Arbeitsrecht: Treuepflicht eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst
Je nach Stellung und Aufgabenkreis kann von ihm, anders als von einem Beamten, nicht die Bereitschaft verlangt werden, sich mit der Idee des Staates, d. h. seiner freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung zu identifizieren und dafür aktiv einzutreten. Je nach Funktion kann ein Arbeitnehmer die ihm nach § 3 I 2 TV-L obliegende Pflicht zur Verfassungstreue schon dadurch "wahren", dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht aktiv bekämpft (sog. einfache politische Treuepflicht).
Diesen Grundsätzen ist auch bei der Ausübung des Fragerechts im Zusammenhang mit der Einstellung in den öffentlichen Dienst angemessen Rechnung zu tragen. Eine ordnungsgemäße Befragung zwecks Feststellung der Verfassungstreue - als Bestandteil der Eignung i. S. von Art. 33 II GG - setzt voraus, dass der Bewerber nach konkreten Umständen befragt wird, die gemäß den Anforderungen der ins Auge gefassten Tätigkeit einstellungsrelevant sind. Die allgemeine Frage, ob der Bewerber (irgend)einer verfassungsfeindlichen Organisation oder Partei angehört, wird dieser Vorgabe regelmäßig nicht gerecht. Drängte sich dem Arbeitnehmer bei seiner Einstellung auf, dass er wegen seines politischen Engagements nicht in der Lage sein werde, das für die angestrebte Tätigkeit erforderliche Maß an Verfassungstreue aufzubringen, und versäumt er es bewusst, diesen Umstand zu offenbaren, kann dies den Arbeitgeber - unabhängig von Inhalt und Umfang einer Belehrung zur Verfassungstreue - zur Anfechtung des Arbeitsvertrags berechtigen.
Bringt ein Beschäftigter nicht das erforderliche Maß an Verfassungstreue auf, kann dies den öffentlichen Arbeitgeber - je nach den Umständen des Einzelfalls - zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers berechtigen. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses voraus.
Mahnt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ab, liegt darin regelmäßig der Verzicht auf das Recht zur Kündigung allein aus den in ihr gerügten Gründen. Das gilt auch, wenn er dem Arbeitnehmer einen auf steuerbarem Verhalten beruhenden, also behebbaren Eignungsmangel vorhält. Es ist ihm dann - ebenso wie nach der Abmahnung pflichtwidrigen Verhaltens - verwehrt, zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung ausschließlich den der Abmahnung zugrundeliegenden Sachverhalt heranzuziehen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer Anfechtung ihres Arbeitsvertrags und über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
Der 1982 geborene Kläger war - nach seiner Ausbildung für den mittleren Verwaltungsdienst - befristet bis zum 31. Juli 2002 beim Landkreis K beschäftigt. Eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unterblieb, nachdem der Landkreis von Aktivitäten des Klägers für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und deren Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) Kenntnis erlangt hatte.
Seit August 2003 war der Kläger beim beklagten Land als Verwaltungs- angestellter in der Oberfinanzdirektion K (OFD) tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme fand auf das Arbeitsverhältnis zunächst der BundesAngestelltentarifvertrag (BAT) und anschließend der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) Anwendung.
Vor seiner Einstellung hatte das beklagte Land den Kläger schriftlich unter Bezugnahme auf § 8 BAT über seine Pflicht zur Verfassungstreue belehrt. Am 17. Juli 2003 unterzeichnete er eine sich an die Belehrung anschließende vorformulierte Erklärung mit folgendem Inhalt:
„Auf Grund dieser Belehrung erkläre ich hiermit ausdrücklich, dass ich die vorstehenden Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahe und dass ich bereit bin, mich jederzeit durch mein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten.
Ich versichere ausdrücklich, dass ich Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eine ihrer obengenannten grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, nicht unterstütze und auch nicht Mitglied einer hiergegen gerichteten Organisation bin.
Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich bei einem Verstoß gegen diese Dienst- und Treuepflichten mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen muss.“
Seit 2004 war der Kläger im Druck- und Versandzentrum der OFD ein- gesetzt. Dort war er insbesondere für die Produktionsplanung, -steuerung und -überwachung zuständig. In dem Zentrum werden sämtliche im Zuständigkeitsbereich der OFD anfallenden Bescheide und Schreiben (etwa Steuerbescheide und Beihilfebescheide sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen) mittels elektronisch gesteuerter Druckabläufe erstellt.
Mit Schreiben vom 23. August 2007 berichtete das Landesamt für Ver- fassungsschutz der OFD über „rechtsextremistische Aktivitäten“ des Klägers, die wie folgt beschrieben und als solche unstreitig sind: „…
Am 7. August 2007 lädt er mit ‚Newsletter’ vom gleichen Tag zum ‚Sommerfest’ der ‚Nationaldemo-kratischen Partei Deutschlands’ (NPD) und deren Jugendorganisation, den ‚Jungen Nationaldemokraten’ (JN) für den 11. August 2007 ein; einem Bericht auf der Homepage des NPD-Kreisverbandes K zufolge ‚führte L in seiner unnachahmlichen Art eines souveränen Versammlungsleiters unterhaltsam durch das weitere Programm’.
Mit ‚Newsletter’ vom 30. Juli 2007 weist L auf den ‚Nationalen Stammtisch’ des NPD-Kreisverbands K hin.
Zum 17. Juni 2007 lädt er mittels ‚Newsletter’ zu einer Schulungsveranstaltung des NPD-Kreisverbands K nach B ein.
Einer Meldung des Polizeipräsidiums K zufolge gab er sich als Verantwortlicher für die Gründung des
Stützpunkts K der JN am 9. Juni 2007 in B zu erkennen.
Über einen ‚Newsletter’ verbreitete er die Einladung zu der Veranstaltung.
Am 8. Mai 2007 nahm L an einer Mahnwache: ‚Gegen das Vergessen - Zum Gedenken der gefallenen Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges’ in K teil. Hauptredner auf der Veranstaltung war der ehemalige NPD-Landesvorsitzende D. Dieser thematisierte unter anderem den Prozess in M gegen den Revisionisten Z und lobte den Revisionismusgedanken, der zur Selbstfindung des deutschen Volkes unerlässlich sei. (…).
Über die Jahreshauptversammlung des NPD-Regionalverbandes K am 25. März 2007 verschickte L per ‚Newsletter’ im Vorfeld einen Hinweis.
…“
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 erteilte das beklagte Land dem Kläger nach vorheriger Anhörung eine Abmahnung. Es hielt ihm vor, die Erklärung zur Verfassungstreue unterschrieben zu haben, ohne auf die Nichtverlängerung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Landkreis K und die dafür ursächlichen Aktivitäten hingewiesen zu haben. Durch diese „Fehlinformationen“ und sein öffentliches Auftreten für eine „als verfassungsfeindlich eingestufte Partei wie die NPD“ habe er grob gegen seine „tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue“ verstoßen. Für den Fall anhaltender Aktivitäten für verfassungsfeindliche Organisationen müsse er mit einer fristlosen Kündigung rechnen.
Am 18. November 2007, dem Volkstrauertag, nahm der Kläger an einer von der NPD abgehaltenen Gedenkveranstaltung am Ehrenmal „P“ auf dem Gebiet der Gemeinde R teil. Dabei handelt es sich um ein von der Gemeinde errichtetes Steinkreuz zur Erinnerung an die dort beigesetzten deutschen und französischen Soldaten, die im April 1945 vor Ort gefallen sind. Mit Schreiben vom 17. April 2008, bei der OFD eingegangen am 25. April 2008, berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz auch über diese Aktivität.
Nach Beteiligung des Personalrats und mit dessen Zustimmung kündig- te das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 8. Mai 2008 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2008. Dagegen erhob der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage. Mit Schriftsatz vom 23. September 2008 erklärte das beklagte Land die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung.
Der Kläger hat geltend gemacht, es fehle an Anfechtungs- und Kündigungsgründen. Er habe sich zu jeder Zeit und unmissverständlich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt. Seine politischen Aktivitäten stünden auf dem Boden des Grundgesetzes, zumal weder die NPD noch ihre Jugendorganisation verboten seien. Sollten sich einzelne Parteimitglieder in verfassungsfeindlicher Weise geäußert haben, sei dies nicht der Partei als Ganzer zuzurechnen. Neonazistisches Gedankengut lehne er strikt ab.
Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden ist;festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände geendet hat, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;
für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen, das beklagte Land zu verurteilen, ihn zu den im Arbeitsvertrag vom 4. November 2004 geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen und tätig werden zu lassen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Anfechtung sei berechtigt. Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung fristlos und allemal fristgemäß aufgelöst worden. Der Kläger habe es durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Arbeitsvertrags bestimmt. Er sei, wie sich erst nach der Kündigung vom 8. Mai 2008 herausgestellt habe, aufgrund eines mit dem Personalverantwortlichen des Landkreises K geführten Gesprächs über die Gründe der Nichtverlängerung seines vorherigen Arbeitsverhältnisses genau informiert gewesen. Er habe somit bewusst eine unrichtige Erklärung zu seiner Verfassungstreue abgegeben. Jedenfalls habe er gegen seine Verpflichtung verstoßen, seine Aktivitäten für die vom Landesamt für Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestufte NPD bzw. JN zu offenbaren. Die Kündigung sei gerechtfertigt. Der Kläger habe nach der Abmahnung erneut seine tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue verletzt und sich durch seine Aktivitäten für die NPD, deren Mitglied er sei, für die ihm übertragene Tätigkeit als ungeeignet erwiesen. Er habe sich die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD zu eigen gemacht, diffamiere den Staat und seine Organe in aller Öffentlichkeit und bringe seinen Willen zum Ausdruck, ihn zu bekämpfen. Nach der Kündigung habe er seine verfassungsfeindlichen Aktivitäten fortgesetzt. Am 25. Juli 2008 habe er - unstreitig - anlässlich des Todes eines Rechtsextremisten einen Gedenkbrief versandt. Am Volkstrauertag 2008 sei er erneut bei der Veranstaltung der NPD am Ehrenmal „P“ aufgetreten, nunmehr als verantwortlicher Versammlungsleiter. Sein Verhalten beschädige das Ansehen der Finanzverwaltung und beeinträchtige das Vertrauen der Bürger in deren rechtsstaatliches Handeln.
