Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. März 2015 - 4 AZR 702/12
Gericht
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Juni 2012 - H 6 Sa 102/11 - aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
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Der Kläger ist gelernter Maurer und seit 1994 bei der Beklagten beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L) kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit.
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Mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2006 setzte die Beklagte den Kläger, der zuvor einen Vorbereitungslehrgang für die Prüfung zum Wegewart absolviert hatte, als Gewässerwart innerhalb der Garten- und Tiefbauabteilung eines Bezirksamts ein und vergütete ihn nach der Entgeltgruppe 6 TV-L.
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Sowohl die Beklagte als auch die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (im Folgenden: ÖTV), Bezirksverwaltung Hamburg, gingen in der Vergangenheit davon aus, dass die Tätigkeiten der Wege- und Gewässerwarte im Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) nicht geregelt seien. Deshalb verfasste die Beklagte im November 1992 ein Schreiben ua. an die Bezirksämter, das der Eingruppierung des Klägers zugrunde liegt. Dort heißt es:
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„…
Die Tätigkeit der Wegewarte stellt eine hamburgische Besonderheit dar und ist insoweit vergleichbar der Gruppe der sog. Anhangs-Angestellten im Siel- und Klärwerksbetrieb sowie des Hafenbetriebsdienstes und der Wasserwirtschaft, deren Eingruppierung im Anhang zum Tarifvertrag für Meister und Technische Angestellte mit besonderen Aufgaben (Abschnitt Q des Teil II der Anlage 1a zum BAT) geregelt ist.
Angesichts dieser Vergleichbarkeit und der geforderten Vorbildung - Facharbeiterbrief im Hoch- oder Tiefbau sowie die verwaltungseigene Fortbildungsprüfung zum Wegewart - wurde Einvernehmen erzielt, für die Eingruppierung der Wege- und Gewässerwarte die Tätigkeitsmerkmale für Maschinenmeister des Abschnitt Q anzuwenden.
In diesem Zusammenhang wird jedoch ausdrücklich festgestellt, daß das Merkmal ‚Meister‘ bei der überwiegend ausgeübten Tätigkeit der Wege- und Gewässerwarte nicht erfüllt wird.
Dies vorausgeschickt, sind die Wege- und Gewässerwarte infolge des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24.4.1991 außertariflich wie folgt eingruppiert:
VergGr.:
Wegewarte mit abgeschlossener verwaltungsinterner Fortbildungsprüfung zur Wegewartin/zum Wegewart, die mit der selbständigen Wahrnehmung der in der Anlage zur Dienstvorschrift für die Aufsicht über öffentliche Wege durch die Tiefbaudienststellen der Bezirksämter vom 24.2.1984 in der jeweils geltenden Fassung genannten Aufgaben beauftragt sind
VIb
nach 6jähriger Bewährung
Vc.
Diese Regelung tritt mit Wirkung vom 1.1.1991 in Kraft.
…
Die mit Schreiben des Senatsamtes vom 30.9.1971 getroffene Eingruppierungsregelung für Wegewarte (Inkrafttreten 1.1.1972) wird mit Ablauf des 31.12.1990 aufgehoben.
…“
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Den beiden Gewässerwarten im Bereich des betreffenden Bezirksamts sind folgende Tätigkeiten übertragen:
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Begehung zur Überwachung des Unterhaltungszustands der Gewässer und der dazugehörigen Anlagen
Den Gewässerwarten obliegt die Begehung der Gewässer.
Im Rahmen ihrer Begehung haben die Gewässerwarte den Unterhaltungszustand der Gewässer und der dazugehörigen Anlagen zu überwachen. Bei den Anlagen handelt es sich um Gebäude, die zum Teil bewohnt sind, Staubauwerke, Wehranlagen, Verrohrungen, Spundwände, Stege, Pontons, Brücken, Durchlässe sowie befestigte Wege und Krananlagen. Die Gewässerwarte prüfen, ob und gegebenenfalls wann Maßnahmen zur Erhaltung und Pflege erforderlich sind. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um Mäh- und Krautungsarbeiten an Gewässern, Baumpflegearbeiten, Entschlammungsarbeiten, Instandsetzungen von Böschungen, Maurer- und Schlosserarbeiten. Soweit sie Störungen des Wasserabflusses feststellen, obliegt ihnen die Prüfung, ob sofortige Maßnahmen erforderlich sind oder ausreichend Zeit vorhanden ist, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Maßnahme in die Planung aufzunehmen.
