Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2017 - DL 13 S 552/16

bei uns veröffentlicht am26.07.2017

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2016 - DL 17 K 2161/15 - geändert. Die Disziplinarverfügung des Polizeipräsidiums XXX vom 17.03.2015 wird geändert. Der Kläger wird in das Amt eines Polizeimeisters (Besoldungsgruppe A 7) versetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Der am XXX geborene Kläger wurde am XXX nach Abschluss der mittleren Reife als Polizeiwachtmeister in den Polizeidienst des beklagten Landes eingestellt und am XXX zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Nach erfolgreich abgeschlossener Laufbahnprüfung (Note „befriedigend“) wurde er mit Wirkung vom XXX zum Polizeihauptwachtmeister, am XXX zum Polizeimeister, am XXX zum Polizeiobermeister und schließlich mit Wirkung vom XXX zum Polizeihauptmeister (Besoldungsgruppe A 9) befördert. Seit XXX ist der Kläger beim XXX im Streifendienst beschäftigt. In der letzten dienstlichen Beurteilung, die den Zeitraum vom 01.03.2011 bis 28.02.2013 umfasst, wurden die Leistungen des Klägers mit der Note 3,75 bewertet.
Der Kläger ist in XXX Ehe geschieden und hat zwei XXX Söhne. Seit Februar 2017 lebt er mit seiner Lebensgefährtin in einer festen Beziehung. Unterhaltszahlungen leistet er nur noch an seinen jüngeren Sohn in Höhe von 350 EUR monatlich. Die Bezüge des Klägers wurden wegen der Einleitung des Disziplinarverfahrens zuletzt um 50 v.H. gekürzt. Sie betragen derzeit etwa 1.500 EUR netto monatlich. Der Kläger übte in der Zeit vom 01.02.2013 bis zum 06.07.2014 eine genehmigte Nebentätigkeit im XXX XXX in XXX aus. Er erhielt hierfür monatlich ca. 200 bis 250 EUR. Danach war er bei der Firma XXX mit der Überführung von Kraftfahrzeugen betraut. Er erhielt hierfür monatlich 450 EUR. Diese Tätigkeit übt er bis heute, mittlerweile als selbständiger Unternehmer, aus. Der Jahresgewinn beträgt derzeit ca. 3.000 EUR bei zwölfstündiger Tätigkeit pro Woche. Aus dem Kauf einer Zwei-Zimmer-Eigentumswohnung hat der Kläger noch Schulden in Höhe von ca. 100.000 EUR. Hierfür zahlt er monatlich etwa 700 EUR ab. Bestehende Schulden bei der Staatskasse und bei seinem Rechtsanwalt aus früheren Unterhaltsklagen seiner XXX Ehefrau bedient er mit monatlich jeweils 100 EUR. Diese sind bis zum Jahr 2018 abgetragen.
Nachdem am 03.07.2013 durch den Anruf eines Rechtsanwalts bekannt geworden war, dass eine vom Kläger am 22.01.2013 aufgenommene Unfallsache noch nicht bearbeitet und die eingezogene Sicherheitsleistung in Höhe von 35 EUR nicht weitergeleitet worden war, wurde der Vorgang am 04.07.2013 zusammen mit dem Kläger überprüft. Er bearbeitete am 05.07.2013 die Unfallsache und leitete die 35 EUR weiter (Formular Nr. XX XXX). Bei der Sichtung der Arbeitsunterlagen des Klägers wurden weitere drei in Klarsichthüllen aufbewahrte nicht bearbeitete Vorgänge entdeckt, bei denen die Sicherheitsleistungen in Höhe von jeweils 35 EUR auch nicht weitergeleitet worden waren (Formular Nr. XXX, XXX, XXX).
In einem am 09.07.2013 mit dem Kläger geführten Personalgespräch räumte dieser den Sachverhalt ein und erklärte, dass er privat in großen finanziellen Schwierigkeiten stecke und mit den Sicherheitsgeldern kurzfristig einzelne „Löcher“ habe stopfen wollen. Er habe sich das Geld nur für kurze Zeit leihen und baldmöglichst wieder zurückgeben wollen. Er entschuldigte sich für sein Verhalten und zahlte den noch offenen Betrag für drei Sicherheitsleistungen in Höhe von 105 EUR zurück.
Mit Verfügung vom 10.07.2013 wurde gegen den Kläger das Disziplinarverfahren eingeleitet und er vorläufig des Dienstes enthoben. Das Disziplinarverfahren wurde bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt. Zur Begründung heißt es, es bestehe der begründete Verdacht, dass der Kläger ein schweres Dienstvergehen begangen habe, das voraussichtlich zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen werde.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts XXX vom 04.10.2013 (XXX XXX), zugestellt am 09.10.2013, wurde gegen den Kläger wegen Unterschlagung in vier Fällen (§ 246 Abs.1, 2 StGB) eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen zu je 60 EUR verhängt. Auf den auf den Straffolgenausspruch beschränkten Einspruch des Klägers wurde er mit Urteil des Amtsgerichts XXX vom 05.02.2014 wegen Unterschlagung in vier Fällen zu der Gesamtgeldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 60 EUR, insgesamt 5.100 EUR, verurteilt. Das Amtsgericht ging von folgendem Sachverhalt aus:
„Nachdem sich die finanzielle Situation des Angeklagten Anfang des Jahres 2013 zunehmend zugespitzt hatte, half sich der Angeklagte folgendermaßen aus:
Als Polizeihauptmeister beim XXX war er u.a. mit Verkehrsordnungswidrigkeiten befasst. Im Rahmen dieser Tätigkeit vereinnahmte er unter Verwendung des Formulars „Niederschrift über eine Sicherheitsleistung“ von Betroffenen Bargeld als Sicherheitsleistung, das er in den nachfolgend genannten Fällen jeweils aufgrund neu gefassten Willensentschlusses nicht, wie vorgesehen, an die Geschäftsstelle des XXX zur weiteren Bearbeitung weiterleitete, sondern für eigene Zwecke verwendete. Das so vereinnahmte Bargeld gab der Angeklagte zur Deckung seines täglichen Lebensbedarfs, so unter anderem für den Einkauf von Lebensmitteln aus. Dabei plante der Angeklagte, sobald sich seine finanzielle Situation gebessert haben würde, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, das heißt Geldbeträge in entsprechender Höhe der Geschäftsstelle des XXX zu den betroffenen Vorgängen erstmals vorzulegen und diese Vorgänge dann abzuschließen…..“
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Auf die gegen den Rechtsfolgenausspruch eingelegte Berufung des Klägers änderte das Landgericht XXX durch Urteil vom 07.07.2014 (XXX XXX), rechtskräftig seit 15.07.2014, das amtsgerichtliche Urteil ab und verurteilte ihn zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50 EUR.
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Mit Verfügung vom 21.07.2014 wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass es ihm frei stehe, sich zur Sache zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen, dies auch schon vor der ersten Anhörung. Gleichzeitig wurde dem Ermittlungsführer aufgetragen, die notwendigen Ermittlungen durchzuführen, über das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen einen Bericht zu fertigen und diesen bis zum 26.09.2014 vorzulegen.
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Unter dem 29.08.2014 wandte sich der Ermittlungsführer an den Kläger und unterbreitete ihm einen Termin zur persönlichen Anhörung zwischen dem 29.09.2014 und dem 02.10.2014. Mit Schreiben vom 11.09.2014 bat der neue Prozessbevollmächtigte des Klägers um Akteneinsicht und nahm am 18.11.2014 zu den Vorwürfen Stellung. Er führte aus, dass die Taten für den Kläger persönlichkeitsuntypisch seien. Der Kläger habe sich in einer wirtschaftlichen Notlage befunden und belegte dies durch eine Vermögensaufstellung vom 23.09.2013. Die geringfügigen Unterschlagungen habe er zur Deckung seines täglichen Lebensbedarfs verwendet. Er habe den Schaden sofort nach Aufdeckung wiedergutgemacht und sich seinen Geldgebern insoweit offenbaren müssen.
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Mit Schreiben vom 25.11.2014 wurde dem Kläger das bereits unter dem 01.10.2014 erstellte wesentliche Ermittlungsergebnis „in Form einer Kopie des Abschlussberichts“ übersandt. Es wurde ihm Gelegenheit zur abschließenden Äußerung innerhalb von vier Wochen eingeräumt und die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als beabsichtigte Disziplinarmaßnahme angekündigt. Auf Antrag des Klägers wurde der Personalrat beteiligt. Er äußerte sich nicht.
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Mit Disziplinarverfügung vom 17.03.2015, zugestellt am 20.03.2015, wurde der Kläger aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl vom 04.10.2013 wurden zugrunde gelegt. Sie seien nach § 14 Abs. 2 LDG bindend. Der Kläger habe diesen zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Er habe sich durch die veruntreuende Unterschlagung in vier Fällen eines Zugriffsdelikts schuldig gemacht, das regelmäßig zur Entfernung aus dem Dienst führe. Das Dienstvergehen wiege schwer. Er sei als Polizeibeamter absolut und objektiv untragbar geworden. Er habe sich zwar in der Vergangenheit nichts zu Schulden kommen lassen. Dies ändere aber nichts daran, dass das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört sei. Eine extreme wirtschaftliche Notlage habe nicht vorgelegen. Diese ergebe sich jedenfalls nicht aus seiner Erklärung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse.
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Am 16.04.2015 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Disziplinarverfügung, hilfsweise der Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme, erhoben. Er weist erneut auf seine missliche wirtschaftliche Situation Anfang des Jahres 2013 hin. Selbst wenn er Einsparpotenzial gehabt haben sollte, sei seine faktische Ausweglosigkeit zu würdigen. So habe auch das Amtsgericht XXX in seinem Urteil ausgeführt, dass es sich bei den Taten offensichtlich um Verzweiflungstaten gehandelt habe. Von dieser wirtschaftlichen Notlage habe auch der Beklagte im Zusammenhang mit einem Mahnverfahren gegen den Kläger erfahren. Dies habe XXX veranlasst, seinen damaligen Dienstgruppenleiter, Herrn XXX, in einem persönlichen Gespräch auf seine finanzielle Situation und seine Überschuldung hinzuweisen. Durch seine gesundheitlichen Beschwerden sei er in seiner Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen. Dies belege eine Bescheinigung des Psychotherapeuten XXX XXX vom 17.01.2016, wonach eine mittelgradige depressive Episode festgestellt worden sei. Er habe sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Die Straftaten seien persönlichkeitsfremd. Die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils seien nicht bindend, weil er Einspruch gegen den Strafbefehl nur hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs eingelegt habe. Im Übrigen sei er in der Vergangenheit immer überdurchschnittlich beurteilt worden. Nach Entdeckung der Verfehlungen habe er gleich „reinen Tisch“ machen wollen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Kläger habe im Kernbereich seiner Pflichten versagt. Es habe bei ihm keine wirkliche finanzielle Notlage vorgelegen. Dies habe auch schon die Richterin des Amtsgerichts XXX geäußert. Gesundheitliche Probleme habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht. Lediglich gegenüber seinem Vorgesetzten XXX habe er Schlafstörungen erwähnt.
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Mit Urteil vom 26.01.2016, dem Kläger am 09.02.2016 zugestellt, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Die ausschließliche Übertragung der Disziplinargewalt auf die Exekutive nach § 38 LDG sei auch bei der Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar. Mit dem vom Amtsgericht XXX im Strafbefehl vom 04.10.2013 und im Urteil vom 05.02.2014 festgestellten Verhalten, das der Kläger nicht bestritten habe, habe er ein schweres Dienstvergehen begangen. Er habe sich eines Zugriffsdeliktes schuldig gemacht, das regelmäßig zur Entfernung aus dem Dienst führe. Denn zum Aufgabenbereich eines Polizeibeamten gehöre auch die treuhänderische Verwaltung und vorschriftsgemäße Ablieferung dienstlich vereinnahmter Gelder. Mit seinem vorsätzlichen Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten und zur Uneigennützigkeit habe er einen besonders schweren Vertrauensbruch begangen, bei dem eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nur noch in Betracht komme, wenn gewichtige und im Einzelfall durchgreifende Entlastungsgründe festgestellt werden, die ausnahmsweise die Annahme rechtfertigen, der Beamte habe das in ihn gesetzte Vertrauen seiner Vorgesetzten und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren. Solche Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Es könne offen bleiben, ob sich der Kläger in einer unverschuldeten Notlage befunden habe. Diese sei jedenfalls nicht ausweglos gewesen. Maßgeblich hierfür sei die Tatsache, dass es dem Kläger nach eigenen Angaben gegenwärtig gelinge, seinen Lebensunterhalt trotz gekürzter Bezüge zu bestreiten. Entscheidungserheblich komme hinzu, dass der Kläger kurz nach Entdeckung der Taten bei Bekannten einen Betrag von 105 EUR habe leihen können. Auch eine psychische Ausnahmesituation habe nicht vorgelegen. Der vorgelegte ärztliche Befundbericht treffe keine Aussage über eine mögliche Kausalität zwischen dem psychischen Zustand des Klägers und den jeweiligen Tatbegehungen. Ebenso wenig sei nachvollziehbar, dass der Kläger bei Begehung der Taten in einem Zustand verminderter Schuldfähigkeit gewesen sei. Davon seien auch die Strafgerichte nicht ausgegangen. Der Kläger habe zwar seine Verfehlungen eingeräumt und den Schaden aus eigenem Antrieb wieder gutgemacht, aber dies erst nach Aufdeckung der Taten. Der verursachte Schaden liege über der Geringwertigkeitsschwelle von etwa 50 EUR. Das wiederholt gezeigte, sich über einen Zeitraum von ungefähr vier Monaten erstreckende Fehlverhalten könne auch nicht als unbedachte Gelegenheitstat betrachtet werden.
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Der Kläger hat am 07.03.2016 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist im Wesentlichen ausgeführt: Das Urteil sei deshalb rechtsfehlerhaft, weil es noch auf der früheren Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten beruhe und damit eine unrichtige Bemessungsentscheidung treffe. Bei Anwendung des anzuwendenden Orientierungsrahmens müsse nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung getroffen werden. Danach sei zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass er ein schwerwiegendes Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden Pflichten begangen habe. Allerdings sei das beanstandete Handeln zu keinem Zeitpunkt auf Verschleierung und Verdeckung angelegt gewesen, sondern vielmehr auf Entdeckung. Er habe jedes Formular über eine Sicherheitsleistung ordnungsgemäß ausgefüllt und die gelbe Durchschrift an den Beschuldigten/Betroffenen ausgehändigt. Drei der vier Vorgänge habe er in ComVor erfasst. Damit habe er zu keinem Zeitpunkt eine endgültige Zueignungsabsicht gehabt. Zwar habe er die Sachverhalte nicht vor Aufdeckung der Taten bereinigt. Aber er sei gleichwohl bei der ersten Konfrontation mit den Sachverhalten voll geständig gewesen. Der Gesamtbetrag überschreite die Schwelle der Geringfügigkeit, die Einzelbeträge aber nicht. Darüber hinaus habe er zwischenzeitlich 30 Jahre beanstandungsfrei seinen Dienst geleistet. Nach den Folgen einer Alkoholerkrankung, die er seit dem Jahre 2006 überwunden habe, sei ihm ein Grad der Behinderung von 40 zuerkannt worden. Die dramatische Situation im Jahre 2013 sei durch juristische Auseinandersetzungen mit seiner zweiten Frau und damit verbundenen finanziellen Ansprüchen verbunden gewesen. Sein psychischer Zustand habe sich zwischenzeitlich stabilisiert.
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Der Kläger beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2016 - DL 17 K 2161/15 - zu ändern und unter Abänderung der Disziplinarverfügung vom 17.03.2015 eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu verhängen.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt weiter aus: Zwischenzeitlich habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Entfernung aus dem Dienst durch Verwaltungsakt nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG verstoße. Die Disziplinarverfügung sei auch unter Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung zu den „Zugriffsdelikten“ rechtmäßig.
23 
Dem Gericht liegen die Personalakten des Klägers, die Disziplinarakte, die Strafakten des Amtsgerichts XXX sowie die Akte des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist des § 2 LDG, § 124a Abs. 3 VwGO ausreichend begründete Berufung des Klägers hat mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag Erfolg. Zwar hält auch der Senat die angegriffene Disziplinarverfügung für formell rechtmäßig und das dem Kläger vorgeworfene Dienstvergehen für erwiesen. Allerdings ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, weil die angefochtene Disziplinarverfügung des Beklagten wegen eines materiellen Bemessungsfehlers rechtswidrig ist und der Senat von der ihm in § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, indem er zur Beseitigung der mit dem materiellen Bemessungsfehler verbundenen Rechtsverletzung des Klägers die Verfügung des Beklagten vom 17.03.2015 dahingehend ändert, dass - statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - der Kläger in das Amt eines Polizeimeisters (Besoldungsgruppe A 7) zu versetzen ist.
25 
In formeller Hinsicht bestehen an der Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ist die disziplinarrechtliche Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch Verwaltungsakt, wie es § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG vorsieht, verfassungsrechtlich zulässig und unterliegt nicht dem Richtervorbehalt. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG stehen dem nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 21.04.2016 - 2 C 4/15 -, juris).
26 
Zwar hat es der Beklagte versäumt, dem Kläger für die Erstanhörung eine angemessene Frist zu setzen, wie es § 11 Abs. 3 Satz 1 LDG zwingend vorschreibt. Die Fristbestimmung in § 11 Abs. 3 Satz 1 LDG dient der Verfahrensbeschleunigung (Amtliche Begründung zu § 11 Abs. 3 Satz 1 LDG, LT-Drs. 14/2996, S. 68; Nonnenmacher, in: v. Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2012, § 11 Rdnr. 9) und soll zur zeitnahen Aufklärung des Sachverhalts beitragen. Da dem Kläger, nachdem er einen mündlichen Anhörungstermin in dem angebotenen Zeitraum vom 29.09.2014 bis 02.10.2014 hat verstreichen lassen, die Möglichkeit eingeräumt wurde, durch seinen neuen Bevollmächtigten unter dem 18.11.2014 zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, ist ihm rechtliches Gehör gewährt worden. Damit ist die unterlassene Fristbestimmung mit Blick auf die Einhaltung wesentlicher Verfahrensrechte unschädlich (anders als bei unterbliebener Erstanhörung, Senat, Urteil vom 03.06.2014 - DL 13 S 150/14 -, juris).
27 
Gleiches gilt hinsichtlich der Schlussanhörung des Klägers. Dem Beamten muss gemäß § 20 LDG nach Abschluss der Ermittlungen Gelegenheit gegeben werden sich zu äußern. Um dem Beamten die ihm zustehende Rechtsverteidigung zu ermöglichen, ist ihm mitzuteilen, welchen Sachverhalt der Ermittlungsführer als erwiesen ansieht, wie die Beweise gewürdigt wurden und welche Pflichtverletzung ihm vorgeworfen wird (Amtliche Begründung zu § 20 LDG, a.a.O., S. 79). Diesen Anforderungen wird die Schlussanhörung, die Übersendung des Ermittlungsberichts vom 01.10.2014, noch gerecht. Dem Kläger werden im Ergebnis der vorgeworfene Sachverhalt, der im Übrigen unstreitig ist, sowie die zur Last gelegten Pflichtverletzungen mitgeteilt. Im Begleitschreiben vom 25.11.2014 wird die beabsichtigte Disziplinarmaßnahme, die Entfernung aus dem Dienst gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG, benannt.
28 
Materiell prüft der Senat die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zu Grunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteile des Senats vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 - und vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, jew. juris). Danach ist hier ein Dienstvergehen (§ 47 BeamtStG) des Klägers erwiesen, weil der Kläger schuldhaft ihm als Beamten obliegende Pflichten verletzt hat. Allerdings leidet die angegriffene Disziplinarverfügung an einem materiellen Bemessungsfehler.
29 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist in tatsächlicher Hinsicht der dem Kläger in der angegriffenen Disziplinarverfügung zur Last gelegte Sachverhalt, wie ihn das Amtsgericht XXX im Strafbefehl vom 04.10.2013 und Urteil vom 05.02.2014 wiedergegeben hat, der disziplinaren Würdigung zu Grunde zu legen. Diesen Sachverhalt räumt der Kläger ein. Auf die Frage der Bindungswirkung von Strafbefehlen und von Entscheidungen über auf die Strafzumessung beschränkte Rechtsmittel kommt es deshalb nicht an (§ 14 Abs. 1, Abs. 2 LDG). Danach hat der Kläger am 21.01.2013, am 01.02.2013 und am 31.05.2013 in insgesamt vier Fällen von ihm vereinnahmte Sicherheitsleistungen in Höhe von jeweils 35 EUR nicht an die Geschäftsstelle des XXX zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet, sondern für eigene Zwecke verwendet. Dabei plante er, sobald sich seine finanzielle Situation gebessert haben würde, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, das heißt Geldbeträge in entsprechender Höhe der Geschäftsstelle des XXX zu den betroffenen Vorgängen erstmals vorzulegen und diese Vorgänge dann abzuschließen.
30 
Der Senat teilt die Ansicht der Disziplinarkammer, dass der Kläger mit diesen Handlungen vorsätzlich gegen seine Pflichten aus § 34 Satz 3 BeamtStG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten) und § 34 Satz 2 BeamtStG (Pflicht, die übertragenen Aufgaben uneigennützig wahrzunehmen) verstoßen hat. Das von dem Kläger begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen gewichtig. Ein Polizeibeamter, der dienstlich anvertraute, d.h. in amtlicher Eigenschaft empfangene Gelder, seinem Dienstherrn „vorenthält“, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten. Er beeinträchtigt das für die Ausübung seines Berufs erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und sein Ansehen in der Öffentlichkeit in ganz erheblichem Maße.
31 
Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass der Kläger zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Handlungen schuldfähig war. Anhaltspunkte für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB ergeben sich weder aus den strafgerichtlichen Verurteilungen noch aus dem Befundbericht von XXX und sind auch für den Senat nicht ersichtlich.
32 
Das damit erwiesene einheitliche innerdienstliche Dienstvergehen des Klägers rechtfertigt allerdings bei Berücksichtigung der Bemessungsgrundsätze nach der Schwere des Dienstvergehens und des damit einhergehenden Vertrauensverlustes (vgl. § 26 LDG und dessen Verweis auf die §§ 27 bis 35 LDG) wegen einer zu den Tatzeitpunkten vorliegenden Ausnahmesituation nicht die disziplinare Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst (§ 31 LDG). Die (doppelte) Zurückstufung des Klägers (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LDG) in das Amt eines Polizeimeisters (A 7) hält der Senat für tat- und schuldangemessen, weil unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umständen zwar ein schweres Dienstvergehen vorliegt, das aber noch nicht zum endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn oder der Allgemeinheit führt.
33 
Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten auf den gesetzlichen Strafrahmen zurückzugreifen, weil dies eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinare Ahndung gewährleiste. Auf die früher maßgebliche und auch vom Verwaltungsgericht und vom Beklagten angenommene Einstufung als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein sollte, kommt es danach nicht mehr an (BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 6.14 -, NVwZ 2016, 772; Senat, Urteil vom 31.05.2016 - DB 13 S 2122/15 -).
34 
Der Kläger hat durch sein Verhalten den Tatbestand der veruntreuenden Unterschlagung (§ 246 Abs. 2 StGB) verwirklicht. Auch wenn er die Geldbeträge nur „leihen“ wollte, ändert dies entgegen seiner Ansicht nichts an der Zueignungsabsicht, weil er zumindest zeitweise über diese Geldbeträge verfügen wollte, um sich das Nötigste zu erwerben. Der Strafrahmen des § 246 Abs. 2 StGB reicht bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits bei einer innerdienstlichen Pflichtverletzung unter Ausnutzung der Dienststellung bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe als mögliche Disziplinarmaßnahme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht zu ziehen. Der Kläger hat, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, ein schweres Dienstvergehen begangen.
35 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Amtliche Begründung zu § 26 LDG, a.a.O., S. 86, Urteile des Disziplinarsenats vom 20.06.2017 - DL 13 S 214/17 - und vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, jew. juris). Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als durch die Schwere der Tat indizierte Maßnahme geboten ist. Deshalb dürfen die nach der Schwere des Dienstvergehens angezeigten Regeleinstufungen nicht schematisch angewandt werden. Maßstab ist, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen könnte, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der be- und entlastenden Umstände bekannt würde (zuletzt BVerwG, Beschluss vom 07.03.2017 - 2 B 19.16 -, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, BVerwGE 147, 229, juris).
36 
In den Fällen der veruntreuenden Unterschlagung zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um noch davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten vorhanden ist.
37 
Ausgehend von dieser der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Gesamtbetrachtung hält der Senat einen endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, wie ihn § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG fordert, im vorliegenden Fall nicht für gegeben.
38 
Zulasten des Klägers fällt ins Gewicht, dass er die Pflichtverletzungen unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung begangen hat. Denn der Dienstherr, die Öffentlichkeit und betroffene Bürger müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz unbedingt verlassen (BVerwG, Beschluss vom 07.03.2017, a.a.O.). Der Kläger hat im Rahmen seiner Tätigkeit beim Streifendienst des XXX insgesamt vier Sicherheitsleistungen in seiner amtlichen Eigenschaft als Polizeibeamter im Rahmen von Verkehrsunfallordnungswidrigkeiten eingenommen und den Verkehrsteilnehmern den Eindruck vermittelt, diese Geldbeträge ordnungsgemäß weiterzuleiten, indem er ihnen die entsprechenden Formulare über Sicherheitsleistungen aushändigte. Stattdessen hat er das Geld für private Zwecke verwendet. Weiterhin wirkt sich zulasten des Klägers aus, dass er in vier rechtlich selbständigen Fällen gehandelt und über einen Zeitraum von mehr als vier Monaten die ihm dienstlich anvertrauten Gelder planmäßig an sich genommen hat.
39 
Zugunsten des Klägers spricht allerdings zum einen der Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“. Dieser Milderungsgrund setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteil vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, juris). Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung eindrücklich seine Lebenssituation in den Jahren 2012/2013 geschildert. Er war damals ohne jegliche Barmittel, hatte eine erhebliche Schuldenlast aus dem Erwerb einer Eigentumswohnung zu schultern und war von seiner früheren Ehefrau in zahlreichen Unterhaltsprozessen verklagt worden. Sein Girokonto war überzogen, er verfügte über keinerlei Barmittel mehr. Um an bares Geld zu kommen, hatte er sich zuerst Geld aus der Schichtkasse beschafft. Mit dieser Vorgehensweise waren seine Kollegen einverstanden. Denn er benötigte das Geld, um sich das Notwendigste leisten zu können.
40 
Der Senat hat keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Aussagen, die er von Anfang an während des gesamten behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahrens machte. Sie werden bestätigt durch den Psychotherapeuten XXX, in dessen Behandlung sich der Kläger nach Aufdeckung der Taten Ende Juli 2013 begeben hatte. In seinem Befundbericht vom 17.01.2016 führt er aus, dass sich die psychosoziale Situation des Klägers dramatisch zugespitzt habe, weil er juristische Auseinandersetzungen mit seiner früheren Ehefrau im Scheidungsverfahren gehabt habe und damit verbunden finanzielle Ansprüche. Eine anderweitige Schuldenreduzierung war dem Kläger entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht möglich. Seine schwierige private Lebenssituation und sein finanzieller Engpass veranlassten ihn zu den Taten (BVerwG, Beschluss vom 23.02.2012 - 2 B 143/11 -, juris, als bemessungsrelevantes Kriterium unabhängig davon, ob die Notlage verschuldet ist). Er schilderte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar, dass ihm der Verkauf der ausschließlich fremdfinanzierten Eigentumswohnung in der damaligen Situation keinen finanziellen Vorteil gebracht hätte, weil er für diese zuvor eine neue Finanzierung abgeschlossen hatte. Er sei bei der Schuldnerberatung gewesen, die ihm aber wegen der Eigentumswohnung keine weitere Hilfe habe anbieten können. Prozesskostenhilfe für die Unterhaltsprozesse sei ihm jeweils nur unter Ratenzahlung bewilligt worden, so dass er seine Schulden habe nicht reduzieren können. Anders als das Verwaltungsgericht würdigt der Senat zugunsten des Klägers auch die Tatsache, dass er unmittelbar nach Aufdeckung der Taten sofort die 35 EUR und sodann den noch ausstehenden Betrag von 105 EUR an den Beklagten zurückzahlte. Hierfür musste er sich seinem älteren Sohn öffnen und ihm den Sachverhalt schildern, damit er ihm das Geld leihen konnte. Er hat sich nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor seinen Söhnen geschämt und seinem älteren Sohn den Sachverhalt erst dann geschildert, als er das Geld zur Begleichung der Schadenssumme benötigte.
41 
Diese Lebensphase hat der Kläger nach Überzeugung des Senats zwischenzeitlich überwunden. Er hat seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse neu geordnet und mittlerweile im Griff. Sein Zustand hat sich nach Abschluss einer zeitaufwendigen psychotherapeutischen Behandlung bei XXX deutlich stabilisiert. Seit Februar 2017 lebt er bei seiner neuen Lebensgefährtin in deren Wohnung. Sein Sohn erwägt, die väterliche Eigentumswohnung zu übernehmen, so dass auch der größte Schuldenbetrag abgetragen werden könnte. Bis zum nächsten Jahr sind sowohl die Ratenzahlungen an die Staatskasse als auch an seinen Rechtsanwalt abgegolten.
42 
Weiter berücksichtigt der Senat außerhalb der „klassischen“ Milderungsgründe zugunsten des Klägers, dass er - allerdings erst unmittelbar nach Aufdeckung der Taten - den gesamten Sachverhalt unumwunden einräumte und gegenüber seinen Kollegen auf die ihnen bekannten klammen finanziellen Verhältnisse verwies. Er versuchte nichts zu vertuschen, sondern arbeitete an der Aufklärung mit. Er schloss auch von Anfang an aus, dass es zu weiteren Unregelmäßigkeiten gekommen ist. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigte er nochmals, dass den Kollegen sein finanzieller Engpass bekannt gewesen sei. Es sei in diesem Zusammenhang im Mai 2013 zu einem Personalgespräch gekommen, weil gegen den Kläger ein Mahnbescheid erlassen worden und dies dem Dienstherrn bekannt geworden war. Nicht außer Betracht bleiben kann auch die Höhe des entstandenen Schadens. Zwar übersteigt die Schadenssumme von insgesamt 140 EUR die Geringwertigkeitsschwelle. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass den Einzeltaten jeweils nur geringwertige Beträge zugrunde lagen, die der Kläger von Anfang an zurückzahlen und nur vorübergehend „Löcher“ damit stopfen wollte (vgl. zu einem allerdings einmaligen Schadensbetrag von 200 EUR, BVerwG, Beschluss vom 23.02.2012, a.a.O.). In die Betrachtung muss weiter einbezogen werden, dass es sich nach Einschätzung des Amtsgerichts XXX im Urteil vom 05.02.2014 um Verzweiflungstaten handelte, weil der Kläger jeweils für einen nur geringen Betrag ein unverhältnismäßig hohes Risiko einging. Wie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarsenat ergab, werden Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Sicherheitsleistungen im EDV-Programm „ComVor“ registriert und durch Aufleuchten einer roten Anzeige kenntlich gemacht. Damit war aber von vornherein klar, dass die disziplinaren Sachverhalte zumindest den Kollegen auffallen und bekannt werden.
43 
Weiterhin ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, dass der Kläger sofort - allerdings erst nach Aufdeckung der Tat - den Schaden wiedergutgemacht hat und sich für sein Verhalten entschuldigte. Darüber hinaus bemühte er sich, wenn auch ohne Erfolg, seine finanzielle Situation in dem hier relevanten Zeitraum durch genehmigte Nebentätigkeiten im Kino „XXX“ in XXX und später im Rahmen von KFZ-Überführungen aufzubessern.
44 
Nach Abwägung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte ist der Senat, auch nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung, der Auffassung, dass dem Kläger, der über 30 Jahre lang seinen Dienst beanstandungsfrei ausübte, eine günstige Zukunftsprognose zu stellen ist und das Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten durch die disziplinarisch zu ahndenden Taten noch nicht endgültig zerrüttet ist.
45 
Die mit der Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochene disziplinare Höchstmaßnahme in der Verfügung vom 17.03.2015 erweist sich damit als rechtswidrig. § 21 Satz 1 AGVwGO bestimmt, dass das Gericht die Abschlussverfügung aufhebt, wenn diese rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Allerdings kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO (vgl. zu dessen Anwendung bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG: Urteil des Senats vom 09.08.2016, a.a.O.) das Gericht bei einem - wie hier - erwiesenen Dienstvergehen die Verfügung auch aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Mit der Formulierung „kann“ wird ein richterliches Ermessen eingeräumt, ob statt der Aufhebung der Abschlussverfügung diese aufrechterhalten oder abgeändert wird (Amtliche Begründung zu § 21 AGVwGO, a.a.O., S. 148); eine Verpflichtung des Disziplinargerichts, eine Entscheidung nach § 21 Satz 2 AGVwGO zu treffen, besteht hingegen nicht. Bei der gerichtlichen Ermessensausübung ist zu beachten, dass § 21 Satz 2 AGVwGO dem Zweck der Verfahrensbeschleunigung und damit der Verwirklichung des in Baden-Württemberg nicht ausdrücklich normierten (vgl. etwa im Bundesdisziplinarrecht § 4 BDG), aber dem Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz nach wie vor zu Grunde liegenden (vgl. Amtliche Begründung zu § 21 AGVwGO, a.a.O., S. 148) Beschleunigungsgrundsatzes (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 4 BDG RdNr. 10 f.; Nonnenmacher, in: v.Alberti u.a., a.a.O., § 8 LDG RdNr. 2) dient, der in jeder Phase des Disziplinarverfahrens als objektives Disziplinarrecht zu beachten ist (Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Aufl., § 4 BDG RdNr. 1; Müller, Beamtendisziplinarrecht, RdNrn. 303, 426). Deshalb ist davon auszugehen, dass die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes und aus Gründen der Prozessökonomie in Ausübung ihres richterlichen Ermessens regelmäßig von der Möglichkeit des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch machen sollen, wenn sich eine Abschlussverfügung als rechtswidrig erweist und die Rechtsverletzung mit der gerichtlichen Entscheidung beseitigt ist. Diese Erwartung äußert auch der Gesetzgeber in der Begründung zum Landesdisziplinargesetz (Amtliche Begründung zu § 21 AGVwGO, a.a.O., S. 148). Nachdem hier keine Besonderheiten ersichtlich sind, macht der Senat bei Ausübung seines richterlichen Ermessens von der ihm eingeräumten Änderungsbefugnis des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass dem Gewicht der Pflichtverletzung des Klägers die (doppelte) Zurückstufung (§ 30 Abs. 1 LDG) in das Amt eines Polizeimeisters (A 7) Rechnung trägt.
46 
Nach § 30 LDG ist eine Zurückstufung u.a. auszusprechen, wenn der Beamte durch ein mittelschweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat, um zur Pflichterfüllung angehalten zu werden. Da die Vorschrift Mindestvoraussetzungen normiert, kommt die Zurückstufung auch dann in Betracht, wenn der Beamte - wie hier der Kläger - ein schweres Dienstvergehen begangen hat, das jedoch aufgrund entlastender Gesichtspunkte noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt hat (Burr, in: v.Alberti u.a., a.a.O., § 30 LDG RdNr. 1). So liegt der Fall hier. Wie oben dargestellt wiegt das Dienstvergehen objektiv schwer. Der Kläger hat im Kernbereich seiner Pflichten versagt, so dass er sich an den Rand der Tragbarkeit für den öffentlichen Dienst gebracht und damit die Schwelle zu einem schweren Dienstvergehen erreicht hat. Dies rechtfertigt als mildere Maßnahme seine (doppelte) Zurückstufung in das Amt eines Polizeimeisters (A 7). Ist wegen der genannten entlastenden Gesichtspunkte noch nicht ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten, so ist hier jedoch aufgrund der Schwere des Dienstvergehens von einem nachhaltigen Vertrauensverlust im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG auszugehen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass es eines längeren Zeitraums zur endgültigen Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses bedarf (vgl. das regelmäßig fünfjährige Beförderungsverbot des § 30 Abs. 2 LDG). Dem entspricht der Zweck der Zurückstufung als Pflichtenmahnung für den Beamten. Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens hält es der Senat für erforderlich und angemessen, den Kläger daran zu erinnern, dass er sich künftig straffrei verhält. Darüber hinaus entfaltet die Zurückstufung infolge ihrer Außenwirkung eine pflichtenmahnende Wirkung auf die Beamtenschaft, insbesondere in der engeren dienstlichen Umgebung des Klägers und ist die Zurückstufung des Klägers die angemessene Reaktion auf den auch beim Dienstherrn und der Allgemeinheit eingetretenen nachhaltigen Verlust des Vertrauens in die pflichtgemäße Amtsführung. Diese Disziplinarmaßnahme erweist sich auch im Übrigen als verhältnismäßig, da sie auf einem dem Kläger zurechenbaren Verhalten beruht.
47 
Mit der Zurückstufung verliert der Kläger den Anspruch auf die Bezüge aus dem bisherigen Amt sowie das Recht, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen (§ 30 Abs. 1 Satz 2 LDG).
48 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG. Der Senat berücksichtigt dabei, dass der Kläger mit seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Berufungsantrag obsiegte.
49 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

Gründe

24 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist des § 2 LDG, § 124a Abs. 3 VwGO ausreichend begründete Berufung des Klägers hat mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag Erfolg. Zwar hält auch der Senat die angegriffene Disziplinarverfügung für formell rechtmäßig und das dem Kläger vorgeworfene Dienstvergehen für erwiesen. Allerdings ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, weil die angefochtene Disziplinarverfügung des Beklagten wegen eines materiellen Bemessungsfehlers rechtswidrig ist und der Senat von der ihm in § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, indem er zur Beseitigung der mit dem materiellen Bemessungsfehler verbundenen Rechtsverletzung des Klägers die Verfügung des Beklagten vom 17.03.2015 dahingehend ändert, dass - statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - der Kläger in das Amt eines Polizeimeisters (Besoldungsgruppe A 7) zu versetzen ist.
25 
In formeller Hinsicht bestehen an der Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ist die disziplinarrechtliche Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch Verwaltungsakt, wie es § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG vorsieht, verfassungsrechtlich zulässig und unterliegt nicht dem Richtervorbehalt. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG stehen dem nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 21.04.2016 - 2 C 4/15 -, juris).
26 
Zwar hat es der Beklagte versäumt, dem Kläger für die Erstanhörung eine angemessene Frist zu setzen, wie es § 11 Abs. 3 Satz 1 LDG zwingend vorschreibt. Die Fristbestimmung in § 11 Abs. 3 Satz 1 LDG dient der Verfahrensbeschleunigung (Amtliche Begründung zu § 11 Abs. 3 Satz 1 LDG, LT-Drs. 14/2996, S. 68; Nonnenmacher, in: v. Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2012, § 11 Rdnr. 9) und soll zur zeitnahen Aufklärung des Sachverhalts beitragen. Da dem Kläger, nachdem er einen mündlichen Anhörungstermin in dem angebotenen Zeitraum vom 29.09.2014 bis 02.10.2014 hat verstreichen lassen, die Möglichkeit eingeräumt wurde, durch seinen neuen Bevollmächtigten unter dem 18.11.2014 zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, ist ihm rechtliches Gehör gewährt worden. Damit ist die unterlassene Fristbestimmung mit Blick auf die Einhaltung wesentlicher Verfahrensrechte unschädlich (anders als bei unterbliebener Erstanhörung, Senat, Urteil vom 03.06.2014 - DL 13 S 150/14 -, juris).
27 
Gleiches gilt hinsichtlich der Schlussanhörung des Klägers. Dem Beamten muss gemäß § 20 LDG nach Abschluss der Ermittlungen Gelegenheit gegeben werden sich zu äußern. Um dem Beamten die ihm zustehende Rechtsverteidigung zu ermöglichen, ist ihm mitzuteilen, welchen Sachverhalt der Ermittlungsführer als erwiesen ansieht, wie die Beweise gewürdigt wurden und welche Pflichtverletzung ihm vorgeworfen wird (Amtliche Begründung zu § 20 LDG, a.a.O., S. 79). Diesen Anforderungen wird die Schlussanhörung, die Übersendung des Ermittlungsberichts vom 01.10.2014, noch gerecht. Dem Kläger werden im Ergebnis der vorgeworfene Sachverhalt, der im Übrigen unstreitig ist, sowie die zur Last gelegten Pflichtverletzungen mitgeteilt. Im Begleitschreiben vom 25.11.2014 wird die beabsichtigte Disziplinarmaßnahme, die Entfernung aus dem Dienst gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG, benannt.
28 
Materiell prüft der Senat die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zu Grunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteile des Senats vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 - und vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, jew. juris). Danach ist hier ein Dienstvergehen (§ 47 BeamtStG) des Klägers erwiesen, weil der Kläger schuldhaft ihm als Beamten obliegende Pflichten verletzt hat. Allerdings leidet die angegriffene Disziplinarverfügung an einem materiellen Bemessungsfehler.
29 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist in tatsächlicher Hinsicht der dem Kläger in der angegriffenen Disziplinarverfügung zur Last gelegte Sachverhalt, wie ihn das Amtsgericht XXX im Strafbefehl vom 04.10.2013 und Urteil vom 05.02.2014 wiedergegeben hat, der disziplinaren Würdigung zu Grunde zu legen. Diesen Sachverhalt räumt der Kläger ein. Auf die Frage der Bindungswirkung von Strafbefehlen und von Entscheidungen über auf die Strafzumessung beschränkte Rechtsmittel kommt es deshalb nicht an (§ 14 Abs. 1, Abs. 2 LDG). Danach hat der Kläger am 21.01.2013, am 01.02.2013 und am 31.05.2013 in insgesamt vier Fällen von ihm vereinnahmte Sicherheitsleistungen in Höhe von jeweils 35 EUR nicht an die Geschäftsstelle des XXX zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet, sondern für eigene Zwecke verwendet. Dabei plante er, sobald sich seine finanzielle Situation gebessert haben würde, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, das heißt Geldbeträge in entsprechender Höhe der Geschäftsstelle des XXX zu den betroffenen Vorgängen erstmals vorzulegen und diese Vorgänge dann abzuschließen.
30 
Der Senat teilt die Ansicht der Disziplinarkammer, dass der Kläger mit diesen Handlungen vorsätzlich gegen seine Pflichten aus § 34 Satz 3 BeamtStG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten) und § 34 Satz 2 BeamtStG (Pflicht, die übertragenen Aufgaben uneigennützig wahrzunehmen) verstoßen hat. Das von dem Kläger begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen gewichtig. Ein Polizeibeamter, der dienstlich anvertraute, d.h. in amtlicher Eigenschaft empfangene Gelder, seinem Dienstherrn „vorenthält“, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten. Er beeinträchtigt das für die Ausübung seines Berufs erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und sein Ansehen in der Öffentlichkeit in ganz erheblichem Maße.
31 
Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass der Kläger zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Handlungen schuldfähig war. Anhaltspunkte für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB ergeben sich weder aus den strafgerichtlichen Verurteilungen noch aus dem Befundbericht von XXX und sind auch für den Senat nicht ersichtlich.
32 
Das damit erwiesene einheitliche innerdienstliche Dienstvergehen des Klägers rechtfertigt allerdings bei Berücksichtigung der Bemessungsgrundsätze nach der Schwere des Dienstvergehens und des damit einhergehenden Vertrauensverlustes (vgl. § 26 LDG und dessen Verweis auf die §§ 27 bis 35 LDG) wegen einer zu den Tatzeitpunkten vorliegenden Ausnahmesituation nicht die disziplinare Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst (§ 31 LDG). Die (doppelte) Zurückstufung des Klägers (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LDG) in das Amt eines Polizeimeisters (A 7) hält der Senat für tat- und schuldangemessen, weil unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umständen zwar ein schweres Dienstvergehen vorliegt, das aber noch nicht zum endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn oder der Allgemeinheit führt.
33 
Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten auf den gesetzlichen Strafrahmen zurückzugreifen, weil dies eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinare Ahndung gewährleiste. Auf die früher maßgebliche und auch vom Verwaltungsgericht und vom Beklagten angenommene Einstufung als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein sollte, kommt es danach nicht mehr an (BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 6.14 -, NVwZ 2016, 772; Senat, Urteil vom 31.05.2016 - DB 13 S 2122/15 -).
34 
Der Kläger hat durch sein Verhalten den Tatbestand der veruntreuenden Unterschlagung (§ 246 Abs. 2 StGB) verwirklicht. Auch wenn er die Geldbeträge nur „leihen“ wollte, ändert dies entgegen seiner Ansicht nichts an der Zueignungsabsicht, weil er zumindest zeitweise über diese Geldbeträge verfügen wollte, um sich das Nötigste zu erwerben. Der Strafrahmen des § 246 Abs. 2 StGB reicht bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits bei einer innerdienstlichen Pflichtverletzung unter Ausnutzung der Dienststellung bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe als mögliche Disziplinarmaßnahme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht zu ziehen. Der Kläger hat, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, ein schweres Dienstvergehen begangen.
35 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Amtliche Begründung zu § 26 LDG, a.a.O., S. 86, Urteile des Disziplinarsenats vom 20.06.2017 - DL 13 S 214/17 - und vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, jew. juris). Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als durch die Schwere der Tat indizierte Maßnahme geboten ist. Deshalb dürfen die nach der Schwere des Dienstvergehens angezeigten Regeleinstufungen nicht schematisch angewandt werden. Maßstab ist, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen könnte, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der be- und entlastenden Umstände bekannt würde (zuletzt BVerwG, Beschluss vom 07.03.2017 - 2 B 19.16 -, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, BVerwGE 147, 229, juris).
36 
In den Fällen der veruntreuenden Unterschlagung zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um noch davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten vorhanden ist.
37 
Ausgehend von dieser der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Gesamtbetrachtung hält der Senat einen endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, wie ihn § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG fordert, im vorliegenden Fall nicht für gegeben.
38 
Zulasten des Klägers fällt ins Gewicht, dass er die Pflichtverletzungen unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung begangen hat. Denn der Dienstherr, die Öffentlichkeit und betroffene Bürger müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz unbedingt verlassen (BVerwG, Beschluss vom 07.03.2017, a.a.O.). Der Kläger hat im Rahmen seiner Tätigkeit beim Streifendienst des XXX insgesamt vier Sicherheitsleistungen in seiner amtlichen Eigenschaft als Polizeibeamter im Rahmen von Verkehrsunfallordnungswidrigkeiten eingenommen und den Verkehrsteilnehmern den Eindruck vermittelt, diese Geldbeträge ordnungsgemäß weiterzuleiten, indem er ihnen die entsprechenden Formulare über Sicherheitsleistungen aushändigte. Stattdessen hat er das Geld für private Zwecke verwendet. Weiterhin wirkt sich zulasten des Klägers aus, dass er in vier rechtlich selbständigen Fällen gehandelt und über einen Zeitraum von mehr als vier Monaten die ihm dienstlich anvertrauten Gelder planmäßig an sich genommen hat.
39 
Zugunsten des Klägers spricht allerdings zum einen der Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“. Dieser Milderungsgrund setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteil vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, juris). Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung eindrücklich seine Lebenssituation in den Jahren 2012/2013 geschildert. Er war damals ohne jegliche Barmittel, hatte eine erhebliche Schuldenlast aus dem Erwerb einer Eigentumswohnung zu schultern und war von seiner früheren Ehefrau in zahlreichen Unterhaltsprozessen verklagt worden. Sein Girokonto war überzogen, er verfügte über keinerlei Barmittel mehr. Um an bares Geld zu kommen, hatte er sich zuerst Geld aus der Schichtkasse beschafft. Mit dieser Vorgehensweise waren seine Kollegen einverstanden. Denn er benötigte das Geld, um sich das Notwendigste leisten zu können.
40 
Der Senat hat keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Aussagen, die er von Anfang an während des gesamten behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahrens machte. Sie werden bestätigt durch den Psychotherapeuten XXX, in dessen Behandlung sich der Kläger nach Aufdeckung der Taten Ende Juli 2013 begeben hatte. In seinem Befundbericht vom 17.01.2016 führt er aus, dass sich die psychosoziale Situation des Klägers dramatisch zugespitzt habe, weil er juristische Auseinandersetzungen mit seiner früheren Ehefrau im Scheidungsverfahren gehabt habe und damit verbunden finanzielle Ansprüche. Eine anderweitige Schuldenreduzierung war dem Kläger entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht möglich. Seine schwierige private Lebenssituation und sein finanzieller Engpass veranlassten ihn zu den Taten (BVerwG, Beschluss vom 23.02.2012 - 2 B 143/11 -, juris, als bemessungsrelevantes Kriterium unabhängig davon, ob die Notlage verschuldet ist). Er schilderte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar, dass ihm der Verkauf der ausschließlich fremdfinanzierten Eigentumswohnung in der damaligen Situation keinen finanziellen Vorteil gebracht hätte, weil er für diese zuvor eine neue Finanzierung abgeschlossen hatte. Er sei bei der Schuldnerberatung gewesen, die ihm aber wegen der Eigentumswohnung keine weitere Hilfe habe anbieten können. Prozesskostenhilfe für die Unterhaltsprozesse sei ihm jeweils nur unter Ratenzahlung bewilligt worden, so dass er seine Schulden habe nicht reduzieren können. Anders als das Verwaltungsgericht würdigt der Senat zugunsten des Klägers auch die Tatsache, dass er unmittelbar nach Aufdeckung der Taten sofort die 35 EUR und sodann den noch ausstehenden Betrag von 105 EUR an den Beklagten zurückzahlte. Hierfür musste er sich seinem älteren Sohn öffnen und ihm den Sachverhalt schildern, damit er ihm das Geld leihen konnte. Er hat sich nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor seinen Söhnen geschämt und seinem älteren Sohn den Sachverhalt erst dann geschildert, als er das Geld zur Begleichung der Schadenssumme benötigte.
41 
Diese Lebensphase hat der Kläger nach Überzeugung des Senats zwischenzeitlich überwunden. Er hat seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse neu geordnet und mittlerweile im Griff. Sein Zustand hat sich nach Abschluss einer zeitaufwendigen psychotherapeutischen Behandlung bei XXX deutlich stabilisiert. Seit Februar 2017 lebt er bei seiner neuen Lebensgefährtin in deren Wohnung. Sein Sohn erwägt, die väterliche Eigentumswohnung zu übernehmen, so dass auch der größte Schuldenbetrag abgetragen werden könnte. Bis zum nächsten Jahr sind sowohl die Ratenzahlungen an die Staatskasse als auch an seinen Rechtsanwalt abgegolten.
42 
Weiter berücksichtigt der Senat außerhalb der „klassischen“ Milderungsgründe zugunsten des Klägers, dass er - allerdings erst unmittelbar nach Aufdeckung der Taten - den gesamten Sachverhalt unumwunden einräumte und gegenüber seinen Kollegen auf die ihnen bekannten klammen finanziellen Verhältnisse verwies. Er versuchte nichts zu vertuschen, sondern arbeitete an der Aufklärung mit. Er schloss auch von Anfang an aus, dass es zu weiteren Unregelmäßigkeiten gekommen ist. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigte er nochmals, dass den Kollegen sein finanzieller Engpass bekannt gewesen sei. Es sei in diesem Zusammenhang im Mai 2013 zu einem Personalgespräch gekommen, weil gegen den Kläger ein Mahnbescheid erlassen worden und dies dem Dienstherrn bekannt geworden war. Nicht außer Betracht bleiben kann auch die Höhe des entstandenen Schadens. Zwar übersteigt die Schadenssumme von insgesamt 140 EUR die Geringwertigkeitsschwelle. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass den Einzeltaten jeweils nur geringwertige Beträge zugrunde lagen, die der Kläger von Anfang an zurückzahlen und nur vorübergehend „Löcher“ damit stopfen wollte (vgl. zu einem allerdings einmaligen Schadensbetrag von 200 EUR, BVerwG, Beschluss vom 23.02.2012, a.a.O.). In die Betrachtung muss weiter einbezogen werden, dass es sich nach Einschätzung des Amtsgerichts XXX im Urteil vom 05.02.2014 um Verzweiflungstaten handelte, weil der Kläger jeweils für einen nur geringen Betrag ein unverhältnismäßig hohes Risiko einging. Wie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarsenat ergab, werden Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Sicherheitsleistungen im EDV-Programm „ComVor“ registriert und durch Aufleuchten einer roten Anzeige kenntlich gemacht. Damit war aber von vornherein klar, dass die disziplinaren Sachverhalte zumindest den Kollegen auffallen und bekannt werden.
43 
Weiterhin ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, dass der Kläger sofort - allerdings erst nach Aufdeckung der Tat - den Schaden wiedergutgemacht hat und sich für sein Verhalten entschuldigte. Darüber hinaus bemühte er sich, wenn auch ohne Erfolg, seine finanzielle Situation in dem hier relevanten Zeitraum durch genehmigte Nebentätigkeiten im Kino „XXX“ in XXX und später im Rahmen von KFZ-Überführungen aufzubessern.
44 
Nach Abwägung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte ist der Senat, auch nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung, der Auffassung, dass dem Kläger, der über 30 Jahre lang seinen Dienst beanstandungsfrei ausübte, eine günstige Zukunftsprognose zu stellen ist und das Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten durch die disziplinarisch zu ahndenden Taten noch nicht endgültig zerrüttet ist.
45 
Die mit der Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochene disziplinare Höchstmaßnahme in der Verfügung vom 17.03.2015 erweist sich damit als rechtswidrig. § 21 Satz 1 AGVwGO bestimmt, dass das Gericht die Abschlussverfügung aufhebt, wenn diese rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Allerdings kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO (vgl. zu dessen Anwendung bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG: Urteil des Senats vom 09.08.2016, a.a.O.) das Gericht bei einem - wie hier - erwiesenen Dienstvergehen die Verfügung auch aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Mit der Formulierung „kann“ wird ein richterliches Ermessen eingeräumt, ob statt der Aufhebung der Abschlussverfügung diese aufrechterhalten oder abgeändert wird (Amtliche Begründung zu § 21 AGVwGO, a.a.O., S. 148); eine Verpflichtung des Disziplinargerichts, eine Entscheidung nach § 21 Satz 2 AGVwGO zu treffen, besteht hingegen nicht. Bei der gerichtlichen Ermessensausübung ist zu beachten, dass § 21 Satz 2 AGVwGO dem Zweck der Verfahrensbeschleunigung und damit der Verwirklichung des in Baden-Württemberg nicht ausdrücklich normierten (vgl. etwa im Bundesdisziplinarrecht § 4 BDG), aber dem Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz nach wie vor zu Grunde liegenden (vgl. Amtliche Begründung zu § 21 AGVwGO, a.a.O., S. 148) Beschleunigungsgrundsatzes (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 4 BDG RdNr. 10 f.; Nonnenmacher, in: v.Alberti u.a., a.a.O., § 8 LDG RdNr. 2) dient, der in jeder Phase des Disziplinarverfahrens als objektives Disziplinarrecht zu beachten ist (Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Aufl., § 4 BDG RdNr. 1; Müller, Beamtendisziplinarrecht, RdNrn. 303, 426). Deshalb ist davon auszugehen, dass die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes und aus Gründen der Prozessökonomie in Ausübung ihres richterlichen Ermessens regelmäßig von der Möglichkeit des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch machen sollen, wenn sich eine Abschlussverfügung als rechtswidrig erweist und die Rechtsverletzung mit der gerichtlichen Entscheidung beseitigt ist. Diese Erwartung äußert auch der Gesetzgeber in der Begründung zum Landesdisziplinargesetz (Amtliche Begründung zu § 21 AGVwGO, a.a.O., S. 148). Nachdem hier keine Besonderheiten ersichtlich sind, macht der Senat bei Ausübung seines richterlichen Ermessens von der ihm eingeräumten Änderungsbefugnis des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass dem Gewicht der Pflichtverletzung des Klägers die (doppelte) Zurückstufung (§ 30 Abs. 1 LDG) in das Amt eines Polizeimeisters (A 7) Rechnung trägt.
46 
Nach § 30 LDG ist eine Zurückstufung u.a. auszusprechen, wenn der Beamte durch ein mittelschweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat, um zur Pflichterfüllung angehalten zu werden. Da die Vorschrift Mindestvoraussetzungen normiert, kommt die Zurückstufung auch dann in Betracht, wenn der Beamte - wie hier der Kläger - ein schweres Dienstvergehen begangen hat, das jedoch aufgrund entlastender Gesichtspunkte noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt hat (Burr, in: v.Alberti u.a., a.a.O., § 30 LDG RdNr. 1). So liegt der Fall hier. Wie oben dargestellt wiegt das Dienstvergehen objektiv schwer. Der Kläger hat im Kernbereich seiner Pflichten versagt, so dass er sich an den Rand der Tragbarkeit für den öffentlichen Dienst gebracht und damit die Schwelle zu einem schweren Dienstvergehen erreicht hat. Dies rechtfertigt als mildere Maßnahme seine (doppelte) Zurückstufung in das Amt eines Polizeimeisters (A 7). Ist wegen der genannten entlastenden Gesichtspunkte noch nicht ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten, so ist hier jedoch aufgrund der Schwere des Dienstvergehens von einem nachhaltigen Vertrauensverlust im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG auszugehen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass es eines längeren Zeitraums zur endgültigen Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses bedarf (vgl. das regelmäßig fünfjährige Beförderungsverbot des § 30 Abs. 2 LDG). Dem entspricht der Zweck der Zurückstufung als Pflichtenmahnung für den Beamten. Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens hält es der Senat für erforderlich und angemessen, den Kläger daran zu erinnern, dass er sich künftig straffrei verhält. Darüber hinaus entfaltet die Zurückstufung infolge ihrer Außenwirkung eine pflichtenmahnende Wirkung auf die Beamtenschaft, insbesondere in der engeren dienstlichen Umgebung des Klägers und ist die Zurückstufung des Klägers die angemessene Reaktion auf den auch beim Dienstherrn und der Allgemeinheit eingetretenen nachhaltigen Verlust des Vertrauens in die pflichtgemäße Amtsführung. Diese Disziplinarmaßnahme erweist sich auch im Übrigen als verhältnismäßig, da sie auf einem dem Kläger zurechenbaren Verhalten beruht.
47 
Mit der Zurückstufung verliert der Kläger den Anspruch auf die Bezüge aus dem bisherigen Amt sowie das Recht, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen (§ 30 Abs. 1 Satz 2 LDG).
48 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG. Der Senat berücksichtigt dabei, dass der Kläger mit seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Berufungsantrag obsiegte.
49 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

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(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme


(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

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(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Strafgesetzbuch - StGB | § 246 Unterschlagung


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Ist in

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 70 Revisionsverfahren, Entscheidung über die Revision


(1) Für das Revisionsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht entsprechend. (2) Für die Entscheidung über die Revision gelten die §§ 143 und 144 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 4 Gebot der Beschleunigung


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(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

2

Dem Kläger, der seit 1987 im Polizeidienst des beklagten Landes steht, wurde 1995 die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. 1996 folgte seine Ernennung zum Polizeiobermeister. Er war zuletzt antragsgemäß teilzeitbeschäftigt und im Streifendienst tätig. Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Kläger betrieb nebenberuflich zwei Bauunternehmen, die ab 2006 zunehmend in finanzielle Schieflage gerieten.

3

Mit rechtskräftig gewordenem Urteil wurde der Kläger 2007 - nachdem er gegen den zuvor gegen ihn ergangenen Strafbefehl einen auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruch eingelegt hatte - u.a. wegen gewerbsmäßigen Betrugs, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt. Mit weiterem Urteil wurde er 2010 rechtskräftig wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Schließlich verurteilte das Amtsgericht den Kläger 2011 rechtskräftig wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt unter Einbeziehung der Strafe aus dem früheren Strafurteil zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten.

4

Im sachgleichen Disziplinarverfahren entfernte ihn sein Dienstvorgesetzter mit Zustimmung der höheren Disziplinarbehörde durch Disziplinarverfügung aus dem Beamtenverhältnis. Die dagegen gerichtete Klage blieb in den beiden Vorinstanzen erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

5

Die Frage, wie es sich auswirke, dass die Disziplinarverfügung auch darauf gestützt sei, dass der Kläger durch das ohne tatsächliche Feststellungen ergangene Urteil des Amtsgerichts von 2007 rechtskräftig verurteilt worden sei, könne offen gelassen werden. Ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften des Disziplinarrechts, der zur Gesamtnichtigkeit der Verfügung führe, liege nicht vor. Die angefochtene Disziplinarverfügung sei bereits wegen der von dem Kläger zwischen 2009 und 2011 begangenen und abgeurteilten Straftaten rechtmäßig. Schon die diesen Urteilen zugrunde liegenden einzelnen Dienstpflichtverletzungen rechtfertigten seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Aufgrund der umfassenden Überprüfungsbefugnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht seien die Disziplinargerichte selbst in der Lage und befugt festzustellen, ob die vorgeworfenen Verstöße die höchste Disziplinarmaßnahme erforderten. In der Sache lägen die Voraussetzungen für eine Dienstentfernung vor. Der Kläger habe durch die erhebliche Zahl von Straftaten, die Gegenstand seiner strafgerichtlichen Verurteilungen seien, ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände handele es sich auch - insbesondere mit Blick auf den hohen Gesamtschaden von über 32 000 € - um ein schweres Dienstvergehen. Anerkannte oder sonst durchgreifende Milderungsgründe seien nicht ersichtlich.

6

Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision macht der Kläger vor allem geltend, die Übertragung der gesamten Disziplinargewalt auf die Exekutive sei wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt und das Lebenszeitprinzip verfassungswidrig. Der Richtervorbehalt präge die Disziplinargerichtsbarkeit als hergebrachter Grundsatz und beruhe auf dem frühen Inamovibilitätsgedanken.

7

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2013 und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. Juni 2012 sowie die Verfügung des Polizeipräsidiums Karlsruhe vom 2. Dezember 2011 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichthofs verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 38 Landesdisziplinargesetz Baden-Württemberg vom 14. Oktober 2008, GBl. S. 343 - LDG BW -). Das Bundesverwaltungsgericht ist von der mit der Revision gerügten Verfassungswidrigkeit von § 38 Abs. 1 LDG BW als der vorliegend entscheidungserheblichen Norm nicht überzeugt. Der Kläger kann ohne Verstoß gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums durch Disziplinarverfügung aus dem Beamtenverhältnis rechtmäßig entfernt werden (1.). Umfassender Rechtsschutz gegen Disziplinarverfügungen nach § 38 Abs. 1 LDG BW ist gewährleistet (2.). Darüber hinaus ist im Hinblick auf den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den festgestellten disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalt beschränkt hat (3.). Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO).

10

1. Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG BW werden Disziplinarmaßnahmen durch Disziplinarverfügung ausgesprochen. Dabei darf eine Disziplinarmaßnahme, die auf eine Kürzung der Dienst- oder Ruhestandsbezüge, Zurückstufung, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder Aberkennung des Ruhegehalts gerichtet ist, nach § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LDG BW nur ausgesprochen werden, wenn - wie hier - die höhere Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung zugestimmt hat.

11

§ 38 Abs. 1 LDG BW verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten aus hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG. Das Beamtenrecht bis zum Ende der Weimarer Zeit kannte keine in den deutschen Ländern oder im Gesamtstaat allgemein oder auch nur überwiegend anerkannte Regel des Inhalts, der eine disziplinare Entfernung aus dem auf Lebenszeit begründeten Beamtenverhältnis durch behördliche Disziplinarverfügung mit anschließendem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren widerspräche. Angesichts der Vielgestaltigkeit der zur Entscheidung berufenen Disziplinarinstanzen lässt sich ein hergebrachter Grundsatz des Inhalts, dass die Entlassung im Rahmen eines Disziplinarverfahrens nicht durch eine Verfügung ausgesprochen werden darf, wenn die Möglichkeit der umfassenden gerichtlichen Kontrolle gewährleistet ist, nicht feststellen.

12

Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG enthalten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Dezember 1958 - 1 BvL 27/55 - BVerfGE 8, 332 <342 f.> und vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <232>; Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <281 f.>; Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <219>; zuletzt Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 33). Nicht jede Regelung des Beamtenrechts, die sich als hergebracht erweist, wird von der institutionellen Garantie erfasst. Bezugspunkt des Art. 33 Abs. 5 GG ist nicht das gewachsene Berufsbeamtenrecht, sondern das Berufsbeamtentum. Geschützt sind daher nur diejenigen Regelungen, die das Bild des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt maßgeblich prägen, sodass ihre Beseitigung auch das Wesen des Berufsbeamtentums antasten würde. Dies ergibt sich bereits aus dem Wesen einer Einrichtungsgarantie, deren Sinn gerade darin liegt, den Kernbestand der Strukturprinzipien - mithin die Grundsätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass damit zugleich die Einrichtung selbst in ihrem Charakter grundlegend verändert würde - dem gestaltenden Gesetzgeber verbindlich als Rahmen vorzugeben (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 34).

13

Der Nachweis eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums erfordert danach zumindest zwei Begründungsschritte: Der Grundsatz muss zum Kernbestand der Strukturprinzipien gehören, die allgemein oder doch ganz überwiegend (- Raummoment -) während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, also bis zum 30. Januar 1933, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (- Zeitmoment -). Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung von § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG BW ist zusätzlich die landesgesetzliche Vorgabe zu berücksichtigen, dass eine Verfügung, mit der gegenüber einem Beamten disziplinare Höchstmaßnahmen verhängt werden, nicht allein vom jeweiligen Dienstvorgesetzten ausgesprochen werden darf, sondern der Zustimmung der höheren Disziplinarbehörde bedarf.

14

a) Der Revision ist einzuräumen, dass es durchaus Gründe gibt, die Zweifel an der Verfassungskonformität von § 38 Abs. 1 LDG BW begründen können.

15

Ob man solchen Zweifeln näher tritt, hängt davon ab, welchen Rechtsstandpunkt man bei verschiedenen Fragestellungen im Prüfungsgang, ob ein hergebrachter Grundsatz i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG vorliegt, jeweils einnimmt. Dies beginnt bereits bei der Identifizierung und Definition der Rechtsregel, deren Herausbildung und Geltung als "verbindlich anerkannter und gewahrter" Grundsatz im traditionsbildenden Zeitraum es zu untersuchen gilt. Dies setzt sich fort in der Bewertung des rechtshistorischen Befundes zur Rechtslage im traditionsbildenden Zeitraum sowie im Verständnis einzelner Merkmale der oben dargestellten Maßstabsformel des Bundesverfassungsgerichts. Der Senat zollt dem Rechnung, indem er diesen Aspekten, die auch im Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung eingehend thematisiert und in verschiedener Richtung hinterfragt wurden, an dieser Stelle Raum gibt. Jedoch veranlassen sie ihn aus den später (unter b) darzustellenden Gründen nicht im Sinne der gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG erforderlichen Überzeugungsgewissheit zu einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht.

16

Für einen Verstoß gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG spricht, dass sich im traditionsbildenden Zeitraum die Rechtsregel entwickelt hat, dass eine disziplinarrechtliche Dienstentfernung von Beamten nicht allein durch den Dienstvorgesetzten verfügt werden konnte, sondern durch ein Kollegium erfolgte.

17

aa) Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG BW kann die disziplinarrechtliche Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch den Dienstvorgesetzten (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 4 Satz 1 Nr. 3 LDG BW) - zum Teil allein und zum Teil nach Zustimmung der höheren Disziplinarbehörde (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LDG BW) bzw. nach Vorlage bei der Rechtsaufsichtsbehörde (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LDG BW) - verfügt werden. Diese Anordnung einer eigenständigen und unmittelbaren Disziplinarbefugnis auch für statusberührende Maßnahmen steht teilweise im Spannungsverhältnis zu der erwähnten Rechtsregel.

18

In der geschichtlichen Entwicklung des Berufsbeamtentums hat sich, ausgehend von der sog. Hofratsliteratur und der hierauf gründenden Rechtsprechung des Reichskammergerichts (vgl. hierzu Behnke, ZBR 1963, 257 <264 ff.>; Krause, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 281 ff.; Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, 1986, S. 19 f.), schrittweise die Rechtsregel herausgebildet, dass eine Dienstentfernung von Beamten aus disziplinarrechtlichen Gründen zum Schutz vor Dienstherrnwillkür und im Interesse der unabhängigen Amtsführung erstens nicht allein und unmittelbar vom Dienstvorgesetzten selbst und zweitens nur aus hinreichenden, gesetzlich geregelten Gründen verfügt werden kann. Maßstabsbildender Grundsatz war dabei von Anfang an, dem Dienstvorgesetzten die Disziplinarbefugnis von vornherein zu entziehen (vgl. Weiß, in: GKÖD, Stand: Januar 2016, M § 45 Rn. 41). Aus diesem besonderen Entlassungsschutz für die Berufsbeamten ist das Lebenszeitprinzip abgeleitet und begründet worden. Diese Entwicklung hat ihren Schlussstein später dadurch erfahren, dass die zur Entscheidung über eine disziplinarrechtliche Entfernung aus dem Beamtenverhältnis berufenen Kollegialorgane als echte Gerichtsspruchkörper ausgestaltet worden sind.

19

Der Grundsatz, dass die Entlassung nicht allein durch den Entlassenden selbst verfügt werden darf, ist in der Praxis zunächst durch das Reichskammergericht etabliert worden. Bereits dieses hatte eine gefestigte Rechtsprechung zum Entlassungsschutz entwickelt, nach der die Entlassung nicht durch den Entlassenden selbst verfügt und durch eine rechtliche Untersuchung nachgewiesen worden sein musste (vgl. Krause, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 289 ff.).

20

Die Beschränkung der unmittelbaren Disziplinargewalt des Dienstherrn für statusberührende Maßnahmen hat nachfolgend auch Eingang in die normative Beamtengesetzgebung gefunden. Nachdem dem Kaiser im Jahr 1790 durch Art. 24 § 10 der Kaiserlichen Wahlkapitulationen bereits verboten worden war, Reichshofräte ohne vorheriges Gerichtsverfahren und eine gerichtliche Entscheidung ihres Dienstes zu entsetzen (vgl. Krause, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 297), findet sich die allgemeine Anordnung des Ausschlusses einer "administrativen Entlassung" durch den Entlassenden selbst erstmals in § 98 des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794. Dort heißt es: "Kein Vorgesetzter oder Departements-Chef kann einen Civilbedienten, wider seinen Willen, einseitig entsetzen oder verabschieden".

21

Die weitergehende Beschränkung des von Suarez verfassten Entwurfs auf förmliche Verfahren mit abschließendem Urteil ist damals zwar noch am Widerspruch des Königs gescheitert (vgl. Behnke, ZBR 1963, 257 <269>). Das Erfordernis des "Urtheilsspruches eines JustizKollegiums" findet sich normativ daher erstmals in Art. VIII der Bayerischen Hauptlandespragmatik von 1805 (RBl. Sp. 225; vgl. hierzu Wunder, ZBR 2005, 2 ff.). Der Entzug der unmittelbaren und eigenständigen Disziplinargewalt für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch den entlassenden Dienstherrn selbst ist aber bereits im Preußischen Allgemeinen Landrecht angelegt.

22

Der erwähnte Grundsatz hat sich nachfolgend in allen Staaten etabliert. Dies gilt generell, gerade aber auch für Preußen, das für die Entwicklung des Berufsbeamtentums nicht nur im Hinblick auf seine Größe und Bedeutung im Reich eine herausragende Stellung einnimmt, sondern auch materiell als Leitbild der Staatsorganisation die Entwicklung aller deutschen Staaten prägte (vgl. zum Vorbildcharakter Preußens für die Entwicklung des Berufsbeamtentums etwa Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, 2. Aufl. 1993, S. 229; zur Prägung der Beamtengesetzgebung im Reich: Günther, DÖV 2007, 357 <359>).

23

Bereits durch §§ 99 f. des Preußischen Allgemeinen Landrechts war die "Verabschiedung" eines Beamten der mehrheitlichen Entscheidung des Staatsrathes überantwortet worden. Mit § 28 des Preußischen Disziplinargesetzes vom 29. März 1844 (GS S. 77) ist die Entscheidung über die Entfernung aus dem Amt dem "kollegialischen Beschluss" der Provinzialbehörden unterstellt worden, die hierbei unabhängig und "ohne an positive Beweisregeln gebunden zu seyn, nach ihrer aus dem ganzen Inbegriff der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu beurtheilen [hatten], in wie weit die Beschuldigungen für gegründet zu achten sind". Der zuständige Verwaltungs-Chef war dabei grundsätzlich nur zur Milderung des getroffenen Beschlusses befugt (§ 30). An dieser Konzeption der Überantwortung der Disziplinarbefugnis für statusberührende Maßnahmen auf eigenständige Kollegialorgane hielten nachfolgend auch die Preußische Verordnung betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten vom 11. Juli 1849 (GS S. 271) und das Preußische Disziplinargesetz vom 21. Juli 1852 (GS S. 465) fest. Während die Befugnis zu Warnungen und Verweisen dem Dienstvorgesetzten zugesprochen war (§ 18 des Preußischen Disziplinargesetzes 1852), konnte die Entfernung aus dem Amt nur aufgrund eines förmlichen Disziplinarverfahrens und einer mündlichen Verhandlung durch hierzu berufene Disziplinarspruchkörper ausgesprochen werden (§ 24 des Preußischen Disziplinargesetzes 1852). Seit der (als Gesetz erlassenen) Preußischen Beamtendienststrafordnung vom 27. Januar 1932 (GS S. 59) ist die Verhängung statusberührender Disziplinarmaßnahmen sogar echten Dienststrafgerichten vorbehalten, die ihre Tätigkeit nach § 32 ausdrücklich in richterlicher Unabhängigkeit ausüben.

24

Ein derartiger Richtervorbehalt ist im traditionsbildenden Zeitraum auch in der ganz überwiegenden Zahl der anderen Staaten des Reichs für einzelne Beamtengruppen etabliert worden (vgl. neben der bereits benannten Regelung in Art. VIII der Bayerischen Hauptlandespragmatik vom 1. Januar 1805 etwa § 43 des Zivil-Staatsdiener-Gesetzes für die Herzogthümer Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen vom 10. April 1850 , § 60 des Braunschweigischen Gesetzes über den Civil-Staats-Dienst vom 12. Oktober 1832 , Art. 11 des Hessisch-Homburgischen Staatsdienergesetzes vom 26. Oktober 1849 , § 53 des Kurhessischen Staatsdienstgesetzes vom 8. März 1831 , § 55 des Lippischen Gesetzes über den Staatsdienst vom 15. Januar 1850 , Art. 78 des Oldenburgischen Civilstaatsdienergesetzes vom 26. März 1855 , § 50 des Civil-Staatsdienst-Gesetzes Sachsen-Coburg-Gotha vom 3. Mai 1852 , § 33 des Gesetzes über den Staatsdienst von Sachsen-Gotha vom 25. März 1849 , § 46 des Gesetzes über den Civil-Staatsdienst von Sachsen-Weimar-Eisenach vom 8. März 1850 , § 64 Schaumburg-Lippisches Civilstaatsdienstgesetz vom 8. März 1872 , § 46 des Gesetzes über den Civil-Staatsdienst von Schwarzburg-Rudolstadt vom 1. Mai 1850 , § 54 Waldeckisches Gesetz über den Staatsdienst vom 27. April 1850 ). Auch in den anderen Territorien des Reichs war flächendeckend und ausnahmslos jedenfalls anerkannt, dass nicht der entlassende Dienstvorgesetzte selbst und unmittelbar eine statusberührende Disziplinarmaßnahme verfügen kann.

25

Dies gilt in besonderer Weise für das Reich, in dem bereits mit dem Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873 (RGBl. S. 61) Disziplinarspruchkörper eingerichtet worden sind (§ 86). Dass damit eine bewusste Abkehr von der unmittelbar administrativen Entlassbarkeit der Beamten bezweckt war, folgt nicht nur aus der Entstehungsgeschichte. Es ergibt sich vielmehr aus dem im Gesetz selbst angeordneten System der Zuständigkeitsbestimmungen. Während Warnungen und Verweise vom Dienstvorgesetzten ausgesprochen werden dürfen (§ 80) und Geldstrafen in der Anordnungsgewalt der obersten Reichsbehörde stehen (§ 81), liegt die Entscheidung über die Entfernung in der Hand unabhängiger Disziplinarbehörden (§ 84). Die Intention, mit diesen Spruchkörpern eine neutrale Instanz und nicht den entlassenden Dienstvorgesetzten selbst mit der Entscheidungsgewalt zu betrauen, wird an der in § 90 RBG ausdrücklich (und nur für diese Fälle) vorgesehenen Befangenheitsrüge deutlich sichtbar. Ist die Unbefangenheit nicht sichergestellt, darf die Disziplinarkammer nicht entscheiden. Damit ist eine eigenständige Entscheidungsbefugnis des Dienstvorgesetzten "als Partei" im Ansatz nicht vereinbar.

26

An dieser Begrenzung der unmittelbaren Disziplinargewalt des Dienstvorgesetzten für statusberührende Maßnahmen ist selbst unter der Geltung des Gesetzes über die Pflichten der Beamten zum Schutze der Republik vom 21. Juli 1922 (sog. Republikschutzgesetzgebung) festgehalten worden, das angesichts seiner besonderen Zweckgebundenheit schwerwiegende Einschnitte in die Rechtsstellung der Beamten enthielt und für die Entwicklung des Berufsbeamtentums keine dauerhafte Prägekraft entfaltet hat (dies zeigt sich etwa an der Einschränkung des Grundsatzes auf amtsangemessene Beschäftigung durch einstweilige Versetzung in den Ruhestand in Art. III des Gesetzes). Auch hier ist die Disziplinarbefugnis für statusberührende Maßnahmen nicht der unmittelbaren Anordnungsgewalt des entlassenden Dienstvorgesetzten unterstellt, sondern an der Konzeption der Entscheidung durch unabhängige Disziplinarkammern und -höfe festgehalten worden (Art. I § 10b des Gesetzes). Einen "Rückschritt" stellt die Republikschutzgesetzgebung lediglich insoweit dar, als die Spruchkörper nicht mehr mehrheitlich aus berufsrichterlichen Mitgliedern bestanden, was für die hier beschriebene Rechtsregel indes irrelevant ist.

27

Die Regel, dass die Befugnis zur disziplinarrechtlichen Dienstentfernung dem alleinigen "administrativen" Anordnungsrecht des Dienstvorgesetzten von vornherein entzogen ist, war bis zur Ablösung der Weimarer Reichsverfassung daher in deren gesamten räumlichen Anwendungsbereich allgemein anerkannt.

28

bb) Durch den Entzug der unmittelbaren Disziplinargewalt für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist die lebenslängliche Anstellung wirksam gesichert und die unabhängige Amtsführung gegen willkürliche Anordnungen Vorgesetzter geschützt. Gerade dieser besondere Entlassungsschutz unterscheidet das öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnis von einer zivilrechtlichen Beschäftigung in ihrem Kern (vgl. Zängl, in: FS Fürst, 2002, S. 447 <461>).

29

Auch wenn die Ausgestaltung der zur Entscheidung im förmlichen Disziplinarverfahren berufenen Kollegialorgane in den Gesetzen der einzelnen Reichsterritorien im traditionsbildenden Zeitraum teilweise unterschiedlich geprägt war, liegt ihnen angesichts der historischen Entwicklung erkennbar das einheitliche Prinzip zugrunde, dem entlassenden Dienstvorgesetzten die Befugnis zum unmittelbaren Ausspruch einer Dienstentfernung im administrativen Wege von vornherein zu entziehen. Diese Intention ist in der Begründung des Entwurfs des Reichskanzlers von Bismarck vom 8. April 1872 zum Erlass des Reichsbeamtengesetzes (Deutscher Reichstag, 1. Legislatur-Periode, III. Sektion 1872 No. 9, S. 43) auch ausdrücklich und mustergültig formuliert: "Die Entscheidung über die gegen den Beamten erhobenen Anschuldigungen wird somit nicht in die Hand der Dienstvorgesetzten gelegt, sondern besonderen, völlig unbefangenen Kollegien überlassen."

30

Die Unentziehbarkeit des Beamtenverhältnisses ist von Beginn an als "eine der wichtigsten von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Regeln des Beamtenrechts" qualifiziert worden (BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1958 - 1 BvL 27/55 - BVerfGE 8, 332 <352 f.>). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht Gefährdungen der unabhängigen Amtsführung insbesondere in der Entscheidungsbefugnis "politischer Gremien" über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verortet (BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1957 - 1 BvL 1/57 - BVerfGE 7, 155 <163>; ähnlich auch Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <260>). An dieser unmittelbaren Rückkopplung von Amtsführung und Unabhängigkeit hat das Bundesverfassungsgericht stets festgehalten, zuletzt etwa im Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - (NVwZ 2016, 682 Rn. 39): "Der mit dem Lebenszeitverhältnis gewährten Unentziehbarkeit des statusrechtlichen Amts kommt grundlegende Bedeutung zu, weil sie dem Beamten gerade bei der Ausübung des übertragenen Amts die im Interesse seiner Bindung an Gesetz und Recht erforderliche Unabhängigkeit sichert."

31

cc) Die Begrenzung der unmittelbaren Disziplinargewalt des Dienstvorgesetzten für statusberührende Maßnahmen ist eine Ausprägung des Lebenszeitgrundsatzes für das Beamtendisziplinarrecht. Sie stellt den Beamten von vornherein von der Befürchtung frei, dass ein Beharren auf gesetzmäßiger und nicht im Partikularinteresse einflussreicher Kreise liegender Amtsführung zu Willkürmaßnahmen seiner Vorgesetzten führt.

32

b) All diese Aspekte geben dem Senat indes nicht die erforderliche Überzeugungsgewissheit, die er gewinnen müsste, um das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Der Senat ist aufgrund der Variationsbreite der im traditionsbildenden Zeitraum bestehenden Regelungen aus den nachfolgend dargestellten Gründen der Ansicht, dass keine dem § 38 Abs. 1 LDG BW entgegenstehende Rechtsregel im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG besteht. Dabei geht der Senat bereits von einer anderen zu überprüfenden Rechtsregel aus als der obige Ansatz. Darüber hinaus gelangt er auch bei der Bewertung des rechtshistorischen Befundes und weiteren Fragestellungen zu einer anderen Beurteilung als die Revision. Im Einzelnen:

33

Im traditionsbildenden Zeitraum lässt sich weder ein Richtervorbehalt für die disziplinare Entfernung eines Beamten aus dem Dienstverhältnis nachweisen noch widerspricht eine Entlassung im Disziplinarverfahren aufgrund einer Verfügung bei umfassendem gerichtlichen Rechtsschutz dem Lebenszeitprinzip. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat das Lebenszeitprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG die Funktion, die Unabhängigkeit der Beamten im Interesse einer rechtsstaatlichen Verwaltung zu gewährleisten (BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <221> m.w.N.). Dazu gehört, dass der Beamte nicht willkürlich oder nach freiem Ermessen politischer Gremien aus seinem Amt entfernt werden darf, denn damit entfiele seine persönliche Unabhängigkeit (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 38). Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass disziplinare Höchstmaßnahmen nur aufgrund und im Rahmen von gesetzlich geordneten Verfahren verfügt werden dürfen und den betroffenen Beamten gegen diese Disziplinarverfügungen effektiver Rechtsschutz zur Seite steht. Ein disziplinarrechtlich weitergehender Inhalt lässt sich auch dem Lebenszeitprinzip nicht entnehmen.

34

Die Entscheidung über die Entfernung eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis wegen eines Dienstvergehens war während des traditionsbildenden Zeitraums ganz verschiedenen Organen übertragen. Diese Funktion nahmen teils Gerichte war, teils besondere Verwaltungsgerichte, aber auch Verwaltungsbehörden, gegen deren Entscheidung mitunter die Beschreitung des Rechtswegs nachgelassen war, und schließlich auch besondere Disziplinarbehörden, die sich meist aus richterlichen Mitgliedern und Verwaltungsbeamten zusammensetzten, aber auch aus anderen Mitgliedern, etwa Bevollmächtigten des Reichsrats, deren Entscheidungen keiner gerichtlichen Kontrolle unterworfen waren.

35

Die oftmals kollegiale Organisation der besonderen Disziplinarbehörden ändert im Ergebnis nichts daran, dass es sich bei ihnen um Stellen öffentlicher Verwaltung handelte, deren Entscheidungen im Ergebnis exekutiven Charakter hatten. Sie agierten weder unabhängig noch kam ihren Entscheidungen allgemein oder doch ganz überwiegend letztverbindlicher Charakter zu.

36

aa) Die historische Entwicklung in den Ländern nahm ihren kodifizierten Anfang mit dem Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten (PrALR) von 1794 (zitiert nach Hattenhauer , Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, 2. Aufl. 1994). Für das Disziplinarrecht bedeutsam waren die Regelungen im Zweiten Teil, Zehnter Titel des PrALR: "Von den Rechten und Pflichten der Diener des Staats". Dort bestimmte § 98, dass "kein Vorgesetzter oder Departements-Chef einen Civilbedienten, wider seinen Willen, einseitig entsetzen oder verabschieden" kann. Der Beamte war vor seiner Entsetzung zu hören und "die Sache zum Vortrage im versammelten Staatsrathe [zu] befördern" (§ 99), bei dessen mehrheitlicher Beschlussfassung es sein Bewenden hatte (§ 100). Der Staatsrat bestand aus den Prinzen des regierenden Hauses, dem Staatskanzler, den Ministern und anderen vom Monarchen ernannten Mitgliedern (vgl. Meyer/Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, 7. Aufl. 1919, S. 404 f. m.w.N.). Bei "Bedienungen", die der Landesherr selbst "bestallte", war "ein auf Entsetzung oder Entlassung ausgefallener Beschluss des Staatsraths jedesmal dem Landesherrn zur unmittelbaren Prüfung und Bestätigung" vorzulegen (§ 101). Andere Gremien waren nicht zu befassen, einen Rechtszug auch im weiteren Sinne gab es nicht.

37

Die Bayerische Hauptlandespragmatik vom 1. Januar 1805 (RBl. Sp. 225), die allerdings nur für "pragmatische Staatsdiener", vergleichbar den Beamten des heutigen höheren Dienstes, galt, sah den "Verlust des dienerschaftlichen Standes (Kassation) nur nach vorhergegangener richterlicher Untersuchung" vor (Art. VIII, vgl. näher Wunder, ZBR 2005, 2 <12>). Außer im Falle eines richterlichen Spruches, hatten der einmal verliehene "Dienerstand und das Standesgehalt die unverletzliche Natur der Perpetuität" (Art. X).

38

Demgegenüber entschied nach § 14 Abs. 1 Badisches Civilstaatsdieneredikt vom 30. Januar 1819 (StRBl. S. 11) über die "Dienstentlassung und Versetzung" unwiderruflich angestellter Diener "in deterius" das Großherzogliche Staatsministerium auf administrativem Weg. Die Württembergische Verfassungsurkunde vom 15. September 1819 (StRBl. S. 634) gab in ihren §§ 46 und 47 vor, dass Staatsdiener, die ein Richteramt bekleideten, nur durch Richterspruch aus dem Dienst entfernt werden dürften, während bei den anderen Staatsdienern ein Richtervorbehalt nur dann zum Tragen kam, "wenn die Entfernung wegen Verbrechen oder gemeiner Vergehen geschehen soll". Andere Länder regelten die disziplinare Entfernung von Beamten entweder judikativ (z.B. § 60 Braunschweigisches Gesetz über den Civil-Staats-Dienst vom 12. Oktober 1832, GVS S. 331, § 43 Zivil-Staatsdienergesetz für die Herzogtümer Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen vom 10. April 1850, GS. S. 1747), administrativ (z.B. § 25 Sächsisches Civilstaatsdienergesetz vom 7. März 1835, GVBl. S. 169, § 58 Hannoverisches Staatsdienergesetz vom 8. Mai 1852, GS I S. 97) oder gemischt administrativ und judikativ (z.B. Art. 11 und 12 des Hessisch-Homburgischen Staatsdienergesetzes vom 26. Oktober 1849, RBl. S. 85 für höhere Staatsdiener nur durch gerichtliches Urteil und für Staatsbedienstete niederen Ranges im Verwaltungswege).

39

Zu ersten speziellen Disziplinargesetzen kam es ab dem Jahr 1844 in Preußen. Generell kennzeichnend war hier, dass diese Gesetze die Zuständigkeit zur Führung förmlicher Disziplinarverfahren der jeweiligen Anstellungskörperschaft übertrugen. So entschieden nach § 28 des Preußischen Disziplinargesetzes vom 29. März 1844 (PrGS S. 77) "Provinzial-Behörden" und deren "Verwaltungs-Chefs" über die Entfernung eines der bei ihnen angestellten nicht richterlichen Beamten aus dem Amt.

40

Mit der "Verordnung, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten, die Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand" vom 11. Juli 1849 (PrGS S. 271) errichtete Preußen den "Disziplinarhof zu Berlin" und die Provinzialbehörden als besondere Disziplinarbehörden. Die Zuständigkeit bestimmte sich allein nach der durch die Anstellung begründeten Amtsstellung. Für vom König oder von den Ministern ernannte oder bestätigte Beamte war der Disziplinarhof zuständig, während die Provinzialbehörden - die eine Vielzahl von Einrichtungen umfassten (Regierungen, Provinzial-Schulkollegien, Provinzial-Steuerdirektionen, Ober-Bergämter) - für die jeweils von ihnen angestellten Beamten besondere Disziplinarbehörden erster Instanz waren (§ 26). War die personelle Zusammensetzung der Provinzialbehörden als Disziplinarbehörden zunächst gesetzlich nicht näher geregelt, bestimmte § 31 dieser Verordnung, dass der Disziplinarhof aus einem Präsidenten und zehn anderen Mitgliedern bestand, von denen wenigstens vier zu den Mitgliedern der beiden obersten Gerichtshöfe gehören mussten. Ihm kam allerdings keine letztverbindliche Entscheidungskompetenz zu. Denn gegen die Entscheidung des Disziplinarhofs konnten die Beteiligten Berufung zum Staatsministerium erheben (§ 45). Über Entscheidungen des Disziplinarhofs befand mit dem Preußischen Staatsministerium eine Behörde, so dass die letztverbindliche Entscheidungskompetenz allein exekutiven Charakter hatte. Für den Fall, dass das Staatsministerium die Entfernung aus dem Amt aussprach, bedurfte dieser Ausspruch zudem der Bestätigung des Königs, wenn der Beamte vom König ernannt oder bestätigt worden war (§ 51). Das Staatsministerium stand an der Spitze der Staatsverwaltung und setzte sich aus den jeweils bestehenden Ministerien - in Preußen bis 1848: Staatskanzler/Präsident des Staatsministeriums als Ministerpräsident, Krieg, Inneres, Finanzen, Justiz, Äußeres und ab 1848 zusätzlich: Geistliche-, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, Landwirtschaft, Domänen und Forsten sowie Handel und Gewerbe - zusammen (siehe näher Meyer/Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, 7. Aufl. 1919, S. 402 f.).

41

Das Preußische Disziplinargesetz vom 21. Juli 1852 (PrGS S. 465, vgl. dort die §§ 24, 29, 41 und 47) löste die für die einschlägigen Bestimmungen inhaltsgleiche Preußische Beamten-Disziplinar-Verordnung vom 11. Juli 1849 (vgl. dort die §§ 26, 31, 45 und 51) ab. Der Disziplinarhof zu Berlin und die Provinzialbehörden blieben als Disziplinarbehörden erhalten. In den Disziplinarverfahren wurde zwar mündlich verhandelt, die Verhandlungen fanden aber gemäß § 35 Abs. 1 PrDiszG 1852 in nicht öffentlicher Sitzung - also geheim - statt. An der abschließenden Zuständigkeit des Preußischen Staatsministeriums änderte sich nichts (§ 41).

42

Besondere Zuständigkeiten bestanden in Preußen für die Durchführung von Disziplinarverfahren gegen Beamte des mittleren und unteren Dienstes bei den Gerichten und für Beamte der Selbstverwaltungskörperschaften. Für die "Büreau- und Unterbeamten bei den Gerichten" war "die entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz [...] das Appellationsgericht, und zwar in derjenigen Abtheilung, in welcher der Erste Präsident gewöhnlich den Vorsitz führt" (§ 64 Nr. 2 PrDiszG 1852). Dagegen sah § 78 PrDiszG 1852 für Gemeindebeamte, die weder vom König noch von der Bezirksregierung oder deren Präsidenten ernannt oder bestätigt wurden, zunächst vor, dass die Akten nach geschlossener Voruntersuchung dem Präsident der Bezirksregierung übersandt werden. Für gegen gewählte Mitglieder der Kreis- und Stadtausschüsse zu führende förmliche Disziplinarverfahren bestimmte hingegen § 39 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (PrGS S. 195) den Bezirksausschuss als entscheidende Behörde erster Instanz und das Plenum des Oberverwaltungsgerichts als entscheidende Behörde zweiter Instanz. Wieder anders gestaltete sich das förmliche Disziplinarverfahren, wenn es um Dienstvergehen der Beamten der Landes-Versicherungsanstalten ging. Nach § 3 des Gesetzes betreffend die Dienstvergehen der Beamten der Landes-Versicherungsanstalten vom 17. Juni 1900 (PrGS S. 251) trat in dem auf die Entfernung aus dem Amt gerichteten Disziplinarverfahren als Entscheider an die Stelle des Regierungspräsidenten der Vorsitzende des Vorstands der Versicherungsanstalt, an die Stelle der Bezirksregierung und des Disziplinarhofs der Bezirksausschuss und an die Stelle des Staatsministeriums das Oberverwaltungsgericht. Die sich daraus ergebende Vielfältigkeit der Zuständigkeiten war Gegenstand kritischer fachwissenschaftlicher Erörterung (vgl. Sendel, Gesetz vom 21. Juli 1852 betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten, die Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand und seine Ergänzungen, 2. Aufl. 1894, S. 19 ff.; Brand, Das Beamtenrecht, 3. Aufl. 1928, S. 776 ff.).

43

Erst Art. 6 des Kriegsgesetzes zur Vereinfachung der Verwaltung vom 13. Mai 1918 (PrGS S. 53) reformierte das Preußische Disziplinargesetz aus dem Jahr 1852 partiell. Die Regierungskollegien bei den Provinzialbehörden führten bis dahin Disziplinarverfahren in Plenarversammlungen unter Vorsitz des Regierungspräsidenten durch. Bei großen Regierungen erwies sich dies zunehmend als übergroßes Kollegium, das zur ordnungsgemäßen Verhandlung, Beratung und Entscheidung ungeeignet war (vgl. anschaulich Brand, in: Der Schulverband, 1929, S. 203 <205>). Deshalb bestimmte der 1918 neu eingefügte Satz 2 des § 24 Abs. 2 PrDiszG, dass, soweit die Regierung als entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz in Betracht kam, das Disziplinargericht aus sieben Mitgliedern bestand. Diese Mitglieder setzten sich wie folgt zusammen: der Regierungspräsident als Vorsitzender, der Oberregierungsrat oder sonstige Leiter des Geschäftsbereichs, zu dem der Angeschuldigte gehörte, und fünf weitere Mitglieder. Die weiteren Mitglieder bestimmte der Regierungspräsident für die verschiedenen Beamtenklassen besonders aus der Zahl der Regierungsmitglieder. Dies belegt den exekutiven Charakter dieser besonderen Disziplinarbehörde. Den Vorsitz im Gremium führte der Regierungspräsident als Dienstvorgesetzter, hinzu kamen mit dem Leiter des Geschäftsbereichs der Fachvorgesetzte sowie fünf weitere Beamte, die alle dem Vorsitzenden unterstanden. Dies macht die bereits früher vertretene wissenschaftliche Äußerung verständlich, wonach über Dienstvergehen eines Beamten regelmäßig der Vorgesetzte entscheiden sollte (vgl. von Rheinbaben, Die preußischen Disziplinargesetze, Berlin 1904, § 24 DiszG S. 169).

44

Die Verordnung vom 18. Februar 1919 (PrGS S. 19) brachte in Bezug auf das Rechtsmittel der Berufung gegen disziplinarische Entscheidungen nur eine geringfügige Verbesserung. In denjenigen Fällen, in denen der Disziplinarhof nicht bereits in erster Instanz geurteilt hatte, war er für das Rechtsmittel der Berufung zuständig. Dies betraf jedoch nicht die höheren unmittelbaren Staatsbeamten. Für sie blieb das Preußische Staatsministerium, d.h. die Gesamtheit der preußischen Minister, letzte Disziplinarinstanz, wobei vor dem Staatsministerium nicht einmal eine mündliche Verhandlung vorgesehen war (Brand, Der Schulverband, 1929, S. 203 <206>).

45

bb) Im deutschen Gesamtstaat des Kaiserreichs enthielt das Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten von 31. März 1873 (RGBl. S. 61, RBG) die ersten disziplinarrechtlichen Regelungen. Im förmlichen Disziplinarverfahren waren zwei Disziplinarbehörden als Reichsbehörden zur Entscheidung über die Entfernung eines Beamten aus dem Amt berufen (vgl. Kanngiesser, Das Recht der Deutschen Reichs-Beamten, Reichs-Gesetze mit Erläuterungen, Band 3, 1874, § 86 RBG II. 2. ). Es handelte sich gemäß den §§ 84 und 86 RBG um die Disziplinarkammer in erster Instanz und den Disziplinarhof in zweiter Instanz. Die Disziplinarkammern bestanden aus sieben Mitgliedern, von denen der Präsident und wenigstens drei andere Mitglieder in richterlicher Stellung in einem Bundesstaate sein mussten (§ 89 Abs. 1 RBG). In dem aus elf Mitgliedern zusammengesetzten Disziplinarhof fanden sich wenigstens vier Bevollmächtigte des "Bundesrathes", während der Präsident und wenigstens fünf weitere Mitglieder zu den Mitgliedern des Reichs-Oberhandelsgerichts gehören mussten (§ 91 Abs. 1 RBG). Bei der gemäß § 103 RBG öffentlich geführten mündlichen Verhandlung und Entscheidung befanden sich die richterlichen Mitglieder der Disziplinarbehörden jeweils in der Mehrheit (§ 89 Abs. 2 und § 91 Abs. 2 RBG).

46

Die Motive zum Gesetzentwurf (Deutscher Reichstag Drucksache 1. Legislatur-Periode, III. Sektion 1872, No. 9 S. 40) nannten zwei Gesichtspunkte, die für die disziplinare Entfernung eines Beamten aus dem Amt maßgeblich sein sollten: der Schutz des Beamten gegen Willkür und die Möglichkeit der Entfernung wegen Unwürdigkeit. Während in einigen Territorien die Entsetzung eines Beamten nur von Gerichten ausgesprochen werden durfte (Bayern, Braunschweig und Hessen), wurde in anderen Staaten (Preußen, Sachsen und Österreich) über die Entsetzung im Wege der Verwaltungsjustiz entschieden. Zur Begründung des Gesetzentwurfes zum Reichsbeamtengesetz hieß es etwas widersprüchlich einerseits, dass sich der Entwurf "dem Beispiele des Preußischen Rechts" anschließt (a.a.O. S. 40), während andererseits zugleich darauf hingewiesen wurde, "die Entscheidung über die gegen den Beamten erhobene Anschuldigung nicht in die Hand des Dienstvorgesetzten zu legen, sondern besonderen, völlig unbefangenen Kollegien zu überlassen" (a.a.O. S. 43).

47

Bei den angesprochenen Kollegien - den Disziplinarkammern und dem Disziplinarhof - handelte es sich in der heutigen Terminologie um "gemischte Gremien" (BVerfG, Urteil vom 8. Februar 2001 - 2 BvF 1/00 - BVerfGE 103, 111 <139>) oder "gerichtsähnliche Spruchkörper der Exekutive" (Weiß, in: Fürst u.a. GKÖD, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, M § 45 Rn. 46). Auch wenn diese Kollegien vereinzelte gerichtsähnliche Verfahrensbestimmungen - etwa die Befangenheitsrüge nach § 90 RBG - kannten, wäre es indes verfehlt, ihnen Unabhängigkeit zu bescheinigen. Denn bei diesen nicht ständigen Kollegien handelte es sich um Reichsbehörden. Ihre Mitglieder wurden aus den Landesbeamten gewählt und bekleideten "das Reichsamt des Kaiserlichen Disziplinar-Richters" als "Nebenamt" (Kanngiesser, Das Recht der Deutschen Reichs-Beamten, Reichs-Gesetze mit Erläuterungen, Band 3, 1874, § 86 RBG II. 2. S. 178 f.; Kanngiesser beschrieb "diese wandernden Gerichte" denn auch als einen "Uebelstand", der zur Zeit nicht zu vermeiden sei, a.a.O. S. 179).

48

cc) Für die Weimarer Zeit ist für die Frage, ob es eine allgemeine Regel des Inhalts gab, dass die Ahndung eines Dienstvergehens eines Beamten stets einem Gremium vorbehalten war, das gegenüber der exekutiven Gewalt des Dienstherrn durch die gesetzlich bestimmte Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit geprägt war, zwischen den Ebenen der Verfassung und des einfachen Gesetzesrechts zu unterscheiden.

49

aaa) Die Reichsverfassung von Weimar vom 11. August 1919 (RGBl. S. 1383 - WRV -) bestimmte in ihrem Artikel 128 Abs. 3 nur, dass die Grundlagen des Beamtenverhältnisses - was auch diejenigen für die Beamten der Länder einschloss - durch Reichsgesetz zu regeln waren. Weiter sah Art. 129 Abs. 1 Satz 1 WRV vor, dass die Anstellung der Beamten auf Lebenszeit erfolgte, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt war. Die Bedeutung der lebzeitigen Anstellung unterstrich Art. 129 Abs. 2 WRV, der vorgab, dass die Beamten nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und Formen vorläufig ihres Amtes enthoben, einstweilen oder endgültig in den Ruhestand oder in ein anderes Amt mit geringerem Gehalt versetzt werden konnten.

50

Dagegen schrieb die Reichsverfassung für die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wegen eines Dienstvergehens die Entscheidung durch Gerichte oder andere Gremien nicht vor. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des Art. 129 Abs. 3 WRV und der Bedeutung, die dieser Norm beigemessen wurde. Die Vorschrift lautete: "Gegen jedes dienstliche Straferkenntnis muß ein Beschwerdeweg und die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens eröffnet sein." Diese Norm nahm die im gesamten Reichsgebiet bestehende breite Palette der Verfahrensarten bei der Entlassung eines Beamten wegen eines Dienstvergehens hin, ohne ihrerseits hinsichtlich des Verfahrens Vorgaben zu machen. Die Verfassung akzeptierte damit die bestehende Vielfalt der Verfahrensgestaltung und beschränkte sich darauf, gegen "jedes dienstliche Straferkenntnis" den Beschwerdeweg sowie die Möglichkeit des Wiederaufnahmeverfahrens zu eröffnen (Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, 7. Aufl. 1919, § 153, S. 628 f.). Die damalige Rechtsprechung verstand Art. 129 Abs. 3 Satz 1 WRV allerdings als "lediglich programmatische Bestimmung" (RG, Urteil vom 24. Februar 1928 - III 297/27 - JW 1928, 1289). Auch die damalige Literatur (vgl. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 3. Bearbeitung, 12. Aufl., 1930, Art. 129 Anm. 9; Gebhard, Handkommentar zur Verfassung des Deutschen Reichs, 1932, Art. 129 Anm. 8) beurteilte die Norm lediglich als Richtlinie für die Gesetzgebung, nicht aber als bindendes Recht.

51

Darüber hinaus lässt sich im Umkehrschluss aus Art. 104 Abs. 1 WRV, der für Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit - nicht aber für Richter der Verwaltungsgerichte oder für Beamte - einen Richtervorbehalt formulierte, herleiten, dass ein solcher für Beamte gerade nicht anerkannt war.

52

Auch die Preußische Verfassung von 1920 (PrGS 1920, Nr. 55, S. 543) enthielt keine näheren Vorgaben für die disziplinare Entfernung von Beamten aus dem Amt. Art. 79 Preußische Verfassung 1920 bestimmte nur, dass die Staatsbeamten wider ihren Willen nur unter den gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen und Formen entlassen, einstweilig oder endgültig in den Ruhestand oder in ein anderes Amt mit geringerem Gehalt versetzt werden konnten. Im Übrigen sah Art. 80 Preußische Verfassung 1920 vor, dass das Beamtenrecht im Rahmen des Reichsrechts durch Gesetz geregelt wird. Das staatspraktische Verständnis, wem letztverbindlich die Disziplinargewalt zustand, belegt folgende dem preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun im Jahre 1930 im Landtag zugeschriebene Äußerung: "Wenn die preußische Staatsregierung es für zweckmäßig gehalten haben würde, auch gegen Beamte, die lediglich unterzeichnet haben, vorzugehen und die Entscheidung der Disziplinargerichte anzurufen, dann hätte sie sich durch das Urteil des Staatsgerichtshofs keineswegs hindern lassen, denn die Disziplinargewalt steht dem preußischen Staatsministerium und nicht dem Staatsgerichtshof zu" (zitiert nach Sachse, Die Rechtskraft der Entscheidungen des Staatsgerichtshofs gegenüber Disziplinarbehörden und Disziplinargerichten, in Abraham , Zeitschrift für Beamtenrecht, Bd. 3, 1931, S. 153 und 166. Sitzung des preußischen Landtags vom 22. Mai 1930, Sitzungsbericht Sp. 14149, 14150).

53

bbb) Im einfachen Gesetzesrecht änderte das mit der nach Art. 76 WRV für Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Mehrheit zustande gekommene Gesetz über die Pflichten der Beamten zum Schutz der Republik vom 21. Juli 1922 (RGBI. I 1922 S. 590) u.a. das im Reichsbeamtengesetz kodifizierte beamtenrechtliche Disziplinarverfahrensrecht für die Reichsbeamten. Ziel des Gesetzes war es, die republikanischen Verfassungstreuepflichten der Beamten zu konkretisieren. Der Schutz der Reichsbeamten (sowie derjenige der Soldaten) gegen unsachliche Disziplinarerkenntnisse verschlechterte sich durch die neugefassten §§ 89, 91 und 93 RBG gleich dreifach: Weder in den Disziplinarkammern noch im Disziplinarhof mussten die berufsrichterlichen Mitglieder mehr überwiegen, die Mitglieder der Disziplinarkammern und des Disziplinarhofs wurden nur noch auf drei Jahre ernannt und die Amtsdauer der im Amt befindlichen Mitglieder, also auch der auf Lebenszeit ernannten, endete kraft Gesetzes mit dem 31. August 1922 (Jellinek, in: VVDStRL 1925, S. 8 <35>). Diese Neuorganisation veranlasste namhafte Stimmen der damaligen Staatsrechtslehre zu der zusammenfassenden Beurteilung, dass man dem um seinen Bestand ringenden Staat gewiss das Recht zu außerordentlichen Maßnahmen zubillige, dass aber auf die Dauer sich eine solche ausgesprochene oder unausgesprochene Politisierung der Disziplinargerichtsbarkeit nicht aufrechterhalten lassen werde (Jellinek, in VVDStRL 1925, S. 8 <35 f.>; Lassar, in: VVDStRL 1925, S. 81 <103>; Köttgen, Das deutsche Berufsbeamtentum und die parlamentarische Demokratie, 1928, S. 132 <133 f.>).

54

Im Folgenden legte die Reichsregierung dem damaligen Reichstag am 7. August 1925 den ersten Entwurf einer Reichsdienststrafordnung vor, die an die Stelle der §§ 72 bis 133 RBG treten sollte (RT-Drs. III/1474). Institutionell sah der Entwurf vor, die Reichsdienststrafkammern in erster Instanz und den Reichsdienststrafhof als Berufungsgericht als jeweils unabhängige und nur dem Gesetz unterworfene Dienststrafgerichte in Disziplinarsachen entscheiden zu lassen (§ 20 des Entwurfs). Der beim Reichsgericht ansässige Reichsdienststrafhof (§ 32 Abs. 1 des Entwurfs) sollte aufgrund öffentlicher Hauptverhandlung (§ 73 Abs. 1 des Entwurfs) jeweils mit drei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden und mit zwei Beamtenbeisitzern entscheiden (§ 32 Abs. 3 Satz 2 des Entwurfs). Des Weiteren forderte der Entwurf für alle dem Beschuldigten nachteiligen Entscheidungen analog § 263 Abs. 1 StPO eine Zweidrittelmehrheit der Zahl der gesetzlichen Stimmen (§ 78 Abs. 1 des Entwurfs). Zur Begründung des Gesetzentwurfes führte die Reichsregierung aus, gerade dieser Teil des Beamtenrechts bedürfe besonders dringlich der Erneuerung. Der Reichstag überwies den Entwurf an den Ausschuss für Beamtenangelegenheiten (14. Ausschuss), der einen Bericht dazu verfasste. Das Plenum des Reichstags kam indes nicht mehr dazu, das Gesetz zu verabschieden. Der Reichstag wurde aufgelöst und der Gesetzentwurf zu einer Reichsdienststrafordnung von dem Reichsminister des Innern (Az. I C 6610/26.3) erst wieder am 26. März 1931 dem Reichsrat erneut vorgelegt (RRat-Drs. Nr. 43, Tagung 1931). Der Reichsrat stimmte dem neuen Gesetzentwurf am 12. November 1931 zu. Der Entwurf blieb indes Entwurf, denn er wurde abermals nicht vom Reichstag beschlossen. Daran änderte sich bis zum faktischen Ende der Weimarer Republik am 30. Januar 1933 nichts. Für die Begründung eines hergebrachten Grundsatzes im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG sind diese Gesetzesinitiativen auf der Ebene des Reichs im Ergebnis unergiebig, weil es dafür allein auf die maßgebliche Gesetzeslage ankommt.

55

ccc) Die Rechtslage in Preußen entwickelte sich während der Weimarer Zeit zunächst zu der im Reich teilweise parallel. Die Republikschutzgesetzgebung mit Gesetzen über die besonderen Pflichten der Beamten zum Schutz der Weimarer Republik wurde auch in Preußen (Art. 5 und 6 des Gesetzes zur Änderung des "Gesetzes betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten, die Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand, vom 21. Juli 1852 - PrGS S. 465 -" vom 4. August 1922 PrGS 1922 S. 208 f.) und in mehreren anderen Ländern - etwa Hamburg, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen und Thüringen - implementiert. Diese Gesetze entsprachen inhaltlich dem gesamtstaatlichen Gesetz, mit der Besonderheit, dass das Ende der Amtszeit der aktuellen Mitglieder des Preußischen Disziplinarhofs rückwirkend auf den 15. Juli 1922 bestimmt wurde. Indes wurden die beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren in Preußen - anders als im Reich - weiter auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 PrDiszG 1852 unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Für einen Teil der Beamten war Berufungsinstanz unverändert das Preußische Staatsministerium, d.h. die Gesamtheit der Preußischen Minister.

56

Der Preußische Landtag rang sich nur betreffend der Dienstvergehen der Richter zu einer Beendigung des Öffentlichkeitsausschlusses durch, und auch dies erst durch Gesetz vom 23. Dezember 1927 (PrGS 1927, S. 294 f.). Stimmen im Schrifttum beklagten das "fast mittelalterlich erscheinende Geheimverfahren" in Preußen bereits damals, wenn sie bedauernd feststellten, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit nur für Richter, nicht aber auch für Disziplinarverfahren gegen die nichtrichterlichen Beamten eingeführt wurde (so Brand, in: Abraham , Zeitschrift für Beamtenrecht, Bd. 1, 1929, S. 1 <10>; ders., in: Der Schulverband, 1929, S. 203 <206 f.>).

57

Neue Maßstäbe setzte Preußen indes mit seiner zum 1. April 1932 in Kraft getretenen Beamtendienststrafordnung vom 27. Januar 1932 (PrGS S. 59 - BDStO 1932). Mit diesem Gesetz schuf Preußen gemäß den § 27 Abs. 2 und § 32 BDStO 1932 erstmals eine unabhängige und nur dem Gesetz unterworfene Disziplinargerichtsbarkeit für die im preußischen Dienst stehenden Landes- und Kommunalbeamten. Die mündlichen Verhandlungen wurden nunmehr auch öffentlich geführt (§ 43 BDStO 1932). In erster Instanz entschieden besondere Dienststrafkammern, Berufungsinstanz war einheitlich nicht mehr das Staatsministerium, sondern der Dienststrafhof (§ 39 Abs. 1 und § 49 BDStO 1932).

58

Dem ging eine intensive parlamentarische Vorarbeit im Preußischen Landtag voraus, deren Beginn der Urantrag Nr. 386 der Deutschnationalen Volkspartei vom 8. November 1928 für ein neues Disziplinargesetz betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten markierte (Preußischer Landtag, 3. WP., 1. Tagung 1928 Drs. Nr. 386, S. 443). Es folgte unter der Nr. 2219 ein weiterer Urantrag der Wirtschaftspartei vom 15. April 1929 (Preußischer Landtag, 3 WP., 1. Tagung 1928/1929, Drs. Nr. 2219, S. 1553), zu dessen Begründung es hieß, das Preußische Disziplinargesetz von 1852 entbehre nicht nur jeglicher Rechtsgarantie, sondern sei "bewußt als einseitiges Machtinstrument der Regierung gedacht zur Durchsetzung des Willens gegenüber den beamteten Personen". Beide Uranträge und den Entschließungsantrag des Abgeordneten Stendel (Drs. Nr. 4195) überwies der Landtag durch Beschluss vom 12. März 1930 an den Ausschuss für Beamtenfragen, der über die Anträge am 2. Dezember 1930 und 23. November 1931 beriet (vgl. LTag Drs. Nr. 7980). Ergebnis war letztlich die neue preußische Beamtendienststrafordnung, weil auf Reichsebene eine Beamtendienststrafordnung ausblieb, die der Preußische Landtag zunächst als Vorbild abwarten wollte.

59

dd) Danach ist hier für einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums zusammenfassend festzustellen: Eine allgemeine oder auch nur überwiegende Rechtsregel des Inhalts, dass im Vorfeld einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle die disziplinare Entfernung eines nichtrichterlichen Beamten aus dem Amt in den deutschen Ländern und im Gesamtstaat durch exekutive Entscheidung ausgeschlossen gewesen wäre, lässt sich im traditionsbildenden Zeitraum nicht nachweisen.

60

Belegen lässt sich hingegen, dass im größten Land, in Preußen, mit der am 1. April 1932 in Kraft getretenen Beamtendienststrafordnung ein Parlamentsgesetz geschaffen worden ist, das die administrative Entfernung eines nichtrichterlichen Beamten aus dem Amt ausschloss. Preußische Landes- und Kommunalbeamte konnten forthin nur noch im Wege der Disziplinarklage in einem förmlichen Gerichtsverfahren aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Indes ist es für das Zeitmoment am Maßstab der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientiert für den Nachweis eines hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums erforderlich, dass dieser Grundsatz in der Weimarer Zeit nicht nur anerkannt gewesen sein muss. Es muss während dieser Zeit zusätzlich auch "gewahrt" worden sein (BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1958 - 1 BvL 27/55 - BVerfGE 8, 332 <342 f.>; Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <281 f.>; Beschlüsse vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <379 f.>, vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <219> und zuletzt vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 33). Das setzt voraus, dass der Grundsatz selbst auch über eine längere Zeit bestanden und praktiziert worden sein muss. Damit scheiden Strukturprinzipien als hergebrachte Grundsätze aus, die in der Weimarer Zeit nicht mehr oder noch nicht anerkannt waren oder die erst gegen Ende der Weimarer Zeit anerkannt worden sind.

