kläger hat die Befähigungsvoraussetzungen iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV aF nicht überwiegend im bisherigen Bundesgebiet, sondern im Beitrittsgebiet erworben.

18

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zuletzt 13. März 2008 - 6 AZR 794/06 - mwN, NZA-RR 2008, 495) sind in die Wertung, ob die Befähigungsvoraussetzungen überwiegend im Beitritts- oder im bisherigen Bundesgebiet erworben sind, sämtliche Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen einzubeziehen, welche die spezifisch fachbezogene Vorbildung für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben der jeweiligen Laufbahn vermitteln. Dagegen bleiben solche Vorbildungsvoraussetzungen außer Betracht, die nur allgemeine (Grund-)Kenntnisse und (Grund-)Fähigkeiten vermitteln, auf denen die weitere laufbahnbezogene Ausbildung aufbaut. Für Dienstordnungsangestellte wie den Kläger gilt nichts anderes (Senat 10. Februar 2005 - 6 AZR 515/04 - zu 3 b der Gründe, NZA-RR 2006, 38).

19

aa) Nach diesen Maßstäben ist für die Frage, wo die Befähigungsvoraussetzungen iSv. § 4 der 2. BesÜV erworben worden sind, beim mittleren Dienst sowie dem gehobenen nichttechnischen Dienst auf den Vorbereitungsdienst abzustellen. Die Befähigungsvoraussetzungen für diese Laufbahnen werden idR erst durch den Vorbereitungsdienst erworben. Die als Vorbildung geforderten allgemeinen Schul- und Bildungsabschlüsse und die ihnen vorausgehenden oder sie ersetzenden Bildungsgänge vermitteln keine spezifische fachliche Qualifikation zur Wahrnehmung der Amtsaufgaben oder weisen eine solche nach, sondern verschaffen nur allgemeine (Grund-)Kenntnisse und (Grund-)Fähigkeiten, auf denen die weitere laufbahnbezogene Ausbildung aufbaut. Der Schulbildung kommt deshalb für diesen Personenkreis im Hinblick auf den Zweck der Zuschussregelung in § 4 der 2. BesÜV, fachlich qualifiziertes Personal für den unverzüglichen Aufbau einer leistungsfähigen Verwaltung im Beitrittsgebiet zu gewinnen, nur eine untergeordnete Bedeutung zu (Senat 10. Februar 2005 - 6 AZR 515/04 - NZA-RR 2006, 38; BVerfG 13. November 2003 - 2 BvR 1883/99 - NJ 2004, 72; BVerwG 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 - ZTR 2006, 619).

20

bb)Entgegen der Auffassung des Klägers ist ihm dagegen die eigentliche zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche fachliche Qualifikation nicht erst durch den Vorbereitungsdienst vermittelt worden. Vielmehr war nach der Prüfungsordnung I auch ein dem Vorbereitungsdienst vorhergehendes einschlägiges Studium erforderlich, das grundlegende fachbezogene, im späteren Amt fortwirkende Inhalte vermittelt hat.

21

Bei den Technischen Aufsichtspersonen iSd. § 18 SGB VII, zu denen der Kläger gehört, ist Befähigungsvoraussetzung nach der einschlägigen Prüfungsordnung I neben einem höheren Bildungsabschluss und dem erfolgreichen Durchlaufen des Vorbereitungsdienstes mit abschließender Laufbahnprüfung nach § 2 der Prüfungsordnung I ein abgeschlossenes technisches oder naturwissenschaftliches Studium oder ein entsprechender Abschluss einer höheren technischen Lehranstalt. Darin liegt der entscheidende Unterschied zu den Laufbahnen des mittleren und gehobenen nichttechnischen Dienstes, für die lediglich die Hochschulzugangsberechtigung erforderlich ist. Im Unterschied zu diesem Personenkreis benötigen Technische Aufsichtspersonen wie der Kläger eine spezifische, vor dem Vorbereitungsdienst erworbene Ausbildung, die eine maßgebliche fachliche Qualifikation für die spätere Ausübung der Tätigkeit darstellt. Das von der Prüfungsordnung I verlangte technische oder naturwissenschaftliche Studium vermittelt grundlegende fachbezogene Inhalte für den Vorbereitungsdienst, die im späteren Amt fortwirken, und stellt damit eine fachbezogene Vorbildung dar, die zu den Befähigungsvoraussetzungen iSd. § 4 der 2. BesÜV gehört. Das ergibt sich bereits daraus, dass nur solchen Personen, die über die verlangte spezifische Ausbildung verfügen, überhaupt der Vorbereitungsdienst einer derartigen technischen Laufbahnrichtung offensteht (vgl. BVerwG 26. August 2009 - 2 B 41.09 - Rn. 5 für den gehobenen landwirtschaftlich-technischen Verwaltungsdienst; Sächsisches OVG 29. Mai 2008 - 2 B 573/07 - Rn. 25, 27 für den gehobenen vermessungstechnischen Verwaltungsdienst [die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde blieb erfolglos: BVerwG 10. Dezember 2008 - 2 B 67/08 -]; BVerfG 12. Februar 2003 - 2 BvR 709/99 - BVerfGE 107, 257 für das rechtswissenschaftliche Studium).

22

Aus der vom Kläger wiederholt herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. September 2004 (- 2 BvR 669/02 -) folgt entgegen der Ansicht des Klägers nichts anderes. Die Ausführungen unter B II 2 c dieses Beschlusses, auf die er sich stützt, beziehen sich lediglich auf den Abschluss einer allgemein bildenden Schule oder eine diesen ersetzende Berufsausbildung als Voraussetzung für die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst. Für den Einstieg in die nichttechnischen Laufbahnen des mittleren oder gehobenen Dienstes genügt eine bestimmte Schulbildung oder eine dieser gleichwertige Berufsausbildung. Das fachbezogene Studium, das die Prüfungsordnung I für den Vorbereitungsdienst verlangt, stellt dagegen eine zusätzliche, fachspezifische, fortwirkende Vorbildung dar.

23

cc) Soweit nach § 2 der Prüfungsordnung I auch ein naturwissenschaftliches Studium zum Eintritt in den Vorbereitungsdienst für den technischen Aufsichtsdienst berechtigt, folgt daraus entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass das Studium für die spätere Tätigkeit keine Fortwirkung entfaltet. Der Kläger berücksichtigt dabei nicht, dass die Prüfungsordnung I nicht speziell für die spätere Tätigkeit als Technische Aufsichtsperson bei einer Bau-Berufsgenossenschaft erlassen worden ist, sondern für eine derartige Tätigkeit bei sämtlichen gewerblichen Berufsgenossenschaften qualifizieren sollte. Technische Aufsichtspersonen nach dem SGB VII beraten und beaufsichtigen die Mitgliedsbetriebe von Berufsgenossenschaften im Bereich der Arbeitssicherheit, des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung. Dabei nutzen sie ihre Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz, die sie durch ihr abgeschlossenes Studium, mehrjährige praktische Berufserfahrung und den Vorbereitungsdienst erworben haben (Berufsbild der Aufsichtsperson bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften). Je nach dem Zuschnitt der Mitgliedsbetriebe sind unterschiedliche technische Vorbildungen erforderlich. Darauf stellt die Prüfungsordnung I ab.

24

dd) Entgegen der Auffassung des Klägers ist sein Studium auch nicht deshalb außer Betracht zu lassen, weil nach der Prüfungsordnung II auch ohne ein solches Studium die Befähigung als Technische Aufsichtsperson erworben werden konnte. Die von der Prüfungsordnung II geforderte Vorbildung ermöglicht nicht den Einstieg in die Laufbahn des Klägers, der dem höheren Dienst angehört und deshalb nach der Prüfungsordnung I qualifiziert worden ist. Ein nach der Prüfungsordnung II absolvierter Vorbereitungsdienst eröffnete im Eingangsamt nur eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 9. Für den Zugang zum höheren Dienst verlangt die Prüfungsordnung I - wie es im öffentlichen Dienst die Regel ist - dagegen ein Hochschulstudium (vgl. BVerwG 26. August 2009 - 2 B 41.09 - Rn. 5). Die Technischen Aufsichtspersonen, die nach der Prüfungsordnung II ausgebildet worden sind, sind mit denen, die unter Zugrundelegung der Prüfungsordnung I ihren Vorbereitungsdienst absolviert haben, deshalb von vornherein nicht zu vergleichen. Im Übrigen verlangt auch die Prüfungsordnung II eine technische oder gleichartige Ausbildung bzw. durch Berufserfahrung nachgewiesene technische Kenntnisse, die vor Aufnahme in den Vorbereitungsdienst erworben sein müssen. Auch dabei handelt es sich um spezifische fachbezogene Kenntnisse, die im späteren Amt nachwirken und nicht nur um allgemeine Grundkenntnisse und -fähigkeiten.

25

ee) Der Hinweis des Klägers darauf, dass das technische Hochschulstudium im Beitrittsgebiet überwiegend identisch mit dem im bisherigen Bundesgebiet gewesen sei, ist rechtlich unerheblich. Die Gleichwertigkeit der Vor- und Ausbildungen im bisherigen Bundesgebiet und dem Beitrittsgebiet wird von der Zuschussregelung der 2. BesÜV ohne Weiteres vorausgesetzt (Senat 10. Februar 2005 - 6 AZR 515/04 - zu 3 d aa der Gründe, NZA-RR 2006, 38; BVerwG 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 - Rn. 14, ZTR 2006, 619). Maßgeblich ist ausgehend von dem Ziel der Zuschussregelung in § 4 der 2. BesÜV, fachlich qualifiziertes Personal für den Aufbau einer funktionsfähigen Verwaltung zu gewinnen, allein, wo die als Befähigungsvoraussetzungen bestimmten fachbezogenen Vorbildungen und Prüfungen erworben bzw. abgelegt worden sind (vgl. Senat 13. März 2008 - 6 AZR 794/06 - Rn. 17 f., NZA-RR 2008, 495).

26

b) Die Befähigungsvoraussetzungen müssen zwar auch dann als im bisherigen Bundesgebiet erworben gelten, wenn der dort durchgeführte Teil der fachspezifischen Ausbildung und der Abschlussprüfung zeitlich mindestens die Hälfte der Gesamtausbildung ausmacht (Senat 13. März 2008 - 6 AZR 794/06 - Rn. 18, NZA-RR 2008, 495). Der Kläger hat jedoch die fachspezifische Ausbildung überwiegend im Beitrittsgebiet absolviert und deshalb keinen Anspruch auf den begehrten Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV.

27

Das Studium des Klägers hat die Dauer des Vorbereitungsdienstes deutlich überschritten. Darüber hinaus hat der Kläger, wie sich aus dem von ihm selbst geführten Ausbildungstagebuch ergibt, jedenfalls den praktischen Teil im zweiten Jahr des Vorbereitungsdienstes im Beitrittsgebiet absolviert, so dass er mehr als die Hälfte seiner fachspezifischen Gesamtausbildung nicht im bisherigen Bundesgebiet erworben hat. Deshalb verfängt die Argumentation des Klägers nicht, auch Personen aus dem Beitrittsgebiet hätten mit der Zuschussregelung in § 4 der 2. BesÜV nach Erwerb ihrer Tätigkeitsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet zur Rückkehr ins Beitrittsgebiet bewegt werden sollen. Er hat seine Befähigungsvoraussetzungen nicht überwiegend im bisherigen Bundesgebiet erworben. Für die von der Revision begehrte Wertung, ob die Vorbildung oder die Vorbereitungszeit der Tätigkeit ihr Gepräge geben, ist nach Wortlaut und Zweck der 2. BesÜV sowie des Laufbahnrechts kein Raum.

28

III. Der Kläger kann von der Beklagten auch nicht verlangen, bereits für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. März 2008 ungeachtet des Umstands, dass er die Voraussetzungen des § 4 der 2. BesÜV nicht erfüllte, ebenso wie einige Technische Aufsichtspersonen, die vor der Fusion bei der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover und der Tiefbau-Berufsgenossenschaft beschäftigt waren und denen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgericht ungeachtet des Fehlens der Voraussetzungen des § 4 der 2. BesÜV auch nach der Fusion weiterhin ein entsprechender Zuschuss gezahlt wurde, einen Zuschuss nach dieser Vorschrift zu erhalten.

29

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regelung gleich zu behandeln. Er knüpft damit an eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers an (Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 242/09 - Rn. 29) und bindet den Arbeitgeber nur dann, wenn er durch eigenständig gestaltendes Handeln eine Vergütungsordnung gesetzt hat. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte hat lediglich die von ihr bei Wirksamwerden der Fusion vorgefundenen Vergütungen weiter gewährt, nicht aber neue Vergütungsstrukturen geschaffen. Sie hat damit keine eigene verteilende Entscheidung getroffen, sondern nur Leistungen aufgrund der bei der Fusion vorgefundenen generell-abstrakten Regelung weiterhin verteilt (vgl. BAG 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - Rn. 14, BAGE 115, 367; 12. Dezember 2006 - 1 ABR 38/05 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 13).

30

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Kapitza    

        

    Reiner Koch    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Juni 2012 - H 6 Sa 102/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist gelernter Maurer und seit 1994 bei der Beklagten beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L) kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit.

3

Mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2006 setzte die Beklagte den Kläger, der zuvor einen Vorbereitungslehrgang für die Prüfung zum Wegewart absolviert hatte, als Gewässerwart innerhalb der Garten- und Tiefbauabteilung eines Bezirksamts ein und vergütete ihn nach der Entgeltgruppe 6 TV-L.

4

Sowohl die Beklagte als auch die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (im Folgenden: ÖTV), Bezirksverwaltung Hamburg, gingen in der Vergangenheit davon aus, dass die Tätigkeiten der Wege- und Gewässerwarte im Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) nicht geregelt seien. Deshalb verfasste die Beklagte im November 1992 ein Schreiben ua. an die Bezirksämter, das der Eingruppierung des Klägers zugrunde liegt. Dort heißt es:

        

„…      

        

Die Tätigkeit der Wegewarte stellt eine hamburgische Besonderheit dar und ist insoweit vergleichbar der Gruppe der sog. Anhangs-Angestellten im Siel- und Klärwerksbetrieb sowie des Hafenbetriebsdienstes und der Wasserwirtschaft, deren Eingruppierung im Anhang zum Tarifvertrag für Meister und Technische Angestellte mit besonderen Aufgaben (Abschnitt Q des Teil II der Anlage 1a zum BAT) geregelt ist.

        

Angesichts dieser Vergleichbarkeit und der geforderten Vorbildung - Facharbeiterbrief im Hoch- oder Tiefbau sowie die verwaltungseigene Fortbildungsprüfung zum Wegewart - wurde Einvernehmen erzielt, für die Eingruppierung der Wege- und Gewässerwarte die Tätigkeitsmerkmale für Maschinenmeister des Abschnitt Q anzuwenden.

        

In diesem Zusammenhang wird jedoch ausdrücklich festgestellt, daß das Merkmal ‚Meister‘ bei der überwiegend ausgeübten Tätigkeit der Wege- und Gewässerwarte nicht erfüllt wird.

        

Dies vorausgeschickt, sind die Wege- und Gewässerwarte infolge des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24.4.1991 außertariflich wie folgt eingruppiert:

                 
                 

VergGr.:

        

Wegewarte mit abgeschlossener verwaltungsinterner Fortbildungsprüfung zur Wegewartin/zum Wegewart, die mit der selbständigen Wahrnehmung der in der Anlage zur Dienstvorschrift für die Aufsicht über öffentliche Wege durch die Tiefbaudienststellen der Bezirksämter vom 24.2.1984 in der jeweils geltenden Fassung genannten Aufgaben beauftragt sind

VIb     

                          
        

nach 6jähriger Bewährung

Vc.     

                 
        

Diese Regelung tritt mit Wirkung vom 1.1.1991 in Kraft.

        

…       

        

Die mit Schreiben des Senatsamtes vom 30.9.1971 getroffene Eingruppierungsregelung für Wegewarte (Inkrafttreten 1.1.1972) wird mit Ablauf des 31.12.1990 aufgehoben.

        

…“    

5

Den beiden Gewässerwarten im Bereich des betreffenden Bezirksamts sind folgende Tätigkeiten übertragen:

        

Begehung zur Überwachung des Unterhaltungszustands der Gewässer und der dazugehörigen Anlagen

        

Den Gewässerwarten obliegt die Begehung der Gewässer.

        

Im Rahmen ihrer Begehung haben die Gewässerwarte den Unterhaltungszustand der Gewässer und der dazugehörigen Anlagen zu überwachen. Bei den Anlagen handelt es sich um Gebäude, die zum Teil bewohnt sind, Staubauwerke, Wehranlagen, Verrohrungen, Spundwände, Stege, Pontons, Brücken, Durchlässe sowie befestigte Wege und Krananlagen. Die Gewässerwarte prüfen, ob und gegebenenfalls wann Maßnahmen zur Erhaltung und Pflege erforderlich sind. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um Mäh- und Krautungsarbeiten an Gewässern, Baumpflegearbeiten, Entschlammungsarbeiten, Instandsetzungen von Böschungen, Maurer- und Schlosserarbeiten. Soweit sie Störungen des Wasserabflusses feststellen, obliegt ihnen die Prüfung, ob sofortige Maßnahmen erforderlich sind oder ausreichend Zeit vorhanden ist, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Maßnahme in die Planung aufzunehmen.

        

Im Rahmen ihrer Begehung haben die Gewässerwarte unbefugte Gewässernutzungen, wie zum Beispiel Einleitungen, Entnahmen und Einbauten festzustellen.

        

Im Rahmen ihrer Begehung haben die Gewässerwarte auch Schadensmeldungen Dritter nachzugehen.

                 
        

Führen eines Begehungsbuchs

                 
        

Beauftragung der Regiekräfte der Wasserbauwerkstatt und Bearbeitung der Arbeits- und Lohnnachweise

                 
        

Beauftragung von Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten

        

Die Gewässerwarte sind befugt, Aufträge für Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten bis zu einem Betrag von 2.500,00 Euro selbständig zu erteilen. Sie prüfen die Rechnungen auf rechnerische und sachliche Richtigkeit und leiten diese zur Vornahme der Zahlung und Buchung weiter.

                 
        

Mitarbeit bei kostenintensiven Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten

        

Halten die Gewässerwarte Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten für erforderlich, deren voraussichtlichen Kosten einen Betrag von 2.500,00 Euro überschreiten, bereiten sie die Vergabe der Aufträge (Aufmaß, Ausschreibung) vor.

                 
        

Bauaufsicht und Abnahme

        

Die Gewässerwarte übernehmen bei Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten die Bauaufsicht und die Abnahme nach Beendigung der Maßnahme.

                 
        

Abrechnung

        

Die Gewässerwarte prüfen bei Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten die Rechnungen auf rechnerische und sachliche Richtigkeit und leiten diese zur Vornahme der Zahlung und Buchung weiter.

                 
        

Abstimmung der Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten

        

Die Gewässerwarte müssen die Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten mit den Pumpen- und Schleusenmeistern und den betroffenen Anliegern und Dienststellen abstimmen.

                 
        

Meldung von unbefugten Gewässernutzungen

        

Die Gewässerwarte haben unbefugte Gewässernutzungen im Anschluss an die Begehung schriftlich darzustellen und diese an die Wasserbehörde zu melden.

                 
        

Vorbereitung der Arbeitsjahresplanung

        

Die Gewässerwarte bereiten für ihren Zuständigkeitsbereich eine Arbeitsjahresplanung vor, die mit dem Vorgesetzten besprochen wird. Darin sind die schon bekannten Maßnahmen enthalten, deren Durchführung für das kommende Jahr in Aussicht genommen wird. Die Auswahl treffen die Gewässerwarte. Kommen im Laufe des Jahres unvorhergesehene Maßnahmen dazu und wird dadurch der Haushaltsansatz überschritten, müssen die Gewässerwarte prüfen, welche Maßnahmen vorrangig zu erledigen sind und welche gegebenenfalls auf das nächste Jahr verschoben werden können.

                 
        

Teilnahme an Gewässerschauen

                 
        

Urlaubs- und Krankheitsvertretung des zweiten Gewässerwartes und des Deichwartes

        

…       

6

Seit einigen Jahren nimmt der Kläger darüber hinaus ua. die öffentlichen Stege auf, überprüft ihre Funktionsfähigkeit, veranlasst erforderliche Reparaturen und überwacht die Durchführung der Arbeiten.

7

Bei der Ausschreibung von Stellen für Gewässerwarte wurden als persönliche Voraussetzungen eine abgeschlossene handwerkliche Ausbildung im Bau- und Gartenbausektor oder eine Schlosserausbildung sowie die erfolgreiche Teilnahme an einem Gewässer- oder Wegewartlehrgang oder einem gleichwertigen Lehrgang verlangt.

8

Mit Schreiben vom 15. September 2008 hat der Kläger vergeblich ein Arbeitsentgelt nach der Entgeltgruppe 8 TV-L begehrt. Mit seiner der Beklagten am 19. Oktober 2009 zugestellten Klage hat er sein Begehren weiterverfolgt und die Auffassung vertreten, seine Tätigkeit als Gewässerwart falle unter Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT und sei der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT zuzuordnen, weshalb er nach der Entgeltgruppe 8 TV-L zu vergüten sei. Sie erfordere gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen.

9

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm mit Wirkung ab 1. März 2008 ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 8 TV-L zu zahlen und die Differenzbeträge zwischen der gezahlten Vergütung nach Entgeltgruppe 6 und der zu zahlenden Vergütung nach Entgeltgruppe 8 ab Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB zu verzinsen.

10

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Tätigkeit des Klägers als Gewässerwart werde von der Vergütungsordnung des BAT nicht erfasst. Aufgrund einer bewussten Tariflücke seien die Gewässerwarte in Absprache mit der Bezirksverwaltung Hamburg der ÖTV außertariflich eingruppiert worden. Im Übrigen erfülle der Kläger nicht die Anforderungen der Entgeltgruppe 8 TV-L.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist begründet. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

13

I. Die Revision ist zulässig. Der Senat war an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht nach § 72 Abs. 3 ArbGG gebunden, obwohl es sich nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts um eine „hamburgische Besonderheit“ handelt und Fragen von grundsätzlicher Bedeutung der Berufungsentscheidung nicht zugrunde liegen.

14

II. Die Klage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage(st. Rspr., s. nur BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 18; 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 13 mwN) auch im Hinblick auf die Verzinsung (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 10 mwN) zulässig.

15

III. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen.

16

1. Das Berufungsgericht hat schon rechtsfehlerhaft zwei Arbeitsvorgänge gebildet und seiner Beurteilung zugrunde gelegt.

17

a) Die Eingruppierung des Klägers richtet sich - wie das Landesarbeitsgericht im Ausgangspunkt zu Recht angenommen hat - aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L über den 31. Oktober 2006 hinaus bis zum 31. Dezember 2011 nach §§ 22, 23 BAT und damit nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen des BAT. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht insoweit keine Tariflücke.

18

aa) Erfüllt die Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Geltungsbereich eines Tarifvertrags keines der in der tariflichen Vergütungsordnung geregelten Tätigkeitsmerkmale, kann eine Tariflücke vorliegen (vgl. BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 19). Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien des BAT die Tätigkeit eines jeden öffentlichen Angestellten mit ihrem Regelungswerk erfassen wollten (vgl. §§ 1, 3, 22 BAT; BAG 6. März 1996 - 4 AZR 771/94 - zu II 4 b der Gründe). Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale des BAT haben nach ihrem Willen eine Auffangfunktion und können daher auch für solche Tätigkeiten herangezogen werden, die nicht zu den eigentlich behördlichen oder herkömmlichen Verwaltungsaufgaben gehören. Deshalb kann im Bereich des BAT eine Tariflücke nur dann angenommen werden, wenn die zu beurteilende Tätigkeit keinen unmittelbaren Bezug zu den eigentlichen Aufgaben der betreffenden Dienststellen, Behörden und Institutionen hat (BAG 6. März 1996 - 4 AZR 771/94 - aaO). Eine (bewusste) Tariflücke liegt demnach nur vor, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage erkennbar ungeregelt lassen wollten und dies in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck gefunden hat. Dabei kann das Unterlassen einer Regelung ihren Grund auch darin haben, dass die Tarifvertragsparteien sich über die betreffende Frage nicht haben einigen können (BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 21).

19

bb) Im Entscheidungsfall liegt keine Tariflücke vor.

20

(1) Die Tätigkeit des Klägers hat einen hinreichenden Bezug zu den eigentlichen Aufgaben der Dienststelle. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gehören zu den Aufgaben des Bauamts die Deichunterhaltung und die Gewässerpflege und damit auch die Überprüfung der Gewässersicherheit. Dem Allgemeinen Teil der Vergütungsordnung des BAT wie auch der nachfolgenden des TV-L ist nicht zu entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien die Tätigkeit des Gewässerwarts nicht hätten regeln wollen.

21

(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt etwas anderes nicht aus dem Umstand, dass sie selbst in Übereinstimmung mit der örtlich zuständigen Bezirksverwaltung der ÖTV von einer Tariflücke ausgegangen ist. Weder die Beklagte noch die Bezirksverwaltung sind Tarifvertragspartei des BAT oder des TV-L. Ihre Auffassung bietet deshalb keine Grundlage für einen Rückschluss auf den Willen der Tarifvertragsparteien.

22

b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Tätigkeit des Klägers setze sich aus zwei Arbeitsvorgängen zusammen.

23

aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L iVm. § 22 BAT und der dazugehörigen Protokollnotiz gilt:

        

㤠22

        

…       

        

(2)     

Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

                 

Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. …

        

Protokollnotiz zu Absatz 2:

        

1.    

Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (…). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

        

2.    

…“    

24

bb) Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst. Wiederkehrende, gleichartige und gleichwertige Bearbeitungen können zusammengefasst werden, nicht aber solche, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein auseinandergehalten werden können. Hierfür reicht die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Angestellte zu übertragen, nicht aus (BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 17 mwN).

25

cc) Danach stellt die Tätigkeit des Klägers einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar. Der Gewässerwart hat nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien den Zustand der ihm zugewiesenen Gewässer sowie Anlagen zu überwachen und bei Abweichungen des „Ist-Zustands“ vom „Soll-Zustand“ für die erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu sorgen. Bei der gebotenen natürlichen Betrachtung ist die gesamte Tätigkeit des Klägers auf ein einheitliches Arbeitsergebnis gerichtet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass bei Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten, deren voraussichtliche Kosten einen Betrag von 2.500,00 Euro überschreiten, nicht der Kläger, sondern sein Vorgesetzter den Auftrag vergibt. Dadurch wird nicht ein abtrennbarer Arbeitsvorgang der Durchführung von Abhilfemaßnahmen auf einen anderen Arbeitnehmer übertragen. Vielmehr bereitet der Kläger auch in diesen Fällen den Auftrag vor und hat im Anschluss an die beauftragte Abhilfemaßnahme zumindest im Rahmen seiner Begehung auch deren Erfolg zu prüfen.

26

2. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft das Vorliegen gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse sowie selbständiger Leistungen iSd. Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vc, Fallgr. 1a Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT verneint.

27

a) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung der Begriffe „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ und „selbständige Leistungen“ und damit um die von unbestimmten Rechtsbegriffen handelt, lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob es den Rechtsbegriff als solchen verkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., vgl. nur BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 33; 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 24 mwN). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Berufungsurteil - wie hier - erkennen lässt, wie das Landesarbeitsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff verstanden hat (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - aaO; 6. Juni 2007 - 4 AZR 456/06 - Rn. 20 mwN).

28

b) Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

29

aa) Das Landesarbeitsgericht hat fehlerhaft angenommen, der Kläger verfüge schon nicht über die in der Ausschreibung verlangte fachliche Qualifikation für die Tätigkeit als Gewässerwart.

30

bb) Dabei hat das Landesarbeitsgericht verkannt, dass der Kläger eine Ausbildung als Maurer abgeschlossen hat. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist diese sowohl nach dem allgemeinen Sprachverständnis (vgl. Brockhaus Enzyklopädie 21. Aufl. Band 3 Stichwort: Bauberufe) als auch nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe (vgl. § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 23 BRTV Bau) dem „Bausektor“ zuzuordnen. Es durfte deshalb das Erfordernis der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse nicht mit der Begründung verneinen, die im Rahmen einer abgeschlossenen Ausbildung etwa im Bausektor erworbenen Kenntnisse seien ersichtlich deshalb nicht erforderlich, weil der Kläger über eine solche Ausbildung nicht verfüge.

31

IV. Ob die Tätigkeit des Klägers gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen iSv. VergGr. Vc des Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT erfordert, steht aufgrund der bisherigen Feststellungen noch nicht fest. Diese wird das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung der nachfolgenden Erwägungen nachzuholen haben.

32

1. Nach § 17 Abs. 7 TVÜ-L werden für Eingruppierungen ab dem 1. November 2006 bis zum 31. Dezember 2011 die Vergütungsgruppen der Allgemeinen Vergütungsordnung (Anlage 1a zum BAT) und die Lohngruppen des Lohngruppenverzeichnisses gemäß Anlage 4 zum TVÜ-L den Entgeltgruppen des TV-L zugeordnet. Eine Zuordnung zu der - vom Kläger begehrten - Entgeltgruppe 8 TV-L erfolgt danach bei einer Eingruppierung in die VergGr. Vc BAT.

33

2. Die für die Bewertung der Tätigkeit des Klägers in Betracht kommende Fallgr. 1a der VergGr. Vc des Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT lautet:

        

„1a.   

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)“

34

3. Das Landesarbeitsgericht wird danach zu prüfen haben, ob die Tätigkeit des Klägers gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen erfordert (zu den tariflichen Anforderungen vgl. insgesamt BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 36, 42 mwN). Dabei trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die ihm übertragene Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT erfüllt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bedarf es im Streitfall jedoch keines Vortrags, der einen sog. wertenden Vergleich ermöglicht.

35

a) Mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage sind im Grundsatz diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, die den rechtlichen Schluss zulassen, dass die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt sind. Für einen schlüssigen Vortrag ist dabei eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit dann nicht ausreichend, wenn ein Heraushebungsmerkmal in Anspruch genommen wird. In diesem Fall sind allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich gegenüber derjenigen eines Angestellten, der „Normaltätigkeiten“ verrichtet, heraushebt. Diese Wertung erfordert vielmehr einen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten, also den „Normaltätigkeiten“, und setzt einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraus. Die vorgetragenen Tatsachen müssen erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit hervorhebt und einen wertenden Vergleich mit dieser nicht unter das Hervorhebungsmerkmal fallenden Tätigkeit erlauben (st. Rspr., BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 18; 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 21 mwN).

36

b) Danach hat der Kläger die Tatsachen darzulegen, die den rechtlichen Schluss zulassen, dass die ihm übertragene Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert. Dabei genügt es nicht, dass er sich allein darauf beruft, er habe eine Ausbildung im Bausektor absolviert und verfüge deshalb über gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Der Umstand, dass die Beklagte eine solche Ausbildung für die Tätigkeit eines Gewässerwarts verlangt, bedeutet nicht zugleich, dass sie für die auszuübende Tätigkeit auch im Tarifsinne erforderlich ist (vgl. BAG 21. März 2012 - 4 AZR 374/10 - Rn. 37). Dies ist vielmehr anhand der Darlegungen nach Maßgabe der tarifvertraglichen Vorschriften festzustellen.

37

c) Es bedarf im Entscheidungsfall entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keines Vortrags, der einen sog. wertenden Vergleich ermöglicht. Bei dem Erfordernis selbständiger Leistungen in einem größeren zeitlichen Maß als in den niedriger bewerteten Vergütungsgruppen handelt es sich (lediglich) um eine höhere Anforderung im tariflichen Sinne. Zur Feststellung, ob diese erfüllt ist, bedarf es ausschließlich der Betrachtung der dem Kläger konkret übertragenen Tätigkeit.

38

4. Sollte das Landesarbeitsgericht zu der Überzeugung gelangen, dass die dem Kläger übertragene Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT erfüllt, wird es zu beachten haben, dass dem Kläger der geltend gemachte Zinsanspruch nur zum Teil zusteht. Für die Vergütungsdifferenzen, die nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TV-L bei Zustellung der Klage bereits fällig waren, kann der Kläger nach § 291 Satz 1 Halbs. 1, § 288 Abs. 1 BGB ab dem Folgetag, dh. ab dem 20. Oktober 2009 Prozesszinsen verlangen. Für die übrigen Vergütungsdifferenzen stehen ihm nach § 291 Satz 1 Halbs. 2, § 288 Abs. 1 BGB Zinsen erst ab dem auf den Fälligkeitstag(§ 24 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 TV-L) folgenden Tag zu.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Rinck    

        

        

        

    Bredendiek    

        

    Redeker    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 20. Januar 2010 - 3 Sa 61/09 - insoweit aufgehoben, als es unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Juli 2009 - 9 Ca 596/08 - auch festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger zu 3. für die Zeit vom 1. März 2008 bis zum 30. Juni 2008 nach Entgeltgruppe 9 TV-L zu vergüten.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Juli 2009 - 9 Ca 596/08 - auf die Berufung der Beklagten abgeändert und hinsichtlich des Klägers zu 3. insgesamt klarstellend wie folgt gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger zu 3. für die Zeit ab 1. Juli 2008 gemäß Entgeltgruppe 9 TV-L zu vergüten.

Im Übrigen wird die Klage des Klägers zu 3. abgewiesen.

Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. a) Von den gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Beklagte 7/10, der Kläger zu 1. 5/20 und der Kläger zu 3. 1/20 zu tragen.

Die gerichtlichen Kosten der Revision haben die Beklagte zu 19/20 und der Kläger zu 3. zu 1/20 zu tragen.

b) Die außergerichtlichen Kosten erster und zweiter Instanz des Klägers zu 2. hat die Beklagte zu tragen.

Die Beklagte hat von den außergerichtlichen Kosten erster und zweiter Instanz des Klägers zu 3. 6/7 und von denen des Klägers zu 1. 7/20 zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten erster und zweiter Instanz haben der Kläger zu 1. 5/20 und der Kläger zu 3. 1/20 zu tragen.

c) Die außergerichtlichen Kosten der Revisionsinstanz der Kläger zu 1. und 2. hat die Beklagte zu tragen, die auch 6/7 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3. in dieser Instanz zu tragen hat, während der Kläger zu 3. 1/20 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten in der Revisionsinstanz zu tragen hat.

d) Im Übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Kläger, die als Außendienstmitarbeiter im Bezirklichen Ordnungsdienst (BOD) bei der beklagten Stadt tätig sind.

2

Seit 2003 gab es bei der Beklagten - Behörde für Inneres - einen zentralen Städtischen Ordnungsdienst (im Folgenden: SOD). Seine Aufgaben wurden ab dem 1. März 2006 auf die jeweiligen BOD, die zu diesem Zeitpunkt in den Bezirken der Beklagten gebildet wurden, übertragen. Hierüber unterrichtete der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg deren Bürgerschaft mit der Drucksache 18/2498 (S. 11 f.) unter der Überschrift „Schaffung eines Bezirklichen Ordnungsdienstes (BOD), der umfassend Ordnungswidrigkeiten aller Art im Bezirk ahndet“ auszugsweise wie folgt:

        

„Der BOD wird alle Aufgaben des Städtischen Ordnungsdienst[es] (SOD) wahrnehmen, der zurzeit noch bei der Bfl angebunden ist ... Darüber hinaus werden dem Ordnungsdienst weitere Aufgaben, z. B. der Wegewarte, der Baumkontrolleure und des Ermittlungsdienstes mit dem bisher dafür eingesetzten Personal zugeordnet. Auf diese Weise entsteht auf bezirklicher Ebene ein größeres Potenzial an regelmäßig präsenten Ordnungskräften, die - durch einheitliche Uniform - für jedermann erkennbar und ansprechbar sind. Wenn Bürgerinnen und Bürger sich bei Vorkommnissen oder drohenden Missständen direkt an die Kräfte des Ordnungsdienstes vor Ort wenden, kann nicht nur unmittelbare Abhilfe, z. B. durch Verwarnung von Haltern freilaufender Hunde, geschaffen werden, sondern mittelfristig auch eine präventive Wirkung erzielt und damit zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beigetragen werden.

        

Der BOD wird zusätzlich Aufgaben der Überwachung des ruhenden Verkehrs und der Parkraumüberwachung wahrnehmen, damit diese wichtigen Aufgaben künftig auch stärker außerhalb der innerstädtischen Bereiche durchgeführt werden.

        

Durch eine zentrale Koordinationsstelle bei einem federführenden Bezirksamt wird gewährleistet, dass bei besonderen Problemlagen die Kräfte der Bezirklichen Ordnungsdienste kurzfristig auch bezirksübergreifend zum Einsatz kommen.“

3

Die Beklagte erstellte für den Aufgabenkreis der Kläger mit der Funktionsbezeichnung „Mitarbeiter/in im Außendienst“ eine Stellenbeschreibung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

        

„Stellenbeschreibung

        

…       

        

Aufgaben/Tätigkeiten

Anteil der Arbeitszeit in v.H.

        

1.    

Feststellung von Ordnungswidrigkeiten sowie Kontrolle des ruhenden Verkehrs im Schichtdienst, auch am Wochenende und Feiertags im Zuständigkeitsbereich des Bezirklichen Ordnungsdienstes, Information von Bürgern, anderen Stellen, Annahme von Anzeigen, Meldungen, Aussprechen von Verwarnung oder Fertigung von Anzeigen bei als störend empfundenen Verhaltensweisen wie

55 %   

        

•       

Verunreinigung öffentlicher Wege und Plätze, z. B. durch unerlaubte Müllablagerung, abgestellte Fahrzeugwracks und Hundekot,

        
        

•       

Nichtbeachtung von Verboten in der Verordnung zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen, z. B. durch frei laufen lassen von Hunden, Lärmerzeugung mit Radios, wildes Zelten,

        
        

•       

Abpflücken von Pflanzen,

        
        

•       

Niederlassen zum Alkoholverzehr unter störenden Begleitumständen wie Pöbeln und Urinieren; aggressives Betteln,

        
        

•       

Störendes Verhalten im Umfeld von größeren Veranstaltungen,

        
        

•       

Besprühen/Bemalen von öffentlichen Gebäuden mit Graffiti, Beschädigung von Bänken und/oder anderen Sachen im öffentlichen oder öffentlich zugänglichen privaten Raum (Vandalismus).

        
        

•       

Halterermittlung, Auflagenüberprüfung und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Zusammenarbeit mit polizeilichen und bezirklichen Dienststellen nach dem Hundegesetz und anderen gesetzlichen Grundlagen

        
        

2.    

Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Beendigung von Ordnungswidrigkeiten und zur Seuchenprävention im Rahmen des Zuständigkeitsbereiches des Bezirklichen Ordnungsdienstes, hierbei jeweils unter Ausübung eigenen Ermessens mit

25 %   

        

•       

Aussprache von mündlicher Ermahnung

        
        

•       

Erteilung von mündlichen Verwarnungen ohne Verwarnungsgeld

        
        

•       

Aussprache von Unterlassungsverfügungen

        
        

•       

Sicherstellung von Gegenständen

        
        

•       

Aussprache von Platzverweisen

        
        

•       

Durchsetzung von Platzverweisen

        
        

•       

Bergung von Tieren

        
        

•       

Absperren und Sichern von Örtlichkeiten

        
        

3.    

Fertigung von Feststellungsberichten und Berichten zur Weitergabe an andere Dienststellen

10 %   

        

4.    

Durchführung weiterer Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung und Fertigung von Stellungnahmen, insbesondere bei anhängigen Ordnungswidrigkeitenverfahren für den Bußgeldbereich, die Bußgeldstelle der Bfl oder auf Anforderung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichtes aus dem Zuständigkeitsbereich des Bezirklichen Ordnungsdienstes

5 %     

        

5.    

Dienstbereitschaft und Einsatz in Zusammenarbeit mit anderen Behörden (z. B. Wasserschutzpolizei, Revierförstereien, Katastrophenschutz)

5 %     

___________

                          

100 % 

                                   
        

An der Aufgabenerfüllung mitwirkende Organisationseinheiten

        
        

Bezirkliche Dienststellen, Polizei, Stadtreinigung, Fachbehörden, Staatsanwaltschaft, Gerichte

        
        

Informationspflichten gegenüber anderen

        
        

Bezirkliche Dienststellen, Polizei, Stadtreinigung, Fachbehörden, Staatsanwaltschaft, Gerichte

        
        

Informationen von anderen

        
        

Bezirkliche Dienststellen, Polizei, Stadtreinigung, Fachbehörden, Staatsanwaltschaft, Gerichte, Bevölkerung

        
        

Befugnisse

        
        

Vollziehungsbeamter nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz und nach dem SOG, soweit diese nicht auf Polizeivollzugsbeamte beschränkt sind.

        
        

Entscheidung über Ahndung von Ordnungswidrigkeiten durch mündliche Ermahnung, Verwarnung ohne Verwarngeldangebot, Anzeige mit Verwarngeld oder Bußgeld.

        
        

Erforderliche Ausbildung

        
        

Abgeschlossene Berufsausbildung mit mehrjähriger Praxiserfahrung, bei Beamten Laufbahnprüfung für den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst.

        
        

Erforderliche Fachkenntnisse

        
        

Gründliche und vielseitige Fachkenntnisse der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus dem Zuständigkeitsbereich des bezirklichen Ordnungsdienstes, insbesondere des Gefahrenabwehr- und Vollstreckungsrechts.

        
        

Erforderliche Fähigkeiten

        
        

Selbständige und sorgfältige Arbeitsweise auch unter erhöhtem Arbeitsdruck, Einfühlungsvermögen und Geschick im Umgang mit den Bürgern.

        
        

Ziele 

        
        

Verbesserung der Sicherheit und Sauberkeit der Stadt.“

        
4

Rund 80 % der Arbeitszeit der klagenden Parteien entfallen auf von den Parteien als „Streifendienst“ oder „Streifengänge“ bezeichnete Tätigkeiten, die unter den Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung aufgeführt sind. In der Zuständigkeitsanordnung vom 15. April 2008 sind für den BOD neunzehn Gesetze und Verordnungen als gesetzliche Grundlagen der Tätigkeit aufgelistet.

5

In den Arbeitsverträgen der Kläger ist Bezug genommen auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

6

Der Kläger zu 1. war seit dem 1. September 2003 beim SOD tätig und wurde zunächst nach VergGr. VIb der Anlage 1a zum BAT vergütet. Seit dem 1. März 2006 ist er als Außendienstmitarbeiter beim BOD im Bezirksamt H beschäftigt. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2003 machte er gegenüber der Beklagten die Eingruppierung in VergGr. Vc BAT und mit Schreiben vom 28. November 2008 die Eingruppierung in der Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) ab dem 1. November 2006 geltend.

7

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2004 hatte die Beklagte den ersten Antrag des Klägers zu 1. abgelehnt. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise:

        

„…    

        

Das Tätigkeitsmerkmal der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse wird nach der Stellenbeschreibung vom 23.07.2004 mit 100 % der Tätigkeiten (Nrn. 1 - 4) erfüllt. Für diese Aufgaben sind Fachkenntnisse aus den Bereichen der Gefahrenabwehr sowie des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, (StGB, OwiG, HWG, LärmVO, StVO, Verordnung zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen etc.) erforderlich.

        

…       

        

Selbständige Leistungen werden in 25 % der Tätigkeiten anerkannt (Nr. 2). Die Selbständigkeit liegt dabei in der Ermessensabwägung im Rahmen zu ergreifender Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Einfacher Gesetzesvollzug, wie in den Nr. 1, 3 und 4 der vorliegenden Stellenbeschreibung, erfüllt nicht das Merkmal selbständiger Leistung.

        

Für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V c Fg. 1 b BAT müsste der Anteil der selbständigen Tätigkeit an den Aufgaben bei mindestens 33 1/3 % Tätigkeiten liegen. Dieses Tätigkeitsmerkmal wird jedoch nach der vorliegenden Stellenbeschreibung nicht erfüllt.“

8

Der Kläger zu 2. war seit dem 23. August 2004 als Angestellter im SOD tätig. Seit dem 1. März 2006 ist er ebenfalls als Außendienstmitarbeiter beim BOD im Bezirksamt H beschäftigt und wurde wie der Kläger zu 1. nach der VergGr. VIb BAT vergütet. Mit Schreiben vom 30. Mai 2008 begehrte er „die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc bzw. Vb BAT, der jetzigen Entgeltgruppe 8 bzw. 9 TV-L“.

9

Der Kläger zu 3. ist seit dem 1. April 2002 als Angestellter bei der Beklagten beschäftigt, zunächst im Polizeidienst und ab dem 1. März 2005 beim SOD. Er ist ebenfalls seit dem 1. März 2006 als Außendienstmitarbeiter beim BOD im Bezirksamt H tätig und wurde nach der VergGr. VIb BAT vergütet. Vom 1. April 2007 bis zum 31. Oktober 2008 übernahm er die Aufgabe der Leitungsassistenz im Management des öffentlichen Raums und erhielt dafür eine Zulage iHd. Differenzbetrages zwischen den Entgeltgruppen 6 und 8 TV-L. Während der Zeit dieser Tätigkeit war er zu 50 % bis 80 % seiner Arbeitszeit als Außendienstmitarbeiter im Streifendienst tätig. Mit Schreiben vom 11. September 2007 beantragte er „die Anhebung der … Stelle als Leitungsassistenz … auf BAT Vb bzw. der Entgeltgruppe 9“ mit dem Zusatz, dass sich seine derzeitige Tätigkeit gegenüber der Tätigkeit im BOD „in Breite und Tiefe extrem“ abgrenze.

10

Im Dezember 2008 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass sie sie im Hinblick auf das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Mai 2008 (- 23 Ca 24/08 -), das rechtskräftig geworden sei, rückwirkend nach der Entgeltgruppe 8 TV-L vergüten werde.

11

Mit ihren am 22. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 9. Januar 2009 der Beklagten zugestellten Feststellungsklagen geht es den Klägern um die Eingruppierung in der Entgeltgruppe 9 TV-L. Sie halten ihre Streifengänge - entsprechend den Tätigkeiten Ziffern 1 und 2 aus den Stellenbeschreibungen - für einen einzigen großen, nicht weiter aufteilbaren Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne. Der Streifendienst diene einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Durchsetzung der ordnungsrechtlichen Normen im Bezirk unter Ahndung von Verstößen gegen die unterschiedlichsten Gebote und Verbote. Dabei sei es im Vorhinein regelmäßig nicht absehbar, welche einzelnen Vorfälle sich auf dem jeweiligen Streifengang ereignen würden. Der Arbeitsvorgang Streifendienst erfordere insgesamt gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, wie ua. bereits aus der Stellungnahme der Beklagten vom 27. Oktober 2004 und aus der Zuständigkeitsanordnung vom 15. April 2008 hervorgehe. Selbständige Leistungen im tarifvertraglichen Sinne seien in rechtserheblichem Umfang zu erbringen, insbesondere bei der Ermessensausübung im Rahmen von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Sie seien seit Anbeginn der Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter in der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT und nach Ablauf der dreijährigen Bewährungszeit in der VergGr. Vb BAT sowie seit der Überleitung in den TV-L in dessen Entgeltgruppe 9 eingruppiert.

12

Der Kläger zu 1. hat - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger zu 1. für die Zeit ab 1. Juni 2008 gemäß der Entgeltgruppe 9 des TV-L zu vergüten.

13

Der Kläger zu 2. hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger zu 2. für die Zeit ab 1. November 2007 gemäß der Entgeltgruppe 9 des TV-L zu vergüten.

14

Der Kläger zu 3. hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger zu 3. für die Zeit ab 1. März 2008 gemäß der Entgeltgruppe 9 des TV-L zu vergüten.

15

Die Beklagte hat ihren klagabweisenden Antrag damit begründet, bei den von den klagenden Parteien zu absolvierenden Streifengängen handele es sich nicht um einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Die unter Ziffer 1 und unter Ziffer 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Tätigkeitsbereiche seien je eigene tarifliche Arbeitsvorgänge von unterschiedlicher Wertigkeit. Der erste enthalte lediglich feststellende, letztlich „passive“ Tätigkeiten des Erfassens von zu beanstandenden Handlungsweisen, der zweite das im Sinne einer verwaltungsmäßigen Abwicklung notwendige aktive Ergreifen von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Dementsprechend gehe es um unterschiedliche Arbeitsergebnisse: Unter Ziffer 1 handele es sich um den eigentlichen Streifenvorgang mit auch präventivem Charakter, unter Ziffer 2 um den verwaltungs-/ordnungsrechtlichen Abschluss durch Erlass von Ermahnungen, Verfügungen oder ähnlichen Maßnahmen. Für den Tätigkeitsbereich unter Ziffer 1 der Stellenbeschreibung seien keinerlei selbständige Leistungen erforderlich. Die Tätigkeiten seien lediglich ausführender Art und sehr kleinteilig durch gesetzliche und fachliche Vorgaben, insbesondere durch Dienstanweisungen, bestimmt. Es sei dabei weder erforderlich noch vorgesehen, eigene Entscheidungen zu treffen. Nur für den Tätigkeitsbereich unter Ziffer 2 der Stellenbeschreibung, der jedoch nur 25 % der Gesamtarbeitszeit ausmache, seien selbständige Leistungen im Sinne von mehreren Handlungsalternativen und Ermessensentschließungen erforderlich. Aber auch bei Annahme eines einheitlichen Arbeitsvorgangs für die Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung wäre das Erfordernis eines rechtserheblichen Umfangs selbständiger Leistungen im tariflichen Sinne nicht erfüllt. Denn der Anteil selbständiger Leistungen liege auch innerhalb des Tätigkeitsbereichs zu Ziffer 2 der Stellenbeschreibung deutlich unter 10 %.

16

Das Arbeitsgericht hat den Klagen, soweit noch streitig, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Klageabweisung. Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet. Den Klägern steht das begehrte Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TV-L zu. Zutreffend haben die Vorinstanzen die unter den Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten zu einem großen Arbeitsvorgang „Streifengang“ zusammengefasst. Sie haben zu Recht angenommen, dass die Tatbestandsmerkmale der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ sowie „selbständige Leistungen“ in rechtserheblichem Ausmaß von den Klägern erfüllt werden. Zutreffend haben sie schließlich auch die gemäß der VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT erforderliche Bewährungszeit mit beanstandungsfrei erbrachter Tätigkeit als erfüllt angesehen. Lediglich im Hinblick auf den Antrag des Klägers zu 3. ist der Revision und der Berufung der Beklagten im Hinblick auf die Einhaltung der tarifvertraglichen Ausschlussfrist in geringem Umfang stattzugeben und insoweit die Klage abzuweisen.

18

I. Die Feststellungsanträge der klagenden Parteien sind als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklagen zulässig nach § 256 Abs. 1 ZPO(st. Rspr., siehe nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 188/09 - Rn. 15, NZA-RR 2011, 304; 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 13 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 311). Soweit das Landesarbeitsgericht in seinem Tenor zusätzlich die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Differenzvergütung an die Kläger aufgenommen hat, handelt es sich um einen unselbständigen Antragsbestandteil, der - wie die Kläger in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt haben - im Eingruppierungsfeststellungsantrag bereits enthalten war.

19

II. Die Revision ist im Wesentlichen unbegründet. Begründet ist sie nur insoweit, als es um den Zeitpunkt geht, ab dem der Kläger zu 3. einen Anspruch auf das geltend gemachte Entgelt hat.

20

1. Im Streitzeitraum gilt für die Arbeitsverhältnisse der Kläger der TV-L.

21

Auf die Arbeitsverhältnisse finden kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der BAT sowie die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Die Beklagte ist Mitglied in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Für den Bereich der TdL ersetzt der TV-L nach § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts vom 12. Oktober 2006 (TVÜ-Länder) den BAT. Auch die Vorinstanzen und die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass der TV-L den Inhalt der Arbeitsverhältnisse und damit auch die Eingruppierung der Kläger bestimmt. Nach § 4 TVÜ-Länder wird für die Überleitung der Angestellten ihre Vergütungsgruppe (§ 22 BAT) ua. nach der Anlage 2 TVÜ-Länder Teil A den Entgeltgruppen des TV-L zugeordnet. Erst zum 1. Januar 2012 ist die Entgeltordnung zum TV-L (Anlage A zum TV-L) in Kraft getreten.

22

2. Die für die Eingruppierung nach der Anlage 1a zum BAT gemäß § 22 BAT erforderliche Bestimmung von Arbeitsvorgängen durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Maßgebend für die Eingruppierung ist danach der Arbeitsvorgang „Streifengang“, der - mindestens - aus den unter den Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Aufgabenbereichen besteht und als solcher mit einem Zeitanteil von etwa 80 % für die tarifliche Bewertung entscheidend ist.

23

a) Nach § 22 Abs. 2 BAT, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder über den 31. Oktober 2006 hinaus fort gilt bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung (vgl. § 17 Abs. 7 TVÜ-Länder), ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Nach der hierzu vereinbarten Protokollnotiz sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen einschließlich Zusammenhangsarbeiten, die bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtungsweise abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen.

24

Danach ist das Arbeitsergebnis das entscheidende Bestimmungskriterium ( BAG 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - Rn. 22 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 315; 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08  - Rn. 18 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 310). Dabei kann auch die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst ( BAG 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - aaO; 23. September 2009 - 4 AZR 308/08  - Rn. 20 mwN, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 40). Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhanges mit bestimmten, insbesondere höherwertigen Aufgaben eines Angestellten bei der tariflichen Bewertung zur Vermeidung einer tarifwidrigen „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. Die unter Berücksichtigung der Zusammenhangstätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führende Tätigkeit muss tatsächlich von der übrigen Tätigkeit des Angestellten abgrenzbar und rechtlich selbständig bewertbar sein ( BAG 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - aaO; 21. Februar 1990 - 4 AZR 603/89 - mwN, AP BAT §§ 22, 23 Krankenkassen Nr. 7).

25

b) Zu Recht sind die Vorinstanzen hinsichtlich der Tätigkeiten der Kläger von einem einheitlichen Arbeitsvorgang „Streifengang“ ausgegangen, zu dem jedenfalls die den Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Aufgabenbereiche gehören und der damit jedenfalls 80 % der Arbeitszeit der klagenden Parteien umfasst. Dabei kann es dahinstehen, ob dieser Arbeitszeitanteil durch eine Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten nicht tatsächlich größer als vom Landesarbeitsgericht angenommen ist, da mit 80 % der tariflich geforderte zeitliche Umfang von mindestens der Hälfte der Gesamtarbeitszeit mehr als erreicht ist.

26

aa) Das Landesarbeitsgericht hat die in der Stellenbeschreibung unter den Ziffern 1 und 2 genannten Tätigkeitsbereiche als einen einheitlichen Arbeitsvorgang „Streifengang“ angesehen. Die gesamte Tätigkeit der klagenden Parteien auf ihren Streifengängen diene einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Durchsetzung ordnungsrechtlicher Normen und damit einhergehend der Ahndung von Verstößen gegen die unterschiedlichsten Gebote und Verbote sowie der Gefahrenabwehr. Gleichzeitig sei beabsichtigt, durch die Streifengänge ein erhöhtes Sicherheitsgefühl bei der Bevölkerung zu erzeugen. Der Streifengang, so wie er in der Stellenbeschreibung bestimmt sei, erlaube keine sinnvolle Aufteilung der einzelnen Maßnahmen nach tariflichen Wertigkeiten. Es sei unmöglich, zu Beginn des Streifengangs die einzelnen Eingriffe nach ihrer tariflichen Wertigkeit unterscheiden zu können. Wenn beispielsweise eine Ordnungswidrigkeit nach Ziffer 1 der Stellenbeschreibung festgestellt werde, dann sei zu überlegen, wie die sich aus Ziffer 2 der Stellenbeschreibung ergebende Aufgabe der Beendigung der Ordnungswidrigkeit erledigt werden müsse. Gleiches gelte, wenn die klagenden Parteien bei der Aufnahme einer Anzeige nach Ziffer 1 der Stellenbeschreibung von einem Gefahrenzustand erführen für die erforderliche Maßnahme der Gefahrenabwehr nach Ziffer 2 der Stellenbeschreibung. Ganz anders könne für Tätigkeiten im Innendienst bereits bei der Zuteilung der Arbeit nach der tariflichen Wertigkeit unterschieden werden. Eine solche Unterscheidung bereits bei der Verteilung der Arbeitsaufgabe an unterschiedliche Beschäftigte, beispielsweise nach „Unregelmäßigkeiten vermelden“ und „Maßnahmen ergreifen“ sei zwar möglich, von der Beklagten jedoch nicht vorgenommen worden.

27

bb) Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die unter den Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Arbeitseinheiten können im Hinblick auf das einheitliche, zweckgerichtete Arbeitsergebnis nicht nach tatsächlichen Gesichtspunkten voneinander abgegrenzt werden.

28

Eine solche Trennung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits der Stellenbeschreibung entnehmen. Die unter der Ziffer 1 beschriebenen Tätigkeiten erschöpfen sich nicht in der Feststellung einzelner Sachverhalte, wie sie beispielhaft mit Unterpunkten bezeichnet werden, sondern führen - soweit erforderlich - zu Maßregelungen. Dies folgt bereits aus dem Obersatz, der ausdrücklich das Aussprechen von Verwarnungen oder das Fertigen von Anzeigen vorsieht, sowie den Erläuterungen unter dem letzten Unterpunkt, nach denen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr vorgesehen sind. In Ziffer 2 der Stellenbeschreibung wird dieser Aufgabenkreis der Außendienstmitarbeiter ausdrücklich ergänzt. Danach verbleibt es nicht bei der Ermächtigung, das Vorliegen von Ordnungswidrigkeiten nur festzustellen. Zusätzlich werden Maßnahmen zur Abwehr oder Beendigung etwaiger Gefahrenlagen überantwortet und konkretisiert. Das ergibt sich iÜ auch aus dem eigenen Vortrag der Beklagten, die die Maßnahmen unter Ziffer 2 der Stellenbeschreibung als „Abschluss“ der Tätigkeiten unter deren Ziffer 1 bezeichnet und damit letztlich selbst beide als Teile eines Ganzen ansieht.

29

Bei den Streifengängen ist nach dem Zuschnitt des Aufgabenbereichs die auszuübende Tätigkeit nicht nach dem „Erfassen“ beendet, sondern geht, soweit im Einzelfall erforderlich, in das „Ergreifen von Maßnahmen“ über. Dabei sind die Aufgaben nach Ziffer 1 und die Aufgaben nach Ziffer 2 der Stellenbeschreibung von ein und derselben Person zu erledigen. Dies sind im Hinblick auf das zu erreichende Arbeitsergebnis, das von der Beklagten selbst mit der „Durchsetzung ordnungsrechtlicher Normen und damit einhergehend der Ahndung von Verstößen“, der „Gefahrenabwehr“ und der Erzeugung eines „erhöhten Sicherheitsgefühls bei der Bevölkerung“ vorgegeben ist, nicht nach tariflicher Wertigkeit trennbare Tätigkeitsbereiche. Das unterscheidet den Zuschnitt dieses Aufgabenbereichs von dem der Tätigkeit von Innendienstmitarbeitern, denen - bei entsprechendem Zuschnitt des Tätigkeitsbereichs - entweder nur Akten mit einfachen Sachverhalten oder nur mit höherem Schwierigkeitsgrad zur Bearbeitung vorgelegt werden können. Eine solche „Vorab-Trennung“ ist bei den Streifengängen der Kläger kaum möglich und von der Beklagten auch nicht angestrebt. Die Kläger müssen vor Ort und ggf. ohne Verzögerung entscheiden, welche Maßnahme im konkreten Einzelfall zu ergreifen ist. Die Beklagte hätte es zwar möglicherweise bei der Übertragung der bloßen Feststellung von Sachverhalten, der Entgegennahme von Anzeigen, Informationen, Meldungen sowie der Auskunftserteilung gegenüber Bürgern belassen und die Befugnis zur Ergreifung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anderen Beschäftigten übertragen können. In diesem Fall wäre vielleicht eine Vergleichbarkeit zu der Tätigkeit der von der Revision angeführten Innendienstmitarbeiter mit begrenztem Aufgabenbereich in Betracht gekommen. Da sie von einer entsprechenden Aufteilung abgesehen hat, stellen sich die unter Ziffer 2 aufgelisteten Maßnahmen als Teil des einheitlichen Arbeitsergebnisses „Durchsetzung ordnungsrechtlicher Normen und Gefahrenabwehr“ dar. Sie können nicht sinnvoll abgegrenzt und getrennt bewertet werden.