Das Arbeitsgericht hat die Anfechtung und die außerordentliche Kündi- gung für unwirksam erachtet und der Klage insoweit stattgegeben. Im Übrigen hat es sie abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage auch hinsichtlich der ordentlichen Kündigung stattgegeben. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur der Kündigungsschutzantrag. Mit dem erstinstanzlich - als unzulässig - abgewiesenen allgemeinen Feststellungsantrag hat sich das Landesarbeitsgericht nicht befasst. Es hat die Berufung des Klägers, die sich mit der Abweisung dieses Antrags nicht auseinandersetzt, stillschweigend dahin ausgelegt, dass der Antrag nicht weiterverfolgt werde. Soweit es den Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung abgewiesen hat, ist das Urteil rechtskräftig.
Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Seine Entscheidung, das Arbeitsverhältnis sei weder durch die Anfechtung vom 23. September 2008 noch durch die Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden, ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der Gegenstand der Kündigungsschutzklage umfasst zugleich die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der Anfechtung beendet worden ist.
Gegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG (iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG) ist das Begehren festzustellen, dass „das Arbeitsverhältnis“ durch die fragliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Die Klage kann daher nur Erfolg haben, wenn zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung ein Arbeitsverhältnis noch bestand. Dementsprechend ist Gegenstand der Kündigungsschutzklage auch die Frage, ob das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bzw. - im Fall der ordentlichen Kündigung - des Ablaufs der Kündigungsfrist bestand. Ist dies nicht der Fall, kann ein der Klage stattgebendes Urteil nicht ergehen, vielmehr ist die Klage schon aus diesem Grund abzuweisen.
Danach hängt hier der Erfolg der Kündigungsschutzklage (auch) von der Berechtigung der Anfechtung ab. Dem steht nicht entgegen, dass die Anfechtung erst mit Schriftsatz vom 23. September 2008 und damit nach Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung erklärt wurde. Zwar wirkt die Anfechtung eines in Vollzug gesetzten Arbeitsvertrags nicht zuletzt wegen der Schwierigkeiten einer Rückabwicklung grundsätzlich nur „ex nunc“. Im Streitfall wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien aber bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung faktisch außer Funktion gesetzt. Unter solchen Umständen besteht kein Grund, die Vorschrift des § 142 Abs. 1 BGB, die der wirksamen Anfechtung grundsätzlich rückwirkende Kraft beilegt, einschränkend anzuwenden. Die Anfechtung wirkt vielmehr auf den Zeitpunkt der faktischen „Außerfunktionssetzung“ zurück, selbst wenn diese ihrerseits auf einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung beruhen sollte.
Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung über die Wirksamkeit von Anfechtung und Kündigung die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur sog. funktionsbezogenen Treuepflicht der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und einem auf diese bezogenen Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung zugrunde gelegt.
Danach kommt bei politischer Betätigung eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für eine verfassungsfeindliche Partei oder Organisation, insbesondere bei einem Eintreten für deren verfassungsfeindliche Ziele eine Kündigung sowohl unter verhaltensbedingten als auch unter personenbedingten Gesichtspunkten in Betracht. Das gilt unabhängig davon, ob die Verfassungswidrigkeit der Partei durch das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG festgestellt wurde. Auch das politische Engagement für eine nicht verbotene, gleichwohl verfassungsfeindliche Organisation kann kündigungsrechtlich beachtlich sein. Die dafür gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen sind von dem zur Entscheidung berufenen Gericht eigenständig zu treffen.
Eine verhaltensbedingte - außerordentliche oder ordentliche - Kündi- gung eines Arbeitnehmers wegen Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei oder Organisation oder wegen deren aktiver Unterstützung setzt voraus, dass durch einen darin liegenden Verstoß gegen die Treuepflicht eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, sei es im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich.
Eine personenbedingte Kündigung kommt unabhängig davon in Be- tracht, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Aktivitäten jedenfalls die Eignung für die Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit fehlt. Im öffentlichen Dienst kann sich ein Eignungsmangel aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. Diese ist Bestandteil des Begriffs „Eignung“ in Art. 33 Abs. 2 GG. Mitgliedschaft und aktives Eintreten des Arbeitnehmers für eine verfassungsfeindliche Organisation können entsprechende Zweifel erwecken. Sie führen aber nicht ohne Weiteres zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Entscheidend ist, inwieweit die außerdienstlichen politischen Aktivitäten in die Dienststelle hineinwirken und entweder die allgemeine Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers oder das konkrete Aufgabengebiet des Arbeitnehmers berühren. Das wiederum hängt maßgeblich davon ab, welche staatlichen Aufgaben der Arbeitgeber wahrzunehmen hat, welche Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen und welches Aufgabengebiet innerhalb der Verwaltung er zu bearbeiten hat.
Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sind ua. in § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L (zuvor: § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT) festgelegt.
Nach dieser Regelung, die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gelangt, sind die Beschäftigten des beklagten Landes verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Eine entsprechende Verpflichtungserklärung hat der Kläger zudem im Zusammenhang mit seiner Einstellung abgegeben.
Allerdings können weder die auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT abgegebene Erklärung des Klägers vom 17. Juli 2003, noch die mit § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT wörtlich übereinstimmende Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L mit ihren allgemein gehaltenen Formulierungen dahin verstanden werden, dass allen Beschäftigten des beklagten Landes ohne Bezug zu der jeweils auszuübenden Tätigkeit - vergleichbar den Beamten - eine Pflicht zur Verfassungstreue obliegt.
Beamte unterliegen einer gesteigerten politischen Treuepflicht. Diese fordert ihre Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dh. seiner freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung, zu identifizieren und dafür aktiv einzutreten. Beamte haben sich deshalb von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren.
Dieser - weite - Umfang der das Beamtenverhältnis prägenden Treuepflicht lässt sich nicht schematisch auf Beschäftigte übertragen, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum öffentlichen Arbeitgeber stehen und denen in der Regel keine hoheitlichen Befugnisse übertragen sind. Bei der Fülle staatlicher Aufgaben gibt es durchaus Bereiche, bei denen es für die konkret geschuldete Arbeitsleistung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nicht auf die von Beamten verlangte besondere politische Loyalität ankommt. In diesen Bereichen können Arbeitnehmer auch dann beschäftigt werden, wenn sie nur ein geringeres Maß an politischer Treue erfüllen. Würde man für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes gleichmäßig und unabhängig von ihrer Funktion das Bestehen einer besonderen politischen Treuepflicht annehmen, so würden damit politische Grundrechte der Arbeitnehmer - die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen (Art. 21 Abs. 1 GG) - unnötig und unverhältnismäßig eingeschränkt.
Das Maß der einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes ob- liegenden Treuepflicht ergibt sich aus seiner Stellung und dem Aufgabenkreis, der ihm laut Arbeitsvertrag übertragen ist. Er schuldet (nur) diejenige politische Loyalität, die für die funktionsgerechte Amtsausübung unverzichtbar ist.
Trifft den Arbeitnehmer nach der ihm übertragenen Funktion keine Pflicht zu gesteigerter Loyalität, ist er arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, jederzeit und auch außerdienstlich aktiv für den Bestand der politischen Ordnung des Grundgesetzes einzutreten. Je nach Stellung und Aufgabenkreis kann er die Verfassung schon dadurch „wahren“, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung jedenfalls nicht aktiv bekämpft.
Aber auch für Beschäftigte, an deren Verfassungstreue wegen ihrer Tätigkeit - etwa als Lehrer, Erzieher oder Sozialarbeiter - die gleichen oder zumindest ähnliche Anforderungen zu stellen sind wie an die von in vergleichbarer Stellung beschäftigten Beamten, gilt, dass die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation oder ein Tätigwerden für diese zwar Indizien für das Fehlen der Bereitschaft zur Verfassungstreue sind, für sich genommen aber als Eignungsmangel regelmäßig noch nicht ausreichen. Anders als bei der Einstellung, für deren Unterbleiben es grundsätzlich genügt, dass allgemeine Zweifel an der Verfassungstreue begründet sind, obliegt es dem öffentlichen Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, derartige Zweifel durch bestimmte, auf den Arbeitnehmer und seinen Aufgabenbereich bezogene Umstände zu konkretisieren und so zu verstärken. Aufschlussreich kann insoweit das dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers sein, wenn es über die Verfolgung verfassungskonformer Ziele der betreffenden Organisation hinausgeht. Von Bedeutung kann auch das persönliche Verfassungsverständnis des Arbeitnehmers und das Fehlen der Bereitschaft sein, sich von verfassungsfeindlichen Zielen der Organisation, der er angehört oder für die er eintritt, zu distanzieren.
Das Maß der politischen Treuepflicht hat zugleich Einfluss auf das Erkundigungs-/Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung.
Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass die falsche Beantwortung einer zulässigerweise gestellten Frage die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB begründen kann.
Auch wenn zu den Eignungskriterien im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG die Verfassungstreue zählt, sind darauf bezogene Fragen nur zulässig, soweit die vorgesehene Funktion dies erfordert und rechtfertigt. Die Frage muss so formuliert sein, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, wonach gefragt ist. Er muss die Zulässigkeit der Frage beurteilen können. Wenn politische Einstellungen den Arbeitnehmer bei funktionsbezogener Betrachtung nicht - auch für ihn erkennbar - an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Berufspflichten hindern, besteht keine Pflicht, die eigenen Überzeugungen und mögliche Parteimitgliedschaften oder Organisationszugehörigkeiten ungefragt zu offenbaren.