61

Danach fehlt es hier auch für die Preußische Beamtendienststrafordnung von 1932, die die disziplinare Entfernung auch der nichtrichterlichen Beamten von der Exekutive auf die Judikative verlagerte, an dem erforderlichen Zeitmoment. Zwar ist es richtig, dass schon die Entwicklung der Disziplinargerichtsbarkeit als solche der Ausdruck einer Abwendung von der - bis dahin stark exekutiv geprägten - Disziplinargewalt des Dienstherrn war. Allerdings wurden in Preußen erst im April 1932 unabhängige Dienststrafgerichte eingerichtet. Die kurze Zeitspanne bis zum 30. Januar 1933 als dem Ende der Weimarer Zeit von weniger als zehn Monaten ist kein "längerer traditionsbildender Zeitraum".

62

Feststellen lässt sich hingegen - wie oben bereits ausgeführt (Rn. 16 ff.) - eine weitgehende Übereinstimmung im Reich und den Ländern im traditionsbildenden Zeitraum, wonach die disziplinarische Entfernung eines Beamten nicht durch den Dienstvorgesetzten allein verfügt werden durfte, sondern hierbei jeweils andere Stellen - zum Teil maßgeblich - beteiligt waren.

63

Hierbei handelt es sich indes nicht um einen Grundsatz, der zum Kernbestand der Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums gehört. Denn - wie gezeigt - diente die Beteiligung anderer Stellen dazu, zum Schutz des Lebenszeitprinzips zu verhindern, dass der Beamte willkürlich außerhalb eines förmlichen Verfahrens entlassen werden kann. Dass der Weg hierzu im traditionsbildenden Zeitraum die Beteiligung anderer Stellen als dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten war, ist letztlich eine Detailregelung, die vor allem deswegen sinnvoll war, weil damals eine umfassende gerichtliche Kontrolle, wie sie nunmehr Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vorgibt, nicht gewährleistet war. Gerade der Umstand, dass die nachgelagerte gerichtliche Kontrolle einen noch viel effektiveren Schutz vor willkürlicher Entlassung bietet, zeigt, dass die Beteiligung sonstiger Stellen im traditionsbildenden Zeitraum nur ein Mittel zum Zweck, nicht aber das Strukturprinzip selbst war. Im Kern geht es allein um die Absicherung des Lebenszeitprinzips, welche durch ein förmliches, gesetzlich geregeltes Verfahren mit nachgelagertem Rechtsschutz hinreichend gewährleistet ist.

64

Im Übrigen sieht auch das neue baden-württembergische Landesdisziplinargesetz die Beteiligung anderer Stellen vor und genügt damit dem zuvor beschriebenen Grundsatz. Es folgt in seiner Struktur zwar derjenigen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts, berücksichtigt aber, dass über disziplinare Höchstmaßnahmen nach § 38 LDG BW der Dienstvorgesetzte eines Beamten nicht allein entscheiden darf. Die gesetzlichen Vorgaben in § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG BW - der Zustimmungsvorbehalt der höheren Disziplinarbehörde oder bei kleinen Gemeinden die Vorlagepflicht an die Rechtsaufsichtsbehörde - schützen den Beamten vor willkürlichen Disziplinarmaßnahmen durch seinen nach § 4 LDG BW unmittelbaren Dienstvorgesetzten. Der Zustimmungsvorbehalt nach § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LDG BW umfasst die volle Recht- und Zweckmäßigkeitsprüfung der beabsichtigten Disziplinarmaßnahme (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 116 f.). Damit dient der Zustimmungsvorbehalt auch dem Schutz des Beamten, weil die Zustimmung aus Ermessenserwägungen wie aus Zweck- und Rechtmäßigkeitserwägungen zugunsten des Beamten verweigert werden kann (Düsselberg, in: von Alberti u.a., Hrsg., Landesdisziplinarrecht in Baden-Württemberg, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 38 Rn. 8). Dagegen gewährleistet die Pflicht zur Vorlage des Entwurfs der Disziplinarverfügung von Gemeinden bis zu 10 000 Einwohnern an die Rechtsaufsichtsbehörde nach § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LDG BW allein die Rechtskontrolle bei gleichzeitiger Wahrung der Personalhoheit im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 117).

65

2. Schließlich gewährleistet die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG umfassenden nachträglichen Rechtsschutz gegen jede Art von behördlichen Disziplinarverfügungen nach § 38 Abs. 1 LDG BW. Der Beamte kann die Rechtmäßigkeit einer ihn betreffenden Disziplinarverfügung gerichtlich überprüfen lassen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 21 Satz 1 AGVwGO BW vom 14. Oktober 2008, GBl. S. 343). Darüber hinaus sieht § 21 Satz 2 AGVwGO BW vor, dass, ist ein Dienstvergehen erwiesen, das Gericht die Verfügung aufrechterhalten oder zugunsten des Beamten ändern kann, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Dazu wendet das Gericht die Vorschriften des Landesdisziplinargesetzes über die Bemessung von Disziplinarmaßnahmen an (§ 21 Satz 3 AGVwGO BW). Die Regelung stellt klar, dass das Gericht in diesem Fall - anstelle der Disziplinarbehörde - eigenes Ermessen auf der Grundlage aller Zumessungsregelungen der §§ 26 ff. LDG BW ausübt (LT-Drs. 14/2996 S. 149). Darin ist ein weiterer Schutzmechanismus zugunsten des Beamten angelegt. Diese gesetzliche Verfahrensgestaltung genügt den Anforderungen, die sich aus den Verfassungsprinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, dem Gesetzesvorbehalt und den Geboten des effektiven Rechtsschutzes und des fairen Verfahrens ergeben. Zugleich wird damit deutlich, dass die Regelung des § 38 Abs. 1 LDG BW das Wesen des Berufsbeamtentums nicht antastet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 34).

66

3. Weiter ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den festgestellten disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalt beschränkt hat.

67

Gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 LDG BW ist die Disziplinarverfügung mit Begründung, Kostenentscheidung und Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und dem Beamten zuzustellen. In der Begründung sind der persönliche und berufliche Werdegang des Beamten, der Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, die ein Dienstvergehen begründen, und die anderen Tatsachen und Beweismittel darzustellen, die für die Entscheidung bedeutsam sind (§ 38 Abs. 2 Satz 2 LDG BW). Nach § 38 Abs. 2 Satz 3 LDG BW kann auf die bindenden Feststellungen eines Urteils oder einer Entscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW verwiesen werden.

68

a) Die Begründungsvoraussetzungen des § 38 Abs. 2 Satz 2 LDG BW - konkret: die Darstellung der das Dienstvergehen begründenden Tatsachen - erfüllen die angefochtene Disziplinarverfügung - teilweise - nicht. Eine Verweisung nach § 38 Abs. 2 Satz 3 LDG BW war hier teilweise, nämlich im Hinblick auf das gegen den Kläger 2007 ergangene Urteil des Amtsgerichts nicht zulässig, da es insoweit an bindenden tatsächlichen Feststellungen eines Urteils oder einer Entscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW fehlt. Gegenstand des 2007 ergangenen Urteils ist allein das Strafmaß, nachdem der Kläger seinen Einspruch gegen den dem Urteil vorausgegangenen Strafbefehl nach § 410 Abs. 2 StPO auf das Strafmaß beschränkt hatte. Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen daher lediglich auf dem im Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehl.

69

Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafbefehl kommt keine Bindungswirkung i.S.v. § 23 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - juris Rn. 37). Nur solche tatsächlichen Feststellungen liefern eine sichere Entscheidungsgrundlage für ein Disziplinarverfahren, die aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen in einer Hauptverhandlung vor Gericht und nach richterlicher Beweiswürdigung getroffen worden sind. Einem Strafbefehl liegt aber nur eine in einem besonders geregelten summarischen Verfahren getroffene richterliche Entscheidung zugrunde. Er ergeht ohne Hauptverhandlung und gerichtliche Beweisaufnahme und bietet damit nicht das Maß an Ergebnissicherheit, das Voraussetzung für eine Bindungswirkung ist. Die in § 410 Abs. 3 StPO ausgesprochene Gleichstellung bestimmt lediglich den Umfang der Rechtskraft eines Strafbefehls (BT-Drs. 10/1313, S. 38) und dient insoweit der prozessrechtlichen Klarstellung (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juni 2000 - 2 C 20.99 - Buchholz 237.7 § 51 NWLBG Nr. 1 S. 2 und vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - juris Rn. 37).

70

b) Die Sachverhalte, die den weiteren gegen den Kläger ergangenen Strafurteilen zugrunde liegen, rechtfertigen indes seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Denn die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Disziplinarverfügung bereits unter Zugrundelegung der Straftaten aus den gegen den Kläger 2010 und 2011 ergangenen Strafurteilen rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, ist revisionsrechtlich fehlerfrei.

71

Eine Disziplinarverfügung, die auf mehrere Dienstpflichtverletzungen des Beamten gestützt ist und die Entfernung des Beamten aus dem Dienst oder die Aberkennung des Ruhegehalts ausspricht, unterliegt mangels Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung des Beamten nicht der Aufhebung nach § 2 LDG BW i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wenn bereits einzelne Dienstpflichtverletzungen die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme begründen und durch die Nichtberücksichtigung anderer Dienstpflichtverletzungen Verteidigungsrechte des Beamten im Verfahren nicht verletzt werden.

72

Der Sache nach geht es darum, ob es zulässig ist, das gerichtliche Disziplinarverfahren zu beschränken. Bundesgesetzlich ist dies ausdrücklich in § 56 Satz 1 BDG normiert, der bestimmt, dass das Gericht das Disziplinarverfahren beschränken kann, indem es solche Handlungen ausscheidet, die für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht oder voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen.

73

Der damalige Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat bereits zur früheren Rechtslage nach der Bundesdisziplinarordnung mit Urteil vom 27. November 1996 - 1 D 28.95 - (BVerwGE 113, 32 <35 f.>) die Beschränkung des festzustellenden Sachverhalts als prozessökonomisch geboten und rechtlich unbedenklich angesehen, wenn bereits aufgrund einzelner festgestellter Pflichtverletzungen die Höchstmaßnahme zu verhängen ist. Der Betroffene hat keinen rechtlich geschützten Anspruch darauf, dass auch die nicht mehr entscheidungserheblichen Anschuldigungspunkte überprüft werden.

74

Diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat (BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2013 - 2 B 50.12 - ZBR 2013, 351 Rn. 16) fortgeführt und zu § 56 Satz 1 BDG ausgeführt, die darin normierte Beschränkungsmöglichkeit bezwecke in Anknüpfung an die hierzu ergangene Rechtsprechung die Beschleunigung der Disziplinarverfahren durch die instanzenübergreifende Möglichkeit, einzelne Handlungen auszuscheiden, die für die zu erwartende Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen (BT-Drs. 14/4659 S. 40 und S. 49). Das Disziplinarverfahren soll von überflüssigem Ballast befreit werden können, muss aber weiterhin die gebotene Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beamten (vgl. § 13 BDG) ohne Abstriche ermöglichen (ebenso BVerwG, Beschluss vom 20. August 2013 - 2 B 8.13 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 22 Rn. 6). Daran hält der Senat fest.

75

Das baden-württembergische Landesdisziplinargesetz enthält zwar keine der Vorschrift des § 56 BDG entsprechende Bestimmung. Die in § 10 Abs. 2 LDG BW für das behördliche Disziplinarverfahren vorgesehene Beschränkung des Disziplinarverfahrens kann nicht ohne Weiteres auf das gerichtliche Disziplinarverfahren übertragen werden, weil die Disziplinargerichte in Baden-Württemberg - ungeachtet der in § 21 AGVwGO BW normierten Ersetzungsbefugnis - kein eigenes Ermessen ausüben (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Oktober 2010, § 56 BDG Rn. 6; Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 2011, § 56 Rn. 17). Auch den Gesetzesmaterialien kann nicht entnommen werden, dass die Norm im gerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar sein sollte (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 67 ff., 147 ff.).

76

Dies ändert indes nichts daran, dass die Beschränkung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens auf einzelne Handlungen ausnahmsweise dann zulässig ist, wenn die Entscheidung zu keinem anderen Rechtsfolgeausspruch führen kann. Dies ist der Fall, wenn feststeht, dass bereits einzelne Handlungen die verhängte Maßnahme unzweifelhaft tragen (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Oktober 2010, § 56 BDG Rn. 6; Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 2011, § 56 Rn. 17).

77

Die Befugnis, das gerichtliche Disziplinarverfahren auf einzelne tragende Handlungen zu beschränken, folgt aus allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen. Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei braucht es von den in seinen Gesichtskreis gelangten Tatsachen allerdings nur diejenigen aufzuklären, von denen das mit dem Prozess erstrebte Recht abhängt. Zur Ermittlung unerheblicher Tatsachen ist das Gericht nicht verpflichtet; ein rechtlich achtenswertes Interesse, eine unerhebliche Tatsache aufzuklären, ist nicht gegeben (vgl. Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 2016, § 86 Rn. 49).

78

Tragen bereits einzelne Dienstpflichtverletzungen die Höchstmaßnahme, können weitere Handlungen keine andere Rechtsfolge rechtfertigen. Das schwere Dienstvergehen kann bei Hinzukommen zusätzlicher Verfehlungen denknotwendig nur noch schwerer ausfallen.

79

Etwas anderes, d.h. eine Verpflichtung zur Ermittlung und Feststellung auch der weiteren Handlungen, gilt allerdings ausnahmsweise dann, wenn Milderungsgründe lediglich im Zusammenhang mit der ausgesonderten Handlung im Raum stehen. Denn die Beschränkung des Disziplinarverfahrens muss weiterhin die nach § 26 Abs. 1 Satz 2 LDG BW gebotene Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beamten ohne Abstriche ermöglichen. Dass im Streitfall ein Milderungsgrund lediglich oder besonders im Zusammenhang mit der strafgerichtlichen Verurteilung aus dem Jahr 2007 vorliegt, hat der Kläger nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

80

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 AGVwGO BW, § 77 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

81

5. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren bedarf es nicht, weil sich die Höhe der Gerichtsgebühren aus den nachfolgenden analog anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen ergibt:

82

Das als Anlage zu § 22 Satz 1 AGVwGO BW erlassene Gebührenverzeichnis enthält keine Festsetzungen für das Revisionsverfahren. In Anbetracht des Umstands, dass der Landesgesetzgeber die Gebührenfreiheit für das gerichtliche Disziplinarverfahren ausdrücklich aufheben wollte (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 149), muss das Fehlen einer Gebührenregelung für das Revisionsverfahren als planwidrige Regelungslücke bewertet werden. Diese kann durch eine Analogie zu den entsprechenden Regelungen des Bundesdisziplinargesetzes geschlossen werden, weil der Landesgesetzgeber bei der Festsetzung der Gebührenbeträge im Übrigen die Sätze aus dem als Anlage zu § 78 BDG erlassenen Gebührenverzeichnis übernommen hat. Dementsprechend ist für das Verfahren über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in beiden Regelungswerken eine Gebühr in Höhe von 360 € für das Klageverfahren in erster Instanz vorgesehen. Es entspricht daher dem mutmaßlichen Normgeberwillen und dem vorzufindenden Normgefüge am ehesten, auch für den Gebührentatbestand des Revisionsverfahrens auf die Wertung des Bundesdisziplinargesetzes zurückzugreifen. In analoger Anwendung der Nr. 30 des BDG-Gebührenverzeichnisses ist daher der zweifache Satz anzusetzen, so dass für das vorliegende Revisionsverfahren Gerichtsgebühren in Höhe von 720 € anfallen.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe - Disziplinarkammer - vom 3. Mai 2013 - DL 11 K 2125/11 - geändert. Die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 06.07.2011 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Der am ... in ... geborene Kläger legte am ... mit der Note „gut“ die Wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien ab. ... Am ... bestand er die Pädagogische Prüfung für das Lehramt an Gymnasien mit den Hauptfächern ... und ... mit der Gesamtnote „gut bestanden“. Am ... wurde er an der ... als Angestellter eingestellt. Er wurde am ... mit vollem Unterrichtsauftrag unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienassessor ernannt, seine Ernennung zum Studienrat unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit erfolgte am ... Mit Wirkung vom ... wurde er zum Oberstudienrat befördert. Für die Zeit ab ... wurde seine Arbeitszeit auf ... ermäßigt. ... Für die Zeit vom ... bis ... wurde der Kläger beurlaubt und mit Ablauf des ... in den Ruhestand versetzt.
In der letzten dienstlichen Beurteilung vom ... wurde der Kläger mit dem Gesamturteil „übertrifft die Leistungserwartungen im besonderem Maße“ beurteilt. Er erhielt rückwirkend zum ... nach § 2 der Leistungsstufenverordnung das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe als Leistungsstufe.
Der Kläger ist ... Er ist disziplinarisch bislang nicht in Erscheinung getreten.
Am 10.05.2006 teilte die ... der Polizei in ... mit, dass im Rahmen einer Überprüfung auf ihrem Server kinderpornografisches Material festgestellt worden sei. Eine Bewertung durch das LKA ... führte zu dem Ergebnis, dass 311 Bilddateien strafrechtlich relevant seien. In diesem Zusammenhang wurde die IP-Adresse des Klägers genannt und festgestellt, dass am ... in der Zeit von 20:17:19 Uhr bis 20:17:27 Uhr vom Computer des Klägers aus auf Internetseiten mit kinderpornografischem Material zugegriffen und entsprechende Dateien heruntergeladen worden seien. Bei einer daraufhin durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des Klägers wurden am ... der PC des Klägers, 1 USB-Stick, insgesamt 654 CDs, 61 Videokassetten sowie 1 rotes Ringbuch mit Computerausdrucken beschlagnahmt. Nach dem Auswertebericht der Kriminalpolizei ... vom 21.12.2007 konnten auf dem PC des Klägers keine relevanten (aktuellen und gelöschten) Dateien festgestellt werden. Nach Sichtung der übrigen Datenträger stellte die Kriminalpolizei im Bericht vom 06.05.2009 fest, dass alle CDs und DVDs selbst gebrannt sind und erotische, überwiegend einfach pornografische Bilder und Filme enthielten, die aus dem Internet heruntergeladen sein dürften. Auf drei CDs befänden sich eine Vielzahl pornografischer Bilder, wobei insgesamt 256 als kinderpornografisch anzusehen seien. Hinzu kämen vier Filme mit kinderpornografischem Inhalt. Die vier Filme seien laut Eintrag am 03.08.2002 erstellt bzw. auf CD gebrannt worden. Ein weiterer Film sei am 05.04.2003 erstellt bzw. gebrannt worden.
Der Verteidiger des Klägers gab im Ermittlungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft ... an, dass der Kläger keinerlei pädophile Tendenzen aufweise. Er habe die fraglichen Bilder/Bildsequenzen in den 90er Jahren heruntergeladen und seitdem nie wieder angesehen. Er sei im Übrigen davon ausgegangen, dass die Personen über 14 Jahre alt gewesen seien. Er habe die Bilder auch nicht verwenden wollen, sondern diese lediglich im Schrank abgelegt.
Mit Strafbefehl vom 12.08.2009, rechtskräftig seit 24.01.2011 (...), verurteilte das Amtsgericht ... den Kläger wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften gem. §§ 184b Abs. 4, Abs. 6, 74ff., 176 bis 176 b, 11 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger sei im Besitz von mindestens 256 eindeutig kinderpornografischen Bilddateien sowie fünf kinderpornografischen Filmen gewesen.
Mit Verfügung vom 07.10.2009 leitete der Beklagte das Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein und enthob ihn unter Anordnung des Sofortvollzuges vorläufig des Dienstes. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass ein Termin zur Anhörung und zur Fertigung einer Niederschrift hierüber gesondert mitgeteilt werde. Gleichzeitig wurde er darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich zur Sache zu äußern, und dass er sich jederzeit eines Beistandes bedienen und zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen könne. Die gegen die vorläufige Dienstenthebung gerichtete Klage wurde mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 21.04.2010 (...) abgewiesen.
Der Kläger wurde in der Folgezeit im behördlichen Disziplinarverfahren nicht angehört. Erst mit Schreiben vom 02.08.2010 wurde ihm die Möglichkeit der abschließenden Äußerung zur beabsichtigten Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeräumt. Zur Begründung wurden die rechtskräftigen Feststellungen im Strafbefehl und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung herangezogen. Er wurde auf die Beteiligungsmöglichkeit des Personalrats hingewiesen.
10 
Mit Schreiben vom 16.08.2010 beantragte der Kläger die Mitwirkung des Personalrats sowie seine „vorzeitige Zurruhesetzung zum ...“ und für die Zeit „... … vom ... bis ...“ die Gewährung von Urlaub ohne Bezüge. Er habe die Filme und Bilder kinderpornografischen Inhalts niemals angesehen. Es werde bestritten, dass das Bildmaterial für einen Laien als Kinderpornografie erkennbar gewesen sei. Deshalb werde beantragt, hierüber Beweis zu erheben durch Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen. Darüber hinaus seien die Titel der Dateien nicht vom Kläger vergeben worden, sondern von dem entsprechenden Brennprogramm automatisch in die ausgedruckten Listen übernommen worden.
11 
Nach dem Vordruck „PERS“ veranlasste der Beklagte unter dem 18.08.2010 die Übermittlung des Schreibens des Klägers vom 16.08.2010 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 21.04.2010 an den Personalrat veranlasst. Die Einleitungsverfügung wurde einen Tag später nachgereicht. Der Personalrat äußerte sich nicht.
12 
Mit Verfügung vom 06.07.2011, zugestellt am 12.07.2011, wurde der Kläger, wie bereits im Schreiben vom 02.08.2010 angekündigt, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, ohne auf seinen Beweisantrag einzugehen.
13 
Der Kläger hat am 09.08.2011 Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben. Er hält die Mitwirkung des Personalrats für unzureichend, weil diesem wesentliche Begleitumstände wie die Beurlaubung und die Zurruhesetzung des Klägers vorenthalten worden seien. Darüber hinaus setze sich die Verfügung nicht einmal mit den aufgeworfenen tatsächlichen und rechtlichen Aspekten des Falles auseinander. Der gestellte Beweisantrag werde übergangen, eine Abwägung der für den Kläger sprechenden Umstände werde gar nicht vorgenommen. Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten. Die Beteiligung des Personalrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Ihm stehe kein allumfassendes Informationsrecht zu. Die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts ... könnten nach § 14 Abs. 2 LDG ohne weitere Prüfung zugrunde gelegt werden. Dem Beweisantrag des Klägers stehe entgegen, dass im Rahmen des Strafverfahrens bereits erwiesen sei, dass es sich bei den Dateien um kinderpornografisches Material gehandelt habe. Im Übrigen sei die Einlassung auch nicht glaubwürdig.
14 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger angegeben, das gefundene kinderpornografische Material würde lediglich 0, 1 bis 0, 2 % seiner pornografischen Sammlung ausmachen. Indem er seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurückgenommen habe, habe er nicht nur sich, sondern auch die Schule vor der Öffentlichkeit bewahrt. Im Übrigen habe er das Alter der dargestellten Personen nicht erkennen können. Bei der Menge des Materials habe er gar nicht jedes Bild ansehen können.
15 
Mit Urteil vom 03.05.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Personalrat sei in kurzer, knapper Form über die beabsichtigte Personalmaßnahme informiert worden. Ein etwaiger Mangel wäre in dieser Konstellation der Sphäre des Personalrats und nicht der des Dienststellenleiters zuzuordnen. Auch materiell sei die Verfügung rechtmäßig. Zwar stehe der Sachverhalt nicht aufgrund des Strafbefehls des Amtsgerichts ... fest. Denn der Kläger bestreite diesen Sachverhalt substantiiert. Die Kammer sei jedoch aufgrund der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger im Besitz von 10 kinderpornografischen Bildern und zwei Filmen gewesen sei. Die dargestellten Personen erschienen für einen objektiven Betrachter als kindlich und damit als unter 14 Jahre alt. Bei den weiteren 246 Bildern gehe die Kammer jedoch zugunsten des Klägers davon aus, dass es sich - abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl - um jugendpornografische Dateien oder sog. Posing - Bilder handle, deren Besitz im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung (noch) nicht strafbewehrt gewesen sei. Der Kläger habe auch mit bedingtem Vorsatz gehandelt, weil er den Dateien bestimmte Bezeichnungen gegeben und diese teilweise auch in seinem Ringbuch archiviert habe. Er habe damit ein schweres außerdienstliches Dienstvergehen begangen, das mit der Höchstmaßnahme zu ahnden sei. Aber auch der Besitz der nicht strafbaren Posing - Bilder sowie weiterer 3 Filme sei nicht mit den Kernpflichten eines Pädagogen vereinbar. Das Übergehen des Beweisantrages stelle zwar einen Verfahrensfehler dar, dem aber hier im Verfahren auf Entfernung aus dem Dienst, anders als bei lediglich pflichtenmahnenden Maßnahmen, keine Bedeutung zukomme, da der Tatvorwurf ohnehin durch die gerichtlichen Feststellungen abschließend geklärt werden müsse.
16 
Der Kläger hat gegen das ihm am 08.08.2013 zugestellte Urteil am 03.09.2013 den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Durch Beschluss des Senats vom 22.01.2014 ist die Berufung zugelassen worden. Der Kläger begründet sie fristgerecht damit, es stehe nach Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens fest, dass der Vorwurf in der Disziplinarverfügung in weiten Teilen einer Grundlage entbehre. Da auch der Beweisantrag nicht beschieden worden sei, handle es sich um eine „Behauptung ins Blaue“ hinsichtlich des Tatvorwurfs. Angesichts des Umfangs der Datensammlung des Klägers (199 CDs und DVDs mit sicherlich dem Hundertfachen an Dateien) käme es „dem Finden der berühmten Nadel im Heuhaufen gleich“, wenn gerade mal 12 Dateien mit kinderpornografischem Material gefunden werden müssten. Durch ein entsprechendes Datenbrennprogramm seien die ursprünglichen Dateinamen in einer Liste ausgedruckt worden. Es fehle an einem schuldhaften Handeln des Klägers. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass ein strafloses außerdienstliches Verhalten zwar ein Dienstvergehen darstellen könne, aber regelmäßig dem unteren Maßnahmenbereich zuzuordnen sei. Der formelle Verfahrensverstoß der unterlassenen Beweiserhebung müsse sich als Milderungsgrund auswirken.
17 
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe - Disziplinarkammer - vom 3. Mai 2013 - DL 11 K 2125/11 - zu ändern und die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 06.07.2011 aufzuheben.
19 
Die Vertreterin des Beklagten beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie verweist auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen Urteil.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Personalakten (1 Band und 1 Aktenbündel), die Disziplinarakten des Beklagten (1 Band), die Akten des Amtsgerichts ... zum Az.: ... (2 Bände) und die Akten des Verwaltungsgerichts ... zu den Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung (... und ...) sowie gegen die Disziplinarverfügung (DL 11 K 2125/11) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Disziplinarverfügung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
1. Die Klage ist nicht unzulässig geworden, weil sich die angefochtene Verfügung durch die Versetzung des Klägers in den Ruhestand erledigt hätte und der Kläger somit nicht mehr aus dem aktiven Beamtenverhältnis entfernt werden kann. Entscheidungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG werden mit Zustellung wirksam (§ 38 Abs. 2 Satz 1, 2 LDG, § 43 Abs. 1 LVwVfG). Erhebt der Beamte hiergegen Klage, die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens aufschiebende Wirkung entfaltet, wirkt die gerichtliche Entscheidung, welche die Disziplinarverfügung rechtskräftig bestätigt, auf den Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinarverfügung zurück. Ist der Beamte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten, wird das Ruhestandsverhältnis gegenstandslos (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2, 3 LDG und Burr, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 31 LDG Rdnr. 7). Entsprechendes gilt für den mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kraft Gesetzes einhergehenden (§ 31 Abs. 1 Satz 3 LDG), mit der Verfügung aber aktualisierten Verlust der Befugnis, die Amtsbezeichnung zu führen.
25 
Die Anordnung der Dienstenthebung gilt bei sachgerechter Auslegung der Verfügung nur bis zu einem vor Unanfechtbarkeit der Verfügung erfolgenden Eintritt des Klägers in den gesetzlichen Ruhestand. Entsprechendes gilt mit Blick auf den gesondert geregelten - und hier auch erfolgten - Einbehalt von Ruhestandsbezügen bei Eintritt in den Ruhestand vor Unanfechtbarkeit der Entfernungsverfügung (§ 31 Abs. 2 Satz 4 LDG) für die Anordnung des Einbehalts der Bezüge nach § 31 Abs. 2 Satz 1 LDG.
26 
2. Die Klage ist auch begründet. Der Senat überprüft die auf Entfernung aus dem Dienst gerichtete Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung zugrundegelegten Sachverhaltes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Senat, Urteil vom 07.03.2012 - DL 13 S 1614/11 -; Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) vom 15.07.2008; LT-Drs. 14/2996, S. 117). Die Disziplinarverfügung ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Es fehlt an der erforderlichen Erstanhörung des Klägers, an den notwendigen eigenen Ermittlungen durch die Disziplinarbehörde und damit an einer ordnungsgemäßen Begründung der Verfügung. In einem solchen Fall der Verletzung elementarer Verfahrensrechte ist eine Nachholung der ausstehenden Ermittlungen durch das Disziplinargericht nicht möglich. Darüber hinaus ist die Beteiligung der Personalvertretung rechtsfehlerhaft.
27 
Nach § 11 Abs. 1 LDG ist der Beamte über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu unterrichten. Ihm ist nach Abs. 2 der Vorschrift u.a. zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Er ist ferner darauf hinzuweisen, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. Für die Äußerung wird dem Beamten schriftlich eine angemessene Frist gesetzt (§ 11 Abs. 3 Satz 1 LDG). Die Vorschrift soll gleichermaßen dem Schutz des Beamten, der Aufklärung des Sachverhalts und der Beschleunigung des Verfahrens dienen. Es entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen, dem Betroffenen zu eröffnen, welches Vergehen ihm zur Last gelegt wird, und ihn hierzu anzuhören. Über das allgemeine Anhörungsrecht des § 28 LVwVfG hinaus sieht § 11 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und 2 LDG eine Erstanhörung des Beamten vor (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 68). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger wurde zwar in der Einleitungsverfügung ordnungsgemäß über seine Rechte im behördlichen Disziplinarverfahren belehrt und darauf hingewiesen, dass ihm ein Termin zur Anhörung genannt werden wird. Dies ist aber in der Folgezeit unterblieben. Der Kläger ist nur vor Erlass der Abschlussverfügung gehört worden. Darin liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler, der nicht mehr im gerichtlichen Verfahren geheilt werden kann.
28 
Zwar sieht § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG vor, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erstanhörung geheilt werden kann, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird, was nach Abs. 2 der Vorschrift bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich ist (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 69). Die Erstanhörung kann aber im vorliegenden Fall ihren Zweck nur noch erfüllen, wenn sie vor der abschließenden Anhörung des Beamten erfolgt, die vor dem Erlass der Abschlussverfügung vorgesehen ist. Denn im Falle des Klägers fehlt es neben seiner Erstanhörung an eigenen Feststellungen des Beklagten zum disziplinarisch erheblichen Sachverhalt. Die Disziplinarverfügung beschränkt sich in tatsächlicher Hinsicht auf die Wiedergabe der vom Kläger bestrittenen knappen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts ... Eine Bindungswirkung an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts besteht jedoch nicht.
29 
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG sind nur die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, nicht auch eines Strafbefehls, im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -). Zwar können nach § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zu Grunde gelegt werden. Es dürfen aber keine Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit bestehen. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Beamte die Feststellungen bestreitet. So liegt der Fall hier. Aufgrund der substantiierten Einwendungen des Klägers, die er erstmals in der Schlussanhörung mit Schreiben vom 16.08.2010 vorbringen und mit einem Beweisantrag untermauern konnte, mussten sich (spätestens) für den Beklagten aber Zweifel am Sachverhalt ergeben, zumal er bis zu diesem Zeitpunkt den Kläger noch nicht angehört hatte. In einem solchen Fall scheidet die Anwendung des § 14 Abs. 2 LDG aus (Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 14 LDG Rdnr. 12; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 04.09.2008 - 2 B 61.07 -, NVwZ 2009, 597; BVerwG, Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -; BayVGH, Urteil vom 11.08.2010 - 16 AD 10.189 -). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger seinen Einspruch gegen den Strafbefehl schließlich zurückgenommen hat und diesen rechtskräftig werden ließ. Dieser Verzicht auf eine Fortführung des Verfahrens kann im Interesse eines schnelleren Verfahrensabschlusses oder - wie hier vom Kläger geltend gemacht - aus Scheu vor einer öffentlichen Hauptverhandlung erfolgen; er kommt deshalb nicht stets dem Geständnis des im Strafbefehl vorgeworfenen Verhaltens gleich (BVerwG, Beschluss vom 01.12.1987 - 2 WB 66/87 -, BVerwGE 83, 373).
30 
Soweit sich der Beklagte hinsichtlich möglicher Milderungsgründe auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.04.2010 im Verfahren gegen seine vorläufige Dienstenthebung beruft, übersieht er, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt nur um prognostische Ausführungen mit Blick auf die voraussichtliche Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG) handelte, und weitere Sachverhaltsentwicklungen gar nicht in den Blick genommen werden konnten und sie im Ergebnis - ebenso wie die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl - unzutreffend sind.
31 
Nur bei der Nachholung der versäumten Erstanhörung vor der abschließenden Anhörung ist im Falle des Klägers mit Sicherheit auszuschließen, dass sich der Verfahrensmangel nicht auf die Disziplinarverfügung ausgewirkt hat (vgl. auch Nonnenmacher, in: v. Alberti u.a., a.a.O., § 11 LDG, Rdnr. 12). Gleiches gilt mit Blick auf § 46 LVwVfG, wonach die Aufhebung eines - nicht nichtigen - Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (Senat, Beschluss vom 12.09.2013 - DL 13 S 1541/13 - bei fehlender Schlussanhörung; Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rdnr. 36; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010 - DL 10 K 210/10 - im Hinblick auf die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung). Dies lässt sich im Falle des Klägers nicht ausschließen. Damit wirkt sich der Verfahrensfehler auch materiell-rechtlich aus.
32 
Da der Beklagte zu Unrecht eine Bindung an den Strafbefehl des Amtsgerichts ... und das Urteil des Verwaltungsgerichts ... angenommen und keine eigenen Feststellungen zum Vorliegen eines Dienstvergehens getroffen hat, fehlt es der streitgegenständlichen Verfügung auch an der ordnungsgemäßen Begründung, wie sie § 38 Abs. 2 Satz 2 LDG umschreibt. Dieses Defizit führt zur Rechtswidrigkeit der Verfügung und kann in dieser Fallkonstellation auch nicht vom Gericht durch eigene Sachverhaltsermittlungen und -würdigung nachgeholt werden, weil es ansonsten eine eigene Bemessungsentscheidung treffen und nicht die von der Disziplinarbehörde getroffene Entscheidung überprüfen würde. Dem Disziplinargericht ist im vorliegenden Fall die Durchführung einer Beweisaufnahme zur Feststellung des disziplinarisch relevanten Sachverhaltes versagt, weil es sich ansonsten über die dem Beklagten zustehende Disziplinarbefugnis hinwegsetzen würde. Denn die wesentlichen Feststellungen hat nach baden - württembergischen Landesrecht die Disziplinarbehörde zu treffen, der nach dem Willen des Gesetzgebers die Disziplinarbefugnis zustehen soll. Das Gericht überprüft den in der Disziplinarverfügung dargestellten und geahndeten disziplinaren Vorwurf. Streitgegenstand und damit Umfang und Grenzen der gerichtlichen Überprüfung werden ausschließlich durch die Abschlussverfügung selbst bestimmt (so auch Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 21 AGVwGO, Rdnr. 2; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Begründung zu § 38 LDG). Zwar kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO das Gericht die Verfügung aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist aber, dass ein Dienstvergehen erwiesen ist. Hieran fehlt es mangels entsprechender Feststellungen der Disziplinarbehörde.
33 
Diese Ansicht wird auch dadurch bestätigt, dass sich der dem Strafbefehl zugrunde liegende Vorwurf des Besitzes von 256 strafrechtlich relevanten kinderpornografischen Dateien in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer nicht aufrecht erhalten ließ. Das Verwaltungsgericht hat 10 Bilder und zwei Filme in Augenschein genommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich dabei um strafrechtlich relevante kinderpornografische Bilder und Filme handelt. Die verbleibenden 246 Bilder und drei Filme hat es keiner Beweiswürdigung unterzogen, sondern zugunsten des Klägers und insoweit abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts und des Urteils des Verwaltungsgerichts ... im Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung des Klägers angenommen, dass es sich dabei um jugendpornografische Dateien oder sog. Posing-Bilder handelte, deren Besitz im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung noch nicht strafbewehrt war. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnte nicht geklärt werden, ob sie tatsächlich einen disziplinarisch relevanten Inhalt haben.
34 
Fehlt es somit derzeit an einer umfassenden Ermittlung der das Dienstvergehen begründenden Tatsachen, lässt sich nicht feststellen, ob ein schweres Dienstvergehen anzunehmen ist, das bei einem aktiven Beamten zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 Abs. 1 Satz 1 LDG) bzw. bei einem Ruhestandsbeamten zur Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 Abs. 1 Satz 1 LDG) führt.
35 
Denn ein schweres Dienstvergehen ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG erst dann anzunehmen, wenn der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren hat. Die Vorschrift trifft keine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen die Tatbestandsmerkmale „schweres Dienstvergehen“ und „endgültiger Vertrauensverlust“ anzunehmen sind. Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG; Senat, Urteil vom 07.06.2011 - DL 13 S 1826/10 - a.a.O.). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Begründung zu § 26 LDG,a.a.O., S. 86).
36 
Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht der Sachverhalt, der dem Vorwurf des Dienstvergehens und dem sich daraus ergebenden Maß des Vertrauens- oder Ansehensverlustes zugrunde liegt. Gegenstand der Ermittlungen sind aber auch alle Umstände, die das Persönlichkeitsbild des Beamten prägen oder für die Frage von Bedeutung sind, in welchem Maße der Beamte der Pflichtenmahnung bedarf (Begründung zu § 12 LDG, a.a.O., S. 70; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O.).
37 
Nur ergänzend sei bemerkt, dass auch die nach § 12 LDG bemessungsrelevanten entlastenden Umstände nicht ermittelt wurden. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich nicht nur auf den objektiven und subjektiven Tatbestand der Pflichtenverstöße, sondern auch auf alle Umstände, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können. Hierzu zählt insbesondere das Übergehen des vom Kläger in der Schlussanhörung gestellten Beweisantrags, wonach er die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Alters der dargestellten Personen und dessen Erkennbarkeit für einen Laien „ausdrücklich“ beantragte. Diesem Antrag hätte, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nach § 15 Abs. 3 LDG stattgegeben werden müssen, weil er sowohl für die Tatfrage, die Schuldfrage und für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein konnte. Weiterhin ist der Einwand des Klägers zu berücksichtigen, dass er sich angesichts der Menge des pornografischen Materials insgesamt nicht darüber bewusst gewesen sei, überhaupt kinderpornografische Darstellungen zu besitzen. In diesem Zusammenhang ist erheblich, dass das kinderpornografische Bildmaterial nach den unwidersprochenen Angaben des Klägers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bestätigte, allenfalls 0, 1 bis 0, 2 % seines Datenbestandes ausmachte (BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 - 2 B 133/11 -). Hinzu kommt, dass der Kläger, der als ... Schüler zwischen 17 und 43 Jahren unterrichtete, disziplinarisch nicht vorbelastet ist, seinen Dienst Jahrzehnte lang sehr engagiert und mit überdurchschnittlichen Beurteilungen versah und ihm die nächsthöhere Leistungsstufe gewährt wurde.
38 
Bei dieser Sachlage ist auch die Beteiligung des Personalrats nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil auch er davon ausging, dass der Kläger im Besitz von 256 strafrechtlich relevanten Dateien und fünf Filmen war. Darüber hinaus fehlten ihm weitere Informationen über das weitere Vorgehen des Beklagten. Auch dieser Verfahrensfehler führt unheilbar zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Disziplinarverfügung (Senat, Beschluss vom 02.03.2011 - DL 13 S 2492/10 -; VGH Baden - Württemberg, Beschluss vom 03.12.1992 - D 17 S 20/92).
39 
Nach § 80 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 2 LPVG wirkt der Personalrat beim Erlass von Disziplinarverfügungen mit, sofern der Beamte dies nach § 80 Abs. 2 Satz 2 LPVG beantragt, worauf er nach § 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG hinzuweisen ist. Die beabsichtigte Maßnahme ist dem Personalrat rechtzeitig bekanntzugeben und auf Verlangen mit ihm zu erörtern (§ 72 Abs. 1 LPVG). Dabei ist die Personalvertretung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (§ 68 Abs. 2 Satz 1 LPVG). Ihr sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Mit der Ausweitung der behördlichen Disziplinarbefugnisse durch das Landesdisziplinargesetz geht ausweislich der Gesetzesbegründung eine Stärkung der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung einher (Senat, Beschluss vom 02.03.2011, a.a.O., m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Vorschriften hält der Senat das Beteiligungsverfahren aus mehreren Gründen für defizitär:
40 
Entsprechend dem sich bei den Akten befindlichen Formblatt „Beteiligung des Personalrats PERS“ wurden dem Kläger unter dem 18.08.2010 „der Antrag auf Beteiligung mit Schriftsatz vom 16.08.2010, die abschließende Anhörung gem. § 20 LDG, die Suspendierung des Beamten bestätigendes Urteil des VG... vom 21.04.2010 (rechtskräftig seit 15.07.2010)“ übersandt. Allerdings ist die tatsächliche Übersendung der genannten Schriftstücke, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht moniert, nicht dokumentiert. Unter dem 19.08.2010 wurde noch die Einleitungsverfügung vom 07.10.2009 nachgereicht. Weitere Unterlagen wurden ihm nicht übersandt (vgl. zur umfassenden Unterrichtung des Personalrats auch Altvater u.a., LPersVG Baden - Württemberg, 2. Auflage, § 80, Rdnr. 21; ebenso zum Bundesrecht: Altvater u.a., BPersVG, 8. Auflage 2013, § 78 Rdnr. 32a).
41 
In diesem Zusammenhang wären weitere Informationen notwendig gewesen: Dies gilt zum einen mit Blick darauf, dass zum Zeitpunkt der Beteiligung der Personalvertretung der Strafbefehl des Amtsgerichts ... noch nicht im Strafausspruch rechtskräftig war. Zum anderen musste der Personalrat davon ausgehen, dass der Beklagte dem Beweisantrag des Klägers, entsprechend seiner Verpflichtung aus § 15 Abs. 3 LDG, stattgeben werde. Hinzu kommt, dass zwischen Beteiligung des Personalrats und Erlass der Abschlussverfügung fast ein Jahr Zeit verstrichen ist und neue Tatsachen nicht mehr einbezogen wurden. Dies gilt insbesondere für Informationen über die geplante vorzeitige Zurruhesetzung des Klägers. Denn der Personalvertretung war nur der „Antrag“ des Klägers vom 16.08.2010 bekannt. Über den Fortgang des Zurruhesetzungsverfahrens wurde er nicht mehr informiert, insbesondere darüber, dass der Kläger nicht - wie „beantragt“ - zum ... in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde, sondern schon mit Ablauf des ... Dementsprechend war auch der Beurlaubungszeitraum erheblich kürzer als beantragt. Er dauerte lediglich vom ... bis zum ...
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG.
43 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG liegen nicht vor.

Gründe

 
23 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Disziplinarverfügung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
1. Die Klage ist nicht unzulässig geworden, weil sich die angefochtene Verfügung durch die Versetzung des Klägers in den Ruhestand erledigt hätte und der Kläger somit nicht mehr aus dem aktiven Beamtenverhältnis entfernt werden kann. Entscheidungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG werden mit Zustellung wirksam (§ 38 Abs. 2 Satz 1, 2 LDG, § 43 Abs. 1 LVwVfG). Erhebt der Beamte hiergegen Klage, die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens aufschiebende Wirkung entfaltet, wirkt die gerichtliche Entscheidung, welche die Disziplinarverfügung rechtskräftig bestätigt, auf den Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinarverfügung zurück. Ist der Beamte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten, wird das Ruhestandsverhältnis gegenstandslos (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2, 3 LDG und Burr, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 31 LDG Rdnr. 7). Entsprechendes gilt für den mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kraft Gesetzes einhergehenden (§ 31 Abs. 1 Satz 3 LDG), mit der Verfügung aber aktualisierten Verlust der Befugnis, die Amtsbezeichnung zu führen.
25 
Die Anordnung der Dienstenthebung gilt bei sachgerechter Auslegung der Verfügung nur bis zu einem vor Unanfechtbarkeit der Verfügung erfolgenden Eintritt des Klägers in den gesetzlichen Ruhestand. Entsprechendes gilt mit Blick auf den gesondert geregelten - und hier auch erfolgten - Einbehalt von Ruhestandsbezügen bei Eintritt in den Ruhestand vor Unanfechtbarkeit der Entfernungsverfügung (§ 31 Abs. 2 Satz 4 LDG) für die Anordnung des Einbehalts der Bezüge nach § 31 Abs. 2 Satz 1 LDG.
26 
2. Die Klage ist auch begründet. Der Senat überprüft die auf Entfernung aus dem Dienst gerichtete Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung zugrundegelegten Sachverhaltes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Senat, Urteil vom 07.03.2012 - DL 13 S 1614/11 -; Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) vom 15.07.2008; LT-Drs. 14/2996, S. 117). Die Disziplinarverfügung ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Es fehlt an der erforderlichen Erstanhörung des Klägers, an den notwendigen eigenen Ermittlungen durch die Disziplinarbehörde und damit an einer ordnungsgemäßen Begründung der Verfügung. In einem solchen Fall der Verletzung elementarer Verfahrensrechte ist eine Nachholung der ausstehenden Ermittlungen durch das Disziplinargericht nicht möglich. Darüber hinaus ist die Beteiligung der Personalvertretung rechtsfehlerhaft.
27 
Nach § 11 Abs. 1 LDG ist der Beamte über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu unterrichten. Ihm ist nach Abs. 2 der Vorschrift u.a. zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Er ist ferner darauf hinzuweisen, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. Für die Äußerung wird dem Beamten schriftlich eine angemessene Frist gesetzt (§ 11 Abs. 3 Satz 1 LDG). Die Vorschrift soll gleichermaßen dem Schutz des Beamten, der Aufklärung des Sachverhalts und der Beschleunigung des Verfahrens dienen. Es entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen, dem Betroffenen zu eröffnen, welches Vergehen ihm zur Last gelegt wird, und ihn hierzu anzuhören. Über das allgemeine Anhörungsrecht des § 28 LVwVfG hinaus sieht § 11 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und 2 LDG eine Erstanhörung des Beamten vor (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 68). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger wurde zwar in der Einleitungsverfügung ordnungsgemäß über seine Rechte im behördlichen Disziplinarverfahren belehrt und darauf hingewiesen, dass ihm ein Termin zur Anhörung genannt werden wird. Dies ist aber in der Folgezeit unterblieben. Der Kläger ist nur vor Erlass der Abschlussverfügung gehört worden. Darin liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler, der nicht mehr im gerichtlichen Verfahren geheilt werden kann.
28 
Zwar sieht § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG vor, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erstanhörung geheilt werden kann, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird, was nach Abs. 2 der Vorschrift bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich ist (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 69). Die Erstanhörung kann aber im vorliegenden Fall ihren Zweck nur noch erfüllen, wenn sie vor der abschließenden Anhörung des Beamten erfolgt, die vor dem Erlass der Abschlussverfügung vorgesehen ist. Denn im Falle des Klägers fehlt es neben seiner Erstanhörung an eigenen Feststellungen des Beklagten zum disziplinarisch erheblichen Sachverhalt. Die Disziplinarverfügung beschränkt sich in tatsächlicher Hinsicht auf die Wiedergabe der vom Kläger bestrittenen knappen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts ... Eine Bindungswirkung an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts besteht jedoch nicht.
29 
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG sind nur die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, nicht auch eines Strafbefehls, im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -). Zwar können nach § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zu Grunde gelegt werden. Es dürfen aber keine Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit bestehen. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Beamte die Feststellungen bestreitet. So liegt der Fall hier. Aufgrund der substantiierten Einwendungen des Klägers, die er erstmals in der Schlussanhörung mit Schreiben vom 16.08.2010 vorbringen und mit einem Beweisantrag untermauern konnte, mussten sich (spätestens) für den Beklagten aber Zweifel am Sachverhalt ergeben, zumal er bis zu diesem Zeitpunkt den Kläger noch nicht angehört hatte. In einem solchen Fall scheidet die Anwendung des § 14 Abs. 2 LDG aus (Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 14 LDG Rdnr. 12; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 04.09.2008 - 2 B 61.07 -, NVwZ 2009, 597; BVerwG, Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -; BayVGH, Urteil vom 11.08.2010 - 16 AD 10.189 -). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger seinen Einspruch gegen den Strafbefehl schließlich zurückgenommen hat und diesen rechtskräftig werden ließ. Dieser Verzicht auf eine Fortführung des Verfahrens kann im Interesse eines schnelleren Verfahrensabschlusses oder - wie hier vom Kläger geltend gemacht - aus Scheu vor einer öffentlichen Hauptverhandlung erfolgen; er kommt deshalb nicht stets dem Geständnis des im Strafbefehl vorgeworfenen Verhaltens gleich (BVerwG, Beschluss vom 01.12.1987 - 2 WB 66/87 -, BVerwGE 83, 373).
30 
Soweit sich der Beklagte hinsichtlich möglicher Milderungsgründe auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.04.2010 im Verfahren gegen seine vorläufige Dienstenthebung beruft, übersieht er, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt nur um prognostische Ausführungen mit Blick auf die voraussichtliche Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG) handelte, und weitere Sachverhaltsentwicklungen gar nicht in den Blick genommen werden konnten und sie im Ergebnis - ebenso wie die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl - unzutreffend sind.
31 
Nur bei der Nachholung der versäumten Erstanhörung vor der abschließenden Anhörung ist im Falle des Klägers mit Sicherheit auszuschließen, dass sich der Verfahrensmangel nicht auf die Disziplinarverfügung ausgewirkt hat (vgl. auch Nonnenmacher, in: v. Alberti u.a., a.a.O., § 11 LDG, Rdnr. 12). Gleiches gilt mit Blick auf § 46 LVwVfG, wonach die Aufhebung eines - nicht nichtigen - Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (Senat, Beschluss vom 12.09.2013 - DL 13 S 1541/13 - bei fehlender Schlussanhörung; Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rdnr. 36; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010 - DL 10 K 210/10 - im Hinblick auf die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung). Dies lässt sich im Falle des Klägers nicht ausschließen. Damit wirkt sich der Verfahrensfehler auch materiell-rechtlich aus.
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Da der Beklagte zu Unrecht eine Bindung an den Strafbefehl des Amtsgerichts ... und das Urteil des Verwaltungsgerichts ... angenommen und keine eigenen Feststellungen zum Vorliegen eines Dienstvergehens getroffen hat, fehlt es der streitgegenständlichen Verfügung auch an der ordnungsgemäßen Begründung, wie sie § 38 Abs. 2 Satz 2 LDG umschreibt. Dieses Defizit führt zur Rechtswidrigkeit der Verfügung und kann in dieser Fallkonstellation auch nicht vom Gericht durch eigene Sachverhaltsermittlungen und -würdigung nachgeholt werden, weil es ansonsten eine eigene Bemessungsentscheidung treffen und nicht die von der Disziplinarbehörde getroffene Entscheidung überprüfen würde. Dem Disziplinargericht ist im vorliegenden Fall die Durchführung einer Beweisaufnahme zur Feststellung des disziplinarisch relevanten Sachverhaltes versagt, weil es sich ansonsten über die dem Beklagten zustehende Disziplinarbefugnis hinwegsetzen würde. Denn die wesentlichen Feststellungen hat nach baden - württembergischen Landesrecht die Disziplinarbehörde zu treffen, der nach dem Willen des Gesetzgebers die Disziplinarbefugnis zustehen soll. Das Gericht überprüft den in der Disziplinarverfügung dargestellten und geahndeten disziplinaren Vorwurf. Streitgegenstand und damit Umfang und Grenzen der gerichtlichen Überprüfung werden ausschließlich durch die Abschlussverfügung selbst bestimmt (so auch Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 21 AGVwGO, Rdnr. 2; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Begründung zu § 38 LDG). Zwar kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO das Gericht die Verfügung aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist aber, dass ein Dienstvergehen erwiesen ist. Hieran fehlt es mangels entsprechender Feststellungen der Disziplinarbehörde.
33 
Diese Ansicht wird auch dadurch bestätigt, dass sich der dem Strafbefehl zugrunde liegende Vorwurf des Besitzes von 256 strafrechtlich relevanten kinderpornografischen Dateien in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer nicht aufrecht erhalten ließ. Das Verwaltungsgericht hat 10 Bilder und zwei Filme in Augenschein genommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich dabei um strafrechtlich relevante kinderpornografische Bilder und Filme handelt. Die verbleibenden 246 Bilder und drei Filme hat es keiner Beweiswürdigung unterzogen, sondern zugunsten des Klägers und insoweit abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts und des Urteils des Verwaltungsgerichts ... im Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung des Klägers angenommen, dass es sich dabei um jugendpornografische Dateien oder sog. Posing-Bilder handelte, deren Besitz im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung noch nicht strafbewehrt war. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnte nicht geklärt werden, ob sie tatsächlich einen disziplinarisch relevanten Inhalt haben.
34 
Fehlt es somit derzeit an einer umfassenden Ermittlung der das Dienstvergehen begründenden Tatsachen, lässt sich nicht feststellen, ob ein schweres Dienstvergehen anzunehmen ist, das bei einem aktiven Beamten zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 Abs. 1 Satz 1 LDG) bzw. bei einem Ruhestandsbeamten zur Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 Abs. 1 Satz 1 LDG) führt.
35 
Denn ein schweres Dienstvergehen ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG erst dann anzunehmen, wenn der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren hat. Die Vorschrift trifft keine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen die Tatbestandsmerkmale „schweres Dienstvergehen“ und „endgültiger Vertrauensverlust“ anzunehmen sind. Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG; Senat, Urteil vom 07.06.2011 - DL 13 S 1826/10 - a.a.O.). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Begründung zu § 26 LDG,a.a.O., S. 86).
36 
Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht der Sachverhalt, der dem Vorwurf des Dienstvergehens und dem sich daraus ergebenden Maß des Vertrauens- oder Ansehensverlustes zugrunde liegt. Gegenstand der Ermittlungen sind aber auch alle Umstände, die das Persönlichkeitsbild des Beamten prägen oder für die Frage von Bedeutung sind, in welchem Maße der Beamte der Pflichtenmahnung bedarf (Begründung zu § 12 LDG, a.a.O., S. 70; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O.).
37 
Nur ergänzend sei bemerkt, dass auch die nach § 12 LDG bemessungsrelevanten entlastenden Umstände nicht ermittelt wurden. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich nicht nur auf den objektiven und subjektiven Tatbestand der Pflichtenverstöße, sondern auch auf alle Umstände, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können. Hierzu zählt insbesondere das Übergehen des vom Kläger in der Schlussanhörung gestellten Beweisantrags, wonach er die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Alters der dargestellten Personen und dessen Erkennbarkeit für einen Laien „ausdrücklich“ beantragte. Diesem Antrag hätte, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nach § 15 Abs. 3 LDG stattgegeben werden müssen, weil er sowohl für die Tatfrage, die Schuldfrage und für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein konnte. Weiterhin ist der Einwand des Klägers zu berücksichtigen, dass er sich angesichts der Menge des pornografischen Materials insgesamt nicht darüber bewusst gewesen sei, überhaupt kinderpornografische Darstellungen zu besitzen. In diesem Zusammenhang ist erheblich, dass das kinderpornografische Bildmaterial nach den unwidersprochenen Angaben des Klägers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bestätigte, allenfalls 0, 1 bis 0, 2 % seines Datenbestandes ausmachte (BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 - 2 B 133/11 -). Hinzu kommt, dass der Kläger, der als ... Schüler zwischen 17 und 43 Jahren unterrichtete, disziplinarisch nicht vorbelastet ist, seinen Dienst Jahrzehnte lang sehr engagiert und mit überdurchschnittlichen Beurteilungen versah und ihm die nächsthöhere Leistungsstufe gewährt wurde.
38 
Bei dieser Sachlage ist auch die Beteiligung des Personalrats nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil auch er davon ausging, dass der Kläger im Besitz von 256 strafrechtlich relevanten Dateien und fünf Filmen war. Darüber hinaus fehlten ihm weitere Informationen über das weitere Vorgehen des Beklagten. Auch dieser Verfahrensfehler führt unheilbar zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Disziplinarverfügung (Senat, Beschluss vom 02.03.2011 - DL 13 S 2492/10 -; VGH Baden - Württemberg, Beschluss vom 03.12.1992 - D 17 S 20/92).
39 
Nach § 80 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 2 LPVG wirkt der Personalrat beim Erlass von Disziplinarverfügungen mit, sofern der Beamte dies nach § 80 Abs. 2 Satz 2 LPVG beantragt, worauf er nach § 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG hinzuweisen ist. Die beabsichtigte Maßnahme ist dem Personalrat rechtzeitig bekanntzugeben und auf Verlangen mit ihm zu erörtern (§ 72 Abs. 1 LPVG). Dabei ist die Personalvertretung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (§ 68 Abs. 2 Satz 1 LPVG). Ihr sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Mit der Ausweitung der behördlichen Disziplinarbefugnisse durch das Landesdisziplinargesetz geht ausweislich der Gesetzesbegründung eine Stärkung der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung einher (Senat, Beschluss vom 02.03.2011, a.a.O., m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Vorschriften hält der Senat das Beteiligungsverfahren aus mehreren Gründen für defizitär:
40 
Entsprechend dem sich bei den Akten befindlichen Formblatt „Beteiligung des Personalrats PERS“ wurden dem Kläger unter dem 18.08.2010 „der Antrag auf Beteiligung mit Schriftsatz vom 16.08.2010, die abschließende Anhörung gem. § 20 LDG, die Suspendierung des Beamten bestätigendes Urteil des VG... vom 21.04.2010 (rechtskräftig seit 15.07.2010)“ übersandt. Allerdings ist die tatsächliche Übersendung der genannten Schriftstücke, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht moniert, nicht dokumentiert. Unter dem 19.08.2010 wurde noch die Einleitungsverfügung vom 07.10.2009 nachgereicht. Weitere Unterlagen wurden ihm nicht übersandt (vgl. zur umfassenden Unterrichtung des Personalrats auch Altvater u.a., LPersVG Baden - Württemberg, 2. Auflage, § 80, Rdnr. 21; ebenso zum Bundesrecht: Altvater u.a., BPersVG, 8. Auflage 2013, § 78 Rdnr. 32a).
41 
In diesem Zusammenhang wären weitere Informationen notwendig gewesen: Dies gilt zum einen mit Blick darauf, dass zum Zeitpunkt der Beteiligung der Personalvertretung der Strafbefehl des Amtsgerichts ... noch nicht im Strafausspruch rechtskräftig war. Zum anderen musste der Personalrat davon ausgehen, dass der Beklagte dem Beweisantrag des Klägers, entsprechend seiner Verpflichtung aus § 15 Abs. 3 LDG, stattgeben werde. Hinzu kommt, dass zwischen Beteiligung des Personalrats und Erlass der Abschlussverfügung fast ein Jahr Zeit verstrichen ist und neue Tatsachen nicht mehr einbezogen wurden. Dies gilt insbesondere für Informationen über die geplante vorzeitige Zurruhesetzung des Klägers. Denn der Personalvertretung war nur der „Antrag“ des Klägers vom 16.08.2010 bekannt. Über den Fortgang des Zurruhesetzungsverfahrens wurde er nicht mehr informiert, insbesondere darüber, dass der Kläger nicht - wie „beantragt“ - zum ... in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde, sondern schon mit Ablauf des ... Dementsprechend war auch der Beurlaubungszeitraum erheblich kürzer als beantragt. Er dauerte lediglich vom ... bis zum ...
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG.
43 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG liegen nicht vor.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2015 - DL 20 K 1481/13 - geändert. Die Verfügung der Beklagten vom 02.04.2013 wird geändert. Das monatliche Ruhegehalt des Klägers wird um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr anteilig vermindert. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am ... geborene Kläger wurde nach dem Abschluss seiner Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst am ... bei der Beklagten als Stadtinspektor zur Anstellung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt. Am ... wurde er zum Stadtinspektor, am ... zum Stadtoberinspektor ernannt. Mit Wirkung zum ... wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Es folgten Beförderungen zum Stadtamtmann am ... und zum Stadtamtsrat am .... Bis ... war der Kläger im Haupt- und Rechtsamt der Beklagten als EDV- und Organisationssachbearbeiter tätig und mit der Aufgabe des Netzwerkadministrators des EDV-Systems der Beklagten betraut.
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts ... vom 22.04.2009 - ...... - wurde der Kläger wegen Sachbeschädigung in sieben Fällen sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtgeldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 60 EUR verurteilt. Dieser Verurteilung lag zu Grunde, dass der Kläger zwischen dem 09.05. und dem 19.05.2008 41 Sicherheitsvorhängeschlösser, davon 30 irreparabel, am ...... mit Klebstoff, teilweise auch unter Verwendung von Holzteilchen, unbrauchbar machte. Zudem setzte sich der Kläger am 19.05.2008 mit Tritten, Schlägen und Bissen gegen einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes zur Wehr, der mit der Durchführung von Bewachungsleistungen für den ... betraut war.
Nachdem der Beklagten die Einleitung des dieser Verurteilung vorausgegangenen Ermittlungsverfahrens bekannt geworden war, entzog sie ihm am 19.06.2008 die mit seiner Dienstaufgabe des Netzwerkadministrators verbundenen Rechte. Ab dem 01.07.2008 wurde der Kläger der Stadtkämmerei zugeordnet. In der Folgezeit war der Kläger im Wesentlichen krankgeschrieben. Mit Wirkung vom 20.07.2009 wurde er auf eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 beim Bauverwaltungsamt umgesetzt. Mit Bescheid vom ... wurde der Kläger vorzeitig in den Ruhestand versetzt und befindet sich seit dem ... im Ruhestand. Seit Eintritt in den Ruhestand bezieht der ... und ... Kläger unter Einbeziehung eines Versorgungsabschlages von 10,8 % ein Ruhegehalt entsprechend 53 % seiner ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (Besoldungsgruppe A 12, Erfahrungsstufe 9), das nach seinen Angaben in der Berufungsverhandlung derzeit ca. 2.000 EUR netto beträgt. Es kommen Einnahmen aus einer in den Sommermonaten ausgeübten Tätigkeit in einem ... auf 450-Euro-Basis hinzu. Nach seinen Angaben in der Berufungsverhandlung hat der Kläger keine Schulden.
Mit Verfügung vom 05.08.2009 leitete die Beklagte ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein und begründete dies damit, dass der dringende Verdacht bestehe, der Kläger habe gegen die Pflichten aus §§ 73 Satz 1, 73 Satz 3, 74 Satz 2 und § 75 Abs. 1 LBG a.F. verstoßen. Nachdem sie ihm wegen der Vorfälle auf dem ... alle Administratorenrechte für das EDV-System entzogen habe, habe sich der Kläger nach Wiederaufnahme seines Dienstes am ... von seinem neuen Arbeitsplatz aus über den dienstlichen PC als Netzwerkadministrator eingeloggt, um systematisch Zugriff auf Dienstgeheimnisse zu nehmen. Es sei festgestellt worden, dass er auch systematisch Dateien und Ordner auf der persönlichen Festplatte des Leiters des Personalamts, Herrn ..., und der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, Frau ..., ausgespäht habe. Nachdem das Administratorenkennwort am 23.07.2009 geändert worden sei, habe er am 24.07.2009 versucht, rechtswidrig die Administratorenrechte wiederzuerlangen. Zudem habe sich herausgestellt, dass er mit den ausgespähten Zugangsdaten online unerlaubt in der ...-Datenbank recherchiert habe.
Am 05.08.2009 verbot die Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung der Dienstgeschäfte. Mit Verfügung vom 19.09.2009 enthob die Beklagte den Kläger vorläufig des Dienstes. Am 07.12.2009 wurde die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet. Am 01.02.2010 ordnete die Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs die Einbehaltung von 50 v.H. der monatlichen Bezüge im Sinne von § 3 Abs. 1 LDG an. Die gegen die Verfügungen vom 19.09.2009 und vom 01.02.2010 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart anhängig gemachten Klageverfahren (DL 20 K 4105/09 und DL 20 K 767/10) ruhen seit dem 24.11.2010.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 11.03.2010 - ...... - ist dem Kläger zur Last gelegt worden, sich unbefugt Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft zu haben, indem er sich vom 20.07. bis 22.07.2009 an seinem Bildschirmarbeitsplatz im Bauverwaltungsamt an der EDV-Anlage der Beklagten nicht mit der ihm zugewiesenen Kennung, sondern unter Verwendung des ihm aus seiner früheren Tätigkeit noch bekannten Systemverwalterpassworts als Systemverwalter ("admin") anmeldete und auf diese Weise Zugriff auf die gespeicherten dienstlichen Daten der Leiterin des Rechts- und Hauptamts und des Leiters des Personalamts, nahm, obwohl ihm bewusst war, dass ihm ein Zugriff auf diese Daten nicht gestattet war. Nachdem der Kläger gegen diesen Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte, wurde das Verfahren mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 26.11.2010 gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.
Im Rahmen des Disziplinarverfahrens holte die Beklagte ein Gutachten der ......, zu den dem Kläger vorgeworfenen EDV-Aktivitäten ein (Blatt 425 - 495 der Disziplinarakte).
Im weiteren Verlauf des Disziplinarverfahrens wurde unter anderem ein psychiatrisches Attest des den Kläger seit dem 04.08.2009 behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. ...,... vom 20.04.2010 (Blatt 649 der Disziplinarakte), das dem Kläger eine schwere depressive Episode mit psychotisch-paranoider Ausgestaltung bei einer schizoid-sensitiven Persönlichkeit bescheinigt, ein neurologisches Gutachten des Prof. Dr. ..., ..., vom 07.05.2009 (Blatt 795 - 821 der Disziplinarakte) sowie Stellungnahmen des Gesundheitsamtes des Landratsamtes ... vom 24.07.2008 (Blatt 791 der Disziplinarakte), vom 26.06.2009 (Blatt 823 der Disziplinarakte), vom 19.08.2010 (Blatt 825 der Disziplinarakte), vom 22.09.2010 (Blatt 835 der Disziplinarakte) und vom 15.09.2011 (Blatt 847 der Disziplinarakte) vorgelegt. Im Schreiben vom 22.09.2010 hielt das Gesundheitsamt die Bestellung eines Verfahrensvertreters für erforderlich. Den daraufhin von der Beklagten am 14.10.2010 gestellten Antrag auf Bestellung eines Vertreters gemäß § 16 LVwVfG lehnte das Amtsgericht... mit Beschluss vom 30.03.2011 - ... - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ab. Aus dem Gutachten ergebe sich, dass der Kläger geschäftsfähig sei, so dass er wirksam Vollmacht erteilen könne. Er habe einem Rechtsanwalt Vollmacht erteilt, so dass ein weiterer Vertreter vom Betreuungsgericht nicht bestellt werden müsse.
Auf Ersuchen der Beklagten vom 07.11.2011 erstattete der im Verfahren auf Bestellung eines Vertreters gemäß § 16 LVwVfG tätig gewordene Gutachter Diplom-Psychologe Dr. ..., ..., am 08.12.2011 ein fachpsychologisches Sachverständigengutachten über den Kläger (Blatt 997 - 1035 der Disziplinarakte), das als Diagnosen eine schwere depressive Episode und eine schizoide Persönlichkeitsstörung nennt, aber zu dem Schluss kommt, dass bei Begehung der Handlungen des Klägers in der Zeit vom 20. bis 24.07.2009 aus fachpsychologischer Sicht keine Schuldunfähigkeit oder Schuldverminderung im Sinne der §§ 20, 21 StGB in Betracht gezogen werden kann.
10 
Des Weiteren wurden im Disziplinarverfahren die bei der Beklagten beschäftigten Zeugen ... (verantwortlicher Mitarbeiter für den IT-Support und die Installationen),... (Systemadministrator und Netzwerkverantwortlicher) sowie ... (Leiter der Abteilung Kommunikation und Innere Dienste) vernommen.
11 
Mit Schreiben vom 03.12.2012 leitete die Beklagte dem Kläger "vorläufige Erwägungen zum Abschluss des Disziplinarverfahrens" zu und gab ihm Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme. Mit Schreiben vom 28.01.2013 machte der Kläger geltend, dass die Bewertungen und Schlussfolgerungen im Gutachten des Dr. ... vom 08.12.2011 nicht nachvollziehbar seien, und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage seiner Schuldfähigkeit bei Begehung der ihm vorgeworfenen Pflichtverstöße.
12 
Mit Schreiben vom 02.04.2013 lehnte die Beklagte den Beweisantrag unter Hinweis auf das von ihr eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. ... ab. Eine substantiierte Kritik an diesem Gutachten habe der Kläger nicht vorgebracht.
13 
Mit Verfügung vom 02.04.2013 erkannte die Beklagte dem Kläger das Ruhegehalt ab und ordnete die Einbehaltung von Dienstbezügen in Höhe von 10 % in den ersten drei Monaten, von 20 % in den anschließenden 6 Monaten und danach von 30 % an. Zur Begründung wurde ausgeführt: Trotz der dem Kläger bekannten Regeln und Verbote zur Internetnutzung und zur Nutzung des EDV-Systems für einfache Nutzer, trotz des ihm bekannten Entzugs der Netzwerk-Administratorenrechte und seiner Umsetzung von der EDV-Abteilung des Haupt- und Rechtsamts zum 20.07.2009 zum Bauverwaltungsamt habe der Kläger während der registrierten Dienstzeiten zwischen dem 20.07.2009 und dem 24.07.2009 folgende Handlungen vorgenommen:
14 
a) Er sei in 45 Fällen verbotswidrig unter Missbrauch des ihm bekannten Passwortes als Nutzer "admin" (Netzwerk-Administrator) in geschützte Dateien und Daten, die sich auf Rechnern des Haupt- und Rechtsamtes (Frau ...) und der Personalabteilung (Herr ...) befunden hätten, eingedrungen und habe diese in einem Ordner auf seinem Dienst-PC im Bauverwaltungsamt geladen und dort gespeichert. Unter den von dem Kläger geladenen Dateien hätten sich im Einzelnen näher benannte Dokumente, insbesondere über sensible interne Vorgänge der Stadt, über dritte Mitarbeiter der Stadt sowie interne Dokumente über seinen eigenen Personalfall befunden.
15 
b) Der Kläger habe unter Missbrauch der Zugangsdaten für Netzwerk-Administratoren unzulässig aus dem Internet das Programm Google earth heruntergeladen und installiert.
16 
c) Der Kläger habe verbotswidrig den Internetbrowser "..." heruntergeladen und auf seinen Dienstrechner gespeichert bzw. diesen Browser über einen nur für EDV-Mitarbeiter und Serverdienste zugelassenen Weg ins Internet genutzt. Er habe sich einen eigenen Weg ins Internet eingerichtet, indem er zur Umgehung des "..." der Stadt, der sämtliche Internetaufrufe protokolliere, als anzusteuernden ... denjenigen des Kommunalen Rechnungszentrums in die Einstellungen des Internetbrowsers "..." eingetragen habe. Dies habe er getan, obwohl er aufgrund der Blockade des zuvor von ihm genutzten, ihm aber nicht erlaubten Internetzugangs bemerkt haben müsse, dass die EDV-Abteilung seine verbotswidrigen Aktivitäten bereits beobachtet habe.
17 
d) Der Kläger habe sich nach vorheriger verbotswidriger Ermittlung des Benutzernamens und des persönlichen Kennworts von ..., die nur durch Missbrauch seiner Kenntnisse von den Zugangsdaten des Netzwerk-Administrators habe erreicht werden können, Zugang zum Internetportal ... unter Verwendung der Zugangsdaten der ... verschafft und dort recherchiert.
18 
e) Obwohl die EDV-Abteilung bis Dienstbeginn am 23.07.2009 sämtliche eingetragenen Passwörter für Administratoren im EDV-System geändert und alle lokalen Administratorenzugänge des Dienstrechners gesperrt habe, habe der Kläger erneut versucht, sich unter Eingabe der Netzwerkadministratoren-Zugangsdaten in verbotener Weise ins System der Stadt einzuloggen.
19 
f) Der Kläger habe im Anschluss versucht, ihm nicht erlaubte zentrale Systemprogramme des Betriebssystems der EDV der Stadt anzuwenden und auf diesem Weg sich erneut und beharrlich unerlaubten Zugang als Administrator oder in vergleichbarer Weise zu verschaffen.
20 
Der Kläger habe damit gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an seinen Beruf (§ 73 Satz 1 LBG a.F.), zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 73 Satz 3 LBG a.F.), zur Ausführung und Beachtung der von Vorgesetzten getroffenen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien (§ 74 Satz 2 LBG a.F.) und zur Einhaltung von Recht und Gesetz (§ 75 Abs. 1 LBG a.F.) verstoßen. Darüber hinaus habe er den Tatbestand des Ausspähens von Daten gem. § 202a StGB schuldhaft und vorwerfbar verwirklicht. Der Missbrauch der besonderen - und nach Beendigung der Tätigkeit nachwirkenden - Vertrauensposition als Netzwerkadministrator sowie der Missbrauch besonderer persönlicher Fachkenntnisse über mögliche Zugänge zum EDV-System der Stadt führe zu einer schweren Verletzung von Kernbereichspflichten des Klägers. Auf Grund seiner Vor- und Fachkenntnisse über das System sei dem Kläger gleichsam jederzeit ein erneutes, technisch nicht zu verhinderndes Eindringen in sämtliche Bereiche des Systems möglich. Der Kläger habe damit ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 LDG begangen. Zwar habe der Kläger über lange Jahre unbescholten und mit guten bis sehr guten Leistungen für die Stadt gearbeitet. Allerdings habe er in der Vergangenheit schon Verhaltensweisen gezeigt, die nicht mit den Dienstpflichten übereinstimmten. So habe er etwa ohne Zustimmung der Betroffenen Listen der persönlichen Passwörter von Mitarbeitern der Stadt angefertigt, um dadurch bei Wartungsarbeiten "leichter" in die einzelnen PCs der Mitarbeiter zu kommen. In mehreren Fällen habe er zu Lasten bestimmter Beamter seine Kenntnisse über das EDV-System der Stadt eingesetzt, indem er deren Internetzugang manipuliert und dadurch künstlich verlangsamt habe. In die Pflichtwidrigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns habe er wenig bis keine Einsicht gezeigt. Als am 24.07.2009 das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen worden sei, sei er uneinsichtig gewesen und habe auf das (vermeintlich falsche) Verhalten anderer und auf seine gesundheitliche Situation verwiesen. Diese Einstellung habe er im Rahmen der Begutachtung durch Dr. ... aufrechterhalten. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Handlungen voll schuldfähig gehandelt. Dies habe die Begutachtung des Klägers im Rahmen des Verfahrens zur Bestellung eines Vertreters nach § 16 LVwVfG sowie die Begutachtung im Disziplinarverfahren ergeben. Die Erkrankung des Klägers ergebe allenfalls ein Nachvollziehen der inneren Abläufe bei ihm, führe aber nur in sehr begrenztem Maße zur Annahme mildernder Umstände. Die nahezu ausschließliche Ursache für das Dienstvergehen sei vielmehr in der Persönlichkeitsstruktur des Klägers zu finden. Der Umstand, dass nicht sofort nach seinem Wiederantritt zum Dienst vollumfängliche Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz des EDV-Systems eingerichtet worden seien (lediglich das Passwort der Netzwerk-Administratoren für den sog. Fernzugriff auf die Server ausgehend vom PC des Beamten sei gesperrt worden), wirke nur in sehr begrenztem Maße maßnahmemildernd. Denn dem Kläger seien ausdrücklich seine Rechte als Netzwerkadministrator entzogen worden und es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass er in so grobem Maße seine Dienstpflichten verletzten würde. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Handlungen des Klägers ihren übrigen Mitarbeitern nicht verborgen geblieben seien. Das Vertrauen des Dienstherrn in eine pflichtgemäße Amtsführung des Klägers sei damit endgültig zerstört.
21 
Der Kläger hat am 03.05.2013 gegen die ihm am 06.04.2013 zugestellte Verfügung vom 02.04.2013 Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Disziplinarverfügung erhoben.
22 
Einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die in der Verfügung vom 02.04.2013 unter Ziffer 3 angeordnete Einbehaltung von Dienstbezügen hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 08.10.2014 (DL 20 K 2798/14) abgelehnt. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 23.03.2015 (DL 13 S 2173/14) den Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen die Ziffer 3 der Verfügung vom 02.04.2013 angeordnet.
23 
Zur Begründung der Klage hat der Kläger unter anderem vorgetragen: Zahlreiche ärztliche Stellungnahmen - etwa der Entlassbericht der ... Klinik ... vom 23.02.2010 über einen stationären Aufenthalt vom 29.01.2010 bis zum 19.02.2010, in dem die Diagnose einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und eine schizoide Persönlichkeitsstörung gestellt worden sei (Blatt 39 bis 51 der Akte DL 20 K 1481/13 des VG Stuttgart), sowie Arztbriefe des ihn behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. ... vom 10.09.2009 und 10.03.2010 (Blatt 37 und 53 der Akte DL 20 K 1481/13 des VG Stuttgart) - sprächen dafür, dass er zum Zeitpunkt und in Bezug auf das ihm vorgeworfene Verhalten nicht in der Lage gewesen sei, das Unrecht seines Verhaltens einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Der von ihm gestellte Antrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens sei von der Beklagten verspätet und nicht nachvollziehbar abgelehnt worden. Jedenfalls sei zu seinen Gunsten der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden. Die Maßnahme scheine übersetzt. Er habe mit seiner Suche nach Anhaltspunkten für das Mobbing nicht im Kernbereich seiner Pflichten schuldhaft gehandelt. Er sei nicht mehr im IT-Wesen der Behörde tätig gewesen, sondern an einen Azubi-Arbeitsplatz, einen Dienstposten im Bauverwaltungsamt, verwiesen worden. Es sei nachvollziehbar, dass er auf Grund der zuvor gezeigten Härte seiner Vorgesetzten wegen des Vorfalls mit den Schlössern und der gezeigten Verständnislosigkeit für seine Situation zutiefst verunsichert und auf der Suche nach Belegen für die Voreingenommenheit und nach Leidensgenossen gewesen sei. Dabei sei es ihm vornehmlich um die eigene Orientierung gegangen, ohne dass eine Schadensverursachung erkennbar oder gar beabsichtigt gewesen sei. Er habe auf Grund früherer Bagatellisierung von Verstößen gegen die IT-Sicherheit durch Kollegen auch ein geringes Unrechtsbewusstsein gehabt. Es liege ein Mitverschulden der Beklagten vor, die das Administratoren-Kennwort über ein Jahr seit seinem krankheitsbedingten Fehlen nicht abgeändert habe. Das Passwortregime der Beklagten sei äußerst lax gehandhabt worden.
24 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist der Gutachter Dr. ... gehört worden. Hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Anlage zur Niederschrift (Blatt 265 - 271 der Akte DL 20 K 1481/13) verwiesen.
25 
Mit Urteil vom 21.05.2015 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Aberkennung des Ruhegehalts seien gegeben. Der Kläger habe ein schuldhaftes Dienstvergehen begangen. Der objektive Sachverhalt, wie er dem Kläger in der angegriffenen Disziplinarverfügung vorgeworfen werde, stehe unstreitig fest. Der Kläger habe damit gegen seine Pflicht, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG), gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), vor allem aber auch gegen seine Pflicht zur Ausführung und Beachtung der von Vorgesetzten getroffenen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien (§ 35 Satz 2 BeamtStG) und gegen seine Pflicht zur Einhaltung von Recht und Gesetz (§ 36 Abs. 1 BeamtStG) verstoßen. Der Kläger habe das Dienstvergehen schuldhaft begangen. Eine dem § 21 StGB entsprechende Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit liege nicht vor. Dies ergebe sich aus dem im behördlichen Disziplinarverfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. ..., der nach ausführlicher Exploration, der Befragung der Lebensgefährtin des Klägers und unter Verwertung von zahlreichen vom Kläger vorgelegten Attesten zu den Diagnosen "schizoide Persönlichkeitsstörung" und "schwere depressive Episode" komme. Allerdings verneine der Gutachter sowohl die fehlende Einsichtsfähigkeit wie auch die fehlende Steuerungsfähigkeit. Es sei auch nach Ansicht des Gerichts nicht weiter zweifelhaft, dass Einsichtsfähigkeit bestehe. Auch dem Kläger sei jederzeit klar gewesen, dass ihm sein Handeln nicht erlaubt gewesen sei und Unrecht darstelle. Die Steuerungsfähigkeit habe dem Kläger zum Zeitpunkt der Tat ebenfalls nicht gefehlt. Hierzu würden andere darauf hinweisende Steuerungsbrüche fehlen. Die auffälligen Verhaltensweisen, die beim Kläger durchaus festzustellen seien, seien nach den überzeugenden Darlegungen des Gutachters Dr. ... kein Ausdruck für Steuerungsbrüche oder gar für eine paranoide Störung. Es sei für das Gericht nachvollziehbar, dass es auch noch in anderen Bereichen des Lebens Probleme mit der Steuerung geben müsse, um von einem Verlust der Steuerungsfähigkeit auszugehen. Eine punktuell unerklärliche Verhaltensweise reiche dafür nicht aus. Der Kläger sei mit vielen logischen, geplanten und vollzogenen Einzelschritten im Verlauf des Tatgeschehens in der fraglichen Woche vorgegangen. Ein Steuerungsverlust hätte - wie der Gutachter überzeugend dargelegt habe - einen anderen Ablauf des Tatgeschehens, eben nicht über einen langen, in Einzelsequenzen gegliederten und bewusst reflektierten Ablauf impliziert. Soweit in Attesten des Dr. ... und im Entlassbericht der ... Klinik ... von "Wahn" gesprochen werde, habe der Gutachter in der mündlichen Verhandlung diese Bezeichnung für unrichtig gehalten. Die beim Kläger vorhandene Idee, alles wende sich gegen ihn, sei nicht klinisch relevant, sondern fuße auch in der Realität. Überzeugend habe der Gutachter dargelegt, dass eine schwere depressive Episode keine höhere Neigung zu delinquentem Verhalten bedeute. Grund für das Verhalten sei der Rückzug im sozialen Bereich und der empfundene Verlust an Selbstwert. Vor diesem Hintergrund habe der Gutachter zur Überzeugung des Gerichts eine veränderte Selbstwahrnehmung des Klägers, aber keinen Verlust der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit konstatiert. Das vom Kläger begangene Dienstvergehen wiege schwer, so dass das Vertrauen des Dienstherrn in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren gegangen sei. Der Kläger habe die ihm eingeräumte Vertrauensstellung als Netzwerkadministrator schwerwiegend missbraucht. Die Verpflichtung des Administrators, sorgsam mit den ihm anvertrauten Daten umzugehen, gerade weil er über spezifische Kenntnisse und Berechtigungen verfüge, gehöre zum Kern der Dienstpflichten in dieser Funktion. Wegen dieser besonderen Verantwortung werde ihm ein ganz spezifisches, gesteigertes Vertrauen entgegengebracht, zumal sich diese Tätigkeit nicht von einem Dritten überwachen lasse. Dies wirke in der später eingenommenen Stellung nach, auch wenn der Kläger zum Zeitpunkt des Dienstvergehens die Funktion des Netzwerkadministrators nicht mehr innegehabt habe. Für das Gewicht der Verfehlung sei nicht entscheidend, dass kein materieller Schaden entstanden sei. Der Schaden liege in dem geschädigten Vertrauen bei der Vielzahl der Kollegen, deren Daten sich der Kläger unberechtigt angeeignet habe, sowie in dem erheblichen Arbeitsaufwand, den die Änderung des Administratorenkennworts wegen des Verhaltens des Klägers erfordert habe. Die Beklagte treffe zwar wegen des Unterlassens der Änderung des Kennworts des Netzwerkadministrators ein gewisses Mitverschulden, das die Tat erleichtert habe. Dies führe aber zu keiner wesentlichen Entlastung des Klägers. Das Weitergewährenlassen nach der Änderung des Passworts sei keine Hinterlist der Beklagten gewesen, sondern dem erforderlichen schrittweisen Vorgehen nach Erkennen der bestehenden Gefahr geschuldet. Der Umstand, dass der Kläger während der Begehung der Tat seine verbotswidrigen Bemühungen nicht einmal dann eingestellt habe, als er habe erkennen müssen, dass er wegen der Änderung der Kennwörter auf Schwierigkeiten bei der Weiterverfolgung der unerlaubten Tätigkeiten stoße, falle erheblich zu seinen Lasten ins Gewicht. Die bestehende, als schizoide Persönlichkeitsstörung und schwere depressive Episode diagnostizierte psychische Erkrankung führe zu keiner wesentlichen Milderung in Bezug auf die Schwere des Dienstvergehens. Sie sei nicht annähernd einem der klassischen Milderungsgründe wie einer einmaligen persönlichkeitsfremden Gelegenheitstat oder psychischen Ausnahmesituation (Zwangslage) vergleichbar. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Kläger durch eine - inzwischen überwundene - negative Lebensphase aus der Bahn geworfen worden sei. Der Gutachter habe ausdrücklich festgestellt, dass die Erkrankung des Klägers nicht die Ursache für dessen Dienstpflichtverletzung gewesen sei.
26 
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 23.11.2015, dem Bevollmächtigten des Klägers am 30.11.2015 zugegangen, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
27 
Zur Begründung der Berufung führt der Kläger mit am 29.12.2015 eingegangenem Schriftsatz im Wesentlichen aus: Das angegriffene Urteil sei wegen schwerer Verfahrensmängel aufzuheben. Im Rahmen der Verpflichtung zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO hätte sich das Verwaltungsgericht nicht allein auf die gutachterlichen Aussagen des von der Beklagten beauftragten Diplompsychologen berufen dürfen, sondern den Sachverhalt ausermitteln und ein ärztlich-psychiatrisches Sachverständigengutachten einholen müssen. Das Verwaltungsgericht habe sich mit den zweifelhaften Schlussfolgerungen eines Diplompsychologen begnügt, der die einschlägig qualifizierten Äußerungen von Fachärzten einseitig kommentiert und interpretiert habe. Der Eindruck eines Parteigutachtens sei nicht von der Hand zu weisen. Bereits vor Erlass der Disziplinarverfügung vom 02.04.2013 seien auf Grund der Schreiben des ihn behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie, des Entlassberichtes der ... Klinik ... vom 23.02.2010 sowie des Gesundheitsamtes ... vom 22.09.2010 konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen von Schuldausschließungsgründen gegeben gewesen. Das Gutachten des Dr. ... sei in sich widersprüchlich, unschlüssig und verstoße in seinen wörtlichen Formulierungen gegen Denkgesetze. Soweit der Gutachter trotz des festgestellten Vorliegens schizoider Merkmale parallele Handlungsweisen im Alltag vermisse, sei fraglich, ob dies als Bedingung der Annahme von Schuldausschließungsgründen überhaupt erforderlich sei. Eine schizoide Erkrankung deute auf eine zerrissene und gespaltene Seele hin, die sich nach einer Seite völlig anders darstelle als zum Beispiel im Alltag. Es werde auch verkannt, dass er, der Kläger, nach wie vor schwere Psychopharmaka nehmen müsse. Das Gericht hätte den Schluss, von seiner intelligenten Vorgehensweise auf die Verneinung von Schuldausschließungsgründen kritisch hinterfragen müssen. Die pauschale Berufung auf Gesamtlebensumstände bleibe ebenfalls nicht nachvollziehbar. Denn es lägen - im Gutachten erwähnt - gehäuft zahlreiche Anzeichen für Normabweichungen auch im alltäglichen Leben vor, etwa die von der früheren Lebensgefährtin erwähnten Auswirkungen in der Partnerbeziehung, die wahrgenommenen Ängste und Gefühle, die Panik, das Haareausreißen, bis hin zur Wahrnehmung suizidaler Neigungen. Der Vorfall mit den Schlössern hätte für seine Vorgesetzten Anlass sein können, bei ihm eine krankhafte Persönlichkeitsstörung zu vermuten. Eine solche Art der Normabweichung sei für einen gestandenen Beamten mehr als ungewöhnlich. Die Reaktion seiner Vorgesetzten nach Bekanntwerden dieses außerdienstlichen Fehlverhaltens mit sofortiger Dienstenthebung und entwürdigender Schlüsselabnahme sei nicht besonders sensibel gewesen. Das Herunterladen von ... und google earth habe seinen Grund darin gehabt, dass er diese Programme für seine künftige Tätigkeit im Bauverwaltungsamt benötigt habe. Er habe damit im wohlverstandenen dienstlichen Interesse gehandelt. Es sei auch zu fragen, ob tatsächlich die Verletzung einer Kernpflicht vorgelegen habe, nachdem er seit über einem Jahr nicht mehr auf einem Administratoren-Dienstposten eingesetzt gewesen sei und er im Bauverwaltungsamt einen "Azubi-Schreibtisch" zugewiesen bekommen habe. Bei der Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens müsse dem Umstand Rechnung getragen werden, dass ein Schaden zum Nachteil des Dienstherrn weder beabsichtigt gewesen, noch objektiv eingetreten sei. Soweit ein Vertrauensschaden geltend gemacht werde, sei auf die ärztlicherseits erwähnten entwürdigenden Umstände im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit hinzuweisen. Es sei denkbar, dass nach Aufklärung der Umstände, der Motivation und der Krankheitsfaktoren ein dienstnotwendiges Vertrauen wieder hätte aufgebaut werden können.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2015 - DL 20 K 1481/13 - zu ändern und die Verfügung der Beklagten vom 02.04.2013 aufzuheben sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im behördlichen Disziplinarverfahren für notwendig zu erklären.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
die Berufung zurückzuweisen.
32 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt weiter aus: Hinsichtlich der Schwere des Dienstvergehens sei zentraler Bestandteil des vorgeworfenen Verhaltens, dass sich der Kläger entgegen des ausdrücklichen Verbots der Nutzung des alten, ihm noch bekannten Administratoren-Passworts bedient habe, um an sehr sensible, insbesondere fremde Daten seines Dienstherrn zu gelangen. Auch nach Änderung des Passworts habe er sein Verhalten wiederholt und komplexe Schritte unternommen, um wieder an das nun neue Passwort durch illegale Anwendung von Programmen zu kommen. Das Gutachten des Dr. ... sei nicht zu beanstanden. Der Sachverständige habe nicht bloß auf eine besondere Raffinesse des Klägers abgestellt, sondern unter voller Berücksichtigung der Tatumstände auch die Tathandlungen selbst nach korrekten fachlichen Maßstäben in seine Bewertungen mit einbezogen. Er habe aus diesen selbst den Rückschluss gezogen, dass ein verantwortliches Handeln ohne Einschränkung der Steuerungsfähigkeit oder der Einsichtsfähigkeit vorgelegen habe. Zentral sei nicht ein intelligentes Handeln, sondern das planvoll komplexe und mehrfach variierte Vorgehen des Klägers gewesen. Der Gutachter habe schon im Verfahren um die Bestellung eines Verfahrensvertreters die volle Geschäftsfähigkeit des Klägers attestiert. Diese Begutachtung habe zeitlich noch näher zum inkriminierten Verhalten gelegen. Hinsichtlich der zeitlichen Nähe gelte dies noch mehr für den amtsärztlichen Brief vom 26.06.2009, der wenige Tage vor Tatbegehung die volle Dienstfähigkeit attestiert habe. Bei seiner Bewertung habe der Gutachter die Atteste der behandelnden Ärzte berücksichtigt.
33 
Am 26.04.2016 hat der Senat beschlossen, zur Frage einer (verminderten) Schuldfähigkeit des Klägers bei Begehung der ihm in der Disziplinarverfügung der Beklagten vom 02.04.2013 zur Last gelegten Pflichtverstöße Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. ..., Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum ..., zu erheben. Das am 07.10.2016 erstattete forensisch-psychiatrische Gutachten des Dr. ... (Blatt 263 - 389 der Berufungsakte) kommt in seiner abschließenden Zusammenfassung zu dem Ergebnis, dass der Kläger bei der Begehung der ihm zur Last gelegten Pflichtverstöße an einer krankhaften seelischen Störung litt, die eine verminderte Steuerungsfähigkeit im Hinblick auf das Einsehen sensibler Daten begründen kann, so dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht die medizinischen Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB angenommen werden können.
34 
Der Kläger hat zu diesem Gutachten ausgeführt: Das Gutachten sei in sich schlüssig, wohlbegründet und entspreche seinen Erwartungen. Bei der Frage des Ausmaßes des Vertrauensverlustes wirke sich die vom Gutachter festgestellte verminderte Schuldfähigkeit aus.
35 
Die Beklagte hat zu dem von dem Senat eingeholten Gutachten wie folgt Stellung genommen: Es würden die - vom behördlichen Gutachter durchgeführten - psychologischen und medizinischen Testverfahren vermisst, die insbesondere die Glaubwürdigkeit der Äußerungen des Klägers zu prüfen und zu bewerten geeignet seien. Zudem fehle eine eingehende und genaue Analyse des konkreten Verhaltens während und nach der Tat. Das Tatgeschehen sowie das Verhalten in zeitlicher Parallelität, das vom behördlichen Gutachter als ausschlaggebend angesehen worden sei, sei nun völlig in den Hintergrund getreten. Es entstehe der Eindruck, dass lediglich die Ausführungen des Klägers einer reinen ärztlichen Bewertung zugeführt worden seien. Es müsse unterstellt werden, dass der Kläger, der bereits mehrfach psychiatrisch begutachtet worden und seit mehreren Jahren in psychiatrischer Behandlung sei, über die Mechanismen einer psychiatrischen Begutachtung, insbesondere zu der für ihn zentral bedeutsamen Fragestellung der möglicherweise eingeschränkten Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt, sehr genau unterrichtet und aufgeklärt gewesen sei. Aus dem Gutachten erschließe sich nicht, aus welchen konkreten Gründen der Gutachter zu einem diametral anderen Ergebnis als der behördliche Gutachter, der im Übrigen auch wesentlich zeitnäher zum Tatzeitpunkt mit der Gutachtenfrage befasst gewesen sei, gekommen sei.
36 
In der Berufungsverhandlung hat der Kläger den Entlassbericht des Universitätsklinikums ... vom 30.07.2009 über einen stationären Aufenthalt vom 26.07. bis 30.07.2009 vorgelegt. Zudem ist der Sachverständige Dr. ... im Einverständnis der Beteiligten informatorisch zu seinem Gutachten angehört worden. Wegen seiner Ausführungen wird auf die Anlage zum Protokoll verwiesen.
37 
Dem Gericht liegen die Personalakten des Klägers, die Disziplinarakten, die Akten 11 Cs 115 Js 106583/09 des Amtsgerichts ..., die Akten des Verwaltungsgerichts DL 20 K 4105/09, DL 20 K 767/10, DL 20 K 2798/14 und DL 20 K 1481/13 sowie die Akte des Senats DL 13 S 2173/14 vor. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
38 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der Berufungsfrist des § 2 LDG, § 124a Abs. 6 VwGO) ausreichend begründete Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Zwar hält auch der Senat die angegriffene Disziplinarverfügung für formell rechtmäßig und das dem Kläger vorgeworfene Dienstvergehen für erwiesen. Allerdings ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, weil die angefochtene Disziplinarverfügung der Beklagten wegen eines materiellen Bemessungsfehlers rechtswidrig ist und der Senat von der ihm in § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, indem er zur Beseitigung der mit dem materiellen Bemessungsfehler verbundenen Rechtsverletzung des Klägers die Verfügung der Beklagten vom 02.04.2013 dahingehend ändert, dass - statt der Aberkennung des Ruhegehalts - das Ruhegehalt des Klägers um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr anteilig vermindert wird. Soweit die Klage des Klägers auf die vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung gerichtet ist, ist sie (im Übrigen) abzuweisen.
39 
I. In formeller Hinsicht bestehen an der Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung keine durchgreifenden Bedenken. Zwar hat die Beklagte den von dem Kläger am 28.01.2013 gestellten und auf die Einholung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens zur Frage seiner (eingeschränkten) Schuldfähigkeit gerichteten Beweisantrag erst mit Schreiben vom 02.04.2013 und damit zeitgleich mit der am 02.04.2013 erlassenen Disziplinarverfügung abgelehnt. Doch führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Verfügung. Wird im behördlichen Disziplinarverfahren ein substantiierter Beweisantrag gestellt, hat die Disziplinarbehörde über ihn zu entscheiden und dem Antragsteller die Gründe mitzuteilen (vgl. Düsselberg, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 15 LDG RdNr. 15; Weiß, in: GKöD, M § 24 RdNr. 131). § 15 Abs. 3 LDG regelt - anders als § 24 BDG - die Entscheidungspflicht nicht ausdrücklich, setzt sie aber voraus, indem er ausführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen einem Beweisantrag stattzugeben ist. Im Hinblick auf die besondere Verfahrenssituation, der sich der Beamte in dem für ihn grundrechtsbedeutsamen Disziplinarverfahren ausgesetzt sieht (vgl. dazu: Weiß, a.a.O.), ist es zwar wünschenswert, wenn die Disziplinarbehörde einen von ihm gestellten Beweisantrag zeitlich vor Erlass der Disziplinarverfügung bescheidet, um dem Beamten gegebenenfalls die Möglichkeit einer Reaktion vor Abschluss des behördlichen Disziplinarverfahrens zu geben. Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung kann die Entscheidung über den Beweisantrag aber auch zeitgleich mit der Disziplinarverfügung oder in der Disziplinarverfügung selbst ergehen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 23.02.2011 - 31 K 7929/10.O -, juris). Hierfür spricht auch, dass die Entscheidung über einen Beweisantrag nach dem Willen des Gesetzgebers nicht gesondert angefochten werden kann, sondern es dem Beamten lediglich unbenommen bleibt, im Rahmen einer Klage eine unzureichende Sachaufklärung zu rügen und den Beweisantrag im gerichtlichen Verfahren zu wiederholen (LT-Drs. 14/2996, S. 73; Düsselberg, a.a.O.; vgl. auch Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Aufl., § 24 RdNr. 11).
40 
II. Materiell prüft der Senat die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zu Grunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteile des Senats vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 - und vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, jew. juris). Danach ist hier ein Dienstvergehen (§ 47 BeamtStG) des Klägers erwiesen, weil der Kläger schuldhaft ihm als Beamten obliegende Pflichten verletzt hat. Allerdings leidet die angegriffene Disziplinarverfügung an einem materiellen Bemessungsfehler.
41 
1. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, kann nach den Ergebnissen des Disziplinarverfahrens sowie des Verfahrens vor der Disziplinarkammer in tatsächlicher Hinsicht der dem Kläger in der angegriffenen Disziplinarverfügung zur Last gelegte Sachverhalt der disziplinaren Würdigung zu Grunde gelegt werden. Dies hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht in Frage gestellt. In der Berufungsverhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten vielmehr ausdrücklich bestätigt, dass der objektive Sachverhalt unstreitig feststehe. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil auf Seite 11 zusammenfassend festgestellt hat, waren dem Kläger - nachdem der Beklagten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung ("Vorfall Schlösser") bekannt geworden war - am 19.06.2008 die mit seiner Funktion als Netzwerkadministrator verbundenen Rechte entzogen worden. Nachdem der Kläger nach längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten am 20.07.2009 seinen Dienst im Bauverwaltungsamt, in das er umgesetzt wurde, antrat, drang er unter Missbrauch des ihm als Netzwerkadministrator bekannten und von der Beklagten noch nicht geänderten Passworts in geschützte Dateien und Daten auf den Rechnern der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, ..., und des Leiters des Personalamts, ..., ein und speicherte von dort Dateien auf seinem Dienst-PC. Unter den geladenen Dateien befanden sich Dokumente über interne Vorgänge der Beklagten und über dritte Mitarbeiter sowie interne Dokumente in seinem eigenen Personalfall. Der Kläger lud sich außerdem verbotswidrig das Programm google earth sowie den Internetbrowser "......" herunter. Auf diese Weise bahnte er sich einen nicht zugelassenen und nicht protokollierten Weg ins Internet. Unter verbotswidriger Ermittlung des Benutzernamens und des persönlichen Passworts der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, ..., verschaffte er sich Zugang zum Internetportal ... unter Verwendung ihrer Zugangsdaten. Nachdem bis zum Morgen des 23.07.2009 sämtliche eingetragenen Passwörter für Administratoren geändert worden waren, versuchte der Kläger am 24.07.2009 sich als Netzwerkadministrator in das EDV-System der Beklagten einzuloggen und die Netzwerkadministratorenrechte wieder zu erlangen.
42 
Der Senat teilt auch die Ansicht der Disziplinarkammer, dass der Kläger mit diesen Handlungen vorsätzlich gegen seine Pflichten aus § 34 Satz 3 BeamtStG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten), § 34 Satz 1 BeamtStG (Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen), § 35 Satz 2 BeamtStG (Pflicht zur Ausführung dienstlicher Anordnungen und zur Befolgung allgemeiner Richtlinien) und § 36 Abs. 1 BeamtStG (Pflicht zur Einhaltung von Recht und Gesetz) verstoßen und unerlaubt die Daten anderer Kollegen und Vorgesetzter ausgespäht hat (§ 202a StGB).
43 
Der Kläger war zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Handlungen auch nicht schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB (zur entsprechenden Anwendung der Regelungen der §§ 20f. StGB im Disziplinarrecht vgl. Urteile des Senats vom 09.08.2016, a.a.O., und vom 11.01.2012 - DB 316/11 -, juris). Nach § 20 StGB handelt schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar wurde dem Kläger in dem Gutachten des Dr. ... vom 07.10.2016 eine schwere depressive Episode mit paranoiden Symptomen (ICD-10: F32.3) und eine Persönlichkeitsakzentuierung mit sensitiven und narzisstischen Zügen bescheinigt, die das Eingangsmerkmal "krankhafte seelische Störung" des § 20 StGB erfüllen. Dr. ... hat dazu in der Berufungsverhandlung ausgeführt, dass für die Beurteilung der Schuldfähigkeit auf der ersten Stufe ein psychopathologischer Zustand erforderlich sei, der einer der vier im Gesetz vorgegebenen Kategorien entspreche. Dazu sei eine Quantifizierung der Symptomatik erforderlich. Es reiche nicht aus, irgendeine Diagnose auf dem psychiatrischen Fachgebiet zu stellen, um die juristische Merkmalskategorie zu erfüllen, sondern die psychische Störung müsse einen deutlichen Einfluss auf das psychosoziale Funktionsniveau haben. Dies sei bei dem Kläger der Fall gewesen, weil die depressive und begleitende paranoide Symptomatik so schwer ausgeprägt gewesen sei, dass der Kläger in seinen gesamten Lebensbezügen beeinträchtigt gewesen sei. Allerdings lägen Hinweise für einen Schuldausschließungsgrund nach § 20 StGB nicht vor. Insbesondere sei psychopathologisch die Schwelle eines manifesten Wahns nicht erreicht. Diese Einschätzung deckt sich im Ergebnis mit der Bewertung des von der Beklagten im behördlichen Disziplinarverfahren beigezogenen Gutachters Dr. ... vom 08.12.2011, der für den Kläger bei Begehung des Dienstvergehens im Hinblick auf die vom ihm diagnostizierte schwere depressive Episode (ICD-10: F32.31) eine schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB annimmt, aber mangels dadurch bedingter Aufhebung oder Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Schuldfähigkeit nach § 20 StGB und - anders als Dr. ... - für eine Verminderung der Schuldfähigkeit (dazu noch unten) verneint.
44 
2. Das damit erwiesene einheitliche Dienstvergehen des Klägers rechtfertigt allerdings bei Berücksichtigung der Bemessungsgrundsätze nach der Schwere des Dienstvergehens und des damit einhergehenden Vertrauensverlustes (vgl. § 26 LDG und dessen Verweis auf die §§ 27 bis 35 LDG) wegen einer zum Tatzeitpunkt gegebenen erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) nicht die in der Disziplinarverfügung ausgesprochene Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 LDG) als für den Kläger als Ruhestandsbeamten höchste Disziplinarmaßnahme.
45 
Ist von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB auszugehen (oder kann diese nach dem Grundsatz in dubio pro reo nicht ausgeschlossen werden), ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen und kann die disziplinare Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173; Urteil des Senats vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris).
46 
Der Kläger hat das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begangen. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen (Einsichtsfähigkeit) oder nach dieser Einsicht zu handeln (Steuerungsfähigkeit), wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war.
47 
Die richterliche Entscheidung, ob die Fähigkeit des Betroffenen, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert ist, erfolgt in einem aus mehreren Schritten bestehenden Verfahren (vgl. hierzu und zum Folgenden: BGH, Urteil vom 17.04.2012 - 1 StR 15/12 -, NStZ 2013, 53), ohne dass die Nichteinhaltung einzelner Schritte nach rechtlichen Maßstäben fehlerhaft sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.2004 - 1 StR 346/03 -, BGHSt 49, 45, 51 f.; Beschluss vom 12.06.2008 - 3 StR 154/08 -, NStZ-RR 2008, 338; Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß, Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten, NStZ 2005, 57 ff.). Unter regelmäßig gebotener Hinzuziehung sachverständiger Hilfe ist zunächst die Feststellung erforderlich, dass bei dem Betroffenen eine psychische Störung vorliegt, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Betroffenen zu untersuchen und festzustellen, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang sie sich auf dessen Tatverhalten ausgewirkt haben.
48 
Wie bereits ausgeführt gelangen sowohl der im behördlichen Disziplinarverfahren beigezogene Gutachter Dr. ... wie auch der gerichtliche Sachverständige Dr. ... zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger zum Tatzeitpunkt eine psychische Störung vorlag, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Dr. ... diagnostiziert eine schwere depressive Episode (ICD-10: F32.31) und eine schizoide Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F:60.1) und führt zum Ausprägungsgrad aus, dass lediglich der schweren depressiven Episode ein Ausprägungsgrad immanent ist, der die Annahme einer seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB rechtfertigt. Dr. ... geht von einer schweren depressiven Episode mit paranoiden Symptomen (ICD-10: F32.3) sowie einer Persönlichkeitsstörung mit sensitiven und narzisstischen Zügen aus, die die Kriterien einer krankhaften seelischen Störung im Sinne des § 20 StGB im Zeitpunkt der vorgeworfenen Disziplinarverstöße erfüllen. Zum Schweregrad legt Dr. ... in dem von ihm erstellten Gutachten dar, dass der Kläger in seinen rationalen Bewertungen und Handlungen gegenüber der Beklagten und im weiteren Verlauf auch in weiteren psychosozialen Lebensbereichen derart eingeschränkt gewesen sei, dass von einem erheblichen Grad der Einschränkung auszugehen sei. Der Kläger sei zum umsichtigen Reagieren auf bestimmte Situationsveränderungen nicht mehr in der Lage gewesen. Er sei unkorrigierbar von der Überzeugung gefangen und getrieben gewesen, sich gegen die Vorgesetzten zur Wehr setzen zu müssen, die ihn zu Fall bringen wollten. Der Kläger habe sich in höchster Erregung befunden, sein seelisches Gefüge sei von einem großen Beeinträchtigungserleben geprägt gewesen. Er habe sich davon nicht mehr distanzieren und auch auf entsprechende Hinweise von außen nicht mehr kritisch reflektieren können. Frustration, Unterlegenheit, Existenzängste, die unzureichende Flexibilität und die psychopathologische Abwandlung hätten in ein paranoides Denkgebilde mit präsuizidalen und prähomizidalen und schließlich dann zu schweren depressiven Symptomen sowie zu Affektdurchbrüchen geführt, die auch keine Risikoabsicherung mehr vorgesehen hätten.
49 
Zu den in Einzelheiten unterschiedlichen, aber hinsichtlich der Erfüllung der Eingangskriterien des § 20 StGB zum selben Ergebnis führenden Bewertungen der Gutachter Dr. ... und Dr. ... führte Dr. ... in der Berufungsverhandlung erläuternd und für den Senat überzeugend aus, dass in quantitativer Hinsicht die Zuordnung zu einer Merkmalskategorie zweifelsfrei gegeben, die konkrete Einordnung in eine Merkmalskategorie aber schwierig sei ("Mit den Merkmalskategorien kann man ein weites Fass aufmachen."), so dass der unterschiedlichen Einordnung des beim Kläger diagnostizierten psychopathologischen Zustands als "schwere andere seelische Abartigkeit" (so Dr. ...) oder als "krankhafte seelische Störung" (so Dr. ...) an dieser Stelle keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt.
50 
Jedoch gelangen Dr. ... und Dr. ... bei der Frage, ob die diagnostizierte psychische Störung relevante Auswirkungen auf das Tatverhalten des Klägers gehabt hat, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während beide Gutachter noch annehmen, dass die Erkrankung des Klägers keinen Einfluss auf seine Einsichtsfähigkeit hatte, bejaht Dr. ... - anders als Dr. ... - eine durch den psychopathologischen Zustand des Klägers bedingte Minderung der Steuerungsfähigkeit. Dieser Einschätzung folgt der Senat.
51 
Dr. ... führt hierzu in seinem schriftlichen Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend aus, dass der Kläger, getrieben von seinen überzogenen und wahnhaften Ideen, sich gegen den Arbeitgeber zur Wehr setzen zu müssen, trotz des Überführtwerdens und trotz der Erkenntnis, dass die von ihm unternommenen Schritte unzulässig seien, nicht in der Lage gewesen sei, sein Fehlverhalten einzustellen. Er habe es vielmehr als Zwang beschrieben, die Recherchen fortsetzen zu müssen. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht habe eine Minderung (des motivationalen Anteils) der Steuerungsfähigkeit vorgelegen, die im weiteren Verlauf auch weitere Lebensbereiche des Klägers beeinflusst habe, so beispielsweise die Partnerschaft mit den damit im Zusammenhang stehenden existenziellen Nöten oder die Überzeugung, verfolgt zu werden, bis hin zu ausgedehnten Rachefantasien. Neben diesen Rachefantasien, die im Hinblick auf Mitarbeiter der Beklagten auch einen erweiterten Suizid umfassten (vgl. S. 51 f. des Gutachtens des Dr. ...), fallen dabei insbesondere übersteigerte Existenzängste bis hin zu einem aus Angst vor einem finanziellen Ruin motivierten Sparen von Warmwasser und weiterhin auf, dass sich der Kläger in seinem Haus hinter Vorhängen zur Lauer gelegt hat, um Autokennzeichen vor seinem Haus zu überprüfen (vgl. S. 60 des Gutachten des Dr. ... und die wiedergegebenen Aussagen des Klägers auf S. 48 des Gutachtens des Dr. ...: "Er sei der Überzeugung gewesen, dass die Stadt ihm Detektive auf den Hals hetze. Er habe dann hinter dem Vorhang hervor nach Autos vor seinem Haus Ausschau gehalten. Erst habe er nach fremden Autokennzeichen gesucht. Dann sei ihm klar gewesen, dass er doch nach ... Kennzeichen suchen müsse, dass die doch nicht so blöd sind, ihm fremde Autos zu schicken. Er habe auch jeden Tag den Motor des Postboten gehört, dann habe er Panik entwickelt und sei sofort aufgestanden und habe die Post entgegen genommen. Diese Ängste würden das Motorengeräusch bis heute noch auslösen, erst seit einem halben Jahr stehe er nicht mehr sofort auf, wenn er den Postboten höre.").
52 
Dr. ... hat mithin entsprechende Auffälligkeiten in anderen (außerberuflichen) Lebensbereichen des Klägers benannt, die für eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Klägers sprechen, und damit die Schlussfolgerung des Dr. ... in Frage gestellt, der wegen des Fehlens solcher Umstände die Steuerungsfähigkeit des Klägers im Tatzeitraum für gegeben hielt. Die von Dr. ... beschriebenen Beeinträchtigungen des Klägers in anderen Lebensbereichen erreichen insbesondere eine deutlich andere Ebene, als die von Dr. ... in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dargelegten Beeinträchtigungen. Insbesondere beschreibt Dr. ... Verhaltensweisen, die nicht bloß den Rückzug des Klägers in der Beziehung zu seiner damaligen Partnerin betreffen, von denen Dr. ... meinte, es würde sehr hohe Prozentanteile von Menschen mit Schuldunfähigkeit geben, wenn man jeden, der sich vor seiner Partnerin zu Hause verschließe und zurückziehe, als schuldunfähig im Strafprozess einstufen würde. Soweit Dr. ... weiterhin maßgebend darauf abgestellt hat, dass der Annahme einer eingeschränkten Schuldfähigkeit entgegenstehe, dass der Kläger planvoll, lang hingezogen und mehrfach modifiziert vorgegangen sei, bewertet Dr. ... das vorgeworfene Verhalten zwar als geplant, aber wenig durchdacht und weit hinter den Möglichkeiten eines ITlers liegend mit anschließender hilfloser Verzweiflung. Dies wird insbesondere dadurch belegt, dass der Kläger zu einer situationsadäquaten Reaktion nicht mehr in der Lage war, als er gemerkt hat, dass sein Verhalten den Mitarbeitern der Beklagten bekannt geworden war, nachdem diese die eingetragenen Administratorenkennwörter geändert und die lokalen Administratorenzugänge gesperrt haben, und trotzdem am Tag darauf (24.07.2009) erneut versucht hat, sich verbotswidrig in das EDV-System der Beklagten einzuloggen.
53 
Die von dem Kläger gegen die diesbezüglichen Feststellungen im Gutachten des Dr. ... erhobenen Einwände überzeugen nicht. Soweit er geltend macht, es hätten psychologische und medizinische Testverfahren durchgeführt werden müssen, um die Glaubhaftigkeit der vom Kläger abgegebenen Äußerungen zu bewerten, nachdem dieser über eine erhebliche Intelligenz verfüge und wegen seiner mehrfachen psychiatrischen Begutachtung zu unterstellen sei, dass er die Mechanismen der psychiatrischen Begutachtung kenne, hat dem Dr. ... in der Berufungsverhandlung entgegengehalten, dass Testverfahren nicht mehr hätten durchgeführt werden können, weil zum Zeitpunkt der Begutachtung und Untersuchung keine psychopathologischen Symptome mehr vorgelegen hätten. Für den Auftrag, retrospektiv einen psychischen Zustand zu konstruieren, seien ihm, dem Gutachter, keine Testverfahren bekannt. Es sei selbstverständlich, dass die Angaben des Probanden nicht naiv für Realität gehalten würden. Bei der Begutachtung sei man um entsprechende Nachfragen bemüht gewesen. In den Behandlungsberichten der ... Klinik ... und des Dr. ... sei ebenso verfahren worden. Zur Glaubhaftigkeitsbewertung würden psychiatrische Plausibilitätserwägungen angestellt und zudem ein Abgleich der Angaben des Klägers bei der Exploration mit den Angaben vorgenommen, die der Kläger im Laufe des gesamten Verfahrens gemacht habe. Dabei seien keine wesentlichen Diskrepanzen aufgefallen, die Anlass gegeben hätten, an den von dem Kläger bei der Begutachtung gemachten Angaben zu zweifeln. Diese Ansicht teilt der Senat, nachdem sich das Gutachten des Dr. ... ausführlich mit den von dem Kläger im Verlaufe des Disziplinarverfahrens gemachten Angaben beschäftigt und diese wiedergibt. Die Beklagte hat ihre Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers nicht näher substantiiert. Auch dem Senat sind keine erheblichen Unterschiede in den diesbezüglichen Angaben des Klägers aufgefallen, die eine darüber hinaus gehende Auseinandersetzung mit der Glaubhaftigkeit seiner dem Gutachten des Dr. ... zu Grunde gelegten Angaben erforderlich gemacht hätten.
54 
Schließlich hält der Senat die von Dr. ... in der Berufungsverhandlung dargelegte Erläuterung der unterschiedlichen Ergebnisse seines Gutachtens und des Gutachtens des Dr. ... und die dabei gemachte Differenzierung zwischen einzelnen Aspekten der Steuerungsfähigkeit für besonders überzeugend. Dr. ... führte diesbezüglich aus, dass zwischen exekutiver und motivationaler Steuerungsfähigkeit unterschieden werden müsse. Die exekutive Steuerungsfähigkeit sei typischerweise bei einem Betrunkenheitszustand, also bei einem Handeln aus der Situation heraus ohne Berücksichtigung von Konsequenzen, betroffen, während die motivationale Steuerungsfähigkeit die motivationale Ausgangslage betreffe. Dr. ... habe richtigerweise die exekutive Steuerungsfähigkeit für unbeeinträchtigt gehalten, während die motivationale Steuerungsfähigkeit beim Kläger krankheitsbedingt verändert gewesen sei. Dies habe das Gutachten des Dr. ... nicht ausreichend berücksichtigt. Da die Unterscheidung zwischen exekutiver und motivationaler Steuerungsfähigkeit nicht einfach sei, könne es insofern auch eine Rolle spielen, dass Dr. ... als psychologischer Psychotherapeut nicht die Praxis eines forensischen Psychiaters habe (vgl. zur übergreifenden Kompetenz eines Fachpsychiaters auf dem Gebiet der krankhaften seelischen Störung auch: Rasch, Die Auswahl des richtigen Psycho-Sachverständigen im Strafverfahren, NStZ 1992, 257 m.w.N.).
55 
Das vom gerichtlichen Gutachter Dr. ... gefundene Ergebnis, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht die medizinischen Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB angenommen werden können, fügt sich in das Bild weiterer Stellungnahmen, insbesondere von den den Kläger behandelnden oder untersuchenden Ärzten ein. Bereits im neurologischen Gutachten des Prof. Dr. ... vom 07.05.2009, das zur Frage eines beidseitigen Sulcus ulnaris-Syndroms (Druckschädigung eines am Ellbogen verlaufenden Nervenstrangs) erging und den psychiatrischen Befund noch als unauffällig beschreibt, wird erwähnt, dass sich beim Kläger in einem befindlichkeitsdiagnostischen Verfahren erhöhte Werte unter anderem auf den Skalen Zwanghaftigkeit und paranoides Denken gezeigt hätten. Im Behandlungsbericht des Universitätsklinikums ..., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III, Prof. ..., vom 30.07.2009 über eine im direkten Anschluss an das begangene Dienstvergehen stationäre Behandlung vom 26.07. bis 30.07.2009 wird im psychopathologischen Aufnahmebefund eine wahnhaft gefärbte Annahme von Beeinträchtigungen und eine erschwert auslenkbare affektive Schwingungsfähigkeit genannt. Mit ursächlich für die Entwicklung des Klägers könne eine Persönlichkeitsakzentuierung sein, die im Rahmen der empfohlenen Psychotherapie weiter abgeklärt und auch behandelt werden solle. Die Bewertung der Arbeitsatmosphäre durch den Kläger sei paranoid gefärbt. Eine Therapie mit Escitalopram, Quetiapin und Risperidon werde empfohlen. In weiteren Behandlungsberichten des den Kläger behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. ... wird eine mittelgradige bis schwere depressive Episode mit paranoider Ausgestaltung diagnostiziert und später von einer schweren depressiven Episode mit psychotisch-paranoider Symptomatik bei schizoid-sensitiver Persönlichkeitsstörung gesprochen. In seiner im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart vorgelegten Stellungnahme vom 10.09.2009 spricht Dr. ... rückblickend von einer längerfristigen depressiven Entwicklung, die erhebliche Anhaltspunkte dafür erkennen lasse, dass der Kläger zum Zeitpunkt der ihm zur Last gelegten Verfehlung im Juli 2009 schon erheblich psychisch beeinträchtigt gewesen sei und dies möglicherweise zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit geführt haben könne. Ähnlich beurteilt Dr. ... nach Lektüre des Entlassberichtes der ... Klinik ... vom 23.02.2010 mit Schreiben vom 10.03.2010 den psychopathologischen Zustand des Klägers. Das dem Kläger zur Last gelegte Delikt der Ausspähung von Daten sei in einem Zustand paranoider Gestimmtheit erfolgt; aus psychiatrischer Sicht ergäben sich deutliche Hinweise darauf, dass sich der Kläger in der damaligen Situation in einem Zustand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit befunden habe. Im Entlassbericht der ... Klinik ... vom 23.02.2010 über einen stationären Aufenthalt vom 29.01. bis 19.02.2010 wird die Diagnose einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und eine schizoide Persönlichkeitsstörung gestellt. Das Gesundheitsamt des Landratsamtes ... kommt in seiner Stellungnahme vom 22.09.2010 unter Hinweis auf die für den Kläger gestellten Diagnosen und die psychopharmakologisch hochdosierte Kombinationstherapie mit Cipralex, Seroquel, Risperidon, Lyrica, Venlafaxin und Tavor (Das Gutachten des Dr. ... spricht von einer 6-fachen psychopharmakologischen Behandlung) zu dem Ergebnis, dass ärztlicherseits die Bestellung eines Verfahrensvertreters für das behördliche Disziplinarverfahren erforderlich sei. Das Amtsgericht ... lehnte mit Beschluss vom 30.11.2011 den Antrag auf Bestellung eines Verfahrensvertreters lediglich mit der Begründung ab, dass der Kläger wirksam einem Rechtsanwalt Vollmacht erteilt habe und es daher einen Vertreter im Sinne des § 16 LVwVfG gebe, so dass ein weiterer Vertreter nicht bestellt werden müsse. Im Strafverfahren wegen Ausspähens von Daten bat das Amtsgericht ... mit Schreiben vom 19.11.2010 im Hinblick auf die Stellungnahme des Gesundheitsamtes ... vom 22.09.2010 die Staatsanwaltschaft ... um Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO, weil inzwischen erhebliche Zweifel an der Schuldfähigkeit des Klägers bestünden. Die amtsärztliche Stellungnahme klinge "ziemlich massiv". In ihrer Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens führte die Staatsanwaltschaft ... aus, dass der Kläger nach dem amtsärztlichen Gutachten an einer erheblichen psychischen Erkrankung mit paranoiden und schizoiden Zügen leide und es - eingedenk seines Tatverhaltens, aber auch seines Verhaltens bei den vorangegangenen Taten in ... - überaus nahe liege, dass diese Situation auch bei der Tatbegehung gegeben gewesen sei. Eine eingeschränkte, möglicherweise aufgehobene Steuerungsfähigkeit erscheine insofern durchaus denkbar.
56 
Der Senat geht auch davon aus, dass die Steuerungsfähigkeit des Klägers bei Begehung des Dienstvergehens erheblich im Sinne des § 21 StGB vermindert war. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung "erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise; dabei ist zu klären, ob die Fähigkeit des Täters, motivatorischen und situativen Tatanreizen in der konkreten Tatsituation zu widerstehen und sich normgemäß zu verhalten, im Vergleich zu dem "Durchschnittsbürger" in einem solchen Maß verringert war, dass die Rechtsordnung diesen Umstand bei der Durchsetzung ihrer Verhaltenserwartungen nicht übergehen darf (vgl. Perron/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 21 StGB RdNr. 5 m.w.N.). Dies ist hier nach Ansicht des Senats der Fall.
57 
Zwar handelt es sich bei den hier betroffenen Dienstpflichten des Klägers um elementare, selbstverständliche und leicht einsehbare Dienstpflichten und hängt nach der Rechtsprechung im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3; Urteil des Senats vom 01.04.2014 - DL 13 S 2383/13 -, juris), jedoch ist hier nicht die Einsichtsfähigkeit des Klägers in diese Pflichten betroffen, sondern geht es um die Frage der erheblichen Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit bei Begehung des Dienstvergehens. Insoweit kann der Umstand einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit nicht durch das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit kompensiert werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.10.2014 - 2 B 60.14 -, NVwZ-RR 2015, 50; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.05.2016 - 14 LB 4/15 -, juris). Es kommt hier hinzu, dass die Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit gerade auch in dem dienstlichen Bereich des Klägers (Konflikte an seinem Arbeitsplatz und mit seinen Kollegen) seinen Ursprung hat und damit die verletzten Kernpflichten des Klägers betrifft (vgl. hierzu: Urteil des Senats vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris).
58 
Für die Annahme einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit ist für den Senat maßgeblich, dass der Kläger trotz der Verletzung eigentlich leicht zu befolgender Dienstpflichten letztlich auf Grund seiner psychischen Erkrankung den motivatorischen Tatanreizen keine relevanten eigenen Widerstände mehr entgegensetzen konnte. Dabei ist bereits die psychopathologische Entwicklung des Klägers vor Begehung des Dienstvergehens in den Blick zu nehmen. Das von dem Kläger gezeigte paranoide Symptombild begann zunächst mit Anspannung (Zähneknirschen, Haareausreißen), erheblichen Schlafstörungen und Grübelneigungen. Es folgten der Rückzug in eine eigene Welt und der Aufbau eines großen Feindbildes, bei dem sich der Kläger von seinen Vorgesetzten völlig unverstanden und allein gelassen fühlte. Nachdem diese psychiatrische Problematik nicht erkannt wurde, sondern sich die Frage seiner Dienstfähigkeit auf die orthopädische Problematik am Arm beschränkte, kam es im Mai 2008 zu ersten vollkommen irrationalen Handlungen beim Verkleben der Schlösser auf dem ....... Nach Aufdeckung dieser Taten verstärkten Scham- und Schuldgefühle den sozialen Rückzug und die depressive Symptomatik des Klägers weiter. Als der Kläger dann im Juli 2009 seinen Dienst wieder antrat und auf einen nach seiner Vorstellung nicht akzeptablen Arbeitsplatz im Auszubildendenbereich Dienst zu tun hatte, nahm die Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands des Klägers "weiter an Fahrt auf" (so das Gutachten des Dr. ...) und kam der Kläger zu der wahnhaften Überzeugung, dass er sich gegen drohende Maßnahmen seiner Vorgesetzten zur Wehr setzen müsse. Von der Unsinnigkeit seiner Maßnahmen war der Kläger nicht mehr zu überzeugen. Er war - in den Worten des Gutachtens des Dr. ... - unkorrigierbar von der Überzeugung gefangen und getrieben, sich gegen seine Vorgesetzten zur Wehr setzen zu müssen und konnte sich nicht mehr distanzieren und nicht mehr kritisch reflektieren. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass der Kläger auch nachdem ihm bewusst wurde, dass Mitarbeiter der Beklagten seine unrechtmäßigen Handlungen entdeckt und das Administratorenpasswort geändert hatten, nicht mehr umsichtig und besonnen reagieren konnte, sondern sein Vorgehen fortsetzte, obwohl ihm bewusst war, mit welchen Folgen er zu rechnen hatte. Dies ist aber für den Senat ein deutliches Zeichen dafür, dass der Kläger dermaßen in seinen paranoiden und wahnhaften Vorstellungen verfangen war, dass er in beträchtlicher und massiver Weise daran gehindert war, sich normgemäß zu verhalten und deshalb die Rechtsordnung und das disziplinare Maßregelsystem, auch bei Berücksichtigung seines Zwecks, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Berufsbeamtentums aufrechtzuerhalten, diesen Umstand nicht übergehen darf und die disziplinare Höchstmaßnahme deshalb nicht mehr ausgesprochen werden kann.
59 
III. Die mit der Aberkennung des Ruhegehalts des Klägers ausgesprochene disziplinare Höchstmaßnahme in der Verfügung vom 02.04.2013 erweist sich damit als rechtswidrig. § 21 Satz 1 AGVwGO bestimmt, dass das Gericht die Abschlussverfügung aufhebt, wenn diese rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Allerdings kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO (vgl. zu dessen Anwendung bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG: Urteil des Senats vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 -, juris) das Gericht bei einem - wie hier - erwiesenen Dienstvergehen die Verfügung auch aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Mit der Formulierung "kann" wird ein richterliches Ermessen eingeräumt, ob statt der Aufhebung der Abschlussverfügung diese aufrechterhalten oder abgeändert wird (LT-Drs. 14/2996, S. 148); eine Verpflichtung der Disziplinarkammer, eine Entscheidung nach § 21 Satz 2 AGVwGO zu treffen, besteht hingegen nicht. Bei der gerichtlichen Ermessensausübung ist zu beachten, dass § 21 Satz 2 AGVwGO dem Zweck der Verfahrensbeschleunigung und damit der Verwirklichung des in Baden-Württemberg nicht ausdrücklich normierten (vgl. etwa im Bundesdisziplinarrecht § 4 BDG), aber dem Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz nach wie vor zu Grunde liegenden (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 148) Beschleunigungsgrundsatzes (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 4 BDG RdNr. 10 f.; Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 8 LDG RdNr. 2) dient, der in jeder Phase des Disziplinarverfahrens als objektives Disziplinarrecht zu beachten ist (Hummel/Baunack, a.a.O., § 4 BDG RdNr. 1; Müller, Beamtendisziplinarrecht, RdNrn. 303, 426). Deshalb ist davon auszugehen, dass die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes und aus Gründen der Prozessökonomie in Ausübung ihres richterlichen Ermessens regelmäßig von der Möglichkeit des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch machen sollen, wenn sich eine Abschlussverfügung als rechtswidrig erweist und die Rechtsverletzung mit der gerichtlichen Entscheidung beseitigt ist. Diese Erwartung äußert auch der Gesetzgeber in der Begründung zum Landesdisziplinargesetz (LT-Drs. 14/2996, S. 148). Nachdem hier keine Besonderheiten (etwa eine im Raum stehende gegenständliche Erweiterung des Disziplinarverfahrens um Dienstpflichtverletzungen, die nicht Gegenstand der angefochtenen Disziplinarverfügung sind) ersichtlich sind, macht der Senat bei Ausübung seines richterlichen Ermessens von der ihm eingeräumten Änderungsbefugnis des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass dem Gewicht der Pflichtverletzung des Klägers die Kürzung seines monatlichen Ruhegehalts (§ 32 LDG) um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr Rechnung trägt.
60 
Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umstände handelt es sich hier um ein mittelschweres Dienstvergehen im Sinne des § 32 LDG, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen.
61 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu LT-Drs. 14/2996, S. 86; Urteil des Senats vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris).
62 
Das von dem Kläger begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen sehr gewichtig. Der Systemadministrator hat bei technischen Erfordernissen alle Konfigurationen (Einstellung von Hard- und Software) vorzunehmen und deshalb die technische Möglichkeit, auf alle Datenbestände zuzugreifen. Er darf diese Möglichkeiten aber nur im Rahmen seiner Aufgabenbefugnisse, nicht jedoch außerhalb dieser nutzen, um den Inhalt fremder Datenbestände zur Befriedigung eigener Interessen einzusehen oder zu nutzen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, gehört die Verpflichtung des Administrators, in diesem Sinne sorgfältig mit den ihm anvertrauten Daten umzugehen und sie insbesondere nicht zu eigenen Zwecken zu missbrauchen, zum Kern seiner Dienstpflichten in dieser Funktion. Gerade weil der Systemadministrator Zugriff auf alle - auch die sensiblen - Datenbestände hat und seine Tätigkeit kaum hinreichend von Dritten zu überwachen ist, wird ihm ein besonderes und gesteigertes Vertrauen in die diesbezügliche ordnungs- und pflichtgemäße Dienstführung entgegengebracht. Die diesbezüglichen den Kläger treffenden Dienstpflichten wirken auch noch in der später eigenommenen Stellung im Bauverwaltungsamt nach, auch wenn der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Aufgaben eines Netzwerkadministrators nicht mehr innegehabt hat. Der Kläger - so ebenfalls zutreffend das Verwaltungsgericht - war damit weiterhin zur Wahrung der Vertraulichkeit und zur ausschließlich bestimmungsgemäßen Verwendung seiner Fähigkeiten verpflichtet. Schwer wiegt auch, dass der Kläger an vier aufeinanderfolgenden Tagen zu den Dienstpflichtverletzungen angesetzt, sensibles und vertrauliches Datenmaterial abgegriffen hat, dabei planvoll vorgegangen ist und mit seinen Versuchen auch dann nicht aufgehört hat, als er wegen der Sperrung des Administratorenpassworts erkennen musste und erkannt hat, dass sein Vorgehen aufgefallen ist. Nicht zu beanstanden ist, wenn das Verwaltungsgericht zur Bemessung des Gewichts der Verfehlung die Entstehung eines materiellen Schadens nicht für entscheidend gehalten hat, sondern maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der eigentliche Schaden im Verlust des Vertrauens bei den Kollegen liegt, derer Daten sich der Kläger unberechtigt bedient hat. Es kommt hinzu, dass die Beklagte nach ihren Angaben in der Berufungsverhandlung erhebliche Ressourcen aufbringen musste, um ihr EDV-System, auch durch die Änderung des Administratorenkennworts und durch die Sperrung der lokalen Administratorenzugänge, vor weiteren unberechtigten Zugriffen des Klägers zu schützen.
63 
Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale ist nach den obigen Ausführungen davon auszugehen, dass der Kläger das ihm vorgeworfene Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, was mit dem entsprechenden Gewicht bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen ist. Insoweit hat die Beweiserhebung und die rechtliche Bewertung durch den Senat die bereits in der Zustimmung der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens gemäß § 153 Abs. 2 StPO (Schreiben vom 23.11.2010) abgegebene Einschätzung bestätigt, dass das inkriminierte Verhalten dem psychisch beeinträchtigten Kläger nur begrenzt zuzurechnen und es vertretbar ist, von einer nur geringen Schuld des Klägers auszugehen.
64 
Zu Gunsten des Klägers berücksichtigt der Senat auch, dass es die Beklagte nach Bekanntwerden des Vorfalls mit dem Verkleben der Schlösser am ...... im Juni 2008 und dem Entzug der Administratorenrechte unterlassen hat, auch das dem Kläger wegen dieser Funktion zugeteilte Administratorenkennwort zu ändern und die lokalen Administratorenzugänge für den Kläger zu sperren. Die Vertreter der Beklagten haben in der Berufungsverhandlung auf Befragen ausgeführt, dass der Netzwerkadministrator hohes Vertrauen genossen habe, das durch das damals noch nicht hinreichend aufgeklärte schädigende Verhalten des Klägers gegenüber einer anderen staatlichen Einrichtung erschüttert worden sei. Deswegen seien dem Kläger bereits am 19.06.2008 die Administratorenrechte entzogen worden. Dem entspricht der Aktenvermerk der Beklagten vom 19.06.2008, in dem ausgeführt wird, es sei dem Kläger gegenüber erklärt worden, dass die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Grund dessen "Funktion mit Administratorenrechten" nicht mehr gegeben sei. Der Kläger habe "nicht den psychisch stabilsten Eindruck" hinterlassen. Er sei ein "Sicherheitsrisiko". Im Aktenvermerk der Beklagten vom 03.07.2009 wird ausgeführt, dass dem Kläger eine "Verbindung zwischen seiner außerdienstlichen Straftat und dem dienstlichen Zusammenhang durch den starken Vertrauensverlust und seiner beruflichen Position als Administrator mit Generalzugriffsrecht auf alle PC" fehle. Damit lagen für die Beklagte hinreichend konkrete Anhaltspunkte vor, die es erforderlich gemacht hätten, dem Kläger nicht nur die Administratorenrechte zu entziehen, sondern umgehend, spätestens aber nach Wiederantritt des Dienstes durch den Kläger - auch zu dessen Schutz - das diesem bekannte Administratorenkennwort zu ändern und die lokalen Administratorenzugänge für den Kläger zu sperren, um unberechtigte Zugriffe des Klägers auf das EDV-System der Stadt zu verhindern. Die Änderung des Administratorenkennworts und weitere tatsächlich ergriffene Maßnahmen erst nach dem erfolgten verbotswidrigen Eindringen des Klägers in geschützte Dateien und Daten von Mitarbeitern der Beklagten erfolgte damit zu spät. Soweit die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung dazu vorgetragen haben, dass die Änderung des Administratorenkennwortes und die Sperrung der lokalen Administratorenzugänge für den Kläger sehr aufwändig gewesen und nach der längeren Krankheitsabwesenheit des Klägers in Vergessenheit geraten seien, ändert dies an einer entsprechenden Obliegenheit der Beklagten nichts. Das Unterlassen der Änderung des Administratorenkennwortes und der Sperrung der lokalen Administratorenzugänge als geeignete und erforderliche Schutzmaßnahmen ist hier als mildernder Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen (zum Unterlassen auf Grund besonderer Umstände erforderlicher Kontrollen des Beamten als bei der Maßnahmebemessung mildernd zu berücksichtigende Fürsorgepflichtverletzung vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.07.2014 - 2 B 70.13 -, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 25; Urteil vom 10.01.2007 - 1 D 15.05 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 14; Urteil des Senats vom 30.10.2014 - DB 13 S 773/14 -).
65 
Bei einer Gesamtschau der oben dargestellten, die Dienstpflichtverletzung kennzeichnenden Umstände kann damit trotz der objektiven schweren Gewichtigkeit des Dienstvergehens wegen der erheblich geminderten Schuldfähigkeit des Klägers und der damit einhergehenden subjektiven geringen Vorwerfbarkeit sowie in Anbetracht unterlassener Schutz- und Kontrollmaßnahmen der Beklagten lediglich von einem mittelschweren Dienstvergehen i.S.d. § 32 LDG ausgegangen werden.
66 
Dieses mittelschwere Dienstvergehen führt hier gemäß § 32 LDG zu einer Kürzung des Ruhegehalts des Klägers, die an die Stelle der bei Beamten im aktiven Dienst möglichen Zurückstufung oder Kürzung der Dienstbezüge tritt (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 100).
67 
Disziplinarmaßnahmen unterhalb der Höchstmaßnahme kommt in erster Linie die Funktion einer Pflichtenmahnung in dem Sinne zu, dass sie den betroffenen Beamten zu einem künftigen pflichtgemäßen Verhalten veranlassen sollen. Für eine solche - zukunftsbezogene - Pflichtenmahnung besteht aber bei einem Ruhestandsbeamten, soweit es die Erfüllung von Dienstpflichten betrifft, im allgemeinen kein Bedürfnis, weil er keinen Dienst mehr leistet. Der Zweck von Disziplinarmaßnahmen erschöpft sich aber nicht darin, den Beamten zu einem künftig pflichtgemäßen Verhalten zu veranlassen. Vielmehr dienen diese Disziplinarmaßnahmen letztlich (auch) der allgemeinen Aufrechterhaltung der Integrität des Berufsbeamtentums. Im Hinblick auf diesen Zweck ist neben dem Gesichtspunkt der Generalprävention und dem der gerechten Gleichbehandlung der Ruhestandsbeamten mit den aktiven Beamten auch der der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes von Bedeutung. Zur Gleichbehandlung als Ausfluss des allgemeinen Gerechtigkeitsprinzips gehört, dass ein Beamter, der nach Begehung einer nicht leichten Verfehlung in den Ruhestand tritt, grundsätzlich nicht besser gestellt werden soll, als ein Beamter, der im aktiven Dienst verbleibt. Auf diese Weise wird die disziplinare Erfassung nicht von dem mehr oder weniger zufälligen oder gar gesteuerten Ausscheiden aus dem aktiven Dienst abhängig gemacht (BVerwG, Urteile vom 06.05.1992 - 1 D 12.91 -, BayVBl. 1993, 349 und vom 08.12.1999 - 1 D 28/98 -, juris). Diesen Erwägungen entspricht die Regelung des § 32 LDG (LT-Drs. 14/2996, S. 99 f.) mit dem Erfordernis, dass der Ruhestandsbeamte ein mittelschweres Dienstvergehen begangen haben muss, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen. Mit diesen Tatbestandsvoraussetzungen wird die strukturelle Gleichartigkeit der Disziplinarmaßnahme zur Kürzung der Bezüge nach § 29 LDG deutlich (vgl. Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 32 LDG RdNr. 1) und zugleich - für den Fall des im aktiven Dienst begangenen Dienstvergehens - in Satz 2 geregelt, dass ein Beamter, der nach Begehung des Dienstvergehens in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt werden darf, als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt.
68 
Die für eine Kürzung der Bezüge bei einem aktiven Beamten erforderliche erhebliche Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung (§ 29 Abs. 1 Satz 1 LDG), die auch von § 32 Abs. 1 Satz 1 LDG vorausgesetzt wird, ist hier gegeben. Dabei gehen diese Bestimmungen davon aus, dass mit einem mittelschweren Dienstvergehen, das ein (mittlerweile) im Ruhestand befindlicher Beamter begangen hat, grundsätzlich eine erhebliche Vertrauensbeeinträchtigung einhergeht, also durch das Dienstvergehen indiziert wird. Anknüpfungspunkt der Indizwirkung ist dabei nicht die Typizität des Dienstvergehens, sondern dessen Schwere. Für einen Ausschluss der Indizwirkung sprechende Umstände liegen hier nicht vor. Die erhebliche Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne des § 29 Abs. 1 LDG ist - bei einem aktiven Beamten - dadurch gekennzeichnet, dass es einer wiederkehrenden erzieherischen Einwirkung auf den Beamten bedarf, indem ihm während der Kürzungsdauer das begangene Dienstvergehen wiederholt und monatlich spürbar vor Augen geführt wird, um zu erreichen, dass er sich künftig pflichtgemäß verhält (vgl. LT-Drs. 14/2966, S. 92; Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 29 LDG RdNr. 1). Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Berufungsverfahren zu Recht ausgeführt, dass vor allem bei Beachtung der psychischen Erkrankung des Klägers und seiner erheblich verminderten Schuldfähigkeit das dienstnotwendige Vertrauen und das Vertrauen der Allgemeinheit in das Ansehen des öffentlichen Dienstes und des Berufsbeamtentums nicht unwiederbringlich erschüttert sind. Zum anderen wäre hier bei einem aktiven Beamten die der Kürzung der Bezüge immanente Pflichtenmahnung erforderlich, um zu gewährleisten, dass sich das dienstpflichtwidrige Verhalten des Beamten nicht wiederholt.
69 
Die Laufzeit der Kürzung des Ruhegehalts bestimmt sich - wie bei der Kürzung der Bezüge - nach der Schwere des Dienstvergehens; der Kürzungsbruchteil nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ruhestandsbeamten (§ 32 Satz 4 LDG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 1 Satz 2 LDG). Bei Berücksichtigung des bereits dargestellten (mittelschweren) Gewichts des Dienstvergehens und der damit einhergehenden Vertrauensbeeinträchtigung und unter Beachtung der dem Kläger nicht anzulastenden Verfahrensdauer des Disziplinarverfahrens von über 7 ½ Jahren, die nach dem Eindruck, den der Senat von dem Kläger in der Berufungsverhandlung gewonnen hat, ersichtlich auf diesen eingewirkt hat und bereits deswegen - bei einem aktiven Beamten - eine pflichtenmahnende und bei der Bestimmung der Laufzeit berücksichtigungsfähige (mildernde) Wirkung entfaltet (vgl. dazu: Köhler, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, a.a.O., Materielles Dienstrecht, Allgemeiner Teil, RdNr. 120), ist auf eine Kürzungsdauer von einem Jahr zu erkennen. Nachdem der Kläger keine Schulden hat und nach den Angaben in der Berufungsverhandlung ein monatliches Ruhegehalt von etwa 2.000 EUR netto bezieht sowie in den Sommermonaten Einnahmen aus der Tätigkeit in einem ... auf 450-Euro-Basis hat, ist ein Kürzungsbruchteil von einem Zehntel gerechtfertigt.
70 
Damit ist zugleich die weitergehende, auf vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung gerichtete Klage abzuweisen.
71 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG. Über den Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im behördlichen Disziplinarverfahren für notwendig zu erklären, ist angesichts der Regelung in § 39 Abs. 5 Satz 2 LDG nicht ausdrücklich zu entscheiden.
72 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

