Sind Privatgutachterkosten erstattungsfähig?
Mängel sind das Thema Nummer eins bei nahezu jedem Bauprojekt. Zur Aufklärung und zur Vorbereitung der Abnahme oder eines Prozesses wird oftmals ein privater Sachverständiger beauftragt. Wer hat die Kosten solcher Privatgutachten zu tragen? Dies ist sehr umstritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte kürzlich wieder Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.
Nur ausnahmsweise sind die Kosten für die Einholung eines Privatsachverständigengutachtens im Rahmen der Prozesskosten erstattungsfähig. Nach der Rechtsprechung des BGH sind von der unterlegenen Seite nach § 91 ZPO zu erstattende „notwendige“ Kosten solche, die für Maßnahmen anfallen, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei im Zeitpunkt der Veranlassung als sachdienlich ansehen darf. Sie müssen dafür unmittelbar prozessbezogen sein.
Sachdienlichkeit wird bejaht, wenn der Bauherr infolge fehlender Sachkenntnis ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage gewesen wäre. Dazu gehören nach den Beschlüssen des BGH vom 07.02.2013 - VII ZB 60/11 – und vom 20.12.2011 - VI ZB 17/11 – auch Fälle, in denen die Partei ohne Einholung eines Privatgutachtens ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht hätte erschüttern können. Dies wird bei eigener Sachkunde verneint.
Die sogenannte „Waffengleichheit“ spielt ebenso wenig eine Rolle wie der tatsächliche Einfluss des eingeholten Gutachtens auf den Prozess. Insbesondere ist nach dem aktuellen Beschluss des für das Baurecht und Internetrecht zuständigen Siebten Zivilsenats des BGH vom 01.02.2017 – VII ZB 18/14 bloßer Parteivortrag genauso gewichtig wie ein durch ein Privatgutachten untermauerter Vortrag. Begründet wird dies mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein prozessbegleitend eingeholtes Privatgutachten ist nicht deshalb gegeben, weil ihm im Rahmen des Rechtsstreits ein höheres Gewicht zukäme als sonstigem Parteivortrag.
Privatgutachterkosten können ferner aber auch als Schadensersatz neben der Leistung gem. § 634 Nr. 4 BGB erstattungsfähig sein. Dies setzt allerdings neben dem Ablauf einer Frist auch das Verschulden des Bauunternehmers voraus, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Nach der vom BGH entwickelten „Symptomtheorie“ genügt es nämlich, wenn der Auftraggeber das objektive Erscheinungsbild eines Mangels angibt. Er braucht Ursachen eigentlich nicht zu benennen.
Der für das Kaufrecht und Wohnraummietrecht zuständige achte Zivilsenat hat im Urteil vom 30.04.2014 – VIII ZR 275/13 – allerdings einen großzügigeren Maßstab angelegt. Auch aus § 439 Abs. 2 BGB ergebe sich ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Ersatz von zur Klärung von Mängelursachen erforderlichen Sachverständigenkosten. Denn das Gutachten ermögliche die Durchsetzung des Nacherfüllungsanspruchs, so dass dessen Kosten „zum Zwecke der Nacherfüllung“ aufgewandt würden.
Vor Beauftragung eines Privatgutachters empfiehlt sich jedenfalls eine anwaltliche Prüfung der Erstattungsfähigkeit seiner Kosten. Oft lassen sich noch die Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit der Privatgutachterkosten schaffen.
Rechtsanwalt
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