An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
Sie haben in der Literatur verbreitet Zustimmung erfahren.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat anerkannt, dass ein demokratischer Staat das Recht hat, von seinen Bediensteten - jedenfalls in Abhängigkeit von ihrer Funktion - ein Bekenntnis zu zentralen Verfassungsgrundsätzen zu verlangen, auf denen der Staat beruht. Es seien - so der Gerichtshof - auch die Erfahrungen Deutschlands während der Weimarer Zeit und der anschließenden Phase bis zur Verabschiedung des Grundgesetzes im Jahre 1949 sowie die Bestrebung zu berücksichtigen, die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage einer „wehrhaften Demokratie“ aufzubauen.
Die angeführten Grundsätze tragen den Diskriminierungsverboten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Rechnung. Dabei kann unterstellt werden, dass die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der „Weltanschauung“ betrifft. Durch die funktionsbezogene Betrachtung ist hinreichend sichergestellt, dass ein Eignungsmangel des Bewerbers nur bejaht wird, wenn die von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT bzw. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L geforderte Verfassungstreue eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG darstellt.
Ausgehend von diesem rechtlichen Rahmen ist die Kündigungsschutz- klage nicht deshalb unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Anfechtung des beklagten Landes aufgelöst worden wäre. Ein Anfechtungsgrund liegt auch bei Verfassungsfeindlichkeit der NPD und/oder ihrer Jugendorganisation nicht vor.
Die Anfechtung war trotz vorangegangener Kündigung nicht ausgesschlossen. Das beklagte Land hat sein Anfechtungsrecht nicht durch die fristlose Kündigung „verbraucht“. Es stützt Anfechtung und Kündigung im Übrigen auf unterschiedliche Sachverhalte. Ausschließlich zur Begründung der Anfechtung macht es geltend, der Kläger habe im Zusammenhang mit seiner Einstellung über Aktivitäten für die als verfassungsfeindlich eingestufte NPD arglistig getäuscht, wobei es von den die Arglist begründenden Tatsachen erst nach der Kündigung hinreichend Kenntnis erlangt habe.
Der in Rede stehende Anfechtungstatbestand des § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Subjektive Werturteile genügen nicht. Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war.
Wird der (spätere) Arbeitnehmer zulässigerweise nach bestimmten Tatsachen befragt, so ist er zu deren wahrheitsgemäßer Beantwortung verpflichtet. Das Verschweigen nicht nachgefragter Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich dieser Tatsachen eine Offenbarungspflicht bestand. Eine solche Pflicht ist an die Voraussetzung gebunden, dass die betreffenden Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder aus sonstigen Gründen für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind.
Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim (künftigen) Dienstherrn entstehen oder aufrechterhalten werden; Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Arbeitgeber; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen.
Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, im Streitfall fehle es jeden- falls an der erforderlichen Arglist des Klägers, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Ist die - vorformulierte - Erklärung vom 17. Juli 2003 zugleich als Antwort auf Frage(n) zur Verfassungstreue des Bewerbers zu verstehen, bestehen Bedenken an deren rechtlicher Verbindlichkeit. Die der Erklärung vorangestellte Belehrung nimmt auf die in den Landesgesetzen normierte Pflicht zur Verfassungstreue für Beamte (§ 70 Abs. 2 LBG) und Richter (§ 8 LRiG) Bezug und verweist darauf, dass sich „die gleichen politischen Treuepflichten“ für Angestellte aus § 8 BAT ergäben. Der Belehrung folgt ein umfassendes Bekenntnis des Stellenbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und die Erklärung seiner Bereitschaft, für deren Erhaltung einzutreten. Dem Bewerber wird dagegen nicht verdeutlicht, dass funktionsbezogen durchaus geringere Anforderungen an die Verfassungstreue bestehen können.
Zudem verlangt das beklagte Land mit der erbetenen Erklärung von dem Bewerber, eine eigene Beurteilung dessen, was unter „Bestrebungen … gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ zu verstehen ist, wann von einem „Unterstützen“ solcher Bestrebungen die Rede sein und wann angenommen werden kann, dass sich eine Organisation gegen diese Grundordnung richtet. Eine ordnungsgemäße Befragung zwecks Feststellung der Verfassungstreue setzt demgegenüber voraus, dass der Bewerber nach konkreten Umständen befragt wird, die gemäß den Anforderungen der ins Auge gefassten Tätigkeit einstellungsrelevant sind. Die allgemeine Frage, ob der Bewerber einer verfassungsfeindlichen Organisation angehört, ist unzulässig. Mit ihr würde vom Bewerber eine Wertung verlangt, die vorzunehmen Sache der einstellenden Behörde ist.
Eine arglistige Täuschung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil sich der Kläger gleichwohl der Unvereinbarkeit seiner politischen Aktivitäten mit der Pflicht zur Verfassungstreue bewusst gewesen wäre. Dafür fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.
Das Fehlen einer Unterrichtung darüber, welche Parteien, Organisationen und Aktivitäten das beklagte Land als verfassungsfeindlich einstuft, kann - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - Einfluss auf den subjektiven Tatbestand des § 123 Abs. 1 BGB haben. Ein Arbeitnehmer, der sich für eine zwar objektiv verfassungsfeindlich, aber nicht verbotene Partei oder Organisation engagiert und aktiv für deren Ziele eintritt, kann subjektiv der Auffassung sein, er bewege sich (noch) auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und setze sich nicht für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein.
Davon ist das Landesarbeitsgericht im Streitfall ausgegangen. Es hat angenommen, der Kläger habe aus seiner subjektiven Sicht in seinen Aktivitäten für die NPD/JN keinen Widerspruch zu dem Inhalt seiner Erklärung vom 17. Juli 2003 erblickt. Er berufe sich gerade darauf, dass er sich stets in vollem Umfang zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt habe und weiterhin bekenne, auch nicht Mitglied oder Anhänger einer Partei sei, deren Ziele sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes richteten. Umstände, die den Schluss zuließen, dies habe nicht der wahren Überzeugung des Klägers entsprochen, lägen nicht vor.
Diese tatrichterliche Würdigung unterliegt der revisionsrechtlichen Kontrolle nur daraufhin, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände beachtet worden sind. Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf. Sie bringt lediglich vor, das Landesarbeitsgericht habe nicht ausreichend auf die Erfahrungen Bedacht genommen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Nichtverlängerung seines vorhergehenden Arbeitsverhältnisses gesammelt habe. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat den Vortrag des beklagten Landes, der Kläger habe gewusst, dass sein Arbeitsverhältnis wegen seiner politischen Aktivitäten nicht verlängert worden sei, berücksichtigt. Daraus ergab sich aber weder, dass sich der Kläger wahrheitswidriger Angaben zu seiner Verfassungstreue bewusst gewesen wäre, noch dass er bewusst einer sich aufdrängenden Offenbarungspflicht zuwider gehandelt hätte. Zum einen ist nicht dargetan, dass der Kläger selbst von der Verfassungsfeindlichkeit der NPD oder ihrer Jugendorganisation überzeugt gewesen wäre oder dies zumindest billigend in Kauf genommen hätte. Zum anderen konnte er, selbst wenn er erkannt haben mag, dass zumindest das beklagte Land die NPD als verfassungsfeindlich einstuft, durchaus subjektiv der Auffassung sein, nicht selbst derartige Ziele zu unterstützen oder sonst wie auf ein aktives Bekämpfen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes auszugehen und damit jedenfalls (noch) das für die angestrebte Tätigkeit erforderliche Maß an Verfassungstreue aufzubringen.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Es sind nach der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 keine zusätzlichen Umstände eingetreten oder dem beklagten Land erstmals bekannt geworden, die als Verstoß des Klägers gegen seine (einfache) Pflicht zur Verfassungstreue anzusehen wären.
Es kann dahinstehen, ob die mit Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz vom 23. August 2007 mitgeteilten Aktivitäten des Klägers einen Kündigungsgrund darstellen. Das beklagte Land hat sie zum Gegenstand einer Abmahnung gemacht. Es hat sich damit eines etwaigen Kündigungsrechts wegen dieser Sachverhalte begeben, solange nicht neue Verstöße hinzutreten.
Regelmäßig liegt im Ausspruch einer Abmahnung der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen. Der Arbeitgeber gibt mit einer Abmahnung zu erkennen, er sehe das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört an, dass er es nicht mehr fortsetzen könne. Auf das dafür maßgebliche Motiv kommt es nicht an.
Das beklagte Land hat dem Kläger mit der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 für den Fall „anhaltender Aktivitäten für die rechtsextremistische Szene“ eine Kündigung in Aussicht gestellt. Mit dieser Ankündigung hat es stillschweigend erklärt, eben dies aufgrund der aktuell bekannt gewordenen Ereignisse nicht tun zu wollen. Darin liegt ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung.
Der mit einer Abmahnung verbundene Verzicht auf ein Kündigungs- recht erfasst auch das Recht, aus einem Grund in der Person des Arbeitnehmers zu kündigen, der sich aus dem betreffenden Sachverhalt ergeben mag. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen auf steuerbarem Verhalten beruhenden, also behebbaren Eignungsmangel vorhält und ihn insoweit abgemahnt hat, ist es ihm wie nach der Abmahnung pflichtwidrigen Verhaltens verwehrt, zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung ausschließlich den der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalt heranzuziehen.
Der Verzicht wird hinfällig, wenn weitere Gründe zu den abgemahnten hinzutreten oder zwar bei Ausspruch der Abmahnung objektiv schon vorlagen, aber erst danach bekannt wurden. Diese können vom Arbeitgeber zur Begründung einer Kündigung herangezogen werden, die sowohl die neuen oder neu bekannt gewordenen Tatsachen als auch unterstützend die bereits abgemahnten Gründe erfasst, sofern sich daraus ein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender Kündigungsgrund ergibt.
Danach ist die Kündigung nicht aus Gründen in der Person des Klägers gerechtfertigt.
Den Kläger trifft lediglich eine sog. einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen.