Gründe

 
38 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der Berufungsfrist des § 2 LDG, § 124a Abs. 6 VwGO) ausreichend begründete Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Zwar hält auch der Senat die angegriffene Disziplinarverfügung für formell rechtmäßig und das dem Kläger vorgeworfene Dienstvergehen für erwiesen. Allerdings ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, weil die angefochtene Disziplinarverfügung der Beklagten wegen eines materiellen Bemessungsfehlers rechtswidrig ist und der Senat von der ihm in § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, indem er zur Beseitigung der mit dem materiellen Bemessungsfehler verbundenen Rechtsverletzung des Klägers die Verfügung der Beklagten vom 02.04.2013 dahingehend ändert, dass - statt der Aberkennung des Ruhegehalts - das Ruhegehalt des Klägers um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr anteilig vermindert wird. Soweit die Klage des Klägers auf die vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung gerichtet ist, ist sie (im Übrigen) abzuweisen.
39 
I. In formeller Hinsicht bestehen an der Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung keine durchgreifenden Bedenken. Zwar hat die Beklagte den von dem Kläger am 28.01.2013 gestellten und auf die Einholung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens zur Frage seiner (eingeschränkten) Schuldfähigkeit gerichteten Beweisantrag erst mit Schreiben vom 02.04.2013 und damit zeitgleich mit der am 02.04.2013 erlassenen Disziplinarverfügung abgelehnt. Doch führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Verfügung. Wird im behördlichen Disziplinarverfahren ein substantiierter Beweisantrag gestellt, hat die Disziplinarbehörde über ihn zu entscheiden und dem Antragsteller die Gründe mitzuteilen (vgl. Düsselberg, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 15 LDG RdNr. 15; Weiß, in: GKöD, M § 24 RdNr. 131). § 15 Abs. 3 LDG regelt - anders als § 24 BDG - die Entscheidungspflicht nicht ausdrücklich, setzt sie aber voraus, indem er ausführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen einem Beweisantrag stattzugeben ist. Im Hinblick auf die besondere Verfahrenssituation, der sich der Beamte in dem für ihn grundrechtsbedeutsamen Disziplinarverfahren ausgesetzt sieht (vgl. dazu: Weiß, a.a.O.), ist es zwar wünschenswert, wenn die Disziplinarbehörde einen von ihm gestellten Beweisantrag zeitlich vor Erlass der Disziplinarverfügung bescheidet, um dem Beamten gegebenenfalls die Möglichkeit einer Reaktion vor Abschluss des behördlichen Disziplinarverfahrens zu geben. Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung kann die Entscheidung über den Beweisantrag aber auch zeitgleich mit der Disziplinarverfügung oder in der Disziplinarverfügung selbst ergehen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 23.02.2011 - 31 K 7929/10.O -, juris). Hierfür spricht auch, dass die Entscheidung über einen Beweisantrag nach dem Willen des Gesetzgebers nicht gesondert angefochten werden kann, sondern es dem Beamten lediglich unbenommen bleibt, im Rahmen einer Klage eine unzureichende Sachaufklärung zu rügen und den Beweisantrag im gerichtlichen Verfahren zu wiederholen (LT-Drs. 14/2996, S. 73; Düsselberg, a.a.O.; vgl. auch Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Aufl., § 24 RdNr. 11).
40 
II. Materiell prüft der Senat die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zu Grunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteile des Senats vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 - und vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, jew. juris). Danach ist hier ein Dienstvergehen (§ 47 BeamtStG) des Klägers erwiesen, weil der Kläger schuldhaft ihm als Beamten obliegende Pflichten verletzt hat. Allerdings leidet die angegriffene Disziplinarverfügung an einem materiellen Bemessungsfehler.
41 
1. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, kann nach den Ergebnissen des Disziplinarverfahrens sowie des Verfahrens vor der Disziplinarkammer in tatsächlicher Hinsicht der dem Kläger in der angegriffenen Disziplinarverfügung zur Last gelegte Sachverhalt der disziplinaren Würdigung zu Grunde gelegt werden. Dies hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht in Frage gestellt. In der Berufungsverhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten vielmehr ausdrücklich bestätigt, dass der objektive Sachverhalt unstreitig feststehe. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil auf Seite 11 zusammenfassend festgestellt hat, waren dem Kläger - nachdem der Beklagten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung ("Vorfall Schlösser") bekannt geworden war - am 19.06.2008 die mit seiner Funktion als Netzwerkadministrator verbundenen Rechte entzogen worden. Nachdem der Kläger nach längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten am 20.07.2009 seinen Dienst im Bauverwaltungsamt, in das er umgesetzt wurde, antrat, drang er unter Missbrauch des ihm als Netzwerkadministrator bekannten und von der Beklagten noch nicht geänderten Passworts in geschützte Dateien und Daten auf den Rechnern der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, ..., und des Leiters des Personalamts, ..., ein und speicherte von dort Dateien auf seinem Dienst-PC. Unter den geladenen Dateien befanden sich Dokumente über interne Vorgänge der Beklagten und über dritte Mitarbeiter sowie interne Dokumente in seinem eigenen Personalfall. Der Kläger lud sich außerdem verbotswidrig das Programm google earth sowie den Internetbrowser "......" herunter. Auf diese Weise bahnte er sich einen nicht zugelassenen und nicht protokollierten Weg ins Internet. Unter verbotswidriger Ermittlung des Benutzernamens und des persönlichen Passworts der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, ..., verschaffte er sich Zugang zum Internetportal ... unter Verwendung ihrer Zugangsdaten. Nachdem bis zum Morgen des 23.07.2009 sämtliche eingetragenen Passwörter für Administratoren geändert worden waren, versuchte der Kläger am 24.07.2009 sich als Netzwerkadministrator in das EDV-System der Beklagten einzuloggen und die Netzwerkadministratorenrechte wieder zu erlangen.
42 
Der Senat teilt auch die Ansicht der Disziplinarkammer, dass der Kläger mit diesen Handlungen vorsätzlich gegen seine Pflichten aus § 34 Satz 3 BeamtStG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten), § 34 Satz 1 BeamtStG (Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen), § 35 Satz 2 BeamtStG (Pflicht zur Ausführung dienstlicher Anordnungen und zur Befolgung allgemeiner Richtlinien) und § 36 Abs. 1 BeamtStG (Pflicht zur Einhaltung von Recht und Gesetz) verstoßen und unerlaubt die Daten anderer Kollegen und Vorgesetzter ausgespäht hat (§ 202a StGB).
43 
Der Kläger war zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Handlungen auch nicht schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB (zur entsprechenden Anwendung der Regelungen der §§ 20f. StGB im Disziplinarrecht vgl. Urteile des Senats vom 09.08.2016, a.a.O., und vom 11.01.2012 - DB 316/11 -, juris). Nach § 20 StGB handelt schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar wurde dem Kläger in dem Gutachten des Dr. ... vom 07.10.2016 eine schwere depressive Episode mit paranoiden Symptomen (ICD-10: F32.3) und eine Persönlichkeitsakzentuierung mit sensitiven und narzisstischen Zügen bescheinigt, die das Eingangsmerkmal "krankhafte seelische Störung" des § 20 StGB erfüllen. Dr. ... hat dazu in der Berufungsverhandlung ausgeführt, dass für die Beurteilung der Schuldfähigkeit auf der ersten Stufe ein psychopathologischer Zustand erforderlich sei, der einer der vier im Gesetz vorgegebenen Kategorien entspreche. Dazu sei eine Quantifizierung der Symptomatik erforderlich. Es reiche nicht aus, irgendeine Diagnose auf dem psychiatrischen Fachgebiet zu stellen, um die juristische Merkmalskategorie zu erfüllen, sondern die psychische Störung müsse einen deutlichen Einfluss auf das psychosoziale Funktionsniveau haben. Dies sei bei dem Kläger der Fall gewesen, weil die depressive und begleitende paranoide Symptomatik so schwer ausgeprägt gewesen sei, dass der Kläger in seinen gesamten Lebensbezügen beeinträchtigt gewesen sei. Allerdings lägen Hinweise für einen Schuldausschließungsgrund nach § 20 StGB nicht vor. Insbesondere sei psychopathologisch die Schwelle eines manifesten Wahns nicht erreicht. Diese Einschätzung deckt sich im Ergebnis mit der Bewertung des von der Beklagten im behördlichen Disziplinarverfahren beigezogenen Gutachters Dr. ... vom 08.12.2011, der für den Kläger bei Begehung des Dienstvergehens im Hinblick auf die vom ihm diagnostizierte schwere depressive Episode (ICD-10: F32.31) eine schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB annimmt, aber mangels dadurch bedingter Aufhebung oder Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Schuldfähigkeit nach § 20 StGB und - anders als Dr. ... - für eine Verminderung der Schuldfähigkeit (dazu noch unten) verneint.
44 
2. Das damit erwiesene einheitliche Dienstvergehen des Klägers rechtfertigt allerdings bei Berücksichtigung der Bemessungsgrundsätze nach der Schwere des Dienstvergehens und des damit einhergehenden Vertrauensverlustes (vgl. § 26 LDG und dessen Verweis auf die §§ 27 bis 35 LDG) wegen einer zum Tatzeitpunkt gegebenen erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) nicht die in der Disziplinarverfügung ausgesprochene Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 LDG) als für den Kläger als Ruhestandsbeamten höchste Disziplinarmaßnahme.
45 
Ist von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB auszugehen (oder kann diese nach dem Grundsatz in dubio pro reo nicht ausgeschlossen werden), ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen und kann die disziplinare Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173; Urteil des Senats vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris).
46 
Der Kläger hat das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begangen. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen (Einsichtsfähigkeit) oder nach dieser Einsicht zu handeln (Steuerungsfähigkeit), wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war.
47 
Die richterliche Entscheidung, ob die Fähigkeit des Betroffenen, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert ist, erfolgt in einem aus mehreren Schritten bestehenden Verfahren (vgl. hierzu und zum Folgenden: BGH, Urteil vom 17.04.2012 - 1 StR 15/12 -, NStZ 2013, 53), ohne dass die Nichteinhaltung einzelner Schritte nach rechtlichen Maßstäben fehlerhaft sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.2004 - 1 StR 346/03 -, BGHSt 49, 45, 51 f.; Beschluss vom 12.06.2008 - 3 StR 154/08 -, NStZ-RR 2008, 338; Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß, Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten, NStZ 2005, 57 ff.). Unter regelmäßig gebotener Hinzuziehung sachverständiger Hilfe ist zunächst die Feststellung erforderlich, dass bei dem Betroffenen eine psychische Störung vorliegt, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Betroffenen zu untersuchen und festzustellen, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang sie sich auf dessen Tatverhalten ausgewirkt haben.
48 
Wie bereits ausgeführt gelangen sowohl der im behördlichen Disziplinarverfahren beigezogene Gutachter Dr. ... wie auch der gerichtliche Sachverständige Dr. ... zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger zum Tatzeitpunkt eine psychische Störung vorlag, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Dr. ... diagnostiziert eine schwere depressive Episode (ICD-10: F32.31) und eine schizoide Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F:60.1) und führt zum Ausprägungsgrad aus, dass lediglich der schweren depressiven Episode ein Ausprägungsgrad immanent ist, der die Annahme einer seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB rechtfertigt. Dr. ... geht von einer schweren depressiven Episode mit paranoiden Symptomen (ICD-10: F32.3) sowie einer Persönlichkeitsstörung mit sensitiven und narzisstischen Zügen aus, die die Kriterien einer krankhaften seelischen Störung im Sinne des § 20 StGB im Zeitpunkt der vorgeworfenen Disziplinarverstöße erfüllen. Zum Schweregrad legt Dr. ... in dem von ihm erstellten Gutachten dar, dass der Kläger in seinen rationalen Bewertungen und Handlungen gegenüber der Beklagten und im weiteren Verlauf auch in weiteren psychosozialen Lebensbereichen derart eingeschränkt gewesen sei, dass von einem erheblichen Grad der Einschränkung auszugehen sei. Der Kläger sei zum umsichtigen Reagieren auf bestimmte Situationsveränderungen nicht mehr in der Lage gewesen. Er sei unkorrigierbar von der Überzeugung gefangen und getrieben gewesen, sich gegen die Vorgesetzten zur Wehr setzen zu müssen, die ihn zu Fall bringen wollten. Der Kläger habe sich in höchster Erregung befunden, sein seelisches Gefüge sei von einem großen Beeinträchtigungserleben geprägt gewesen. Er habe sich davon nicht mehr distanzieren und auch auf entsprechende Hinweise von außen nicht mehr kritisch reflektieren können. Frustration, Unterlegenheit, Existenzängste, die unzureichende Flexibilität und die psychopathologische Abwandlung hätten in ein paranoides Denkgebilde mit präsuizidalen und prähomizidalen und schließlich dann zu schweren depressiven Symptomen sowie zu Affektdurchbrüchen geführt, die auch keine Risikoabsicherung mehr vorgesehen hätten.
49 
Zu den in Einzelheiten unterschiedlichen, aber hinsichtlich der Erfüllung der Eingangskriterien des § 20 StGB zum selben Ergebnis führenden Bewertungen der Gutachter Dr. ... und Dr. ... führte Dr. ... in der Berufungsverhandlung erläuternd und für den Senat überzeugend aus, dass in quantitativer Hinsicht die Zuordnung zu einer Merkmalskategorie zweifelsfrei gegeben, die konkrete Einordnung in eine Merkmalskategorie aber schwierig sei ("Mit den Merkmalskategorien kann man ein weites Fass aufmachen."), so dass der unterschiedlichen Einordnung des beim Kläger diagnostizierten psychopathologischen Zustands als "schwere andere seelische Abartigkeit" (so Dr. ...) oder als "krankhafte seelische Störung" (so Dr. ...) an dieser Stelle keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt.
50 
Jedoch gelangen Dr. ... und Dr. ... bei der Frage, ob die diagnostizierte psychische Störung relevante Auswirkungen auf das Tatverhalten des Klägers gehabt hat, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während beide Gutachter noch annehmen, dass die Erkrankung des Klägers keinen Einfluss auf seine Einsichtsfähigkeit hatte, bejaht Dr. ... - anders als Dr. ... - eine durch den psychopathologischen Zustand des Klägers bedingte Minderung der Steuerungsfähigkeit. Dieser Einschätzung folgt der Senat.
51 
Dr. ... führt hierzu in seinem schriftlichen Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend aus, dass der Kläger, getrieben von seinen überzogenen und wahnhaften Ideen, sich gegen den Arbeitgeber zur Wehr setzen zu müssen, trotz des Überführtwerdens und trotz der Erkenntnis, dass die von ihm unternommenen Schritte unzulässig seien, nicht in der Lage gewesen sei, sein Fehlverhalten einzustellen. Er habe es vielmehr als Zwang beschrieben, die Recherchen fortsetzen zu müssen. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht habe eine Minderung (des motivationalen Anteils) der Steuerungsfähigkeit vorgelegen, die im weiteren Verlauf auch weitere Lebensbereiche des Klägers beeinflusst habe, so beispielsweise die Partnerschaft mit den damit im Zusammenhang stehenden existenziellen Nöten oder die Überzeugung, verfolgt zu werden, bis hin zu ausgedehnten Rachefantasien. Neben diesen Rachefantasien, die im Hinblick auf Mitarbeiter der Beklagten auch einen erweiterten Suizid umfassten (vgl. S. 51 f. des Gutachtens des Dr. ...), fallen dabei insbesondere übersteigerte Existenzängste bis hin zu einem aus Angst vor einem finanziellen Ruin motivierten Sparen von Warmwasser und weiterhin auf, dass sich der Kläger in seinem Haus hinter Vorhängen zur Lauer gelegt hat, um Autokennzeichen vor seinem Haus zu überprüfen (vgl. S. 60 des Gutachten des Dr. ... und die wiedergegebenen Aussagen des Klägers auf S. 48 des Gutachtens des Dr. ...: "Er sei der Überzeugung gewesen, dass die Stadt ihm Detektive auf den Hals hetze. Er habe dann hinter dem Vorhang hervor nach Autos vor seinem Haus Ausschau gehalten. Erst habe er nach fremden Autokennzeichen gesucht. Dann sei ihm klar gewesen, dass er doch nach ... Kennzeichen suchen müsse, dass die doch nicht so blöd sind, ihm fremde Autos zu schicken. Er habe auch jeden Tag den Motor des Postboten gehört, dann habe er Panik entwickelt und sei sofort aufgestanden und habe die Post entgegen genommen. Diese Ängste würden das Motorengeräusch bis heute noch auslösen, erst seit einem halben Jahr stehe er nicht mehr sofort auf, wenn er den Postboten höre.").
52 
Dr. ... hat mithin entsprechende Auffälligkeiten in anderen (außerberuflichen) Lebensbereichen des Klägers benannt, die für eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Klägers sprechen, und damit die Schlussfolgerung des Dr. ... in Frage gestellt, der wegen des Fehlens solcher Umstände die Steuerungsfähigkeit des Klägers im Tatzeitraum für gegeben hielt. Die von Dr. ... beschriebenen Beeinträchtigungen des Klägers in anderen Lebensbereichen erreichen insbesondere eine deutlich andere Ebene, als die von Dr. ... in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dargelegten Beeinträchtigungen. Insbesondere beschreibt Dr. ... Verhaltensweisen, die nicht bloß den Rückzug des Klägers in der Beziehung zu seiner damaligen Partnerin betreffen, von denen Dr. ... meinte, es würde sehr hohe Prozentanteile von Menschen mit Schuldunfähigkeit geben, wenn man jeden, der sich vor seiner Partnerin zu Hause verschließe und zurückziehe, als schuldunfähig im Strafprozess einstufen würde. Soweit Dr. ... weiterhin maßgebend darauf abgestellt hat, dass der Annahme einer eingeschränkten Schuldfähigkeit entgegenstehe, dass der Kläger planvoll, lang hingezogen und mehrfach modifiziert vorgegangen sei, bewertet Dr. ... das vorgeworfene Verhalten zwar als geplant, aber wenig durchdacht und weit hinter den Möglichkeiten eines ITlers liegend mit anschließender hilfloser Verzweiflung. Dies wird insbesondere dadurch belegt, dass der Kläger zu einer situationsadäquaten Reaktion nicht mehr in der Lage war, als er gemerkt hat, dass sein Verhalten den Mitarbeitern der Beklagten bekannt geworden war, nachdem diese die eingetragenen Administratorenkennwörter geändert und die lokalen Administratorenzugänge gesperrt haben, und trotzdem am Tag darauf (24.07.2009) erneut versucht hat, sich verbotswidrig in das EDV-System der Beklagten einzuloggen.
53 
Die von dem Kläger gegen die diesbezüglichen Feststellungen im Gutachten des Dr. ... erhobenen Einwände überzeugen nicht. Soweit er geltend macht, es hätten psychologische und medizinische Testverfahren durchgeführt werden müssen, um die Glaubhaftigkeit der vom Kläger abgegebenen Äußerungen zu bewerten, nachdem dieser über eine erhebliche Intelligenz verfüge und wegen seiner mehrfachen psychiatrischen Begutachtung zu unterstellen sei, dass er die Mechanismen der psychiatrischen Begutachtung kenne, hat dem Dr. ... in der Berufungsverhandlung entgegengehalten, dass Testverfahren nicht mehr hätten durchgeführt werden können, weil zum Zeitpunkt der Begutachtung und Untersuchung keine psychopathologischen Symptome mehr vorgelegen hätten. Für den Auftrag, retrospektiv einen psychischen Zustand zu konstruieren, seien ihm, dem Gutachter, keine Testverfahren bekannt. Es sei selbstverständlich, dass die Angaben des Probanden nicht naiv für Realität gehalten würden. Bei der Begutachtung sei man um entsprechende Nachfragen bemüht gewesen. In den Behandlungsberichten der ... Klinik ... und des Dr. ... sei ebenso verfahren worden. Zur Glaubhaftigkeitsbewertung würden psychiatrische Plausibilitätserwägungen angestellt und zudem ein Abgleich der Angaben des Klägers bei der Exploration mit den Angaben vorgenommen, die der Kläger im Laufe des gesamten Verfahrens gemacht habe. Dabei seien keine wesentlichen Diskrepanzen aufgefallen, die Anlass gegeben hätten, an den von dem Kläger bei der Begutachtung gemachten Angaben zu zweifeln. Diese Ansicht teilt der Senat, nachdem sich das Gutachten des Dr. ... ausführlich mit den von dem Kläger im Verlaufe des Disziplinarverfahrens gemachten Angaben beschäftigt und diese wiedergibt. Die Beklagte hat ihre Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers nicht näher substantiiert. Auch dem Senat sind keine erheblichen Unterschiede in den diesbezüglichen Angaben des Klägers aufgefallen, die eine darüber hinaus gehende Auseinandersetzung mit der Glaubhaftigkeit seiner dem Gutachten des Dr. ... zu Grunde gelegten Angaben erforderlich gemacht hätten.
54 
Schließlich hält der Senat die von Dr. ... in der Berufungsverhandlung dargelegte Erläuterung der unterschiedlichen Ergebnisse seines Gutachtens und des Gutachtens des Dr. ... und die dabei gemachte Differenzierung zwischen einzelnen Aspekten der Steuerungsfähigkeit für besonders überzeugend. Dr. ... führte diesbezüglich aus, dass zwischen exekutiver und motivationaler Steuerungsfähigkeit unterschieden werden müsse. Die exekutive Steuerungsfähigkeit sei typischerweise bei einem Betrunkenheitszustand, also bei einem Handeln aus der Situation heraus ohne Berücksichtigung von Konsequenzen, betroffen, während die motivationale Steuerungsfähigkeit die motivationale Ausgangslage betreffe. Dr. ... habe richtigerweise die exekutive Steuerungsfähigkeit für unbeeinträchtigt gehalten, während die motivationale Steuerungsfähigkeit beim Kläger krankheitsbedingt verändert gewesen sei. Dies habe das Gutachten des Dr. ... nicht ausreichend berücksichtigt. Da die Unterscheidung zwischen exekutiver und motivationaler Steuerungsfähigkeit nicht einfach sei, könne es insofern auch eine Rolle spielen, dass Dr. ... als psychologischer Psychotherapeut nicht die Praxis eines forensischen Psychiaters habe (vgl. zur übergreifenden Kompetenz eines Fachpsychiaters auf dem Gebiet der krankhaften seelischen Störung auch: Rasch, Die Auswahl des richtigen Psycho-Sachverständigen im Strafverfahren, NStZ 1992, 257 m.w.N.).
55 
Das vom gerichtlichen Gutachter Dr. ... gefundene Ergebnis, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht die medizinischen Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB angenommen werden können, fügt sich in das Bild weiterer Stellungnahmen, insbesondere von den den Kläger behandelnden oder untersuchenden Ärzten ein. Bereits im neurologischen Gutachten des Prof. Dr. ... vom 07.05.2009, das zur Frage eines beidseitigen Sulcus ulnaris-Syndroms (Druckschädigung eines am Ellbogen verlaufenden Nervenstrangs) erging und den psychiatrischen Befund noch als unauffällig beschreibt, wird erwähnt, dass sich beim Kläger in einem befindlichkeitsdiagnostischen Verfahren erhöhte Werte unter anderem auf den Skalen Zwanghaftigkeit und paranoides Denken gezeigt hätten. Im Behandlungsbericht des Universitätsklinikums ..., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III, Prof. ..., vom 30.07.2009 über eine im direkten Anschluss an das begangene Dienstvergehen stationäre Behandlung vom 26.07. bis 30.07.2009 wird im psychopathologischen Aufnahmebefund eine wahnhaft gefärbte Annahme von Beeinträchtigungen und eine erschwert auslenkbare affektive Schwingungsfähigkeit genannt. Mit ursächlich für die Entwicklung des Klägers könne eine Persönlichkeitsakzentuierung sein, die im Rahmen der empfohlenen Psychotherapie weiter abgeklärt und auch behandelt werden solle. Die Bewertung der Arbeitsatmosphäre durch den Kläger sei paranoid gefärbt. Eine Therapie mit Escitalopram, Quetiapin und Risperidon werde empfohlen. In weiteren Behandlungsberichten des den Kläger behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. ... wird eine mittelgradige bis schwere depressive Episode mit paranoider Ausgestaltung diagnostiziert und später von einer schweren depressiven Episode mit psychotisch-paranoider Symptomatik bei schizoid-sensitiver Persönlichkeitsstörung gesprochen. In seiner im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart vorgelegten Stellungnahme vom 10.09.2009 spricht Dr. ... rückblickend von einer längerfristigen depressiven Entwicklung, die erhebliche Anhaltspunkte dafür erkennen lasse, dass der Kläger zum Zeitpunkt der ihm zur Last gelegten Verfehlung im Juli 2009 schon erheblich psychisch beeinträchtigt gewesen sei und dies möglicherweise zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit geführt haben könne. Ähnlich beurteilt Dr. ... nach Lektüre des Entlassberichtes der ... Klinik ... vom 23.02.2010 mit Schreiben vom 10.03.2010 den psychopathologischen Zustand des Klägers. Das dem Kläger zur Last gelegte Delikt der Ausspähung von Daten sei in einem Zustand paranoider Gestimmtheit erfolgt; aus psychiatrischer Sicht ergäben sich deutliche Hinweise darauf, dass sich der Kläger in der damaligen Situation in einem Zustand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit befunden habe. Im Entlassbericht der ... Klinik ... vom 23.02.2010 über einen stationären Aufenthalt vom 29.01. bis 19.02.2010 wird die Diagnose einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und eine schizoide Persönlichkeitsstörung gestellt. Das Gesundheitsamt des Landratsamtes ... kommt in seiner Stellungnahme vom 22.09.2010 unter Hinweis auf die für den Kläger gestellten Diagnosen und die psychopharmakologisch hochdosierte Kombinationstherapie mit Cipralex, Seroquel, Risperidon, Lyrica, Venlafaxin und Tavor (Das Gutachten des Dr. ... spricht von einer 6-fachen psychopharmakologischen Behandlung) zu dem Ergebnis, dass ärztlicherseits die Bestellung eines Verfahrensvertreters für das behördliche Disziplinarverfahren erforderlich sei. Das Amtsgericht ... lehnte mit Beschluss vom 30.11.2011 den Antrag auf Bestellung eines Verfahrensvertreters lediglich mit der Begründung ab, dass der Kläger wirksam einem Rechtsanwalt Vollmacht erteilt habe und es daher einen Vertreter im Sinne des § 16 LVwVfG gebe, so dass ein weiterer Vertreter nicht bestellt werden müsse. Im Strafverfahren wegen Ausspähens von Daten bat das Amtsgericht ... mit Schreiben vom 19.11.2010 im Hinblick auf die Stellungnahme des Gesundheitsamtes ... vom 22.09.2010 die Staatsanwaltschaft ... um Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO, weil inzwischen erhebliche Zweifel an der Schuldfähigkeit des Klägers bestünden. Die amtsärztliche Stellungnahme klinge "ziemlich massiv". In ihrer Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens führte die Staatsanwaltschaft ... aus, dass der Kläger nach dem amtsärztlichen Gutachten an einer erheblichen psychischen Erkrankung mit paranoiden und schizoiden Zügen leide und es - eingedenk seines Tatverhaltens, aber auch seines Verhaltens bei den vorangegangenen Taten in ... - überaus nahe liege, dass diese Situation auch bei der Tatbegehung gegeben gewesen sei. Eine eingeschränkte, möglicherweise aufgehobene Steuerungsfähigkeit erscheine insofern durchaus denkbar.
56 
Der Senat geht auch davon aus, dass die Steuerungsfähigkeit des Klägers bei Begehung des Dienstvergehens erheblich im Sinne des § 21 StGB vermindert war. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung "erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise; dabei ist zu klären, ob die Fähigkeit des Täters, motivatorischen und situativen Tatanreizen in der konkreten Tatsituation zu widerstehen und sich normgemäß zu verhalten, im Vergleich zu dem "Durchschnittsbürger" in einem solchen Maß verringert war, dass die Rechtsordnung diesen Umstand bei der Durchsetzung ihrer Verhaltenserwartungen nicht übergehen darf (vgl. Perron/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 21 StGB RdNr. 5 m.w.N.). Dies ist hier nach Ansicht des Senats der Fall.
57 
Zwar handelt es sich bei den hier betroffenen Dienstpflichten des Klägers um elementare, selbstverständliche und leicht einsehbare Dienstpflichten und hängt nach der Rechtsprechung im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3; Urteil des Senats vom 01.04.2014 - DL 13 S 2383/13 -, juris), jedoch ist hier nicht die Einsichtsfähigkeit des Klägers in diese Pflichten betroffen, sondern geht es um die Frage der erheblichen Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit bei Begehung des Dienstvergehens. Insoweit kann der Umstand einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit nicht durch das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit kompensiert werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.10.2014 - 2 B 60.14 -, NVwZ-RR 2015, 50; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.05.2016 - 14 LB 4/15 -, juris). Es kommt hier hinzu, dass die Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit gerade auch in dem dienstlichen Bereich des Klägers (Konflikte an seinem Arbeitsplatz und mit seinen Kollegen) seinen Ursprung hat und damit die verletzten Kernpflichten des Klägers betrifft (vgl. hierzu: Urteil des Senats vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris).
58 
Für die Annahme einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit ist für den Senat maßgeblich, dass der Kläger trotz der Verletzung eigentlich leicht zu befolgender Dienstpflichten letztlich auf Grund seiner psychischen Erkrankung den motivatorischen Tatanreizen keine relevanten eigenen Widerstände mehr entgegensetzen konnte. Dabei ist bereits die psychopathologische Entwicklung des Klägers vor Begehung des Dienstvergehens in den Blick zu nehmen. Das von dem Kläger gezeigte paranoide Symptombild begann zunächst mit Anspannung (Zähneknirschen, Haareausreißen), erheblichen Schlafstörungen und Grübelneigungen. Es folgten der Rückzug in eine eigene Welt und der Aufbau eines großen Feindbildes, bei dem sich der Kläger von seinen Vorgesetzten völlig unverstanden und allein gelassen fühlte. Nachdem diese psychiatrische Problematik nicht erkannt wurde, sondern sich die Frage seiner Dienstfähigkeit auf die orthopädische Problematik am Arm beschränkte, kam es im Mai 2008 zu ersten vollkommen irrationalen Handlungen beim Verkleben der Schlösser auf dem ....... Nach Aufdeckung dieser Taten verstärkten Scham- und Schuldgefühle den sozialen Rückzug und die depressive Symptomatik des Klägers weiter. Als der Kläger dann im Juli 2009 seinen Dienst wieder antrat und auf einen nach seiner Vorstellung nicht akzeptablen Arbeitsplatz im Auszubildendenbereich Dienst zu tun hatte, nahm die Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands des Klägers "weiter an Fahrt auf" (so das Gutachten des Dr. ...) und kam der Kläger zu der wahnhaften Überzeugung, dass er sich gegen drohende Maßnahmen seiner Vorgesetzten zur Wehr setzen müsse. Von der Unsinnigkeit seiner Maßnahmen war der Kläger nicht mehr zu überzeugen. Er war - in den Worten des Gutachtens des Dr. ... - unkorrigierbar von der Überzeugung gefangen und getrieben, sich gegen seine Vorgesetzten zur Wehr setzen zu müssen und konnte sich nicht mehr distanzieren und nicht mehr kritisch reflektieren. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass der Kläger auch nachdem ihm bewusst wurde, dass Mitarbeiter der Beklagten seine unrechtmäßigen Handlungen entdeckt und das Administratorenpasswort geändert hatten, nicht mehr umsichtig und besonnen reagieren konnte, sondern sein Vorgehen fortsetzte, obwohl ihm bewusst war, mit welchen Folgen er zu rechnen hatte. Dies ist aber für den Senat ein deutliches Zeichen dafür, dass der Kläger dermaßen in seinen paranoiden und wahnhaften Vorstellungen verfangen war, dass er in beträchtlicher und massiver Weise daran gehindert war, sich normgemäß zu verhalten und deshalb die Rechtsordnung und das disziplinare Maßregelsystem, auch bei Berücksichtigung seines Zwecks, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Berufsbeamtentums aufrechtzuerhalten, diesen Umstand nicht übergehen darf und die disziplinare Höchstmaßnahme deshalb nicht mehr ausgesprochen werden kann.
59 
III. Die mit der Aberkennung des Ruhegehalts des Klägers ausgesprochene disziplinare Höchstmaßnahme in der Verfügung vom 02.04.2013 erweist sich damit als rechtswidrig. § 21 Satz 1 AGVwGO bestimmt, dass das Gericht die Abschlussverfügung aufhebt, wenn diese rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Allerdings kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO (vgl. zu dessen Anwendung bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG: Urteil des Senats vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 -, juris) das Gericht bei einem - wie hier - erwiesenen Dienstvergehen die Verfügung auch aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Mit der Formulierung "kann" wird ein richterliches Ermessen eingeräumt, ob statt der Aufhebung der Abschlussverfügung diese aufrechterhalten oder abgeändert wird (LT-Drs. 14/2996, S. 148); eine Verpflichtung der Disziplinarkammer, eine Entscheidung nach § 21 Satz 2 AGVwGO zu treffen, besteht hingegen nicht. Bei der gerichtlichen Ermessensausübung ist zu beachten, dass § 21 Satz 2 AGVwGO dem Zweck der Verfahrensbeschleunigung und damit der Verwirklichung des in Baden-Württemberg nicht ausdrücklich normierten (vgl. etwa im Bundesdisziplinarrecht § 4 BDG), aber dem Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz nach wie vor zu Grunde liegenden (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 148) Beschleunigungsgrundsatzes (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 4 BDG RdNr. 10 f.; Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 8 LDG RdNr. 2) dient, der in jeder Phase des Disziplinarverfahrens als objektives Disziplinarrecht zu beachten ist (Hummel/Baunack, a.a.O., § 4 BDG RdNr. 1; Müller, Beamtendisziplinarrecht, RdNrn. 303, 426). Deshalb ist davon auszugehen, dass die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes und aus Gründen der Prozessökonomie in Ausübung ihres richterlichen Ermessens regelmäßig von der Möglichkeit des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch machen sollen, wenn sich eine Abschlussverfügung als rechtswidrig erweist und die Rechtsverletzung mit der gerichtlichen Entscheidung beseitigt ist. Diese Erwartung äußert auch der Gesetzgeber in der Begründung zum Landesdisziplinargesetz (LT-Drs. 14/2996, S. 148). Nachdem hier keine Besonderheiten (etwa eine im Raum stehende gegenständliche Erweiterung des Disziplinarverfahrens um Dienstpflichtverletzungen, die nicht Gegenstand der angefochtenen Disziplinarverfügung sind) ersichtlich sind, macht der Senat bei Ausübung seines richterlichen Ermessens von der ihm eingeräumten Änderungsbefugnis des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass dem Gewicht der Pflichtverletzung des Klägers die Kürzung seines monatlichen Ruhegehalts (§ 32 LDG) um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr Rechnung trägt.
60 
Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umstände handelt es sich hier um ein mittelschweres Dienstvergehen im Sinne des § 32 LDG, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen.
61 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu LT-Drs. 14/2996, S. 86; Urteil des Senats vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris).
62 
Das von dem Kläger begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen sehr gewichtig. Der Systemadministrator hat bei technischen Erfordernissen alle Konfigurationen (Einstellung von Hard- und Software) vorzunehmen und deshalb die technische Möglichkeit, auf alle Datenbestände zuzugreifen. Er darf diese Möglichkeiten aber nur im Rahmen seiner Aufgabenbefugnisse, nicht jedoch außerhalb dieser nutzen, um den Inhalt fremder Datenbestände zur Befriedigung eigener Interessen einzusehen oder zu nutzen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, gehört die Verpflichtung des Administrators, in diesem Sinne sorgfältig mit den ihm anvertrauten Daten umzugehen und sie insbesondere nicht zu eigenen Zwecken zu missbrauchen, zum Kern seiner Dienstpflichten in dieser Funktion. Gerade weil der Systemadministrator Zugriff auf alle - auch die sensiblen - Datenbestände hat und seine Tätigkeit kaum hinreichend von Dritten zu überwachen ist, wird ihm ein besonderes und gesteigertes Vertrauen in die diesbezügliche ordnungs- und pflichtgemäße Dienstführung entgegengebracht. Die diesbezüglichen den Kläger treffenden Dienstpflichten wirken auch noch in der später eigenommenen Stellung im Bauverwaltungsamt nach, auch wenn der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Aufgaben eines Netzwerkadministrators nicht mehr innegehabt hat. Der Kläger - so ebenfalls zutreffend das Verwaltungsgericht - war damit weiterhin zur Wahrung der Vertraulichkeit und zur ausschließlich bestimmungsgemäßen Verwendung seiner Fähigkeiten verpflichtet. Schwer wiegt auch, dass der Kläger an vier aufeinanderfolgenden Tagen zu den Dienstpflichtverletzungen angesetzt, sensibles und vertrauliches Datenmaterial abgegriffen hat, dabei planvoll vorgegangen ist und mit seinen Versuchen auch dann nicht aufgehört hat, als er wegen der Sperrung des Administratorenpassworts erkennen musste und erkannt hat, dass sein Vorgehen aufgefallen ist. Nicht zu beanstanden ist, wenn das Verwaltungsgericht zur Bemessung des Gewichts der Verfehlung die Entstehung eines materiellen Schadens nicht für entscheidend gehalten hat, sondern maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der eigentliche Schaden im Verlust des Vertrauens bei den Kollegen liegt, derer Daten sich der Kläger unberechtigt bedient hat. Es kommt hinzu, dass die Beklagte nach ihren Angaben in der Berufungsverhandlung erhebliche Ressourcen aufbringen musste, um ihr EDV-System, auch durch die Änderung des Administratorenkennworts und durch die Sperrung der lokalen Administratorenzugänge, vor weiteren unberechtigten Zugriffen des Klägers zu schützen.
63 
Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale ist nach den obigen Ausführungen davon auszugehen, dass der Kläger das ihm vorgeworfene Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, was mit dem entsprechenden Gewicht bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen ist. Insoweit hat die Beweiserhebung und die rechtliche Bewertung durch den Senat die bereits in der Zustimmung der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens gemäß § 153 Abs. 2 StPO (Schreiben vom 23.11.2010) abgegebene Einschätzung bestätigt, dass das inkriminierte Verhalten dem psychisch beeinträchtigten Kläger nur begrenzt zuzurechnen und es vertretbar ist, von einer nur geringen Schuld des Klägers auszugehen.
64 
Zu Gunsten des Klägers berücksichtigt der Senat auch, dass es die Beklagte nach Bekanntwerden des Vorfalls mit dem Verkleben der Schlösser am ...... im Juni 2008 und dem Entzug der Administratorenrechte unterlassen hat, auch das dem Kläger wegen dieser Funktion zugeteilte Administratorenkennwort zu ändern und die lokalen Administratorenzugänge für den Kläger zu sperren. Die Vertreter der Beklagten haben in der Berufungsverhandlung auf Befragen ausgeführt, dass der Netzwerkadministrator hohes Vertrauen genossen habe, das durch das damals noch nicht hinreichend aufgeklärte schädigende Verhalten des Klägers gegenüber einer anderen staatlichen Einrichtung erschüttert worden sei. Deswegen seien dem Kläger bereits am 19.06.2008 die Administratorenrechte entzogen worden. Dem entspricht der Aktenvermerk der Beklagten vom 19.06.2008, in dem ausgeführt wird, es sei dem Kläger gegenüber erklärt worden, dass die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Grund dessen "Funktion mit Administratorenrechten" nicht mehr gegeben sei. Der Kläger habe "nicht den psychisch stabilsten Eindruck" hinterlassen. Er sei ein "Sicherheitsrisiko". Im Aktenvermerk der Beklagten vom 03.07.2009 wird ausgeführt, dass dem Kläger eine "Verbindung zwischen seiner außerdienstlichen Straftat und dem dienstlichen Zusammenhang durch den starken Vertrauensverlust und seiner beruflichen Position als Administrator mit Generalzugriffsrecht auf alle PC" fehle. Damit lagen für die Beklagte hinreichend konkrete Anhaltspunkte vor, die es erforderlich gemacht hätten, dem Kläger nicht nur die Administratorenrechte zu entziehen, sondern umgehend, spätestens aber nach Wiederantritt des Dienstes durch den Kläger - auch zu dessen Schutz - das diesem bekannte Administratorenkennwort zu ändern und die lokalen Administratorenzugänge für den Kläger zu sperren, um unberechtigte Zugriffe des Klägers auf das EDV-System der Stadt zu verhindern. Die Änderung des Administratorenkennworts und weitere tatsächlich ergriffene Maßnahmen erst nach dem erfolgten verbotswidrigen Eindringen des Klägers in geschützte Dateien und Daten von Mitarbeitern der Beklagten erfolgte damit zu spät. Soweit die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung dazu vorgetragen haben, dass die Änderung des Administratorenkennwortes und die Sperrung der lokalen Administratorenzugänge für den Kläger sehr aufwändig gewesen und nach der längeren Krankheitsabwesenheit des Klägers in Vergessenheit geraten seien, ändert dies an einer entsprechenden Obliegenheit der Beklagten nichts. Das Unterlassen der Änderung des Administratorenkennwortes und der Sperrung der lokalen Administratorenzugänge als geeignete und erforderliche Schutzmaßnahmen ist hier als mildernder Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen (zum Unterlassen auf Grund besonderer Umstände erforderlicher Kontrollen des Beamten als bei der Maßnahmebemessung mildernd zu berücksichtigende Fürsorgepflichtverletzung vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.07.2014 - 2 B 70.13 -, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 25; Urteil vom 10.01.2007 - 1 D 15.05 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 14; Urteil des Senats vom 30.10.2014 - DB 13 S 773/14 -).
65 
Bei einer Gesamtschau der oben dargestellten, die Dienstpflichtverletzung kennzeichnenden Umstände kann damit trotz der objektiven schweren Gewichtigkeit des Dienstvergehens wegen der erheblich geminderten Schuldfähigkeit des Klägers und der damit einhergehenden subjektiven geringen Vorwerfbarkeit sowie in Anbetracht unterlassener Schutz- und Kontrollmaßnahmen der Beklagten lediglich von einem mittelschweren Dienstvergehen i.S.d. § 32 LDG ausgegangen werden.
66 
Dieses mittelschwere Dienstvergehen führt hier gemäß § 32 LDG zu einer Kürzung des Ruhegehalts des Klägers, die an die Stelle der bei Beamten im aktiven Dienst möglichen Zurückstufung oder Kürzung der Dienstbezüge tritt (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 100).
67 
Disziplinarmaßnahmen unterhalb der Höchstmaßnahme kommt in erster Linie die Funktion einer Pflichtenmahnung in dem Sinne zu, dass sie den betroffenen Beamten zu einem künftigen pflichtgemäßen Verhalten veranlassen sollen. Für eine solche - zukunftsbezogene - Pflichtenmahnung besteht aber bei einem Ruhestandsbeamten, soweit es die Erfüllung von Dienstpflichten betrifft, im allgemeinen kein Bedürfnis, weil er keinen Dienst mehr leistet. Der Zweck von Disziplinarmaßnahmen erschöpft sich aber nicht darin, den Beamten zu einem künftig pflichtgemäßen Verhalten zu veranlassen. Vielmehr dienen diese Disziplinarmaßnahmen letztlich (auch) der allgemeinen Aufrechterhaltung der Integrität des Berufsbeamtentums. Im Hinblick auf diesen Zweck ist neben dem Gesichtspunkt der Generalprävention und dem der gerechten Gleichbehandlung der Ruhestandsbeamten mit den aktiven Beamten auch der der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes von Bedeutung. Zur Gleichbehandlung als Ausfluss des allgemeinen Gerechtigkeitsprinzips gehört, dass ein Beamter, der nach Begehung einer nicht leichten Verfehlung in den Ruhestand tritt, grundsätzlich nicht besser gestellt werden soll, als ein Beamter, der im aktiven Dienst verbleibt. Auf diese Weise wird die disziplinare Erfassung nicht von dem mehr oder weniger zufälligen oder gar gesteuerten Ausscheiden aus dem aktiven Dienst abhängig gemacht (BVerwG, Urteile vom 06.05.1992 - 1 D 12.91 -, BayVBl. 1993, 349 und vom 08.12.1999 - 1 D 28/98 -, juris). Diesen Erwägungen entspricht die Regelung des § 32 LDG (LT-Drs. 14/2996, S. 99 f.) mit dem Erfordernis, dass der Ruhestandsbeamte ein mittelschweres Dienstvergehen begangen haben muss, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen. Mit diesen Tatbestandsvoraussetzungen wird die strukturelle Gleichartigkeit der Disziplinarmaßnahme zur Kürzung der Bezüge nach § 29 LDG deutlich (vgl. Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 32 LDG RdNr. 1) und zugleich - für den Fall des im aktiven Dienst begangenen Dienstvergehens - in Satz 2 geregelt, dass ein Beamter, der nach Begehung des Dienstvergehens in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt werden darf, als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt.
68 
Die für eine Kürzung der Bezüge bei einem aktiven Beamten erforderliche erhebliche Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung (§ 29 Abs. 1 Satz 1 LDG), die auch von § 32 Abs. 1 Satz 1 LDG vorausgesetzt wird, ist hier gegeben. Dabei gehen diese Bestimmungen davon aus, dass mit einem mittelschweren Dienstvergehen, das ein (mittlerweile) im Ruhestand befindlicher Beamter begangen hat, grundsätzlich eine erhebliche Vertrauensbeeinträchtigung einhergeht, also durch das Dienstvergehen indiziert wird. Anknüpfungspunkt der Indizwirkung ist dabei nicht die Typizität des Dienstvergehens, sondern dessen Schwere. Für einen Ausschluss der Indizwirkung sprechende Umstände liegen hier nicht vor. Die erhebliche Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne des § 29 Abs. 1 LDG ist - bei einem aktiven Beamten - dadurch gekennzeichnet, dass es einer wiederkehrenden erzieherischen Einwirkung auf den Beamten bedarf, indem ihm während der Kürzungsdauer das begangene Dienstvergehen wiederholt und monatlich spürbar vor Augen geführt wird, um zu erreichen, dass er sich künftig pflichtgemäß verhält (vgl. LT-Drs. 14/2966, S. 92; Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 29 LDG RdNr. 1). Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Berufungsverfahren zu Recht ausgeführt, dass vor allem bei Beachtung der psychischen Erkrankung des Klägers und seiner erheblich verminderten Schuldfähigkeit das dienstnotwendige Vertrauen und das Vertrauen der Allgemeinheit in das Ansehen des öffentlichen Dienstes und des Berufsbeamtentums nicht unwiederbringlich erschüttert sind. Zum anderen wäre hier bei einem aktiven Beamten die der Kürzung der Bezüge immanente Pflichtenmahnung erforderlich, um zu gewährleisten, dass sich das dienstpflichtwidrige Verhalten des Beamten nicht wiederholt.
69 
Die Laufzeit der Kürzung des Ruhegehalts bestimmt sich - wie bei der Kürzung der Bezüge - nach der Schwere des Dienstvergehens; der Kürzungsbruchteil nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ruhestandsbeamten (§ 32 Satz 4 LDG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 1 Satz 2 LDG). Bei Berücksichtigung des bereits dargestellten (mittelschweren) Gewichts des Dienstvergehens und der damit einhergehenden Vertrauensbeeinträchtigung und unter Beachtung der dem Kläger nicht anzulastenden Verfahrensdauer des Disziplinarverfahrens von über 7 ½ Jahren, die nach dem Eindruck, den der Senat von dem Kläger in der Berufungsverhandlung gewonnen hat, ersichtlich auf diesen eingewirkt hat und bereits deswegen - bei einem aktiven Beamten - eine pflichtenmahnende und bei der Bestimmung der Laufzeit berücksichtigungsfähige (mildernde) Wirkung entfaltet (vgl. dazu: Köhler, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, a.a.O., Materielles Dienstrecht, Allgemeiner Teil, RdNr. 120), ist auf eine Kürzungsdauer von einem Jahr zu erkennen. Nachdem der Kläger keine Schulden hat und nach den Angaben in der Berufungsverhandlung ein monatliches Ruhegehalt von etwa 2.000 EUR netto bezieht sowie in den Sommermonaten Einnahmen aus der Tätigkeit in einem ... auf 450-Euro-Basis hat, ist ein Kürzungsbruchteil von einem Zehntel gerechtfertigt.
70 
Damit ist zugleich die weitergehende, auf vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung gerichtete Klage abzuweisen.
71 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG. Über den Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im behördlichen Disziplinarverfahren für notwendig zu erklären, ist angesichts der Regelung in § 39 Abs. 5 Satz 2 LDG nicht ausdrücklich zu entscheiden.
72 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 8. Dezember 2014 - DL 8 K 1870/14 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die am xxx geborene Klägerin steht als Realschulrektorin im Dienst des Beklagten. Nach der Einstellung als Angestellte im Schuldienst des beklagten Landes wurde sie am xxx unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Realschullehrerin zur Anstellung ernannt. Am xxx wurde die Klägerin zur Realschullehrerin ernannt und ihr die Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit verliehen. Von der xxxRealschule xxx, an der sie seit dem xxx tätig war, wurde sie am xxx an die Haupt- und Realschule in xxx versetzt und gleichzeitig zur Leiterin dieser Schule bestellt. Am xxx wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Rektorin ernannt. Die Klägerin wurde am xxx zur Leiterin der xxx-Realschule xxx bestellt und am xxx unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Realschulrektorin ernannt. Am xxx wurde ihr das Amt einer Realschulrektorin auf Lebenszeit (Besoldungsgruppe A 15) übertragen. Die dienstlichen Leistungen wurden zuletzt in der Leistungsfeststellung vom 11.09.2006 mit „Übertrifft die Leistungserwartungen in besonderem Maße“ beurteilt.
Die Klägerin ist xxx. Sie ist im Besitz eines unbefristet gültigen Schwerbehindertenausweises vom xxx mit dem Grad der Behinderung XX. Die Klägerin ist bisher disziplinar- und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Nach ihren Angaben in der Berufungsverhandlung bezieht sie derzeit monatliche Nettobezüge in Höhe von ca. 2.600 EUR und beträgt die Darlehensbelastung für ihr Eigenheim 800 bis 900 EUR monatlich.
Durch Vereinbarung mit der Stadt xxx vom 13.11.2006 wurde der Klägerin für das Budget der xxx-Realschule die Bewirtschaftungs- und Feststellungsbefugnis bis zu 10.000 EUR im Einzelfall und bis zu 10.000 EUR im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen übertragen. Nach Ziff. 2 dieser Vereinbarung werden der Schule für den pädagogischen Betrieb Mittel zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt. Die Einhaltung der Budgetansätze obliegt nach Ziff. 2.6 dem Schulleiter.
Am 15.02.2011 erstattete die Klägerin Selbstanzeige beim Polizeirevier xxx und gab an, sie habe in den zurückliegenden Jahren für die Schule Geschirr, Besteck, Töpfe und weitere Materialien im Wert von über 10.000 EUR mit Geldern aus dem Schuletat beschafft, in ihre Wohnung gebracht und dort ungenutzt aufbewahrt. Im Zuge der Inventarisierung von Schulbeständen seien die Defizite aufgedeckt worden; die Waren seien zwischenzeitlich nahezu vollständig in die Schule zurückgebracht worden. Sie sei an xxx erkrankt. Sie werde deswegen mit starken Medikamenten behandelt, die die Persönlichkeit eines Menschen wesentlich verändern könnten.
Das Regierungspräsidium xxx verbot der Klägerin mit Verfügung vom 17.02.2011 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung der Dienstgeschäfte als Realschulrektorin und als Realschullehrerin und leitete mit Verfügung vom 07.04.2011 ein Disziplinarverfahren gegen die Klägerin ein. In der Einleitungsverfügung wird unter anderem ausgeführt, dass der dringende Verdacht bestehe, dass die Klägerin im Zeitraum 2007 bis 2011 systematisch in erheblichem Umfang Finanzmittel, für die die Stadt xxx ihr die Bewirtschaftungsbefugnis übertragen habe, für private Zwecke verwendet habe, unter anderem zur Beschaffung von hochwertigem Geschirr, einer unübersehbaren Vielzahl sonstiger Haushaltsutensilien wie Tischtücher, Handtücher und Kaffeemaschinen, sowie von unzähligen Büchern. Nach den Ermittlungen der Stadt xxx belaufe sich der dadurch verursachte Schaden auf derzeit 62.355,52 EUR.
Bei ihrer Anhörung vor dem Regierungspräsidium xxx am 28.04.2011 gab die Klägerin unter anderem an: Die Gegenstände, um die es gehe, habe sie nicht für sich selbst, sondern ausschließlich für die Schule kaufen wollen. Als in dem Schulgebäude für die von ihr besorgten Gegenstände kein Platz mehr gewesen sei, habe sie einen Teil davon zu ihr nach Hause gebracht. Allerdings habe sie die Gegenstände nicht selbst genutzt, sondern nur zu Hause schön verpackt in Kisten im Keller gelagert. Von einer Instruktion anderer Lehrkräfte des Fachbereichs xxx mit der Bitte, sie zu decken, könne lediglich im Hinblick auf Frau xxx und Frau xxx, nicht aber in Bezug auf Frau xxx und Frau xxx gesprochen werden.
Mit Verfügung vom 24.05.2011 wurde die Klägerin vorläufig des Dienstes enthoben und wurden 30 Prozent ihrer Bezüge mit Ablauf des Monats der Zustellung einbehalten. Die hiergegen beim VG Freiburg erhobene Klage nahm die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2011 zurück (xxx xxx).
In dem gegen die Klägerin u.a. wegen Untreue eingeleiteten Ermittlungsverfahren holte die Staatsanwaltschaft xxx ein psychiatrisches Gutachten des Universitätsklinikums xxx, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Prof. Dr. xxx, vom 13.07.2011 ein. Dieses kam abschließend zu dem Ergebnis, dass die Klägerin im Tatzeitraum in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sei. Es sei nicht auszuschließen, dass die Steuerungsfähigkeit aufgehoben gewesen sei. Die Klägerin habe unter einer krankhaften seelischen Störung in Form eines organischen Psychosyndroms gelitten. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Gutachtens wird auf Blatt 369 bis 399 der beigezogenen Ermittlungsakte xxx der Staatsanwaltschaft xxx verwiesen.
In einem Aktenvermerk der ermittelnden Staatsanwältin über ein Telefonat mit dem Gutachter Prof. Dr. xxx vom 22.09.2011 ist ausgeführt:
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„Er (der Gutachter) teilt vorab mit, dass er für einen Ausschluss der Steuerungsfähigkeit erwartet, dass Belege dafür vorhanden seien wie Desorientierung oder extremer Affekt, was vorliegend nicht gegeben sei. Die Steuerungsfähigkeit sei bei einem Verhalten wie vorliegend, was keine so etablierte Erkrankung sei, üblicherweise nicht komplett aufgehoben.“
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Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft xxx vom 28.12.2011 wurde das Verfahren nach § 153a Abs. 1 StPO endgültig eingestellt, nachdem die Klägerin die Auflage, 20.000 EUR an die Stadt xxx zu zahlen, erfüllt hatte. Zur Begründung des Vorgehens nach § 153a StPO wurde in einer Verfügung vom 14.11.2011 ausgeführt, dass im Hinblick auf das Ergebnis des Sachverständigengutachtens, die offensichtlich fehlende Bereicherungsabsicht sowie die Schwierigkeit der Konkretisierung und Nachweisbarkeit der Einzeltaten ein Abschluss des Verfahrens nach § 153a StPO für sachgerecht erachtet werde.
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Im weiteren Verlauf des Disziplinarverfahrens wurden ärztliche Stellungnahmen der die Klägerin behandelnden Fachärzte für Allgemeinmedizin xxx vom 27.04.2011 (Blatt 147 der Disziplinarakte) und 07.03.2012 (Blatt 300 der Disziplinarakte), des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. xxx vom 07.03.2012 (Blatt 301 der Disziplinarakte), des Nervenarztes Dr. xxx vom 06.04.2011 (Blatt 148 der Disziplinarakte), 18.02.2011 (Blatt 149 der Disziplinarakte), 11.07.2011 (Blatt 232 der Disziplinarakte), 03.01.2012 (Blatt 306 der Disziplinarakte) und 06.03.2012 (Blatt 305 der Disziplinarakte) sowie der Ärztin und Diplompsychologin xxx vom 05.03.2012 (Blatt 302 der Disziplinarakte) vorgelegt. Bereits im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sind Arztbriefe der xxx vom 01.04.2011, Dr. xxx, über einen stationären Aufenthalt der Klägerin in der Zeit vom 21.02.2011 bis 01.04.2011 (Blatt 253 - 267 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft xxx) sowie des Prof. Dr. xxx, xxx, vom 13.04.2011 (Blatt 277 - 281 der Ermittlungsakte) vorgelegt worden.
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Nachdem Vergleichsgespräche erfolglos blieben, teilte das Regierungspräsidium xxx der Klägerin mit Schreiben vom 19.09.2012 mit, dass beabsichtigt sei, sie in das Eingangsamt ihrer Laufbahn und zwar in die Besoldungsgruppe A 13 als Realschullehrerin zurückzustufen, und gab ihr Gelegenheit, sich abschließend zu äußern. Hiervon machte die Klägerin mit Schreiben vom 10.10.2012 Gebrauch und führte insbesondere aus, dass davon auszugehen sei, dass sie in dem hier maßgeblichen Zeitraum schuldunfähig gewesen sei. Dies sei gerichtlich zu klären. Der beteiligte Bezirkspersonalrat erhob gegen die beabsichtigte Rückstufung zur Realschullehrerin der Besoldungsgruppe A 13 keine Einwendungen.
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Mit Disziplinarverfügung vom 30.10.2012 stufte das Regierungspräsidium xxx die Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin in der Besoldungsgruppe A 13 zurück und sprach ihr die Befugnis ab, die Amtsbezeichnung Realschuldirektorin zu führen. Das Verwaltungsgericht Freiburg hob mit rechtskräftigem Urteil vom 02.10.2013 (xxx) die Disziplinarverfügung vom 30.10.2012 wegen inhaltlicher Unbestimmtheit auf.
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Mit Verfügung vom 22.11.2013 leitete das Regierungspräsidium xxx gegen die Klägerin wegen der Vorwürfe, die im Wesentlichen Gegenstand des ersten Disziplinarverfahrens waren, erneut ein Disziplinarverfahren ein und führte in der Folgezeit mehrere Zeugenvernehmungen durch (Blatt 576 - 588, 605 - 608 der Disziplinarakte). Weiterhin holte das Regierungspräsidium xxx ein psychiatrisches Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx, xxx, vom 20.05.2014 ein. Der Gutachter kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin trotz der vorliegenden neurologischen Erkrankung keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der in § 20 StGB genannten Eingangskriterien (vor allem „krankhafte seelische Störung“, „schwere andere seelische Abartigkeit“) vorhanden seien, die unter Umständen zu einer De- oder gar Exkulpierung der ihr jetzt zur Last gelegten Taten führen könnten. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Gutachtens wird auf Blatt 647 bis 709 der Disziplinarakte verwiesen.
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Mit Schreiben vom 04.06.2014 bezeichnete die Klägerin das Gutachten des Dr. xxx als Gefälligkeitsgutachten und verwies darauf, dass das Regierungspräsidium von ihr mit Schreiben vom 13.01.2014 benannte Zeugen zur Schuldfähigkeit nicht habe vernehmen wollen. Angesichts dessen werde auf eine abschließende Anhörung nach § 20 LDG verzichtet. Die Klägerin verzichtete zudem auf die Beteiligung des Personalrates. Mit Schreiben vom 04.07.2014 wurde der Klägerin und der Bezirksvertrauensperson für schwerbehinderte Lehrkräfte der Entwurf der Disziplinarverfügung zugeleitet.
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Mit Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 entfernte das Regierungspräsidium xxx die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis (Ziff. 1) und enthob sie bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens des Dienstes (Ziff. 2). Zugleich wurden bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens mit dem Ablauf des Monats der Zustellung der Verfügung für sechs Monate 20 %, in den weiteren sechs Monaten 35 % und danach 50 % der monatlichen Bezüge einbehalten, wobei der unpfändbare Teil der Bezüge der Klägerin zu belassen ist (Ziff. 3), und wurde festgestellt, dass die Klägerin nicht mehr befugt ist, die Amtsbezeichnung Realschulrektorin zu führen (Ziff. 4). Zur Begründung wurde ausgeführt: Im Zeitraum zwischen dem 19.10.2007 und dem 15.02.2011 habe die Klägerin Anschaffungen vorgenommen, die nicht schulischen Zwecken dienten. Dabei handele es sich um
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Nr. 1 - 21:
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21 Positionen „Geschirr“ im Gesamtwert von 3.613,38 EUR. Das Geschirr stamme von Markenherstellern (xxx). Es sei den Lehrkräften der Schule nicht bekannt gewesen und sei nicht im Unterricht eingesetzt worden. Es wäre von den Lehrkräften auch nicht verwendet worden. Das in der Schulküche eingesetzte Geschirr (weißes Einheitsporzellan) sei von der Firma xxx. Das von der Klägerin erworbene Geschirr sei in deren Privathaus aufbewahrt worden. Ein Zugriff auf dieses Geschirr sei durch Lehrkräfte bzw. durch Mitarbeiter der Stadt xxx nicht möglich gewesen.
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Nr. 22-28:
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7 Positionen „Ware vom xxx“ im Gesamtwert von 1.806,66 EUR. Die von der Klägerin erworbenen Lebensmittel seien in der Schulküche oder an anderer Stelle in der Schule nicht benötigt und auch tatsächlich nicht verwendet worden. Lebensmittel für die Schulküche seien von den dafür verantwortlichen Lehrkräften direkt nach Bedarf beschafft worden.
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Nr. 29 - 39:
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11 Positionen „Sonstige Gegenstände“ (etwa: Mixstab, Küchenmaschine, Kaffee-Automat, Dampfbügeleisen, Entsafter) im Gesamtwert von 1.055,23 EUR. Die noch originalverpackten Küchengeräte hätten sich nicht im Schulgebäude befunden und seien den Lehrern nicht bekannt gewesen.
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Nr. 40 - 49:
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10 Bücher im Gesamtwert von 179,38 EUR. Die Bücher seien von der Klägerin privat aufbewahrt und der Schule nicht zur Verfügung gestellt worden. Die Bücher seien noch teilweise folienverschweißt gewesen.
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Der Gesamtwert der eingekauften Gegenstände betrage 6.654,65 EUR. Die Klägerin habe zudem drei Lehrerinnen und eine Realschullehreranwärterin versucht zu bewegen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber den Bediensteten der Stadt xxx zu decken. Durch die im Dienst begangenen Taten habe die Klägerin vorsätzlich gegen die Pflichten aus §§ 33 Abs. 1, 34 Satz 2, Satz 3, 38 Abs. 1 in Verbindung mit 47 Abs. 1 BeamtStG und gegen die Vorbildfunktion des Lehrers als Erzieher nach §§ 1, 38 Abs. 6 SchulG und Art. 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 LV verstoßen. Sie habe sich der Untreue in einem besonders schweren Fall nach § 266 Abs. 3, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB schuldig gemacht. Die Staatsanwaltschaft habe eine Strafbarkeit dem Grunde nach nicht verneint, sondern lediglich einen Fall des § 21 StGB, aber keine Schuldunfähigkeit angenommen. Das Gutachten von Dr. xxx komme zu dem Ergebnis, dass eine Einschränkung oder Aufhebung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Taten nicht vorgelegen habe. An der Sachkunde des Gutachters bestünden keine Zweifel. Das Gutachten des Dr. xxx sei schlüssiger als das von Prof. Dr. xxx. Dieses berücksichtige nicht, dass der Klägerin auch Taten vor der medikamentösen Behandlung vorgeworfen worden seien. Zudem würden sich in diesem Gutachten die zusammenfassende Bewertung und vorangegangene Bewertung widersprechen. Die Schlussfolgerungen des Gutachtens von Dr. xxx seien demgegenüber schlüssig und plausibel. Er sei ersichtlich um eine ausgewogene Beurteilung bestrebt und habe alle denkbaren Aspekte, die für oder gegen eine Einschränkung der Schuldfähigkeit sprächen, diskutiert. Die sonstigen Stellungnahmen der die Klägerin behandelnden Ärzte führten zu keiner anderen Beurteilung. Es sei auch nicht notwendig gewesen, sie im Disziplinarverfahren als Zeugen zu vernehmen. Der entsprechende Beweisantrag werde abgelehnt. Die Klägerin habe ein schweres Dienstvergehen begangen und dadurch das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren. Sie sei daher nach § 31 Abs. 1 LDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Der Allgemeinheit bzw. den am Schulleben Beteiligten sei es nicht zu vermitteln, wenn die Klägerin nach einem solchen schweren Versagen in beamtenrechtlichen Kernpflichten noch weiter im Beamtenverhältnis verbleiben würde. Die Klägerin habe mit der Veruntreuung von Geldern im Dienst in großem Umfang ein Zugriffsdelikt begangen, das regelmäßig zur Entfernung des Beamten aus dem Dienst führe. Besondere Umstände des Einzelfalls, die hier zu einer niedrigeren Bemessung der Disziplinarmaßnahme führen könnten, seien nicht ersichtlich. Auch ein bloß vorübergehender Zugriff auf amtliche Gelder zerstöre das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn unheilbar. Nichts anderes könne hier gelten, da die Klägerin zumindest für einen längeren Zeitraum Gegenstände, die sie mit den ihr anvertrauten öffentlichen Mitteln erworben habe, dem Zugriff der Schule entzogen habe. Der Wert der beschafften Gegenstände liege weit über der anerkannten Bagatellgrenze von 50 EUR. Das Verhalten sei auch disziplinarrechtlich als eigennützig anzusehen. Die Klägerin habe die Gegenstände nicht der Schule zur Verfügung gestellt, sondern über einen längeren Zeitraum bei sich privat gelagert. Die Gegenstände hätten damit ihrem direkten Zugriff im ausschließlich privaten Machtbereich unterlegen. Hierin liege ein privater, eigener Vorteil. Erschwerend falle die hervorgehobene dienstliche Stellung als Vorgesetzte der Lehrkräfte ins Gewicht. Zu Lasten der Klägerin sei auch zu berücksichtigen, dass sie Lehrkräfte unter Druck gesetzt habe, ihr Fehlverhalten zu decken. Die Lehrkräfte hätten deswegen ein sie persönlich sehr belastendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren mit der Gefahr der Rufschädigung durchstehen müssen. Sie seien zudem massiven Loyalitätskonflikten ausgesetzt gewesen. Gerade gegenüber der Realschullehreranwärterin bestehe eine besondere Fürsorgeverpflichtung. Durch ihr Handeln gegenüber den Lehrkräften habe die Klägerin gegen ihre Kernpflichten als Vorgesetzte verstoßen. Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit der Klägerin liege nicht vor. Abgesehen davon führe sie auch nicht in jedem Fall zur Milderung der Disziplinarmaßnahme. Hier sei für die Klägerin offenkundig erkennbar gewesen, dass ihr Verhalten pflichtwidrig sei. Dass sich der psychische Gesundheitszustand der Klägerin aufgrund der eingeleiteten Behandlungsmaßnahmen möglicherweise stabilisiert habe, führe ebenso wenig zum Absehen von der ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme wie ihre bisherige tadellose Führung und ihre sehr guten dienstlichen Leistungen. Ihr Geständnis sei erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Tat bereits entdeckt gewesen sei. Es handele sich um ein langjähriges planmäßiges Vorgehen. Die Klägerin habe regelmäßig aktiv versucht, Erwerbsvorgänge zu verschleiern. Da die Klägerin in Kernpflichten versagt habe, führe auch ihre Schwerbehinderung nicht zu einer milderen Bewertung.
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Am 20.08.2014 hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Freiburg Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Disziplinarverfügung erhoben. Zur Begründung macht sie unter anderem geltend: Es sei dem Beklagten immer noch nicht gelungen darzustellen, welche Gegenstände in der Schule und welche Gegenstände in ihrem Haus aufbewahrt worden seien. Insoweit fehle eine gerichtsfeste Dokumentation oder Inventur. Das von ihr bestellte Porzellan sei nicht in ihrem Privathaus, sondern in der Schule, hauptsächlich in den Schränken in ihrem Büro, verstaut worden. Die original verpackten Küchengeräte hätten sich nicht in ihrem Haus, sondern in ihrem Büro in der Schule oder im Lehrerzimmer oberhalb der Garderobe befunden. Die Bücher hätten sich im Rektorat der Schule befunden. Die Lebensmittel seien in der Schule und nicht von ihr selbst verbraucht worden. Bei den im Schulgebäude aufgefundenen Büchern stehe der schulische Bezug nicht in Frage. Die anderen von dem Beklagten aufgeführten Gegenstände könnten für sich genommen in der Schule Verwendung finden. Dies gelte selbst für das Weihnachtsgeschirr. Es sei zu unterscheiden zwischen der Gesamtsumme der Bestellungen, die ihrer krankhaften Kaufsucht zuzuschreiben seien und die allenfalls im Rahmen des § 6 HGrG zu berücksichtigen seien, und den einzelnen Bestellungen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ihre Steuerungsfähigkeit im maßgeblichen Tatzeitraum aufgehoben oder zumindest erheblich beeinträchtigt gewesen. Dies ergebe sich aus den von ihr vorgelegten ärztlichen Attesten und dem Gutachten des von der Staatsanwaltschaft beauftragten und als „neutral“ geltenden Prof. Dr. xxx. Das Gutachten des Dr. xxx erweise sich als reines Gefälligkeitsgutachten. Es sei nicht schlüssiger als das Gutachten von Prof. Dr. xxx. Der Beklagte habe zu Unrecht von der im Verfahren beantragten Zeugenvernehmung abgesehen. Hinsichtlich des Vorwurfs der strafbaren Untreue müsse zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass die Gegenstände, die in der Disziplinarverfügung aufgelistet worden seien, nicht in ihrem Privathaus, sondern in der Schule aufbewahrt worden seien. Im Übrigen fehle es an einem entsprechenden Vorsatz. Es tue ihr aufrichtig leid, dass sie zwei Kolleginnen mit in die Angelegenheit hineingezogen habe. Sie sei allerdings aufgrund der schmerzlichen Erkenntnis ihres Fehlverhaltens in Panik geraten und habe reflexartig gehandelt. Es liege insgesamt nur ein leichtes Dienstvergehen vor, das auf der Basis der §§ 27, 28 LDG zu ahnden sei. Hierfür spreche ihre verminderte Schuldfähigkeit, ihre Aufklärungsbereitschaft und ihr Geständnis, die Schadenswiedergutmachung, der Umstand, dass sie die Gegenstände nie für sich verwendet habe, ihre sofortige psychiatrische Behandlung, eine positive Prognose sowie ein erhebliches Mitverschulden der Stadt xxx. Sie habe nicht über Bargeldbestände verfügt, sondern habe sich alle Bestellungen vom zuständigen Kämmerer der Stadt xxx „absegnen“ lassen müssen.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 08.12.2014 ist der Gutachter Dr. xxx gehört worden. Hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Niederschrift (Blatt 303 - 311 der Akte DL xxx des Verwaltungsgerichts) verwiesen.
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Mit Urteil vom 08.12.2014 hat das Verwaltungsgericht die Disziplinarverfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 geändert und die Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin (Besoldungsgruppe A 13) zurückgestuft. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 02.10.2013 sei das wieder offene Disziplinarverfahren gemäß § 38 Abs. 1 LDG auch ohne erneute Einleitungsverfügung fortzuführen gewesen. Die angefochtene Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 sei inhaltlich ausreichend bestimmt. Hinsichtlich der der Klägerin vorgeworfenen Anschaffungen sei mit Ausnahme der Positionen „Ware vom xxx“ davon auszugehen, dass diese für den Schulbetrieb nicht erforderlich gewesen seien und die Klägerin daher mit diesen Anschaffungen einen Pflichtenverstoß begangen habe. Hinsichtlich der Positionen „xxx“ habe sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erneut beharrlich darauf eingelassen, dass es sich bei diesen, in der Verfügung nicht näher konkretisierten Anschaffungen z.B. um Lebensmittel für xxx oder um Zutaten für die Weihnachtsbäckerei gehandelt habe. Die Unrichtigkeit dieser Einlassung habe sich nicht ohne Weiteres feststellen lassen. Dies bedürfe aber keiner weiteren Klärung, weil diese Anschaffungen angesichts der ohne ihre Berücksichtigung verbleibenden Schadenssumme von ca. 4.800 EUR nicht entscheidend ins Gewicht fielen. Daneben habe die Klägerin bei den ihr danach zu Recht vorgeworfenen Anschaffungen auch dadurch einen Pflichtenverstoß begangen, dass sie die beschafften Gegenstände nicht der Schule zur Verfügung gestellt, sondern zu Hause bzw. in den Schränken des Rektoratszimmers aufbewahrt habe, ohne dies jemandem mitzuteilen. Eine Strafbarkeit dieses Verhaltens nach § 242 oder § 246 StGB scheide schon deswegen aus, weil sich eine Zueignungsabsicht der Klägerin nicht feststellen lasse. Ob die Klägerin mit ihrem Verhalten den Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB verwirklicht habe, sei nicht eindeutig. Zwar könne Untreue auch dann in Betracht kommen, wenn Gebrauchsgegenstände in großer Zahl angeschafft würden, ohne dass hierfür ein akuter Bedarf bestehe. Dies bedürfe aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn zum einen würde es sich nicht um eine eigennützige Untreue handeln, zum anderen sei die Anschaffung zahlreicher für die Zwecke der Schule unnötiger Artikel jedenfalls deshalb ein schwerer Pflichtenverstoß, weil die Klägerin damit gegen haushaltsrechtliche Vorschriften, insbesondere den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG) verstoßen habe. Soweit die Klägerin geltend mache, die von ihr gekauften Artikel wären grundsätzlich auch für die Schule bzw. den Unterricht verwendbar gewesen, komme es auf eine solche - theoretische - Verwendbarkeit nicht an, sondern auf den jeweils bestehenden konkreten schulischen Bedarf bzw. eine konkrete Anforderung des betreffenden Gegenstandes durch die Lehrkräfte des jeweiligen Fachbereichs. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die in der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände bei der Klägerin zu Hause oder in der Schule aufbewahrt worden seien, komme es ebenfalls nicht entscheidend an. Denn eine Aufbewahrung im Rektoratszimmer ändere nichts an der fehlenden Erforderlichkeit der Anschaffungen. Auch in diesem Fall seien die angeschafften Gegenstände dem Zugriff durch die Lehrkräfte entzogen worden. Weiterhin habe die Klägerin dadurch eine Pflichtverletzung begangen, dass sie versucht habe, drei Lehrerinnen sowie eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber den Bediensteten der Stadt xxx zu decken. Mit ihrem Verhalten habe die Klägerin gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), die Pflicht zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. § 47 Abs. 1 LBG) und die Vorbildfunktion des Lehrers verstoßen (§ 38 Abs. 6 i.V.m. § 1 SchG, Art. 11 Abs. 1 und 12 Abs. 1 LV). Sie habe auch schuldhaft gehandelt. Insofern werde den überzeugenden Ausführungen des Gutachters Dr. xxx gefolgt. Dieses Gutachten weise keine Fehler auf. Es bestehe auch kein Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters. Der Gutachter habe seine schriftlichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung auf Nachfragen des Gerichts und der Beteiligten ausführlich und überzeugend erläutert. Die Klägerin habe die ihr vorgeworfenen Pflichtverletzungen vorsätzlich begangen. Ihre Vorgehensweise spreche dafür, dass sie sich bewusst gewesen sei, mit den Anschaffungen gegen haushaltsrechtliche Grundsätze zu verstoßen. Sie habe die Anweisung gegeben, die ungeöffneten Pakete in das Rektoratszimmer zu bringen und die erworbenen Gegenstände in den Schränken des Rektoratszimmers oder zu Hause aufbewahrt, ohne die Lehrkräfte hiervon in Kenntnis zu setzen. Sie habe bei der Verbuchung der Anschaffungen Verwendungszwecke angegeben (z.B. xxx, Schulküche, Verwaltung), die jedenfalls objektiv unzutreffend gewesen seien, weil die beschafften Gegenstände nicht in diesen Räumen verwendet worden seien. Auch hinsichtlich des Versuchs, Lehrkräfte und eine Realschullehreranwärterin zu wahrheitswidrigen Angaben zu veranlassen, sei von einem vorsätzlichen Handeln auszugehen. Die Klägerin habe zielgerichtet versucht, damit ihr Fehlverhalten zu vertuschen. Die der Klägerin vorgeworfene Pflichtverletzung wiege schwer. Dies gelte zunächst für die von ihr getätigten Ausgaben in Höhe von jedenfalls ca. 4.800 EUR. Dies sei ein ganz erheblicher Betrag, den die Klägerin unnötigerweise ausgegeben habe. Es komme hinzu, dass die Klägerin den Versuch unternommen habe, mehrere Lehrkräfte sowie die erst seit wenigen Tagen an der Schule tätige Realschullehreranwärterin dazu zu veranlassen, gegenüber den Vertretern der Stadt xxx unrichtige Angaben zu machen, um hierdurch ihr eigenes Fehlverhalten zu verschleiern. Dabei falle disziplinarrechtlich besonders der Versuch ins Gewicht, eine ihr bzw. der Schule als Auszubildende anvertraute und dienstlich von ihr abhängige Realschullehreranwärterin zu instrumentalisieren, um eigenes Fehlverhalten nicht eingestehen zu müssen. Insoweit habe die Klägerin in ihrer Funktion als Rektorin in besonders schwerwiegender Weise versagt. Soweit sie sich darauf berufe, in Panik geraten zu sein und reflexartig gehandelt zu haben, überzeuge dies schon deshalb nicht, weil sie den Versuch, die Realschullehreranwärterin zu unrichtigen Angaben zu verleiten, erst am Montag (14.02.2011) gemacht habe, nachdem sie das vorhergehende Wochenende Zeit gehabt habe, ihr weiteres Vorgehen zu überdenken. Zu Gunsten der Klägerin sei dagegen zu berücksichtigen, dass sie sich auf Grund ihrer schweren Erkrankung und der damit verbundenen Folgen in einer sehr schwierigen Situation mit erheblichen psychischen Belastungen befunden habe. Hinzu komme, dass sie sich bisher in ihrer langjährigen Tätigkeit durch ausgezeichnete dienstliche Leistungen hervorgetan habe. Zudem habe die Klägerin die ihr vorgeworfenen Anschaffungen nicht zu eigenen Zwecken getätigt, weshalb es sich auch nicht um den klassischen Fall eines Zugriffsdelikts handele. Auch habe sie den eingetretenen Schaden durch die Zahlungen von insgesamt 30.000 EUR an die Stadt XX zumindest erheblich verringert, auch wenn diese Zahlungen vorrangig zur Abwendung eines Strafverfahrens bzw. im Rahmen einer zivilrechtlichen Einigung und erst nach der Entdeckung des Fehlverhaltens erfolgt seien. Auf ein Mitverschulden der Stadt xxx könne sich die Klägerin allerdings nicht berufen. Es sei gerade Sinn der Budgetierung, Einzelnachfragen zu vermeiden und die Eigenverantwortung der Schule zu stärken. Die Budgets seien nie überschritten, sondern eher öfters unterschritten worden. Bei der Klägerin lägen nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit vor, die bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen wäre. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. xxx sowie dem Umstand, dass die Klägerin ansonsten ihren Dienst zuverlässig und ohne jegliche Auffälligkeiten verrichtet und bei den von ihr getätigten Anschaffungen ein hohes Maß an Überlegung an den Tag gelegt habe. Unter Berücksichtigung der für die Maßnahmebemessung beachtlichen erschwerenden und mildernden Umstände habe die Klägerin durch ihr Fehlverhalten das Vertrauen der Allgemeinheit in eine pflichtgemäße Aufgabenerfüllung noch nicht vollständig zerstört. Allerdings habe sie mit den von ihr begangenen Pflichtverletzungen gerade im Bereich der ihr als Rektorin zugewiesenen Aufgaben im Rahmen der Budgetverwaltung und im Hinblick auf die ihr obliegende Führung der Lehrkräfte und der Realschullehreranwärter in schwerwiegender Weise versagt. Damit sei die Zurückstufung in das Amt einer Realschullehrerin (A 13) nach § 30 Abs. 1 LDG tat- und schuldangemessen. Diese Maßnahme sei auch deshalb hier noch ausreichend, weil die Befähigung der Klägerin als Realschullehrerin unstreitig sei und die begangenen Pflichtverletzungen vorrangig ihre Tätigkeit als Rektorin betreffen würden. Andererseits erscheine eine Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 als nicht ausreichend, zumal auch ein solches Amt regelmäßig mit Führungsaufgaben oder erheblicher Finanzverantwortung etwa als Rektorin einer kleinen Realschule oder als Konrektorin verbunden wäre. Deshalb ändere die Disziplinarkammer die angefochtene Verfügung in Anwendung des § 21 Abs. 2 AGVwGO ab. Mit der Zurückstufung verliere die Klägerin gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 LDG den Anspruch auf die Bezüge aus dem bisherigen Amt sowie das Recht, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen.
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Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 23.06.2015 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. In dem Zulassungsverfahren hat die Klägerin eine „Qualitätskontrolle“ des Gutachtens des Dr. xxx durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie xxx, xxx, vom 19.01.2015 (Blatt 91 bis 137 der Berufungsakte) vorgelegt, auf die Dr. xxx mit einer von dem Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 04.05.2015 (Blatt 161 - 185 der Berufungsakte) erwidert hat.
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Die Klägerin hat zur Begründung der Berufung mit am 03.07.2015 eingegangenem Schriftsatz vorgetragen: Sie sei in dem hier fraglichen Zeitraum schulunfähig, jedenfalls in ihrer Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen. Dem Gutachten des Prof. Dr. xxx sei unzweifelhaft und eindeutig zu entnehmen, dass sie krankheitsbedingt im Tatzeitraum in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, wenn nicht schuldunfähig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht hätte ihrem Beweisantrag, Herrn Prof. Dr. xxx zu seinem Gutachten nochmals zu hören, nachgehen müssen. Das Gutachten des Dr. xxx sei inhaltlich falsch. Es handele sich um ein Gefälligkeitsgutachten für den Beklagten, was bereits daraus ersichtlich werde, dass in ihm von dem „Verdacht einer gezielten Vertuschung“ gesprochen werde. Der Begriff „gezielte Vertuschung“ gehöre nicht in die psychiatrische Nomenklatur. Ihr sei nicht bekannt, mit welchen Informationen der Beklagte den Gutachter „gefüttert“ habe. Die Qualitätskontrolle durch die von ihr beauftragte Ärztin Dr. xxx lasse in vielerlei Hinsicht ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens des Dr. xxx aufkommen. Abschließend habe Dr. xxx festgehalten, dass die eingenommenen psychotropen Substanzen möglicherweise in erheblicher Form auf die Psyche eingewirkt hätten. Es fehlten im Rahmen der Begutachtung die Herstellung einer möglichen zeitlichen Korrelation der Cortison- und Copaxone-Gaben mit den Einkäufen. Mindestens vier Ärzte bzw. Kliniken hätten die Erheblichkeit der psychischen Effekte der Erkrankung und der Medikation erwähnt. Auf Grund fehlender fremdanamnestischer Erhebungen und fehlender testpsychologischer Untersuchungen seien die Feststellungen des Dr. xxx nicht umfassend und fundiert genug, um auf ihre psychische Situation eingehen zu können. Vom Gutachter seien nicht ausreichend Anknüpfungstatsachen erhoben worden, die die Komplexität des Geschehens und mögliche Ursachen des erstmals bei ihr aufgetretenen Verhaltens im bereits vorgerückten Lebensalter erklären könnten. Insgesamt habe der Gutachter Dr. xxx schlampig gearbeitet. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht die vorsätzliche Pflichtverletzung unzutreffend damit begründet, dass die Klägerin die Anweisung erteilt habe, die ungeöffneten Pakete in das Rektoratszimmer zu bringen. Sie habe bis zuletzt bestritten, dass sie so eine Aussage gemacht habe. Zudem unterstelle das Verwaltungsgericht der Klägerin zu Unrecht, dass sie die Zweckbestimmung für die Anschaffungen bewusst unzutreffend angegeben habe. Vielmehr habe sie genau die Zuordnung gewollt, wie sie sie auf den Rechnungen notiert habe.
32 
Die Klägerin beantragt,
33 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 08. Dezember 2014 - xxx - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 aufzuheben.
34 
Der Beklagte beantragt,
35 
die Berufung zurückzuweisen.
36 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt weiter aus: Es habe eine ausreichende Sachverhaltsermittlung zur Frage der Schuldfähigkeit der Klägerin gegeben. Das Gutachten des Prof. Dr. xxx habe die Schwäche, dass es ausführe, eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit sei nicht auszuschließen, lasse sich aber bei dem Ausmaß des Verhaltens nicht belegen. Hier setze das Gutachten des Dr. xxx an, der das konkrete Verhalten der Klägerin hinsichtlich der Frage der Schuldfähigkeit vertieft würdige und für den verständigen Leser logisch nachvollziehbar zu dem Schluss komme, dass ein ganz ungewöhnliches und rätselhaftes Verhalten eben nicht quasi automatisch als Krankheit bewertet werden könne. Herr Dr. xxx sei nicht mit weiteren Informationen über die Klägerin gefüttert worden, sein Gutachten sei kein Gefälligkeitsgutachten. Frau Dr. XX habe sich ihrerseits nicht damit auseinandergesetzt, dass die Klägerin in keiner Weise gegenüber Außenstehenden besondere Auffälligkeiten gezeigt habe. Auf die Stellungnahme des Dr. xxx vom 04.05.2015 zu den Ausführungen von Frau Dr. xxx werde ergänzend verwiesen.
37 
Am 21.10.2015 hat der Senat beschlossen, zur Frage einer (verminderten) Schuldfähigkeit der Klägerin bei Begehung der ihr in der Disziplinarverfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 zur Last gelegten Pflichtverstöße Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. xxx, Universitätsklinikum xxx, zu erheben.
38 
Frau Dipl.-Psychologin xxx erstattete im Auftrag von Dr. xxx am 07.01.2016 ein testpsychologisches Zusatzgutachten über die Klägerin, in dem abschließend ausgeführt wird:
39 
„Zusammenfassend handelt es sich bei der Probandin um eine Persönlichkeit mit überdurchschnittlichem verbalen Intelligenzniveau. Die visuelle Merkfähigkeit (Benton-Test) war unauffällig, ebenso die verbale Lern- und Merkfähigkeit (VLMT). Die Exekutivfunktionen (Turm von London) zeigten sich durchschnittlich. Reaktions- Konzentrations-, Wahrnehmungsvermögen (Determinationstest) waren nicht beeinträchtigt. In den dafür sensiblen Verfahren zeigten sich keinerlei Hinweise auf Simulations- und Aggraviationstendenzen.Im Gespräch schilderte die Probandin, dass sie sich zurzeit recht gut fühle, stabil und leistungsfähig, und dass sie um ihre Rehabilitation kämpfe.
40 
In der ausführlichen neuropsychologischen Untersuchung fanden sich keinerlei Hinweise auf hirnorganisch begründete Leistungsminderung.“
41 
Am 11.01.2016 erstatte Dr. xxx ein forensisch-psychiatrisches Gutachten über die Klägerin, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 317 - 487 der Berufungsakte verwiesen wird. Das Gutachten ist von der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx unterschrieben und enthält den von Dr. xxx unterzeichneten Zusatz „Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“. Das Gutachten kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass nach ausführlicher Exploration der Klägerin und kritischer Würdigung aller vorliegenden Fremdberichte und Unterlagen das Eingangskriterium krankhafte seelische Störung als erste Stufe zur Bestimmung der Schuldunfähigkeit aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht erfüllt sei.
42 
Die Klägerin hat zu diesem Gutachten ausgeführt: Der beauftragte Gutachter Dr. xxx habe die Begutachtung unzulässiger Weise auf Frau Dr. xxx delegiert. Sie sei beim ersten Untersuchungstermin am 21.12.2015 insgesamt 4 Stunden ausschließlich von Frau Dr. xxx exploriert worden. Erst beim zweiten Gespräch am 04.01.2016 sei Dr. xxx mit anwesend gewesen. Es sei zu beachten, dass lediglich Dr. xxx Neurologe sei, nicht aber Frau Dr. xxx. Der Neurologe besitze bei ihrer Grunderkrankung gegenüber dem psychiatrischen Facharzt das überlegene Forschungsmittel. Die äußere Form des Gutachtens spreche nicht für eine seriöse, der Bedeutung des Falls gerecht werdende Oberbegutachtung. Fremdanamnestische Erhebungen (etwa ihrer Mutter oder ihres ehemaligen Lebensgefährten) seien nicht vorgenommen worden. Es sei nur versucht worden, das Gutachten des Prof. Dr. xxx zu entkräften, während die übrigen ärztlichen Befunde keine Berücksichtigung gefunden hätten bzw. nicht differenzialdiagnostisch diskutiert worden seien. Bei vernünftiger Betrachtungsweise könne die Befürchtung bestehen, die Gutachter stünden der Thematik nicht unvoreingenommen gegenüber. Zudem sei im Gutachten nicht präzise festgehalten worden, welche Ausführungen auf die persönliche Exploration und welche auf den von ihr übergebenen schriftlichen Lebenslauf zurückzuführen seien. Das Obergutachten schweige sich zum Verlust ihrer langjährigen Beziehung zu Herrn Dr. xxx aus und befasse sich nicht mit den von ihr bei der Exploration beschriebenen eigenen Veränderungen. Es sei nicht hinreichend reflektiert worden, welche Symptome der Nebenwirkungen der von ihr verabreichten Medikamente vorgelegen hätten. Hinsichtlich einer hirnorganischen Veränderung sei eine unbegründete Schlussfolgerung gezogen worden. Allein Prof. Dr. xxx habe sich die Mühe gemacht, die diesbezüglichen MRT-Aufnahmen persönlich anzusehen. Eigene diagnostische Feststellungen habe das Gutachten nicht getroffen. Es bleibe offen, auf welche Diagnose sich das Gutachten festgelegt habe. Ihr Kaufverhalten sei bagatellisierend dargestellt worden. Es fehlten zusätzliche Anknüpfungstatsachen zur Erhellung ihrer Lebenssituation im hier relevanten Zeitraum sowie eine umfassende körperliche, insbesondere neurologische Untersuchung. Es sei im Längsschnitt zu wenig diskutiert und erklärt worden, wie ihre Verhaltensänderungen begründet werden könnten, die sogar zur Eröffnung eines Strafverfahrens geführt hätten, während sie Jahrzehnte zuvor sozial angepasst und beruflich erfolgreich gelebt habe. Es fehle eine Erklärung der Veränderung ihres Verhaltens. Die spezifischen Auswirkungen der bei ihr zweifelsfrei gezeigten Störung auf die spezifischen Taten würden nicht herausgearbeitet. Es sei zu wenig berücksichtigt und diskutiert worden, dass die aktuelle Begutachtung ca. 9 Jahre nach dem hier relevanten Zeitraum durchgeführt worden sei.
43 
Zu den Einwendungen der Klägerin hat Dr. xxx mit Schreiben vom 22.06.2016 Stellung genommen. Insoweit wird auf Blatt 643 - 649 der Berufungsakte verwiesen.
44 
In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin auf Befragen des Senats unter anderem ausgeführt: Sie habe in der gesamten Zeit nicht bemerkt, dass sie etwas falsch gemacht habe. Sonst wäre ihr klar gewesen, dass sie ihre berufliche Karriere aufs Spiel gesetzt hätte. Der Schuldienst sei der Mittelpunkt ihres Lebens gewesen. Die Schulleiterstelle in xxx sei die Krönung gewesen. Dort seien die Bedingungen für ihre Arbeit optimal gewesen. Im Jahr 2007 habe sie die Kräfte, die sie vorher gehabt habe, auf einmal nicht mehr gehabt. In der Weihnachtspause 2006/2007 habe sie sich nicht mehr erholen können. Sie sei schwächer geworden und zum Arzt gegangen. Ein einschneidendes Erlebnis sei gewesen, dass sie zum ersten Mal ihren Harn nicht mehr habe halten können. Der Arzt habe sie beruhigt. Sie habe dann gedacht, dass sie mit weniger Kräften leben müsse. Deswegen habe sie 2008 ihre kirchlichen Ehrenämter als Lektorin und Kommunionhelferin ruhen lassen. Es sei dann zu deutlichen neurologischen Ausfällen gekommen. Dies habe sich bis Oktober hingezogen. Zwischenzeitlich habe sie nicht mehr laufen können. Man habe ihr gesagt, dass sie gegebenenfalls auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Sie habe das Bild ihres Vaters vor Augen gehabt, der an einem Knochensarkom gelitten und einen Rollstuhl benötigt habe. Sie habe über ihre Erkrankung mit so gut wie niemanden geredet. Sie habe Angst gehabt, in der Schule dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, sie ticke nicht mehr richtig. Das Ganze habe sie völlig aus der Bahn geworfen. Die Cortiosonstoßtherapie habe ihre Beschwerden nicht genommen, hätten sie aber körperlich beeinträchtigt. Die Basis-Medikation habe sie schlecht vertragen. Insgesamt sei sie in einem schlechten Zustand gewesen. Mit der Diagnose XX sei sie schlecht zurecht gekommen. 2009 habe sie nächtelang geweint. In dieser Zeit müsse es dazu gekommen sein, dass sie Unnötiges, Plunder und Quatsch, gekauft habe. Sie habe das aber nicht bemerkt, es habe sich um eine Art „Müssen“ gehandelt. Sie habe gedacht, die Schule brauche dieses und jenes. Die Schüler sollten sich wohlfühlen. Sie habe die Sachen der Schule nicht zur Verfügung gestellt, weil dort wegen Umbaumaßnahmen kein Platz gewesen sei; man sei im Umzugsmodus gewesen. Unterricht habe sie gehalten, das habe funktioniert. Mit ihren Kollegen habe es eine sachliche und kollegiale Zusammenarbeit gegeben. Hierauf hätten sich ihre Kontakte in der Schule beschränkt. Der Schule hätten jährlich 110.000 - 115.000 EUR zur Verfügung gestanden. Was damals passiert sei, könne sie nicht sagen. Sie sei überfordert gewesen. Die Veränderungen hätten 2006/2007 begonnen. Sie habe aber alles verborgen gehalten und keine Diskussionen darüber geführt. Sie habe funktionieren müssen. Durch ihre Einkäufe habe sie den Schulträger nicht schädigen wollen. Sie sei der Überzeugung gewesen, dass die Schule die Sachen brauche. Sie habe die Sachen auch nicht doppelt gekauft. Das Ganze sei schrecklich, sie könne es heute nicht mehr nachvollziehen. Bei Aufdeckung sei ihr schlagartig klar geworden, dass es nicht in Ordnung sei. Die Realschullehreranwärterin xxx sei zum 01.02. in ihre Schule gekommen und habe 18 Monate bleiben sollen. Frau xxx vom Fachbereich xxx sei ihre Mentorin gewesen. Wenn sie normal getickt hätte, hätte sie nicht versucht, Frau xxx zu beeinflussen. Sie habe als Schulleiterin ein Schulleitergutachten über Realschullehreranwärter zu schreiben, das in die Bewertung des Zweiten Staatsexamens einfließe. Über die Verteilung des der Schule zustehenden Budgets sei in der Haushaltskonferenz beraten worden. Über die Sachen, die sie überflüssig angeschafft habe, sei dort nicht gesprochen worden.
45 
Zudem wurde in der Berufungsverhandlung der Sachverständige Dr. xxx im Einverständnis der Beteiligten informatorisch zu seinem Gutachten angehört. Wegen seiner Ausführungen wird auf die Anlage zum Protokoll verwiesen.
46 
Dem Gericht liegen die Personalakten der Klägerin, die Disziplinarakten, Akten der xxx sowie der Stadt xxx, die Ermittlungsakte xxx der Staatsanwaltschaft xxx, die Akten des Verwaltungsgerichts xxx, xxx und xxx sowie die die Verfahren wegen Fristsetzung gemäß § 37 Abs. 3 LDG betreffenden Akten des Verwaltungsgerichts xxx und des Senats xxx vor. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
47 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
48 
Allerdings ist die Berufung nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 2 LDG, § 124a Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
49 
Die Berufung der Klägerin ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage des festgestellten Dienstvergehens die in der Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 festgesetzte Disziplinarmaßnahme (Entfernung aus dem Dienst) in die mildere Maßnahme einer Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Realschullehrerin (A 13) geändert. Die geänderte Verfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin kann mithin mit ihrer Berufung nicht erreichen, dass die vom Verwaltungsgericht gemäß § 21 Satz 1 AGVwGO bereits zu ihren Gunsten geänderte Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 aufgehoben oder durch Festsetzung einer (noch) milderen Disziplinarmaßnahme geändert wird.
50 
Der Senat prüft die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zugrunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 2 LDG) in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteil des Senats vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, m.w.N. sowie Beschluss des Senats vom 13.06.2016 - DL 13 S 1699/15 -, jew. juris).
51 
In tatsächlicher Hinsicht ist mit dem Verwaltungsgericht zunächst davon auszugehen, dass die Klägerin die in Nrn. 1 - 21 sowie 29 - 49 der streitgegenständlichen Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 genannten Gegenstände auf Kosten des Schulträgers (Stadt xxx) angeschafft hat, dass diese für den Schulbetrieb nicht notwendig waren und von der Klägerin auch nicht für den Schulbetrieb zur Verfügung gestellt wurden. Die Anschaffungen werden durch die Klägerin nicht in Frage gestellt. Hinsichtlich der Erforderlichkeit dieser Anschaffungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die von der Klägerin getätigten Anschaffungen grundsätzlich für die Schule bzw. den Unterricht - theoretisch - verwendbar gewesen wären, da insoweit der jeweils bestehende konkrete schulische Bedarf bzw. eine konkrete Anforderung des betreffenden Gegenstandes durch die Lehrkräfte des jeweiligen Fachbereichs entscheidend sei. Einen konkreten schulischen Bedarf oder entsprechende konkrete Anforderungen durch die Lehrkräfte hat es insoweit nicht gegeben und wurden auch zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin geltend gemacht. In der Berufungsverhandlung hat sie die Einkäufe lediglich damit gerechtfertigt, dass sie gedacht habe, die Schüler sollten sich in der Schule wohlfühlen, und sie ohne Differenzierung danach, ob sie Gegenstand des Disziplinarverfahrens oder Grundlage der disziplinaren Bewertung durch das Verwaltungsgericht waren, als „Unnötiges, Quatsch und Plunder“ bezeichnet. Nach den Angaben der Klägerin in der Berufungsverhandlung ist zudem über die von ihr getätigten Einkäufe in der für die Verteilung der der Schule zugewiesenen Budgetmittel zuständigen Haushaltskonferenz nicht gesprochen worden. Der Frage, ob die in Nrn. 1 - 21 und 29 - 49 der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände zu Hause oder aber in der Schule (im Rektoratszimmer oder in Schränken im Lehrerzimmer oberhalb der Garderobe) aufbewahrt wurden, ist nicht weiter nachzugehen. Zum einen ändert eine solche Aufbewahrung nichts an der fehlenden Erforderlichkeit der Anschaffung, zum anderen wurden die angeschafften Gegenstände auch in diesem Fall nicht für den Schulbetrieb zur Verfügung gestellt und dem Zugriff durch die Lehrkräfte entzogen, die von deren Vorhandensein nichts wussten. Allerdings hat der Senat genauso wie das Verwaltungsgericht erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit des diesbezüglichen Vorbringens der Klägerin, nachdem sich dieses mit ihren früheren Angaben im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (vgl. etwa Anzeigeaufnahme vom 15.02.2011: „Seit ca. 3 Jahren habe ich Dinge, welche ich für die Schule gekauft habe, originalverpackt mit nach Hause genommen“) und im behördlichen Disziplinarverfahren (vgl. etwa erste Anhörung vom 28.04.2011: „ich habe erst in diesem Augenblick (11.02.2011) daran gedacht, dass das ganze Geschirr bei mir zu Hause ist“) kaum in Einklang bringen lässt. Hinsichtlich der in Nrn. 22 - 28 der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände (Ware vom xxx) lässt sich hingegen das Vorbringen der Klägerin, dass es sich bei diesen in der Verfügung nicht näher konkretisierten Anschaffungen um solche für xxx oder die Weihnachtsbäckerei gehandelt habe und diese dort auch verwendet worden seien, nicht widerlegen. Sie können deshalb nicht der Disziplinarverfügung zu Grunde gelegt werden.
52 
Des Weiteren hat die Klägerin versucht, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber Bediensteten des Schulträgers (Stadt xxx) zu decken. Dies hat die Klägerin eingeräumt und ergibt sich auch aus den Aussagen der Frau xxx und der Frau xxx bei ihrer Zeugenvernehmung im behördlichen Disziplinarverfahren am 03.02.2014. Dort hatte Frau xxx diesbezüglich unter anderem angegeben, die Klägerin habe gesagt, dass die Gemeinde jetzt genau kontrollieren würde und sie gegenüber Herrn xxx (Leiter des Hauptamtes der Stadt xxx) nur angeben solle, dass die Gegenstände im xxx-Bereich aufbewahrt worden und für diesen bestimmt gewesen seien. Aus schulischem Interesse solle sie es Herrn xxx für die fachinterne Prüfung so verkaufen, dass es schon immer allen zur Verfügung gestanden habe; sie müssten alle am gleichen Strang ziehen, sonst würden sie unglaubwürdig. Frau xxx gab weiter an, sie habe sich unter Druck gesetzt gefühlt und der Klägerin nicht widersprechen wollen. Für sie sei es eine dienstliche Anordnung ihrer Vorgesetzten gewesen und sie habe schon öfter mitbekommen, dass es ziemliche Schwierigkeiten gegeben habe, wenn jemand der Klägerin widersprochen habe. Die Realschullehreranwärterin xxx gab bei ihrer Zeugenvernehmung unter anderem an, die Klägerin habe ihr im Textilraum leere Schränke gezeigt und sie gefragt, ob sie den Leuten von der Stadt sagen könne, dass sie geholfen habe, Gegenstände aus diesem Raum in ihr Auto zu transportieren. Sie habe nicht gewusst, worum es gehe und sei überfordert gewesen. Sie habe die Klägerin nicht gefragt, warum sie das so sagen solle. Sie habe daran gedacht, dass die Klägerin ihre Vorgesetzte sei und ein Schulleitergutachten über sie verfasse. In ihrer am 24.06.2011 bei der Staatsanwaltschaft xxx eingegangen Stellungnahme gab Frau xxx diesbezüglich weiter an, die Klägerin habe sie gebeten, gegenüber den „Herrschaften“ von der Stadt xxx zu behaupten, dass sie der Klägerin geholfen habe, Geschirr aus den Schränken im Textilraum in ihr Auto zu transportieren. Soweit der Klägerin in der Disziplinarverfügung auch noch der Versuch der Beeinflussung der Realschullehrerinnen xxx und xxx vorgeworfen wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ausweislich des Protokolls der Vernehmungen dieser Lehrerinnen vom 03.02.2014 hat die Klägerin gegenüber diesen nur gesagt, dass sie Geschirr im Elternsprechzimmer habe, das sie in den Handarbeitsraum umlagere (so Frau xxx) bzw. dass sie Gegenstände (Geschirrteile und Deko-Artikel) in den Textilraum gestellt habe (so Frau xxx). Der Versuch eine Einflussnahme kann hierin nicht gesehen werden.
53 
Diese der Klägerin vorzuwerfenden Handlungen sind zwar kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, jedoch als disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen zu ahnden.
54 
Zu Recht geht das Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass eine (auch von dem Beklagten nicht in Betracht gezogene) Strafbarkeit der Klägerin nach § 242 oder § 246 StGB mangels Zueignungsabsicht in Bezug auf die von ihr angeschafften Gegenstände nicht in Betracht kommt. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin die erworbenen Gegenstände ganz oder teilweise privat genutzt hat oder sie sonst ganz oder teilweise ihrem Vermögen einverleiben wollte.
55 
Entgegen der rechtlichen Bewertung in der Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 hat sich die Klägerin aber auch nicht wegen Untreue nach § 266 StGB strafbar gemacht. Nach dieser Vorschrift wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht (sog. Missbrauchstatbestand) oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treuverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt (sog. Treubruchstatbestand), und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Zwar dürfte hier der Missbrauchstatbestand insoweit erfüllt sein, als die Klägerin durch die in Rede stehenden Anschaffungen bei Ausübung ihres rechtlichen Könnens (auf Grund der zwischen ihr als Schulleiterin der xxx und der Stadt xxx am 13.11.2006 geschlossenen Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans) die Grenzen des rechtlichen Dürfens überschritten hat. Die Überschreitung der Grenzen des rechtlichen Dürfens liegt hier in einem Verstoß gegen den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (vgl. dazu noch unten) durch den Kauf für den Unterricht nicht konkret notwendiger Gegenstände, die zudem nicht einer zweckentsprechenden Verwendung zugeführt wurden. Fraglich ist aber schon, ob durch diese Tathandlung ein Nachteil für das Vermögen der Stadt xxx entstanden ist. § 266 Abs. 1 StGB schützt als Vermögensdelikt nur das zu betreuende Vermögen als Ganzes, nicht aber die allgemeine Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers. Ob ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB eingetreten ist, muss daher grundsätzlich durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden. Zunächst ist also der sich aus dem Vergleich des Vermögens vor und nach der Verfügung bzw. Pflichtverletzung ergebende Saldo zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 02.07.2014 - 5 StR 182/14 -, NStZ 2014, 517). Ergibt sich hierbei kein Negativsaldo, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob im Hinblick auf eine weitergehende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit gleichwohl unter dem Aspekt des persönlichen Schadenseinschlags ein Vermögensnachteil anzusetzen ist. Dies setzt voraus, dass ein objektiver Wert des Erlangten für den Erwerber nicht realisierbar ist, da es ihm unmöglich (oder unzumutbar) ist, diesen letztlich in Geld umzusetzen und ihm der erworbene Gegenstand auch keinen vermögensmäßig beachtlichen Gebrauchsvorteil verschafft (BGH, Beschluss vom 19.02.2014 - 5 StR 510/13 -, NStZ 2014, 318). Soweit das Erlangte hingegen einen für jedermann realisierbaren Geldwert aufweist, scheidet ein Vermögensschaden bzw. ein Nachteil i.S.d. § 266 StGB unabhängig von den Aspekten des persönlichen Schadenseinschlags aus (BGH, Beschluss vom 19.02.2014, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund scheint die Annahme eines Nachteils fraglich. Ein Negativsaldo dürfte durch die Anschaffung der hier in Rede stehenden Gegenstände nicht eingetreten sein; auch dürfte ein realisierbarer Geldwert durch die der Stadt xxx ohne Weiteres mögliche Weiterveräußerung der unbenutzten, teilweise noch originalverpackten Gegenstände zu bejahen sein. Etwas anderes dürfte sich auch nicht daraus ergeben, dass die Gegenstände wegen der Lagerung im Haus der Klägerin oder im Rektoratszimmer dem Zugriff desjenigen, dessen Vermögensinteressen die Klägerin zu betreuen hat, entzogen wurden. Von einem eigennützigen Vorgehen der Klägerin kann, wie bereits ausgeführt, nicht ausgegangen werden. Soweit der Beklagte auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.08.2008 (- 2 StR 587/07 -, BGHSt 52, 323) verweist, betrifft dieses Urteil die Konstellation, dass der Täter Geldvermögen des Treugebers in verdeckten Kassen führte und diesem auf Dauer vorenthielt, um es unter dessen Ausschaltung oder Umgehung nach Maßgabe eigener Zweckmäßigkeitserwägungen bei noch nicht absehbaren späteren Gelegenheiten für möglicherweise nützliche, jedenfalls aber risikoreiche Zwecke einzusetzen. Damit ist die vorliegende Konstellation jedoch nicht vergleichbar. Jedenfalls ist hier ein Vorsatz der Klägerin bezüglich des Merkmals „Nachteil“ nicht festzustellen. Bei der Untreue sind an den Vorsatz und dessen Beweisbarkeit strenge Anforderungen zu stellen, vor allem dann, wenn - wie hier - der Täter nicht eigennützig gehandelt hat und nur bedingter Vorsatz in Rede steht (BGH, Beschluss vom 02.07.1997 - 2 StR 228/97 -, wistra 1997, 301 m.w.N.). Der Täter muss sich nicht nur der Pflichtwidrigkeit seines Tuns, sondern auch des dadurch bewirkten Vermögensnachteils im oben genannten Sinne bewusst gewesen sein. Hiervon kann nach den Einlassungen der Klägerin nicht gesprochen werden, die auch in der Berufungsverhandlung nachdrücklich angegeben hat, sie habe den Schulträger nicht finanziell schädigen wollen.
56 
Allerdings ist die Klägerin auf Grund der festgestellten Handlungen fehlsam mit öffentlichen Mitteln umgegangen und hat dadurch ein Dienstvergehen begangen.
57 
Dienstliches Fehlverhalten ist auch, wenn ein Beamter mit öffentlichen Mitteln fehlsam umgeht, ohne dabei die Strafbarkeitsschwelle der Untreue zu erreichen (vgl. Gemeinschaftskommentar Öffentliches Dienstrecht [GKÖD], Band II, Das materielle Dienstrecht, J 930 RdNr. 16). Der Straftatbestand der Untreue ist enger als die beamtenrechtliche Dienstpflicht zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln. Daher kann auch bei Nichterfüllung des Straftatbestandes der Untreue eine Dienstpflichtverletzung vorliegen. Die Verpflichtung der Klägerin zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln (vgl. hier: §§ 77 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Satz 1 GemO in Verbindung mit der Vereinbarung über die Ausführung des Budgetorientierten Haushaltsplans vom 13.11.2006 zwischen der Stadt xxx und der xxx, vertreten durch die Klägerin; vgl. ferner: § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 Satz 1 LHO) folgt bereits aus der allgemeinen Pflicht des Beamten zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. § 47 Abs. 1 LBG) sowie darüber hinaus zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG).
58 
Der Umgang mit öffentlichen Mitteln kann in diesem Sinne objektiv dienstpflichtwidrig sein, wenn ein Beamter, zu dessen funktionellen Amtspflichten der Umgang mit öffentlichen Mitteln gehört, innerhalb seines dienstlichen Verantwortungsbereichs gegen das allgemeine Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstößt, indem er öffentliche Mittel objektiv unwirtschaftlich verwendet oder der öffentlichen Hand zustehende Einnahmen nicht oder nicht rechtzeitig erhebt (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, MatR II, RdNr. 365; GKÖD, J 930, RdNrn. 30 ff.). Eine solche Dienstpflichtverletzung ist hier bezüglich der oben benannten Handlungen der Klägerin festzustellen. Auf Grund der Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans vom 13.11.2006 gehörte der Umgang mit öffentlichen Mitteln zu den funktionellen Amtspflichten der Klägerin in deren dienstlichen Verantwortungsbereich als Schulleiterin der xxx. Sie war insoweit berechtigt, über die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben haushaltsmäßig ausgebrachten Mittel (öffentliche Mittel) zu verfügen. Gemäß Nr. 2 der Vereinbarung vom 13.11.2006 werden der xxx für den pädagogischen Betrieb und bestimmte Bauhofleistungen, die den internen Schulbetrieb betreffen, haushaltsmäßige Mittel zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Richtlinien führt die Schule ihr Budget in freier und alleiniger Verantwortung aus (Nr. 2.6 der Vereinbarung), wobei dem Schulleiter (hier also der Klägerin) bzw. dessen Stellvertreter die Bewirtschaftungsbefugnis und die Feststellungsbefugnis für den Vollzug des Haushaltsplans im Einzelfall und im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen bis zu 10.000 EUR zusteht (Nr. 3 der Vereinbarung). Es liegt auch ein objektiv unwirtschaftlicher Umgang mit öffentlichen Mitteln vor. Ein solcher kann in vielfältiger Weise gegeben sein (vgl. zu einzelnen Fallgruppen: Zängl, a.a.O., RdNr. 370; GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 38 f.), etwa auch dann, wenn öffentliche Mittel in einem größeren Umfang verwendet werden als es zur Erreichung des zu verfolgenden Ziels erforderlich erscheint; unwirtschaftlich in diesem Sinne kann auch die Anschaffung objektiv nicht benötigter Gegenstände sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.01.2011 - 2 WD 20.09 -, juris; Beschluss vom 14.06.1985 - 1 DB 26.85 -; Zängl, a.a.O., RdNr. 370; GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 38 f.), insbesondere wenn diese zur pflichtgemäßen Aufgabenwahrnehmung nicht zur Verfügung gestellt werden.
59 
Letzteres ist hier der Fall. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin durch den Erwerb der in Nrn. 1 - 21 und 29 - 49 der Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 einzeln genannten Gegenstände Anschaffungen getätigt, die für den „internen Schulbetrieb“ (vgl. Nr. 2 der Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans) nicht erforderlich waren. Die Klägerin bezeichnete den Erwerb der Gegenstände in der Berufungsverhandlung selbst als „Unnötiges, Quatsch und Plunder“. Ob diese grundsätzlich zum Gebrauch im internen Schulbetrieb bestimmt waren, ist nicht maßgeblich, nachdem ein konkreter Bedarf für die Anschaffung der Gegenstände nicht bestand. Die Gegenstände waren weder von den Lehrkräften des entsprechenden Fachbereichs angefordert worden noch waren sie Gegenstand der Beratungen in der Haushaltskonferenz. Sie wurden auch nicht für den Unterricht in der Schule zur Verfügung gestellt oder von den Lehrkräften „vermisst“.
60 
Mit diesen der Klägerin vorgeworfenen Anschaffungen und dem Versuch, eine Realschullehrerin und eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber Bediensteten des Schulträgers (Stadt xxx) zu decken, hat die Klägerin gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), die Pflicht zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 LBG) sowie gegen die Vorbildfunktion des Lehrers (§ 38 Abs. 6 SchG in Verbindung mit § 1 SchG, Art. 11 Abs. 1 und 12 Abs. 1 LV) verstoßen.
61 
Diese Pflichtverletzungen hat die Klägerin vorsätzlich und schuldhaft begangen.
62 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin vorsätzlich gehandelt hat. Ihre Vorgehensweise ist Beleg, dass sie sich zumindest bewusst gewesen ist, mit den Anschaffungen gegen den Grundsatz sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltens zu verstoßen. Sie hat die erworbenen Gegenstände bei sich zu Hause, in ihrem Rektoratszimmer oder in einem Schrank im Lehrerzimmer aufbewahrt, ohne sie den Lehrkräften bzw. dem Unterricht in der Schule zur Verfügung zu stellen. Die Beschaffung der Gegenstände war nicht Gegenstand der Haushaltskonferenz der Schule, in der über die Verwendung der der xxx zugewiesenen Mittel beraten wurde; die Lehrkräfte der Schule wussten von deren Erwerb und Existenz nichts. Hinsichtlich des Versuchs, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu wahrheitswidrigen Angaben zu veranlassen, ist ebenfalls von einem vorsätzlichen Handeln auszugehen. Die Klägerin wollte damit zielgerichtet ihr Fehlverhalten vertuschen.
63 
Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin schuldhaft (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) gehandelt hat. Auch im Disziplinarrecht werden die Regelungen der §§ 20 f. StGB entsprechend angewandt; unter den Voraussetzungen des § 20 StGB entfällt ein Dienstvergehen (vgl. Urteil des Senats vom 11.01.2012 - DB 13 S 316/11 -, juris; von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., Materielles Dienstrecht RdNr. 11). Nach § 20 StGB handelt schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
64 
Auf Ersuchen des Senats mit Beweisbeschluss vom 21.10.2015 hat Dr. xxx, Universitätsklinik xxx, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Forensische Psychiatrie und Psychotherapie ein Gutachten zur Frage einer (verminderten) Schuldfähigkeit der Klägerin bei Begehung der ihr in der Disziplinarverfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 zur Last gelegten Pflichtverstöße erstellt. In seinem Gutachten vom 11.01.2016 kommt der gerichtliche Gutachter nach Exploration der Klägerin und kritischer Würdigung aller ihm vorliegenden Fremdberichte und Unterlagen zu dem Ergebnis, dass das Eingangskriterium seelische Störung als erste Stufe zur Bestimmung einer Schuldunfähigkeit im Falle der Klägerin aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht erfüllt ist. In dem Gutachten wird im Einzelnen ausgeführt und erläutert, dass bei der Klägerin auf Grund ihrer XX-Erkrankung, der verabreichten Medikamente (a.e. [am ehesten] im Sinne einer organisch affektiven Störung, ICD-10 F06.3 bzw. organisch emotional-labilen bzw. asthenischen Störung F06.6 mit Antriebssteigerung nach Cortison, im Verlauf Müdigkeit und Verstimmtheit, Gereiztheit durch Copaxone) und auch auf Grund einer Anpassungsstörung an die Diagnose xxx Veränderungen in der Psyche vorlagen, die in der Zusammenschau bei einem sonst unbeeinträchtigten psychosozialen Funktionsniveau jedoch in quantitativer Hinsicht nicht geeignet seien, die normativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der Merkmalskategorie der §§ 20, 21 StGB zu erfüllen. Das Kaufverhalten der Klägerin könne zwar sowohl im privaten wie auch im beruflichen Bereich möglicherweise außerhalb der statistischen Norm gelegen haben, psychopathologische Kriterien für das Vorliegen einer pathologischen Störung des Kaufverhaltens im Sinne einer Verhaltenssucht seien jedoch nicht vorhanden. Die für das Vorliegen einer „Kaufsucht“ zu fordernden Kriterien seien nicht erfüllt. Die Klägerin scheine andere Vorstellungen bezüglich der Ausstattung einer Schule zu haben als das Regierungspräsidium. Die im Detail explorierten Anschaffungen und die Art der Anschaffung ließen sich nicht als Begründung heranziehen, um ein psychopathologisch motiviertes Kaufverhalten belegen zu können. Die Klägerin sei durchgängig in der Lage gewesen, ihrer Tätigkeit als Realschulrektorin nachzugehen und habe über die Käufe als solche hinaus keine Auffälligkeiten im Verhalten gezeigt, die dem Vorliegen eines organischen Psychosyndroms entsprechen würden. Auch aktuell hätten sich weder klinisch noch testpsychologisch Merkmale einer hirnorganisch begründeten Einschränkung der Hirnfunktionen gezeigt. Die Merkmale der unter ICD-10 F 06 vermerkten „anderen psychischen Störungen auf Grund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit“ seien ebenfalls nicht gegeben. Für eine entsprechende wahnhafte Symptomatik, Halluzination oder eine andere schwere formale Denkstörung fänden sich weder in den Eigenangaben noch in den Fremdbefunden ein entsprechender Hinweis. Die bei der Klägerin bestehende Symptomatik könne als emotionale Reaktion auf die Diagnose xxx im Sinne einer Anpassungsstörung erklärt werden und die Nebenwirkung der Medikation könne affektive und emotional-labile Symptome begründet haben. Weder die organisch bedingte affektive bzw. emotional-labile Störung noch die Anpassungsstörung seien einzeln bzw. kombiniert geeignet, den Schweregrad für das Eingangskriterium krankhafte seelische Störung zu erfüllen. In der Berufungsverhandlung hat der gerichtliche Gutachter dazu nochmals anschaulich ausgeführt, dass bei der Klägerin eine komplizierte Mischung aus hirnorganisch und reaktiven psychischen Auffälligkeiten vorliege. Die hirnorganischen Auffälligkeiten gingen zu Lasten von zwei Faktoren, nämlich der entzündlichen xxx und der Medikation, die psychotrophe Nebenwirkungen habe. Dies werde zusätzlich von einer unzureichenden psychischen Krankheitsverarbeitung überlagert. Dabei werde der hirnorganische Störungsteil durch eine organisch affektive oder eine organisch-emotional-labile (asthenische) Störung abgebildet, während der psychisch-reaktive Störungsanteil am besten durch den Klassifikationsbegriff einer Anpassungsstörung bezeichnet werde. Die Klägerin weise damit ein Krankheitsbild auf, das allerdings - auch in der Summe - nicht ausreiche, um die Merkmalskategorie „krankhaft seelische Störung“ als erfüllt anzusehen. Der Senat hält bei der gebotenen kritischen Würdigung (vgl. BGH, Urteil vom 27.05.1982 - III ZR 201/80 -, NJW 1982, 2874) das erstellte Gutachten einschließlich der schriftlichen und mündlichen Erläuterungen des Gutachters für schlüssig und überzeugend. Das Gutachten geht von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, weist keine inhaltlichen Widersprüche und fachlichen Mängel auf; zudem bestehen keine Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters. Den diesbezüglichen Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten vermag der Senat nicht zu folgen.
65 
Dies gilt zunächst für die von der Klägerin geltend gemachte Unzulässigkeit der Delegierung der Begutachtung auf die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx. Diese hat nach den Angaben des Dr. xxx in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 22.06.2016 und in der Berufungsverhandlung die Untersuchung der Klägerin am ersten Untersuchungstag (21.12.2015), die etwa vier Stunden gedauert hat, allein vorgenommen und an der Formulierung des Gutachtens, etwa auch durch Erstellung des ersten Konzepts des Gutachtens, mitgewirkt. Dr. xxx hat die Klägerin am zweiten Untersuchungstag (04.01.2016) etwa eine Stunde lang - gemeinsam mit Dr. xxx - untersucht. Zuvor hatte Frau Dr. xxx ihm die von ihr erhobene Gesamtanamnese mitgeteilt; dabei sind noch offene Punkte besprochen worden. Ebenso hatte ihm Frau Diplom-Psychologin xxx vor der Untersuchung am 04.01.2016 das Ergebnis des testpsychologischen Zusatzgutachtens bekannt gegeben. Das forensisch-psychiatrische Gutachten vom 11.01.2016 ist von Frau Dr. xxx unterschrieben und enthält den von Dr. xxx unterschriebenen Zusatz „Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Der gerichtliche Sachverständige ist nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendigen Tätigkeiten persönlich vorzunehmen. Er darf vielmehr zu seiner Unterstützung bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens geschulte und zuverlässige Hilfskräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiter - insbesondere zu einzelnen Untersuchungen - heranziehen. Die Mitwirkung geeigneter Hilfspersonen findet ihre Grenzen darin, dass in jedem Fall die volle gerichtliche Verantwortung des vom Gericht bestellten Sachverständigen uneingeschränkt gewahrt bleiben muss. Innerhalb der dadurch gezogenen Grenzen steht es im Ermessen des Sachverständigen, in welcher Art und Weise er sich die für sein Gutachten erforderlichen Kenntnisse verschafft. Ob es dazu ausnahmsweise ausreicht, dass dem Sachverständigen durch die Lektüre des von einem zuverlässigen und geschulten Mitarbeiter verfassten schriftlichen Gutachtens die darin wiedergegebenen für die Begutachtung wesentlichen Umstände vermittelt werden oder ob es einer eigenen Kontrolluntersuchung und Urteilsbildung des Sachverständigen bedarf, hängt von dem jeweiligen Sachgebiet, der zu beurteilenden Frage sowie den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 25.07.1994 - 8 B 56/94 -, juris m.w.N.). Bei einer psychiatrischen Untersuchung ist jedenfalls auch die persönliche Begegnung des gerichtlich bestellten Gutachters mit dem Probanden unter Einschluss eines explorierenden Gesprächs erforderlich; es reicht nicht aus, dass der gerichtlich bestellte Gutachter ohne eigene Untersuchung sich lediglich mit dem von seiner Hilfsperson verfassten Gutachten „auf Grund eigener Urteilsbildung“ einverstanden erklärt (BSG, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 VU 2/03 B -, NZS 2004, 559 m.w.N.; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., RdNr. 340). Diese Voraussetzungen sind auf Grund des etwa einstündigen persönlichen Kontakts des Dr. xxx und dessen eigener Untersuchung am 04.01.2016 erfüllt. In der Berufungsverhandlung hat Dr. xxx keine Zweifel daran gelassen, dass er auf Grund der von ihm vorgenommenen einstündigen Untersuchung in der Lage war, die volle persönliche Verantwortung für die Erstellung des Gutachtens zu übernehmen (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 28.02.1992 - 8 C 48/90 -, NVwZ 1993, 771). In dieser Stunde habe er eine Exploration durchgeführt, dessen Ergebnis der psychische Befund gewesen sei. Auf Grund der Vorarbeiten der Frau Dr. xxx habe er seine eigene persönliche Untersuchung der Klägerin auf den Umfang von einer Stunde begrenzen und sich dabei ein eigenes Bild machen und ein eigenes Urteil bilden können. Dies gilt ausweislich des Gutachtens auch für die mit der xxx der Klägerin zusammenhängenden neurologischen Fragen.
66 
Soweit die Klägerin das „äußere Erscheinungsbild“ des von Dr. xxx erstatteten Gutachtens kritisiert, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die äußere Form des Gutachtens ist beanstandungsfrei. Die Klägerin führt auch nicht aus, wieso die von ihr wohl beanstandete Gewichtung der einzelnen Teile zu inhaltlichen Fehlern und zur Unverwertbarkeit des Gutachtens führen soll. Auch der Senat erkennt hierfür keine Anhaltspunkte.
67 
Die Kritik der Klägerin an der Art der Anamnese- und Befunderhebung, insbesondere dazu, dass nicht hinreichend die Befunde anderer sie behandelnder Ärzte (Dr. xxx) und ihre eigenen Angaben in dem übergebenen Lebenslauf berücksichtigt sowie keine fremdanamnestischen Erhebungen durchgeführt worden seien, greift ebenfalls nicht durch. In der Berufungsverhandlung hat Dr. xxx angegeben, dass die Befunde des Dr. xxx berücksichtigt worden seien. Er hat zugleich darauf hingewiesen, dass Dr. xxx die Diagnose einer exogenen Psychose (nach Copaxone-Therapie) ausdrücklich als Verdachtsdiagnose gestellt hat und dass es nicht möglich sein könne, dass die Klägerin seit dem Beginn der Medikation mit Copaxone bis zum Untersuchungstermin 2011 im Zustand einer exogenen Psychose gewesen sei und gleichzeitig als Realschulrektorin im Übrigen unbeanstandet gearbeitet habe. Soweit die Klägerin darüber hinaus eine Auseinandersetzung mit der von Dr. xxx beschriebenen „persönlichen Krise mit erheblichen psychischen Komplikationen“ (Arztbrief vom 18.02.2011) bzw. mit der „schwerwiegenden psychischen Krise mit Verhaltensauffälligkeiten“ (Arztbrief vom 11.07.2011) vermisst, beziehen sich diese Ausführungen des Dr. xxx im Wesentlichen auf bei der Klägerin bestehende Symptome nach Aufdecken der hier in Rede stehenden Vorfälle und können darüber hinaus - wie Dr. xxx zu Recht in der Berufungsverhandlung bemerkt hat - den psychischen Zustand der Klägerin nicht retrospektiv über drei bis vier Jahre (und damit zum Zeitpunkt der Tatbegehung) beschreiben. Entgegen der Ansicht der Klägerin wurde die im Arztbrief der xxx, Dr. xxx, vom 01.04.2011 diagnostizierte „Organische affektive Störung mit gegenwärtiger depressiver Episode“ vom gerichtlichen Gutachter berücksichtigt (vgl. Seite 41 und 81 des Gutachtens) und die Frage einer hirnorganischen Symptomatik wurde diskutiert. Das gerichtliche Gutachten kommt dabei stimmig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die organisch bedingte affektive bzw. emotional-labile Störung weder einzeln noch kombiniert mit einer Anpassungsstörung geeignet sind, den Schweregrad für das Eingangskriterium seelische Störung zu erfüllen. Eine schwere organische Störung der Affektion, der Kognition oder der Wahrnehmung seien - ebenso wie jene der pathologischen Kaufsucht - nach qualifizierter Betrachtung der eigenanamnestischen Angaben, des Untersuchungsbefundes zur Vorbereitung der Erstellung des Gutachtens sowie der vorliegenden Fremdberichte medizinisch nicht zu begründen. Auf Grund dieser Feststellungen ist es nicht ersichtlich, warum an dieser Stelle weitere differenzialdiagnostische Überlegungen erforderlich gewesen sein sollten; insbesondere hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung angegeben, dass der hirnorganische Störungsteil differenzialdiagnostisch erfasst worden ist. Vor diesem Hintergrund kann der Senat auch keinerlei Anhaltspunkte für die von der Klägerin in diesem Zusammenhang geäußerte Befürchtung erkennen, Dr. xxx oder die von ihm hinzugezogene Ärztin Dr. xxx hätten der Thematik nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenübergestanden. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass sich das Gutachten im Wesentlichen auf die selbst ermittelte Anamnese und nicht auf den von der Klägerin übergebenen schriftlichen Lebenslauf, der zudem Eingang in das Gutachten gefunden hat (vgl. S. 49 des Gutachtens), stützt. Das Vorbringen der Klägerin, fremdanamnestische Erhebungen (der Mutter und des Freundes, Dr. xxx) seien nicht vorgenommen worden, so dass das Ausmaß ihrer psychischen Veränderungen in den hier relevanten Zeiträumen nicht weitergehend exploriert worden sei, führt ebenfalls nicht zur Unverwertbarkeit des von dem Senat eingeholten Gutachtens. Zwar hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung angegeben, dass eigene fremdanamnestische Feststellungen hilfreich gewesen wären. Je mehr Informationen vorliegen würden, umso besser sei dies. Allerdings habe er solche Erhebungen nicht für erforderlich gehalten, nachdem genügend fremdanamnestische Informationen in den ihm vorgelegten Akten enthalten gewesen seien (vgl. dazu auch die ausführliche Wiedergabe der Zeugenaussage und der die Klägerin betreffenden ärztlichen Äußerungen auf den Seiten 20 - 46 des Gutachtens). Ausdrücklich ist von dem Gutachter auf Befragen des Bevollmächtigen der Klägerin in der Berufungsverhandlung ausgeführt worden, dass Aussagen von dritten Personen in Bezug auf eine Wesensveränderung der Klägerin berücksichtigt worden seien. Die Klägerin sei zudem für den Zeitraum der Vorfälle nicht „für gesund erklärt“ worden. Vielmehr habe man sich bemüht, den psychopathologischen Zustand der Klägerin im Zeitraum der Vorfälle so genau wie möglich zu rekonstruieren und entsprechend den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation zu klassifizieren. Ergebnis dieser Betrachtungen sei nicht gewesen, dass bei der Klägerin keine Störung auf psychiatrischen Gebiet vorliege, sondern dass die festgestellten Diagnosen - auch in der Summe - nicht ausreichten, die Merkmalskategorie „krankhafte seelische Störung“ als erfüllt anzusehen. Dies bedeute aber nicht, dass die Klägerin kein Krankheitsbild habe.
68 
Soweit die Klägerin weiterhin rügt, dass sich der gerichtliche Sachverständige nicht mit dem Verlust ihrer langjährigen Beziehung zu Herrn Dr. xxx und dessen Folgen für eine störungsfreie Kompensation ihrer Erkrankung und für ihre Behandlung beschäftigt habe, hat der Gutachter sowohl in seiner schriftlichen Stellungnahme wie auch auf Befragen des Senats in der Berufungsverhandlung angegeben, dass dies ausreichend berücksichtigt worden sei; wenn die Klägerin dazu etwas gesagt habe, sei dies dokumentiert worden (vgl. dazu etwa die Seiten 48 und 51 des Gutachtens vom 11.01.2016; zu den Angaben des Herrn Dr. xxx im Disziplinarverfahren selbst vgl. Seite 35 f. des Gutachtens). In für den Senat nachvollziehbarer und nicht zu beanstandender Weise hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung weiter ausgeführt, dass eine Gesamtbetrachtung aller Belastungsfaktoren vorgenommen wurde. Das Beziehungsende habe Einfluss auf den Anteil an der psychischen Symptomatik gehabt, die im Gutachten als Anpassungsstörung bezeichnet worden sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin darüber hinaus hervorgehobene Beschreibung der eigenen Veränderung durch sie und Dritte hat der Gutachter in der Berufungsverhandlung zudem zu Recht ausgeführt, dass auch diese Auffälligkeiten im Gutachten beschrieben und der diagnostischen Einschätzung zu Grunde gelegt worden seien.
69 
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wurden auch die Nebenwirkungen der verabreichten Medikamente (Methylprednisolon [Cortison] und Copaxone) im Gutachten reflektiert. Die Medikation wird im Gutachten beschrieben und gewürdigt (Seite 76 f.); dies hat der Gutachter in der Berufungsverhandlung nochmals bestätigt. Insbesondere wird im Gutachten ausgeführt, dass richtiggehende maniforme oder psychotische Entgleisungen auf Grund der Cortisongabe weder von der Klägerin noch fremdanamnestisch umschrieben worden seien; lediglich einmalig sei ein allenfalls hypomanes Zustandsbild mit einem gesteigerten Antrieb im Behandlungsbericht der xxx vermerkt. Bezüglich Copaxone, das anders als Cortison als Basistherapeutikum eingesetzt worden sei, könne hingegen angenommen werden, dass die dauerhafte Medikation zu Veränderungen in der Persönlichkeit der Klägerin (Launenhaftigkeit, Gereiztheit) geführt habe. In seiner ergänzenden schriftlichen Stellungnahme hat der Gutachter zudem ausgeführt, dass die Bewertung, dass sich der rekonstruierte Zustand der Klägerin nicht der Merkmalskategorie krankhafte seelische Störung zurechnen lasse, unabhängig davon sei, auf welcher ätiopathogenetischen Grundlage die beschriebenen psychopathologischen Auffälligkeiten entstanden seien. Soweit die Klägerin darüber hinaus die Aussage des gerichtlichen Gutachters, dass sämtliche der zerebralen Befunde ungeeignet seien, eine hirnorganische Wesensänderung zu begründen, in Frage stellt, hat der Gutachter auf Befragen des Senats angegeben, dass die dokumentierten Auffälligkeiten in der Bildgebung nicht geeignet seien, ein relevantes hirnorganisches Psychosyndrom zu begründen. Das Nichtvorhandensein von sichtbaren Läsionen schließe aber grundsätzlich eine hirnorganische Beeinträchtigung nicht aus. Als Psychiater könne er aber nur die Beeinträchtigungen am vorhandenen psychosozialen Funktionsniveau messen. Diese reichen nach dem Gutachten (vgl. S. 76 f.) aber nicht aus, die normativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der Merkmalskategorie der §§ 20, 21 StGB zu erfüllen. Auf entsprechende Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat Dr. xxx ohne Weiteres nachvollziehbar erklärt, eine Weiterleitung der MRT-Aufnahmen an die Radiologie zur Befundung sei nicht erfolgt, weil entsprechende Befunde seitens der Neuroradiologen bereits in der Akte gewesen seien; eine Notwendigkeit, diese erneut zu befunden, habe es deshalb nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund war es entgegen dem Vorhalt der Klägerin auch nicht notwendig, dass sich der Gutachter die kernspintomographischen Aufnahmen des Gehirns persönlich ansieht, zumal diesbezüglich bei ihm keine spezifische Kompetenz besteht (vgl. schriftliche Stellungnahme des Gutachters vom 22.06.2016). Entgegen der Ansicht der Klägerin kann damit auch nicht davon ausgegangen werden, dass in der Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen zusätzliche Anknüpfungstatschen zur Erhellung ihrer Lebenssituation fehlen. Soweit die Klägerin weiterhin rügt, dass zu wenig diskutiert und erklärt worden sei, wie ihre Verhaltensänderungen begründet werden können, verkennt sie bereits, dass solche Handlungen - wie Dr. xxx in der Berufungsverhandlung ausführte - auch ohne psychopathologische Auffälligkeiten vorgenommen werden können und es sich auch um ein normales delinquentes Verhalten handeln kann (vgl. auch das Gutachten des Dr. xxx vom 20.05.2014: „Ein ganz ungewöhnliches und rätselhaftes Verhalten allein kann ohne diagnostisch verbindliche Symptome eines nosologisch spezifizierbaren Krankheitsprozesses eben nicht als Krankheit bewertet werden“). Dr. xxx hatte in der Berufungsverhandlung angegeben, dass er zu den Gründen des Fehlverhaltens der Klägerin eine Hypothese habe, von der es in der Exploration nicht gelungen sei, sie zu belegen (vgl. auch die Hypothesen des Gutachtens des Dr. xxx vom 20.05.2014, S. 56 f.: „Versuch, möglichst alles, auch für jede Eventualität, richtig zu machen, wobei die Klägerin über das Ziel hinaus schoss,… kompensatorisch als Reaktion auf ihren schweren Schicksalsschlag i.S., sich vermehrt etwas zu gönnen“). Den Inhalt der Hypothese des Gutachters erfragte die Klägerin oder dessen Bevollmächtigter in der Berufungsverhandlung indes nicht.
70 
Letztlich hat sich der gerichtliche Gutachter Dr. xxx auch mit dem von der Staatsanwaltschaft xxx eingeholten Gutachten des Prof. Dr. xxx vom 13.07.2011 auseinandergesetzt, das anders als das Gutachten des Dr. xxx zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Klägerin im Tatzeitraum in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sei und es nicht auszuschließen sei, dass die Steuerungsfähigkeit der Klägerin aufgehoben gewesen sei; die Klägerin habe unter einer krankhaften seelischen Störung im Sinne eines organischen Psychosyndroms gelitten. Dr. xxx hat dazu ausgeführt (S. 83 - 86 des Gutachtens):
71 
„Im Ergebnis besteht somit im Wesentlichen Übereinstimmung mit der Einschätzung des Dr. xxx aus dem Jahr 2013.
72 
Anders verhält es sich mit der Begutachtung des Prof. xxx im Jahr 2011. Er hatte ein hirnorganisches Psychosyndrom bzw. eine hirnorganische Persönlichkeitsveränderung festgestellt, in deren Folge die Steuerungsfähigkeit von Frau xxx das Kaufen und Horten betreffend zumindest erheblich eingeschränkt gewesen sei. Er hatte im psychopathologischen Befund einen flach-deprimierten ängstlichen Affekt festgestellt. Dieser war bei der heutigen Untersuchung nicht vorhanden. Vielmehr sahen wir eine nicht depressive Patientin mit teilweise hyperthymer Stimmungslage, die den Eigenangaben von Frau xxx folgend wieder nahezu dem psychischen Zustandsbild vor der xxx entsprechend dürfte. Passend dazu zeigten sich auch keinerlei Auffälligkeiten in der aktuell durchgeführten testpsychologischen Leistungsdiagnostik.
73 
Unbestritten leidet Frau X. an einer xxx, xxx xxx, 2008 waren auch Läsionen zerebral beschrieben, die allerdings nicht eine frontale Enthemmung der Persönlichkeit begründen würden. Zu dieser Einschätzung waren auch Prof. xxx und Dr. xxx gelangt. Herr Prof. xxx befand Veränderung der Gehirnfunktion bedingt durch die Medikation und die Grunderkrankung als Störung der Hirnfunktion und als Ursache eines möglichen hirnorganischen Psychosyndroms und begründete dies vor allem damit, dass Verhaltensänderungen mit Auftreten xxx und vor allem zu Beginn der Copaxone- und Cortisontherapie aufgetreten waren. Er hatte dabei ein pathologisches Kaufen und Sammeln festgestellt. Die Kriterien des pathologischen Kaufens, welche im Übrigen analog auch zum Sammeln gelten, sind wie bereits ausgeführt unseres Erachtens nach zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Herr Prof. xxx beschrieb weiterhin, dass die Verhaltensweisen im Rahmen von Affektveränderung aufgetreten seien. … Zusammengefasst habe die Klägerin unter einer krankhaften seelischen Störung in Form eines organischen Psychosyndroms gelitten, im Tatzeitraum sei die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, es sei nicht auszuschließen, dass sie aufgehoben gewesen sei.
74 
Die Kriterien für das Vorliegen eines organischen Psychosyndroms sind nach Einschätzung der Gutachter für den Zeitraum der strittigen Käufe nicht erfüllt. Frau X. war in der Lage, außerhalb der Krankschreibung durch die xxx als solche, ihrer Tätigkeit als Rektorin korrekt und ohne Auffälligkeiten nachzugehen. Das jetzt vorgeworfene auffällige Verhalten beschränkte sich damit nur auf das Kaufen von Gegenständen für die Schule und den Privatgebrauch. Hier sind aber keine derartig schwerwiegenden Abweichungen zu beobachten, die ein hypomanes oder manisches Bild mit sich bringen würde oder eine vollständige Enthemmung der Kontrolle begründen würden. Dafür spricht auch, dass weder das private Budget noch das der Schule überschritten wurde, dass das Kaufen an sich auch nicht einer typischen Bedürfnisbefriedigung diente, dass keine Änderungen des Anspannungsniveaus von Frau xxx vor oder nach den Käufen beobachtet wurde und darüber hinaus keine schwerwiegenden psychopathologischen Auffälligkeiten im Bereich der Wahrnehmung, des Affektes oder der Kognitionen beschrieben sind, die die Diagnosestellung des organischen Psychosyndroms rechtfertigen würden.“
75 
Erläuternd hierzu hat Dr. xxx auf Befragen - insbesondere zur zeitlichen Nähe des Gutachtens des Prof. Dr. xxx - in der Berufungsverhandlung angegeben, dass die zeitliche Abfolge der Begutachtung berücksichtigt worden sei. Prof. Dr. xxx habe in eine andere Situation hinein begutachtet. Er habe im laufenden Ermittlungsverfahren ein vorbereitendes Gutachten erstellt. Das Gutachten, das zähle, werde erst in der mündlichen Hauptverhandlung nach der Beweiserhebung erstattet. Man könne daher die schriftlichen Ausführungen des Prof. Dr. xxx - anders als sein Gutachten und auch das des Dr. xxx - nicht als abschließendes schriftliches Gutachten verstehen. Es handele sich vielmehr um ein vorbereitendes schriftliches Gutachten, das als Orientierungshilfe für alle Beteiligten zur Vorbereitung der Hauptverhandlung diene. Anders als Prof. Dr. xxx habe ihm als Gutachter im gerichtlichen Disziplinarverfahren ein abschließendes Aktenkonvolut vorgelegen, auf dessen Grundlage dann ein Gutachten erstellt und dem Gericht übermittelt werden könne. Er halte es für wahrscheinlich, dass Prof. Dr. xxx, wenn er dieselben vollständigen Informationen wie er gehabt hätte, zu einem vergleichbaren Ergebnis gekommen wäre. Die Überlegungen des Prof. Dr. xxx seien als Ausgangshypothese psychiatrisch richtig, sie ließen sich nur nicht durch die Behandlungsberichte und das rekonstruierte psychosoziale Funktionsniveau belegen. Der Senat hält diese Ausführungen des Dr. xxx für überzeugend.
76 
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht bei dem damit erwiesenen einheitlichen Dienstvergehen der Klägerin die Disziplinarverfügung in Anwendung des § 21 Satz 2 AGVwGO wegen eines Bemessungsfehlers in der Weise abgeändert hat, dass die Klägerin - statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - in das Amt einer Realschullehrerin zurückgestuft wird.
77 
§ 21 Satz 2 AGVwGO findet bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG Anwendung (vgl. Urteil des Senats vom 03.06.2014 - DL 13 S 150/14 -, juris). Dies kann nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, dass das Landesdisziplinargesetz die selbstständige Disziplinarkompetenz der Verwaltungsgerichte in Frage gestellt hat (so aber wohl noch das im erstinstanzlichen Urteil in Bezug genommene Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013 - xxx -). Bereits der Wortlaut der Norm ist eindeutig. Für den Fall, dass ein Dienstvergehen - wie hier - erwiesen ist, sieht § 21 Satz 2 AGVwGO ausdrücklich die Befugnis des Verwaltungsgerichts vor, die Disziplinarverfügung auch aufrecht zu erhalten oder zu Gunsten des Beamten zu ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Einschränkungen von dieser Befugnis nennt § 21 Satz 2 AGVwGO nicht. Solche würden mit der im Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013, a.a.O., angeführten Begründung vielmehr im Ergebnis dazu führen, dass für die Norm ein Anwendungsbereich nicht eröffnet wäre. Insbesondere greift schon auf Grund des eindeutigen Wortlauts des § 21 Satz 2 AGVwGO der im Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013, a.a.O., hervorgehobene Umstand nicht durch, dass infolge des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts die selbstständige Disziplinarkompetenz der Gerichte aufgegeben werden sollte, die Entscheidung über die Verhängung der Disziplinarmaßnahme nunmehr - von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. der Aberkennung des Ruhegehaltes abgesehen - im Ermessen der Behörde steht und sich die gerichtliche Kontrolle gemäß § 2 LDG, § 114 VwGO nur darauf erstreckt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wird. Der Wille des Normgebers, wie er sich aus der Begründung des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LT-Drs. 14/2996) ergibt, spricht ebenfalls gegen eine restriktive Anwendung des § 21 Satz 2 AGVwGO. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis ausgeführt, dass die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts wie bei sonstigen Verwaltungsakten die Rechtmäßigkeit der behördlichen Verfügung überprüft. Die eigenständige Disziplinarkompetenz der Gerichte soll „grundsätzlich“ aufgegeben werden. Um einen zügigen Abschluss der Disziplinarverfahren zu ermöglichen, soll das Gericht „jedoch“ befugt sein, eine rechtswidrige und den Beamten in seinen Rechten verletzende Verfügung aufrechtzuerhalten oder zu Gunsten des Beamten zu ändern, wenn die Rechtsverletzung durch das gerichtliche Verfahren oder die gerichtliche Entscheidung beseitigt wird (LT-Drs. 14/2996, S. 53). Der Gesetzgeber stellt damit der grundsätzlichen Aufgabe der eigenständigen Disziplinargewalt der Verwaltungsgerichte die ihnen nach § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumte Befugnis gegenüber. Insoweit erweitert § 21 Satz 2 AGVwGO als Ergänzung zur „Grundregel“ des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Entscheidungsmöglichkeiten der Disziplinarkammer. Denn die bloße Aufhebung der Disziplinarverfügung hat zur Folge, dass die Disziplinarbehörde neu entscheiden, mithin eine andere Abschlussverfügung treffen muss. Dies kann eine nicht unerhebliche Verzögerung des unanfechtbaren Abschlusses des Disziplinarverfahrens zur Folge haben. Zur Verfahrensbeschleunigung soll das Gericht die behördliche Abschlussverfügung nicht nur aufheben, sondern unter den genannten Voraussetzungen auch bestätigen oder mildernd ändern können (LT-Drs. 14/2996, S. 147). Durch diese Möglichkeit sieht der Landesgesetzgeber die volle Disziplinarbefugnis des Dienstherrn nicht in Frage gestellt, da der Dienstherr stets die erste Entscheidung über den Abschluss des Disziplinarverfahrens zu treffen hat und das Gericht entsprechend den allgemeinen Grundsätzen (§§ 113, 114 VwGO) darauf beschränkt ist, die Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung zu prüfen. Eine Zweckmäßigkeitsprüfung erfolgt nicht. Ist die Abschlussverfügung rechtmäßig, hat das Gericht die Klage auch abzuweisen, wenn es die behördliche Verfügung für unzweckmäßig hält. Ist die Abschlussverfügung rechtswidrig und macht das Gericht von seiner aus § 21 Satz 2 AGVwGO folgenden Befugnis Gebrauch, hebt das Gericht nicht die Abschlussverfügung auf und setzt seine eigene Entscheidung an deren Stelle, sondern verändert, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt („aufrechterhalten“, „zu Gunsten des Beamten ändern“), lediglich die behördliche Entscheidung. Diese Vorgehensweise ist mit der Teilaufhebung eines Verwaltungsaktes vergleichbar (so: LT-Drs. 14/2996, S. 147 f.). Insoweit bleibt auch die vom Verwaltungsgericht nach § 21 Satz 2 AGVwGO bestätigte oder korrigierte Entscheidung ihrem Wesen nach eine Entscheidung des Dienstherrn (vgl. Burr, a.a.O., § 21 AGVwGO RdNr. 9; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 60 BDG RdNr. 35). Dementsprechend richtet sich ihre nachträgliche Aufhebung nach § 40 LDG (vgl. § 21 Satz 5 AGVwGO).
78 
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass dem Gewicht der vorgeworfenen Pflichtverletzung nicht die in der angefochtenen Disziplinarverfügung verhängte Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, sondern die Zurückstufung der Klägerin (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LDG) in das Amt einer Realschullehrerin (A 13) tat- und schuldangemessen ist.
79 
Für die Ahndung fehlsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln wie auch für das Versagen der Klägerin als Vorgesetzte steht wegen der Vielfalt möglicher Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung (vgl. auch: GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 47; Zängl, a.a.O., MatR/II RdNr. 372).
80 
Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umstände handelt es sich hier um ein mittelschweres Dienstvergehen im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG, durch das die Klägerin das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat.
81 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Amtliche Begründung zu § 26 LDG, LT-Drs. 14/2996, S. 86; Urteil des Senats vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris).
82 
Das von der Klägerin begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen gewichtig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf den Umstand hingewiesen, dass das Verhalten der Klägerin, mit dem sie öffentliche Mittel in erheblichem Umfang ohne Notwendigkeit verbraucht und die von ihr erworbenen Gegenstände einer Nutzung durch die Schule entzogen hat, eine schwere Pflichtverletzung der als Rektorin auch für das Budget der von ihr geleiteten Schule verantwortlichen Klägerin darstellt. Allerdings hat sich die Klägerin mit diesem Verhalten nicht strafbar gemacht. Auch wenn man nicht den in der Disziplinarverfügung vom 08.12.2014 zu Grunde gelegten von der Klägerin verbrauchten Betrag in Höhe von 6.654,65 EUR, sondern nach Abzug der Anschaffungen unter Nrn. 22 - 28 der streitgegenständlichen Disziplinarverfügung einen Betrag in Höhe von etwa 4.800 EUR annimmt, handelt es sich immer noch um eine beträchtliche Summe, die die Klägerin unnötigerweise ausgegeben hat. Andererseits ist der bei dem Beklagten entstandene wirtschaftliche Nachteil begrenzt, nachdem eine anderweitige Verwertung der angeschafften, nicht gebrauchten und teils noch original verpackten Gegenstände möglich ist. Die Klägerin hat das der Schule zustehende Budget nicht erschöpft und die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, dass wegen des Erwerbs der streitgegenständlichen Gegenstände die Anschaffung anderer für den Schulbetrieb notwendiger Gegenstände oder übrige für den Schulbetrieb erforderliche Ausgaben unterblieben sind. In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass die Klägerin die Pflichtverletzungen über den sehr langen Zeitraum von über vier Jahren begangen hat. Eigenart und Schwere des von der Klägerin begangenen Dienstvergehens werden darüber hinaus erheblich dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin als Vorgesetzte versucht hat, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu veranlassen, gegenüber den Vertretern der Stadt xxx unrichtige Angaben zu machen, um hierdurch ihr eigenes Fehlverhalten zu verdecken. Sie hat diese dadurch der Gefahr strafrechtlicher und disziplinarer Verfolgung ausgesetzt; zu einem für die beiden Lehrkräfte belastenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist es gekommen. Besonders schwer wiegt, dass die Klägerin versucht hat, die ihrer Schule zur Ausbildung zugewiesene Realschullehreranwärterin xxx zu instrumentalisieren, um ihr eigenes Fehlverhalten nicht eingestehen zu müssen. Da die Klägerin als Schulleiterin ein Schulleitergutachten über die ihrer Schule zugewiesenen Realschullehreranwärter zu erstellen hat, das in die Bewertung des Zweiten Staatsexamens einfließt, betrifft ihr Vorgesetztenversagen nicht nur die Vorbild- und Orientierungsfunktion eines Vorgesetzten (vgl. dazu: GKÖD, a.a.O., J 688 RdNr. 106; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 13.02.1974 - I D 74.73 -: „schlechthin unwürdiges Verhalten eines Vorgesetzten“), sondern den Kernbereich ihrer Fürsorgepflicht gegenüber der von ihr in einem besonderen Maße abhängigen Realschullehreranwärterin.
83 
Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale ist festzuhalten, dass ein eigennütziges Verhalten der Klägerin nicht festzustellen ist und diese auch nicht in Schädigungsabsicht gehandelt hat. Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit der Klägerin im Sinne von § 21 StGB, die bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihr zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen ist, liegt nicht vor. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.).
84 
Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblich verminderten Schuldunfähigkeit liegen bei der Klägerin nicht vor. Der gerichtliche Gutachter Dr. xxx ist in seinem Sachverständigengutachten vom 11.01.2016 zu dem Ergebnis gekommen, dass bereits das Eingangskriterium einer krankhaften seelischen Störung aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht vorliegt; die anderen in § 20 StGB benannten biologisch-psychologischen Störungen stehen hier nicht in Rede. Wie bereits ausgeführt, hält der Senat dieses Gutachten für überzeugend und greifen die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen dieses Gutachten nicht durch. Dabei ist in diesem Rahmen durchaus zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin - unterhalb der Schwelle des § 21 StGB - auf Grund ihrer xxx und der damit verbundenen Folgen in einer für sie schwierigen Situation mit erheblichen psychischen Belastungen befunden hat. Wie bereits in der Berufungsverhandlung erörtert, bezeichnet Dr. xxx dies in seinem im Auftrag des Beklagten eingeholten Gutachten vom 20.05.2014 zusammenfassend als durch einen schweren oder tragischen Schicksalsschlag ausgelöste, jedoch letztlich weitgehend normalpsychologisch bedingte, u.U., Schuld in einem moralischen Sinne mindernde Umstände.
85 
Soweit die Klägerin hinsichtlich des Versuchs, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu falschen Angaben zu veranlassen, um ihre Pflichtverletzungen zu vertuschen, geltend macht, sie sei auf Grund ihres Fehlverhaltens in Panik geraten und habe reflexartig gehandelt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend und überzeugend darauf hingewiesen, dass die Klägerin diesen Versuch erst am Montag, den 14.02.2011, unternommen hat, nachdem sie das vorhergehende Wochenende Zeit gehabt habe, ihr weiteres Vorgehen zu überdenken. Von einem quasi reflexartigen, aus der unmittelbaren Situation geborenen, panikartigen Verhalten kann daher nicht ausgegangen werden.
86 
Bei einer Gesamtschau der oben dargestellten, die Dienstpflichtverletzung kennzeichnenden Umstände ist festzuhalten, dass das Eigengewicht der Pflichtverletzung der Klägerin auf Grund zu berücksichtigender weniger gewichtiger Faktoren (insbesondere fehlender Eigennutz der Klägerin, kein gewichtiger finanzieller Nachteil des Schulträgers; psychische Situation der Klägerin) trotz anderer schwerwiegender Umstände (vor allem das Versagen der Klägerin als Vorgesetze bei dem Versuch, eine Realschullehrerin und eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Aussagen zu decken) auch in Ansehung der Kontrollmechanismen der Stadt xxx (zu dem der Stadt xxx von der Klägerin vorgeworfenen „Mitverschulden“ vgl. die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, denen der Senat folgt) zur Kennzeichnung des Dienstvergehens als mittelschwer führt.
87 
In nicht zu beanstandender Weise ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin durch dieses mittelschwere Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in eine pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat (§ 30 Abs. 1 LDG).
88 
Nach der Konzeption des Landesdisziplinargesetzes stehen der Schweregrad des Dienstvergehens und das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung nicht unverbunden nebeneinander. Vielmehr ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang der §§ 27 ff. LDG, dass mit einem schweren Dienstvergehen tendenziell auch ein höheres Maß an Vertrauensverlust einhergeht. § 27 LDG und § 28 LDG ordnen dabei einem leichten Dienstvergehen eine geringfügige bzw. eine nicht nur geringfügige Vertrauensbeeinträchtigung, § 29 LDG und § 30 LDG einem mittelschweren Dienstvergehen eine erhebliche bzw. nachhaltige Vertrauensbeeinträchtigung sowie § 31 LDG einem schweren Dienstvergehen den endgültigen Vertrauensverlust zu.
89 
Einem mittelschweren Dienstvergehen werden also nach der Regelungssystematik des Landesdisziplinargesetzes - anders als bei einem schweren Dienstvergehen - zwei unterschiedliche Grade der Vertrauensbeeinträchtigung zugeordnet. Damit will der Gesetzgeber der Bandbreite von disziplinarrechtlich zu beurteilenden Lebenssachverhalten gerecht werden. So gibt es unter den mittelschweren Dienstvergehen solche, die an der unteren Grenze zu den leichten Dienstvergehen liegen wie auch solche, die an der oberen Grenze zu den schweren Dienstvergehen liegen, sowie zahlreiche Zwischenstufen (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 87). Hier ist insbesondere wegen des bereits von dem Verwaltungsgericht hervorgehobenen Umstands, dass die Klägerin mit den von ihr begangenen Pflichtverletzungen gerade im Bereich der ihr als Realschulrektorin zugewiesenen Aufgaben zum einen im Rahmen der ihr zugewiesenen Budgetverwaltung, zum anderen besonders im Hinblick auf die ihr obliegende Führung der Lehrkräfte und Lehreranwärter in gravierender Weise versagt hat, von einem mittelschweren Dienstvergehen auszugehen, das die Schwelle zu einem schweren Dienstvergehen fast erreicht hat und die Zurückstufung der Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin rechtfertigt. Ist wegen der genannten entlastenden Gesichtspunkte noch nicht ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten, so ist hier jedoch auf Grund der Schwere des Dienstvergehens von einem nachhaltigen Vertrauensverlust im Sinne des § 30 Abs.1 Satz 1 LDG auszugehen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass es eines längeren Zeitraums bedarf (vgl. das regelmäßig fünfjährige Beförderungsverbot des § 30 Abs. 2 LDG), um das Vertrauen wieder zu festigen (LT-Drs. 14/2998, S. 94). Dem entspricht hier der der Zurückstufung in § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG zugewiesene Zweck. Die Zurückstufung kann zum einen zur Pflichtenmahnung, zum andern auch deshalb erfolgen, weil dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit das Verbleiben des Beamten in seinem bisherigen Amt nicht zugemutet werden kann. Beides ist hier der Fall.
90 
Die besondere Pflichtenmahnung durch eine Zurückstufung um zwei Ämter ist angesichts der Schwere des Dienstvergehens erforderlich. Insbesondere sind auch bei Gesamtwürdigung der Persönlichkeit der Klägerin für den Senat keine Umstände ersichtlich, die eine mildere Disziplinarmaßnahme geboten erscheinen lassen. Dabei berücksichtigt der Senat durchaus die bereits dargestellte psychische Situation der Klägerin bei Begehung der Pflichtverletzungen, ihre bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit und ihre in den dienstlichen Beurteilungen bescheinigten herausragenden Leistungen als Realschullehrerin und Realschulrektorin. Auch wird der Umstand gewürdigt, dass die Klägerin durch Zahlung einer Summe von 20.000 EUR im Rahmen des Strafverfahrens und nochmals von 10.000 EUR im Rahmen eines zivilgerichtlichen Vergleichs die hier in Rede stehende Summe von etwa 4.800 EUR mehr als wiedergutgemacht hat. Allerdings hat die Klägerin diese Zahlungen erst nach Tataufdeckung, zu der sie im Übrigen nicht beigetragen hat, geleistet. Zudem geht der Senat - auch nach dem Eindruck der Berufungsverhandlung - davon aus, dass sich die Klägerin nicht hinreichend mit den Gründen für ihr eigenes Fehlverhalten auseinandergesetzt hat. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass sie das Vorgehen des Regierungspräsidiums xxx als demütigend und einen von diesem unterbreiteten Vergleichsvorschlag als „unwürdig“ bezeichnet hat (vgl. etwa: persönliche Schreiben der Klägerin vom 20.10.2012 an die Regierungspräsidentin, vom 14.07.2012 an den Bundespräsidenten wie auch die Angaben der Klägerin gemäß Gutachten des Dr. xxx vom 11.01.2016, S. 55). Insoweit hat das Regierungspräsidium, das mit der Klägerin und ihren Bevollmächtigten auf Anregung des Verwaltungsgerichts im Verfahren xxx (vgl. Aktenvermerk auf Blatt 255 der Disziplinarakte) umfangreiche Vergleichsverhandlungen geführt hat, darauf hingewiesen, dass es bei dem Vergleichsvorschlag eine interessenbezogene Abwägung vorgenommen habe, die unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und der mit der Maßnahme verbundenen Außenwirkung den Verbleib im Schuldienst ermöglichen solle. Der Klägerin ist es insoweit unbenommen, mit dem Vergleichsvorschlag sachlich nicht einverstanden zu sein. Es ist dem Senat aber nicht nachvollziehbar, weswegen das Vorgehen des Regierungspräsidiums als „demütigend“ und dessen Vergleichsvorschlag als „unwürdig“ bezeichnet wird. Maßgeblich kommt hinzu, dass die Klägerin kaum Einsicht in das von ihr begangene Fehlverhalten zeigt. Diesbezüglich wird im Gutachten des Dr. xxx vom 11.01.2016 (S. 79) ausgeführt, dass sich das Verhältnis der Klägerin zu den ihr vorgeworfenen Handlungen verändert habe. Nach der Aufdeckung seien noch Gefühle von Scham und Schuld vermerkt gewesen; im aktuellen Untersuchungsgespräch sei das Bewusstsein für ein etwaiges Fehlverhalten weniger ausgeprägt vorhanden gewesen. Dem entspricht es, wenn die Klägerin in der Berufungsverhandlung den Eindruck erweckt hat, das Disziplinarverfahren mit dem Ziel einer Rehabilitation ihres Rufs in der von ihr geleiteten Realschule und in ihrem persönlichen Umfeld in der Stadt xxx betreiben zu wollen (vgl. dazu auch die Angaben der Klägerin gemäß dem testpsychologischen Gutachten vom 07.01.2016). Erklärungsversuche ihres Verhaltens hat die Klägerin hingegen nicht abgegeben. Entsprechend hat der gerichtliche Gutachter Dr. xxx in der Berufungsverhandlung auf Befragen des Senats ausgeführt, die Klägerin habe die psychodynamischen Entstehungsbedingungen für ihr Fehlverhalten nicht ermittelt und ihr Fehlverhalten bislang nicht reflektiert. Für eine (günstige) Prognose sei es zu wenig, wenn die Klägerin diesbezüglich „sagt, sie weiß es nicht“. Sie sei über ein „ich weiß nicht“ nicht hinweggekommen. Vor diesem Hintergrund hält der Senat die Zurückstufung in das Amt einer Realschullehrerin für erforderlich und angemessen, um die Klägerin zur Pflichtenerfüllung anzuhalten.
91 
Davon unabhängig kann dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit ein Verbleiben der Klägerin im bisherigen Amt nicht zugemutet werden, wie das Verwaltungsgericht der Sache nach zutreffend angenommen hat. Denn die Klägerin hat gerade in ihrer Eigenschaft als Realschuldirektorin versagt, und sich damit als Vorgesetzte und Führungsperson diskreditiert (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 95; Burr, a.a.O., § 30 LDG RdNr. 1), während ihre grundsätzliche Befähigung als Realschullehrerin nicht in Frage steht. Die Klägerin hat sich damit zwar noch im Beamtenverhältnis als solches tragbar erwiesen, nicht aber in dem konkreten statusrechtlichen Amt ihrer Laufbahn. Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 nicht ausreichend ist, weil ein solches Amt regelmäßig mit Führungsaufgaben und gegebenenfalls erheblicher Finanzverantwortung als Realschulrektorin einer kleinen Realschule oder als Konrektorin verbunden ist. Demgemäß ist die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Zurückstufung der Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin (Besoldungsgruppe A 13) auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Diese Disziplinarmaßnahme erweist sich auch im Übrigen als verhältnismäßig, da sie auf einem der Klägerin zurechenbaren Verhalten beruht.
92 
Mit der Zurückstufung verliert die Klägerin den Anspruch auf die Bezüge aus dem bisherigen Amt sowie das Recht, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen (§ 30 Abs. 1 Satz 2 LDG).
93 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG.
94 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

