Insolvenzrecht: Zurückweisung eines Widerspruchs gegen die Anordnung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung



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Der Widerspruch des Schuldners gegen die Anordnung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung darf nicht zurückgewiesen werden, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und noch andauert, selbst wenn die Eröffnung erst nach Erhebung des Widerspruchs erfolgt ist.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31. Oktober 2011 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.732,88 € festgesetzt.
Gründe:
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung. Die Schuldnerin gab im August 2010 durch den im Handelsregister nicht mehr eingetragenen Geschäftsführer die eidesstattliche Versicherung ab. Im November 2010 beantragte die Gläubigerin, die Schuldnerin möge durch ihren im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer die eidesstattliche Versicherung abgeben. Im Termin am 4. Januar 2011 bestritt die Schuldnerin ihre Verpflichtung zur erneuten Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Der Gerichtsvollzieher legte deswegen die Akte dem zuständigen Vollstreckungsgericht zur Entscheidung vor. Am 7. Februar 2011 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet.
Durch Beschluss vom 9. März 2011 hat das Vollstreckungsgericht ohne Kenntnis von der Insolvenzeröffnung den Widerspruch der Schuldnerin für berechtigt erklärt. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt sie die Zurückweisung des Widerspruchs der Schuldnerin gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht im vollstreckungsrechtlichen Rechtszug nach § 567 Abs. 1, § 793 ZPO entschieden und die Rechtsbeschwerde zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht habe dem Widerspruch der Schuldnerin gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Zwar sei der Geschäftsführer der Schuldnerin am 4. Januar 2011 gemäß § 807 Abs. 1 Nr. 1, § 900 ZPO zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet gewesen. Doch könne die Gläubigerin als Insolvenzgläubigerin nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht mehr verlangen. Das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO erfasse auch diesen Fall und sei von Amts wegen zu beachten. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt sei insoweit der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das Verfahren war durch die Insolvenzeröffnung nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen.
Zutreffend hat das Beschwerdegericht die Begründetheit des Widerspruchs der Schuldnerin gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bezogen auf den Zeitpunkt seiner neu zu treffenden Entscheidung geprüft, denn die Beschwerdeinstanz ist eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz. Auf dieser tatsächlichen Grundlage hat das Beschwerdegericht den Widerspruch der Schuldnerin gegen ihre Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung nach §§ 807, 899 ff ZPO mit Recht als begründet erachtet. Denn seit der nach Erhebung des Widerspruchs erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ist gemäß § 89 Abs. 1 InsO die Zwangsvollstreckung für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens unzulässig, weil das vorgenannte Verbot von Zwangsvollstreckungen auch für das Verfahren der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung gilt. Rechtlich unerheblich ist es, ob der Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vor oder nach Insolvenzeröffnung gestellt worden ist und wann der Schuldner der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung widersprochen hat.
Die Gläubigerin kann sich nicht darauf berufen, ihre Beschwerde habe nicht die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zum Gegenstand gehabt, sondern allein die Frage, ob die Schuldnerin am 4. Januar 2011 die eidesstattliche Versicherung hätte verweigern dürfen, was nicht der Fall war. Bei dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO handelt es sich um ein erst nach dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entstandenes Vollstreckungshindernis, das als solches im Vollstreckungsverfahren von Amts wegen zu beachten ist. Dies gilt in gleicher Weise für das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht wie für das Beschwerdeverfahren.

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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und
- 1.
hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder - 2.
ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird,
(2) Der Schuldner kann einer sofortigen Abnahme widersprechen. In diesem Fall verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 802f; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.
(1) Wird künftiges Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto gepfändet und dem Gläubiger überwiesen, darf der Drittschuldner erst nach Ablauf des Kalendermonats, der auf die jeweilige Gutschrift folgt, an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen; eine Verlängerung des in § 899 Absatz 2 bezeichneten Zeitraums erfolgt dadurch nicht. Auf Antrag des Gläubigers kann das Vollstreckungsgericht eine von Satz 1 erster Halbsatz abweichende Anordnung treffen, wenn sonst unter Würdigung des Schutzbedürfnisses des Schuldners für den Gläubiger eine unzumutbare Härte entstünde.
(2) Guthaben, aus dem bis zum Ablauf der Frist des Absatzes 1 nicht an den Gläubiger geleistet oder das bis zu diesem Zeitpunkt nicht hinterlegt werden darf, ist in dem auf die Gutschrift folgenden Kalendermonat Guthaben im Sinne des § 899 Absatz 1 Satz 1.
(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.
(2) Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.
(3) Über Einwendungen, die auf Grund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht. Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und
- 1.
hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder - 2.
ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird,
(2) Der Schuldner kann einer sofortigen Abnahme widersprechen. In diesem Fall verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 802f; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.
(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.
(2) Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.
(3) Über Einwendungen, die auf Grund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht. Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.