Eine Verpflichtung des Klägers, wie ein Beamter jederzeit aktiv für die Grundordnung der Verfassung einzutreten, ergibt sich nicht schon aus der Aufgabenstellung der Finanzverwaltung. Auch wenn diese als Eingriffsverwaltung hohe Anforderungen an die Integrität und Loyalität der mit der Erhebung und Beitreibung von Steuern befassten Mitarbeiter stellen muss, bedeutet dies nicht, dass es nicht auch in ihrem Bereich Funktionen gäbe, die den Einsatz von Beschäftigten mit einem geringeren Maß an Verfassungstreue zuließen.
Dem Vorbringen des beklagten Landes lässt sich nicht entnehmen, dass für die Wahrnehmung der dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben ein gesteigertes Maß an Verfassungstreue erforderlich wäre. Der Kläger trägt für die im Druckzentrum erstellten Steuer- oder Beihilfebescheide inhaltlich keine Verantwortung. Seine Aufgabe besteht vornehmlich in der Planung, Steuerung und Überwachung des Druck- und Versandverfahrens. Im Vordergrund steht die Gewährleistung eines technisch reibungslosen Ablaufs der (körperlichen) Herstellung der Bescheide und deren ordnungsgemäße Versendung. Der Umstand, dass der Kläger dabei Zugang zu personenbezogenen Daten der Steuerpflichtigen hat, vermag ein Verlangen nach gesteigerter Loyalität nicht zu begründen. Soweit das beklagte Land erstmals in der Revision vorgetragen hat, der Kläger habe „umfassende Zugriffsmöglichkeiten auf höchst sensible Daten und zwar sowohl im Bereich der Großrechner als auch der Produktionsserver“ und habe zudem die Möglichkeit, „Daten und Dokumente bei der Druckaufbereitung selbständig zu bearbeiten“, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem es in der Revision nicht mehr gehört werden kann. Auf die Schlüssigkeit des Vortrags kommt es nicht an.
Unterliegt der Kläger deshalb „nur“ einer sog. einfachen politischen Loyalitätspflicht, verlangt diese von ihm lediglich die Gewähr, nicht selbst aktiv verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen oder darauf auszugehen, den Staat, die Verfassung oder ihre Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen. Ein Verstoß gegen diese „einfache“ Treuepflicht kann nicht schon aus der Mitgliedschaft des Klägers in der NPD und Übernahme bestimmter Funktionen in der Partei abgeleitet werden, die dem beklagten Land nach eigenem Vorbringen erst nach der Abmahnung bekannt geworden sind. Dabei kann zugunsten des beklagten Landes erneut unterstellt werden, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.
Ein Arbeitnehmer, dem eine „einfache“ Treuepflicht obliegt, verletzt diese nicht schon dadurch, dass er verfassungsfeindliche Ziele einer Organisation für richtig hält und dies durch eine Mitgliedschaft oder andere Aktivitäten zum Ausdruck bringt. Diese Pflicht wird erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele der Organisation aktiv zu fördern oder zu verwirklichen. Dazu bedarf es der Darlegung konkreter, auf den Arbeitnehmer bezogener Umstände, die geeignet sind, ein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei hinreichend zu individualisieren.
Derartige Umstände hat das beklagte Land - unter Beachtung der sich aus der Abmahnung ergebenden Beschränkungen - nicht dargetan.
Die Teilnahme des Klägers an der „Gedenkveranstaltung“ der NPD am 18. November 2007 lässt kein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei erkennen. Zwar sind derartige Gedenkveranstaltungen in der Tradition des nationalsozialistischen „Heldengedenkens“ zu sehen. Die schlichte Teilnahme lässt aber keinen weitergehenden Schluss zu als dass er sich in innerer Übereinstimmung damit befunden haben mag. Dies gilt auch für die Behauptung des beklagten Landes, auf der Versammlung sei die erste Strophe des Deutschlandlieds gesungen worden. Es hält sich im Beurteilungsspielraum des Berufungsgerichts, wenn es in einem solchen Verhalten keinen genügenden Anhaltspunkt dafür gesehen hat, der Kläger sei etwa nicht bereit, die deutschen Staatsgrenzen anzuerkennen, und sei bestrebt, diese Grenzen auf verfassungs- und völkerrechtswidrigem Wege zu beseitigen.
Soweit sich das beklagte Land auf das Versenden eines „Newsletters“ vom 25. Juli 2008 und weitere, im Anschluss daran entfaltete Aktivitäten beruft, kann dahinstehen, ob der Kläger insoweit in verfassungsfeindlicher Weise agiert hat. Es handelt sich um Vorgänge, die in die Zeit nach Ausspruch der Kündigung fallen und die zu deren Rechtfertigung nicht herangezogen werden Können.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien verfasste Schreiben des Klägers vom 18. Dezember 2001.
Das Landesarbeitsgericht ist, was die Einführung dieses Schreibens in den Rechtsstreit betrifft, von einem unzulässigen Nachschieben von Kündigungsgründen ausgegangen. Der Sachverhalt unterliege einem Verwertungsverbot, weil das beklagte Land nicht aufgezeigt habe, dass der Personalrat hierzu erneut beteiligt worden sei. Nicht erforderlich sei, dass der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats gerügt habe.
Es kann dahinstehen, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob eine Berücksichtigung des Schreibens schon deshalb nicht möglich ist, weil Grundlage der Beurteilung bereits eingetretener oder noch zu erwartender Vertragsverletzungen in erster Linie das Verhalten des Arbeitnehmers während der Dauer des Arbeitsverhältnisses sein muss. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist jedenfalls deshalb zutreffend (§ 561 ZPO), weil sich aus dem nachträglich bekannt gewordenen Schreiben kein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender, eigenständiger Kündigungsgrund ergibt.
Das beklagte Land hat den Kläger ua. deshalb abgemahnt, weil er sich am 9. Juni 2007 als Verantwortlicher für die Gründung des Stützpunkts K der JN zu erkennen gegeben hat. Bereits in diesem Verhalten kam zum Ausdruck, dass der Kläger hinter den Zielen der JN steht und diese fördern will. Ein damit verbundener Verstoß gegen die ihm obliegende Treuepflicht erhält nicht deshalb ein größeres oder anderes Gewicht, weil der Kläger bereits vor der Kündigung mit seinem Sprachgebrauch eine Identifikation mit verfassungsfeindlichen Zielen der NPD/JN zum Ausdruck gebracht haben mag.
Die Kündigung ist nicht aus Gründen im Verhalten des Klägers gerecht- fertigt.
Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eine - sowohl von § 626 Abs. 1 BGB als auch § 1 Abs. 2 KSchG vorausgesetzte - konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses nicht schon darin liegt, dass der Arbeitsablauf oder der Betriebsfrieden durch das innerbetriebliche oder außerdienstliche politische Verhalten des Arbeitnehmers abstrakt oder konkret gefährdet ist. Erforderlich ist, dass eine konkrete Störung tatsächlich eingetreten ist.
Konkrete Beeinträchtigungen hat das beklagte Land nicht vorgetragen.
Es behauptet nicht, der Kläger habe seine politische Einstellung inner- halb der Finanzverwaltung offen vertreten und dadurch die Arbeitsabläufe und/oder den Betriebsfrieden gestört.
Ebenso wenig benennt es „greifbare“ Tatsachen, die erkennen ließen, das Verhalten des Klägers beeinträchtige unmittelbar berechtigte Sicherheitsinteressen. Soweit es vorbringt, der Kläger habe vor einem Sommerfest der JN, bei dem er „durch das Programm“ geführt habe, an einer von ihm - dem beklagten Land - angebotenen Fortbildungsveranstaltung teilgenommen und daraus Nutzen gezogen, waren ihm - dem beklagten Land - die maßgebenden Umstände bereits bei Ausspruch der Abmahnung bekannt.
Eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich schließlich nicht aus einem möglichen Ansehensverlust oder einem Verlust des Vertrauens „redlicher Bürger“ in eine rechtsstaatliche Steuerverwaltung. Das beklagte Land hat nicht dargetan, dass die Aktivitäten des Klägers und dessen Stellung als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung bekannt geworden wären und konkrete Wirkungen gezeitigt hätten.
Das beklagte Land hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
Tenor
-
Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 2. Juni 2009 - 14 Sa 101/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer Anfechtung ihres Arbeitsvertrags und über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
- 2
-
Der 1982 geborene Kläger war - nach seiner Ausbildung für den mittleren Verwaltungsdienst - befristet bis zum 31. Juli 2002 beim Landkreis K beschäftigt. Eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unterblieb, nachdem der Landkreis von Aktivitäten des Klägers für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und deren Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) Kenntnis erlangt hatte.
- 3
-
Seit August 2003 war der Kläger beim beklagten Land als Verwaltungsangestellter in der Oberfinanzdirektion K (OFD) tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme fand auf das Arbeitsverhältnis zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und anschließend der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) Anwendung.
-
Vor seiner Einstellung hatte das beklagte Land den Kläger schriftlich unter Bezugnahme auf § 8 BAT über seine Pflicht zur Verfassungstreue belehrt. Am 17. Juli 2003 unterzeichnete er eine sich an die Belehrung anschließende vorformulierte Erklärung mit folgendem Inhalt:
-
„Auf Grund dieser Belehrung erkläre ich hiermit ausdrücklich, dass ich die vorstehenden Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahe und dass ich bereit bin, mich jederzeit durch mein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten.
Ich versichere ausdrücklich, dass ich Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eine ihrer obengenannten grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, nicht unterstütze und auch nicht Mitglied einer hiergegen gerichteten Organisation bin.
Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich bei einem Verstoß gegen diese Dienst- und Treuepflichten mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen muss.“
- 5
-
Seit 2004 war der Kläger im Druck- und Versandzentrum der OFD eingesetzt. Dort war er insbesondere für die Produktionsplanung, -steuerung und -überwachung zuständig. In dem Zentrum werden sämtliche im Zuständigkeitsbereich der OFD anfallenden Bescheide und Schreiben (etwa Steuerbescheide und Beihilfebescheide sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen) mittels elektronisch gesteuerter Druckabläufe erstellt.