Gründe

 
47 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
48 
Allerdings ist die Berufung nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 2 LDG, § 124a Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
49 
Die Berufung der Klägerin ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage des festgestellten Dienstvergehens die in der Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 festgesetzte Disziplinarmaßnahme (Entfernung aus dem Dienst) in die mildere Maßnahme einer Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Realschullehrerin (A 13) geändert. Die geänderte Verfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin kann mithin mit ihrer Berufung nicht erreichen, dass die vom Verwaltungsgericht gemäß § 21 Satz 1 AGVwGO bereits zu ihren Gunsten geänderte Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 aufgehoben oder durch Festsetzung einer (noch) milderen Disziplinarmaßnahme geändert wird.
50 
Der Senat prüft die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zugrunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 2 LDG) in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteil des Senats vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, m.w.N. sowie Beschluss des Senats vom 13.06.2016 - DL 13 S 1699/15 -, jew. juris).
51 
In tatsächlicher Hinsicht ist mit dem Verwaltungsgericht zunächst davon auszugehen, dass die Klägerin die in Nrn. 1 - 21 sowie 29 - 49 der streitgegenständlichen Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 genannten Gegenstände auf Kosten des Schulträgers (Stadt xxx) angeschafft hat, dass diese für den Schulbetrieb nicht notwendig waren und von der Klägerin auch nicht für den Schulbetrieb zur Verfügung gestellt wurden. Die Anschaffungen werden durch die Klägerin nicht in Frage gestellt. Hinsichtlich der Erforderlichkeit dieser Anschaffungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die von der Klägerin getätigten Anschaffungen grundsätzlich für die Schule bzw. den Unterricht - theoretisch - verwendbar gewesen wären, da insoweit der jeweils bestehende konkrete schulische Bedarf bzw. eine konkrete Anforderung des betreffenden Gegenstandes durch die Lehrkräfte des jeweiligen Fachbereichs entscheidend sei. Einen konkreten schulischen Bedarf oder entsprechende konkrete Anforderungen durch die Lehrkräfte hat es insoweit nicht gegeben und wurden auch zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin geltend gemacht. In der Berufungsverhandlung hat sie die Einkäufe lediglich damit gerechtfertigt, dass sie gedacht habe, die Schüler sollten sich in der Schule wohlfühlen, und sie ohne Differenzierung danach, ob sie Gegenstand des Disziplinarverfahrens oder Grundlage der disziplinaren Bewertung durch das Verwaltungsgericht waren, als „Unnötiges, Quatsch und Plunder“ bezeichnet. Nach den Angaben der Klägerin in der Berufungsverhandlung ist zudem über die von ihr getätigten Einkäufe in der für die Verteilung der der Schule zugewiesenen Budgetmittel zuständigen Haushaltskonferenz nicht gesprochen worden. Der Frage, ob die in Nrn. 1 - 21 und 29 - 49 der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände zu Hause oder aber in der Schule (im Rektoratszimmer oder in Schränken im Lehrerzimmer oberhalb der Garderobe) aufbewahrt wurden, ist nicht weiter nachzugehen. Zum einen ändert eine solche Aufbewahrung nichts an der fehlenden Erforderlichkeit der Anschaffung, zum anderen wurden die angeschafften Gegenstände auch in diesem Fall nicht für den Schulbetrieb zur Verfügung gestellt und dem Zugriff durch die Lehrkräfte entzogen, die von deren Vorhandensein nichts wussten. Allerdings hat der Senat genauso wie das Verwaltungsgericht erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit des diesbezüglichen Vorbringens der Klägerin, nachdem sich dieses mit ihren früheren Angaben im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (vgl. etwa Anzeigeaufnahme vom 15.02.2011: „Seit ca. 3 Jahren habe ich Dinge, welche ich für die Schule gekauft habe, originalverpackt mit nach Hause genommen“) und im behördlichen Disziplinarverfahren (vgl. etwa erste Anhörung vom 28.04.2011: „ich habe erst in diesem Augenblick (11.02.2011) daran gedacht, dass das ganze Geschirr bei mir zu Hause ist“) kaum in Einklang bringen lässt. Hinsichtlich der in Nrn. 22 - 28 der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände (Ware vom xxx) lässt sich hingegen das Vorbringen der Klägerin, dass es sich bei diesen in der Verfügung nicht näher konkretisierten Anschaffungen um solche für xxx oder die Weihnachtsbäckerei gehandelt habe und diese dort auch verwendet worden seien, nicht widerlegen. Sie können deshalb nicht der Disziplinarverfügung zu Grunde gelegt werden.
52 
Des Weiteren hat die Klägerin versucht, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber Bediensteten des Schulträgers (Stadt xxx) zu decken. Dies hat die Klägerin eingeräumt und ergibt sich auch aus den Aussagen der Frau xxx und der Frau xxx bei ihrer Zeugenvernehmung im behördlichen Disziplinarverfahren am 03.02.2014. Dort hatte Frau xxx diesbezüglich unter anderem angegeben, die Klägerin habe gesagt, dass die Gemeinde jetzt genau kontrollieren würde und sie gegenüber Herrn xxx (Leiter des Hauptamtes der Stadt xxx) nur angeben solle, dass die Gegenstände im xxx-Bereich aufbewahrt worden und für diesen bestimmt gewesen seien. Aus schulischem Interesse solle sie es Herrn xxx für die fachinterne Prüfung so verkaufen, dass es schon immer allen zur Verfügung gestanden habe; sie müssten alle am gleichen Strang ziehen, sonst würden sie unglaubwürdig. Frau xxx gab weiter an, sie habe sich unter Druck gesetzt gefühlt und der Klägerin nicht widersprechen wollen. Für sie sei es eine dienstliche Anordnung ihrer Vorgesetzten gewesen und sie habe schon öfter mitbekommen, dass es ziemliche Schwierigkeiten gegeben habe, wenn jemand der Klägerin widersprochen habe. Die Realschullehreranwärterin xxx gab bei ihrer Zeugenvernehmung unter anderem an, die Klägerin habe ihr im Textilraum leere Schränke gezeigt und sie gefragt, ob sie den Leuten von der Stadt sagen könne, dass sie geholfen habe, Gegenstände aus diesem Raum in ihr Auto zu transportieren. Sie habe nicht gewusst, worum es gehe und sei überfordert gewesen. Sie habe die Klägerin nicht gefragt, warum sie das so sagen solle. Sie habe daran gedacht, dass die Klägerin ihre Vorgesetzte sei und ein Schulleitergutachten über sie verfasse. In ihrer am 24.06.2011 bei der Staatsanwaltschaft xxx eingegangen Stellungnahme gab Frau xxx diesbezüglich weiter an, die Klägerin habe sie gebeten, gegenüber den „Herrschaften“ von der Stadt xxx zu behaupten, dass sie der Klägerin geholfen habe, Geschirr aus den Schränken im Textilraum in ihr Auto zu transportieren. Soweit der Klägerin in der Disziplinarverfügung auch noch der Versuch der Beeinflussung der Realschullehrerinnen xxx und xxx vorgeworfen wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ausweislich des Protokolls der Vernehmungen dieser Lehrerinnen vom 03.02.2014 hat die Klägerin gegenüber diesen nur gesagt, dass sie Geschirr im Elternsprechzimmer habe, das sie in den Handarbeitsraum umlagere (so Frau xxx) bzw. dass sie Gegenstände (Geschirrteile und Deko-Artikel) in den Textilraum gestellt habe (so Frau xxx). Der Versuch eine Einflussnahme kann hierin nicht gesehen werden.
53 
Diese der Klägerin vorzuwerfenden Handlungen sind zwar kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, jedoch als disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen zu ahnden.
54 
Zu Recht geht das Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass eine (auch von dem Beklagten nicht in Betracht gezogene) Strafbarkeit der Klägerin nach § 242 oder § 246 StGB mangels Zueignungsabsicht in Bezug auf die von ihr angeschafften Gegenstände nicht in Betracht kommt. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin die erworbenen Gegenstände ganz oder teilweise privat genutzt hat oder sie sonst ganz oder teilweise ihrem Vermögen einverleiben wollte.
55 
Entgegen der rechtlichen Bewertung in der Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 hat sich die Klägerin aber auch nicht wegen Untreue nach § 266 StGB strafbar gemacht. Nach dieser Vorschrift wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht (sog. Missbrauchstatbestand) oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treuverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt (sog. Treubruchstatbestand), und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Zwar dürfte hier der Missbrauchstatbestand insoweit erfüllt sein, als die Klägerin durch die in Rede stehenden Anschaffungen bei Ausübung ihres rechtlichen Könnens (auf Grund der zwischen ihr als Schulleiterin der xxx und der Stadt xxx am 13.11.2006 geschlossenen Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans) die Grenzen des rechtlichen Dürfens überschritten hat. Die Überschreitung der Grenzen des rechtlichen Dürfens liegt hier in einem Verstoß gegen den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (vgl. dazu noch unten) durch den Kauf für den Unterricht nicht konkret notwendiger Gegenstände, die zudem nicht einer zweckentsprechenden Verwendung zugeführt wurden. Fraglich ist aber schon, ob durch diese Tathandlung ein Nachteil für das Vermögen der Stadt xxx entstanden ist. § 266 Abs. 1 StGB schützt als Vermögensdelikt nur das zu betreuende Vermögen als Ganzes, nicht aber die allgemeine Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers. Ob ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB eingetreten ist, muss daher grundsätzlich durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden. Zunächst ist also der sich aus dem Vergleich des Vermögens vor und nach der Verfügung bzw. Pflichtverletzung ergebende Saldo zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 02.07.2014 - 5 StR 182/14 -, NStZ 2014, 517). Ergibt sich hierbei kein Negativsaldo, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob im Hinblick auf eine weitergehende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit gleichwohl unter dem Aspekt des persönlichen Schadenseinschlags ein Vermögensnachteil anzusetzen ist. Dies setzt voraus, dass ein objektiver Wert des Erlangten für den Erwerber nicht realisierbar ist, da es ihm unmöglich (oder unzumutbar) ist, diesen letztlich in Geld umzusetzen und ihm der erworbene Gegenstand auch keinen vermögensmäßig beachtlichen Gebrauchsvorteil verschafft (BGH, Beschluss vom 19.02.2014 - 5 StR 510/13 -, NStZ 2014, 318). Soweit das Erlangte hingegen einen für jedermann realisierbaren Geldwert aufweist, scheidet ein Vermögensschaden bzw. ein Nachteil i.S.d. § 266 StGB unabhängig von den Aspekten des persönlichen Schadenseinschlags aus (BGH, Beschluss vom 19.02.2014, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund scheint die Annahme eines Nachteils fraglich. Ein Negativsaldo dürfte durch die Anschaffung der hier in Rede stehenden Gegenstände nicht eingetreten sein; auch dürfte ein realisierbarer Geldwert durch die der Stadt xxx ohne Weiteres mögliche Weiterveräußerung der unbenutzten, teilweise noch originalverpackten Gegenstände zu bejahen sein. Etwas anderes dürfte sich auch nicht daraus ergeben, dass die Gegenstände wegen der Lagerung im Haus der Klägerin oder im Rektoratszimmer dem Zugriff desjenigen, dessen Vermögensinteressen die Klägerin zu betreuen hat, entzogen wurden. Von einem eigennützigen Vorgehen der Klägerin kann, wie bereits ausgeführt, nicht ausgegangen werden. Soweit der Beklagte auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.08.2008 (- 2 StR 587/07 -, BGHSt 52, 323) verweist, betrifft dieses Urteil die Konstellation, dass der Täter Geldvermögen des Treugebers in verdeckten Kassen führte und diesem auf Dauer vorenthielt, um es unter dessen Ausschaltung oder Umgehung nach Maßgabe eigener Zweckmäßigkeitserwägungen bei noch nicht absehbaren späteren Gelegenheiten für möglicherweise nützliche, jedenfalls aber risikoreiche Zwecke einzusetzen. Damit ist die vorliegende Konstellation jedoch nicht vergleichbar. Jedenfalls ist hier ein Vorsatz der Klägerin bezüglich des Merkmals „Nachteil“ nicht festzustellen. Bei der Untreue sind an den Vorsatz und dessen Beweisbarkeit strenge Anforderungen zu stellen, vor allem dann, wenn - wie hier - der Täter nicht eigennützig gehandelt hat und nur bedingter Vorsatz in Rede steht (BGH, Beschluss vom 02.07.1997 - 2 StR 228/97 -, wistra 1997, 301 m.w.N.). Der Täter muss sich nicht nur der Pflichtwidrigkeit seines Tuns, sondern auch des dadurch bewirkten Vermögensnachteils im oben genannten Sinne bewusst gewesen sein. Hiervon kann nach den Einlassungen der Klägerin nicht gesprochen werden, die auch in der Berufungsverhandlung nachdrücklich angegeben hat, sie habe den Schulträger nicht finanziell schädigen wollen.
56 
Allerdings ist die Klägerin auf Grund der festgestellten Handlungen fehlsam mit öffentlichen Mitteln umgegangen und hat dadurch ein Dienstvergehen begangen.
57 
Dienstliches Fehlverhalten ist auch, wenn ein Beamter mit öffentlichen Mitteln fehlsam umgeht, ohne dabei die Strafbarkeitsschwelle der Untreue zu erreichen (vgl. Gemeinschaftskommentar Öffentliches Dienstrecht [GKÖD], Band II, Das materielle Dienstrecht, J 930 RdNr. 16). Der Straftatbestand der Untreue ist enger als die beamtenrechtliche Dienstpflicht zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln. Daher kann auch bei Nichterfüllung des Straftatbestandes der Untreue eine Dienstpflichtverletzung vorliegen. Die Verpflichtung der Klägerin zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln (vgl. hier: §§ 77 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Satz 1 GemO in Verbindung mit der Vereinbarung über die Ausführung des Budgetorientierten Haushaltsplans vom 13.11.2006 zwischen der Stadt xxx und der xxx, vertreten durch die Klägerin; vgl. ferner: § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 Satz 1 LHO) folgt bereits aus der allgemeinen Pflicht des Beamten zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. § 47 Abs. 1 LBG) sowie darüber hinaus zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG).
58 
Der Umgang mit öffentlichen Mitteln kann in diesem Sinne objektiv dienstpflichtwidrig sein, wenn ein Beamter, zu dessen funktionellen Amtspflichten der Umgang mit öffentlichen Mitteln gehört, innerhalb seines dienstlichen Verantwortungsbereichs gegen das allgemeine Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstößt, indem er öffentliche Mittel objektiv unwirtschaftlich verwendet oder der öffentlichen Hand zustehende Einnahmen nicht oder nicht rechtzeitig erhebt (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, MatR II, RdNr. 365; GKÖD, J 930, RdNrn. 30 ff.). Eine solche Dienstpflichtverletzung ist hier bezüglich der oben benannten Handlungen der Klägerin festzustellen. Auf Grund der Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans vom 13.11.2006 gehörte der Umgang mit öffentlichen Mitteln zu den funktionellen Amtspflichten der Klägerin in deren dienstlichen Verantwortungsbereich als Schulleiterin der xxx. Sie war insoweit berechtigt, über die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben haushaltsmäßig ausgebrachten Mittel (öffentliche Mittel) zu verfügen. Gemäß Nr. 2 der Vereinbarung vom 13.11.2006 werden der xxx für den pädagogischen Betrieb und bestimmte Bauhofleistungen, die den internen Schulbetrieb betreffen, haushaltsmäßige Mittel zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Richtlinien führt die Schule ihr Budget in freier und alleiniger Verantwortung aus (Nr. 2.6 der Vereinbarung), wobei dem Schulleiter (hier also der Klägerin) bzw. dessen Stellvertreter die Bewirtschaftungsbefugnis und die Feststellungsbefugnis für den Vollzug des Haushaltsplans im Einzelfall und im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen bis zu 10.000 EUR zusteht (Nr. 3 der Vereinbarung). Es liegt auch ein objektiv unwirtschaftlicher Umgang mit öffentlichen Mitteln vor. Ein solcher kann in vielfältiger Weise gegeben sein (vgl. zu einzelnen Fallgruppen: Zängl, a.a.O., RdNr. 370; GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 38 f.), etwa auch dann, wenn öffentliche Mittel in einem größeren Umfang verwendet werden als es zur Erreichung des zu verfolgenden Ziels erforderlich erscheint; unwirtschaftlich in diesem Sinne kann auch die Anschaffung objektiv nicht benötigter Gegenstände sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.01.2011 - 2 WD 20.09 -, juris; Beschluss vom 14.06.1985 - 1 DB 26.85 -; Zängl, a.a.O., RdNr. 370; GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 38 f.), insbesondere wenn diese zur pflichtgemäßen Aufgabenwahrnehmung nicht zur Verfügung gestellt werden.
59 
Letzteres ist hier der Fall. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin durch den Erwerb der in Nrn. 1 - 21 und 29 - 49 der Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 einzeln genannten Gegenstände Anschaffungen getätigt, die für den „internen Schulbetrieb“ (vgl. Nr. 2 der Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans) nicht erforderlich waren. Die Klägerin bezeichnete den Erwerb der Gegenstände in der Berufungsverhandlung selbst als „Unnötiges, Quatsch und Plunder“. Ob diese grundsätzlich zum Gebrauch im internen Schulbetrieb bestimmt waren, ist nicht maßgeblich, nachdem ein konkreter Bedarf für die Anschaffung der Gegenstände nicht bestand. Die Gegenstände waren weder von den Lehrkräften des entsprechenden Fachbereichs angefordert worden noch waren sie Gegenstand der Beratungen in der Haushaltskonferenz. Sie wurden auch nicht für den Unterricht in der Schule zur Verfügung gestellt oder von den Lehrkräften „vermisst“.
60 
Mit diesen der Klägerin vorgeworfenen Anschaffungen und dem Versuch, eine Realschullehrerin und eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber Bediensteten des Schulträgers (Stadt xxx) zu decken, hat die Klägerin gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), die Pflicht zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 LBG) sowie gegen die Vorbildfunktion des Lehrers (§ 38 Abs. 6 SchG in Verbindung mit § 1 SchG, Art. 11 Abs. 1 und 12 Abs. 1 LV) verstoßen.
61 
Diese Pflichtverletzungen hat die Klägerin vorsätzlich und schuldhaft begangen.
62 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin vorsätzlich gehandelt hat. Ihre Vorgehensweise ist Beleg, dass sie sich zumindest bewusst gewesen ist, mit den Anschaffungen gegen den Grundsatz sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltens zu verstoßen. Sie hat die erworbenen Gegenstände bei sich zu Hause, in ihrem Rektoratszimmer oder in einem Schrank im Lehrerzimmer aufbewahrt, ohne sie den Lehrkräften bzw. dem Unterricht in der Schule zur Verfügung zu stellen. Die Beschaffung der Gegenstände war nicht Gegenstand der Haushaltskonferenz der Schule, in der über die Verwendung der der xxx zugewiesenen Mittel beraten wurde; die Lehrkräfte der Schule wussten von deren Erwerb und Existenz nichts. Hinsichtlich des Versuchs, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu wahrheitswidrigen Angaben zu veranlassen, ist ebenfalls von einem vorsätzlichen Handeln auszugehen. Die Klägerin wollte damit zielgerichtet ihr Fehlverhalten vertuschen.
63 
Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin schuldhaft (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) gehandelt hat. Auch im Disziplinarrecht werden die Regelungen der §§ 20 f. StGB entsprechend angewandt; unter den Voraussetzungen des § 20 StGB entfällt ein Dienstvergehen (vgl. Urteil des Senats vom 11.01.2012 - DB 13 S 316/11 -, juris; von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., Materielles Dienstrecht RdNr. 11). Nach § 20 StGB handelt schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
64 
Auf Ersuchen des Senats mit Beweisbeschluss vom 21.10.2015 hat Dr. xxx, Universitätsklinik xxx, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Forensische Psychiatrie und Psychotherapie ein Gutachten zur Frage einer (verminderten) Schuldfähigkeit der Klägerin bei Begehung der ihr in der Disziplinarverfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 zur Last gelegten Pflichtverstöße erstellt. In seinem Gutachten vom 11.01.2016 kommt der gerichtliche Gutachter nach Exploration der Klägerin und kritischer Würdigung aller ihm vorliegenden Fremdberichte und Unterlagen zu dem Ergebnis, dass das Eingangskriterium seelische Störung als erste Stufe zur Bestimmung einer Schuldunfähigkeit im Falle der Klägerin aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht erfüllt ist. In dem Gutachten wird im Einzelnen ausgeführt und erläutert, dass bei der Klägerin auf Grund ihrer XX-Erkrankung, der verabreichten Medikamente (a.e. [am ehesten] im Sinne einer organisch affektiven Störung, ICD-10 F06.3 bzw. organisch emotional-labilen bzw. asthenischen Störung F06.6 mit Antriebssteigerung nach Cortison, im Verlauf Müdigkeit und Verstimmtheit, Gereiztheit durch Copaxone) und auch auf Grund einer Anpassungsstörung an die Diagnose xxx Veränderungen in der Psyche vorlagen, die in der Zusammenschau bei einem sonst unbeeinträchtigten psychosozialen Funktionsniveau jedoch in quantitativer Hinsicht nicht geeignet seien, die normativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der Merkmalskategorie der §§ 20, 21 StGB zu erfüllen. Das Kaufverhalten der Klägerin könne zwar sowohl im privaten wie auch im beruflichen Bereich möglicherweise außerhalb der statistischen Norm gelegen haben, psychopathologische Kriterien für das Vorliegen einer pathologischen Störung des Kaufverhaltens im Sinne einer Verhaltenssucht seien jedoch nicht vorhanden. Die für das Vorliegen einer „Kaufsucht“ zu fordernden Kriterien seien nicht erfüllt. Die Klägerin scheine andere Vorstellungen bezüglich der Ausstattung einer Schule zu haben als das Regierungspräsidium. Die im Detail explorierten Anschaffungen und die Art der Anschaffung ließen sich nicht als Begründung heranziehen, um ein psychopathologisch motiviertes Kaufverhalten belegen zu können. Die Klägerin sei durchgängig in der Lage gewesen, ihrer Tätigkeit als Realschulrektorin nachzugehen und habe über die Käufe als solche hinaus keine Auffälligkeiten im Verhalten gezeigt, die dem Vorliegen eines organischen Psychosyndroms entsprechen würden. Auch aktuell hätten sich weder klinisch noch testpsychologisch Merkmale einer hirnorganisch begründeten Einschränkung der Hirnfunktionen gezeigt. Die Merkmale der unter ICD-10 F 06 vermerkten „anderen psychischen Störungen auf Grund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit“ seien ebenfalls nicht gegeben. Für eine entsprechende wahnhafte Symptomatik, Halluzination oder eine andere schwere formale Denkstörung fänden sich weder in den Eigenangaben noch in den Fremdbefunden ein entsprechender Hinweis. Die bei der Klägerin bestehende Symptomatik könne als emotionale Reaktion auf die Diagnose xxx im Sinne einer Anpassungsstörung erklärt werden und die Nebenwirkung der Medikation könne affektive und emotional-labile Symptome begründet haben. Weder die organisch bedingte affektive bzw. emotional-labile Störung noch die Anpassungsstörung seien einzeln bzw. kombiniert geeignet, den Schweregrad für das Eingangskriterium krankhafte seelische Störung zu erfüllen. In der Berufungsverhandlung hat der gerichtliche Gutachter dazu nochmals anschaulich ausgeführt, dass bei der Klägerin eine komplizierte Mischung aus hirnorganisch und reaktiven psychischen Auffälligkeiten vorliege. Die hirnorganischen Auffälligkeiten gingen zu Lasten von zwei Faktoren, nämlich der entzündlichen xxx und der Medikation, die psychotrophe Nebenwirkungen habe. Dies werde zusätzlich von einer unzureichenden psychischen Krankheitsverarbeitung überlagert. Dabei werde der hirnorganische Störungsteil durch eine organisch affektive oder eine organisch-emotional-labile (asthenische) Störung abgebildet, während der psychisch-reaktive Störungsanteil am besten durch den Klassifikationsbegriff einer Anpassungsstörung bezeichnet werde. Die Klägerin weise damit ein Krankheitsbild auf, das allerdings - auch in der Summe - nicht ausreiche, um die Merkmalskategorie „krankhaft seelische Störung“ als erfüllt anzusehen. Der Senat hält bei der gebotenen kritischen Würdigung (vgl. BGH, Urteil vom 27.05.1982 - III ZR 201/80 -, NJW 1982, 2874) das erstellte Gutachten einschließlich der schriftlichen und mündlichen Erläuterungen des Gutachters für schlüssig und überzeugend. Das Gutachten geht von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, weist keine inhaltlichen Widersprüche und fachlichen Mängel auf; zudem bestehen keine Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters. Den diesbezüglichen Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten vermag der Senat nicht zu folgen.
65 
Dies gilt zunächst für die von der Klägerin geltend gemachte Unzulässigkeit der Delegierung der Begutachtung auf die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx. Diese hat nach den Angaben des Dr. xxx in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 22.06.2016 und in der Berufungsverhandlung die Untersuchung der Klägerin am ersten Untersuchungstag (21.12.2015), die etwa vier Stunden gedauert hat, allein vorgenommen und an der Formulierung des Gutachtens, etwa auch durch Erstellung des ersten Konzepts des Gutachtens, mitgewirkt. Dr. xxx hat die Klägerin am zweiten Untersuchungstag (04.01.2016) etwa eine Stunde lang - gemeinsam mit Dr. xxx - untersucht. Zuvor hatte Frau Dr. xxx ihm die von ihr erhobene Gesamtanamnese mitgeteilt; dabei sind noch offene Punkte besprochen worden. Ebenso hatte ihm Frau Diplom-Psychologin xxx vor der Untersuchung am 04.01.2016 das Ergebnis des testpsychologischen Zusatzgutachtens bekannt gegeben. Das forensisch-psychiatrische Gutachten vom 11.01.2016 ist von Frau Dr. xxx unterschrieben und enthält den von Dr. xxx unterschriebenen Zusatz „Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Der gerichtliche Sachverständige ist nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendigen Tätigkeiten persönlich vorzunehmen. Er darf vielmehr zu seiner Unterstützung bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens geschulte und zuverlässige Hilfskräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiter - insbesondere zu einzelnen Untersuchungen - heranziehen. Die Mitwirkung geeigneter Hilfspersonen findet ihre Grenzen darin, dass in jedem Fall die volle gerichtliche Verantwortung des vom Gericht bestellten Sachverständigen uneingeschränkt gewahrt bleiben muss. Innerhalb der dadurch gezogenen Grenzen steht es im Ermessen des Sachverständigen, in welcher Art und Weise er sich die für sein Gutachten erforderlichen Kenntnisse verschafft. Ob es dazu ausnahmsweise ausreicht, dass dem Sachverständigen durch die Lektüre des von einem zuverlässigen und geschulten Mitarbeiter verfassten schriftlichen Gutachtens die darin wiedergegebenen für die Begutachtung wesentlichen Umstände vermittelt werden oder ob es einer eigenen Kontrolluntersuchung und Urteilsbildung des Sachverständigen bedarf, hängt von dem jeweiligen Sachgebiet, der zu beurteilenden Frage sowie den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 25.07.1994 - 8 B 56/94 -, juris m.w.N.). Bei einer psychiatrischen Untersuchung ist jedenfalls auch die persönliche Begegnung des gerichtlich bestellten Gutachters mit dem Probanden unter Einschluss eines explorierenden Gesprächs erforderlich; es reicht nicht aus, dass der gerichtlich bestellte Gutachter ohne eigene Untersuchung sich lediglich mit dem von seiner Hilfsperson verfassten Gutachten „auf Grund eigener Urteilsbildung“ einverstanden erklärt (BSG, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 VU 2/03 B -, NZS 2004, 559 m.w.N.; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., RdNr. 340). Diese Voraussetzungen sind auf Grund des etwa einstündigen persönlichen Kontakts des Dr. xxx und dessen eigener Untersuchung am 04.01.2016 erfüllt. In der Berufungsverhandlung hat Dr. xxx keine Zweifel daran gelassen, dass er auf Grund der von ihm vorgenommenen einstündigen Untersuchung in der Lage war, die volle persönliche Verantwortung für die Erstellung des Gutachtens zu übernehmen (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 28.02.1992 - 8 C 48/90 -, NVwZ 1993, 771). In dieser Stunde habe er eine Exploration durchgeführt, dessen Ergebnis der psychische Befund gewesen sei. Auf Grund der Vorarbeiten der Frau Dr. xxx habe er seine eigene persönliche Untersuchung der Klägerin auf den Umfang von einer Stunde begrenzen und sich dabei ein eigenes Bild machen und ein eigenes Urteil bilden können. Dies gilt ausweislich des Gutachtens auch für die mit der xxx der Klägerin zusammenhängenden neurologischen Fragen.
66 
Soweit die Klägerin das „äußere Erscheinungsbild“ des von Dr. xxx erstatteten Gutachtens kritisiert, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die äußere Form des Gutachtens ist beanstandungsfrei. Die Klägerin führt auch nicht aus, wieso die von ihr wohl beanstandete Gewichtung der einzelnen Teile zu inhaltlichen Fehlern und zur Unverwertbarkeit des Gutachtens führen soll. Auch der Senat erkennt hierfür keine Anhaltspunkte.
67 
Die Kritik der Klägerin an der Art der Anamnese- und Befunderhebung, insbesondere dazu, dass nicht hinreichend die Befunde anderer sie behandelnder Ärzte (Dr. xxx) und ihre eigenen Angaben in dem übergebenen Lebenslauf berücksichtigt sowie keine fremdanamnestischen Erhebungen durchgeführt worden seien, greift ebenfalls nicht durch. In der Berufungsverhandlung hat Dr. xxx angegeben, dass die Befunde des Dr. xxx berücksichtigt worden seien. Er hat zugleich darauf hingewiesen, dass Dr. xxx die Diagnose einer exogenen Psychose (nach Copaxone-Therapie) ausdrücklich als Verdachtsdiagnose gestellt hat und dass es nicht möglich sein könne, dass die Klägerin seit dem Beginn der Medikation mit Copaxone bis zum Untersuchungstermin 2011 im Zustand einer exogenen Psychose gewesen sei und gleichzeitig als Realschulrektorin im Übrigen unbeanstandet gearbeitet habe. Soweit die Klägerin darüber hinaus eine Auseinandersetzung mit der von Dr. xxx beschriebenen „persönlichen Krise mit erheblichen psychischen Komplikationen“ (Arztbrief vom 18.02.2011) bzw. mit der „schwerwiegenden psychischen Krise mit Verhaltensauffälligkeiten“ (Arztbrief vom 11.07.2011) vermisst, beziehen sich diese Ausführungen des Dr. xxx im Wesentlichen auf bei der Klägerin bestehende Symptome nach Aufdecken der hier in Rede stehenden Vorfälle und können darüber hinaus - wie Dr. xxx zu Recht in der Berufungsverhandlung bemerkt hat - den psychischen Zustand der Klägerin nicht retrospektiv über drei bis vier Jahre (und damit zum Zeitpunkt der Tatbegehung) beschreiben. Entgegen der Ansicht der Klägerin wurde die im Arztbrief der xxx, Dr. xxx, vom 01.04.2011 diagnostizierte „Organische affektive Störung mit gegenwärtiger depressiver Episode“ vom gerichtlichen Gutachter berücksichtigt (vgl. Seite 41 und 81 des Gutachtens) und die Frage einer hirnorganischen Symptomatik wurde diskutiert. Das gerichtliche Gutachten kommt dabei stimmig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die organisch bedingte affektive bzw. emotional-labile Störung weder einzeln noch kombiniert mit einer Anpassungsstörung geeignet sind, den Schweregrad für das Eingangskriterium seelische Störung zu erfüllen. Eine schwere organische Störung der Affektion, der Kognition oder der Wahrnehmung seien - ebenso wie jene der pathologischen Kaufsucht - nach qualifizierter Betrachtung der eigenanamnestischen Angaben, des Untersuchungsbefundes zur Vorbereitung der Erstellung des Gutachtens sowie der vorliegenden Fremdberichte medizinisch nicht zu begründen. Auf Grund dieser Feststellungen ist es nicht ersichtlich, warum an dieser Stelle weitere differenzialdiagnostische Überlegungen erforderlich gewesen sein sollten; insbesondere hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung angegeben, dass der hirnorganische Störungsteil differenzialdiagnostisch erfasst worden ist. Vor diesem Hintergrund kann der Senat auch keinerlei Anhaltspunkte für die von der Klägerin in diesem Zusammenhang geäußerte Befürchtung erkennen, Dr. xxx oder die von ihm hinzugezogene Ärztin Dr. xxx hätten der Thematik nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenübergestanden. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass sich das Gutachten im Wesentlichen auf die selbst ermittelte Anamnese und nicht auf den von der Klägerin übergebenen schriftlichen Lebenslauf, der zudem Eingang in das Gutachten gefunden hat (vgl. S. 49 des Gutachtens), stützt. Das Vorbringen der Klägerin, fremdanamnestische Erhebungen (der Mutter und des Freundes, Dr. xxx) seien nicht vorgenommen worden, so dass das Ausmaß ihrer psychischen Veränderungen in den hier relevanten Zeiträumen nicht weitergehend exploriert worden sei, führt ebenfalls nicht zur Unverwertbarkeit des von dem Senat eingeholten Gutachtens. Zwar hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung angegeben, dass eigene fremdanamnestische Feststellungen hilfreich gewesen wären. Je mehr Informationen vorliegen würden, umso besser sei dies. Allerdings habe er solche Erhebungen nicht für erforderlich gehalten, nachdem genügend fremdanamnestische Informationen in den ihm vorgelegten Akten enthalten gewesen seien (vgl. dazu auch die ausführliche Wiedergabe der Zeugenaussage und der die Klägerin betreffenden ärztlichen Äußerungen auf den Seiten 20 - 46 des Gutachtens). Ausdrücklich ist von dem Gutachter auf Befragen des Bevollmächtigen der Klägerin in der Berufungsverhandlung ausgeführt worden, dass Aussagen von dritten Personen in Bezug auf eine Wesensveränderung der Klägerin berücksichtigt worden seien. Die Klägerin sei zudem für den Zeitraum der Vorfälle nicht „für gesund erklärt“ worden. Vielmehr habe man sich bemüht, den psychopathologischen Zustand der Klägerin im Zeitraum der Vorfälle so genau wie möglich zu rekonstruieren und entsprechend den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation zu klassifizieren. Ergebnis dieser Betrachtungen sei nicht gewesen, dass bei der Klägerin keine Störung auf psychiatrischen Gebiet vorliege, sondern dass die festgestellten Diagnosen - auch in der Summe - nicht ausreichten, die Merkmalskategorie „krankhafte seelische Störung“ als erfüllt anzusehen. Dies bedeute aber nicht, dass die Klägerin kein Krankheitsbild habe.
68 
Soweit die Klägerin weiterhin rügt, dass sich der gerichtliche Sachverständige nicht mit dem Verlust ihrer langjährigen Beziehung zu Herrn Dr. xxx und dessen Folgen für eine störungsfreie Kompensation ihrer Erkrankung und für ihre Behandlung beschäftigt habe, hat der Gutachter sowohl in seiner schriftlichen Stellungnahme wie auch auf Befragen des Senats in der Berufungsverhandlung angegeben, dass dies ausreichend berücksichtigt worden sei; wenn die Klägerin dazu etwas gesagt habe, sei dies dokumentiert worden (vgl. dazu etwa die Seiten 48 und 51 des Gutachtens vom 11.01.2016; zu den Angaben des Herrn Dr. xxx im Disziplinarverfahren selbst vgl. Seite 35 f. des Gutachtens). In für den Senat nachvollziehbarer und nicht zu beanstandender Weise hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung weiter ausgeführt, dass eine Gesamtbetrachtung aller Belastungsfaktoren vorgenommen wurde. Das Beziehungsende habe Einfluss auf den Anteil an der psychischen Symptomatik gehabt, die im Gutachten als Anpassungsstörung bezeichnet worden sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin darüber hinaus hervorgehobene Beschreibung der eigenen Veränderung durch sie und Dritte hat der Gutachter in der Berufungsverhandlung zudem zu Recht ausgeführt, dass auch diese Auffälligkeiten im Gutachten beschrieben und der diagnostischen Einschätzung zu Grunde gelegt worden seien.
69 
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wurden auch die Nebenwirkungen der verabreichten Medikamente (Methylprednisolon [Cortison] und Copaxone) im Gutachten reflektiert. Die Medikation wird im Gutachten beschrieben und gewürdigt (Seite 76 f.); dies hat der Gutachter in der Berufungsverhandlung nochmals bestätigt. Insbesondere wird im Gutachten ausgeführt, dass richtiggehende maniforme oder psychotische Entgleisungen auf Grund der Cortisongabe weder von der Klägerin noch fremdanamnestisch umschrieben worden seien; lediglich einmalig sei ein allenfalls hypomanes Zustandsbild mit einem gesteigerten Antrieb im Behandlungsbericht der xxx vermerkt. Bezüglich Copaxone, das anders als Cortison als Basistherapeutikum eingesetzt worden sei, könne hingegen angenommen werden, dass die dauerhafte Medikation zu Veränderungen in der Persönlichkeit der Klägerin (Launenhaftigkeit, Gereiztheit) geführt habe. In seiner ergänzenden schriftlichen Stellungnahme hat der Gutachter zudem ausgeführt, dass die Bewertung, dass sich der rekonstruierte Zustand der Klägerin nicht der Merkmalskategorie krankhafte seelische Störung zurechnen lasse, unabhängig davon sei, auf welcher ätiopathogenetischen Grundlage die beschriebenen psychopathologischen Auffälligkeiten entstanden seien. Soweit die Klägerin darüber hinaus die Aussage des gerichtlichen Gutachters, dass sämtliche der zerebralen Befunde ungeeignet seien, eine hirnorganische Wesensänderung zu begründen, in Frage stellt, hat der Gutachter auf Befragen des Senats angegeben, dass die dokumentierten Auffälligkeiten in der Bildgebung nicht geeignet seien, ein relevantes hirnorganisches Psychosyndrom zu begründen. Das Nichtvorhandensein von sichtbaren Läsionen schließe aber grundsätzlich eine hirnorganische Beeinträchtigung nicht aus. Als Psychiater könne er aber nur die Beeinträchtigungen am vorhandenen psychosozialen Funktionsniveau messen. Diese reichen nach dem Gutachten (vgl. S. 76 f.) aber nicht aus, die normativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der Merkmalskategorie der §§ 20, 21 StGB zu erfüllen. Auf entsprechende Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat Dr. xxx ohne Weiteres nachvollziehbar erklärt, eine Weiterleitung der MRT-Aufnahmen an die Radiologie zur Befundung sei nicht erfolgt, weil entsprechende Befunde seitens der Neuroradiologen bereits in der Akte gewesen seien; eine Notwendigkeit, diese erneut zu befunden, habe es deshalb nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund war es entgegen dem Vorhalt der Klägerin auch nicht notwendig, dass sich der Gutachter die kernspintomographischen Aufnahmen des Gehirns persönlich ansieht, zumal diesbezüglich bei ihm keine spezifische Kompetenz besteht (vgl. schriftliche Stellungnahme des Gutachters vom 22.06.2016). Entgegen der Ansicht der Klägerin kann damit auch nicht davon ausgegangen werden, dass in der Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen zusätzliche Anknüpfungstatschen zur Erhellung ihrer Lebenssituation fehlen. Soweit die Klägerin weiterhin rügt, dass zu wenig diskutiert und erklärt worden sei, wie ihre Verhaltensänderungen begründet werden können, verkennt sie bereits, dass solche Handlungen - wie Dr. xxx in der Berufungsverhandlung ausführte - auch ohne psychopathologische Auffälligkeiten vorgenommen werden können und es sich auch um ein normales delinquentes Verhalten handeln kann (vgl. auch das Gutachten des Dr. xxx vom 20.05.2014: „Ein ganz ungewöhnliches und rätselhaftes Verhalten allein kann ohne diagnostisch verbindliche Symptome eines nosologisch spezifizierbaren Krankheitsprozesses eben nicht als Krankheit bewertet werden“). Dr. xxx hatte in der Berufungsverhandlung angegeben, dass er zu den Gründen des Fehlverhaltens der Klägerin eine Hypothese habe, von der es in der Exploration nicht gelungen sei, sie zu belegen (vgl. auch die Hypothesen des Gutachtens des Dr. xxx vom 20.05.2014, S. 56 f.: „Versuch, möglichst alles, auch für jede Eventualität, richtig zu machen, wobei die Klägerin über das Ziel hinaus schoss,… kompensatorisch als Reaktion auf ihren schweren Schicksalsschlag i.S., sich vermehrt etwas zu gönnen“). Den Inhalt der Hypothese des Gutachters erfragte die Klägerin oder dessen Bevollmächtigter in der Berufungsverhandlung indes nicht.
70 
Letztlich hat sich der gerichtliche Gutachter Dr. xxx auch mit dem von der Staatsanwaltschaft xxx eingeholten Gutachten des Prof. Dr. xxx vom 13.07.2011 auseinandergesetzt, das anders als das Gutachten des Dr. xxx zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Klägerin im Tatzeitraum in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sei und es nicht auszuschließen sei, dass die Steuerungsfähigkeit der Klägerin aufgehoben gewesen sei; die Klägerin habe unter einer krankhaften seelischen Störung im Sinne eines organischen Psychosyndroms gelitten. Dr. xxx hat dazu ausgeführt (S. 83 - 86 des Gutachtens):
71 
„Im Ergebnis besteht somit im Wesentlichen Übereinstimmung mit der Einschätzung des Dr. xxx aus dem Jahr 2013.
72 
Anders verhält es sich mit der Begutachtung des Prof. xxx im Jahr 2011. Er hatte ein hirnorganisches Psychosyndrom bzw. eine hirnorganische Persönlichkeitsveränderung festgestellt, in deren Folge die Steuerungsfähigkeit von Frau xxx das Kaufen und Horten betreffend zumindest erheblich eingeschränkt gewesen sei. Er hatte im psychopathologischen Befund einen flach-deprimierten ängstlichen Affekt festgestellt. Dieser war bei der heutigen Untersuchung nicht vorhanden. Vielmehr sahen wir eine nicht depressive Patientin mit teilweise hyperthymer Stimmungslage, die den Eigenangaben von Frau xxx folgend wieder nahezu dem psychischen Zustandsbild vor der xxx entsprechend dürfte. Passend dazu zeigten sich auch keinerlei Auffälligkeiten in der aktuell durchgeführten testpsychologischen Leistungsdiagnostik.
73 
Unbestritten leidet Frau X. an einer xxx, xxx xxx, 2008 waren auch Läsionen zerebral beschrieben, die allerdings nicht eine frontale Enthemmung der Persönlichkeit begründen würden. Zu dieser Einschätzung waren auch Prof. xxx und Dr. xxx gelangt. Herr Prof. xxx befand Veränderung der Gehirnfunktion bedingt durch die Medikation und die Grunderkrankung als Störung der Hirnfunktion und als Ursache eines möglichen hirnorganischen Psychosyndroms und begründete dies vor allem damit, dass Verhaltensänderungen mit Auftreten xxx und vor allem zu Beginn der Copaxone- und Cortisontherapie aufgetreten waren. Er hatte dabei ein pathologisches Kaufen und Sammeln festgestellt. Die Kriterien des pathologischen Kaufens, welche im Übrigen analog auch zum Sammeln gelten, sind wie bereits ausgeführt unseres Erachtens nach zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Herr Prof. xxx beschrieb weiterhin, dass die Verhaltensweisen im Rahmen von Affektveränderung aufgetreten seien. … Zusammengefasst habe die Klägerin unter einer krankhaften seelischen Störung in Form eines organischen Psychosyndroms gelitten, im Tatzeitraum sei die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, es sei nicht auszuschließen, dass sie aufgehoben gewesen sei.
74 
Die Kriterien für das Vorliegen eines organischen Psychosyndroms sind nach Einschätzung der Gutachter für den Zeitraum der strittigen Käufe nicht erfüllt. Frau X. war in der Lage, außerhalb der Krankschreibung durch die xxx als solche, ihrer Tätigkeit als Rektorin korrekt und ohne Auffälligkeiten nachzugehen. Das jetzt vorgeworfene auffällige Verhalten beschränkte sich damit nur auf das Kaufen von Gegenständen für die Schule und den Privatgebrauch. Hier sind aber keine derartig schwerwiegenden Abweichungen zu beobachten, die ein hypomanes oder manisches Bild mit sich bringen würde oder eine vollständige Enthemmung der Kontrolle begründen würden. Dafür spricht auch, dass weder das private Budget noch das der Schule überschritten wurde, dass das Kaufen an sich auch nicht einer typischen Bedürfnisbefriedigung diente, dass keine Änderungen des Anspannungsniveaus von Frau xxx vor oder nach den Käufen beobachtet wurde und darüber hinaus keine schwerwiegenden psychopathologischen Auffälligkeiten im Bereich der Wahrnehmung, des Affektes oder der Kognitionen beschrieben sind, die die Diagnosestellung des organischen Psychosyndroms rechtfertigen würden.“
75 
Erläuternd hierzu hat Dr. xxx auf Befragen - insbesondere zur zeitlichen Nähe des Gutachtens des Prof. Dr. xxx - in der Berufungsverhandlung angegeben, dass die zeitliche Abfolge der Begutachtung berücksichtigt worden sei. Prof. Dr. xxx habe in eine andere Situation hinein begutachtet. Er habe im laufenden Ermittlungsverfahren ein vorbereitendes Gutachten erstellt. Das Gutachten, das zähle, werde erst in der mündlichen Hauptverhandlung nach der Beweiserhebung erstattet. Man könne daher die schriftlichen Ausführungen des Prof. Dr. xxx - anders als sein Gutachten und auch das des Dr. xxx - nicht als abschließendes schriftliches Gutachten verstehen. Es handele sich vielmehr um ein vorbereitendes schriftliches Gutachten, das als Orientierungshilfe für alle Beteiligten zur Vorbereitung der Hauptverhandlung diene. Anders als Prof. Dr. xxx habe ihm als Gutachter im gerichtlichen Disziplinarverfahren ein abschließendes Aktenkonvolut vorgelegen, auf dessen Grundlage dann ein Gutachten erstellt und dem Gericht übermittelt werden könne. Er halte es für wahrscheinlich, dass Prof. Dr. xxx, wenn er dieselben vollständigen Informationen wie er gehabt hätte, zu einem vergleichbaren Ergebnis gekommen wäre. Die Überlegungen des Prof. Dr. xxx seien als Ausgangshypothese psychiatrisch richtig, sie ließen sich nur nicht durch die Behandlungsberichte und das rekonstruierte psychosoziale Funktionsniveau belegen. Der Senat hält diese Ausführungen des Dr. xxx für überzeugend.
76 
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht bei dem damit erwiesenen einheitlichen Dienstvergehen der Klägerin die Disziplinarverfügung in Anwendung des § 21 Satz 2 AGVwGO wegen eines Bemessungsfehlers in der Weise abgeändert hat, dass die Klägerin - statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - in das Amt einer Realschullehrerin zurückgestuft wird.
77 
§ 21 Satz 2 AGVwGO findet bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG Anwendung (vgl. Urteil des Senats vom 03.06.2014 - DL 13 S 150/14 -, juris). Dies kann nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, dass das Landesdisziplinargesetz die selbstständige Disziplinarkompetenz der Verwaltungsgerichte in Frage gestellt hat (so aber wohl noch das im erstinstanzlichen Urteil in Bezug genommene Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013 - xxx -). Bereits der Wortlaut der Norm ist eindeutig. Für den Fall, dass ein Dienstvergehen - wie hier - erwiesen ist, sieht § 21 Satz 2 AGVwGO ausdrücklich die Befugnis des Verwaltungsgerichts vor, die Disziplinarverfügung auch aufrecht zu erhalten oder zu Gunsten des Beamten zu ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Einschränkungen von dieser Befugnis nennt § 21 Satz 2 AGVwGO nicht. Solche würden mit der im Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013, a.a.O., angeführten Begründung vielmehr im Ergebnis dazu führen, dass für die Norm ein Anwendungsbereich nicht eröffnet wäre. Insbesondere greift schon auf Grund des eindeutigen Wortlauts des § 21 Satz 2 AGVwGO der im Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013, a.a.O., hervorgehobene Umstand nicht durch, dass infolge des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts die selbstständige Disziplinarkompetenz der Gerichte aufgegeben werden sollte, die Entscheidung über die Verhängung der Disziplinarmaßnahme nunmehr - von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. der Aberkennung des Ruhegehaltes abgesehen - im Ermessen der Behörde steht und sich die gerichtliche Kontrolle gemäß § 2 LDG, § 114 VwGO nur darauf erstreckt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wird. Der Wille des Normgebers, wie er sich aus der Begründung des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LT-Drs. 14/2996) ergibt, spricht ebenfalls gegen eine restriktive Anwendung des § 21 Satz 2 AGVwGO. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis ausgeführt, dass die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts wie bei sonstigen Verwaltungsakten die Rechtmäßigkeit der behördlichen Verfügung überprüft. Die eigenständige Disziplinarkompetenz der Gerichte soll „grundsätzlich“ aufgegeben werden. Um einen zügigen Abschluss der Disziplinarverfahren zu ermöglichen, soll das Gericht „jedoch“ befugt sein, eine rechtswidrige und den Beamten in seinen Rechten verletzende Verfügung aufrechtzuerhalten oder zu Gunsten des Beamten zu ändern, wenn die Rechtsverletzung durch das gerichtliche Verfahren oder die gerichtliche Entscheidung beseitigt wird (LT-Drs. 14/2996, S. 53). Der Gesetzgeber stellt damit der grundsätzlichen Aufgabe der eigenständigen Disziplinargewalt der Verwaltungsgerichte die ihnen nach § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumte Befugnis gegenüber. Insoweit erweitert § 21 Satz 2 AGVwGO als Ergänzung zur „Grundregel“ des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Entscheidungsmöglichkeiten der Disziplinarkammer. Denn die bloße Aufhebung der Disziplinarverfügung hat zur Folge, dass die Disziplinarbehörde neu entscheiden, mithin eine andere Abschlussverfügung treffen muss. Dies kann eine nicht unerhebliche Verzögerung des unanfechtbaren Abschlusses des Disziplinarverfahrens zur Folge haben. Zur Verfahrensbeschleunigung soll das Gericht die behördliche Abschlussverfügung nicht nur aufheben, sondern unter den genannten Voraussetzungen auch bestätigen oder mildernd ändern können (LT-Drs. 14/2996, S. 147). Durch diese Möglichkeit sieht der Landesgesetzgeber die volle Disziplinarbefugnis des Dienstherrn nicht in Frage gestellt, da der Dienstherr stets die erste Entscheidung über den Abschluss des Disziplinarverfahrens zu treffen hat und das Gericht entsprechend den allgemeinen Grundsätzen (§§ 113, 114 VwGO) darauf beschränkt ist, die Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung zu prüfen. Eine Zweckmäßigkeitsprüfung erfolgt nicht. Ist die Abschlussverfügung rechtmäßig, hat das Gericht die Klage auch abzuweisen, wenn es die behördliche Verfügung für unzweckmäßig hält. Ist die Abschlussverfügung rechtswidrig und macht das Gericht von seiner aus § 21 Satz 2 AGVwGO folgenden Befugnis Gebrauch, hebt das Gericht nicht die Abschlussverfügung auf und setzt seine eigene Entscheidung an deren Stelle, sondern verändert, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt („aufrechterhalten“, „zu Gunsten des Beamten ändern“), lediglich die behördliche Entscheidung. Diese Vorgehensweise ist mit der Teilaufhebung eines Verwaltungsaktes vergleichbar (so: LT-Drs. 14/2996, S. 147 f.). Insoweit bleibt auch die vom Verwaltungsgericht nach § 21 Satz 2 AGVwGO bestätigte oder korrigierte Entscheidung ihrem Wesen nach eine Entscheidung des Dienstherrn (vgl. Burr, a.a.O., § 21 AGVwGO RdNr. 9; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 60 BDG RdNr. 35). Dementsprechend richtet sich ihre nachträgliche Aufhebung nach § 40 LDG (vgl. § 21 Satz 5 AGVwGO).
78 
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass dem Gewicht der vorgeworfenen Pflichtverletzung nicht die in der angefochtenen Disziplinarverfügung verhängte Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, sondern die Zurückstufung der Klägerin (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LDG) in das Amt einer Realschullehrerin (A 13) tat- und schuldangemessen ist.
79 
Für die Ahndung fehlsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln wie auch für das Versagen der Klägerin als Vorgesetzte steht wegen der Vielfalt möglicher Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung (vgl. auch: GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 47; Zängl, a.a.O., MatR/II RdNr. 372).
80 
Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umstände handelt es sich hier um ein mittelschweres Dienstvergehen im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG, durch das die Klägerin das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat.
81 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Amtliche Begründung zu § 26 LDG, LT-Drs. 14/2996, S. 86; Urteil des Senats vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris).
82 
Das von der Klägerin begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen gewichtig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf den Umstand hingewiesen, dass das Verhalten der Klägerin, mit dem sie öffentliche Mittel in erheblichem Umfang ohne Notwendigkeit verbraucht und die von ihr erworbenen Gegenstände einer Nutzung durch die Schule entzogen hat, eine schwere Pflichtverletzung der als Rektorin auch für das Budget der von ihr geleiteten Schule verantwortlichen Klägerin darstellt. Allerdings hat sich die Klägerin mit diesem Verhalten nicht strafbar gemacht. Auch wenn man nicht den in der Disziplinarverfügung vom 08.12.2014 zu Grunde gelegten von der Klägerin verbrauchten Betrag in Höhe von 6.654,65 EUR, sondern nach Abzug der Anschaffungen unter Nrn. 22 - 28 der streitgegenständlichen Disziplinarverfügung einen Betrag in Höhe von etwa 4.800 EUR annimmt, handelt es sich immer noch um eine beträchtliche Summe, die die Klägerin unnötigerweise ausgegeben hat. Andererseits ist der bei dem Beklagten entstandene wirtschaftliche Nachteil begrenzt, nachdem eine anderweitige Verwertung der angeschafften, nicht gebrauchten und teils noch original verpackten Gegenstände möglich ist. Die Klägerin hat das der Schule zustehende Budget nicht erschöpft und die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, dass wegen des Erwerbs der streitgegenständlichen Gegenstände die Anschaffung anderer für den Schulbetrieb notwendiger Gegenstände oder übrige für den Schulbetrieb erforderliche Ausgaben unterblieben sind. In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass die Klägerin die Pflichtverletzungen über den sehr langen Zeitraum von über vier Jahren begangen hat. Eigenart und Schwere des von der Klägerin begangenen Dienstvergehens werden darüber hinaus erheblich dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin als Vorgesetzte versucht hat, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu veranlassen, gegenüber den Vertretern der Stadt xxx unrichtige Angaben zu machen, um hierdurch ihr eigenes Fehlverhalten zu verdecken. Sie hat diese dadurch der Gefahr strafrechtlicher und disziplinarer Verfolgung ausgesetzt; zu einem für die beiden Lehrkräfte belastenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist es gekommen. Besonders schwer wiegt, dass die Klägerin versucht hat, die ihrer Schule zur Ausbildung zugewiesene Realschullehreranwärterin xxx zu instrumentalisieren, um ihr eigenes Fehlverhalten nicht eingestehen zu müssen. Da die Klägerin als Schulleiterin ein Schulleitergutachten über die ihrer Schule zugewiesenen Realschullehreranwärter zu erstellen hat, das in die Bewertung des Zweiten Staatsexamens einfließt, betrifft ihr Vorgesetztenversagen nicht nur die Vorbild- und Orientierungsfunktion eines Vorgesetzten (vgl. dazu: GKÖD, a.a.O., J 688 RdNr. 106; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 13.02.1974 - I D 74.73 -: „schlechthin unwürdiges Verhalten eines Vorgesetzten“), sondern den Kernbereich ihrer Fürsorgepflicht gegenüber der von ihr in einem besonderen Maße abhängigen Realschullehreranwärterin.
83 
Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale ist festzuhalten, dass ein eigennütziges Verhalten der Klägerin nicht festzustellen ist und diese auch nicht in Schädigungsabsicht gehandelt hat. Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit der Klägerin im Sinne von § 21 StGB, die bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihr zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen ist, liegt nicht vor. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.).
84 
Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblich verminderten Schuldunfähigkeit liegen bei der Klägerin nicht vor. Der gerichtliche Gutachter Dr. xxx ist in seinem Sachverständigengutachten vom 11.01.2016 zu dem Ergebnis gekommen, dass bereits das Eingangskriterium einer krankhaften seelischen Störung aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht vorliegt; die anderen in § 20 StGB benannten biologisch-psychologischen Störungen stehen hier nicht in Rede. Wie bereits ausgeführt, hält der Senat dieses Gutachten für überzeugend und greifen die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen dieses Gutachten nicht durch. Dabei ist in diesem Rahmen durchaus zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin - unterhalb der Schwelle des § 21 StGB - auf Grund ihrer xxx und der damit verbundenen Folgen in einer für sie schwierigen Situation mit erheblichen psychischen Belastungen befunden hat. Wie bereits in der Berufungsverhandlung erörtert, bezeichnet Dr. xxx dies in seinem im Auftrag des Beklagten eingeholten Gutachten vom 20.05.2014 zusammenfassend als durch einen schweren oder tragischen Schicksalsschlag ausgelöste, jedoch letztlich weitgehend normalpsychologisch bedingte, u.U., Schuld in einem moralischen Sinne mindernde Umstände.
85 
Soweit die Klägerin hinsichtlich des Versuchs, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu falschen Angaben zu veranlassen, um ihre Pflichtverletzungen zu vertuschen, geltend macht, sie sei auf Grund ihres Fehlverhaltens in Panik geraten und habe reflexartig gehandelt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend und überzeugend darauf hingewiesen, dass die Klägerin diesen Versuch erst am Montag, den 14.02.2011, unternommen hat, nachdem sie das vorhergehende Wochenende Zeit gehabt habe, ihr weiteres Vorgehen zu überdenken. Von einem quasi reflexartigen, aus der unmittelbaren Situation geborenen, panikartigen Verhalten kann daher nicht ausgegangen werden.
86 
Bei einer Gesamtschau der oben dargestellten, die Dienstpflichtverletzung kennzeichnenden Umstände ist festzuhalten, dass das Eigengewicht der Pflichtverletzung der Klägerin auf Grund zu berücksichtigender weniger gewichtiger Faktoren (insbesondere fehlender Eigennutz der Klägerin, kein gewichtiger finanzieller Nachteil des Schulträgers; psychische Situation der Klägerin) trotz anderer schwerwiegender Umstände (vor allem das Versagen der Klägerin als Vorgesetze bei dem Versuch, eine Realschullehrerin und eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Aussagen zu decken) auch in Ansehung der Kontrollmechanismen der Stadt xxx (zu dem der Stadt xxx von der Klägerin vorgeworfenen „Mitverschulden“ vgl. die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, denen der Senat folgt) zur Kennzeichnung des Dienstvergehens als mittelschwer führt.
87 
In nicht zu beanstandender Weise ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin durch dieses mittelschwere Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in eine pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat (§ 30 Abs. 1 LDG).
88 
Nach der Konzeption des Landesdisziplinargesetzes stehen der Schweregrad des Dienstvergehens und das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung nicht unverbunden nebeneinander. Vielmehr ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang der §§ 27 ff. LDG, dass mit einem schweren Dienstvergehen tendenziell auch ein höheres Maß an Vertrauensverlust einhergeht. § 27 LDG und § 28 LDG ordnen dabei einem leichten Dienstvergehen eine geringfügige bzw. eine nicht nur geringfügige Vertrauensbeeinträchtigung, § 29 LDG und § 30 LDG einem mittelschweren Dienstvergehen eine erhebliche bzw. nachhaltige Vertrauensbeeinträchtigung sowie § 31 LDG einem schweren Dienstvergehen den endgültigen Vertrauensverlust zu.
89 
Einem mittelschweren Dienstvergehen werden also nach der Regelungssystematik des Landesdisziplinargesetzes - anders als bei einem schweren Dienstvergehen - zwei unterschiedliche Grade der Vertrauensbeeinträchtigung zugeordnet. Damit will der Gesetzgeber der Bandbreite von disziplinarrechtlich zu beurteilenden Lebenssachverhalten gerecht werden. So gibt es unter den mittelschweren Dienstvergehen solche, die an der unteren Grenze zu den leichten Dienstvergehen liegen wie auch solche, die an der oberen Grenze zu den schweren Dienstvergehen liegen, sowie zahlreiche Zwischenstufen (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 87). Hier ist insbesondere wegen des bereits von dem Verwaltungsgericht hervorgehobenen Umstands, dass die Klägerin mit den von ihr begangenen Pflichtverletzungen gerade im Bereich der ihr als Realschulrektorin zugewiesenen Aufgaben zum einen im Rahmen der ihr zugewiesenen Budgetverwaltung, zum anderen besonders im Hinblick auf die ihr obliegende Führung der Lehrkräfte und Lehreranwärter in gravierender Weise versagt hat, von einem mittelschweren Dienstvergehen auszugehen, das die Schwelle zu einem schweren Dienstvergehen fast erreicht hat und die Zurückstufung der Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin rechtfertigt. Ist wegen der genannten entlastenden Gesichtspunkte noch nicht ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten, so ist hier jedoch auf Grund der Schwere des Dienstvergehens von einem nachhaltigen Vertrauensverlust im Sinne des § 30 Abs.1 Satz 1 LDG auszugehen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass es eines längeren Zeitraums bedarf (vgl. das regelmäßig fünfjährige Beförderungsverbot des § 30 Abs. 2 LDG), um das Vertrauen wieder zu festigen (LT-Drs. 14/2998, S. 94). Dem entspricht hier der der Zurückstufung in § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG zugewiesene Zweck. Die Zurückstufung kann zum einen zur Pflichtenmahnung, zum andern auch deshalb erfolgen, weil dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit das Verbleiben des Beamten in seinem bisherigen Amt nicht zugemutet werden kann. Beides ist hier der Fall.
90 
Die besondere Pflichtenmahnung durch eine Zurückstufung um zwei Ämter ist angesichts der Schwere des Dienstvergehens erforderlich. Insbesondere sind auch bei Gesamtwürdigung der Persönlichkeit der Klägerin für den Senat keine Umstände ersichtlich, die eine mildere Disziplinarmaßnahme geboten erscheinen lassen. Dabei berücksichtigt der Senat durchaus die bereits dargestellte psychische Situation der Klägerin bei Begehung der Pflichtverletzungen, ihre bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit und ihre in den dienstlichen Beurteilungen bescheinigten herausragenden Leistungen als Realschullehrerin und Realschulrektorin. Auch wird der Umstand gewürdigt, dass die Klägerin durch Zahlung einer Summe von 20.000 EUR im Rahmen des Strafverfahrens und nochmals von 10.000 EUR im Rahmen eines zivilgerichtlichen Vergleichs die hier in Rede stehende Summe von etwa 4.800 EUR mehr als wiedergutgemacht hat. Allerdings hat die Klägerin diese Zahlungen erst nach Tataufdeckung, zu der sie im Übrigen nicht beigetragen hat, geleistet. Zudem geht der Senat - auch nach dem Eindruck der Berufungsverhandlung - davon aus, dass sich die Klägerin nicht hinreichend mit den Gründen für ihr eigenes Fehlverhalten auseinandergesetzt hat. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass sie das Vorgehen des Regierungspräsidiums xxx als demütigend und einen von diesem unterbreiteten Vergleichsvorschlag als „unwürdig“ bezeichnet hat (vgl. etwa: persönliche Schreiben der Klägerin vom 20.10.2012 an die Regierungspräsidentin, vom 14.07.2012 an den Bundespräsidenten wie auch die Angaben der Klägerin gemäß Gutachten des Dr. xxx vom 11.01.2016, S. 55). Insoweit hat das Regierungspräsidium, das mit der Klägerin und ihren Bevollmächtigten auf Anregung des Verwaltungsgerichts im Verfahren xxx (vgl. Aktenvermerk auf Blatt 255 der Disziplinarakte) umfangreiche Vergleichsverhandlungen geführt hat, darauf hingewiesen, dass es bei dem Vergleichsvorschlag eine interessenbezogene Abwägung vorgenommen habe, die unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und der mit der Maßnahme verbundenen Außenwirkung den Verbleib im Schuldienst ermöglichen solle. Der Klägerin ist es insoweit unbenommen, mit dem Vergleichsvorschlag sachlich nicht einverstanden zu sein. Es ist dem Senat aber nicht nachvollziehbar, weswegen das Vorgehen des Regierungspräsidiums als „demütigend“ und dessen Vergleichsvorschlag als „unwürdig“ bezeichnet wird. Maßgeblich kommt hinzu, dass die Klägerin kaum Einsicht in das von ihr begangene Fehlverhalten zeigt. Diesbezüglich wird im Gutachten des Dr. xxx vom 11.01.2016 (S. 79) ausgeführt, dass sich das Verhältnis der Klägerin zu den ihr vorgeworfenen Handlungen verändert habe. Nach der Aufdeckung seien noch Gefühle von Scham und Schuld vermerkt gewesen; im aktuellen Untersuchungsgespräch sei das Bewusstsein für ein etwaiges Fehlverhalten weniger ausgeprägt vorhanden gewesen. Dem entspricht es, wenn die Klägerin in der Berufungsverhandlung den Eindruck erweckt hat, das Disziplinarverfahren mit dem Ziel einer Rehabilitation ihres Rufs in der von ihr geleiteten Realschule und in ihrem persönlichen Umfeld in der Stadt xxx betreiben zu wollen (vgl. dazu auch die Angaben der Klägerin gemäß dem testpsychologischen Gutachten vom 07.01.2016). Erklärungsversuche ihres Verhaltens hat die Klägerin hingegen nicht abgegeben. Entsprechend hat der gerichtliche Gutachter Dr. xxx in der Berufungsverhandlung auf Befragen des Senats ausgeführt, die Klägerin habe die psychodynamischen Entstehungsbedingungen für ihr Fehlverhalten nicht ermittelt und ihr Fehlverhalten bislang nicht reflektiert. Für eine (günstige) Prognose sei es zu wenig, wenn die Klägerin diesbezüglich „sagt, sie weiß es nicht“. Sie sei über ein „ich weiß nicht“ nicht hinweggekommen. Vor diesem Hintergrund hält der Senat die Zurückstufung in das Amt einer Realschullehrerin für erforderlich und angemessen, um die Klägerin zur Pflichtenerfüllung anzuhalten.
91 
Davon unabhängig kann dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit ein Verbleiben der Klägerin im bisherigen Amt nicht zugemutet werden, wie das Verwaltungsgericht der Sache nach zutreffend angenommen hat. Denn die Klägerin hat gerade in ihrer Eigenschaft als Realschuldirektorin versagt, und sich damit als Vorgesetzte und Führungsperson diskreditiert (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 95; Burr, a.a.O., § 30 LDG RdNr. 1), während ihre grundsätzliche Befähigung als Realschullehrerin nicht in Frage steht. Die Klägerin hat sich damit zwar noch im Beamtenverhältnis als solches tragbar erwiesen, nicht aber in dem konkreten statusrechtlichen Amt ihrer Laufbahn. Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 nicht ausreichend ist, weil ein solches Amt regelmäßig mit Führungsaufgaben und gegebenenfalls erheblicher Finanzverantwortung als Realschulrektorin einer kleinen Realschule oder als Konrektorin verbunden ist. Demgemäß ist die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Zurückstufung der Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin (Besoldungsgruppe A 13) auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Diese Disziplinarmaßnahme erweist sich auch im Übrigen als verhältnismäßig, da sie auf einem der Klägerin zurechenbaren Verhalten beruht.
92 
Mit der Zurückstufung verliert die Klägerin den Anspruch auf die Bezüge aus dem bisherigen Amt sowie das Recht, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen (§ 30 Abs. 1 Satz 2 LDG).
93 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG.
94 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Für das Revisionsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht entsprechend.