Im Rahmen ihrer Begehung haben die Gewässerwarte unbefugte Gewässernutzungen, wie zum Beispiel Einleitungen, Entnahmen und Einbauten festzustellen.
Im Rahmen ihrer Begehung haben die Gewässerwarte auch Schadensmeldungen Dritter nachzugehen.
Führen eines Begehungsbuchs
Beauftragung der Regiekräfte der Wasserbauwerkstatt und Bearbeitung der Arbeits- und Lohnnachweise
Beauftragung von Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten
Die Gewässerwarte sind befugt, Aufträge für Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten bis zu einem Betrag von 2.500,00 Euro selbständig zu erteilen. Sie prüfen die Rechnungen auf rechnerische und sachliche Richtigkeit und leiten diese zur Vornahme der Zahlung und Buchung weiter.
Mitarbeit bei kostenintensiven Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten
Halten die Gewässerwarte Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten für erforderlich, deren voraussichtlichen Kosten einen Betrag von 2.500,00 Euro überschreiten, bereiten sie die Vergabe der Aufträge (Aufmaß, Ausschreibung) vor.
Bauaufsicht und Abnahme
Die Gewässerwarte übernehmen bei Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten die Bauaufsicht und die Abnahme nach Beendigung der Maßnahme.
Abrechnung
Die Gewässerwarte prüfen bei Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten die Rechnungen auf rechnerische und sachliche Richtigkeit und leiten diese zur Vornahme der Zahlung und Buchung weiter.
Abstimmung der Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten
Die Gewässerwarte müssen die Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten mit den Pumpen- und Schleusenmeistern und den betroffenen Anliegern und Dienststellen abstimmen.
Meldung von unbefugten Gewässernutzungen
Die Gewässerwarte haben unbefugte Gewässernutzungen im Anschluss an die Begehung schriftlich darzustellen und diese an die Wasserbehörde zu melden.
Vorbereitung der Arbeitsjahresplanung
Die Gewässerwarte bereiten für ihren Zuständigkeitsbereich eine Arbeitsjahresplanung vor, die mit dem Vorgesetzten besprochen wird. Darin sind die schon bekannten Maßnahmen enthalten, deren Durchführung für das kommende Jahr in Aussicht genommen wird. Die Auswahl treffen die Gewässerwarte. Kommen im Laufe des Jahres unvorhergesehene Maßnahmen dazu und wird dadurch der Haushaltsansatz überschritten, müssen die Gewässerwarte prüfen, welche Maßnahmen vorrangig zu erledigen sind und welche gegebenenfalls auf das nächste Jahr verschoben werden können.
Teilnahme an Gewässerschauen
Urlaubs- und Krankheitsvertretung des zweiten Gewässerwartes und des Deichwartes
…
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Seit einigen Jahren nimmt der Kläger darüber hinaus ua. die öffentlichen Stege auf, überprüft ihre Funktionsfähigkeit, veranlasst erforderliche Reparaturen und überwacht die Durchführung der Arbeiten.
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Bei der Ausschreibung von Stellen für Gewässerwarte wurden als persönliche Voraussetzungen eine abgeschlossene handwerkliche Ausbildung im Bau- und Gartenbausektor oder eine Schlosserausbildung sowie die erfolgreiche Teilnahme an einem Gewässer- oder Wegewartlehrgang oder einem gleichwertigen Lehrgang verlangt.
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Mit Schreiben vom 15. September 2008 hat der Kläger vergeblich ein Arbeitsentgelt nach der Entgeltgruppe 8 TV-L begehrt. Mit seiner der Beklagten am 19. Oktober 2009 zugestellten Klage hat er sein Begehren weiterverfolgt und die Auffassung vertreten, seine Tätigkeit als Gewässerwart falle unter Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT und sei der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT zuzuordnen, weshalb er nach der Entgeltgruppe 8 TV-L zu vergüten sei. Sie erfordere gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen.