-
Mit Schreiben vom 23. August 2007 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz der OFD über „rechtsextremistische Aktivitäten“ des Klägers, die wie folgt beschrieben und als solche unstreitig sind:
-
„…
•
Am 7. August 2007 lädt er mit ‚Newsletter’ vom gleichen Tag zum ‚Sommerfest’ der ‚Nationaldemokratischen Partei Deutschlands’ (NPD) und deren Jugendorganisation, den ‚Jungen Nationaldemokraten’ (JN) für den 11. August 2007 ein; einem Bericht auf der Homepage des NPD-Kreisverbandes K zufolge ‚führte L in seiner unnachahmlichen Art eines souveränen Versammlungsleiters unterhaltsam durch das weitere Programm’.
•
Mit ‚Newsletter’ vom 30. Juli 2007 weist L auf den ‚Nationalen Stammtisch’ des NPD-Kreisverbands K hin.
•
Zum 17. Juni 2007 lädt er mittels ‚Newsletter’ zu einer Schulungsveranstaltung des NPD-Kreisverbands K nach B ein.
•
Einer Meldung des Polizeipräsidiums K zufolge gab er sich als Verantwortlicher für die Gründung des Stützpunkts K der JN am 9. Juni 2007 in B zu erkennen.
Über einen ‚Newsletter’ verbreitete er die Einladung zu der Veranstaltung.
•
Am 8. Mai 2007 nahm L an einer Mahnwache: ‚Gegen das Vergessen - Zum Gedenken der gefallenen Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges’ in K teil. Hauptredner auf der Veranstaltung war der ehemalige NPD-Landesvorsitzende D. Dieser thematisierte unter anderem den Prozess in M gegen den Revisionisten Z und lobte den Revisionismusgedanken, der zur Selbstfindung des deutschen Volkes unerlässlich sei. (…).
•
Über die Jahreshauptversammlung des NPD-Regionalverbandes K am 25. März 2007 verschickte L per ‚Newsletter’ im Vorfeld einen Hinweis.
…“
- 7
-
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 erteilte das beklagte Land dem Kläger nach vorheriger Anhörung eine Abmahnung. Es hielt ihm vor, die Erklärung zur Verfassungstreue unterschrieben zu haben, ohne auf die Nichtverlängerung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Landkreis K und die dafür ursächlichen Aktivitäten hingewiesen zu haben. Durch diese „Fehlinformationen“ und sein öffentliches Auftreten für eine „als verfassungsfeindlich eingestufte Partei wie die NPD“ habe er grob gegen seine „tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue“ verstoßen. Für den Fall anhaltender Aktivitäten für verfassungsfeindliche Organisationen müsse er mit einer fristlosen Kündigung rechnen.
- 8
-
Am 18. November 2007, dem Volkstrauertag, nahm der Kläger an einer von der NPD abgehaltenen Gedenkveranstaltung am Ehrenmal „P“ auf dem Gebiet der Gemeinde R teil. Dabei handelt es sich um ein von der Gemeinde errichtetes Steinkreuz zur Erinnerung an die dort beigesetzten deutschen und französischen Soldaten, die im April 1945 vor Ort gefallen sind. Mit Schreiben vom 17. April 2008, bei der OFD eingegangen am 25. April 2008, berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz auch über diese Aktivität.
- 9
-
Nach Beteiligung des Personalrats und mit dessen Zustimmung kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 8. Mai 2008 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2008. Dagegen erhob der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage. Mit Schriftsatz vom 23. September 2008 erklärte das beklagte Land die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung.
- 10
-
Der Kläger hat geltend gemacht, es fehle an Anfechtungs- und Kündigungsgründen. Er habe sich zu jeder Zeit und unmissverständlich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt. Seine politischen Aktivitäten stünden auf dem Boden des Grundgesetzes, zumal weder die NPD noch ihre Jugendorganisation verboten seien. Sollten sich einzelne Parteimitglieder in verfassungsfeindlicher Weise geäußert haben, sei dies nicht der Partei als Ganzer zuzurechnen. Neonazistisches Gedankengut lehne er strikt ab.
-
Der Kläger hat beantragt
-
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden ist;
2.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände geendet hat, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;
3.
für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen, das beklagte Land zu verurteilen, ihn zu den im Arbeitsvertrag vom 4. November 2004 geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen und tätig werden zu lassen.
- 12
-
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Anfechtung sei berechtigt. Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung fristlos und allemal fristgemäß aufgelöst worden. Der Kläger habe es durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Arbeitsvertrags bestimmt. Er sei, wie sich erst nach der Kündigung vom 8. Mai 2008 herausgestellt habe, aufgrund eines mit dem Personalverantwortlichen des Landkreises K geführten Gesprächs über die Gründe der Nichtverlängerung seines vorherigen Arbeitsverhältnisses genau informiert gewesen. Er habe somit bewusst eine unrichtige Erklärung zu seiner Verfassungstreue abgegeben. Jedenfalls habe er gegen seine Verpflichtung verstoßen, seine Aktivitäten für die vom Landesamt für Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestufte NPD bzw. JN zu offenbaren. Die Kündigung sei gerechtfertigt. Der Kläger habe nach der Abmahnung erneut seine tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue verletzt und sich durch seine Aktivitäten für die NPD, deren Mitglied er sei, für die ihm übertragene Tätigkeit als ungeeignet erwiesen. Er habe sich die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD zu eigen gemacht, diffamiere den Staat und seine Organe in aller Öffentlichkeit und bringe seinen Willen zum Ausdruck, ihn zu bekämpfen. Nach der Kündigung habe er seine verfassungsfeindlichen Aktivitäten fortgesetzt. Am 25. Juli 2008 habe er - unstreitig - anlässlich des Todes eines Rechtsextremisten einen Gedenkbrief versandt. Am Volkstrauertag 2008 sei er erneut bei der Veranstaltung der NPD am Ehrenmal „P“ aufgetreten, nunmehr als verantwortlicher Versammlungsleiter. Sein Verhalten beschädige das Ansehen der Finanzverwaltung und beeinträchtige das Vertrauen der Bürger in deren rechtsstaatliches Handeln.
-
Das Arbeitsgericht hat die Anfechtung und die außerordentliche Kündigung für unwirksam erachtet und der Klage insoweit stattgegeben. Im Übrigen hat es sie abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage auch hinsichtlich der ordentlichen Kündigung stattgegeben. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 14
-
Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet.
- 15
-
A. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur der Kündigungsschutzantrag. Mit dem erstinstanzlich - als unzulässig - abgewiesenen allgemeinen Feststellungsantrag hat sich das Landesarbeitsgericht nicht befasst. Es hat die Berufung des Klägers, die sich mit der Abweisung dieses Antrags nicht auseinandersetzt, stillschweigend dahin ausgelegt, dass der Antrag nicht weiterverfolgt werde. Soweit es den Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung abgewiesen hat, ist das Urteil rechtskräftig.
- 16
-
B. Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Seine Entscheidung, das Arbeitsverhältnis sei weder durch die Anfechtung vom 23. September 2008 noch durch die Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden, ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 17
-
I. Der Gegenstand der Kündigungsschutzklage umfasst zugleich die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der Anfechtung beendet worden ist.
- 18
-
1. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG(iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG) ist das Begehren festzustellen, dass „das Arbeitsverhältnis“ durch die fragliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Die Klage kann daher nur Erfolg haben, wenn zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung ein Arbeitsverhältnis noch bestand (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 26. Juni 2008 - 6 AZN 648/07 - Rn. 12 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 66 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 85). Dementsprechend ist Gegenstand der Kündigungsschutzklage auch die Frage, ob das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bzw. - im Fall der ordentlichen Kündigung - des Ablaufs der Kündigungsfrist bestand (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 360/05 - Rn. 16 f., BAGE 118, 95; 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111). Ist dies nicht der Fall, kann ein der Klage stattgebendes Urteil nicht ergehen, vielmehr ist die Klage schon aus diesem Grund abzuweisen.
- 19
-
2. Danach hängt hier der Erfolg der Kündigungsschutzklage (auch) von der Berechtigung der Anfechtung ab. Dem steht nicht entgegen, dass die Anfechtung erst mit Schriftsatz vom 23. September 2008 und damit nach Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung erklärt wurde. Zwar wirkt die Anfechtung eines in Vollzug gesetzten Arbeitsvertrags nicht zuletzt wegen der Schwierigkeiten einer Rückabwicklung grundsätzlich nur „ex nunc“ (BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - BAGE 91, 349; 16. September 1982 - 2 AZR 228/80 - zu IV der Gründe, BAGE 41, 54). Im Streitfall wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien aber bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung faktisch außer Funktion gesetzt. Unter solchen Umständen besteht kein Grund, die Vorschrift des § 142 Abs. 1 BGB, die der wirksamen Anfechtung grundsätzlich rückwirkende Kraft beilegt, einschränkend anzuwenden. Die Anfechtung wirkt vielmehr auf den Zeitpunkt der faktischen „Außerfunktionssetzung“ zurück, selbst wenn diese ihrerseits auf einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung beruhen sollte (BAG 16. September 1982 - 2 AZR 228/80 - zu IV 3 a der Gründe, aaO).
- 20
-
II. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung über die Wirksamkeit von Anfechtung und Kündigung die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur sog. funktionsbezogenen Treuepflicht der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und einem auf diese bezogenen Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung zugrunde gelegt.