30

3. Die für die Bewertung des danach vorliegenden einheitlichen Arbeitsvorganges „Streifengang“ in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a Teil I Allgemeiner Teil zum BAT/BL lauten:

        

„Vergütungsgruppe V b

        

1c.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert,

                 

nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1a.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)

        

Vergütungsgruppe V c

        

1a.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)

        

1b.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen erfordert.

                 

(Die Klammerzusätze zu Fallgruppe 1 a gelten.)

                 

Vergütungsgruppe VI b

        

1a.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordert.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)

                 

Vergütungsgruppe VII

        

1a.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Verhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

        

1b.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert.

                 

(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.)“

31

Die Protokollnotiz Nr. 9 ist vorliegend nicht von Bedeutung.

32

4. Die den Klägern übertragene Tätigkeit erfüllt die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT, da sie gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen abverlangt. Da die klagenden Parteien sich entsprechend den tariflichen Voraussetzungen bewährt haben, erfüllen sie auch die Anforderungen der VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT, die nach Überleitung in den TV-L seit dem 1. November 2006 der angestrebten Entgeltgruppe 9 TV-L entspricht.

33

a) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung der Begriffe „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“, und „selbständige Leistungen“ und damit um die von unbestimmten Rechtsbegriffen handelt, lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob es den Rechtsbegriff als solchen verkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., vgl. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 24 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Berufungsurteil erkennen lässt, wie das Landesarbeitsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff verstanden hat (st. Rspr., vgl. nur BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 456/06 - Rn. 20 mwN, ZTR 2008, 156).

34

b) Dieser eingeschränkten Überprüfung hält das Berufungsurteil stand.

35

aa) Darin wird zu Recht davon ausgegangen, dass der Arbeitsvorgang „Streifengang“ gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert. Dabei war insoweit eine pauschale Überprüfung ausreichend, weil die Parteien die Tätigkeit der klagenden Parteien als unstreitig ansehen und dieses Tatbestandsmerkmal der VergGr. VII Fallgr. 1a BAT, auf der die VergGr. VIb Fallgr. 1a und die VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT aufbauen, durch diese Tätigkeit als erfüllt erachten (st. Rspr., vgl. nur BAG 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 21 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 311; 25. Januar 2006 -  4 AZR 613/04  - Rn. 17, AP BAT-O § 27 Nr. 4; 12. Mai 2004 -   4 AZR 371/03  - zu I 1 f aa (3) der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301). Zwar hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung bestritten, dies sei zu 100 % der Fall. Ihrem Vorbringen ist jedoch zu entnehmen, dass sie selbst jedenfalls mindestens 50 % gründliche und vielseitige Fachkenntnisse zugrunde legt. Das folgt einerseits daraus, dass bereits die ursprünglich von ihr als zutreffend angesehene VergGr. VIb (Fallgr. 1a und 1b) BAT sowie die dieser vorausgehende VergGr. VII (Fallgr. 1a) BAT zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge erfordern, die dieses Tatbestandsmerkmal erfüllen. Die Beklagte ist den Ausführungen des Berufungsgerichts, die Tätigkeit der klagenden Parteien werde von gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen bestimmt, iÜ auch nicht entgegengetreten.

36

(1) „Gründliche Fachkenntnisse“ setzen unter Berücksichtigung der auch hier heranzuziehenden Klammerdefinition zur VergGr. VII Fallgr. 1b BAT nähere Kenntnisse von ua. Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Die Fachkenntnisse müssen sich jedoch nicht notwendig auf Rechtsvorschriften beziehen, wie sich bereits aus dem Zusatz „usw.“ zu der Klammerdefinition zur VergGr. VII Fallgr. 1b BAT ergibt. So hat der Senat ua. historische, architekturhistorische und fremdsprachliche Fachkenntnisse als ausreichend angesehen (vgl. ua. BAG 10. Dezember 1997 - 4 AZR 221/96 - zu II 1 b bb (3) der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 237; näher Krasemann Das Eingruppierungsrecht des BAT/BAT-O 8. Aufl. Kap. 9.4 Rn. 40 ff.). Es sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen. Vielseitige Fachkenntnisse erfordern demgegenüber eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich aus einem Fachgebiet stellenden Anforderungen ergeben (vgl. ua. BAG 10. Dezember 1997 - 4 AZR 221/96 - aaO). Denkbar ist zwar, dass sich der Wissensbereich nur auf ein einzelnes, abgegrenztes Teilgebiet beschränkt, in dem der Angestellte eingesetzt wird (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 28 mwN, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 40), jedoch reicht ein eng abgegrenztes Teilgebiet mit etwa nur routinemäßiger Bearbeitung nicht aus.

37

(2) Das Landesarbeitsgericht hat aus dem Vortrag der Parteien, insbesondere aus dem der Beklagten, und unter Berücksichtigung der von der Beklagten erstellten Stellenbeschreibung und der Zuständigkeitsanordnung vom 15. April 2008 ohne Rechtsfehler geschlossen, dass die Anforderung der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse erfüllt ist. Dabei hat es insbesondere darauf abgestellt, dass neunzehn Gesetze und Verordnungen die gesetzliche Grundlage der Tätigkeit bilden und dass Fachkenntnisse des Gefahrenabwehr- und Vollstreckungsrechts anzuwenden sind. Diese Fachkenntnisse konnte das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler als gründlich und vielseitig bewerten.

38

(a) Dabei ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht für die Vielseitigkeit der benötigten Fachkenntnisse auch auf die Zuständigkeitsanordnung vom 15. April 2008 Bezug genommen hat. Zwar kann dieser Zuständigkeitsanordnung nicht ausdrücklich entnommen werden, dass die in ihr geregelten Zuständigkeiten für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum gelten. Jedoch ergibt sich aus einem Klammerzusatz zu ihrer Überschrift - „basiert auf der Senats-Drs. vom Januar 2006“ -, dass ein Vorläufer vom Januar 2006 existiert. Die Beklagte hat weder die Zuständigkeitsanordnung in Abrede gestellt noch Umstände vorgetragen, die für eine beachtliche zwischenzeitliche Änderung der Zuständigkeiten des BOD sprechen.

39

(b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht sich ua. auf die von der Beklagten erstellte Stellenbeschreibung gestützt hat, in der es unter der Überschrift „Erforderliche Fachkenntnisse“ heißt, dass „[g]ründliche und vielseitige Fachkenntnisse der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus dem Zuständigkeitsbereich des bezirklichen Ordnungsdienstes, insbesondere des Gefahrenabwehr- und Vollstreckungsrechts“ erforderlich sind. Zwar können die Angaben in einer Stellenbeschreibung (auch wenn die Beklagte diese selbst erstellt hat und, wie vorliegend, im Verlaufe des Rechtsstreits auch nicht in Frage stellt, ggf. nur rechtlich anders bewertet) grundsätzlich nicht mit tarifvertraglichen Vorgaben gleichgesetzt werden. Ob solche Vorgaben erfüllt sind, ist eine Rechtsfrage. Die Antwort darauf kann von den Parteien des Rechtsstreits nicht unstreitig gestellt werden und sie kann auch nicht ohne jegliche Subsumtion einer Stellenbeschreibung entnommen werden. Das hat das Landesarbeitsgericht jedoch auch nicht getan, sondern es hat auf die danach und iÜ unstreitig benötigten Fachkenntnisse insbesondere des Gefahrenabwehr- und Vollstreckungsrechts Bezug genommen und sie ersichtlich in die eigene rechtliche Bewertung einbezogen.

40

bb) Das Landesarbeitsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Arbeitsvorgang „Streifengang“ entgegen der Auffassung der Beklagten auch das Tatbestandsmerkmal „selbständige Leistungen“ iSd. VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT in rechtserheblichem Ausmaß erfüllt.

41

(1) Das Landesarbeitsgericht ist von dem zutreffenden Begriff der „selbständigen Leistungen“ im Sinne des Satzes 3 des Klammerzusatzes zu der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT ausgegangen.

42

(a) Danach erfordern selbständige Leistungen ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Das Merkmal „selbständige Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbständig arbeiten“ verwechselt werden, worunter eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung zu verstehen ist. Eine selbständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbständige Leistungen im tariflichen Sinne ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht nicht entgegen (BAG 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 27 mwN, AP BAT §§ 22, 23 Nr. 311).

43

(b) Zum Erfüllen der tariflichen Anforderungen ist es ausreichend, wenn selbständige Leistungen innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegen. Nicht erforderlich ist es, dass innerhalb eines Arbeitsvorgangs selbständige Leistungen ihrerseits in dem von § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 und Unterabs. 4 BAT bestimmten Maß anfallen (st. Rspr., vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 27 mwN, AP BAT §§ 22, 23 Nr. 311; 18. Mai 1994 - 4 AZR 461/93 - zu B II 4 c der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 178). Dabei kann es dahinstehen, ob und ggf. wo genau eine quantitative Grenze für den unbestimmten Rechtsbegriff des rechtserheblichen Ausmaßes zu ziehen wäre. Eine Bestimmung eines Prozentsatzes, bei dessen Vorliegen das fragliche Tarifmerkmal in rechtserheblichem Ausmaße vorliegt, erscheint dem Senat nach wie vor (vgl. BAG 22. März 1995 - 4 AZN 1105/94 - zu II der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 193)nicht geboten. Jedenfalls sind selbständige Leistungen dann in rechtserheblichem Ausmaß erforderlich, wenn ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könnte (BAG 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - zu III 3 b bb der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 172). Dabei kann das Erfüllen dieser Voraussetzung nicht davon abhängen, ob nach dem Ende der Arbeitseinheit festgestellt wird, dass bei dem Erzielen des Arbeitsergebnisses die höchste qualitative Anforderung in einem bestimmten zeitlichen Ausmaß auch tatsächlich abgerufen wurde. Entscheidend ist, dass zu Beginn der Tätigkeit die Fähigkeit, dieser qualitativen Anforderung gerecht zu werden, allgemein bereitgehalten werden muss, weil sie nach der arbeitsvertraglichen Aufgabenstellung jederzeit, wenn auch in einem nicht vorhersehbaren Umfang, eingesetzt werden muss. Dieser qualitativ bestimmte Maßstab folgt insbesondere daraus, dass die Tarifvertragsparteien des BAT den Arbeitsvorgang zur grundlegenden und universalen Bezugsgröße für die Eingruppierung gemacht haben. Hätten die Tarifvertragsparteien die Arbeitszeit zum Bezugspunkt von Qualifikationsmerkmalen machen wollen, so hätten sie das - beispielsweise - in § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT - zum Ausdruck bringen müssen (näher BAG 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - aaO; 22. März 1995 - 4 AZN 1105/94 - aaO).

44

(2) Gemessen an diesem Kriterium hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, das Tatbestandsmerkmal „selbständige Leistungen“ liege in rechtserheblichem Ausmaß vor.

45

(a) Das Landesarbeitsgericht hat entscheidend darauf abgestellt, ohne selbständige Leistungen könne kein brauchbares Arbeitsergebnis erzielt werden. Die im Rahmen des Arbeitsvorgangs „Streifengang“ zu erbringenden Tätigkeiten dienten der Durchsetzung der bei der Beklagten bestehenden ordnungsrechtlichen Normen. Dies erfordere regelmäßig, dass die klagenden Parteien Ermessensentscheidungen zu treffen hätten, ob und ggf. welche Maßnahme im Einzelfall zu ergreifen sei.

46

(b) Damit hat das Landesarbeitsgericht in zutreffender Weise die Tätigkeit der Kläger unter das Tatbestandsmerkmal der selbständigen Leistungen subsumiert sowie das Erfordernis des rechtserheblichen Ausmaßes zum Begriff des Arbeitsvorgangs in Bezug gesetzt. Mit seiner Wertung, ohne die Erbringung selbständiger Leistungen sei die Durchsetzung ordnungsrechtlicher Normen und damit die Entscheidung über Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und der Verhinderung oder Beseitigung von Ordnungswidrigkeiten nicht möglich, mit der Folge, dass ein zufriedenstellendes Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könne, hat es den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Das Landesarbeitsgericht konnte bei seinen Erwägungen zugrunde legen, dass der Arbeitsvorgang „Streifengang“ selbständige Leistungen iSd. Tatbestandsmerkmales erfordert, und zwar ua. Ermessensentscheidungen unter Verknüpfung und Abwägung unterschiedlicher Informationen. Selbst die Beklagte hat nicht bestritten, dass dies der Fall ist. Sowohl in ihrer Berufungs- als auch in ihrer Revisionsbegründung rügt sie lediglich, dieses Tatbestandsmerkmal sei nicht in rechtserheblichem Ausmaß erfüllt. Selbst wenn, den Vortrag der Beklagten unterstellt, selbständige Leistungen lediglich im Umfang von unter 10 % bezogen auf Ziffer 2 der Stellenbeschreibung (25 % der Gesamtarbeitszeit ausmachend) benötigt würden, kommt es darauf nicht an, solange diese für ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis vorgehalten werden müssen.

47

(c) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe bezüglich eines rechtserheblichen Anteils selbständiger Leistungen „ohne tatsächliche Feststellungen“ geurteilt, geht ins Leere. Es kann dabei dahinstehen, ob es sich insoweit um eine Verfahrensrüge handelt und ob diese den Anforderungen entsprechend dargelegt worden ist. Jedenfalls brauchte das Landesarbeitsgericht zu diesem Punkt keine Feststellungen zu treffen, denn es hat allein auf der Grundlage der Angaben der Beklagten - unter abweichender rechtlicher Bewertung - der Klage stattgegeben.

48

(3) Der hiergegen von der Revision erhobene Einwand, eine Vergütung der Kläger nach der Entgeltgruppe 9 TV-L sei im Vergleich beispielsweise mit wesentlich anspruchsvolleren, aber im Eingruppierungsgefüge niedriger bewerteten Tätigkeiten anderer Beschäftigter nicht gerechtfertigt, ist unerheblich. Soweit die Revision sich hier auf Personalsachbearbeiter der Entgeltgruppe 8 TV-L oder auf Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Entgeltgruppe 9 TV-L beruft, übersieht sie bereits, dass nach ihrer eigenen Stellenbeschreibung ein/e Mitarbeiter/in im Außendienst des BOD über eine abgeschlossene Berufsausbildung mit mehrjähriger Praxiserfahrung oder über eine Laufbahnprüfung für den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst verfügt. Im Übrigen ist die Vergütungsordnung des BAT in den hier fraglichen Vergütungsgruppen nicht nach personenbezogenen Ausbildungsanforderungen aufgebaut. Keines der Tatbestandsmerkmale der hier vorgesehenen Eingruppierungsvorschriften nimmt Bezug auf formale Ausbildungserfordernisse. Mit dem Tatbestandsmerkmal „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ werden zwar Fachkenntnisse ausdrücklich honoriert, es kommt jedoch nicht darauf an, wie und über welche Dauer diese erworben worden sind. Nach der Rechtsprechung des Senats kann es sich dabei auch um Erfahrungswissen oder Wissen der Allgemeinbildung handeln (BAG 29. August 1984 - 4 AZR 338/82 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 94). Vorliegend geht die Beklagte iÜ selbst vom Erfordernis gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse aus.

49

Soweit die Beklagte die Wertigkeit der von ihr angeführten Tätigkeiten im Entgeltsystem nicht zutreffend abgebildet findet, ist es nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für das Regelungsproblem gefunden haben (ua. BAG 29. August 2001 - 4 AZR 352/00 - zu I 4 a der Gründe mwN, BAGE 99, 31).

50

cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Kläger die für die Eingruppierung in der VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT und nach der Überleitung in den TV-L in der Entgeltgruppe 9 erforderliche Bewährungszeit erfolgreich absolviert haben.

51

(1) Die von den klagenden Parteien angestrebte Eingruppierung in die VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT, die nach Überleitung in den TV-L der Entgeltgruppe 9 entspricht (§§ 3, 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder iVm. der Anlage 2 TVÜ-Länder - Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 31. Oktober 2006/1. November 2006 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung - Teil A), erfordert, dass sie sich drei Jahre in der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT bewährt haben. Bei ihrer Überleitung in den TV-L am 1. November 2006 müssen sie die bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts für eine Höhergruppierung erforderliche Zeit der Bewährung zur Hälfte erfüllt haben (§ 8 Abs. 1 Satz 1 erster Spiegelstrich TVÜ-Länder).

52

Nach ständiger Rechtsprechung zum BAT ist das Erfordernis der Bewährung erfüllt, wenn die oder der betreffende Angestellte während der vorgeschriebenen Bewährungszeit die volle Eignung für die übertragene Tätigkeit nachgewiesen hat, sich also allen in der Ausgangsvergütungsgruppe einer solchen Tätigkeit auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt hat. Um diese personenbezogene Anforderung zu erfüllen, müssen keine herausragenden Leistungen erbracht werden; es genügt die qualitative und quantitative Normalleistung, die nach den herkömmlichen Beurteilungssystemen mit „genügt den Anforderungen” zu bewerten wäre. Letztlich honorieren die Tarifvertragsparteien damit ein gewisses Erfahrungswissen (vgl. dazu BAG 24. März 2010 - 4 AZR 721/08 - Rn. 31, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 313; 28. November 1984 - 4 AZR 35/83 - BAGE 47, 253; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 862/07 - Rn. 46, ZTR 2009, 314 und 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 38, AP TVG § 1 Nr. 44).

53

(2) Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

54

(a) Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Arbeit der Kläger beanstandungsfrei erbracht wurde und daher die Bewährung als solche gegeben ist. Insoweit hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 20. Januar 2010 zu Protokoll erklärt, für den Fall, dass die Tätigkeit der klagenden Parteien ursprünglich nach der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT zu bewerten gewesen wäre, hätten sie die für den Bewährungsaufstieg erforderliche dreijährige Bewährungszeit erfolgreich durchlaufen. Ebenfalls nicht streitig ist, dass die von den klagenden Parteien beim SOD und beim BOD ausgeübten Tätigkeiten tariflich gleich zu bewerten sind.

55

(b) Dies gilt für alle Kläger.

56

(aa) Der Kläger zu 1. ist seit dem 1. September 2003 zunächst beim SOD und seit dem 1. März 2006 beim BOD als Außendienstmitarbeiter mit im Wesentlichen identischen ordnungsdienstlichen Aufgaben beschäftigt. Damit begann die Bewährungszeit am 1. September 2003 und endete am 31. August 2006. Folglich ist der Kläger ab dem 1. September 2006 in die VergGr. Vb BAT und nach der Überleitung in den TV-L mit Wirkung zum 1. November 2006 in der Entgeltgruppe 9 TV-L eingruppiert.

57

(bb) Der Kläger zu 2. ist seit dem 23. August 2004 im Ordnungsdienst als Außendienstmitarbeiter beschäftigt, zunächst beim SOD und seit dem 1. März 2006 beim BOD. Damit begann seine Bewährungszeit mit dem 23. August 2004 und endete mit dem 22. August 2007. Zum Zeitpunkt der Überleitung in den TV-L am 1. November 2006 hatte er folglich über 26 Monate, mithin mehr als die Hälfte des erforderlichen Zeitraums durchlaufen und ist mit Ablauf der Bewährungszeit in der Entgeltgruppe 9 TV-L eingruppiert.

58

(cc) Der Kläger zu 3. arbeitete seit dem 1. März 2005 für den SOD und wechselte am 1. März 2006 zum BOD. Seine Bewährungszeit begann am 1. März 2005. Am 1. November 2006 hatte er 20 Monate und damit mehr als die Hälfte des nach der VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT vorgegebenen Zeitmaßes absolviert und ist seit dem 1. März 2008 in der Entgeltgruppe 9 TV-L eingruppiert. Der Umstand, dass er vom 1. April 2007 bis 31. Oktober 2008 die Aufgabe der Leitungsassistenz im Management des öffentlichen Raums übernommen hat, wirkt sich auf die absolvierte Bewährung nicht aus. In dem genannten Zeitraum hat er eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen den Entgeltgruppen 6 und 8 TV-L erhalten. Seit dem 1. November 2008 ist er wieder in seiner „alten“ Funktion tätig. Tatsächlich hat er überdies auch während der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit zwischen 50 % und 80 % seiner Arbeitszeit im Außendienst Streifengänge geleistet.

59

5. Die Revision hat allerdings hinsichtlich eines geringen Teils des vom Landesarbeitsgerichts zuerkannten Anspruchszeitraums Erfolg. Der Kläger zu 3. kann nach Maßgabe der tariflichen Ausschlussfristregelung die begehrte Vergütung erst ab dem 1. Juli 2008 verlangen. Im Übrigen bleibt auch hier die Revision der Beklagten erfolglos.

60

a) Nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ebenso wie nach dem früher geltenden § 70 BAT, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten geltend gemacht werden.

61

aa) Eine Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und dessen Höhe, dh. der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Klarheit ersichtlich gemacht wird. Der Sinn und Zweck der Regelung erfordert, dem Schuldner gegenüber den behaupteten Anspruch so genau zu bezeichnen, dass er sich über Inhalt und Umfang klar werden kann und dem Gläubiger die Erhebung einer formellen Klage zunächst erspart wird. Deshalb genügt es nicht, die andere Seite aufzufordern, überhaupt eine Forderung zu erfüllen. Für den Arbeitgeber müssen die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, erkennbar sein (BAG 16. November 2010 - 9 AZR 597/09 - Rn. 41 mwN, ZTR 2011, 218; vgl. zu § 70 Satz 1 BAT: 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 83 mwN, AP GG Art. 9 Nr. 140 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 25).

62

bb) Dabei ist die Geltendmachung eines Anspruchs keine Willenserklärung, sondern eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf deren Auslegung die §§ 133, 157 BGB entsprechend anzuwenden sind (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 92 mwN, AP GG Art. 9 Nr. 140 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 25; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu I 1 a der Gründe mwN, BAGE 109, 100; 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 139). Ob eine Handlung einer Partei zur Geltendmachung eines Anspruchs ausreicht, ist grundsätzlich von den Tatsacheninstanzen festzustellen. Die dabei vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung ist in der Revisionsinstanz ebenso wie die Auslegung nichttypischer Vertragserklärungen nur daraufhin überprüfbar, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist (st. Rspr., vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - aaO; 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - aaO).

63

b) Die vom Landesarbeitsgericht für die Kläger zu 1. und 2. als ausreichend bewerteten Geltendmachungsschreiben erfüllen die Anforderungen nach § 37 Abs. 1 TV-L. Das ebenfalls für ausreichend gehaltene Geltendmachungsschreiben des Klägers zu 3. vom 11. September 2007 wahrt dagegen die Ausschlussfrist nicht, so dass dem Kläger zu 3. die begehrte Vergütung erst ab dem 1. Juli 2008 zusteht.

64

aa) Der Kläger zu 1. hat für den von ihm zuletzt begehrten Zeitraum ab dem 1. Juni 2008 die Ausschlussfrist jedenfalls mit dem am 2. Dezember 2008 bei der Arbeitgeberin eingegangenen Schreiben vom 28. November 2008 gewahrt. Das Schreiben erfüllt die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geltendmachung, indem es die begehrte Entgeltgruppe genau bezeichnet und sich auf die Erfüllung von deren Voraussetzungen durch die Eingruppierung in der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT sowie der absolvierten Bewährung beruft.

65

bb) Der Kläger zu 2. hat mit Schreiben vom 30. Mai 2008 „die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc bzw. Vb BAT, der jetzigen Entgeltgruppe 8 bzw. 9 TV-L“ beansprucht. Auch dies ist eine ordnungsgemäße Geltendmachung und führt zu einer Wahrung der Ausschlussfrist für die zuletzt vom Kläger zu 2. begehrte Zeit ab dem 1. November 2007.

66

c) Dem Kläger zu 3. steht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TV-L erst ab dem 1. Juli 2008 zu. Das Schreiben vom 11. September 2007 genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L im Hinblick auf den begehrten Anspruch nicht.

67

aa) Das Schreiben vom 11. September 2007 ist in einem Zeitraum an die Beklagte gesandt worden, in der der Kläger mit der gegenüber den Streifengängen höherwertigen Tätigkeit der Leitungsassistenz betraut war. Bereits dem Betreff - „Antrag auf Anhebung der Stelle als Leitungsassistenz (BOD) von MR 40“ -, aber auch dem ersten Satz des Schreibens - „hiermit beantrage ich die Anhebung der oben genannten Stelle als Leitungsassistenz von MR 40 auf BAT Vb bzw. der Entgeltgruppe 9“ - ist zu entnehmen, dass es dem Kläger gerade nicht um die Geltendmachung eines Entgelts nach der Entgeltgruppe 9 TV-L aufgrund der erfolgreichen Absolvierung einer dreijährigen Bewährungszeit in der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT ging, sondern um eine Höhergruppierung infolge der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Dementsprechend hat er im Schreiben seine zu dieser Zeit wahrgenommenen Aufgaben in der Leitungsassistenz ausdrücklich gegenüber denjenigen im Außendienst beim BOD abgegrenzt und darauf hingewiesen, dass diese Tätigkeit ein höheres Maß an Verantwortung und auch eine selbständige Führungsfunktion erfordere. Damit ist das Höhergruppierungsbegehren an die Tätigkeit in der Leitungsassistenz und nicht an die bisherige und spätere als Außendienstmitarbeiter angeknüpft worden, wobei in der Sache die originäre Bewertung des aktuell bearbeiteten Aufgabenkreises nach der Entgeltgruppe 9 TV-L beansprucht wird und nicht die Höhergruppierung aufgrund einer Bewährung in den zuvor und später ausschließlich erledigten Streifengängen. Die Beklagte brauchte daraufhin lediglich zu überprüfen, inwieweit allein die Übertragung der Leitungsassistenz zu einem höheren Entgeltanspruch des Klägers zu 3. geführt hat. Dies hat sie - insoweit vom Kläger zu 3. unangegriffen - verneint.

68

Der Kläger zu 3. kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Entgeltgruppe 9 TV-L gefordert und die Beklagte ihm daraufhin die Differenz zwischen den Entgeltgruppen 6 und 8 TV-L als Zulage gewährt hat. Selbst wenn die Beklagte dem Begehren des Klägers nachgekommen wäre und ihn während der Zeit der Tätigkeit in der Leitungsassistenz nach der Entgeltgruppe 9 TV-L entgolten hätte - womit die Geltendmachung „verbraucht“ gewesen wäre -, hätte er für die nachfolgende Tätigkeit im Streifendienst des BOD erneut ein gesondertes Höhergruppierungsverlangen stellen müssen.

69

bb) In Ermangelung einer anderweitigen Geltendmachung wahrt erstmalig die am 22. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangene und der Beklagten am 9. Januar 2009 zugestellte Klage die Ausschlussfrist mit der Folge, dass bei Fälligkeit des Entgeltanspruchs am letzten Tag des Monats nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TV-L ihm erst ab dem 1. Juli 2008 Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TV-L zusteht.

70

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der nach § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Quotelung der Kosten waren die in diesem Rechtsstreit bereits rechtskräftig von den Vorinstanzen entschiedenen Streitgegenstände anteilig zu berücksichtigen.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    Lippok    

        

    Pieper    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1965 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Freistaat gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.542,86 Euro tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin ist zuständig für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten gemäß § 45 SGB VIII. Ihre Stelle ist im Sächsischen Landesjugendamt angesiedelt. Im Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Zweigstelle D zugewiesen. Sie betreute bis zum 31. Juli 2008 den N-Kreis, den Kreis Bautzen und 1/3 des Stadtgebiets der Stadt D. Seit dem 1. August 2008 ist die Klägerin für den neuen Kreis B und weiterhin für einen Teil der Stadt D zuständig. Im Durchschnitt an einem Arbeitstag pro Woche prüft sie die Einrichtungen vor Ort.

4

Die Klägerin ist mit ihrem in der Werbebranche selbstständig tätigen Ehemann Eigentümerin eines kreditbelasteten Wohn- und Geschäftshauses in D. Kinder leben nicht mehr im ehelichen Haushalt.

5

Im Zuge der Verwaltungsreform durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz vom 29. Januar 2008 wurde das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, dem die Zweigstelle D des Sächsischen Landesjugendamts zugeordnet war, aufgelöst. Das nunmehr zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales beschloss, die Verwaltung des Sächsischen Landesjugendamts in C zu konzentrieren und die Zweigstellen in D und L aufzulösen.

6

Nach Anhörung der Klägerin und Zustimmung des Hauptpersonalrats wurde die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2008 zum 1. August 2008 an das Sächsische Landesjugendamt mit Dienstsitz in C versetzt. Der einfache Arbeitsweg von der Wohnung der Klägerin in D zur Arbeitsstelle in C nimmt bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen 1 Stunde 45 Minuten und 2 Stunden 12 Minuten in Anspruch. Ortstermine kann die Klägerin nach wie vor von D aus wahrnehmen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf eine Tätigkeit in D konzentriert. Ein Umzug nach C sei wegen der selbstständigen Berufstätigkeit des Ehemanns und des erworbenen Wohn- und Geschäftshauses ausgeschlossen. Sie könne entweder in einem Büro in D unter Beibehaltung ihrer bisherigen Tätigkeit oder nach Versetzung in eine andere Dienststelle in D weiterbeschäftigt werden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft in C anzubieten.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, eine weitere Beschäftigung der Klägerin in D sei nicht möglich, weil deren Arbeitsaufgaben dort nicht mehr angesiedelt seien. Das Sächsische Landesjugendamt sei in C zusammengeführt worden, um den fachlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und Kontakt- und Informationsverluste auszuschließen. Alle Mitarbeiter der ehemaligen Zweigstellen seien nach C versetzt worden. Diese Versetzung sei der Klägerin zuzumuten.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung sei rechtsunwirksam, weil der Zeitaufwand bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zeitgrenzen des § 121 SGB III überschreite, kann die Berufung des Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Wirksamkeit der Versetzung entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

Der Antrag bedarf der Auslegung. Er ist dem Wortlaut nach auf Feststellung gerichtet, dass die Klägerin der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 keine Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft nicht in C anzubieten hat. Der Sache nach begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Versetzung rechtsunwirksam ist. Mit diesem Inhalt ist die Klage als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung kann der Arbeitnehmer diese im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

14

II. Die Klage könnte unbegründet sein.

15

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

16

1. Die Parteien haben den Arbeitsort D vertraglich nicht festgelegt.

17

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 21. April 1993, dessen äußeres Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82), enthält keine Festlegung des Arbeitsorts, sondern nur den im öffentlichen Dienst üblichen Verweis auf die geltenden Tarifverträge (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Tätigkeitsort: BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Auch dem Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 ist ein Angebot auf Festlegung des Arbeitsorts D nicht zu entnehmen; mit diesem Schreiben hat der Beklagte lediglich sein Direktionsrecht ausgeübt und der Klägerin den dortigen Arbeitsplatz zugewiesen.

18

b) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf D konkretisiert, dass die Klägerin seit ihrer Einstellung bis zur Versetzung nach C über 15 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

19

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, aaO; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 47, BAGE 118, 22).

20

bb) Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle in D beworben und ihr dieser Arbeitsplatz zugewiesen wurde, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken.

21

2. Die Zuweisung des Arbeitsorts C mit Schreiben vom 14. Juli 2008 könnte billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB entsprechen. Soweit das Landesarbeitsgericht wegen der Überschreitung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III festgelegten Grenzen für zumutbare Pendelzeiten die Versetzung für ermessensfehlerhaft erachtet hat, hat es den Regelungsgehalt der Norm verkannt.

22

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht statt.

23

b) Es unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, ob die Entscheidung des Arbeitgebers der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur eingeschränkt durch das Revisionsgericht überprüft werden kann (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - Rn. 11, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10), bedarf keiner Entscheidung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

24

aa) Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 SGB III ist einem Arbeitslosen aus personenbezogenen Gründen eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind nach § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen.

25

bb) Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (LAG Hamm 24. Mai 2007 - 8 Sa 51/07 - NZA-RR 2008, 175; LAG Rheinland-Pfalz 9. Dezember 2004 - 6 Sa 326/04 -) kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden. Dies zeigt bereits die Regelungssystematik der Norm, weil nach § 121 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB III bei nicht nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit sogar ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs zumutbar ist. Auch der Regelungsgehalt der Norm steht einer Heranziehung der dort festgelegten Zumutbarkeitsgrenzen im Rahmen der Ermessenskontrolle entgegen. Die Norm bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Sie dient der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und der Erhöhung der Verantwortung des Arbeitslosen für die Beendigung der Arbeitslosigkeit (BT-Drucks. 13/4941 S. 238 und 13/5676 S. 2). Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335).

26

cc) Damit ist weder eine Übertragung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthaltenen Wertungen auf die Gestaltung von Sozialplänen(vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335) noch auf die Ausübung billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien angemessen Rechnung trägt. Dies setzt eine individuelle Abwägung aller betroffenen Interessen voraus und schließt eine starre Anwendung sozialrechtlicher Zumutbarkeitsregeln aus. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist im Rahmen der Abwägung ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben. Bei wichtigen dienstlichen Gründen können längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthalten keinen belastbaren Maßstab für die Kontrolle des Ermessensgebrauchs. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben.

27

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es fehlt an Feststellungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten in D; das Landesarbeitsgericht hat auch keine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen vorgenommen. Dies wird nachzuholen sein.

28

a) Zu berücksichtigen ist, dass die Zweigstelle des Sächsischen Landesjugendamts in D aufgelöst wurde und die dortigen Arbeitsaufgaben nunmehr in C angesiedelt sind. Werden im Zuge einer Verwaltungsreform Arbeitsaufgaben verlagert, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Aufgaben am neuen Arbeitsort weiter von dem dafür qualifizierten und eingearbeiteten Personal wahrnehmen zu lassen (vgl. insoweit zum Personalübergang nach Verlagerung der Aufgaben auf einen anderen Träger: BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., AP GG Art. 12 Nr. 143). Dies gilt besonders dann, wenn qualifizierte Tätigkeiten verlagert werden. Durch die Versetzung des Personals kann die kontinuierliche und sachgerechte Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.

29

b) Gegenüber diesem Interesse des Beklagten an der Versetzung der Klägerin nach C könnte das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes in D zurückzutreten haben.

30

aa) Die Klägerin muss keine elterliche Sorge gegenüber minderjährigen Kindern mehr auszuüben. Dass sie Miteigentümerin eines kreditbelasteten Hauses und der Ehemann beruflich an den Wohnort D gebunden ist, steht einer Versetzung nach C nicht entgegen. Die Klägerin muss bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes ihren Wohnort nicht ändern. Dass sie aus finanziellen Gründen zu einem Notverkauf des Hauses gezwungen ist, ist nicht erkennbar.

31

bb) Der geltend gemachte zeitliche Aufwand ist individuell beeinflussbar. Die Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit einem eigenen Pkw zum neuen Dienstort fahren, wodurch der Zeitaufwand sich beträchtlich reduziert. Ob der Nutzung eines Pkws gesundheitliche Gründe entgegenstehen, muss ggf. geprüft werden. Möglichen finanziellen Mehrbelastungen der Klägerin wird teilweise dadurch Rechnung getragen, dass sie ihre Arbeitsleistungen zum Teil nach wie vor von ihrem Wohnort aus erbringen kann.

32

cc) Nicht festgestellt ist, ob es zum Zeitpunkt der Versetzung für die Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in D gab. Der Beklagte war zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach alternativen Arbeitsplätzen für die Klägerin in D zu suchen, weil regelmäßig zunächst ein berechtigtes Interesse besteht, besonders qualifizierte Aufgaben weiter von den eingearbeiteten Arbeitskräften wahrnehmen zu lassen. Macht ein Arbeitnehmer allerdings geltend, es gebe konkrete alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu prüfen und im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens ggf. in die Abwägung der wechselseitigen Interessen mit einzubeziehen. Soweit die Klägerin sich allerdings in diesem Zusammenhang bisher auf die Versetzung einer Arbeitnehmerin von C nach D im März 2008 berufen hat, wäre dieser Arbeitsplatz in D nicht in die Abwägung einzubeziehen, wenn er tariflich niedriger bewertet war und die Klägerin dorthin nicht durch Ausübung des Direktionsrechts versetzt werden konnte.

33

III. Abschließende, durch das Verfahren nicht veranlasste Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen es geboten erscheinen, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen und den Rechtsstreit an eine andere Kammer zurückzuverweisen.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 24. April 2014 - 6 Sa 583/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

Diese studierte von 1989 bis 1995 Sportwissenschaft an der Universität L. Mit dem Studienabschluss wurde ihr der akademische Grad „Diplom-Sportlehrerin“ verliehen. Seit dem 1. Oktober 1999 ist sie bei dem Beklagten als Lehrerin an einem Gymnasium beschäftigt.

3

Ausweislich § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1999 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Bezüglich der Eingruppierung regelt § 3 des Arbeitsvertrags, dass diese sich nach den Richtlinien des Beklagten zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer vom 22. Juni 1995 (Sächsische Lehrer-Richtlinien - SächsLehrerRL) in der jeweils gültigen Fassung richtet. Diese bestimmen in der ab 1. August 2012 geltenden Fassung als Richtlinien des Freistaates Sachsen zur Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen auszugsweise Folgendes:

        

Vorbemerkungen

        

…       

        

3.    

Sofern die Richtlinien die Eingruppierung von Lehrkräften regeln, deren Abschlüsse nach den Ausbildungsbestimmungen der ehemaligen DDR erworben wurden, bezieht sich die Eingruppierung auf diejenigen Lehrkräfte, die den Abschluss vor dem 3. Oktober 1990 erworben haben. Wurden diese Abschlüsse, deren Erwerb bis zum 3. Oktober 1990 nach den Ausbildungsbestimmungen der ehemaligen DDR möglich war, nach dem 3. Oktober 1990 erworben, werden diese Abschlüsse von den Richtlinien nicht erfasst.

        

4.    

Über die Gleichwertigkeit der von den Richtlinien nicht erfassten Abschlüsse entscheidet im Einzelfall das Staatsministerium für Kultus.

        

...     

        

9.    

Für Lehrkräfte mit einer Ausbildung nach bundesdeutschem Recht (Zweite Staatsprüfung) bilden - soweit ausgebracht - die Ämter für Lehrkräfte nach dem Sächsischen Besoldungsgesetz (SächsBesG) ... in der jeweils geltenden Fassung die Grundlage für die Eingruppierung. Die Zuordnung zu den Entgeltgruppen des TV-L erfolgt gemäß den Regelungen des TVÜ-Länder.

        

A. Lehrkräfte im Unterricht an allgemeinbildenden Schulen

        

…       

        

III. Lehrkräfte im Unterricht an Gymnasien

        

Entgeltgruppe 11

        

Lehrer

        

-       

…       

        

-       

…       

        

-       

mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Lehrer/Fachlehrer/Diplomlehrer für die Oberstufe der allgemeinbildenden Schulen/für die Erweiterte Oberschule/mit postgradualer Qualifizierung für die Abiturstufe mit einer Lehrbefähigung für ein Fach (Klassen 5 bis 12)1

        

...     

        

1Gleichgestellt sind nach ehemaligem DDR-Recht ausgebildete Hochschulabsolventen mit Fachdiplom (zum Beispiel Diplomgermanist, Diplommathematiker) und pädagogischem Zusatzstudium/Prüfung.

        

…       

        

Entgeltgruppe 13

        

Lehrer

        

-       

...     

        

-       

mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer für die allgemeinbildende polytechnische Oberschule bzw. als Lehrer/Fachlehrer/Diplomlehrer für die Oberstufe der allgemeinbildenden Schulen/für die Erweiterte Oberschule/mit postgradualer Qualifizierung für die Abiturstufe jeweils mit einer Lehrbefähigung für zwei Fächer (Klassen 5 bis 12) 2, 4

        

…       

        

4Nach dreijähriger Lehrtätigkeit und Bewährung an einem Gymnasium, davon auch in der gymnasialen Oberstufe seit 1. August 1991, frühestens ab 1. Januar 1996.“

4

§ 6 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1999 sieht vor, dass die Klägerin sich um eine „Zulassung zu einer berufsbegleitenden Weiterbildung in einem weiteren Fach gemäß der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über den Erwerb einer Lehrbefähigung in einem weiteren Fach (LbVO) vom 18.03.1993 (SächsGVBl. S. 283), in der jeweils gültigen Fassung, bewirbt.“ Die Klägerin begann im Jahre 2005 eine berufsbegleitende Weiterbildung im Fach Ethik/Philosophie. Am 30. Dezember 2009 wurde ihr die unbefristete Lehrerlaubnis und nach einer schulpraktischen Ausbildung am 8. Juli 2011 die Lehrbefähigung für das Höhere Lehramt an einem Gymnasium in diesem Fach erteilt.

5

Seit dem 1. November 2006 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006. Die Klägerin wird nach der Entgeltgruppe 11 TV-L vergütet. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 begehrte sie die Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 8. Februar 2013 ab. Die Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L setze eine Lehrbefähigung für zwei Fächer voraus. Die Klägerin besitze keine Lehrbefähigung für das Unterrichtsfach Sport.

6

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L gerichteten Klage die Auffassung vertreten, ihr Anspruch ergebe sich aus den Lehrer-Richtlinien des Beklagten. Nach der Vorbemerkung Nr. 9 SächsLehrerRL seien Lehrkräfte in diejenige Entgeltgruppe einzugruppieren, die einem beamteten Lehrer entspreche. Diese Vorbemerkung sei nicht auf Lehrkräfte begrenzt, die eine Ausbildung nach bundesdeutschem Recht mit einer Zweiten Staatsprüfung als Abschluss absolviert hätten. Auch das Studium der Sportwissenschaft mit dem Abschluss „Diplom-Sportlehrerin“ sei eine Ausbildung nach bundesdeutschem Recht. Die anderenfalls bestehende planwidrige Regelungslücke sei im Wege der Analogie zu schließen. Unklarheiten in den Richtlinien könnten nicht zu ihren Lasten gehen. Stünde sie in einem Beamtenverhältnis, wäre sie nach der Besoldungsgruppe A 13 zu vergüten, die der Entgeltgruppe 13 TV-L entspreche. Die Lehrbefähigung für zwei oder mehrere Fächer sei dabei keine Voraussetzung für die Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 13.

7

Dessen ungeachtet verfüge sie über Lehrbefähigungen für zwei Fächer. Durch ihren Abschluss als Diplom-Sportlehrerin habe sie die Lehrbefähigung für das Fach Sport erlangt. In ihrem Studium habe sie durch den Besuch entsprechender Lehrveranstaltungen die notwendigen Kenntnisse in der Methodik und Didaktik des Schulsports erworben. Die Diplomprüfung habe das Fach Sportpädagogik umfasst. Auf dieser Grundlage unterrichte sie Sport seit Beginn ihrer Tätigkeit für den Beklagten, auch in der Oberstufe und als Mentorin in der Referendarausbildung. Dies wäre ohne eine entsprechende Lehrbefähigung nicht möglich. Der Beklagte habe ihre Lehrbefähigung für das Fach Sport anerkannt, indem er sie vertraglich verpflichtet habe, eine Weiterbildung für „ein weiteres Fach“ zu absolvieren. Diese Formulierung setze die bereits bestehende Lehrbefähigung für ein Fach voraus. Anderenfalls verhalte sich der Beklagte treuwidrig.

8

Sollten die Richtlinien des Beklagten nicht gelten, könne sie die Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L gemäß den Vorgaben der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) beanspruchen. Diese seien nach § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 auf ihr Arbeitsverhältnis anwendbar. Nach Abschnitt A Ziff. 1 Lehrer-Richtlinien-O der TdL seien Lehrkräfte ebenso wie nach der Vorbemerkung Nr. 9 SächsLehrerRL in diejenige Besoldungsgruppe eingruppiert, die sie innehätten, wenn sie in einem Beamtenverhältnis stünden.

9

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Klägerin ab dem 1. Juni 2012 Anspruch auf eine monatliche Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L hat;

        

2.    

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die sich hieraus ergebenden monatlichen Bruttodifferenzbeträge, beginnend ab 1. Juni 2012 ab dem ersten Tag des Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

10

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, dass ein Anspruch auf eine Vergütung entsprechend beamteten Lehrkräften nicht bestehe. Hierzu sei nach der Vorbemerkung Nr. 9 SächsLehrerRL eine Zweite Staatsprüfung erforderlich, welche die Klägerin nicht aufweise. Sie sei vielmehr gemäß Abschnitt A III Entgeltgruppe 11 3. Anstrich SächsLehrerRL nach der Entgeltgruppe 11 TV-L zu vergüten. Dies gelte unabhängig von der Qualifikation, da es sich hierbei um die niedrigste Entgeltgruppe für Lehrkräfte an Gymnasien handle. Für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L gemäß Abschnitt A III Entgeltgruppe 13 2. Anstrich SächsLehrerRL fehle es an einer zweiten Lehrbefähigung. Das von der Klägerin absolvierte Studium der Sportwissenschaft führe mangels einer didaktischen Prüfung nicht zu einer Lehrbefähigung für Schulsport. Der Abschluss der Klägerin werde von den Sächsischen Lehrer-Richtlinien nach deren Vorbemerkung Nr. 3 Satz 2 aber ohnehin nicht erfasst. Die geltend gemachte Eingruppierung ergebe sich auch nicht aus einer hilfsweisen Anwendung der Lehrer-Richtlinien-O der TdL. Nach diesen sei die Klägerin als Diplom-Sportlehrerin ebenfalls nach der Entgeltgruppe 11 TV-L zu vergüten.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung hiergegen mit Urteil vom 24. April 2014 zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin zwar einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L gemäß Abschnitt A III Entgeltgruppe 13 2. Anstrich SächsLehrerRL haben könnte. Der Anspruch könne nach Fußnote 4 dieser Vorschrift aber erst nach Ablauf der dreijährigen Bewährungszeit bestehen. Die Klägerin habe die Lehrbefähigung für das Fach Ethik/Philosophie am 8. Juli 2011 erhalten, folglich laufe die Bewährungsfrist mit dem 8. Juli 2014 ab. Zum Zeitpunkt der Entscheidung seien die Anspruchsvoraussetzungen daher nicht erfüllt. Die Klägerin hat sich mit ihrer Revision der Auffassung des Landesarbeitsgerichts insoweit angeschlossen und die begehrte Feststellung und Verzinsung nunmehr erst ab dem 9. Juli 2014 verlangt. Im Übrigen verfolgt sie im Revisionsverfahren ihre Klageziele unverändert weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L.

13

I. Die Revision ist zulässig. Dem steht hier nicht entgegen, dass die Revisionsbegründung keine Rechtsverletzung aufzeigt.

14

1. Zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung gehört grundsätzlich die Angabe derjenigen Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts dabei in einer Weise aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Sie hat sich mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen (vgl. BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 15; 29. Januar 2014 - 6 AZR 943/11 - Rn. 16).

15

2. Sinn und Zweck einer Revisionsbegründung bestehen darin, dem Revisionsgericht und dem Prozessgegner zu verdeutlichen, weshalb im Streitfall ein anderes Urteil zu ergehen hat. Zur ordnungsgemäßen Revisionsbegründung reicht es deshalb aus, wenn der Revisionskläger die Revision ausschließlich auf neue Tatsachen stützt, sofern diese nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind und auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung in der angefochtenen Entscheidung zu einer anderen Beurteilung der Klageforderung führen können. Kann das Revisionsgericht aufgrund der neuen Tatsachen zu einem anderen Ergebnis als das Berufungsgericht kommen, ohne die Richtigkeit des Berufungsurteils überprüfen zu müssen, braucht vom Revisionskläger eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil nicht verlangt zu werden, da es darauf nicht ankommt. Konsequenterweise muss der Revisionskläger, falls die neuen Tatsachen zu seinem Obsiegen in dem Rechtsstreit führen, sogar die Auffassung vertreten können, das Berufungsgericht habe den Rechtsstreit nach dem von ihm zu beurteilenden Sachverhalt zutreffend entschieden (BAG 24. Juli 1990 - 1 ABR 46/89 - zu B I der Gründe; 16. Mai 1990 - 4 AZR 145/90 - zu I der Gründe, BAGE 65, 147; BGH 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - zu I 2 a der Gründe; vgl. auch GK-ArbGG/Mikosch Stand Juli 2011 § 74 Rn. 56).

16

3. Voraussetzung für die Einbringung neuer Tatsachen durch die Revisionsbegründung ist jedoch, dass diese unstreitig sind und ihre Berücksichtigung schützenswerte Belange der Gegenseite nicht verletzt (vgl. BAG 16. Mai 1990 - 4 AZR 145/90 - zu I der Gründe, BAGE 65, 147; Zöller/Heßler ZPO 30. Aufl. § 559 Rn. 7). Dies entspricht einer einschränkenden Auslegung des § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach neue Tatsachen grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, weil lediglich dasjenige Parteivorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Der dahinterstehende Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert aber an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des Prozessgegners gewahrt bleiben. Dann ist es aus prozessökonomischen Gründen nicht zu verantworten, die vom Tatsachenausschluss betroffene Partei auf einen weiteren, gegebenenfalls durch mehrere Instanzen zu führenden Prozess zu verweisen. In einem solchen Fall ist vielmehr durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (BGH 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - zu I 2 b der Gründe). Dies entspricht grundsätzlich auch dem Interesse des Prozessgegners.

17

4. Hiervon ausgehend ist die Revision zulässig. Die Revisionsbegründung greift das Urteil des Landesarbeitsgerichts zwar bezogen auf die im Revisionsverfahren noch streitgegenständliche Vergütung ab dem 9. Juli 2014 nicht an, sondern macht sich insoweit die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu eigen, die Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L könne nach Ablauf der Bewährungszeit ab dem 9. Juli 2014 beansprucht werden. Mit dem Fristablauf stützt sich die Revision aber auf eine unstreitige Tatsache, die erst nach der am 20. Februar 2014 durchgeführten letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden ist. Da der Fristablauf die neue Tatsache darstellt, ist es entgegen der Ansicht des Beklagten ohne Belang, dass der Erwerb der Lehrbefähigung im Fach Ethik/Philosophie am 8. Juli 2011 als Fristbeginn bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bekannt war. Die Berücksichtigung des Fristablaufs verletzt auch keine schützenswerten Belange des Beklagten. Seine Bedenken hinsichtlich einer von den Vorinstanzen abweichenden und ihn damit belastenden Kostenentscheidung greifen nicht. Bei der Kostenentscheidung bezüglich der Verfahren erster und zweiter Instanz wäre eine mangels Erfüllung der Bewährungsfrist für die Zeit bis zum 9. Juli 2014 zu verzeichnende Unbegründetheit der Klage zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigen, falls der geltend gemachte Anspruch ab diesem Zeitpunkt bestünde, die Revision deshalb Erfolg hätte und die Kostenentscheidung deshalb auch bezüglich der Vorinstanzen durch den Senat zu treffen wäre.

18

II. Die Klage ist zulässig.

19

1. In der Beschränkung des Klageantrags liegt keine in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 1 ZPO unzulässige Klageänderung.

20

a) Nach § 559 Abs. 1 ZPO ist in der Revisionsinstanz eine Klageänderung grundsätzlich ausgeschlossen. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Hiervon hat das Bundesarbeitsgericht insbesondere aus prozessökonomischen Gründen Ausnahmen in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO zugelassen sowie dann, wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Berufungsinstanz festgestellten oder von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen Partei durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden(BAG 22. Oktober 2014 - 5 AZR 731/12 - Rn. 36).

21

b) Im Berufungsverfahren verlangte die Klägerin die Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L zeitlich unbegrenzt ab dem 1. Juni 2012. Im Revisionsverfahren begehrt sie diese nur noch ab dem 9. Juli 2014. Die Zeit ab dem 9. Juli 2014 war jedoch schon Gegenstand der ursprünglichen Klage, so dass es sich bei dem geänderten Klageantrag um eine Beschränkung der Klageforderung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO handelt.

22

2. Der Feststellungsantrag ist dahin gehend zu verstehen, dass die Verpflichtung des Beklagten zur Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L festgestellt werden soll. Es handelt sich damit um eine sog. Eingruppierungsfeststellungsklage, die allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen (st. Rspr., vgl. BAG 24. September 2014 - 4 AZR 560/12 - Rn. 13 ; 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 13 mwN). Das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag wird der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt (vgl. BAG 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 15). Dies gilt auch soweit Ansprüche die Vergangenheit betreffen. Der verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin gegenwärtige rechtliche Vorteile in Form eines höheren Entgelts aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum erstrebt (BAG 13. November 2014 - 6 AZR 1102/12 - Rn. 23; 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 10 f.).

23

III. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann mangels Anspruchsgrundlage keine Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L verlangen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sie über eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung und eine Lehrbefähigung für zwei Fächer verfügt. Auch ihre Bewährung bedarf keiner Beurteilung.

24

1. Ein Anspruch auf die begehrte Vergütung ergibt sich nicht aus der Vorbemerkung Nr. 9 SächsLehrerRL iVm. besoldungsrechtlichen Vorschriften als Grundlage für die Eingruppierung. Die Vorbemerkung Nr. 9 SächsLehrerRL setzt eine Ausbildung nach bundesdeutschem Recht voraus und nennt in dem folgenden Klammerzusatz diesbezüglich die Zweite Staatsprüfung. Eine solche hat die Klägerin unstreitig nicht abgelegt. Entgegen ihrer Auffassung ist ihr akademischer Abschluss von der Vorbemerkung Nr. 9 SächsLehrerRL nicht erfasst.

25

a) Bei den nach Auffassung beider Parteien durch die Verweisungsklausel in § 3 des Arbeitsvertrags zum Vertragsinhalt gewordenen Sächsischen Lehrer-Richtlinien handelt es sich nach § 305 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie wurden von dem Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen mit Lehrkräften gleichlautend verwendet und der Klägerin bei Abschluss des Formulararbeitsvertrags gestellt. Folglich können sie als typische Vertragsbedingungen in der Revisionsinstanz selbständig ausgelegt werden (vgl. BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 274/09 - Rn. 17). Die Auslegung ist nicht nach den Regeln des Verwaltungsrechts vorzunehmen (offengelassen von BAG 18. März 2009 - 4 AZR 79/08 - Rn. 20, BAGE 130, 81; 24. September 2008 - 4 AZR 685/07 - Rn. 17, BAGE 128, 53; vgl. auch Schaub/Treber ArbR-HdB 15. Aufl. § 183 Rn. 83; Schlewing in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 7 Rn. 253). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG 3. September 2014 - 5 AZR 109/13 - Rn. 14). Zweifel bei der Auslegung gehen zu Lasten des Verwenders (§ 305c Abs. 2 BGB).

26

b) Demnach bezieht sich die Vorbemerkung Nr. 9 SächsLehrerRL unzweifelhaft nur auf Lehrkräfte mit Zweiter Staatsprüfung. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass der Klammerzusatz nur diese Staatsprüfung anführt und nicht durch einen Zusatz wie „insbesondere“ zu erkennen gibt, dass die Zweite Staatsprüfung nur als Beispiel angeführt wird. Der Wortlaut ist eindeutig. Die von der Klägerin angenommene Lückenhaftigkeit ist auch mit Blick auf das Erfordernis einer „Ausbildung nach bundesdeutschem Recht“ nicht ersichtlich. Damit wird lediglich die Abgrenzung zu den in der Vorbemerkung Nr. 3 SächsLehrerRL geregelten „Abschlüssen nach den Ausbildungsbestimmungen der ehemaligen DDR“ vorgenommen. Dies zeigt ein Vergleich mit der Vorgängerfassung. Nach der Vorbemerkung Nr. 9 der bis zum 31. Juli 2012 geltenden Fassung der Sächsischen Lehrer-Richtlinien waren die in der BBesO A vorhandenen Lehrämter „die Grundlage für die Eingruppierung der Lehrkräfte nach neuem Recht (Erste und Zweite Staatsprüfung)“. Dies bezog sich nur auf Staatsexamen und nicht auf andere Prüfungen, auch wenn diese zu Lehrbefähigungen führten (vgl. zu den Richtlinien in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. März 1996 BAG 22. März 2001 - 8 AZR 330/00 - zu 6 der Gründe). Letztlich tragen die Regelungen dem Umstand Rechnung, dass infolge der Wiedervereinigung die unterschiedlichen Ausbildungen berücksichtigt werden mussten. Der Beklagte hat hinsichtlich der Eingruppierung nach diesen Ausbildungen differenziert und nur bezüglich der Lehrkräfte mit Zweiter Staatsprüfung die besoldungsrechtlichen Vorschriften zur Grundlage der Eingruppierung gemacht.

27

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TV-L gemäß Abschnitt A III Entgeltgruppe 13 2. Anstrich SächsLehrerRL. Dem steht nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Vorbemerkung Nr. 3 Satz 2 SächsLehrerRL entgegen. Der Abschluss der Klägerin wird demnach von den Richtlinien nicht erfasst. Ihr Abschluss als Diplom-Sportlehrerin war ein nach den Ausbildungsbestimmungen der ehemaligen DDR möglicher Abschluss (vgl. BAG 27. Januar 1999 - 10 AZR 37/98 - zu II 2 c aa der Gründe). Der Klägerin wurde am 12. April 1995 und damit nach dem 3. Oktober 1990 der akademische Grad „Diplom-Sportlehrerin“ verliehen.

28

3. Eine nach der Vorbemerkung Nr. 4 SächsLehrerRL zu treffende Entscheidung des zuständigen Staatsministeriums über die Gleichwertigkeit des von den Richtlinien nicht erfassten Abschlusses der Klägerin liegt nicht vor. Eine solche kann auch der Regelung in § 6 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1999 nicht entnommen werden. Dieser wurde durch das Regionalschulamt L und nicht durch das Ministerium geschlossen. Dem Arbeitsvertrag ist keine Aussage über eine Entscheidung des Ministeriums nach der Vorbemerkung Nr. 4 SächsLehrerRL zu entnehmen. Dies gilt auch angesichts des Umstands, dass die in § 6 des Arbeitsvertrags getroffene Vereinbarung sich auf eine berufsbegleitende Weiterbildung nach der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über den Erwerb einer Lehrbefähigung in einem weiteren Fach (LbVO) vom 18. März 1993 bezieht. Nach § 1 LbVO kann zu einer berufsbegleitenden Weiterbildung ua. zugelassen werden, wer einen vom Staatsministerium für Kultus anerkannten Hochschulabschluss als Diplomlehrer in mindestens einem Fach hat. Die Anerkennung des an einer Universität des Beklagten erworbenen Hochschulabschlusses der Klägerin steht außer Frage. Über die Gleichwertigkeit im Sinne der Vorbemerkung Nr. 4 SächsLehrerRL ist damit aber keine Aussage getroffen.

29

4. Die Regelungen in den Vorbemerkungen Nr. 3 und Nr. 9 SächsLehrerRL sind nicht zu beanstanden.

30

a) Die Richtlinien unterliegen der Vertragskontrolle nach §§ 305 ff. BGB (BAG 20. März 2013 - 4 AZR 590/11 - Rn. 38, BAGE 144, 351; Schlewing in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 7 Rn. 270). Die Vorbemerkungen Nr. 3 und Nr. 9 SächsLehrerRL unterfallen nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB jedoch nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2, §§ 308 und 309 BGB, weil sie keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen enthalten. Wegen ihres klaren Wortlauts verstoßen sie nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB).