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Der Kläger hat beantragt
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm mit Wirkung ab 1. März 2008 ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 8 TV-L zu zahlen und die Differenzbeträge zwischen der gezahlten Vergütung nach Entgeltgruppe 6 und der zu zahlenden Vergütung nach Entgeltgruppe 8 ab Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB zu verzinsen.
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Tätigkeit des Klägers als Gewässerwart werde von der Vergütungsordnung des BAT nicht erfasst. Aufgrund einer bewussten Tariflücke seien die Gewässerwarte in Absprache mit der Bezirksverwaltung Hamburg der ÖTV außertariflich eingruppiert worden. Im Übrigen erfülle der Kläger nicht die Anforderungen der Entgeltgruppe 8 TV-L.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist begründet. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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I. Die Revision ist zulässig. Der Senat war an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht nach § 72 Abs. 3 ArbGG gebunden, obwohl es sich nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts um eine „hamburgische Besonderheit“ handelt und Fragen von grundsätzlicher Bedeutung der Berufungsentscheidung nicht zugrunde liegen.
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II. Die Klage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage(st. Rspr., s. nur BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 18; 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 13 mwN) auch im Hinblick auf die Verzinsung (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 10 mwN) zulässig.
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III. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen.
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1. Das Berufungsgericht hat schon rechtsfehlerhaft zwei Arbeitsvorgänge gebildet und seiner Beurteilung zugrunde gelegt.
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a) Die Eingruppierung des Klägers richtet sich - wie das Landesarbeitsgericht im Ausgangspunkt zu Recht angenommen hat - aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L über den 31. Oktober 2006 hinaus bis zum 31. Dezember 2011 nach §§ 22, 23 BAT und damit nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen des BAT. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht insoweit keine Tariflücke.
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aa) Erfüllt die Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Geltungsbereich eines Tarifvertrags keines der in der tariflichen Vergütungsordnung geregelten Tätigkeitsmerkmale, kann eine Tariflücke vorliegen (vgl. BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 19). Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien des BAT die Tätigkeit eines jeden öffentlichen Angestellten mit ihrem Regelungswerk erfassen wollten (vgl. §§ 1, 3, 22 BAT; BAG 6. März 1996 - 4 AZR 771/94 - zu II 4 b der Gründe). Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale des BAT haben nach ihrem Willen eine Auffangfunktion und können daher auch für solche Tätigkeiten herangezogen werden, die nicht zu den eigentlich behördlichen oder herkömmlichen Verwaltungsaufgaben gehören. Deshalb kann im Bereich des BAT eine Tariflücke nur dann angenommen werden, wenn die zu beurteilende Tätigkeit keinen unmittelbaren Bezug zu den eigentlichen Aufgaben der betreffenden Dienststellen, Behörden und Institutionen hat (BAG 6. März 1996 - 4 AZR 771/94 - aaO). Eine (bewusste) Tariflücke liegt demnach nur vor, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage erkennbar ungeregelt lassen wollten und dies in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck gefunden hat. Dabei kann das Unterlassen einer Regelung ihren Grund auch darin haben, dass die Tarifvertragsparteien sich über die betreffende Frage nicht haben einigen können (BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 21).
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bb) Im Entscheidungsfall liegt keine Tariflücke vor.
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(1) Die Tätigkeit des Klägers hat einen hinreichenden Bezug zu den eigentlichen Aufgaben der Dienststelle. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gehören zu den Aufgaben des Bauamts die Deichunterhaltung und die Gewässerpflege und damit auch die Überprüfung der Gewässersicherheit. Dem Allgemeinen Teil der Vergütungsordnung des BAT wie auch der nachfolgenden des TV-L ist nicht zu entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien die Tätigkeit des Gewässerwarts nicht hätten regeln wollen.