- 21
-
1. Danach kommt bei politischer Betätigung eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für eine verfassungsfeindliche Partei oder Organisation, insbesondere bei einem Eintreten für deren verfassungsfeindliche Ziele eine Kündigung sowohl unter verhaltensbedingten als auch unter personenbedingten Gesichtspunkten in Betracht. Das gilt unabhängig davon, ob die Verfassungswidrigkeit der Partei durch das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG festgestellt wurde. Auch das politische Engagement für eine nicht verbotene, gleichwohl verfassungsfeindliche Organisation kann kündigungsrechtlich beachtlich sein. Die dafür gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen sind von dem zur Entscheidung berufenen Gericht eigenständig zu treffen (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - zu B II der Gründe, BVerfGE 39, 334; BAG 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu IV der Gründe, BAGE 28, 62; zur Verfassungsfeindlichkeit der NPD vgl. BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17/03 - NJW 2005, 85).
- 22
-
2. Eine verhaltensbedingte - außerordentliche oder ordentliche - Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei oder Organisation oder wegen deren aktiver Unterstützung setzt voraus, dass durch einen darin liegenden Verstoß gegen die Treuepflicht eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, sei es im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).
- 23
-
3. Eine personenbedingte Kündigung kommt unabhängig davon in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Aktivitäten jedenfalls die Eignung für die Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit fehlt. Im öffentlichen Dienst kann sich ein Eignungsmangel aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. Diese ist Bestandteil des Begriffs „Eignung“ in Art. 33 Abs. 2 GG(vgl. BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - zu C I 1 b der Gründe, BVerfGE 96, 171). Mitgliedschaft und aktives Eintreten des Arbeitnehmers für eine verfassungsfeindliche Organisation können entsprechende Zweifel erwecken. Sie führen aber nicht ohne Weiteres zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses (BAG 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 63, 72; 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12). Entscheidend ist, inwieweit die außerdienstlichen politischen Aktivitäten in die Dienststelle hineinwirken und entweder die allgemeine Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers oder das konkrete Aufgabengebiet des Arbeitnehmers berühren (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - mwN, aaO). Das wiederum hängt maßgeblich davon ab, welche staatlichen Aufgaben der Arbeitgeber wahrzunehmen hat, welche Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen und welches Aufgabengebiet innerhalb der Verwaltung er zu bearbeiten hat (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, aaO).
- 24
-
4. Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sind ua. in § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L(zuvor: § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT) festgelegt.
- 25
-
a) Nach dieser Regelung, die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gelangt, sind die Beschäftigten des beklagten Landes verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Eine entsprechende Verpflichtungserklärung hat der Kläger zudem im Zusammenhang mit seiner Einstellung abgegeben.
- 26
-
b) Allerdings können weder die auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT abgegebene Erklärung des Klägers vom 17. Juli 2003, noch die mit § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT wörtlich übereinstimmende Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L mit ihren allgemein gehaltenen Formulierungen dahin verstanden werden, dass allen Beschäftigten des beklagten Landes ohne Bezug zu der jeweils auszuübenden Tätigkeit - vergleichbar den Beamten - eine Pflicht zur Verfassungstreue obliegt(grundlegend BAG 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu III 1 d der Gründe, BAGE 28, 62; seither st. Rspr. 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).
- 27
-
aa) Beamte unterliegen einer gesteigerten politischen Treuepflicht. Diese fordert ihre Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dh. seiner freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung, zu identifizieren und dafür aktiv einzutreten. Beamte haben sich deshalb von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 („Radikalenerlass“) - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 39, 334).
- 28
-
bb) Dieser - weite - Umfang der das Beamtenverhältnis prägenden Treuepflicht lässt sich nicht schematisch auf Beschäftigte übertragen, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum öffentlichen Arbeitgeber stehen und denen in der Regel keine hoheitlichen Befugnisse übertragen sind (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - zu C I 7 b der Gründe, BVerfGE 39, 334). Bei der Fülle staatlicher Aufgaben gibt es durchaus Bereiche, bei denen es für die konkret geschuldete Arbeitsleistung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nicht auf die von Beamten verlangte besondere politische Loyalität ankommt. In diesen Bereichen können Arbeitnehmer auch dann beschäftigt werden, wenn sie nur ein geringeres Maß an politischer Treue erfüllen. Würde man für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes gleichmäßig und unabhängig von ihrer Funktion das Bestehen einer besonderen politischen Treuepflicht annehmen, so würden damit politische Grundrechte der Arbeitnehmer - die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen (Art. 21 Abs. 1 GG)- unnötig und unverhältnismäßig eingeschränkt (BAG 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu II 4 a und III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1; 29. Juli 1982 - 2 AZR 1093/79 - zu B IV 2 c der Gründe, BAGE 39, 235).
- 29
-
cc) Das Maß der einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes obliegenden Treuepflicht ergibt sich aus seiner Stellung und dem Aufgabenkreis, der ihm laut Arbeitsvertrag übertragen ist (sog. Funktionstheorie, vgl. BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BAGE 62, 256). Er schuldet (nur) diejenige politische Loyalität, die für die funktionsgerechte Amtsausübung unverzichtbar ist.
- 30
-
Trifft den Arbeitnehmer nach der ihm übertragenen Funktion keine Pflicht zu gesteigerter Loyalität, ist er arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, jederzeit und auch außerdienstlich aktiv für den Bestand der politischen Ordnung des Grundgesetzes einzutreten. Je nach Stellung und Aufgabenkreis kann er die Verfassung schon dadurch „wahren“, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung jedenfalls nicht aktiv bekämpft (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 12. März 1986 - 7 AZR 468/81 - zu II 2 c der Gründe, RzK I 1 Nr. 10).
- 31
-
Aber auch für Beschäftigte, an deren Verfassungstreue wegen ihrer Tätigkeit - etwa als Lehrer, Erzieher oder Sozialarbeiter - die gleichen oder zumindest ähnliche Anforderungen zu stellen sind wie an die von in vergleichbarer Stellung beschäftigten Beamten, gilt, dass die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation oder ein Tätigwerden für diese zwar Indizien für das Fehlen der Bereitschaft zur Verfassungstreue sind, für sich genommen aber als Eignungsmangel regelmäßig noch nicht ausreichen. Anders als bei der Einstellung, für deren Unterbleiben es grundsätzlich genügt, dass allgemeine Zweifel an der Verfassungstreue begründet sind (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12), obliegt es dem öffentlichen Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, derartige Zweifel durch bestimmte, auf den Arbeitnehmer und seinen Aufgabenbereich bezogene Umstände zu konkretisieren und so zu verstärken. Aufschlussreich kann insoweit das dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers sein, wenn es über die Verfolgung verfassungskonformer Ziele der betreffenden Organisation hinausgeht. Von Bedeutung kann auch das persönliche Verfassungsverständnis des Arbeitnehmers und das Fehlen der Bereitschaft sein, sich von verfassungsfeindlichen Zielen der Organisation, der er angehört oder für die er eintritt, zu distanzieren (BAG 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 4 c der Gründe, BAGE 63, 72).
- 32
-
5. Das Maß der politischen Treuepflicht hat zugleich Einfluss auf das Erkundigungs-/Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung.
- 33
-
a) Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass die falsche Beantwortung einer zulässigerweise gestellten Frage die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB begründen kann(zur Frage nach früherer MfS-Tätigkeit BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - BVerfGE 96, 171; BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 234/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341).
- 34
-
b) Auch wenn zu den Eignungskriterien im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG die Verfassungstreue zählt, sind darauf bezogene Fragen nur zulässig, soweit die vorgesehene Funktion dies erfordert und rechtfertigt(vgl. BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B II 1 b und 2 a der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5; 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - BAGE 28, 62; 1. Oktober 1986 - 7 AZR 383/85 - BAGE 53, 137; Conze Fragerecht des öffentlichen Arbeitgebers und Offenbarungspflicht des Bewerbers bei der Vertragsanbahnung ZTR 1991, 99, 106 mwN). Die Frage muss so formuliert sein, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, wonach gefragt ist. Er muss die Zulässigkeit der Frage beurteilen können (BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 234/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341). Wenn politische Einstellungen den Arbeitnehmer bei funktionsbezogener Betrachtung nicht - auch für ihn erkennbar - an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Berufspflichten hindern, besteht keine Pflicht, die eigenen Überzeugungen und mögliche Parteimitgliedschaften oder Organisationszugehörigkeiten ungefragt zu offenbaren.
- 35
-
6. An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
- 36
-
a) Sie haben in der Literatur verbreitet Zustimmung erfahren (vgl. Sponer/Steinherr TV-L (2008) § 3 Rn. 55; Polzer/Powietzka NZA 2000, 970, 974 f.; jeweils mwN; mit Einschränkungen: Fleig DÖD 1999, 217) und stimmen mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte überein (vgl. BVerwG 19. Januar 1989 - 7 C 89/87 - BVerwGE 81, 212; OVG Lüneburg 12. Dezember 2007 - 17 LP 4/06 - PersR 2008, 324).
- 37
-
b) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat anerkannt, dass ein demokratischer Staat das Recht hat, von seinen Bediensteten - jedenfalls in Abhängigkeit von ihrer Funktion - ein Bekenntnis zu zentralen Verfassungsgrundsätzen zu verlangen, auf denen der Staat beruht. Es seien - so der Gerichtshof - auch die Erfahrungen Deutschlands während der Weimarer Zeit und der anschließenden Phase bis zur Verabschiedung des Grundgesetzes im Jahre 1949 sowie die Bestrebung zu berücksichtigen, die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage einer „wehrhaften Demokratie“ aufzubauen (EGMR 22. November 2001 - 39799/98 [Volkmer/Deutschland] - zu 1. der Gründe, NJW 2002, 3087; 26. September 1993 - 7/1994/454/535 [Vogt/Deutschland] - Rn. 51, 59 ff., NJW 1996, 375).
- 38
-
c) Die angeführten Grundsätze tragen den Diskriminierungsverboten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Rechnung (vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - BAGE 128, 238). Dabei kann unterstellt werden, dass die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der „Weltanschauung“ betrifft(dazu einerseits Annuß BB 2005, 1629, 1631; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; andererseits BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17/03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85). Durch die funktionsbezogene Betrachtung ist hinreichend sichergestellt, dass ein Eignungsmangel des Bewerbers nur bejaht wird, wenn die von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT bzw. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L geforderte Verfassungstreue eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG darstellt.