31

b) Es kann hier dahinstehen, ob neben der Vertragskontrolle nach §§ 305 ff. BGB noch eine Ausübungskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB vorzunehmen ist(vgl. BAG 20. März 2013 - 4 AZR 590/11 - Rn. 38 mwN, BAGE 144, 351; 7. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 - Rn. 23). Dies könnte zweifelhaft sein, weil die Überprüfung einer Leistungsbestimmung eine einzelfallbezogene Interessenabwägung erfordert (vgl. hierzu BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 822/12 - Rn. 30). Die Sächsischen Lehrer-Richtlinien regeln aber die Eingruppierung aller angestellten Lehrkräfte des Beklagten ohne Berücksichtigung individueller Umstände einzelner Vertragsparteien (vgl. zu kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 28, BAGE 135, 163). Die Problematik bedarf hier keiner Entscheidung. Der Beklagte hat durch die fraglichen Bestimmungen seiner Lehrer-Richtlinien keine unbillige Leistungsbestimmung vorgenommen.

32

aa) Er hat mit der Vorbemerkung Nr. 9 SächsLehrerRL bestimmt, dass die besoldungsrechtlichen Vorschriften nur bezüglich der Lehrkräfte mit abgelegter Zweiter Staatsprüfung die Grundlage der Eingruppierung sein sollen. Dies ist sachgerecht, da diese Lehrkräfte dieselbe Qualifikation wie die beamteten Lehrkräfte aufweisen (vgl. § 27 SächsLVO in der Fassung vom 16. September 2014). Demgegenüber regeln die Richtlinien die Eingruppierung von Lehrkräften mit nach den Ausbildungsbestimmungen der ehemaligen DDR erworbenen Abschlüssen in der Vorbemerkung Nr. 3 SächsLehrerRL. Die Richtlinien berücksichtigen damit die unterschiedliche Qualifikation der Lehrkräfte. Es ist nicht ersichtlich, dass dies nicht der Billigkeit entspricht (vgl. zum arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz: BAG 19. November 2014 - 4 AZR 845/12 - Rn. 29; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 421/04 - Rn. 22 mwN).

33

bb) Die innerhalb der Vorbemerkung Nr. 3 SächsLehrerRL mit den Sätzen 1 und 2 getroffene Unterscheidung ist als Stichtagsregelung nicht zu beanstanden (BAG 22. März 2001 - 8 AZR 330/00 - zu 4 a der Gründe; 18. Oktober 2000 - 10 AZR 643/99 - zu II 3 a aa der Gründe).

34

cc) Bezüglich der Gleichwertigkeit der nach der Vorbemerkung Nr. 3 Satz 2 SächsLehrerRL nicht erfassten Abschlüsse hat sich der Beklagte eine Einzelfallentscheidung vorbehalten (Vorbemerkung Nr. 4 SächsLehrerRL). Damit kann den Besonderheiten der einzelnen Abschlüsse und folglich den wechselseitigen Interessen Rechnung getragen werden. Verlangt die betroffene Lehrkraft keine solche Entscheidung, erfolgt durch die Richtlinien keine Leistungsbestimmung, die auf ihre Billigkeit überprüft werden könnte. Dies ist hier der Fall.

35

5. Die Klägerin kann die begehrte Vergütung nicht nach den Lehrer-Richtlinien-O der TdL beanspruchen. Diese finden hinsichtlich der Eingruppierung wegen der konstitutiven Vergütungsabrede in § 3 des Arbeitsvertrags keine Anwendung. Zudem hätte die Klägerin nach den Lehrer-Richtlinien-O der TdL keinen Anspruch auf die Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TV-L, sondern nach Entgeltgruppe 11 TV-L.

36

a) § 3 des Arbeitsvertrags verweist bezüglich der Eingruppierung ausschließlich auf die Sächsischen Lehrer-Richtlinien. Demnach sind nur diese für die Eingruppierung maßgeblich (vgl. BAG 19. November 2014 - 4 AZR 845/12 - Rn. 19). Sie haben allerdings weder zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 20. September 1999 noch später die Eingruppierung der Klägerin bestimmt. Die Vorbemerkung Nr. 3 der Richtlinien erhielt ihren aktuellen Inhalt durch die Fassung der Richtlinien vom 4. Juni 1999. Die Vorbemerkung Nr. 9 setzt seit Inkrafttreten dieser Fassung die Zweite Staatsprüfung voraus. Maßgeblich war daher die in § 3 des Arbeitsvertrags vereinbarte Vergütungsgruppe III BAT-O, welche zu einer von der Klägerin nicht beanstandeten Überleitung in die Entgeltgruppe 11 TV-L geführt hat(§ 4 Abs. 1 iVm. Anlage 2 Teil B TVÜ-Länder). Eine nur deklaratorische Nennung der Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe liegt nicht vor, wenn - wie vorliegend - das hinsichtlich der Eingruppierung in Bezug genommene Regelungswerk keine Bestimmungen enthält, aus denen sich die zutreffende Vergütung ermitteln ließe (vgl. BAG 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 15 und 16, BAGE 146, 29; Kreuder Anm. AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 330).

37

b) Selbst wenn man im Sinne der Klägerin wegen der Nichtbestimmung ihrer Eingruppierung durch die Richtlinien des Beklagten im Wege der Auslegung zu einer Anwendbarkeit der Lehrer-Richtlinien-O der TdL käme, könnte die Klägerin die verlangte Vergütung nicht beanspruchen. Die Lehrer-Richtlinien-O der TdL unterscheiden zwischen Lehrkräften, bei denen die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt sind (Abschnitt A - sog. Erfüller), und sonstigen Lehrkräften (sog. Nichterfüller). Die Eingruppierung der Nichterfüller regeln die Lehrer-Richtlinien-O der TdL in Abschnitt B. Dieser beträfe auch die Klägerin, da sie mangels Vorbereitungsdienst und Zweitem Staatsexamen keine Erfüllerin wäre. Nach Abschnitt B IV Nr. 6 Lehrer-Richtlinien-O der TdL in der bereinigten Fassung nach Maßgabe der Tarifeinigung vom 10. März 2011 wäre sie als Diplom-Sportlehrerin mit mindestens sechssemestrigem Hochschulstudium und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit als Lehrkraft an einem Gymnasium in die Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert.

38

6. Der Beklagte verhält sich mit dem Vorenthalten der Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L nicht treuwidrig im Sinne des § 242 BGB.

39

a) Eine Rechtsausübung kann gemäß § 242 BGB unzulässig sein, wenn sich eine Partei damit in Widerspruch zu ihrem eigenen vorausgegangenen Verhalten setzt und für die andere Partei ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn sonstige besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen(BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 34 mwN).

40

b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Beklagte ist zur Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L nicht verpflichtet. Er hat bei der Klägerin auch kein Vertrauen auf eine solche Vergütung geweckt. Dies kann nicht daraus abgeleitet werden, dass die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses Sport unterrichtet und der Beklagte ihr dennoch die entsprechende Lehrbefähigung abspricht und wohl von der Erteilung einer Lehrerlaubnis ausgeht. Auf das Vorliegen einer zweiten Lehrbefähigung kommt es - wie dargestellt - nicht an. Die Klägerin kann deshalb auch nicht auf die Weiterbildungsverpflichtung bezüglich eines „weiteren Fachs“ in § 6 ihres Arbeitsvertrags abstellen. Zudem ist die bereits erteilte Lehrbefähigung für ein Fach nach § 1 LbVO keine Voraussetzung für die Zulassung zu einer berufsbegleitenden Weiterbildung. Ausreichend ist nach § 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a LbVO ein vom Staatsministerium für Kultus anerkannter Hochschulabschluss als Diplomlehrer in mindestens einem Fach.

41

IV. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Biebl    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Uwe Zabel    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 16. November 2012 - 8 Sa 619/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der geschuldeten Vergütung.

2

Der 1978 geborene Kläger ist seit 1999 bei der Beklagten als Industriekaufmann beschäftigt. Er ist Mitglied der IG Metall. Die Beklagte war bis 31. Mai 2003 Mitglied im Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V. In dem zwischen diesem Arbeitgeberverband und der IG Metall - Bezirksleitung Frankfurt - geschlossenen Tarifvertrag über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen vom 28. Mai 2002 (im Folgenden: GRTV) ist ua. geregelt:

        

㤠3

        

Gehälter

        

1.    

…       

        

2.    

…       

                 

Die Gehälter sind aus den Gehaltstabellen ersichtlich, die Bestandteil dieses Tarifvertrages sind.

        

…       

        
                          
        

Gehaltstabelle

        

für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen

        

- Kaufmännische Angestellte -

                          

gültig ab 1.6.2002

gültig ab 1.6.2003

        

Tätigkeitsgruppe

Prozent

€       

€       

        

…       

                          
        

K 3     

                          
        

bis zum vollendeten 23. Lebensjahr

100     

1.512,00

1.551,00

        

nach dem vollendeten 23. Lebensjahr

110     

1.663,00

1.706,00

        

nach dem vollendeten 26. Lebensjahr

125     

1.890,00

1.939,00

        

nach dem vollendeten 28. Lebensjahr“

140     

2.117,00

2.171,00

3

Die Beklagte zahlte dem Kläger bis zum 31. Mai 2003 ein Monatsgehalt nach Gehaltsgruppe K 3 in Höhe von 1.663,00 Euro brutto, ab dem 1. Juni 2003 in Höhe von 1.706,00 Euro brutto.

4

Zum 1. Januar 2007 erhöhte die Beklagte das Monatsgehalt des Klägers um 2 % auf 1.740,12 Euro brutto. Zuvor hatte sie ihm mit Schreiben vom 18. Dezember 2006 mitgeteilt, seine Bruttomonatsvergütung setze sich künftig aus einem Entgelt nach „Gehaltsgruppe K 3 gem. § 3 GRTV“ von 1.663,00 Euro und einer „freiwilligen (übertariflichen) Zulage“ von 77,12 Euro zusammen. Zum 1. Mai 2007 erhöhte die Beklagte das Monatsgehalt des Klägers auf 1.850,00 Euro brutto und teilte ihm mit Schreiben vom 24. April 2007 mit, dieses bestehe künftig aus einem Entgelt nach „Gehaltsgruppe K 3 gem. § 3 GRTV“ von 1.663,00 Euro und einer „freiwilligen (übertariflichen) Zulage“ von 187,00 Euro. Eine weitere Erhöhung nahm die Beklagte zum 1. April 2008 vor. Im Schreiben der Beklagten vom 10. April 2008 heißt es ua.:

        

„Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass sich Ihr Entgelt um monatlich 2% erhöht.

        

Ihr Entgelt setzt sich ab 01.04.2008 bei einer Arbeitszeit von 152,25 Stunden wie folgt zusammen:

        

Entgelt (Gehaltsgruppe K 3 gem. § 3 GRTV)

1.663,00 Euro

                          
        

freiwillige (übertarifliche) Zulage

224,00 Euro

                 

------------------

        

Bruttoentgelt

1.887,00 Euro

                 

===========

        

Die Erhöhung ist anrechenbar auf mögliche Tarifansprüche jeglicher Art, insbesondere auf eine eventuelle tarifliche Leistungszulage.

        

Bei der übertariflichen Zulage handelt es sich um eine freiwillige, jederzeit nach freiem Ermessen widerrufliche Leistung, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht.“

5

Mit Schreiben vom 15. April 2011 unterrichtete die Beklagte den Kläger über eine zum 1. April 2011 wirksam werdende Erhöhung des Bruttoentgelts um 2,5 % auf 1.935,00 Euro.

6

Der Kläger hat geltend gemacht, er könne aufgrund Nachwirkung des GRTV das Monatsgrundgehalt der höchsten Altersstufe nach Gehaltsgruppe K 3 von 2.171,00 Euro brutto beanspruchen. Die Altersstufenregelung des Tarifvertrags sei altersdiskriminierend. Eine Anrechnung der ihm geleisteten Zulage scheide aus. Diese sei ihm als selbständiger Vergütungsbestandteil zugesagt. Die in den Schreiben der Beklagten enthaltenen Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte seien unwirksam. Zudem würden durch eine Anrechnung die Verteilungsgrundsätze verändert. Hierzu habe die Beklagte den Betriebsrat nicht beteiligt. Deshalb schulde ihm die Beklagte für März 2011 noch 224,00 Euro brutto sowie für die Monate April 2011 bis Februar 2012 jeweils 272,00 Euro brutto, insgesamt 3.216,00 Euro brutto. Hilfsweise müsse die Beklagte die betrieblichen Lohnerhöhungen auf der Basis des ihm zustehenden Tarifentgelts weitergeben.

7

Der Kläger hat - soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.216,00 Euro brutto nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie sei berechtigt, die von ihr gewährten Zulagen auf die tariflichen Entgeltansprüche des Klägers anzurechnen. Eines ausdrücklichen Anrechnungsvorbehalts bedürfe es nicht. Der Gleichbehandlungsgrundsatz begründe keinen Zahlungsanspruch des Klägers. Sie habe die Effektivgehälter aller Mitarbeiter prozentual im gleichen Umfang, nicht aber Tarifgehälter erhöht.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der geforderten Tarifvergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe - rechtskräftig - stattgegeben, sie aber in dem für die Revision noch erheblichen Umfang abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr insoweit stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von 3.216,00 Euro brutto für den Zeitraum März 2011 bis Februar 2012 ergibt sich weder aus Vertrag noch aus einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats. Der Senat kann jedoch wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang dem Kläger die im Revisionsverfahren noch streitigen Ansprüche aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zustehen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

11

I. Der Kläger hat keinen vertraglichen Anspruch auf weitere Vergütung für den Streitzeitraum. Die Beklagte hat mit dem Kläger keinen eigenständigen und damit anrechnungsfesten Vergütungsbestandteil „Zulage“ in Höhe von 224,00 Euro bzw. 272,00 Euro brutto monatlich vereinbart.

12

1. Wird ein Entgelt vereinbart, das sich aus einem Tarifentgelt und einer Zulage zusammensetzt, und erweist sich später dieses Tarifentgelt aus Rechtsgründen als zu niedrig angesetzt, besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Leistung der unverminderten Zulage neben dem erhöhten Tarifentgelt nur dann, wenn die Zulage als selbständiger, anrechnungsfester Bestandteil der Gesamtvergütung vereinbart ist.

13

2. Im Streitfall ist die Zulage in Höhe von 224,00 Euro bzw. 272,00 Euro brutto nicht anrechnungsfest. Dies ergibt die Auslegung der Schreiben der Beklagten vom 10. April 2008 und 15. April 2011, bei denen es sich nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.

14

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind.

15

b) Aus den Schreiben vom 10. April 2008 und 15. April 2011 ergeben sich ebenso wie aus den vorangehenden Erhöhungsschreiben der Beklagten vom 18. Dezember 2006 und vom 24. April 2007 keine Anhaltspunkte für eine als selbständiger Entgeltbestandteil gewährte Zulage. Die Zulage wird darin nicht als anrechnungsfest bezeichnet. Auf die Gewährung eines selbständigen Vergütungsbestandteils kann auch nicht aus der in allen Schreiben enthaltenen Aufschlüsselung in „Entgelt (Gehaltsgruppe K 3 gem. § 3 GRTV)“ und „freiwillige (übertarifliche) Zulage“ geschlossen werden. Bezugspunkt der Zusage war jeweils das bisher gezahlte und das künftig erhöhte, in den Schreiben angegebene Gesamtentgelt. Dies war für den Kläger auch erkennbar, denn die erstmals mit Schreiben vom 18. Dezember 2006 zugesagte Entgelterhöhung von 2 % knüpfte an das bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 1.706,00 Euro gezahlte Entgelt und nicht an das darin angegebene Tarifentgelt von 1.663,00 Euro an.

16

II. Die Beklagte ist - entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts - nicht nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung zur Zahlung der vom Kläger begehrten Zulagen verpflichtet.

17

1. Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats führt allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 42 mwN, BAGE 135, 13).

18

2. Die Beklagte hat durch die von ihr vorgenommene Verrechnung des Tarifentgelts mit dem dem Kläger vertraglich zustehenden Gesamtentgelt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht verletzt. Es fehlt an einem kollektiven Bezug.

19

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen. Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Sie sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 21, 23 mwN, BAGE 135, 13).

20

b) Die Beklagte ist, ausgehend von der insoweit rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts, obwohl ihre Tarifgebundenheit endete (§ 3 Abs. 1 bzw. Abs. 3 TVG), aufgrund Nachwirkung des GRTV (§ 4 Abs. 5 TVG) verpflichtet, dem Kläger ein Monatsentgelt nach Gehaltsgruppe K 3 GRTV in Höhe von 2.171,00 Euro brutto zu leisten. Sie hat das vertraglich vereinbarte Gesamtentgelt von 1.935,00 Euro brutto vollständig mit dem tariflichen Monatsentgelt von 2.171,00 Euro brutto verrechnet. Diese durch den vorliegenden Rechtsstreit ausgelöste Entscheidung der Beklagten im Einzelfall des Klägers hat die im Betrieb der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätze nicht berührt.

21

III. Ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ein Anspruch auf weitere Vergütung für die Monate März 2011 bis Februar 2012 zusteht, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden.

22

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291). Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 17; 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 14, BAGE 137, 339, jeweils mwN). Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18, BAGE 139, 190; 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, aaO, jeweils mwN).

23

2. Danach ist der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet.

24

a) Die Beklagte hat freiwillig, also ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein (zur Nichtanwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei bloßem Normenvollzug und Vertragserfüllung, vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 139, 190), die Arbeitsentgelte mehrfach kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben.

25

b) Das Berufungsgericht hat allerdings nicht festgestellt, nach welchen Regeln die Beklagte die Vergütungen ihrer Arbeitnehmer erhöht hat. Dies ist nachzuholen. Die dabei zu treffenden Feststellungen sind auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu überprüfen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Mandrossa    

        

    E. Bürger    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1965 geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige und in S wohnende Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten bzw. deren Rechtsvorgängerin (S) als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 1.895,00 Euro tätig. Die Klägerin war zunächst in Frankfurt am Main und später in Hannover stationiert.

3

Der Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Frau Sch wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung zum/zur Flugbegleiter/in für die Flugzeugmuster B757/B737 als Flugbegleiterin bei S beschäftigt.

                 

Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt am Main.

                 

S kann Sch auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der S in ihrer jeweils geltenden Fassung und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Der Umstationierung der Klägerin nach Hannover lag ein Schreiben der Beklagten vom 2. November 2004 zugrunde, das auszugsweise lautet:

        

„…    

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.11.2004 eine unbefristete Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 15.11.2004 unterschrieben an uns zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg; dies lehnte die Klägerin ab.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

12

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, der Klägerin am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2004 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 2. November 2004 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit November 2004 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2004 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weitergalt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags der Klägerin in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis der Klägerin auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1965 geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige und in S wohnende Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten bzw. deren Rechtsvorgängerin (S) als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 1.895,00 Euro tätig. Die Klägerin war zunächst in Frankfurt am Main und später in Hannover stationiert.

3

Der Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Frau Sch wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung zum/zur Flugbegleiter/in für die Flugzeugmuster B757/B737 als Flugbegleiterin bei S beschäftigt.

                 

Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt am Main.

                 

S kann Sch auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der S in ihrer jeweils geltenden Fassung und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Der Umstationierung der Klägerin nach Hannover lag ein Schreiben der Beklagten vom 2. November 2004 zugrunde, das auszugsweise lautet:

        

„…    

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.11.2004 eine unbefristete Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 15.11.2004 unterschrieben an uns zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg; dies lehnte die Klägerin ab.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

12

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, der Klägerin am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2004 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 2. November 2004 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit November 2004 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2004 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weitergalt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags der Klägerin in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis der Klägerin auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. März 2009 - 14 Sa 728/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen und - im Wege der Widerklage - die Zahlung einer üblichen Vergütung.

2

Der Kläger ist ein Versicherungsunternehmen. Der Beklagte war bei ihm vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Mai 2006 als Versicherungsvertreter tätig. Grundlage der Zusammenarbeit war ein „Vertretervertrag für hauptberufliche Vertreter (§§ 84 ff. HGB)“ vom 10./16. Januar 2005 (im Folgenden: Vertretervertrag), in dem es auszugsweise heißt:


        

     

                 
Der Vertreter übernimmt im Hauptberuf eine Vertretung für die D. Die Übernahme der Vertretung geschieht unter den nachstehenden Bedingungen sowie gemäß den diesem Vertrag beigefügten und den noch zu erlassenden schriftlichen Geschäftsanweisungen, soweit sie diesem Vertrag nicht zuwiderlaufen.
                 
Die Vertragspartner sind sich einig, dass der Vertreter die Anforderungen des Ausbildungsprogramms zum/zur ‚Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)’ zu erfüllen hat. Steht endgültig fest, dass er diesen Anforderungen nicht genügt, so wird der Vertretervertrag grundsätzlich ordentlich gekündigt.
        
       

                 
Der Vertreter ist als selbstständiger Gewerbetreibender im Hauptberuf (§§ 84 ff. HGB) ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln. Über seine Zeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit kann der Vertreter im Wesentlichen frei bestimmen.
                 
Für die Erfüllung seiner sonstigen Verpflichtungen (z. B. Anmeldung seines Gewerbes nach § 14 der Gewerbeordnung und Versteuerung seiner Einkünfte) ist der Vertreter selbst verantwortlich.
                 
Der Vertreter ist Vermittlungsagent im Sinne des § 43 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). …
                 
…       
        
       

                 
Der Vertreter erhält nach Maßgabe der beigefügten Provisionsbestimmungen Provisionen, die das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit darstellen. Er ist nicht berechtigt, besondere Gebühren für die Aufnahme des Antrags oder aus anderen Gründen zu erheben.
        
…“   
        
3

Mit gleichem Datum schlossen die Parteien „Besondere Vereinbarungen zum Vertretervertrag vom 1. Februar 2005“ (im Folgenden: Besondere Vereinbarungen), in denen sie ua. regelten:


        

„1.

Zur Gründung und Konsolidierung seiner Existenz als selbständiger Gewerbetreibender nach Maßgabe des § 84 HGB kann der Vertreter für den Zeitraum vom 01.02.2005 bis zum 30.04.2005 eine Aufbauhilfe in Form eines gleichbleibenden Vorschusses in Höhe von € 1900,00 pro Monat, im Zeitraum vom 01.05.2005 bis zum 31.07.2005 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1700,00 und im Zeitraum vom 01.08.2005 bis zum 31.01.2006 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1500,00 von der D bekommen.
        
…       
        
        
3.   

Die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse (offene D-Forderungen) ist während des gesamten Aufbauhilfezeitraumes auf € 15.500,00 begrenzt. Erreicht das Vertreterkonto diesen Forderungsbetrag, endet die Zahlung der Aufbauhilfe ungeachtet des in Ziffer 1 vereinbarten Zeitraumes.
        
4.   

Die Aufbauhilfe wird jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrages erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet.
                 
Ist eine vollständige Verrechnung in einem Monat nicht möglich, wird der sich ergebende Vorschußsaldo vorgetragen und ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit evtl. bestehenden Überschüssen in den Folgemonaten verrechnet. Sofern das Vertreterkonto ausgeglichen ist, werden sich ergebende Überschüsse ausgezahlt.
                 
Der Unterschuß wird bis zur vollständigen Verrechnung bzw. Beendigung des Vertretervortrages vorgetragen.
        
5.   

Etwaige nach Auslaufen der Aufbauhilfe sich ergebende Unterschüsse werden ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit noch anfallenden Provisionen und sonstigen Vergütungen einschließlich Bonifikation verrechnet.
        
6.   

Die Vorschußzahlungen enden sofort mit Ausspruch der Kündigung bzw. bei Abschluß einer Beendigungsvereinbarung. Alle danach noch anfallenden Vergütungen werden auf einen evtl. Unterschuß angerechnet.
        
7.   

Bei Ausspruch der Kündigung des Vertretervertrages bzw. Abschluß einer Beendigungsvereinbarung ist ein noch ausstehender Unterschuß vom Vertreter sofort auszugleichen.
                 
Kündigt der Vertreter, ist, um das Kündigungsrecht des Vertreters nicht zu erschweren, ein etwaiger sich nach Verrechnung mit verdienten Provisionen, Bonifikationen und sonstigen Vergütungen ergebender Unterschuß nach Vertragsbeendigung in 12 gleichen Monatsraten an die D zurückzuzahlen. Die erste Rate ist zum Schluss des auf das Vertragsende folgenden Monats zu zahlen. Die folgenden Raten werden zum Ende der jeweils folgenden Monate zur Zahlung fällig. Nach Vertragsbeendigung noch anfallende Vergütungen werden ebenfalls auf den Unterschuß angerechnet. Der Vertreter paßt die Ratenzahlung entsprechend an (d.h. Verkürzung des Ratenzahlungszeitraums und/oder Reduzierung der letzten Ratenzahlung).
        
…       
        
        
9.   

Der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebietes liegt im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L.“
4

Ebenfalls unter dem 10./16. Januar 2005 trafen die Parteien eine „Bonifikationsvereinbarung zum Vertretervertrag vom 01.02.2005“, nach der der Beklagte zusätzlich zu den Provisionen eine freiwillige Bonifikation iHv. 10.000,00 Euro bei Erreichen von Nettoabschlussprovisionen iHv. 35.266,67 Euro in den ersten 24 Tätigkeitsmonaten oder von 21.050,00 Euro vom 13. - 24. Tätigkeitsmonat erhalten sollte. Vorausgesetzt wurde ferner, dass der Vertretervertrag im 25. Tätigkeitsmonat auf unbestimmte Dauer fortbesteht. Mit dem Inhaber der Agentur L schloss der Kläger mit Datum 10./14. Januar 2005 eine Vereinbarung über die Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L, in der es heißt:


        

„…   
        
1.   

Der Agenturvertreter (V) wird dem Vertreter zugeordnet.
                 
Damit soll eine optimale Kundenbetreuung und eine höhere Bestandsproduktivität erzielt werden.
                 
Der Vertreter stellt dem Agenturvertreter hierfür alle notwendigen Informationen und Hilfsmittel zur Verfügung.
        
2.   

Das Neukundengeschäft des Agenturvertreters fließt für die Dauer der Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Regelung in Ziffer 4 in den Bestand des Vertreters ein.
        
3.   

Die im Rahmen der Zusammenarbeit erzielte Jahresnetto-Abschlußprovisionen des v.g. Agenturvertreters wird auch bei Ermittlung des erhöhten Abschlußprovisionszuschusses für den Vertreter berücksichtigt.
        
4.   

Sollte die Zusammenarbeit zwischen Vertreter und Agenturvertreter entweder vom Vertreter, vom Agenturvertreter oder von der D nicht mehr gewünscht werden, wird die Vermittler-Zuordnung beendet. Das bis dahin dem Vertreter zugeflossene bestands- bzw. servicevergütungspflichtige Geschäft verbleibt im Bestand des Vertreters.
        
…“   
        
5

Mit einem Nachtrag vom 22./27. Dezember 2005 wurde die Zuordnung des Beklagten zur Agentur L zum 31. Dezember 2005 beendet. Auf seinen Wunsch wechselte er zur Agentur V.

6

Zur Erlangung der Qualifikation „Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ veranstaltet der Kläger in seiner Zentrale in K eine Seminarreihe, bestehend aus sieben Grundseminaren und einem prüfungsvorbereitenden Seminar. Die Seminare dauern in der Regel fünf Arbeitstage und sollen innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten durchlaufen werden. Der Beklagte erhielt regelmäßig Einladungen zur Teilnahme an den Seminaren.

7

Im Rahmen seiner Tätigkeit übermittelte der Beklagte dem für ihn zuständigen Organisationsleiter des Klägers regelmäßig montags bis 12:00 Uhr einen Wochenbericht für die zurückliegende Woche und eine Planung für die folgende.

8

Im Zeitraum Februar 2005 bis Januar 2006 zahlte der Kläger an den Beklagten gem. Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen unter Verrechnung verdienter Provisionen 10.344,73 Euro.

9

Mit Schreiben vom 30. März 2006 kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31. Mai 2006. Zu diesem Zeitpunkt ergab sich unter Verrechnung von Stornoreserveguthaben ein Saldo iHv. 9.698,24 Euro zu seinen Lasten.

10

Mit der zunächst zum Landgericht erhobenen und von diesem an das Arbeitsgericht verwiesenen Klage hat der Kläger unter Berufung auf Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen den Ausgleich des Negativsaldos begehrt und geltend gemacht, bei der dem Beklagten gewährten Aufbauhilfe habe es sich um Vorschüsse auf(noch) nicht ins Verdienen gebrachte Provisionen gehandelt, zu deren Rückzahlung der Beklagte verpflichtet sei. Der Beklagte sei als selbständiger Versicherungsvertreter entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen bei ihm tätig gewesen.

11

Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,


        

1.   

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.698,24 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.273,71 Euro seit dem 1. März 2007 sowie aus 2.424,53 Euro seit dem 9. August 2007 zu zahlen,
        
2.   

die Widerklage abzuweisen.
12

Der Beklagte hat beantragt,


        

1.   

die Klage abzuweisen,
        
2.   

den Kläger zu verurteilen, an ihn 6.565,78 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2006 zu zahlen.
13

Der Beklagte hat geltend gemacht, keine Provisionsvorschüsse erhalten zu haben. Die Besonderen Vereinbarungen seien dahingehend auszulegen, dass die Aufbauhilfe als Vergütung während der Startphase garantiert sein solle. Das ergebe sich zumindest bei Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Darüber hinaus benachteilige ihn die Rückzahlungsklausel unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

14

In zweiter Linie hat der Beklagte geltend gemacht, sein Vertragsverhältnis zum Kläger sei als Arbeitsverhältnis einzuordnen, und vorgebracht, er habe seine Tätigkeit nicht frei gestalten und seine Arbeitszeit nicht frei bestimmen können. Die Zuordnung zu den Agenturen L und V hätte ihn örtlich eingeschränkt, zudem sei er an die Bürozeiten der jeweiligen Agentur gebunden gewesen. Auf Anweisung des Klägers habe er mindestens 15 bis 20 Termine pro Woche vereinbaren und wahrnehmen müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden.

15

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Vergütung allein auf Provisionsbasis sei im Arbeitsverhältnis sittenwidrig. Deshalb könne er die übliche Vergütung beanspruchen, die sich aus den Tarifverträgen für das private Versicherungsgewerbe ergebe. Danach habe er für den Zeitraum seiner Tätigkeit beim Kläger insgesamt 28.624,13 Euro brutto zu beanspruchen. Abzüglich erhaltener Zahlungen iHv. 21.893,35 Euro verbleibe ein restlicher Vergütungsanspruch iHv. 6.730,78 Euro brutto.

16

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag und sein Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen das der Klage stattgebende und die Widerklage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

18

I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis eingeordnet. Der Beklagte war sowohl nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 als auch dessen praktischer Durchführung selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 HGB.

19

1. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Auch im Rahmen von § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB sind alle Umstände des Falls in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich den gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 93, 132; 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 der Gründe, BAGE 93, 112; 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 1 der Gründe, BAGE 95, 324). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe, BAGE 115, 1; 30. September 1998 - 5 AZR 563/97 - BAGE 90, 36). Das bedeutet aber nicht, dass die Vertragstypenwahl der Parteien gänzlich bedeutungslos wäre. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

20

2. Unter beiden Aspekten des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB war der Beklagte in einem für den Selbständigenstatus erforderlichen Maße frei von Weisungen.

21

a) Das gilt zunächst für die Arbeitszeit.

22

aa) Der Vertretervertrag enthält zu Beginn und Ende einer täglichen Arbeitszeit keinerlei Vorgaben. Der Beklagte hatte keine festen Arbeitszeiten. Aus der Vereinbarung der Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L vom 10./14. Januar 2005 ergibt sich keine verbindliche Festlegung seiner Arbeitszeiten in Anlehnung an die Öffnungszeiten des Agenturbüros. Diese Vereinbarung ist die rechtliche Grundlage für die in Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen getroffene Regelung, der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebiets des Beklagten solle im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L liegen. Damit wurde ein Tätigkeitsbezirk festgelegt, jedoch keine zeitliche Weisungsgebundenheit begründet.

23

bb) Die tatsächliche Durchführung des Vertretervertrags lässt eine zeitliche Weisungsgebundenheit nicht erkennen.

24

Der Beklagte macht zwar geltend, in den Agenturen L und V festen Arbeitszeiten unterworfen gewesen zu sein. Es fehlt aber an hinreichend substantiiertem Tatsachenvortrag dazu, wann der Beklagte von welchem Vertreter des Klägers eine Weisung welchen Inhalts erhalten hätte.

25

Der Arbeitszeitsouveränität des Beklagten steht die von ihm behauptete Verpflichtung zur Teilnahme an Besprechungsterminen mit einem Organisationsleiter des Klägers nicht entgegen. In einer verbindlichen Teilnahme an Besprechungsterminen liegt zwar eine Beeinträchtigung der Freiheit zur Bestimmung der Lage der Arbeitszeit. Eine Anordnung, an einem bestimmten Wochentag an einer Besprechung teilzunehmen, stellt jedoch keinen so gravierenden Eingriff dar, dass er mit dem Status eines Selbständigen unvereinbar wäre(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 93, 132).

26

Ebenso wenig führen die vom Beklagten behaupteten Vorgaben des Klägers, pro Woche 15 bis 20 Kunden besuchen zu müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden, zu einer zeitlichen Weisungsgebundenheit. Zwar kann sich eine solche aus der Festlegung eines in einer bestimmten Zeitspanne zu erledigenden Mindestsolls ergeben. Das ist aber nicht anzunehmen, wenn die Grenzen so gesetzt sind, dass dem Mitarbeiter ein erheblicher Spielraum verbleibt(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 770/98 - zu II 1 b der Gründe, AP HGB § 92 Nr. 6 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 79; 26. Mai 1999 - 5 AZR 469/98 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 104 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 75). Insoweit fehlt es an Sachvortrag des Beklagten zur zeitlichen Inanspruchnahme der von ihm behaupteten Zahl von Kundenbesuchen und einer damit verbundenen Einengung seines Spielraums zur Bestimmung von Dauer und Lage seiner Arbeitszeit. Im Übrigen liegt es für einen Versicherungsvertreter im Hauptberuf nahe, dass er möglichst viele Kunden besucht.

27

b) Der Beklagte war auch bei der Gestaltung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei.

28

aa) Dem Beklagten war vertraglich kein bestimmter Arbeitsort vorgegeben. Er musste weder die Räumlichkeiten des Klägers noch die der Agenturen L bzw. V aufsuchen, um von dort aus tätig zu werden. Sollte er das gleichwohl getan haben, so lag dem keine entsprechende Verpflichtung durch den Kläger zugrunde. Die bloße „Zuordnung“ zu einer bestimmten Agentur - Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen - begründete keinen Zwang, von dort aus der Vertretertätigkeit nachzugehen. Der Beklagte durfte, musste jedoch nicht auf die Ressourcen der Agenturen zurückgreifen.

29

Durch die Zuordnung zu einer Agentur gem. Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen war dem Beklagten allerdings ein bestimmter Arbeitsbezirk vorgegeben. Die Zuweisung eines bestimmten Bezirks oder eines bestimmten Kundenkreises ist jedoch mit dem Status eines selbständigen Handelsvertreters vereinbar. Dies ergibt sich bereits aus § 87 Abs. 2 HGB, in dem eine solche Abrede vorausgesetzt wird. Für den Beklagten als Versicherungsvertreter gilt nichts anderes(vgl. ausf. Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 93, 112). Im Übrigen wird die Freiheit zur Gestaltung der Tätigkeit iSv. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB durch die Festlegung eines geografischen Bereichs, innerhalb dessen die betreffende Tätigkeit entfaltet werden soll, nicht berührt.

30

bb) Ebenso wenig beeinträchtigen die vom Beklagten vorgetragenen Berichtspflichten seine Freiheit bei der Gestaltung seiner Tätigkeit in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Maße. Nach § 86 Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Über diese Berichtspflicht eines selbständigen Handelsvertreters ginge eine dem Beklagten abverlangte Vorlage von Wochenberichten nicht hinaus. Die vorgetragene Weisung, einem Organisationsleiter des Klägers jeweils montags bis 12:00 Uhr eine Planung für die folgende Woche zu übermitteln, vermag die selbstbestimmte Gestaltung der Tätigkeit solange nicht zu beeinträchtigen, wie der Handelsvertreter seine Planung ohne verbindliche Vorgaben des Unternehmers eigenständig vornehmen kann.

31

Entsprechendes gilt für die von dem Beklagten behaupteten Kontrollanrufe bei zwei von ihm besuchten Kunden. Diese sind von der Interessenwahrnehmungspflicht des § 86 Abs. 1 HGB abgedeckt(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ee der Gründe, BAGE 95, 324).

32

c) Die Teilnahme des Beklagten an dem tätigkeitsbegleitenden Ausbildungsprogramm „zum/zur Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ steht der Annahme eines selbständigen Versicherungsvertreterverhältnisses nicht entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine verpflichtende tätigkeitsbegleitende Ausbildung zur Einordnung eines Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis führen kann. Denn zum einen entspringt die Ausbildung des Beklagten zum Versicherungsfachmann dem berechtigten Interesse des Klägers an einer möglichst effizienten Tätigkeit des Beklagten, der wiederum seinerseits von einer solchen Ausbildung profitieren konnte(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ff der Gründe, BAGE 95, 324). Zum anderen führt der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Umfang der Ausbildung - insgesamt 35 Arbeitstage im Jahr - angesichts des Nutzens für den Beklagten zu keiner übermäßigen Beschränkung der freien Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit.

33

d) Die von der Revision zu Recht als fehlend gerügte Gesamtwürdigung kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst vornehmen. Sie kann nur zu dem Ergebnis führen, dass das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Die Freiheit des Beklagten bei der Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit wurde von dem Kläger nicht in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Umfang eingeschränkt. Da die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters sowohl selbständig - § 92 Abs. 1 HGB in Verb. mit § 84 Abs. 1 HGB - als auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses - § 92 Abs. 1 in Verb. mit § 84 Abs. 2 HGB - erbracht werden kann, ist bei der Gesamtwürdigung zudem die Vertragstypenwahl der Parteien zu berücksichtigen. Wenn die tatsächliche Handhabung nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis spricht, müssen sich die Parteien an dem von ihnen gewählten Vertragstypus festhalten lassen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien oder eine von ihnen im Geschäftsverkehr gänzlich unerfahren sind. Das ist aber weder bei dem Kläger als Versicherungsunternehmen, noch beim Beklagten der Fall. Nach dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Akteninhalt war der Beklagte nach eigenem Vorbringen bereits zuvor als freier Handelsvertreter für verschiedene Unternehmen tätig. Nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 war der Beklagte „ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln“. Dabei wurde er als selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB tätig.

34

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann vom Beklagten die Rückzahlung nicht ins Verdienen gebrachter Provisionsvorschüsse verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen.

35

1. Nach Ziff. 7 Abs. 1 Besondere Vereinbarungen ist der Beklagte verpflichtet, bei Beendigung des Vertretervertrags nach Maßgabe der Ratenregelung in Abs. 2 einen noch ausstehenden Unterschuss auszugleichen.

36

a) Bei den Regelungen zur Aufbauhilfe in den Besonderen Vereinbarungen handelt es sich nach der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats(1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von den Parteien nicht angegriffen wird, um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB),die vom Kläger für eine Vielzahl von Verträgen gleichlautend verwendet und dem Beklagten bei Vertragsschluss gestellt wurden. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 24, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (Senat 26. September 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).

37

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vereinbarte Aufbauhilfe als Vorschuss auf Provisionen zu qualifizieren, der nach Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen bei Vorliegen eines „Unterschusses“ zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zurückzuzahlen ist.

38

aa) Schon der Wortlaut von Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen ist eindeutig. Danach wird die Aufbauhilfe zur Gründung und Konsolidierung der Existenz des Beklagten als selbständiger Gewerbetreibender „in Form eines gleichbleibenden Vorschusses“ nach Maßgabe der dort aufgeführten zeitlichen Staffelung gezahlt. Durch die dreimalige Verwendung des Begriffs „gleichbleibender Vorschuss“ kann die Regelung von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise nur als bloße Vorschussregelung verstanden werden, zumal es in Ziff. 4 Vertretervertrag heißt, die Provisionen stellten „das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit“ dar. Die weiteren Regelungen in den Besonderen Vereinbarungen bestätigen, dass die Zahlung eines Vorschusses, nicht aber eines garantierten(Mindest-)Entgelts vereinbart war. So sieht Ziff. 4 vor, dass die Aufbauhilfe jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrags erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet wird. Ziff. 3 begrenzt die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse auf eine bestimmte Summe. In Ziff. 6 heißt es, die Vorschusszahlungen endeten sofort mit Ausspruch einer Kündigung bzw. des Abschlusses einer Beendigungsvereinbarung. Auch der allgemeine Sprachgebrauch schließt ein Verständnis des Begriffs „Vorschuss“ als „Garantieeinkommen“, „Mindestentgelt“ oder „Fixum“ aus.

39

bb) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

40

cc) Die in Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen vorgesehene Rückzahlungspflicht unterliegt nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, weil sie keine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung ist, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

41

Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(Senat 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 18, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Der Beklagte wäre auch ohne Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen verpflichtet, nicht ins Verdienen gebrachte Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen. Ein Vorschuss ist eine vorweggenommene Vergütungstilgung. Entsteht die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurückzugewähren. Wird der Vertrag beendet, ist der Vorschuss auszugleichen (BAG 25. September 2002 - 10 AZR 7/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 103, 1).

42

dd) Eine hiervon abweichende und damit die uneingeschränkte Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB eröffnende Wirkung erhält Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen nicht dadurch, dass der Beklagte durch die Gewährung von Vorschüssen in einer seine Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigenden Weise an den Kläger gebunden würde(vgl. zu einer Vereinbarung, nach der ein Handelsvertreter dem Unternehmer Schulungskosten anteilig zu erstatten hat BAG 24. Oktober 2002 - 6 AZR 632/00 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 103, 180; zur Bindung eines Arbeitnehmers durch eine Sonderzahlung BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

43

Mit seiner „Aufbauhilfe“ bindet der Kläger den Beklagten zwar insofern an sich, als bei Vertragsschluss damit zu rechnen war, der Beklagte werde als in der Versicherungsbranche Unerfahrener in der Anfangsphase seiner Tätigkeit die Vorschüsse nicht sogleich in voller Höhe ins Verdienen bringen können und sich zunächst bei dem Kläger „verschulden“. Die Vorschüsse lagen aber primär im Interesse des Beklagten, der sie nach Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen beanspruchen konnte, aber nicht musste. Sie gewährleisteten ihm in der Anfangsphase des Vertragsverhältnisses kontinuierliche Einnahmen unabhängig vom Erfolg seiner Vermittlungstätigkeit. Außerdem waren sie zeitlich auf ein Jahr und in der Höhe auf max. 15.500,00 Euro begrenzt. Schließlich mussten die Vorschüsse, sofern sie nicht ins Verdienen gebracht wurden, bei einer Kündigung des Versicherungsvertreters nicht sofort in voller Höhe, sondern in zwölf gleichen Monatsraten zurückgezahlt werden.

44

2. Die Vergütung eines freien Versicherungsvertreters nur auf der von § 92 Abs. 3 HGB vorgesehenen Provisionsbasis ohne Gewährung eines - wie auch immer gearteten - Garantieeinkommens(Ziff. 4 Vertretervertrag) ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden. Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen, unterliegen nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Der eingeschränkten Kontrolle auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 in Verb. mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hält die Vergütungsvereinbarung Stand. Ziff. 4 Vertretervertrag regelt klar und verständlich, dass die vereinbarte Provision das volle Entgelt für die Tätigkeit des Beklagten darstellt.

45

3. Die Höhe der nicht ins Verdienen gebrachten Provisionsvorschüsse ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2, § 291 BGB.

46

III. Die Widerklage ist unbegründet.

47

Der Beklagte kann eine übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB nicht beanspruchen. Die Höhe der Vergütung ist bestimmt durch die Vergütungsvereinbarung in Ziff. 4 Vertretervertrag. Dass die dort in Bezug genommenen Provisionsbestimmungen unwirksam wären, hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

48

IV. Der Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    R. Rehwald    

        

    Wolf    
                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

Auf die Revision des Klägers sowie auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revisionen im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. April 2011 - 6 Sa 1683/10 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen - das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Juni 2010 - 5 Ca 19696/09, WK 5 Ca 1861/10 - teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.652,98 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 198,39 Euro seit dem 31. Dezember 2008 und aus weiteren 4.454,59 Euro seit dem 31. Dezember 2009 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte auch über den 31. Dezember 2009 hinaus verpflichtet ist, an den Kläger jährlich im November eine Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November zu zahlen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 1.333,90 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2010 zu zahlen.

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben der Kläger 70 % und der Beklagte 30 % zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens haben der Kläger 45 % und der Beklagte 55 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger in den Jahren 2006 bis 2009 zustehenden laufenden monatlichen Ruhegeldleistungen sowie darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf ein zusätzliches monatliches Ruhegeld als jährliche Sonderzuwendung hat.

2

Der am 16. Oktober 1930 geborene Kläger war bei dem Beklagten in der Zeit vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Oktober 1993 als AT-Angestellter beschäftigt. Im „Anstellungsvertrag“ vom 1. Oktober 1966 heißt es:

„…

6. Nach Ablauf der Probezeit erwerben Sie den Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte. Hierüber erhalten Sie zu gegebener Zeit ein besonderes Schreiben.

…“

3

Mit Schreiben vom 3. September 1980 teilte der Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Altersversorgung“ mit:

        

„Sehr geehrter Herr H,

        

nach Anstellung bei der VdTÜV haben Sie die Mitteilung erhalten, daß Sie Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte haben. Um eine Deckung hinsichtlich der späteren Versorgungsbezüge zu erreichen, führen wir Sie bei der Alters- und Hinterbliebenen-Versorgungsstelle der TÜV (AHV) als Versorgungsanwärter. Zur Klarstellung künftiger Versorgungsansprüche teilen wir Ihnen mit, daß die Grundlage bei Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe (B.Bes.O.) ist, nach der sich Ihr Gehalt anlehnt und zum Zeitpunkt des Leistungsfalles bemißt. Mit Ende der Wartezeit am 01.10.1976 ist ein Anspruch von 35 % erreicht. Ohne Ansatz bei der Berechnung der späteren Versorgungsbezüge bleiben eventuell gezahlte Zulagen.

                 
        

Die zugesagten Versorgungsleistungen umfassen:

                 

1.    

ein Ruhegehalt nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei nachgewiesener dauernder Berufsunfähigkeit,

                 

2.    

Witwengeld (60 % des Ruhegehalts)

                          

Geschiedene Ehefrauen erhalten keine Witwenbezüge,

                 

3.    

Waisengeld

                          

im Rahmen der jeweiligen Bundesbeamtenregelung.

                 
        

Andere als die hier zugesagten laufenden Versorgungsleistungen werden nicht gewährt. Auch bezieht die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung sich nicht auf gesetzliche Anrechnungszeiten oder irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren oder Ansprüche, die nicht ausdrücklich zur Grundlage dieser Zusage gemacht worden sind.

        

Der Rentenanspruch wird auch ausgelöst, wenn ein männlicher Versorgungsberechtigter eine Altersrente bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres beantragt, sofern er Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei befreienden Lebensversicherungen wird sinngemäß verfahren. Die vorgezogene Altersrente wird in Höhe der erreichten Altersrente errechnet und wegen der längeren Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Beginns um 0,5 % ihres Betrages gekürzt. Fällt das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung wieder weg, so wird auch die Zahlung der vorgezogenen betrieblichen Altersrente eingestellt.

                 
        

Auf das betriebliche Ruhegeld werden angerechnet:

        

a)    

Renten aus der Angestellten- und Arbeiterrentenversicherung, gleichgültig, ob aus einer Pflicht- oder freiwilligen Versicherung, soweit sie entstanden sind aus

                 

1)    

Beitragsleistungen früherer Arbeitgeber (Arbeitgeberanteile)

                 

2)    

der Hälfte der Ausfall-, Ersatz- und Zurechnungszeiten

                 

3)    

Beitragsleistungen der VdTÜV.

                          
                 

Grundlage für die Ermittlung des auf das betriebliche Ruhegehalt anzurechnenden Rentenanteils ist der amtliche Rentenbescheid. Daraus werden die Werteinheiten aus den Beiträgen der Zeiten nach 1) bis 3) ermittelt und zur Summe aller Werteinheiten aus der gesamten Versicherungszeit in Beziehung gesetzt. Nach diesem Verhältnis wird die Gesamtrente aufgeteilt.

                 

VdTÜV-Angehörigen, deren betriebliches Ruhegehalt wegen fehlender Versorgungsdienstjahre nicht den Höchstsatz von 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge erreicht, wird ein Ausgleich in der Form gewährt, daß der Betrag von der Anrechnung gemäß 1) bis 2) ausgenommen bleibt, der zur Erreichung des Höchstsatzes von 75 % erforderlich ist, jedoch nicht mehr als 5 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge.

        

b)    

Befreiungsversicherungen, und zwar in der Weise, daß unabhängig davon, welche Leistungen aus ihnen tatsächlich fällig werden, für die Anrechnung auf das betriebliche Ruhegehalt gemäß den Bestimmungen des Absatzes a) diejenige Sozialversicherungsrente zugrunde gelegt wird, die sich ohne Befreiung von der Versicherungspflicht ergeben hätte.

        

c)    

Renten, Kapitalabfindungen und Bezüge nach dem Gesetz zu Art. 131 GG, soweit sie die Bezüge überschreiten, die bei Anerkennung der früheren Versorgungsdienstzeit im Staatsdienst nach § 2 Absatz 2 erreicht werden.

                 
        

Auf das Ruhegehalt können in besonderen Fällen und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Gegebenheiten angerechnet werden Renten, Kapitalabfindungen und andere Bezüge aus

        

d)    

der berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung,

        

e)    

Unfällen und Schädigungen, soweit die oben bezeichneten Ansprüche des Betroffenen sich nicht aus privaten Versicherungsverträgen ergeben.

                 

…       

        

Die Anrechnungsklausel gilt seit 01.01.1968.

        

Betriebliches Ruhegeld wird insoweit gewährt, als die Gesamtversorgung (betriebliches Ruhegeld und sonstige Ruhegeldbezüge aus früheren Arbeitsverhältnissen) 75 % des ruhegeldfähigen Gehaltes nicht übersteigt. Unberücksichtigt bleiben hierbei jedoch eventuelle Bezüge nach d) und e).

        

Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974.

        

Wir behalten uns vor, die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die bei der Erteilung der Pensionszusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, daß uns die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Pensionsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann.

        

...“   

4

Auch die übrigen AT-Angestellten des Beklagten erhielten ein entsprechendes Schreiben.

5

In den ab dem 1. Januar 1981 gültigen „Richtlinien“ des Beklagten „für die Altersversorgung der Verwaltungsangestellten bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V. (VdTÜV)“ (im Folgenden: VdTÜV 81) heißt es:

        

„Die Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V., Essen, - im folgenden VdTÜV genannt - gewährt jedem ihrer Verwaltungsangestellten - im folgenden Geschäftsstellenangehörige genannt - eine Altersversorgung nach den Bestimmungen dieser Richtlinien. Zu den Verwaltungsangestellten im Sinne dieser Richtlinien zählen alle vollbeschäftigten Mitarbeiter der Geschäftsstelle, die nicht im Besitz einer Einzelzusage sind.

        

…“    

6

Am 12. Januar 1984 vereinbarten der Beklagte und der Betriebsrat die „Versorgungsordnung zur Regelung der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenen-Versorgung bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V. (VdTÜV)“ (im Folgenden: VdTÜV 84). Die VdTÜV 84 trat zum 1. Januar 1984 in Kraft. Sie lautet auszugsweise:

        

        

㤠1

                 

Kreis der Versorgungsberechtigten

        

1       

Die VdTÜV - nachfolgend Verein genannt - gewährt jedem regelmäßig beschäftigten Mitarbeiter (weiblich oder männlich), der bei Inkrafttreten dieser Versorgungsordnung in einem Arbeitsverhältnis zum Verein steht oder danach im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses seine Tätigkeit aufnimmt, eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen nach Maßgabe dieser Versorgungsordnung.

        

…       

        
                 

§ 10

                 

Weihnachtsgeld

                 

Versorgungsempfänger erhalten zusätzlich ein Weihnachtsgeld.

        

…       

        
                 

§ 12

                 

Höhe des Weihnachtsgeldes

                 

Die Höhe des Weihnachtsgeldes entspricht den für den Monat November gezahlten Versorgungsleistungen.

        

…       

        
                 

§ 21

        

…       

        
        

2       

Die Versorgungsordnung gilt für die Mitarbeiter des Vereins, die nach Inkrafttreten dieser Versorgungsordnung in die Dienste des Vereins eintreten.

        

3       

Für alle übrigen bei dem Verein beschäftigten Mitarbeiter gelten die Einzelschreiben bzw. Richtlinien für die Altersversorgung der Verw.-Angestellten bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine (VdTÜV) weiter.

        

4       

Mitarbeiter, denen Versorgungsleistungen durch Einzelschreiben oder durch die ‚Richtlinien für die Altersversorgung der Verw.-Angestellten bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine (VdTÜV)‘ zugesagt wurden, können bis zum 31. März 1984 verbindlich und unwiderruflich schriftlich erklären, ob sie ihre Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung erhalten oder auch weiterhin nach der für sie maßgebenden bisherigen Versorgungsregelung versorgt sein wollen.“

7

Der Kläger hat von der in § 21 Nr. 4 VdTÜV 84 eingeräumten Möglichkeit, die Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung zu erhalten, keinen Gebrauch gemacht.

8

Nachdem der Kläger mit Wirkung ab dem 1. Juni 1990 zum Leiter des Geschäftsbereichs Dienstleistungen berufen worden war, schlossen die Parteien am 3. August 1990 mit Wirkung zum 1. Juli 1990 einen „Dienstvertrag“, der ua. folgenden Inhalt hat:

        

㤠8

        

Alters- und Hinterbliebenenversorgung

        

(1)     

Die Herrn H mit Schreiben vom 03.09.1980 gegebene einzelvertragliche Zusage auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung bleibt mit der Maßgabe bestehen, daß als Grundlage für die Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Besoldungsgruppe B 6 der Bundesbesoldungsordnung gilt.

        

(2)     

Zeiten, für die vorgezogenes Ruhegeld nach § 7 gezahlt worden ist, werden bei der Ermittlung der Höhe der Anwartschaft einbezogen.“

9

Der Kläger bezieht seit dem 1. November 1993 eine vorgezogene Altersrente von der Beklagten. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts betrug seine monatliche gesetzliche Rente in den Jahren 2006 und 2007 sowie in den Monaten Januar bis März 2008 jeweils 1.830,10 Euro, in den Monaten April bis Juni 2008 jeweils 1.839,90 Euro, in den Monaten Juli bis Dezember 2008 sowie in den Monaten Januar bis Juni 2009 jeweils 1.860,21 Euro und in den Monaten Juli bis Dezember 2009 jeweils 1.905,04 Euro.

10

Ausweislich des Rentenbescheides des Klägers vom 29. Oktober 1993 erwarb dieser in der Zeit vom 16. November 1956 bis zum 31. Mai 1961 insgesamt 7,5103 Entgeltpunkte aufgrund von Pflichtbeiträgen, in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 insgesamt 2,5550 Entgeltpunkte aufgrund von freiwillig nachgezahlten Beiträgen, in der Zeit vom 16. Mai 1963 bis zum 31. Januar 1964 insgesamt 1,0988 Entgeltpunkte aufgrund von Pflichtbeiträgen, in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 insgesamt 6,2097 Entgeltpunkte aufgrund von freiwilligen Beiträgen und in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis zum 31. Oktober 1993 insgesamt 44,0995 Entgeltpunkte aufgrund von Pflichtbeiträgen. Aus dem Rentenbescheid des Klägers geht unter der Überschrift „Bewertung beitragsfreier Zeiten“ zudem hervor, dass 106 Monate „Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung“ in der Zeit vom 16. Oktober 1946 bis zum 21. Februar 1951, vom 22. Oktober 1951 bis zum 30. April 1954 und vom 1. Mai 1954 bis zum 29. Februar 1956 mit insgesamt 8,5648 Entgeltpunkten bewertet wurden, so dass die Summe aller im Rentenbescheid ausgewiesenen Entgeltpunkte 70,0381 beträgt.

11

Das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe B 6 BBesO betrug in den Kalenderjahren 2006 und 2007 monatlich jeweils 7.206,51 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich in diesen Jahren auf monatlich jeweils 105,28 Euro. Im Kalenderjahr 2008 betrug das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe B 6 BBesO monatlich jeweils 7.481,46 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich auf monatlich jeweils 108,54 Euro. In den Monaten Januar bis Juni 2009 betrug das Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 BBesO monatlich jeweils 7.690,94 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich auf monatlich jeweils 111,58 Euro. Im Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2009 betrug das Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 BBesO monatlich jeweils 7.885,00 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich auf monatlich jeweils 114,38 Euro.

12

Der Kläger erhielt von dem Beklagten in den Kalenderjahren 2006 und 2007 ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro. Zudem gewährte ihm der Beklagte im November 2006 und im November 2007 eine Sonderzahlung in Höhe des monatlichen Ruhegeldes für den Monat November, dh. iHv. jeweils 3.273,63 Euro. Im Kalenderjahr 2008 zahlte der Beklagte dem Kläger in den Monaten Januar bis März ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro, in den Monaten April bis Juni ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.411,53 Euro und in den Monaten Juli bis Dezember ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.393,66 Euro. Zudem erbrachte er im November 2008 eine Sonderzuwendung iHv. 3.393,66 Euro. Im Kalenderjahr 2009 bezog der Kläger von dem Beklagten in den Monaten Januar bis Juni ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.304,40 Euro, in den Monaten Juli bis November ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.264,95 Euro und im Monat Dezember ein Ruhegeld iHv. 3.467,73 Euro. Der Beklagte zahlte dem Kläger im Kalenderjahr 2009 zudem eine Sonderzuwendung iHv. 358,46 Euro sowie weitere 484,35 Euro.

13

Der Beklagte zahlte seit Jahrzehnten den Betriebsrentnern - auch den AT-Angestellten mit Einzelzusage - jährlich im Monat November eine Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen monatlichen Ruhegeldes für den Monat November. Für die Versorgungsempfänger mit Einzelzusage wurde die Zahlung dieser Sonderzuwendung im Jahr 2009 eingestellt.

14

Mit dem am 30. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht beantragten Mahnbescheid vom 13. Januar 2010 (- 1 Ba 90912/09 -), der dem Kläger am 16. Januar 2010 zugestellt wurde, machte der Beklagte eine „Betriebsrentenüberzahlung vom 1.1.2006 bis 31.12.2006“ iHv. insgesamt 2.270,33 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides geltend.