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(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt etwas anderes nicht aus dem Umstand, dass sie selbst in Übereinstimmung mit der örtlich zuständigen Bezirksverwaltung der ÖTV von einer Tariflücke ausgegangen ist. Weder die Beklagte noch die Bezirksverwaltung sind Tarifvertragspartei des BAT oder des TV-L. Ihre Auffassung bietet deshalb keine Grundlage für einen Rückschluss auf den Willen der Tarifvertragsparteien.
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b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Tätigkeit des Klägers setze sich aus zwei Arbeitsvorgängen zusammen.
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aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L iVm. § 22 BAT und der dazugehörigen Protokollnotiz gilt:
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„§ 22
…
(2)
Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. …
Protokollnotiz zu Absatz 2:
1.
Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (…). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.
2.
…“
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bb) Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst. Wiederkehrende, gleichartige und gleichwertige Bearbeitungen können zusammengefasst werden, nicht aber solche, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein auseinandergehalten werden können. Hierfür reicht die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Angestellte zu übertragen, nicht aus (BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 17 mwN).
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cc) Danach stellt die Tätigkeit des Klägers einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar. Der Gewässerwart hat nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien den Zustand der ihm zugewiesenen Gewässer sowie Anlagen zu überwachen und bei Abweichungen des „Ist-Zustands“ vom „Soll-Zustand“ für die erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu sorgen. Bei der gebotenen natürlichen Betrachtung ist die gesamte Tätigkeit des Klägers auf ein einheitliches Arbeitsergebnis gerichtet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass bei Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten, deren voraussichtliche Kosten einen Betrag von 2.500,00 Euro überschreiten, nicht der Kläger, sondern sein Vorgesetzter den Auftrag vergibt. Dadurch wird nicht ein abtrennbarer Arbeitsvorgang der Durchführung von Abhilfemaßnahmen auf einen anderen Arbeitnehmer übertragen. Vielmehr bereitet der Kläger auch in diesen Fällen den Auftrag vor und hat im Anschluss an die beauftragte Abhilfemaßnahme zumindest im Rahmen seiner Begehung auch deren Erfolg zu prüfen.
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2. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft das Vorliegen gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse sowie selbständiger Leistungen iSd. Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vc, Fallgr. 1a Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT verneint.
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a) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung der Begriffe „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ und „selbständige Leistungen“ und damit um die von unbestimmten Rechtsbegriffen handelt, lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob es den Rechtsbegriff als solchen verkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., vgl. nur BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 33; 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 24 mwN). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Berufungsurteil - wie hier - erkennen lässt, wie das Landesarbeitsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff verstanden hat (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - aaO; 6. Juni 2007 - 4 AZR 456/06 - Rn. 20 mwN).
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b) Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.
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aa) Das Landesarbeitsgericht hat fehlerhaft angenommen, der Kläger verfüge schon nicht über die in der Ausschreibung verlangte fachliche Qualifikation für die Tätigkeit als Gewässerwart.
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bb) Dabei hat das Landesarbeitsgericht verkannt, dass der Kläger eine Ausbildung als Maurer abgeschlossen hat. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist diese sowohl nach dem allgemeinen Sprachverständnis (vgl. Brockhaus Enzyklopädie 21. Aufl. Band 3 Stichwort: Bauberufe) als auch nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe (vgl. § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 23 BRTV Bau) dem „Bausektor“ zuzuordnen. Es durfte deshalb das Erfordernis der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse nicht mit der Begründung verneinen, die im Rahmen einer abgeschlossenen Ausbildung etwa im Bausektor erworbenen Kenntnisse seien ersichtlich deshalb nicht erforderlich, weil der Kläger über eine solche Ausbildung nicht verfüge.
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IV. Ob die Tätigkeit des Klägers gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen iSv. VergGr. Vc des Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT erfordert, steht aufgrund der bisherigen Feststellungen noch nicht fest. Diese wird das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung der nachfolgenden Erwägungen nachzuholen haben.
