Flieger verspätet oder annulliert - Ausgleichszahlungen aufgrund meiner Fluggastrechte?

bei uns veröffentlicht am07.02.2014

Rechtsgebiete

Autoren

Rechtsanwältin

Sandra Ruppin

Jeder Reisende ärgert sich, wenn der Flieger sich verspätet oder gänzlich gestrichen wird. Der Ärger wird nicht minder, wenn man versucht das entsprechende Luftfahrtunternehmen hierfür in Regress zu nehmen.

Fluggesellschaften sind leider außergerichtlich nur schwer zu einer Zahlung zu bewegen, so dass die meisten Streitigkeiten um die Fluggastrechte vor Gericht landen.

Welche Rechte hat jeder betroffene Fluggast, wenn der Flieger Verspätung hat?

Nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung kann der Fluggast einen Anspruch auf Betreuungsleistungen und Ausgleichsleistung haben.

Warten Sie bereits seit mindestens zwei Stunden auf den Abflug, gehen Sie zum Abfertigungsschalter und verlangen eine schriftliche Auskunft über Ihre Rechte.

Anspruch auf Betreuungsleistungen

Ob dem Fluggast unentgeltliche Betreuungsleistungen wie Mahlzeiten und Erfrischungen zustehen, hängt von der zeitlichen Verzögerung des Abfluges und der Flugentfernung ab.

Das Luftfahrtunternehmen hat den Fluggästen Mahlzeiten und Erfrischungsgetränke anzubieten, wenn absehbar ist, dass sich der Abflug gegenüber der planmäßigen Abflugzeit

  • bei Flügen über eine Entfernung von 1.500 km oder weniger um zwei Stunden oder mehr
  • bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km um drei Stunden oder mehr
  • bei allen nicht unter den vorgenannten Flügen um vier Stunden oder mehr

verzögert.

Endlich gelandet – endlich nach Hause? Stopp, nicht so voreilig!

Bevor Sie nach den Strapazen der Reise die letzten Kilometer der Heimreise antreten, empfiehlt es sich unbedingt noch eine schriftliche Bestätigung der Flugverspätung einzuholen, d.h. einen Nachweis zu welchem Zeitpunkt die planmäßige Ankunft erfolgen sollte und wann Sie tatsächlich gelandet sind. Diese stellt die betroffene Airline in der Regel unproblematisch am Ticketschalter aus.

Am Ticketschalter erhalten Sie nach Ihrer Ankunft eine Bestätigung der Flugverspätung.

Alternativ empfiehlt es sich die Kontaktdaten mit anderen betroffenen Fluggästen auszutauschen, um diese ggf. in einem gerichtlichen Verfahren als Zeugen benennen zu können.

Ausgleichsansprüche sind gegenüber dem Luftfahrtunternehmen geltend zumachen

Anspruch auf Ausgleichszahlung

Ob dem Fluggast eine pauschale Ausgleichszahlung zusteht, hängt zunächst von der Flugentfernung ab und ob die zeitliche Verzögerung zwischen planmäßiger und tatsächlicher Ankunft erheblich ist.

Nur bei einer erheblich verspäteten Ankunft steht dem Fluggast eine pauschale Ausgleichszahlung zu.

Erheblich ist eine Ankunftsverzögerung, wenn diese mindestens drei Stunden nach der planmäßigen Ankunft erfolgte.

Praktisch stellt sich das wie folgt dar: die Ankunftszeit in Berlin z.B. war ursprünglich für 18:30 Uhr vorgesehen und tatsächlich gelandet ist der Fluggast allerdings erst um 22:13 Uhr. Hier liegt eine Verspätung von 3 Stunden und 43 Minuten vor – also eine erhebliche Verspätung.

Bei erheblichen Ankunftsverzögerungen können die Fluggäste folgende pauschale Ausgleichszahlungen erhalten:

  • 250 EUR bei Flügen über eine Entfernung von 1.500 km oder weniger
  • 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km 
  • 600 EUR bei allen nicht unter den vorgenannten Flügen

Außergewöhnliche Umstände lassen den Ausgleich entfallen

Der pauschale Ausgleichsanspruch entfällt, wenn die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist. Zu beachten ist hierbei, dass der Ausgleichsanspruch um die Hälfte reduziert werden kann, wenn den Fluggästen eine anderweitige Beförderung angeboten wurde.

Außergewöhnliche Umstände liegen nur vor, wenn die Ursache für die Verspätung unvorhersehbar und damit nicht beherrschbar war.

Technische Defekte sind nur außergewöhnliche Umstände, wenn diese unbeherrschbar sind.

War eine Kollision auf der Landebahn ursächlich für die Verspätung ist dies ebenso wenig als ein außergewöhnlicher Umstand anzusehen, wie eine Verspätung aufgrund fehlenden Enteisungsmittel.

Eine versagte Landeerlaubnis ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs allerdings als ein außergewöhnlicher Umstand anzusehen, so dass kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung besteht (Urt. Vom 13.11.2013, X ZR 115/12)

Ein Vogelschlag ist ebenfalls ein außergewöhnlicher Umstand, weil der Vogelschlag von außen in den Flugbetrieb eingreift und damit nicht vorhersehbar ist.

Witterungsverhältnisse können außergewöhnliche Umstände sein.

Die Rechte aus der Europäischen Fluggastrechteverordnung stehen dem Fluggast eines verspäteten Fluges allerdings nur zu, wenn die Europäische Fluggastrechteverordnung auch anwendbar ist.

Europäische Fluggastrechteverordnung anwendbar?

Wenn Sie ihren (Verspätungs-)Flug in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union begonnen haben oder aber mit einer Fluggesellschaft der Europäischen Gemeinschaft aus einem Drittstaat (Nicht EU-Mitgliedstaat) einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrages unterliegt, antreten, dann stehen Ihnen die Europäischen Fluggastrechte zu.

Welche Länder zur Europäischen Gemeinschaft gehören, ergibt ein „Klick“ auf den nachfolgenden Link http://www.cep.eu/eu-fakten/mitgliedstaaten-der-eu/mitgliedstaaten/

Hier ist noch der Link zur Verordnung zum Nachlesen: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:046:0001:0007:de:PDF

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