15

Der Kläger hat mit seiner Klage ua. die Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 iHv. insgesamt 18.475,89 Euro brutto begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, zur Berechnung seiner laufenden Ruhegeldleistungen seien nach der ihm erteilten Versorgungszusage ergänzend die Bestimmungen der VdTÜV 1981 und der VdTÜV 1984 und nicht die Vorschriften des BeamtVG heranzuziehen. Seine Einzelzusage verweise weder statisch noch dynamisch auf die Vorschriften des BeamtVG. Selbst wenn eine dynamische Verweisung auf die Vorschriften des BeamtVG vorläge, habe der Beklagte seine laufenden Ruhegeldleistungen unzutreffend berechnet, da auch in diesem Fall § 69e Abs. 3 und § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG nicht anwendbar seien. Nach der Einzelzusage beziehe sich die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung nicht auf „irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren …, die nicht ausdrücklich zur Grundlage dieser Zusage gemacht worden“ seien. Zudem habe der Beklagte bei der Berechnung seiner Ruhegeldleistungen seine gesetzliche Rente im Umfang von 81,11 % angerechnet, obgleich nur eine Anrechnung im Umfang von 75,23 % gerechtfertigt sei. Der Teil der gesetzlichen Rente, der auf seinen freiwilligen Beiträgen in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhe, dürfe gemäß § 5 Abs. 2 BetrAVG nicht angerechnet werden. Er sei in dieser Zeit wegen Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht pflichtversichert gewesen, sondern habe sich freiwillig versichert. Die Versicherungsbeiträge habe er aus seinem Vermögen erbracht, sie seien nicht arbeitgeberfinanziert gewesen. Der Beklagte hätte außerdem bei der Prüfung, ob die in der Einzelzusage vorgesehene Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts überschritten wird, nicht die volle gesetzliche Rente berücksichtigen dürfen, die er erhalte. Vielmehr komme eine Berücksichtigung dieser Rente nur zu 81,37 % in Betracht. Nicht berücksichtigungsfähig sei die Rente aus Entgeltpunkten, die auf freiwillig nachgezahlten Beiträgen für die Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 sowie den freiwilligen Beiträgen für die Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhten, ebenso die Rente aus der Hälfte der Entgeltpunkte, die auf die Schul- und Hochschulausbildungszeit entfielen. Es dürfe daher nur die aus 56,991 Entgeltpunkten resultierende Rente in Ansatz gebracht werden. Sein Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November folge aus betrieblicher Übung.

16

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 18.475,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.366,68 Euro seit dem 31. Dezember 2009, aus 3.645,50 Euro brutto seit dem 31. Dezember 2008, aus 2.709,14 Euro brutto seit dem 31. Dezember 2007 und aus 2.754,57 Euro brutto seit dem 31. Dezember 2006 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte die Rentenleistungen des Klägers aus der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung nur zu 75,23 % auf die Höhe der Betriebsrente anrechnen darf,

        

3.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jährlich mit der November-Abrechnung zusätzlich zur regulären Monatsrente eine volle 13. Betriebsrentenleistung zu zahlen, deren Höhe der Novemberleistung des jeweiligen Jahres entspricht.

17

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat zudem widerklagend beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an ihn 7.851,30 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.580,97 Euro seit dem 3. Februar 2010 und aus 2.270,33 Euro seit dem 16. Januar 2010 zu zahlen.

18

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

19

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die dem Kläger erteilte Versorgungszusage enthalte eine dynamische Verweisung auf die Vorschriften des BeamtVG. Deshalb seien § 69e Abs. 3 sowie § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG und § 85 BeamtVG anwendbar. Bei der Anrechnung der gesetzlichen Rente nach Maßgabe der Einzelzusage seien auch die gesetzlichen Rentenleistungen zu berücksichtigen, die auf freiwilligen Beiträgen in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhten. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass er diese Beiträge selbst finanziert habe. Es sei seinerzeit vielmehr üblich gewesen, dass Arbeitnehmer mit einem Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze - wie der Kläger - sich die Arbeitgeberanteile hätten auszahlen lassen. Im Rahmen der Feststellung, ob die maßgebliche Gesamtversorgungsobergrenze eingehalten worden sei, sei die gesetzliche Rente in vollem Umfang zu berücksichtigen. Die Gesamtversorgungsobergrenze betrage nicht 75 %, sondern lediglich 73 %. Der Ruhegehaltssatz belaufe sich auf 68 %. Hinzu komme der in der Einzelzusage vorgesehene Ausgleich von maximal 5 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Aufgrund der Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG habe der Kläger aus der Einzelzusage ursprünglich einen Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung gehabt. Die Sonderzuwendung sei durch das Bundessonderzuwendungsgesetz zunächst schrittweise gekürzt worden und aufgrund des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes ab dem 1. Juli 2009 vollständig entfallen. Vor diesem Hintergrund sei für einen Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung aus betrieblicher Übung kein Raum. Insgesamt sei es daher in den Jahren 2006 und 2007 zu einer Betriebsrentenüberzahlung iHv. jeweils 3.690,92 Euro und im Jahr 2008 zu einer Betriebsrentenüberzahlung iHv. 3.580,63 Euro gekommen. Mit der Widerklage werde die Rückzahlung überzahlter Betriebsrente für die Jahre 2007 und 2008 iHv. insgesamt 5.580,97 Euro sowie der mit Mahnbescheid vom 13. Januar 2010 für das Jahr 2006 geltend gemachte Rückforderungsbetrag iHv. 2.270,33 Euro verlangt. Für das Jahr 2009 habe der Kläger noch einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Betriebsrente iHv. 1.420,71 Euro. Diese Forderung des Klägers habe er mit seinem Rückforderungsanspruch für das Jahr 2006, soweit dieser nicht mit der Widerklage verfolgt werde, verrechnet. Der Kläger könne sich gegenüber dem Rückzahlungsanspruch nicht mit Erfolg auf den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, da der verschärfte Haftungsmaßstab des § 52 BeamtVG eingreife.

20

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 2.640,59 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2009 zu zahlen sowie festgestellt, dass der Beklagte die Rentenleistung des Klägers aus der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund nur zu 75,23 % auf die Höhe der Betriebsrente des Klägers anrechnen darf. Die Widerklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine Klageanträge, soweit sie abgewiesen wurden, weiter, der Beklagte begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

21

Die Revisionen der Parteien sind zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Zahlungsklage zu Unrecht lediglich iHv. 2.640,59 Euro entsprochen. Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger rückständige Betriebsrente iHv. 4.652,98 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte ist zudem verpflichtet, über den 31. Dezember 2009 hinaus an den Kläger jährlich im November eine Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November zu zahlen. Den auf Feststellung dieser Verpflichtung gerichteten Klageantrag hat das Landesarbeitsgericht daher zu Unrecht abgewiesen. Dem Feststellungsantrag hinsichtlich der Anrechenbarkeit der gesetzlichen Rente zu 75,23 % auf die Betriebsrente hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht stattgegeben; dieser Klageantrag ist unzulässig. Die Widerklage wurde zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Sie ist iHv. 1.333,90 Euro nebst Zinsen begründet. Im Übrigen sind die Revisionen der Parteien unbegründet.

22

A. Die Zahlungsklage ist iHv. 4.652,98 Euro brutto nebst Zinsen begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger rückständige laufende Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 und für die Monate Januar bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 2.010,65 Euro brutto sowie eine Sonderzuwendung für das Jahr 2009 iHv. 2.642,33 Euro brutto zu zahlen. Der Anspruch auf die rückständigen laufenden Ruhegeldleistungen ergibt sich aus der dem Kläger erteilten Versorgungszusage. Der Anspruch auf die rückständige Sonderzuwendung für das Jahr 2009 folgt aus betrieblicher Übung. Im Übrigen ist die Zahlungsklage unbegründet.

23

I. Der Kläger hat nach der ihm erteilten Versorgungszusage iVm. den Bestimmungen des BeamtVG Anspruch auf rückständige laufende Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 und Januar bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 2.010,65 Euro brutto.

24

1. Die Versorgungszusage enthält eine dynamische Bezugnahme auf die jeweils geltenden Vorschriften des BeamtVG, die entsprechend zur Anwendung kommen, soweit in der Versorgungszusage nichts Abweichendes oder Vorrangiges geregelt ist. Dies ergibt die Auslegung der Versorgungszusage nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsregeln.

25

a) Bei den in der Versorgungszusage enthaltenen Bestimmungen handelt es sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die von den Parteien nicht angegriffen wurden, um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ausgangspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (vgl. BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 19; 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 20; 17. April 2012 - 3 AZR 380/10 - Rn. 21).

26

b) Danach sind für die Versorgungsansprüche des Klägers die jeweils geltenden Vorschriften des BeamtVG entsprechend anzuwenden, soweit in der Versorgungszusage nichts Abweichendes oder Vorrangiges geregelt ist. Ein Rückgriff auf die Bestimmungen der VdTÜV 81 oder der VdTÜV 84 kommt entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht in Betracht.

27

aa) Nach Nr. 6 des Anstellungsvertrages sollte der Kläger nach Ablauf der Probezeit einen Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte erwerben. Hierüber sollte er zu gegebener Zeit ein besonderes Schreiben erhalten. In dieser Vereinbarung hat der Beklagte nicht nur zum Ausdruck gebracht, dass bei ihm bereits ein Versorgungswerk bestand und dass er sich verpflichten wollte, an den Kläger Leistungen aus diesem Versorgungswerk zu erbringen, sondern auch, dass er dem Kläger die Versorgungsbedingungen im Einzelnen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben würde. Dies ist durch das Schreiben des Beklagten vom 3. September 1980 (im Folgenden: Versorgungszusage) geschehen.

28

Zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage regelte das BeamtVG die Alters- und Hinterbliebenenversorgung von Bundesbeamten. Mit der „Regelung für Bundesbeamte“ sind deshalb erkennbar die Bestimmungen des BeamtVG und nicht etwa die Bestimmungen der VdTÜV 81 oder der VdTÜV 84 gemeint. Die VdTÜV 81 und die VdTÜV 84 regeln weder die Beamtenversorgung noch gab es sie zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage.

29

Die Regelungen des BeamtVG sollten allerdings nicht uneingeschränkt gelten. Vielmehr hat sich der Beklagte zu einer Versorgung „in Anlehnung“ an die Bestimmungen des BeamtVG verpflichtet. Die vom Beklagten zugesagte Versorgung sollte sich daher in ihrer Struktur an den Regelungen des BeamtVG orientieren. Diese finden demnach entsprechende Anwendung, soweit sich aus der Versorgungszusage nichts Abweichendes oder Vorrangiges ergibt (vgl. etwa BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 15 f.; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 13; 20. April 2004 - 3 AZR 266/02 - zu B II 4 der Gründe; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b aa der Gründe, BAGE 103, 338). Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Danach bedeutet „sich anlehnen an“: „etwas folgen“, „sich an etwas orientieren“, „sich an etwas halten“ und „etwas zum Vorbild nehmen“ (vgl. Duden Das Synonymwörterbuch 5. Aufl. S. 89; Knaurs Lexikon der sinnverwandten Wörter S. 38; Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. S. 153).

30

bb) Für ein davon abweichendes Verständnis bietet die Versorgungszusage keine Anhaltspunkte. Diese enthält vielmehr selbst wesentliche Berechnungsfaktoren aus dem BeamtVG. Nach Abs. 1 Satz 3 der Einzelzusage ist Grundlage für die Berechnung der späteren Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe, an die sich das Gehalt des Klägers anlehnt und nach der es sich zum Zeitpunkt des Leistungsfalls bemisst. Mit dem Ende der Wartezeit am 1. Oktober 1976, dh. nach einer Betriebszugehörigkeit von zehn Jahren, hatte der Kläger nach der Einzelzusage einen Anspruch von 35 % erreicht. Diese Bestimmungen orientieren sich an § 4 Abs. 3 und § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, wonach sich das Ruhegehalt auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet und bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit 35 vom Hundert beträgt. Der Beklagte hat dem Kläger nach der Versorgungszusage zudem eine Gesamtversorgung mit einer Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % versprochen. Diese Gesamtversorgungsobergrenze entspricht der in § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG getroffenen Festlegung, wonach das Ruhegeld bis zum Höchstsatz von 75 % steigt.

31

cc) Für eine ergänzende Inbezugnahme der Vorschriften des BeamtVG in entsprechender Anwendung spricht auch, dass in der Versorgungszusage selbst nicht alle für die Berechnung des Ruhegeldes des Klägers erforderlichen Bestimmungen ausdrücklich geregelt sind. Im Schreiben vom 3. September 1980 heißt es nur, dass mit Ende der zehnjährigen Wartezeit ein Anspruch von 35 % erreicht ist und dass der Höchstsatz 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts beträgt. Eine ausdrückliche Bestimmung dazu, wie das Ruhegeld nach der Wartezeit bis zum Erreichen des Höchstsatzes von 75 % ansteigt, enthält die Versorgungszusage hingegen nicht. Dies soll sich erkennbar nach § 14 Abs. 1 BeamtVG richten, wonach das Ruhegeld mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um zwei vom Hundert, von da ab um eins vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 vom Hundert steigt. Mit den in der Versorgungszusage ausdrücklich festgelegten Ruhegehaltssätzen von mindestens 35 % und höchstens 75 % wurde die Regelung in § 14 Abs. 1 BeamtVG übernommen. Es ist daher folgerichtig, dass auch im Übrigen § 14 Abs. 1 BeamtVG Anwendung findet.

32

dd) Eine andere Auslegung ist nicht deshalb geboten, weil nach der Versorgungszusage im Übrigen die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 gelten. Hierbei handelt es sich lediglich um einen deklaratorischen Hinweis auf das BetrAVG, das keine Regelungen zum Inhalt des dem Kläger erteilten Versorgungsversprechens enthält.

33

ee) Aus der schriftlichen Stellungnahme des früheren geschäftsführenden Vorstandsmitglieds Ho vom 10. März 2010, wonach niemals beabsichtigt gewesen sei, die Betriebsrente an das BeamtVG zu binden, ergibt sich nichts anderes. Ein derartiger Wille - so er überhaupt bestanden haben sollte - ist in der Versorgungszusage gerade nicht zum Ausdruck gekommen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Beklagte hat dem Kläger ausdrücklich eine Versorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte zugesagt und sich bei der Formulierung einzelner Versorgungsbestimmungen an den Regelungen des BeamtVG orientiert.

34

ff) Die Versorgungszusage enthält keine statische, sondern eine dynamische Bezugnahme auf die Bestimmungen des BeamtVG.

35

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Verweisungen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch. Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils geltenden Regelungen. Das Verständnis einer solchen Bezugnahme als dynamische Verweisung ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen der Parteien eher gerecht als eine statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand. Der Arbeitgeber will im Zweifel die betriebliche Altersversorgung nach einheitlichen Regeln, dh. als System, erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Dies ist bei der Auslegung dahin gehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Will der Arbeitgeber eine Versorgung unabhängig von den jeweils geltenden Versorgungsbestimmungen zusagen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. etwa BAG 23. April 2013 - 3 AZR 24/11 - Rn. 22 mwN). Der Grundsatz, dass von einer dynamischen Verweisung auf die maßgeblichen Versorgungsregelungen auszugehen ist, gilt auch für Verweisungen auf für Beamte geltende Vorschriften, so dass beide Parteien Änderungen der Gesetze, die die Versorgung regeln, hinnehmen müssen (vgl. etwa BAG 16. August 1988 - 3 AZR 61/87 - zu 2 b der Gründe). Vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die ergänzende Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG eine statische sein sollte.

36

2. Nach den Regelungen der Versorgungszusage und den ergänzend in Bezug genommenen Bestimmungen des BeamtVG ist das laufende monatliche Ruhegeld des Klägers in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 wie folgt zu ermitteln:

37

a) Ausgangspunkt für die Berechnung des Ruhegeldes des Klägers ist das jeweilige ruhegeldfähige Gehalt, das sich aus dem jeweiligen monatlichen Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 zuzüglich des jeweiligen Familienzuschlags der Stufe 1 zusammensetzt. Dieses ruhegeldfähige Gehalt ist um den Anpassungsfaktor nach § 69e Abs. 3 BeamtVG und für die Zeit ab dem 1. Juli 2009 zudem um den Anpassungsfaktor nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG zu mindern. Beide Bestimmungen finden mangels einer in der Versorgungszusage getroffenen abweichenden oder vorrangigen Regelung aufgrund der ergänzenden dynamischen Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG Anwendung.

38

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers enthält Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage, wonach sich die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung nicht auf gesetzliche Anrechnungszeiten oder „irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren oder Ansprüche“ bezieht, die nicht ausdrücklich zur Grundlage der Zusage gemacht wurden, keine Regelung, die der Anwendung von § 69e Abs. 3 BeamtVG oder § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG entgegenstünde. Die in diesen Bestimmungen geregelten Anpassungsfaktoren sind keine anderen Berechnungsfaktoren iSv. Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage. Diese Bestimmung bezieht sich erkennbar auf die Regelungen in Abs. 1 Sätze 3 bis 5 der Versorgungszusage. Danach ist Grundlage für die Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe, an die sich das Gehalt des Klägers anlehnt und nach der es sich zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls bemisst. Zudem ist geregelt, dass mit Ende der Wartezeit am 1. Oktober 1976 ein Anspruch von 35 % erreicht war und dass bei der Berechnung der späteren Versorgungsbezüge eventuell gezahlte Zulagen ohne Ansatz bleiben sollen. Mit der Bestimmung in Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage hat der Beklagte demnach zum Ausdruck gebracht, dass es für die Bemessung der Leistung allein auf die Zeit ankommt, die der Kläger im Arbeitsverhältnis mit ihm verbracht hat und dass eine Anrechnung anderer Zeiten - beispielsweise aufgrund gesetzlicher Vorschriften - nicht in Betracht kommt. Deshalb hatte der Kläger, der am 1. Oktober 1966 in die Dienste des Beklagten getreten war, nach Ablauf der Wartezeit von zehn Jahren am 1. Oktober 1976 entsprechend § 14 Abs. 1 BeamtVG einen Anspruch iHv. 35 % der maßgeblichen Dienstbezüge erreicht. Der Beklagte hat auch die Bemessungsgrundlage „ruhegeldfähiges Gehalt“ dahin festgelegt, dass sich dieses ausschließlich aus dem Grundgehalt und dem Ortszuschlag (nunmehr: Familienzuschlag) zusammensetzt. Zum Zeitpunkt der Konkretisierung der Versorgungszusage durch das Schreiben vom 3. September 1980 gehörten nach § 1 Abs. 2 BBesG vom 13. Oktober 1979 (BGBl. I S. 1675) zur Besoldung nicht nur die Dienstbezüge, wie das Grundgehalt und der Ortszuschlag, sondern auch Zulagen. Vor diesem Hintergrund konnte Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage nur so verstanden werden, dass bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Gehalts ausschließlich das Grundgehalt und der Ortszuschlag (nunmehr: Familienzuschlag) und nicht etwa Zulagen oder sonstige Bezüge Berücksichtigung finden sollten. Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungzusage konkretisiert daher ausschließlich die Bemessungsgrundlagen „ruhegeldfähige Zeit“ und „ruhegeldfähiges Gehalt“ dahin, dass es für die Bemessung der Leistung allein auf die Zeit ankommt, die der Kläger beim Beklagten verbracht hat und dass zum ruhegeldfähigen Gehalt nur das Grundgehalt und der Ortszuschlag (nunmehr: Familienzuschlag) gehören, weshalb sie eine entsprechende Anwendung der Regelungen des BeamtVG im Übrigen nicht sperrt.

39

b) Das um die Anpassungsfaktoren geminderte jeweilige ruhegeldfähige Gehalt ist mit dem für den Kläger maßgeblichen Ruhegeldsatz zu multiplizieren. Dieser beträgt entgegen der Rechtsauffassung der Parteien und des Landesarbeitsgerichts nicht 68 %, sondern lediglich 67 %.

40

Der maßgebliche Ruhegeldsatz bestimmt sich nach § 85 Abs. 3 BeamtVG iVm. § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Auch diese Vorschriften kommen mangels einer in der Versorgungszusage getroffenen vorrangigen oder abweichenden Regelung entsprechend zur Anwendung. Nach § 85 Abs. 3 BeamtVG richtet sich die Berechnung des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht, sofern das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden hat und der Beamte vor dem 1. Januar 2002 die für ihn jeweils maßgebliche gesetzliche Altersgrenze erreicht. Der am 16. Oktober 1930 geborene Kläger war beim Beklagten vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Oktober 1993 beschäftigt und bezieht von diesem seit dem 1. November 1993 eine vorgezogene Altersrente. Sein 65. Lebensjahr, ab dem nach der Versorgungszusage das reguläre Ruhegehalt bezogen werden kann, hat er am 16. Oktober 1995 und damit ebenfalls vor dem 1. Januar 2002 vollendet. Daher berechnet sich der Ruhegehaltssatz in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 BeamtVG aF. Danach beträgt das Ruhegehalt bis zur Vollendung einer zehnjährigen Dienstzeit 35 vom Hundert und steigt mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um zwei vom Hundert, von da ab um eins vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 vom Hundert, wobei ein Rest der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit von mehr als 182 Tagen als vollendetes Dienstjahr gilt. Der Kläger war bei dem Beklagten insgesamt 27 Jahre und einen Monat beschäftigt. Am 1. Oktober 1976 hatte er eine Betriebszugehörigkeitszeit von zehn Jahren aufzuweisen, weshalb sich der Ruhegeldsatz zu diesem Zeitpunkt auf 35 % belief. Für die Zeit bis zum vollendeten 25. Dienstjahr am 30. September 1991 kommen 15 Jahre hinzu, die mit 30 % in Ansatz zu bringen sind, was zu einem Ruhegeldsatz von 65 % führt. Für die darauf folgende Zeit bis zum 30. September 1993 erhöht sich der Ruhegeldsatz um weitere 2 % auf 67 %. Der Monat Oktober 1993 bleibt nach § 14 Abs. 1 BeamtVG aF außer Ansatz.

41

c) Auf das so ermittelte Ruhegeld ist die jeweilige monatliche Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Umfang von 62,97 % anzurechnen.

42

aa) Anrechenbar ist nur die gesetzliche Rente, die der Kläger aufgrund von Entgeltpunkten erhält, die er in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis zum 31. Oktober 1993 erworben hat. Dies sind 44,0995 Entgeltpunkte. Der prozentuale Anteil an den insgesamt laut Rentenbescheid vom Kläger erworbenen 70,0381 Entgeltpunkten beträgt daher 62,97.

43

Die Rente aus Entgeltpunkten, die der Kläger in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 erworben hat, findet demgegenüber keine Berücksichtigung. Nach Abs. 4 der Versorgungszusage gilt die Anrechnungsklausel seit dem 1. Januar 1968. Diese Bestimmung kann bereits nach ihrem Wortlaut nur so verstanden werden, dass Versorgungsbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur insoweit angerechnet werden dürfen, als sie nicht auf Entgeltpunkten beruhen, die vor dem 1. Januar 1968 erworben wurden. Für diese Auslegung spricht auch, dass der Beklagte mit dem 1. Januar 1968 an das Datum angeknüpft hat, zu dem § 113 AVG in Kraft trat. Nach dieser Bestimmung hatte der Arbeitgeber erstmalig für Versicherte, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 AVG versicherungsfrei oder nach § 7 Abs. 1 AVG von der Versicherungspflicht befreit waren, den Beitragsanteil zu entrichten, den er entrichten müsste, wenn der Versicherte versicherungspflichtig wäre. In der Zeit zuvor hatten die Versicherten sämtliche Beiträge zu einer freiwilligen Versicherung allein zu tragen. Da die in der Versorgungszusage enthaltene Bestimmung über die Anrechnung weiterer Einkünfte - mit Ausnahme der insoweit nicht bedeutsamen Nr. 2) - nur eine Anrechnung von Renten vorsieht, die auch auf Beiträgen des Arbeitgebers beruhen, sollte mit der „Geltungsklausel“ - pauschalierend sowohl für die Pflichtversicherung als auch für die freiwillige Versicherung - erkennbar eine zeitliche Grenze für die Anrechnung geschaffen werden.

44

bb) Eine Minderung der anzurechnenden Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Abs. 3 a) Unterabs. 2 der Versorgungszusage kommt nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung wird VdTÜV-Angehörigen, deren betriebliches Ruhegehalt wegen fehlender Versorgungsdienstjahre nicht den Höchstsatz von 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge erreicht, zwar ein Ausgleich in der Form gewährt, dass ein Betrag bis maximal 5 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge von der Anrechnung ausgenommen bleibt. Allerdings setzt Abs. 3 a) Unterabs. 2 der Versorgungszusage voraus, dass eine Anrechnung gemäß „1) bis 2)“, und damit eine Anrechnung von Renten stattgefunden hat, die auf Beitragsleistungen früherer Arbeitgeber beruhen oder die aus der Hälfte der Ausfall-, Ersatz- und Zurechnungszeiten entstanden sind. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Da die Versorgungszusage eine Anrechnung der gesetzlichen Rente insoweit ausschließt, als sie auf Entgeltpunkten beruht, die vor dem 1. Januar 1968 erworben wurden, findet eine Anrechnung der Rente des Klägers nur insoweit statt, als diese aus Beitragsleistungen der Beklagten nach Abs. 3 a) Ziff. 3) der Versorgungszusage entstanden ist.

45

d) Das nach diesen Grundsätzen ermittelte Ruhegeld darf zusammen mit sonstigen Ruhegeldbezügen die maßgebliche Gesamtversorgungsobergrenze nicht überschreiten.

46

aa) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten beträgt der Gesamtversorgungsobersatz nicht lediglich 73 %, sondern 75 %. Dies haben die Parteien in der Versorgungszusage ausdrücklich vereinbart. Nach Abs. 5 der Versorgungzusage wird betriebliches Ruhegeld insoweit gewährt, als die Gesamtversorgung(betriebliches Ruhegeld und sonstige Ruhegeldbezüge aus früheren Arbeitsverhältnissen) 75 % des ruhegeldfähigen Gehaltes nicht übersteigt. Für einen Rückgriff auf die Bestimmungen des BeamtVG in ihrer jeweiligen Fassung ist angesichts dieser eindeutigen Regelung in der Versorgungszusage kein Raum.

47

bb) Bei der Prüfung, ob die Gesamtversorgungsobergrenze überschritten ist, ist die Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vollständig, sondern lediglich im Umfang von 87,49 % zu berücksichtigen.

48

(1) Zwar sind die Bezüge des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich in vollem Umfang zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der dem Kläger erteilten Gesamtversorgungszusage. Bei einer Gesamtversorgung will der Arbeitgeber nur insoweit Leistungen gewähren, als die Altersversorgung nicht bereits anderweitig sichergestellt ist. Dafür spricht auch Abs. 5 Satz 2 der Versorgungszusage, wonach nur eventuelle Bezüge nach d), dh. aus der berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung und e), dh. aus Unfällen und Schädigungen, unberücksichtigt bleiben. Diese Bestimmung ergibt nur Sinn, wenn die übrigen Bezüge nach a) bis c), dh. auch die Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung, vollständig berücksichtigt werden.

49

(2) Allerdings ist bei Berücksichtigung der gesetzlichen Rente das in § 5 Abs. 2 BetrAVG geregelte Anrechnungsverbot zu beachten. Danach dürfen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch Anrechnung oder Berücksichtigung anderer Versorgungsbezüge, soweit sie auf eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers beruhen, nicht gekürzt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Hiervon ausgenommen sind nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG ua. Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruhen. Dies führt dazu, dass die auf den freiwilligen Beiträgen des Klägers in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 und vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhende Rente nicht angerechnet werden darf. In der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 hat der Kläger 2,5550 Entgeltpunkte erworben, in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 6,2097 Entgeltpunkte. Das sind 12,51 % der insgesamt erworbenen 70,0381 Entgeltpunkte. Der Anteil der anzurechnenden gesetzlichen Rente beträgt daher 87,49 %.

50

(a) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten scheidet eine Anwendung von § 5 Abs. 2 BetrAVG nicht deshalb aus, weil der Beklagte dem Kläger eine Versorgung „in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ versprochen hat. In Abs. 6 der Versorgungszusage hat der Beklagte ausdrücklich auf die Geltung des BetrAVG hingewiesen und damit zum Ausdruck gebracht, dass mit der „Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ die - im Übrigen zwingende (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG) - Bestimmung des § 5 BetrAVG nicht abbedungen werden sollte.

51

(b) Nach § 5 Abs. 2 BetrAVG dürfen die aufgrund der freiwilligen Beiträge des Klägers in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 erworbenen 2,5550 Entgeltpunkte nicht berücksichtigt werden. Hiergegen hat der Beklagte auch keine Einwände erhoben.

52

(c) Ebenso wenig berücksichtigt werden dürfen nach § 5 Abs. 2 BetrAVG auch die in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 erworbenen 6,2097 Entgeltpunkte. Zwar hat der Beklagte diesbezüglich geltend gemacht, die Beiträge seien arbeitgeberfinanziert gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Vortrag jedoch zu Recht als nicht hinreichend substantiiert erachtet. Der Beklagte hat lediglich pauschal behauptet, der in dieser Zeit freiwillig versicherte Kläger habe entsprechend den üblichen Gepflogenheiten Arbeitgeberzuschüsse erhalten, ohne dies näher zu konkretisieren. Im Hinblick darauf, dass der Kläger jedenfalls in der Zeit vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Dezember 1967 bereits beim Beklagten beschäftigt war, wäre dem Beklagten näherer Sachvortrag ohne Weiteres möglich gewesen. Soweit der Beklagte in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht eingereichten Schriftsatz vom 31. März 2011 vorgebracht hat, die Anlehnung an die Beamtenversorgung habe dazu geführt, dass der Kläger den „Arbeitnehmerbeitragsanteil zur Sozialversicherung“ ausbezahlt bekommen habe, ist dies unbeachtlich. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Sachvortrag nach § 296a Satz 1 ZPO unberücksichtigt gelassen und von einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 296a Satz 2, § 156 ZPO abgesehen. Hiergegen hat der Beklagte keine Verfahrensrüge erhoben.

53

e) Die so ermittelte Altersrente ist wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme nach Abs. 4 Satz 2 der Versorgungszusage für jeden Monat des vorzeitigen Beginns um 0,5 % ihres Betrages zu kürzen.

54

II. Der Kläger hat auch Anspruch auf eine vom Beklagten jährlich im Monat November zu zahlende Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen Ruhegeldes für den Monat November.

55

1. Der Anspruch ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht aus der VdTÜV 84. Diese findet auf den Kläger keine Anwendung. Nach § 21 VdTÜV 84 gilt die VdTÜV 84 für die Mitarbeiter des Vereins, die nach deren Inkrafttreten in die Dienste des Vereins eingetreten sind. Für alle übrigen bei dem Verein beschäftigten Mitarbeiter gelten hingegen die Einzelschreiben bzw. Richtlinien für die Altersversorgung der Verwaltungsangestellten bei der Vereinigung der technischen Überwachungsvereine (VdTÜV) weiter. Zwar konnten Mitarbeiter, denen - wie dem Kläger - Versorgungsleistungen durch Einzelschreiben zugesagt wurden, bis zum 31. März 1984 verbindlich und unwiderruflich schriftlich erklären, ob sie ihre Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung erhalten oder auch weiterhin nach der für sie maßgebenden bisherigen Versorgungsregelung versorgt sein wollten. Der Kläger hat jedoch von der in § 21 Nr. 4 VdTÜV 84 geregelten Möglichkeit, eine Versorgung nach der neuen Versorgungsordnung zu erhalten, keinen Gebrauch gemacht.

56

2. Der Anspruch des Klägers auf eine jährlich im November zu zahlende Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen Ruhegeldes für den Monat November folgt jedoch aus betrieblicher Übung.

57

a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber mit § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG die betriebliche Übung als Rechtsquelle ausdrücklich anerkannt.

58

aa) Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder auf sonstige Vergünstigungen zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222; 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08 - Rn. 11; 29. April 2003 - 3 AZR 247/02 - zu I 1 der Gründe). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, aaO; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 88; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15). Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, aaO).

59

bb) Ob eine für den Arbeitgeber verbindliche betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 57, BAGE 141, 222; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360). Eine betriebliche Praxis der Gewährung von Vorteilen an die Arbeitnehmer verdichtet sich erst nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einer betrieblichen Übung. Wie lange die Übung bestehen muss, damit die Arbeitnehmer berechtigt erwarten können, dass sie fortgesetzt werde, hängt davon ab, wie häufig die Leistungen oder Vergünstigungen erbracht worden sind. Im Hinblick auf laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hat der Senat eine Gewährung über einen Zeitraum von fünf bzw. acht Jahren für ausreichend erachtet (vgl. BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 58, aaO; 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 127, 260; 30. Oktober 1984 - 3 AZR 236/82 - BAGE 47, 130; 23. April 1963 - 3 AZR 173/62 - BAGE 14, 174).

60

cc) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung nicht entstehen, wenn eine andere, kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62, BAGE 141, 222; 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - zu II der Gründe, BAGE 103, 141). Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht ebenso wenig, wenn der Arbeitgeber irrtümlich annimmt, die Leistung aufgrund einer vermeintlichen Verpflichtung aus einer anderen Rechtsgrundlage zu schulden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 c aa (1) der Gründe). Erbringt der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser (vermeintlichen) Rechtspflicht gewährt werden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 26. Mai 1993 - 4 AZR 130/93 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 73, 191; 11. November 1997 - 3 AZR 163/96 - zu III der Gründe; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - BAGE 118, 211). Auf nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers allein kommt es allerdings nicht an (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 11. November 1997 - 3 AZR 163/96 - zu III der Gründe).

61

dd) Ob eine betriebliche Übung entstanden ist und welchen Inhalt sie hat, unterliegt der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 63, BAGE 141, 222; 31. Juli 2007 - 3 AZR 189/06 - Rn. 17; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39 mwN, BAGE 118, 360).

62

b) Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte zugunsten der Betriebsrentner, die - wie der Kläger - Inhaber einer Einzelzusage waren, eine betriebliche Übung dahin begründet, dass diese ebenso wie die Arbeitnehmer, deren Versorgung sich nach den Regelungen der VdTÜV 84 bestimmt, im November eines jeden Jahres eine Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November erhalten.

63

aa) Der Beklagte hat allen Versorgungsempfängern - auch den AT-Angestellten mit Einzelzusage - jahrzehntelang im November eine Sonderzuwendung in Höhe des sich für den Monat November ergebenden Ruhegeldes gezahlt. Ein über einen derart langen Zeitraum gehendes gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers ist grundsätzlich geeignet, eine betriebliche Übung zu begründen.

64

bb) Der Beklagte war nicht zur Gewährung einer Sonderzuwendung an den Kläger verpflichtet. Der Kläger hatte nach der Versorgungszusage keinen Anspruch auf die Sonderzuwendung. Die Zusage von Versorgungsleistungen in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte umfasste keine Sonderzuwendung.

65

Zwar bestimmt der § 50 Abs. 4 BeamtVG in der zum Zeitpunkt der Konkretisierung der Versorgungszusage durch das Schreiben vom 3. September 1980 geltenden Fassung vom 24. August 1976, dass die Versorgungsberechtigten eine Sonderzuwendung nach besonderer bundesgesetzlicher Regelung erhalten. Diese gesetzliche Regelung ist jedoch auch unter Berücksichtigung der Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG von vornherein nicht Inhalt des Versorgungsversprechens geworden. Der Beklagte hat dem Kläger in der Versorgungszusage nur ein Ruhegehalt nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei nachgewiesener dauernder Berufsunfähigkeit, ein Witwengeld und ein Waisengeld zugesagt und zudem ausdrücklich bestimmt, dass „andere als die hier zugesagten laufenden Versorgungsleistungen“ nicht gewährt werden. Die Sonderzuwendung ist keine mit der Versorgungszusage zugesagte laufende Versorgungsleistung. Mit laufenden Versorgungsleistungen sind erkennbar nur die monatlich geschuldeten Leistungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung gemeint und nicht weitere anlassbezogene Zuwendungen. Auch der Gesetzgeber hat die jährliche Sonderzuwendung im BeamtVG nicht als Teil des Ruhegehalts eingeordnet, sondern sie - wie sich aus § 2 BeamtVG in der Fassung vom 24. August 1976 ergibt - vielmehr als eigenständige anlassbezogene Leistung neben das Ruhegehalt und die Hinterbliebenenversorgung gestellt. Nach § 2 Abs. 1 BeamtVG in der Fassung vom 24. August 1976 sind Versorgungsbezüge nur Ruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag, Hinterbliebenenversorgung, Bezüge bei Verschollenheit, Unfallfürsorge, Übergangsgeld und Ausgleich bei besonderen Altersgrenzen. Die jährliche Sonderzuwendung ist demgegenüber in § 2 Abs. 2 BeamtVG in der Fassung vom 24. August 1976 geregelt.

66

cc) Es liegt auch kein Fall eines vermeintlichen Normenvollzugs vor. Selbst wenn der Beklagte geglaubt haben sollte, aufgrund der in der Versorgungszusage vereinbarten „Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ den AT-Angestellten mit Einzelzusage eine Sonderzuwendung nach Maßgabe der (jeweiligen) Vorschriften des BeamtVG zu schulden, war dies für die Betroffenen nicht erkennbar. Mit der in Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der Versorgungszusage getroffenen Vereinbarung, wonach andere als die dort zugesagten laufenden Versorgungsleistungen nicht gewährt werden, wurde ein Anspruch auf eine Sonderzuwendung ausdrücklich ausgeschlossen, so dass die betroffenen Arbeitnehmer nicht davon ausgehen mussten, der Beklagte glaube, ihnen eine Sonderzuwendung zu schulden. Außerdem wurde die Sonderzuwendung nach § 50 Abs. 4 BeamtVG iVm. §§ 7, 10 und 11 des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung jeweils im Monat Dezember in Höhe der den Berechtigten für den Monat Dezember vor Anwendung von Ruhens- und Anwendungsvorschriften zustehenden laufenden Versorgungsbezüge gewährt. Der Beklagte hat die Sonderzuwendung demgegenüber nicht nach den den AT-Angestellten mit Einzelzusage für den jeweiligen Monat Dezember zustehenden Ruhegeldleistungen berechnet und die Auszahlung nicht im Monat Dezember vorgenommen, sondern über Jahre hinweg im Monat November eine Leistung in Höhe des jeweiligen für den Monat November gezahlten laufenden Ruhegeldes erbracht. Aus diesem Verhalten konnten die Arbeitnehmer mit Einzelzusage nur schließen, der Beklagte wolle auch ihnen - ebenso wie den unter den Geltungsbereich der VdTÜV 84 fallenden Versorgungsempfängern - der VdTÜV entsprechende Leistungen freiwillig erbringen.

67

dd) Dem Anspruch aus betrieblicher Übung steht nicht entgegen, dass der Beklagte nicht in jedem Jahr denselben Betrag als Sonderzuwendung gezahlt hat. Dies erklärt sich bereits daraus, dass die Sonderzuwendung stets in Höhe des Ruhegeldes für den jeweiligen Monat November erbracht wurde und dieses Ruhegeld selbst der Höhe nach in Abhängigkeit vom jeweils maßgeblichen ruhegeldfähigen Gehalt und der jeweils bezogenen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung variierte.

68

III. Danach ist der Beklagte verpflichtet, an den Kläger rückständige laufende Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 sowie Januar bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 2.010,65 Euro brutto sowie eine Sonderzuwendung für das Jahr 2009 iHv. 2.642,33 Euro brutto zu zahlen. Weitergehende Zahlungsansprüche stehen dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 nicht zu.

69

1. Der Kläger hat für die Kalenderjahre 2006 und 2007 weder Anspruch auf rückständige laufende Ruhegeldleistungen noch Anspruch auf eine Sonderzuwendung.

70

a) Für die Kalenderjahre 2006 und 2007 errechnet sich ein Anspruch auf laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.226,85 Euro sowie ein Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung in gleicher Höhe.

71

Das monatliche ruhegeldfähige Gehalt belief sich in den Kalenderjahren 2006 und 2007 auf 7.311,79 Euro. Das Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 der Bundesbesoldungsordnung betrug in den Jahren 2006 und 2007 monatlich jeweils 7.206,51 Euro. Hinzu kommt der Familienzuschlag der Stufe 1, der sich auf monatlich 105,28 Euro belief. Das ruhegeldfähige Gehalt war nach § 69e Abs. 3 BeamtVG um den Anpassungsfaktor 0,98375 auf 7.192,97 Euro zu mindern. Unter Berücksichtigung eines Ruhegeldsatzes von 67 % errechnet sich ein Ruhegeld iHv. 4.819,29 Euro. Hierauf war die gesetzliche Rente des Klägers iHv. 1.830,10 Euro zu 62,97 %, dh. iHv. 1.152,41 Euro anzurechnen. Das Ruhegeld nach der Anrechnung betrug somit 3.666,88 Euro. Die Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts iHv. 7.192,97 Euro belief sich auf 5.394,73 Euro. Diese wurde mit der berücksichtigungsfähigen Gesamtversorgung des Klägers iHv. 5.268,03 Euro nicht überschritten. Diese errechnet sich aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.666,88 Euro zuzüglich 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.830,10 Euro, also 1.601,15 Euro. Abschließend war das monatliche Ruhegeld des Klägers wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente um 12 % zu kürzen, was zu einem Anspruch auf laufende Versorgungsleistungen iHv. monatlich 3.226,85 Euro führt.

72

In dieser Höhe schuldete der Beklagte dem Kläger auch die jeweilige Sonderzuwendung für die Jahre 2006 und 2007.

73

b) Die Ansprüche des Klägers für die Jahre 2006 und 2007 auf Zahlung eines monatlichen Ruhegeldes iHv. jeweils 3.226,85 Euro brutto sowie auf Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung in gleicher Höhe hat der Beklagte erfüllt. Sie sind deshalb gemäß § 362 BGB erloschen.

74

Der Beklagte hat in den Kalenderjahren 2006 und 2007 monatlich ein Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro und eine jährliche Sonderzuwendung in gleicher Höhe gezahlt und damit in den Kalenderjahren 2006 und 2007 jeweils eine Überzahlung von 13 x 46,78 Euro, mithin insgesamt jeweils 608,14 Euro geleistet.

75

2. Für das Kalenderjahr 2008 kann der Kläger lediglich eine Nachzahlung laufender Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 verlangen, weitere Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.

76

a) Der Kläger kann von dem Beklagten für die Monate Januar bis März 2008 rückständige laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 66,13 Euro brutto, mithin eine Nachzahlung iHv. insgesamt 198,39 Euro brutto verlangen.

77

aa) Für die Monate Januar bis März 2008 hatte der Kläger Anspruch auf Zahlung laufender monatlicher Ruhegeldleistungen iHv. jeweils 3.339,76 Euro brutto.

78

Das ruhegeldfähige Gehalt, das im Jahr 2008 7.590,00 Euro betrug (Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 iHv. 7.481,46 Euro zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 iHv. 108,54 Euro), war in den Monaten Januar bis März 2008 nach § 69e Abs. 3 BeamtVG jeweils um den Anpassungsfaktor 0,97292 auf 7.384,46 Euro zu mindern. Da sich der Ruhegeldsatz auf 67 % beläuft, betrug das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit monatlich 4.947,59 Euro. Dieses war um 62,97 % der in diesem Zeitraum vom Kläger bezogenen gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.830,10 Euro, mithin um 1.152,41 Euro auf 3.795,18 Euro zu kürzen. Eine weitere Kürzung wegen der in der Einzelzusage vereinbarten Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil diese nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze beträgt in diesem Zeitraum monatlich 5.538,35 Euro (75 % von 7.384,46 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Januar bis März 2008 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.795,18 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.830,10 Euro und betrug damit 5.396,33 Euro (3.795,18 Euro + 1.601,15 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das monatliche Ruhegeld iHv. 3.795,18 Euro um 12 % auf 3.339,76 Euro zu kürzen.

79

bb) Die Beklagte hat in den Monaten Januar bis März 2008 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.273,63 Euro erbracht, weshalb dem Kläger für die Monate Januar bis März 2008 noch 3 x 66,13 Euro, dh. insgesamt 198,39 Euro zustehen.

80

b) Für die Monate April bis Juni 2008 hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen gegen den Beklagten.

81

aa) Für die Monate April bis Juni 2008 errechnet sich ein monatlicher Ruhegeldanspruch iHv. jeweils 3.334,32 Euro brutto.

82

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug auch in den Monaten April bis Juni 2008 7.590,00 Euro. Dieses war gemäß § 69e Abs. 3 BeamtVG jeweils um den Anpassungsfaktor 0,97292 auf 7.384,46 Euro zu kürzen. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 4.947,59 Euro. Dieser Betrag war um 62,97 % der in diesem Zeitraum erhaltenen gesetzlichen Rente des Klägers iHv. monatlich 1.839,90 Euro, mithin um 1.158,59 Euro auf 3.789,00 Euro zu kürzen. Eine Kürzung wegen der in der Einzelzusage geregelten Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil die Gesamtversorgungsobergrenze nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze belief sich in diesem Zeitraum auf monatlich 5.538,35 Euro (75 % von 7.384,46 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten April bis Juni 2008 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.789,00 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.839,90 Euro und betrug damit 5.398,73 Euro (3.789,00 Euro + 1.609,73 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das Ruhegeld iHv. monatlich 3.789,00 Euro um 12 % auf 3.334,32 Euro zu kürzen.

83

bb) Der Beklagte hat in der Zeit von April bis Juni 2008 laufende monatliche Ruhegeldzahlungen iHv. jeweils 3.411,53 Euro geleistet und damit eine monatliche Überzahlung iHv. 77,21 Euro, dh. eine Überzahlung iHv. insgesamt 231,63 Euro erbracht.

84

c) Der Kläger hat gegen den Beklagten auch für die Monate Juli bis Dezember 2008 keinen Anspruch auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen.

85

aa) Für die Monate Juli bis Dezember 2008 errechnet sich ein monatlicher Ruhegeldanspruch iHv. jeweils 3.323,07 Euro.

86

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug auch in den Monaten Juli bis Dezember 2008 7.590,00 Euro. Dieses war nach § 69e Abs. 3 BeamtVG jeweils um den Anpassungsfaktor 0,97292 auf 7.384,46 Euro zu kürzen. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 4.947,59 Euro. Dieses war um 62,97 % der in diesem Zeitraum vom Kläger bezogenen gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.860,21 Euro, dh. um 1.171,37 Euro auf 3.776,22 Euro zu kürzen. Eine weitere Kürzung wegen der in der Einzelzusage geregelten Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, da diese nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze belief sich in diesem Zeitraum auf monatlich 5.538,35 Euro (75 % von 7.384,45 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Juli bis Dezember 2008 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.776,22 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.860,21 Euro und betrug damit 5.403,72 Euro (3.776,22 Euro + 1.627,50 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das monatliche Ruhegeld des Klägers iHv. 3.776,22 Euro um 12 % auf 3.323,07 Euro zu kürzen.

87

bb) Der Beklagte hat an den Kläger in den Monaten Juli bis Dezember 2008 ein monatliches Ruhegeld iHv. jeweils 3.393,66 Euro gezahlt, so dass der Anspruch des Klägers erfüllt wurde. Es liegt eine Überzahlung iHv. monatlich 70,59 Euro, mithin eine Überzahlung iHv. insgesamt 423,54 Euro vor.

88

d) Für das Jahr 2008 hat der Kläger aus betrieblicher Übung einen Anspruch auf eine Sonderzuwendung iHv. 3.323,07 Euro. Hierauf hat der Beklagte 3.393,66 Euro gezahlt und damit den Anspruch des Klägers erfüllt. Es liegt eine Überzahlung durch den Beklagten iHv. 70,59 Euro vor.

89

3. Für das Kalenderjahr 2009 kann der Kläger vom Beklagten rückständige laufende Ruhegeldleistungen iHv. insgesamt 1.812,26 Euro brutto sowie eine rückständige Sonderzuwendung iHv. 2.642,33 Euro verlangen. Der Anspruch des Klägers ist nicht - auch nicht teilweise - durch die Aufrechnung des Beklagten mit einer Forderung auf Rückzahlung von im Jahr 2006 zu viel gezahlter Betriebsrente erloschen.

90

a) Für die Zeit von Januar bis Juni 2009 errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 115,65 Euro, mithin insgesamt iHv. 693,90 Euro.

91

aa) Dem Kläger standen für die Monate Januar bis Juni 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.420,05 Euro zu.

92

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug in dieser Zeit 7.802,52 Euro (Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 iHv. 7.690,94 Euro zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 iHv. 111,58 Euro). Das ruhegeldfähige Gehalt war gemäß § 69e Abs. 3 BeamtVG um den Anpassungsfaktor 0,96750 auf 7.548,94 Euro zu kürzen. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 5.057,79 Euro. Hierauf war die gesetzliche Rente des Klägers iHv. monatlich 1.860,21 Euro zu 62,97 %, dh. iHv. 1.171,37 Euro anzurechnen, woraus sich ein Betrag von 3.886,42 Euro ergab. Eine weitere Kürzung im Hinblick auf die Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil diese Grenze nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze betrug in diesem Zeitraum monatlich 5.661,71 Euro (75 % von 7.548,94 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Januar bis Juni 2009 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.886,42 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.860,21 Euro und betrug damit 5.513,92 Euro (3.886,42 Euro + 1.627,50 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das Ruhegeld iHv. 3.886,42 Euro um 12 % auf 3.420,05 Euro zu kürzen.

93

bb) Der Beklagte hat an den Kläger in den Monaten Januar bis Juni 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.304,40 Euro gezahlt, weshalb der Kläger noch Anspruch auf Zahlung von monatlich 115,65 Euro, mithin für die Zeit von Januar bis Juni 2009 auf Zahlung von insgesamt 693,90 Euro hat.

94

b) Für die Zeit von Juli bis November 2009 errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 220,19 Euro, mithin insgesamt iHv. 1.100,95 Euro.

95

aa) Dem Kläger standen für die Monate Juli bis November 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.485,14 Euro zu.

96

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug in dieser Zeit 7.999,38 Euro (Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 iHv. 7.885,00 Euro zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 iHv. 114,38 Euro). Das ruhegeldfähige Gehalt war gemäß § 69e Abs. 3 BeamtVG um den Anpassungsfaktor 0,96750 auf 7.739,40 Euro zu kürzen. Dieser Betrag war zudem nach § 5 Abs. 1 BeamtVG um den Faktor 0,9951 auf 7.701,48 Euro zu mindern. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 5.159,99 Euro. Hierauf war die gesetzliche Rente des Klägers iHv. monatlich 1.905,04 Euro zu 62,97 % anzurechnen, woraus sich ein Betrag von 3.960,39 Euro ergab. Eine weitere Kürzung im Hinblick auf die Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil diese Grenze nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze betrug in diesem Zeitraum monatlich 5.776,11 Euro (75 % von 7.701,48 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Juli bis November 2009 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.960,39 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.905,04 Euro und betrug damit 5.627,11 Euro (3.960,39 Euro + 1.666,72 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das Ruhegeld iHv. 3.960,39 Euro um 12 % auf 3.485,14 Euro zu kürzen.

97

bb) Der Beklagte hat an den Kläger in den Monaten Juli bis November 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.264,95 Euro erbracht, weshalb der Kläger noch Anspruch auf Zahlung von monatlich 220,19 Euro, mithin für die Zeit von Juli bis November 2009 auf Zahlung von insgesamt 1.100,95 Euro hat.

98

c) Für Dezember 2009 errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger Ruhegeldleistungen iHv. 17,41 Euro brutto. Der monatliche Ruhegeldanspruch des Klägers belief sich auch im Monat Dezember 2009 auf 3.485,14 Euro. Hierauf hat der Beklagte 3.467,73 Euro gezahlt.

99

d) Für das Jahr 2009 hat der Kläger zudem aus betrieblicher Übung einen Anspruch auf Zahlung einer rückständigen Sonderzuwendung iHv. 2.642,33 Euro brutto. Der Anspruch war zunächst iHv. 3.485,14 Euro brutto entstanden. Hierauf hat der Beklagte eine Sonderzuwendung iHv. 358,46 Euro brutto gezahlt. Er hat zudem weitere 484,35 Euro brutto zur Auszahlung gebracht, die der Kläger sich auf seine Ansprüche anrechnen lässt.

100

e) Der Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen sowie rückständiger Sonderzuwendung für das Jahr 2009 iHv. insgesamt 4.454,59 Euro ist durch die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer Forderung auf Rückzahlung von im Jahr 2006 zu viel gezahlter Betriebsrente nicht - auch nicht teilweise - gemäß § 389 BGB erloschen.

101

aa) Zwar hat der Beklagte im Jahr 2006 an den Kläger insgesamt 608,14 Euro zuviel an Betriebsrente gezahlt und damit einen Anspruch gegen den Kläger nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten erworben. Der Beklagte hat auch gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger Leistungen für das Jahr 2009 aufgerechnet. Er hat vorgetragen, seinen Anspruch auf Rückzahlung des im Jahr 2006 aus seiner Sicht zuviel Geleisteten iHv. 1.420,71 Euro mit der Forderung des Klägers für das Jahr 2009 zu verrechnen und damit konkludent die Aufrechnung erklärt, § 388 BGB. Die Aufrechnungserklärung braucht nicht ausdrücklich abgegeben zu werden; es genügt die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens (vgl. BGH 16. Januar 1958 - VII ZR 66/57  - BGHZ 26, 241 ; BVerfG 26. Februar 1993 - 2 BvR 1463/92  -).

102

bb) Die Aufrechnung ist jedoch mangels hinreichender Bestimmtheit der zur Aufrechnung gestellten Forderung unzulässig. Auch für die Prozessaufrechnung gilt der Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 ZPO(vgl. BGH 7. November 2001 - VIII ZR 263/00 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 149, 120). Dieser ist hier nicht gewahrt.

103

Der Beklagte berühmt sich eines Anspruchs gegen den Kläger auf Rückzahlung von in der Zeit von Januar bis Dezember 2006 zuviel bezogener Betriebsrente iHv. insgesamt 3.690,92 Euro. Dabei setzt sich diese Gesamtforderung des Beklagten aus Ansprüchen auf Rückzahlung überzahlter laufender Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis Dezember 2006 iHv. monatlich 283,92 Euro sowie einer im Monat November 2006 überzahlten Sonderzuwendung iHv. ebenfalls 283,92 Euro, die jeweils gesonderte Streitgegenstände darstellen, zusammen. Der Beklagte verfolgt seinen Rückzahlungsanspruch teilweise, nämlich iHv. 2.270,33 Euro im Wege der Widerklage. In Höhe des nicht von der Widerklage erfassten Teilbetrags, dh. iHv. 1.420,59 Euro, hat er gegenüber der Forderung des Klägers auf Zahlung rückständiger Betriebsrente für das Jahr 2009 die Aufrechnung erklärt. Dabei hat er jedoch nicht bestimmt, welche Einzelforderungen von der Teilwiderklage und welche von der teilweisen Aufrechnung erfasst werden. Es bleibt offen, ob sich die Teilwiderklage und die teilweise Aufrechnung jeweils auf unterschiedliche Monate des Jahres 2006 und damit auf unterschiedliche Streitgegenstände beziehen oder ob sie dieselben Leistungsmonate erfassen und mit welchem Anteil sie in den einzelnen Monaten bei der Teilwiderklage und der teilweisen Aufrechnung Berücksichtigung finden sollen.

104

4. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 BGB.

105

B. Der Klageantrag zu 2., mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Beklagte seine Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung nur zu 75,23 % auf die Höhe der Betriebsrente anrechnen darf, ist mangels Feststellungsinteresses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig.

106

I. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich zwar auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist jedoch nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. etwa BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 19 - 21 mwN). Dies wäre bei dem vom Kläger angebrachten Klageantrag zu 2. nur dann der Fall, wenn über weitere Faktoren, die die Höhe seiner Betriebsrente bestimmen, kein Streit bestünde und die Bezifferung des Rentenanspruchs nach der gerichtlichen Klärung der streitigen Frage lediglich eine einfache Rechenaufgabe wäre, die von den Parteien selbst umgesetzt werden könnte.

107

II. Hiervon ausgehend ist der Klageantrag zu 2. unzulässig. Die Parteien streiten nicht nur darüber, in welchem Umfang der Beklagte die Bezüge des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf das betriebliche Ruhegeld anrechnen darf, sondern über mehrere weitere für die Berechnung des Ruhegeldes maßgebliche Fragen. Damit ist der Klageantrag zu 2. ersichtlich nicht geeignet, das Rechtsverhältnis der Parteien einer abschließenden Klärung zuzuführen.

108

C. Der Klageantrag zu 3., der auf die Feststellung gerichtet ist, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jährlich mit der Abrechnung für den Monat November zusätzlich zur regulären Monatsrente eine volle 13. Betriebsrentenleistung zu zahlen, deren Höhe der Novemberleistung des jeweiligen Jahres entspricht, ist zulässig und begründet.

109

I. Der Antrag ist zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich auf die Feststellung einer Zahlungspflicht gerichtet. Da der Beklagte die Verpflichtung zur Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung in Höhe des Novemberruhegeldes bestreitet, hat der Kläger auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

110

II. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Beklagte ist aus betrieblicher Übung verpflichtet, an den Kläger im Monat November eines jeden Jahres eine Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen Ruhegeldes für den Monat November zu zahlen.

111

D. Die Widerklage ist unzulässig, soweit der Beklagte vom Kläger die Rückzahlung im Jahr 2006 zuviel gezahlter Betriebsrente iHv. 2.270,33 Euro verlangt. Im Übrigen ist die Widerklage zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger ist lediglich verpflichtet, an den Beklagten überzahlte monatliche Ruhegeldleistungen sowie zuviel gezahlte Sonderzuwendungen für die Jahre 2007 und 2008 iHv. insgesamt 1.333,90 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2010 zu zahlen.

112

I. Soweit der Beklagte mit seiner Widerklage die Rückzahlung zuviel erbrachter Leistungen für das Jahr 2006 verlangt, ist die Widerklage mangels hinreichender Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO)unzulässig.

113

1. Wird mit der Klage ein Teilbetrag geltend gemacht, der sich - wie hier - aus mehreren selbständigen Ansprüchen zusammensetzt, muss der Kläger im Einzelnen angeben, wie er die Klagesumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will oder zumindest bestimmen, in welcher Reihenfolge er die Forderungen bis zur geltend gemachten Gesamthöhe beansprucht, da anderenfalls der Umfang der Rechtskraft des Urteils nicht festzustellen wäre (vgl. BGH 12. Januar 2006 - III ZR 138/05 - Rn. 9).Wird - wie vorliegend - mit der Widerklage lediglich ein Teilbetrag einer Gesamtforderung geltend gemacht und im Übrigen (teilweise) die Aufrechnung erklärt, muss deshalb auch angegeben werden, wie sich die Gesamtforderung auf die Teilwiderklage und die Aufrechnung verteilt. Anderenfalls ist die Teilwiderklage mangels hinreichender Individualisierung des Streitgegenstandes unzulässig.

114

2. Der Beklagte hat die erforderliche Individualisierung nicht vorgenommen. Er hat nicht dargelegt, welche Einzelforderungen von der Gesamtforderung iHv. 3.690,92 Euro aus Überzahlungen für die Monate Januar bis Dezember 2006 von der Teilwiderklage und welche von der teilweisen Aufrechnung erfasst werden. Es bleibt offen, ob sich die Teilwiderklage und die teilweise Aufrechnung auf unterschiedliche Monate des Jahres 2006 beziehen oder ob sie dieselben Leistungsmonate erfassen und mit welchem Anteil sie in den einzelnen Leistungsmonaten Berücksichtigung finden sollen.

115

II. Soweit der Beklagte mit der Widerklage vom Kläger die Rückzahlung zu viel gezahlter Betriebsrente iHv. 5.580,97 Euro für die Jahre 2007 und 2008 verlangt, ist die Widerklage zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Für die Jahre 2007 und 2008 stehen dem Beklagten lediglich Rückzahlungsansprüche iHv. insgesamt 1.333,90 Euro zu.

116

1. Der Beklagte kann nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB vom Kläger für das Jahr 2007 die Rückzahlung von 608,14 Euro und für das Jahr 2008 die Rückzahlung von 725,76 Euro, mithin insgesamt einen Betrag iHv. 1.333,90 Euro verlangen.