(2) Für die Entscheidung über die Revision gelten die §§ 143 und 144 der Verwaltungsgerichtsordnung.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Gründe

1

Die Beschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 69 BDG unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsurteil beruht auf dem gerügten Verfahrensmangel der unzureichenden Sachaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG, § 86 Abs. 1 VwGO). Dagegen liegt die von der Beklagten gerügte Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht vor.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte, eine bei der DB Personenverkehr GmbH am Fahrkartenschalter eingesetzte Bundesbahnobersekretärin, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, nachdem sie das Verwaltungsgericht erstinstanzlich in das Amt einer Bundesbahnsekretärin zurückgestuft hatte. Dem liegt die Feststellung zugrunde, dass die Beklagte von einem Kunden, der mehrere Fahrkarten gekauft hatte, einen überhöhten Gesamtpreis unter Einbeziehung einer nicht gekauften Fahrkarte zum Preis von 182 € vereinnahmt, später diesen Fahrkartenkauf storniert und den überzahlten Betrag für private Zwecke verwendet hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme angesehen, weil das Fehlverhalten der Beklagten einer Unterschlagung amtlich anvertrauten Geldes (sog. Zugriffsdelikt) gleichstehe und weder ein anerkannter Milderungsgrund noch sonstige mildernde Umstände von erheblichem Gewicht vorlägen.

3

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Beklagte geltend, die Gleichstellung des Fehlverhaltens mit einem Zugriffsdelikt stehe in Widerspruch zu dem Urteil vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - (Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24). Die Bemessungsgrundsätze des Oberverwaltungsgericht ließen sich nicht mit den Vorgaben des Urteils vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1) vereinbaren. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht den bemessungsrelevanten Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Es habe trotz eindeutiger Anhaltspunkte für das Vorliegen einer seelischen Störung der Beklagten versäumt zu prüfen, ob zum Tatzeitpunkt eine erhebliche Verminderung ihrer Schuldfähigkeit anzunehmen sei. Auch den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten sei das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen.

4

Die gerügte Divergenz zu den genannten Urteilen liegt nicht vor, weil das Berufungsurteil nicht auf einen Rechtssatz gestützt ist, der von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne eines prinzipiellen Auffassungsunterschieds abweicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Dies gilt sowohl für die Einordnung des Dienstvergehens der Beklagten als Zugriffsdelikt als auch für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme.

5

Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts begeht ein Beamter ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind, und damit den wertmäßigen Bestand der Kasse unmittelbar vermindert. Dagegen liegt bei einem buchungsmäßigen Ausgleich von Soll und Haben keine Verminderung des Bestands der dienstlichen Kasse und damit kein Zugriffsdelikt vor. Ein derartiger Ausgleich setzt voraus, dass der Beamte offenlegt, etwa durch die Einlage eines Auszahlungsscheins in die Kasse, dass er Geld entnommen hat (stRspr; vgl. Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 a.a.O. S. 10). Daraus folgt, dass ein Ausgleich des Kassenbestandes nicht schon dann vorliegt, wenn der Beamte die von ihm geführte Kasse aufgrund von Manipulationen scheinbar "buchungstechnisch stimmig" abschließt.

6

Einem Zugriffsdelikt steht gleich, wenn der Beamte einem Kunden überhöhte Gebühren in Rechnung stellt, um sich den Differenzbetrag privat anzueignen. Hierin liegt ein Zugriff auf Geld des Dienstherrn, weil der vom Kunden verlangte überhöhte Betrag mit der Übergabe des Geldes an den Beamten in dessen dienstlichen Gewahrsam gelangt. Der vorangehende Betrug zum Nachteil des Kunden schließt die disziplinarrechtliche Einordnung als Zugriffsdelikt nicht aus (stRspr; vgl. Urteil vom 21. Juli 1998 a.a.O. Rn. 18).

7

Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht nicht abgewichen; vielmehr hat es sie dem Berufungsurteil zugrunde gelegt. Es hat das Fehlverhalten der Beklagten einem Zugriffsdelikt gleichgestellt, weil die Beklagte den Geldbetrag, der der Schalterkasse und damit der Bahn durch den Betrug an einem Kunden zugeflossen war, später der Kasse entzog und für eigene Zwecke verwandte. Dadurch hat sie eine wertmäßige Verminderung des Kassenbestandes herbeigeführt. Indem die Beklagte den Kaufpreis einer nicht gekauften Fahrkarte zum Schein verbuchte und später stornierte, führte sie keinen buchungsmäßigen Ausgleich der Schalterkasse herbei. Vielmehr versuchte sie die spätere Verminderung des Kassenbestandes zu verdecken.

8

Auch eine Divergenz zu dem Urteil des Senats vom 20. Oktober 2005 (a.a.O.) ist nicht gegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat den vom Senat entwickelten Maßstäben für die disziplinarrechtliche Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nicht prinzipiell widersprochen, sondern sie im vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt.

9

Dagegen hat die Aufklärungsrüge der Beklagten Erfolg. Die Sachaufklärung des Oberverwaltungsgerichts trägt den Anforderungen, die sich aus den gesetzlichen Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergeben, nicht vollständig Rechnung.

10

Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2 und vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 S. 3 f.; vgl. auch BTDrucks 14/4659, S. 49). Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für die Berufungsinstanz. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Vorgaben des materiellen Rechts. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich ohne ausdrücklichen Beweisantrag auf, wenn das Gericht nach seinem materiellrechtlichen Standpunkt Anlass zur weiteren Aufklärung sehen muss, weil die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - NVwZ-RR 2011, 986 Rn. 25 ).

11

Der Senat hat die Bemessungsregelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG dahingehend ausgelegt, dass die Schwere des Dienstvergehens, die nach Satz 2 des § 13 Abs. 1 BDG Richtschnur für die Maßnahmebemessung ist, bei sog. Zugriffsdelikten und diesen gleichstehenden Verfehlungen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis regelmäßig rechtfertigt, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Davon muss aber abgesehen werden, wenn ein anerkannter Milderungsgrund oder stattdessen mildernde (entlastende) Umstände gegeben sind, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines Milderungsgrundes vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f. bzw. Rn. 27 f. und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f.).

12

Die auch bei Zugriffsdelikten gebotene prognostische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände folgt aus dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16).

13

Nach dieser Rechtsprechung kann die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch dann unangemessen sein, wenn sich der Beamte nicht auf einen anerkannten Milderungsgrund, sondern auf sonstige mildernde Umstände berufen kann. Solche Umstände dürfen nicht allein deshalb außer Betracht bleiben, weil sie zur Erfüllung eines anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. So sind beispielsweise ein Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage oder die Offenbarung des Fehlverhaltens nicht schon deshalb unbeachtlich, weil die Voraussetzungen des jeweiligen Milderungsgrundes nicht erfüllt sind ("unverschuldete existenzielle wirtschaftliche Notlage"; "Offenbarung ohne Furcht vor Entdeckung"). Vielmehr muss das Tatsachengericht weiter entscheiden, ob die bemessungsrelevanten mildernden Umstände in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Umstände muss umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 23 und vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 22). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 € ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen.

14

Die rechtsfehlerfreie Anwendung dieser Bemessungsgrundsätze setzt voraus, dass die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte erschöpfend aufgeklärt werden. Das Tatsachengericht muss klären, ob tatsächliche Umstände, die als bemessungsrelevant in Betracht kommen, vorliegen, wenn der Sachverhalt hinreichenden Anlass bietet. Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" in die Gesamtwürdigung einzustellen. Er tritt zu einem anerkannten Milderungsgrund hinzu oder verstärkt das Gewicht der Umstände, die das Fehlen eines derartigen Grundes kompensieren können (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 27).

15

Diese Bemessungsgrundsätze hat das Oberverwaltungsgericht auf den vorliegenden Fall angewandt. Seine Würdigung, nach den tatsächlichen Feststellungen läge kein anerkannter Milderungsgrund vor, hat die Beklagte nicht angegriffen. Sie rügt jedoch zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht bemessungsrelevante mildernde Umstände nicht aufgeklärt und von vornherein als unbeachtlich eingestuft hat, obwohl hierzu Anlass bestanden hat:

16

Dies gilt zum einen für den Vortrag der Beklagten, sie sei durch einen finanziellen Engpass zur Tat veranlasst worden. Diesem Umstand ist das Oberverwaltungsgericht nicht weiter nachgegangen, weil es ihm mit der Begründung, es liege jedenfalls keine unverschuldete existenzielle Notlage vor, von vornherein die bemessungsrelevante Bedeutung abgesprochen hat. Es gilt zum anderen für die von der Beklagten geschilderte schwierige private Lebenssituation. Diese hat das Oberverwaltungsgericht nicht für bemessungsrelevant gehalten, weil es keinen inhaltlichen Zusammenhang zu der Tat gesehen hat.

17

Diese Verkürzung der Sachaufklärung lässt sich nicht damit vereinbaren, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG entsprechend dem Zweck der Disziplinarbefugnis die Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit der Beklagten geboten ist. Die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG erforderliche prognostische Gesamtwürdigung muss auf der Grundlage der gesamten Persönlichkeitsstruktur der Beklagten getroffen werden. Daher muss ein finanzieller Engpass auch dann berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der existenziellen wirtschaftlichen Notlage nicht erfüllt sind. Auch entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass mildernd zu berücksichtigen ist, wenn das Dienstvergehen Folge einer negativen Lebensphase ist, die der Beamte inzwischen überwunden hat (Urteile vom 18. April 1979 - BVerwG 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219; vom 10. November 1987 - BVerwG 1 D 24.87 - juris; vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851 und vom 23. November 1999 - BVerwG 1 D 5.99 -; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>, insoweit nicht in Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 abgedruckt).

18

Dagegen teilt der Senat nicht die Auffassung der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe Anlass gehabt, an der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt zu zweifeln. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass nach der maßgebenden Sachlage im Berufungsverfahren konkrete Anhaltspunkte für eine Störung der Beklagten im Sinne von §§ 20, 21 StGB vorgelegen haben (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 31 f.). Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Disziplinarverfahren sind beschleunigt durchzuführen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

2

Dem Kläger, der seit 1987 im Polizeidienst des beklagten Landes steht, wurde 1995 die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. 1996 folgte seine Ernennung zum Polizeiobermeister. Er war zuletzt antragsgemäß teilzeitbeschäftigt und im Streifendienst tätig. Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Kläger betrieb nebenberuflich zwei Bauunternehmen, die ab 2006 zunehmend in finanzielle Schieflage gerieten.

3

Mit rechtskräftig gewordenem Urteil wurde der Kläger 2007 - nachdem er gegen den zuvor gegen ihn ergangenen Strafbefehl einen auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruch eingelegt hatte - u.a. wegen gewerbsmäßigen Betrugs, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt. Mit weiterem Urteil wurde er 2010 rechtskräftig wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Schließlich verurteilte das Amtsgericht den Kläger 2011 rechtskräftig wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt unter Einbeziehung der Strafe aus dem früheren Strafurteil zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten.

4

Im sachgleichen Disziplinarverfahren entfernte ihn sein Dienstvorgesetzter mit Zustimmung der höheren Disziplinarbehörde durch Disziplinarverfügung aus dem Beamtenverhältnis. Die dagegen gerichtete Klage blieb in den beiden Vorinstanzen erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

5

Die Frage, wie es sich auswirke, dass die Disziplinarverfügung auch darauf gestützt sei, dass der Kläger durch das ohne tatsächliche Feststellungen ergangene Urteil des Amtsgerichts von 2007 rechtskräftig verurteilt worden sei, könne offen gelassen werden. Ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften des Disziplinarrechts, der zur Gesamtnichtigkeit der Verfügung führe, liege nicht vor. Die angefochtene Disziplinarverfügung sei bereits wegen der von dem Kläger zwischen 2009 und 2011 begangenen und abgeurteilten Straftaten rechtmäßig. Schon die diesen Urteilen zugrunde liegenden einzelnen Dienstpflichtverletzungen rechtfertigten seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Aufgrund der umfassenden Überprüfungsbefugnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht seien die Disziplinargerichte selbst in der Lage und befugt festzustellen, ob die vorgeworfenen Verstöße die höchste Disziplinarmaßnahme erforderten. In der Sache lägen die Voraussetzungen für eine Dienstentfernung vor. Der Kläger habe durch die erhebliche Zahl von Straftaten, die Gegenstand seiner strafgerichtlichen Verurteilungen seien, ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände handele es sich auch - insbesondere mit Blick auf den hohen Gesamtschaden von über 32 000 € - um ein schweres Dienstvergehen. Anerkannte oder sonst durchgreifende Milderungsgründe seien nicht ersichtlich.

6

Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision macht der Kläger vor allem geltend, die Übertragung der gesamten Disziplinargewalt auf die Exekutive sei wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt und das Lebenszeitprinzip verfassungswidrig. Der Richtervorbehalt präge die Disziplinargerichtsbarkeit als hergebrachter Grundsatz und beruhe auf dem frühen Inamovibilitätsgedanken.

7

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2013 und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. Juni 2012 sowie die Verfügung des Polizeipräsidiums Karlsruhe vom 2. Dezember 2011 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichthofs verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 38 Landesdisziplinargesetz Baden-Württemberg vom 14. Oktober 2008, GBl. S. 343 - LDG BW -). Das Bundesverwaltungsgericht ist von der mit der Revision gerügten Verfassungswidrigkeit von § 38 Abs. 1 LDG BW als der vorliegend entscheidungserheblichen Norm nicht überzeugt. Der Kläger kann ohne Verstoß gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums durch Disziplinarverfügung aus dem Beamtenverhältnis rechtmäßig entfernt werden (1.). Umfassender Rechtsschutz gegen Disziplinarverfügungen nach § 38 Abs. 1 LDG BW ist gewährleistet (2.). Darüber hinaus ist im Hinblick auf den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den festgestellten disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalt beschränkt hat (3.). Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO).

10

1. Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG BW werden Disziplinarmaßnahmen durch Disziplinarverfügung ausgesprochen. Dabei darf eine Disziplinarmaßnahme, die auf eine Kürzung der Dienst- oder Ruhestandsbezüge, Zurückstufung, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder Aberkennung des Ruhegehalts gerichtet ist, nach § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LDG BW nur ausgesprochen werden, wenn - wie hier - die höhere Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung zugestimmt hat.

11

§ 38 Abs. 1 LDG BW verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten aus hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG. Das Beamtenrecht bis zum Ende der Weimarer Zeit kannte keine in den deutschen Ländern oder im Gesamtstaat allgemein oder auch nur überwiegend anerkannte Regel des Inhalts, der eine disziplinare Entfernung aus dem auf Lebenszeit begründeten Beamtenverhältnis durch behördliche Disziplinarverfügung mit anschließendem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren widerspräche. Angesichts der Vielgestaltigkeit der zur Entscheidung berufenen Disziplinarinstanzen lässt sich ein hergebrachter Grundsatz des Inhalts, dass die Entlassung im Rahmen eines Disziplinarverfahrens nicht durch eine Verfügung ausgesprochen werden darf, wenn die Möglichkeit der umfassenden gerichtlichen Kontrolle gewährleistet ist, nicht feststellen.

12

Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG enthalten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Dezember 1958 - 1 BvL 27/55 - BVerfGE 8, 332 <342 f.> und vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <232>; Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <281 f.>; Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <219>; zuletzt Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 33). Nicht jede Regelung des Beamtenrechts, die sich als hergebracht erweist, wird von der institutionellen Garantie erfasst. Bezugspunkt des Art. 33 Abs. 5 GG ist nicht das gewachsene Berufsbeamtenrecht, sondern das Berufsbeamtentum. Geschützt sind daher nur diejenigen Regelungen, die das Bild des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt maßgeblich prägen, sodass ihre Beseitigung auch das Wesen des Berufsbeamtentums antasten würde. Dies ergibt sich bereits aus dem Wesen einer Einrichtungsgarantie, deren Sinn gerade darin liegt, den Kernbestand der Strukturprinzipien - mithin die Grundsätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass damit zugleich die Einrichtung selbst in ihrem Charakter grundlegend verändert würde - dem gestaltenden Gesetzgeber verbindlich als Rahmen vorzugeben (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 34).

13

Der Nachweis eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums erfordert danach zumindest zwei Begründungsschritte: Der Grundsatz muss zum Kernbestand der Strukturprinzipien gehören, die allgemein oder doch ganz überwiegend (- Raummoment -) während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, also bis zum 30. Januar 1933, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (- Zeitmoment -). Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung von § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG BW ist zusätzlich die landesgesetzliche Vorgabe zu berücksichtigen, dass eine Verfügung, mit der gegenüber einem Beamten disziplinare Höchstmaßnahmen verhängt werden, nicht allein vom jeweiligen Dienstvorgesetzten ausgesprochen werden darf, sondern der Zustimmung der höheren Disziplinarbehörde bedarf.

14

a) Der Revision ist einzuräumen, dass es durchaus Gründe gibt, die Zweifel an der Verfassungskonformität von § 38 Abs. 1 LDG BW begründen können.

15

Ob man solchen Zweifeln näher tritt, hängt davon ab, welchen Rechtsstandpunkt man bei verschiedenen Fragestellungen im Prüfungsgang, ob ein hergebrachter Grundsatz i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG vorliegt, jeweils einnimmt. Dies beginnt bereits bei der Identifizierung und Definition der Rechtsregel, deren Herausbildung und Geltung als "verbindlich anerkannter und gewahrter" Grundsatz im traditionsbildenden Zeitraum es zu untersuchen gilt. Dies setzt sich fort in der Bewertung des rechtshistorischen Befundes zur Rechtslage im traditionsbildenden Zeitraum sowie im Verständnis einzelner Merkmale der oben dargestellten Maßstabsformel des Bundesverfassungsgerichts. Der Senat zollt dem Rechnung, indem er diesen Aspekten, die auch im Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung eingehend thematisiert und in verschiedener Richtung hinterfragt wurden, an dieser Stelle Raum gibt. Jedoch veranlassen sie ihn aus den später (unter b) darzustellenden Gründen nicht im Sinne der gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG erforderlichen Überzeugungsgewissheit zu einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht.

16

Für einen Verstoß gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG spricht, dass sich im traditionsbildenden Zeitraum die Rechtsregel entwickelt hat, dass eine disziplinarrechtliche Dienstentfernung von Beamten nicht allein durch den Dienstvorgesetzten verfügt werden konnte, sondern durch ein Kollegium erfolgte.

17

aa) Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG BW kann die disziplinarrechtliche Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch den Dienstvorgesetzten (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 4 Satz 1 Nr. 3 LDG BW) - zum Teil allein und zum Teil nach Zustimmung der höheren Disziplinarbehörde (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LDG BW) bzw. nach Vorlage bei der Rechtsaufsichtsbehörde (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LDG BW) - verfügt werden. Diese Anordnung einer eigenständigen und unmittelbaren Disziplinarbefugnis auch für statusberührende Maßnahmen steht teilweise im Spannungsverhältnis zu der erwähnten Rechtsregel.

18

In der geschichtlichen Entwicklung des Berufsbeamtentums hat sich, ausgehend von der sog. Hofratsliteratur und der hierauf gründenden Rechtsprechung des Reichskammergerichts (vgl. hierzu Behnke, ZBR 1963, 257 <264 ff.>; Krause, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 281 ff.; Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, 1986, S. 19 f.), schrittweise die Rechtsregel herausgebildet, dass eine Dienstentfernung von Beamten aus disziplinarrechtlichen Gründen zum Schutz vor Dienstherrnwillkür und im Interesse der unabhängigen Amtsführung erstens nicht allein und unmittelbar vom Dienstvorgesetzten selbst und zweitens nur aus hinreichenden, gesetzlich geregelten Gründen verfügt werden kann. Maßstabsbildender Grundsatz war dabei von Anfang an, dem Dienstvorgesetzten die Disziplinarbefugnis von vornherein zu entziehen (vgl. Weiß, in: GKÖD, Stand: Januar 2016, M § 45 Rn. 41). Aus diesem besonderen Entlassungsschutz für die Berufsbeamten ist das Lebenszeitprinzip abgeleitet und begründet worden. Diese Entwicklung hat ihren Schlussstein später dadurch erfahren, dass die zur Entscheidung über eine disziplinarrechtliche Entfernung aus dem Beamtenverhältnis berufenen Kollegialorgane als echte Gerichtsspruchkörper ausgestaltet worden sind.

19

Der Grundsatz, dass die Entlassung nicht allein durch den Entlassenden selbst verfügt werden darf, ist in der Praxis zunächst durch das Reichskammergericht etabliert worden. Bereits dieses hatte eine gefestigte Rechtsprechung zum Entlassungsschutz entwickelt, nach der die Entlassung nicht durch den Entlassenden selbst verfügt und durch eine rechtliche Untersuchung nachgewiesen worden sein musste (vgl. Krause, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 289 ff.).

20

Die Beschränkung der unmittelbaren Disziplinargewalt des Dienstherrn für statusberührende Maßnahmen hat nachfolgend auch Eingang in die normative Beamtengesetzgebung gefunden. Nachdem dem Kaiser im Jahr 1790 durch Art. 24 § 10 der Kaiserlichen Wahlkapitulationen bereits verboten worden war, Reichshofräte ohne vorheriges Gerichtsverfahren und eine gerichtliche Entscheidung ihres Dienstes zu entsetzen (vgl. Krause, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 297), findet sich die allgemeine Anordnung des Ausschlusses einer "administrativen Entlassung" durch den Entlassenden selbst erstmals in § 98 des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794. Dort heißt es: "Kein Vorgesetzter oder Departements-Chef kann einen Civilbedienten, wider seinen Willen, einseitig entsetzen oder verabschieden".

21

Die weitergehende Beschränkung des von Suarez verfassten Entwurfs auf förmliche Verfahren mit abschließendem Urteil ist damals zwar noch am Widerspruch des Königs gescheitert (vgl. Behnke, ZBR 1963, 257 <269>). Das Erfordernis des "Urtheilsspruches eines JustizKollegiums" findet sich normativ daher erstmals in Art. VIII der Bayerischen Hauptlandespragmatik von 1805 (RBl. Sp. 225; vgl. hierzu Wunder, ZBR 2005, 2 ff.). Der Entzug der unmittelbaren und eigenständigen Disziplinargewalt für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch den entlassenden Dienstherrn selbst ist aber bereits im Preußischen Allgemeinen Landrecht angelegt.

22

Der erwähnte Grundsatz hat sich nachfolgend in allen Staaten etabliert. Dies gilt generell, gerade aber auch für Preußen, das für die Entwicklung des Berufsbeamtentums nicht nur im Hinblick auf seine Größe und Bedeutung im Reich eine herausragende Stellung einnimmt, sondern auch materiell als Leitbild der Staatsorganisation die Entwicklung aller deutschen Staaten prägte (vgl. zum Vorbildcharakter Preußens für die Entwicklung des Berufsbeamtentums etwa Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, 2. Aufl. 1993, S. 229; zur Prägung der Beamtengesetzgebung im Reich: Günther, DÖV 2007, 357 <359>).

23

Bereits durch §§ 99 f. des Preußischen Allgemeinen Landrechts war die "Verabschiedung" eines Beamten der mehrheitlichen Entscheidung des Staatsrathes überantwortet worden. Mit § 28 des Preußischen Disziplinargesetzes vom 29. März 1844 (GS S. 77) ist die Entscheidung über die Entfernung aus dem Amt dem "kollegialischen Beschluss" der Provinzialbehörden unterstellt worden, die hierbei unabhängig und "ohne an positive Beweisregeln gebunden zu seyn, nach ihrer aus dem ganzen Inbegriff der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu beurtheilen [hatten], in wie weit die Beschuldigungen für gegründet zu achten sind". Der zuständige Verwaltungs-Chef war dabei grundsätzlich nur zur Milderung des getroffenen Beschlusses befugt (§ 30). An dieser Konzeption der Überantwortung der Disziplinarbefugnis für statusberührende Maßnahmen auf eigenständige Kollegialorgane hielten nachfolgend auch die Preußische Verordnung betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten vom 11. Juli 1849 (GS S. 271) und das Preußische Disziplinargesetz vom 21. Juli 1852 (GS S. 465) fest. Während die Befugnis zu Warnungen und Verweisen dem Dienstvorgesetzten zugesprochen war (§ 18 des Preußischen Disziplinargesetzes 1852), konnte die Entfernung aus dem Amt nur aufgrund eines förmlichen Disziplinarverfahrens und einer mündlichen Verhandlung durch hierzu berufene Disziplinarspruchkörper ausgesprochen werden (§ 24 des Preußischen Disziplinargesetzes 1852). Seit der (als Gesetz erlassenen) Preußischen Beamtendienststrafordnung vom 27. Januar 1932 (GS S. 59) ist die Verhängung statusberührender Disziplinarmaßnahmen sogar echten Dienststrafgerichten vorbehalten, die ihre Tätigkeit nach § 32 ausdrücklich in richterlicher Unabhängigkeit ausüben.

24

Ein derartiger Richtervorbehalt ist im traditionsbildenden Zeitraum auch in der ganz überwiegenden Zahl der anderen Staaten des Reichs für einzelne Beamtengruppen etabliert worden (vgl. neben der bereits benannten Regelung in Art. VIII der Bayerischen Hauptlandespragmatik vom 1. Januar 1805 etwa § 43 des Zivil-Staatsdiener-Gesetzes für die Herzogthümer Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen vom 10. April 1850 , § 60 des Braunschweigischen Gesetzes über den Civil-Staats-Dienst vom 12. Oktober 1832 , Art. 11 des Hessisch-Homburgischen Staatsdienergesetzes vom 26. Oktober 1849 , § 53 des Kurhessischen Staatsdienstgesetzes vom 8. März 1831 , § 55 des Lippischen Gesetzes über den Staatsdienst vom 15. Januar 1850 , Art. 78 des Oldenburgischen Civilstaatsdienergesetzes vom 26. März 1855 , § 50 des Civil-Staatsdienst-Gesetzes Sachsen-Coburg-Gotha vom 3. Mai 1852 , § 33 des Gesetzes über den Staatsdienst von Sachsen-Gotha vom 25. März 1849 , § 46 des Gesetzes über den Civil-Staatsdienst von Sachsen-Weimar-Eisenach vom 8. März 1850 , § 64 Schaumburg-Lippisches Civilstaatsdienstgesetz vom 8. März 1872 , § 46 des Gesetzes über den Civil-Staatsdienst von Schwarzburg-Rudolstadt vom 1. Mai 1850 , § 54 Waldeckisches Gesetz über den Staatsdienst vom 27. April 1850 ). Auch in den anderen Territorien des Reichs war flächendeckend und ausnahmslos jedenfalls anerkannt, dass nicht der entlassende Dienstvorgesetzte selbst und unmittelbar eine statusberührende Disziplinarmaßnahme verfügen kann.

25

Dies gilt in besonderer Weise für das Reich, in dem bereits mit dem Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873 (RGBl. S. 61) Disziplinarspruchkörper eingerichtet worden sind (§ 86). Dass damit eine bewusste Abkehr von der unmittelbar administrativen Entlassbarkeit der Beamten bezweckt war, folgt nicht nur aus der Entstehungsgeschichte. Es ergibt sich vielmehr aus dem im Gesetz selbst angeordneten System der Zuständigkeitsbestimmungen. Während Warnungen und Verweise vom Dienstvorgesetzten ausgesprochen werden dürfen (§ 80) und Geldstrafen in der Anordnungsgewalt der obersten Reichsbehörde stehen (§ 81), liegt die Entscheidung über die Entfernung in der Hand unabhängiger Disziplinarbehörden (§ 84). Die Intention, mit diesen Spruchkörpern eine neutrale Instanz und nicht den entlassenden Dienstvorgesetzten selbst mit der Entscheidungsgewalt zu betrauen, wird an der in § 90 RBG ausdrücklich (und nur für diese Fälle) vorgesehenen Befangenheitsrüge deutlich sichtbar. Ist die Unbefangenheit nicht sichergestellt, darf die Disziplinarkammer nicht entscheiden. Damit ist eine eigenständige Entscheidungsbefugnis des Dienstvorgesetzten "als Partei" im Ansatz nicht vereinbar.

26

An dieser Begrenzung der unmittelbaren Disziplinargewalt des Dienstvorgesetzten für statusberührende Maßnahmen ist selbst unter der Geltung des Gesetzes über die Pflichten der Beamten zum Schutze der Republik vom 21. Juli 1922 (sog. Republikschutzgesetzgebung) festgehalten worden, das angesichts seiner besonderen Zweckgebundenheit schwerwiegende Einschnitte in die Rechtsstellung der Beamten enthielt und für die Entwicklung des Berufsbeamtentums keine dauerhafte Prägekraft entfaltet hat (dies zeigt sich etwa an der Einschränkung des Grundsatzes auf amtsangemessene Beschäftigung durch einstweilige Versetzung in den Ruhestand in Art. III des Gesetzes). Auch hier ist die Disziplinarbefugnis für statusberührende Maßnahmen nicht der unmittelbaren Anordnungsgewalt des entlassenden Dienstvorgesetzten unterstellt, sondern an der Konzeption der Entscheidung durch unabhängige Disziplinarkammern und -höfe festgehalten worden (Art. I § 10b des Gesetzes). Einen "Rückschritt" stellt die Republikschutzgesetzgebung lediglich insoweit dar, als die Spruchkörper nicht mehr mehrheitlich aus berufsrichterlichen Mitgliedern bestanden, was für die hier beschriebene Rechtsregel indes irrelevant ist.

27

Die Regel, dass die Befugnis zur disziplinarrechtlichen Dienstentfernung dem alleinigen "administrativen" Anordnungsrecht des Dienstvorgesetzten von vornherein entzogen ist, war bis zur Ablösung der Weimarer Reichsverfassung daher in deren gesamten räumlichen Anwendungsbereich allgemein anerkannt.

28

bb) Durch den Entzug der unmittelbaren Disziplinargewalt für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist die lebenslängliche Anstellung wirksam gesichert und die unabhängige Amtsführung gegen willkürliche Anordnungen Vorgesetzter geschützt. Gerade dieser besondere Entlassungsschutz unterscheidet das öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnis von einer zivilrechtlichen Beschäftigung in ihrem Kern (vgl. Zängl, in: FS Fürst, 2002, S. 447 <461>).

29

Auch wenn die Ausgestaltung der zur Entscheidung im förmlichen Disziplinarverfahren berufenen Kollegialorgane in den Gesetzen der einzelnen Reichsterritorien im traditionsbildenden Zeitraum teilweise unterschiedlich geprägt war, liegt ihnen angesichts der historischen Entwicklung erkennbar das einheitliche Prinzip zugrunde, dem entlassenden Dienstvorgesetzten die Befugnis zum unmittelbaren Ausspruch einer Dienstentfernung im administrativen Wege von vornherein zu entziehen. Diese Intention ist in der Begründung des Entwurfs des Reichskanzlers von Bismarck vom 8. April 1872 zum Erlass des Reichsbeamtengesetzes (Deutscher Reichstag, 1. Legislatur-Periode, III. Sektion 1872 No. 9, S. 43) auch ausdrücklich und mustergültig formuliert: "Die Entscheidung über die gegen den Beamten erhobenen Anschuldigungen wird somit nicht in die Hand der Dienstvorgesetzten gelegt, sondern besonderen, völlig unbefangenen Kollegien überlassen."

30

Die Unentziehbarkeit des Beamtenverhältnisses ist von Beginn an als "eine der wichtigsten von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Regeln des Beamtenrechts" qualifiziert worden (BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1958 - 1 BvL 27/55 - BVerfGE 8, 332 <352 f.>). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht Gefährdungen der unabhängigen Amtsführung insbesondere in der Entscheidungsbefugnis "politischer Gremien" über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verortet (BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1957 - 1 BvL 1/57 - BVerfGE 7, 155 <163>; ähnlich auch Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <260>). An dieser unmittelbaren Rückkopplung von Amtsführung und Unabhängigkeit hat das Bundesverfassungsgericht stets festgehalten, zuletzt etwa im Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - (NVwZ 2016, 682 Rn. 39): "Der mit dem Lebenszeitverhältnis gewährten Unentziehbarkeit des statusrechtlichen Amts kommt grundlegende Bedeutung zu, weil sie dem Beamten gerade bei der Ausübung des übertragenen Amts die im Interesse seiner Bindung an Gesetz und Recht erforderliche Unabhängigkeit sichert."

31

cc) Die Begrenzung der unmittelbaren Disziplinargewalt des Dienstvorgesetzten für statusberührende Maßnahmen ist eine Ausprägung des Lebenszeitgrundsatzes für das Beamtendisziplinarrecht. Sie stellt den Beamten von vornherein von der Befürchtung frei, dass ein Beharren auf gesetzmäßiger und nicht im Partikularinteresse einflussreicher Kreise liegender Amtsführung zu Willkürmaßnahmen seiner Vorgesetzten führt.

32

b) All diese Aspekte geben dem Senat indes nicht die erforderliche Überzeugungsgewissheit, die er gewinnen müsste, um das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Der Senat ist aufgrund der Variationsbreite der im traditionsbildenden Zeitraum bestehenden Regelungen aus den nachfolgend dargestellten Gründen der Ansicht, dass keine dem § 38 Abs. 1 LDG BW entgegenstehende Rechtsregel im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG besteht. Dabei geht der Senat bereits von einer anderen zu überprüfenden Rechtsregel aus als der obige Ansatz. Darüber hinaus gelangt er auch bei der Bewertung des rechtshistorischen Befundes und weiteren Fragestellungen zu einer anderen Beurteilung als die Revision. Im Einzelnen:

33

Im traditionsbildenden Zeitraum lässt sich weder ein Richtervorbehalt für die disziplinare Entfernung eines Beamten aus dem Dienstverhältnis nachweisen noch widerspricht eine Entlassung im Disziplinarverfahren aufgrund einer Verfügung bei umfassendem gerichtlichen Rechtsschutz dem Lebenszeitprinzip. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat das Lebenszeitprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG die Funktion, die Unabhängigkeit der Beamten im Interesse einer rechtsstaatlichen Verwaltung zu gewährleisten (BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <221> m.w.N.). Dazu gehört, dass der Beamte nicht willkürlich oder nach freiem Ermessen politischer Gremien aus seinem Amt entfernt werden darf, denn damit entfiele seine persönliche Unabhängigkeit (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 38). Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass disziplinare Höchstmaßnahmen nur aufgrund und im Rahmen von gesetzlich geordneten Verfahren verfügt werden dürfen und den betroffenen Beamten gegen diese Disziplinarverfügungen effektiver Rechtsschutz zur Seite steht. Ein disziplinarrechtlich weitergehender Inhalt lässt sich auch dem Lebenszeitprinzip nicht entnehmen.

34

Die Entscheidung über die Entfernung eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis wegen eines Dienstvergehens war während des traditionsbildenden Zeitraums ganz verschiedenen Organen übertragen. Diese Funktion nahmen teils Gerichte war, teils besondere Verwaltungsgerichte, aber auch Verwaltungsbehörden, gegen deren Entscheidung mitunter die Beschreitung des Rechtswegs nachgelassen war, und schließlich auch besondere Disziplinarbehörden, die sich meist aus richterlichen Mitgliedern und Verwaltungsbeamten zusammensetzten, aber auch aus anderen Mitgliedern, etwa Bevollmächtigten des Reichsrats, deren Entscheidungen keiner gerichtlichen Kontrolle unterworfen waren.

35

Die oftmals kollegiale Organisation der besonderen Disziplinarbehörden ändert im Ergebnis nichts daran, dass es sich bei ihnen um Stellen öffentlicher Verwaltung handelte, deren Entscheidungen im Ergebnis exekutiven Charakter hatten. Sie agierten weder unabhängig noch kam ihren Entscheidungen allgemein oder doch ganz überwiegend letztverbindlicher Charakter zu.

36

aa) Die historische Entwicklung in den Ländern nahm ihren kodifizierten Anfang mit dem Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten (PrALR) von 1794 (zitiert nach Hattenhauer , Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, 2. Aufl. 1994). Für das Disziplinarrecht bedeutsam waren die Regelungen im Zweiten Teil, Zehnter Titel des PrALR: "Von den Rechten und Pflichten der Diener des Staats". Dort bestimmte § 98, dass "kein Vorgesetzter oder Departements-Chef einen Civilbedienten, wider seinen Willen, einseitig entsetzen oder verabschieden" kann. Der Beamte war vor seiner Entsetzung zu hören und "die Sache zum Vortrage im versammelten Staatsrathe [zu] befördern" (§ 99), bei dessen mehrheitlicher Beschlussfassung es sein Bewenden hatte (§ 100). Der Staatsrat bestand aus den Prinzen des regierenden Hauses, dem Staatskanzler, den Ministern und anderen vom Monarchen ernannten Mitgliedern (vgl. Meyer/Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, 7. Aufl. 1919, S. 404 f. m.w.N.). Bei "Bedienungen", die der Landesherr selbst "bestallte", war "ein auf Entsetzung oder Entlassung ausgefallener Beschluss des Staatsraths jedesmal dem Landesherrn zur unmittelbaren Prüfung und Bestätigung" vorzulegen (§ 101). Andere Gremien waren nicht zu befassen, einen Rechtszug auch im weiteren Sinne gab es nicht.

37

Die Bayerische Hauptlandespragmatik vom 1. Januar 1805 (RBl. Sp. 225), die allerdings nur für "pragmatische Staatsdiener", vergleichbar den Beamten des heutigen höheren Dienstes, galt, sah den "Verlust des dienerschaftlichen Standes (Kassation) nur nach vorhergegangener richterlicher Untersuchung" vor (Art. VIII, vgl. näher Wunder, ZBR 2005, 2 <12>). Außer im Falle eines richterlichen Spruches, hatten der einmal verliehene "Dienerstand und das Standesgehalt die unverletzliche Natur der Perpetuität" (Art. X).

38

Demgegenüber entschied nach § 14 Abs. 1 Badisches Civilstaatsdieneredikt vom 30. Januar 1819 (StRBl. S. 11) über die "Dienstentlassung und Versetzung" unwiderruflich angestellter Diener "in deterius" das Großherzogliche Staatsministerium auf administrativem Weg. Die Württembergische Verfassungsurkunde vom 15. September 1819 (StRBl. S. 634) gab in ihren §§ 46 und 47 vor, dass Staatsdiener, die ein Richteramt bekleideten, nur durch Richterspruch aus dem Dienst entfernt werden dürften, während bei den anderen Staatsdienern ein Richtervorbehalt nur dann zum Tragen kam, "wenn die Entfernung wegen Verbrechen oder gemeiner Vergehen geschehen soll". Andere Länder regelten die disziplinare Entfernung von Beamten entweder judikativ (z.B. § 60 Braunschweigisches Gesetz über den Civil-Staats-Dienst vom 12. Oktober 1832, GVS S. 331, § 43 Zivil-Staatsdienergesetz für die Herzogtümer Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen vom 10. April 1850, GS. S. 1747), administrativ (z.B. § 25 Sächsisches Civilstaatsdienergesetz vom 7. März 1835, GVBl. S. 169, § 58 Hannoverisches Staatsdienergesetz vom 8. Mai 1852, GS I S. 97) oder gemischt administrativ und judikativ (z.B. Art. 11 und 12 des Hessisch-Homburgischen Staatsdienergesetzes vom 26. Oktober 1849, RBl. S. 85 für höhere Staatsdiener nur durch gerichtliches Urteil und für Staatsbedienstete niederen Ranges im Verwaltungswege).

39

Zu ersten speziellen Disziplinargesetzen kam es ab dem Jahr 1844 in Preußen. Generell kennzeichnend war hier, dass diese Gesetze die Zuständigkeit zur Führung förmlicher Disziplinarverfahren der jeweiligen Anstellungskörperschaft übertrugen. So entschieden nach § 28 des Preußischen Disziplinargesetzes vom 29. März 1844 (PrGS S. 77) "Provinzial-Behörden" und deren "Verwaltungs-Chefs" über die Entfernung eines der bei ihnen angestellten nicht richterlichen Beamten aus dem Amt.

40

Mit der "Verordnung, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten, die Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand" vom 11. Juli 1849 (PrGS S. 271) errichtete Preußen den "Disziplinarhof zu Berlin" und die Provinzialbehörden als besondere Disziplinarbehörden. Die Zuständigkeit bestimmte sich allein nach der durch die Anstellung begründeten Amtsstellung. Für vom König oder von den Ministern ernannte oder bestätigte Beamte war der Disziplinarhof zuständig, während die Provinzialbehörden - die eine Vielzahl von Einrichtungen umfassten (Regierungen, Provinzial-Schulkollegien, Provinzial-Steuerdirektionen, Ober-Bergämter) - für die jeweils von ihnen angestellten Beamten besondere Disziplinarbehörden erster Instanz waren (§ 26). War die personelle Zusammensetzung der Provinzialbehörden als Disziplinarbehörden zunächst gesetzlich nicht näher geregelt, bestimmte § 31 dieser Verordnung, dass der Disziplinarhof aus einem Präsidenten und zehn anderen Mitgliedern bestand, von denen wenigstens vier zu den Mitgliedern der beiden obersten Gerichtshöfe gehören mussten. Ihm kam allerdings keine letztverbindliche Entscheidungskompetenz zu. Denn gegen die Entscheidung des Disziplinarhofs konnten die Beteiligten Berufung zum Staatsministerium erheben (§ 45). Über Entscheidungen des Disziplinarhofs befand mit dem Preußischen Staatsministerium eine Behörde, so dass die letztverbindliche Entscheidungskompetenz allein exekutiven Charakter hatte. Für den Fall, dass das Staatsministerium die Entfernung aus dem Amt aussprach, bedurfte dieser Ausspruch zudem der Bestätigung des Königs, wenn der Beamte vom König ernannt oder bestätigt worden war (§ 51). Das Staatsministerium stand an der Spitze der Staatsverwaltung und setzte sich aus den jeweils bestehenden Ministerien - in Preußen bis 1848: Staatskanzler/Präsident des Staatsministeriums als Ministerpräsident, Krieg, Inneres, Finanzen, Justiz, Äußeres und ab 1848 zusätzlich: Geistliche-, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, Landwirtschaft, Domänen und Forsten sowie Handel und Gewerbe - zusammen (siehe näher Meyer/Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, 7. Aufl. 1919, S. 402 f.).

41

Das Preußische Disziplinargesetz vom 21. Juli 1852 (PrGS S. 465, vgl. dort die §§ 24, 29, 41 und 47) löste die für die einschlägigen Bestimmungen inhaltsgleiche Preußische Beamten-Disziplinar-Verordnung vom 11. Juli 1849 (vgl. dort die §§ 26, 31, 45 und 51) ab. Der Disziplinarhof zu Berlin und die Provinzialbehörden blieben als Disziplinarbehörden erhalten. In den Disziplinarverfahren wurde zwar mündlich verhandelt, die Verhandlungen fanden aber gemäß § 35 Abs. 1 PrDiszG 1852 in nicht öffentlicher Sitzung - also geheim - statt. An der abschließenden Zuständigkeit des Preußischen Staatsministeriums änderte sich nichts (§ 41).

42

Besondere Zuständigkeiten bestanden in Preußen für die Durchführung von Disziplinarverfahren gegen Beamte des mittleren und unteren Dienstes bei den Gerichten und für Beamte der Selbstverwaltungskörperschaften. Für die "Büreau- und Unterbeamten bei den Gerichten" war "die entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz [...] das Appellationsgericht, und zwar in derjenigen Abtheilung, in welcher der Erste Präsident gewöhnlich den Vorsitz führt" (§ 64 Nr. 2 PrDiszG 1852). Dagegen sah § 78 PrDiszG 1852 für Gemeindebeamte, die weder vom König noch von der Bezirksregierung oder deren Präsidenten ernannt oder bestätigt wurden, zunächst vor, dass die Akten nach geschlossener Voruntersuchung dem Präsident der Bezirksregierung übersandt werden. Für gegen gewählte Mitglieder der Kreis- und Stadtausschüsse zu führende förmliche Disziplinarverfahren bestimmte hingegen § 39 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (PrGS S. 195) den Bezirksausschuss als entscheidende Behörde erster Instanz und das Plenum des Oberverwaltungsgerichts als entscheidende Behörde zweiter Instanz. Wieder anders gestaltete sich das förmliche Disziplinarverfahren, wenn es um Dienstvergehen der Beamten der Landes-Versicherungsanstalten ging. Nach § 3 des Gesetzes betreffend die Dienstvergehen der Beamten der Landes-Versicherungsanstalten vom 17. Juni 1900 (PrGS S. 251) trat in dem auf die Entfernung aus dem Amt gerichteten Disziplinarverfahren als Entscheider an die Stelle des Regierungspräsidenten der Vorsitzende des Vorstands der Versicherungsanstalt, an die Stelle der Bezirksregierung und des Disziplinarhofs der Bezirksausschuss und an die Stelle des Staatsministeriums das Oberverwaltungsgericht. Die sich daraus ergebende Vielfältigkeit der Zuständigkeiten war Gegenstand kritischer fachwissenschaftlicher Erörterung (vgl. Sendel, Gesetz vom 21. Juli 1852 betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten, die Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand und seine Ergänzungen, 2. Aufl. 1894, S. 19 ff.; Brand, Das Beamtenrecht, 3. Aufl. 1928, S. 776 ff.).

43

Erst Art. 6 des Kriegsgesetzes zur Vereinfachung der Verwaltung vom 13. Mai 1918 (PrGS S. 53) reformierte das Preußische Disziplinargesetz aus dem Jahr 1852 partiell. Die Regierungskollegien bei den Provinzialbehörden führten bis dahin Disziplinarverfahren in Plenarversammlungen unter Vorsitz des Regierungspräsidenten durch. Bei großen Regierungen erwies sich dies zunehmend als übergroßes Kollegium, das zur ordnungsgemäßen Verhandlung, Beratung und Entscheidung ungeeignet war (vgl. anschaulich Brand, in: Der Schulverband, 1929, S. 203 <205>). Deshalb bestimmte der 1918 neu eingefügte Satz 2 des § 24 Abs. 2 PrDiszG, dass, soweit die Regierung als entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz in Betracht kam, das Disziplinargericht aus sieben Mitgliedern bestand. Diese Mitglieder setzten sich wie folgt zusammen: der Regierungspräsident als Vorsitzender, der Oberregierungsrat oder sonstige Leiter des Geschäftsbereichs, zu dem der Angeschuldigte gehörte, und fünf weitere Mitglieder. Die weiteren Mitglieder bestimmte der Regierungspräsident für die verschiedenen Beamtenklassen besonders aus der Zahl der Regierungsmitglieder. Dies belegt den exekutiven Charakter dieser besonderen Disziplinarbehörde. Den Vorsitz im Gremium führte der Regierungspräsident als Dienstvorgesetzter, hinzu kamen mit dem Leiter des Geschäftsbereichs der Fachvorgesetzte sowie fünf weitere Beamte, die alle dem Vorsitzenden unterstanden. Dies macht die bereits früher vertretene wissenschaftliche Äußerung verständlich, wonach über Dienstvergehen eines Beamten regelmäßig der Vorgesetzte entscheiden sollte (vgl. von Rheinbaben, Die preußischen Disziplinargesetze, Berlin 1904, § 24 DiszG S. 169).

44

Die Verordnung vom 18. Februar 1919 (PrGS S. 19) brachte in Bezug auf das Rechtsmittel der Berufung gegen disziplinarische Entscheidungen nur eine geringfügige Verbesserung. In denjenigen Fällen, in denen der Disziplinarhof nicht bereits in erster Instanz geurteilt hatte, war er für das Rechtsmittel der Berufung zuständig. Dies betraf jedoch nicht die höheren unmittelbaren Staatsbeamten. Für sie blieb das Preußische Staatsministerium, d.h. die Gesamtheit der preußischen Minister, letzte Disziplinarinstanz, wobei vor dem Staatsministerium nicht einmal eine mündliche Verhandlung vorgesehen war (Brand, Der Schulverband, 1929, S. 203 <206>).

45

bb) Im deutschen Gesamtstaat des Kaiserreichs enthielt das Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten von 31. März 1873 (RGBl. S. 61, RBG) die ersten disziplinarrechtlichen Regelungen. Im förmlichen Disziplinarverfahren waren zwei Disziplinarbehörden als Reichsbehörden zur Entscheidung über die Entfernung eines Beamten aus dem Amt berufen (vgl. Kanngiesser, Das Recht der Deutschen Reichs-Beamten, Reichs-Gesetze mit Erläuterungen, Band 3, 1874, § 86 RBG II. 2. ). Es handelte sich gemäß den §§ 84 und 86 RBG um die Disziplinarkammer in erster Instanz und den Disziplinarhof in zweiter Instanz. Die Disziplinarkammern bestanden aus sieben Mitgliedern, von denen der Präsident und wenigstens drei andere Mitglieder in richterlicher Stellung in einem Bundesstaate sein mussten (§ 89 Abs. 1 RBG). In dem aus elf Mitgliedern zusammengesetzten Disziplinarhof fanden sich wenigstens vier Bevollmächtigte des "Bundesrathes", während der Präsident und wenigstens fünf weitere Mitglieder zu den Mitgliedern des Reichs-Oberhandelsgerichts gehören mussten (§ 91 Abs. 1 RBG). Bei der gemäß § 103 RBG öffentlich geführten mündlichen Verhandlung und Entscheidung befanden sich die richterlichen Mitglieder der Disziplinarbehörden jeweils in der Mehrheit (§ 89 Abs. 2 und § 91 Abs. 2 RBG).

46

Die Motive zum Gesetzentwurf (Deutscher Reichstag Drucksache 1. Legislatur-Periode, III. Sektion 1872, No. 9 S. 40) nannten zwei Gesichtspunkte, die für die disziplinare Entfernung eines Beamten aus dem Amt maßgeblich sein sollten: der Schutz des Beamten gegen Willkür und die Möglichkeit der Entfernung wegen Unwürdigkeit. Während in einigen Territorien die Entsetzung eines Beamten nur von Gerichten ausgesprochen werden durfte (Bayern, Braunschweig und Hessen), wurde in anderen Staaten (Preußen, Sachsen und Österreich) über die Entsetzung im Wege der Verwaltungsjustiz entschieden. Zur Begründung des Gesetzentwurfes zum Reichsbeamtengesetz hieß es etwas widersprüchlich einerseits, dass sich der Entwurf "dem Beispiele des Preußischen Rechts" anschließt (a.a.O. S. 40), während andererseits zugleich darauf hingewiesen wurde, "die Entscheidung über die gegen den Beamten erhobene Anschuldigung nicht in die Hand des Dienstvorgesetzten zu legen, sondern besonderen, völlig unbefangenen Kollegien zu überlassen" (a.a.O. S. 43).

47

Bei den angesprochenen Kollegien - den Disziplinarkammern und dem Disziplinarhof - handelte es sich in der heutigen Terminologie um "gemischte Gremien" (BVerfG, Urteil vom 8. Februar 2001 - 2 BvF 1/00 - BVerfGE 103, 111 <139>) oder "gerichtsähnliche Spruchkörper der Exekutive" (Weiß, in: Fürst u.a. GKÖD, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, M § 45 Rn. 46). Auch wenn diese Kollegien vereinzelte gerichtsähnliche Verfahrensbestimmungen - etwa die Befangenheitsrüge nach § 90 RBG - kannten, wäre es indes verfehlt, ihnen Unabhängigkeit zu bescheinigen. Denn bei diesen nicht ständigen Kollegien handelte es sich um Reichsbehörden. Ihre Mitglieder wurden aus den Landesbeamten gewählt und bekleideten "das Reichsamt des Kaiserlichen Disziplinar-Richters" als "Nebenamt" (Kanngiesser, Das Recht der Deutschen Reichs-Beamten, Reichs-Gesetze mit Erläuterungen, Band 3, 1874, § 86 RBG II. 2. S. 178 f.; Kanngiesser beschrieb "diese wandernden Gerichte" denn auch als einen "Uebelstand", der zur Zeit nicht zu vermeiden sei, a.a.O. S. 179).

48

cc) Für die Weimarer Zeit ist für die Frage, ob es eine allgemeine Regel des Inhalts gab, dass die Ahndung eines Dienstvergehens eines Beamten stets einem Gremium vorbehalten war, das gegenüber der exekutiven Gewalt des Dienstherrn durch die gesetzlich bestimmte Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit geprägt war, zwischen den Ebenen der Verfassung und des einfachen Gesetzesrechts zu unterscheiden.

49

aaa) Die Reichsverfassung von Weimar vom 11. August 1919 (RGBl. S. 1383 - WRV -) bestimmte in ihrem Artikel 128 Abs. 3 nur, dass die Grundlagen des Beamtenverhältnisses - was auch diejenigen für die Beamten der Länder einschloss - durch Reichsgesetz zu regeln waren. Weiter sah Art. 129 Abs. 1 Satz 1 WRV vor, dass die Anstellung der Beamten auf Lebenszeit erfolgte, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt war. Die Bedeutung der lebzeitigen Anstellung unterstrich Art. 129 Abs. 2 WRV, der vorgab, dass die Beamten nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und Formen vorläufig ihres Amtes enthoben, einstweilen oder endgültig in den Ruhestand oder in ein anderes Amt mit geringerem Gehalt versetzt werden konnten.

50

Dagegen schrieb die Reichsverfassung für die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wegen eines Dienstvergehens die Entscheidung durch Gerichte oder andere Gremien nicht vor. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des Art. 129 Abs. 3 WRV und der Bedeutung, die dieser Norm beigemessen wurde. Die Vorschrift lautete: "Gegen jedes dienstliche Straferkenntnis muß ein Beschwerdeweg und die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens eröffnet sein." Diese Norm nahm die im gesamten Reichsgebiet bestehende breite Palette der Verfahrensarten bei der Entlassung eines Beamten wegen eines Dienstvergehens hin, ohne ihrerseits hinsichtlich des Verfahrens Vorgaben zu machen. Die Verfassung akzeptierte damit die bestehende Vielfalt der Verfahrensgestaltung und beschränkte sich darauf, gegen "jedes dienstliche Straferkenntnis" den Beschwerdeweg sowie die Möglichkeit des Wiederaufnahmeverfahrens zu eröffnen (Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, 7. Aufl. 1919, § 153, S. 628 f.). Die damalige Rechtsprechung verstand Art. 129 Abs. 3 Satz 1 WRV allerdings als "lediglich programmatische Bestimmung" (RG, Urteil vom 24. Februar 1928 - III 297/27 - JW 1928, 1289). Auch die damalige Literatur (vgl. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 3. Bearbeitung, 12. Aufl., 1930, Art. 129 Anm. 9; Gebhard, Handkommentar zur Verfassung des Deutschen Reichs, 1932, Art. 129 Anm. 8) beurteilte die Norm lediglich als Richtlinie für die Gesetzgebung, nicht aber als bindendes Recht.

51

Darüber hinaus lässt sich im Umkehrschluss aus Art. 104 Abs. 1 WRV, der für Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit - nicht aber für Richter der Verwaltungsgerichte oder für Beamte - einen Richtervorbehalt formulierte, herleiten, dass ein solcher für Beamte gerade nicht anerkannt war.

52

Auch die Preußische Verfassung von 1920 (PrGS 1920, Nr. 55, S. 543) enthielt keine näheren Vorgaben für die disziplinare Entfernung von Beamten aus dem Amt. Art. 79 Preußische Verfassung 1920 bestimmte nur, dass die Staatsbeamten wider ihren Willen nur unter den gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen und Formen entlassen, einstweilig oder endgültig in den Ruhestand oder in ein anderes Amt mit geringerem Gehalt versetzt werden konnten. Im Übrigen sah Art. 80 Preußische Verfassung 1920 vor, dass das Beamtenrecht im Rahmen des Reichsrechts durch Gesetz geregelt wird. Das staatspraktische Verständnis, wem letztverbindlich die Disziplinargewalt zustand, belegt folgende dem preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun im Jahre 1930 im Landtag zugeschriebene Äußerung: "Wenn die preußische Staatsregierung es für zweckmäßig gehalten haben würde, auch gegen Beamte, die lediglich unterzeichnet haben, vorzugehen und die Entscheidung der Disziplinargerichte anzurufen, dann hätte sie sich durch das Urteil des Staatsgerichtshofs keineswegs hindern lassen, denn die Disziplinargewalt steht dem preußischen Staatsministerium und nicht dem Staatsgerichtshof zu" (zitiert nach Sachse, Die Rechtskraft der Entscheidungen des Staatsgerichtshofs gegenüber Disziplinarbehörden und Disziplinargerichten, in Abraham , Zeitschrift für Beamtenrecht, Bd. 3, 1931, S. 153 und 166. Sitzung des preußischen Landtags vom 22. Mai 1930, Sitzungsbericht Sp. 14149, 14150).

53

bbb) Im einfachen Gesetzesrecht änderte das mit der nach Art. 76 WRV für Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Mehrheit zustande gekommene Gesetz über die Pflichten der Beamten zum Schutz der Republik vom 21. Juli 1922 (RGBI. I 1922 S. 590) u.a. das im Reichsbeamtengesetz kodifizierte beamtenrechtliche Disziplinarverfahrensrecht für die Reichsbeamten. Ziel des Gesetzes war es, die republikanischen Verfassungstreuepflichten der Beamten zu konkretisieren. Der Schutz der Reichsbeamten (sowie derjenige der Soldaten) gegen unsachliche Disziplinarerkenntnisse verschlechterte sich durch die neugefassten §§ 89, 91 und 93 RBG gleich dreifach: Weder in den Disziplinarkammern noch im Disziplinarhof mussten die berufsrichterlichen Mitglieder mehr überwiegen, die Mitglieder der Disziplinarkammern und des Disziplinarhofs wurden nur noch auf drei Jahre ernannt und die Amtsdauer der im Amt befindlichen Mitglieder, also auch der auf Lebenszeit ernannten, endete kraft Gesetzes mit dem 31. August 1922 (Jellinek, in: VVDStRL 1925, S. 8 <35>). Diese Neuorganisation veranlasste namhafte Stimmen der damaligen Staatsrechtslehre zu der zusammenfassenden Beurteilung, dass man dem um seinen Bestand ringenden Staat gewiss das Recht zu außerordentlichen Maßnahmen zubillige, dass aber auf die Dauer sich eine solche ausgesprochene oder unausgesprochene Politisierung der Disziplinargerichtsbarkeit nicht aufrechterhalten lassen werde (Jellinek, in VVDStRL 1925, S. 8 <35 f.>; Lassar, in: VVDStRL 1925, S. 81 <103>; Köttgen, Das deutsche Berufsbeamtentum und die parlamentarische Demokratie, 1928, S. 132 <133 f.>).

54

Im Folgenden legte die Reichsregierung dem damaligen Reichstag am 7. August 1925 den ersten Entwurf einer Reichsdienststrafordnung vor, die an die Stelle der §§ 72 bis 133 RBG treten sollte (RT-Drs. III/1474). Institutionell sah der Entwurf vor, die Reichsdienststrafkammern in erster Instanz und den Reichsdienststrafhof als Berufungsgericht als jeweils unabhängige und nur dem Gesetz unterworfene Dienststrafgerichte in Disziplinarsachen entscheiden zu lassen (§ 20 des Entwurfs). Der beim Reichsgericht ansässige Reichsdienststrafhof (§ 32 Abs. 1 des Entwurfs) sollte aufgrund öffentlicher Hauptverhandlung (§ 73 Abs. 1 des Entwurfs) jeweils mit drei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden und mit zwei Beamtenbeisitzern entscheiden (§ 32 Abs. 3 Satz 2 des Entwurfs). Des Weiteren forderte der Entwurf für alle dem Beschuldigten nachteiligen Entscheidungen analog § 263 Abs. 1 StPO eine Zweidrittelmehrheit der Zahl der gesetzlichen Stimmen (§ 78 Abs. 1 des Entwurfs). Zur Begründung des Gesetzentwurfes führte die Reichsregierung aus, gerade dieser Teil des Beamtenrechts bedürfe besonders dringlich der Erneuerung. Der Reichstag überwies den Entwurf an den Ausschuss für Beamtenangelegenheiten (14. Ausschuss), der einen Bericht dazu verfasste. Das Plenum des Reichstags kam indes nicht mehr dazu, das Gesetz zu verabschieden. Der Reichstag wurde aufgelöst und der Gesetzentwurf zu einer Reichsdienststrafordnung von dem Reichsminister des Innern (Az. I C 6610/26.3) erst wieder am 26. März 1931 dem Reichsrat erneut vorgelegt (RRat-Drs. Nr. 43, Tagung 1931). Der Reichsrat stimmte dem neuen Gesetzentwurf am 12. November 1931 zu. Der Entwurf blieb indes Entwurf, denn er wurde abermals nicht vom Reichstag beschlossen. Daran änderte sich bis zum faktischen Ende der Weimarer Republik am 30. Januar 1933 nichts. Für die Begründung eines hergebrachten Grundsatzes im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG sind diese Gesetzesinitiativen auf der Ebene des Reichs im Ergebnis unergiebig, weil es dafür allein auf die maßgebliche Gesetzeslage ankommt.

55

ccc) Die Rechtslage in Preußen entwickelte sich während der Weimarer Zeit zunächst zu der im Reich teilweise parallel. Die Republikschutzgesetzgebung mit Gesetzen über die besonderen Pflichten der Beamten zum Schutz der Weimarer Republik wurde auch in Preußen (Art. 5 und 6 des Gesetzes zur Änderung des "Gesetzes betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten, die Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand, vom 21. Juli 1852 - PrGS S. 465 -" vom 4. August 1922 PrGS 1922 S. 208 f.) und in mehreren anderen Ländern - etwa Hamburg, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen und Thüringen - implementiert. Diese Gesetze entsprachen inhaltlich dem gesamtstaatlichen Gesetz, mit der Besonderheit, dass das Ende der Amtszeit der aktuellen Mitglieder des Preußischen Disziplinarhofs rückwirkend auf den 15. Juli 1922 bestimmt wurde. Indes wurden die beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren in Preußen - anders als im Reich - weiter auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 PrDiszG 1852 unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Für einen Teil der Beamten war Berufungsinstanz unverändert das Preußische Staatsministerium, d.h. die Gesamtheit der Preußischen Minister.

56

Der Preußische Landtag rang sich nur betreffend der Dienstvergehen der Richter zu einer Beendigung des Öffentlichkeitsausschlusses durch, und auch dies erst durch Gesetz vom 23. Dezember 1927 (PrGS 1927, S. 294 f.). Stimmen im Schrifttum beklagten das "fast mittelalterlich erscheinende Geheimverfahren" in Preußen bereits damals, wenn sie bedauernd feststellten, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit nur für Richter, nicht aber auch für Disziplinarverfahren gegen die nichtrichterlichen Beamten eingeführt wurde (so Brand, in: Abraham , Zeitschrift für Beamtenrecht, Bd. 1, 1929, S. 1 <10>; ders., in: Der Schulverband, 1929, S. 203 <206 f.>).

57

Neue Maßstäbe setzte Preußen indes mit seiner zum 1. April 1932 in Kraft getretenen Beamtendienststrafordnung vom 27. Januar 1932 (PrGS S. 59 - BDStO 1932). Mit diesem Gesetz schuf Preußen gemäß den § 27 Abs. 2 und § 32 BDStO 1932 erstmals eine unabhängige und nur dem Gesetz unterworfene Disziplinargerichtsbarkeit für die im preußischen Dienst stehenden Landes- und Kommunalbeamten. Die mündlichen Verhandlungen wurden nunmehr auch öffentlich geführt (§ 43 BDStO 1932). In erster Instanz entschieden besondere Dienststrafkammern, Berufungsinstanz war einheitlich nicht mehr das Staatsministerium, sondern der Dienststrafhof (§ 39 Abs. 1 und § 49 BDStO 1932).

58

Dem ging eine intensive parlamentarische Vorarbeit im Preußischen Landtag voraus, deren Beginn der Urantrag Nr. 386 der Deutschnationalen Volkspartei vom 8. November 1928 für ein neues Disziplinargesetz betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten markierte (Preußischer Landtag, 3. WP., 1. Tagung 1928 Drs. Nr. 386, S. 443). Es folgte unter der Nr. 2219 ein weiterer Urantrag der Wirtschaftspartei vom 15. April 1929 (Preußischer Landtag, 3 WP., 1. Tagung 1928/1929, Drs. Nr. 2219, S. 1553), zu dessen Begründung es hieß, das Preußische Disziplinargesetz von 1852 entbehre nicht nur jeglicher Rechtsgarantie, sondern sei "bewußt als einseitiges Machtinstrument der Regierung gedacht zur Durchsetzung des Willens gegenüber den beamteten Personen". Beide Uranträge und den Entschließungsantrag des Abgeordneten Stendel (Drs. Nr. 4195) überwies der Landtag durch Beschluss vom 12. März 1930 an den Ausschuss für Beamtenfragen, der über die Anträge am 2. Dezember 1930 und 23. November 1931 beriet (vgl. LTag Drs. Nr. 7980). Ergebnis war letztlich die neue preußische Beamtendienststrafordnung, weil auf Reichsebene eine Beamtendienststrafordnung ausblieb, die der Preußische Landtag zunächst als Vorbild abwarten wollte.

59

dd) Danach ist hier für einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums zusammenfassend festzustellen: Eine allgemeine oder auch nur überwiegende Rechtsregel des Inhalts, dass im Vorfeld einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle die disziplinare Entfernung eines nichtrichterlichen Beamten aus dem Amt in den deutschen Ländern und im Gesamtstaat durch exekutive Entscheidung ausgeschlossen gewesen wäre, lässt sich im traditionsbildenden Zeitraum nicht nachweisen.

60

Belegen lässt sich hingegen, dass im größten Land, in Preußen, mit der am 1. April 1932 in Kraft getretenen Beamtendienststrafordnung ein Parlamentsgesetz geschaffen worden ist, das die administrative Entfernung eines nichtrichterlichen Beamten aus dem Amt ausschloss. Preußische Landes- und Kommunalbeamte konnten forthin nur noch im Wege der Disziplinarklage in einem förmlichen Gerichtsverfahren aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Indes ist es für das Zeitmoment am Maßstab der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientiert für den Nachweis eines hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums erforderlich, dass dieser Grundsatz in der Weimarer Zeit nicht nur anerkannt gewesen sein muss. Es muss während dieser Zeit zusätzlich auch "gewahrt" worden sein (BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1958 - 1 BvL 27/55 - BVerfGE 8, 332 <342 f.>; Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <281 f.>; Beschlüsse vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <379 f.>, vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <219> und zuletzt vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 33). Das setzt voraus, dass der Grundsatz selbst auch über eine längere Zeit bestanden und praktiziert worden sein muss. Damit scheiden Strukturprinzipien als hergebrachte Grundsätze aus, die in der Weimarer Zeit nicht mehr oder noch nicht anerkannt waren oder die erst gegen Ende der Weimarer Zeit anerkannt worden sind.

61

Danach fehlt es hier auch für die Preußische Beamtendienststrafordnung von 1932, die die disziplinare Entfernung auch der nichtrichterlichen Beamten von der Exekutive auf die Judikative verlagerte, an dem erforderlichen Zeitmoment. Zwar ist es richtig, dass schon die Entwicklung der Disziplinargerichtsbarkeit als solche der Ausdruck einer Abwendung von der - bis dahin stark exekutiv geprägten - Disziplinargewalt des Dienstherrn war. Allerdings wurden in Preußen erst im April 1932 unabhängige Dienststrafgerichte eingerichtet. Die kurze Zeitspanne bis zum 30. Januar 1933 als dem Ende der Weimarer Zeit von weniger als zehn Monaten ist kein "längerer traditionsbildender Zeitraum".

62

Feststellen lässt sich hingegen - wie oben bereits ausgeführt (Rn. 16 ff.) - eine weitgehende Übereinstimmung im Reich und den Ländern im traditionsbildenden Zeitraum, wonach die disziplinarische Entfernung eines Beamten nicht durch den Dienstvorgesetzten allein verfügt werden durfte, sondern hierbei jeweils andere Stellen - zum Teil maßgeblich - beteiligt waren.

63

Hierbei handelt es sich indes nicht um einen Grundsatz, der zum Kernbestand der Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums gehört. Denn - wie gezeigt - diente die Beteiligung anderer Stellen dazu, zum Schutz des Lebenszeitprinzips zu verhindern, dass der Beamte willkürlich außerhalb eines förmlichen Verfahrens entlassen werden kann. Dass der Weg hierzu im traditionsbildenden Zeitraum die Beteiligung anderer Stellen als dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten war, ist letztlich eine Detailregelung, die vor allem deswegen sinnvoll war, weil damals eine umfassende gerichtliche Kontrolle, wie sie nunmehr Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vorgibt, nicht gewährleistet war. Gerade der Umstand, dass die nachgelagerte gerichtliche Kontrolle einen noch viel effektiveren Schutz vor willkürlicher Entlassung bietet, zeigt, dass die Beteiligung sonstiger Stellen im traditionsbildenden Zeitraum nur ein Mittel zum Zweck, nicht aber das Strukturprinzip selbst war. Im Kern geht es allein um die Absicherung des Lebenszeitprinzips, welche durch ein förmliches, gesetzlich geregeltes Verfahren mit nachgelagertem Rechtsschutz hinreichend gewährleistet ist.

64

Im Übrigen sieht auch das neue baden-württembergische Landesdisziplinargesetz die Beteiligung anderer Stellen vor und genügt damit dem zuvor beschriebenen Grundsatz. Es folgt in seiner Struktur zwar derjenigen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts, berücksichtigt aber, dass über disziplinare Höchstmaßnahmen nach § 38 LDG BW der Dienstvorgesetzte eines Beamten nicht allein entscheiden darf. Die gesetzlichen Vorgaben in § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG BW - der Zustimmungsvorbehalt der höheren Disziplinarbehörde oder bei kleinen Gemeinden die Vorlagepflicht an die Rechtsaufsichtsbehörde - schützen den Beamten vor willkürlichen Disziplinarmaßnahmen durch seinen nach § 4 LDG BW unmittelbaren Dienstvorgesetzten. Der Zustimmungsvorbehalt nach § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LDG BW umfasst die volle Recht- und Zweckmäßigkeitsprüfung der beabsichtigten Disziplinarmaßnahme (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 116 f.). Damit dient der Zustimmungsvorbehalt auch dem Schutz des Beamten, weil die Zustimmung aus Ermessenserwägungen wie aus Zweck- und Rechtmäßigkeitserwägungen zugunsten des Beamten verweigert werden kann (Düsselberg, in: von Alberti u.a., Hrsg., Landesdisziplinarrecht in Baden-Württemberg, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 38 Rn. 8). Dagegen gewährleistet die Pflicht zur Vorlage des Entwurfs der Disziplinarverfügung von Gemeinden bis zu 10 000 Einwohnern an die Rechtsaufsichtsbehörde nach § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LDG BW allein die Rechtskontrolle bei gleichzeitiger Wahrung der Personalhoheit im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 117).

65

2. Schließlich gewährleistet die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG umfassenden nachträglichen Rechtsschutz gegen jede Art von behördlichen Disziplinarverfügungen nach § 38 Abs. 1 LDG BW. Der Beamte kann die Rechtmäßigkeit einer ihn betreffenden Disziplinarverfügung gerichtlich überprüfen lassen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 21 Satz 1 AGVwGO BW vom 14. Oktober 2008, GBl. S. 343). Darüber hinaus sieht § 21 Satz 2 AGVwGO BW vor, dass, ist ein Dienstvergehen erwiesen, das Gericht die Verfügung aufrechterhalten oder zugunsten des Beamten ändern kann, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Dazu wendet das Gericht die Vorschriften des Landesdisziplinargesetzes über die Bemessung von Disziplinarmaßnahmen an (§ 21 Satz 3 AGVwGO BW). Die Regelung stellt klar, dass das Gericht in diesem Fall - anstelle der Disziplinarbehörde - eigenes Ermessen auf der Grundlage aller Zumessungsregelungen der §§ 26 ff. LDG BW ausübt (LT-Drs. 14/2996 S. 149). Darin ist ein weiterer Schutzmechanismus zugunsten des Beamten angelegt. Diese gesetzliche Verfahrensgestaltung genügt den Anforderungen, die sich aus den Verfassungsprinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, dem Gesetzesvorbehalt und den Geboten des effektiven Rechtsschutzes und des fairen Verfahrens ergeben. Zugleich wird damit deutlich, dass die Regelung des § 38 Abs. 1 LDG BW das Wesen des Berufsbeamtentums nicht antastet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 34).

66

3. Weiter ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den festgestellten disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalt beschränkt hat.

67

Gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 LDG BW ist die Disziplinarverfügung mit Begründung, Kostenentscheidung und Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und dem Beamten zuzustellen. In der Begründung sind der persönliche und berufliche Werdegang des Beamten, der Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, die ein Dienstvergehen begründen, und die anderen Tatsachen und Beweismittel darzustellen, die für die Entscheidung bedeutsam sind (§ 38 Abs. 2 Satz 2 LDG BW). Nach § 38 Abs. 2 Satz 3 LDG BW kann auf die bindenden Feststellungen eines Urteils oder einer Entscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW verwiesen werden.

68

a) Die Begründungsvoraussetzungen des § 38 Abs. 2 Satz 2 LDG BW - konkret: die Darstellung der das Dienstvergehen begründenden Tatsachen - erfüllen die angefochtene Disziplinarverfügung - teilweise - nicht. Eine Verweisung nach § 38 Abs. 2 Satz 3 LDG BW war hier teilweise, nämlich im Hinblick auf das gegen den Kläger 2007 ergangene Urteil des Amtsgerichts nicht zulässig, da es insoweit an bindenden tatsächlichen Feststellungen eines Urteils oder einer Entscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW fehlt. Gegenstand des 2007 ergangenen Urteils ist allein das Strafmaß, nachdem der Kläger seinen Einspruch gegen den dem Urteil vorausgegangenen Strafbefehl nach § 410 Abs. 2 StPO auf das Strafmaß beschränkt hatte. Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen daher lediglich auf dem im Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehl.

69

Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafbefehl kommt keine Bindungswirkung i.S.v. § 23 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - juris Rn. 37). Nur solche tatsächlichen Feststellungen liefern eine sichere Entscheidungsgrundlage für ein Disziplinarverfahren, die aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen in einer Hauptverhandlung vor Gericht und nach richterlicher Beweiswürdigung getroffen worden sind. Einem Strafbefehl liegt aber nur eine in einem besonders geregelten summarischen Verfahren getroffene richterliche Entscheidung zugrunde. Er ergeht ohne Hauptverhandlung und gerichtliche Beweisaufnahme und bietet damit nicht das Maß an Ergebnissicherheit, das Voraussetzung für eine Bindungswirkung ist. Die in § 410 Abs. 3 StPO ausgesprochene Gleichstellung bestimmt lediglich den Umfang der Rechtskraft eines Strafbefehls (BT-Drs. 10/1313, S. 38) und dient insoweit der prozessrechtlichen Klarstellung (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juni 2000 - 2 C 20.99 - Buchholz 237.7 § 51 NWLBG Nr. 1 S. 2 und vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - juris Rn. 37).

70

b) Die Sachverhalte, die den weiteren gegen den Kläger ergangenen Strafurteilen zugrunde liegen, rechtfertigen indes seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Denn die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Disziplinarverfügung bereits unter Zugrundelegung der Straftaten aus den gegen den Kläger 2010 und 2011 ergangenen Strafurteilen rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, ist revisionsrechtlich fehlerfrei.

71

Eine Disziplinarverfügung, die auf mehrere Dienstpflichtverletzungen des Beamten gestützt ist und die Entfernung des Beamten aus dem Dienst oder die Aberkennung des Ruhegehalts ausspricht, unterliegt mangels Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung des Beamten nicht der Aufhebung nach § 2 LDG BW i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wenn bereits einzelne Dienstpflichtverletzungen die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme begründen und durch die Nichtberücksichtigung anderer Dienstpflichtverletzungen Verteidigungsrechte des Beamten im Verfahren nicht verletzt werden.

72

Der Sache nach geht es darum, ob es zulässig ist, das gerichtliche Disziplinarverfahren zu beschränken. Bundesgesetzlich ist dies ausdrücklich in § 56 Satz 1 BDG normiert, der bestimmt, dass das Gericht das Disziplinarverfahren beschränken kann, indem es solche Handlungen ausscheidet, die für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht oder voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen.

73

Der damalige Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat bereits zur früheren Rechtslage nach der Bundesdisziplinarordnung mit Urteil vom 27. November 1996 - 1 D 28.95 - (BVerwGE 113, 32 <35 f.>) die Beschränkung des festzustellenden Sachverhalts als prozessökonomisch geboten und rechtlich unbedenklich angesehen, wenn bereits aufgrund einzelner festgestellter Pflichtverletzungen die Höchstmaßnahme zu verhängen ist. Der Betroffene hat keinen rechtlich geschützten Anspruch darauf, dass auch die nicht mehr entscheidungserheblichen Anschuldigungspunkte überprüft werden.

74

Diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat (BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2013 - 2 B 50.12 - ZBR 2013, 351 Rn. 16) fortgeführt und zu § 56 Satz 1 BDG ausgeführt, die darin normierte Beschränkungsmöglichkeit bezwecke in Anknüpfung an die hierzu ergangene Rechtsprechung die Beschleunigung der Disziplinarverfahren durch die instanzenübergreifende Möglichkeit, einzelne Handlungen auszuscheiden, die für die zu erwartende Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen (BT-Drs. 14/4659 S. 40 und S. 49). Das Disziplinarverfahren soll von überflüssigem Ballast befreit werden können, muss aber weiterhin die gebotene Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beamten (vgl. § 13 BDG) ohne Abstriche ermöglichen (ebenso BVerwG, Beschluss vom 20. August 2013 - 2 B 8.13 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 22 Rn. 6). Daran hält der Senat fest.

75

Das baden-württembergische Landesdisziplinargesetz enthält zwar keine der Vorschrift des § 56 BDG entsprechende Bestimmung. Die in § 10 Abs. 2 LDG BW für das behördliche Disziplinarverfahren vorgesehene Beschränkung des Disziplinarverfahrens kann nicht ohne Weiteres auf das gerichtliche Disziplinarverfahren übertragen werden, weil die Disziplinargerichte in Baden-Württemberg - ungeachtet der in § 21 AGVwGO BW normierten Ersetzungsbefugnis - kein eigenes Ermessen ausüben (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Oktober 2010, § 56 BDG Rn. 6; Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 2011, § 56 Rn. 17). Auch den Gesetzesmaterialien kann nicht entnommen werden, dass die Norm im gerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar sein sollte (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 67 ff., 147 ff.).

76

Dies ändert indes nichts daran, dass die Beschränkung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens auf einzelne Handlungen ausnahmsweise dann zulässig ist, wenn die Entscheidung zu keinem anderen Rechtsfolgeausspruch führen kann. Dies ist der Fall, wenn feststeht, dass bereits einzelne Handlungen die verhängte Maßnahme unzweifelhaft tragen (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Oktober 2010, § 56 BDG Rn. 6; Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 2011, § 56 Rn. 17).

77

Die Befugnis, das gerichtliche Disziplinarverfahren auf einzelne tragende Handlungen zu beschränken, folgt aus allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen. Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei braucht es von den in seinen Gesichtskreis gelangten Tatsachen allerdings nur diejenigen aufzuklären, von denen das mit dem Prozess erstrebte Recht abhängt. Zur Ermittlung unerheblicher Tatsachen ist das Gericht nicht verpflichtet; ein rechtlich achtenswertes Interesse, eine unerhebliche Tatsache aufzuklären, ist nicht gegeben (vgl. Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 2016, § 86 Rn. 49).

78

Tragen bereits einzelne Dienstpflichtverletzungen die Höchstmaßnahme, können weitere Handlungen keine andere Rechtsfolge rechtfertigen. Das schwere Dienstvergehen kann bei Hinzukommen zusätzlicher Verfehlungen denknotwendig nur noch schwerer ausfallen.