- 39
-
III. Ausgehend von diesem rechtlichen Rahmen ist die Kündigungsschutzklage nicht deshalb unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Anfechtung des beklagten Landes aufgelöst worden wäre. Ein Anfechtungsgrund liegt auch bei Verfassungsfeindlichkeit der NPD und/oder ihrer Jugendorganisation nicht vor.
- 40
-
1. Die Anfechtung war trotz vorangegangener Kündigung nicht ausgeschlossen (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B II 1 a der Gründe , AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5 ). Das beklagte Land hat sein Anfechtungsrecht nicht durch die fristlose Kündigung „verbraucht“. Es stützt Anfechtung und Kündigung im Übrigen auf unterschiedliche Sachverhalte. Ausschließlich zur Begründung der Anfechtung macht es geltend, der Kläger habe im Zusammenhang mit seiner Einstellung über Aktivitäten für die als verfassungsfeindlich eingestufte NPD arglistig getäuscht, wobei es von den die Arglist begründenden Tatsachen erst nach der Kündigung hinreichend Kenntnis erlangt habe.
- 41
-
2. Der in Rede stehende Anfechtungstatbestand des § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Subjektive Werturteile genügen nicht (BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5; 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 a der Gründe). Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war.
- 42
-
a) Wird der (spätere) Arbeitnehmer zulässigerweise nach bestimmten Tatsachen befragt, so ist er zu deren wahrheitsgemäßer Beantwortung verpflichtet. Das Verschweigen nicht nachgefragter Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich dieser Tatsachen eine Offenbarungspflicht bestand. Eine solche Pflicht ist an die Voraussetzung gebunden, dass die betreffenden Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder aus sonstigen Gründen für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind (BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 345/98 - zu B II 2 der Gründe; 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 a der Gründe).
- 43
-
b) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim (künftigen) Dienstherrn entstehen oder aufrechterhalten werden; Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Arbeitgeber; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 91, 349).
- 44
-
3. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, im Streitfall fehle es jedenfalls an der erforderlichen Arglist des Klägers, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
- 45
-
a) Ist die - vorformulierte - Erklärung vom 17. Juli 2003 zugleich als Antwort auf Frage(n) zur Verfassungstreue des Bewerbers zu verstehen, bestehen Bedenken an deren rechtlicher Verbindlichkeit. Die der Erklärung vorangestellte Belehrung nimmt auf die in den Landesgesetzen normierte Pflicht zur Verfassungstreue für Beamte (§ 70 Abs. 2 LBG) und Richter (§ 8 LRiG) Bezug und verweist darauf, dass sich „die gleichen politischen Treuepflichten“ für Angestellte aus § 8 BAT ergäben. Der Belehrung folgt ein umfassendes Bekenntnis des Stellenbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und die Erklärung seiner Bereitschaft, für deren Erhaltung einzutreten. Dem Bewerber wird dagegen nicht verdeutlicht, dass funktionsbezogen durchaus geringere Anforderungen an die Verfassungstreue bestehen können.
- 46
-
b) Zudem verlangt das beklagte Land mit der erbetenen Erklärung von dem Bewerber, eine eigene Beurteilung dessen, was unter „Bestrebungen … gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ zu verstehen ist, wann von einem „Unterstützen“ solcher Bestrebungen die Rede sein und wann angenommen werden kann, dass sich eine Organisation gegen diese Grundordnung richtet. Eine ordnungsgemäße Befragung zwecks Feststellung der Verfassungstreue setzt demgegenüber voraus, dass der Bewerber nach konkreten Umständen befragt wird, die gemäß den Anforderungen der ins Auge gefassten Tätigkeit einstellungsrelevant sind. Die allgemeine Frage, ob der Bewerber einer verfassungsfeindlichen Organisation angehört, ist unzulässig. Mit ihr würde vom Bewerber eine Wertung verlangt, die vorzunehmen Sache der einstellenden Behörde ist (BAG 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 b bb der Gründe).
- 47
-
c) Eine arglistige Täuschung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil sich der Kläger gleichwohl der Unvereinbarkeit seiner politischen Aktivitäten mit der Pflicht zur Verfassungstreue bewusst gewesen wäre. Dafür fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.
- 48
-
aa) Das Fehlen einer Unterrichtung darüber, welche Parteien, Organisationen und Aktivitäten das beklagte Land als verfassungsfeindlich einstuft, kann - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - Einfluss auf den subjektiven Tatbestand des § 123 Abs. 1 BGB haben. Ein Arbeitnehmer, der sich für eine zwar objektiv verfassungsfeindlich, aber nicht verbotene Partei oder Organisation engagiert und aktiv für deren Ziele eintritt, kann subjektiv der Auffassung sein, er bewege sich (noch) auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und setze sich nicht für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein.
- 49
-
bb) Davon ist das Landesarbeitsgericht im Streitfall ausgegangen. Es hat angenommen, der Kläger habe aus seiner subjektiven Sicht in seinen Aktivitäten für die NPD/JN keinen Widerspruch zu dem Inhalt seiner Erklärung vom 17. Juli 2003 erblickt. Er berufe sich gerade darauf, dass er sich stets in vollem Umfang zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt habe und weiterhin bekenne, auch nicht Mitglied oder Anhänger einer Partei sei, deren Ziele sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes richteten. Umstände, die den Schluss zuließen, dies habe nicht der wahren Überzeugung des Klägers entsprochen, lägen nicht vor.
- 50
-
cc) Diese tatrichterliche Würdigung unterliegt der revisionsrechtlichen Kontrolle nur daraufhin, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände beachtet worden sind. Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf. Sie bringt lediglich vor, das Landesarbeitsgericht habe nicht ausreichend auf die Erfahrungen Bedacht genommen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Nichtverlängerung seines vorhergehenden Arbeitsverhältnisses gesammelt habe. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat den Vortrag des beklagten Landes, der Kläger habe gewusst, dass sein Arbeitsverhältnis wegen seiner politischen Aktivitäten nicht verlängert worden sei, berücksichtigt. Daraus ergab sich aber weder, dass sich der Kläger wahrheitswidriger Angaben zu seiner Verfassungstreue bewusst gewesen wäre, noch dass er bewusst einer sich aufdrängenden Offenbarungspflicht zuwider gehandelt hätte. Zum einen ist nicht dargetan, dass der Kläger selbst von der Verfassungsfeindlichkeit der NPD oder ihrer Jugendorganisation überzeugt gewesen wäre oder dies zumindest billigend in Kauf genommen hätte. Zum anderen konnte er, selbst wenn er erkannt haben mag, dass zumindest das beklagte Land die NPD als verfassungsfeindlich einstuft, durchaus subjektiv der Auffassung sein, nicht selbst derartige Ziele zu unterstützen oder sonstwie auf ein aktives Bekämpfen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes auszugehen und damit jedenfalls (noch) das für die angestrebte Tätigkeit erforderliche Maß an Verfassungstreue aufzubringen.
- 51
-
IV. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Es sind nach der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 keine zusätzlichen Umstände eingetreten oder dem beklagten Land erstmals bekannt geworden, die als Verstoß des Klägers gegen seine (einfache) Pflicht zur Verfassungstreue anzusehen wären.
- 52
-
1. Es kann dahinstehen, ob die mit Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz vom 23. August 2007 mitgeteilten Aktivitäten des Klägers einen Kündigungsgrund darstellen. Das beklagte Land hat sie zum Gegenstand einer Abmahnung gemacht. Es hat sich damit eines etwaigen Kündigungsrechts wegen dieser Sachverhalte begeben, solange nicht neue Verstöße hinzutreten.
- 53
-
a) Regelmäßig liegt im Ausspruch einer Abmahnung der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen. Der Arbeitgeber gibt mit einer Abmahnung zu erkennen, er sehe das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört an, dass er es nicht mehr fortsetzen könne. Auf das dafür maßgebliche Motiv kommt es nicht an (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 5; 13. Dezember 2007 - 6 AZR 145/07 - Rn. 24, BAGE 125, 208; 2. Februar 2006 - 2 AZR 222/05 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 52).
- 54
-
b) Das beklagte Land hat dem Kläger mit der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 für den Fall „anhaltender Aktivitäten für die rechtsextremistische Szene“ eine Kündigung in Aussicht gestellt. Mit dieser Ankündigung hat es stillschweigend erklärt, eben dies aufgrund der aktuell bekannt gewordenen Ereignisse nicht tun zu wollen. Darin liegt ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung.
- 55
-
c) Der mit einer Abmahnung verbundene Verzicht auf ein Kündigungsrecht erfasst auch das Recht, aus einem Grund in der Person des Arbeitnehmers zu kündigen, der sich aus dem betreffenden Sachverhalt ergeben mag. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen auf steuerbarem Verhalten beruhenden, also behebbaren Eignungsmangel vorhält und ihn insoweit abgemahnt hat, ist es ihm wie nach der Abmahnung pflichtwidrigen Verhaltens verwehrt, zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung ausschließlich den der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalt heranzuziehen.
- 56
-
d) Der Verzicht wird hinfällig, wenn weitere Gründe zu den abgemahnten hinzutreten oder zwar bei Ausspruch der Abmahnung objektiv schon vorlagen, aber erst danach bekannt wurden. Diese können vom Arbeitgeber zur Begründung einer Kündigung herangezogen werden, die sowohl die neuen oder neu bekannt gewordenen Tatsachen als auch unterstützend die bereits abgemahnten Gründe erfasst, sofern sich daraus ein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender Kündigungsgrund ergibt (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 5; 10. November 1998 - 2 AZR 215/88 - zu II 2 d bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 3 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 18).
- 57
-
2. Danach ist die Kündigung nicht aus Gründen in der Person des Klägers gerechtfertigt.
- 58
-
a) Den Kläger trifft lediglich eine sog. einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen.