117

2. Der Rückzahlungsanspruch des Beklagten ist nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

118

a) Nach § 818 Abs. 3 BGB ist der Bereicherungsanspruch ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Dies ist der Fall, wenn das Erlangte ersatzlos weggefallen ist und kein Überschuss im Vermögen des Empfängers mehr besteht, der ohne den bereichernden Vorgang nicht vorhanden wäre. Da es sich bei dem Wegfall der Bereicherung um eine rechtsvernichtende Einwendung handelt, hat der Bereicherte den Wegfall der Bereicherung darzulegen. Hierzu hat er im Fall einer Gehalts- bzw. Rentenüberzahlung vorzutragen, dass sich sein Vermögensstand infolge der Gehalts- bzw. Rentenüberzahlung nicht verbessert hat. Dabei können ihm Erleichterungen zugutekommen. Bei kleineren und mittleren Arbeitseinkünften bzw. Renten und einer gleichbleibend geringen Überzahlung des laufenden Arbeitsentgelts bzw. der Rente kann der Beweis des ersten Anscheins für den Wegfall der Bereicherung sprechen. Dies kommt in Betracht, wenn erfahrungsgemäß und typischerweise die Zuvielzahlungen für den laufenden Lebensunterhalt, insbesondere für konsumtive Ausgaben verbraucht werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich um eine Überzahlung in relativ geringer Höhe handelt. Je höher die Überzahlung im Verhältnis zum realen Einkommen oder den realen Einkünften ist, umso weniger kann davon ausgegangen werden, dass die zusätzlichen Mittel für den Lebensunterhalt verbraucht wurden. Zudem muss die Lebenssituation des Betroffenen, insbesondere seine wirtschaftliche Lage die Annahme nahelegen, dass die Überzahlung für die laufende Lebensführung verbraucht wurde. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn Personen mit geringen oder mittleren Einkünften über keine weiteren Einkünfte verfügen, so dass sie die Nettobezüge verwenden, um den laufenden Lebensunterhalt für sich und ggf. ihre Familie zu bestreiten (vgl. etwa BAG 26. Mai 2009 - 3 AZR 797/07 - Rn. 29; 6. Juni 2007 - 4 AZR 573/06 - Rn. 32).

119

b) Danach kann der Kläger den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB nicht mit Erfolg geltend machen. Es ist weder festgestellt noch vom Kläger vorgetragen, dass sich sein Vermögensstand infolge der Ruhegeldüberzahlung nicht verbessert hat. Ihm kommen auch keine Darlegungserleichterungen zugute. Die monatlichen Überzahlungen sind zwar im Verhältnis zu den geschuldeten Beträgen geringfügig. Der Kläger befand sich jedoch in den Jahren 2007 und 2008 nicht in einer wirtschaftlichen Situation, die die Verwendung der Überzahlung für die laufende Lebensführung nahelegte.

120

Da der Kläger im Jahr 2007 nicht nur ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro, sondern zudem eine monatliche gesetzliche Rente iHv. 1.830,10 Euro sowie eine Sonderzahlung iHv. 3.273,63 Euro erhalten hat, belief sich sein durchschnittliches Monatseinkommen auf 5.376,53 Euro und sein Jahreseinkommen auf insgesamt 64.518,39 Euro. In den Monaten April bis Juni 2008 hat der Kläger neben seiner gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.839,90 Euro laufende Ruhegeldleistungen vom Beklagten iHv. 3.411,53 Euro bezogen und damit insgesamt monatliche Einkünfte iHv. 5.251,43 Euro erzielt. In den Monaten Juli bis Dezember 2008 hat der Beklagte an den Kläger monatliche Ruhegeldleistungen iHv. 3.393,66 Euro gezahlt. Zusammen mit der gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.860,21 Euro verfügte der Kläger in dieser Zeit mithin über monatliche Gesamteinkünfte iHv. 5.253,87 Euro. Zudem hat er vom Beklagten im November 2008 eine Sonderzuwendung iHv. 3.393,66 Euro erhalten. Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger diese Beträge einschließlich der Überzahlungen für seine laufende Lebensführung aufgebracht hat.

121

III. Der Beklagte hat die Ansprüche auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt.

122

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Es ist nicht Zweck der Verwirkung, Schuldner, die gegenüber Gläubigern ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf nicht zur Verwirkung eines Rechts führen. Zu dem Zeitmoment müssen vielmehr besondere Umstände sowohl des Verhaltens des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Dabei muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz (vgl. etwa BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 555/09 - Rn. 34 mwN; 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 53, BAGE 134, 111).

123

2. Vorliegend fehlt es jedenfalls am Umstandsmoment. Allein das längere Untätigbleiben des Beklagten hinsichtlich der Rückforderung der überzahlten Beträge für die Jahre 2007 und 2008 genügt zur Verwirkung nicht. Besondere Umstände, aufgrund derer der Kläger darauf vertrauen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, liegen nicht vor.

124

IV. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 BGB.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Busch    

        

    Becker    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. Juni 2010 - 8 Sa 451/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Tarifentgelterhöhungen.

2

Die Klägerin ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten als Altenpflegerin beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 4. März 2003 regelt ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Die Angestellte wird als Altenpflegerin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30,0 Stunden angestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich in Anlehnung nach den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich der Firma jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung, soweit in diesem Anstellungsvertrag in den §§ 3 und 4 nichts anderes geregelt ist.

        

§ 3

        

Die tarifliche Weihnachtszuwendung wird der Höhe nach auf 50 % der Bruttovergütung gem. § 4 dieses Anstellungsvertrages begrenzt.

        

Beihilfen und Unterstützungen gem. § 40 BAT werden nicht gewährt.

        

Die Angestellte erhält im Krankheitsfall eine Entgeltfortzahlung von sechs Wochen. Ein hierüber hinausgehender Krankengeldzuschuß wird nicht gewährt.

        

Arbeitsbefreiung gem. § 52 Abs. 1 - 4 BAT und § 616 BGB wird abbedungen. Die Urlaubsvergütung wird nach den gesetzlichen Bestimmungen gezahlt. Die Regelung des § 47 Abs. 2 BAT findet keine Anwendung.

        

Der Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit gem. § 53 BAT entfällt. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses richtet sich vielmehr nur nach den gesetzlichen Bestimmungen.

        

Die Dauer des Erholungsurlaubes beträgt 26 Arbeitstage pro Kalenderjahr bei einer Fünftage-Woche. Ein Zusatzurlaub gem. § 49 BAT wird nicht gewährt.

        

§ 4

        

Die Angestellte wird in die Vergütungsgruppe BAT KR IV Stufe 1 eingruppiert. Nach einer Bewährungszeit von zwei Jahren erfolgt eine Eingruppierung nach Stufe 2. Eine Weitergruppierung ist nur bis zur 5. Stufe nach Maßgabe der Bestimmungen des BAT möglich.

        

Die Gewährung eines Ortszuschlages nach § 29 BAT erfolgt nur nach Maßgabe der Stufe 1, unabhängig von Familienstand und Unterhaltsverpflichtungen.

        

Für Angestellte im Pflegedienst wird eine Geriatriezulage nach Anlage 1 b zum BAT, Protokollerklärung Nr. 1, nicht gewährt.

        

Die Mitarbeiterin wird bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nach Maßgabe der Satzung zusätzlich versichert. Sie ist verpflichtet, den auf sie entfallenden Beitrag zu zahlen.“

3

§ 1 des Zusatz-Arbeitsvertrags vom 22. Mai 2003 lautet:

        

„Frau P erhält mit Wirkung vom 01. März 2003 eine freiwillige Zulage in Höhe von 88,14 €.“

4

§ 1 des Zusatz-Arbeitsvertrags vom 28. Januar 2004 lautet:

        

„Mit Wirkung vom 01. März 2004 beträgt die durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von Frau P 20,8 Stunden. Die zusätzlichen Stunden sind befristet bis 01.03.2006. Die Erhöhung der vereinbarten Wochenarbeitszeit erfolgt ohne Lohnausgleich.

        

Der Arbeitgeber bietet im Gegenzug bei Unterzeichnung der zu ändernden Arbeitsverträge einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigung für den Zeitraum vom 01.03.2004 bis zum 01.03.2006.“

5

§ 1 des Zusatz-Arbeitsvertrags vom 12. Januar 2006 lautet:

        

„Ab dem 01. März 2006 beträgt die durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden statt bisher 38,5 Stunden, daraus ergibt sich für Frau P eine durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von 20,78 Stunden.

        

Die Erhöhung der vereinbarten Wochenarbeitszeit erfolgt ohne Lohnausgleich.

        

Gleichzeitig wird der bisher vertraglich vereinbarte Jahresurlaubsanspruch der Arbeitnehmerin auf Dauer um 2 Tage pro Kalenderjahr erhöht. Im Übrigen bleiben die Regelungen aus § 3 des Arbeitsvertrags unberührt.

        

Der Arbeitgeber bietet im Gegenzug bei Unterzeichnung der zu ändernden Arbeitsverträge einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigung für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis zum 29.02.2008.“

6

Nach I. 1. a) der Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und kommunalen Arbeitgebern Teil A Gemeinsame Regelungen für Bund und VKA vom 31. März 2008 wurden die Tabellenentgelte des TVöD (einschließlich der Beträge aus einer individuellen Zwischenstufe und aus einer individuellen Endstufe) ab 1. Januar 2008 um 50,00 Euro sowie anschließend um 3,1 % erhöht. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber standen, der Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands Niedersachsen war, und die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 fielen, betrug 2008 39 Stunden.

7

Die Beklagte zahlte an die Klägerin 2008 weiterhin eine Vergütung auf der Grundlage der VergGr. KR V Stufe 3 BAT nebst Ortszuschlag und allgemeiner Zulage nach dem 35. Vergütungstarifvertrag zum BAT, Stand 1. Mai 2004.

8

Mit der Klage hat die Klägerin Tarifentgelterhöhungen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 2008 geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag verweise dynamisch auf den TVöD und den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). Hiernach sei am 1. Oktober 2005 die VergGr. KR V BAT in die Entgeltgruppe KR 7a TVöD übergeleitet worden. Die anschließende Einstufung richte sich nach dem Vergleichsentgelt, woraus sich ab 1. Oktober 2005 die Zwischenstufe 3 - 4 und ab 1. Oktober 2007 die Entgeltstufe 4 ergebe. Dieses Entgelt sei ab 1. Januar 2008 entsprechend den tariflichen Bestimmungen zu erhöhen.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.488,30 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der TVöD sei auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. Die Ersetzungsklausel in § 2 des Vertrags finde keine Anwendung auf die Vergütungsregelung. Der Arbeitsvertrag enthalte eine eigenständige, vom BAT abweichende Vergütungsvereinbarung.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

13

I. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 4. März 2003 eine dynamische Vergütung vereinbart. Nach § 4 des Vertrags wurde die Klägerin in die VergGr. KR IV Stufe 1 BAT eingruppiert. Diese Vereinbarung enthält nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung knüpften die Parteien die Vergütung pauschal an die für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalteten sie dynamisch. Dass die Parteien in § 4 Abs. 1 des Vertrags zugleich einen vom Lebensalter der Klägerin unabhängigen Stufenaufstieg maximal bis zur fünften Stufe und in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags hinsichtlich des Ortszuschlags in Abweichung von § 29B Abs. 2 BAT unabhängig vom Familienstand und den Unterhaltspflichten eine Leistung nur nach Maßgabe der Stufe 1 vereinbart haben, steht der Annahme der Vereinbarung einer Dynamik nicht entgegen, sondern bestätigt diese, weil so das Maß der Dynamik begrenzt wurde.

14

II. Die Vergütung der Klägerin richtet sich seit dem 1. Oktober 2005 nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA.

15

1. Dies folgt aus der allgemeinen Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags. Werden in der vertraglichen Bezugnahmeklausel ausdrücklich auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge genannt, sind jedenfalls die im Wege der Tarifsukzession folgenden Tarifverträge erfasst (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286; 15. Juni 2011 - 4 AZR 563/09 - Rn. 38). Der BAT in der für die Kommunen und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den TVöD ersetzt (§ 2 TVÜ-VKA), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder).

16

2. Der „Ersetzung“ des BAT durch nachfolgende Tarifverträge steht im Streitfall nicht entgegen, dass sich das Arbeitsverhältnis nach § 2 des Arbeitsvertrags „in Anlehnung“ nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags(BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen richten sollte. Die vereinbarte „Anlehnung“ an die dort genannten Tarifverträge stellt keine Einschränkung dar, sondern ist dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist, welches sich in seiner Struktur an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (vgl. BAG 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 der Gründe, BAGE 103, 338; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 38, NZA 2011, 457; 23. März 2011 - 5 AZR 153/10 - Rn. 12).

17

3. Ebenso wenig steht der „Ersetzung“ des BAT durch nachfolgende Tarifverträge entgegen, dass nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags „die für den Bereich der Firma jeweils geltenden Tarifverträge“ nur insoweit Anwendung finden, wie in diesem Anstellungsvertrag in den §§ 3 und 4 „nichts anderes geregelt“ ist. Diese in § 2 Satz 2 enthaltene Einschränkung bezieht sich bereits dem Wortlaut nach nicht auf Satz 1. Doch selbst wenn zugunsten der Beklagten eine Erstreckung auf die Ersetzungsregel in § 2 Satz 1 anzunehmen wäre, enthielte die in § 4 des Vertrags niedergelegte dynamische Vergütungsklausel für den Fall einer Tarifsukzession gerade keine - von § 2 Satz 1 abweichende - Regelung, insbesondere schließt § 4 des Vertrags die Geltung eines nachfolgenden Tarifvertrags nicht aus.

18

4. Dass die Parteien in § 4 des Arbeitsvertrags eine Berücksichtigung der Lebensaltersstufen nur bis zur fünften Stufe nach Maßgabe der Bestimmungen des BAT und eine Beschränkung des Ortszuschlags vereinbarten, ist bei der Überleitung zu berücksichtigen.

19

5. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu der Feststellung gelangt, dass nach dem Arbeitsvertrag der TVöD-VKA und nicht der TV-L an die Stelle des BAT getreten ist. Hiergegen hat die Revision keine Rügen erhoben.

20

III. Die Besonderheiten des vertraglichen Regelungsplans führen jedoch nur zur eingeschränkten Anwendung des TVöD und des TVÜ-VKA.

21

1. Ohne Auswirkungen bleiben die vertraglichen Abweichungen noch hinsichtlich der Bestimmung der neuen Entgeltgruppe. Die Klägerin ist insoweit zutreffend von der neuen Entgeltgruppe KR 7a TVöD ausgegangen, denn sie wurde vor dem 1. Oktober 2005 von der VergGr. KR IV BAT in die VergGr. KR V BAT höhergruppiert.

22

2. Die vertraglichen Sonderregelungen wirken sich jedoch auf die Bestimmung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 aus, so dass der Senat nicht beurteilen kann, ob die Klägerin ihrer Klageforderung die zutreffende Entgeltstufe zugrunde gelegt hat. Die Bestimmung der Entgeltstufen richtet sich nach dem Vergleichsentgelt gemäß §§ 5, 6 Abs. 1 TVÜ-VKA. Die Parteien haben jedoch keine tarifliche Vergütung für eine Arbeitsleistung nach dem tariflich bestimmten Umfang der Arbeitszeit vereinbart. Nach § 1 der Zusatzvereinbarung vom 28. Januar 2004 sollte die Arbeitszeit der Klägerin vom 1. März 2004 bis zum 1. März 2006 20,8 Wochenstunden betragen. Diese Veränderung der Arbeitszeit sollte ohne Lohnausgleich erfolgen. Der Sache nach vereinbarten die Parteien damit eine Lohnsenkung, weil die Klägerin für das - anteilige - Tarifentgelt mehr Arbeitsstunden zu leisten hatte als bei Zugrundelegung der tariflichen Regelarbeitszeit. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob und wie die Parteien die vereinbarte Lohnsenkung und die Arbeitszeitregelung umgesetzt haben. Eine vertragliche Abweichung stünde aber einer Ermittlung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 nach den tariflichen Grundlagen entgegen (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 29, ZTR 2011, 150). Das Landesarbeitsgericht wird nach Ermittlung des am 1. Oktober 2005 geltenden Umfangs der Entgeltminderung und der individuellen Arbeitszeitregelung feststellen müssen, ob sich mit dem so bestimmten Vergleichsentgelt die beanspruchte Entgeltzwischenstufe 3 - 4 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA mit einem Aufstieg nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA in die nächsthöhere Entgeltstufe 4 am 1. Oktober 2007 begründen lässt.

23

3. Dieses noch zu beziffernde Entgelt erhöhte sich für Vollzeitbeschäftigte nach der Tarifeinigung vom 31. März 2008 ab 1. Januar 2008 um 50,00 Euro und um weitere 3,1 %. Jedoch legten die Parteien mit der Zusatzvereinbarung vom 12. Januar 2006 ab dem 1. März 2006 unbefristet eine durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden und eine individuelle Arbeitszeit der Klägerin von 20,78 Stunden fest. Galt diese Vereinbarung im Klagezeitraum fort, ist das monatliche Entgelt der Klägerin entsprechend dem Verhältnis von 20,78 zu 40 Wochenstunden zu berechnen (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 20, 29, ZTR 2011, 564 ).

24

4. Letztlich wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, ob die der Klägerin mit dem Zusatzarbeitsvertrag vom 22. Mai 2003 als „freiwillige Zulage“ versprochene und laut Verdienstabrechnung noch im Juni 2008 neben der BAT-Vergütung als „besondere Zulage“ gewährte Leistung als anrechnungsfester selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt wurde oder auf die Tariferhöhungen anzurechnen ist (vgl. BAG 27. August 2008 -  5 AZR 820/07  - BAGE 127, 319; 1. März 2006 -  5 AZR 540/05  - mwN, AP TVG § 4 Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung Nr. 40 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 47; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 15 ff., BAGE 118, 211).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Feldmeier    

        

    Christen    

        

        

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. März 2009 - 17 Sa 1093/08 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Der Tenor des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. März 2009 - 17 Sa 1093/08 - wird aus Gründen der Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 592,96 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 16. Mai 2008 - 1 Ca 2741/07 - zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Einmalzahlungen.

2

Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, beschäftigt.

3

Der von der Beklagten vorformulierte Arbeitsvertrag regelt ua.:

        

㤠2

        

Herr D erhält eine monatliche Vergütung in Anlehnung an die Vergütungsgruppe IVb des Bundesangestelltentarifvertrages für den Bereich des Bundes/Tarifgemeinschaft der Länder (BAT) auf der Basis der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 15 BAT.

        

Die Dauer des Erholungsurlaubs bemißt sich ebenfalls in Anlehnung an § 48 BAT mit der Maßgabe, daß der Urlaub in den schulungsfreien Zeiten des Jahres geschlossen zu nehmen ist.

        

Im übrigen findet der BAT auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

        

…       

        

§ 4

        

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden.“

4

Die Beklagte erhöhte die Vergütung des Klägers stets entsprechend der im Bereich des BAT Bund/Länder geltenden tarifrechtlichen Regelungen. Am 7. Juli 2005 teilte sie ihren Beschäftigten zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst mit, dass die Gehälter nach dem bisherigen BAT weitergezahlt würden.

5

Am 1. November 2006 trat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Kraft. § 2 des Tarifvertrags über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 vom 8. Juni 2006 (TV EZ-L) sah für Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BAT bzw. ab dem 1. November 2006 des TV-L drei Einmalzahlungen vor. Danach erhielten Beschäftigte in der VergGr. IVb der Anlage 1a zum BAT mit den Bezügen für Juli 2006 100,00 Euro, Beschäftigte in den Entgeltgruppen 9 bis 12 für Januar 2007 210,00 Euro und für September 2007 weitere 300,00 Euro.

6

Mit der Klage hat der Kläger die Leistungen aus dem TV EZ-L für die Jahre 2006 und 2007 geltend gemacht. Der Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Verweisung auf die Tarifverträge der Länder.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 610,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Arbeitsvertrag verweise allein auf den BAT, der fortgelte. Der TV EZ-L gelte nicht wegen ergänzender Vertragsauslegung, denn der Arbeitsvertrag lasse nicht erkennen, ob die Tarifverträge des Bundes oder der Länder Anwendung fänden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet.

11

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die geltend gemachten Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 nach dem TV EZ-L bejaht. Das ergibt eine ergänzende Auslegung von § 2 des Arbeitsvertrags. Der Anspruch besteht allerdings nicht in der geltend gemachten Höhe. Außerdem hat der Kläger Anspruch auf Prozesszinsen erst ab dem 4. Dezember 2007.

12

1. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags erfolgt die Vergütung „in Anlehnung an die Vergütungsgruppe IVb des Bundesangestelltentarifvertrages für den Bereich des Bundes/Tarifgemeinschaft der Länder(BAT) auf der Basis der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 15 BAT“. Diese Vereinbarung enthält nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme.

13

2. In § 2 des Arbeitsvertrags knüpfen die Parteien die Vergütung pauschal und ohne Nennung fester Beträge an die für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Damit haben die Parteien einen einzelvertraglichen Entgeltanspruch nach dieser Vergütungsgruppe begründet. Die Formulierung „in Anlehnung an“ stellt keine Einschränkung dar, sondern ist als Hinweis der Beklagten auf ein von ihr praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen. Danach hat der Angestellte Anspruch auf Vergütung nach der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe, und zwar dynamisch. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweite normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 10. November 2010 -  5 AZR 633/09  - Rn. 13, ZTR 2011,150). Die Parteien haben den Begriff der Vergütung im Übrigen nicht selbst definiert oder näher konkretisiert. Damit sind alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers erfasst, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 41, aaO; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 14, aaO).

14

3. Allerdings trägt der Wortlaut der Bezugnahmeklausel keine Erstreckung auf den TV-L und TV EZ-L. Beide Tarifverträge werden nicht von der vertraglichen Verweisung auf den BAT erfasst, denn § 2 des Arbeitsvertrags ist zeit- und nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet(vgl. BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38).

15

4. Dass sich die Vergütung des Klägers nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.

16

a) Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden. Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich des Bundes zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) ersetzt (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 [TVÜ-Bund]), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder). Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich um eine Tarifsukzession: Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk. Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den BAT im Arbeitsvertrag zur statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 17, ZTR 2011, 150).

17

b) Die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

18

aa) Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 19, ZTR 2011, 150).

19

bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk ergibt sich zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 23, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 32, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 20, ZTR 2011, 150).

20

cc) Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten. Dabei ist es entgegen der Auffassung der Beklagten unerheblich, ob der BAT insgesamt arbeitsvertraglich in Bezug genommen worden ist oder ob sich die Inbezugnahme auf die Vergütung beschränkt. Einer ergänzenden Auslegung der Vergütungsvereinbarung steht auch nicht entgegen, dass die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrags die Vergütung „auf der Basis der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 15 BAT“ bestimmten und zugleich in § 4 des Vertrags einzelvertraglich eine Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden festgelegt haben. Der einzelvertraglich festgelegte Umfang der Arbeitszeit in Abweichung zu der tariflichen Arbeitszeit ist ein Teil des Regelungsplans der Parteien, der nur bei der Höhe des Anspruchs zu berücksichtigen ist.

21

c) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Ländern ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers nach § 2 des Arbeitsvertrags maßgebend sein soll. Es ist zu fragen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten.

22

aa) Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel. Lässt sich aus dieser nicht zweifelsfrei feststellen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke nunmehr Anwendung finden soll, ist dieses nach Sinn und Zweck einer Vereinbarung unternehmensfremder tariflicher Regelungen zu ermitteln. Der Zweck dynamischer Inbezugnahmen von Vergütungsregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, eine am öffentlichen Dienst orientierte Vergütungsstruktur zu schaffen, um eine Gleichstellung der Angestellten des Arbeitgebers mit Angestellten des öffentlichen Dienstes zu erreichen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Vergütungssystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 26, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 39, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 30, ZTR 2011, 152).

23

bb) Die ergänzende Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der TV EZ-L auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

24

Nach § 87 Handwerksordnung hat die Kreishandwerkerschaft die Aufgabe, die Gesamtinteressen des selbständigen Handwerks sowie die gemeinsamen Interessen der Handwerksinnungen ihres Bezirks wahrzunehmen. Diese Aufgaben schließen es zunächst aus, den TVöD als Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer des Bundes heranzuziehen. Im Übrigen haben sich die Vertragsparteien mit der Verweisungsklausel, wonach der Kläger eine Vergütung in Anlehnung an die VergGr. IVb BAT für den Bereich des Bundes/Tarifgemeinschaft der Länder bezieht, ausdrücklich nicht an kommunalen, sondern an den für die Länder geltenden Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes orientiert (vgl. auch BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 27, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79).

25

5. Der Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen ergibt sich aus § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. a TV EZ-L.

26

a) Die Einmalzahlungen sind Vergütung iSd. des Arbeitsvertrags. Die zeitdynamische Verweisung umfasst auch tarifliche „Einmalzahlungen“, die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Bei den Einmalzahlungen handelt es sich um pauschalierte Vergütungserhöhungen, die die in den Jahren 2006 und 2007 ausgebliebene Erhöhung der Vergütungs- bzw. Entgelttabellen kompensieren sollten und die keine von einem unmittelbaren Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung sind (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 32, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

27

b) Dem Kläger steht die im Juli 2006 fällig gewordene Einmalzahlung iHv. 100,00 Euro in voller Höhe zu. Der TV EZ-L ist, soweit er in § 2 Abs. 1 Buchst. a eine im Juli 2006 fällige Einmalzahlung vorsieht, ein Vergütungstarifvertrag zum BAT und von der Bezugnahmeklausel erfasst, ohne dass es einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf. § 2 Abs. 1 Buchst. a TV EZ-L bezieht sich auf die Vergütung, die hinsichtlich der dort genannten ersten Einmalzahlung noch auf der Grundlage des BAT und auf der Basis der nach dem BAT geltenden Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden zu zahlen war (vgl. BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 57 ff., AP BGB § 157 Nr. 38).

28

c) Der Kläger hat Anspruch auf die weiteren Einmalzahlungen für 2006 und 2007, allerdings nicht in der geltend gemachten Höhe. Die Teilbeträge von 210,00 Euro für 2006 und 300,00 Euro für 2007 sind im Verhältnis des Umfangs der einzelvertraglich festgelegten Wochenarbeitszeit des Klägers von 38,5 Stunden zu der regelmäßigen Arbeitszeit nach dem TV-L zu kürzen.

29

Die VergGr. IVb BAT, nach der der Kläger vergütet wurde, entspricht der Entgeltgruppe 9 des TV-L (vgl. TVÜ-Länder Anlage 2). Nach dem TV EZ-L bestand am 31. Januar 2007 für Arbeitnehmer der Entgeltgruppe 9 mit der tariflichen Vollarbeitszeit ein Anspruch auf Zahlung von 210,00 Euro und am 30. September 2007 ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 300,00 Euro. Der Kläger kann die Einmalzahlung nicht in voller Höhe verlangen, denn er leistete nicht die im Bereich des TV-L für das Land Nordrhein-Westfalen geschuldete tarifliche Arbeitszeit von 39 Stunden 50 Minuten (§ 6 Abs. 1a TV-L). Angesichts der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden hat der Kläger deshalb nur Anspruch auf 96,66 % von 510,00 Euro, somit auf 492,96 Euro brutto.

30

6. Die Ansprüche des Klägers sind nicht verfallen. Aufgrund der vertraglich eingeschränkten Bezugnahme sind tarifliche Ausschlussfristen nicht anwendbar. Die vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist hält einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Sie entfällt ersatzlos (vgl. BAG 28. November 2007 - 5 AZR 992/06  - Rn. 25, AP BGB § 307 Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 30).

31

II. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet, allerdings erst ab dem 4. Dezember 2007 (vgl. BAG 19. Dezember 2007 - 5 AZR 1008/06 - Rn. 35, EzA BGB 2002 § 306 Nr. 3).

32

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO(vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 26 ).

        

Müller-Glöge

        

Laux   

        

Biebl 

        
                 

Heyn   

        

Mandrossa

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 30. Juli 2009 - 11 Sa 87/08 - aufgehoben, soweit es über den Antrag zu 2. entschieden hat.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 21. Oktober 2008 - 3 Ca 291/08 - teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 2. abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat von den erst- und zweitinstanzlichen Kosten 80 % und von den Kosten des Revisionsverfahrens 86 % zu tragen. Die übrigen Kosten hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger ist beim beklagten Verein als Hausmeister auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 14. August 1980 tätig. Unter der Überschrift „Vergütung“ regelten die Parteien in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags:

        

„Herr L erhält für ihre/seine Tätigkeit eine Vergütung in Anlehnung an den BAT (Bund/Länder) nach Vergütungsgruppe VII.

        

...“   

3

Bis 2003 zahlte der Beklagte die Vergütung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (im Folgenden: BAT) und den jeweiligen Vergütungstarifverträgen. Der Kläger wurde in die VergGr. VIb BAT höhergruppiert. Nach dem Jahr 2003 erfolgten die Leistungen nicht mehr in vollem Umfang. Im April 2004 verzichtete der Kläger auf die tarifliche Erhöhung des Gehalts um ein Prozent ab dem 1. Januar 2004 gemäß dem 35. Vergütungstarifvertrag für den Bereich des Bundes und der Länder.

4

Am 1. November 2006 traten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) in Kraft. Der Beklagte bot daraufhin allen Mitarbeitern einen neuen Arbeitsvertrag an. Der Kläger nahm das Angebot nicht an.

5

Mit der Zahlungsklage hat er unter anderem tarifliche Einmalzahlungen für 2007,  Ansprüche auf Differenzvergütung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. August 2008 und (restliche) Jahressonderzahlungen für 2006 und 2007 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag enthalte hinsichtlich der Vergütung eine dynamische Inbezugnahme der jeweils gültigen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes der Länder.

6

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, folgende Anträge gestellt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.778,05 Euro brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass er Anspruch auf laufende monatliche Vergütung entsprechend dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts und dem Vergütungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in jeweils aktueller Fassung hat.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, es sei weiterhin der BAT anzuwenden.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren im Wesentlichen weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten ist nur zum Teil erfolgreich.

10

A. Die Revision ist unbegründet, soweit die Vorinstanzen dem Zahlungsantrag des Klägers stattgegeben haben.

11

I. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen für das Jahr 2007. Das ergibt eine ergänzende Auslegung von Ziffer 5 des Arbeitsvertrags.

12

1. Gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags erfolgt die Vergütung „in Anlehnung an den BAT (Bund/Länder) nach Vergütungsgruppe VII“. Diese Vereinbarung enthält nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme.

13

2. In Ziffer 5 knüpfen die Parteien die Vergütung pauschal und ohne Nennung fester Beträge an die für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Damit haben die Parteien einen einzelvertraglichen Entgeltanspruch nach dieser Vergütungsgruppe begründet. Die Formulierung „in Anlehnung an“ stellt keine Einschränkung dar, sondern ist als Hinweis des Beklagten auf ein von ihm praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen. Danach hat der Angestellte Anspruch auf Vergütung nach der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe, und zwar dynamisch. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweite normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - BAGE 116, 185; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338).

14

Die Parteien haben den Begriff der Vergütung in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags im Übrigen nicht selbst definiert oder näher konkretisiert. Zutreffend hat ihn das Berufungsgericht dahingehend auslegt, dass er alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers erfasst, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 41, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

15

3. Allerdings trägt der Wortlaut der Bezugnahmeklausel eine Erstreckung auf den TV-L und den Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 (TV EZ-L) vom 8. Juni 2006 nicht. Beide Tarifverträge werden nicht von der vertraglichen Verweisung auf den BAT erfasst, denn Ziffer 5 des Arbeitsvertrags ist zeit- und nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet. Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war, nicht in den Arbeitsvertrag der Parteien aufgenommen (vgl. dazu BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38).

16

4. Dass sich die Vergütung des Klägers nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.

17

a) Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden. Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich des Bundes zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) ersetzt (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 [TVÜ-Bund]), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder). Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich um eine Tarifsukzession: Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk. Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den BAT im Arbeitsvertrag zur statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

18

b) Die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

19

aa) Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - mwN, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

20

bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk ergibt sich zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - NZA 2010, 1183; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

21

cc) Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.

22

dd) Der von dem Beklagten erhobene Einwand der Verletzung seiner negativen Koalitionsfreiheit geht fehl. Die Auslegung und die Wirksamkeit einer individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht berührt die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, nicht. Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Bei der (ergänzenden) Vertragsauslegung spielt weder die Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei eine Rolle (vgl. auch BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47, 48, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47).

23

c) Die Annahme des Berufungsgerichts, gerade der TV-L und nicht der TVöD sei an die Stelle des BAT getreten, ist in der Revision nicht angegriffen worden.

24

5. Der Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen ergibt sich aus Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. a TV EZ-L.

25

a) Die Einmalzahlungen sind Vergütung iSd. Ziffer 5 des Arbeitsvertrags. Die zeitdynamische Verweisung umfasst auch tarifliche „Einmalzahlungen“, die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Bei den Einmalzahlungen handelt es sich um pauschalierte Vergütungserhöhungen, die die in den Jahren 2006 und 2007 ausgebliebene Erhöhung der Vergütungs- bzw. Entgelttabellen kompensieren sollten und die - wie § 2 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TV EZ-L zeigt - keine von einem unmittelbaren Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung sind(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 32, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

26

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllt der Kläger die tariflichen Voraussetzungen für die Einmalzahlung. Die VergGr. VIb BAT, nach der der Kläger vergütet wurde, entspricht der Entgeltgruppe 6 des TV-L (vgl. TVÜ-Länder Anlage 2). Nach dem TV EZ-L bestand am 31. Januar 2007 für Vollzeitbeschäftigte der Entgeltgruppe 6 ein Anspruch auf Zahlung von 310,00 Euro und am 30. September 2007 ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 450,00 Euro. Hiervon sind die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen.

27

II. Der Kläger hat gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 6 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Entgelterhöhung für die Monate Januar bis August 2008 um 2,9 Prozent nach dem TVÜ-Länder für 2007. Insoweit gelten die Ausführungen zu A I 5 der Entscheidungsgründe entsprechend.

28

III. Der Kläger hat gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 20 Abs. 1 und Abs. 3 TV-L für die Jahre 2006 und 2007 Anspruch auf Leistung einer Jahressonderzahlung in der von den Vorinstanzen errechneten Höhe. Bei der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L handelt es sich um eine finanzielle Leistung des Arbeitgebers, die als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorgesehen ist und mangels anderweitiger vertraglicher Regelung von der Bezugnahmeklausel in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags erfasst wird. Sie tritt an die Stelle der von dem Beklagten vor der Tarifsukzession in Vollzug der vertraglichen Regelung gezahlten Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973.

29

B. Die Revision des Beklagten ist begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, er habe Anspruch auf laufende monatliche Vergütung entsprechend dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts und dem Vergütungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in jeweils aktueller Fassung. Die Vergütung des Klägers richtet sich zwar nicht mehr nach dem BAT. Sie lässt sich jedoch auch nicht aus den Tabellenwerten der jeweiligen Vergütungstarifverträge zum TV-L ablesen. Der Kläger hat 2004 auf die Erhöhung des Gehalts entsprechend dem 35. Vergütungstarifvertrag für den Bereich des Bundes und der Länder vom 31. Januar 2003 um ein Prozent ab dem 1. Januar 2004 verzichtet. Die Parteien haben damit eine individuelle Vergütungsvereinbarung getroffen, die für eine weitere Dynamisierung der Vergütung als Basis zugrunde gelegt werden muss. Hiervon sind die Vorinstanzen bei der Ermittlung des individuellen Vergleichsentgelts gemäß § 6 Abs. 1 TVÜ-Länder im Rahmen der Zahlungsklage auch zutreffend ausgegangen.

30

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    W. Hinrichs    

        

    Heyn    

        

        

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. Juni 2010 - 8 Sa 451/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Tarifentgelterhöhungen.

2

Die Klägerin ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten als Altenpflegerin beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 4. März 2003 regelt ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Die Angestellte wird als Altenpflegerin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30,0 Stunden angestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich in Anlehnung nach den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich der Firma jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung, soweit in diesem Anstellungsvertrag in den §§ 3 und 4 nichts anderes geregelt ist.

        

§ 3

        

Die tarifliche Weihnachtszuwendung wird der Höhe nach auf 50 % der Bruttovergütung gem. § 4 dieses Anstellungsvertrages begrenzt.

        

Beihilfen und Unterstützungen gem. § 40 BAT werden nicht gewährt.

        

Die Angestellte erhält im Krankheitsfall eine Entgeltfortzahlung von sechs Wochen. Ein hierüber hinausgehender Krankengeldzuschuß wird nicht gewährt.

        

Arbeitsbefreiung gem. § 52 Abs. 1 - 4 BAT und § 616 BGB wird abbedungen. Die Urlaubsvergütung wird nach den gesetzlichen Bestimmungen gezahlt. Die Regelung des § 47 Abs. 2 BAT findet keine Anwendung.

        

Der Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit gem. § 53 BAT entfällt. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses richtet sich vielmehr nur nach den gesetzlichen Bestimmungen.

        

Die Dauer des Erholungsurlaubes beträgt 26 Arbeitstage pro Kalenderjahr bei einer Fünftage-Woche. Ein Zusatzurlaub gem. § 49 BAT wird nicht gewährt.

        

§ 4

        

Die Angestellte wird in die Vergütungsgruppe BAT KR IV Stufe 1 eingruppiert. Nach einer Bewährungszeit von zwei Jahren erfolgt eine Eingruppierung nach Stufe 2. Eine Weitergruppierung ist nur bis zur 5. Stufe nach Maßgabe der Bestimmungen des BAT möglich.

        

Die Gewährung eines Ortszuschlages nach § 29 BAT erfolgt nur nach Maßgabe der Stufe 1, unabhängig von Familienstand und Unterhaltsverpflichtungen.

        

Für Angestellte im Pflegedienst wird eine Geriatriezulage nach Anlage 1 b zum BAT, Protokollerklärung Nr. 1, nicht gewährt.

        

Die Mitarbeiterin wird bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nach Maßgabe der Satzung zusätzlich versichert. Sie ist verpflichtet, den auf sie entfallenden Beitrag zu zahlen.“

3

§ 1 des Zusatz-Arbeitsvertrags vom 22. Mai 2003 lautet:

        

„Frau P erhält mit Wirkung vom 01. März 2003 eine freiwillige Zulage in Höhe von 88,14 €.“

4

§ 1 des Zusatz-Arbeitsvertrags vom 28. Januar 2004 lautet:

        

„Mit Wirkung vom 01. März 2004 beträgt die durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von Frau P 20,8 Stunden. Die zusätzlichen Stunden sind befristet bis 01.03.2006. Die Erhöhung der vereinbarten Wochenarbeitszeit erfolgt ohne Lohnausgleich.

        

Der Arbeitgeber bietet im Gegenzug bei Unterzeichnung der zu ändernden Arbeitsverträge einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigung für den Zeitraum vom 01.03.2004 bis zum 01.03.2006.“

5

§ 1 des Zusatz-Arbeitsvertrags vom 12. Januar 2006 lautet:

        

„Ab dem 01. März 2006 beträgt die durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden statt bisher 38,5 Stunden, daraus ergibt sich für Frau P eine durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von 20,78 Stunden.

        

Die Erhöhung der vereinbarten Wochenarbeitszeit erfolgt ohne Lohnausgleich.

        

Gleichzeitig wird der bisher vertraglich vereinbarte Jahresurlaubsanspruch der Arbeitnehmerin auf Dauer um 2 Tage pro Kalenderjahr erhöht. Im Übrigen bleiben die Regelungen aus § 3 des Arbeitsvertrags unberührt.

        

Der Arbeitgeber bietet im Gegenzug bei Unterzeichnung der zu ändernden Arbeitsverträge einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigung für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis zum 29.02.2008.“

6

Nach I. 1. a) der Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und kommunalen Arbeitgebern Teil A Gemeinsame Regelungen für Bund und VKA vom 31. März 2008 wurden die Tabellenentgelte des TVöD (einschließlich der Beträge aus einer individuellen Zwischenstufe und aus einer individuellen Endstufe) ab 1. Januar 2008 um 50,00 Euro sowie anschließend um 3,1 % erhöht. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber standen, der Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands Niedersachsen war, und die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 fielen, betrug 2008 39 Stunden.

7

Die Beklagte zahlte an die Klägerin 2008 weiterhin eine Vergütung auf der Grundlage der VergGr. KR V Stufe 3 BAT nebst Ortszuschlag und allgemeiner Zulage nach dem 35. Vergütungstarifvertrag zum BAT, Stand 1. Mai 2004.

8

Mit der Klage hat die Klägerin Tarifentgelterhöhungen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 2008 geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag verweise dynamisch auf den TVöD und den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). Hiernach sei am 1. Oktober 2005 die VergGr. KR V BAT in die Entgeltgruppe KR 7a TVöD übergeleitet worden. Die anschließende Einstufung richte sich nach dem Vergleichsentgelt, woraus sich ab 1. Oktober 2005 die Zwischenstufe 3 - 4 und ab 1. Oktober 2007 die Entgeltstufe 4 ergebe. Dieses Entgelt sei ab 1. Januar 2008 entsprechend den tariflichen Bestimmungen zu erhöhen.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.488,30 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der TVöD sei auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. Die Ersetzungsklausel in § 2 des Vertrags finde keine Anwendung auf die Vergütungsregelung. Der Arbeitsvertrag enthalte eine eigenständige, vom BAT abweichende Vergütungsvereinbarung.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

13

I. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 4. März 2003 eine dynamische Vergütung vereinbart. Nach § 4 des Vertrags wurde die Klägerin in die VergGr. KR IV Stufe 1 BAT eingruppiert. Diese Vereinbarung enthält nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung knüpften die Parteien die Vergütung pauschal an die für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalteten sie dynamisch. Dass die Parteien in § 4 Abs. 1 des Vertrags zugleich einen vom Lebensalter der Klägerin unabhängigen Stufenaufstieg maximal bis zur fünften Stufe und in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags hinsichtlich des Ortszuschlags in Abweichung von § 29B Abs. 2 BAT unabhängig vom Familienstand und den Unterhaltspflichten eine Leistung nur nach Maßgabe der Stufe 1 vereinbart haben, steht der Annahme der Vereinbarung einer Dynamik nicht entgegen, sondern bestätigt diese, weil so das Maß der Dynamik begrenzt wurde.

14

II. Die Vergütung der Klägerin richtet sich seit dem 1. Oktober 2005 nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA.

15

1. Dies folgt aus der allgemeinen Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags. Werden in der vertraglichen Bezugnahmeklausel ausdrücklich auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge genannt, sind jedenfalls die im Wege der Tarifsukzession folgenden Tarifverträge erfasst (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286; 15. Juni 2011 - 4 AZR 563/09 - Rn. 38). Der BAT in der für die Kommunen und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den TVöD ersetzt (§ 2 TVÜ-VKA), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder).

16

2. Der „Ersetzung“ des BAT durch nachfolgende Tarifverträge steht im Streitfall nicht entgegen, dass sich das Arbeitsverhältnis nach § 2 des Arbeitsvertrags „in Anlehnung“ nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags(BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen richten sollte. Die vereinbarte „Anlehnung“ an die dort genannten Tarifverträge stellt keine Einschränkung dar, sondern ist dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist, welches sich in seiner Struktur an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (vgl. BAG 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 der Gründe, BAGE 103, 338; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 38, NZA 2011, 457; 23. März 2011 - 5 AZR 153/10 - Rn. 12).

17

3. Ebenso wenig steht der „Ersetzung“ des BAT durch nachfolgende Tarifverträge entgegen, dass nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags „die für den Bereich der Firma jeweils geltenden Tarifverträge“ nur insoweit Anwendung finden, wie in diesem Anstellungsvertrag in den §§ 3 und 4 „nichts anderes geregelt“ ist. Diese in § 2 Satz 2 enthaltene Einschränkung bezieht sich bereits dem Wortlaut nach nicht auf Satz 1. Doch selbst wenn zugunsten der Beklagten eine Erstreckung auf die Ersetzungsregel in § 2 Satz 1 anzunehmen wäre, enthielte die in § 4 des Vertrags niedergelegte dynamische Vergütungsklausel für den Fall einer Tarifsukzession gerade keine - von § 2 Satz 1 abweichende - Regelung, insbesondere schließt § 4 des Vertrags die Geltung eines nachfolgenden Tarifvertrags nicht aus.

18

4. Dass die Parteien in § 4 des Arbeitsvertrags eine Berücksichtigung der Lebensaltersstufen nur bis zur fünften Stufe nach Maßgabe der Bestimmungen des BAT und eine Beschränkung des Ortszuschlags vereinbarten, ist bei der Überleitung zu berücksichtigen.

19

5. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu der Feststellung gelangt, dass nach dem Arbeitsvertrag der TVöD-VKA und nicht der TV-L an die Stelle des BAT getreten ist. Hiergegen hat die Revision keine Rügen erhoben.

20

III. Die Besonderheiten des vertraglichen Regelungsplans führen jedoch nur zur eingeschränkten Anwendung des TVöD und des TVÜ-VKA.

21

1. Ohne Auswirkungen bleiben die vertraglichen Abweichungen noch hinsichtlich der Bestimmung der neuen Entgeltgruppe. Die Klägerin ist insoweit zutreffend von der neuen Entgeltgruppe KR 7a TVöD ausgegangen, denn sie wurde vor dem 1. Oktober 2005 von der VergGr. KR IV BAT in die VergGr. KR V BAT höhergruppiert.

22

2. Die vertraglichen Sonderregelungen wirken sich jedoch auf die Bestimmung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 aus, so dass der Senat nicht beurteilen kann, ob die Klägerin ihrer Klageforderung die zutreffende Entgeltstufe zugrunde gelegt hat. Die Bestimmung der Entgeltstufen richtet sich nach dem Vergleichsentgelt gemäß §§ 5, 6 Abs. 1 TVÜ-VKA. Die Parteien haben jedoch keine tarifliche Vergütung für eine Arbeitsleistung nach dem tariflich bestimmten Umfang der Arbeitszeit vereinbart. Nach § 1 der Zusatzvereinbarung vom 28. Januar 2004 sollte die Arbeitszeit der Klägerin vom 1. März 2004 bis zum 1. März 2006 20,8 Wochenstunden betragen. Diese Veränderung der Arbeitszeit sollte ohne Lohnausgleich erfolgen. Der Sache nach vereinbarten die Parteien damit eine Lohnsenkung, weil die Klägerin für das - anteilige - Tarifentgelt mehr Arbeitsstunden zu leisten hatte als bei Zugrundelegung der tariflichen Regelarbeitszeit. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob und wie die Parteien die vereinbarte Lohnsenkung und die Arbeitszeitregelung umgesetzt haben. Eine vertragliche Abweichung stünde aber einer Ermittlung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 nach den tariflichen Grundlagen entgegen (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 29, ZTR 2011, 150). Das Landesarbeitsgericht wird nach Ermittlung des am 1. Oktober 2005 geltenden Umfangs der Entgeltminderung und der individuellen Arbeitszeitregelung feststellen müssen, ob sich mit dem so bestimmten Vergleichsentgelt die beanspruchte Entgeltzwischenstufe 3 - 4 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA mit einem Aufstieg nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA in die nächsthöhere Entgeltstufe 4 am 1. Oktober 2007 begründen lässt.

23

3. Dieses noch zu beziffernde Entgelt erhöhte sich für Vollzeitbeschäftigte nach der Tarifeinigung vom 31. März 2008 ab 1. Januar 2008 um 50,00 Euro und um weitere 3,1 %. Jedoch legten die Parteien mit der Zusatzvereinbarung vom 12. Januar 2006 ab dem 1. März 2006 unbefristet eine durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden und eine individuelle Arbeitszeit der Klägerin von 20,78 Stunden fest. Galt diese Vereinbarung im Klagezeitraum fort, ist das monatliche Entgelt der Klägerin entsprechend dem Verhältnis von 20,78 zu 40 Wochenstunden zu berechnen (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 20, 29, ZTR 2011, 564 ).

24

4. Letztlich wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, ob die der Klägerin mit dem Zusatzarbeitsvertrag vom 22. Mai 2003 als „freiwillige Zulage“ versprochene und laut Verdienstabrechnung noch im Juni 2008 neben der BAT-Vergütung als „besondere Zulage“ gewährte Leistung als anrechnungsfester selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt wurde oder auf die Tariferhöhungen anzurechnen ist (vgl. BAG 27. August 2008 -  5 AZR 820/07  - BAGE 127, 319; 1. März 2006 -  5 AZR 540/05  - mwN, AP TVG § 4 Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung Nr. 40 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 47; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 15 ff., BAGE 118, 211).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Feldmeier    

        

    Christen    

        

        

Tenor

Auf die Revision des Klägers sowie auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revisionen im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. April 2011 - 6 Sa 1683/10 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen - das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Juni 2010 - 5 Ca 19696/09, WK 5 Ca 1861/10 - teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.652,98 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 198,39 Euro seit dem 31. Dezember 2008 und aus weiteren 4.454,59 Euro seit dem 31. Dezember 2009 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte auch über den 31. Dezember 2009 hinaus verpflichtet ist, an den Kläger jährlich im November eine Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November zu zahlen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 1.333,90 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2010 zu zahlen.

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben der Kläger 70 % und der Beklagte 30 % zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens haben der Kläger 45 % und der Beklagte 55 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger in den Jahren 2006 bis 2009 zustehenden laufenden monatlichen Ruhegeldleistungen sowie darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf ein zusätzliches monatliches Ruhegeld als jährliche Sonderzuwendung hat.

2

Der am 16. Oktober 1930 geborene Kläger war bei dem Beklagten in der Zeit vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Oktober 1993 als AT-Angestellter beschäftigt. Im „Anstellungsvertrag“ vom 1. Oktober 1966 heißt es:

„…

6. Nach Ablauf der Probezeit erwerben Sie den Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte. Hierüber erhalten Sie zu gegebener Zeit ein besonderes Schreiben.

…“

3

Mit Schreiben vom 3. September 1980 teilte der Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Altersversorgung“ mit:

        

„Sehr geehrter Herr H,

        

nach Anstellung bei der VdTÜV haben Sie die Mitteilung erhalten, daß Sie Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte haben. Um eine Deckung hinsichtlich der späteren Versorgungsbezüge zu erreichen, führen wir Sie bei der Alters- und Hinterbliebenen-Versorgungsstelle der TÜV (AHV) als Versorgungsanwärter. Zur Klarstellung künftiger Versorgungsansprüche teilen wir Ihnen mit, daß die Grundlage bei Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe (B.Bes.O.) ist, nach der sich Ihr Gehalt anlehnt und zum Zeitpunkt des Leistungsfalles bemißt. Mit Ende der Wartezeit am 01.10.1976 ist ein Anspruch von 35 % erreicht. Ohne Ansatz bei der Berechnung der späteren Versorgungsbezüge bleiben eventuell gezahlte Zulagen.

                 
        

Die zugesagten Versorgungsleistungen umfassen:

                 

1.    

ein Ruhegehalt nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei nachgewiesener dauernder Berufsunfähigkeit,

                 

2.    

Witwengeld (60 % des Ruhegehalts)

                          

Geschiedene Ehefrauen erhalten keine Witwenbezüge,

                 

3.    

Waisengeld

                          

im Rahmen der jeweiligen Bundesbeamtenregelung.

                 
        

Andere als die hier zugesagten laufenden Versorgungsleistungen werden nicht gewährt. Auch bezieht die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung sich nicht auf gesetzliche Anrechnungszeiten oder irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren oder Ansprüche, die nicht ausdrücklich zur Grundlage dieser Zusage gemacht worden sind.

        

Der Rentenanspruch wird auch ausgelöst, wenn ein männlicher Versorgungsberechtigter eine Altersrente bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres beantragt, sofern er Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei befreienden Lebensversicherungen wird sinngemäß verfahren. Die vorgezogene Altersrente wird in Höhe der erreichten Altersrente errechnet und wegen der längeren Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Beginns um 0,5 % ihres Betrages gekürzt. Fällt das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung wieder weg, so wird auch die Zahlung der vorgezogenen betrieblichen Altersrente eingestellt.

                 
        

Auf das betriebliche Ruhegeld werden angerechnet:

        

a)    

Renten aus der Angestellten- und Arbeiterrentenversicherung, gleichgültig, ob aus einer Pflicht- oder freiwilligen Versicherung, soweit sie entstanden sind aus

                 

1)    

Beitragsleistungen früherer Arbeitgeber (Arbeitgeberanteile)

                 

2)    

der Hälfte der Ausfall-, Ersatz- und Zurechnungszeiten

                 

3)    

Beitragsleistungen der VdTÜV.

                          
                 

Grundlage für die Ermittlung des auf das betriebliche Ruhegehalt anzurechnenden Rentenanteils ist der amtliche Rentenbescheid. Daraus werden die Werteinheiten aus den Beiträgen der Zeiten nach 1) bis 3) ermittelt und zur Summe aller Werteinheiten aus der gesamten Versicherungszeit in Beziehung gesetzt. Nach diesem Verhältnis wird die Gesamtrente aufgeteilt.

                 

VdTÜV-Angehörigen, deren betriebliches Ruhegehalt wegen fehlender Versorgungsdienstjahre nicht den Höchstsatz von 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge erreicht, wird ein Ausgleich in der Form gewährt, daß der Betrag von der Anrechnung gemäß 1) bis 2) ausgenommen bleibt, der zur Erreichung des Höchstsatzes von 75 % erforderlich ist, jedoch nicht mehr als 5 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge.

        

b)    

Befreiungsversicherungen, und zwar in der Weise, daß unabhängig davon, welche Leistungen aus ihnen tatsächlich fällig werden, für die Anrechnung auf das betriebliche Ruhegehalt gemäß den Bestimmungen des Absatzes a) diejenige Sozialversicherungsrente zugrunde gelegt wird, die sich ohne Befreiung von der Versicherungspflicht ergeben hätte.

        

c)    

Renten, Kapitalabfindungen und Bezüge nach dem Gesetz zu Art. 131 GG, soweit sie die Bezüge überschreiten, die bei Anerkennung der früheren Versorgungsdienstzeit im Staatsdienst nach § 2 Absatz 2 erreicht werden.

                 
        

Auf das Ruhegehalt können in besonderen Fällen und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Gegebenheiten angerechnet werden Renten, Kapitalabfindungen und andere Bezüge aus

        

d)    

der berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung,

        

e)    

Unfällen und Schädigungen, soweit die oben bezeichneten Ansprüche des Betroffenen sich nicht aus privaten Versicherungsverträgen ergeben.

                 

…       

        

Die Anrechnungsklausel gilt seit 01.01.1968.

        

Betriebliches Ruhegeld wird insoweit gewährt, als die Gesamtversorgung (betriebliches Ruhegeld und sonstige Ruhegeldbezüge aus früheren Arbeitsverhältnissen) 75 % des ruhegeldfähigen Gehaltes nicht übersteigt. Unberücksichtigt bleiben hierbei jedoch eventuelle Bezüge nach d) und e).

        

Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974.

        

Wir behalten uns vor, die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die bei der Erteilung der Pensionszusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, daß uns die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Pensionsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann.

        

...“   

4

Auch die übrigen AT-Angestellten des Beklagten erhielten ein entsprechendes Schreiben.

5

In den ab dem 1. Januar 1981 gültigen „Richtlinien“ des Beklagten „für die Altersversorgung der Verwaltungsangestellten bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V. (VdTÜV)“ (im Folgenden: VdTÜV 81) heißt es:

        

„Die Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V., Essen, - im folgenden VdTÜV genannt - gewährt jedem ihrer Verwaltungsangestellten - im folgenden Geschäftsstellenangehörige genannt - eine Altersversorgung nach den Bestimmungen dieser Richtlinien. Zu den Verwaltungsangestellten im Sinne dieser Richtlinien zählen alle vollbeschäftigten Mitarbeiter der Geschäftsstelle, die nicht im Besitz einer Einzelzusage sind.

        

…“    

6

Am 12. Januar 1984 vereinbarten der Beklagte und der Betriebsrat die „Versorgungsordnung zur Regelung der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenen-Versorgung bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V. (VdTÜV)“ (im Folgenden: VdTÜV 84). Die VdTÜV 84 trat zum 1. Januar 1984 in Kraft. Sie lautet auszugsweise:

        

        

㤠1

                 

Kreis der Versorgungsberechtigten

        

1       

Die VdTÜV - nachfolgend Verein genannt - gewährt jedem regelmäßig beschäftigten Mitarbeiter (weiblich oder männlich), der bei Inkrafttreten dieser Versorgungsordnung in einem Arbeitsverhältnis zum Verein steht oder danach im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses seine Tätigkeit aufnimmt, eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen nach Maßgabe dieser Versorgungsordnung.

        

…       

        
                 

§ 10

                 

Weihnachtsgeld

                 

Versorgungsempfänger erhalten zusätzlich ein Weihnachtsgeld.

        

…       

        
                 

§ 12

                 

Höhe des Weihnachtsgeldes

                 

Die Höhe des Weihnachtsgeldes entspricht den für den Monat November gezahlten Versorgungsleistungen.

        

…       

        
                 

§ 21

        

…       

        
        

2       

Die Versorgungsordnung gilt für die Mitarbeiter des Vereins, die nach Inkrafttreten dieser Versorgungsordnung in die Dienste des Vereins eintreten.

        

3       

Für alle übrigen bei dem Verein beschäftigten Mitarbeiter gelten die Einzelschreiben bzw. Richtlinien für die Altersversorgung der Verw.-Angestellten bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine (VdTÜV) weiter.

        

4       

Mitarbeiter, denen Versorgungsleistungen durch Einzelschreiben oder durch die ‚Richtlinien für die Altersversorgung der Verw.-Angestellten bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine (VdTÜV)‘ zugesagt wurden, können bis zum 31. März 1984 verbindlich und unwiderruflich schriftlich erklären, ob sie ihre Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung erhalten oder auch weiterhin nach der für sie maßgebenden bisherigen Versorgungsregelung versorgt sein wollen.“

7

Der Kläger hat von der in § 21 Nr. 4 VdTÜV 84 eingeräumten Möglichkeit, die Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung zu erhalten, keinen Gebrauch gemacht.

8

Nachdem der Kläger mit Wirkung ab dem 1. Juni 1990 zum Leiter des Geschäftsbereichs Dienstleistungen berufen worden war, schlossen die Parteien am 3. August 1990 mit Wirkung zum 1. Juli 1990 einen „Dienstvertrag“, der ua. folgenden Inhalt hat:

        

㤠8

        

Alters- und Hinterbliebenenversorgung

        

(1)     

Die Herrn H mit Schreiben vom 03.09.1980 gegebene einzelvertragliche Zusage auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung bleibt mit der Maßgabe bestehen, daß als Grundlage für die Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Besoldungsgruppe B 6 der Bundesbesoldungsordnung gilt.

        

(2)     

Zeiten, für die vorgezogenes Ruhegeld nach § 7 gezahlt worden ist, werden bei der Ermittlung der Höhe der Anwartschaft einbezogen.“

9

Der Kläger bezieht seit dem 1. November 1993 eine vorgezogene Altersrente von der Beklagten. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts betrug seine monatliche gesetzliche Rente in den Jahren 2006 und 2007 sowie in den Monaten Januar bis März 2008 jeweils 1.830,10 Euro, in den Monaten April bis Juni 2008 jeweils 1.839,90 Euro, in den Monaten Juli bis Dezember 2008 sowie in den Monaten Januar bis Juni 2009 jeweils 1.860,21 Euro und in den Monaten Juli bis Dezember 2009 jeweils 1.905,04 Euro.