79

Etwas anderes, d.h. eine Verpflichtung zur Ermittlung und Feststellung auch der weiteren Handlungen, gilt allerdings ausnahmsweise dann, wenn Milderungsgründe lediglich im Zusammenhang mit der ausgesonderten Handlung im Raum stehen. Denn die Beschränkung des Disziplinarverfahrens muss weiterhin die nach § 26 Abs. 1 Satz 2 LDG BW gebotene Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beamten ohne Abstriche ermöglichen. Dass im Streitfall ein Milderungsgrund lediglich oder besonders im Zusammenhang mit der strafgerichtlichen Verurteilung aus dem Jahr 2007 vorliegt, hat der Kläger nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

80

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 AGVwGO BW, § 77 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

81

5. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren bedarf es nicht, weil sich die Höhe der Gerichtsgebühren aus den nachfolgenden analog anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen ergibt:

82

Das als Anlage zu § 22 Satz 1 AGVwGO BW erlassene Gebührenverzeichnis enthält keine Festsetzungen für das Revisionsverfahren. In Anbetracht des Umstands, dass der Landesgesetzgeber die Gebührenfreiheit für das gerichtliche Disziplinarverfahren ausdrücklich aufheben wollte (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 149), muss das Fehlen einer Gebührenregelung für das Revisionsverfahren als planwidrige Regelungslücke bewertet werden. Diese kann durch eine Analogie zu den entsprechenden Regelungen des Bundesdisziplinargesetzes geschlossen werden, weil der Landesgesetzgeber bei der Festsetzung der Gebührenbeträge im Übrigen die Sätze aus dem als Anlage zu § 78 BDG erlassenen Gebührenverzeichnis übernommen hat. Dementsprechend ist für das Verfahren über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in beiden Regelungswerken eine Gebühr in Höhe von 360 € für das Klageverfahren in erster Instanz vorgesehen. Es entspricht daher dem mutmaßlichen Normgeberwillen und dem vorzufindenden Normgefüge am ehesten, auch für den Gebührentatbestand des Revisionsverfahrens auf die Wertung des Bundesdisziplinargesetzes zurückzugreifen. In analoger Anwendung der Nr. 30 des BDG-Gebührenverzeichnisses ist daher der zweifache Satz anzusetzen, so dass für das vorliegende Revisionsverfahren Gerichtsgebühren in Höhe von 720 € anfallen.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe - Disziplinarkammer - vom 3. Mai 2013 - DL 11 K 2125/11 - geändert. Die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 06.07.2011 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Der am ... in ... geborene Kläger legte am ... mit der Note „gut“ die Wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien ab. ... Am ... bestand er die Pädagogische Prüfung für das Lehramt an Gymnasien mit den Hauptfächern ... und ... mit der Gesamtnote „gut bestanden“. Am ... wurde er an der ... als Angestellter eingestellt. Er wurde am ... mit vollem Unterrichtsauftrag unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienassessor ernannt, seine Ernennung zum Studienrat unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit erfolgte am ... Mit Wirkung vom ... wurde er zum Oberstudienrat befördert. Für die Zeit ab ... wurde seine Arbeitszeit auf ... ermäßigt. ... Für die Zeit vom ... bis ... wurde der Kläger beurlaubt und mit Ablauf des ... in den Ruhestand versetzt.
In der letzten dienstlichen Beurteilung vom ... wurde der Kläger mit dem Gesamturteil „übertrifft die Leistungserwartungen im besonderem Maße“ beurteilt. Er erhielt rückwirkend zum ... nach § 2 der Leistungsstufenverordnung das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe als Leistungsstufe.
Der Kläger ist ... Er ist disziplinarisch bislang nicht in Erscheinung getreten.
Am 10.05.2006 teilte die ... der Polizei in ... mit, dass im Rahmen einer Überprüfung auf ihrem Server kinderpornografisches Material festgestellt worden sei. Eine Bewertung durch das LKA ... führte zu dem Ergebnis, dass 311 Bilddateien strafrechtlich relevant seien. In diesem Zusammenhang wurde die IP-Adresse des Klägers genannt und festgestellt, dass am ... in der Zeit von 20:17:19 Uhr bis 20:17:27 Uhr vom Computer des Klägers aus auf Internetseiten mit kinderpornografischem Material zugegriffen und entsprechende Dateien heruntergeladen worden seien. Bei einer daraufhin durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des Klägers wurden am ... der PC des Klägers, 1 USB-Stick, insgesamt 654 CDs, 61 Videokassetten sowie 1 rotes Ringbuch mit Computerausdrucken beschlagnahmt. Nach dem Auswertebericht der Kriminalpolizei ... vom 21.12.2007 konnten auf dem PC des Klägers keine relevanten (aktuellen und gelöschten) Dateien festgestellt werden. Nach Sichtung der übrigen Datenträger stellte die Kriminalpolizei im Bericht vom 06.05.2009 fest, dass alle CDs und DVDs selbst gebrannt sind und erotische, überwiegend einfach pornografische Bilder und Filme enthielten, die aus dem Internet heruntergeladen sein dürften. Auf drei CDs befänden sich eine Vielzahl pornografischer Bilder, wobei insgesamt 256 als kinderpornografisch anzusehen seien. Hinzu kämen vier Filme mit kinderpornografischem Inhalt. Die vier Filme seien laut Eintrag am 03.08.2002 erstellt bzw. auf CD gebrannt worden. Ein weiterer Film sei am 05.04.2003 erstellt bzw. gebrannt worden.
Der Verteidiger des Klägers gab im Ermittlungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft ... an, dass der Kläger keinerlei pädophile Tendenzen aufweise. Er habe die fraglichen Bilder/Bildsequenzen in den 90er Jahren heruntergeladen und seitdem nie wieder angesehen. Er sei im Übrigen davon ausgegangen, dass die Personen über 14 Jahre alt gewesen seien. Er habe die Bilder auch nicht verwenden wollen, sondern diese lediglich im Schrank abgelegt.
Mit Strafbefehl vom 12.08.2009, rechtskräftig seit 24.01.2011 (...), verurteilte das Amtsgericht ... den Kläger wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften gem. §§ 184b Abs. 4, Abs. 6, 74ff., 176 bis 176 b, 11 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger sei im Besitz von mindestens 256 eindeutig kinderpornografischen Bilddateien sowie fünf kinderpornografischen Filmen gewesen.
Mit Verfügung vom 07.10.2009 leitete der Beklagte das Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein und enthob ihn unter Anordnung des Sofortvollzuges vorläufig des Dienstes. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass ein Termin zur Anhörung und zur Fertigung einer Niederschrift hierüber gesondert mitgeteilt werde. Gleichzeitig wurde er darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich zur Sache zu äußern, und dass er sich jederzeit eines Beistandes bedienen und zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen könne. Die gegen die vorläufige Dienstenthebung gerichtete Klage wurde mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 21.04.2010 (...) abgewiesen.
Der Kläger wurde in der Folgezeit im behördlichen Disziplinarverfahren nicht angehört. Erst mit Schreiben vom 02.08.2010 wurde ihm die Möglichkeit der abschließenden Äußerung zur beabsichtigten Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeräumt. Zur Begründung wurden die rechtskräftigen Feststellungen im Strafbefehl und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung herangezogen. Er wurde auf die Beteiligungsmöglichkeit des Personalrats hingewiesen.
10 
Mit Schreiben vom 16.08.2010 beantragte der Kläger die Mitwirkung des Personalrats sowie seine „vorzeitige Zurruhesetzung zum ...“ und für die Zeit „... … vom ... bis ...“ die Gewährung von Urlaub ohne Bezüge. Er habe die Filme und Bilder kinderpornografischen Inhalts niemals angesehen. Es werde bestritten, dass das Bildmaterial für einen Laien als Kinderpornografie erkennbar gewesen sei. Deshalb werde beantragt, hierüber Beweis zu erheben durch Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen. Darüber hinaus seien die Titel der Dateien nicht vom Kläger vergeben worden, sondern von dem entsprechenden Brennprogramm automatisch in die ausgedruckten Listen übernommen worden.
11 
Nach dem Vordruck „PERS“ veranlasste der Beklagte unter dem 18.08.2010 die Übermittlung des Schreibens des Klägers vom 16.08.2010 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 21.04.2010 an den Personalrat veranlasst. Die Einleitungsverfügung wurde einen Tag später nachgereicht. Der Personalrat äußerte sich nicht.
12 
Mit Verfügung vom 06.07.2011, zugestellt am 12.07.2011, wurde der Kläger, wie bereits im Schreiben vom 02.08.2010 angekündigt, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, ohne auf seinen Beweisantrag einzugehen.
13 
Der Kläger hat am 09.08.2011 Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben. Er hält die Mitwirkung des Personalrats für unzureichend, weil diesem wesentliche Begleitumstände wie die Beurlaubung und die Zurruhesetzung des Klägers vorenthalten worden seien. Darüber hinaus setze sich die Verfügung nicht einmal mit den aufgeworfenen tatsächlichen und rechtlichen Aspekten des Falles auseinander. Der gestellte Beweisantrag werde übergangen, eine Abwägung der für den Kläger sprechenden Umstände werde gar nicht vorgenommen. Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten. Die Beteiligung des Personalrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Ihm stehe kein allumfassendes Informationsrecht zu. Die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts ... könnten nach § 14 Abs. 2 LDG ohne weitere Prüfung zugrunde gelegt werden. Dem Beweisantrag des Klägers stehe entgegen, dass im Rahmen des Strafverfahrens bereits erwiesen sei, dass es sich bei den Dateien um kinderpornografisches Material gehandelt habe. Im Übrigen sei die Einlassung auch nicht glaubwürdig.
14 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger angegeben, das gefundene kinderpornografische Material würde lediglich 0, 1 bis 0, 2 % seiner pornografischen Sammlung ausmachen. Indem er seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurückgenommen habe, habe er nicht nur sich, sondern auch die Schule vor der Öffentlichkeit bewahrt. Im Übrigen habe er das Alter der dargestellten Personen nicht erkennen können. Bei der Menge des Materials habe er gar nicht jedes Bild ansehen können.
15 
Mit Urteil vom 03.05.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Personalrat sei in kurzer, knapper Form über die beabsichtigte Personalmaßnahme informiert worden. Ein etwaiger Mangel wäre in dieser Konstellation der Sphäre des Personalrats und nicht der des Dienststellenleiters zuzuordnen. Auch materiell sei die Verfügung rechtmäßig. Zwar stehe der Sachverhalt nicht aufgrund des Strafbefehls des Amtsgerichts ... fest. Denn der Kläger bestreite diesen Sachverhalt substantiiert. Die Kammer sei jedoch aufgrund der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger im Besitz von 10 kinderpornografischen Bildern und zwei Filmen gewesen sei. Die dargestellten Personen erschienen für einen objektiven Betrachter als kindlich und damit als unter 14 Jahre alt. Bei den weiteren 246 Bildern gehe die Kammer jedoch zugunsten des Klägers davon aus, dass es sich - abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl - um jugendpornografische Dateien oder sog. Posing - Bilder handle, deren Besitz im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung (noch) nicht strafbewehrt gewesen sei. Der Kläger habe auch mit bedingtem Vorsatz gehandelt, weil er den Dateien bestimmte Bezeichnungen gegeben und diese teilweise auch in seinem Ringbuch archiviert habe. Er habe damit ein schweres außerdienstliches Dienstvergehen begangen, das mit der Höchstmaßnahme zu ahnden sei. Aber auch der Besitz der nicht strafbaren Posing - Bilder sowie weiterer 3 Filme sei nicht mit den Kernpflichten eines Pädagogen vereinbar. Das Übergehen des Beweisantrages stelle zwar einen Verfahrensfehler dar, dem aber hier im Verfahren auf Entfernung aus dem Dienst, anders als bei lediglich pflichtenmahnenden Maßnahmen, keine Bedeutung zukomme, da der Tatvorwurf ohnehin durch die gerichtlichen Feststellungen abschließend geklärt werden müsse.
16 
Der Kläger hat gegen das ihm am 08.08.2013 zugestellte Urteil am 03.09.2013 den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Durch Beschluss des Senats vom 22.01.2014 ist die Berufung zugelassen worden. Der Kläger begründet sie fristgerecht damit, es stehe nach Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens fest, dass der Vorwurf in der Disziplinarverfügung in weiten Teilen einer Grundlage entbehre. Da auch der Beweisantrag nicht beschieden worden sei, handle es sich um eine „Behauptung ins Blaue“ hinsichtlich des Tatvorwurfs. Angesichts des Umfangs der Datensammlung des Klägers (199 CDs und DVDs mit sicherlich dem Hundertfachen an Dateien) käme es „dem Finden der berühmten Nadel im Heuhaufen gleich“, wenn gerade mal 12 Dateien mit kinderpornografischem Material gefunden werden müssten. Durch ein entsprechendes Datenbrennprogramm seien die ursprünglichen Dateinamen in einer Liste ausgedruckt worden. Es fehle an einem schuldhaften Handeln des Klägers. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass ein strafloses außerdienstliches Verhalten zwar ein Dienstvergehen darstellen könne, aber regelmäßig dem unteren Maßnahmenbereich zuzuordnen sei. Der formelle Verfahrensverstoß der unterlassenen Beweiserhebung müsse sich als Milderungsgrund auswirken.
17 
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe - Disziplinarkammer - vom 3. Mai 2013 - DL 11 K 2125/11 - zu ändern und die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 06.07.2011 aufzuheben.
19 
Die Vertreterin des Beklagten beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie verweist auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen Urteil.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Personalakten (1 Band und 1 Aktenbündel), die Disziplinarakten des Beklagten (1 Band), die Akten des Amtsgerichts ... zum Az.: ... (2 Bände) und die Akten des Verwaltungsgerichts ... zu den Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung (... und ...) sowie gegen die Disziplinarverfügung (DL 11 K 2125/11) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Disziplinarverfügung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
1. Die Klage ist nicht unzulässig geworden, weil sich die angefochtene Verfügung durch die Versetzung des Klägers in den Ruhestand erledigt hätte und der Kläger somit nicht mehr aus dem aktiven Beamtenverhältnis entfernt werden kann. Entscheidungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG werden mit Zustellung wirksam (§ 38 Abs. 2 Satz 1, 2 LDG, § 43 Abs. 1 LVwVfG). Erhebt der Beamte hiergegen Klage, die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens aufschiebende Wirkung entfaltet, wirkt die gerichtliche Entscheidung, welche die Disziplinarverfügung rechtskräftig bestätigt, auf den Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinarverfügung zurück. Ist der Beamte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten, wird das Ruhestandsverhältnis gegenstandslos (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2, 3 LDG und Burr, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 31 LDG Rdnr. 7). Entsprechendes gilt für den mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kraft Gesetzes einhergehenden (§ 31 Abs. 1 Satz 3 LDG), mit der Verfügung aber aktualisierten Verlust der Befugnis, die Amtsbezeichnung zu führen.
25 
Die Anordnung der Dienstenthebung gilt bei sachgerechter Auslegung der Verfügung nur bis zu einem vor Unanfechtbarkeit der Verfügung erfolgenden Eintritt des Klägers in den gesetzlichen Ruhestand. Entsprechendes gilt mit Blick auf den gesondert geregelten - und hier auch erfolgten - Einbehalt von Ruhestandsbezügen bei Eintritt in den Ruhestand vor Unanfechtbarkeit der Entfernungsverfügung (§ 31 Abs. 2 Satz 4 LDG) für die Anordnung des Einbehalts der Bezüge nach § 31 Abs. 2 Satz 1 LDG.
26 
2. Die Klage ist auch begründet. Der Senat überprüft die auf Entfernung aus dem Dienst gerichtete Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung zugrundegelegten Sachverhaltes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Senat, Urteil vom 07.03.2012 - DL 13 S 1614/11 -; Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) vom 15.07.2008; LT-Drs. 14/2996, S. 117). Die Disziplinarverfügung ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Es fehlt an der erforderlichen Erstanhörung des Klägers, an den notwendigen eigenen Ermittlungen durch die Disziplinarbehörde und damit an einer ordnungsgemäßen Begründung der Verfügung. In einem solchen Fall der Verletzung elementarer Verfahrensrechte ist eine Nachholung der ausstehenden Ermittlungen durch das Disziplinargericht nicht möglich. Darüber hinaus ist die Beteiligung der Personalvertretung rechtsfehlerhaft.
27 
Nach § 11 Abs. 1 LDG ist der Beamte über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu unterrichten. Ihm ist nach Abs. 2 der Vorschrift u.a. zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Er ist ferner darauf hinzuweisen, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. Für die Äußerung wird dem Beamten schriftlich eine angemessene Frist gesetzt (§ 11 Abs. 3 Satz 1 LDG). Die Vorschrift soll gleichermaßen dem Schutz des Beamten, der Aufklärung des Sachverhalts und der Beschleunigung des Verfahrens dienen. Es entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen, dem Betroffenen zu eröffnen, welches Vergehen ihm zur Last gelegt wird, und ihn hierzu anzuhören. Über das allgemeine Anhörungsrecht des § 28 LVwVfG hinaus sieht § 11 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und 2 LDG eine Erstanhörung des Beamten vor (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 68). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger wurde zwar in der Einleitungsverfügung ordnungsgemäß über seine Rechte im behördlichen Disziplinarverfahren belehrt und darauf hingewiesen, dass ihm ein Termin zur Anhörung genannt werden wird. Dies ist aber in der Folgezeit unterblieben. Der Kläger ist nur vor Erlass der Abschlussverfügung gehört worden. Darin liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler, der nicht mehr im gerichtlichen Verfahren geheilt werden kann.
28 
Zwar sieht § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG vor, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erstanhörung geheilt werden kann, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird, was nach Abs. 2 der Vorschrift bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich ist (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 69). Die Erstanhörung kann aber im vorliegenden Fall ihren Zweck nur noch erfüllen, wenn sie vor der abschließenden Anhörung des Beamten erfolgt, die vor dem Erlass der Abschlussverfügung vorgesehen ist. Denn im Falle des Klägers fehlt es neben seiner Erstanhörung an eigenen Feststellungen des Beklagten zum disziplinarisch erheblichen Sachverhalt. Die Disziplinarverfügung beschränkt sich in tatsächlicher Hinsicht auf die Wiedergabe der vom Kläger bestrittenen knappen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts ... Eine Bindungswirkung an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts besteht jedoch nicht.
29 
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG sind nur die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, nicht auch eines Strafbefehls, im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -). Zwar können nach § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zu Grunde gelegt werden. Es dürfen aber keine Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit bestehen. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Beamte die Feststellungen bestreitet. So liegt der Fall hier. Aufgrund der substantiierten Einwendungen des Klägers, die er erstmals in der Schlussanhörung mit Schreiben vom 16.08.2010 vorbringen und mit einem Beweisantrag untermauern konnte, mussten sich (spätestens) für den Beklagten aber Zweifel am Sachverhalt ergeben, zumal er bis zu diesem Zeitpunkt den Kläger noch nicht angehört hatte. In einem solchen Fall scheidet die Anwendung des § 14 Abs. 2 LDG aus (Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 14 LDG Rdnr. 12; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 04.09.2008 - 2 B 61.07 -, NVwZ 2009, 597; BVerwG, Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -; BayVGH, Urteil vom 11.08.2010 - 16 AD 10.189 -). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger seinen Einspruch gegen den Strafbefehl schließlich zurückgenommen hat und diesen rechtskräftig werden ließ. Dieser Verzicht auf eine Fortführung des Verfahrens kann im Interesse eines schnelleren Verfahrensabschlusses oder - wie hier vom Kläger geltend gemacht - aus Scheu vor einer öffentlichen Hauptverhandlung erfolgen; er kommt deshalb nicht stets dem Geständnis des im Strafbefehl vorgeworfenen Verhaltens gleich (BVerwG, Beschluss vom 01.12.1987 - 2 WB 66/87 -, BVerwGE 83, 373).
30 
Soweit sich der Beklagte hinsichtlich möglicher Milderungsgründe auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.04.2010 im Verfahren gegen seine vorläufige Dienstenthebung beruft, übersieht er, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt nur um prognostische Ausführungen mit Blick auf die voraussichtliche Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG) handelte, und weitere Sachverhaltsentwicklungen gar nicht in den Blick genommen werden konnten und sie im Ergebnis - ebenso wie die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl - unzutreffend sind.
31 
Nur bei der Nachholung der versäumten Erstanhörung vor der abschließenden Anhörung ist im Falle des Klägers mit Sicherheit auszuschließen, dass sich der Verfahrensmangel nicht auf die Disziplinarverfügung ausgewirkt hat (vgl. auch Nonnenmacher, in: v. Alberti u.a., a.a.O., § 11 LDG, Rdnr. 12). Gleiches gilt mit Blick auf § 46 LVwVfG, wonach die Aufhebung eines - nicht nichtigen - Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (Senat, Beschluss vom 12.09.2013 - DL 13 S 1541/13 - bei fehlender Schlussanhörung; Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rdnr. 36; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010 - DL 10 K 210/10 - im Hinblick auf die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung). Dies lässt sich im Falle des Klägers nicht ausschließen. Damit wirkt sich der Verfahrensfehler auch materiell-rechtlich aus.
32 
Da der Beklagte zu Unrecht eine Bindung an den Strafbefehl des Amtsgerichts ... und das Urteil des Verwaltungsgerichts ... angenommen und keine eigenen Feststellungen zum Vorliegen eines Dienstvergehens getroffen hat, fehlt es der streitgegenständlichen Verfügung auch an der ordnungsgemäßen Begründung, wie sie § 38 Abs. 2 Satz 2 LDG umschreibt. Dieses Defizit führt zur Rechtswidrigkeit der Verfügung und kann in dieser Fallkonstellation auch nicht vom Gericht durch eigene Sachverhaltsermittlungen und -würdigung nachgeholt werden, weil es ansonsten eine eigene Bemessungsentscheidung treffen und nicht die von der Disziplinarbehörde getroffene Entscheidung überprüfen würde. Dem Disziplinargericht ist im vorliegenden Fall die Durchführung einer Beweisaufnahme zur Feststellung des disziplinarisch relevanten Sachverhaltes versagt, weil es sich ansonsten über die dem Beklagten zustehende Disziplinarbefugnis hinwegsetzen würde. Denn die wesentlichen Feststellungen hat nach baden - württembergischen Landesrecht die Disziplinarbehörde zu treffen, der nach dem Willen des Gesetzgebers die Disziplinarbefugnis zustehen soll. Das Gericht überprüft den in der Disziplinarverfügung dargestellten und geahndeten disziplinaren Vorwurf. Streitgegenstand und damit Umfang und Grenzen der gerichtlichen Überprüfung werden ausschließlich durch die Abschlussverfügung selbst bestimmt (so auch Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 21 AGVwGO, Rdnr. 2; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Begründung zu § 38 LDG). Zwar kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO das Gericht die Verfügung aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist aber, dass ein Dienstvergehen erwiesen ist. Hieran fehlt es mangels entsprechender Feststellungen der Disziplinarbehörde.
33 
Diese Ansicht wird auch dadurch bestätigt, dass sich der dem Strafbefehl zugrunde liegende Vorwurf des Besitzes von 256 strafrechtlich relevanten kinderpornografischen Dateien in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer nicht aufrecht erhalten ließ. Das Verwaltungsgericht hat 10 Bilder und zwei Filme in Augenschein genommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich dabei um strafrechtlich relevante kinderpornografische Bilder und Filme handelt. Die verbleibenden 246 Bilder und drei Filme hat es keiner Beweiswürdigung unterzogen, sondern zugunsten des Klägers und insoweit abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts und des Urteils des Verwaltungsgerichts ... im Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung des Klägers angenommen, dass es sich dabei um jugendpornografische Dateien oder sog. Posing-Bilder handelte, deren Besitz im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung noch nicht strafbewehrt war. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnte nicht geklärt werden, ob sie tatsächlich einen disziplinarisch relevanten Inhalt haben.
34 
Fehlt es somit derzeit an einer umfassenden Ermittlung der das Dienstvergehen begründenden Tatsachen, lässt sich nicht feststellen, ob ein schweres Dienstvergehen anzunehmen ist, das bei einem aktiven Beamten zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 Abs. 1 Satz 1 LDG) bzw. bei einem Ruhestandsbeamten zur Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 Abs. 1 Satz 1 LDG) führt.
35 
Denn ein schweres Dienstvergehen ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG erst dann anzunehmen, wenn der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren hat. Die Vorschrift trifft keine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen die Tatbestandsmerkmale „schweres Dienstvergehen“ und „endgültiger Vertrauensverlust“ anzunehmen sind. Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG; Senat, Urteil vom 07.06.2011 - DL 13 S 1826/10 - a.a.O.). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Begründung zu § 26 LDG,a.a.O., S. 86).
36 
Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht der Sachverhalt, der dem Vorwurf des Dienstvergehens und dem sich daraus ergebenden Maß des Vertrauens- oder Ansehensverlustes zugrunde liegt. Gegenstand der Ermittlungen sind aber auch alle Umstände, die das Persönlichkeitsbild des Beamten prägen oder für die Frage von Bedeutung sind, in welchem Maße der Beamte der Pflichtenmahnung bedarf (Begründung zu § 12 LDG, a.a.O., S. 70; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O.).
37 
Nur ergänzend sei bemerkt, dass auch die nach § 12 LDG bemessungsrelevanten entlastenden Umstände nicht ermittelt wurden. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich nicht nur auf den objektiven und subjektiven Tatbestand der Pflichtenverstöße, sondern auch auf alle Umstände, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können. Hierzu zählt insbesondere das Übergehen des vom Kläger in der Schlussanhörung gestellten Beweisantrags, wonach er die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Alters der dargestellten Personen und dessen Erkennbarkeit für einen Laien „ausdrücklich“ beantragte. Diesem Antrag hätte, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nach § 15 Abs. 3 LDG stattgegeben werden müssen, weil er sowohl für die Tatfrage, die Schuldfrage und für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein konnte. Weiterhin ist der Einwand des Klägers zu berücksichtigen, dass er sich angesichts der Menge des pornografischen Materials insgesamt nicht darüber bewusst gewesen sei, überhaupt kinderpornografische Darstellungen zu besitzen. In diesem Zusammenhang ist erheblich, dass das kinderpornografische Bildmaterial nach den unwidersprochenen Angaben des Klägers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bestätigte, allenfalls 0, 1 bis 0, 2 % seines Datenbestandes ausmachte (BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 - 2 B 133/11 -). Hinzu kommt, dass der Kläger, der als ... Schüler zwischen 17 und 43 Jahren unterrichtete, disziplinarisch nicht vorbelastet ist, seinen Dienst Jahrzehnte lang sehr engagiert und mit überdurchschnittlichen Beurteilungen versah und ihm die nächsthöhere Leistungsstufe gewährt wurde.
38 
Bei dieser Sachlage ist auch die Beteiligung des Personalrats nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil auch er davon ausging, dass der Kläger im Besitz von 256 strafrechtlich relevanten Dateien und fünf Filmen war. Darüber hinaus fehlten ihm weitere Informationen über das weitere Vorgehen des Beklagten. Auch dieser Verfahrensfehler führt unheilbar zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Disziplinarverfügung (Senat, Beschluss vom 02.03.2011 - DL 13 S 2492/10 -; VGH Baden - Württemberg, Beschluss vom 03.12.1992 - D 17 S 20/92).
39 
Nach § 80 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 2 LPVG wirkt der Personalrat beim Erlass von Disziplinarverfügungen mit, sofern der Beamte dies nach § 80 Abs. 2 Satz 2 LPVG beantragt, worauf er nach § 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG hinzuweisen ist. Die beabsichtigte Maßnahme ist dem Personalrat rechtzeitig bekanntzugeben und auf Verlangen mit ihm zu erörtern (§ 72 Abs. 1 LPVG). Dabei ist die Personalvertretung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (§ 68 Abs. 2 Satz 1 LPVG). Ihr sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Mit der Ausweitung der behördlichen Disziplinarbefugnisse durch das Landesdisziplinargesetz geht ausweislich der Gesetzesbegründung eine Stärkung der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung einher (Senat, Beschluss vom 02.03.2011, a.a.O., m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Vorschriften hält der Senat das Beteiligungsverfahren aus mehreren Gründen für defizitär:
40 
Entsprechend dem sich bei den Akten befindlichen Formblatt „Beteiligung des Personalrats PERS“ wurden dem Kläger unter dem 18.08.2010 „der Antrag auf Beteiligung mit Schriftsatz vom 16.08.2010, die abschließende Anhörung gem. § 20 LDG, die Suspendierung des Beamten bestätigendes Urteil des VG... vom 21.04.2010 (rechtskräftig seit 15.07.2010)“ übersandt. Allerdings ist die tatsächliche Übersendung der genannten Schriftstücke, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht moniert, nicht dokumentiert. Unter dem 19.08.2010 wurde noch die Einleitungsverfügung vom 07.10.2009 nachgereicht. Weitere Unterlagen wurden ihm nicht übersandt (vgl. zur umfassenden Unterrichtung des Personalrats auch Altvater u.a., LPersVG Baden - Württemberg, 2. Auflage, § 80, Rdnr. 21; ebenso zum Bundesrecht: Altvater u.a., BPersVG, 8. Auflage 2013, § 78 Rdnr. 32a).
41 
In diesem Zusammenhang wären weitere Informationen notwendig gewesen: Dies gilt zum einen mit Blick darauf, dass zum Zeitpunkt der Beteiligung der Personalvertretung der Strafbefehl des Amtsgerichts ... noch nicht im Strafausspruch rechtskräftig war. Zum anderen musste der Personalrat davon ausgehen, dass der Beklagte dem Beweisantrag des Klägers, entsprechend seiner Verpflichtung aus § 15 Abs. 3 LDG, stattgeben werde. Hinzu kommt, dass zwischen Beteiligung des Personalrats und Erlass der Abschlussverfügung fast ein Jahr Zeit verstrichen ist und neue Tatsachen nicht mehr einbezogen wurden. Dies gilt insbesondere für Informationen über die geplante vorzeitige Zurruhesetzung des Klägers. Denn der Personalvertretung war nur der „Antrag“ des Klägers vom 16.08.2010 bekannt. Über den Fortgang des Zurruhesetzungsverfahrens wurde er nicht mehr informiert, insbesondere darüber, dass der Kläger nicht - wie „beantragt“ - zum ... in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde, sondern schon mit Ablauf des ... Dementsprechend war auch der Beurlaubungszeitraum erheblich kürzer als beantragt. Er dauerte lediglich vom ... bis zum ...
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG.
43 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG liegen nicht vor.

Gründe

 
23 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Disziplinarverfügung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
1. Die Klage ist nicht unzulässig geworden, weil sich die angefochtene Verfügung durch die Versetzung des Klägers in den Ruhestand erledigt hätte und der Kläger somit nicht mehr aus dem aktiven Beamtenverhältnis entfernt werden kann. Entscheidungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG werden mit Zustellung wirksam (§ 38 Abs. 2 Satz 1, 2 LDG, § 43 Abs. 1 LVwVfG). Erhebt der Beamte hiergegen Klage, die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens aufschiebende Wirkung entfaltet, wirkt die gerichtliche Entscheidung, welche die Disziplinarverfügung rechtskräftig bestätigt, auf den Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinarverfügung zurück. Ist der Beamte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten, wird das Ruhestandsverhältnis gegenstandslos (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2, 3 LDG und Burr, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 31 LDG Rdnr. 7). Entsprechendes gilt für den mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kraft Gesetzes einhergehenden (§ 31 Abs. 1 Satz 3 LDG), mit der Verfügung aber aktualisierten Verlust der Befugnis, die Amtsbezeichnung zu führen.
25 
Die Anordnung der Dienstenthebung gilt bei sachgerechter Auslegung der Verfügung nur bis zu einem vor Unanfechtbarkeit der Verfügung erfolgenden Eintritt des Klägers in den gesetzlichen Ruhestand. Entsprechendes gilt mit Blick auf den gesondert geregelten - und hier auch erfolgten - Einbehalt von Ruhestandsbezügen bei Eintritt in den Ruhestand vor Unanfechtbarkeit der Entfernungsverfügung (§ 31 Abs. 2 Satz 4 LDG) für die Anordnung des Einbehalts der Bezüge nach § 31 Abs. 2 Satz 1 LDG.
26 
2. Die Klage ist auch begründet. Der Senat überprüft die auf Entfernung aus dem Dienst gerichtete Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung zugrundegelegten Sachverhaltes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Senat, Urteil vom 07.03.2012 - DL 13 S 1614/11 -; Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) vom 15.07.2008; LT-Drs. 14/2996, S. 117). Die Disziplinarverfügung ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Es fehlt an der erforderlichen Erstanhörung des Klägers, an den notwendigen eigenen Ermittlungen durch die Disziplinarbehörde und damit an einer ordnungsgemäßen Begründung der Verfügung. In einem solchen Fall der Verletzung elementarer Verfahrensrechte ist eine Nachholung der ausstehenden Ermittlungen durch das Disziplinargericht nicht möglich. Darüber hinaus ist die Beteiligung der Personalvertretung rechtsfehlerhaft.
27 
Nach § 11 Abs. 1 LDG ist der Beamte über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu unterrichten. Ihm ist nach Abs. 2 der Vorschrift u.a. zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Er ist ferner darauf hinzuweisen, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. Für die Äußerung wird dem Beamten schriftlich eine angemessene Frist gesetzt (§ 11 Abs. 3 Satz 1 LDG). Die Vorschrift soll gleichermaßen dem Schutz des Beamten, der Aufklärung des Sachverhalts und der Beschleunigung des Verfahrens dienen. Es entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen, dem Betroffenen zu eröffnen, welches Vergehen ihm zur Last gelegt wird, und ihn hierzu anzuhören. Über das allgemeine Anhörungsrecht des § 28 LVwVfG hinaus sieht § 11 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und 2 LDG eine Erstanhörung des Beamten vor (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 68). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger wurde zwar in der Einleitungsverfügung ordnungsgemäß über seine Rechte im behördlichen Disziplinarverfahren belehrt und darauf hingewiesen, dass ihm ein Termin zur Anhörung genannt werden wird. Dies ist aber in der Folgezeit unterblieben. Der Kläger ist nur vor Erlass der Abschlussverfügung gehört worden. Darin liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler, der nicht mehr im gerichtlichen Verfahren geheilt werden kann.
28 
Zwar sieht § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG vor, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erstanhörung geheilt werden kann, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird, was nach Abs. 2 der Vorschrift bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich ist (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 69). Die Erstanhörung kann aber im vorliegenden Fall ihren Zweck nur noch erfüllen, wenn sie vor der abschließenden Anhörung des Beamten erfolgt, die vor dem Erlass der Abschlussverfügung vorgesehen ist. Denn im Falle des Klägers fehlt es neben seiner Erstanhörung an eigenen Feststellungen des Beklagten zum disziplinarisch erheblichen Sachverhalt. Die Disziplinarverfügung beschränkt sich in tatsächlicher Hinsicht auf die Wiedergabe der vom Kläger bestrittenen knappen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts ... Eine Bindungswirkung an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts besteht jedoch nicht.
29 
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG sind nur die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, nicht auch eines Strafbefehls, im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -). Zwar können nach § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zu Grunde gelegt werden. Es dürfen aber keine Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit bestehen. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Beamte die Feststellungen bestreitet. So liegt der Fall hier. Aufgrund der substantiierten Einwendungen des Klägers, die er erstmals in der Schlussanhörung mit Schreiben vom 16.08.2010 vorbringen und mit einem Beweisantrag untermauern konnte, mussten sich (spätestens) für den Beklagten aber Zweifel am Sachverhalt ergeben, zumal er bis zu diesem Zeitpunkt den Kläger noch nicht angehört hatte. In einem solchen Fall scheidet die Anwendung des § 14 Abs. 2 LDG aus (Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 14 LDG Rdnr. 12; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 04.09.2008 - 2 B 61.07 -, NVwZ 2009, 597; BVerwG, Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -; BayVGH, Urteil vom 11.08.2010 - 16 AD 10.189 -). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger seinen Einspruch gegen den Strafbefehl schließlich zurückgenommen hat und diesen rechtskräftig werden ließ. Dieser Verzicht auf eine Fortführung des Verfahrens kann im Interesse eines schnelleren Verfahrensabschlusses oder - wie hier vom Kläger geltend gemacht - aus Scheu vor einer öffentlichen Hauptverhandlung erfolgen; er kommt deshalb nicht stets dem Geständnis des im Strafbefehl vorgeworfenen Verhaltens gleich (BVerwG, Beschluss vom 01.12.1987 - 2 WB 66/87 -, BVerwGE 83, 373).
30 
Soweit sich der Beklagte hinsichtlich möglicher Milderungsgründe auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.04.2010 im Verfahren gegen seine vorläufige Dienstenthebung beruft, übersieht er, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt nur um prognostische Ausführungen mit Blick auf die voraussichtliche Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG) handelte, und weitere Sachverhaltsentwicklungen gar nicht in den Blick genommen werden konnten und sie im Ergebnis - ebenso wie die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl - unzutreffend sind.
31 
Nur bei der Nachholung der versäumten Erstanhörung vor der abschließenden Anhörung ist im Falle des Klägers mit Sicherheit auszuschließen, dass sich der Verfahrensmangel nicht auf die Disziplinarverfügung ausgewirkt hat (vgl. auch Nonnenmacher, in: v. Alberti u.a., a.a.O., § 11 LDG, Rdnr. 12). Gleiches gilt mit Blick auf § 46 LVwVfG, wonach die Aufhebung eines - nicht nichtigen - Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (Senat, Beschluss vom 12.09.2013 - DL 13 S 1541/13 - bei fehlender Schlussanhörung; Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rdnr. 36; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010 - DL 10 K 210/10 - im Hinblick auf die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung). Dies lässt sich im Falle des Klägers nicht ausschließen. Damit wirkt sich der Verfahrensfehler auch materiell-rechtlich aus.
32 
Da der Beklagte zu Unrecht eine Bindung an den Strafbefehl des Amtsgerichts ... und das Urteil des Verwaltungsgerichts ... angenommen und keine eigenen Feststellungen zum Vorliegen eines Dienstvergehens getroffen hat, fehlt es der streitgegenständlichen Verfügung auch an der ordnungsgemäßen Begründung, wie sie § 38 Abs. 2 Satz 2 LDG umschreibt. Dieses Defizit führt zur Rechtswidrigkeit der Verfügung und kann in dieser Fallkonstellation auch nicht vom Gericht durch eigene Sachverhaltsermittlungen und -würdigung nachgeholt werden, weil es ansonsten eine eigene Bemessungsentscheidung treffen und nicht die von der Disziplinarbehörde getroffene Entscheidung überprüfen würde. Dem Disziplinargericht ist im vorliegenden Fall die Durchführung einer Beweisaufnahme zur Feststellung des disziplinarisch relevanten Sachverhaltes versagt, weil es sich ansonsten über die dem Beklagten zustehende Disziplinarbefugnis hinwegsetzen würde. Denn die wesentlichen Feststellungen hat nach baden - württembergischen Landesrecht die Disziplinarbehörde zu treffen, der nach dem Willen des Gesetzgebers die Disziplinarbefugnis zustehen soll. Das Gericht überprüft den in der Disziplinarverfügung dargestellten und geahndeten disziplinaren Vorwurf. Streitgegenstand und damit Umfang und Grenzen der gerichtlichen Überprüfung werden ausschließlich durch die Abschlussverfügung selbst bestimmt (so auch Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 21 AGVwGO, Rdnr. 2; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Begründung zu § 38 LDG). Zwar kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO das Gericht die Verfügung aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist aber, dass ein Dienstvergehen erwiesen ist. Hieran fehlt es mangels entsprechender Feststellungen der Disziplinarbehörde.
33 
Diese Ansicht wird auch dadurch bestätigt, dass sich der dem Strafbefehl zugrunde liegende Vorwurf des Besitzes von 256 strafrechtlich relevanten kinderpornografischen Dateien in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer nicht aufrecht erhalten ließ. Das Verwaltungsgericht hat 10 Bilder und zwei Filme in Augenschein genommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich dabei um strafrechtlich relevante kinderpornografische Bilder und Filme handelt. Die verbleibenden 246 Bilder und drei Filme hat es keiner Beweiswürdigung unterzogen, sondern zugunsten des Klägers und insoweit abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts und des Urteils des Verwaltungsgerichts ... im Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung des Klägers angenommen, dass es sich dabei um jugendpornografische Dateien oder sog. Posing-Bilder handelte, deren Besitz im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung noch nicht strafbewehrt war. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnte nicht geklärt werden, ob sie tatsächlich einen disziplinarisch relevanten Inhalt haben.
34 
Fehlt es somit derzeit an einer umfassenden Ermittlung der das Dienstvergehen begründenden Tatsachen, lässt sich nicht feststellen, ob ein schweres Dienstvergehen anzunehmen ist, das bei einem aktiven Beamten zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 Abs. 1 Satz 1 LDG) bzw. bei einem Ruhestandsbeamten zur Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 Abs. 1 Satz 1 LDG) führt.
35 
Denn ein schweres Dienstvergehen ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG erst dann anzunehmen, wenn der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren hat. Die Vorschrift trifft keine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen die Tatbestandsmerkmale „schweres Dienstvergehen“ und „endgültiger Vertrauensverlust“ anzunehmen sind. Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG; Senat, Urteil vom 07.06.2011 - DL 13 S 1826/10 - a.a.O.). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Begründung zu § 26 LDG,a.a.O., S. 86).
36 
Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht der Sachverhalt, der dem Vorwurf des Dienstvergehens und dem sich daraus ergebenden Maß des Vertrauens- oder Ansehensverlustes zugrunde liegt. Gegenstand der Ermittlungen sind aber auch alle Umstände, die das Persönlichkeitsbild des Beamten prägen oder für die Frage von Bedeutung sind, in welchem Maße der Beamte der Pflichtenmahnung bedarf (Begründung zu § 12 LDG, a.a.O., S. 70; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O.).
37 
Nur ergänzend sei bemerkt, dass auch die nach § 12 LDG bemessungsrelevanten entlastenden Umstände nicht ermittelt wurden. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich nicht nur auf den objektiven und subjektiven Tatbestand der Pflichtenverstöße, sondern auch auf alle Umstände, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können. Hierzu zählt insbesondere das Übergehen des vom Kläger in der Schlussanhörung gestellten Beweisantrags, wonach er die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Alters der dargestellten Personen und dessen Erkennbarkeit für einen Laien „ausdrücklich“ beantragte. Diesem Antrag hätte, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nach § 15 Abs. 3 LDG stattgegeben werden müssen, weil er sowohl für die Tatfrage, die Schuldfrage und für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein konnte. Weiterhin ist der Einwand des Klägers zu berücksichtigen, dass er sich angesichts der Menge des pornografischen Materials insgesamt nicht darüber bewusst gewesen sei, überhaupt kinderpornografische Darstellungen zu besitzen. In diesem Zusammenhang ist erheblich, dass das kinderpornografische Bildmaterial nach den unwidersprochenen Angaben des Klägers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bestätigte, allenfalls 0, 1 bis 0, 2 % seines Datenbestandes ausmachte (BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 - 2 B 133/11 -). Hinzu kommt, dass der Kläger, der als ... Schüler zwischen 17 und 43 Jahren unterrichtete, disziplinarisch nicht vorbelastet ist, seinen Dienst Jahrzehnte lang sehr engagiert und mit überdurchschnittlichen Beurteilungen versah und ihm die nächsthöhere Leistungsstufe gewährt wurde.
38 
Bei dieser Sachlage ist auch die Beteiligung des Personalrats nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil auch er davon ausging, dass der Kläger im Besitz von 256 strafrechtlich relevanten Dateien und fünf Filmen war. Darüber hinaus fehlten ihm weitere Informationen über das weitere Vorgehen des Beklagten. Auch dieser Verfahrensfehler führt unheilbar zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Disziplinarverfügung (Senat, Beschluss vom 02.03.2011 - DL 13 S 2492/10 -; VGH Baden - Württemberg, Beschluss vom 03.12.1992 - D 17 S 20/92).
39 
Nach § 80 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 2 LPVG wirkt der Personalrat beim Erlass von Disziplinarverfügungen mit, sofern der Beamte dies nach § 80 Abs. 2 Satz 2 LPVG beantragt, worauf er nach § 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG hinzuweisen ist. Die beabsichtigte Maßnahme ist dem Personalrat rechtzeitig bekanntzugeben und auf Verlangen mit ihm zu erörtern (§ 72 Abs. 1 LPVG). Dabei ist die Personalvertretung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (§ 68 Abs. 2 Satz 1 LPVG). Ihr sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Mit der Ausweitung der behördlichen Disziplinarbefugnisse durch das Landesdisziplinargesetz geht ausweislich der Gesetzesbegründung eine Stärkung der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung einher (Senat, Beschluss vom 02.03.2011, a.a.O., m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Vorschriften hält der Senat das Beteiligungsverfahren aus mehreren Gründen für defizitär:
40 
Entsprechend dem sich bei den Akten befindlichen Formblatt „Beteiligung des Personalrats PERS“ wurden dem Kläger unter dem 18.08.2010 „der Antrag auf Beteiligung mit Schriftsatz vom 16.08.2010, die abschließende Anhörung gem. § 20 LDG, die Suspendierung des Beamten bestätigendes Urteil des VG... vom 21.04.2010 (rechtskräftig seit 15.07.2010)“ übersandt. Allerdings ist die tatsächliche Übersendung der genannten Schriftstücke, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht moniert, nicht dokumentiert. Unter dem 19.08.2010 wurde noch die Einleitungsverfügung vom 07.10.2009 nachgereicht. Weitere Unterlagen wurden ihm nicht übersandt (vgl. zur umfassenden Unterrichtung des Personalrats auch Altvater u.a., LPersVG Baden - Württemberg, 2. Auflage, § 80, Rdnr. 21; ebenso zum Bundesrecht: Altvater u.a., BPersVG, 8. Auflage 2013, § 78 Rdnr. 32a).
41 
In diesem Zusammenhang wären weitere Informationen notwendig gewesen: Dies gilt zum einen mit Blick darauf, dass zum Zeitpunkt der Beteiligung der Personalvertretung der Strafbefehl des Amtsgerichts ... noch nicht im Strafausspruch rechtskräftig war. Zum anderen musste der Personalrat davon ausgehen, dass der Beklagte dem Beweisantrag des Klägers, entsprechend seiner Verpflichtung aus § 15 Abs. 3 LDG, stattgeben werde. Hinzu kommt, dass zwischen Beteiligung des Personalrats und Erlass der Abschlussverfügung fast ein Jahr Zeit verstrichen ist und neue Tatsachen nicht mehr einbezogen wurden. Dies gilt insbesondere für Informationen über die geplante vorzeitige Zurruhesetzung des Klägers. Denn der Personalvertretung war nur der „Antrag“ des Klägers vom 16.08.2010 bekannt. Über den Fortgang des Zurruhesetzungsverfahrens wurde er nicht mehr informiert, insbesondere darüber, dass der Kläger nicht - wie „beantragt“ - zum ... in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde, sondern schon mit Ablauf des ... Dementsprechend war auch der Beurlaubungszeitraum erheblich kürzer als beantragt. Er dauerte lediglich vom ... bis zum ...
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG.
43 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG liegen nicht vor.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2015 - DL 20 K 1481/13 - geändert. Die Verfügung der Beklagten vom 02.04.2013 wird geändert. Das monatliche Ruhegehalt des Klägers wird um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr anteilig vermindert. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am ... geborene Kläger wurde nach dem Abschluss seiner Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst am ... bei der Beklagten als Stadtinspektor zur Anstellung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt. Am ... wurde er zum Stadtinspektor, am ... zum Stadtoberinspektor ernannt. Mit Wirkung zum ... wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Es folgten Beförderungen zum Stadtamtmann am ... und zum Stadtamtsrat am .... Bis ... war der Kläger im Haupt- und Rechtsamt der Beklagten als EDV- und Organisationssachbearbeiter tätig und mit der Aufgabe des Netzwerkadministrators des EDV-Systems der Beklagten betraut.
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts ... vom 22.04.2009 - ...... - wurde der Kläger wegen Sachbeschädigung in sieben Fällen sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtgeldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 60 EUR verurteilt. Dieser Verurteilung lag zu Grunde, dass der Kläger zwischen dem 09.05. und dem 19.05.2008 41 Sicherheitsvorhängeschlösser, davon 30 irreparabel, am ...... mit Klebstoff, teilweise auch unter Verwendung von Holzteilchen, unbrauchbar machte. Zudem setzte sich der Kläger am 19.05.2008 mit Tritten, Schlägen und Bissen gegen einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes zur Wehr, der mit der Durchführung von Bewachungsleistungen für den ... betraut war.
Nachdem der Beklagten die Einleitung des dieser Verurteilung vorausgegangenen Ermittlungsverfahrens bekannt geworden war, entzog sie ihm am 19.06.2008 die mit seiner Dienstaufgabe des Netzwerkadministrators verbundenen Rechte. Ab dem 01.07.2008 wurde der Kläger der Stadtkämmerei zugeordnet. In der Folgezeit war der Kläger im Wesentlichen krankgeschrieben. Mit Wirkung vom 20.07.2009 wurde er auf eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 beim Bauverwaltungsamt umgesetzt. Mit Bescheid vom ... wurde der Kläger vorzeitig in den Ruhestand versetzt und befindet sich seit dem ... im Ruhestand. Seit Eintritt in den Ruhestand bezieht der ... und ... Kläger unter Einbeziehung eines Versorgungsabschlages von 10,8 % ein Ruhegehalt entsprechend 53 % seiner ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (Besoldungsgruppe A 12, Erfahrungsstufe 9), das nach seinen Angaben in der Berufungsverhandlung derzeit ca. 2.000 EUR netto beträgt. Es kommen Einnahmen aus einer in den Sommermonaten ausgeübten Tätigkeit in einem ... auf 450-Euro-Basis hinzu. Nach seinen Angaben in der Berufungsverhandlung hat der Kläger keine Schulden.
Mit Verfügung vom 05.08.2009 leitete die Beklagte ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein und begründete dies damit, dass der dringende Verdacht bestehe, der Kläger habe gegen die Pflichten aus §§ 73 Satz 1, 73 Satz 3, 74 Satz 2 und § 75 Abs. 1 LBG a.F. verstoßen. Nachdem sie ihm wegen der Vorfälle auf dem ... alle Administratorenrechte für das EDV-System entzogen habe, habe sich der Kläger nach Wiederaufnahme seines Dienstes am ... von seinem neuen Arbeitsplatz aus über den dienstlichen PC als Netzwerkadministrator eingeloggt, um systematisch Zugriff auf Dienstgeheimnisse zu nehmen. Es sei festgestellt worden, dass er auch systematisch Dateien und Ordner auf der persönlichen Festplatte des Leiters des Personalamts, Herrn ..., und der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, Frau ..., ausgespäht habe. Nachdem das Administratorenkennwort am 23.07.2009 geändert worden sei, habe er am 24.07.2009 versucht, rechtswidrig die Administratorenrechte wiederzuerlangen. Zudem habe sich herausgestellt, dass er mit den ausgespähten Zugangsdaten online unerlaubt in der ...-Datenbank recherchiert habe.
Am 05.08.2009 verbot die Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung der Dienstgeschäfte. Mit Verfügung vom 19.09.2009 enthob die Beklagte den Kläger vorläufig des Dienstes. Am 07.12.2009 wurde die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet. Am 01.02.2010 ordnete die Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs die Einbehaltung von 50 v.H. der monatlichen Bezüge im Sinne von § 3 Abs. 1 LDG an. Die gegen die Verfügungen vom 19.09.2009 und vom 01.02.2010 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart anhängig gemachten Klageverfahren (DL 20 K 4105/09 und DL 20 K 767/10) ruhen seit dem 24.11.2010.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 11.03.2010 - ...... - ist dem Kläger zur Last gelegt worden, sich unbefugt Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft zu haben, indem er sich vom 20.07. bis 22.07.2009 an seinem Bildschirmarbeitsplatz im Bauverwaltungsamt an der EDV-Anlage der Beklagten nicht mit der ihm zugewiesenen Kennung, sondern unter Verwendung des ihm aus seiner früheren Tätigkeit noch bekannten Systemverwalterpassworts als Systemverwalter ("admin") anmeldete und auf diese Weise Zugriff auf die gespeicherten dienstlichen Daten der Leiterin des Rechts- und Hauptamts und des Leiters des Personalamts, nahm, obwohl ihm bewusst war, dass ihm ein Zugriff auf diese Daten nicht gestattet war. Nachdem der Kläger gegen diesen Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte, wurde das Verfahren mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 26.11.2010 gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.
Im Rahmen des Disziplinarverfahrens holte die Beklagte ein Gutachten der ......, zu den dem Kläger vorgeworfenen EDV-Aktivitäten ein (Blatt 425 - 495 der Disziplinarakte).
Im weiteren Verlauf des Disziplinarverfahrens wurde unter anderem ein psychiatrisches Attest des den Kläger seit dem 04.08.2009 behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. ...,... vom 20.04.2010 (Blatt 649 der Disziplinarakte), das dem Kläger eine schwere depressive Episode mit psychotisch-paranoider Ausgestaltung bei einer schizoid-sensitiven Persönlichkeit bescheinigt, ein neurologisches Gutachten des Prof. Dr. ..., ..., vom 07.05.2009 (Blatt 795 - 821 der Disziplinarakte) sowie Stellungnahmen des Gesundheitsamtes des Landratsamtes ... vom 24.07.2008 (Blatt 791 der Disziplinarakte), vom 26.06.2009 (Blatt 823 der Disziplinarakte), vom 19.08.2010 (Blatt 825 der Disziplinarakte), vom 22.09.2010 (Blatt 835 der Disziplinarakte) und vom 15.09.2011 (Blatt 847 der Disziplinarakte) vorgelegt. Im Schreiben vom 22.09.2010 hielt das Gesundheitsamt die Bestellung eines Verfahrensvertreters für erforderlich. Den daraufhin von der Beklagten am 14.10.2010 gestellten Antrag auf Bestellung eines Vertreters gemäß § 16 LVwVfG lehnte das Amtsgericht... mit Beschluss vom 30.03.2011 - ... - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ab. Aus dem Gutachten ergebe sich, dass der Kläger geschäftsfähig sei, so dass er wirksam Vollmacht erteilen könne. Er habe einem Rechtsanwalt Vollmacht erteilt, so dass ein weiterer Vertreter vom Betreuungsgericht nicht bestellt werden müsse.
Auf Ersuchen der Beklagten vom 07.11.2011 erstattete der im Verfahren auf Bestellung eines Vertreters gemäß § 16 LVwVfG tätig gewordene Gutachter Diplom-Psychologe Dr. ..., ..., am 08.12.2011 ein fachpsychologisches Sachverständigengutachten über den Kläger (Blatt 997 - 1035 der Disziplinarakte), das als Diagnosen eine schwere depressive Episode und eine schizoide Persönlichkeitsstörung nennt, aber zu dem Schluss kommt, dass bei Begehung der Handlungen des Klägers in der Zeit vom 20. bis 24.07.2009 aus fachpsychologischer Sicht keine Schuldunfähigkeit oder Schuldverminderung im Sinne der §§ 20, 21 StGB in Betracht gezogen werden kann.
10 
Des Weiteren wurden im Disziplinarverfahren die bei der Beklagten beschäftigten Zeugen ... (verantwortlicher Mitarbeiter für den IT-Support und die Installationen),... (Systemadministrator und Netzwerkverantwortlicher) sowie ... (Leiter der Abteilung Kommunikation und Innere Dienste) vernommen.
11 
Mit Schreiben vom 03.12.2012 leitete die Beklagte dem Kläger "vorläufige Erwägungen zum Abschluss des Disziplinarverfahrens" zu und gab ihm Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme. Mit Schreiben vom 28.01.2013 machte der Kläger geltend, dass die Bewertungen und Schlussfolgerungen im Gutachten des Dr. ... vom 08.12.2011 nicht nachvollziehbar seien, und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage seiner Schuldfähigkeit bei Begehung der ihm vorgeworfenen Pflichtverstöße.
12 
Mit Schreiben vom 02.04.2013 lehnte die Beklagte den Beweisantrag unter Hinweis auf das von ihr eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. ... ab. Eine substantiierte Kritik an diesem Gutachten habe der Kläger nicht vorgebracht.
13 
Mit Verfügung vom 02.04.2013 erkannte die Beklagte dem Kläger das Ruhegehalt ab und ordnete die Einbehaltung von Dienstbezügen in Höhe von 10 % in den ersten drei Monaten, von 20 % in den anschließenden 6 Monaten und danach von 30 % an. Zur Begründung wurde ausgeführt: Trotz der dem Kläger bekannten Regeln und Verbote zur Internetnutzung und zur Nutzung des EDV-Systems für einfache Nutzer, trotz des ihm bekannten Entzugs der Netzwerk-Administratorenrechte und seiner Umsetzung von der EDV-Abteilung des Haupt- und Rechtsamts zum 20.07.2009 zum Bauverwaltungsamt habe der Kläger während der registrierten Dienstzeiten zwischen dem 20.07.2009 und dem 24.07.2009 folgende Handlungen vorgenommen:
14 
a) Er sei in 45 Fällen verbotswidrig unter Missbrauch des ihm bekannten Passwortes als Nutzer "admin" (Netzwerk-Administrator) in geschützte Dateien und Daten, die sich auf Rechnern des Haupt- und Rechtsamtes (Frau ...) und der Personalabteilung (Herr ...) befunden hätten, eingedrungen und habe diese in einem Ordner auf seinem Dienst-PC im Bauverwaltungsamt geladen und dort gespeichert. Unter den von dem Kläger geladenen Dateien hätten sich im Einzelnen näher benannte Dokumente, insbesondere über sensible interne Vorgänge der Stadt, über dritte Mitarbeiter der Stadt sowie interne Dokumente über seinen eigenen Personalfall befunden.
15 
b) Der Kläger habe unter Missbrauch der Zugangsdaten für Netzwerk-Administratoren unzulässig aus dem Internet das Programm Google earth heruntergeladen und installiert.
16 
c) Der Kläger habe verbotswidrig den Internetbrowser "..." heruntergeladen und auf seinen Dienstrechner gespeichert bzw. diesen Browser über einen nur für EDV-Mitarbeiter und Serverdienste zugelassenen Weg ins Internet genutzt. Er habe sich einen eigenen Weg ins Internet eingerichtet, indem er zur Umgehung des "..." der Stadt, der sämtliche Internetaufrufe protokolliere, als anzusteuernden ... denjenigen des Kommunalen Rechnungszentrums in die Einstellungen des Internetbrowsers "..." eingetragen habe. Dies habe er getan, obwohl er aufgrund der Blockade des zuvor von ihm genutzten, ihm aber nicht erlaubten Internetzugangs bemerkt haben müsse, dass die EDV-Abteilung seine verbotswidrigen Aktivitäten bereits beobachtet habe.
17 
d) Der Kläger habe sich nach vorheriger verbotswidriger Ermittlung des Benutzernamens und des persönlichen Kennworts von ..., die nur durch Missbrauch seiner Kenntnisse von den Zugangsdaten des Netzwerk-Administrators habe erreicht werden können, Zugang zum Internetportal ... unter Verwendung der Zugangsdaten der ... verschafft und dort recherchiert.
18 
e) Obwohl die EDV-Abteilung bis Dienstbeginn am 23.07.2009 sämtliche eingetragenen Passwörter für Administratoren im EDV-System geändert und alle lokalen Administratorenzugänge des Dienstrechners gesperrt habe, habe der Kläger erneut versucht, sich unter Eingabe der Netzwerkadministratoren-Zugangsdaten in verbotener Weise ins System der Stadt einzuloggen.
19 
f) Der Kläger habe im Anschluss versucht, ihm nicht erlaubte zentrale Systemprogramme des Betriebssystems der EDV der Stadt anzuwenden und auf diesem Weg sich erneut und beharrlich unerlaubten Zugang als Administrator oder in vergleichbarer Weise zu verschaffen.
20 
Der Kläger habe damit gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an seinen Beruf (§ 73 Satz 1 LBG a.F.), zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 73 Satz 3 LBG a.F.), zur Ausführung und Beachtung der von Vorgesetzten getroffenen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien (§ 74 Satz 2 LBG a.F.) und zur Einhaltung von Recht und Gesetz (§ 75 Abs. 1 LBG a.F.) verstoßen. Darüber hinaus habe er den Tatbestand des Ausspähens von Daten gem. § 202a StGB schuldhaft und vorwerfbar verwirklicht. Der Missbrauch der besonderen - und nach Beendigung der Tätigkeit nachwirkenden - Vertrauensposition als Netzwerkadministrator sowie der Missbrauch besonderer persönlicher Fachkenntnisse über mögliche Zugänge zum EDV-System der Stadt führe zu einer schweren Verletzung von Kernbereichspflichten des Klägers. Auf Grund seiner Vor- und Fachkenntnisse über das System sei dem Kläger gleichsam jederzeit ein erneutes, technisch nicht zu verhinderndes Eindringen in sämtliche Bereiche des Systems möglich. Der Kläger habe damit ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 LDG begangen. Zwar habe der Kläger über lange Jahre unbescholten und mit guten bis sehr guten Leistungen für die Stadt gearbeitet. Allerdings habe er in der Vergangenheit schon Verhaltensweisen gezeigt, die nicht mit den Dienstpflichten übereinstimmten. So habe er etwa ohne Zustimmung der Betroffenen Listen der persönlichen Passwörter von Mitarbeitern der Stadt angefertigt, um dadurch bei Wartungsarbeiten "leichter" in die einzelnen PCs der Mitarbeiter zu kommen. In mehreren Fällen habe er zu Lasten bestimmter Beamter seine Kenntnisse über das EDV-System der Stadt eingesetzt, indem er deren Internetzugang manipuliert und dadurch künstlich verlangsamt habe. In die Pflichtwidrigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns habe er wenig bis keine Einsicht gezeigt. Als am 24.07.2009 das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen worden sei, sei er uneinsichtig gewesen und habe auf das (vermeintlich falsche) Verhalten anderer und auf seine gesundheitliche Situation verwiesen. Diese Einstellung habe er im Rahmen der Begutachtung durch Dr. ... aufrechterhalten. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Handlungen voll schuldfähig gehandelt. Dies habe die Begutachtung des Klägers im Rahmen des Verfahrens zur Bestellung eines Vertreters nach § 16 LVwVfG sowie die Begutachtung im Disziplinarverfahren ergeben. Die Erkrankung des Klägers ergebe allenfalls ein Nachvollziehen der inneren Abläufe bei ihm, führe aber nur in sehr begrenztem Maße zur Annahme mildernder Umstände. Die nahezu ausschließliche Ursache für das Dienstvergehen sei vielmehr in der Persönlichkeitsstruktur des Klägers zu finden. Der Umstand, dass nicht sofort nach seinem Wiederantritt zum Dienst vollumfängliche Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz des EDV-Systems eingerichtet worden seien (lediglich das Passwort der Netzwerk-Administratoren für den sog. Fernzugriff auf die Server ausgehend vom PC des Beamten sei gesperrt worden), wirke nur in sehr begrenztem Maße maßnahmemildernd. Denn dem Kläger seien ausdrücklich seine Rechte als Netzwerkadministrator entzogen worden und es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass er in so grobem Maße seine Dienstpflichten verletzten würde. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Handlungen des Klägers ihren übrigen Mitarbeitern nicht verborgen geblieben seien. Das Vertrauen des Dienstherrn in eine pflichtgemäße Amtsführung des Klägers sei damit endgültig zerstört.
21 
Der Kläger hat am 03.05.2013 gegen die ihm am 06.04.2013 zugestellte Verfügung vom 02.04.2013 Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Disziplinarverfügung erhoben.
22 
Einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die in der Verfügung vom 02.04.2013 unter Ziffer 3 angeordnete Einbehaltung von Dienstbezügen hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 08.10.2014 (DL 20 K 2798/14) abgelehnt. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 23.03.2015 (DL 13 S 2173/14) den Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen die Ziffer 3 der Verfügung vom 02.04.2013 angeordnet.
23 
Zur Begründung der Klage hat der Kläger unter anderem vorgetragen: Zahlreiche ärztliche Stellungnahmen - etwa der Entlassbericht der ... Klinik ... vom 23.02.2010 über einen stationären Aufenthalt vom 29.01.2010 bis zum 19.02.2010, in dem die Diagnose einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und eine schizoide Persönlichkeitsstörung gestellt worden sei (Blatt 39 bis 51 der Akte DL 20 K 1481/13 des VG Stuttgart), sowie Arztbriefe des ihn behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. ... vom 10.09.2009 und 10.03.2010 (Blatt 37 und 53 der Akte DL 20 K 1481/13 des VG Stuttgart) - sprächen dafür, dass er zum Zeitpunkt und in Bezug auf das ihm vorgeworfene Verhalten nicht in der Lage gewesen sei, das Unrecht seines Verhaltens einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Der von ihm gestellte Antrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens sei von der Beklagten verspätet und nicht nachvollziehbar abgelehnt worden. Jedenfalls sei zu seinen Gunsten der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden. Die Maßnahme scheine übersetzt. Er habe mit seiner Suche nach Anhaltspunkten für das Mobbing nicht im Kernbereich seiner Pflichten schuldhaft gehandelt. Er sei nicht mehr im IT-Wesen der Behörde tätig gewesen, sondern an einen Azubi-Arbeitsplatz, einen Dienstposten im Bauverwaltungsamt, verwiesen worden. Es sei nachvollziehbar, dass er auf Grund der zuvor gezeigten Härte seiner Vorgesetzten wegen des Vorfalls mit den Schlössern und der gezeigten Verständnislosigkeit für seine Situation zutiefst verunsichert und auf der Suche nach Belegen für die Voreingenommenheit und nach Leidensgenossen gewesen sei. Dabei sei es ihm vornehmlich um die eigene Orientierung gegangen, ohne dass eine Schadensverursachung erkennbar oder gar beabsichtigt gewesen sei. Er habe auf Grund früherer Bagatellisierung von Verstößen gegen die IT-Sicherheit durch Kollegen auch ein geringes Unrechtsbewusstsein gehabt. Es liege ein Mitverschulden der Beklagten vor, die das Administratoren-Kennwort über ein Jahr seit seinem krankheitsbedingten Fehlen nicht abgeändert habe. Das Passwortregime der Beklagten sei äußerst lax gehandhabt worden.
24 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist der Gutachter Dr. ... gehört worden. Hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Anlage zur Niederschrift (Blatt 265 - 271 der Akte DL 20 K 1481/13) verwiesen.
25 
Mit Urteil vom 21.05.2015 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Aberkennung des Ruhegehalts seien gegeben. Der Kläger habe ein schuldhaftes Dienstvergehen begangen. Der objektive Sachverhalt, wie er dem Kläger in der angegriffenen Disziplinarverfügung vorgeworfen werde, stehe unstreitig fest. Der Kläger habe damit gegen seine Pflicht, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG), gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), vor allem aber auch gegen seine Pflicht zur Ausführung und Beachtung der von Vorgesetzten getroffenen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien (§ 35 Satz 2 BeamtStG) und gegen seine Pflicht zur Einhaltung von Recht und Gesetz (§ 36 Abs. 1 BeamtStG) verstoßen. Der Kläger habe das Dienstvergehen schuldhaft begangen. Eine dem § 21 StGB entsprechende Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit liege nicht vor. Dies ergebe sich aus dem im behördlichen Disziplinarverfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. ..., der nach ausführlicher Exploration, der Befragung der Lebensgefährtin des Klägers und unter Verwertung von zahlreichen vom Kläger vorgelegten Attesten zu den Diagnosen "schizoide Persönlichkeitsstörung" und "schwere depressive Episode" komme. Allerdings verneine der Gutachter sowohl die fehlende Einsichtsfähigkeit wie auch die fehlende Steuerungsfähigkeit. Es sei auch nach Ansicht des Gerichts nicht weiter zweifelhaft, dass Einsichtsfähigkeit bestehe. Auch dem Kläger sei jederzeit klar gewesen, dass ihm sein Handeln nicht erlaubt gewesen sei und Unrecht darstelle. Die Steuerungsfähigkeit habe dem Kläger zum Zeitpunkt der Tat ebenfalls nicht gefehlt. Hierzu würden andere darauf hinweisende Steuerungsbrüche fehlen. Die auffälligen Verhaltensweisen, die beim Kläger durchaus festzustellen seien, seien nach den überzeugenden Darlegungen des Gutachters Dr. ... kein Ausdruck für Steuerungsbrüche oder gar für eine paranoide Störung. Es sei für das Gericht nachvollziehbar, dass es auch noch in anderen Bereichen des Lebens Probleme mit der Steuerung geben müsse, um von einem Verlust der Steuerungsfähigkeit auszugehen. Eine punktuell unerklärliche Verhaltensweise reiche dafür nicht aus. Der Kläger sei mit vielen logischen, geplanten und vollzogenen Einzelschritten im Verlauf des Tatgeschehens in der fraglichen Woche vorgegangen. Ein Steuerungsverlust hätte - wie der Gutachter überzeugend dargelegt habe - einen anderen Ablauf des Tatgeschehens, eben nicht über einen langen, in Einzelsequenzen gegliederten und bewusst reflektierten Ablauf impliziert. Soweit in Attesten des Dr. ... und im Entlassbericht der ... Klinik ... von "Wahn" gesprochen werde, habe der Gutachter in der mündlichen Verhandlung diese Bezeichnung für unrichtig gehalten. Die beim Kläger vorhandene Idee, alles wende sich gegen ihn, sei nicht klinisch relevant, sondern fuße auch in der Realität. Überzeugend habe der Gutachter dargelegt, dass eine schwere depressive Episode keine höhere Neigung zu delinquentem Verhalten bedeute. Grund für das Verhalten sei der Rückzug im sozialen Bereich und der empfundene Verlust an Selbstwert. Vor diesem Hintergrund habe der Gutachter zur Überzeugung des Gerichts eine veränderte Selbstwahrnehmung des Klägers, aber keinen Verlust der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit konstatiert. Das vom Kläger begangene Dienstvergehen wiege schwer, so dass das Vertrauen des Dienstherrn in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren gegangen sei. Der Kläger habe die ihm eingeräumte Vertrauensstellung als Netzwerkadministrator schwerwiegend missbraucht. Die Verpflichtung des Administrators, sorgsam mit den ihm anvertrauten Daten umzugehen, gerade weil er über spezifische Kenntnisse und Berechtigungen verfüge, gehöre zum Kern der Dienstpflichten in dieser Funktion. Wegen dieser besonderen Verantwortung werde ihm ein ganz spezifisches, gesteigertes Vertrauen entgegengebracht, zumal sich diese Tätigkeit nicht von einem Dritten überwachen lasse. Dies wirke in der später eingenommenen Stellung nach, auch wenn der Kläger zum Zeitpunkt des Dienstvergehens die Funktion des Netzwerkadministrators nicht mehr innegehabt habe. Für das Gewicht der Verfehlung sei nicht entscheidend, dass kein materieller Schaden entstanden sei. Der Schaden liege in dem geschädigten Vertrauen bei der Vielzahl der Kollegen, deren Daten sich der Kläger unberechtigt angeeignet habe, sowie in dem erheblichen Arbeitsaufwand, den die Änderung des Administratorenkennworts wegen des Verhaltens des Klägers erfordert habe. Die Beklagte treffe zwar wegen des Unterlassens der Änderung des Kennworts des Netzwerkadministrators ein gewisses Mitverschulden, das die Tat erleichtert habe. Dies führe aber zu keiner wesentlichen Entlastung des Klägers. Das Weitergewährenlassen nach der Änderung des Passworts sei keine Hinterlist der Beklagten gewesen, sondern dem erforderlichen schrittweisen Vorgehen nach Erkennen der bestehenden Gefahr geschuldet. Der Umstand, dass der Kläger während der Begehung der Tat seine verbotswidrigen Bemühungen nicht einmal dann eingestellt habe, als er habe erkennen müssen, dass er wegen der Änderung der Kennwörter auf Schwierigkeiten bei der Weiterverfolgung der unerlaubten Tätigkeiten stoße, falle erheblich zu seinen Lasten ins Gewicht. Die bestehende, als schizoide Persönlichkeitsstörung und schwere depressive Episode diagnostizierte psychische Erkrankung führe zu keiner wesentlichen Milderung in Bezug auf die Schwere des Dienstvergehens. Sie sei nicht annähernd einem der klassischen Milderungsgründe wie einer einmaligen persönlichkeitsfremden Gelegenheitstat oder psychischen Ausnahmesituation (Zwangslage) vergleichbar. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Kläger durch eine - inzwischen überwundene - negative Lebensphase aus der Bahn geworfen worden sei. Der Gutachter habe ausdrücklich festgestellt, dass die Erkrankung des Klägers nicht die Ursache für dessen Dienstpflichtverletzung gewesen sei.
26 
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 23.11.2015, dem Bevollmächtigten des Klägers am 30.11.2015 zugegangen, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
27 
Zur Begründung der Berufung führt der Kläger mit am 29.12.2015 eingegangenem Schriftsatz im Wesentlichen aus: Das angegriffene Urteil sei wegen schwerer Verfahrensmängel aufzuheben. Im Rahmen der Verpflichtung zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO hätte sich das Verwaltungsgericht nicht allein auf die gutachterlichen Aussagen des von der Beklagten beauftragten Diplompsychologen berufen dürfen, sondern den Sachverhalt ausermitteln und ein ärztlich-psychiatrisches Sachverständigengutachten einholen müssen. Das Verwaltungsgericht habe sich mit den zweifelhaften Schlussfolgerungen eines Diplompsychologen begnügt, der die einschlägig qualifizierten Äußerungen von Fachärzten einseitig kommentiert und interpretiert habe. Der Eindruck eines Parteigutachtens sei nicht von der Hand zu weisen. Bereits vor Erlass der Disziplinarverfügung vom 02.04.2013 seien auf Grund der Schreiben des ihn behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie, des Entlassberichtes der ... Klinik ... vom 23.02.2010 sowie des Gesundheitsamtes ... vom 22.09.2010 konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen von Schuldausschließungsgründen gegeben gewesen. Das Gutachten des Dr. ... sei in sich widersprüchlich, unschlüssig und verstoße in seinen wörtlichen Formulierungen gegen Denkgesetze. Soweit der Gutachter trotz des festgestellten Vorliegens schizoider Merkmale parallele Handlungsweisen im Alltag vermisse, sei fraglich, ob dies als Bedingung der Annahme von Schuldausschließungsgründen überhaupt erforderlich sei. Eine schizoide Erkrankung deute auf eine zerrissene und gespaltene Seele hin, die sich nach einer Seite völlig anders darstelle als zum Beispiel im Alltag. Es werde auch verkannt, dass er, der Kläger, nach wie vor schwere Psychopharmaka nehmen müsse. Das Gericht hätte den Schluss, von seiner intelligenten Vorgehensweise auf die Verneinung von Schuldausschließungsgründen kritisch hinterfragen müssen. Die pauschale Berufung auf Gesamtlebensumstände bleibe ebenfalls nicht nachvollziehbar. Denn es lägen - im Gutachten erwähnt - gehäuft zahlreiche Anzeichen für Normabweichungen auch im alltäglichen Leben vor, etwa die von der früheren Lebensgefährtin erwähnten Auswirkungen in der Partnerbeziehung, die wahrgenommenen Ängste und Gefühle, die Panik, das Haareausreißen, bis hin zur Wahrnehmung suizidaler Neigungen. Der Vorfall mit den Schlössern hätte für seine Vorgesetzten Anlass sein können, bei ihm eine krankhafte Persönlichkeitsstörung zu vermuten. Eine solche Art der Normabweichung sei für einen gestandenen Beamten mehr als ungewöhnlich. Die Reaktion seiner Vorgesetzten nach Bekanntwerden dieses außerdienstlichen Fehlverhaltens mit sofortiger Dienstenthebung und entwürdigender Schlüsselabnahme sei nicht besonders sensibel gewesen. Das Herunterladen von ... und google earth habe seinen Grund darin gehabt, dass er diese Programme für seine künftige Tätigkeit im Bauverwaltungsamt benötigt habe. Er habe damit im wohlverstandenen dienstlichen Interesse gehandelt. Es sei auch zu fragen, ob tatsächlich die Verletzung einer Kernpflicht vorgelegen habe, nachdem er seit über einem Jahr nicht mehr auf einem Administratoren-Dienstposten eingesetzt gewesen sei und er im Bauverwaltungsamt einen "Azubi-Schreibtisch" zugewiesen bekommen habe. Bei der Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens müsse dem Umstand Rechnung getragen werden, dass ein Schaden zum Nachteil des Dienstherrn weder beabsichtigt gewesen, noch objektiv eingetreten sei. Soweit ein Vertrauensschaden geltend gemacht werde, sei auf die ärztlicherseits erwähnten entwürdigenden Umstände im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit hinzuweisen. Es sei denkbar, dass nach Aufklärung der Umstände, der Motivation und der Krankheitsfaktoren ein dienstnotwendiges Vertrauen wieder hätte aufgebaut werden können.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2015 - DL 20 K 1481/13 - zu ändern und die Verfügung der Beklagten vom 02.04.2013 aufzuheben sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im behördlichen Disziplinarverfahren für notwendig zu erklären.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
die Berufung zurückzuweisen.
32 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt weiter aus: Hinsichtlich der Schwere des Dienstvergehens sei zentraler Bestandteil des vorgeworfenen Verhaltens, dass sich der Kläger entgegen des ausdrücklichen Verbots der Nutzung des alten, ihm noch bekannten Administratoren-Passworts bedient habe, um an sehr sensible, insbesondere fremde Daten seines Dienstherrn zu gelangen. Auch nach Änderung des Passworts habe er sein Verhalten wiederholt und komplexe Schritte unternommen, um wieder an das nun neue Passwort durch illegale Anwendung von Programmen zu kommen. Das Gutachten des Dr. ... sei nicht zu beanstanden. Der Sachverständige habe nicht bloß auf eine besondere Raffinesse des Klägers abgestellt, sondern unter voller Berücksichtigung der Tatumstände auch die Tathandlungen selbst nach korrekten fachlichen Maßstäben in seine Bewertungen mit einbezogen. Er habe aus diesen selbst den Rückschluss gezogen, dass ein verantwortliches Handeln ohne Einschränkung der Steuerungsfähigkeit oder der Einsichtsfähigkeit vorgelegen habe. Zentral sei nicht ein intelligentes Handeln, sondern das planvoll komplexe und mehrfach variierte Vorgehen des Klägers gewesen. Der Gutachter habe schon im Verfahren um die Bestellung eines Verfahrensvertreters die volle Geschäftsfähigkeit des Klägers attestiert. Diese Begutachtung habe zeitlich noch näher zum inkriminierten Verhalten gelegen. Hinsichtlich der zeitlichen Nähe gelte dies noch mehr für den amtsärztlichen Brief vom 26.06.2009, der wenige Tage vor Tatbegehung die volle Dienstfähigkeit attestiert habe. Bei seiner Bewertung habe der Gutachter die Atteste der behandelnden Ärzte berücksichtigt.
33 
Am 26.04.2016 hat der Senat beschlossen, zur Frage einer (verminderten) Schuldfähigkeit des Klägers bei Begehung der ihm in der Disziplinarverfügung der Beklagten vom 02.04.2013 zur Last gelegten Pflichtverstöße Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. ..., Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum ..., zu erheben. Das am 07.10.2016 erstattete forensisch-psychiatrische Gutachten des Dr. ... (Blatt 263 - 389 der Berufungsakte) kommt in seiner abschließenden Zusammenfassung zu dem Ergebnis, dass der Kläger bei der Begehung der ihm zur Last gelegten Pflichtverstöße an einer krankhaften seelischen Störung litt, die eine verminderte Steuerungsfähigkeit im Hinblick auf das Einsehen sensibler Daten begründen kann, so dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht die medizinischen Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB angenommen werden können.
34 
Der Kläger hat zu diesem Gutachten ausgeführt: Das Gutachten sei in sich schlüssig, wohlbegründet und entspreche seinen Erwartungen. Bei der Frage des Ausmaßes des Vertrauensverlustes wirke sich die vom Gutachter festgestellte verminderte Schuldfähigkeit aus.
35 
Die Beklagte hat zu dem von dem Senat eingeholten Gutachten wie folgt Stellung genommen: Es würden die - vom behördlichen Gutachter durchgeführten - psychologischen und medizinischen Testverfahren vermisst, die insbesondere die Glaubwürdigkeit der Äußerungen des Klägers zu prüfen und zu bewerten geeignet seien. Zudem fehle eine eingehende und genaue Analyse des konkreten Verhaltens während und nach der Tat. Das Tatgeschehen sowie das Verhalten in zeitlicher Parallelität, das vom behördlichen Gutachter als ausschlaggebend angesehen worden sei, sei nun völlig in den Hintergrund getreten. Es entstehe der Eindruck, dass lediglich die Ausführungen des Klägers einer reinen ärztlichen Bewertung zugeführt worden seien. Es müsse unterstellt werden, dass der Kläger, der bereits mehrfach psychiatrisch begutachtet worden und seit mehreren Jahren in psychiatrischer Behandlung sei, über die Mechanismen einer psychiatrischen Begutachtung, insbesondere zu der für ihn zentral bedeutsamen Fragestellung der möglicherweise eingeschränkten Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt, sehr genau unterrichtet und aufgeklärt gewesen sei. Aus dem Gutachten erschließe sich nicht, aus welchen konkreten Gründen der Gutachter zu einem diametral anderen Ergebnis als der behördliche Gutachter, der im Übrigen auch wesentlich zeitnäher zum Tatzeitpunkt mit der Gutachtenfrage befasst gewesen sei, gekommen sei.
36 
In der Berufungsverhandlung hat der Kläger den Entlassbericht des Universitätsklinikums ... vom 30.07.2009 über einen stationären Aufenthalt vom 26.07. bis 30.07.2009 vorgelegt. Zudem ist der Sachverständige Dr. ... im Einverständnis der Beteiligten informatorisch zu seinem Gutachten angehört worden. Wegen seiner Ausführungen wird auf die Anlage zum Protokoll verwiesen.
37 
Dem Gericht liegen die Personalakten des Klägers, die Disziplinarakten, die Akten 11 Cs 115 Js 106583/09 des Amtsgerichts ..., die Akten des Verwaltungsgerichts DL 20 K 4105/09, DL 20 K 767/10, DL 20 K 2798/14 und DL 20 K 1481/13 sowie die Akte des Senats DL 13 S 2173/14 vor. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
38 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der Berufungsfrist des § 2 LDG, § 124a Abs. 6 VwGO) ausreichend begründete Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Zwar hält auch der Senat die angegriffene Disziplinarverfügung für formell rechtmäßig und das dem Kläger vorgeworfene Dienstvergehen für erwiesen. Allerdings ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, weil die angefochtene Disziplinarverfügung der Beklagten wegen eines materiellen Bemessungsfehlers rechtswidrig ist und der Senat von der ihm in § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, indem er zur Beseitigung der mit dem materiellen Bemessungsfehler verbundenen Rechtsverletzung des Klägers die Verfügung der Beklagten vom 02.04.2013 dahingehend ändert, dass - statt der Aberkennung des Ruhegehalts - das Ruhegehalt des Klägers um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr anteilig vermindert wird. Soweit die Klage des Klägers auf die vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung gerichtet ist, ist sie (im Übrigen) abzuweisen.
39 
I. In formeller Hinsicht bestehen an der Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung keine durchgreifenden Bedenken. Zwar hat die Beklagte den von dem Kläger am 28.01.2013 gestellten und auf die Einholung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens zur Frage seiner (eingeschränkten) Schuldfähigkeit gerichteten Beweisantrag erst mit Schreiben vom 02.04.2013 und damit zeitgleich mit der am 02.04.2013 erlassenen Disziplinarverfügung abgelehnt. Doch führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Verfügung. Wird im behördlichen Disziplinarverfahren ein substantiierter Beweisantrag gestellt, hat die Disziplinarbehörde über ihn zu entscheiden und dem Antragsteller die Gründe mitzuteilen (vgl. Düsselberg, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 15 LDG RdNr. 15; Weiß, in: GKöD, M § 24 RdNr. 131). § 15 Abs. 3 LDG regelt - anders als § 24 BDG - die Entscheidungspflicht nicht ausdrücklich, setzt sie aber voraus, indem er ausführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen einem Beweisantrag stattzugeben ist. Im Hinblick auf die besondere Verfahrenssituation, der sich der Beamte in dem für ihn grundrechtsbedeutsamen Disziplinarverfahren ausgesetzt sieht (vgl. dazu: Weiß, a.a.O.), ist es zwar wünschenswert, wenn die Disziplinarbehörde einen von ihm gestellten Beweisantrag zeitlich vor Erlass der Disziplinarverfügung bescheidet, um dem Beamten gegebenenfalls die Möglichkeit einer Reaktion vor Abschluss des behördlichen Disziplinarverfahrens zu geben. Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung kann die Entscheidung über den Beweisantrag aber auch zeitgleich mit der Disziplinarverfügung oder in der Disziplinarverfügung selbst ergehen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 23.02.2011 - 31 K 7929/10.O -, juris). Hierfür spricht auch, dass die Entscheidung über einen Beweisantrag nach dem Willen des Gesetzgebers nicht gesondert angefochten werden kann, sondern es dem Beamten lediglich unbenommen bleibt, im Rahmen einer Klage eine unzureichende Sachaufklärung zu rügen und den Beweisantrag im gerichtlichen Verfahren zu wiederholen (LT-Drs. 14/2996, S. 73; Düsselberg, a.a.O.; vgl. auch Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Aufl., § 24 RdNr. 11).
40 
II. Materiell prüft der Senat die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zu Grunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteile des Senats vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 - und vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, jew. juris). Danach ist hier ein Dienstvergehen (§ 47 BeamtStG) des Klägers erwiesen, weil der Kläger schuldhaft ihm als Beamten obliegende Pflichten verletzt hat. Allerdings leidet die angegriffene Disziplinarverfügung an einem materiellen Bemessungsfehler.
41 
1. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, kann nach den Ergebnissen des Disziplinarverfahrens sowie des Verfahrens vor der Disziplinarkammer in tatsächlicher Hinsicht der dem Kläger in der angegriffenen Disziplinarverfügung zur Last gelegte Sachverhalt der disziplinaren Würdigung zu Grunde gelegt werden. Dies hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht in Frage gestellt. In der Berufungsverhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten vielmehr ausdrücklich bestätigt, dass der objektive Sachverhalt unstreitig feststehe. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil auf Seite 11 zusammenfassend festgestellt hat, waren dem Kläger - nachdem der Beklagten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung ("Vorfall Schlösser") bekannt geworden war - am 19.06.2008 die mit seiner Funktion als Netzwerkadministrator verbundenen Rechte entzogen worden. Nachdem der Kläger nach längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten am 20.07.2009 seinen Dienst im Bauverwaltungsamt, in das er umgesetzt wurde, antrat, drang er unter Missbrauch des ihm als Netzwerkadministrator bekannten und von der Beklagten noch nicht geänderten Passworts in geschützte Dateien und Daten auf den Rechnern der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, ..., und des Leiters des Personalamts, ..., ein und speicherte von dort Dateien auf seinem Dienst-PC. Unter den geladenen Dateien befanden sich Dokumente über interne Vorgänge der Beklagten und über dritte Mitarbeiter sowie interne Dokumente in seinem eigenen Personalfall. Der Kläger lud sich außerdem verbotswidrig das Programm google earth sowie den Internetbrowser "......" herunter. Auf diese Weise bahnte er sich einen nicht zugelassenen und nicht protokollierten Weg ins Internet. Unter verbotswidriger Ermittlung des Benutzernamens und des persönlichen Passworts der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, ..., verschaffte er sich Zugang zum Internetportal ... unter Verwendung ihrer Zugangsdaten. Nachdem bis zum Morgen des 23.07.2009 sämtliche eingetragenen Passwörter für Administratoren geändert worden waren, versuchte der Kläger am 24.07.2009 sich als Netzwerkadministrator in das EDV-System der Beklagten einzuloggen und die Netzwerkadministratorenrechte wieder zu erlangen.
42 
Der Senat teilt auch die Ansicht der Disziplinarkammer, dass der Kläger mit diesen Handlungen vorsätzlich gegen seine Pflichten aus § 34 Satz 3 BeamtStG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten), § 34 Satz 1 BeamtStG (Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen), § 35 Satz 2 BeamtStG (Pflicht zur Ausführung dienstlicher Anordnungen und zur Befolgung allgemeiner Richtlinien) und § 36 Abs. 1 BeamtStG (Pflicht zur Einhaltung von Recht und Gesetz) verstoßen und unerlaubt die Daten anderer Kollegen und Vorgesetzter ausgespäht hat (§ 202a StGB).
43 
Der Kläger war zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Handlungen auch nicht schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB (zur entsprechenden Anwendung der Regelungen der §§ 20f. StGB im Disziplinarrecht vgl. Urteile des Senats vom 09.08.2016, a.a.O., und vom 11.01.2012 - DB 316/11 -, juris). Nach § 20 StGB handelt schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar wurde dem Kläger in dem Gutachten des Dr. ... vom 07.10.2016 eine schwere depressive Episode mit paranoiden Symptomen (ICD-10: F32.3) und eine Persönlichkeitsakzentuierung mit sensitiven und narzisstischen Zügen bescheinigt, die das Eingangsmerkmal "krankhafte seelische Störung" des § 20 StGB erfüllen. Dr. ... hat dazu in der Berufungsverhandlung ausgeführt, dass für die Beurteilung der Schuldfähigkeit auf der ersten Stufe ein psychopathologischer Zustand erforderlich sei, der einer der vier im Gesetz vorgegebenen Kategorien entspreche. Dazu sei eine Quantifizierung der Symptomatik erforderlich. Es reiche nicht aus, irgendeine Diagnose auf dem psychiatrischen Fachgebiet zu stellen, um die juristische Merkmalskategorie zu erfüllen, sondern die psychische Störung müsse einen deutlichen Einfluss auf das psychosoziale Funktionsniveau haben. Dies sei bei dem Kläger der Fall gewesen, weil die depressive und begleitende paranoide Symptomatik so schwer ausgeprägt gewesen sei, dass der Kläger in seinen gesamten Lebensbezügen beeinträchtigt gewesen sei. Allerdings lägen Hinweise für einen Schuldausschließungsgrund nach § 20 StGB nicht vor. Insbesondere sei psychopathologisch die Schwelle eines manifesten Wahns nicht erreicht. Diese Einschätzung deckt sich im Ergebnis mit der Bewertung des von der Beklagten im behördlichen Disziplinarverfahren beigezogenen Gutachters Dr. ... vom 08.12.2011, der für den Kläger bei Begehung des Dienstvergehens im Hinblick auf die vom ihm diagnostizierte schwere depressive Episode (ICD-10: F32.31) eine schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB annimmt, aber mangels dadurch bedingter Aufhebung oder Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Schuldfähigkeit nach § 20 StGB und - anders als Dr. ... - für eine Verminderung der Schuldfähigkeit (dazu noch unten) verneint.
44 
2. Das damit erwiesene einheitliche Dienstvergehen des Klägers rechtfertigt allerdings bei Berücksichtigung der Bemessungsgrundsätze nach der Schwere des Dienstvergehens und des damit einhergehenden Vertrauensverlustes (vgl. § 26 LDG und dessen Verweis auf die §§ 27 bis 35 LDG) wegen einer zum Tatzeitpunkt gegebenen erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) nicht die in der Disziplinarverfügung ausgesprochene Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 LDG) als für den Kläger als Ruhestandsbeamten höchste Disziplinarmaßnahme.
45 
Ist von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB auszugehen (oder kann diese nach dem Grundsatz in dubio pro reo nicht ausgeschlossen werden), ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen und kann die disziplinare Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173; Urteil des Senats vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris).
46 
Der Kläger hat das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begangen. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen (Einsichtsfähigkeit) oder nach dieser Einsicht zu handeln (Steuerungsfähigkeit), wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war.
47 
Die richterliche Entscheidung, ob die Fähigkeit des Betroffenen, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert ist, erfolgt in einem aus mehreren Schritten bestehenden Verfahren (vgl. hierzu und zum Folgenden: BGH, Urteil vom 17.04.2012 - 1 StR 15/12 -, NStZ 2013, 53), ohne dass die Nichteinhaltung einzelner Schritte nach rechtlichen Maßstäben fehlerhaft sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.2004 - 1 StR 346/03 -, BGHSt 49, 45, 51 f.; Beschluss vom 12.06.2008 - 3 StR 154/08 -, NStZ-RR 2008, 338; Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß, Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten, NStZ 2005, 57 ff.). Unter regelmäßig gebotener Hinzuziehung sachverständiger Hilfe ist zunächst die Feststellung erforderlich, dass bei dem Betroffenen eine psychische Störung vorliegt, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Betroffenen zu untersuchen und festzustellen, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang sie sich auf dessen Tatverhalten ausgewirkt haben.
48 
Wie bereits ausgeführt gelangen sowohl der im behördlichen Disziplinarverfahren beigezogene Gutachter Dr. ... wie auch der gerichtliche Sachverständige Dr. ... zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger zum Tatzeitpunkt eine psychische Störung vorlag, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Dr. ... diagnostiziert eine schwere depressive Episode (ICD-10: F32.31) und eine schizoide Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F:60.1) und führt zum Ausprägungsgrad aus, dass lediglich der schweren depressiven Episode ein Ausprägungsgrad immanent ist, der die Annahme einer seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB rechtfertigt. Dr. ... geht von einer schweren depressiven Episode mit paranoiden Symptomen (ICD-10: F32.3) sowie einer Persönlichkeitsstörung mit sensitiven und narzisstischen Zügen aus, die die Kriterien einer krankhaften seelischen Störung im Sinne des § 20 StGB im Zeitpunkt der vorgeworfenen Disziplinarverstöße erfüllen. Zum Schweregrad legt Dr. ... in dem von ihm erstellten Gutachten dar, dass der Kläger in seinen rationalen Bewertungen und Handlungen gegenüber der Beklagten und im weiteren Verlauf auch in weiteren psychosozialen Lebensbereichen derart eingeschränkt gewesen sei, dass von einem erheblichen Grad der Einschränkung auszugehen sei. Der Kläger sei zum umsichtigen Reagieren auf bestimmte Situationsveränderungen nicht mehr in der Lage gewesen. Er sei unkorrigierbar von der Überzeugung gefangen und getrieben gewesen, sich gegen die Vorgesetzten zur Wehr setzen zu müssen, die ihn zu Fall bringen wollten. Der Kläger habe sich in höchster Erregung befunden, sein seelisches Gefüge sei von einem großen Beeinträchtigungserleben geprägt gewesen. Er habe sich davon nicht mehr distanzieren und auch auf entsprechende Hinweise von außen nicht mehr kritisch reflektieren können. Frustration, Unterlegenheit, Existenzängste, die unzureichende Flexibilität und die psychopathologische Abwandlung hätten in ein paranoides Denkgebilde mit präsuizidalen und prähomizidalen und schließlich dann zu schweren depressiven Symptomen sowie zu Affektdurchbrüchen geführt, die auch keine Risikoabsicherung mehr vorgesehen hätten.
49 
Zu den in Einzelheiten unterschiedlichen, aber hinsichtlich der Erfüllung der Eingangskriterien des § 20 StGB zum selben Ergebnis führenden Bewertungen der Gutachter Dr. ... und Dr. ... führte Dr. ... in der Berufungsverhandlung erläuternd und für den Senat überzeugend aus, dass in quantitativer Hinsicht die Zuordnung zu einer Merkmalskategorie zweifelsfrei gegeben, die konkrete Einordnung in eine Merkmalskategorie aber schwierig sei ("Mit den Merkmalskategorien kann man ein weites Fass aufmachen."), so dass der unterschiedlichen Einordnung des beim Kläger diagnostizierten psychopathologischen Zustands als "schwere andere seelische Abartigkeit" (so Dr. ...) oder als "krankhafte seelische Störung" (so Dr. ...) an dieser Stelle keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt.
50 
Jedoch gelangen Dr. ... und Dr. ... bei der Frage, ob die diagnostizierte psychische Störung relevante Auswirkungen auf das Tatverhalten des Klägers gehabt hat, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während beide Gutachter noch annehmen, dass die Erkrankung des Klägers keinen Einfluss auf seine Einsichtsfähigkeit hatte, bejaht Dr. ... - anders als Dr. ... - eine durch den psychopathologischen Zustand des Klägers bedingte Minderung der Steuerungsfähigkeit. Dieser Einschätzung folgt der Senat.
51 
Dr. ... führt hierzu in seinem schriftlichen Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend aus, dass der Kläger, getrieben von seinen überzogenen und wahnhaften Ideen, sich gegen den Arbeitgeber zur Wehr setzen zu müssen, trotz des Überführtwerdens und trotz der Erkenntnis, dass die von ihm unternommenen Schritte unzulässig seien, nicht in der Lage gewesen sei, sein Fehlverhalten einzustellen. Er habe es vielmehr als Zwang beschrieben, die Recherchen fortsetzen zu müssen. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht habe eine Minderung (des motivationalen Anteils) der Steuerungsfähigkeit vorgelegen, die im weiteren Verlauf auch weitere Lebensbereiche des Klägers beeinflusst habe, so beispielsweise die Partnerschaft mit den damit im Zusammenhang stehenden existenziellen Nöten oder die Überzeugung, verfolgt zu werden, bis hin zu ausgedehnten Rachefantasien. Neben diesen Rachefantasien, die im Hinblick auf Mitarbeiter der Beklagten auch einen erweiterten Suizid umfassten (vgl. S. 51 f. des Gutachtens des Dr. ...), fallen dabei insbesondere übersteigerte Existenzängste bis hin zu einem aus Angst vor einem finanziellen Ruin motivierten Sparen von Warmwasser und weiterhin auf, dass sich der Kläger in seinem Haus hinter Vorhängen zur Lauer gelegt hat, um Autokennzeichen vor seinem Haus zu überprüfen (vgl. S. 60 des Gutachten des Dr. ... und die wiedergegebenen Aussagen des Klägers auf S. 48 des Gutachtens des Dr. ...: "Er sei der Überzeugung gewesen, dass die Stadt ihm Detektive auf den Hals hetze. Er habe dann hinter dem Vorhang hervor nach Autos vor seinem Haus Ausschau gehalten. Erst habe er nach fremden Autokennzeichen gesucht. Dann sei ihm klar gewesen, dass er doch nach ... Kennzeichen suchen müsse, dass die doch nicht so blöd sind, ihm fremde Autos zu schicken. Er habe auch jeden Tag den Motor des Postboten gehört, dann habe er Panik entwickelt und sei sofort aufgestanden und habe die Post entgegen genommen. Diese Ängste würden das Motorengeräusch bis heute noch auslösen, erst seit einem halben Jahr stehe er nicht mehr sofort auf, wenn er den Postboten höre.").
52 
Dr. ... hat mithin entsprechende Auffälligkeiten in anderen (außerberuflichen) Lebensbereichen des Klägers benannt, die für eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Klägers sprechen, und damit die Schlussfolgerung des Dr. ... in Frage gestellt, der wegen des Fehlens solcher Umstände die Steuerungsfähigkeit des Klägers im Tatzeitraum für gegeben hielt. Die von Dr. ... beschriebenen Beeinträchtigungen des Klägers in anderen Lebensbereichen erreichen insbesondere eine deutlich andere Ebene, als die von Dr. ... in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dargelegten Beeinträchtigungen. Insbesondere beschreibt Dr. ... Verhaltensweisen, die nicht bloß den Rückzug des Klägers in der Beziehung zu seiner damaligen Partnerin betreffen, von denen Dr. ... meinte, es würde sehr hohe Prozentanteile von Menschen mit Schuldunfähigkeit geben, wenn man jeden, der sich vor seiner Partnerin zu Hause verschließe und zurückziehe, als schuldunfähig im Strafprozess einstufen würde. Soweit Dr. ... weiterhin maßgebend darauf abgestellt hat, dass der Annahme einer eingeschränkten Schuldfähigkeit entgegenstehe, dass der Kläger planvoll, lang hingezogen und mehrfach modifiziert vorgegangen sei, bewertet Dr. ... das vorgeworfene Verhalten zwar als geplant, aber wenig durchdacht und weit hinter den Möglichkeiten eines ITlers liegend mit anschließender hilfloser Verzweiflung. Dies wird insbesondere dadurch belegt, dass der Kläger zu einer situationsadäquaten Reaktion nicht mehr in der Lage war, als er gemerkt hat, dass sein Verhalten den Mitarbeitern der Beklagten bekannt geworden war, nachdem diese die eingetragenen Administratorenkennwörter geändert und die lokalen Administratorenzugänge gesperrt haben, und trotzdem am Tag darauf (24.07.2009) erneut versucht hat, sich verbotswidrig in das EDV-System der Beklagten einzuloggen.
53 
Die von dem Kläger gegen die diesbezüglichen Feststellungen im Gutachten des Dr. ... erhobenen Einwände überzeugen nicht. Soweit er geltend macht, es hätten psychologische und medizinische Testverfahren durchgeführt werden müssen, um die Glaubhaftigkeit der vom Kläger abgegebenen Äußerungen zu bewerten, nachdem dieser über eine erhebliche Intelligenz verfüge und wegen seiner mehrfachen psychiatrischen Begutachtung zu unterstellen sei, dass er die Mechanismen der psychiatrischen Begutachtung kenne, hat dem Dr. ... in der Berufungsverhandlung entgegengehalten, dass Testverfahren nicht mehr hätten durchgeführt werden können, weil zum Zeitpunkt der Begutachtung und Untersuchung keine psychopathologischen Symptome mehr vorgelegen hätten. Für den Auftrag, retrospektiv einen psychischen Zustand zu konstruieren, seien ihm, dem Gutachter, keine Testverfahren bekannt. Es sei selbstverständlich, dass die Angaben des Probanden nicht naiv für Realität gehalten würden. Bei der Begutachtung sei man um entsprechende Nachfragen bemüht gewesen. In den Behandlungsberichten der ... Klinik ... und des Dr. ... sei ebenso verfahren worden. Zur Glaubhaftigkeitsbewertung würden psychiatrische Plausibilitätserwägungen angestellt und zudem ein Abgleich der Angaben des Klägers bei der Exploration mit den Angaben vorgenommen, die der Kläger im Laufe des gesamten Verfahrens gemacht habe. Dabei seien keine wesentlichen Diskrepanzen aufgefallen, die Anlass gegeben hätten, an den von dem Kläger bei der Begutachtung gemachten Angaben zu zweifeln. Diese Ansicht teilt der Senat, nachdem sich das Gutachten des Dr. ... ausführlich mit den von dem Kläger im Verlaufe des Disziplinarverfahrens gemachten Angaben beschäftigt und diese wiedergibt. Die Beklagte hat ihre Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers nicht näher substantiiert. Auch dem Senat sind keine erheblichen Unterschiede in den diesbezüglichen Angaben des Klägers aufgefallen, die eine darüber hinaus gehende Auseinandersetzung mit der Glaubhaftigkeit seiner dem Gutachten des Dr. ... zu Grunde gelegten Angaben erforderlich gemacht hätten.
54 
Schließlich hält der Senat die von Dr. ... in der Berufungsverhandlung dargelegte Erläuterung der unterschiedlichen Ergebnisse seines Gutachtens und des Gutachtens des Dr. ... und die dabei gemachte Differenzierung zwischen einzelnen Aspekten der Steuerungsfähigkeit für besonders überzeugend. Dr. ... führte diesbezüglich aus, dass zwischen exekutiver und motivationaler Steuerungsfähigkeit unterschieden werden müsse. Die exekutive Steuerungsfähigkeit sei typischerweise bei einem Betrunkenheitszustand, also bei einem Handeln aus der Situation heraus ohne Berücksichtigung von Konsequenzen, betroffen, während die motivationale Steuerungsfähigkeit die motivationale Ausgangslage betreffe. Dr. ... habe richtigerweise die exekutive Steuerungsfähigkeit für unbeeinträchtigt gehalten, während die motivationale Steuerungsfähigkeit beim Kläger krankheitsbedingt verändert gewesen sei. Dies habe das Gutachten des Dr. ... nicht ausreichend berücksichtigt. Da die Unterscheidung zwischen exekutiver und motivationaler Steuerungsfähigkeit nicht einfach sei, könne es insofern auch eine Rolle spielen, dass Dr. ... als psychologischer Psychotherapeut nicht die Praxis eines forensischen Psychiaters habe (vgl. zur übergreifenden Kompetenz eines Fachpsychiaters auf dem Gebiet der krankhaften seelischen Störung auch: Rasch, Die Auswahl des richtigen Psycho-Sachverständigen im Strafverfahren, NStZ 1992, 257 m.w.N.).
55 
Das vom gerichtlichen Gutachter Dr. ... gefundene Ergebnis, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht die medizinischen Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB angenommen werden können, fügt sich in das Bild weiterer Stellungnahmen, insbesondere von den den Kläger behandelnden oder untersuchenden Ärzten ein. Bereits im neurologischen Gutachten des Prof. Dr. ... vom 07.05.2009, das zur Frage eines beidseitigen Sulcus ulnaris-Syndroms (Druckschädigung eines am Ellbogen verlaufenden Nervenstrangs) erging und den psychiatrischen Befund noch als unauffällig beschreibt, wird erwähnt, dass sich beim Kläger in einem befindlichkeitsdiagnostischen Verfahren erhöhte Werte unter anderem auf den Skalen Zwanghaftigkeit und paranoides Denken gezeigt hätten. Im Behandlungsbericht des Universitätsklinikums ..., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III, Prof. ..., vom 30.07.2009 über eine im direkten Anschluss an das begangene Dienstvergehen stationäre Behandlung vom 26.07. bis 30.07.2009 wird im psychopathologischen Aufnahmebefund eine wahnhaft gefärbte Annahme von Beeinträchtigungen und eine erschwert auslenkbare affektive Schwingungsfähigkeit genannt. Mit ursächlich für die Entwicklung des Klägers könne eine Persönlichkeitsakzentuierung sein, die im Rahmen der empfohlenen Psychotherapie weiter abgeklärt und auch behandelt werden solle. Die Bewertung der Arbeitsatmosphäre durch den Kläger sei paranoid gefärbt. Eine Therapie mit Escitalopram, Quetiapin und Risperidon werde empfohlen. In weiteren Behandlungsberichten des den Kläger behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. ... wird eine mittelgradige bis schwere depressive Episode mit paranoider Ausgestaltung diagnostiziert und später von einer schweren depressiven Episode mit psychotisch-paranoider Symptomatik bei schizoid-sensitiver Persönlichkeitsstörung gesprochen. In seiner im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart vorgelegten Stellungnahme vom 10.09.2009 spricht Dr. ... rückblickend von einer längerfristigen depressiven Entwicklung, die erhebliche Anhaltspunkte dafür erkennen lasse, dass der Kläger zum Zeitpunkt der ihm zur Last gelegten Verfehlung im Juli 2009 schon erheblich psychisch beeinträchtigt gewesen sei und dies möglicherweise zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit geführt haben könne. Ähnlich beurteilt Dr. ... nach Lektüre des Entlassberichtes der ... Klinik ... vom 23.02.2010 mit Schreiben vom 10.03.2010 den psychopathologischen Zustand des Klägers. Das dem Kläger zur Last gelegte Delikt der Ausspähung von Daten sei in einem Zustand paranoider Gestimmtheit erfolgt; aus psychiatrischer Sicht ergäben sich deutliche Hinweise darauf, dass sich der Kläger in der damaligen Situation in einem Zustand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit befunden habe. Im Entlassbericht der ... Klinik ... vom 23.02.2010 über einen stationären Aufenthalt vom 29.01. bis 19.02.2010 wird die Diagnose einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und eine schizoide Persönlichkeitsstörung gestellt. Das Gesundheitsamt des Landratsamtes ... kommt in seiner Stellungnahme vom 22.09.2010 unter Hinweis auf die für den Kläger gestellten Diagnosen und die psychopharmakologisch hochdosierte Kombinationstherapie mit Cipralex, Seroquel, Risperidon, Lyrica, Venlafaxin und Tavor (Das Gutachten des Dr. ... spricht von einer 6-fachen psychopharmakologischen Behandlung) zu dem Ergebnis, dass ärztlicherseits die Bestellung eines Verfahrensvertreters für das behördliche Disziplinarverfahren erforderlich sei. Das Amtsgericht ... lehnte mit Beschluss vom 30.11.2011 den Antrag auf Bestellung eines Verfahrensvertreters lediglich mit der Begründung ab, dass der Kläger wirksam einem Rechtsanwalt Vollmacht erteilt habe und es daher einen Vertreter im Sinne des § 16 LVwVfG gebe, so dass ein weiterer Vertreter nicht bestellt werden müsse. Im Strafverfahren wegen Ausspähens von Daten bat das Amtsgericht ... mit Schreiben vom 19.11.2010 im Hinblick auf die Stellungnahme des Gesundheitsamtes ... vom 22.09.2010 die Staatsanwaltschaft ... um Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO, weil inzwischen erhebliche Zweifel an der Schuldfähigkeit des Klägers bestünden. Die amtsärztliche Stellungnahme klinge "ziemlich massiv". In ihrer Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens führte die Staatsanwaltschaft ... aus, dass der Kläger nach dem amtsärztlichen Gutachten an einer erheblichen psychischen Erkrankung mit paranoiden und schizoiden Zügen leide und es - eingedenk seines Tatverhaltens, aber auch seines Verhaltens bei den vorangegangenen Taten in ... - überaus nahe liege, dass diese Situation auch bei der Tatbegehung gegeben gewesen sei. Eine eingeschränkte, möglicherweise aufgehobene Steuerungsfähigkeit erscheine insofern durchaus denkbar.
56 
Der Senat geht auch davon aus, dass die Steuerungsfähigkeit des Klägers bei Begehung des Dienstvergehens erheblich im Sinne des § 21 StGB vermindert war. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung "erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise; dabei ist zu klären, ob die Fähigkeit des Täters, motivatorischen und situativen Tatanreizen in der konkreten Tatsituation zu widerstehen und sich normgemäß zu verhalten, im Vergleich zu dem "Durchschnittsbürger" in einem solchen Maß verringert war, dass die Rechtsordnung diesen Umstand bei der Durchsetzung ihrer Verhaltenserwartungen nicht übergehen darf (vgl. Perron/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 21 StGB RdNr. 5 m.w.N.). Dies ist hier nach Ansicht des Senats der Fall.
57 
Zwar handelt es sich bei den hier betroffenen Dienstpflichten des Klägers um elementare, selbstverständliche und leicht einsehbare Dienstpflichten und hängt nach der Rechtsprechung im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3; Urteil des Senats vom 01.04.2014 - DL 13 S 2383/13 -, juris), jedoch ist hier nicht die Einsichtsfähigkeit des Klägers in diese Pflichten betroffen, sondern geht es um die Frage der erheblichen Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit bei Begehung des Dienstvergehens. Insoweit kann der Umstand einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit nicht durch das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit kompensiert werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.10.2014 - 2 B 60.14 -, NVwZ-RR 2015, 50; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.05.2016 - 14 LB 4/15 -, juris). Es kommt hier hinzu, dass die Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit gerade auch in dem dienstlichen Bereich des Klägers (Konflikte an seinem Arbeitsplatz und mit seinen Kollegen) seinen Ursprung hat und damit die verletzten Kernpflichten des Klägers betrifft (vgl. hierzu: Urteil des Senats vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris).
58 
Für die Annahme einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit ist für den Senat maßgeblich, dass der Kläger trotz der Verletzung eigentlich leicht zu befolgender Dienstpflichten letztlich auf Grund seiner psychischen Erkrankung den motivatorischen Tatanreizen keine relevanten eigenen Widerstände mehr entgegensetzen konnte. Dabei ist bereits die psychopathologische Entwicklung des Klägers vor Begehung des Dienstvergehens in den Blick zu nehmen. Das von dem Kläger gezeigte paranoide Symptombild begann zunächst mit Anspannung (Zähneknirschen, Haareausreißen), erheblichen Schlafstörungen und Grübelneigungen. Es folgten der Rückzug in eine eigene Welt und der Aufbau eines großen Feindbildes, bei dem sich der Kläger von seinen Vorgesetzten völlig unverstanden und allein gelassen fühlte. Nachdem diese psychiatrische Problematik nicht erkannt wurde, sondern sich die Frage seiner Dienstfähigkeit auf die orthopädische Problematik am Arm beschränkte, kam es im Mai 2008 zu ersten vollkommen irrationalen Handlungen beim Verkleben der Schlösser auf dem ....... Nach Aufdeckung dieser Taten verstärkten Scham- und Schuldgefühle den sozialen Rückzug und die depressive Symptomatik des Klägers weiter. Als der Kläger dann im Juli 2009 seinen Dienst wieder antrat und auf einen nach seiner Vorstellung nicht akzeptablen Arbeitsplatz im Auszubildendenbereich Dienst zu tun hatte, nahm die Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands des Klägers "weiter an Fahrt auf" (so das Gutachten des Dr. ...) und kam der Kläger zu der wahnhaften Überzeugung, dass er sich gegen drohende Maßnahmen seiner Vorgesetzten zur Wehr setzen müsse. Von der Unsinnigkeit seiner Maßnahmen war der Kläger nicht mehr zu überzeugen. Er war - in den Worten des Gutachtens des Dr. ... - unkorrigierbar von der Überzeugung gefangen und getrieben, sich gegen seine Vorgesetzten zur Wehr setzen zu müssen und konnte sich nicht mehr distanzieren und nicht mehr kritisch reflektieren. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass der Kläger auch nachdem ihm bewusst wurde, dass Mitarbeiter der Beklagten seine unrechtmäßigen Handlungen entdeckt und das Administratorenpasswort geändert hatten, nicht mehr umsichtig und besonnen reagieren konnte, sondern sein Vorgehen fortsetzte, obwohl ihm bewusst war, mit welchen Folgen er zu rechnen hatte. Dies ist aber für den Senat ein deutliches Zeichen dafür, dass der Kläger dermaßen in seinen paranoiden und wahnhaften Vorstellungen verfangen war, dass er in beträchtlicher und massiver Weise daran gehindert war, sich normgemäß zu verhalten und deshalb die Rechtsordnung und das disziplinare Maßregelsystem, auch bei Berücksichtigung seines Zwecks, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Berufsbeamtentums aufrechtzuerhalten, diesen Umstand nicht übergehen darf und die disziplinare Höchstmaßnahme deshalb nicht mehr ausgesprochen werden kann.
59 
III. Die mit der Aberkennung des Ruhegehalts des Klägers ausgesprochene disziplinare Höchstmaßnahme in der Verfügung vom 02.04.2013 erweist sich damit als rechtswidrig. § 21 Satz 1 AGVwGO bestimmt, dass das Gericht die Abschlussverfügung aufhebt, wenn diese rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Allerdings kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO (vgl. zu dessen Anwendung bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG: Urteil des Senats vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 -, juris) das Gericht bei einem - wie hier - erwiesenen Dienstvergehen die Verfügung auch aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Mit der Formulierung "kann" wird ein richterliches Ermessen eingeräumt, ob statt der Aufhebung der Abschlussverfügung diese aufrechterhalten oder abgeändert wird (LT-Drs. 14/2996, S. 148); eine Verpflichtung der Disziplinarkammer, eine Entscheidung nach § 21 Satz 2 AGVwGO zu treffen, besteht hingegen nicht. Bei der gerichtlichen Ermessensausübung ist zu beachten, dass § 21 Satz 2 AGVwGO dem Zweck der Verfahrensbeschleunigung und damit der Verwirklichung des in Baden-Württemberg nicht ausdrücklich normierten (vgl. etwa im Bundesdisziplinarrecht § 4 BDG), aber dem Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz nach wie vor zu Grunde liegenden (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 148) Beschleunigungsgrundsatzes (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 4 BDG RdNr. 10 f.; Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 8 LDG RdNr. 2) dient, der in jeder Phase des Disziplinarverfahrens als objektives Disziplinarrecht zu beachten ist (Hummel/Baunack, a.a.O., § 4 BDG RdNr. 1; Müller, Beamtendisziplinarrecht, RdNrn. 303, 426). Deshalb ist davon auszugehen, dass die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes und aus Gründen der Prozessökonomie in Ausübung ihres richterlichen Ermessens regelmäßig von der Möglichkeit des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch machen sollen, wenn sich eine Abschlussverfügung als rechtswidrig erweist und die Rechtsverletzung mit der gerichtlichen Entscheidung beseitigt ist. Diese Erwartung äußert auch der Gesetzgeber in der Begründung zum Landesdisziplinargesetz (LT-Drs. 14/2996, S. 148). Nachdem hier keine Besonderheiten (etwa eine im Raum stehende gegenständliche Erweiterung des Disziplinarverfahrens um Dienstpflichtverletzungen, die nicht Gegenstand der angefochtenen Disziplinarverfügung sind) ersichtlich sind, macht der Senat bei Ausübung seines richterlichen Ermessens von der ihm eingeräumten Änderungsbefugnis des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass dem Gewicht der Pflichtverletzung des Klägers die Kürzung seines monatlichen Ruhegehalts (§ 32 LDG) um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr Rechnung trägt.
60 
Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umstände handelt es sich hier um ein mittelschweres Dienstvergehen im Sinne des § 32 LDG, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen.
61 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu LT-Drs. 14/2996, S. 86; Urteil des Senats vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris).
62 
Das von dem Kläger begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen sehr gewichtig. Der Systemadministrator hat bei technischen Erfordernissen alle Konfigurationen (Einstellung von Hard- und Software) vorzunehmen und deshalb die technische Möglichkeit, auf alle Datenbestände zuzugreifen. Er darf diese Möglichkeiten aber nur im Rahmen seiner Aufgabenbefugnisse, nicht jedoch außerhalb dieser nutzen, um den Inhalt fremder Datenbestände zur Befriedigung eigener Interessen einzusehen oder zu nutzen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, gehört die Verpflichtung des Administrators, in diesem Sinne sorgfältig mit den ihm anvertrauten Daten umzugehen und sie insbesondere nicht zu eigenen Zwecken zu missbrauchen, zum Kern seiner Dienstpflichten in dieser Funktion. Gerade weil der Systemadministrator Zugriff auf alle - auch die sensiblen - Datenbestände hat und seine Tätigkeit kaum hinreichend von Dritten zu überwachen ist, wird ihm ein besonderes und gesteigertes Vertrauen in die diesbezügliche ordnungs- und pflichtgemäße Dienstführung entgegengebracht. Die diesbezüglichen den Kläger treffenden Dienstpflichten wirken auch noch in der später eigenommenen Stellung im Bauverwaltungsamt nach, auch wenn der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Aufgaben eines Netzwerkadministrators nicht mehr innegehabt hat. Der Kläger - so ebenfalls zutreffend das Verwaltungsgericht - war damit weiterhin zur Wahrung der Vertraulichkeit und zur ausschließlich bestimmungsgemäßen Verwendung seiner Fähigkeiten verpflichtet. Schwer wiegt auch, dass der Kläger an vier aufeinanderfolgenden Tagen zu den Dienstpflichtverletzungen angesetzt, sensibles und vertrauliches Datenmaterial abgegriffen hat, dabei planvoll vorgegangen ist und mit seinen Versuchen auch dann nicht aufgehört hat, als er wegen der Sperrung des Administratorenpassworts erkennen musste und erkannt hat, dass sein Vorgehen aufgefallen ist. Nicht zu beanstanden ist, wenn das Verwaltungsgericht zur Bemessung des Gewichts der Verfehlung die Entstehung eines materiellen Schadens nicht für entscheidend gehalten hat, sondern maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der eigentliche Schaden im Verlust des Vertrauens bei den Kollegen liegt, derer Daten sich der Kläger unberechtigt bedient hat. Es kommt hinzu, dass die Beklagte nach ihren Angaben in der Berufungsverhandlung erhebliche Ressourcen aufbringen musste, um ihr EDV-System, auch durch die Änderung des Administratorenkennworts und durch die Sperrung der lokalen Administratorenzugänge, vor weiteren unberechtigten Zugriffen des Klägers zu schützen.
63 
Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale ist nach den obigen Ausführungen davon auszugehen, dass der Kläger das ihm vorgeworfene Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, was mit dem entsprechenden Gewicht bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen ist. Insoweit hat die Beweiserhebung und die rechtliche Bewertung durch den Senat die bereits in der Zustimmung der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens gemäß § 153 Abs. 2 StPO (Schreiben vom 23.11.2010) abgegebene Einschätzung bestätigt, dass das inkriminierte Verhalten dem psychisch beeinträchtigten Kläger nur begrenzt zuzurechnen und es vertretbar ist, von einer nur geringen Schuld des Klägers auszugehen.
64 
Zu Gunsten des Klägers berücksichtigt der Senat auch, dass es die Beklagte nach Bekanntwerden des Vorfalls mit dem Verkleben der Schlösser am ...... im Juni 2008 und dem Entzug der Administratorenrechte unterlassen hat, auch das dem Kläger wegen dieser Funktion zugeteilte Administratorenkennwort zu ändern und die lokalen Administratorenzugänge für den Kläger zu sperren. Die Vertreter der Beklagten haben in der Berufungsverhandlung auf Befragen ausgeführt, dass der Netzwerkadministrator hohes Vertrauen genossen habe, das durch das damals noch nicht hinreichend aufgeklärte schädigende Verhalten des Klägers gegenüber einer anderen staatlichen Einrichtung erschüttert worden sei. Deswegen seien dem Kläger bereits am 19.06.2008 die Administratorenrechte entzogen worden. Dem entspricht der Aktenvermerk der Beklagten vom 19.06.2008, in dem ausgeführt wird, es sei dem Kläger gegenüber erklärt worden, dass die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Grund dessen "Funktion mit Administratorenrechten" nicht mehr gegeben sei. Der Kläger habe "nicht den psychisch stabilsten Eindruck" hinterlassen. Er sei ein "Sicherheitsrisiko". Im Aktenvermerk der Beklagten vom 03.07.2009 wird ausgeführt, dass dem Kläger eine "Verbindung zwischen seiner außerdienstlichen Straftat und dem dienstlichen Zusammenhang durch den starken Vertrauensverlust und seiner beruflichen Position als Administrator mit Generalzugriffsrecht auf alle PC" fehle. Damit lagen für die Beklagte hinreichend konkrete Anhaltspunkte vor, die es erforderlich gemacht hätten, dem Kläger nicht nur die Administratorenrechte zu entziehen, sondern umgehend, spätestens aber nach Wiederantritt des Dienstes durch den Kläger - auch zu dessen Schutz - das diesem bekannte Administratorenkennwort zu ändern und die lokalen Administratorenzugänge für den Kläger zu sperren, um unberechtigte Zugriffe des Klägers auf das EDV-System der Stadt zu verhindern. Die Änderung des Administratorenkennworts und weitere tatsächlich ergriffene Maßnahmen erst nach dem erfolgten verbotswidrigen Eindringen des Klägers in geschützte Dateien und Daten von Mitarbeitern der Beklagten erfolgte damit zu spät. Soweit die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung dazu vorgetragen haben, dass die Änderung des Administratorenkennwortes und die Sperrung der lokalen Administratorenzugänge für den Kläger sehr aufwändig gewesen und nach der längeren Krankheitsabwesenheit des Klägers in Vergessenheit geraten seien, ändert dies an einer entsprechenden Obliegenheit der Beklagten nichts. Das Unterlassen der Änderung des Administratorenkennwortes und der Sperrung der lokalen Administratorenzugänge als geeignete und erforderliche Schutzmaßnahmen ist hier als mildernder Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen (zum Unterlassen auf Grund besonderer Umstände erforderlicher Kontrollen des Beamten als bei der Maßnahmebemessung mildernd zu berücksichtigende Fürsorgepflichtverletzung vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.07.2014 - 2 B 70.13 -, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 25; Urteil vom 10.01.2007 - 1 D 15.05 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 14; Urteil des Senats vom 30.10.2014 - DB 13 S 773/14 -).
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Bei einer Gesamtschau der oben dargestellten, die Dienstpflichtverletzung kennzeichnenden Umstände kann damit trotz der objektiven schweren Gewichtigkeit des Dienstvergehens wegen der erheblich geminderten Schuldfähigkeit des Klägers und der damit einhergehenden subjektiven geringen Vorwerfbarkeit sowie in Anbetracht unterlassener Schutz- und Kontrollmaßnahmen der Beklagten lediglich von einem mittelschweren Dienstvergehen i.S.d. § 32 LDG ausgegangen werden.
66 
Dieses mittelschwere Dienstvergehen führt hier gemäß § 32 LDG zu einer Kürzung des Ruhegehalts des Klägers, die an die Stelle der bei Beamten im aktiven Dienst möglichen Zurückstufung oder Kürzung der Dienstbezüge tritt (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 100).
67 
Disziplinarmaßnahmen unterhalb der Höchstmaßnahme kommt in erster Linie die Funktion einer Pflichtenmahnung in dem Sinne zu, dass sie den betroffenen Beamten zu einem künftigen pflichtgemäßen Verhalten veranlassen sollen. Für eine solche - zukunftsbezogene - Pflichtenmahnung besteht aber bei einem Ruhestandsbeamten, soweit es die Erfüllung von Dienstpflichten betrifft, im allgemeinen kein Bedürfnis, weil er keinen Dienst mehr leistet. Der Zweck von Disziplinarmaßnahmen erschöpft sich aber nicht darin, den Beamten zu einem künftig pflichtgemäßen Verhalten zu veranlassen. Vielmehr dienen diese Disziplinarmaßnahmen letztlich (auch) der allgemeinen Aufrechterhaltung der Integrität des Berufsbeamtentums. Im Hinblick auf diesen Zweck ist neben dem Gesichtspunkt der Generalprävention und dem der gerechten Gleichbehandlung der Ruhestandsbeamten mit den aktiven Beamten auch der der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes von Bedeutung. Zur Gleichbehandlung als Ausfluss des allgemeinen Gerechtigkeitsprinzips gehört, dass ein Beamter, der nach Begehung einer nicht leichten Verfehlung in den Ruhestand tritt, grundsätzlich nicht besser gestellt werden soll, als ein Beamter, der im aktiven Dienst verbleibt. Auf diese Weise wird die disziplinare Erfassung nicht von dem mehr oder weniger zufälligen oder gar gesteuerten Ausscheiden aus dem aktiven Dienst abhängig gemacht (BVerwG, Urteile vom 06.05.1992 - 1 D 12.91 -, BayVBl. 1993, 349 und vom 08.12.1999 - 1 D 28/98 -, juris). Diesen Erwägungen entspricht die Regelung des § 32 LDG (LT-Drs. 14/2996, S. 99 f.) mit dem Erfordernis, dass der Ruhestandsbeamte ein mittelschweres Dienstvergehen begangen haben muss, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen. Mit diesen Tatbestandsvoraussetzungen wird die strukturelle Gleichartigkeit der Disziplinarmaßnahme zur Kürzung der Bezüge nach § 29 LDG deutlich (vgl. Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 32 LDG RdNr. 1) und zugleich - für den Fall des im aktiven Dienst begangenen Dienstvergehens - in Satz 2 geregelt, dass ein Beamter, der nach Begehung des Dienstvergehens in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt werden darf, als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt.
68 
Die für eine Kürzung der Bezüge bei einem aktiven Beamten erforderliche erhebliche Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung (§ 29 Abs. 1 Satz 1 LDG), die auch von § 32 Abs. 1 Satz 1 LDG vorausgesetzt wird, ist hier gegeben. Dabei gehen diese Bestimmungen davon aus, dass mit einem mittelschweren Dienstvergehen, das ein (mittlerweile) im Ruhestand befindlicher Beamter begangen hat, grundsätzlich eine erhebliche Vertrauensbeeinträchtigung einhergeht, also durch das Dienstvergehen indiziert wird. Anknüpfungspunkt der Indizwirkung ist dabei nicht die Typizität des Dienstvergehens, sondern dessen Schwere. Für einen Ausschluss der Indizwirkung sprechende Umstände liegen hier nicht vor. Die erhebliche Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne des § 29 Abs. 1 LDG ist - bei einem aktiven Beamten - dadurch gekennzeichnet, dass es einer wiederkehrenden erzieherischen Einwirkung auf den Beamten bedarf, indem ihm während der Kürzungsdauer das begangene Dienstvergehen wiederholt und monatlich spürbar vor Augen geführt wird, um zu erreichen, dass er sich künftig pflichtgemäß verhält (vgl. LT-Drs. 14/2966, S. 92; Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 29 LDG RdNr. 1). Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Berufungsverfahren zu Recht ausgeführt, dass vor allem bei Beachtung der psychischen Erkrankung des Klägers und seiner erheblich verminderten Schuldfähigkeit das dienstnotwendige Vertrauen und das Vertrauen der Allgemeinheit in das Ansehen des öffentlichen Dienstes und des Berufsbeamtentums nicht unwiederbringlich erschüttert sind. Zum anderen wäre hier bei einem aktiven Beamten die der Kürzung der Bezüge immanente Pflichtenmahnung erforderlich, um zu gewährleisten, dass sich das dienstpflichtwidrige Verhalten des Beamten nicht wiederholt.
69 
Die Laufzeit der Kürzung des Ruhegehalts bestimmt sich - wie bei der Kürzung der Bezüge - nach der Schwere des Dienstvergehens; der Kürzungsbruchteil nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ruhestandsbeamten (§ 32 Satz 4 LDG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 1 Satz 2 LDG). Bei Berücksichtigung des bereits dargestellten (mittelschweren) Gewichts des Dienstvergehens und der damit einhergehenden Vertrauensbeeinträchtigung und unter Beachtung der dem Kläger nicht anzulastenden Verfahrensdauer des Disziplinarverfahrens von über 7 ½ Jahren, die nach dem Eindruck, den der Senat von dem Kläger in der Berufungsverhandlung gewonnen hat, ersichtlich auf diesen eingewirkt hat und bereits deswegen - bei einem aktiven Beamten - eine pflichtenmahnende und bei der Bestimmung der Laufzeit berücksichtigungsfähige (mildernde) Wirkung entfaltet (vgl. dazu: Köhler, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, a.a.O., Materielles Dienstrecht, Allgemeiner Teil, RdNr. 120), ist auf eine Kürzungsdauer von einem Jahr zu erkennen. Nachdem der Kläger keine Schulden hat und nach den Angaben in der Berufungsverhandlung ein monatliches Ruhegehalt von etwa 2.000 EUR netto bezieht sowie in den Sommermonaten Einnahmen aus der Tätigkeit in einem ... auf 450-Euro-Basis hat, ist ein Kürzungsbruchteil von einem Zehntel gerechtfertigt.
70 
Damit ist zugleich die weitergehende, auf vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung gerichtete Klage abzuweisen.
71 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG. Über den Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im behördlichen Disziplinarverfahren für notwendig zu erklären, ist angesichts der Regelung in § 39 Abs. 5 Satz 2 LDG nicht ausdrücklich zu entscheiden.
72 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