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1. Nach § 17 Abs. 7 TVÜ-L werden für Eingruppierungen ab dem 1. November 2006 bis zum 31. Dezember 2011 die Vergütungsgruppen der Allgemeinen Vergütungsordnung (Anlage 1a zum BAT) und die Lohngruppen des Lohngruppenverzeichnisses gemäß Anlage 4 zum TVÜ-L den Entgeltgruppen des TV-L zugeordnet. Eine Zuordnung zu der - vom Kläger begehrten - Entgeltgruppe 8 TV-L erfolgt danach bei einer Eingruppierung in die VergGr. Vc BAT.
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2. Die für die Bewertung der Tätigkeit des Klägers in Betracht kommende Fallgr. 1a der VergGr. Vc des Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT lautet:
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„1a.
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)“
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3. Das Landesarbeitsgericht wird danach zu prüfen haben, ob die Tätigkeit des Klägers gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen erfordert (zu den tariflichen Anforderungen vgl. insgesamt BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 36, 42 mwN). Dabei trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die ihm übertragene Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT erfüllt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bedarf es im Streitfall jedoch keines Vortrags, der einen sog. wertenden Vergleich ermöglicht.
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a) Mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage sind im Grundsatz diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, die den rechtlichen Schluss zulassen, dass die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt sind. Für einen schlüssigen Vortrag ist dabei eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit dann nicht ausreichend, wenn ein Heraushebungsmerkmal in Anspruch genommen wird. In diesem Fall sind allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich gegenüber derjenigen eines Angestellten, der „Normaltätigkeiten“ verrichtet, heraushebt. Diese Wertung erfordert vielmehr einen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten, also den „Normaltätigkeiten“, und setzt einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraus. Die vorgetragenen Tatsachen müssen erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit hervorhebt und einen wertenden Vergleich mit dieser nicht unter das Hervorhebungsmerkmal fallenden Tätigkeit erlauben (st. Rspr., BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 18; 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 21 mwN).
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b) Danach hat der Kläger die Tatsachen darzulegen, die den rechtlichen Schluss zulassen, dass die ihm übertragene Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert. Dabei genügt es nicht, dass er sich allein darauf beruft, er habe eine Ausbildung im Bausektor absolviert und verfüge deshalb über gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Der Umstand, dass die Beklagte eine solche Ausbildung für die Tätigkeit eines Gewässerwarts verlangt, bedeutet nicht zugleich, dass sie für die auszuübende Tätigkeit auch im Tarifsinne erforderlich ist (vgl. BAG 21. März 2012 - 4 AZR 374/10 - Rn. 37). Dies ist vielmehr anhand der Darlegungen nach Maßgabe der tarifvertraglichen Vorschriften festzustellen.
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c) Es bedarf im Entscheidungsfall entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keines Vortrags, der einen sog. wertenden Vergleich ermöglicht. Bei dem Erfordernis selbständiger Leistungen in einem größeren zeitlichen Maß als in den niedriger bewerteten Vergütungsgruppen handelt es sich (lediglich) um eine höhere Anforderung im tariflichen Sinne. Zur Feststellung, ob diese erfüllt ist, bedarf es ausschließlich der Betrachtung der dem Kläger konkret übertragenen Tätigkeit.
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4. Sollte das Landesarbeitsgericht zu der Überzeugung gelangen, dass die dem Kläger übertragene Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT erfüllt, wird es zu beachten haben, dass dem Kläger der geltend gemachte Zinsanspruch nur zum Teil zusteht. Für die Vergütungsdifferenzen, die nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TV-L bei Zustellung der Klage bereits fällig waren, kann der Kläger nach § 291 Satz 1 Halbs. 1, § 288 Abs. 1 BGB ab dem Folgetag, dh. ab dem 20. Oktober 2009 Prozesszinsen verlangen. Für die übrigen Vergütungsdifferenzen stehen ihm nach § 291 Satz 1 Halbs. 2, § 288 Abs. 1 BGB Zinsen erst ab dem auf den Fälligkeitstag(§ 24 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 TV-L) folgenden Tag zu.
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Eylert
Treber
Rinck
Bredendiek
Redeker
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Annotations
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
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eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.