10

Ausweislich des Rentenbescheides des Klägers vom 29. Oktober 1993 erwarb dieser in der Zeit vom 16. November 1956 bis zum 31. Mai 1961 insgesamt 7,5103 Entgeltpunkte aufgrund von Pflichtbeiträgen, in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 insgesamt 2,5550 Entgeltpunkte aufgrund von freiwillig nachgezahlten Beiträgen, in der Zeit vom 16. Mai 1963 bis zum 31. Januar 1964 insgesamt 1,0988 Entgeltpunkte aufgrund von Pflichtbeiträgen, in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 insgesamt 6,2097 Entgeltpunkte aufgrund von freiwilligen Beiträgen und in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis zum 31. Oktober 1993 insgesamt 44,0995 Entgeltpunkte aufgrund von Pflichtbeiträgen. Aus dem Rentenbescheid des Klägers geht unter der Überschrift „Bewertung beitragsfreier Zeiten“ zudem hervor, dass 106 Monate „Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung“ in der Zeit vom 16. Oktober 1946 bis zum 21. Februar 1951, vom 22. Oktober 1951 bis zum 30. April 1954 und vom 1. Mai 1954 bis zum 29. Februar 1956 mit insgesamt 8,5648 Entgeltpunkten bewertet wurden, so dass die Summe aller im Rentenbescheid ausgewiesenen Entgeltpunkte 70,0381 beträgt.

11

Das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe B 6 BBesO betrug in den Kalenderjahren 2006 und 2007 monatlich jeweils 7.206,51 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich in diesen Jahren auf monatlich jeweils 105,28 Euro. Im Kalenderjahr 2008 betrug das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe B 6 BBesO monatlich jeweils 7.481,46 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich auf monatlich jeweils 108,54 Euro. In den Monaten Januar bis Juni 2009 betrug das Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 BBesO monatlich jeweils 7.690,94 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich auf monatlich jeweils 111,58 Euro. Im Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2009 betrug das Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 BBesO monatlich jeweils 7.885,00 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich auf monatlich jeweils 114,38 Euro.

12

Der Kläger erhielt von dem Beklagten in den Kalenderjahren 2006 und 2007 ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro. Zudem gewährte ihm der Beklagte im November 2006 und im November 2007 eine Sonderzahlung in Höhe des monatlichen Ruhegeldes für den Monat November, dh. iHv. jeweils 3.273,63 Euro. Im Kalenderjahr 2008 zahlte der Beklagte dem Kläger in den Monaten Januar bis März ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro, in den Monaten April bis Juni ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.411,53 Euro und in den Monaten Juli bis Dezember ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.393,66 Euro. Zudem erbrachte er im November 2008 eine Sonderzuwendung iHv. 3.393,66 Euro. Im Kalenderjahr 2009 bezog der Kläger von dem Beklagten in den Monaten Januar bis Juni ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.304,40 Euro, in den Monaten Juli bis November ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.264,95 Euro und im Monat Dezember ein Ruhegeld iHv. 3.467,73 Euro. Der Beklagte zahlte dem Kläger im Kalenderjahr 2009 zudem eine Sonderzuwendung iHv. 358,46 Euro sowie weitere 484,35 Euro.

13

Der Beklagte zahlte seit Jahrzehnten den Betriebsrentnern - auch den AT-Angestellten mit Einzelzusage - jährlich im Monat November eine Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen monatlichen Ruhegeldes für den Monat November. Für die Versorgungsempfänger mit Einzelzusage wurde die Zahlung dieser Sonderzuwendung im Jahr 2009 eingestellt.

14

Mit dem am 30. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht beantragten Mahnbescheid vom 13. Januar 2010 (- 1 Ba 90912/09 -), der dem Kläger am 16. Januar 2010 zugestellt wurde, machte der Beklagte eine „Betriebsrentenüberzahlung vom 1.1.2006 bis 31.12.2006“ iHv. insgesamt 2.270,33 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides geltend.

15

Der Kläger hat mit seiner Klage ua. die Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 iHv. insgesamt 18.475,89 Euro brutto begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, zur Berechnung seiner laufenden Ruhegeldleistungen seien nach der ihm erteilten Versorgungszusage ergänzend die Bestimmungen der VdTÜV 1981 und der VdTÜV 1984 und nicht die Vorschriften des BeamtVG heranzuziehen. Seine Einzelzusage verweise weder statisch noch dynamisch auf die Vorschriften des BeamtVG. Selbst wenn eine dynamische Verweisung auf die Vorschriften des BeamtVG vorläge, habe der Beklagte seine laufenden Ruhegeldleistungen unzutreffend berechnet, da auch in diesem Fall § 69e Abs. 3 und § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG nicht anwendbar seien. Nach der Einzelzusage beziehe sich die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung nicht auf „irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren …, die nicht ausdrücklich zur Grundlage dieser Zusage gemacht worden“ seien. Zudem habe der Beklagte bei der Berechnung seiner Ruhegeldleistungen seine gesetzliche Rente im Umfang von 81,11 % angerechnet, obgleich nur eine Anrechnung im Umfang von 75,23 % gerechtfertigt sei. Der Teil der gesetzlichen Rente, der auf seinen freiwilligen Beiträgen in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhe, dürfe gemäß § 5 Abs. 2 BetrAVG nicht angerechnet werden. Er sei in dieser Zeit wegen Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht pflichtversichert gewesen, sondern habe sich freiwillig versichert. Die Versicherungsbeiträge habe er aus seinem Vermögen erbracht, sie seien nicht arbeitgeberfinanziert gewesen. Der Beklagte hätte außerdem bei der Prüfung, ob die in der Einzelzusage vorgesehene Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts überschritten wird, nicht die volle gesetzliche Rente berücksichtigen dürfen, die er erhalte. Vielmehr komme eine Berücksichtigung dieser Rente nur zu 81,37 % in Betracht. Nicht berücksichtigungsfähig sei die Rente aus Entgeltpunkten, die auf freiwillig nachgezahlten Beiträgen für die Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 sowie den freiwilligen Beiträgen für die Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhten, ebenso die Rente aus der Hälfte der Entgeltpunkte, die auf die Schul- und Hochschulausbildungszeit entfielen. Es dürfe daher nur die aus 56,991 Entgeltpunkten resultierende Rente in Ansatz gebracht werden. Sein Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November folge aus betrieblicher Übung.

16

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 18.475,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.366,68 Euro seit dem 31. Dezember 2009, aus 3.645,50 Euro brutto seit dem 31. Dezember 2008, aus 2.709,14 Euro brutto seit dem 31. Dezember 2007 und aus 2.754,57 Euro brutto seit dem 31. Dezember 2006 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte die Rentenleistungen des Klägers aus der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung nur zu 75,23 % auf die Höhe der Betriebsrente anrechnen darf,

        

3.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jährlich mit der November-Abrechnung zusätzlich zur regulären Monatsrente eine volle 13. Betriebsrentenleistung zu zahlen, deren Höhe der Novemberleistung des jeweiligen Jahres entspricht.

17

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat zudem widerklagend beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an ihn 7.851,30 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.580,97 Euro seit dem 3. Februar 2010 und aus 2.270,33 Euro seit dem 16. Januar 2010 zu zahlen.

18

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

19

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die dem Kläger erteilte Versorgungszusage enthalte eine dynamische Verweisung auf die Vorschriften des BeamtVG. Deshalb seien § 69e Abs. 3 sowie § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG und § 85 BeamtVG anwendbar. Bei der Anrechnung der gesetzlichen Rente nach Maßgabe der Einzelzusage seien auch die gesetzlichen Rentenleistungen zu berücksichtigen, die auf freiwilligen Beiträgen in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhten. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass er diese Beiträge selbst finanziert habe. Es sei seinerzeit vielmehr üblich gewesen, dass Arbeitnehmer mit einem Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze - wie der Kläger - sich die Arbeitgeberanteile hätten auszahlen lassen. Im Rahmen der Feststellung, ob die maßgebliche Gesamtversorgungsobergrenze eingehalten worden sei, sei die gesetzliche Rente in vollem Umfang zu berücksichtigen. Die Gesamtversorgungsobergrenze betrage nicht 75 %, sondern lediglich 73 %. Der Ruhegehaltssatz belaufe sich auf 68 %. Hinzu komme der in der Einzelzusage vorgesehene Ausgleich von maximal 5 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Aufgrund der Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG habe der Kläger aus der Einzelzusage ursprünglich einen Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung gehabt. Die Sonderzuwendung sei durch das Bundessonderzuwendungsgesetz zunächst schrittweise gekürzt worden und aufgrund des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes ab dem 1. Juli 2009 vollständig entfallen. Vor diesem Hintergrund sei für einen Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung aus betrieblicher Übung kein Raum. Insgesamt sei es daher in den Jahren 2006 und 2007 zu einer Betriebsrentenüberzahlung iHv. jeweils 3.690,92 Euro und im Jahr 2008 zu einer Betriebsrentenüberzahlung iHv. 3.580,63 Euro gekommen. Mit der Widerklage werde die Rückzahlung überzahlter Betriebsrente für die Jahre 2007 und 2008 iHv. insgesamt 5.580,97 Euro sowie der mit Mahnbescheid vom 13. Januar 2010 für das Jahr 2006 geltend gemachte Rückforderungsbetrag iHv. 2.270,33 Euro verlangt. Für das Jahr 2009 habe der Kläger noch einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Betriebsrente iHv. 1.420,71 Euro. Diese Forderung des Klägers habe er mit seinem Rückforderungsanspruch für das Jahr 2006, soweit dieser nicht mit der Widerklage verfolgt werde, verrechnet. Der Kläger könne sich gegenüber dem Rückzahlungsanspruch nicht mit Erfolg auf den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, da der verschärfte Haftungsmaßstab des § 52 BeamtVG eingreife.

20

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 2.640,59 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2009 zu zahlen sowie festgestellt, dass der Beklagte die Rentenleistung des Klägers aus der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund nur zu 75,23 % auf die Höhe der Betriebsrente des Klägers anrechnen darf. Die Widerklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine Klageanträge, soweit sie abgewiesen wurden, weiter, der Beklagte begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

21

Die Revisionen der Parteien sind zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Zahlungsklage zu Unrecht lediglich iHv. 2.640,59 Euro entsprochen. Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger rückständige Betriebsrente iHv. 4.652,98 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte ist zudem verpflichtet, über den 31. Dezember 2009 hinaus an den Kläger jährlich im November eine Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November zu zahlen. Den auf Feststellung dieser Verpflichtung gerichteten Klageantrag hat das Landesarbeitsgericht daher zu Unrecht abgewiesen. Dem Feststellungsantrag hinsichtlich der Anrechenbarkeit der gesetzlichen Rente zu 75,23 % auf die Betriebsrente hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht stattgegeben; dieser Klageantrag ist unzulässig. Die Widerklage wurde zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Sie ist iHv. 1.333,90 Euro nebst Zinsen begründet. Im Übrigen sind die Revisionen der Parteien unbegründet.

22

A. Die Zahlungsklage ist iHv. 4.652,98 Euro brutto nebst Zinsen begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger rückständige laufende Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 und für die Monate Januar bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 2.010,65 Euro brutto sowie eine Sonderzuwendung für das Jahr 2009 iHv. 2.642,33 Euro brutto zu zahlen. Der Anspruch auf die rückständigen laufenden Ruhegeldleistungen ergibt sich aus der dem Kläger erteilten Versorgungszusage. Der Anspruch auf die rückständige Sonderzuwendung für das Jahr 2009 folgt aus betrieblicher Übung. Im Übrigen ist die Zahlungsklage unbegründet.

23

I. Der Kläger hat nach der ihm erteilten Versorgungszusage iVm. den Bestimmungen des BeamtVG Anspruch auf rückständige laufende Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 und Januar bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 2.010,65 Euro brutto.

24

1. Die Versorgungszusage enthält eine dynamische Bezugnahme auf die jeweils geltenden Vorschriften des BeamtVG, die entsprechend zur Anwendung kommen, soweit in der Versorgungszusage nichts Abweichendes oder Vorrangiges geregelt ist. Dies ergibt die Auslegung der Versorgungszusage nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsregeln.

25

a) Bei den in der Versorgungszusage enthaltenen Bestimmungen handelt es sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die von den Parteien nicht angegriffen wurden, um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ausgangspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (vgl. BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 19; 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 20; 17. April 2012 - 3 AZR 380/10 - Rn. 21).

26

b) Danach sind für die Versorgungsansprüche des Klägers die jeweils geltenden Vorschriften des BeamtVG entsprechend anzuwenden, soweit in der Versorgungszusage nichts Abweichendes oder Vorrangiges geregelt ist. Ein Rückgriff auf die Bestimmungen der VdTÜV 81 oder der VdTÜV 84 kommt entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht in Betracht.

27

aa) Nach Nr. 6 des Anstellungsvertrages sollte der Kläger nach Ablauf der Probezeit einen Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte erwerben. Hierüber sollte er zu gegebener Zeit ein besonderes Schreiben erhalten. In dieser Vereinbarung hat der Beklagte nicht nur zum Ausdruck gebracht, dass bei ihm bereits ein Versorgungswerk bestand und dass er sich verpflichten wollte, an den Kläger Leistungen aus diesem Versorgungswerk zu erbringen, sondern auch, dass er dem Kläger die Versorgungsbedingungen im Einzelnen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben würde. Dies ist durch das Schreiben des Beklagten vom 3. September 1980 (im Folgenden: Versorgungszusage) geschehen.

28

Zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage regelte das BeamtVG die Alters- und Hinterbliebenenversorgung von Bundesbeamten. Mit der „Regelung für Bundesbeamte“ sind deshalb erkennbar die Bestimmungen des BeamtVG und nicht etwa die Bestimmungen der VdTÜV 81 oder der VdTÜV 84 gemeint. Die VdTÜV 81 und die VdTÜV 84 regeln weder die Beamtenversorgung noch gab es sie zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage.

29

Die Regelungen des BeamtVG sollten allerdings nicht uneingeschränkt gelten. Vielmehr hat sich der Beklagte zu einer Versorgung „in Anlehnung“ an die Bestimmungen des BeamtVG verpflichtet. Die vom Beklagten zugesagte Versorgung sollte sich daher in ihrer Struktur an den Regelungen des BeamtVG orientieren. Diese finden demnach entsprechende Anwendung, soweit sich aus der Versorgungszusage nichts Abweichendes oder Vorrangiges ergibt (vgl. etwa BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 15 f.; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 13; 20. April 2004 - 3 AZR 266/02 - zu B II 4 der Gründe; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b aa der Gründe, BAGE 103, 338). Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Danach bedeutet „sich anlehnen an“: „etwas folgen“, „sich an etwas orientieren“, „sich an etwas halten“ und „etwas zum Vorbild nehmen“ (vgl. Duden Das Synonymwörterbuch 5. Aufl. S. 89; Knaurs Lexikon der sinnverwandten Wörter S. 38; Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. S. 153).

30

bb) Für ein davon abweichendes Verständnis bietet die Versorgungszusage keine Anhaltspunkte. Diese enthält vielmehr selbst wesentliche Berechnungsfaktoren aus dem BeamtVG. Nach Abs. 1 Satz 3 der Einzelzusage ist Grundlage für die Berechnung der späteren Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe, an die sich das Gehalt des Klägers anlehnt und nach der es sich zum Zeitpunkt des Leistungsfalls bemisst. Mit dem Ende der Wartezeit am 1. Oktober 1976, dh. nach einer Betriebszugehörigkeit von zehn Jahren, hatte der Kläger nach der Einzelzusage einen Anspruch von 35 % erreicht. Diese Bestimmungen orientieren sich an § 4 Abs. 3 und § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, wonach sich das Ruhegehalt auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet und bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit 35 vom Hundert beträgt. Der Beklagte hat dem Kläger nach der Versorgungszusage zudem eine Gesamtversorgung mit einer Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % versprochen. Diese Gesamtversorgungsobergrenze entspricht der in § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG getroffenen Festlegung, wonach das Ruhegeld bis zum Höchstsatz von 75 % steigt.

31

cc) Für eine ergänzende Inbezugnahme der Vorschriften des BeamtVG in entsprechender Anwendung spricht auch, dass in der Versorgungszusage selbst nicht alle für die Berechnung des Ruhegeldes des Klägers erforderlichen Bestimmungen ausdrücklich geregelt sind. Im Schreiben vom 3. September 1980 heißt es nur, dass mit Ende der zehnjährigen Wartezeit ein Anspruch von 35 % erreicht ist und dass der Höchstsatz 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts beträgt. Eine ausdrückliche Bestimmung dazu, wie das Ruhegeld nach der Wartezeit bis zum Erreichen des Höchstsatzes von 75 % ansteigt, enthält die Versorgungszusage hingegen nicht. Dies soll sich erkennbar nach § 14 Abs. 1 BeamtVG richten, wonach das Ruhegeld mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um zwei vom Hundert, von da ab um eins vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 vom Hundert steigt. Mit den in der Versorgungszusage ausdrücklich festgelegten Ruhegehaltssätzen von mindestens 35 % und höchstens 75 % wurde die Regelung in § 14 Abs. 1 BeamtVG übernommen. Es ist daher folgerichtig, dass auch im Übrigen § 14 Abs. 1 BeamtVG Anwendung findet.

32

dd) Eine andere Auslegung ist nicht deshalb geboten, weil nach der Versorgungszusage im Übrigen die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 gelten. Hierbei handelt es sich lediglich um einen deklaratorischen Hinweis auf das BetrAVG, das keine Regelungen zum Inhalt des dem Kläger erteilten Versorgungsversprechens enthält.

33

ee) Aus der schriftlichen Stellungnahme des früheren geschäftsführenden Vorstandsmitglieds Ho vom 10. März 2010, wonach niemals beabsichtigt gewesen sei, die Betriebsrente an das BeamtVG zu binden, ergibt sich nichts anderes. Ein derartiger Wille - so er überhaupt bestanden haben sollte - ist in der Versorgungszusage gerade nicht zum Ausdruck gekommen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Beklagte hat dem Kläger ausdrücklich eine Versorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte zugesagt und sich bei der Formulierung einzelner Versorgungsbestimmungen an den Regelungen des BeamtVG orientiert.

34

ff) Die Versorgungszusage enthält keine statische, sondern eine dynamische Bezugnahme auf die Bestimmungen des BeamtVG.

35

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Verweisungen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch. Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils geltenden Regelungen. Das Verständnis einer solchen Bezugnahme als dynamische Verweisung ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen der Parteien eher gerecht als eine statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand. Der Arbeitgeber will im Zweifel die betriebliche Altersversorgung nach einheitlichen Regeln, dh. als System, erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Dies ist bei der Auslegung dahin gehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Will der Arbeitgeber eine Versorgung unabhängig von den jeweils geltenden Versorgungsbestimmungen zusagen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. etwa BAG 23. April 2013 - 3 AZR 24/11 - Rn. 22 mwN). Der Grundsatz, dass von einer dynamischen Verweisung auf die maßgeblichen Versorgungsregelungen auszugehen ist, gilt auch für Verweisungen auf für Beamte geltende Vorschriften, so dass beide Parteien Änderungen der Gesetze, die die Versorgung regeln, hinnehmen müssen (vgl. etwa BAG 16. August 1988 - 3 AZR 61/87 - zu 2 b der Gründe). Vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die ergänzende Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG eine statische sein sollte.

36

2. Nach den Regelungen der Versorgungszusage und den ergänzend in Bezug genommenen Bestimmungen des BeamtVG ist das laufende monatliche Ruhegeld des Klägers in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 wie folgt zu ermitteln:

37

a) Ausgangspunkt für die Berechnung des Ruhegeldes des Klägers ist das jeweilige ruhegeldfähige Gehalt, das sich aus dem jeweiligen monatlichen Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 zuzüglich des jeweiligen Familienzuschlags der Stufe 1 zusammensetzt. Dieses ruhegeldfähige Gehalt ist um den Anpassungsfaktor nach § 69e Abs. 3 BeamtVG und für die Zeit ab dem 1. Juli 2009 zudem um den Anpassungsfaktor nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG zu mindern. Beide Bestimmungen finden mangels einer in der Versorgungszusage getroffenen abweichenden oder vorrangigen Regelung aufgrund der ergänzenden dynamischen Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG Anwendung.

38

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers enthält Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage, wonach sich die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung nicht auf gesetzliche Anrechnungszeiten oder „irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren oder Ansprüche“ bezieht, die nicht ausdrücklich zur Grundlage der Zusage gemacht wurden, keine Regelung, die der Anwendung von § 69e Abs. 3 BeamtVG oder § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG entgegenstünde. Die in diesen Bestimmungen geregelten Anpassungsfaktoren sind keine anderen Berechnungsfaktoren iSv. Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage. Diese Bestimmung bezieht sich erkennbar auf die Regelungen in Abs. 1 Sätze 3 bis 5 der Versorgungszusage. Danach ist Grundlage für die Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe, an die sich das Gehalt des Klägers anlehnt und nach der es sich zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls bemisst. Zudem ist geregelt, dass mit Ende der Wartezeit am 1. Oktober 1976 ein Anspruch von 35 % erreicht war und dass bei der Berechnung der späteren Versorgungsbezüge eventuell gezahlte Zulagen ohne Ansatz bleiben sollen. Mit der Bestimmung in Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage hat der Beklagte demnach zum Ausdruck gebracht, dass es für die Bemessung der Leistung allein auf die Zeit ankommt, die der Kläger im Arbeitsverhältnis mit ihm verbracht hat und dass eine Anrechnung anderer Zeiten - beispielsweise aufgrund gesetzlicher Vorschriften - nicht in Betracht kommt. Deshalb hatte der Kläger, der am 1. Oktober 1966 in die Dienste des Beklagten getreten war, nach Ablauf der Wartezeit von zehn Jahren am 1. Oktober 1976 entsprechend § 14 Abs. 1 BeamtVG einen Anspruch iHv. 35 % der maßgeblichen Dienstbezüge erreicht. Der Beklagte hat auch die Bemessungsgrundlage „ruhegeldfähiges Gehalt“ dahin festgelegt, dass sich dieses ausschließlich aus dem Grundgehalt und dem Ortszuschlag (nunmehr: Familienzuschlag) zusammensetzt. Zum Zeitpunkt der Konkretisierung der Versorgungszusage durch das Schreiben vom 3. September 1980 gehörten nach § 1 Abs. 2 BBesG vom 13. Oktober 1979 (BGBl. I S. 1675) zur Besoldung nicht nur die Dienstbezüge, wie das Grundgehalt und der Ortszuschlag, sondern auch Zulagen. Vor diesem Hintergrund konnte Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage nur so verstanden werden, dass bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Gehalts ausschließlich das Grundgehalt und der Ortszuschlag (nunmehr: Familienzuschlag) und nicht etwa Zulagen oder sonstige Bezüge Berücksichtigung finden sollten. Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungzusage konkretisiert daher ausschließlich die Bemessungsgrundlagen „ruhegeldfähige Zeit“ und „ruhegeldfähiges Gehalt“ dahin, dass es für die Bemessung der Leistung allein auf die Zeit ankommt, die der Kläger beim Beklagten verbracht hat und dass zum ruhegeldfähigen Gehalt nur das Grundgehalt und der Ortszuschlag (nunmehr: Familienzuschlag) gehören, weshalb sie eine entsprechende Anwendung der Regelungen des BeamtVG im Übrigen nicht sperrt.

39

b) Das um die Anpassungsfaktoren geminderte jeweilige ruhegeldfähige Gehalt ist mit dem für den Kläger maßgeblichen Ruhegeldsatz zu multiplizieren. Dieser beträgt entgegen der Rechtsauffassung der Parteien und des Landesarbeitsgerichts nicht 68 %, sondern lediglich 67 %.

40

Der maßgebliche Ruhegeldsatz bestimmt sich nach § 85 Abs. 3 BeamtVG iVm. § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Auch diese Vorschriften kommen mangels einer in der Versorgungszusage getroffenen vorrangigen oder abweichenden Regelung entsprechend zur Anwendung. Nach § 85 Abs. 3 BeamtVG richtet sich die Berechnung des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht, sofern das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden hat und der Beamte vor dem 1. Januar 2002 die für ihn jeweils maßgebliche gesetzliche Altersgrenze erreicht. Der am 16. Oktober 1930 geborene Kläger war beim Beklagten vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Oktober 1993 beschäftigt und bezieht von diesem seit dem 1. November 1993 eine vorgezogene Altersrente. Sein 65. Lebensjahr, ab dem nach der Versorgungszusage das reguläre Ruhegehalt bezogen werden kann, hat er am 16. Oktober 1995 und damit ebenfalls vor dem 1. Januar 2002 vollendet. Daher berechnet sich der Ruhegehaltssatz in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 BeamtVG aF. Danach beträgt das Ruhegehalt bis zur Vollendung einer zehnjährigen Dienstzeit 35 vom Hundert und steigt mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um zwei vom Hundert, von da ab um eins vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 vom Hundert, wobei ein Rest der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit von mehr als 182 Tagen als vollendetes Dienstjahr gilt. Der Kläger war bei dem Beklagten insgesamt 27 Jahre und einen Monat beschäftigt. Am 1. Oktober 1976 hatte er eine Betriebszugehörigkeitszeit von zehn Jahren aufzuweisen, weshalb sich der Ruhegeldsatz zu diesem Zeitpunkt auf 35 % belief. Für die Zeit bis zum vollendeten 25. Dienstjahr am 30. September 1991 kommen 15 Jahre hinzu, die mit 30 % in Ansatz zu bringen sind, was zu einem Ruhegeldsatz von 65 % führt. Für die darauf folgende Zeit bis zum 30. September 1993 erhöht sich der Ruhegeldsatz um weitere 2 % auf 67 %. Der Monat Oktober 1993 bleibt nach § 14 Abs. 1 BeamtVG aF außer Ansatz.

41

c) Auf das so ermittelte Ruhegeld ist die jeweilige monatliche Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Umfang von 62,97 % anzurechnen.

42

aa) Anrechenbar ist nur die gesetzliche Rente, die der Kläger aufgrund von Entgeltpunkten erhält, die er in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis zum 31. Oktober 1993 erworben hat. Dies sind 44,0995 Entgeltpunkte. Der prozentuale Anteil an den insgesamt laut Rentenbescheid vom Kläger erworbenen 70,0381 Entgeltpunkten beträgt daher 62,97.

43

Die Rente aus Entgeltpunkten, die der Kläger in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 erworben hat, findet demgegenüber keine Berücksichtigung. Nach Abs. 4 der Versorgungszusage gilt die Anrechnungsklausel seit dem 1. Januar 1968. Diese Bestimmung kann bereits nach ihrem Wortlaut nur so verstanden werden, dass Versorgungsbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur insoweit angerechnet werden dürfen, als sie nicht auf Entgeltpunkten beruhen, die vor dem 1. Januar 1968 erworben wurden. Für diese Auslegung spricht auch, dass der Beklagte mit dem 1. Januar 1968 an das Datum angeknüpft hat, zu dem § 113 AVG in Kraft trat. Nach dieser Bestimmung hatte der Arbeitgeber erstmalig für Versicherte, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 AVG versicherungsfrei oder nach § 7 Abs. 1 AVG von der Versicherungspflicht befreit waren, den Beitragsanteil zu entrichten, den er entrichten müsste, wenn der Versicherte versicherungspflichtig wäre. In der Zeit zuvor hatten die Versicherten sämtliche Beiträge zu einer freiwilligen Versicherung allein zu tragen. Da die in der Versorgungszusage enthaltene Bestimmung über die Anrechnung weiterer Einkünfte - mit Ausnahme der insoweit nicht bedeutsamen Nr. 2) - nur eine Anrechnung von Renten vorsieht, die auch auf Beiträgen des Arbeitgebers beruhen, sollte mit der „Geltungsklausel“ - pauschalierend sowohl für die Pflichtversicherung als auch für die freiwillige Versicherung - erkennbar eine zeitliche Grenze für die Anrechnung geschaffen werden.

44

bb) Eine Minderung der anzurechnenden Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Abs. 3 a) Unterabs. 2 der Versorgungszusage kommt nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung wird VdTÜV-Angehörigen, deren betriebliches Ruhegehalt wegen fehlender Versorgungsdienstjahre nicht den Höchstsatz von 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge erreicht, zwar ein Ausgleich in der Form gewährt, dass ein Betrag bis maximal 5 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge von der Anrechnung ausgenommen bleibt. Allerdings setzt Abs. 3 a) Unterabs. 2 der Versorgungszusage voraus, dass eine Anrechnung gemäß „1) bis 2)“, und damit eine Anrechnung von Renten stattgefunden hat, die auf Beitragsleistungen früherer Arbeitgeber beruhen oder die aus der Hälfte der Ausfall-, Ersatz- und Zurechnungszeiten entstanden sind. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Da die Versorgungszusage eine Anrechnung der gesetzlichen Rente insoweit ausschließt, als sie auf Entgeltpunkten beruht, die vor dem 1. Januar 1968 erworben wurden, findet eine Anrechnung der Rente des Klägers nur insoweit statt, als diese aus Beitragsleistungen der Beklagten nach Abs. 3 a) Ziff. 3) der Versorgungszusage entstanden ist.

45

d) Das nach diesen Grundsätzen ermittelte Ruhegeld darf zusammen mit sonstigen Ruhegeldbezügen die maßgebliche Gesamtversorgungsobergrenze nicht überschreiten.

46

aa) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten beträgt der Gesamtversorgungsobersatz nicht lediglich 73 %, sondern 75 %. Dies haben die Parteien in der Versorgungszusage ausdrücklich vereinbart. Nach Abs. 5 der Versorgungzusage wird betriebliches Ruhegeld insoweit gewährt, als die Gesamtversorgung(betriebliches Ruhegeld und sonstige Ruhegeldbezüge aus früheren Arbeitsverhältnissen) 75 % des ruhegeldfähigen Gehaltes nicht übersteigt. Für einen Rückgriff auf die Bestimmungen des BeamtVG in ihrer jeweiligen Fassung ist angesichts dieser eindeutigen Regelung in der Versorgungszusage kein Raum.

47

bb) Bei der Prüfung, ob die Gesamtversorgungsobergrenze überschritten ist, ist die Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vollständig, sondern lediglich im Umfang von 87,49 % zu berücksichtigen.

48

(1) Zwar sind die Bezüge des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich in vollem Umfang zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der dem Kläger erteilten Gesamtversorgungszusage. Bei einer Gesamtversorgung will der Arbeitgeber nur insoweit Leistungen gewähren, als die Altersversorgung nicht bereits anderweitig sichergestellt ist. Dafür spricht auch Abs. 5 Satz 2 der Versorgungszusage, wonach nur eventuelle Bezüge nach d), dh. aus der berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung und e), dh. aus Unfällen und Schädigungen, unberücksichtigt bleiben. Diese Bestimmung ergibt nur Sinn, wenn die übrigen Bezüge nach a) bis c), dh. auch die Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung, vollständig berücksichtigt werden.

49

(2) Allerdings ist bei Berücksichtigung der gesetzlichen Rente das in § 5 Abs. 2 BetrAVG geregelte Anrechnungsverbot zu beachten. Danach dürfen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch Anrechnung oder Berücksichtigung anderer Versorgungsbezüge, soweit sie auf eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers beruhen, nicht gekürzt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Hiervon ausgenommen sind nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG ua. Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruhen. Dies führt dazu, dass die auf den freiwilligen Beiträgen des Klägers in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 und vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhende Rente nicht angerechnet werden darf. In der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 hat der Kläger 2,5550 Entgeltpunkte erworben, in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 6,2097 Entgeltpunkte. Das sind 12,51 % der insgesamt erworbenen 70,0381 Entgeltpunkte. Der Anteil der anzurechnenden gesetzlichen Rente beträgt daher 87,49 %.

50

(a) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten scheidet eine Anwendung von § 5 Abs. 2 BetrAVG nicht deshalb aus, weil der Beklagte dem Kläger eine Versorgung „in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ versprochen hat. In Abs. 6 der Versorgungszusage hat der Beklagte ausdrücklich auf die Geltung des BetrAVG hingewiesen und damit zum Ausdruck gebracht, dass mit der „Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ die - im Übrigen zwingende (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG) - Bestimmung des § 5 BetrAVG nicht abbedungen werden sollte.

51

(b) Nach § 5 Abs. 2 BetrAVG dürfen die aufgrund der freiwilligen Beiträge des Klägers in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 erworbenen 2,5550 Entgeltpunkte nicht berücksichtigt werden. Hiergegen hat der Beklagte auch keine Einwände erhoben.

52

(c) Ebenso wenig berücksichtigt werden dürfen nach § 5 Abs. 2 BetrAVG auch die in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 erworbenen 6,2097 Entgeltpunkte. Zwar hat der Beklagte diesbezüglich geltend gemacht, die Beiträge seien arbeitgeberfinanziert gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Vortrag jedoch zu Recht als nicht hinreichend substantiiert erachtet. Der Beklagte hat lediglich pauschal behauptet, der in dieser Zeit freiwillig versicherte Kläger habe entsprechend den üblichen Gepflogenheiten Arbeitgeberzuschüsse erhalten, ohne dies näher zu konkretisieren. Im Hinblick darauf, dass der Kläger jedenfalls in der Zeit vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Dezember 1967 bereits beim Beklagten beschäftigt war, wäre dem Beklagten näherer Sachvortrag ohne Weiteres möglich gewesen. Soweit der Beklagte in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht eingereichten Schriftsatz vom 31. März 2011 vorgebracht hat, die Anlehnung an die Beamtenversorgung habe dazu geführt, dass der Kläger den „Arbeitnehmerbeitragsanteil zur Sozialversicherung“ ausbezahlt bekommen habe, ist dies unbeachtlich. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Sachvortrag nach § 296a Satz 1 ZPO unberücksichtigt gelassen und von einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 296a Satz 2, § 156 ZPO abgesehen. Hiergegen hat der Beklagte keine Verfahrensrüge erhoben.

53

e) Die so ermittelte Altersrente ist wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme nach Abs. 4 Satz 2 der Versorgungszusage für jeden Monat des vorzeitigen Beginns um 0,5 % ihres Betrages zu kürzen.

54

II. Der Kläger hat auch Anspruch auf eine vom Beklagten jährlich im Monat November zu zahlende Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen Ruhegeldes für den Monat November.

55

1. Der Anspruch ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht aus der VdTÜV 84. Diese findet auf den Kläger keine Anwendung. Nach § 21 VdTÜV 84 gilt die VdTÜV 84 für die Mitarbeiter des Vereins, die nach deren Inkrafttreten in die Dienste des Vereins eingetreten sind. Für alle übrigen bei dem Verein beschäftigten Mitarbeiter gelten hingegen die Einzelschreiben bzw. Richtlinien für die Altersversorgung der Verwaltungsangestellten bei der Vereinigung der technischen Überwachungsvereine (VdTÜV) weiter. Zwar konnten Mitarbeiter, denen - wie dem Kläger - Versorgungsleistungen durch Einzelschreiben zugesagt wurden, bis zum 31. März 1984 verbindlich und unwiderruflich schriftlich erklären, ob sie ihre Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung erhalten oder auch weiterhin nach der für sie maßgebenden bisherigen Versorgungsregelung versorgt sein wollten. Der Kläger hat jedoch von der in § 21 Nr. 4 VdTÜV 84 geregelten Möglichkeit, eine Versorgung nach der neuen Versorgungsordnung zu erhalten, keinen Gebrauch gemacht.

56

2. Der Anspruch des Klägers auf eine jährlich im November zu zahlende Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen Ruhegeldes für den Monat November folgt jedoch aus betrieblicher Übung.

57

a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber mit § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG die betriebliche Übung als Rechtsquelle ausdrücklich anerkannt.

58

aa) Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder auf sonstige Vergünstigungen zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222; 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08 - Rn. 11; 29. April 2003 - 3 AZR 247/02 - zu I 1 der Gründe). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, aaO; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 88; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15). Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, aaO).

59

bb) Ob eine für den Arbeitgeber verbindliche betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 57, BAGE 141, 222; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360). Eine betriebliche Praxis der Gewährung von Vorteilen an die Arbeitnehmer verdichtet sich erst nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einer betrieblichen Übung. Wie lange die Übung bestehen muss, damit die Arbeitnehmer berechtigt erwarten können, dass sie fortgesetzt werde, hängt davon ab, wie häufig die Leistungen oder Vergünstigungen erbracht worden sind. Im Hinblick auf laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hat der Senat eine Gewährung über einen Zeitraum von fünf bzw. acht Jahren für ausreichend erachtet (vgl. BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 58, aaO; 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 127, 260; 30. Oktober 1984 - 3 AZR 236/82 - BAGE 47, 130; 23. April 1963 - 3 AZR 173/62 - BAGE 14, 174).

60

cc) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung nicht entstehen, wenn eine andere, kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62, BAGE 141, 222; 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - zu II der Gründe, BAGE 103, 141). Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht ebenso wenig, wenn der Arbeitgeber irrtümlich annimmt, die Leistung aufgrund einer vermeintlichen Verpflichtung aus einer anderen Rechtsgrundlage zu schulden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 c aa (1) der Gründe). Erbringt der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser (vermeintlichen) Rechtspflicht gewährt werden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 26. Mai 1993 - 4 AZR 130/93 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 73, 191; 11. November 1997 - 3 AZR 163/96 - zu III der Gründe; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - BAGE 118, 211). Auf nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers allein kommt es allerdings nicht an (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 11. November 1997 - 3 AZR 163/96 - zu III der Gründe).

61

dd) Ob eine betriebliche Übung entstanden ist und welchen Inhalt sie hat, unterliegt der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 63, BAGE 141, 222; 31. Juli 2007 - 3 AZR 189/06 - Rn. 17; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39 mwN, BAGE 118, 360).

62

b) Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte zugunsten der Betriebsrentner, die - wie der Kläger - Inhaber einer Einzelzusage waren, eine betriebliche Übung dahin begründet, dass diese ebenso wie die Arbeitnehmer, deren Versorgung sich nach den Regelungen der VdTÜV 84 bestimmt, im November eines jeden Jahres eine Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November erhalten.

63

aa) Der Beklagte hat allen Versorgungsempfängern - auch den AT-Angestellten mit Einzelzusage - jahrzehntelang im November eine Sonderzuwendung in Höhe des sich für den Monat November ergebenden Ruhegeldes gezahlt. Ein über einen derart langen Zeitraum gehendes gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers ist grundsätzlich geeignet, eine betriebliche Übung zu begründen.

64

bb) Der Beklagte war nicht zur Gewährung einer Sonderzuwendung an den Kläger verpflichtet. Der Kläger hatte nach der Versorgungszusage keinen Anspruch auf die Sonderzuwendung. Die Zusage von Versorgungsleistungen in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte umfasste keine Sonderzuwendung.

65

Zwar bestimmt der § 50 Abs. 4 BeamtVG in der zum Zeitpunkt der Konkretisierung der Versorgungszusage durch das Schreiben vom 3. September 1980 geltenden Fassung vom 24. August 1976, dass die Versorgungsberechtigten eine Sonderzuwendung nach besonderer bundesgesetzlicher Regelung erhalten. Diese gesetzliche Regelung ist jedoch auch unter Berücksichtigung der Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG von vornherein nicht Inhalt des Versorgungsversprechens geworden. Der Beklagte hat dem Kläger in der Versorgungszusage nur ein Ruhegehalt nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei nachgewiesener dauernder Berufsunfähigkeit, ein Witwengeld und ein Waisengeld zugesagt und zudem ausdrücklich bestimmt, dass „andere als die hier zugesagten laufenden Versorgungsleistungen“ nicht gewährt werden. Die Sonderzuwendung ist keine mit der Versorgungszusage zugesagte laufende Versorgungsleistung. Mit laufenden Versorgungsleistungen sind erkennbar nur die monatlich geschuldeten Leistungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung gemeint und nicht weitere anlassbezogene Zuwendungen. Auch der Gesetzgeber hat die jährliche Sonderzuwendung im BeamtVG nicht als Teil des Ruhegehalts eingeordnet, sondern sie - wie sich aus § 2 BeamtVG in der Fassung vom 24. August 1976 ergibt - vielmehr als eigenständige anlassbezogene Leistung neben das Ruhegehalt und die Hinterbliebenenversorgung gestellt. Nach § 2 Abs. 1 BeamtVG in der Fassung vom 24. August 1976 sind Versorgungsbezüge nur Ruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag, Hinterbliebenenversorgung, Bezüge bei Verschollenheit, Unfallfürsorge, Übergangsgeld und Ausgleich bei besonderen Altersgrenzen. Die jährliche Sonderzuwendung ist demgegenüber in § 2 Abs. 2 BeamtVG in der Fassung vom 24. August 1976 geregelt.

66

cc) Es liegt auch kein Fall eines vermeintlichen Normenvollzugs vor. Selbst wenn der Beklagte geglaubt haben sollte, aufgrund der in der Versorgungszusage vereinbarten „Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ den AT-Angestellten mit Einzelzusage eine Sonderzuwendung nach Maßgabe der (jeweiligen) Vorschriften des BeamtVG zu schulden, war dies für die Betroffenen nicht erkennbar. Mit der in Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der Versorgungszusage getroffenen Vereinbarung, wonach andere als die dort zugesagten laufenden Versorgungsleistungen nicht gewährt werden, wurde ein Anspruch auf eine Sonderzuwendung ausdrücklich ausgeschlossen, so dass die betroffenen Arbeitnehmer nicht davon ausgehen mussten, der Beklagte glaube, ihnen eine Sonderzuwendung zu schulden. Außerdem wurde die Sonderzuwendung nach § 50 Abs. 4 BeamtVG iVm. §§ 7, 10 und 11 des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung jeweils im Monat Dezember in Höhe der den Berechtigten für den Monat Dezember vor Anwendung von Ruhens- und Anwendungsvorschriften zustehenden laufenden Versorgungsbezüge gewährt. Der Beklagte hat die Sonderzuwendung demgegenüber nicht nach den den AT-Angestellten mit Einzelzusage für den jeweiligen Monat Dezember zustehenden Ruhegeldleistungen berechnet und die Auszahlung nicht im Monat Dezember vorgenommen, sondern über Jahre hinweg im Monat November eine Leistung in Höhe des jeweiligen für den Monat November gezahlten laufenden Ruhegeldes erbracht. Aus diesem Verhalten konnten die Arbeitnehmer mit Einzelzusage nur schließen, der Beklagte wolle auch ihnen - ebenso wie den unter den Geltungsbereich der VdTÜV 84 fallenden Versorgungsempfängern - der VdTÜV entsprechende Leistungen freiwillig erbringen.

67

dd) Dem Anspruch aus betrieblicher Übung steht nicht entgegen, dass der Beklagte nicht in jedem Jahr denselben Betrag als Sonderzuwendung gezahlt hat. Dies erklärt sich bereits daraus, dass die Sonderzuwendung stets in Höhe des Ruhegeldes für den jeweiligen Monat November erbracht wurde und dieses Ruhegeld selbst der Höhe nach in Abhängigkeit vom jeweils maßgeblichen ruhegeldfähigen Gehalt und der jeweils bezogenen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung variierte.

68

III. Danach ist der Beklagte verpflichtet, an den Kläger rückständige laufende Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 sowie Januar bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 2.010,65 Euro brutto sowie eine Sonderzuwendung für das Jahr 2009 iHv. 2.642,33 Euro brutto zu zahlen. Weitergehende Zahlungsansprüche stehen dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 nicht zu.

69

1. Der Kläger hat für die Kalenderjahre 2006 und 2007 weder Anspruch auf rückständige laufende Ruhegeldleistungen noch Anspruch auf eine Sonderzuwendung.

70

a) Für die Kalenderjahre 2006 und 2007 errechnet sich ein Anspruch auf laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.226,85 Euro sowie ein Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung in gleicher Höhe.

71

Das monatliche ruhegeldfähige Gehalt belief sich in den Kalenderjahren 2006 und 2007 auf 7.311,79 Euro. Das Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 der Bundesbesoldungsordnung betrug in den Jahren 2006 und 2007 monatlich jeweils 7.206,51 Euro. Hinzu kommt der Familienzuschlag der Stufe 1, der sich auf monatlich 105,28 Euro belief. Das ruhegeldfähige Gehalt war nach § 69e Abs. 3 BeamtVG um den Anpassungsfaktor 0,98375 auf 7.192,97 Euro zu mindern. Unter Berücksichtigung eines Ruhegeldsatzes von 67 % errechnet sich ein Ruhegeld iHv. 4.819,29 Euro. Hierauf war die gesetzliche Rente des Klägers iHv. 1.830,10 Euro zu 62,97 %, dh. iHv. 1.152,41 Euro anzurechnen. Das Ruhegeld nach der Anrechnung betrug somit 3.666,88 Euro. Die Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts iHv. 7.192,97 Euro belief sich auf 5.394,73 Euro. Diese wurde mit der berücksichtigungsfähigen Gesamtversorgung des Klägers iHv. 5.268,03 Euro nicht überschritten. Diese errechnet sich aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.666,88 Euro zuzüglich 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.830,10 Euro, also 1.601,15 Euro. Abschließend war das monatliche Ruhegeld des Klägers wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente um 12 % zu kürzen, was zu einem Anspruch auf laufende Versorgungsleistungen iHv. monatlich 3.226,85 Euro führt.

72

In dieser Höhe schuldete der Beklagte dem Kläger auch die jeweilige Sonderzuwendung für die Jahre 2006 und 2007.

73

b) Die Ansprüche des Klägers für die Jahre 2006 und 2007 auf Zahlung eines monatlichen Ruhegeldes iHv. jeweils 3.226,85 Euro brutto sowie auf Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung in gleicher Höhe hat der Beklagte erfüllt. Sie sind deshalb gemäß § 362 BGB erloschen.

74

Der Beklagte hat in den Kalenderjahren 2006 und 2007 monatlich ein Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro und eine jährliche Sonderzuwendung in gleicher Höhe gezahlt und damit in den Kalenderjahren 2006 und 2007 jeweils eine Überzahlung von 13 x 46,78 Euro, mithin insgesamt jeweils 608,14 Euro geleistet.

75

2. Für das Kalenderjahr 2008 kann der Kläger lediglich eine Nachzahlung laufender Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 verlangen, weitere Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.

76

a) Der Kläger kann von dem Beklagten für die Monate Januar bis März 2008 rückständige laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 66,13 Euro brutto, mithin eine Nachzahlung iHv. insgesamt 198,39 Euro brutto verlangen.

77

aa) Für die Monate Januar bis März 2008 hatte der Kläger Anspruch auf Zahlung laufender monatlicher Ruhegeldleistungen iHv. jeweils 3.339,76 Euro brutto.

78

Das ruhegeldfähige Gehalt, das im Jahr 2008 7.590,00 Euro betrug (Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 iHv. 7.481,46 Euro zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 iHv. 108,54 Euro), war in den Monaten Januar bis März 2008 nach § 69e Abs. 3 BeamtVG jeweils um den Anpassungsfaktor 0,97292 auf 7.384,46 Euro zu mindern. Da sich der Ruhegeldsatz auf 67 % beläuft, betrug das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit monatlich 4.947,59 Euro. Dieses war um 62,97 % der in diesem Zeitraum vom Kläger bezogenen gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.830,10 Euro, mithin um 1.152,41 Euro auf 3.795,18 Euro zu kürzen. Eine weitere Kürzung wegen der in der Einzelzusage vereinbarten Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil diese nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze beträgt in diesem Zeitraum monatlich 5.538,35 Euro (75 % von 7.384,46 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Januar bis März 2008 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.795,18 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.830,10 Euro und betrug damit 5.396,33 Euro (3.795,18 Euro + 1.601,15 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das monatliche Ruhegeld iHv. 3.795,18 Euro um 12 % auf 3.339,76 Euro zu kürzen.

79

bb) Die Beklagte hat in den Monaten Januar bis März 2008 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.273,63 Euro erbracht, weshalb dem Kläger für die Monate Januar bis März 2008 noch 3 x 66,13 Euro, dh. insgesamt 198,39 Euro zustehen.

80

b) Für die Monate April bis Juni 2008 hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen gegen den Beklagten.

81

aa) Für die Monate April bis Juni 2008 errechnet sich ein monatlicher Ruhegeldanspruch iHv. jeweils 3.334,32 Euro brutto.

82

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug auch in den Monaten April bis Juni 2008 7.590,00 Euro. Dieses war gemäß § 69e Abs. 3 BeamtVG jeweils um den Anpassungsfaktor 0,97292 auf 7.384,46 Euro zu kürzen. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 4.947,59 Euro. Dieser Betrag war um 62,97 % der in diesem Zeitraum erhaltenen gesetzlichen Rente des Klägers iHv. monatlich 1.839,90 Euro, mithin um 1.158,59 Euro auf 3.789,00 Euro zu kürzen. Eine Kürzung wegen der in der Einzelzusage geregelten Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil die Gesamtversorgungsobergrenze nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze belief sich in diesem Zeitraum auf monatlich 5.538,35 Euro (75 % von 7.384,46 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten April bis Juni 2008 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.789,00 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.839,90 Euro und betrug damit 5.398,73 Euro (3.789,00 Euro + 1.609,73 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das Ruhegeld iHv. monatlich 3.789,00 Euro um 12 % auf 3.334,32 Euro zu kürzen.

83

bb) Der Beklagte hat in der Zeit von April bis Juni 2008 laufende monatliche Ruhegeldzahlungen iHv. jeweils 3.411,53 Euro geleistet und damit eine monatliche Überzahlung iHv. 77,21 Euro, dh. eine Überzahlung iHv. insgesamt 231,63 Euro erbracht.

84

c) Der Kläger hat gegen den Beklagten auch für die Monate Juli bis Dezember 2008 keinen Anspruch auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen.

85

aa) Für die Monate Juli bis Dezember 2008 errechnet sich ein monatlicher Ruhegeldanspruch iHv. jeweils 3.323,07 Euro.

86

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug auch in den Monaten Juli bis Dezember 2008 7.590,00 Euro. Dieses war nach § 69e Abs. 3 BeamtVG jeweils um den Anpassungsfaktor 0,97292 auf 7.384,46 Euro zu kürzen. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 4.947,59 Euro. Dieses war um 62,97 % der in diesem Zeitraum vom Kläger bezogenen gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.860,21 Euro, dh. um 1.171,37 Euro auf 3.776,22 Euro zu kürzen. Eine weitere Kürzung wegen der in der Einzelzusage geregelten Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, da diese nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze belief sich in diesem Zeitraum auf monatlich 5.538,35 Euro (75 % von 7.384,45 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Juli bis Dezember 2008 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.776,22 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.860,21 Euro und betrug damit 5.403,72 Euro (3.776,22 Euro + 1.627,50 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das monatliche Ruhegeld des Klägers iHv. 3.776,22 Euro um 12 % auf 3.323,07 Euro zu kürzen.

87

bb) Der Beklagte hat an den Kläger in den Monaten Juli bis Dezember 2008 ein monatliches Ruhegeld iHv. jeweils 3.393,66 Euro gezahlt, so dass der Anspruch des Klägers erfüllt wurde. Es liegt eine Überzahlung iHv. monatlich 70,59 Euro, mithin eine Überzahlung iHv. insgesamt 423,54 Euro vor.

88

d) Für das Jahr 2008 hat der Kläger aus betrieblicher Übung einen Anspruch auf eine Sonderzuwendung iHv. 3.323,07 Euro. Hierauf hat der Beklagte 3.393,66 Euro gezahlt und damit den Anspruch des Klägers erfüllt. Es liegt eine Überzahlung durch den Beklagten iHv. 70,59 Euro vor.

89

3. Für das Kalenderjahr 2009 kann der Kläger vom Beklagten rückständige laufende Ruhegeldleistungen iHv. insgesamt 1.812,26 Euro brutto sowie eine rückständige Sonderzuwendung iHv. 2.642,33 Euro verlangen. Der Anspruch des Klägers ist nicht - auch nicht teilweise - durch die Aufrechnung des Beklagten mit einer Forderung auf Rückzahlung von im Jahr 2006 zu viel gezahlter Betriebsrente erloschen.

90

a) Für die Zeit von Januar bis Juni 2009 errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 115,65 Euro, mithin insgesamt iHv. 693,90 Euro.

91

aa) Dem Kläger standen für die Monate Januar bis Juni 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.420,05 Euro zu.

92

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug in dieser Zeit 7.802,52 Euro (Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 iHv. 7.690,94 Euro zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 iHv. 111,58 Euro). Das ruhegeldfähige Gehalt war gemäß § 69e Abs. 3 BeamtVG um den Anpassungsfaktor 0,96750 auf 7.548,94 Euro zu kürzen. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 5.057,79 Euro. Hierauf war die gesetzliche Rente des Klägers iHv. monatlich 1.860,21 Euro zu 62,97 %, dh. iHv. 1.171,37 Euro anzurechnen, woraus sich ein Betrag von 3.886,42 Euro ergab. Eine weitere Kürzung im Hinblick auf die Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil diese Grenze nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze betrug in diesem Zeitraum monatlich 5.661,71 Euro (75 % von 7.548,94 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Januar bis Juni 2009 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.886,42 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.860,21 Euro und betrug damit 5.513,92 Euro (3.886,42 Euro + 1.627,50 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das Ruhegeld iHv. 3.886,42 Euro um 12 % auf 3.420,05 Euro zu kürzen.

93

bb) Der Beklagte hat an den Kläger in den Monaten Januar bis Juni 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.304,40 Euro gezahlt, weshalb der Kläger noch Anspruch auf Zahlung von monatlich 115,65 Euro, mithin für die Zeit von Januar bis Juni 2009 auf Zahlung von insgesamt 693,90 Euro hat.

94

b) Für die Zeit von Juli bis November 2009 errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 220,19 Euro, mithin insgesamt iHv. 1.100,95 Euro.

95

aa) Dem Kläger standen für die Monate Juli bis November 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.485,14 Euro zu.

96

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug in dieser Zeit 7.999,38 Euro (Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 iHv. 7.885,00 Euro zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 iHv. 114,38 Euro). Das ruhegeldfähige Gehalt war gemäß § 69e Abs. 3 BeamtVG um den Anpassungsfaktor 0,96750 auf 7.739,40 Euro zu kürzen. Dieser Betrag war zudem nach § 5 Abs. 1 BeamtVG um den Faktor 0,9951 auf 7.701,48 Euro zu mindern. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 5.159,99 Euro. Hierauf war die gesetzliche Rente des Klägers iHv. monatlich 1.905,04 Euro zu 62,97 % anzurechnen, woraus sich ein Betrag von 3.960,39 Euro ergab. Eine weitere Kürzung im Hinblick auf die Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil diese Grenze nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze betrug in diesem Zeitraum monatlich 5.776,11 Euro (75 % von 7.701,48 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Juli bis November 2009 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.960,39 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.905,04 Euro und betrug damit 5.627,11 Euro (3.960,39 Euro + 1.666,72 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das Ruhegeld iHv. 3.960,39 Euro um 12 % auf 3.485,14 Euro zu kürzen.

97

bb) Der Beklagte hat an den Kläger in den Monaten Juli bis November 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.264,95 Euro erbracht, weshalb der Kläger noch Anspruch auf Zahlung von monatlich 220,19 Euro, mithin für die Zeit von Juli bis November 2009 auf Zahlung von insgesamt 1.100,95 Euro hat.

98

c) Für Dezember 2009 errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger Ruhegeldleistungen iHv. 17,41 Euro brutto. Der monatliche Ruhegeldanspruch des Klägers belief sich auch im Monat Dezember 2009 auf 3.485,14 Euro. Hierauf hat der Beklagte 3.467,73 Euro gezahlt.

99

d) Für das Jahr 2009 hat der Kläger zudem aus betrieblicher Übung einen Anspruch auf Zahlung einer rückständigen Sonderzuwendung iHv. 2.642,33 Euro brutto. Der Anspruch war zunächst iHv. 3.485,14 Euro brutto entstanden. Hierauf hat der Beklagte eine Sonderzuwendung iHv. 358,46 Euro brutto gezahlt. Er hat zudem weitere 484,35 Euro brutto zur Auszahlung gebracht, die der Kläger sich auf seine Ansprüche anrechnen lässt.

100

e) Der Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen sowie rückständiger Sonderzuwendung für das Jahr 2009 iHv. insgesamt 4.454,59 Euro ist durch die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer Forderung auf Rückzahlung von im Jahr 2006 zu viel gezahlter Betriebsrente nicht - auch nicht teilweise - gemäß § 389 BGB erloschen.

101

aa) Zwar hat der Beklagte im Jahr 2006 an den Kläger insgesamt 608,14 Euro zuviel an Betriebsrente gezahlt und damit einen Anspruch gegen den Kläger nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten erworben. Der Beklagte hat auch gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger Leistungen für das Jahr 2009 aufgerechnet. Er hat vorgetragen, seinen Anspruch auf Rückzahlung des im Jahr 2006 aus seiner Sicht zuviel Geleisteten iHv. 1.420,71 Euro mit der Forderung des Klägers für das Jahr 2009 zu verrechnen und damit konkludent die Aufrechnung erklärt, § 388 BGB. Die Aufrechnungserklärung braucht nicht ausdrücklich abgegeben zu werden; es genügt die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens (vgl. BGH 16. Januar 1958 - VII ZR 66/57  - BGHZ 26, 241 ; BVerfG 26. Februar 1993 - 2 BvR 1463/92  -).

102

bb) Die Aufrechnung ist jedoch mangels hinreichender Bestimmtheit der zur Aufrechnung gestellten Forderung unzulässig. Auch für die Prozessaufrechnung gilt der Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 ZPO(vgl. BGH 7. November 2001 - VIII ZR 263/00 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 149, 120). Dieser ist hier nicht gewahrt.

103

Der Beklagte berühmt sich eines Anspruchs gegen den Kläger auf Rückzahlung von in der Zeit von Januar bis Dezember 2006 zuviel bezogener Betriebsrente iHv. insgesamt 3.690,92 Euro. Dabei setzt sich diese Gesamtforderung des Beklagten aus Ansprüchen auf Rückzahlung überzahlter laufender Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis Dezember 2006 iHv. monatlich 283,92 Euro sowie einer im Monat November 2006 überzahlten Sonderzuwendung iHv. ebenfalls 283,92 Euro, die jeweils gesonderte Streitgegenstände darstellen, zusammen. Der Beklagte verfolgt seinen Rückzahlungsanspruch teilweise, nämlich iHv. 2.270,33 Euro im Wege der Widerklage. In Höhe des nicht von der Widerklage erfassten Teilbetrags, dh. iHv. 1.420,59 Euro, hat er gegenüber der Forderung des Klägers auf Zahlung rückständiger Betriebsrente für das Jahr 2009 die Aufrechnung erklärt. Dabei hat er jedoch nicht bestimmt, welche Einzelforderungen von der Teilwiderklage und welche von der teilweisen Aufrechnung erfasst werden. Es bleibt offen, ob sich die Teilwiderklage und die teilweise Aufrechnung jeweils auf unterschiedliche Monate des Jahres 2006 und damit auf unterschiedliche Streitgegenstände beziehen oder ob sie dieselben Leistungsmonate erfassen und mit welchem Anteil sie in den einzelnen Monaten bei der Teilwiderklage und der teilweisen Aufrechnung Berücksichtigung finden sollen.

104

4. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 BGB.

105

B. Der Klageantrag zu 2., mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Beklagte seine Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung nur zu 75,23 % auf die Höhe der Betriebsrente anrechnen darf, ist mangels Feststellungsinteresses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig.

106

I. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich zwar auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist jedoch nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. etwa BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 19 - 21 mwN). Dies wäre bei dem vom Kläger angebrachten Klageantrag zu 2. nur dann der Fall, wenn über weitere Faktoren, die die Höhe seiner Betriebsrente bestimmen, kein Streit bestünde und die Bezifferung des Rentenanspruchs nach der gerichtlichen Klärung der streitigen Frage lediglich eine einfache Rechenaufgabe wäre, die von den Parteien selbst umgesetzt werden könnte.