Gründe

 
38 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der Berufungsfrist des § 2 LDG, § 124a Abs. 6 VwGO) ausreichend begründete Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Zwar hält auch der Senat die angegriffene Disziplinarverfügung für formell rechtmäßig und das dem Kläger vorgeworfene Dienstvergehen für erwiesen. Allerdings ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, weil die angefochtene Disziplinarverfügung der Beklagten wegen eines materiellen Bemessungsfehlers rechtswidrig ist und der Senat von der ihm in § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, indem er zur Beseitigung der mit dem materiellen Bemessungsfehler verbundenen Rechtsverletzung des Klägers die Verfügung der Beklagten vom 02.04.2013 dahingehend ändert, dass - statt der Aberkennung des Ruhegehalts - das Ruhegehalt des Klägers um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr anteilig vermindert wird. Soweit die Klage des Klägers auf die vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung gerichtet ist, ist sie (im Übrigen) abzuweisen.
39 
I. In formeller Hinsicht bestehen an der Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung keine durchgreifenden Bedenken. Zwar hat die Beklagte den von dem Kläger am 28.01.2013 gestellten und auf die Einholung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens zur Frage seiner (eingeschränkten) Schuldfähigkeit gerichteten Beweisantrag erst mit Schreiben vom 02.04.2013 und damit zeitgleich mit der am 02.04.2013 erlassenen Disziplinarverfügung abgelehnt. Doch führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Verfügung. Wird im behördlichen Disziplinarverfahren ein substantiierter Beweisantrag gestellt, hat die Disziplinarbehörde über ihn zu entscheiden und dem Antragsteller die Gründe mitzuteilen (vgl. Düsselberg, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 15 LDG RdNr. 15; Weiß, in: GKöD, M § 24 RdNr. 131). § 15 Abs. 3 LDG regelt - anders als § 24 BDG - die Entscheidungspflicht nicht ausdrücklich, setzt sie aber voraus, indem er ausführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen einem Beweisantrag stattzugeben ist. Im Hinblick auf die besondere Verfahrenssituation, der sich der Beamte in dem für ihn grundrechtsbedeutsamen Disziplinarverfahren ausgesetzt sieht (vgl. dazu: Weiß, a.a.O.), ist es zwar wünschenswert, wenn die Disziplinarbehörde einen von ihm gestellten Beweisantrag zeitlich vor Erlass der Disziplinarverfügung bescheidet, um dem Beamten gegebenenfalls die Möglichkeit einer Reaktion vor Abschluss des behördlichen Disziplinarverfahrens zu geben. Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung kann die Entscheidung über den Beweisantrag aber auch zeitgleich mit der Disziplinarverfügung oder in der Disziplinarverfügung selbst ergehen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 23.02.2011 - 31 K 7929/10.O -, juris). Hierfür spricht auch, dass die Entscheidung über einen Beweisantrag nach dem Willen des Gesetzgebers nicht gesondert angefochten werden kann, sondern es dem Beamten lediglich unbenommen bleibt, im Rahmen einer Klage eine unzureichende Sachaufklärung zu rügen und den Beweisantrag im gerichtlichen Verfahren zu wiederholen (LT-Drs. 14/2996, S. 73; Düsselberg, a.a.O.; vgl. auch Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Aufl., § 24 RdNr. 11).
40 
II. Materiell prüft der Senat die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zu Grunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteile des Senats vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 - und vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, jew. juris). Danach ist hier ein Dienstvergehen (§ 47 BeamtStG) des Klägers erwiesen, weil der Kläger schuldhaft ihm als Beamten obliegende Pflichten verletzt hat. Allerdings leidet die angegriffene Disziplinarverfügung an einem materiellen Bemessungsfehler.
41 
1. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, kann nach den Ergebnissen des Disziplinarverfahrens sowie des Verfahrens vor der Disziplinarkammer in tatsächlicher Hinsicht der dem Kläger in der angegriffenen Disziplinarverfügung zur Last gelegte Sachverhalt der disziplinaren Würdigung zu Grunde gelegt werden. Dies hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht in Frage gestellt. In der Berufungsverhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten vielmehr ausdrücklich bestätigt, dass der objektive Sachverhalt unstreitig feststehe. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil auf Seite 11 zusammenfassend festgestellt hat, waren dem Kläger - nachdem der Beklagten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung ("Vorfall Schlösser") bekannt geworden war - am 19.06.2008 die mit seiner Funktion als Netzwerkadministrator verbundenen Rechte entzogen worden. Nachdem der Kläger nach längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten am 20.07.2009 seinen Dienst im Bauverwaltungsamt, in das er umgesetzt wurde, antrat, drang er unter Missbrauch des ihm als Netzwerkadministrator bekannten und von der Beklagten noch nicht geänderten Passworts in geschützte Dateien und Daten auf den Rechnern der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, ..., und des Leiters des Personalamts, ..., ein und speicherte von dort Dateien auf seinem Dienst-PC. Unter den geladenen Dateien befanden sich Dokumente über interne Vorgänge der Beklagten und über dritte Mitarbeiter sowie interne Dokumente in seinem eigenen Personalfall. Der Kläger lud sich außerdem verbotswidrig das Programm google earth sowie den Internetbrowser "......" herunter. Auf diese Weise bahnte er sich einen nicht zugelassenen und nicht protokollierten Weg ins Internet. Unter verbotswidriger Ermittlung des Benutzernamens und des persönlichen Passworts der Leiterin des Haupt- und Rechtsamts, ..., verschaffte er sich Zugang zum Internetportal ... unter Verwendung ihrer Zugangsdaten. Nachdem bis zum Morgen des 23.07.2009 sämtliche eingetragenen Passwörter für Administratoren geändert worden waren, versuchte der Kläger am 24.07.2009 sich als Netzwerkadministrator in das EDV-System der Beklagten einzuloggen und die Netzwerkadministratorenrechte wieder zu erlangen.
42 
Der Senat teilt auch die Ansicht der Disziplinarkammer, dass der Kläger mit diesen Handlungen vorsätzlich gegen seine Pflichten aus § 34 Satz 3 BeamtStG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten), § 34 Satz 1 BeamtStG (Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen), § 35 Satz 2 BeamtStG (Pflicht zur Ausführung dienstlicher Anordnungen und zur Befolgung allgemeiner Richtlinien) und § 36 Abs. 1 BeamtStG (Pflicht zur Einhaltung von Recht und Gesetz) verstoßen und unerlaubt die Daten anderer Kollegen und Vorgesetzter ausgespäht hat (§ 202a StGB).
43 
Der Kläger war zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Handlungen auch nicht schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB (zur entsprechenden Anwendung der Regelungen der §§ 20f. StGB im Disziplinarrecht vgl. Urteile des Senats vom 09.08.2016, a.a.O., und vom 11.01.2012 - DB 316/11 -, juris). Nach § 20 StGB handelt schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar wurde dem Kläger in dem Gutachten des Dr. ... vom 07.10.2016 eine schwere depressive Episode mit paranoiden Symptomen (ICD-10: F32.3) und eine Persönlichkeitsakzentuierung mit sensitiven und narzisstischen Zügen bescheinigt, die das Eingangsmerkmal "krankhafte seelische Störung" des § 20 StGB erfüllen. Dr. ... hat dazu in der Berufungsverhandlung ausgeführt, dass für die Beurteilung der Schuldfähigkeit auf der ersten Stufe ein psychopathologischer Zustand erforderlich sei, der einer der vier im Gesetz vorgegebenen Kategorien entspreche. Dazu sei eine Quantifizierung der Symptomatik erforderlich. Es reiche nicht aus, irgendeine Diagnose auf dem psychiatrischen Fachgebiet zu stellen, um die juristische Merkmalskategorie zu erfüllen, sondern die psychische Störung müsse einen deutlichen Einfluss auf das psychosoziale Funktionsniveau haben. Dies sei bei dem Kläger der Fall gewesen, weil die depressive und begleitende paranoide Symptomatik so schwer ausgeprägt gewesen sei, dass der Kläger in seinen gesamten Lebensbezügen beeinträchtigt gewesen sei. Allerdings lägen Hinweise für einen Schuldausschließungsgrund nach § 20 StGB nicht vor. Insbesondere sei psychopathologisch die Schwelle eines manifesten Wahns nicht erreicht. Diese Einschätzung deckt sich im Ergebnis mit der Bewertung des von der Beklagten im behördlichen Disziplinarverfahren beigezogenen Gutachters Dr. ... vom 08.12.2011, der für den Kläger bei Begehung des Dienstvergehens im Hinblick auf die vom ihm diagnostizierte schwere depressive Episode (ICD-10: F32.31) eine schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB annimmt, aber mangels dadurch bedingter Aufhebung oder Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Schuldfähigkeit nach § 20 StGB und - anders als Dr. ... - für eine Verminderung der Schuldfähigkeit (dazu noch unten) verneint.
44 
2. Das damit erwiesene einheitliche Dienstvergehen des Klägers rechtfertigt allerdings bei Berücksichtigung der Bemessungsgrundsätze nach der Schwere des Dienstvergehens und des damit einhergehenden Vertrauensverlustes (vgl. § 26 LDG und dessen Verweis auf die §§ 27 bis 35 LDG) wegen einer zum Tatzeitpunkt gegebenen erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) nicht die in der Disziplinarverfügung ausgesprochene Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 LDG) als für den Kläger als Ruhestandsbeamten höchste Disziplinarmaßnahme.
45 
Ist von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB auszugehen (oder kann diese nach dem Grundsatz in dubio pro reo nicht ausgeschlossen werden), ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen und kann die disziplinare Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173; Urteil des Senats vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris).
46 
Der Kläger hat das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begangen. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen (Einsichtsfähigkeit) oder nach dieser Einsicht zu handeln (Steuerungsfähigkeit), wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war.
47 
Die richterliche Entscheidung, ob die Fähigkeit des Betroffenen, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert ist, erfolgt in einem aus mehreren Schritten bestehenden Verfahren (vgl. hierzu und zum Folgenden: BGH, Urteil vom 17.04.2012 - 1 StR 15/12 -, NStZ 2013, 53), ohne dass die Nichteinhaltung einzelner Schritte nach rechtlichen Maßstäben fehlerhaft sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.2004 - 1 StR 346/03 -, BGHSt 49, 45, 51 f.; Beschluss vom 12.06.2008 - 3 StR 154/08 -, NStZ-RR 2008, 338; Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß, Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten, NStZ 2005, 57 ff.). Unter regelmäßig gebotener Hinzuziehung sachverständiger Hilfe ist zunächst die Feststellung erforderlich, dass bei dem Betroffenen eine psychische Störung vorliegt, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Betroffenen zu untersuchen und festzustellen, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang sie sich auf dessen Tatverhalten ausgewirkt haben.
48 
Wie bereits ausgeführt gelangen sowohl der im behördlichen Disziplinarverfahren beigezogene Gutachter Dr. ... wie auch der gerichtliche Sachverständige Dr. ... zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger zum Tatzeitpunkt eine psychische Störung vorlag, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Dr. ... diagnostiziert eine schwere depressive Episode (ICD-10: F32.31) und eine schizoide Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F:60.1) und führt zum Ausprägungsgrad aus, dass lediglich der schweren depressiven Episode ein Ausprägungsgrad immanent ist, der die Annahme einer seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB rechtfertigt. Dr. ... geht von einer schweren depressiven Episode mit paranoiden Symptomen (ICD-10: F32.3) sowie einer Persönlichkeitsstörung mit sensitiven und narzisstischen Zügen aus, die die Kriterien einer krankhaften seelischen Störung im Sinne des § 20 StGB im Zeitpunkt der vorgeworfenen Disziplinarverstöße erfüllen. Zum Schweregrad legt Dr. ... in dem von ihm erstellten Gutachten dar, dass der Kläger in seinen rationalen Bewertungen und Handlungen gegenüber der Beklagten und im weiteren Verlauf auch in weiteren psychosozialen Lebensbereichen derart eingeschränkt gewesen sei, dass von einem erheblichen Grad der Einschränkung auszugehen sei. Der Kläger sei zum umsichtigen Reagieren auf bestimmte Situationsveränderungen nicht mehr in der Lage gewesen. Er sei unkorrigierbar von der Überzeugung gefangen und getrieben gewesen, sich gegen die Vorgesetzten zur Wehr setzen zu müssen, die ihn zu Fall bringen wollten. Der Kläger habe sich in höchster Erregung befunden, sein seelisches Gefüge sei von einem großen Beeinträchtigungserleben geprägt gewesen. Er habe sich davon nicht mehr distanzieren und auch auf entsprechende Hinweise von außen nicht mehr kritisch reflektieren können. Frustration, Unterlegenheit, Existenzängste, die unzureichende Flexibilität und die psychopathologische Abwandlung hätten in ein paranoides Denkgebilde mit präsuizidalen und prähomizidalen und schließlich dann zu schweren depressiven Symptomen sowie zu Affektdurchbrüchen geführt, die auch keine Risikoabsicherung mehr vorgesehen hätten.
49 
Zu den in Einzelheiten unterschiedlichen, aber hinsichtlich der Erfüllung der Eingangskriterien des § 20 StGB zum selben Ergebnis führenden Bewertungen der Gutachter Dr. ... und Dr. ... führte Dr. ... in der Berufungsverhandlung erläuternd und für den Senat überzeugend aus, dass in quantitativer Hinsicht die Zuordnung zu einer Merkmalskategorie zweifelsfrei gegeben, die konkrete Einordnung in eine Merkmalskategorie aber schwierig sei ("Mit den Merkmalskategorien kann man ein weites Fass aufmachen."), so dass der unterschiedlichen Einordnung des beim Kläger diagnostizierten psychopathologischen Zustands als "schwere andere seelische Abartigkeit" (so Dr. ...) oder als "krankhafte seelische Störung" (so Dr. ...) an dieser Stelle keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt.
50 
Jedoch gelangen Dr. ... und Dr. ... bei der Frage, ob die diagnostizierte psychische Störung relevante Auswirkungen auf das Tatverhalten des Klägers gehabt hat, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während beide Gutachter noch annehmen, dass die Erkrankung des Klägers keinen Einfluss auf seine Einsichtsfähigkeit hatte, bejaht Dr. ... - anders als Dr. ... - eine durch den psychopathologischen Zustand des Klägers bedingte Minderung der Steuerungsfähigkeit. Dieser Einschätzung folgt der Senat.
51 
Dr. ... führt hierzu in seinem schriftlichen Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend aus, dass der Kläger, getrieben von seinen überzogenen und wahnhaften Ideen, sich gegen den Arbeitgeber zur Wehr setzen zu müssen, trotz des Überführtwerdens und trotz der Erkenntnis, dass die von ihm unternommenen Schritte unzulässig seien, nicht in der Lage gewesen sei, sein Fehlverhalten einzustellen. Er habe es vielmehr als Zwang beschrieben, die Recherchen fortsetzen zu müssen. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht habe eine Minderung (des motivationalen Anteils) der Steuerungsfähigkeit vorgelegen, die im weiteren Verlauf auch weitere Lebensbereiche des Klägers beeinflusst habe, so beispielsweise die Partnerschaft mit den damit im Zusammenhang stehenden existenziellen Nöten oder die Überzeugung, verfolgt zu werden, bis hin zu ausgedehnten Rachefantasien. Neben diesen Rachefantasien, die im Hinblick auf Mitarbeiter der Beklagten auch einen erweiterten Suizid umfassten (vgl. S. 51 f. des Gutachtens des Dr. ...), fallen dabei insbesondere übersteigerte Existenzängste bis hin zu einem aus Angst vor einem finanziellen Ruin motivierten Sparen von Warmwasser und weiterhin auf, dass sich der Kläger in seinem Haus hinter Vorhängen zur Lauer gelegt hat, um Autokennzeichen vor seinem Haus zu überprüfen (vgl. S. 60 des Gutachten des Dr. ... und die wiedergegebenen Aussagen des Klägers auf S. 48 des Gutachtens des Dr. ...: "Er sei der Überzeugung gewesen, dass die Stadt ihm Detektive auf den Hals hetze. Er habe dann hinter dem Vorhang hervor nach Autos vor seinem Haus Ausschau gehalten. Erst habe er nach fremden Autokennzeichen gesucht. Dann sei ihm klar gewesen, dass er doch nach ... Kennzeichen suchen müsse, dass die doch nicht so blöd sind, ihm fremde Autos zu schicken. Er habe auch jeden Tag den Motor des Postboten gehört, dann habe er Panik entwickelt und sei sofort aufgestanden und habe die Post entgegen genommen. Diese Ängste würden das Motorengeräusch bis heute noch auslösen, erst seit einem halben Jahr stehe er nicht mehr sofort auf, wenn er den Postboten höre.").
52 
Dr. ... hat mithin entsprechende Auffälligkeiten in anderen (außerberuflichen) Lebensbereichen des Klägers benannt, die für eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Klägers sprechen, und damit die Schlussfolgerung des Dr. ... in Frage gestellt, der wegen des Fehlens solcher Umstände die Steuerungsfähigkeit des Klägers im Tatzeitraum für gegeben hielt. Die von Dr. ... beschriebenen Beeinträchtigungen des Klägers in anderen Lebensbereichen erreichen insbesondere eine deutlich andere Ebene, als die von Dr. ... in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dargelegten Beeinträchtigungen. Insbesondere beschreibt Dr. ... Verhaltensweisen, die nicht bloß den Rückzug des Klägers in der Beziehung zu seiner damaligen Partnerin betreffen, von denen Dr. ... meinte, es würde sehr hohe Prozentanteile von Menschen mit Schuldunfähigkeit geben, wenn man jeden, der sich vor seiner Partnerin zu Hause verschließe und zurückziehe, als schuldunfähig im Strafprozess einstufen würde. Soweit Dr. ... weiterhin maßgebend darauf abgestellt hat, dass der Annahme einer eingeschränkten Schuldfähigkeit entgegenstehe, dass der Kläger planvoll, lang hingezogen und mehrfach modifiziert vorgegangen sei, bewertet Dr. ... das vorgeworfene Verhalten zwar als geplant, aber wenig durchdacht und weit hinter den Möglichkeiten eines ITlers liegend mit anschließender hilfloser Verzweiflung. Dies wird insbesondere dadurch belegt, dass der Kläger zu einer situationsadäquaten Reaktion nicht mehr in der Lage war, als er gemerkt hat, dass sein Verhalten den Mitarbeitern der Beklagten bekannt geworden war, nachdem diese die eingetragenen Administratorenkennwörter geändert und die lokalen Administratorenzugänge gesperrt haben, und trotzdem am Tag darauf (24.07.2009) erneut versucht hat, sich verbotswidrig in das EDV-System der Beklagten einzuloggen.
53 
Die von dem Kläger gegen die diesbezüglichen Feststellungen im Gutachten des Dr. ... erhobenen Einwände überzeugen nicht. Soweit er geltend macht, es hätten psychologische und medizinische Testverfahren durchgeführt werden müssen, um die Glaubhaftigkeit der vom Kläger abgegebenen Äußerungen zu bewerten, nachdem dieser über eine erhebliche Intelligenz verfüge und wegen seiner mehrfachen psychiatrischen Begutachtung zu unterstellen sei, dass er die Mechanismen der psychiatrischen Begutachtung kenne, hat dem Dr. ... in der Berufungsverhandlung entgegengehalten, dass Testverfahren nicht mehr hätten durchgeführt werden können, weil zum Zeitpunkt der Begutachtung und Untersuchung keine psychopathologischen Symptome mehr vorgelegen hätten. Für den Auftrag, retrospektiv einen psychischen Zustand zu konstruieren, seien ihm, dem Gutachter, keine Testverfahren bekannt. Es sei selbstverständlich, dass die Angaben des Probanden nicht naiv für Realität gehalten würden. Bei der Begutachtung sei man um entsprechende Nachfragen bemüht gewesen. In den Behandlungsberichten der ... Klinik ... und des Dr. ... sei ebenso verfahren worden. Zur Glaubhaftigkeitsbewertung würden psychiatrische Plausibilitätserwägungen angestellt und zudem ein Abgleich der Angaben des Klägers bei der Exploration mit den Angaben vorgenommen, die der Kläger im Laufe des gesamten Verfahrens gemacht habe. Dabei seien keine wesentlichen Diskrepanzen aufgefallen, die Anlass gegeben hätten, an den von dem Kläger bei der Begutachtung gemachten Angaben zu zweifeln. Diese Ansicht teilt der Senat, nachdem sich das Gutachten des Dr. ... ausführlich mit den von dem Kläger im Verlaufe des Disziplinarverfahrens gemachten Angaben beschäftigt und diese wiedergibt. Die Beklagte hat ihre Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers nicht näher substantiiert. Auch dem Senat sind keine erheblichen Unterschiede in den diesbezüglichen Angaben des Klägers aufgefallen, die eine darüber hinaus gehende Auseinandersetzung mit der Glaubhaftigkeit seiner dem Gutachten des Dr. ... zu Grunde gelegten Angaben erforderlich gemacht hätten.
54 
Schließlich hält der Senat die von Dr. ... in der Berufungsverhandlung dargelegte Erläuterung der unterschiedlichen Ergebnisse seines Gutachtens und des Gutachtens des Dr. ... und die dabei gemachte Differenzierung zwischen einzelnen Aspekten der Steuerungsfähigkeit für besonders überzeugend. Dr. ... führte diesbezüglich aus, dass zwischen exekutiver und motivationaler Steuerungsfähigkeit unterschieden werden müsse. Die exekutive Steuerungsfähigkeit sei typischerweise bei einem Betrunkenheitszustand, also bei einem Handeln aus der Situation heraus ohne Berücksichtigung von Konsequenzen, betroffen, während die motivationale Steuerungsfähigkeit die motivationale Ausgangslage betreffe. Dr. ... habe richtigerweise die exekutive Steuerungsfähigkeit für unbeeinträchtigt gehalten, während die motivationale Steuerungsfähigkeit beim Kläger krankheitsbedingt verändert gewesen sei. Dies habe das Gutachten des Dr. ... nicht ausreichend berücksichtigt. Da die Unterscheidung zwischen exekutiver und motivationaler Steuerungsfähigkeit nicht einfach sei, könne es insofern auch eine Rolle spielen, dass Dr. ... als psychologischer Psychotherapeut nicht die Praxis eines forensischen Psychiaters habe (vgl. zur übergreifenden Kompetenz eines Fachpsychiaters auf dem Gebiet der krankhaften seelischen Störung auch: Rasch, Die Auswahl des richtigen Psycho-Sachverständigen im Strafverfahren, NStZ 1992, 257 m.w.N.).
55 
Das vom gerichtlichen Gutachter Dr. ... gefundene Ergebnis, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht die medizinischen Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB angenommen werden können, fügt sich in das Bild weiterer Stellungnahmen, insbesondere von den den Kläger behandelnden oder untersuchenden Ärzten ein. Bereits im neurologischen Gutachten des Prof. Dr. ... vom 07.05.2009, das zur Frage eines beidseitigen Sulcus ulnaris-Syndroms (Druckschädigung eines am Ellbogen verlaufenden Nervenstrangs) erging und den psychiatrischen Befund noch als unauffällig beschreibt, wird erwähnt, dass sich beim Kläger in einem befindlichkeitsdiagnostischen Verfahren erhöhte Werte unter anderem auf den Skalen Zwanghaftigkeit und paranoides Denken gezeigt hätten. Im Behandlungsbericht des Universitätsklinikums ..., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III, Prof. ..., vom 30.07.2009 über eine im direkten Anschluss an das begangene Dienstvergehen stationäre Behandlung vom 26.07. bis 30.07.2009 wird im psychopathologischen Aufnahmebefund eine wahnhaft gefärbte Annahme von Beeinträchtigungen und eine erschwert auslenkbare affektive Schwingungsfähigkeit genannt. Mit ursächlich für die Entwicklung des Klägers könne eine Persönlichkeitsakzentuierung sein, die im Rahmen der empfohlenen Psychotherapie weiter abgeklärt und auch behandelt werden solle. Die Bewertung der Arbeitsatmosphäre durch den Kläger sei paranoid gefärbt. Eine Therapie mit Escitalopram, Quetiapin und Risperidon werde empfohlen. In weiteren Behandlungsberichten des den Kläger behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. ... wird eine mittelgradige bis schwere depressive Episode mit paranoider Ausgestaltung diagnostiziert und später von einer schweren depressiven Episode mit psychotisch-paranoider Symptomatik bei schizoid-sensitiver Persönlichkeitsstörung gesprochen. In seiner im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart vorgelegten Stellungnahme vom 10.09.2009 spricht Dr. ... rückblickend von einer längerfristigen depressiven Entwicklung, die erhebliche Anhaltspunkte dafür erkennen lasse, dass der Kläger zum Zeitpunkt der ihm zur Last gelegten Verfehlung im Juli 2009 schon erheblich psychisch beeinträchtigt gewesen sei und dies möglicherweise zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit geführt haben könne. Ähnlich beurteilt Dr. ... nach Lektüre des Entlassberichtes der ... Klinik ... vom 23.02.2010 mit Schreiben vom 10.03.2010 den psychopathologischen Zustand des Klägers. Das dem Kläger zur Last gelegte Delikt der Ausspähung von Daten sei in einem Zustand paranoider Gestimmtheit erfolgt; aus psychiatrischer Sicht ergäben sich deutliche Hinweise darauf, dass sich der Kläger in der damaligen Situation in einem Zustand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit befunden habe. Im Entlassbericht der ... Klinik ... vom 23.02.2010 über einen stationären Aufenthalt vom 29.01. bis 19.02.2010 wird die Diagnose einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und eine schizoide Persönlichkeitsstörung gestellt. Das Gesundheitsamt des Landratsamtes ... kommt in seiner Stellungnahme vom 22.09.2010 unter Hinweis auf die für den Kläger gestellten Diagnosen und die psychopharmakologisch hochdosierte Kombinationstherapie mit Cipralex, Seroquel, Risperidon, Lyrica, Venlafaxin und Tavor (Das Gutachten des Dr. ... spricht von einer 6-fachen psychopharmakologischen Behandlung) zu dem Ergebnis, dass ärztlicherseits die Bestellung eines Verfahrensvertreters für das behördliche Disziplinarverfahren erforderlich sei. Das Amtsgericht ... lehnte mit Beschluss vom 30.11.2011 den Antrag auf Bestellung eines Verfahrensvertreters lediglich mit der Begründung ab, dass der Kläger wirksam einem Rechtsanwalt Vollmacht erteilt habe und es daher einen Vertreter im Sinne des § 16 LVwVfG gebe, so dass ein weiterer Vertreter nicht bestellt werden müsse. Im Strafverfahren wegen Ausspähens von Daten bat das Amtsgericht ... mit Schreiben vom 19.11.2010 im Hinblick auf die Stellungnahme des Gesundheitsamtes ... vom 22.09.2010 die Staatsanwaltschaft ... um Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO, weil inzwischen erhebliche Zweifel an der Schuldfähigkeit des Klägers bestünden. Die amtsärztliche Stellungnahme klinge "ziemlich massiv". In ihrer Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens führte die Staatsanwaltschaft ... aus, dass der Kläger nach dem amtsärztlichen Gutachten an einer erheblichen psychischen Erkrankung mit paranoiden und schizoiden Zügen leide und es - eingedenk seines Tatverhaltens, aber auch seines Verhaltens bei den vorangegangenen Taten in ... - überaus nahe liege, dass diese Situation auch bei der Tatbegehung gegeben gewesen sei. Eine eingeschränkte, möglicherweise aufgehobene Steuerungsfähigkeit erscheine insofern durchaus denkbar.
56 
Der Senat geht auch davon aus, dass die Steuerungsfähigkeit des Klägers bei Begehung des Dienstvergehens erheblich im Sinne des § 21 StGB vermindert war. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung "erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise; dabei ist zu klären, ob die Fähigkeit des Täters, motivatorischen und situativen Tatanreizen in der konkreten Tatsituation zu widerstehen und sich normgemäß zu verhalten, im Vergleich zu dem "Durchschnittsbürger" in einem solchen Maß verringert war, dass die Rechtsordnung diesen Umstand bei der Durchsetzung ihrer Verhaltenserwartungen nicht übergehen darf (vgl. Perron/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 21 StGB RdNr. 5 m.w.N.). Dies ist hier nach Ansicht des Senats der Fall.
57 
Zwar handelt es sich bei den hier betroffenen Dienstpflichten des Klägers um elementare, selbstverständliche und leicht einsehbare Dienstpflichten und hängt nach der Rechtsprechung im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3; Urteil des Senats vom 01.04.2014 - DL 13 S 2383/13 -, juris), jedoch ist hier nicht die Einsichtsfähigkeit des Klägers in diese Pflichten betroffen, sondern geht es um die Frage der erheblichen Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit bei Begehung des Dienstvergehens. Insoweit kann der Umstand einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit nicht durch das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit kompensiert werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.10.2014 - 2 B 60.14 -, NVwZ-RR 2015, 50; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.05.2016 - 14 LB 4/15 -, juris). Es kommt hier hinzu, dass die Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit gerade auch in dem dienstlichen Bereich des Klägers (Konflikte an seinem Arbeitsplatz und mit seinen Kollegen) seinen Ursprung hat und damit die verletzten Kernpflichten des Klägers betrifft (vgl. hierzu: Urteil des Senats vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris).
58 
Für die Annahme einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit ist für den Senat maßgeblich, dass der Kläger trotz der Verletzung eigentlich leicht zu befolgender Dienstpflichten letztlich auf Grund seiner psychischen Erkrankung den motivatorischen Tatanreizen keine relevanten eigenen Widerstände mehr entgegensetzen konnte. Dabei ist bereits die psychopathologische Entwicklung des Klägers vor Begehung des Dienstvergehens in den Blick zu nehmen. Das von dem Kläger gezeigte paranoide Symptombild begann zunächst mit Anspannung (Zähneknirschen, Haareausreißen), erheblichen Schlafstörungen und Grübelneigungen. Es folgten der Rückzug in eine eigene Welt und der Aufbau eines großen Feindbildes, bei dem sich der Kläger von seinen Vorgesetzten völlig unverstanden und allein gelassen fühlte. Nachdem diese psychiatrische Problematik nicht erkannt wurde, sondern sich die Frage seiner Dienstfähigkeit auf die orthopädische Problematik am Arm beschränkte, kam es im Mai 2008 zu ersten vollkommen irrationalen Handlungen beim Verkleben der Schlösser auf dem ....... Nach Aufdeckung dieser Taten verstärkten Scham- und Schuldgefühle den sozialen Rückzug und die depressive Symptomatik des Klägers weiter. Als der Kläger dann im Juli 2009 seinen Dienst wieder antrat und auf einen nach seiner Vorstellung nicht akzeptablen Arbeitsplatz im Auszubildendenbereich Dienst zu tun hatte, nahm die Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands des Klägers "weiter an Fahrt auf" (so das Gutachten des Dr. ...) und kam der Kläger zu der wahnhaften Überzeugung, dass er sich gegen drohende Maßnahmen seiner Vorgesetzten zur Wehr setzen müsse. Von der Unsinnigkeit seiner Maßnahmen war der Kläger nicht mehr zu überzeugen. Er war - in den Worten des Gutachtens des Dr. ... - unkorrigierbar von der Überzeugung gefangen und getrieben, sich gegen seine Vorgesetzten zur Wehr setzen zu müssen und konnte sich nicht mehr distanzieren und nicht mehr kritisch reflektieren. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass der Kläger auch nachdem ihm bewusst wurde, dass Mitarbeiter der Beklagten seine unrechtmäßigen Handlungen entdeckt und das Administratorenpasswort geändert hatten, nicht mehr umsichtig und besonnen reagieren konnte, sondern sein Vorgehen fortsetzte, obwohl ihm bewusst war, mit welchen Folgen er zu rechnen hatte. Dies ist aber für den Senat ein deutliches Zeichen dafür, dass der Kläger dermaßen in seinen paranoiden und wahnhaften Vorstellungen verfangen war, dass er in beträchtlicher und massiver Weise daran gehindert war, sich normgemäß zu verhalten und deshalb die Rechtsordnung und das disziplinare Maßregelsystem, auch bei Berücksichtigung seines Zwecks, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Berufsbeamtentums aufrechtzuerhalten, diesen Umstand nicht übergehen darf und die disziplinare Höchstmaßnahme deshalb nicht mehr ausgesprochen werden kann.
59 
III. Die mit der Aberkennung des Ruhegehalts des Klägers ausgesprochene disziplinare Höchstmaßnahme in der Verfügung vom 02.04.2013 erweist sich damit als rechtswidrig. § 21 Satz 1 AGVwGO bestimmt, dass das Gericht die Abschlussverfügung aufhebt, wenn diese rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Allerdings kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO (vgl. zu dessen Anwendung bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG: Urteil des Senats vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 -, juris) das Gericht bei einem - wie hier - erwiesenen Dienstvergehen die Verfügung auch aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Mit der Formulierung "kann" wird ein richterliches Ermessen eingeräumt, ob statt der Aufhebung der Abschlussverfügung diese aufrechterhalten oder abgeändert wird (LT-Drs. 14/2996, S. 148); eine Verpflichtung der Disziplinarkammer, eine Entscheidung nach § 21 Satz 2 AGVwGO zu treffen, besteht hingegen nicht. Bei der gerichtlichen Ermessensausübung ist zu beachten, dass § 21 Satz 2 AGVwGO dem Zweck der Verfahrensbeschleunigung und damit der Verwirklichung des in Baden-Württemberg nicht ausdrücklich normierten (vgl. etwa im Bundesdisziplinarrecht § 4 BDG), aber dem Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz nach wie vor zu Grunde liegenden (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 148) Beschleunigungsgrundsatzes (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 4 BDG RdNr. 10 f.; Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 8 LDG RdNr. 2) dient, der in jeder Phase des Disziplinarverfahrens als objektives Disziplinarrecht zu beachten ist (Hummel/Baunack, a.a.O., § 4 BDG RdNr. 1; Müller, Beamtendisziplinarrecht, RdNrn. 303, 426). Deshalb ist davon auszugehen, dass die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes und aus Gründen der Prozessökonomie in Ausübung ihres richterlichen Ermessens regelmäßig von der Möglichkeit des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch machen sollen, wenn sich eine Abschlussverfügung als rechtswidrig erweist und die Rechtsverletzung mit der gerichtlichen Entscheidung beseitigt ist. Diese Erwartung äußert auch der Gesetzgeber in der Begründung zum Landesdisziplinargesetz (LT-Drs. 14/2996, S. 148). Nachdem hier keine Besonderheiten (etwa eine im Raum stehende gegenständliche Erweiterung des Disziplinarverfahrens um Dienstpflichtverletzungen, die nicht Gegenstand der angefochtenen Disziplinarverfügung sind) ersichtlich sind, macht der Senat bei Ausübung seines richterlichen Ermessens von der ihm eingeräumten Änderungsbefugnis des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass dem Gewicht der Pflichtverletzung des Klägers die Kürzung seines monatlichen Ruhegehalts (§ 32 LDG) um ein Zehntel für die Dauer von einem Jahr Rechnung trägt.
60 
Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umstände handelt es sich hier um ein mittelschweres Dienstvergehen im Sinne des § 32 LDG, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen.
61 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu LT-Drs. 14/2996, S. 86; Urteil des Senats vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris).
62 
Das von dem Kläger begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen sehr gewichtig. Der Systemadministrator hat bei technischen Erfordernissen alle Konfigurationen (Einstellung von Hard- und Software) vorzunehmen und deshalb die technische Möglichkeit, auf alle Datenbestände zuzugreifen. Er darf diese Möglichkeiten aber nur im Rahmen seiner Aufgabenbefugnisse, nicht jedoch außerhalb dieser nutzen, um den Inhalt fremder Datenbestände zur Befriedigung eigener Interessen einzusehen oder zu nutzen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, gehört die Verpflichtung des Administrators, in diesem Sinne sorgfältig mit den ihm anvertrauten Daten umzugehen und sie insbesondere nicht zu eigenen Zwecken zu missbrauchen, zum Kern seiner Dienstpflichten in dieser Funktion. Gerade weil der Systemadministrator Zugriff auf alle - auch die sensiblen - Datenbestände hat und seine Tätigkeit kaum hinreichend von Dritten zu überwachen ist, wird ihm ein besonderes und gesteigertes Vertrauen in die diesbezügliche ordnungs- und pflichtgemäße Dienstführung entgegengebracht. Die diesbezüglichen den Kläger treffenden Dienstpflichten wirken auch noch in der später eigenommenen Stellung im Bauverwaltungsamt nach, auch wenn der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Aufgaben eines Netzwerkadministrators nicht mehr innegehabt hat. Der Kläger - so ebenfalls zutreffend das Verwaltungsgericht - war damit weiterhin zur Wahrung der Vertraulichkeit und zur ausschließlich bestimmungsgemäßen Verwendung seiner Fähigkeiten verpflichtet. Schwer wiegt auch, dass der Kläger an vier aufeinanderfolgenden Tagen zu den Dienstpflichtverletzungen angesetzt, sensibles und vertrauliches Datenmaterial abgegriffen hat, dabei planvoll vorgegangen ist und mit seinen Versuchen auch dann nicht aufgehört hat, als er wegen der Sperrung des Administratorenpassworts erkennen musste und erkannt hat, dass sein Vorgehen aufgefallen ist. Nicht zu beanstanden ist, wenn das Verwaltungsgericht zur Bemessung des Gewichts der Verfehlung die Entstehung eines materiellen Schadens nicht für entscheidend gehalten hat, sondern maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der eigentliche Schaden im Verlust des Vertrauens bei den Kollegen liegt, derer Daten sich der Kläger unberechtigt bedient hat. Es kommt hinzu, dass die Beklagte nach ihren Angaben in der Berufungsverhandlung erhebliche Ressourcen aufbringen musste, um ihr EDV-System, auch durch die Änderung des Administratorenkennworts und durch die Sperrung der lokalen Administratorenzugänge, vor weiteren unberechtigten Zugriffen des Klägers zu schützen.
63 
Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale ist nach den obigen Ausführungen davon auszugehen, dass der Kläger das ihm vorgeworfene Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, was mit dem entsprechenden Gewicht bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen ist. Insoweit hat die Beweiserhebung und die rechtliche Bewertung durch den Senat die bereits in der Zustimmung der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens gemäß § 153 Abs. 2 StPO (Schreiben vom 23.11.2010) abgegebene Einschätzung bestätigt, dass das inkriminierte Verhalten dem psychisch beeinträchtigten Kläger nur begrenzt zuzurechnen und es vertretbar ist, von einer nur geringen Schuld des Klägers auszugehen.
64 
Zu Gunsten des Klägers berücksichtigt der Senat auch, dass es die Beklagte nach Bekanntwerden des Vorfalls mit dem Verkleben der Schlösser am ...... im Juni 2008 und dem Entzug der Administratorenrechte unterlassen hat, auch das dem Kläger wegen dieser Funktion zugeteilte Administratorenkennwort zu ändern und die lokalen Administratorenzugänge für den Kläger zu sperren. Die Vertreter der Beklagten haben in der Berufungsverhandlung auf Befragen ausgeführt, dass der Netzwerkadministrator hohes Vertrauen genossen habe, das durch das damals noch nicht hinreichend aufgeklärte schädigende Verhalten des Klägers gegenüber einer anderen staatlichen Einrichtung erschüttert worden sei. Deswegen seien dem Kläger bereits am 19.06.2008 die Administratorenrechte entzogen worden. Dem entspricht der Aktenvermerk der Beklagten vom 19.06.2008, in dem ausgeführt wird, es sei dem Kläger gegenüber erklärt worden, dass die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Grund dessen "Funktion mit Administratorenrechten" nicht mehr gegeben sei. Der Kläger habe "nicht den psychisch stabilsten Eindruck" hinterlassen. Er sei ein "Sicherheitsrisiko". Im Aktenvermerk der Beklagten vom 03.07.2009 wird ausgeführt, dass dem Kläger eine "Verbindung zwischen seiner außerdienstlichen Straftat und dem dienstlichen Zusammenhang durch den starken Vertrauensverlust und seiner beruflichen Position als Administrator mit Generalzugriffsrecht auf alle PC" fehle. Damit lagen für die Beklagte hinreichend konkrete Anhaltspunkte vor, die es erforderlich gemacht hätten, dem Kläger nicht nur die Administratorenrechte zu entziehen, sondern umgehend, spätestens aber nach Wiederantritt des Dienstes durch den Kläger - auch zu dessen Schutz - das diesem bekannte Administratorenkennwort zu ändern und die lokalen Administratorenzugänge für den Kläger zu sperren, um unberechtigte Zugriffe des Klägers auf das EDV-System der Stadt zu verhindern. Die Änderung des Administratorenkennworts und weitere tatsächlich ergriffene Maßnahmen erst nach dem erfolgten verbotswidrigen Eindringen des Klägers in geschützte Dateien und Daten von Mitarbeitern der Beklagten erfolgte damit zu spät. Soweit die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung dazu vorgetragen haben, dass die Änderung des Administratorenkennwortes und die Sperrung der lokalen Administratorenzugänge für den Kläger sehr aufwändig gewesen und nach der längeren Krankheitsabwesenheit des Klägers in Vergessenheit geraten seien, ändert dies an einer entsprechenden Obliegenheit der Beklagten nichts. Das Unterlassen der Änderung des Administratorenkennwortes und der Sperrung der lokalen Administratorenzugänge als geeignete und erforderliche Schutzmaßnahmen ist hier als mildernder Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen (zum Unterlassen auf Grund besonderer Umstände erforderlicher Kontrollen des Beamten als bei der Maßnahmebemessung mildernd zu berücksichtigende Fürsorgepflichtverletzung vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.07.2014 - 2 B 70.13 -, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 25; Urteil vom 10.01.2007 - 1 D 15.05 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 14; Urteil des Senats vom 30.10.2014 - DB 13 S 773/14 -).
65 
Bei einer Gesamtschau der oben dargestellten, die Dienstpflichtverletzung kennzeichnenden Umstände kann damit trotz der objektiven schweren Gewichtigkeit des Dienstvergehens wegen der erheblich geminderten Schuldfähigkeit des Klägers und der damit einhergehenden subjektiven geringen Vorwerfbarkeit sowie in Anbetracht unterlassener Schutz- und Kontrollmaßnahmen der Beklagten lediglich von einem mittelschweren Dienstvergehen i.S.d. § 32 LDG ausgegangen werden.
66 
Dieses mittelschwere Dienstvergehen führt hier gemäß § 32 LDG zu einer Kürzung des Ruhegehalts des Klägers, die an die Stelle der bei Beamten im aktiven Dienst möglichen Zurückstufung oder Kürzung der Dienstbezüge tritt (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 100).
67 
Disziplinarmaßnahmen unterhalb der Höchstmaßnahme kommt in erster Linie die Funktion einer Pflichtenmahnung in dem Sinne zu, dass sie den betroffenen Beamten zu einem künftigen pflichtgemäßen Verhalten veranlassen sollen. Für eine solche - zukunftsbezogene - Pflichtenmahnung besteht aber bei einem Ruhestandsbeamten, soweit es die Erfüllung von Dienstpflichten betrifft, im allgemeinen kein Bedürfnis, weil er keinen Dienst mehr leistet. Der Zweck von Disziplinarmaßnahmen erschöpft sich aber nicht darin, den Beamten zu einem künftig pflichtgemäßen Verhalten zu veranlassen. Vielmehr dienen diese Disziplinarmaßnahmen letztlich (auch) der allgemeinen Aufrechterhaltung der Integrität des Berufsbeamtentums. Im Hinblick auf diesen Zweck ist neben dem Gesichtspunkt der Generalprävention und dem der gerechten Gleichbehandlung der Ruhestandsbeamten mit den aktiven Beamten auch der der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes von Bedeutung. Zur Gleichbehandlung als Ausfluss des allgemeinen Gerechtigkeitsprinzips gehört, dass ein Beamter, der nach Begehung einer nicht leichten Verfehlung in den Ruhestand tritt, grundsätzlich nicht besser gestellt werden soll, als ein Beamter, der im aktiven Dienst verbleibt. Auf diese Weise wird die disziplinare Erfassung nicht von dem mehr oder weniger zufälligen oder gar gesteuerten Ausscheiden aus dem aktiven Dienst abhängig gemacht (BVerwG, Urteile vom 06.05.1992 - 1 D 12.91 -, BayVBl. 1993, 349 und vom 08.12.1999 - 1 D 28/98 -, juris). Diesen Erwägungen entspricht die Regelung des § 32 LDG (LT-Drs. 14/2996, S. 99 f.) mit dem Erfordernis, dass der Ruhestandsbeamte ein mittelschweres Dienstvergehen begangen haben muss, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen. Mit diesen Tatbestandsvoraussetzungen wird die strukturelle Gleichartigkeit der Disziplinarmaßnahme zur Kürzung der Bezüge nach § 29 LDG deutlich (vgl. Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 32 LDG RdNr. 1) und zugleich - für den Fall des im aktiven Dienst begangenen Dienstvergehens - in Satz 2 geregelt, dass ein Beamter, der nach Begehung des Dienstvergehens in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt werden darf, als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt.
68 
Die für eine Kürzung der Bezüge bei einem aktiven Beamten erforderliche erhebliche Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung (§ 29 Abs. 1 Satz 1 LDG), die auch von § 32 Abs. 1 Satz 1 LDG vorausgesetzt wird, ist hier gegeben. Dabei gehen diese Bestimmungen davon aus, dass mit einem mittelschweren Dienstvergehen, das ein (mittlerweile) im Ruhestand befindlicher Beamter begangen hat, grundsätzlich eine erhebliche Vertrauensbeeinträchtigung einhergeht, also durch das Dienstvergehen indiziert wird. Anknüpfungspunkt der Indizwirkung ist dabei nicht die Typizität des Dienstvergehens, sondern dessen Schwere. Für einen Ausschluss der Indizwirkung sprechende Umstände liegen hier nicht vor. Die erhebliche Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne des § 29 Abs. 1 LDG ist - bei einem aktiven Beamten - dadurch gekennzeichnet, dass es einer wiederkehrenden erzieherischen Einwirkung auf den Beamten bedarf, indem ihm während der Kürzungsdauer das begangene Dienstvergehen wiederholt und monatlich spürbar vor Augen geführt wird, um zu erreichen, dass er sich künftig pflichtgemäß verhält (vgl. LT-Drs. 14/2966, S. 92; Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 29 LDG RdNr. 1). Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Berufungsverfahren zu Recht ausgeführt, dass vor allem bei Beachtung der psychischen Erkrankung des Klägers und seiner erheblich verminderten Schuldfähigkeit das dienstnotwendige Vertrauen und das Vertrauen der Allgemeinheit in das Ansehen des öffentlichen Dienstes und des Berufsbeamtentums nicht unwiederbringlich erschüttert sind. Zum anderen wäre hier bei einem aktiven Beamten die der Kürzung der Bezüge immanente Pflichtenmahnung erforderlich, um zu gewährleisten, dass sich das dienstpflichtwidrige Verhalten des Beamten nicht wiederholt.
69 
Die Laufzeit der Kürzung des Ruhegehalts bestimmt sich - wie bei der Kürzung der Bezüge - nach der Schwere des Dienstvergehens; der Kürzungsbruchteil nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ruhestandsbeamten (§ 32 Satz 4 LDG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 1 Satz 2 LDG). Bei Berücksichtigung des bereits dargestellten (mittelschweren) Gewichts des Dienstvergehens und der damit einhergehenden Vertrauensbeeinträchtigung und unter Beachtung der dem Kläger nicht anzulastenden Verfahrensdauer des Disziplinarverfahrens von über 7 ½ Jahren, die nach dem Eindruck, den der Senat von dem Kläger in der Berufungsverhandlung gewonnen hat, ersichtlich auf diesen eingewirkt hat und bereits deswegen - bei einem aktiven Beamten - eine pflichtenmahnende und bei der Bestimmung der Laufzeit berücksichtigungsfähige (mildernde) Wirkung entfaltet (vgl. dazu: Köhler, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, a.a.O., Materielles Dienstrecht, Allgemeiner Teil, RdNr. 120), ist auf eine Kürzungsdauer von einem Jahr zu erkennen. Nachdem der Kläger keine Schulden hat und nach den Angaben in der Berufungsverhandlung ein monatliches Ruhegehalt von etwa 2.000 EUR netto bezieht sowie in den Sommermonaten Einnahmen aus der Tätigkeit in einem ... auf 450-Euro-Basis hat, ist ein Kürzungsbruchteil von einem Zehntel gerechtfertigt.
70 
Damit ist zugleich die weitergehende, auf vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung gerichtete Klage abzuweisen.
71 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG. Über den Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im behördlichen Disziplinarverfahren für notwendig zu erklären, ist angesichts der Regelung in § 39 Abs. 5 Satz 2 LDG nicht ausdrücklich zu entscheiden.
72 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 8. Dezember 2014 - DL 8 K 1870/14 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die am xxx geborene Klägerin steht als Realschulrektorin im Dienst des Beklagten. Nach der Einstellung als Angestellte im Schuldienst des beklagten Landes wurde sie am xxx unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Realschullehrerin zur Anstellung ernannt. Am xxx wurde die Klägerin zur Realschullehrerin ernannt und ihr die Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit verliehen. Von der xxxRealschule xxx, an der sie seit dem xxx tätig war, wurde sie am xxx an die Haupt- und Realschule in xxx versetzt und gleichzeitig zur Leiterin dieser Schule bestellt. Am xxx wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Rektorin ernannt. Die Klägerin wurde am xxx zur Leiterin der xxx-Realschule xxx bestellt und am xxx unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Realschulrektorin ernannt. Am xxx wurde ihr das Amt einer Realschulrektorin auf Lebenszeit (Besoldungsgruppe A 15) übertragen. Die dienstlichen Leistungen wurden zuletzt in der Leistungsfeststellung vom 11.09.2006 mit „Übertrifft die Leistungserwartungen in besonderem Maße“ beurteilt.
Die Klägerin ist xxx. Sie ist im Besitz eines unbefristet gültigen Schwerbehindertenausweises vom xxx mit dem Grad der Behinderung XX. Die Klägerin ist bisher disziplinar- und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Nach ihren Angaben in der Berufungsverhandlung bezieht sie derzeit monatliche Nettobezüge in Höhe von ca. 2.600 EUR und beträgt die Darlehensbelastung für ihr Eigenheim 800 bis 900 EUR monatlich.
Durch Vereinbarung mit der Stadt xxx vom 13.11.2006 wurde der Klägerin für das Budget der xxx-Realschule die Bewirtschaftungs- und Feststellungsbefugnis bis zu 10.000 EUR im Einzelfall und bis zu 10.000 EUR im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen übertragen. Nach Ziff. 2 dieser Vereinbarung werden der Schule für den pädagogischen Betrieb Mittel zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt. Die Einhaltung der Budgetansätze obliegt nach Ziff. 2.6 dem Schulleiter.
Am 15.02.2011 erstattete die Klägerin Selbstanzeige beim Polizeirevier xxx und gab an, sie habe in den zurückliegenden Jahren für die Schule Geschirr, Besteck, Töpfe und weitere Materialien im Wert von über 10.000 EUR mit Geldern aus dem Schuletat beschafft, in ihre Wohnung gebracht und dort ungenutzt aufbewahrt. Im Zuge der Inventarisierung von Schulbeständen seien die Defizite aufgedeckt worden; die Waren seien zwischenzeitlich nahezu vollständig in die Schule zurückgebracht worden. Sie sei an xxx erkrankt. Sie werde deswegen mit starken Medikamenten behandelt, die die Persönlichkeit eines Menschen wesentlich verändern könnten.
Das Regierungspräsidium xxx verbot der Klägerin mit Verfügung vom 17.02.2011 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung der Dienstgeschäfte als Realschulrektorin und als Realschullehrerin und leitete mit Verfügung vom 07.04.2011 ein Disziplinarverfahren gegen die Klägerin ein. In der Einleitungsverfügung wird unter anderem ausgeführt, dass der dringende Verdacht bestehe, dass die Klägerin im Zeitraum 2007 bis 2011 systematisch in erheblichem Umfang Finanzmittel, für die die Stadt xxx ihr die Bewirtschaftungsbefugnis übertragen habe, für private Zwecke verwendet habe, unter anderem zur Beschaffung von hochwertigem Geschirr, einer unübersehbaren Vielzahl sonstiger Haushaltsutensilien wie Tischtücher, Handtücher und Kaffeemaschinen, sowie von unzähligen Büchern. Nach den Ermittlungen der Stadt xxx belaufe sich der dadurch verursachte Schaden auf derzeit 62.355,52 EUR.
Bei ihrer Anhörung vor dem Regierungspräsidium xxx am 28.04.2011 gab die Klägerin unter anderem an: Die Gegenstände, um die es gehe, habe sie nicht für sich selbst, sondern ausschließlich für die Schule kaufen wollen. Als in dem Schulgebäude für die von ihr besorgten Gegenstände kein Platz mehr gewesen sei, habe sie einen Teil davon zu ihr nach Hause gebracht. Allerdings habe sie die Gegenstände nicht selbst genutzt, sondern nur zu Hause schön verpackt in Kisten im Keller gelagert. Von einer Instruktion anderer Lehrkräfte des Fachbereichs xxx mit der Bitte, sie zu decken, könne lediglich im Hinblick auf Frau xxx und Frau xxx, nicht aber in Bezug auf Frau xxx und Frau xxx gesprochen werden.
Mit Verfügung vom 24.05.2011 wurde die Klägerin vorläufig des Dienstes enthoben und wurden 30 Prozent ihrer Bezüge mit Ablauf des Monats der Zustellung einbehalten. Die hiergegen beim VG Freiburg erhobene Klage nahm die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2011 zurück (xxx xxx).
In dem gegen die Klägerin u.a. wegen Untreue eingeleiteten Ermittlungsverfahren holte die Staatsanwaltschaft xxx ein psychiatrisches Gutachten des Universitätsklinikums xxx, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Prof. Dr. xxx, vom 13.07.2011 ein. Dieses kam abschließend zu dem Ergebnis, dass die Klägerin im Tatzeitraum in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sei. Es sei nicht auszuschließen, dass die Steuerungsfähigkeit aufgehoben gewesen sei. Die Klägerin habe unter einer krankhaften seelischen Störung in Form eines organischen Psychosyndroms gelitten. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Gutachtens wird auf Blatt 369 bis 399 der beigezogenen Ermittlungsakte xxx der Staatsanwaltschaft xxx verwiesen.
In einem Aktenvermerk der ermittelnden Staatsanwältin über ein Telefonat mit dem Gutachter Prof. Dr. xxx vom 22.09.2011 ist ausgeführt:
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„Er (der Gutachter) teilt vorab mit, dass er für einen Ausschluss der Steuerungsfähigkeit erwartet, dass Belege dafür vorhanden seien wie Desorientierung oder extremer Affekt, was vorliegend nicht gegeben sei. Die Steuerungsfähigkeit sei bei einem Verhalten wie vorliegend, was keine so etablierte Erkrankung sei, üblicherweise nicht komplett aufgehoben.“
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Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft xxx vom 28.12.2011 wurde das Verfahren nach § 153a Abs. 1 StPO endgültig eingestellt, nachdem die Klägerin die Auflage, 20.000 EUR an die Stadt xxx zu zahlen, erfüllt hatte. Zur Begründung des Vorgehens nach § 153a StPO wurde in einer Verfügung vom 14.11.2011 ausgeführt, dass im Hinblick auf das Ergebnis des Sachverständigengutachtens, die offensichtlich fehlende Bereicherungsabsicht sowie die Schwierigkeit der Konkretisierung und Nachweisbarkeit der Einzeltaten ein Abschluss des Verfahrens nach § 153a StPO für sachgerecht erachtet werde.
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Im weiteren Verlauf des Disziplinarverfahrens wurden ärztliche Stellungnahmen der die Klägerin behandelnden Fachärzte für Allgemeinmedizin xxx vom 27.04.2011 (Blatt 147 der Disziplinarakte) und 07.03.2012 (Blatt 300 der Disziplinarakte), des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. xxx vom 07.03.2012 (Blatt 301 der Disziplinarakte), des Nervenarztes Dr. xxx vom 06.04.2011 (Blatt 148 der Disziplinarakte), 18.02.2011 (Blatt 149 der Disziplinarakte), 11.07.2011 (Blatt 232 der Disziplinarakte), 03.01.2012 (Blatt 306 der Disziplinarakte) und 06.03.2012 (Blatt 305 der Disziplinarakte) sowie der Ärztin und Diplompsychologin xxx vom 05.03.2012 (Blatt 302 der Disziplinarakte) vorgelegt. Bereits im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sind Arztbriefe der xxx vom 01.04.2011, Dr. xxx, über einen stationären Aufenthalt der Klägerin in der Zeit vom 21.02.2011 bis 01.04.2011 (Blatt 253 - 267 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft xxx) sowie des Prof. Dr. xxx, xxx, vom 13.04.2011 (Blatt 277 - 281 der Ermittlungsakte) vorgelegt worden.
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Nachdem Vergleichsgespräche erfolglos blieben, teilte das Regierungspräsidium xxx der Klägerin mit Schreiben vom 19.09.2012 mit, dass beabsichtigt sei, sie in das Eingangsamt ihrer Laufbahn und zwar in die Besoldungsgruppe A 13 als Realschullehrerin zurückzustufen, und gab ihr Gelegenheit, sich abschließend zu äußern. Hiervon machte die Klägerin mit Schreiben vom 10.10.2012 Gebrauch und führte insbesondere aus, dass davon auszugehen sei, dass sie in dem hier maßgeblichen Zeitraum schuldunfähig gewesen sei. Dies sei gerichtlich zu klären. Der beteiligte Bezirkspersonalrat erhob gegen die beabsichtigte Rückstufung zur Realschullehrerin der Besoldungsgruppe A 13 keine Einwendungen.
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Mit Disziplinarverfügung vom 30.10.2012 stufte das Regierungspräsidium xxx die Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin in der Besoldungsgruppe A 13 zurück und sprach ihr die Befugnis ab, die Amtsbezeichnung Realschuldirektorin zu führen. Das Verwaltungsgericht Freiburg hob mit rechtskräftigem Urteil vom 02.10.2013 (xxx) die Disziplinarverfügung vom 30.10.2012 wegen inhaltlicher Unbestimmtheit auf.
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Mit Verfügung vom 22.11.2013 leitete das Regierungspräsidium xxx gegen die Klägerin wegen der Vorwürfe, die im Wesentlichen Gegenstand des ersten Disziplinarverfahrens waren, erneut ein Disziplinarverfahren ein und führte in der Folgezeit mehrere Zeugenvernehmungen durch (Blatt 576 - 588, 605 - 608 der Disziplinarakte). Weiterhin holte das Regierungspräsidium xxx ein psychiatrisches Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx, xxx, vom 20.05.2014 ein. Der Gutachter kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin trotz der vorliegenden neurologischen Erkrankung keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der in § 20 StGB genannten Eingangskriterien (vor allem „krankhafte seelische Störung“, „schwere andere seelische Abartigkeit“) vorhanden seien, die unter Umständen zu einer De- oder gar Exkulpierung der ihr jetzt zur Last gelegten Taten führen könnten. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Gutachtens wird auf Blatt 647 bis 709 der Disziplinarakte verwiesen.
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Mit Schreiben vom 04.06.2014 bezeichnete die Klägerin das Gutachten des Dr. xxx als Gefälligkeitsgutachten und verwies darauf, dass das Regierungspräsidium von ihr mit Schreiben vom 13.01.2014 benannte Zeugen zur Schuldfähigkeit nicht habe vernehmen wollen. Angesichts dessen werde auf eine abschließende Anhörung nach § 20 LDG verzichtet. Die Klägerin verzichtete zudem auf die Beteiligung des Personalrates. Mit Schreiben vom 04.07.2014 wurde der Klägerin und der Bezirksvertrauensperson für schwerbehinderte Lehrkräfte der Entwurf der Disziplinarverfügung zugeleitet.
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Mit Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 entfernte das Regierungspräsidium xxx die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis (Ziff. 1) und enthob sie bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens des Dienstes (Ziff. 2). Zugleich wurden bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens mit dem Ablauf des Monats der Zustellung der Verfügung für sechs Monate 20 %, in den weiteren sechs Monaten 35 % und danach 50 % der monatlichen Bezüge einbehalten, wobei der unpfändbare Teil der Bezüge der Klägerin zu belassen ist (Ziff. 3), und wurde festgestellt, dass die Klägerin nicht mehr befugt ist, die Amtsbezeichnung Realschulrektorin zu führen (Ziff. 4). Zur Begründung wurde ausgeführt: Im Zeitraum zwischen dem 19.10.2007 und dem 15.02.2011 habe die Klägerin Anschaffungen vorgenommen, die nicht schulischen Zwecken dienten. Dabei handele es sich um
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Nr. 1 - 21:
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21 Positionen „Geschirr“ im Gesamtwert von 3.613,38 EUR. Das Geschirr stamme von Markenherstellern (xxx). Es sei den Lehrkräften der Schule nicht bekannt gewesen und sei nicht im Unterricht eingesetzt worden. Es wäre von den Lehrkräften auch nicht verwendet worden. Das in der Schulküche eingesetzte Geschirr (weißes Einheitsporzellan) sei von der Firma xxx. Das von der Klägerin erworbene Geschirr sei in deren Privathaus aufbewahrt worden. Ein Zugriff auf dieses Geschirr sei durch Lehrkräfte bzw. durch Mitarbeiter der Stadt xxx nicht möglich gewesen.
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Nr. 22-28:
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7 Positionen „Ware vom xxx“ im Gesamtwert von 1.806,66 EUR. Die von der Klägerin erworbenen Lebensmittel seien in der Schulküche oder an anderer Stelle in der Schule nicht benötigt und auch tatsächlich nicht verwendet worden. Lebensmittel für die Schulküche seien von den dafür verantwortlichen Lehrkräften direkt nach Bedarf beschafft worden.
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Nr. 29 - 39:
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11 Positionen „Sonstige Gegenstände“ (etwa: Mixstab, Küchenmaschine, Kaffee-Automat, Dampfbügeleisen, Entsafter) im Gesamtwert von 1.055,23 EUR. Die noch originalverpackten Küchengeräte hätten sich nicht im Schulgebäude befunden und seien den Lehrern nicht bekannt gewesen.
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Nr. 40 - 49:
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10 Bücher im Gesamtwert von 179,38 EUR. Die Bücher seien von der Klägerin privat aufbewahrt und der Schule nicht zur Verfügung gestellt worden. Die Bücher seien noch teilweise folienverschweißt gewesen.
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Der Gesamtwert der eingekauften Gegenstände betrage 6.654,65 EUR. Die Klägerin habe zudem drei Lehrerinnen und eine Realschullehreranwärterin versucht zu bewegen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber den Bediensteten der Stadt xxx zu decken. Durch die im Dienst begangenen Taten habe die Klägerin vorsätzlich gegen die Pflichten aus §§ 33 Abs. 1, 34 Satz 2, Satz 3, 38 Abs. 1 in Verbindung mit 47 Abs. 1 BeamtStG und gegen die Vorbildfunktion des Lehrers als Erzieher nach §§ 1, 38 Abs. 6 SchulG und Art. 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 LV verstoßen. Sie habe sich der Untreue in einem besonders schweren Fall nach § 266 Abs. 3, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB schuldig gemacht. Die Staatsanwaltschaft habe eine Strafbarkeit dem Grunde nach nicht verneint, sondern lediglich einen Fall des § 21 StGB, aber keine Schuldunfähigkeit angenommen. Das Gutachten von Dr. xxx komme zu dem Ergebnis, dass eine Einschränkung oder Aufhebung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Taten nicht vorgelegen habe. An der Sachkunde des Gutachters bestünden keine Zweifel. Das Gutachten des Dr. xxx sei schlüssiger als das von Prof. Dr. xxx. Dieses berücksichtige nicht, dass der Klägerin auch Taten vor der medikamentösen Behandlung vorgeworfen worden seien. Zudem würden sich in diesem Gutachten die zusammenfassende Bewertung und vorangegangene Bewertung widersprechen. Die Schlussfolgerungen des Gutachtens von Dr. xxx seien demgegenüber schlüssig und plausibel. Er sei ersichtlich um eine ausgewogene Beurteilung bestrebt und habe alle denkbaren Aspekte, die für oder gegen eine Einschränkung der Schuldfähigkeit sprächen, diskutiert. Die sonstigen Stellungnahmen der die Klägerin behandelnden Ärzte führten zu keiner anderen Beurteilung. Es sei auch nicht notwendig gewesen, sie im Disziplinarverfahren als Zeugen zu vernehmen. Der entsprechende Beweisantrag werde abgelehnt. Die Klägerin habe ein schweres Dienstvergehen begangen und dadurch das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren. Sie sei daher nach § 31 Abs. 1 LDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Der Allgemeinheit bzw. den am Schulleben Beteiligten sei es nicht zu vermitteln, wenn die Klägerin nach einem solchen schweren Versagen in beamtenrechtlichen Kernpflichten noch weiter im Beamtenverhältnis verbleiben würde. Die Klägerin habe mit der Veruntreuung von Geldern im Dienst in großem Umfang ein Zugriffsdelikt begangen, das regelmäßig zur Entfernung des Beamten aus dem Dienst führe. Besondere Umstände des Einzelfalls, die hier zu einer niedrigeren Bemessung der Disziplinarmaßnahme führen könnten, seien nicht ersichtlich. Auch ein bloß vorübergehender Zugriff auf amtliche Gelder zerstöre das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn unheilbar. Nichts anderes könne hier gelten, da die Klägerin zumindest für einen längeren Zeitraum Gegenstände, die sie mit den ihr anvertrauten öffentlichen Mitteln erworben habe, dem Zugriff der Schule entzogen habe. Der Wert der beschafften Gegenstände liege weit über der anerkannten Bagatellgrenze von 50 EUR. Das Verhalten sei auch disziplinarrechtlich als eigennützig anzusehen. Die Klägerin habe die Gegenstände nicht der Schule zur Verfügung gestellt, sondern über einen längeren Zeitraum bei sich privat gelagert. Die Gegenstände hätten damit ihrem direkten Zugriff im ausschließlich privaten Machtbereich unterlegen. Hierin liege ein privater, eigener Vorteil. Erschwerend falle die hervorgehobene dienstliche Stellung als Vorgesetzte der Lehrkräfte ins Gewicht. Zu Lasten der Klägerin sei auch zu berücksichtigen, dass sie Lehrkräfte unter Druck gesetzt habe, ihr Fehlverhalten zu decken. Die Lehrkräfte hätten deswegen ein sie persönlich sehr belastendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren mit der Gefahr der Rufschädigung durchstehen müssen. Sie seien zudem massiven Loyalitätskonflikten ausgesetzt gewesen. Gerade gegenüber der Realschullehreranwärterin bestehe eine besondere Fürsorgeverpflichtung. Durch ihr Handeln gegenüber den Lehrkräften habe die Klägerin gegen ihre Kernpflichten als Vorgesetzte verstoßen. Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit der Klägerin liege nicht vor. Abgesehen davon führe sie auch nicht in jedem Fall zur Milderung der Disziplinarmaßnahme. Hier sei für die Klägerin offenkundig erkennbar gewesen, dass ihr Verhalten pflichtwidrig sei. Dass sich der psychische Gesundheitszustand der Klägerin aufgrund der eingeleiteten Behandlungsmaßnahmen möglicherweise stabilisiert habe, führe ebenso wenig zum Absehen von der ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme wie ihre bisherige tadellose Führung und ihre sehr guten dienstlichen Leistungen. Ihr Geständnis sei erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Tat bereits entdeckt gewesen sei. Es handele sich um ein langjähriges planmäßiges Vorgehen. Die Klägerin habe regelmäßig aktiv versucht, Erwerbsvorgänge zu verschleiern. Da die Klägerin in Kernpflichten versagt habe, führe auch ihre Schwerbehinderung nicht zu einer milderen Bewertung.
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Am 20.08.2014 hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Freiburg Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Disziplinarverfügung erhoben. Zur Begründung macht sie unter anderem geltend: Es sei dem Beklagten immer noch nicht gelungen darzustellen, welche Gegenstände in der Schule und welche Gegenstände in ihrem Haus aufbewahrt worden seien. Insoweit fehle eine gerichtsfeste Dokumentation oder Inventur. Das von ihr bestellte Porzellan sei nicht in ihrem Privathaus, sondern in der Schule, hauptsächlich in den Schränken in ihrem Büro, verstaut worden. Die original verpackten Küchengeräte hätten sich nicht in ihrem Haus, sondern in ihrem Büro in der Schule oder im Lehrerzimmer oberhalb der Garderobe befunden. Die Bücher hätten sich im Rektorat der Schule befunden. Die Lebensmittel seien in der Schule und nicht von ihr selbst verbraucht worden. Bei den im Schulgebäude aufgefundenen Büchern stehe der schulische Bezug nicht in Frage. Die anderen von dem Beklagten aufgeführten Gegenstände könnten für sich genommen in der Schule Verwendung finden. Dies gelte selbst für das Weihnachtsgeschirr. Es sei zu unterscheiden zwischen der Gesamtsumme der Bestellungen, die ihrer krankhaften Kaufsucht zuzuschreiben seien und die allenfalls im Rahmen des § 6 HGrG zu berücksichtigen seien, und den einzelnen Bestellungen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ihre Steuerungsfähigkeit im maßgeblichen Tatzeitraum aufgehoben oder zumindest erheblich beeinträchtigt gewesen. Dies ergebe sich aus den von ihr vorgelegten ärztlichen Attesten und dem Gutachten des von der Staatsanwaltschaft beauftragten und als „neutral“ geltenden Prof. Dr. xxx. Das Gutachten des Dr. xxx erweise sich als reines Gefälligkeitsgutachten. Es sei nicht schlüssiger als das Gutachten von Prof. Dr. xxx. Der Beklagte habe zu Unrecht von der im Verfahren beantragten Zeugenvernehmung abgesehen. Hinsichtlich des Vorwurfs der strafbaren Untreue müsse zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass die Gegenstände, die in der Disziplinarverfügung aufgelistet worden seien, nicht in ihrem Privathaus, sondern in der Schule aufbewahrt worden seien. Im Übrigen fehle es an einem entsprechenden Vorsatz. Es tue ihr aufrichtig leid, dass sie zwei Kolleginnen mit in die Angelegenheit hineingezogen habe. Sie sei allerdings aufgrund der schmerzlichen Erkenntnis ihres Fehlverhaltens in Panik geraten und habe reflexartig gehandelt. Es liege insgesamt nur ein leichtes Dienstvergehen vor, das auf der Basis der §§ 27, 28 LDG zu ahnden sei. Hierfür spreche ihre verminderte Schuldfähigkeit, ihre Aufklärungsbereitschaft und ihr Geständnis, die Schadenswiedergutmachung, der Umstand, dass sie die Gegenstände nie für sich verwendet habe, ihre sofortige psychiatrische Behandlung, eine positive Prognose sowie ein erhebliches Mitverschulden der Stadt xxx. Sie habe nicht über Bargeldbestände verfügt, sondern habe sich alle Bestellungen vom zuständigen Kämmerer der Stadt xxx „absegnen“ lassen müssen.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 08.12.2014 ist der Gutachter Dr. xxx gehört worden. Hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Niederschrift (Blatt 303 - 311 der Akte DL xxx des Verwaltungsgerichts) verwiesen.
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Mit Urteil vom 08.12.2014 hat das Verwaltungsgericht die Disziplinarverfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 geändert und die Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin (Besoldungsgruppe A 13) zurückgestuft. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 02.10.2013 sei das wieder offene Disziplinarverfahren gemäß § 38 Abs. 1 LDG auch ohne erneute Einleitungsverfügung fortzuführen gewesen. Die angefochtene Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 sei inhaltlich ausreichend bestimmt. Hinsichtlich der der Klägerin vorgeworfenen Anschaffungen sei mit Ausnahme der Positionen „Ware vom xxx“ davon auszugehen, dass diese für den Schulbetrieb nicht erforderlich gewesen seien und die Klägerin daher mit diesen Anschaffungen einen Pflichtenverstoß begangen habe. Hinsichtlich der Positionen „xxx“ habe sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erneut beharrlich darauf eingelassen, dass es sich bei diesen, in der Verfügung nicht näher konkretisierten Anschaffungen z.B. um Lebensmittel für xxx oder um Zutaten für die Weihnachtsbäckerei gehandelt habe. Die Unrichtigkeit dieser Einlassung habe sich nicht ohne Weiteres feststellen lassen. Dies bedürfe aber keiner weiteren Klärung, weil diese Anschaffungen angesichts der ohne ihre Berücksichtigung verbleibenden Schadenssumme von ca. 4.800 EUR nicht entscheidend ins Gewicht fielen. Daneben habe die Klägerin bei den ihr danach zu Recht vorgeworfenen Anschaffungen auch dadurch einen Pflichtenverstoß begangen, dass sie die beschafften Gegenstände nicht der Schule zur Verfügung gestellt, sondern zu Hause bzw. in den Schränken des Rektoratszimmers aufbewahrt habe, ohne dies jemandem mitzuteilen. Eine Strafbarkeit dieses Verhaltens nach § 242 oder § 246 StGB scheide schon deswegen aus, weil sich eine Zueignungsabsicht der Klägerin nicht feststellen lasse. Ob die Klägerin mit ihrem Verhalten den Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB verwirklicht habe, sei nicht eindeutig. Zwar könne Untreue auch dann in Betracht kommen, wenn Gebrauchsgegenstände in großer Zahl angeschafft würden, ohne dass hierfür ein akuter Bedarf bestehe. Dies bedürfe aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn zum einen würde es sich nicht um eine eigennützige Untreue handeln, zum anderen sei die Anschaffung zahlreicher für die Zwecke der Schule unnötiger Artikel jedenfalls deshalb ein schwerer Pflichtenverstoß, weil die Klägerin damit gegen haushaltsrechtliche Vorschriften, insbesondere den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG) verstoßen habe. Soweit die Klägerin geltend mache, die von ihr gekauften Artikel wären grundsätzlich auch für die Schule bzw. den Unterricht verwendbar gewesen, komme es auf eine solche - theoretische - Verwendbarkeit nicht an, sondern auf den jeweils bestehenden konkreten schulischen Bedarf bzw. eine konkrete Anforderung des betreffenden Gegenstandes durch die Lehrkräfte des jeweiligen Fachbereichs. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die in der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände bei der Klägerin zu Hause oder in der Schule aufbewahrt worden seien, komme es ebenfalls nicht entscheidend an. Denn eine Aufbewahrung im Rektoratszimmer ändere nichts an der fehlenden Erforderlichkeit der Anschaffungen. Auch in diesem Fall seien die angeschafften Gegenstände dem Zugriff durch die Lehrkräfte entzogen worden. Weiterhin habe die Klägerin dadurch eine Pflichtverletzung begangen, dass sie versucht habe, drei Lehrerinnen sowie eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber den Bediensteten der Stadt xxx zu decken. Mit ihrem Verhalten habe die Klägerin gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), die Pflicht zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. § 47 Abs. 1 LBG) und die Vorbildfunktion des Lehrers verstoßen (§ 38 Abs. 6 i.V.m. § 1 SchG, Art. 11 Abs. 1 und 12 Abs. 1 LV). Sie habe auch schuldhaft gehandelt. Insofern werde den überzeugenden Ausführungen des Gutachters Dr. xxx gefolgt. Dieses Gutachten weise keine Fehler auf. Es bestehe auch kein Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters. Der Gutachter habe seine schriftlichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung auf Nachfragen des Gerichts und der Beteiligten ausführlich und überzeugend erläutert. Die Klägerin habe die ihr vorgeworfenen Pflichtverletzungen vorsätzlich begangen. Ihre Vorgehensweise spreche dafür, dass sie sich bewusst gewesen sei, mit den Anschaffungen gegen haushaltsrechtliche Grundsätze zu verstoßen. Sie habe die Anweisung gegeben, die ungeöffneten Pakete in das Rektoratszimmer zu bringen und die erworbenen Gegenstände in den Schränken des Rektoratszimmers oder zu Hause aufbewahrt, ohne die Lehrkräfte hiervon in Kenntnis zu setzen. Sie habe bei der Verbuchung der Anschaffungen Verwendungszwecke angegeben (z.B. xxx, Schulküche, Verwaltung), die jedenfalls objektiv unzutreffend gewesen seien, weil die beschafften Gegenstände nicht in diesen Räumen verwendet worden seien. Auch hinsichtlich des Versuchs, Lehrkräfte und eine Realschullehreranwärterin zu wahrheitswidrigen Angaben zu veranlassen, sei von einem vorsätzlichen Handeln auszugehen. Die Klägerin habe zielgerichtet versucht, damit ihr Fehlverhalten zu vertuschen. Die der Klägerin vorgeworfene Pflichtverletzung wiege schwer. Dies gelte zunächst für die von ihr getätigten Ausgaben in Höhe von jedenfalls ca. 4.800 EUR. Dies sei ein ganz erheblicher Betrag, den die Klägerin unnötigerweise ausgegeben habe. Es komme hinzu, dass die Klägerin den Versuch unternommen habe, mehrere Lehrkräfte sowie die erst seit wenigen Tagen an der Schule tätige Realschullehreranwärterin dazu zu veranlassen, gegenüber den Vertretern der Stadt xxx unrichtige Angaben zu machen, um hierdurch ihr eigenes Fehlverhalten zu verschleiern. Dabei falle disziplinarrechtlich besonders der Versuch ins Gewicht, eine ihr bzw. der Schule als Auszubildende anvertraute und dienstlich von ihr abhängige Realschullehreranwärterin zu instrumentalisieren, um eigenes Fehlverhalten nicht eingestehen zu müssen. Insoweit habe die Klägerin in ihrer Funktion als Rektorin in besonders schwerwiegender Weise versagt. Soweit sie sich darauf berufe, in Panik geraten zu sein und reflexartig gehandelt zu haben, überzeuge dies schon deshalb nicht, weil sie den Versuch, die Realschullehreranwärterin zu unrichtigen Angaben zu verleiten, erst am Montag (14.02.2011) gemacht habe, nachdem sie das vorhergehende Wochenende Zeit gehabt habe, ihr weiteres Vorgehen zu überdenken. Zu Gunsten der Klägerin sei dagegen zu berücksichtigen, dass sie sich auf Grund ihrer schweren Erkrankung und der damit verbundenen Folgen in einer sehr schwierigen Situation mit erheblichen psychischen Belastungen befunden habe. Hinzu komme, dass sie sich bisher in ihrer langjährigen Tätigkeit durch ausgezeichnete dienstliche Leistungen hervorgetan habe. Zudem habe die Klägerin die ihr vorgeworfenen Anschaffungen nicht zu eigenen Zwecken getätigt, weshalb es sich auch nicht um den klassischen Fall eines Zugriffsdelikts handele. Auch habe sie den eingetretenen Schaden durch die Zahlungen von insgesamt 30.000 EUR an die Stadt XX zumindest erheblich verringert, auch wenn diese Zahlungen vorrangig zur Abwendung eines Strafverfahrens bzw. im Rahmen einer zivilrechtlichen Einigung und erst nach der Entdeckung des Fehlverhaltens erfolgt seien. Auf ein Mitverschulden der Stadt xxx könne sich die Klägerin allerdings nicht berufen. Es sei gerade Sinn der Budgetierung, Einzelnachfragen zu vermeiden und die Eigenverantwortung der Schule zu stärken. Die Budgets seien nie überschritten, sondern eher öfters unterschritten worden. Bei der Klägerin lägen nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit vor, die bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen wäre. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. xxx sowie dem Umstand, dass die Klägerin ansonsten ihren Dienst zuverlässig und ohne jegliche Auffälligkeiten verrichtet und bei den von ihr getätigten Anschaffungen ein hohes Maß an Überlegung an den Tag gelegt habe. Unter Berücksichtigung der für die Maßnahmebemessung beachtlichen erschwerenden und mildernden Umstände habe die Klägerin durch ihr Fehlverhalten das Vertrauen der Allgemeinheit in eine pflichtgemäße Aufgabenerfüllung noch nicht vollständig zerstört. Allerdings habe sie mit den von ihr begangenen Pflichtverletzungen gerade im Bereich der ihr als Rektorin zugewiesenen Aufgaben im Rahmen der Budgetverwaltung und im Hinblick auf die ihr obliegende Führung der Lehrkräfte und der Realschullehreranwärter in schwerwiegender Weise versagt. Damit sei die Zurückstufung in das Amt einer Realschullehrerin (A 13) nach § 30 Abs. 1 LDG tat- und schuldangemessen. Diese Maßnahme sei auch deshalb hier noch ausreichend, weil die Befähigung der Klägerin als Realschullehrerin unstreitig sei und die begangenen Pflichtverletzungen vorrangig ihre Tätigkeit als Rektorin betreffen würden. Andererseits erscheine eine Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 als nicht ausreichend, zumal auch ein solches Amt regelmäßig mit Führungsaufgaben oder erheblicher Finanzverantwortung etwa als Rektorin einer kleinen Realschule oder als Konrektorin verbunden wäre. Deshalb ändere die Disziplinarkammer die angefochtene Verfügung in Anwendung des § 21 Abs. 2 AGVwGO ab. Mit der Zurückstufung verliere die Klägerin gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 LDG den Anspruch auf die Bezüge aus dem bisherigen Amt sowie das Recht, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen.
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Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 23.06.2015 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. In dem Zulassungsverfahren hat die Klägerin eine „Qualitätskontrolle“ des Gutachtens des Dr. xxx durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie xxx, xxx, vom 19.01.2015 (Blatt 91 bis 137 der Berufungsakte) vorgelegt, auf die Dr. xxx mit einer von dem Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 04.05.2015 (Blatt 161 - 185 der Berufungsakte) erwidert hat.
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Die Klägerin hat zur Begründung der Berufung mit am 03.07.2015 eingegangenem Schriftsatz vorgetragen: Sie sei in dem hier fraglichen Zeitraum schulunfähig, jedenfalls in ihrer Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen. Dem Gutachten des Prof. Dr. xxx sei unzweifelhaft und eindeutig zu entnehmen, dass sie krankheitsbedingt im Tatzeitraum in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, wenn nicht schuldunfähig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht hätte ihrem Beweisantrag, Herrn Prof. Dr. xxx zu seinem Gutachten nochmals zu hören, nachgehen müssen. Das Gutachten des Dr. xxx sei inhaltlich falsch. Es handele sich um ein Gefälligkeitsgutachten für den Beklagten, was bereits daraus ersichtlich werde, dass in ihm von dem „Verdacht einer gezielten Vertuschung“ gesprochen werde. Der Begriff „gezielte Vertuschung“ gehöre nicht in die psychiatrische Nomenklatur. Ihr sei nicht bekannt, mit welchen Informationen der Beklagte den Gutachter „gefüttert“ habe. Die Qualitätskontrolle durch die von ihr beauftragte Ärztin Dr. xxx lasse in vielerlei Hinsicht ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens des Dr. xxx aufkommen. Abschließend habe Dr. xxx festgehalten, dass die eingenommenen psychotropen Substanzen möglicherweise in erheblicher Form auf die Psyche eingewirkt hätten. Es fehlten im Rahmen der Begutachtung die Herstellung einer möglichen zeitlichen Korrelation der Cortison- und Copaxone-Gaben mit den Einkäufen. Mindestens vier Ärzte bzw. Kliniken hätten die Erheblichkeit der psychischen Effekte der Erkrankung und der Medikation erwähnt. Auf Grund fehlender fremdanamnestischer Erhebungen und fehlender testpsychologischer Untersuchungen seien die Feststellungen des Dr. xxx nicht umfassend und fundiert genug, um auf ihre psychische Situation eingehen zu können. Vom Gutachter seien nicht ausreichend Anknüpfungstatsachen erhoben worden, die die Komplexität des Geschehens und mögliche Ursachen des erstmals bei ihr aufgetretenen Verhaltens im bereits vorgerückten Lebensalter erklären könnten. Insgesamt habe der Gutachter Dr. xxx schlampig gearbeitet. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht die vorsätzliche Pflichtverletzung unzutreffend damit begründet, dass die Klägerin die Anweisung erteilt habe, die ungeöffneten Pakete in das Rektoratszimmer zu bringen. Sie habe bis zuletzt bestritten, dass sie so eine Aussage gemacht habe. Zudem unterstelle das Verwaltungsgericht der Klägerin zu Unrecht, dass sie die Zweckbestimmung für die Anschaffungen bewusst unzutreffend angegeben habe. Vielmehr habe sie genau die Zuordnung gewollt, wie sie sie auf den Rechnungen notiert habe.
32 
Die Klägerin beantragt,
33 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 08. Dezember 2014 - xxx - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 aufzuheben.
34 
Der Beklagte beantragt,
35 
die Berufung zurückzuweisen.
36 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt weiter aus: Es habe eine ausreichende Sachverhaltsermittlung zur Frage der Schuldfähigkeit der Klägerin gegeben. Das Gutachten des Prof. Dr. xxx habe die Schwäche, dass es ausführe, eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit sei nicht auszuschließen, lasse sich aber bei dem Ausmaß des Verhaltens nicht belegen. Hier setze das Gutachten des Dr. xxx an, der das konkrete Verhalten der Klägerin hinsichtlich der Frage der Schuldfähigkeit vertieft würdige und für den verständigen Leser logisch nachvollziehbar zu dem Schluss komme, dass ein ganz ungewöhnliches und rätselhaftes Verhalten eben nicht quasi automatisch als Krankheit bewertet werden könne. Herr Dr. xxx sei nicht mit weiteren Informationen über die Klägerin gefüttert worden, sein Gutachten sei kein Gefälligkeitsgutachten. Frau Dr. XX habe sich ihrerseits nicht damit auseinandergesetzt, dass die Klägerin in keiner Weise gegenüber Außenstehenden besondere Auffälligkeiten gezeigt habe. Auf die Stellungnahme des Dr. xxx vom 04.05.2015 zu den Ausführungen von Frau Dr. xxx werde ergänzend verwiesen.
37 
Am 21.10.2015 hat der Senat beschlossen, zur Frage einer (verminderten) Schuldfähigkeit der Klägerin bei Begehung der ihr in der Disziplinarverfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 zur Last gelegten Pflichtverstöße Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. xxx, Universitätsklinikum xxx, zu erheben.
38 
Frau Dipl.-Psychologin xxx erstattete im Auftrag von Dr. xxx am 07.01.2016 ein testpsychologisches Zusatzgutachten über die Klägerin, in dem abschließend ausgeführt wird:
39 
„Zusammenfassend handelt es sich bei der Probandin um eine Persönlichkeit mit überdurchschnittlichem verbalen Intelligenzniveau. Die visuelle Merkfähigkeit (Benton-Test) war unauffällig, ebenso die verbale Lern- und Merkfähigkeit (VLMT). Die Exekutivfunktionen (Turm von London) zeigten sich durchschnittlich. Reaktions- Konzentrations-, Wahrnehmungsvermögen (Determinationstest) waren nicht beeinträchtigt. In den dafür sensiblen Verfahren zeigten sich keinerlei Hinweise auf Simulations- und Aggraviationstendenzen.Im Gespräch schilderte die Probandin, dass sie sich zurzeit recht gut fühle, stabil und leistungsfähig, und dass sie um ihre Rehabilitation kämpfe.
40 
In der ausführlichen neuropsychologischen Untersuchung fanden sich keinerlei Hinweise auf hirnorganisch begründete Leistungsminderung.“
41 
Am 11.01.2016 erstatte Dr. xxx ein forensisch-psychiatrisches Gutachten über die Klägerin, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 317 - 487 der Berufungsakte verwiesen wird. Das Gutachten ist von der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx unterschrieben und enthält den von Dr. xxx unterzeichneten Zusatz „Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“. Das Gutachten kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass nach ausführlicher Exploration der Klägerin und kritischer Würdigung aller vorliegenden Fremdberichte und Unterlagen das Eingangskriterium krankhafte seelische Störung als erste Stufe zur Bestimmung der Schuldunfähigkeit aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht erfüllt sei.
42 
Die Klägerin hat zu diesem Gutachten ausgeführt: Der beauftragte Gutachter Dr. xxx habe die Begutachtung unzulässiger Weise auf Frau Dr. xxx delegiert. Sie sei beim ersten Untersuchungstermin am 21.12.2015 insgesamt 4 Stunden ausschließlich von Frau Dr. xxx exploriert worden. Erst beim zweiten Gespräch am 04.01.2016 sei Dr. xxx mit anwesend gewesen. Es sei zu beachten, dass lediglich Dr. xxx Neurologe sei, nicht aber Frau Dr. xxx. Der Neurologe besitze bei ihrer Grunderkrankung gegenüber dem psychiatrischen Facharzt das überlegene Forschungsmittel. Die äußere Form des Gutachtens spreche nicht für eine seriöse, der Bedeutung des Falls gerecht werdende Oberbegutachtung. Fremdanamnestische Erhebungen (etwa ihrer Mutter oder ihres ehemaligen Lebensgefährten) seien nicht vorgenommen worden. Es sei nur versucht worden, das Gutachten des Prof. Dr. xxx zu entkräften, während die übrigen ärztlichen Befunde keine Berücksichtigung gefunden hätten bzw. nicht differenzialdiagnostisch diskutiert worden seien. Bei vernünftiger Betrachtungsweise könne die Befürchtung bestehen, die Gutachter stünden der Thematik nicht unvoreingenommen gegenüber. Zudem sei im Gutachten nicht präzise festgehalten worden, welche Ausführungen auf die persönliche Exploration und welche auf den von ihr übergebenen schriftlichen Lebenslauf zurückzuführen seien. Das Obergutachten schweige sich zum Verlust ihrer langjährigen Beziehung zu Herrn Dr. xxx aus und befasse sich nicht mit den von ihr bei der Exploration beschriebenen eigenen Veränderungen. Es sei nicht hinreichend reflektiert worden, welche Symptome der Nebenwirkungen der von ihr verabreichten Medikamente vorgelegen hätten. Hinsichtlich einer hirnorganischen Veränderung sei eine unbegründete Schlussfolgerung gezogen worden. Allein Prof. Dr. xxx habe sich die Mühe gemacht, die diesbezüglichen MRT-Aufnahmen persönlich anzusehen. Eigene diagnostische Feststellungen habe das Gutachten nicht getroffen. Es bleibe offen, auf welche Diagnose sich das Gutachten festgelegt habe. Ihr Kaufverhalten sei bagatellisierend dargestellt worden. Es fehlten zusätzliche Anknüpfungstatsachen zur Erhellung ihrer Lebenssituation im hier relevanten Zeitraum sowie eine umfassende körperliche, insbesondere neurologische Untersuchung. Es sei im Längsschnitt zu wenig diskutiert und erklärt worden, wie ihre Verhaltensänderungen begründet werden könnten, die sogar zur Eröffnung eines Strafverfahrens geführt hätten, während sie Jahrzehnte zuvor sozial angepasst und beruflich erfolgreich gelebt habe. Es fehle eine Erklärung der Veränderung ihres Verhaltens. Die spezifischen Auswirkungen der bei ihr zweifelsfrei gezeigten Störung auf die spezifischen Taten würden nicht herausgearbeitet. Es sei zu wenig berücksichtigt und diskutiert worden, dass die aktuelle Begutachtung ca. 9 Jahre nach dem hier relevanten Zeitraum durchgeführt worden sei.
43 
Zu den Einwendungen der Klägerin hat Dr. xxx mit Schreiben vom 22.06.2016 Stellung genommen. Insoweit wird auf Blatt 643 - 649 der Berufungsakte verwiesen.
44 
In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin auf Befragen des Senats unter anderem ausgeführt: Sie habe in der gesamten Zeit nicht bemerkt, dass sie etwas falsch gemacht habe. Sonst wäre ihr klar gewesen, dass sie ihre berufliche Karriere aufs Spiel gesetzt hätte. Der Schuldienst sei der Mittelpunkt ihres Lebens gewesen. Die Schulleiterstelle in xxx sei die Krönung gewesen. Dort seien die Bedingungen für ihre Arbeit optimal gewesen. Im Jahr 2007 habe sie die Kräfte, die sie vorher gehabt habe, auf einmal nicht mehr gehabt. In der Weihnachtspause 2006/2007 habe sie sich nicht mehr erholen können. Sie sei schwächer geworden und zum Arzt gegangen. Ein einschneidendes Erlebnis sei gewesen, dass sie zum ersten Mal ihren Harn nicht mehr habe halten können. Der Arzt habe sie beruhigt. Sie habe dann gedacht, dass sie mit weniger Kräften leben müsse. Deswegen habe sie 2008 ihre kirchlichen Ehrenämter als Lektorin und Kommunionhelferin ruhen lassen. Es sei dann zu deutlichen neurologischen Ausfällen gekommen. Dies habe sich bis Oktober hingezogen. Zwischenzeitlich habe sie nicht mehr laufen können. Man habe ihr gesagt, dass sie gegebenenfalls auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Sie habe das Bild ihres Vaters vor Augen gehabt, der an einem Knochensarkom gelitten und einen Rollstuhl benötigt habe. Sie habe über ihre Erkrankung mit so gut wie niemanden geredet. Sie habe Angst gehabt, in der Schule dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, sie ticke nicht mehr richtig. Das Ganze habe sie völlig aus der Bahn geworfen. Die Cortiosonstoßtherapie habe ihre Beschwerden nicht genommen, hätten sie aber körperlich beeinträchtigt. Die Basis-Medikation habe sie schlecht vertragen. Insgesamt sei sie in einem schlechten Zustand gewesen. Mit der Diagnose XX sei sie schlecht zurecht gekommen. 2009 habe sie nächtelang geweint. In dieser Zeit müsse es dazu gekommen sein, dass sie Unnötiges, Plunder und Quatsch, gekauft habe. Sie habe das aber nicht bemerkt, es habe sich um eine Art „Müssen“ gehandelt. Sie habe gedacht, die Schule brauche dieses und jenes. Die Schüler sollten sich wohlfühlen. Sie habe die Sachen der Schule nicht zur Verfügung gestellt, weil dort wegen Umbaumaßnahmen kein Platz gewesen sei; man sei im Umzugsmodus gewesen. Unterricht habe sie gehalten, das habe funktioniert. Mit ihren Kollegen habe es eine sachliche und kollegiale Zusammenarbeit gegeben. Hierauf hätten sich ihre Kontakte in der Schule beschränkt. Der Schule hätten jährlich 110.000 - 115.000 EUR zur Verfügung gestanden. Was damals passiert sei, könne sie nicht sagen. Sie sei überfordert gewesen. Die Veränderungen hätten 2006/2007 begonnen. Sie habe aber alles verborgen gehalten und keine Diskussionen darüber geführt. Sie habe funktionieren müssen. Durch ihre Einkäufe habe sie den Schulträger nicht schädigen wollen. Sie sei der Überzeugung gewesen, dass die Schule die Sachen brauche. Sie habe die Sachen auch nicht doppelt gekauft. Das Ganze sei schrecklich, sie könne es heute nicht mehr nachvollziehen. Bei Aufdeckung sei ihr schlagartig klar geworden, dass es nicht in Ordnung sei. Die Realschullehreranwärterin xxx sei zum 01.02. in ihre Schule gekommen und habe 18 Monate bleiben sollen. Frau xxx vom Fachbereich xxx sei ihre Mentorin gewesen. Wenn sie normal getickt hätte, hätte sie nicht versucht, Frau xxx zu beeinflussen. Sie habe als Schulleiterin ein Schulleitergutachten über Realschullehreranwärter zu schreiben, das in die Bewertung des Zweiten Staatsexamens einfließe. Über die Verteilung des der Schule zustehenden Budgets sei in der Haushaltskonferenz beraten worden. Über die Sachen, die sie überflüssig angeschafft habe, sei dort nicht gesprochen worden.
45 
Zudem wurde in der Berufungsverhandlung der Sachverständige Dr. xxx im Einverständnis der Beteiligten informatorisch zu seinem Gutachten angehört. Wegen seiner Ausführungen wird auf die Anlage zum Protokoll verwiesen.
46 
Dem Gericht liegen die Personalakten der Klägerin, die Disziplinarakten, Akten der xxx sowie der Stadt xxx, die Ermittlungsakte xxx der Staatsanwaltschaft xxx, die Akten des Verwaltungsgerichts xxx, xxx und xxx sowie die die Verfahren wegen Fristsetzung gemäß § 37 Abs. 3 LDG betreffenden Akten des Verwaltungsgerichts xxx und des Senats xxx vor. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
47 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
48 
Allerdings ist die Berufung nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 2 LDG, § 124a Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
49 
Die Berufung der Klägerin ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage des festgestellten Dienstvergehens die in der Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 festgesetzte Disziplinarmaßnahme (Entfernung aus dem Dienst) in die mildere Maßnahme einer Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Realschullehrerin (A 13) geändert. Die geänderte Verfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin kann mithin mit ihrer Berufung nicht erreichen, dass die vom Verwaltungsgericht gemäß § 21 Satz 1 AGVwGO bereits zu ihren Gunsten geänderte Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 aufgehoben oder durch Festsetzung einer (noch) milderen Disziplinarmaßnahme geändert wird.
50 
Der Senat prüft die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zugrunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 2 LDG) in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteil des Senats vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, m.w.N. sowie Beschluss des Senats vom 13.06.2016 - DL 13 S 1699/15 -, jew. juris).
51 
In tatsächlicher Hinsicht ist mit dem Verwaltungsgericht zunächst davon auszugehen, dass die Klägerin die in Nrn. 1 - 21 sowie 29 - 49 der streitgegenständlichen Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 genannten Gegenstände auf Kosten des Schulträgers (Stadt xxx) angeschafft hat, dass diese für den Schulbetrieb nicht notwendig waren und von der Klägerin auch nicht für den Schulbetrieb zur Verfügung gestellt wurden. Die Anschaffungen werden durch die Klägerin nicht in Frage gestellt. Hinsichtlich der Erforderlichkeit dieser Anschaffungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die von der Klägerin getätigten Anschaffungen grundsätzlich für die Schule bzw. den Unterricht - theoretisch - verwendbar gewesen wären, da insoweit der jeweils bestehende konkrete schulische Bedarf bzw. eine konkrete Anforderung des betreffenden Gegenstandes durch die Lehrkräfte des jeweiligen Fachbereichs entscheidend sei. Einen konkreten schulischen Bedarf oder entsprechende konkrete Anforderungen durch die Lehrkräfte hat es insoweit nicht gegeben und wurden auch zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin geltend gemacht. In der Berufungsverhandlung hat sie die Einkäufe lediglich damit gerechtfertigt, dass sie gedacht habe, die Schüler sollten sich in der Schule wohlfühlen, und sie ohne Differenzierung danach, ob sie Gegenstand des Disziplinarverfahrens oder Grundlage der disziplinaren Bewertung durch das Verwaltungsgericht waren, als „Unnötiges, Quatsch und Plunder“ bezeichnet. Nach den Angaben der Klägerin in der Berufungsverhandlung ist zudem über die von ihr getätigten Einkäufe in der für die Verteilung der der Schule zugewiesenen Budgetmittel zuständigen Haushaltskonferenz nicht gesprochen worden. Der Frage, ob die in Nrn. 1 - 21 und 29 - 49 der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände zu Hause oder aber in der Schule (im Rektoratszimmer oder in Schränken im Lehrerzimmer oberhalb der Garderobe) aufbewahrt wurden, ist nicht weiter nachzugehen. Zum einen ändert eine solche Aufbewahrung nichts an der fehlenden Erforderlichkeit der Anschaffung, zum anderen wurden die angeschafften Gegenstände auch in diesem Fall nicht für den Schulbetrieb zur Verfügung gestellt und dem Zugriff durch die Lehrkräfte entzogen, die von deren Vorhandensein nichts wussten. Allerdings hat der Senat genauso wie das Verwaltungsgericht erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit des diesbezüglichen Vorbringens der Klägerin, nachdem sich dieses mit ihren früheren Angaben im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (vgl. etwa Anzeigeaufnahme vom 15.02.2011: „Seit ca. 3 Jahren habe ich Dinge, welche ich für die Schule gekauft habe, originalverpackt mit nach Hause genommen“) und im behördlichen Disziplinarverfahren (vgl. etwa erste Anhörung vom 28.04.2011: „ich habe erst in diesem Augenblick (11.02.2011) daran gedacht, dass das ganze Geschirr bei mir zu Hause ist“) kaum in Einklang bringen lässt. Hinsichtlich der in Nrn. 22 - 28 der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände (Ware vom xxx) lässt sich hingegen das Vorbringen der Klägerin, dass es sich bei diesen in der Verfügung nicht näher konkretisierten Anschaffungen um solche für xxx oder die Weihnachtsbäckerei gehandelt habe und diese dort auch verwendet worden seien, nicht widerlegen. Sie können deshalb nicht der Disziplinarverfügung zu Grunde gelegt werden.
52 
Des Weiteren hat die Klägerin versucht, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber Bediensteten des Schulträgers (Stadt xxx) zu decken. Dies hat die Klägerin eingeräumt und ergibt sich auch aus den Aussagen der Frau xxx und der Frau xxx bei ihrer Zeugenvernehmung im behördlichen Disziplinarverfahren am 03.02.2014. Dort hatte Frau xxx diesbezüglich unter anderem angegeben, die Klägerin habe gesagt, dass die Gemeinde jetzt genau kontrollieren würde und sie gegenüber Herrn xxx (Leiter des Hauptamtes der Stadt xxx) nur angeben solle, dass die Gegenstände im xxx-Bereich aufbewahrt worden und für diesen bestimmt gewesen seien. Aus schulischem Interesse solle sie es Herrn xxx für die fachinterne Prüfung so verkaufen, dass es schon immer allen zur Verfügung gestanden habe; sie müssten alle am gleichen Strang ziehen, sonst würden sie unglaubwürdig. Frau xxx gab weiter an, sie habe sich unter Druck gesetzt gefühlt und der Klägerin nicht widersprechen wollen. Für sie sei es eine dienstliche Anordnung ihrer Vorgesetzten gewesen und sie habe schon öfter mitbekommen, dass es ziemliche Schwierigkeiten gegeben habe, wenn jemand der Klägerin widersprochen habe. Die Realschullehreranwärterin xxx gab bei ihrer Zeugenvernehmung unter anderem an, die Klägerin habe ihr im Textilraum leere Schränke gezeigt und sie gefragt, ob sie den Leuten von der Stadt sagen könne, dass sie geholfen habe, Gegenstände aus diesem Raum in ihr Auto zu transportieren. Sie habe nicht gewusst, worum es gehe und sei überfordert gewesen. Sie habe die Klägerin nicht gefragt, warum sie das so sagen solle. Sie habe daran gedacht, dass die Klägerin ihre Vorgesetzte sei und ein Schulleitergutachten über sie verfasse. In ihrer am 24.06.2011 bei der Staatsanwaltschaft xxx eingegangen Stellungnahme gab Frau xxx diesbezüglich weiter an, die Klägerin habe sie gebeten, gegenüber den „Herrschaften“ von der Stadt xxx zu behaupten, dass sie der Klägerin geholfen habe, Geschirr aus den Schränken im Textilraum in ihr Auto zu transportieren. Soweit der Klägerin in der Disziplinarverfügung auch noch der Versuch der Beeinflussung der Realschullehrerinnen xxx und xxx vorgeworfen wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ausweislich des Protokolls der Vernehmungen dieser Lehrerinnen vom 03.02.2014 hat die Klägerin gegenüber diesen nur gesagt, dass sie Geschirr im Elternsprechzimmer habe, das sie in den Handarbeitsraum umlagere (so Frau xxx) bzw. dass sie Gegenstände (Geschirrteile und Deko-Artikel) in den Textilraum gestellt habe (so Frau xxx). Der Versuch eine Einflussnahme kann hierin nicht gesehen werden.
53 
Diese der Klägerin vorzuwerfenden Handlungen sind zwar kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, jedoch als disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen zu ahnden.
54 
Zu Recht geht das Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass eine (auch von dem Beklagten nicht in Betracht gezogene) Strafbarkeit der Klägerin nach § 242 oder § 246 StGB mangels Zueignungsabsicht in Bezug auf die von ihr angeschafften Gegenstände nicht in Betracht kommt. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin die erworbenen Gegenstände ganz oder teilweise privat genutzt hat oder sie sonst ganz oder teilweise ihrem Vermögen einverleiben wollte.
55 
Entgegen der rechtlichen Bewertung in der Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 hat sich die Klägerin aber auch nicht wegen Untreue nach § 266 StGB strafbar gemacht. Nach dieser Vorschrift wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht (sog. Missbrauchstatbestand) oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treuverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt (sog. Treubruchstatbestand), und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Zwar dürfte hier der Missbrauchstatbestand insoweit erfüllt sein, als die Klägerin durch die in Rede stehenden Anschaffungen bei Ausübung ihres rechtlichen Könnens (auf Grund der zwischen ihr als Schulleiterin der xxx und der Stadt xxx am 13.11.2006 geschlossenen Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans) die Grenzen des rechtlichen Dürfens überschritten hat. Die Überschreitung der Grenzen des rechtlichen Dürfens liegt hier in einem Verstoß gegen den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (vgl. dazu noch unten) durch den Kauf für den Unterricht nicht konkret notwendiger Gegenstände, die zudem nicht einer zweckentsprechenden Verwendung zugeführt wurden. Fraglich ist aber schon, ob durch diese Tathandlung ein Nachteil für das Vermögen der Stadt xxx entstanden ist. § 266 Abs. 1 StGB schützt als Vermögensdelikt nur das zu betreuende Vermögen als Ganzes, nicht aber die allgemeine Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers. Ob ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB eingetreten ist, muss daher grundsätzlich durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden. Zunächst ist also der sich aus dem Vergleich des Vermögens vor und nach der Verfügung bzw. Pflichtverletzung ergebende Saldo zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 02.07.2014 - 5 StR 182/14 -, NStZ 2014, 517). Ergibt sich hierbei kein Negativsaldo, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob im Hinblick auf eine weitergehende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit gleichwohl unter dem Aspekt des persönlichen Schadenseinschlags ein Vermögensnachteil anzusetzen ist. Dies setzt voraus, dass ein objektiver Wert des Erlangten für den Erwerber nicht realisierbar ist, da es ihm unmöglich (oder unzumutbar) ist, diesen letztlich in Geld umzusetzen und ihm der erworbene Gegenstand auch keinen vermögensmäßig beachtlichen Gebrauchsvorteil verschafft (BGH, Beschluss vom 19.02.2014 - 5 StR 510/13 -, NStZ 2014, 318). Soweit das Erlangte hingegen einen für jedermann realisierbaren Geldwert aufweist, scheidet ein Vermögensschaden bzw. ein Nachteil i.S.d. § 266 StGB unabhängig von den Aspekten des persönlichen Schadenseinschlags aus (BGH, Beschluss vom 19.02.2014, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund scheint die Annahme eines Nachteils fraglich. Ein Negativsaldo dürfte durch die Anschaffung der hier in Rede stehenden Gegenstände nicht eingetreten sein; auch dürfte ein realisierbarer Geldwert durch die der Stadt xxx ohne Weiteres mögliche Weiterveräußerung der unbenutzten, teilweise noch originalverpackten Gegenstände zu bejahen sein. Etwas anderes dürfte sich auch nicht daraus ergeben, dass die Gegenstände wegen der Lagerung im Haus der Klägerin oder im Rektoratszimmer dem Zugriff desjenigen, dessen Vermögensinteressen die Klägerin zu betreuen hat, entzogen wurden. Von einem eigennützigen Vorgehen der Klägerin kann, wie bereits ausgeführt, nicht ausgegangen werden. Soweit der Beklagte auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.08.2008 (- 2 StR 587/07 -, BGHSt 52, 323) verweist, betrifft dieses Urteil die Konstellation, dass der Täter Geldvermögen des Treugebers in verdeckten Kassen führte und diesem auf Dauer vorenthielt, um es unter dessen Ausschaltung oder Umgehung nach Maßgabe eigener Zweckmäßigkeitserwägungen bei noch nicht absehbaren späteren Gelegenheiten für möglicherweise nützliche, jedenfalls aber risikoreiche Zwecke einzusetzen. Damit ist die vorliegende Konstellation jedoch nicht vergleichbar. Jedenfalls ist hier ein Vorsatz der Klägerin bezüglich des Merkmals „Nachteil“ nicht festzustellen. Bei der Untreue sind an den Vorsatz und dessen Beweisbarkeit strenge Anforderungen zu stellen, vor allem dann, wenn - wie hier - der Täter nicht eigennützig gehandelt hat und nur bedingter Vorsatz in Rede steht (BGH, Beschluss vom 02.07.1997 - 2 StR 228/97 -, wistra 1997, 301 m.w.N.). Der Täter muss sich nicht nur der Pflichtwidrigkeit seines Tuns, sondern auch des dadurch bewirkten Vermögensnachteils im oben genannten Sinne bewusst gewesen sein. Hiervon kann nach den Einlassungen der Klägerin nicht gesprochen werden, die auch in der Berufungsverhandlung nachdrücklich angegeben hat, sie habe den Schulträger nicht finanziell schädigen wollen.
56 
Allerdings ist die Klägerin auf Grund der festgestellten Handlungen fehlsam mit öffentlichen Mitteln umgegangen und hat dadurch ein Dienstvergehen begangen.
57 
Dienstliches Fehlverhalten ist auch, wenn ein Beamter mit öffentlichen Mitteln fehlsam umgeht, ohne dabei die Strafbarkeitsschwelle der Untreue zu erreichen (vgl. Gemeinschaftskommentar Öffentliches Dienstrecht [GKÖD], Band II, Das materielle Dienstrecht, J 930 RdNr. 16). Der Straftatbestand der Untreue ist enger als die beamtenrechtliche Dienstpflicht zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln. Daher kann auch bei Nichterfüllung des Straftatbestandes der Untreue eine Dienstpflichtverletzung vorliegen. Die Verpflichtung der Klägerin zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln (vgl. hier: §§ 77 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Satz 1 GemO in Verbindung mit der Vereinbarung über die Ausführung des Budgetorientierten Haushaltsplans vom 13.11.2006 zwischen der Stadt xxx und der xxx, vertreten durch die Klägerin; vgl. ferner: § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 Satz 1 LHO) folgt bereits aus der allgemeinen Pflicht des Beamten zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. § 47 Abs. 1 LBG) sowie darüber hinaus zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG).
58 
Der Umgang mit öffentlichen Mitteln kann in diesem Sinne objektiv dienstpflichtwidrig sein, wenn ein Beamter, zu dessen funktionellen Amtspflichten der Umgang mit öffentlichen Mitteln gehört, innerhalb seines dienstlichen Verantwortungsbereichs gegen das allgemeine Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstößt, indem er öffentliche Mittel objektiv unwirtschaftlich verwendet oder der öffentlichen Hand zustehende Einnahmen nicht oder nicht rechtzeitig erhebt (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, MatR II, RdNr. 365; GKÖD, J 930, RdNrn. 30 ff.). Eine solche Dienstpflichtverletzung ist hier bezüglich der oben benannten Handlungen der Klägerin festzustellen. Auf Grund der Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans vom 13.11.2006 gehörte der Umgang mit öffentlichen Mitteln zu den funktionellen Amtspflichten der Klägerin in deren dienstlichen Verantwortungsbereich als Schulleiterin der xxx. Sie war insoweit berechtigt, über die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben haushaltsmäßig ausgebrachten Mittel (öffentliche Mittel) zu verfügen. Gemäß Nr. 2 der Vereinbarung vom 13.11.2006 werden der xxx für den pädagogischen Betrieb und bestimmte Bauhofleistungen, die den internen Schulbetrieb betreffen, haushaltsmäßige Mittel zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Richtlinien führt die Schule ihr Budget in freier und alleiniger Verantwortung aus (Nr. 2.6 der Vereinbarung), wobei dem Schulleiter (hier also der Klägerin) bzw. dessen Stellvertreter die Bewirtschaftungsbefugnis und die Feststellungsbefugnis für den Vollzug des Haushaltsplans im Einzelfall und im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen bis zu 10.000 EUR zusteht (Nr. 3 der Vereinbarung). Es liegt auch ein objektiv unwirtschaftlicher Umgang mit öffentlichen Mitteln vor. Ein solcher kann in vielfältiger Weise gegeben sein (vgl. zu einzelnen Fallgruppen: Zängl, a.a.O., RdNr. 370; GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 38 f.), etwa auch dann, wenn öffentliche Mittel in einem größeren Umfang verwendet werden als es zur Erreichung des zu verfolgenden Ziels erforderlich erscheint; unwirtschaftlich in diesem Sinne kann auch die Anschaffung objektiv nicht benötigter Gegenstände sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.01.2011 - 2 WD 20.09 -, juris; Beschluss vom 14.06.1985 - 1 DB 26.85 -; Zängl, a.a.O., RdNr. 370; GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 38 f.), insbesondere wenn diese zur pflichtgemäßen Aufgabenwahrnehmung nicht zur Verfügung gestellt werden.
59 
Letzteres ist hier der Fall. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin durch den Erwerb der in Nrn. 1 - 21 und 29 - 49 der Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 einzeln genannten Gegenstände Anschaffungen getätigt, die für den „internen Schulbetrieb“ (vgl. Nr. 2 der Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans) nicht erforderlich waren. Die Klägerin bezeichnete den Erwerb der Gegenstände in der Berufungsverhandlung selbst als „Unnötiges, Quatsch und Plunder“. Ob diese grundsätzlich zum Gebrauch im internen Schulbetrieb bestimmt waren, ist nicht maßgeblich, nachdem ein konkreter Bedarf für die Anschaffung der Gegenstände nicht bestand. Die Gegenstände waren weder von den Lehrkräften des entsprechenden Fachbereichs angefordert worden noch waren sie Gegenstand der Beratungen in der Haushaltskonferenz. Sie wurden auch nicht für den Unterricht in der Schule zur Verfügung gestellt oder von den Lehrkräften „vermisst“.
60 
Mit diesen der Klägerin vorgeworfenen Anschaffungen und dem Versuch, eine Realschullehrerin und eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber Bediensteten des Schulträgers (Stadt xxx) zu decken, hat die Klägerin gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), die Pflicht zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 LBG) sowie gegen die Vorbildfunktion des Lehrers (§ 38 Abs. 6 SchG in Verbindung mit § 1 SchG, Art. 11 Abs. 1 und 12 Abs. 1 LV) verstoßen.
61 
Diese Pflichtverletzungen hat die Klägerin vorsätzlich und schuldhaft begangen.
62 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin vorsätzlich gehandelt hat. Ihre Vorgehensweise ist Beleg, dass sie sich zumindest bewusst gewesen ist, mit den Anschaffungen gegen den Grundsatz sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltens zu verstoßen. Sie hat die erworbenen Gegenstände bei sich zu Hause, in ihrem Rektoratszimmer oder in einem Schrank im Lehrerzimmer aufbewahrt, ohne sie den Lehrkräften bzw. dem Unterricht in der Schule zur Verfügung zu stellen. Die Beschaffung der Gegenstände war nicht Gegenstand der Haushaltskonferenz der Schule, in der über die Verwendung der der xxx zugewiesenen Mittel beraten wurde; die Lehrkräfte der Schule wussten von deren Erwerb und Existenz nichts. Hinsichtlich des Versuchs, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu wahrheitswidrigen Angaben zu veranlassen, ist ebenfalls von einem vorsätzlichen Handeln auszugehen. Die Klägerin wollte damit zielgerichtet ihr Fehlverhalten vertuschen.
63 
Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin schuldhaft (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) gehandelt hat. Auch im Disziplinarrecht werden die Regelungen der §§ 20 f. StGB entsprechend angewandt; unter den Voraussetzungen des § 20 StGB entfällt ein Dienstvergehen (vgl. Urteil des Senats vom 11.01.2012 - DB 13 S 316/11 -, juris; von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., Materielles Dienstrecht RdNr. 11). Nach § 20 StGB handelt schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
64 
Auf Ersuchen des Senats mit Beweisbeschluss vom 21.10.2015 hat Dr. xxx, Universitätsklinik xxx, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Forensische Psychiatrie und Psychotherapie ein Gutachten zur Frage einer (verminderten) Schuldfähigkeit der Klägerin bei Begehung der ihr in der Disziplinarverfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 zur Last gelegten Pflichtverstöße erstellt. In seinem Gutachten vom 11.01.2016 kommt der gerichtliche Gutachter nach Exploration der Klägerin und kritischer Würdigung aller ihm vorliegenden Fremdberichte und Unterlagen zu dem Ergebnis, dass das Eingangskriterium seelische Störung als erste Stufe zur Bestimmung einer Schuldunfähigkeit im Falle der Klägerin aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht erfüllt ist. In dem Gutachten wird im Einzelnen ausgeführt und erläutert, dass bei der Klägerin auf Grund ihrer XX-Erkrankung, der verabreichten Medikamente (a.e. [am ehesten] im Sinne einer organisch affektiven Störung, ICD-10 F06.3 bzw. organisch emotional-labilen bzw. asthenischen Störung F06.6 mit Antriebssteigerung nach Cortison, im Verlauf Müdigkeit und Verstimmtheit, Gereiztheit durch Copaxone) und auch auf Grund einer Anpassungsstörung an die Diagnose xxx Veränderungen in der Psyche vorlagen, die in der Zusammenschau bei einem sonst unbeeinträchtigten psychosozialen Funktionsniveau jedoch in quantitativer Hinsicht nicht geeignet seien, die normativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der Merkmalskategorie der §§ 20, 21 StGB zu erfüllen. Das Kaufverhalten der Klägerin könne zwar sowohl im privaten wie auch im beruflichen Bereich möglicherweise außerhalb der statistischen Norm gelegen haben, psychopathologische Kriterien für das Vorliegen einer pathologischen Störung des Kaufverhaltens im Sinne einer Verhaltenssucht seien jedoch nicht vorhanden. Die für das Vorliegen einer „Kaufsucht“ zu fordernden Kriterien seien nicht erfüllt. Die Klägerin scheine andere Vorstellungen bezüglich der Ausstattung einer Schule zu haben als das Regierungspräsidium. Die im Detail explorierten Anschaffungen und die Art der Anschaffung ließen sich nicht als Begründung heranziehen, um ein psychopathologisch motiviertes Kaufverhalten belegen zu können. Die Klägerin sei durchgängig in der Lage gewesen, ihrer Tätigkeit als Realschulrektorin nachzugehen und habe über die Käufe als solche hinaus keine Auffälligkeiten im Verhalten gezeigt, die dem Vorliegen eines organischen Psychosyndroms entsprechen würden. Auch aktuell hätten sich weder klinisch noch testpsychologisch Merkmale einer hirnorganisch begründeten Einschränkung der Hirnfunktionen gezeigt. Die Merkmale der unter ICD-10 F 06 vermerkten „anderen psychischen Störungen auf Grund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit“ seien ebenfalls nicht gegeben. Für eine entsprechende wahnhafte Symptomatik, Halluzination oder eine andere schwere formale Denkstörung fänden sich weder in den Eigenangaben noch in den Fremdbefunden ein entsprechender Hinweis. Die bei der Klägerin bestehende Symptomatik könne als emotionale Reaktion auf die Diagnose xxx im Sinne einer Anpassungsstörung erklärt werden und die Nebenwirkung der Medikation könne affektive und emotional-labile Symptome begründet haben. Weder die organisch bedingte affektive bzw. emotional-labile Störung noch die Anpassungsstörung seien einzeln bzw. kombiniert geeignet, den Schweregrad für das Eingangskriterium krankhafte seelische Störung zu erfüllen. In der Berufungsverhandlung hat der gerichtliche Gutachter dazu nochmals anschaulich ausgeführt, dass bei der Klägerin eine komplizierte Mischung aus hirnorganisch und reaktiven psychischen Auffälligkeiten vorliege. Die hirnorganischen Auffälligkeiten gingen zu Lasten von zwei Faktoren, nämlich der entzündlichen xxx und der Medikation, die psychotrophe Nebenwirkungen habe. Dies werde zusätzlich von einer unzureichenden psychischen Krankheitsverarbeitung überlagert. Dabei werde der hirnorganische Störungsteil durch eine organisch affektive oder eine organisch-emotional-labile (asthenische) Störung abgebildet, während der psychisch-reaktive Störungsanteil am besten durch den Klassifikationsbegriff einer Anpassungsstörung bezeichnet werde. Die Klägerin weise damit ein Krankheitsbild auf, das allerdings - auch in der Summe - nicht ausreiche, um die Merkmalskategorie „krankhaft seelische Störung“ als erfüllt anzusehen. Der Senat hält bei der gebotenen kritischen Würdigung (vgl. BGH, Urteil vom 27.05.1982 - III ZR 201/80 -, NJW 1982, 2874) das erstellte Gutachten einschließlich der schriftlichen und mündlichen Erläuterungen des Gutachters für schlüssig und überzeugend. Das Gutachten geht von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, weist keine inhaltlichen Widersprüche und fachlichen Mängel auf; zudem bestehen keine Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters. Den diesbezüglichen Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten vermag der Senat nicht zu folgen.
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Dies gilt zunächst für die von der Klägerin geltend gemachte Unzulässigkeit der Delegierung der Begutachtung auf die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx. Diese hat nach den Angaben des Dr. xxx in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 22.06.2016 und in der Berufungsverhandlung die Untersuchung der Klägerin am ersten Untersuchungstag (21.12.2015), die etwa vier Stunden gedauert hat, allein vorgenommen und an der Formulierung des Gutachtens, etwa auch durch Erstellung des ersten Konzepts des Gutachtens, mitgewirkt. Dr. xxx hat die Klägerin am zweiten Untersuchungstag (04.01.2016) etwa eine Stunde lang - gemeinsam mit Dr. xxx - untersucht. Zuvor hatte Frau Dr. xxx ihm die von ihr erhobene Gesamtanamnese mitgeteilt; dabei sind noch offene Punkte besprochen worden. Ebenso hatte ihm Frau Diplom-Psychologin xxx vor der Untersuchung am 04.01.2016 das Ergebnis des testpsychologischen Zusatzgutachtens bekannt gegeben. Das forensisch-psychiatrische Gutachten vom 11.01.2016 ist von Frau Dr. xxx unterschrieben und enthält den von Dr. xxx unterschriebenen Zusatz „Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Der gerichtliche Sachverständige ist nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendigen Tätigkeiten persönlich vorzunehmen. Er darf vielmehr zu seiner Unterstützung bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens geschulte und zuverlässige Hilfskräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiter - insbesondere zu einzelnen Untersuchungen - heranziehen. Die Mitwirkung geeigneter Hilfspersonen findet ihre Grenzen darin, dass in jedem Fall die volle gerichtliche Verantwortung des vom Gericht bestellten Sachverständigen uneingeschränkt gewahrt bleiben muss. Innerhalb der dadurch gezogenen Grenzen steht es im Ermessen des Sachverständigen, in welcher Art und Weise er sich die für sein Gutachten erforderlichen Kenntnisse verschafft. Ob es dazu ausnahmsweise ausreicht, dass dem Sachverständigen durch die Lektüre des von einem zuverlässigen und geschulten Mitarbeiter verfassten schriftlichen Gutachtens die darin wiedergegebenen für die Begutachtung wesentlichen Umstände vermittelt werden oder ob es einer eigenen Kontrolluntersuchung und Urteilsbildung des Sachverständigen bedarf, hängt von dem jeweiligen Sachgebiet, der zu beurteilenden Frage sowie den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 25.07.1994 - 8 B 56/94 -, juris m.w.N.). Bei einer psychiatrischen Untersuchung ist jedenfalls auch die persönliche Begegnung des gerichtlich bestellten Gutachters mit dem Probanden unter Einschluss eines explorierenden Gesprächs erforderlich; es reicht nicht aus, dass der gerichtlich bestellte Gutachter ohne eigene Untersuchung sich lediglich mit dem von seiner Hilfsperson verfassten Gutachten „auf Grund eigener Urteilsbildung“ einverstanden erklärt (BSG, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 VU 2/03 B -, NZS 2004, 559 m.w.N.; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., RdNr. 340). Diese Voraussetzungen sind auf Grund des etwa einstündigen persönlichen Kontakts des Dr. xxx und dessen eigener Untersuchung am 04.01.2016 erfüllt. In der Berufungsverhandlung hat Dr. xxx keine Zweifel daran gelassen, dass er auf Grund der von ihm vorgenommenen einstündigen Untersuchung in der Lage war, die volle persönliche Verantwortung für die Erstellung des Gutachtens zu übernehmen (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 28.02.1992 - 8 C 48/90 -, NVwZ 1993, 771). In dieser Stunde habe er eine Exploration durchgeführt, dessen Ergebnis der psychische Befund gewesen sei. Auf Grund der Vorarbeiten der Frau Dr. xxx habe er seine eigene persönliche Untersuchung der Klägerin auf den Umfang von einer Stunde begrenzen und sich dabei ein eigenes Bild machen und ein eigenes Urteil bilden können. Dies gilt ausweislich des Gutachtens auch für die mit der xxx der Klägerin zusammenhängenden neurologischen Fragen.
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Soweit die Klägerin das „äußere Erscheinungsbild“ des von Dr. xxx erstatteten Gutachtens kritisiert, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die äußere Form des Gutachtens ist beanstandungsfrei. Die Klägerin führt auch nicht aus, wieso die von ihr wohl beanstandete Gewichtung der einzelnen Teile zu inhaltlichen Fehlern und zur Unverwertbarkeit des Gutachtens führen soll. Auch der Senat erkennt hierfür keine Anhaltspunkte.
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Die Kritik der Klägerin an der Art der Anamnese- und Befunderhebung, insbesondere dazu, dass nicht hinreichend die Befunde anderer sie behandelnder Ärzte (Dr. xxx) und ihre eigenen Angaben in dem übergebenen Lebenslauf berücksichtigt sowie keine fremdanamnestischen Erhebungen durchgeführt worden seien, greift ebenfalls nicht durch. In der Berufungsverhandlung hat Dr. xxx angegeben, dass die Befunde des Dr. xxx berücksichtigt worden seien. Er hat zugleich darauf hingewiesen, dass Dr. xxx die Diagnose einer exogenen Psychose (nach Copaxone-Therapie) ausdrücklich als Verdachtsdiagnose gestellt hat und dass es nicht möglich sein könne, dass die Klägerin seit dem Beginn der Medikation mit Copaxone bis zum Untersuchungstermin 2011 im Zustand einer exogenen Psychose gewesen sei und gleichzeitig als Realschulrektorin im Übrigen unbeanstandet gearbeitet habe. Soweit die Klägerin darüber hinaus eine Auseinandersetzung mit der von Dr. xxx beschriebenen „persönlichen Krise mit erheblichen psychischen Komplikationen“ (Arztbrief vom 18.02.2011) bzw. mit der „schwerwiegenden psychischen Krise mit Verhaltensauffälligkeiten“ (Arztbrief vom 11.07.2011) vermisst, beziehen sich diese Ausführungen des Dr. xxx im Wesentlichen auf bei der Klägerin bestehende Symptome nach Aufdecken der hier in Rede stehenden Vorfälle und können darüber hinaus - wie Dr. xxx zu Recht in der Berufungsverhandlung bemerkt hat - den psychischen Zustand der Klägerin nicht retrospektiv über drei bis vier Jahre (und damit zum Zeitpunkt der Tatbegehung) beschreiben. Entgegen der Ansicht der Klägerin wurde die im Arztbrief der xxx, Dr. xxx, vom 01.04.2011 diagnostizierte „Organische affektive Störung mit gegenwärtiger depressiver Episode“ vom gerichtlichen Gutachter berücksichtigt (vgl. Seite 41 und 81 des Gutachtens) und die Frage einer hirnorganischen Symptomatik wurde diskutiert. Das gerichtliche Gutachten kommt dabei stimmig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die organisch bedingte affektive bzw. emotional-labile Störung weder einzeln noch kombiniert mit einer Anpassungsstörung geeignet sind, den Schweregrad für das Eingangskriterium seelische Störung zu erfüllen. Eine schwere organische Störung der Affektion, der Kognition oder der Wahrnehmung seien - ebenso wie jene der pathologischen Kaufsucht - nach qualifizierter Betrachtung der eigenanamnestischen Angaben, des Untersuchungsbefundes zur Vorbereitung der Erstellung des Gutachtens sowie der vorliegenden Fremdberichte medizinisch nicht zu begründen. Auf Grund dieser Feststellungen ist es nicht ersichtlich, warum an dieser Stelle weitere differenzialdiagnostische Überlegungen erforderlich gewesen sein sollten; insbesondere hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung angegeben, dass der hirnorganische Störungsteil differenzialdiagnostisch erfasst worden ist. Vor diesem Hintergrund kann der Senat auch keinerlei Anhaltspunkte für die von der Klägerin in diesem Zusammenhang geäußerte Befürchtung erkennen, Dr. xxx oder die von ihm hinzugezogene Ärztin Dr. xxx hätten der Thematik nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenübergestanden. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass sich das Gutachten im Wesentlichen auf die selbst ermittelte Anamnese und nicht auf den von der Klägerin übergebenen schriftlichen Lebenslauf, der zudem Eingang in das Gutachten gefunden hat (vgl. S. 49 des Gutachtens), stützt. Das Vorbringen der Klägerin, fremdanamnestische Erhebungen (der Mutter und des Freundes, Dr. xxx) seien nicht vorgenommen worden, so dass das Ausmaß ihrer psychischen Veränderungen in den hier relevanten Zeiträumen nicht weitergehend exploriert worden sei, führt ebenfalls nicht zur Unverwertbarkeit des von dem Senat eingeholten Gutachtens. Zwar hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung angegeben, dass eigene fremdanamnestische Feststellungen hilfreich gewesen wären. Je mehr Informationen vorliegen würden, umso besser sei dies. Allerdings habe er solche Erhebungen nicht für erforderlich gehalten, nachdem genügend fremdanamnestische Informationen in den ihm vorgelegten Akten enthalten gewesen seien (vgl. dazu auch die ausführliche Wiedergabe der Zeugenaussage und der die Klägerin betreffenden ärztlichen Äußerungen auf den Seiten 20 - 46 des Gutachtens). Ausdrücklich ist von dem Gutachter auf Befragen des Bevollmächtigen der Klägerin in der Berufungsverhandlung ausgeführt worden, dass Aussagen von dritten Personen in Bezug auf eine Wesensveränderung der Klägerin berücksichtigt worden seien. Die Klägerin sei zudem für den Zeitraum der Vorfälle nicht „für gesund erklärt“ worden. Vielmehr habe man sich bemüht, den psychopathologischen Zustand der Klägerin im Zeitraum der Vorfälle so genau wie möglich zu rekonstruieren und entsprechend den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation zu klassifizieren. Ergebnis dieser Betrachtungen sei nicht gewesen, dass bei der Klägerin keine Störung auf psychiatrischen Gebiet vorliege, sondern dass die festgestellten Diagnosen - auch in der Summe - nicht ausreichten, die Merkmalskategorie „krankhafte seelische Störung“ als erfüllt anzusehen. Dies bedeute aber nicht, dass die Klägerin kein Krankheitsbild habe.
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Soweit die Klägerin weiterhin rügt, dass sich der gerichtliche Sachverständige nicht mit dem Verlust ihrer langjährigen Beziehung zu Herrn Dr. xxx und dessen Folgen für eine störungsfreie Kompensation ihrer Erkrankung und für ihre Behandlung beschäftigt habe, hat der Gutachter sowohl in seiner schriftlichen Stellungnahme wie auch auf Befragen des Senats in der Berufungsverhandlung angegeben, dass dies ausreichend berücksichtigt worden sei; wenn die Klägerin dazu etwas gesagt habe, sei dies dokumentiert worden (vgl. dazu etwa die Seiten 48 und 51 des Gutachtens vom 11.01.2016; zu den Angaben des Herrn Dr. xxx im Disziplinarverfahren selbst vgl. Seite 35 f. des Gutachtens). In für den Senat nachvollziehbarer und nicht zu beanstandender Weise hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung weiter ausgeführt, dass eine Gesamtbetrachtung aller Belastungsfaktoren vorgenommen wurde. Das Beziehungsende habe Einfluss auf den Anteil an der psychischen Symptomatik gehabt, die im Gutachten als Anpassungsstörung bezeichnet worden sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin darüber hinaus hervorgehobene Beschreibung der eigenen Veränderung durch sie und Dritte hat der Gutachter in der Berufungsverhandlung zudem zu Recht ausgeführt, dass auch diese Auffälligkeiten im Gutachten beschrieben und der diagnostischen Einschätzung zu Grunde gelegt worden seien.
69 
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wurden auch die Nebenwirkungen der verabreichten Medikamente (Methylprednisolon [Cortison] und Copaxone) im Gutachten reflektiert. Die Medikation wird im Gutachten beschrieben und gewürdigt (Seite 76 f.); dies hat der Gutachter in der Berufungsverhandlung nochmals bestätigt. Insbesondere wird im Gutachten ausgeführt, dass richtiggehende maniforme oder psychotische Entgleisungen auf Grund der Cortisongabe weder von der Klägerin noch fremdanamnestisch umschrieben worden seien; lediglich einmalig sei ein allenfalls hypomanes Zustandsbild mit einem gesteigerten Antrieb im Behandlungsbericht der xxx vermerkt. Bezüglich Copaxone, das anders als Cortison als Basistherapeutikum eingesetzt worden sei, könne hingegen angenommen werden, dass die dauerhafte Medikation zu Veränderungen in der Persönlichkeit der Klägerin (Launenhaftigkeit, Gereiztheit) geführt habe. In seiner ergänzenden schriftlichen Stellungnahme hat der Gutachter zudem ausgeführt, dass die Bewertung, dass sich der rekonstruierte Zustand der Klägerin nicht der Merkmalskategorie krankhafte seelische Störung zurechnen lasse, unabhängig davon sei, auf welcher ätiopathogenetischen Grundlage die beschriebenen psychopathologischen Auffälligkeiten entstanden seien. Soweit die Klägerin darüber hinaus die Aussage des gerichtlichen Gutachters, dass sämtliche der zerebralen Befunde ungeeignet seien, eine hirnorganische Wesensänderung zu begründen, in Frage stellt, hat der Gutachter auf Befragen des Senats angegeben, dass die dokumentierten Auffälligkeiten in der Bildgebung nicht geeignet seien, ein relevantes hirnorganisches Psychosyndrom zu begründen. Das Nichtvorhandensein von sichtbaren Läsionen schließe aber grundsätzlich eine hirnorganische Beeinträchtigung nicht aus. Als Psychiater könne er aber nur die Beeinträchtigungen am vorhandenen psychosozialen Funktionsniveau messen. Diese reichen nach dem Gutachten (vgl. S. 76 f.) aber nicht aus, die normativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der Merkmalskategorie der §§ 20, 21 StGB zu erfüllen. Auf entsprechende Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat Dr. xxx ohne Weiteres nachvollziehbar erklärt, eine Weiterleitung der MRT-Aufnahmen an die Radiologie zur Befundung sei nicht erfolgt, weil entsprechende Befunde seitens der Neuroradiologen bereits in der Akte gewesen seien; eine Notwendigkeit, diese erneut zu befunden, habe es deshalb nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund war es entgegen dem Vorhalt der Klägerin auch nicht notwendig, dass sich der Gutachter die kernspintomographischen Aufnahmen des Gehirns persönlich ansieht, zumal diesbezüglich bei ihm keine spezifische Kompetenz besteht (vgl. schriftliche Stellungnahme des Gutachters vom 22.06.2016). Entgegen der Ansicht der Klägerin kann damit auch nicht davon ausgegangen werden, dass in der Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen zusätzliche Anknüpfungstatschen zur Erhellung ihrer Lebenssituation fehlen. Soweit die Klägerin weiterhin rügt, dass zu wenig diskutiert und erklärt worden sei, wie ihre Verhaltensänderungen begründet werden können, verkennt sie bereits, dass solche Handlungen - wie Dr. xxx in der Berufungsverhandlung ausführte - auch ohne psychopathologische Auffälligkeiten vorgenommen werden können und es sich auch um ein normales delinquentes Verhalten handeln kann (vgl. auch das Gutachten des Dr. xxx vom 20.05.2014: „Ein ganz ungewöhnliches und rätselhaftes Verhalten allein kann ohne diagnostisch verbindliche Symptome eines nosologisch spezifizierbaren Krankheitsprozesses eben nicht als Krankheit bewertet werden“). Dr. xxx hatte in der Berufungsverhandlung angegeben, dass er zu den Gründen des Fehlverhaltens der Klägerin eine Hypothese habe, von der es in der Exploration nicht gelungen sei, sie zu belegen (vgl. auch die Hypothesen des Gutachtens des Dr. xxx vom 20.05.2014, S. 56 f.: „Versuch, möglichst alles, auch für jede Eventualität, richtig zu machen, wobei die Klägerin über das Ziel hinaus schoss,… kompensatorisch als Reaktion auf ihren schweren Schicksalsschlag i.S., sich vermehrt etwas zu gönnen“). Den Inhalt der Hypothese des Gutachters erfragte die Klägerin oder dessen Bevollmächtigter in der Berufungsverhandlung indes nicht.
70 
Letztlich hat sich der gerichtliche Gutachter Dr. xxx auch mit dem von der Staatsanwaltschaft xxx eingeholten Gutachten des Prof. Dr. xxx vom 13.07.2011 auseinandergesetzt, das anders als das Gutachten des Dr. xxx zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Klägerin im Tatzeitraum in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sei und es nicht auszuschließen sei, dass die Steuerungsfähigkeit der Klägerin aufgehoben gewesen sei; die Klägerin habe unter einer krankhaften seelischen Störung im Sinne eines organischen Psychosyndroms gelitten. Dr. xxx hat dazu ausgeführt (S. 83 - 86 des Gutachtens):
71 
„Im Ergebnis besteht somit im Wesentlichen Übereinstimmung mit der Einschätzung des Dr. xxx aus dem Jahr 2013.
72 
Anders verhält es sich mit der Begutachtung des Prof. xxx im Jahr 2011. Er hatte ein hirnorganisches Psychosyndrom bzw. eine hirnorganische Persönlichkeitsveränderung festgestellt, in deren Folge die Steuerungsfähigkeit von Frau xxx das Kaufen und Horten betreffend zumindest erheblich eingeschränkt gewesen sei. Er hatte im psychopathologischen Befund einen flach-deprimierten ängstlichen Affekt festgestellt. Dieser war bei der heutigen Untersuchung nicht vorhanden. Vielmehr sahen wir eine nicht depressive Patientin mit teilweise hyperthymer Stimmungslage, die den Eigenangaben von Frau xxx folgend wieder nahezu dem psychischen Zustandsbild vor der xxx entsprechend dürfte. Passend dazu zeigten sich auch keinerlei Auffälligkeiten in der aktuell durchgeführten testpsychologischen Leistungsdiagnostik.
73 
Unbestritten leidet Frau X. an einer xxx, xxx xxx, 2008 waren auch Läsionen zerebral beschrieben, die allerdings nicht eine frontale Enthemmung der Persönlichkeit begründen würden. Zu dieser Einschätzung waren auch Prof. xxx und Dr. xxx gelangt. Herr Prof. xxx befand Veränderung der Gehirnfunktion bedingt durch die Medikation und die Grunderkrankung als Störung der Hirnfunktion und als Ursache eines möglichen hirnorganischen Psychosyndroms und begründete dies vor allem damit, dass Verhaltensänderungen mit Auftreten xxx und vor allem zu Beginn der Copaxone- und Cortisontherapie aufgetreten waren. Er hatte dabei ein pathologisches Kaufen und Sammeln festgestellt. Die Kriterien des pathologischen Kaufens, welche im Übrigen analog auch zum Sammeln gelten, sind wie bereits ausgeführt unseres Erachtens nach zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Herr Prof. xxx beschrieb weiterhin, dass die Verhaltensweisen im Rahmen von Affektveränderung aufgetreten seien. … Zusammengefasst habe die Klägerin unter einer krankhaften seelischen Störung in Form eines organischen Psychosyndroms gelitten, im Tatzeitraum sei die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, es sei nicht auszuschließen, dass sie aufgehoben gewesen sei.
74 
Die Kriterien für das Vorliegen eines organischen Psychosyndroms sind nach Einschätzung der Gutachter für den Zeitraum der strittigen Käufe nicht erfüllt. Frau X. war in der Lage, außerhalb der Krankschreibung durch die xxx als solche, ihrer Tätigkeit als Rektorin korrekt und ohne Auffälligkeiten nachzugehen. Das jetzt vorgeworfene auffällige Verhalten beschränkte sich damit nur auf das Kaufen von Gegenständen für die Schule und den Privatgebrauch. Hier sind aber keine derartig schwerwiegenden Abweichungen zu beobachten, die ein hypomanes oder manisches Bild mit sich bringen würde oder eine vollständige Enthemmung der Kontrolle begründen würden. Dafür spricht auch, dass weder das private Budget noch das der Schule überschritten wurde, dass das Kaufen an sich auch nicht einer typischen Bedürfnisbefriedigung diente, dass keine Änderungen des Anspannungsniveaus von Frau xxx vor oder nach den Käufen beobachtet wurde und darüber hinaus keine schwerwiegenden psychopathologischen Auffälligkeiten im Bereich der Wahrnehmung, des Affektes oder der Kognitionen beschrieben sind, die die Diagnosestellung des organischen Psychosyndroms rechtfertigen würden.“
75 
Erläuternd hierzu hat Dr. xxx auf Befragen - insbesondere zur zeitlichen Nähe des Gutachtens des Prof. Dr. xxx - in der Berufungsverhandlung angegeben, dass die zeitliche Abfolge der Begutachtung berücksichtigt worden sei. Prof. Dr. xxx habe in eine andere Situation hinein begutachtet. Er habe im laufenden Ermittlungsverfahren ein vorbereitendes Gutachten erstellt. Das Gutachten, das zähle, werde erst in der mündlichen Hauptverhandlung nach der Beweiserhebung erstattet. Man könne daher die schriftlichen Ausführungen des Prof. Dr. xxx - anders als sein Gutachten und auch das des Dr. xxx - nicht als abschließendes schriftliches Gutachten verstehen. Es handele sich vielmehr um ein vorbereitendes schriftliches Gutachten, das als Orientierungshilfe für alle Beteiligten zur Vorbereitung der Hauptverhandlung diene. Anders als Prof. Dr. xxx habe ihm als Gutachter im gerichtlichen Disziplinarverfahren ein abschließendes Aktenkonvolut vorgelegen, auf dessen Grundlage dann ein Gutachten erstellt und dem Gericht übermittelt werden könne. Er halte es für wahrscheinlich, dass Prof. Dr. xxx, wenn er dieselben vollständigen Informationen wie er gehabt hätte, zu einem vergleichbaren Ergebnis gekommen wäre. Die Überlegungen des Prof. Dr. xxx seien als Ausgangshypothese psychiatrisch richtig, sie ließen sich nur nicht durch die Behandlungsberichte und das rekonstruierte psychosoziale Funktionsniveau belegen. Der Senat hält diese Ausführungen des Dr. xxx für überzeugend.
76 
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht bei dem damit erwiesenen einheitlichen Dienstvergehen der Klägerin die Disziplinarverfügung in Anwendung des § 21 Satz 2 AGVwGO wegen eines Bemessungsfehlers in der Weise abgeändert hat, dass die Klägerin - statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - in das Amt einer Realschullehrerin zurückgestuft wird.
77 
§ 21 Satz 2 AGVwGO findet bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG Anwendung (vgl. Urteil des Senats vom 03.06.2014 - DL 13 S 150/14 -, juris). Dies kann nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, dass das Landesdisziplinargesetz die selbstständige Disziplinarkompetenz der Verwaltungsgerichte in Frage gestellt hat (so aber wohl noch das im erstinstanzlichen Urteil in Bezug genommene Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013 - xxx -). Bereits der Wortlaut der Norm ist eindeutig. Für den Fall, dass ein Dienstvergehen - wie hier - erwiesen ist, sieht § 21 Satz 2 AGVwGO ausdrücklich die Befugnis des Verwaltungsgerichts vor, die Disziplinarverfügung auch aufrecht zu erhalten oder zu Gunsten des Beamten zu ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Einschränkungen von dieser Befugnis nennt § 21 Satz 2 AGVwGO nicht. Solche würden mit der im Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013, a.a.O., angeführten Begründung vielmehr im Ergebnis dazu führen, dass für die Norm ein Anwendungsbereich nicht eröffnet wäre. Insbesondere greift schon auf Grund des eindeutigen Wortlauts des § 21 Satz 2 AGVwGO der im Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013, a.a.O., hervorgehobene Umstand nicht durch, dass infolge des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts die selbstständige Disziplinarkompetenz der Gerichte aufgegeben werden sollte, die Entscheidung über die Verhängung der Disziplinarmaßnahme nunmehr - von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. der Aberkennung des Ruhegehaltes abgesehen - im Ermessen der Behörde steht und sich die gerichtliche Kontrolle gemäß § 2 LDG, § 114 VwGO nur darauf erstreckt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wird. Der Wille des Normgebers, wie er sich aus der Begründung des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LT-Drs. 14/2996) ergibt, spricht ebenfalls gegen eine restriktive Anwendung des § 21 Satz 2 AGVwGO. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis ausgeführt, dass die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts wie bei sonstigen Verwaltungsakten die Rechtmäßigkeit der behördlichen Verfügung überprüft. Die eigenständige Disziplinarkompetenz der Gerichte soll „grundsätzlich“ aufgegeben werden. Um einen zügigen Abschluss der Disziplinarverfahren zu ermöglichen, soll das Gericht „jedoch“ befugt sein, eine rechtswidrige und den Beamten in seinen Rechten verletzende Verfügung aufrechtzuerhalten oder zu Gunsten des Beamten zu ändern, wenn die Rechtsverletzung durch das gerichtliche Verfahren oder die gerichtliche Entscheidung beseitigt wird (LT-Drs. 14/2996, S. 53). Der Gesetzgeber stellt damit der grundsätzlichen Aufgabe der eigenständigen Disziplinargewalt der Verwaltungsgerichte die ihnen nach § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumte Befugnis gegenüber. Insoweit erweitert § 21 Satz 2 AGVwGO als Ergänzung zur „Grundregel“ des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Entscheidungsmöglichkeiten der Disziplinarkammer. Denn die bloße Aufhebung der Disziplinarverfügung hat zur Folge, dass die Disziplinarbehörde neu entscheiden, mithin eine andere Abschlussverfügung treffen muss. Dies kann eine nicht unerhebliche Verzögerung des unanfechtbaren Abschlusses des Disziplinarverfahrens zur Folge haben. Zur Verfahrensbeschleunigung soll das Gericht die behördliche Abschlussverfügung nicht nur aufheben, sondern unter den genannten Voraussetzungen auch bestätigen oder mildernd ändern können (LT-Drs. 14/2996, S. 147). Durch diese Möglichkeit sieht der Landesgesetzgeber die volle Disziplinarbefugnis des Dienstherrn nicht in Frage gestellt, da der Dienstherr stets die erste Entscheidung über den Abschluss des Disziplinarverfahrens zu treffen hat und das Gericht entsprechend den allgemeinen Grundsätzen (§§ 113, 114 VwGO) darauf beschränkt ist, die Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung zu prüfen. Eine Zweckmäßigkeitsprüfung erfolgt nicht. Ist die Abschlussverfügung rechtmäßig, hat das Gericht die Klage auch abzuweisen, wenn es die behördliche Verfügung für unzweckmäßig hält. Ist die Abschlussverfügung rechtswidrig und macht das Gericht von seiner aus § 21 Satz 2 AGVwGO folgenden Befugnis Gebrauch, hebt das Gericht nicht die Abschlussverfügung auf und setzt seine eigene Entscheidung an deren Stelle, sondern verändert, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt („aufrechterhalten“, „zu Gunsten des Beamten ändern“), lediglich die behördliche Entscheidung. Diese Vorgehensweise ist mit der Teilaufhebung eines Verwaltungsaktes vergleichbar (so: LT-Drs. 14/2996, S. 147 f.). Insoweit bleibt auch die vom Verwaltungsgericht nach § 21 Satz 2 AGVwGO bestätigte oder korrigierte Entscheidung ihrem Wesen nach eine Entscheidung des Dienstherrn (vgl. Burr, a.a.O., § 21 AGVwGO RdNr. 9; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 60 BDG RdNr. 35). Dementsprechend richtet sich ihre nachträgliche Aufhebung nach § 40 LDG (vgl. § 21 Satz 5 AGVwGO).
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Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass dem Gewicht der vorgeworfenen Pflichtverletzung nicht die in der angefochtenen Disziplinarverfügung verhängte Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, sondern die Zurückstufung der Klägerin (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LDG) in das Amt einer Realschullehrerin (A 13) tat- und schuldangemessen ist.
79 
Für die Ahndung fehlsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln wie auch für das Versagen der Klägerin als Vorgesetzte steht wegen der Vielfalt möglicher Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung (vgl. auch: GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 47; Zängl, a.a.O., MatR/II RdNr. 372).
80 
Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umstände handelt es sich hier um ein mittelschweres Dienstvergehen im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG, durch das die Klägerin das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat.
81 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Amtliche Begründung zu § 26 LDG, LT-Drs. 14/2996, S. 86; Urteil des Senats vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris).
82 
Das von der Klägerin begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen gewichtig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf den Umstand hingewiesen, dass das Verhalten der Klägerin, mit dem sie öffentliche Mittel in erheblichem Umfang ohne Notwendigkeit verbraucht und die von ihr erworbenen Gegenstände einer Nutzung durch die Schule entzogen hat, eine schwere Pflichtverletzung der als Rektorin auch für das Budget der von ihr geleiteten Schule verantwortlichen Klägerin darstellt. Allerdings hat sich die Klägerin mit diesem Verhalten nicht strafbar gemacht. Auch wenn man nicht den in der Disziplinarverfügung vom 08.12.2014 zu Grunde gelegten von der Klägerin verbrauchten Betrag in Höhe von 6.654,65 EUR, sondern nach Abzug der Anschaffungen unter Nrn. 22 - 28 der streitgegenständlichen Disziplinarverfügung einen Betrag in Höhe von etwa 4.800 EUR annimmt, handelt es sich immer noch um eine beträchtliche Summe, die die Klägerin unnötigerweise ausgegeben hat. Andererseits ist der bei dem Beklagten entstandene wirtschaftliche Nachteil begrenzt, nachdem eine anderweitige Verwertung der angeschafften, nicht gebrauchten und teils noch original verpackten Gegenstände möglich ist. Die Klägerin hat das der Schule zustehende Budget nicht erschöpft und die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, dass wegen des Erwerbs der streitgegenständlichen Gegenstände die Anschaffung anderer für den Schulbetrieb notwendiger Gegenstände oder übrige für den Schulbetrieb erforderliche Ausgaben unterblieben sind. In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass die Klägerin die Pflichtverletzungen über den sehr langen Zeitraum von über vier Jahren begangen hat. Eigenart und Schwere des von der Klägerin begangenen Dienstvergehens werden darüber hinaus erheblich dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin als Vorgesetzte versucht hat, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu veranlassen, gegenüber den Vertretern der Stadt xxx unrichtige Angaben zu machen, um hierdurch ihr eigenes Fehlverhalten zu verdecken. Sie hat diese dadurch der Gefahr strafrechtlicher und disziplinarer Verfolgung ausgesetzt; zu einem für die beiden Lehrkräfte belastenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist es gekommen. Besonders schwer wiegt, dass die Klägerin versucht hat, die ihrer Schule zur Ausbildung zugewiesene Realschullehreranwärterin xxx zu instrumentalisieren, um ihr eigenes Fehlverhalten nicht eingestehen zu müssen. Da die Klägerin als Schulleiterin ein Schulleitergutachten über die ihrer Schule zugewiesenen Realschullehreranwärter zu erstellen hat, das in die Bewertung des Zweiten Staatsexamens einfließt, betrifft ihr Vorgesetztenversagen nicht nur die Vorbild- und Orientierungsfunktion eines Vorgesetzten (vgl. dazu: GKÖD, a.a.O., J 688 RdNr. 106; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 13.02.1974 - I D 74.73 -: „schlechthin unwürdiges Verhalten eines Vorgesetzten“), sondern den Kernbereich ihrer Fürsorgepflicht gegenüber der von ihr in einem besonderen Maße abhängigen Realschullehreranwärterin.
83 
Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale ist festzuhalten, dass ein eigennütziges Verhalten der Klägerin nicht festzustellen ist und diese auch nicht in Schädigungsabsicht gehandelt hat. Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit der Klägerin im Sinne von § 21 StGB, die bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihr zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen ist, liegt nicht vor. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.).
84 
Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblich verminderten Schuldunfähigkeit liegen bei der Klägerin nicht vor. Der gerichtliche Gutachter Dr. xxx ist in seinem Sachverständigengutachten vom 11.01.2016 zu dem Ergebnis gekommen, dass bereits das Eingangskriterium einer krankhaften seelischen Störung aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht vorliegt; die anderen in § 20 StGB benannten biologisch-psychologischen Störungen stehen hier nicht in Rede. Wie bereits ausgeführt, hält der Senat dieses Gutachten für überzeugend und greifen die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen dieses Gutachten nicht durch. Dabei ist in diesem Rahmen durchaus zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin - unterhalb der Schwelle des § 21 StGB - auf Grund ihrer xxx und der damit verbundenen Folgen in einer für sie schwierigen Situation mit erheblichen psychischen Belastungen befunden hat. Wie bereits in der Berufungsverhandlung erörtert, bezeichnet Dr. xxx dies in seinem im Auftrag des Beklagten eingeholten Gutachten vom 20.05.2014 zusammenfassend als durch einen schweren oder tragischen Schicksalsschlag ausgelöste, jedoch letztlich weitgehend normalpsychologisch bedingte, u.U., Schuld in einem moralischen Sinne mindernde Umstände.
85 
Soweit die Klägerin hinsichtlich des Versuchs, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu falschen Angaben zu veranlassen, um ihre Pflichtverletzungen zu vertuschen, geltend macht, sie sei auf Grund ihres Fehlverhaltens in Panik geraten und habe reflexartig gehandelt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend und überzeugend darauf hingewiesen, dass die Klägerin diesen Versuch erst am Montag, den 14.02.2011, unternommen hat, nachdem sie das vorhergehende Wochenende Zeit gehabt habe, ihr weiteres Vorgehen zu überdenken. Von einem quasi reflexartigen, aus der unmittelbaren Situation geborenen, panikartigen Verhalten kann daher nicht ausgegangen werden.
86 
Bei einer Gesamtschau der oben dargestellten, die Dienstpflichtverletzung kennzeichnenden Umstände ist festzuhalten, dass das Eigengewicht der Pflichtverletzung der Klägerin auf Grund zu berücksichtigender weniger gewichtiger Faktoren (insbesondere fehlender Eigennutz der Klägerin, kein gewichtiger finanzieller Nachteil des Schulträgers; psychische Situation der Klägerin) trotz anderer schwerwiegender Umstände (vor allem das Versagen der Klägerin als Vorgesetze bei dem Versuch, eine Realschullehrerin und eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Aussagen zu decken) auch in Ansehung der Kontrollmechanismen der Stadt xxx (zu dem der Stadt xxx von der Klägerin vorgeworfenen „Mitverschulden“ vgl. die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, denen der Senat folgt) zur Kennzeichnung des Dienstvergehens als mittelschwer führt.
87 
In nicht zu beanstandender Weise ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin durch dieses mittelschwere Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in eine pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat (§ 30 Abs. 1 LDG).
88 
Nach der Konzeption des Landesdisziplinargesetzes stehen der Schweregrad des Dienstvergehens und das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung nicht unverbunden nebeneinander. Vielmehr ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang der §§ 27 ff. LDG, dass mit einem schweren Dienstvergehen tendenziell auch ein höheres Maß an Vertrauensverlust einhergeht. § 27 LDG und § 28 LDG ordnen dabei einem leichten Dienstvergehen eine geringfügige bzw. eine nicht nur geringfügige Vertrauensbeeinträchtigung, § 29 LDG und § 30 LDG einem mittelschweren Dienstvergehen eine erhebliche bzw. nachhaltige Vertrauensbeeinträchtigung sowie § 31 LDG einem schweren Dienstvergehen den endgültigen Vertrauensverlust zu.
89 
Einem mittelschweren Dienstvergehen werden also nach der Regelungssystematik des Landesdisziplinargesetzes - anders als bei einem schweren Dienstvergehen - zwei unterschiedliche Grade der Vertrauensbeeinträchtigung zugeordnet. Damit will der Gesetzgeber der Bandbreite von disziplinarrechtlich zu beurteilenden Lebenssachverhalten gerecht werden. So gibt es unter den mittelschweren Dienstvergehen solche, die an der unteren Grenze zu den leichten Dienstvergehen liegen wie auch solche, die an der oberen Grenze zu den schweren Dienstvergehen liegen, sowie zahlreiche Zwischenstufen (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 87). Hier ist insbesondere wegen des bereits von dem Verwaltungsgericht hervorgehobenen Umstands, dass die Klägerin mit den von ihr begangenen Pflichtverletzungen gerade im Bereich der ihr als Realschulrektorin zugewiesenen Aufgaben zum einen im Rahmen der ihr zugewiesenen Budgetverwaltung, zum anderen besonders im Hinblick auf die ihr obliegende Führung der Lehrkräfte und Lehreranwärter in gravierender Weise versagt hat, von einem mittelschweren Dienstvergehen auszugehen, das die Schwelle zu einem schweren Dienstvergehen fast erreicht hat und die Zurückstufung der Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin rechtfertigt. Ist wegen der genannten entlastenden Gesichtspunkte noch nicht ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten, so ist hier jedoch auf Grund der Schwere des Dienstvergehens von einem nachhaltigen Vertrauensverlust im Sinne des § 30 Abs.1 Satz 1 LDG auszugehen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass es eines längeren Zeitraums bedarf (vgl. das regelmäßig fünfjährige Beförderungsverbot des § 30 Abs. 2 LDG), um das Vertrauen wieder zu festigen (LT-Drs. 14/2998, S. 94). Dem entspricht hier der der Zurückstufung in § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG zugewiesene Zweck. Die Zurückstufung kann zum einen zur Pflichtenmahnung, zum andern auch deshalb erfolgen, weil dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit das Verbleiben des Beamten in seinem bisherigen Amt nicht zugemutet werden kann. Beides ist hier der Fall.
90 
Die besondere Pflichtenmahnung durch eine Zurückstufung um zwei Ämter ist angesichts der Schwere des Dienstvergehens erforderlich. Insbesondere sind auch bei Gesamtwürdigung der Persönlichkeit der Klägerin für den Senat keine Umstände ersichtlich, die eine mildere Disziplinarmaßnahme geboten erscheinen lassen. Dabei berücksichtigt der Senat durchaus die bereits dargestellte psychische Situation der Klägerin bei Begehung der Pflichtverletzungen, ihre bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit und ihre in den dienstlichen Beurteilungen bescheinigten herausragenden Leistungen als Realschullehrerin und Realschulrektorin. Auch wird der Umstand gewürdigt, dass die Klägerin durch Zahlung einer Summe von 20.000 EUR im Rahmen des Strafverfahrens und nochmals von 10.000 EUR im Rahmen eines zivilgerichtlichen Vergleichs die hier in Rede stehende Summe von etwa 4.800 EUR mehr als wiedergutgemacht hat. Allerdings hat die Klägerin diese Zahlungen erst nach Tataufdeckung, zu der sie im Übrigen nicht beigetragen hat, geleistet. Zudem geht der Senat - auch nach dem Eindruck der Berufungsverhandlung - davon aus, dass sich die Klägerin nicht hinreichend mit den Gründen für ihr eigenes Fehlverhalten auseinandergesetzt hat. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass sie das Vorgehen des Regierungspräsidiums xxx als demütigend und einen von diesem unterbreiteten Vergleichsvorschlag als „unwürdig“ bezeichnet hat (vgl. etwa: persönliche Schreiben der Klägerin vom 20.10.2012 an die Regierungspräsidentin, vom 14.07.2012 an den Bundespräsidenten wie auch die Angaben der Klägerin gemäß Gutachten des Dr. xxx vom 11.01.2016, S. 55). Insoweit hat das Regierungspräsidium, das mit der Klägerin und ihren Bevollmächtigten auf Anregung des Verwaltungsgerichts im Verfahren xxx (vgl. Aktenvermerk auf Blatt 255 der Disziplinarakte) umfangreiche Vergleichsverhandlungen geführt hat, darauf hingewiesen, dass es bei dem Vergleichsvorschlag eine interessenbezogene Abwägung vorgenommen habe, die unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und der mit der Maßnahme verbundenen Außenwirkung den Verbleib im Schuldienst ermöglichen solle. Der Klägerin ist es insoweit unbenommen, mit dem Vergleichsvorschlag sachlich nicht einverstanden zu sein. Es ist dem Senat aber nicht nachvollziehbar, weswegen das Vorgehen des Regierungspräsidiums als „demütigend“ und dessen Vergleichsvorschlag als „unwürdig“ bezeichnet wird. Maßgeblich kommt hinzu, dass die Klägerin kaum Einsicht in das von ihr begangene Fehlverhalten zeigt. Diesbezüglich wird im Gutachten des Dr. xxx vom 11.01.2016 (S. 79) ausgeführt, dass sich das Verhältnis der Klägerin zu den ihr vorgeworfenen Handlungen verändert habe. Nach der Aufdeckung seien noch Gefühle von Scham und Schuld vermerkt gewesen; im aktuellen Untersuchungsgespräch sei das Bewusstsein für ein etwaiges Fehlverhalten weniger ausgeprägt vorhanden gewesen. Dem entspricht es, wenn die Klägerin in der Berufungsverhandlung den Eindruck erweckt hat, das Disziplinarverfahren mit dem Ziel einer Rehabilitation ihres Rufs in der von ihr geleiteten Realschule und in ihrem persönlichen Umfeld in der Stadt xxx betreiben zu wollen (vgl. dazu auch die Angaben der Klägerin gemäß dem testpsychologischen Gutachten vom 07.01.2016). Erklärungsversuche ihres Verhaltens hat die Klägerin hingegen nicht abgegeben. Entsprechend hat der gerichtliche Gutachter Dr. xxx in der Berufungsverhandlung auf Befragen des Senats ausgeführt, die Klägerin habe die psychodynamischen Entstehungsbedingungen für ihr Fehlverhalten nicht ermittelt und ihr Fehlverhalten bislang nicht reflektiert. Für eine (günstige) Prognose sei es zu wenig, wenn die Klägerin diesbezüglich „sagt, sie weiß es nicht“. Sie sei über ein „ich weiß nicht“ nicht hinweggekommen. Vor diesem Hintergrund hält der Senat die Zurückstufung in das Amt einer Realschullehrerin für erforderlich und angemessen, um die Klägerin zur Pflichtenerfüllung anzuhalten.
91 
Davon unabhängig kann dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit ein Verbleiben der Klägerin im bisherigen Amt nicht zugemutet werden, wie das Verwaltungsgericht der Sache nach zutreffend angenommen hat. Denn die Klägerin hat gerade in ihrer Eigenschaft als Realschuldirektorin versagt, und sich damit als Vorgesetzte und Führungsperson diskreditiert (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 95; Burr, a.a.O., § 30 LDG RdNr. 1), während ihre grundsätzliche Befähigung als Realschullehrerin nicht in Frage steht. Die Klägerin hat sich damit zwar noch im Beamtenverhältnis als solches tragbar erwiesen, nicht aber in dem konkreten statusrechtlichen Amt ihrer Laufbahn. Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 nicht ausreichend ist, weil ein solches Amt regelmäßig mit Führungsaufgaben und gegebenenfalls erheblicher Finanzverantwortung als Realschulrektorin einer kleinen Realschule oder als Konrektorin verbunden ist. Demgemäß ist die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Zurückstufung der Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin (Besoldungsgruppe A 13) auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Diese Disziplinarmaßnahme erweist sich auch im Übrigen als verhältnismäßig, da sie auf einem der Klägerin zurechenbaren Verhalten beruht.
92 
Mit der Zurückstufung verliert die Klägerin den Anspruch auf die Bezüge aus dem bisherigen Amt sowie das Recht, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen (§ 30 Abs. 1 Satz 2 LDG).
93 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG.
94 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