- 59
-
aa) Eine Verpflichtung des Klägers, wie ein Beamter jederzeit aktiv für die Grundordnung der Verfassung einzutreten, ergibt sich nicht schon aus der Aufgabenstellung der Finanzverwaltung. Auch wenn diese als Eingriffsverwaltung (vgl. bspw. BVerwG 26. Juni 1980 - 2 C 37/78 - BVerwGE 60, 254) hohe Anforderungen an die Integrität und Loyalität der mit der Erhebung und Beitreibung von Steuern befassten Mitarbeiter stellen muss, bedeutet dies nicht, dass es nicht auch in ihrem Bereich Funktionen gäbe, die den Einsatz von Beschäftigten mit einem geringeren Maß an Verfassungstreue zuließen.
- 60
-
bb) Dem Vorbringen des beklagten Landes lässt sich nicht entnehmen, dass für die Wahrnehmung der dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben ein gesteigertes Maß an Verfassungstreue erforderlich wäre. Der Kläger trägt für die im Druckzentrum erstellten Steuer- oder Beihilfebescheide inhaltlich keine Verantwortung. Seine Aufgabe besteht vornehmlich in der Planung, Steuerung und Überwachung des Druck- und Versandverfahrens. Im Vordergrund steht die Gewährleistung eines technisch reibungslosen Ablaufs der (körperlichen) Herstellung der Bescheide und deren ordnungsgemäße Versendung. Der Umstand, dass der Kläger dabei Zugang zu personenbezogenen Daten der Steuerpflichtigen hat, vermag ein Verlangen nach gesteigerter Loyalität nicht zu begründen. Soweit das beklagte Land erstmals in der Revision vorgetragen hat, der Kläger habe „umfassende Zugriffsmöglichkeiten auf höchst sensible Daten und zwar sowohl im Bereich der Großrechner als auch der Produktionsserver“ und habe zudem die Möglichkeit, „Daten und Dokumente bei der Druckaufbereitung selbständig zu bearbeiten“, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem es in der Revision nicht mehr gehört werden kann. Auf die Schlüssigkeit des Vortrags kommt es nicht an.
- 61
-
b) Unterliegt der Kläger deshalb „nur“ einer sog. einfachen politischen Loyalitätspflicht, verlangt diese von ihm lediglich die Gewähr, nicht selbst aktiv verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen oder darauf auszugehen, den Staat, die Verfassung oder ihre Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen (BAG 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1). Ein Verstoß gegen diese „einfache“ Treuepflicht kann nicht schon aus der Mitgliedschaft des Klägers in der NPD und Übernahme bestimmter Funktionen in der Partei abgeleitet werden, die dem beklagten Land nach eigenem Vorbringen erst nach der Abmahnung bekannt geworden sind. Dabei kann zugunsten des beklagten Landes erneut unterstellt werden, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.
- 62
-
aa) Ein Arbeitnehmer, dem eine „einfache“ Treuepflicht obliegt, verletzt diese nicht schon dadurch, dass er verfassungsfeindliche Ziele einer Organisation für richtig hält und dies durch eine Mitgliedschaft oder andere Aktivitäten zum Ausdruck bringt. Diese Pflicht wird erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele der Organisation aktiv zu fördern oder zu verwirklichen (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12; 12. März 1986 - 7 AZR 469/81 -). Dazu bedarf es der Darlegung konkreter, auf den Arbeitnehmer bezogener Umstände, die geeignet sind, ein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei hinreichend zu individualisieren (vgl. BAG 15. Juli 1982 - 2 AZR 887/79 - zu C II 2 d aa der Gründe, BAGE 39, 180).
- 63
-
bb) Derartige Umstände hat das beklagte Land - unter Beachtung der sich aus der Abmahnung ergebenden Beschränkungen - nicht dargetan.
- 64
-
(1) Die Teilnahme des Klägers an der „Gedenkveranstaltung“ der NPD am 18. November 2007 lässt kein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei erkennen. Zwar sind derartige Gedenkveranstaltungen in der Tradition des nationalsozialistischen „Heldengedenkens“ zu sehen. Die schlichte Teilnahme lässt aber keinen weitergehenden Schluss zu als dass er sich in innerer Übereinstimmung damit befunden haben mag. Dies gilt auch für die Behauptung des beklagten Landes, auf der Versammlung sei die erste Strophe des Deutschlandlieds gesungen worden. Es hält sich im Beurteilungsspielraum des Berufungsgerichts, wenn es in einem solchen Verhalten keinen genügenden Anhaltspunkt dafür gesehen hat, der Kläger sei etwa nicht bereit, die deutschen Staatsgrenzen anzuerkennen, und sei bestrebt, diese Grenzen auf verfassungs- und völkerrechtswidrigem Wege zu beseitigen.
- 65
-
(2) Soweit sich das beklagte Land auf das Versenden eines „Newsletters“ vom 25. Juli 2008 und weitere, im Anschluss daran entfaltete Aktivitäten beruft, kann dahinstehen, ob der Kläger insoweit in verfassungsfeindlicher Weise agiert hat. Es handelt sich um Vorgänge, die in die Zeit nach Ausspruch der Kündigung fallen und die zu deren Rechtfertigung nicht herangezogen werden können (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 52 mwN, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).
- 66
-
(3) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien verfasste Schreiben des Klägers vom 18. Dezember 2001.
- 67
-
(a) Das Landesarbeitsgericht ist, was die Einführung dieses Schreibens in den Rechtsstreit betrifft, von einem unzulässigen Nachschieben von Kündigungsgründen ausgegangen. Der Sachverhalt unterliege einem Verwertungsverbot, weil das beklagte Land nicht aufgezeigt habe, dass der Personalrat hierzu erneut beteiligt worden sei. Nicht erforderlich sei, dass der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats gerügt habe.
- 68
-
(b) Es kann dahinstehen, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob eine Berücksichtigung des Schreibens schon deshalb nicht möglich ist, weil Grundlage der Beurteilung bereits eingetretener oder noch zu erwartender Vertragsverletzungen in erster Linie das Verhalten des Arbeitnehmers während der Dauer des Arbeitsverhältnisses sein muss (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a ee der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist jedenfalls deshalb zutreffend (§ 561 ZPO), weil sich aus dem nachträglich bekannt gewordenen Schreiben kein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender, eigenständiger Kündigungsgrund ergibt.
- 69
-
Das beklagte Land hat den Kläger ua. deshalb abgemahnt, weil er sich am 9. Juni 2007 als Verantwortlicher für die Gründung des Stützpunkts K der JN zu erkennen gegeben hat. Bereits in diesem Verhalten kam zum Ausdruck, dass der Kläger hinter den Zielen der JN steht und diese fördern will. Ein damit verbundener Verstoß gegen die ihm obliegende Treuepflicht erhält nicht deshalb ein größeres oder anderes Gewicht, weil der Kläger bereits vor der Kündigung mit seinem Sprachgebrauch eine Identifikation mit verfassungsfeindlichen Zielen der NPD/JN zum Ausdruck gebracht haben mag.
- 70
-
3. Die Kündigung ist nicht aus Gründen im Verhalten des Klägers gerechtfertigt.
- 71
-
a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eine - sowohl von § 626 Abs. 1 BGB als auch § 1 Abs. 2 KSchG vorausgesetzte - konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses nicht schon darin liegt, dass der Arbeitsablauf oder der Betriebsfrieden durch das innerbetriebliche oder außerdienstliche politische Verhalten des Arbeitnehmers abstrakt oder konkret gefährdet ist. Erforderlich ist, dass eine konkrete Störung tatsächlich eingetreten ist (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 62, 256; 17. März 1988 - 2 AZR 576/87 - BAGE 58, 37; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).
- 72
-
b) Konkrete Beeinträchtigungen hat das beklagte Land nicht vorgetragen.
- 73
-
aa) Es behauptet nicht, der Kläger habe seine politische Einstellung innerhalb der Finanzverwaltung offen vertreten und dadurch die Arbeitsabläufe und/oder den Betriebsfrieden gestört.
- 74
-
bb) Ebenso wenig benennt es „greifbare“ Tatsachen, die erkennen ließen, das Verhalten des Klägers beeinträchtige unmittelbar berechtigte Sicherheitsinteressen. Soweit es vorbringt, der Kläger habe vor einem Sommerfest der JN, bei dem er „durch das Programm“ geführt habe, an einer von ihm - dem beklagten Land - angebotenen Fortbildungsveranstaltung teilgenommen und daraus Nutzen gezogen, waren ihm - dem beklagten Land - die maßgebenden Umstände bereits bei Ausspruch der Abmahnung bekannt.
- 75
-
cc) Eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich schließlich nicht aus einem möglichen Ansehensverlust oder einem Verlust des Vertrauens „redlicher Bürger“ in eine rechtsstaatliche Steuerverwaltung. Das beklagte Land hat nicht dargetan, dass die Aktivitäten des Klägers und dessen Stellung als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung bekannt geworden wären und konkrete Wirkungen gezeitigt hätten.
-
V. Das beklagte Land hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
-
Kreft
Schmitz-Scholemann
Berger
Baerbaum
Bartz
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.
(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.
(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.
(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.
(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.
(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
Verlangt der Eigentümer nach § 10 Abs. 2 des Bundesleistungsgesetzes vom 19. Oktober 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 815) oder nach § 15 Abs. 1 des Schutzbereichgesetzes vom 7. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 899) die Entziehung des Eigentums oder ein anderer Berechtigter nach § 15 Abs. 2 des Schutzbereichgesetzes die Entziehung des Rechts, so gelten die Vorschriften dieses Gesetzes über die Enteignung und Entschädigung mit der Maßgabe entsprechend, daß an Stelle des Antrags nach § 11 dieses Gesetzes das Verlangen des Eigentümers oder des in § 15 Abs. 2 des Schutzbereichgesetzes bezeichneten Berechtigten tritt.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)