107

II. Hiervon ausgehend ist der Klageantrag zu 2. unzulässig. Die Parteien streiten nicht nur darüber, in welchem Umfang der Beklagte die Bezüge des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf das betriebliche Ruhegeld anrechnen darf, sondern über mehrere weitere für die Berechnung des Ruhegeldes maßgebliche Fragen. Damit ist der Klageantrag zu 2. ersichtlich nicht geeignet, das Rechtsverhältnis der Parteien einer abschließenden Klärung zuzuführen.

108

C. Der Klageantrag zu 3., der auf die Feststellung gerichtet ist, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jährlich mit der Abrechnung für den Monat November zusätzlich zur regulären Monatsrente eine volle 13. Betriebsrentenleistung zu zahlen, deren Höhe der Novemberleistung des jeweiligen Jahres entspricht, ist zulässig und begründet.

109

I. Der Antrag ist zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich auf die Feststellung einer Zahlungspflicht gerichtet. Da der Beklagte die Verpflichtung zur Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung in Höhe des Novemberruhegeldes bestreitet, hat der Kläger auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

110

II. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Beklagte ist aus betrieblicher Übung verpflichtet, an den Kläger im Monat November eines jeden Jahres eine Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen Ruhegeldes für den Monat November zu zahlen.

111

D. Die Widerklage ist unzulässig, soweit der Beklagte vom Kläger die Rückzahlung im Jahr 2006 zuviel gezahlter Betriebsrente iHv. 2.270,33 Euro verlangt. Im Übrigen ist die Widerklage zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger ist lediglich verpflichtet, an den Beklagten überzahlte monatliche Ruhegeldleistungen sowie zuviel gezahlte Sonderzuwendungen für die Jahre 2007 und 2008 iHv. insgesamt 1.333,90 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2010 zu zahlen.

112

I. Soweit der Beklagte mit seiner Widerklage die Rückzahlung zuviel erbrachter Leistungen für das Jahr 2006 verlangt, ist die Widerklage mangels hinreichender Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO)unzulässig.

113

1. Wird mit der Klage ein Teilbetrag geltend gemacht, der sich - wie hier - aus mehreren selbständigen Ansprüchen zusammensetzt, muss der Kläger im Einzelnen angeben, wie er die Klagesumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will oder zumindest bestimmen, in welcher Reihenfolge er die Forderungen bis zur geltend gemachten Gesamthöhe beansprucht, da anderenfalls der Umfang der Rechtskraft des Urteils nicht festzustellen wäre (vgl. BGH 12. Januar 2006 - III ZR 138/05 - Rn. 9).Wird - wie vorliegend - mit der Widerklage lediglich ein Teilbetrag einer Gesamtforderung geltend gemacht und im Übrigen (teilweise) die Aufrechnung erklärt, muss deshalb auch angegeben werden, wie sich die Gesamtforderung auf die Teilwiderklage und die Aufrechnung verteilt. Anderenfalls ist die Teilwiderklage mangels hinreichender Individualisierung des Streitgegenstandes unzulässig.

114

2. Der Beklagte hat die erforderliche Individualisierung nicht vorgenommen. Er hat nicht dargelegt, welche Einzelforderungen von der Gesamtforderung iHv. 3.690,92 Euro aus Überzahlungen für die Monate Januar bis Dezember 2006 von der Teilwiderklage und welche von der teilweisen Aufrechnung erfasst werden. Es bleibt offen, ob sich die Teilwiderklage und die teilweise Aufrechnung auf unterschiedliche Monate des Jahres 2006 beziehen oder ob sie dieselben Leistungsmonate erfassen und mit welchem Anteil sie in den einzelnen Leistungsmonaten Berücksichtigung finden sollen.

115

II. Soweit der Beklagte mit der Widerklage vom Kläger die Rückzahlung zu viel gezahlter Betriebsrente iHv. 5.580,97 Euro für die Jahre 2007 und 2008 verlangt, ist die Widerklage zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Für die Jahre 2007 und 2008 stehen dem Beklagten lediglich Rückzahlungsansprüche iHv. insgesamt 1.333,90 Euro zu.

116

1. Der Beklagte kann nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB vom Kläger für das Jahr 2007 die Rückzahlung von 608,14 Euro und für das Jahr 2008 die Rückzahlung von 725,76 Euro, mithin insgesamt einen Betrag iHv. 1.333,90 Euro verlangen.

117

2. Der Rückzahlungsanspruch des Beklagten ist nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

118

a) Nach § 818 Abs. 3 BGB ist der Bereicherungsanspruch ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Dies ist der Fall, wenn das Erlangte ersatzlos weggefallen ist und kein Überschuss im Vermögen des Empfängers mehr besteht, der ohne den bereichernden Vorgang nicht vorhanden wäre. Da es sich bei dem Wegfall der Bereicherung um eine rechtsvernichtende Einwendung handelt, hat der Bereicherte den Wegfall der Bereicherung darzulegen. Hierzu hat er im Fall einer Gehalts- bzw. Rentenüberzahlung vorzutragen, dass sich sein Vermögensstand infolge der Gehalts- bzw. Rentenüberzahlung nicht verbessert hat. Dabei können ihm Erleichterungen zugutekommen. Bei kleineren und mittleren Arbeitseinkünften bzw. Renten und einer gleichbleibend geringen Überzahlung des laufenden Arbeitsentgelts bzw. der Rente kann der Beweis des ersten Anscheins für den Wegfall der Bereicherung sprechen. Dies kommt in Betracht, wenn erfahrungsgemäß und typischerweise die Zuvielzahlungen für den laufenden Lebensunterhalt, insbesondere für konsumtive Ausgaben verbraucht werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich um eine Überzahlung in relativ geringer Höhe handelt. Je höher die Überzahlung im Verhältnis zum realen Einkommen oder den realen Einkünften ist, umso weniger kann davon ausgegangen werden, dass die zusätzlichen Mittel für den Lebensunterhalt verbraucht wurden. Zudem muss die Lebenssituation des Betroffenen, insbesondere seine wirtschaftliche Lage die Annahme nahelegen, dass die Überzahlung für die laufende Lebensführung verbraucht wurde. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn Personen mit geringen oder mittleren Einkünften über keine weiteren Einkünfte verfügen, so dass sie die Nettobezüge verwenden, um den laufenden Lebensunterhalt für sich und ggf. ihre Familie zu bestreiten (vgl. etwa BAG 26. Mai 2009 - 3 AZR 797/07 - Rn. 29; 6. Juni 2007 - 4 AZR 573/06 - Rn. 32).

119

b) Danach kann der Kläger den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB nicht mit Erfolg geltend machen. Es ist weder festgestellt noch vom Kläger vorgetragen, dass sich sein Vermögensstand infolge der Ruhegeldüberzahlung nicht verbessert hat. Ihm kommen auch keine Darlegungserleichterungen zugute. Die monatlichen Überzahlungen sind zwar im Verhältnis zu den geschuldeten Beträgen geringfügig. Der Kläger befand sich jedoch in den Jahren 2007 und 2008 nicht in einer wirtschaftlichen Situation, die die Verwendung der Überzahlung für die laufende Lebensführung nahelegte.

120

Da der Kläger im Jahr 2007 nicht nur ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro, sondern zudem eine monatliche gesetzliche Rente iHv. 1.830,10 Euro sowie eine Sonderzahlung iHv. 3.273,63 Euro erhalten hat, belief sich sein durchschnittliches Monatseinkommen auf 5.376,53 Euro und sein Jahreseinkommen auf insgesamt 64.518,39 Euro. In den Monaten April bis Juni 2008 hat der Kläger neben seiner gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.839,90 Euro laufende Ruhegeldleistungen vom Beklagten iHv. 3.411,53 Euro bezogen und damit insgesamt monatliche Einkünfte iHv. 5.251,43 Euro erzielt. In den Monaten Juli bis Dezember 2008 hat der Beklagte an den Kläger monatliche Ruhegeldleistungen iHv. 3.393,66 Euro gezahlt. Zusammen mit der gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.860,21 Euro verfügte der Kläger in dieser Zeit mithin über monatliche Gesamteinkünfte iHv. 5.253,87 Euro. Zudem hat er vom Beklagten im November 2008 eine Sonderzuwendung iHv. 3.393,66 Euro erhalten. Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger diese Beträge einschließlich der Überzahlungen für seine laufende Lebensführung aufgebracht hat.

121

III. Der Beklagte hat die Ansprüche auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt.

122

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Es ist nicht Zweck der Verwirkung, Schuldner, die gegenüber Gläubigern ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf nicht zur Verwirkung eines Rechts führen. Zu dem Zeitmoment müssen vielmehr besondere Umstände sowohl des Verhaltens des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Dabei muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz (vgl. etwa BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 555/09 - Rn. 34 mwN; 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 53, BAGE 134, 111).

123

2. Vorliegend fehlt es jedenfalls am Umstandsmoment. Allein das längere Untätigbleiben des Beklagten hinsichtlich der Rückforderung der überzahlten Beträge für die Jahre 2007 und 2008 genügt zur Verwirkung nicht. Besondere Umstände, aufgrund derer der Kläger darauf vertrauen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, liegen nicht vor.

124

IV. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 BGB.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Busch    

        

    Becker    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. September 2012 - 5 Sa 275/11 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 24. März 2011 - 2 Ca 2608/10 E - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung zweier Ausgleichszulagen.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Juli 1991 bei dem beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Ausweislich § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags vom 13. März 1992 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifrechtliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung.

3

Nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 sind die angestellten Lehrkräfte in diejenige Vergütungsgruppe des BAT-O eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Auf diese Tarifvorschrift nehmen die Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 10. März 2011 (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) ebenso wie ihre Vorgängerfassungen in Abschnitt A Nr. 1 Bezug. Hiervon erfasst sind Lehrkräfte an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen, bei denen die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt sind (sog. Erfüller). Eine dementsprechende Verweisung enthielten in Abschnitt IV Unterabschnitt A Nr. 1 auch die Eingruppierungsrichtlinien des beklagten Landes über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte vom 17. Oktober 1995 (Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA), welche bis zum 31. Dezember 2011 galten.

4

Sowohl die Lehrer-Richtlinien-O der TdL als auch die Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA sehen in Abschnitt A bzw. Abschnitt IV Unterabschnitt A Nr. 3 vor, dass Lehrkräften, die durch ausdrückliche Anordnung zum Schulleiter oder zum ständigen Vertreter des Schulleiters bestellt sind, eine Zulage in der Höhe gezahlt werden kann, wie sie vergleichbaren beamteten Lehrkräften als Schulleitern bzw. ständigen Vertretern von Schulleitern als Amtszulage zusteht. Die Lehrer-Richtlinien-O der TdL vom 22. Juni 1995 nahmen diesbezüglich nur auf die Amtszulage nach der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes Bezug. Die Neufassung der Lehrer-Richtlinien-O der TdL vom 10. März 2011 verweist ebenso wie die Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA alternativ auf die Amtszulage nach landesrechtlichen Vorschriften.

5

Nach Anlage 1 Besoldungsordnung A zum Besoldungsgesetz für das Land Sachsen-Anhalt (LBesG LSA) in der Fassung des Gesetzes zur besoldungsrechtlichen Gleichstellung der Lehrerinnen und Lehrer im Dienst des Landes Sachsen-Anhalt (Lehrerinnen- und Lehrergleichstellungsgesetz LSA) vom 27. Juli 1995 wurde ein Sekundarschulkonrektor als ständiger Vertreter des Leiters einer Sekundarschule mit mehr als 360 Schülern nach der Besoldungsgruppe A 14 besoldet und erhielt ausweislich der Fußnote 13 eine Amtszulage in bezifferter Höhe. Nach der Fassung des LBesG LSA vom 3. März 2005 sah die Fußnote 13 vor, dass eine Amtszulage in der in Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zu Besoldungsgruppe A 13, Fußnote 7 ausgewiesenen Höhe gewährt wurde. Seit dem 1. April 2011 sieht die Neufassung des LBesG LSA vom 8. Februar 2011 in der Fußnote 1 zur Besoldungsgruppe A 14 eine Amtszulage nach Anlage 8 zum LBesG LSA vor.

6

Mit Verfügung vom 9. September 1994 bestellte das beklagte Land den Kläger zum ständigen Vertreter des Schulleiters der Sekundarschule L. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis. Ein beamteter ständiger Vertreter des Schulleiters wäre nach der Besoldungsgruppe A 14 alimentiert worden. Ab dem 1. Januar 1998 wurde der Kläger nach der Vergütungsgruppe Ib BAT-O zuzüglich einer der landesrechtlichen Amtszulage entsprechenden Zulage vergütet, weil an der Sekundarschule L mittlerweile mehr als 360 Schüler unterrichtet wurden. Nachdem die Schülerzahl im Schuljahr 2002/2003 wieder unter 360 gesunken war, stellte das beklagte Land die Leistung der Zulage ab dem 1. September 2003 ein.

7

Seit dem 1. November 2006 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006. Der Kläger wurde in die Entgeltgruppe 14 TV-L übergeleitet.

8

Zu Beginn des Schuljahres 2009/2010 sank die Schülerzahl auf unter 180. Damit entfiel die Stelle eines ständigen Vertreters des Schulleiters. Dem Kläger wurde angeboten, diese Funktion an einer anderen Sekundarschule weiter auszuüben oder an seiner bisherigen Schule künftig als reguläre Lehrkraft in der Entgeltgruppe 13 TV-L tätig zu sein. Der Kläger lehnte einen Schulwechsel aus persönlichen Gründen ab. Im Juni 2010 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag, wonach der Kläger seit dem 1. Februar 2010 in die Entgeltgruppe 13 TV-L eingruppiert ist.

9

Entsprechend einer vorsorglichen Geltendmachung vom 15. April 2010 beantragte der Kläger daraufhin wegen der Herabgruppierung die Zahlung einer Ausgleichszulage nach „§ 1 Abs. 2 LBesG LSA iVm. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBesG“. Zudem verlangte er mit Schreiben vom 31. August 2010 eine Ausgleichszulage nach „§ 1 Abs. 2 LBesG LSA iVm. § 13 Abs. 2 BBesG“ für den Wegfall der Zulage, die er vom 1. Januar 1998 bis zum 1. September 2003 erhalten hatte, weil an seiner Sekundarschule damals mehr als 360 Schüler unterrichtet worden waren. Das beklagte Land lehnte die Zahlung der beiden geforderten Ausgleichszulagen ab.

10

§ 1 Abs. 2 LBesG LSA lautete in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung vom 15. Dezember 2009 (im Folgenden: § 1 Abs. 2 LBesG LSA aF) auszugsweise:

        

„(2)   

1Für die Besoldung und Versorgung der in Absatz 1 Satz 1 genannten Personen gelten die am 31. August 2006 gültigen bundesrechtlichen Gesetze und Verordnungen als Landesrecht fort, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. 2Die §§ 23, 24, 45 und 46 des Bundesbesoldungsgesetzes finden keine Anwendung. …“

11

§ 13 BBesG in der vom 1. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2009 gültigen Fassung vom 6. August 2002 (im Folgenden: § 13 BBesG aF) bestimmte auszugsweise Folgendes:

        

„(1)   

Verringern sich die Dienstbezüge eines Beamten, weil

                 

…       

                 

4.    

sich die Zuordnung zu seiner Besoldungsgruppe nach der Schülerzahl einer Schule richtet und diese Voraussetzung wegen zurückgehender Schülerzahlen nicht mehr erfüllt ist ...

                 

…       

        
                 

erhält er eine Ausgleichszulage. Sie wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen seinen jeweiligen Dienstbezügen und den Dienstbezügen gewährt, die ihm in seiner bisherigen Verwendung zugestanden hätten; ...

        

(2)     

Verringern sich die Dienstbezüge eines Beamten aus anderen dienstlichen Gründen, erhält er eine Ausgleichszulage entsprechend Absatz 1 Satz 2 bis 4. …

        

…       

        
        

(4)     

Dienstbezüge im Sinne dieser Vorschrift sind Grundgehalt, Amts- und Stellenzulagen. …“

12

Die Norm wurde in der Fassung vom 19. Juni 2009 mit Wirkung ab dem 1. Juli 2009 geändert. Sie regelt nunmehr nur noch die Ausgleichszulage für den Wegfall von Stellenzulagen. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BBesG wird der Wegfall einer Stellenzulage aus dienstlichen Gründen, die nicht vom Beamten zu vertreten sind, ausgeglichen, wenn die Stellenzulage zuvor in einem Zeitraum von sieben Jahren insgesamt mindestens fünf Jahre zugestanden hat. Besoldungsrechtliche Auswirkungen des Rückgangs von Schülerzahlen werden nicht mehr erwähnt. § 13 Abs. 2 BBesG befasst sich seitdem mit der Konstellation eines Anspruchs auf mehrere Stellenzulagen. Die Besoldung bei Verleihung eines anderen Amtes regelt seit dem 1. Juli 2009 der neugefasste § 19a BBesG.

13

Seit dem 1. April 2011 verweist § 1 Abs. 2 LBesG LSA in der Fassung vom 8. Februar 2011 für die Besoldung der Landesbeamten nicht mehr auf Bundesrecht. Die Leistung einer Ausgleichszulage für die Verminderung von Dienstbezügen aus dienstlichen Gründen regelt ab diesem Zeitpunkt § 41 LBesG LSA. Dienstbezüge im Sinne dieser Vorschrift sind Grundgehalt, Amts- und Stellenzulagen (§ 41 Abs. 3 Satz 1 LBesG LSA).

14

Mit seiner Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass § 2 Nr. 3 des Änderungsvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 ebenso wie die vertraglich in Bezug genommenen Lehrereingruppierungsrichtlinien eine umfassende besoldungsmäßige Gleichstellung von angestellten und beamteten Lehrkräften bezweckten. Daher stehe ihm die gleiche Besitzstandswahrung nach Maßgabe der beamtenrechtlichen Vorgaben zu. Dem Anspruch auf die Ausgleichszulage wegen des Wegfalls der Zulage, die er vom 1. Januar 1998 bis zum 1. September 2003 wegen der hohen Schülerzahl erhalten hatte, stehe nicht entgegen, dass dem beklagten Land bei der Gewährung dieser Zulage ein Ermessen zugestanden habe. Die Interessenlage sowie das Ziel, die angestellten Lehrkräfte nicht schlechter zu stellen als die beamteten, sprächen für die Gewährung der Ausgleichszulage.

15

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm seit dem 1. Februar 2010 eine Ausgleichszulage gemäß § 1 Abs. 2 LBesG iVm. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBesG zwischen den Entgeltgruppen 13 und 14 TV-L zu zahlen und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen 13 und 14 TV-L beginnend mit dem 28. Februar 2010 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

        

2.    

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm seit dem 1. Februar 2010 eine Ausgleichszulage gemäß § 1 Abs. 2 LBesG iVm. § 13 Abs. 2 BBesG für den Wegfall der Amtszulage gemäß Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes zur Besoldungsgruppe A 13, Fußnote 7 zu zahlen und diese beginnend mit dem 28. Februar 2010 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

16

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet.

17

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Revision zugelassen. Das beklagte Land begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

18

Seit dem 1. August 2012 ist der Kläger bis zum 31. Juli 2015 unter Wegfall der Vergütung beurlaubt.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Ausgleichszulagen. Folglich war das fehlerhafte Urteil des Landesarbeitsgerichts gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.

20

I. Die Klage ist zulässig.

21

1. Die gestellten Anträge bedürfen der Auslegung.

22

a) Der Kläger verlangt mit dem Antrag zu 1. die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes zur Zahlung einer Ausgleichszulage ab dem 1. Februar 2010 in Höhe der Differenz zwischen den Entgeltgruppen 13 und 14 TV-L. Rückständige Beträge sollen offensichtlich ab Fälligkeit iSd. § 24 Abs. 1 TV-L in gesetzlicher Höhe verzinst werden. Die im Antrag angeführten besoldungsrechtlichen Vorschriften (§ 1 Abs. 2 LBesG, § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBesG)sind bei interessengerechter Auslegung des Feststellungsantrags nicht Gegenstand des auf Kompensation von Einkommensverlust ausgerichteten Rechtsstreits. Der Kläger hat die Vorschriften erkennbar nur in die Antragsformulierung aufgenommen, um den beamtenrechtlichen Hintergrund der begehrten Ausgleichszulage deutlich zu machen. Der Antragsbegründung ist aber zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Anspruch auch geltend gemacht werden soll, falls die angeführten besoldungsrechtlichen Normen wegen Gesetzesänderungen nicht mehr einschlägig sein sollten. Im Revisionsverfahren wird dies dadurch deutlich, dass der Kläger nunmehr auch auf § 41 LBesG LSA abstellt.

23

b) Auch der Antrag zu 2. ist so zu verstehen, dass die Anwendbarkeit der angeführten besoldungsrechtlichen Normen (§ 1 Abs. 2 LBesG, § 13 Abs. 2 BBesG) nicht zum Streitgegenstand gehören soll. Die Parteien streiten nach der Antragsformulierung, die auf der Fassung des LBesG LSA vom 3. März 2005 basiert, über einen Anspruch auf eine Ausgleichszulage für den Wegfall der Amtszulage gemäß Anlage IX des BBesG zur Besoldungsgruppe A 13, Fußnote 7. Nur über diesen Streitgegenstand soll entschieden werden.

24

c) Beide Anträge sind schließlich dahingehend auszulegen, dass die begehrten Feststellungen nur für Zeiträume getroffen werden sollen, in denen eine Vergütungspflicht des beklagten Landes besteht. Eine solche setzt der Kläger nach dem gesamten Klagevorbringen bei der Antragstellung offensichtlich voraus. Die Zeit der vergütungsfreien Beurlaubung ab dem 1. August 2012 soll demnach nicht von der festzustellenden Zahlungsverpflichtung umfasst sein.

25

2. Mit diesem Inhalt sind beide Anträge zulässig.

26

a) Die Anträge sind auch ohne die Benennung der besoldungsrechtlichen Normen hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis sind jeweils klar umrissen. Es kann mit Rechtskraftwirkung entschieden werden.

27

b) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist ebenso wie der verlangte Gegenwartsbezug gegeben. Soweit der Kläger die Ausgleichszulagen bis zum Beginn der Beurlaubung am 1. August 2012 verlangt, erstrebt er gegenwärtige rechtliche Vorteile in Form eines höheren Entgelts aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum (vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 10). Bezüglich der Zeit der Beurlaubung begehrt der Kläger - wie dargelegt - keine Feststellung. Dennoch besteht auch ein zukunftsbezogenes Feststellungsinteresse. Das Arbeitsverhältnis ist nicht beendet. Bei einer Wiederaufnahme der Tätigkeit würde der Streit über die Ausgleichszulagen voraussichtlich aufleben. Das angestrebte Feststellungsurteil ist deshalb geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 14; 21. Januar 2010 - 6 AZR 449/09 - Rn. 14 mwN).

28

II. Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die streitbefangenen Ausgleichszulagen.

29

1. Die in Verbindung mit § 1 Abs. 2 LBesG LSA aF in Anspruch genommenen Regelungen des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 13 Abs. 2 BBesG aF können Ansprüche für die Zeit ab dem 1. Februar 2010 schon deshalb nicht begründen, weil sie mit Ablauf des 30. Juni 2009 außer Kraft traten.

30

2. Der Kläger kann auch aus den bis zum 31. März 2011 nach § 1 Abs. 2 LBesG LSA aF für die Beamten des beklagten Landes geltenden Nachfolgeregelungen des § 19a BBesG und § 13 Abs. 1 Satz 1 BBesG keine Ansprüche herleiten. Gleiches gilt für die ab dem 1. April 2011 maßgebliche Vorschrift des § 41 LBesG LSA. Weder § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 noch die Lehrer-Richtlinien-O der TdL oder die Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA sehen die Anwendbarkeit dieser besoldungsrechtlichen Anspruchsgrundlagen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers vor.

31

a) § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 dient der vergütungsrechtlichen Gleichbehandlung der Lehrkräfte, unabhängig davon, ob sie im Beamten- oder Angestelltenverhältnis stehen (BAG 16. Mai 2002 - 6 AZR 198/01 - zu I 3 c der Gründe). Dies bezwecken auch die Lehrer-Richtlinien-O der TdL und die Eingruppierungsrichtlinien des beklagten Landes. Die im Angestelltenverhältnis beschäftigten und nach ihren fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen mit den Beamten gleichwertigen Lehrkräfte sollen ein der Beamtenbesoldung annähernd gleiches Entgelt erhalten. Dies ist sachgerecht, weil angestellte und beamtete Lehrkräfte oft nebeneinander an derselben Schule und zumeist unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 32; 16. Mai 2013 - 4 AZR 484/11 - Rn. 26; 11. Juli 2012 - 10 AZR 203/11 - Rn. 16; 20. Juni 2012 - 4 AZR 304/10 - Rn. 23; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 24, BAGE 126, 149). Ein vollständiger Gleichlauf von Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung ist aufgrund des unterschiedlichen Rechtsstatus der beiden Personengruppen rechtlich aber nicht zwingend geboten (BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 625/13 - Rn. 17). Die Anwendbarkeit beamtenrechtlicher Regelungen hängt deshalb von der Reichweite vertraglicher oder tarifvertraglicher Bezugnahmen ab.

32

b) Die Regelung in § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 betrifft nur die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 26).

33

aa) Hinsichtlich der übrigen Beschäftigungsbedingungen ist eine Gleichbehandlung mit den Beamten nicht vorgesehen (BAG 5. September 2002 - 8 AZR 620/01 - zu B II 2 a der Gründe; 12. August 1998 - 10 AZR 329/97 - zu II 1 c der Gründe). § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 verweist auf keine besoldungsrechtlichen Besitzstandsregelungen. Die hier interessierenden § 13 Abs. 1, § 19a BBesG und § 41 LBesG LSA sind auch nicht analog anzuwenden. Das Regelungssystem des § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 ist, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, nicht unvollständig, so dass bereits deshalb kein Raum für eine Analogie besteht (vgl. zu dieser Voraussetzung BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 56, BAGE 145, 163; 24. Mai 2012 - 6 AZR 679/10 - Rn. 16, BAGE 142, 1). Eine annähernd gleiche Vergütung wird von den angestellten Lehrkräften in der Gesamtschau auch ohne die Anwendung dieser besoldungsrechtlichen Vorschriften erzielt, welche die besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Beamtenverhältnis widerspiegeln. Die finanziellen Interessen einzelner Betroffener rechtfertigen nicht die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke.

34

bb) Bezüglich des - vom Kläger reklamierten - Ausgleichsanspruchs nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBesG aF hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass sich diese Vorschrift nicht mit der Eingruppierung der Lehrkraft befasste und deshalb keine Anwendung auf angestellte Lehrkräfte fand(BAG 5. September 2002 - 8 AZR 620/01 - zu B II 2 a der Gründe). Dem steht die Entscheidung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 12. März 2008 (- 4 AZR 93/07 - BAGE 126, 149) nicht entgegen. Dort wird unter Randnummern 19 ff. dargestellt, dass einem Beamten das einmal übertragene Amt nicht wieder entzogen werden könne. Stimme der Beamte einer Verwendung in einem niedrigeren Amt zu, habe er einen Anspruch auf besoldungsmäßige Besitzstandswahrung aus § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBesG aF. Die sich anschließende Aussage in Randnummer 23 der Entscheidungsgründe, wonach diese Grundsätze „entsprechend“ für angestellte Lehrer gölten, bezieht sich auf die Eingruppierung und nicht auf die Frage des Ausgleichs für eine Herabgruppierung. Hinsichtlich der Herabgruppierung gebietet die Gleichstellung mit den beamteten Lehrkräften eine Änderungsvereinbarung oder eine sozial gerechtfertigte Änderungskündigung. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass dem für die beamteten Lehrkräfte maßgeblichen Beamtenrecht eine Tarifautomatik fremd ist (vgl. auch BAG 3. Juli 2014 - 6 AZR 753/12 - Rn. 18; 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21). Die den Beamten in Form einer Ausgleichszulage zustehende Besitzstandswahrung ist hiervon zu unterscheiden.

35

cc) Der Vortrag des Klägers, wonach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBesG aF - und damit auch dessen Nachfolgeregelungen - zur Vermeidung von Versetzungen einen Anreiz für die Akzeptanz einer Rückernennung habe schaffen wollen, lässt keine planwidrige Regelungslücke in § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 erkennen. Bei dieser Tarifnorm handelt es sich um eine reine Vergütungsregelung. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass § 46 BBesG, der die vorübergehende vertretungsweise Übertragung eines höherwertigen Amtes regelt, auf angestellte Lehrkräfte entsprechende Anwendung findet. Hierbei handelt es sich um einen Ersatz für die nicht anwendbaren Eingruppierungsregelungen des § 24 BAT-O bzw. § 14 TV-L(vgl. zu § 24 BAT-O BAG 9. November 2005 - 4 AZR 434/04 - Rn. 22; 22. April 2004 - 8 AZR 652/02 - zu II 3 der Gründe; 16. Mai 2002 - 6 AZR 198/01 - zu I 4 der Gründe; zu § 14 TV-L BAG 11. Juli 2012 - 10 AZR 203/11 - Rn. 12; zusammenfassend BAG 16. Mai 2013 - 4 AZR 484/11 - Rn. 35 ff.). Zudem galt § 46 BBesG nicht im beklagten Land(§ 1 Abs. 2 Satz 2 LBesG LSA aF).

36

c) Auch die Lehrer-Richtlinien-O der TdL und die Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA enthalten keine Verweisung auf § 13 Abs. 1 BBesG, § 19a BBesG oder § 41 LBesG LSA. Im Gegenteil sehen sowohl die Lehrer-Richtlinien-O der TdL als auch die Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA bezüglich der Zulage für die Tätigkeit eines Schulleiters oder dessen ständigen Vertreters im Gegensatz zum Besoldungsrecht eine tatbestandlich gebundene Ermessensentscheidung vor. Sind die in der Richtlinie in Bezug genommenen schulbezogenen besoldungsrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf die Amtszulage nicht erfüllt, kann hiernach auch einer vergleichbaren angestellten Lehrkraft nicht durch eine Ermessensentscheidung eine Zulage gewährt werden.Damit besteht insoweit gerade kein Gleichlauf der Vergütung von angestellten und beamteten Lehrkräften (vgl. BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 625/13 - Rn. 16; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 27, BAGE 126, 149; 14. September 2005 - 4 AZR 102/04 - zu I 2 b bb der Gründe, BAGE 116, 1). Dies gilt auch für eine besoldungsrechtlich vorgesehene Ausgleichszulage.

37

III. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Sieberts     

        

    Steinbrück     

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers sowie auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revisionen im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. April 2011 - 6 Sa 1683/10 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen - das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Juni 2010 - 5 Ca 19696/09, WK 5 Ca 1861/10 - teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.652,98 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 198,39 Euro seit dem 31. Dezember 2008 und aus weiteren 4.454,59 Euro seit dem 31. Dezember 2009 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte auch über den 31. Dezember 2009 hinaus verpflichtet ist, an den Kläger jährlich im November eine Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November zu zahlen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 1.333,90 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2010 zu zahlen.

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben der Kläger 70 % und der Beklagte 30 % zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens haben der Kläger 45 % und der Beklagte 55 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger in den Jahren 2006 bis 2009 zustehenden laufenden monatlichen Ruhegeldleistungen sowie darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf ein zusätzliches monatliches Ruhegeld als jährliche Sonderzuwendung hat.

2

Der am 16. Oktober 1930 geborene Kläger war bei dem Beklagten in der Zeit vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Oktober 1993 als AT-Angestellter beschäftigt. Im „Anstellungsvertrag“ vom 1. Oktober 1966 heißt es:

„…

6. Nach Ablauf der Probezeit erwerben Sie den Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte. Hierüber erhalten Sie zu gegebener Zeit ein besonderes Schreiben.

…“

3

Mit Schreiben vom 3. September 1980 teilte der Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Altersversorgung“ mit:

        

„Sehr geehrter Herr H,

        

nach Anstellung bei der VdTÜV haben Sie die Mitteilung erhalten, daß Sie Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte haben. Um eine Deckung hinsichtlich der späteren Versorgungsbezüge zu erreichen, führen wir Sie bei der Alters- und Hinterbliebenen-Versorgungsstelle der TÜV (AHV) als Versorgungsanwärter. Zur Klarstellung künftiger Versorgungsansprüche teilen wir Ihnen mit, daß die Grundlage bei Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe (B.Bes.O.) ist, nach der sich Ihr Gehalt anlehnt und zum Zeitpunkt des Leistungsfalles bemißt. Mit Ende der Wartezeit am 01.10.1976 ist ein Anspruch von 35 % erreicht. Ohne Ansatz bei der Berechnung der späteren Versorgungsbezüge bleiben eventuell gezahlte Zulagen.

                 
        

Die zugesagten Versorgungsleistungen umfassen:

                 

1.    

ein Ruhegehalt nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei nachgewiesener dauernder Berufsunfähigkeit,

                 

2.    

Witwengeld (60 % des Ruhegehalts)

                          

Geschiedene Ehefrauen erhalten keine Witwenbezüge,

                 

3.    

Waisengeld

                          

im Rahmen der jeweiligen Bundesbeamtenregelung.

                 
        

Andere als die hier zugesagten laufenden Versorgungsleistungen werden nicht gewährt. Auch bezieht die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung sich nicht auf gesetzliche Anrechnungszeiten oder irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren oder Ansprüche, die nicht ausdrücklich zur Grundlage dieser Zusage gemacht worden sind.

        

Der Rentenanspruch wird auch ausgelöst, wenn ein männlicher Versorgungsberechtigter eine Altersrente bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres beantragt, sofern er Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei befreienden Lebensversicherungen wird sinngemäß verfahren. Die vorgezogene Altersrente wird in Höhe der erreichten Altersrente errechnet und wegen der längeren Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Beginns um 0,5 % ihres Betrages gekürzt. Fällt das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung wieder weg, so wird auch die Zahlung der vorgezogenen betrieblichen Altersrente eingestellt.

                 
        

Auf das betriebliche Ruhegeld werden angerechnet:

        

a)    

Renten aus der Angestellten- und Arbeiterrentenversicherung, gleichgültig, ob aus einer Pflicht- oder freiwilligen Versicherung, soweit sie entstanden sind aus

                 

1)    

Beitragsleistungen früherer Arbeitgeber (Arbeitgeberanteile)

                 

2)    

der Hälfte der Ausfall-, Ersatz- und Zurechnungszeiten

                 

3)    

Beitragsleistungen der VdTÜV.

                          
                 

Grundlage für die Ermittlung des auf das betriebliche Ruhegehalt anzurechnenden Rentenanteils ist der amtliche Rentenbescheid. Daraus werden die Werteinheiten aus den Beiträgen der Zeiten nach 1) bis 3) ermittelt und zur Summe aller Werteinheiten aus der gesamten Versicherungszeit in Beziehung gesetzt. Nach diesem Verhältnis wird die Gesamtrente aufgeteilt.

                 

VdTÜV-Angehörigen, deren betriebliches Ruhegehalt wegen fehlender Versorgungsdienstjahre nicht den Höchstsatz von 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge erreicht, wird ein Ausgleich in der Form gewährt, daß der Betrag von der Anrechnung gemäß 1) bis 2) ausgenommen bleibt, der zur Erreichung des Höchstsatzes von 75 % erforderlich ist, jedoch nicht mehr als 5 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge.

        

b)    

Befreiungsversicherungen, und zwar in der Weise, daß unabhängig davon, welche Leistungen aus ihnen tatsächlich fällig werden, für die Anrechnung auf das betriebliche Ruhegehalt gemäß den Bestimmungen des Absatzes a) diejenige Sozialversicherungsrente zugrunde gelegt wird, die sich ohne Befreiung von der Versicherungspflicht ergeben hätte.

        

c)    

Renten, Kapitalabfindungen und Bezüge nach dem Gesetz zu Art. 131 GG, soweit sie die Bezüge überschreiten, die bei Anerkennung der früheren Versorgungsdienstzeit im Staatsdienst nach § 2 Absatz 2 erreicht werden.

                 
        

Auf das Ruhegehalt können in besonderen Fällen und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Gegebenheiten angerechnet werden Renten, Kapitalabfindungen und andere Bezüge aus

        

d)    

der berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung,

        

e)    

Unfällen und Schädigungen, soweit die oben bezeichneten Ansprüche des Betroffenen sich nicht aus privaten Versicherungsverträgen ergeben.

                 

…       

        

Die Anrechnungsklausel gilt seit 01.01.1968.

        

Betriebliches Ruhegeld wird insoweit gewährt, als die Gesamtversorgung (betriebliches Ruhegeld und sonstige Ruhegeldbezüge aus früheren Arbeitsverhältnissen) 75 % des ruhegeldfähigen Gehaltes nicht übersteigt. Unberücksichtigt bleiben hierbei jedoch eventuelle Bezüge nach d) und e).

        

Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974.

        

Wir behalten uns vor, die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die bei der Erteilung der Pensionszusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, daß uns die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Pensionsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann.

        

...“   

4

Auch die übrigen AT-Angestellten des Beklagten erhielten ein entsprechendes Schreiben.

5

In den ab dem 1. Januar 1981 gültigen „Richtlinien“ des Beklagten „für die Altersversorgung der Verwaltungsangestellten bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V. (VdTÜV)“ (im Folgenden: VdTÜV 81) heißt es:

        

„Die Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V., Essen, - im folgenden VdTÜV genannt - gewährt jedem ihrer Verwaltungsangestellten - im folgenden Geschäftsstellenangehörige genannt - eine Altersversorgung nach den Bestimmungen dieser Richtlinien. Zu den Verwaltungsangestellten im Sinne dieser Richtlinien zählen alle vollbeschäftigten Mitarbeiter der Geschäftsstelle, die nicht im Besitz einer Einzelzusage sind.

        

…“    

6

Am 12. Januar 1984 vereinbarten der Beklagte und der Betriebsrat die „Versorgungsordnung zur Regelung der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenen-Versorgung bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V. (VdTÜV)“ (im Folgenden: VdTÜV 84). Die VdTÜV 84 trat zum 1. Januar 1984 in Kraft. Sie lautet auszugsweise:

        

        

㤠1

                 

Kreis der Versorgungsberechtigten

        

1       

Die VdTÜV - nachfolgend Verein genannt - gewährt jedem regelmäßig beschäftigten Mitarbeiter (weiblich oder männlich), der bei Inkrafttreten dieser Versorgungsordnung in einem Arbeitsverhältnis zum Verein steht oder danach im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses seine Tätigkeit aufnimmt, eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen nach Maßgabe dieser Versorgungsordnung.

        

…       

        
                 

§ 10

                 

Weihnachtsgeld

                 

Versorgungsempfänger erhalten zusätzlich ein Weihnachtsgeld.

        

…       

        
                 

§ 12

                 

Höhe des Weihnachtsgeldes

                 

Die Höhe des Weihnachtsgeldes entspricht den für den Monat November gezahlten Versorgungsleistungen.

        

…       

        
                 

§ 21

        

…       

        
        

2       

Die Versorgungsordnung gilt für die Mitarbeiter des Vereins, die nach Inkrafttreten dieser Versorgungsordnung in die Dienste des Vereins eintreten.

        

3       

Für alle übrigen bei dem Verein beschäftigten Mitarbeiter gelten die Einzelschreiben bzw. Richtlinien für die Altersversorgung der Verw.-Angestellten bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine (VdTÜV) weiter.

        

4       

Mitarbeiter, denen Versorgungsleistungen durch Einzelschreiben oder durch die ‚Richtlinien für die Altersversorgung der Verw.-Angestellten bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine (VdTÜV)‘ zugesagt wurden, können bis zum 31. März 1984 verbindlich und unwiderruflich schriftlich erklären, ob sie ihre Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung erhalten oder auch weiterhin nach der für sie maßgebenden bisherigen Versorgungsregelung versorgt sein wollen.“

7

Der Kläger hat von der in § 21 Nr. 4 VdTÜV 84 eingeräumten Möglichkeit, die Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung zu erhalten, keinen Gebrauch gemacht.

8

Nachdem der Kläger mit Wirkung ab dem 1. Juni 1990 zum Leiter des Geschäftsbereichs Dienstleistungen berufen worden war, schlossen die Parteien am 3. August 1990 mit Wirkung zum 1. Juli 1990 einen „Dienstvertrag“, der ua. folgenden Inhalt hat:

        

㤠8

        

Alters- und Hinterbliebenenversorgung

        

(1)     

Die Herrn H mit Schreiben vom 03.09.1980 gegebene einzelvertragliche Zusage auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung bleibt mit der Maßgabe bestehen, daß als Grundlage für die Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Besoldungsgruppe B 6 der Bundesbesoldungsordnung gilt.

        

(2)     

Zeiten, für die vorgezogenes Ruhegeld nach § 7 gezahlt worden ist, werden bei der Ermittlung der Höhe der Anwartschaft einbezogen.“

9

Der Kläger bezieht seit dem 1. November 1993 eine vorgezogene Altersrente von der Beklagten. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts betrug seine monatliche gesetzliche Rente in den Jahren 2006 und 2007 sowie in den Monaten Januar bis März 2008 jeweils 1.830,10 Euro, in den Monaten April bis Juni 2008 jeweils 1.839,90 Euro, in den Monaten Juli bis Dezember 2008 sowie in den Monaten Januar bis Juni 2009 jeweils 1.860,21 Euro und in den Monaten Juli bis Dezember 2009 jeweils 1.905,04 Euro.

10

Ausweislich des Rentenbescheides des Klägers vom 29. Oktober 1993 erwarb dieser in der Zeit vom 16. November 1956 bis zum 31. Mai 1961 insgesamt 7,5103 Entgeltpunkte aufgrund von Pflichtbeiträgen, in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 insgesamt 2,5550 Entgeltpunkte aufgrund von freiwillig nachgezahlten Beiträgen, in der Zeit vom 16. Mai 1963 bis zum 31. Januar 1964 insgesamt 1,0988 Entgeltpunkte aufgrund von Pflichtbeiträgen, in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 insgesamt 6,2097 Entgeltpunkte aufgrund von freiwilligen Beiträgen und in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis zum 31. Oktober 1993 insgesamt 44,0995 Entgeltpunkte aufgrund von Pflichtbeiträgen. Aus dem Rentenbescheid des Klägers geht unter der Überschrift „Bewertung beitragsfreier Zeiten“ zudem hervor, dass 106 Monate „Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung“ in der Zeit vom 16. Oktober 1946 bis zum 21. Februar 1951, vom 22. Oktober 1951 bis zum 30. April 1954 und vom 1. Mai 1954 bis zum 29. Februar 1956 mit insgesamt 8,5648 Entgeltpunkten bewertet wurden, so dass die Summe aller im Rentenbescheid ausgewiesenen Entgeltpunkte 70,0381 beträgt.

11

Das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe B 6 BBesO betrug in den Kalenderjahren 2006 und 2007 monatlich jeweils 7.206,51 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich in diesen Jahren auf monatlich jeweils 105,28 Euro. Im Kalenderjahr 2008 betrug das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe B 6 BBesO monatlich jeweils 7.481,46 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich auf monatlich jeweils 108,54 Euro. In den Monaten Januar bis Juni 2009 betrug das Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 BBesO monatlich jeweils 7.690,94 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich auf monatlich jeweils 111,58 Euro. Im Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2009 betrug das Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 BBesO monatlich jeweils 7.885,00 Euro, der Familienzuschlag der Stufe 1 belief sich auf monatlich jeweils 114,38 Euro.

12

Der Kläger erhielt von dem Beklagten in den Kalenderjahren 2006 und 2007 ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro. Zudem gewährte ihm der Beklagte im November 2006 und im November 2007 eine Sonderzahlung in Höhe des monatlichen Ruhegeldes für den Monat November, dh. iHv. jeweils 3.273,63 Euro. Im Kalenderjahr 2008 zahlte der Beklagte dem Kläger in den Monaten Januar bis März ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro, in den Monaten April bis Juni ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.411,53 Euro und in den Monaten Juli bis Dezember ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.393,66 Euro. Zudem erbrachte er im November 2008 eine Sonderzuwendung iHv. 3.393,66 Euro. Im Kalenderjahr 2009 bezog der Kläger von dem Beklagten in den Monaten Januar bis Juni ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.304,40 Euro, in den Monaten Juli bis November ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.264,95 Euro und im Monat Dezember ein Ruhegeld iHv. 3.467,73 Euro. Der Beklagte zahlte dem Kläger im Kalenderjahr 2009 zudem eine Sonderzuwendung iHv. 358,46 Euro sowie weitere 484,35 Euro.

13

Der Beklagte zahlte seit Jahrzehnten den Betriebsrentnern - auch den AT-Angestellten mit Einzelzusage - jährlich im Monat November eine Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen monatlichen Ruhegeldes für den Monat November. Für die Versorgungsempfänger mit Einzelzusage wurde die Zahlung dieser Sonderzuwendung im Jahr 2009 eingestellt.

14

Mit dem am 30. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht beantragten Mahnbescheid vom 13. Januar 2010 (- 1 Ba 90912/09 -), der dem Kläger am 16. Januar 2010 zugestellt wurde, machte der Beklagte eine „Betriebsrentenüberzahlung vom 1.1.2006 bis 31.12.2006“ iHv. insgesamt 2.270,33 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides geltend.

15

Der Kläger hat mit seiner Klage ua. die Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 iHv. insgesamt 18.475,89 Euro brutto begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, zur Berechnung seiner laufenden Ruhegeldleistungen seien nach der ihm erteilten Versorgungszusage ergänzend die Bestimmungen der VdTÜV 1981 und der VdTÜV 1984 und nicht die Vorschriften des BeamtVG heranzuziehen. Seine Einzelzusage verweise weder statisch noch dynamisch auf die Vorschriften des BeamtVG. Selbst wenn eine dynamische Verweisung auf die Vorschriften des BeamtVG vorläge, habe der Beklagte seine laufenden Ruhegeldleistungen unzutreffend berechnet, da auch in diesem Fall § 69e Abs. 3 und § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG nicht anwendbar seien. Nach der Einzelzusage beziehe sich die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung nicht auf „irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren …, die nicht ausdrücklich zur Grundlage dieser Zusage gemacht worden“ seien. Zudem habe der Beklagte bei der Berechnung seiner Ruhegeldleistungen seine gesetzliche Rente im Umfang von 81,11 % angerechnet, obgleich nur eine Anrechnung im Umfang von 75,23 % gerechtfertigt sei. Der Teil der gesetzlichen Rente, der auf seinen freiwilligen Beiträgen in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhe, dürfe gemäß § 5 Abs. 2 BetrAVG nicht angerechnet werden. Er sei in dieser Zeit wegen Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht pflichtversichert gewesen, sondern habe sich freiwillig versichert. Die Versicherungsbeiträge habe er aus seinem Vermögen erbracht, sie seien nicht arbeitgeberfinanziert gewesen. Der Beklagte hätte außerdem bei der Prüfung, ob die in der Einzelzusage vorgesehene Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts überschritten wird, nicht die volle gesetzliche Rente berücksichtigen dürfen, die er erhalte. Vielmehr komme eine Berücksichtigung dieser Rente nur zu 81,37 % in Betracht. Nicht berücksichtigungsfähig sei die Rente aus Entgeltpunkten, die auf freiwillig nachgezahlten Beiträgen für die Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 sowie den freiwilligen Beiträgen für die Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhten, ebenso die Rente aus der Hälfte der Entgeltpunkte, die auf die Schul- und Hochschulausbildungszeit entfielen. Es dürfe daher nur die aus 56,991 Entgeltpunkten resultierende Rente in Ansatz gebracht werden. Sein Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November folge aus betrieblicher Übung.

16

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 18.475,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.366,68 Euro seit dem 31. Dezember 2009, aus 3.645,50 Euro brutto seit dem 31. Dezember 2008, aus 2.709,14 Euro brutto seit dem 31. Dezember 2007 und aus 2.754,57 Euro brutto seit dem 31. Dezember 2006 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte die Rentenleistungen des Klägers aus der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung nur zu 75,23 % auf die Höhe der Betriebsrente anrechnen darf,

        

3.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jährlich mit der November-Abrechnung zusätzlich zur regulären Monatsrente eine volle 13. Betriebsrentenleistung zu zahlen, deren Höhe der Novemberleistung des jeweiligen Jahres entspricht.

17

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat zudem widerklagend beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an ihn 7.851,30 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.580,97 Euro seit dem 3. Februar 2010 und aus 2.270,33 Euro seit dem 16. Januar 2010 zu zahlen.

18

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

19

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die dem Kläger erteilte Versorgungszusage enthalte eine dynamische Verweisung auf die Vorschriften des BeamtVG. Deshalb seien § 69e Abs. 3 sowie § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG und § 85 BeamtVG anwendbar. Bei der Anrechnung der gesetzlichen Rente nach Maßgabe der Einzelzusage seien auch die gesetzlichen Rentenleistungen zu berücksichtigen, die auf freiwilligen Beiträgen in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhten. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass er diese Beiträge selbst finanziert habe. Es sei seinerzeit vielmehr üblich gewesen, dass Arbeitnehmer mit einem Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze - wie der Kläger - sich die Arbeitgeberanteile hätten auszahlen lassen. Im Rahmen der Feststellung, ob die maßgebliche Gesamtversorgungsobergrenze eingehalten worden sei, sei die gesetzliche Rente in vollem Umfang zu berücksichtigen. Die Gesamtversorgungsobergrenze betrage nicht 75 %, sondern lediglich 73 %. Der Ruhegehaltssatz belaufe sich auf 68 %. Hinzu komme der in der Einzelzusage vorgesehene Ausgleich von maximal 5 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Aufgrund der Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG habe der Kläger aus der Einzelzusage ursprünglich einen Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung gehabt. Die Sonderzuwendung sei durch das Bundessonderzuwendungsgesetz zunächst schrittweise gekürzt worden und aufgrund des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes ab dem 1. Juli 2009 vollständig entfallen. Vor diesem Hintergrund sei für einen Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung aus betrieblicher Übung kein Raum. Insgesamt sei es daher in den Jahren 2006 und 2007 zu einer Betriebsrentenüberzahlung iHv. jeweils 3.690,92 Euro und im Jahr 2008 zu einer Betriebsrentenüberzahlung iHv. 3.580,63 Euro gekommen. Mit der Widerklage werde die Rückzahlung überzahlter Betriebsrente für die Jahre 2007 und 2008 iHv. insgesamt 5.580,97 Euro sowie der mit Mahnbescheid vom 13. Januar 2010 für das Jahr 2006 geltend gemachte Rückforderungsbetrag iHv. 2.270,33 Euro verlangt. Für das Jahr 2009 habe der Kläger noch einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Betriebsrente iHv. 1.420,71 Euro. Diese Forderung des Klägers habe er mit seinem Rückforderungsanspruch für das Jahr 2006, soweit dieser nicht mit der Widerklage verfolgt werde, verrechnet. Der Kläger könne sich gegenüber dem Rückzahlungsanspruch nicht mit Erfolg auf den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, da der verschärfte Haftungsmaßstab des § 52 BeamtVG eingreife.

20

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 2.640,59 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2009 zu zahlen sowie festgestellt, dass der Beklagte die Rentenleistung des Klägers aus der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund nur zu 75,23 % auf die Höhe der Betriebsrente des Klägers anrechnen darf. Die Widerklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine Klageanträge, soweit sie abgewiesen wurden, weiter, der Beklagte begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

21

Die Revisionen der Parteien sind zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Zahlungsklage zu Unrecht lediglich iHv. 2.640,59 Euro entsprochen. Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger rückständige Betriebsrente iHv. 4.652,98 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte ist zudem verpflichtet, über den 31. Dezember 2009 hinaus an den Kläger jährlich im November eine Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November zu zahlen. Den auf Feststellung dieser Verpflichtung gerichteten Klageantrag hat das Landesarbeitsgericht daher zu Unrecht abgewiesen. Dem Feststellungsantrag hinsichtlich der Anrechenbarkeit der gesetzlichen Rente zu 75,23 % auf die Betriebsrente hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht stattgegeben; dieser Klageantrag ist unzulässig. Die Widerklage wurde zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Sie ist iHv. 1.333,90 Euro nebst Zinsen begründet. Im Übrigen sind die Revisionen der Parteien unbegründet.

22

A. Die Zahlungsklage ist iHv. 4.652,98 Euro brutto nebst Zinsen begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger rückständige laufende Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 und für die Monate Januar bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 2.010,65 Euro brutto sowie eine Sonderzuwendung für das Jahr 2009 iHv. 2.642,33 Euro brutto zu zahlen. Der Anspruch auf die rückständigen laufenden Ruhegeldleistungen ergibt sich aus der dem Kläger erteilten Versorgungszusage. Der Anspruch auf die rückständige Sonderzuwendung für das Jahr 2009 folgt aus betrieblicher Übung. Im Übrigen ist die Zahlungsklage unbegründet.

23

I. Der Kläger hat nach der ihm erteilten Versorgungszusage iVm. den Bestimmungen des BeamtVG Anspruch auf rückständige laufende Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 und Januar bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 2.010,65 Euro brutto.

24

1. Die Versorgungszusage enthält eine dynamische Bezugnahme auf die jeweils geltenden Vorschriften des BeamtVG, die entsprechend zur Anwendung kommen, soweit in der Versorgungszusage nichts Abweichendes oder Vorrangiges geregelt ist. Dies ergibt die Auslegung der Versorgungszusage nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsregeln.

25

a) Bei den in der Versorgungszusage enthaltenen Bestimmungen handelt es sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die von den Parteien nicht angegriffen wurden, um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ausgangspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (vgl. BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 19; 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 20; 17. April 2012 - 3 AZR 380/10 - Rn. 21).

26

b) Danach sind für die Versorgungsansprüche des Klägers die jeweils geltenden Vorschriften des BeamtVG entsprechend anzuwenden, soweit in der Versorgungszusage nichts Abweichendes oder Vorrangiges geregelt ist. Ein Rückgriff auf die Bestimmungen der VdTÜV 81 oder der VdTÜV 84 kommt entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht in Betracht.

27

aa) Nach Nr. 6 des Anstellungsvertrages sollte der Kläger nach Ablauf der Probezeit einen Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte erwerben. Hierüber sollte er zu gegebener Zeit ein besonderes Schreiben erhalten. In dieser Vereinbarung hat der Beklagte nicht nur zum Ausdruck gebracht, dass bei ihm bereits ein Versorgungswerk bestand und dass er sich verpflichten wollte, an den Kläger Leistungen aus diesem Versorgungswerk zu erbringen, sondern auch, dass er dem Kläger die Versorgungsbedingungen im Einzelnen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben würde. Dies ist durch das Schreiben des Beklagten vom 3. September 1980 (im Folgenden: Versorgungszusage) geschehen.

28

Zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage regelte das BeamtVG die Alters- und Hinterbliebenenversorgung von Bundesbeamten. Mit der „Regelung für Bundesbeamte“ sind deshalb erkennbar die Bestimmungen des BeamtVG und nicht etwa die Bestimmungen der VdTÜV 81 oder der VdTÜV 84 gemeint. Die VdTÜV 81 und die VdTÜV 84 regeln weder die Beamtenversorgung noch gab es sie zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage.

29

Die Regelungen des BeamtVG sollten allerdings nicht uneingeschränkt gelten. Vielmehr hat sich der Beklagte zu einer Versorgung „in Anlehnung“ an die Bestimmungen des BeamtVG verpflichtet. Die vom Beklagten zugesagte Versorgung sollte sich daher in ihrer Struktur an den Regelungen des BeamtVG orientieren. Diese finden demnach entsprechende Anwendung, soweit sich aus der Versorgungszusage nichts Abweichendes oder Vorrangiges ergibt (vgl. etwa BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 15 f.; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 13; 20. April 2004 - 3 AZR 266/02 - zu B II 4 der Gründe; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b aa der Gründe, BAGE 103, 338). Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Danach bedeutet „sich anlehnen an“: „etwas folgen“, „sich an etwas orientieren“, „sich an etwas halten“ und „etwas zum Vorbild nehmen“ (vgl. Duden Das Synonymwörterbuch 5. Aufl. S. 89; Knaurs Lexikon der sinnverwandten Wörter S. 38; Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. S. 153).

30

bb) Für ein davon abweichendes Verständnis bietet die Versorgungszusage keine Anhaltspunkte. Diese enthält vielmehr selbst wesentliche Berechnungsfaktoren aus dem BeamtVG. Nach Abs. 1 Satz 3 der Einzelzusage ist Grundlage für die Berechnung der späteren Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe, an die sich das Gehalt des Klägers anlehnt und nach der es sich zum Zeitpunkt des Leistungsfalls bemisst. Mit dem Ende der Wartezeit am 1. Oktober 1976, dh. nach einer Betriebszugehörigkeit von zehn Jahren, hatte der Kläger nach der Einzelzusage einen Anspruch von 35 % erreicht. Diese Bestimmungen orientieren sich an § 4 Abs. 3 und § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, wonach sich das Ruhegehalt auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet und bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit 35 vom Hundert beträgt. Der Beklagte hat dem Kläger nach der Versorgungszusage zudem eine Gesamtversorgung mit einer Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % versprochen. Diese Gesamtversorgungsobergrenze entspricht der in § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG getroffenen Festlegung, wonach das Ruhegeld bis zum Höchstsatz von 75 % steigt.

31

cc) Für eine ergänzende Inbezugnahme der Vorschriften des BeamtVG in entsprechender Anwendung spricht auch, dass in der Versorgungszusage selbst nicht alle für die Berechnung des Ruhegeldes des Klägers erforderlichen Bestimmungen ausdrücklich geregelt sind. Im Schreiben vom 3. September 1980 heißt es nur, dass mit Ende der zehnjährigen Wartezeit ein Anspruch von 35 % erreicht ist und dass der Höchstsatz 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts beträgt. Eine ausdrückliche Bestimmung dazu, wie das Ruhegeld nach der Wartezeit bis zum Erreichen des Höchstsatzes von 75 % ansteigt, enthält die Versorgungszusage hingegen nicht. Dies soll sich erkennbar nach § 14 Abs. 1 BeamtVG richten, wonach das Ruhegeld mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um zwei vom Hundert, von da ab um eins vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 vom Hundert steigt. Mit den in der Versorgungszusage ausdrücklich festgelegten Ruhegehaltssätzen von mindestens 35 % und höchstens 75 % wurde die Regelung in § 14 Abs. 1 BeamtVG übernommen. Es ist daher folgerichtig, dass auch im Übrigen § 14 Abs. 1 BeamtVG Anwendung findet.

32

dd) Eine andere Auslegung ist nicht deshalb geboten, weil nach der Versorgungszusage im Übrigen die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 gelten. Hierbei handelt es sich lediglich um einen deklaratorischen Hinweis auf das BetrAVG, das keine Regelungen zum Inhalt des dem Kläger erteilten Versorgungsversprechens enthält.

33

ee) Aus der schriftlichen Stellungnahme des früheren geschäftsführenden Vorstandsmitglieds Ho vom 10. März 2010, wonach niemals beabsichtigt gewesen sei, die Betriebsrente an das BeamtVG zu binden, ergibt sich nichts anderes. Ein derartiger Wille - so er überhaupt bestanden haben sollte - ist in der Versorgungszusage gerade nicht zum Ausdruck gekommen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Beklagte hat dem Kläger ausdrücklich eine Versorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte zugesagt und sich bei der Formulierung einzelner Versorgungsbestimmungen an den Regelungen des BeamtVG orientiert.

34

ff) Die Versorgungszusage enthält keine statische, sondern eine dynamische Bezugnahme auf die Bestimmungen des BeamtVG.

35

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Verweisungen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch. Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils geltenden Regelungen. Das Verständnis einer solchen Bezugnahme als dynamische Verweisung ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen der Parteien eher gerecht als eine statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand. Der Arbeitgeber will im Zweifel die betriebliche Altersversorgung nach einheitlichen Regeln, dh. als System, erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Dies ist bei der Auslegung dahin gehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Will der Arbeitgeber eine Versorgung unabhängig von den jeweils geltenden Versorgungsbestimmungen zusagen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. etwa BAG 23. April 2013 - 3 AZR 24/11 - Rn. 22 mwN). Der Grundsatz, dass von einer dynamischen Verweisung auf die maßgeblichen Versorgungsregelungen auszugehen ist, gilt auch für Verweisungen auf für Beamte geltende Vorschriften, so dass beide Parteien Änderungen der Gesetze, die die Versorgung regeln, hinnehmen müssen (vgl. etwa BAG 16. August 1988 - 3 AZR 61/87 - zu 2 b der Gründe). Vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die ergänzende Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG eine statische sein sollte.

36

2. Nach den Regelungen der Versorgungszusage und den ergänzend in Bezug genommenen Bestimmungen des BeamtVG ist das laufende monatliche Ruhegeld des Klägers in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 wie folgt zu ermitteln:

37

a) Ausgangspunkt für die Berechnung des Ruhegeldes des Klägers ist das jeweilige ruhegeldfähige Gehalt, das sich aus dem jeweiligen monatlichen Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 zuzüglich des jeweiligen Familienzuschlags der Stufe 1 zusammensetzt. Dieses ruhegeldfähige Gehalt ist um den Anpassungsfaktor nach § 69e Abs. 3 BeamtVG und für die Zeit ab dem 1. Juli 2009 zudem um den Anpassungsfaktor nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG zu mindern. Beide Bestimmungen finden mangels einer in der Versorgungszusage getroffenen abweichenden oder vorrangigen Regelung aufgrund der ergänzenden dynamischen Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG Anwendung.

38

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers enthält Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage, wonach sich die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung nicht auf gesetzliche Anrechnungszeiten oder „irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren oder Ansprüche“ bezieht, die nicht ausdrücklich zur Grundlage der Zusage gemacht wurden, keine Regelung, die der Anwendung von § 69e Abs. 3 BeamtVG oder § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG entgegenstünde. Die in diesen Bestimmungen geregelten Anpassungsfaktoren sind keine anderen Berechnungsfaktoren iSv. Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage. Diese Bestimmung bezieht sich erkennbar auf die Regelungen in Abs. 1 Sätze 3 bis 5 der Versorgungszusage. Danach ist Grundlage für die Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe, an die sich das Gehalt des Klägers anlehnt und nach der es sich zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls bemisst. Zudem ist geregelt, dass mit Ende der Wartezeit am 1. Oktober 1976 ein Anspruch von 35 % erreicht war und dass bei der Berechnung der späteren Versorgungsbezüge eventuell gezahlte Zulagen ohne Ansatz bleiben sollen. Mit der Bestimmung in Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage hat der Beklagte demnach zum Ausdruck gebracht, dass es für die Bemessung der Leistung allein auf die Zeit ankommt, die der Kläger im Arbeitsverhältnis mit ihm verbracht hat und dass eine Anrechnung anderer Zeiten - beispielsweise aufgrund gesetzlicher Vorschriften - nicht in Betracht kommt. Deshalb hatte der Kläger, der am 1. Oktober 1966 in die Dienste des Beklagten getreten war, nach Ablauf der Wartezeit von zehn Jahren am 1. Oktober 1976 entsprechend § 14 Abs. 1 BeamtVG einen Anspruch iHv. 35 % der maßgeblichen Dienstbezüge erreicht. Der Beklagte hat auch die Bemessungsgrundlage „ruhegeldfähiges Gehalt“ dahin festgelegt, dass sich dieses ausschließlich aus dem Grundgehalt und dem Ortszuschlag (nunmehr: Familienzuschlag) zusammensetzt. Zum Zeitpunkt der Konkretisierung der Versorgungszusage durch das Schreiben vom 3. September 1980 gehörten nach § 1 Abs. 2 BBesG vom 13. Oktober 1979 (BGBl. I S. 1675) zur Besoldung nicht nur die Dienstbezüge, wie das Grundgehalt und der Ortszuschlag, sondern auch Zulagen. Vor diesem Hintergrund konnte Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungszusage nur so verstanden werden, dass bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Gehalts ausschließlich das Grundgehalt und der Ortszuschlag (nunmehr: Familienzuschlag) und nicht etwa Zulagen oder sonstige Bezüge Berücksichtigung finden sollten. Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Versorgungzusage konkretisiert daher ausschließlich die Bemessungsgrundlagen „ruhegeldfähige Zeit“ und „ruhegeldfähiges Gehalt“ dahin, dass es für die Bemessung der Leistung allein auf die Zeit ankommt, die der Kläger beim Beklagten verbracht hat und dass zum ruhegeldfähigen Gehalt nur das Grundgehalt und der Ortszuschlag (nunmehr: Familienzuschlag) gehören, weshalb sie eine entsprechende Anwendung der Regelungen des BeamtVG im Übrigen nicht sperrt.

39

b) Das um die Anpassungsfaktoren geminderte jeweilige ruhegeldfähige Gehalt ist mit dem für den Kläger maßgeblichen Ruhegeldsatz zu multiplizieren. Dieser beträgt entgegen der Rechtsauffassung der Parteien und des Landesarbeitsgerichts nicht 68 %, sondern lediglich 67 %.

40

Der maßgebliche Ruhegeldsatz bestimmt sich nach § 85 Abs. 3 BeamtVG iVm. § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Auch diese Vorschriften kommen mangels einer in der Versorgungszusage getroffenen vorrangigen oder abweichenden Regelung entsprechend zur Anwendung. Nach § 85 Abs. 3 BeamtVG richtet sich die Berechnung des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht, sofern das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden hat und der Beamte vor dem 1. Januar 2002 die für ihn jeweils maßgebliche gesetzliche Altersgrenze erreicht. Der am 16. Oktober 1930 geborene Kläger war beim Beklagten vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Oktober 1993 beschäftigt und bezieht von diesem seit dem 1. November 1993 eine vorgezogene Altersrente. Sein 65. Lebensjahr, ab dem nach der Versorgungszusage das reguläre Ruhegehalt bezogen werden kann, hat er am 16. Oktober 1995 und damit ebenfalls vor dem 1. Januar 2002 vollendet. Daher berechnet sich der Ruhegehaltssatz in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 BeamtVG aF. Danach beträgt das Ruhegehalt bis zur Vollendung einer zehnjährigen Dienstzeit 35 vom Hundert und steigt mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um zwei vom Hundert, von da ab um eins vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 vom Hundert, wobei ein Rest der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit von mehr als 182 Tagen als vollendetes Dienstjahr gilt. Der Kläger war bei dem Beklagten insgesamt 27 Jahre und einen Monat beschäftigt. Am 1. Oktober 1976 hatte er eine Betriebszugehörigkeitszeit von zehn Jahren aufzuweisen, weshalb sich der Ruhegeldsatz zu diesem Zeitpunkt auf 35 % belief. Für die Zeit bis zum vollendeten 25. Dienstjahr am 30. September 1991 kommen 15 Jahre hinzu, die mit 30 % in Ansatz zu bringen sind, was zu einem Ruhegeldsatz von 65 % führt. Für die darauf folgende Zeit bis zum 30. September 1993 erhöht sich der Ruhegeldsatz um weitere 2 % auf 67 %. Der Monat Oktober 1993 bleibt nach § 14 Abs. 1 BeamtVG aF außer Ansatz.

41

c) Auf das so ermittelte Ruhegeld ist die jeweilige monatliche Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Umfang von 62,97 % anzurechnen.

42

aa) Anrechenbar ist nur die gesetzliche Rente, die der Kläger aufgrund von Entgeltpunkten erhält, die er in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis zum 31. Oktober 1993 erworben hat. Dies sind 44,0995 Entgeltpunkte. Der prozentuale Anteil an den insgesamt laut Rentenbescheid vom Kläger erworbenen 70,0381 Entgeltpunkten beträgt daher 62,97.

43

Die Rente aus Entgeltpunkten, die der Kläger in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 erworben hat, findet demgegenüber keine Berücksichtigung. Nach Abs. 4 der Versorgungszusage gilt die Anrechnungsklausel seit dem 1. Januar 1968. Diese Bestimmung kann bereits nach ihrem Wortlaut nur so verstanden werden, dass Versorgungsbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur insoweit angerechnet werden dürfen, als sie nicht auf Entgeltpunkten beruhen, die vor dem 1. Januar 1968 erworben wurden. Für diese Auslegung spricht auch, dass der Beklagte mit dem 1. Januar 1968 an das Datum angeknüpft hat, zu dem § 113 AVG in Kraft trat. Nach dieser Bestimmung hatte der Arbeitgeber erstmalig für Versicherte, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 AVG versicherungsfrei oder nach § 7 Abs. 1 AVG von der Versicherungspflicht befreit waren, den Beitragsanteil zu entrichten, den er entrichten müsste, wenn der Versicherte versicherungspflichtig wäre. In der Zeit zuvor hatten die Versicherten sämtliche Beiträge zu einer freiwilligen Versicherung allein zu tragen. Da die in der Versorgungszusage enthaltene Bestimmung über die Anrechnung weiterer Einkünfte - mit Ausnahme der insoweit nicht bedeutsamen Nr. 2) - nur eine Anrechnung von Renten vorsieht, die auch auf Beiträgen des Arbeitgebers beruhen, sollte mit der „Geltungsklausel“ - pauschalierend sowohl für die Pflichtversicherung als auch für die freiwillige Versicherung - erkennbar eine zeitliche Grenze für die Anrechnung geschaffen werden.

44

bb) Eine Minderung der anzurechnenden Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Abs. 3 a) Unterabs. 2 der Versorgungszusage kommt nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung wird VdTÜV-Angehörigen, deren betriebliches Ruhegehalt wegen fehlender Versorgungsdienstjahre nicht den Höchstsatz von 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge erreicht, zwar ein Ausgleich in der Form gewährt, dass ein Betrag bis maximal 5 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge von der Anrechnung ausgenommen bleibt. Allerdings setzt Abs. 3 a) Unterabs. 2 der Versorgungszusage voraus, dass eine Anrechnung gemäß „1) bis 2)“, und damit eine Anrechnung von Renten stattgefunden hat, die auf Beitragsleistungen früherer Arbeitgeber beruhen oder die aus der Hälfte der Ausfall-, Ersatz- und Zurechnungszeiten entstanden sind. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Da die Versorgungszusage eine Anrechnung der gesetzlichen Rente insoweit ausschließt, als sie auf Entgeltpunkten beruht, die vor dem 1. Januar 1968 erworben wurden, findet eine Anrechnung der Rente des Klägers nur insoweit statt, als diese aus Beitragsleistungen der Beklagten nach Abs. 3 a) Ziff. 3) der Versorgungszusage entstanden ist.

45

d) Das nach diesen Grundsätzen ermittelte Ruhegeld darf zusammen mit sonstigen Ruhegeldbezügen die maßgebliche Gesamtversorgungsobergrenze nicht überschreiten.

46

aa) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten beträgt der Gesamtversorgungsobersatz nicht lediglich 73 %, sondern 75 %. Dies haben die Parteien in der Versorgungszusage ausdrücklich vereinbart. Nach Abs. 5 der Versorgungzusage wird betriebliches Ruhegeld insoweit gewährt, als die Gesamtversorgung(betriebliches Ruhegeld und sonstige Ruhegeldbezüge aus früheren Arbeitsverhältnissen) 75 % des ruhegeldfähigen Gehaltes nicht übersteigt. Für einen Rückgriff auf die Bestimmungen des BeamtVG in ihrer jeweiligen Fassung ist angesichts dieser eindeutigen Regelung in der Versorgungszusage kein Raum.

47

bb) Bei der Prüfung, ob die Gesamtversorgungsobergrenze überschritten ist, ist die Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vollständig, sondern lediglich im Umfang von 87,49 % zu berücksichtigen.

48

(1) Zwar sind die Bezüge des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich in vollem Umfang zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der dem Kläger erteilten Gesamtversorgungszusage. Bei einer Gesamtversorgung will der Arbeitgeber nur insoweit Leistungen gewähren, als die Altersversorgung nicht bereits anderweitig sichergestellt ist. Dafür spricht auch Abs. 5 Satz 2 der Versorgungszusage, wonach nur eventuelle Bezüge nach d), dh. aus der berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung und e), dh. aus Unfällen und Schädigungen, unberücksichtigt bleiben. Diese Bestimmung ergibt nur Sinn, wenn die übrigen Bezüge nach a) bis c), dh. auch die Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung, vollständig berücksichtigt werden.

49

(2) Allerdings ist bei Berücksichtigung der gesetzlichen Rente das in § 5 Abs. 2 BetrAVG geregelte Anrechnungsverbot zu beachten. Danach dürfen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch Anrechnung oder Berücksichtigung anderer Versorgungsbezüge, soweit sie auf eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers beruhen, nicht gekürzt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Hiervon ausgenommen sind nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG ua. Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruhen. Dies führt dazu, dass die auf den freiwilligen Beiträgen des Klägers in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 und vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 beruhende Rente nicht angerechnet werden darf. In der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 hat der Kläger 2,5550 Entgeltpunkte erworben, in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 6,2097 Entgeltpunkte. Das sind 12,51 % der insgesamt erworbenen 70,0381 Entgeltpunkte. Der Anteil der anzurechnenden gesetzlichen Rente beträgt daher 87,49 %.

50

(a) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten scheidet eine Anwendung von § 5 Abs. 2 BetrAVG nicht deshalb aus, weil der Beklagte dem Kläger eine Versorgung „in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ versprochen hat. In Abs. 6 der Versorgungszusage hat der Beklagte ausdrücklich auf die Geltung des BetrAVG hingewiesen und damit zum Ausdruck gebracht, dass mit der „Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ die - im Übrigen zwingende (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG) - Bestimmung des § 5 BetrAVG nicht abbedungen werden sollte.

51

(b) Nach § 5 Abs. 2 BetrAVG dürfen die aufgrund der freiwilligen Beiträge des Klägers in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis zum 30. April 1963 erworbenen 2,5550 Entgeltpunkte nicht berücksichtigt werden. Hiergegen hat der Beklagte auch keine Einwände erhoben.

52

(c) Ebenso wenig berücksichtigt werden dürfen nach § 5 Abs. 2 BetrAVG auch die in der Zeit vom 1. Februar 1964 bis zum 31. Dezember 1967 erworbenen 6,2097 Entgeltpunkte. Zwar hat der Beklagte diesbezüglich geltend gemacht, die Beiträge seien arbeitgeberfinanziert gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Vortrag jedoch zu Recht als nicht hinreichend substantiiert erachtet. Der Beklagte hat lediglich pauschal behauptet, der in dieser Zeit freiwillig versicherte Kläger habe entsprechend den üblichen Gepflogenheiten Arbeitgeberzuschüsse erhalten, ohne dies näher zu konkretisieren. Im Hinblick darauf, dass der Kläger jedenfalls in der Zeit vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Dezember 1967 bereits beim Beklagten beschäftigt war, wäre dem Beklagten näherer Sachvortrag ohne Weiteres möglich gewesen. Soweit der Beklagte in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht eingereichten Schriftsatz vom 31. März 2011 vorgebracht hat, die Anlehnung an die Beamtenversorgung habe dazu geführt, dass der Kläger den „Arbeitnehmerbeitragsanteil zur Sozialversicherung“ ausbezahlt bekommen habe, ist dies unbeachtlich. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Sachvortrag nach § 296a Satz 1 ZPO unberücksichtigt gelassen und von einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 296a Satz 2, § 156 ZPO abgesehen. Hiergegen hat der Beklagte keine Verfahrensrüge erhoben.

53

e) Die so ermittelte Altersrente ist wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme nach Abs. 4 Satz 2 der Versorgungszusage für jeden Monat des vorzeitigen Beginns um 0,5 % ihres Betrages zu kürzen.

54

II. Der Kläger hat auch Anspruch auf eine vom Beklagten jährlich im Monat November zu zahlende Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen Ruhegeldes für den Monat November.

55

1. Der Anspruch ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht aus der VdTÜV 84. Diese findet auf den Kläger keine Anwendung. Nach § 21 VdTÜV 84 gilt die VdTÜV 84 für die Mitarbeiter des Vereins, die nach deren Inkrafttreten in die Dienste des Vereins eingetreten sind. Für alle übrigen bei dem Verein beschäftigten Mitarbeiter gelten hingegen die Einzelschreiben bzw. Richtlinien für die Altersversorgung der Verwaltungsangestellten bei der Vereinigung der technischen Überwachungsvereine (VdTÜV) weiter. Zwar konnten Mitarbeiter, denen - wie dem Kläger - Versorgungsleistungen durch Einzelschreiben zugesagt wurden, bis zum 31. März 1984 verbindlich und unwiderruflich schriftlich erklären, ob sie ihre Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung erhalten oder auch weiterhin nach der für sie maßgebenden bisherigen Versorgungsregelung versorgt sein wollten. Der Kläger hat jedoch von der in § 21 Nr. 4 VdTÜV 84 geregelten Möglichkeit, eine Versorgung nach der neuen Versorgungsordnung zu erhalten, keinen Gebrauch gemacht.

56

2. Der Anspruch des Klägers auf eine jährlich im November zu zahlende Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen Ruhegeldes für den Monat November folgt jedoch aus betrieblicher Übung.

57

a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber mit § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG die betriebliche Übung als Rechtsquelle ausdrücklich anerkannt.

58

aa) Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder auf sonstige Vergünstigungen zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222; 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08 - Rn. 11; 29. April 2003 - 3 AZR 247/02 - zu I 1 der Gründe). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, aaO; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 88; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15). Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, aaO).

59

bb) Ob eine für den Arbeitgeber verbindliche betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 57, BAGE 141, 222; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360). Eine betriebliche Praxis der Gewährung von Vorteilen an die Arbeitnehmer verdichtet sich erst nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einer betrieblichen Übung. Wie lange die Übung bestehen muss, damit die Arbeitnehmer berechtigt erwarten können, dass sie fortgesetzt werde, hängt davon ab, wie häufig die Leistungen oder Vergünstigungen erbracht worden sind. Im Hinblick auf laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hat der Senat eine Gewährung über einen Zeitraum von fünf bzw. acht Jahren für ausreichend erachtet (vgl. BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 58, aaO; 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 127, 260; 30. Oktober 1984 - 3 AZR 236/82 - BAGE 47, 130; 23. April 1963 - 3 AZR 173/62 - BAGE 14, 174).

60

cc) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung nicht entstehen, wenn eine andere, kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62, BAGE 141, 222; 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - zu II der Gründe, BAGE 103, 141). Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht ebenso wenig, wenn der Arbeitgeber irrtümlich annimmt, die Leistung aufgrund einer vermeintlichen Verpflichtung aus einer anderen Rechtsgrundlage zu schulden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 c aa (1) der Gründe). Erbringt der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser (vermeintlichen) Rechtspflicht gewährt werden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 26. Mai 1993 - 4 AZR 130/93 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 73, 191; 11. November 1997 - 3 AZR 163/96 - zu III der Gründe; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - BAGE 118, 211). Auf nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers allein kommt es allerdings nicht an (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43; 11. November 1997 - 3 AZR 163/96 - zu III der Gründe).

61

dd) Ob eine betriebliche Übung entstanden ist und welchen Inhalt sie hat, unterliegt der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 63, BAGE 141, 222; 31. Juli 2007 - 3 AZR 189/06 - Rn. 17; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39 mwN, BAGE 118, 360).

62

b) Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte zugunsten der Betriebsrentner, die - wie der Kläger - Inhaber einer Einzelzusage waren, eine betriebliche Übung dahin begründet, dass diese ebenso wie die Arbeitnehmer, deren Versorgung sich nach den Regelungen der VdTÜV 84 bestimmt, im November eines jeden Jahres eine Sonderzuwendung in Höhe des Ruhegeldes für den Monat November erhalten.

63

aa) Der Beklagte hat allen Versorgungsempfängern - auch den AT-Angestellten mit Einzelzusage - jahrzehntelang im November eine Sonderzuwendung in Höhe des sich für den Monat November ergebenden Ruhegeldes gezahlt. Ein über einen derart langen Zeitraum gehendes gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers ist grundsätzlich geeignet, eine betriebliche Übung zu begründen.

64

bb) Der Beklagte war nicht zur Gewährung einer Sonderzuwendung an den Kläger verpflichtet. Der Kläger hatte nach der Versorgungszusage keinen Anspruch auf die Sonderzuwendung. Die Zusage von Versorgungsleistungen in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte umfasste keine Sonderzuwendung.

65

Zwar bestimmt der § 50 Abs. 4 BeamtVG in der zum Zeitpunkt der Konkretisierung der Versorgungszusage durch das Schreiben vom 3. September 1980 geltenden Fassung vom 24. August 1976, dass die Versorgungsberechtigten eine Sonderzuwendung nach besonderer bundesgesetzlicher Regelung erhalten. Diese gesetzliche Regelung ist jedoch auch unter Berücksichtigung der Bezugnahme auf die Vorschriften des BeamtVG von vornherein nicht Inhalt des Versorgungsversprechens geworden. Der Beklagte hat dem Kläger in der Versorgungszusage nur ein Ruhegehalt nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei nachgewiesener dauernder Berufsunfähigkeit, ein Witwengeld und ein Waisengeld zugesagt und zudem ausdrücklich bestimmt, dass „andere als die hier zugesagten laufenden Versorgungsleistungen“ nicht gewährt werden. Die Sonderzuwendung ist keine mit der Versorgungszusage zugesagte laufende Versorgungsleistung. Mit laufenden Versorgungsleistungen sind erkennbar nur die monatlich geschuldeten Leistungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung gemeint und nicht weitere anlassbezogene Zuwendungen. Auch der Gesetzgeber hat die jährliche Sonderzuwendung im BeamtVG nicht als Teil des Ruhegehalts eingeordnet, sondern sie - wie sich aus § 2 BeamtVG in der Fassung vom 24. August 1976 ergibt - vielmehr als eigenständige anlassbezogene Leistung neben das Ruhegehalt und die Hinterbliebenenversorgung gestellt. Nach § 2 Abs. 1 BeamtVG in der Fassung vom 24. August 1976 sind Versorgungsbezüge nur Ruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag, Hinterbliebenenversorgung, Bezüge bei Verschollenheit, Unfallfürsorge, Übergangsgeld und Ausgleich bei besonderen Altersgrenzen. Die jährliche Sonderzuwendung ist demgegenüber in § 2 Abs. 2 BeamtVG in der Fassung vom 24. August 1976 geregelt.

66

cc) Es liegt auch kein Fall eines vermeintlichen Normenvollzugs vor. Selbst wenn der Beklagte geglaubt haben sollte, aufgrund der in der Versorgungszusage vereinbarten „Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ den AT-Angestellten mit Einzelzusage eine Sonderzuwendung nach Maßgabe der (jeweiligen) Vorschriften des BeamtVG zu schulden, war dies für die Betroffenen nicht erkennbar. Mit der in Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der Versorgungszusage getroffenen Vereinbarung, wonach andere als die dort zugesagten laufenden Versorgungsleistungen nicht gewährt werden, wurde ein Anspruch auf eine Sonderzuwendung ausdrücklich ausgeschlossen, so dass die betroffenen Arbeitnehmer nicht davon ausgehen mussten, der Beklagte glaube, ihnen eine Sonderzuwendung zu schulden. Außerdem wurde die Sonderzuwendung nach § 50 Abs. 4 BeamtVG iVm. §§ 7, 10 und 11 des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung jeweils im Monat Dezember in Höhe der den Berechtigten für den Monat Dezember vor Anwendung von Ruhens- und Anwendungsvorschriften zustehenden laufenden Versorgungsbezüge gewährt. Der Beklagte hat die Sonderzuwendung demgegenüber nicht nach den den AT-Angestellten mit Einzelzusage für den jeweiligen Monat Dezember zustehenden Ruhegeldleistungen berechnet und die Auszahlung nicht im Monat Dezember vorgenommen, sondern über Jahre hinweg im Monat November eine Leistung in Höhe des jeweiligen für den Monat November gezahlten laufenden Ruhegeldes erbracht. Aus diesem Verhalten konnten die Arbeitnehmer mit Einzelzusage nur schließen, der Beklagte wolle auch ihnen - ebenso wie den unter den Geltungsbereich der VdTÜV 84 fallenden Versorgungsempfängern - der VdTÜV entsprechende Leistungen freiwillig erbringen.

67

dd) Dem Anspruch aus betrieblicher Übung steht nicht entgegen, dass der Beklagte nicht in jedem Jahr denselben Betrag als Sonderzuwendung gezahlt hat. Dies erklärt sich bereits daraus, dass die Sonderzuwendung stets in Höhe des Ruhegeldes für den jeweiligen Monat November erbracht wurde und dieses Ruhegeld selbst der Höhe nach in Abhängigkeit vom jeweils maßgeblichen ruhegeldfähigen Gehalt und der jeweils bezogenen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung variierte.

68

III. Danach ist der Beklagte verpflichtet, an den Kläger rückständige laufende Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 sowie Januar bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 2.010,65 Euro brutto sowie eine Sonderzuwendung für das Jahr 2009 iHv. 2.642,33 Euro brutto zu zahlen. Weitergehende Zahlungsansprüche stehen dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 nicht zu.

69

1. Der Kläger hat für die Kalenderjahre 2006 und 2007 weder Anspruch auf rückständige laufende Ruhegeldleistungen noch Anspruch auf eine Sonderzuwendung.

70

a) Für die Kalenderjahre 2006 und 2007 errechnet sich ein Anspruch auf laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.226,85 Euro sowie ein Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung in gleicher Höhe.

71

Das monatliche ruhegeldfähige Gehalt belief sich in den Kalenderjahren 2006 und 2007 auf 7.311,79 Euro. Das Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 der Bundesbesoldungsordnung betrug in den Jahren 2006 und 2007 monatlich jeweils 7.206,51 Euro. Hinzu kommt der Familienzuschlag der Stufe 1, der sich auf monatlich 105,28 Euro belief. Das ruhegeldfähige Gehalt war nach § 69e Abs. 3 BeamtVG um den Anpassungsfaktor 0,98375 auf 7.192,97 Euro zu mindern. Unter Berücksichtigung eines Ruhegeldsatzes von 67 % errechnet sich ein Ruhegeld iHv. 4.819,29 Euro. Hierauf war die gesetzliche Rente des Klägers iHv. 1.830,10 Euro zu 62,97 %, dh. iHv. 1.152,41 Euro anzurechnen. Das Ruhegeld nach der Anrechnung betrug somit 3.666,88 Euro. Die Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts iHv. 7.192,97 Euro belief sich auf 5.394,73 Euro. Diese wurde mit der berücksichtigungsfähigen Gesamtversorgung des Klägers iHv. 5.268,03 Euro nicht überschritten. Diese errechnet sich aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.666,88 Euro zuzüglich 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.830,10 Euro, also 1.601,15 Euro. Abschließend war das monatliche Ruhegeld des Klägers wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente um 12 % zu kürzen, was zu einem Anspruch auf laufende Versorgungsleistungen iHv. monatlich 3.226,85 Euro führt.

72

In dieser Höhe schuldete der Beklagte dem Kläger auch die jeweilige Sonderzuwendung für die Jahre 2006 und 2007.

73

b) Die Ansprüche des Klägers für die Jahre 2006 und 2007 auf Zahlung eines monatlichen Ruhegeldes iHv. jeweils 3.226,85 Euro brutto sowie auf Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung in gleicher Höhe hat der Beklagte erfüllt. Sie sind deshalb gemäß § 362 BGB erloschen.

74

Der Beklagte hat in den Kalenderjahren 2006 und 2007 monatlich ein Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro und eine jährliche Sonderzuwendung in gleicher Höhe gezahlt und damit in den Kalenderjahren 2006 und 2007 jeweils eine Überzahlung von 13 x 46,78 Euro, mithin insgesamt jeweils 608,14 Euro geleistet.

75

2. Für das Kalenderjahr 2008 kann der Kläger lediglich eine Nachzahlung laufender Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis März 2008 verlangen, weitere Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.

76

a) Der Kläger kann von dem Beklagten für die Monate Januar bis März 2008 rückständige laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 66,13 Euro brutto, mithin eine Nachzahlung iHv. insgesamt 198,39 Euro brutto verlangen.

77

aa) Für die Monate Januar bis März 2008 hatte der Kläger Anspruch auf Zahlung laufender monatlicher Ruhegeldleistungen iHv. jeweils 3.339,76 Euro brutto.

78

Das ruhegeldfähige Gehalt, das im Jahr 2008 7.590,00 Euro betrug (Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 iHv. 7.481,46 Euro zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 iHv. 108,54 Euro), war in den Monaten Januar bis März 2008 nach § 69e Abs. 3 BeamtVG jeweils um den Anpassungsfaktor 0,97292 auf 7.384,46 Euro zu mindern. Da sich der Ruhegeldsatz auf 67 % beläuft, betrug das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit monatlich 4.947,59 Euro. Dieses war um 62,97 % der in diesem Zeitraum vom Kläger bezogenen gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.830,10 Euro, mithin um 1.152,41 Euro auf 3.795,18 Euro zu kürzen. Eine weitere Kürzung wegen der in der Einzelzusage vereinbarten Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil diese nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze beträgt in diesem Zeitraum monatlich 5.538,35 Euro (75 % von 7.384,46 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Januar bis März 2008 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.795,18 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.830,10 Euro und betrug damit 5.396,33 Euro (3.795,18 Euro + 1.601,15 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das monatliche Ruhegeld iHv. 3.795,18 Euro um 12 % auf 3.339,76 Euro zu kürzen.

79

bb) Die Beklagte hat in den Monaten Januar bis März 2008 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.273,63 Euro erbracht, weshalb dem Kläger für die Monate Januar bis März 2008 noch 3 x 66,13 Euro, dh. insgesamt 198,39 Euro zustehen.

80

b) Für die Monate April bis Juni 2008 hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen gegen den Beklagten.

81

aa) Für die Monate April bis Juni 2008 errechnet sich ein monatlicher Ruhegeldanspruch iHv. jeweils 3.334,32 Euro brutto.

82

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug auch in den Monaten April bis Juni 2008 7.590,00 Euro. Dieses war gemäß § 69e Abs. 3 BeamtVG jeweils um den Anpassungsfaktor 0,97292 auf 7.384,46 Euro zu kürzen. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 4.947,59 Euro. Dieser Betrag war um 62,97 % der in diesem Zeitraum erhaltenen gesetzlichen Rente des Klägers iHv. monatlich 1.839,90 Euro, mithin um 1.158,59 Euro auf 3.789,00 Euro zu kürzen. Eine Kürzung wegen der in der Einzelzusage geregelten Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil die Gesamtversorgungsobergrenze nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze belief sich in diesem Zeitraum auf monatlich 5.538,35 Euro (75 % von 7.384,46 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten April bis Juni 2008 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.789,00 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.839,90 Euro und betrug damit 5.398,73 Euro (3.789,00 Euro + 1.609,73 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das Ruhegeld iHv. monatlich 3.789,00 Euro um 12 % auf 3.334,32 Euro zu kürzen.

83

bb) Der Beklagte hat in der Zeit von April bis Juni 2008 laufende monatliche Ruhegeldzahlungen iHv. jeweils 3.411,53 Euro geleistet und damit eine monatliche Überzahlung iHv. 77,21 Euro, dh. eine Überzahlung iHv. insgesamt 231,63 Euro erbracht.

84

c) Der Kläger hat gegen den Beklagten auch für die Monate Juli bis Dezember 2008 keinen Anspruch auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen.

85

aa) Für die Monate Juli bis Dezember 2008 errechnet sich ein monatlicher Ruhegeldanspruch iHv. jeweils 3.323,07 Euro.

86

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug auch in den Monaten Juli bis Dezember 2008 7.590,00 Euro. Dieses war nach § 69e Abs. 3 BeamtVG jeweils um den Anpassungsfaktor 0,97292 auf 7.384,46 Euro zu kürzen. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 4.947,59 Euro. Dieses war um 62,97 % der in diesem Zeitraum vom Kläger bezogenen gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.860,21 Euro, dh. um 1.171,37 Euro auf 3.776,22 Euro zu kürzen. Eine weitere Kürzung wegen der in der Einzelzusage geregelten Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, da diese nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze belief sich in diesem Zeitraum auf monatlich 5.538,35 Euro (75 % von 7.384,45 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Juli bis Dezember 2008 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.776,22 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.860,21 Euro und betrug damit 5.403,72 Euro (3.776,22 Euro + 1.627,50 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das monatliche Ruhegeld des Klägers iHv. 3.776,22 Euro um 12 % auf 3.323,07 Euro zu kürzen.

87

bb) Der Beklagte hat an den Kläger in den Monaten Juli bis Dezember 2008 ein monatliches Ruhegeld iHv. jeweils 3.393,66 Euro gezahlt, so dass der Anspruch des Klägers erfüllt wurde. Es liegt eine Überzahlung iHv. monatlich 70,59 Euro, mithin eine Überzahlung iHv. insgesamt 423,54 Euro vor.

88

d) Für das Jahr 2008 hat der Kläger aus betrieblicher Übung einen Anspruch auf eine Sonderzuwendung iHv. 3.323,07 Euro. Hierauf hat der Beklagte 3.393,66 Euro gezahlt und damit den Anspruch des Klägers erfüllt. Es liegt eine Überzahlung durch den Beklagten iHv. 70,59 Euro vor.

89

3. Für das Kalenderjahr 2009 kann der Kläger vom Beklagten rückständige laufende Ruhegeldleistungen iHv. insgesamt 1.812,26 Euro brutto sowie eine rückständige Sonderzuwendung iHv. 2.642,33 Euro verlangen. Der Anspruch des Klägers ist nicht - auch nicht teilweise - durch die Aufrechnung des Beklagten mit einer Forderung auf Rückzahlung von im Jahr 2006 zu viel gezahlter Betriebsrente erloschen.

90

a) Für die Zeit von Januar bis Juni 2009 errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 115,65 Euro, mithin insgesamt iHv. 693,90 Euro.

91

aa) Dem Kläger standen für die Monate Januar bis Juni 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.420,05 Euro zu.

92

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug in dieser Zeit 7.802,52 Euro (Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 iHv. 7.690,94 Euro zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 iHv. 111,58 Euro). Das ruhegeldfähige Gehalt war gemäß § 69e Abs. 3 BeamtVG um den Anpassungsfaktor 0,96750 auf 7.548,94 Euro zu kürzen. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 5.057,79 Euro. Hierauf war die gesetzliche Rente des Klägers iHv. monatlich 1.860,21 Euro zu 62,97 %, dh. iHv. 1.171,37 Euro anzurechnen, woraus sich ein Betrag von 3.886,42 Euro ergab. Eine weitere Kürzung im Hinblick auf die Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil diese Grenze nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze betrug in diesem Zeitraum monatlich 5.661,71 Euro (75 % von 7.548,94 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Januar bis Juni 2009 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.886,42 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.860,21 Euro und betrug damit 5.513,92 Euro (3.886,42 Euro + 1.627,50 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das Ruhegeld iHv. 3.886,42 Euro um 12 % auf 3.420,05 Euro zu kürzen.

93

bb) Der Beklagte hat an den Kläger in den Monaten Januar bis Juni 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.304,40 Euro gezahlt, weshalb der Kläger noch Anspruch auf Zahlung von monatlich 115,65 Euro, mithin für die Zeit von Januar bis Juni 2009 auf Zahlung von insgesamt 693,90 Euro hat.

94

b) Für die Zeit von Juli bis November 2009 errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 220,19 Euro, mithin insgesamt iHv. 1.100,95 Euro.

95

aa) Dem Kläger standen für die Monate Juli bis November 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.485,14 Euro zu.

96

Das ruhegeldfähige Gehalt betrug in dieser Zeit 7.999,38 Euro (Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 6 iHv. 7.885,00 Euro zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 iHv. 114,38 Euro). Das ruhegeldfähige Gehalt war gemäß § 69e Abs. 3 BeamtVG um den Anpassungsfaktor 0,96750 auf 7.739,40 Euro zu kürzen. Dieser Betrag war zudem nach § 5 Abs. 1 BeamtVG um den Faktor 0,9951 auf 7.701,48 Euro zu mindern. Da der Ruhegeldsatz 67 % beträgt, belief sich das ruhegeldfähige Gehalt in dieser Zeit auf monatlich 5.159,99 Euro. Hierauf war die gesetzliche Rente des Klägers iHv. monatlich 1.905,04 Euro zu 62,97 % anzurechnen, woraus sich ein Betrag von 3.960,39 Euro ergab. Eine weitere Kürzung im Hinblick auf die Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts war nicht vorzunehmen, weil diese Grenze nicht überschritten wurde. Die Gesamtversorgungsobergrenze betrug in diesem Zeitraum monatlich 5.776,11 Euro (75 % von 7.701,48 Euro). Die maßgebliche Gesamtversorgung des Klägers setzte sich in den Monaten Juli bis November 2009 zusammen aus dem monatlichen Ruhegeld iHv. 3.960,39 Euro und 87,49 % der gesetzlichen Rente iHv. 1.905,04 Euro und betrug damit 5.627,11 Euro (3.960,39 Euro + 1.666,72 Euro). Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme war das Ruhegeld iHv. 3.960,39 Euro um 12 % auf 3.485,14 Euro zu kürzen.

97

bb) Der Beklagte hat an den Kläger in den Monaten Juli bis November 2009 laufende Ruhegeldleistungen iHv. monatlich 3.264,95 Euro erbracht, weshalb der Kläger noch Anspruch auf Zahlung von monatlich 220,19 Euro, mithin für die Zeit von Juli bis November 2009 auf Zahlung von insgesamt 1.100,95 Euro hat.

98

c) Für Dezember 2009 errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger Ruhegeldleistungen iHv. 17,41 Euro brutto. Der monatliche Ruhegeldanspruch des Klägers belief sich auch im Monat Dezember 2009 auf 3.485,14 Euro. Hierauf hat der Beklagte 3.467,73 Euro gezahlt.

99

d) Für das Jahr 2009 hat der Kläger zudem aus betrieblicher Übung einen Anspruch auf Zahlung einer rückständigen Sonderzuwendung iHv. 2.642,33 Euro brutto. Der Anspruch war zunächst iHv. 3.485,14 Euro brutto entstanden. Hierauf hat der Beklagte eine Sonderzuwendung iHv. 358,46 Euro brutto gezahlt. Er hat zudem weitere 484,35 Euro brutto zur Auszahlung gebracht, die der Kläger sich auf seine Ansprüche anrechnen lässt.

100

e) Der Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger laufender Ruhegeldleistungen sowie rückständiger Sonderzuwendung für das Jahr 2009 iHv. insgesamt 4.454,59 Euro ist durch die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer Forderung auf Rückzahlung von im Jahr 2006 zu viel gezahlter Betriebsrente nicht - auch nicht teilweise - gemäß § 389 BGB erloschen.

101

aa) Zwar hat der Beklagte im Jahr 2006 an den Kläger insgesamt 608,14 Euro zuviel an Betriebsrente gezahlt und damit einen Anspruch gegen den Kläger nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten erworben. Der Beklagte hat auch gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Zahlung rückständiger Leistungen für das Jahr 2009 aufgerechnet. Er hat vorgetragen, seinen Anspruch auf Rückzahlung des im Jahr 2006 aus seiner Sicht zuviel Geleisteten iHv. 1.420,71 Euro mit der Forderung des Klägers für das Jahr 2009 zu verrechnen und damit konkludent die Aufrechnung erklärt, § 388 BGB. Die Aufrechnungserklärung braucht nicht ausdrücklich abgegeben zu werden; es genügt die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens (vgl. BGH 16. Januar 1958 - VII ZR 66/57  - BGHZ 26, 241 ; BVerfG 26. Februar 1993 - 2 BvR 1463/92  -).

102

bb) Die Aufrechnung ist jedoch mangels hinreichender Bestimmtheit der zur Aufrechnung gestellten Forderung unzulässig. Auch für die Prozessaufrechnung gilt der Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 ZPO(vgl. BGH 7. November 2001 - VIII ZR 263/00 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 149, 120). Dieser ist hier nicht gewahrt.

103

Der Beklagte berühmt sich eines Anspruchs gegen den Kläger auf Rückzahlung von in der Zeit von Januar bis Dezember 2006 zuviel bezogener Betriebsrente iHv. insgesamt 3.690,92 Euro. Dabei setzt sich diese Gesamtforderung des Beklagten aus Ansprüchen auf Rückzahlung überzahlter laufender Ruhegeldleistungen für die Monate Januar bis Dezember 2006 iHv. monatlich 283,92 Euro sowie einer im Monat November 2006 überzahlten Sonderzuwendung iHv. ebenfalls 283,92 Euro, die jeweils gesonderte Streitgegenstände darstellen, zusammen. Der Beklagte verfolgt seinen Rückzahlungsanspruch teilweise, nämlich iHv. 2.270,33 Euro im Wege der Widerklage. In Höhe des nicht von der Widerklage erfassten Teilbetrags, dh. iHv. 1.420,59 Euro, hat er gegenüber der Forderung des Klägers auf Zahlung rückständiger Betriebsrente für das Jahr 2009 die Aufrechnung erklärt. Dabei hat er jedoch nicht bestimmt, welche Einzelforderungen von der Teilwiderklage und welche von der teilweisen Aufrechnung erfasst werden. Es bleibt offen, ob sich die Teilwiderklage und die teilweise Aufrechnung jeweils auf unterschiedliche Monate des Jahres 2006 und damit auf unterschiedliche Streitgegenstände beziehen oder ob sie dieselben Leistungsmonate erfassen und mit welchem Anteil sie in den einzelnen Monaten bei der Teilwiderklage und der teilweisen Aufrechnung Berücksichtigung finden sollen.

104

4. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 BGB.

105

B. Der Klageantrag zu 2., mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Beklagte seine Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung nur zu 75,23 % auf die Höhe der Betriebsrente anrechnen darf, ist mangels Feststellungsinteresses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig.

106

I. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich zwar auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist jedoch nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. etwa BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 19 - 21 mwN). Dies wäre bei dem vom Kläger angebrachten Klageantrag zu 2. nur dann der Fall, wenn über weitere Faktoren, die die Höhe seiner Betriebsrente bestimmen, kein Streit bestünde und die Bezifferung des Rentenanspruchs nach der gerichtlichen Klärung der streitigen Frage lediglich eine einfache Rechenaufgabe wäre, die von den Parteien selbst umgesetzt werden könnte.

107

II. Hiervon ausgehend ist der Klageantrag zu 2. unzulässig. Die Parteien streiten nicht nur darüber, in welchem Umfang der Beklagte die Bezüge des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf das betriebliche Ruhegeld anrechnen darf, sondern über mehrere weitere für die Berechnung des Ruhegeldes maßgebliche Fragen. Damit ist der Klageantrag zu 2. ersichtlich nicht geeignet, das Rechtsverhältnis der Parteien einer abschließenden Klärung zuzuführen.

108

C. Der Klageantrag zu 3., der auf die Feststellung gerichtet ist, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jährlich mit der Abrechnung für den Monat November zusätzlich zur regulären Monatsrente eine volle 13. Betriebsrentenleistung zu zahlen, deren Höhe der Novemberleistung des jeweiligen Jahres entspricht, ist zulässig und begründet.

109

I. Der Antrag ist zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich auf die Feststellung einer Zahlungspflicht gerichtet. Da der Beklagte die Verpflichtung zur Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung in Höhe des Novemberruhegeldes bestreitet, hat der Kläger auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

110

II. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Beklagte ist aus betrieblicher Übung verpflichtet, an den Kläger im Monat November eines jeden Jahres eine Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen Ruhegeldes für den Monat November zu zahlen.

111

D. Die Widerklage ist unzulässig, soweit der Beklagte vom Kläger die Rückzahlung im Jahr 2006 zuviel gezahlter Betriebsrente iHv. 2.270,33 Euro verlangt. Im Übrigen ist die Widerklage zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger ist lediglich verpflichtet, an den Beklagten überzahlte monatliche Ruhegeldleistungen sowie zuviel gezahlte Sonderzuwendungen für die Jahre 2007 und 2008 iHv. insgesamt 1.333,90 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2010 zu zahlen.

112

I. Soweit der Beklagte mit seiner Widerklage die Rückzahlung zuviel erbrachter Leistungen für das Jahr 2006 verlangt, ist die Widerklage mangels hinreichender Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO)unzulässig.

113

1. Wird mit der Klage ein Teilbetrag geltend gemacht, der sich - wie hier - aus mehreren selbständigen Ansprüchen zusammensetzt, muss der Kläger im Einzelnen angeben, wie er die Klagesumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will oder zumindest bestimmen, in welcher Reihenfolge er die Forderungen bis zur geltend gemachten Gesamthöhe beansprucht, da anderenfalls der Umfang der Rechtskraft des Urteils nicht festzustellen wäre (vgl. BGH 12. Januar 2006 - III ZR 138/05 - Rn. 9).Wird - wie vorliegend - mit der Widerklage lediglich ein Teilbetrag einer Gesamtforderung geltend gemacht und im Übrigen (teilweise) die Aufrechnung erklärt, muss deshalb auch angegeben werden, wie sich die Gesamtforderung auf die Teilwiderklage und die Aufrechnung verteilt. Anderenfalls ist die Teilwiderklage mangels hinreichender Individualisierung des Streitgegenstandes unzulässig.

114

2. Der Beklagte hat die erforderliche Individualisierung nicht vorgenommen. Er hat nicht dargelegt, welche Einzelforderungen von der Gesamtforderung iHv. 3.690,92 Euro aus Überzahlungen für die Monate Januar bis Dezember 2006 von der Teilwiderklage und welche von der teilweisen Aufrechnung erfasst werden. Es bleibt offen, ob sich die Teilwiderklage und die teilweise Aufrechnung auf unterschiedliche Monate des Jahres 2006 beziehen oder ob sie dieselben Leistungsmonate erfassen und mit welchem Anteil sie in den einzelnen Leistungsmonaten Berücksichtigung finden sollen.

115

II. Soweit der Beklagte mit der Widerklage vom Kläger die Rückzahlung zu viel gezahlter Betriebsrente iHv. 5.580,97 Euro für die Jahre 2007 und 2008 verlangt, ist die Widerklage zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Für die Jahre 2007 und 2008 stehen dem Beklagten lediglich Rückzahlungsansprüche iHv. insgesamt 1.333,90 Euro zu.

116

1. Der Beklagte kann nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB vom Kläger für das Jahr 2007 die Rückzahlung von 608,14 Euro und für das Jahr 2008 die Rückzahlung von 725,76 Euro, mithin insgesamt einen Betrag iHv. 1.333,90 Euro verlangen.

117

2. Der Rückzahlungsanspruch des Beklagten ist nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

118

a) Nach § 818 Abs. 3 BGB ist der Bereicherungsanspruch ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Dies ist der Fall, wenn das Erlangte ersatzlos weggefallen ist und kein Überschuss im Vermögen des Empfängers mehr besteht, der ohne den bereichernden Vorgang nicht vorhanden wäre. Da es sich bei dem Wegfall der Bereicherung um eine rechtsvernichtende Einwendung handelt, hat der Bereicherte den Wegfall der Bereicherung darzulegen. Hierzu hat er im Fall einer Gehalts- bzw. Rentenüberzahlung vorzutragen, dass sich sein Vermögensstand infolge der Gehalts- bzw. Rentenüberzahlung nicht verbessert hat. Dabei können ihm Erleichterungen zugutekommen. Bei kleineren und mittleren Arbeitseinkünften bzw. Renten und einer gleichbleibend geringen Überzahlung des laufenden Arbeitsentgelts bzw. der Rente kann der Beweis des ersten Anscheins für den Wegfall der Bereicherung sprechen. Dies kommt in Betracht, wenn erfahrungsgemäß und typischerweise die Zuvielzahlungen für den laufenden Lebensunterhalt, insbesondere für konsumtive Ausgaben verbraucht werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich um eine Überzahlung in relativ geringer Höhe handelt. Je höher die Überzahlung im Verhältnis zum realen Einkommen oder den realen Einkünften ist, umso weniger kann davon ausgegangen werden, dass die zusätzlichen Mittel für den Lebensunterhalt verbraucht wurden. Zudem muss die Lebenssituation des Betroffenen, insbesondere seine wirtschaftliche Lage die Annahme nahelegen, dass die Überzahlung für die laufende Lebensführung verbraucht wurde. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn Personen mit geringen oder mittleren Einkünften über keine weiteren Einkünfte verfügen, so dass sie die Nettobezüge verwenden, um den laufenden Lebensunterhalt für sich und ggf. ihre Familie zu bestreiten (vgl. etwa BAG 26. Mai 2009 - 3 AZR 797/07 - Rn. 29; 6. Juni 2007 - 4 AZR 573/06 - Rn. 32).

119

b) Danach kann der Kläger den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB nicht mit Erfolg geltend machen. Es ist weder festgestellt noch vom Kläger vorgetragen, dass sich sein Vermögensstand infolge der Ruhegeldüberzahlung nicht verbessert hat. Ihm kommen auch keine Darlegungserleichterungen zugute. Die monatlichen Überzahlungen sind zwar im Verhältnis zu den geschuldeten Beträgen geringfügig. Der Kläger befand sich jedoch in den Jahren 2007 und 2008 nicht in einer wirtschaftlichen Situation, die die Verwendung der Überzahlung für die laufende Lebensführung nahelegte.

120

Da der Kläger im Jahr 2007 nicht nur ein monatliches Ruhegeld iHv. 3.273,63 Euro, sondern zudem eine monatliche gesetzliche Rente iHv. 1.830,10 Euro sowie eine Sonderzahlung iHv. 3.273,63 Euro erhalten hat, belief sich sein durchschnittliches Monatseinkommen auf 5.376,53 Euro und sein Jahreseinkommen auf insgesamt 64.518,39 Euro. In den Monaten April bis Juni 2008 hat der Kläger neben seiner gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.839,90 Euro laufende Ruhegeldleistungen vom Beklagten iHv. 3.411,53 Euro bezogen und damit insgesamt monatliche Einkünfte iHv. 5.251,43 Euro erzielt. In den Monaten Juli bis Dezember 2008 hat der Beklagte an den Kläger monatliche Ruhegeldleistungen iHv. 3.393,66 Euro gezahlt. Zusammen mit der gesetzlichen Rente iHv. monatlich 1.860,21 Euro verfügte der Kläger in dieser Zeit mithin über monatliche Gesamteinkünfte iHv. 5.253,87 Euro. Zudem hat er vom Beklagten im November 2008 eine Sonderzuwendung iHv. 3.393,66 Euro erhalten. Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger diese Beträge einschließlich der Überzahlungen für seine laufende Lebensführung aufgebracht hat.

121

III. Der Beklagte hat die Ansprüche auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt.

122

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Es ist nicht Zweck der Verwirkung, Schuldner, die gegenüber Gläubigern ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf nicht zur Verwirkung eines Rechts führen. Zu dem Zeitmoment müssen vielmehr besondere Umstände sowohl des Verhaltens des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Dabei muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz (vgl. etwa BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 555/09 - Rn. 34 mwN; 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 53, BAGE 134, 111).

123

2. Vorliegend fehlt es jedenfalls am Umstandsmoment. Allein das längere Untätigbleiben des Beklagten hinsichtlich der Rückforderung der überzahlten Beträge für die Jahre 2007 und 2008 genügt zur Verwirkung nicht. Besondere Umstände, aufgrund derer der Kläger darauf vertrauen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, liegen nicht vor.

124

IV. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 BGB.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Busch    

        

    Becker    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 30. Juli 2009 - 11 Sa 87/08 - aufgehoben, soweit es über den Antrag zu 2. entschieden hat.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 21. Oktober 2008 - 3 Ca 291/08 - teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 2. abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat von den erst- und zweitinstanzlichen Kosten 80 % und von den Kosten des Revisionsverfahrens 86 % zu tragen. Die übrigen Kosten hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger ist beim beklagten Verein als Hausmeister auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 14. August 1980 tätig. Unter der Überschrift „Vergütung“ regelten die Parteien in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags:

        

„Herr L erhält für ihre/seine Tätigkeit eine Vergütung in Anlehnung an den BAT (Bund/Länder) nach Vergütungsgruppe VII.

        

...“   

3

Bis 2003 zahlte der Beklagte die Vergütung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (im Folgenden: BAT) und den jeweiligen Vergütungstarifverträgen. Der Kläger wurde in die VergGr. VIb BAT höhergruppiert. Nach dem Jahr 2003 erfolgten die Leistungen nicht mehr in vollem Umfang. Im April 2004 verzichtete der Kläger auf die tarifliche Erhöhung des Gehalts um ein Prozent ab dem 1. Januar 2004 gemäß dem 35. Vergütungstarifvertrag für den Bereich des Bundes und der Länder.

4

Am 1. November 2006 traten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) in Kraft. Der Beklagte bot daraufhin allen Mitarbeitern einen neuen Arbeitsvertrag an. Der Kläger nahm das Angebot nicht an.

5

Mit der Zahlungsklage hat er unter anderem tarifliche Einmalzahlungen für 2007,  Ansprüche auf Differenzvergütung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. August 2008 und (restliche) Jahressonderzahlungen für 2006 und 2007 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag enthalte hinsichtlich der Vergütung eine dynamische Inbezugnahme der jeweils gültigen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes der Länder.

6

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, folgende Anträge gestellt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.778,05 Euro brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass er Anspruch auf laufende monatliche Vergütung entsprechend dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts und dem Vergütungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in jeweils aktueller Fassung hat.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, es sei weiterhin der BAT anzuwenden.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren im Wesentlichen weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten ist nur zum Teil erfolgreich.

10

A. Die Revision ist unbegründet, soweit die Vorinstanzen dem Zahlungsantrag des Klägers stattgegeben haben.

11

I. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen für das Jahr 2007. Das ergibt eine ergänzende Auslegung von Ziffer 5 des Arbeitsvertrags.

12

1. Gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags erfolgt die Vergütung „in Anlehnung an den BAT (Bund/Länder) nach Vergütungsgruppe VII“. Diese Vereinbarung enthält nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme.

13

2. In Ziffer 5 knüpfen die Parteien die Vergütung pauschal und ohne Nennung fester Beträge an die für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Damit haben die Parteien einen einzelvertraglichen Entgeltanspruch nach dieser Vergütungsgruppe begründet. Die Formulierung „in Anlehnung an“ stellt keine Einschränkung dar, sondern ist als Hinweis des Beklagten auf ein von ihm praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen. Danach hat der Angestellte Anspruch auf Vergütung nach der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe, und zwar dynamisch. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweite normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - BAGE 116, 185; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338).

14

Die Parteien haben den Begriff der Vergütung in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags im Übrigen nicht selbst definiert oder näher konkretisiert. Zutreffend hat ihn das Berufungsgericht dahingehend auslegt, dass er alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers erfasst, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 41, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

15

3. Allerdings trägt der Wortlaut der Bezugnahmeklausel eine Erstreckung auf den TV-L und den Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 (TV EZ-L) vom 8. Juni 2006 nicht. Beide Tarifverträge werden nicht von der vertraglichen Verweisung auf den BAT erfasst, denn Ziffer 5 des Arbeitsvertrags ist zeit- und nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet. Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war, nicht in den Arbeitsvertrag der Parteien aufgenommen (vgl. dazu BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38).

16

4. Dass sich die Vergütung des Klägers nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.

17

a) Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden. Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich des Bundes zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) ersetzt (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 [TVÜ-Bund]), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder). Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich um eine Tarifsukzession: Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk. Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den BAT im Arbeitsvertrag zur statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

18

b) Die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

19

aa) Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - mwN, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

20

bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk ergibt sich zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - NZA 2010, 1183; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

21

cc) Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.

22

dd) Der von dem Beklagten erhobene Einwand der Verletzung seiner negativen Koalitionsfreiheit geht fehl. Die Auslegung und die Wirksamkeit einer individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht berührt die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, nicht. Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Bei der (ergänzenden) Vertragsauslegung spielt weder die Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei eine Rolle (vgl. auch BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47, 48, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47).

23

c) Die Annahme des Berufungsgerichts, gerade der TV-L und nicht der TVöD sei an die Stelle des BAT getreten, ist in der Revision nicht angegriffen worden.

24

5. Der Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen ergibt sich aus Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. a TV EZ-L.

25

a) Die Einmalzahlungen sind Vergütung iSd. Ziffer 5 des Arbeitsvertrags. Die zeitdynamische Verweisung umfasst auch tarifliche „Einmalzahlungen“, die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Bei den Einmalzahlungen handelt es sich um pauschalierte Vergütungserhöhungen, die die in den Jahren 2006 und 2007 ausgebliebene Erhöhung der Vergütungs- bzw. Entgelttabellen kompensieren sollten und die - wie § 2 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TV EZ-L zeigt - keine von einem unmittelbaren Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung sind(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 32, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

26

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllt der Kläger die tariflichen Voraussetzungen für die Einmalzahlung. Die VergGr. VIb BAT, nach der der Kläger vergütet wurde, entspricht der Entgeltgruppe 6 des TV-L (vgl. TVÜ-Länder Anlage 2). Nach dem TV EZ-L bestand am 31. Januar 2007 für Vollzeitbeschäftigte der Entgeltgruppe 6 ein Anspruch auf Zahlung von 310,00 Euro und am 30. September 2007 ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 450,00 Euro. Hiervon sind die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen.

27

II. Der Kläger hat gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 6 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Entgelterhöhung für die Monate Januar bis August 2008 um 2,9 Prozent nach dem TVÜ-Länder für 2007. Insoweit gelten die Ausführungen zu A I 5 der Entscheidungsgründe entsprechend.

28

III. Der Kläger hat gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 20 Abs. 1 und Abs. 3 TV-L für die Jahre 2006 und 2007 Anspruch auf Leistung einer Jahressonderzahlung in der von den Vorinstanzen errechneten Höhe. Bei der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L handelt es sich um eine finanzielle Leistung des Arbeitgebers, die als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorgesehen ist und mangels anderweitiger vertraglicher Regelung von der Bezugnahmeklausel in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags erfasst wird. Sie tritt an die Stelle der von dem Beklagten vor der Tarifsukzession in Vollzug der vertraglichen Regelung gezahlten Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973.

29

B. Die Revision des Beklagten ist begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, er habe Anspruch auf laufende monatliche Vergütung entsprechend dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts und dem Vergütungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in jeweils aktueller Fassung. Die Vergütung des Klägers richtet sich zwar nicht mehr nach dem BAT. Sie lässt sich jedoch auch nicht aus den Tabellenwerten der jeweiligen Vergütungstarifverträge zum TV-L ablesen. Der Kläger hat 2004 auf die Erhöhung des Gehalts entsprechend dem 35. Vergütungstarifvertrag für den Bereich des Bundes und der Länder vom 31. Januar 2003 um ein Prozent ab dem 1. Januar 2004 verzichtet. Die Parteien haben damit eine individuelle Vergütungsvereinbarung getroffen, die für eine weitere Dynamisierung der Vergütung als Basis zugrunde gelegt werden muss. Hiervon sind die Vorinstanzen bei der Ermittlung des individuellen Vergleichsentgelts gemäß § 6 Abs. 1 TVÜ-Länder im Rahmen der Zahlungsklage auch zutreffend ausgegangen.

30

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    W. Hinrichs    

        

    Heyn    

        

        

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.