Gründe

 
47 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
48 
Allerdings ist die Berufung nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 2 LDG, § 124a Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
49 
Die Berufung der Klägerin ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage des festgestellten Dienstvergehens die in der Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 festgesetzte Disziplinarmaßnahme (Entfernung aus dem Dienst) in die mildere Maßnahme einer Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Realschullehrerin (A 13) geändert. Die geänderte Verfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin kann mithin mit ihrer Berufung nicht erreichen, dass die vom Verwaltungsgericht gemäß § 21 Satz 1 AGVwGO bereits zu ihren Gunsten geänderte Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 aufgehoben oder durch Festsetzung einer (noch) milderen Disziplinarmaßnahme geändert wird.
50 
Der Senat prüft die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zugrunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 2 LDG) in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. Urteil des Senats vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, m.w.N. sowie Beschluss des Senats vom 13.06.2016 - DL 13 S 1699/15 -, jew. juris).
51 
In tatsächlicher Hinsicht ist mit dem Verwaltungsgericht zunächst davon auszugehen, dass die Klägerin die in Nrn. 1 - 21 sowie 29 - 49 der streitgegenständlichen Verfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 genannten Gegenstände auf Kosten des Schulträgers (Stadt xxx) angeschafft hat, dass diese für den Schulbetrieb nicht notwendig waren und von der Klägerin auch nicht für den Schulbetrieb zur Verfügung gestellt wurden. Die Anschaffungen werden durch die Klägerin nicht in Frage gestellt. Hinsichtlich der Erforderlichkeit dieser Anschaffungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die von der Klägerin getätigten Anschaffungen grundsätzlich für die Schule bzw. den Unterricht - theoretisch - verwendbar gewesen wären, da insoweit der jeweils bestehende konkrete schulische Bedarf bzw. eine konkrete Anforderung des betreffenden Gegenstandes durch die Lehrkräfte des jeweiligen Fachbereichs entscheidend sei. Einen konkreten schulischen Bedarf oder entsprechende konkrete Anforderungen durch die Lehrkräfte hat es insoweit nicht gegeben und wurden auch zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin geltend gemacht. In der Berufungsverhandlung hat sie die Einkäufe lediglich damit gerechtfertigt, dass sie gedacht habe, die Schüler sollten sich in der Schule wohlfühlen, und sie ohne Differenzierung danach, ob sie Gegenstand des Disziplinarverfahrens oder Grundlage der disziplinaren Bewertung durch das Verwaltungsgericht waren, als „Unnötiges, Quatsch und Plunder“ bezeichnet. Nach den Angaben der Klägerin in der Berufungsverhandlung ist zudem über die von ihr getätigten Einkäufe in der für die Verteilung der der Schule zugewiesenen Budgetmittel zuständigen Haushaltskonferenz nicht gesprochen worden. Der Frage, ob die in Nrn. 1 - 21 und 29 - 49 der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände zu Hause oder aber in der Schule (im Rektoratszimmer oder in Schränken im Lehrerzimmer oberhalb der Garderobe) aufbewahrt wurden, ist nicht weiter nachzugehen. Zum einen ändert eine solche Aufbewahrung nichts an der fehlenden Erforderlichkeit der Anschaffung, zum anderen wurden die angeschafften Gegenstände auch in diesem Fall nicht für den Schulbetrieb zur Verfügung gestellt und dem Zugriff durch die Lehrkräfte entzogen, die von deren Vorhandensein nichts wussten. Allerdings hat der Senat genauso wie das Verwaltungsgericht erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit des diesbezüglichen Vorbringens der Klägerin, nachdem sich dieses mit ihren früheren Angaben im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (vgl. etwa Anzeigeaufnahme vom 15.02.2011: „Seit ca. 3 Jahren habe ich Dinge, welche ich für die Schule gekauft habe, originalverpackt mit nach Hause genommen“) und im behördlichen Disziplinarverfahren (vgl. etwa erste Anhörung vom 28.04.2011: „ich habe erst in diesem Augenblick (11.02.2011) daran gedacht, dass das ganze Geschirr bei mir zu Hause ist“) kaum in Einklang bringen lässt. Hinsichtlich der in Nrn. 22 - 28 der Disziplinarverfügung genannten Gegenstände (Ware vom xxx) lässt sich hingegen das Vorbringen der Klägerin, dass es sich bei diesen in der Verfügung nicht näher konkretisierten Anschaffungen um solche für xxx oder die Weihnachtsbäckerei gehandelt habe und diese dort auch verwendet worden seien, nicht widerlegen. Sie können deshalb nicht der Disziplinarverfügung zu Grunde gelegt werden.
52 
Des Weiteren hat die Klägerin versucht, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber Bediensteten des Schulträgers (Stadt xxx) zu decken. Dies hat die Klägerin eingeräumt und ergibt sich auch aus den Aussagen der Frau xxx und der Frau xxx bei ihrer Zeugenvernehmung im behördlichen Disziplinarverfahren am 03.02.2014. Dort hatte Frau xxx diesbezüglich unter anderem angegeben, die Klägerin habe gesagt, dass die Gemeinde jetzt genau kontrollieren würde und sie gegenüber Herrn xxx (Leiter des Hauptamtes der Stadt xxx) nur angeben solle, dass die Gegenstände im xxx-Bereich aufbewahrt worden und für diesen bestimmt gewesen seien. Aus schulischem Interesse solle sie es Herrn xxx für die fachinterne Prüfung so verkaufen, dass es schon immer allen zur Verfügung gestanden habe; sie müssten alle am gleichen Strang ziehen, sonst würden sie unglaubwürdig. Frau xxx gab weiter an, sie habe sich unter Druck gesetzt gefühlt und der Klägerin nicht widersprechen wollen. Für sie sei es eine dienstliche Anordnung ihrer Vorgesetzten gewesen und sie habe schon öfter mitbekommen, dass es ziemliche Schwierigkeiten gegeben habe, wenn jemand der Klägerin widersprochen habe. Die Realschullehreranwärterin xxx gab bei ihrer Zeugenvernehmung unter anderem an, die Klägerin habe ihr im Textilraum leere Schränke gezeigt und sie gefragt, ob sie den Leuten von der Stadt sagen könne, dass sie geholfen habe, Gegenstände aus diesem Raum in ihr Auto zu transportieren. Sie habe nicht gewusst, worum es gehe und sei überfordert gewesen. Sie habe die Klägerin nicht gefragt, warum sie das so sagen solle. Sie habe daran gedacht, dass die Klägerin ihre Vorgesetzte sei und ein Schulleitergutachten über sie verfasse. In ihrer am 24.06.2011 bei der Staatsanwaltschaft xxx eingegangen Stellungnahme gab Frau xxx diesbezüglich weiter an, die Klägerin habe sie gebeten, gegenüber den „Herrschaften“ von der Stadt xxx zu behaupten, dass sie der Klägerin geholfen habe, Geschirr aus den Schränken im Textilraum in ihr Auto zu transportieren. Soweit der Klägerin in der Disziplinarverfügung auch noch der Versuch der Beeinflussung der Realschullehrerinnen xxx und xxx vorgeworfen wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ausweislich des Protokolls der Vernehmungen dieser Lehrerinnen vom 03.02.2014 hat die Klägerin gegenüber diesen nur gesagt, dass sie Geschirr im Elternsprechzimmer habe, das sie in den Handarbeitsraum umlagere (so Frau xxx) bzw. dass sie Gegenstände (Geschirrteile und Deko-Artikel) in den Textilraum gestellt habe (so Frau xxx). Der Versuch eine Einflussnahme kann hierin nicht gesehen werden.
53 
Diese der Klägerin vorzuwerfenden Handlungen sind zwar kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, jedoch als disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen zu ahnden.
54 
Zu Recht geht das Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass eine (auch von dem Beklagten nicht in Betracht gezogene) Strafbarkeit der Klägerin nach § 242 oder § 246 StGB mangels Zueignungsabsicht in Bezug auf die von ihr angeschafften Gegenstände nicht in Betracht kommt. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin die erworbenen Gegenstände ganz oder teilweise privat genutzt hat oder sie sonst ganz oder teilweise ihrem Vermögen einverleiben wollte.
55 
Entgegen der rechtlichen Bewertung in der Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 hat sich die Klägerin aber auch nicht wegen Untreue nach § 266 StGB strafbar gemacht. Nach dieser Vorschrift wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht (sog. Missbrauchstatbestand) oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treuverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt (sog. Treubruchstatbestand), und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Zwar dürfte hier der Missbrauchstatbestand insoweit erfüllt sein, als die Klägerin durch die in Rede stehenden Anschaffungen bei Ausübung ihres rechtlichen Könnens (auf Grund der zwischen ihr als Schulleiterin der xxx und der Stadt xxx am 13.11.2006 geschlossenen Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans) die Grenzen des rechtlichen Dürfens überschritten hat. Die Überschreitung der Grenzen des rechtlichen Dürfens liegt hier in einem Verstoß gegen den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (vgl. dazu noch unten) durch den Kauf für den Unterricht nicht konkret notwendiger Gegenstände, die zudem nicht einer zweckentsprechenden Verwendung zugeführt wurden. Fraglich ist aber schon, ob durch diese Tathandlung ein Nachteil für das Vermögen der Stadt xxx entstanden ist. § 266 Abs. 1 StGB schützt als Vermögensdelikt nur das zu betreuende Vermögen als Ganzes, nicht aber die allgemeine Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers. Ob ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB eingetreten ist, muss daher grundsätzlich durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden. Zunächst ist also der sich aus dem Vergleich des Vermögens vor und nach der Verfügung bzw. Pflichtverletzung ergebende Saldo zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 02.07.2014 - 5 StR 182/14 -, NStZ 2014, 517). Ergibt sich hierbei kein Negativsaldo, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob im Hinblick auf eine weitergehende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit gleichwohl unter dem Aspekt des persönlichen Schadenseinschlags ein Vermögensnachteil anzusetzen ist. Dies setzt voraus, dass ein objektiver Wert des Erlangten für den Erwerber nicht realisierbar ist, da es ihm unmöglich (oder unzumutbar) ist, diesen letztlich in Geld umzusetzen und ihm der erworbene Gegenstand auch keinen vermögensmäßig beachtlichen Gebrauchsvorteil verschafft (BGH, Beschluss vom 19.02.2014 - 5 StR 510/13 -, NStZ 2014, 318). Soweit das Erlangte hingegen einen für jedermann realisierbaren Geldwert aufweist, scheidet ein Vermögensschaden bzw. ein Nachteil i.S.d. § 266 StGB unabhängig von den Aspekten des persönlichen Schadenseinschlags aus (BGH, Beschluss vom 19.02.2014, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund scheint die Annahme eines Nachteils fraglich. Ein Negativsaldo dürfte durch die Anschaffung der hier in Rede stehenden Gegenstände nicht eingetreten sein; auch dürfte ein realisierbarer Geldwert durch die der Stadt xxx ohne Weiteres mögliche Weiterveräußerung der unbenutzten, teilweise noch originalverpackten Gegenstände zu bejahen sein. Etwas anderes dürfte sich auch nicht daraus ergeben, dass die Gegenstände wegen der Lagerung im Haus der Klägerin oder im Rektoratszimmer dem Zugriff desjenigen, dessen Vermögensinteressen die Klägerin zu betreuen hat, entzogen wurden. Von einem eigennützigen Vorgehen der Klägerin kann, wie bereits ausgeführt, nicht ausgegangen werden. Soweit der Beklagte auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.08.2008 (- 2 StR 587/07 -, BGHSt 52, 323) verweist, betrifft dieses Urteil die Konstellation, dass der Täter Geldvermögen des Treugebers in verdeckten Kassen führte und diesem auf Dauer vorenthielt, um es unter dessen Ausschaltung oder Umgehung nach Maßgabe eigener Zweckmäßigkeitserwägungen bei noch nicht absehbaren späteren Gelegenheiten für möglicherweise nützliche, jedenfalls aber risikoreiche Zwecke einzusetzen. Damit ist die vorliegende Konstellation jedoch nicht vergleichbar. Jedenfalls ist hier ein Vorsatz der Klägerin bezüglich des Merkmals „Nachteil“ nicht festzustellen. Bei der Untreue sind an den Vorsatz und dessen Beweisbarkeit strenge Anforderungen zu stellen, vor allem dann, wenn - wie hier - der Täter nicht eigennützig gehandelt hat und nur bedingter Vorsatz in Rede steht (BGH, Beschluss vom 02.07.1997 - 2 StR 228/97 -, wistra 1997, 301 m.w.N.). Der Täter muss sich nicht nur der Pflichtwidrigkeit seines Tuns, sondern auch des dadurch bewirkten Vermögensnachteils im oben genannten Sinne bewusst gewesen sein. Hiervon kann nach den Einlassungen der Klägerin nicht gesprochen werden, die auch in der Berufungsverhandlung nachdrücklich angegeben hat, sie habe den Schulträger nicht finanziell schädigen wollen.
56 
Allerdings ist die Klägerin auf Grund der festgestellten Handlungen fehlsam mit öffentlichen Mitteln umgegangen und hat dadurch ein Dienstvergehen begangen.
57 
Dienstliches Fehlverhalten ist auch, wenn ein Beamter mit öffentlichen Mitteln fehlsam umgeht, ohne dabei die Strafbarkeitsschwelle der Untreue zu erreichen (vgl. Gemeinschaftskommentar Öffentliches Dienstrecht [GKÖD], Band II, Das materielle Dienstrecht, J 930 RdNr. 16). Der Straftatbestand der Untreue ist enger als die beamtenrechtliche Dienstpflicht zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln. Daher kann auch bei Nichterfüllung des Straftatbestandes der Untreue eine Dienstpflichtverletzung vorliegen. Die Verpflichtung der Klägerin zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln (vgl. hier: §§ 77 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Satz 1 GemO in Verbindung mit der Vereinbarung über die Ausführung des Budgetorientierten Haushaltsplans vom 13.11.2006 zwischen der Stadt xxx und der xxx, vertreten durch die Klägerin; vgl. ferner: § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 Satz 1 LHO) folgt bereits aus der allgemeinen Pflicht des Beamten zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. § 47 Abs. 1 LBG) sowie darüber hinaus zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG).
58 
Der Umgang mit öffentlichen Mitteln kann in diesem Sinne objektiv dienstpflichtwidrig sein, wenn ein Beamter, zu dessen funktionellen Amtspflichten der Umgang mit öffentlichen Mitteln gehört, innerhalb seines dienstlichen Verantwortungsbereichs gegen das allgemeine Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstößt, indem er öffentliche Mittel objektiv unwirtschaftlich verwendet oder der öffentlichen Hand zustehende Einnahmen nicht oder nicht rechtzeitig erhebt (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, MatR II, RdNr. 365; GKÖD, J 930, RdNrn. 30 ff.). Eine solche Dienstpflichtverletzung ist hier bezüglich der oben benannten Handlungen der Klägerin festzustellen. Auf Grund der Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans vom 13.11.2006 gehörte der Umgang mit öffentlichen Mitteln zu den funktionellen Amtspflichten der Klägerin in deren dienstlichen Verantwortungsbereich als Schulleiterin der xxx. Sie war insoweit berechtigt, über die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben haushaltsmäßig ausgebrachten Mittel (öffentliche Mittel) zu verfügen. Gemäß Nr. 2 der Vereinbarung vom 13.11.2006 werden der xxx für den pädagogischen Betrieb und bestimmte Bauhofleistungen, die den internen Schulbetrieb betreffen, haushaltsmäßige Mittel zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Richtlinien führt die Schule ihr Budget in freier und alleiniger Verantwortung aus (Nr. 2.6 der Vereinbarung), wobei dem Schulleiter (hier also der Klägerin) bzw. dessen Stellvertreter die Bewirtschaftungsbefugnis und die Feststellungsbefugnis für den Vollzug des Haushaltsplans im Einzelfall und im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen bis zu 10.000 EUR zusteht (Nr. 3 der Vereinbarung). Es liegt auch ein objektiv unwirtschaftlicher Umgang mit öffentlichen Mitteln vor. Ein solcher kann in vielfältiger Weise gegeben sein (vgl. zu einzelnen Fallgruppen: Zängl, a.a.O., RdNr. 370; GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 38 f.), etwa auch dann, wenn öffentliche Mittel in einem größeren Umfang verwendet werden als es zur Erreichung des zu verfolgenden Ziels erforderlich erscheint; unwirtschaftlich in diesem Sinne kann auch die Anschaffung objektiv nicht benötigter Gegenstände sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.01.2011 - 2 WD 20.09 -, juris; Beschluss vom 14.06.1985 - 1 DB 26.85 -; Zängl, a.a.O., RdNr. 370; GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 38 f.), insbesondere wenn diese zur pflichtgemäßen Aufgabenwahrnehmung nicht zur Verfügung gestellt werden.
59 
Letzteres ist hier der Fall. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin durch den Erwerb der in Nrn. 1 - 21 und 29 - 49 der Disziplinarverfügung vom 13.08.2014 einzeln genannten Gegenstände Anschaffungen getätigt, die für den „internen Schulbetrieb“ (vgl. Nr. 2 der Vereinbarung über die Ausführung des budgetorientierten Haushaltsplans) nicht erforderlich waren. Die Klägerin bezeichnete den Erwerb der Gegenstände in der Berufungsverhandlung selbst als „Unnötiges, Quatsch und Plunder“. Ob diese grundsätzlich zum Gebrauch im internen Schulbetrieb bestimmt waren, ist nicht maßgeblich, nachdem ein konkreter Bedarf für die Anschaffung der Gegenstände nicht bestand. Die Gegenstände waren weder von den Lehrkräften des entsprechenden Fachbereichs angefordert worden noch waren sie Gegenstand der Beratungen in der Haushaltskonferenz. Sie wurden auch nicht für den Unterricht in der Schule zur Verfügung gestellt oder von den Lehrkräften „vermisst“.
60 
Mit diesen der Klägerin vorgeworfenen Anschaffungen und dem Versuch, eine Realschullehrerin und eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Angaben gegenüber Bediensteten des Schulträgers (Stadt xxx) zu decken, hat die Klägerin gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), die Pflicht zur Wahrung des Rechts (§ 38 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 LBG) sowie gegen die Vorbildfunktion des Lehrers (§ 38 Abs. 6 SchG in Verbindung mit § 1 SchG, Art. 11 Abs. 1 und 12 Abs. 1 LV) verstoßen.
61 
Diese Pflichtverletzungen hat die Klägerin vorsätzlich und schuldhaft begangen.
62 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin vorsätzlich gehandelt hat. Ihre Vorgehensweise ist Beleg, dass sie sich zumindest bewusst gewesen ist, mit den Anschaffungen gegen den Grundsatz sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltens zu verstoßen. Sie hat die erworbenen Gegenstände bei sich zu Hause, in ihrem Rektoratszimmer oder in einem Schrank im Lehrerzimmer aufbewahrt, ohne sie den Lehrkräften bzw. dem Unterricht in der Schule zur Verfügung zu stellen. Die Beschaffung der Gegenstände war nicht Gegenstand der Haushaltskonferenz der Schule, in der über die Verwendung der der xxx zugewiesenen Mittel beraten wurde; die Lehrkräfte der Schule wussten von deren Erwerb und Existenz nichts. Hinsichtlich des Versuchs, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu wahrheitswidrigen Angaben zu veranlassen, ist ebenfalls von einem vorsätzlichen Handeln auszugehen. Die Klägerin wollte damit zielgerichtet ihr Fehlverhalten vertuschen.
63 
Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin schuldhaft (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) gehandelt hat. Auch im Disziplinarrecht werden die Regelungen der §§ 20 f. StGB entsprechend angewandt; unter den Voraussetzungen des § 20 StGB entfällt ein Dienstvergehen (vgl. Urteil des Senats vom 11.01.2012 - DB 13 S 316/11 -, juris; von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., Materielles Dienstrecht RdNr. 11). Nach § 20 StGB handelt schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
64 
Auf Ersuchen des Senats mit Beweisbeschluss vom 21.10.2015 hat Dr. xxx, Universitätsklinik xxx, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Forensische Psychiatrie und Psychotherapie ein Gutachten zur Frage einer (verminderten) Schuldfähigkeit der Klägerin bei Begehung der ihr in der Disziplinarverfügung des Regierungspräsidiums xxx vom 13.08.2014 zur Last gelegten Pflichtverstöße erstellt. In seinem Gutachten vom 11.01.2016 kommt der gerichtliche Gutachter nach Exploration der Klägerin und kritischer Würdigung aller ihm vorliegenden Fremdberichte und Unterlagen zu dem Ergebnis, dass das Eingangskriterium seelische Störung als erste Stufe zur Bestimmung einer Schuldunfähigkeit im Falle der Klägerin aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht erfüllt ist. In dem Gutachten wird im Einzelnen ausgeführt und erläutert, dass bei der Klägerin auf Grund ihrer XX-Erkrankung, der verabreichten Medikamente (a.e. [am ehesten] im Sinne einer organisch affektiven Störung, ICD-10 F06.3 bzw. organisch emotional-labilen bzw. asthenischen Störung F06.6 mit Antriebssteigerung nach Cortison, im Verlauf Müdigkeit und Verstimmtheit, Gereiztheit durch Copaxone) und auch auf Grund einer Anpassungsstörung an die Diagnose xxx Veränderungen in der Psyche vorlagen, die in der Zusammenschau bei einem sonst unbeeinträchtigten psychosozialen Funktionsniveau jedoch in quantitativer Hinsicht nicht geeignet seien, die normativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der Merkmalskategorie der §§ 20, 21 StGB zu erfüllen. Das Kaufverhalten der Klägerin könne zwar sowohl im privaten wie auch im beruflichen Bereich möglicherweise außerhalb der statistischen Norm gelegen haben, psychopathologische Kriterien für das Vorliegen einer pathologischen Störung des Kaufverhaltens im Sinne einer Verhaltenssucht seien jedoch nicht vorhanden. Die für das Vorliegen einer „Kaufsucht“ zu fordernden Kriterien seien nicht erfüllt. Die Klägerin scheine andere Vorstellungen bezüglich der Ausstattung einer Schule zu haben als das Regierungspräsidium. Die im Detail explorierten Anschaffungen und die Art der Anschaffung ließen sich nicht als Begründung heranziehen, um ein psychopathologisch motiviertes Kaufverhalten belegen zu können. Die Klägerin sei durchgängig in der Lage gewesen, ihrer Tätigkeit als Realschulrektorin nachzugehen und habe über die Käufe als solche hinaus keine Auffälligkeiten im Verhalten gezeigt, die dem Vorliegen eines organischen Psychosyndroms entsprechen würden. Auch aktuell hätten sich weder klinisch noch testpsychologisch Merkmale einer hirnorganisch begründeten Einschränkung der Hirnfunktionen gezeigt. Die Merkmale der unter ICD-10 F 06 vermerkten „anderen psychischen Störungen auf Grund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit“ seien ebenfalls nicht gegeben. Für eine entsprechende wahnhafte Symptomatik, Halluzination oder eine andere schwere formale Denkstörung fänden sich weder in den Eigenangaben noch in den Fremdbefunden ein entsprechender Hinweis. Die bei der Klägerin bestehende Symptomatik könne als emotionale Reaktion auf die Diagnose xxx im Sinne einer Anpassungsstörung erklärt werden und die Nebenwirkung der Medikation könne affektive und emotional-labile Symptome begründet haben. Weder die organisch bedingte affektive bzw. emotional-labile Störung noch die Anpassungsstörung seien einzeln bzw. kombiniert geeignet, den Schweregrad für das Eingangskriterium krankhafte seelische Störung zu erfüllen. In der Berufungsverhandlung hat der gerichtliche Gutachter dazu nochmals anschaulich ausgeführt, dass bei der Klägerin eine komplizierte Mischung aus hirnorganisch und reaktiven psychischen Auffälligkeiten vorliege. Die hirnorganischen Auffälligkeiten gingen zu Lasten von zwei Faktoren, nämlich der entzündlichen xxx und der Medikation, die psychotrophe Nebenwirkungen habe. Dies werde zusätzlich von einer unzureichenden psychischen Krankheitsverarbeitung überlagert. Dabei werde der hirnorganische Störungsteil durch eine organisch affektive oder eine organisch-emotional-labile (asthenische) Störung abgebildet, während der psychisch-reaktive Störungsanteil am besten durch den Klassifikationsbegriff einer Anpassungsstörung bezeichnet werde. Die Klägerin weise damit ein Krankheitsbild auf, das allerdings - auch in der Summe - nicht ausreiche, um die Merkmalskategorie „krankhaft seelische Störung“ als erfüllt anzusehen. Der Senat hält bei der gebotenen kritischen Würdigung (vgl. BGH, Urteil vom 27.05.1982 - III ZR 201/80 -, NJW 1982, 2874) das erstellte Gutachten einschließlich der schriftlichen und mündlichen Erläuterungen des Gutachters für schlüssig und überzeugend. Das Gutachten geht von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, weist keine inhaltlichen Widersprüche und fachlichen Mängel auf; zudem bestehen keine Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters. Den diesbezüglichen Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten vermag der Senat nicht zu folgen.
65 
Dies gilt zunächst für die von der Klägerin geltend gemachte Unzulässigkeit der Delegierung der Begutachtung auf die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx. Diese hat nach den Angaben des Dr. xxx in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 22.06.2016 und in der Berufungsverhandlung die Untersuchung der Klägerin am ersten Untersuchungstag (21.12.2015), die etwa vier Stunden gedauert hat, allein vorgenommen und an der Formulierung des Gutachtens, etwa auch durch Erstellung des ersten Konzepts des Gutachtens, mitgewirkt. Dr. xxx hat die Klägerin am zweiten Untersuchungstag (04.01.2016) etwa eine Stunde lang - gemeinsam mit Dr. xxx - untersucht. Zuvor hatte Frau Dr. xxx ihm die von ihr erhobene Gesamtanamnese mitgeteilt; dabei sind noch offene Punkte besprochen worden. Ebenso hatte ihm Frau Diplom-Psychologin xxx vor der Untersuchung am 04.01.2016 das Ergebnis des testpsychologischen Zusatzgutachtens bekannt gegeben. Das forensisch-psychiatrische Gutachten vom 11.01.2016 ist von Frau Dr. xxx unterschrieben und enthält den von Dr. xxx unterschriebenen Zusatz „Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Der gerichtliche Sachverständige ist nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendigen Tätigkeiten persönlich vorzunehmen. Er darf vielmehr zu seiner Unterstützung bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens geschulte und zuverlässige Hilfskräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiter - insbesondere zu einzelnen Untersuchungen - heranziehen. Die Mitwirkung geeigneter Hilfspersonen findet ihre Grenzen darin, dass in jedem Fall die volle gerichtliche Verantwortung des vom Gericht bestellten Sachverständigen uneingeschränkt gewahrt bleiben muss. Innerhalb der dadurch gezogenen Grenzen steht es im Ermessen des Sachverständigen, in welcher Art und Weise er sich die für sein Gutachten erforderlichen Kenntnisse verschafft. Ob es dazu ausnahmsweise ausreicht, dass dem Sachverständigen durch die Lektüre des von einem zuverlässigen und geschulten Mitarbeiter verfassten schriftlichen Gutachtens die darin wiedergegebenen für die Begutachtung wesentlichen Umstände vermittelt werden oder ob es einer eigenen Kontrolluntersuchung und Urteilsbildung des Sachverständigen bedarf, hängt von dem jeweiligen Sachgebiet, der zu beurteilenden Frage sowie den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 25.07.1994 - 8 B 56/94 -, juris m.w.N.). Bei einer psychiatrischen Untersuchung ist jedenfalls auch die persönliche Begegnung des gerichtlich bestellten Gutachters mit dem Probanden unter Einschluss eines explorierenden Gesprächs erforderlich; es reicht nicht aus, dass der gerichtlich bestellte Gutachter ohne eigene Untersuchung sich lediglich mit dem von seiner Hilfsperson verfassten Gutachten „auf Grund eigener Urteilsbildung“ einverstanden erklärt (BSG, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 VU 2/03 B -, NZS 2004, 559 m.w.N.; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., RdNr. 340). Diese Voraussetzungen sind auf Grund des etwa einstündigen persönlichen Kontakts des Dr. xxx und dessen eigener Untersuchung am 04.01.2016 erfüllt. In der Berufungsverhandlung hat Dr. xxx keine Zweifel daran gelassen, dass er auf Grund der von ihm vorgenommenen einstündigen Untersuchung in der Lage war, die volle persönliche Verantwortung für die Erstellung des Gutachtens zu übernehmen (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 28.02.1992 - 8 C 48/90 -, NVwZ 1993, 771). In dieser Stunde habe er eine Exploration durchgeführt, dessen Ergebnis der psychische Befund gewesen sei. Auf Grund der Vorarbeiten der Frau Dr. xxx habe er seine eigene persönliche Untersuchung der Klägerin auf den Umfang von einer Stunde begrenzen und sich dabei ein eigenes Bild machen und ein eigenes Urteil bilden können. Dies gilt ausweislich des Gutachtens auch für die mit der xxx der Klägerin zusammenhängenden neurologischen Fragen.
66 
Soweit die Klägerin das „äußere Erscheinungsbild“ des von Dr. xxx erstatteten Gutachtens kritisiert, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die äußere Form des Gutachtens ist beanstandungsfrei. Die Klägerin führt auch nicht aus, wieso die von ihr wohl beanstandete Gewichtung der einzelnen Teile zu inhaltlichen Fehlern und zur Unverwertbarkeit des Gutachtens führen soll. Auch der Senat erkennt hierfür keine Anhaltspunkte.
67 
Die Kritik der Klägerin an der Art der Anamnese- und Befunderhebung, insbesondere dazu, dass nicht hinreichend die Befunde anderer sie behandelnder Ärzte (Dr. xxx) und ihre eigenen Angaben in dem übergebenen Lebenslauf berücksichtigt sowie keine fremdanamnestischen Erhebungen durchgeführt worden seien, greift ebenfalls nicht durch. In der Berufungsverhandlung hat Dr. xxx angegeben, dass die Befunde des Dr. xxx berücksichtigt worden seien. Er hat zugleich darauf hingewiesen, dass Dr. xxx die Diagnose einer exogenen Psychose (nach Copaxone-Therapie) ausdrücklich als Verdachtsdiagnose gestellt hat und dass es nicht möglich sein könne, dass die Klägerin seit dem Beginn der Medikation mit Copaxone bis zum Untersuchungstermin 2011 im Zustand einer exogenen Psychose gewesen sei und gleichzeitig als Realschulrektorin im Übrigen unbeanstandet gearbeitet habe. Soweit die Klägerin darüber hinaus eine Auseinandersetzung mit der von Dr. xxx beschriebenen „persönlichen Krise mit erheblichen psychischen Komplikationen“ (Arztbrief vom 18.02.2011) bzw. mit der „schwerwiegenden psychischen Krise mit Verhaltensauffälligkeiten“ (Arztbrief vom 11.07.2011) vermisst, beziehen sich diese Ausführungen des Dr. xxx im Wesentlichen auf bei der Klägerin bestehende Symptome nach Aufdecken der hier in Rede stehenden Vorfälle und können darüber hinaus - wie Dr. xxx zu Recht in der Berufungsverhandlung bemerkt hat - den psychischen Zustand der Klägerin nicht retrospektiv über drei bis vier Jahre (und damit zum Zeitpunkt der Tatbegehung) beschreiben. Entgegen der Ansicht der Klägerin wurde die im Arztbrief der xxx, Dr. xxx, vom 01.04.2011 diagnostizierte „Organische affektive Störung mit gegenwärtiger depressiver Episode“ vom gerichtlichen Gutachter berücksichtigt (vgl. Seite 41 und 81 des Gutachtens) und die Frage einer hirnorganischen Symptomatik wurde diskutiert. Das gerichtliche Gutachten kommt dabei stimmig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die organisch bedingte affektive bzw. emotional-labile Störung weder einzeln noch kombiniert mit einer Anpassungsstörung geeignet sind, den Schweregrad für das Eingangskriterium seelische Störung zu erfüllen. Eine schwere organische Störung der Affektion, der Kognition oder der Wahrnehmung seien - ebenso wie jene der pathologischen Kaufsucht - nach qualifizierter Betrachtung der eigenanamnestischen Angaben, des Untersuchungsbefundes zur Vorbereitung der Erstellung des Gutachtens sowie der vorliegenden Fremdberichte medizinisch nicht zu begründen. Auf Grund dieser Feststellungen ist es nicht ersichtlich, warum an dieser Stelle weitere differenzialdiagnostische Überlegungen erforderlich gewesen sein sollten; insbesondere hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung angegeben, dass der hirnorganische Störungsteil differenzialdiagnostisch erfasst worden ist. Vor diesem Hintergrund kann der Senat auch keinerlei Anhaltspunkte für die von der Klägerin in diesem Zusammenhang geäußerte Befürchtung erkennen, Dr. xxx oder die von ihm hinzugezogene Ärztin Dr. xxx hätten der Thematik nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenübergestanden. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass sich das Gutachten im Wesentlichen auf die selbst ermittelte Anamnese und nicht auf den von der Klägerin übergebenen schriftlichen Lebenslauf, der zudem Eingang in das Gutachten gefunden hat (vgl. S. 49 des Gutachtens), stützt. Das Vorbringen der Klägerin, fremdanamnestische Erhebungen (der Mutter und des Freundes, Dr. xxx) seien nicht vorgenommen worden, so dass das Ausmaß ihrer psychischen Veränderungen in den hier relevanten Zeiträumen nicht weitergehend exploriert worden sei, führt ebenfalls nicht zur Unverwertbarkeit des von dem Senat eingeholten Gutachtens. Zwar hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung angegeben, dass eigene fremdanamnestische Feststellungen hilfreich gewesen wären. Je mehr Informationen vorliegen würden, umso besser sei dies. Allerdings habe er solche Erhebungen nicht für erforderlich gehalten, nachdem genügend fremdanamnestische Informationen in den ihm vorgelegten Akten enthalten gewesen seien (vgl. dazu auch die ausführliche Wiedergabe der Zeugenaussage und der die Klägerin betreffenden ärztlichen Äußerungen auf den Seiten 20 - 46 des Gutachtens). Ausdrücklich ist von dem Gutachter auf Befragen des Bevollmächtigen der Klägerin in der Berufungsverhandlung ausgeführt worden, dass Aussagen von dritten Personen in Bezug auf eine Wesensveränderung der Klägerin berücksichtigt worden seien. Die Klägerin sei zudem für den Zeitraum der Vorfälle nicht „für gesund erklärt“ worden. Vielmehr habe man sich bemüht, den psychopathologischen Zustand der Klägerin im Zeitraum der Vorfälle so genau wie möglich zu rekonstruieren und entsprechend den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation zu klassifizieren. Ergebnis dieser Betrachtungen sei nicht gewesen, dass bei der Klägerin keine Störung auf psychiatrischen Gebiet vorliege, sondern dass die festgestellten Diagnosen - auch in der Summe - nicht ausreichten, die Merkmalskategorie „krankhafte seelische Störung“ als erfüllt anzusehen. Dies bedeute aber nicht, dass die Klägerin kein Krankheitsbild habe.
68 
Soweit die Klägerin weiterhin rügt, dass sich der gerichtliche Sachverständige nicht mit dem Verlust ihrer langjährigen Beziehung zu Herrn Dr. xxx und dessen Folgen für eine störungsfreie Kompensation ihrer Erkrankung und für ihre Behandlung beschäftigt habe, hat der Gutachter sowohl in seiner schriftlichen Stellungnahme wie auch auf Befragen des Senats in der Berufungsverhandlung angegeben, dass dies ausreichend berücksichtigt worden sei; wenn die Klägerin dazu etwas gesagt habe, sei dies dokumentiert worden (vgl. dazu etwa die Seiten 48 und 51 des Gutachtens vom 11.01.2016; zu den Angaben des Herrn Dr. xxx im Disziplinarverfahren selbst vgl. Seite 35 f. des Gutachtens). In für den Senat nachvollziehbarer und nicht zu beanstandender Weise hat Dr. xxx in der Berufungsverhandlung weiter ausgeführt, dass eine Gesamtbetrachtung aller Belastungsfaktoren vorgenommen wurde. Das Beziehungsende habe Einfluss auf den Anteil an der psychischen Symptomatik gehabt, die im Gutachten als Anpassungsstörung bezeichnet worden sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin darüber hinaus hervorgehobene Beschreibung der eigenen Veränderung durch sie und Dritte hat der Gutachter in der Berufungsverhandlung zudem zu Recht ausgeführt, dass auch diese Auffälligkeiten im Gutachten beschrieben und der diagnostischen Einschätzung zu Grunde gelegt worden seien.
69 
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wurden auch die Nebenwirkungen der verabreichten Medikamente (Methylprednisolon [Cortison] und Copaxone) im Gutachten reflektiert. Die Medikation wird im Gutachten beschrieben und gewürdigt (Seite 76 f.); dies hat der Gutachter in der Berufungsverhandlung nochmals bestätigt. Insbesondere wird im Gutachten ausgeführt, dass richtiggehende maniforme oder psychotische Entgleisungen auf Grund der Cortisongabe weder von der Klägerin noch fremdanamnestisch umschrieben worden seien; lediglich einmalig sei ein allenfalls hypomanes Zustandsbild mit einem gesteigerten Antrieb im Behandlungsbericht der xxx vermerkt. Bezüglich Copaxone, das anders als Cortison als Basistherapeutikum eingesetzt worden sei, könne hingegen angenommen werden, dass die dauerhafte Medikation zu Veränderungen in der Persönlichkeit der Klägerin (Launenhaftigkeit, Gereiztheit) geführt habe. In seiner ergänzenden schriftlichen Stellungnahme hat der Gutachter zudem ausgeführt, dass die Bewertung, dass sich der rekonstruierte Zustand der Klägerin nicht der Merkmalskategorie krankhafte seelische Störung zurechnen lasse, unabhängig davon sei, auf welcher ätiopathogenetischen Grundlage die beschriebenen psychopathologischen Auffälligkeiten entstanden seien. Soweit die Klägerin darüber hinaus die Aussage des gerichtlichen Gutachters, dass sämtliche der zerebralen Befunde ungeeignet seien, eine hirnorganische Wesensänderung zu begründen, in Frage stellt, hat der Gutachter auf Befragen des Senats angegeben, dass die dokumentierten Auffälligkeiten in der Bildgebung nicht geeignet seien, ein relevantes hirnorganisches Psychosyndrom zu begründen. Das Nichtvorhandensein von sichtbaren Läsionen schließe aber grundsätzlich eine hirnorganische Beeinträchtigung nicht aus. Als Psychiater könne er aber nur die Beeinträchtigungen am vorhandenen psychosozialen Funktionsniveau messen. Diese reichen nach dem Gutachten (vgl. S. 76 f.) aber nicht aus, die normativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der Merkmalskategorie der §§ 20, 21 StGB zu erfüllen. Auf entsprechende Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat Dr. xxx ohne Weiteres nachvollziehbar erklärt, eine Weiterleitung der MRT-Aufnahmen an die Radiologie zur Befundung sei nicht erfolgt, weil entsprechende Befunde seitens der Neuroradiologen bereits in der Akte gewesen seien; eine Notwendigkeit, diese erneut zu befunden, habe es deshalb nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund war es entgegen dem Vorhalt der Klägerin auch nicht notwendig, dass sich der Gutachter die kernspintomographischen Aufnahmen des Gehirns persönlich ansieht, zumal diesbezüglich bei ihm keine spezifische Kompetenz besteht (vgl. schriftliche Stellungnahme des Gutachters vom 22.06.2016). Entgegen der Ansicht der Klägerin kann damit auch nicht davon ausgegangen werden, dass in der Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen zusätzliche Anknüpfungstatschen zur Erhellung ihrer Lebenssituation fehlen. Soweit die Klägerin weiterhin rügt, dass zu wenig diskutiert und erklärt worden sei, wie ihre Verhaltensänderungen begründet werden können, verkennt sie bereits, dass solche Handlungen - wie Dr. xxx in der Berufungsverhandlung ausführte - auch ohne psychopathologische Auffälligkeiten vorgenommen werden können und es sich auch um ein normales delinquentes Verhalten handeln kann (vgl. auch das Gutachten des Dr. xxx vom 20.05.2014: „Ein ganz ungewöhnliches und rätselhaftes Verhalten allein kann ohne diagnostisch verbindliche Symptome eines nosologisch spezifizierbaren Krankheitsprozesses eben nicht als Krankheit bewertet werden“). Dr. xxx hatte in der Berufungsverhandlung angegeben, dass er zu den Gründen des Fehlverhaltens der Klägerin eine Hypothese habe, von der es in der Exploration nicht gelungen sei, sie zu belegen (vgl. auch die Hypothesen des Gutachtens des Dr. xxx vom 20.05.2014, S. 56 f.: „Versuch, möglichst alles, auch für jede Eventualität, richtig zu machen, wobei die Klägerin über das Ziel hinaus schoss,… kompensatorisch als Reaktion auf ihren schweren Schicksalsschlag i.S., sich vermehrt etwas zu gönnen“). Den Inhalt der Hypothese des Gutachters erfragte die Klägerin oder dessen Bevollmächtigter in der Berufungsverhandlung indes nicht.
70 
Letztlich hat sich der gerichtliche Gutachter Dr. xxx auch mit dem von der Staatsanwaltschaft xxx eingeholten Gutachten des Prof. Dr. xxx vom 13.07.2011 auseinandergesetzt, das anders als das Gutachten des Dr. xxx zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Klägerin im Tatzeitraum in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sei und es nicht auszuschließen sei, dass die Steuerungsfähigkeit der Klägerin aufgehoben gewesen sei; die Klägerin habe unter einer krankhaften seelischen Störung im Sinne eines organischen Psychosyndroms gelitten. Dr. xxx hat dazu ausgeführt (S. 83 - 86 des Gutachtens):
71 
„Im Ergebnis besteht somit im Wesentlichen Übereinstimmung mit der Einschätzung des Dr. xxx aus dem Jahr 2013.
72 
Anders verhält es sich mit der Begutachtung des Prof. xxx im Jahr 2011. Er hatte ein hirnorganisches Psychosyndrom bzw. eine hirnorganische Persönlichkeitsveränderung festgestellt, in deren Folge die Steuerungsfähigkeit von Frau xxx das Kaufen und Horten betreffend zumindest erheblich eingeschränkt gewesen sei. Er hatte im psychopathologischen Befund einen flach-deprimierten ängstlichen Affekt festgestellt. Dieser war bei der heutigen Untersuchung nicht vorhanden. Vielmehr sahen wir eine nicht depressive Patientin mit teilweise hyperthymer Stimmungslage, die den Eigenangaben von Frau xxx folgend wieder nahezu dem psychischen Zustandsbild vor der xxx entsprechend dürfte. Passend dazu zeigten sich auch keinerlei Auffälligkeiten in der aktuell durchgeführten testpsychologischen Leistungsdiagnostik.
73 
Unbestritten leidet Frau X. an einer xxx, xxx xxx, 2008 waren auch Läsionen zerebral beschrieben, die allerdings nicht eine frontale Enthemmung der Persönlichkeit begründen würden. Zu dieser Einschätzung waren auch Prof. xxx und Dr. xxx gelangt. Herr Prof. xxx befand Veränderung der Gehirnfunktion bedingt durch die Medikation und die Grunderkrankung als Störung der Hirnfunktion und als Ursache eines möglichen hirnorganischen Psychosyndroms und begründete dies vor allem damit, dass Verhaltensänderungen mit Auftreten xxx und vor allem zu Beginn der Copaxone- und Cortisontherapie aufgetreten waren. Er hatte dabei ein pathologisches Kaufen und Sammeln festgestellt. Die Kriterien des pathologischen Kaufens, welche im Übrigen analog auch zum Sammeln gelten, sind wie bereits ausgeführt unseres Erachtens nach zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Herr Prof. xxx beschrieb weiterhin, dass die Verhaltensweisen im Rahmen von Affektveränderung aufgetreten seien. … Zusammengefasst habe die Klägerin unter einer krankhaften seelischen Störung in Form eines organischen Psychosyndroms gelitten, im Tatzeitraum sei die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, es sei nicht auszuschließen, dass sie aufgehoben gewesen sei.
74 
Die Kriterien für das Vorliegen eines organischen Psychosyndroms sind nach Einschätzung der Gutachter für den Zeitraum der strittigen Käufe nicht erfüllt. Frau X. war in der Lage, außerhalb der Krankschreibung durch die xxx als solche, ihrer Tätigkeit als Rektorin korrekt und ohne Auffälligkeiten nachzugehen. Das jetzt vorgeworfene auffällige Verhalten beschränkte sich damit nur auf das Kaufen von Gegenständen für die Schule und den Privatgebrauch. Hier sind aber keine derartig schwerwiegenden Abweichungen zu beobachten, die ein hypomanes oder manisches Bild mit sich bringen würde oder eine vollständige Enthemmung der Kontrolle begründen würden. Dafür spricht auch, dass weder das private Budget noch das der Schule überschritten wurde, dass das Kaufen an sich auch nicht einer typischen Bedürfnisbefriedigung diente, dass keine Änderungen des Anspannungsniveaus von Frau xxx vor oder nach den Käufen beobachtet wurde und darüber hinaus keine schwerwiegenden psychopathologischen Auffälligkeiten im Bereich der Wahrnehmung, des Affektes oder der Kognitionen beschrieben sind, die die Diagnosestellung des organischen Psychosyndroms rechtfertigen würden.“
75 
Erläuternd hierzu hat Dr. xxx auf Befragen - insbesondere zur zeitlichen Nähe des Gutachtens des Prof. Dr. xxx - in der Berufungsverhandlung angegeben, dass die zeitliche Abfolge der Begutachtung berücksichtigt worden sei. Prof. Dr. xxx habe in eine andere Situation hinein begutachtet. Er habe im laufenden Ermittlungsverfahren ein vorbereitendes Gutachten erstellt. Das Gutachten, das zähle, werde erst in der mündlichen Hauptverhandlung nach der Beweiserhebung erstattet. Man könne daher die schriftlichen Ausführungen des Prof. Dr. xxx - anders als sein Gutachten und auch das des Dr. xxx - nicht als abschließendes schriftliches Gutachten verstehen. Es handele sich vielmehr um ein vorbereitendes schriftliches Gutachten, das als Orientierungshilfe für alle Beteiligten zur Vorbereitung der Hauptverhandlung diene. Anders als Prof. Dr. xxx habe ihm als Gutachter im gerichtlichen Disziplinarverfahren ein abschließendes Aktenkonvolut vorgelegen, auf dessen Grundlage dann ein Gutachten erstellt und dem Gericht übermittelt werden könne. Er halte es für wahrscheinlich, dass Prof. Dr. xxx, wenn er dieselben vollständigen Informationen wie er gehabt hätte, zu einem vergleichbaren Ergebnis gekommen wäre. Die Überlegungen des Prof. Dr. xxx seien als Ausgangshypothese psychiatrisch richtig, sie ließen sich nur nicht durch die Behandlungsberichte und das rekonstruierte psychosoziale Funktionsniveau belegen. Der Senat hält diese Ausführungen des Dr. xxx für überzeugend.
76 
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht bei dem damit erwiesenen einheitlichen Dienstvergehen der Klägerin die Disziplinarverfügung in Anwendung des § 21 Satz 2 AGVwGO wegen eines Bemessungsfehlers in der Weise abgeändert hat, dass die Klägerin - statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - in das Amt einer Realschullehrerin zurückgestuft wird.
77 
§ 21 Satz 2 AGVwGO findet bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG Anwendung (vgl. Urteil des Senats vom 03.06.2014 - DL 13 S 150/14 -, juris). Dies kann nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, dass das Landesdisziplinargesetz die selbstständige Disziplinarkompetenz der Verwaltungsgerichte in Frage gestellt hat (so aber wohl noch das im erstinstanzlichen Urteil in Bezug genommene Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013 - xxx -). Bereits der Wortlaut der Norm ist eindeutig. Für den Fall, dass ein Dienstvergehen - wie hier - erwiesen ist, sieht § 21 Satz 2 AGVwGO ausdrücklich die Befugnis des Verwaltungsgerichts vor, die Disziplinarverfügung auch aufrecht zu erhalten oder zu Gunsten des Beamten zu ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Einschränkungen von dieser Befugnis nennt § 21 Satz 2 AGVwGO nicht. Solche würden mit der im Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013, a.a.O., angeführten Begründung vielmehr im Ergebnis dazu führen, dass für die Norm ein Anwendungsbereich nicht eröffnet wäre. Insbesondere greift schon auf Grund des eindeutigen Wortlauts des § 21 Satz 2 AGVwGO der im Urteil des VG Freiburg vom 25.06.2013, a.a.O., hervorgehobene Umstand nicht durch, dass infolge des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts die selbstständige Disziplinarkompetenz der Gerichte aufgegeben werden sollte, die Entscheidung über die Verhängung der Disziplinarmaßnahme nunmehr - von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. der Aberkennung des Ruhegehaltes abgesehen - im Ermessen der Behörde steht und sich die gerichtliche Kontrolle gemäß § 2 LDG, § 114 VwGO nur darauf erstreckt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wird. Der Wille des Normgebers, wie er sich aus der Begründung des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LT-Drs. 14/2996) ergibt, spricht ebenfalls gegen eine restriktive Anwendung des § 21 Satz 2 AGVwGO. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis ausgeführt, dass die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts wie bei sonstigen Verwaltungsakten die Rechtmäßigkeit der behördlichen Verfügung überprüft. Die eigenständige Disziplinarkompetenz der Gerichte soll „grundsätzlich“ aufgegeben werden. Um einen zügigen Abschluss der Disziplinarverfahren zu ermöglichen, soll das Gericht „jedoch“ befugt sein, eine rechtswidrige und den Beamten in seinen Rechten verletzende Verfügung aufrechtzuerhalten oder zu Gunsten des Beamten zu ändern, wenn die Rechtsverletzung durch das gerichtliche Verfahren oder die gerichtliche Entscheidung beseitigt wird (LT-Drs. 14/2996, S. 53). Der Gesetzgeber stellt damit der grundsätzlichen Aufgabe der eigenständigen Disziplinargewalt der Verwaltungsgerichte die ihnen nach § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumte Befugnis gegenüber. Insoweit erweitert § 21 Satz 2 AGVwGO als Ergänzung zur „Grundregel“ des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Entscheidungsmöglichkeiten der Disziplinarkammer. Denn die bloße Aufhebung der Disziplinarverfügung hat zur Folge, dass die Disziplinarbehörde neu entscheiden, mithin eine andere Abschlussverfügung treffen muss. Dies kann eine nicht unerhebliche Verzögerung des unanfechtbaren Abschlusses des Disziplinarverfahrens zur Folge haben. Zur Verfahrensbeschleunigung soll das Gericht die behördliche Abschlussverfügung nicht nur aufheben, sondern unter den genannten Voraussetzungen auch bestätigen oder mildernd ändern können (LT-Drs. 14/2996, S. 147). Durch diese Möglichkeit sieht der Landesgesetzgeber die volle Disziplinarbefugnis des Dienstherrn nicht in Frage gestellt, da der Dienstherr stets die erste Entscheidung über den Abschluss des Disziplinarverfahrens zu treffen hat und das Gericht entsprechend den allgemeinen Grundsätzen (§§ 113, 114 VwGO) darauf beschränkt ist, die Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung zu prüfen. Eine Zweckmäßigkeitsprüfung erfolgt nicht. Ist die Abschlussverfügung rechtmäßig, hat das Gericht die Klage auch abzuweisen, wenn es die behördliche Verfügung für unzweckmäßig hält. Ist die Abschlussverfügung rechtswidrig und macht das Gericht von seiner aus § 21 Satz 2 AGVwGO folgenden Befugnis Gebrauch, hebt das Gericht nicht die Abschlussverfügung auf und setzt seine eigene Entscheidung an deren Stelle, sondern verändert, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt („aufrechterhalten“, „zu Gunsten des Beamten ändern“), lediglich die behördliche Entscheidung. Diese Vorgehensweise ist mit der Teilaufhebung eines Verwaltungsaktes vergleichbar (so: LT-Drs. 14/2996, S. 147 f.). Insoweit bleibt auch die vom Verwaltungsgericht nach § 21 Satz 2 AGVwGO bestätigte oder korrigierte Entscheidung ihrem Wesen nach eine Entscheidung des Dienstherrn (vgl. Burr, a.a.O., § 21 AGVwGO RdNr. 9; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 60 BDG RdNr. 35). Dementsprechend richtet sich ihre nachträgliche Aufhebung nach § 40 LDG (vgl. § 21 Satz 5 AGVwGO).
78 
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass dem Gewicht der vorgeworfenen Pflichtverletzung nicht die in der angefochtenen Disziplinarverfügung verhängte Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, sondern die Zurückstufung der Klägerin (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LDG) in das Amt einer Realschullehrerin (A 13) tat- und schuldangemessen ist.
79 
Für die Ahndung fehlsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln wie auch für das Versagen der Klägerin als Vorgesetzte steht wegen der Vielfalt möglicher Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung (vgl. auch: GKÖD, a.a.O., J 930 RdNr. 47; Zängl, a.a.O., MatR/II RdNr. 372).
80 
Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden, das Dienstvergehen kennzeichnenden Umstände handelt es sich hier um ein mittelschweres Dienstvergehen im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG, durch das die Klägerin das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat.
81 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Amtliche Begründung zu § 26 LDG, LT-Drs. 14/2996, S. 86; Urteil des Senats vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris).
82 
Das von der Klägerin begangene Dienstvergehen ist nach den objektiven Handlungsmerkmalen gewichtig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf den Umstand hingewiesen, dass das Verhalten der Klägerin, mit dem sie öffentliche Mittel in erheblichem Umfang ohne Notwendigkeit verbraucht und die von ihr erworbenen Gegenstände einer Nutzung durch die Schule entzogen hat, eine schwere Pflichtverletzung der als Rektorin auch für das Budget der von ihr geleiteten Schule verantwortlichen Klägerin darstellt. Allerdings hat sich die Klägerin mit diesem Verhalten nicht strafbar gemacht. Auch wenn man nicht den in der Disziplinarverfügung vom 08.12.2014 zu Grunde gelegten von der Klägerin verbrauchten Betrag in Höhe von 6.654,65 EUR, sondern nach Abzug der Anschaffungen unter Nrn. 22 - 28 der streitgegenständlichen Disziplinarverfügung einen Betrag in Höhe von etwa 4.800 EUR annimmt, handelt es sich immer noch um eine beträchtliche Summe, die die Klägerin unnötigerweise ausgegeben hat. Andererseits ist der bei dem Beklagten entstandene wirtschaftliche Nachteil begrenzt, nachdem eine anderweitige Verwertung der angeschafften, nicht gebrauchten und teils noch original verpackten Gegenstände möglich ist. Die Klägerin hat das der Schule zustehende Budget nicht erschöpft und die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, dass wegen des Erwerbs der streitgegenständlichen Gegenstände die Anschaffung anderer für den Schulbetrieb notwendiger Gegenstände oder übrige für den Schulbetrieb erforderliche Ausgaben unterblieben sind. In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass die Klägerin die Pflichtverletzungen über den sehr langen Zeitraum von über vier Jahren begangen hat. Eigenart und Schwere des von der Klägerin begangenen Dienstvergehens werden darüber hinaus erheblich dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin als Vorgesetzte versucht hat, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu veranlassen, gegenüber den Vertretern der Stadt xxx unrichtige Angaben zu machen, um hierdurch ihr eigenes Fehlverhalten zu verdecken. Sie hat diese dadurch der Gefahr strafrechtlicher und disziplinarer Verfolgung ausgesetzt; zu einem für die beiden Lehrkräfte belastenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist es gekommen. Besonders schwer wiegt, dass die Klägerin versucht hat, die ihrer Schule zur Ausbildung zugewiesene Realschullehreranwärterin xxx zu instrumentalisieren, um ihr eigenes Fehlverhalten nicht eingestehen zu müssen. Da die Klägerin als Schulleiterin ein Schulleitergutachten über die ihrer Schule zugewiesenen Realschullehreranwärter zu erstellen hat, das in die Bewertung des Zweiten Staatsexamens einfließt, betrifft ihr Vorgesetztenversagen nicht nur die Vorbild- und Orientierungsfunktion eines Vorgesetzten (vgl. dazu: GKÖD, a.a.O., J 688 RdNr. 106; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 13.02.1974 - I D 74.73 -: „schlechthin unwürdiges Verhalten eines Vorgesetzten“), sondern den Kernbereich ihrer Fürsorgepflicht gegenüber der von ihr in einem besonderen Maße abhängigen Realschullehreranwärterin.
83 
Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale ist festzuhalten, dass ein eigennütziges Verhalten der Klägerin nicht festzustellen ist und diese auch nicht in Schädigungsabsicht gehandelt hat. Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit der Klägerin im Sinne von § 21 StGB, die bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihr zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen ist, liegt nicht vor. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.).
84 
Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblich verminderten Schuldunfähigkeit liegen bei der Klägerin nicht vor. Der gerichtliche Gutachter Dr. xxx ist in seinem Sachverständigengutachten vom 11.01.2016 zu dem Ergebnis gekommen, dass bereits das Eingangskriterium einer krankhaften seelischen Störung aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht vorliegt; die anderen in § 20 StGB benannten biologisch-psychologischen Störungen stehen hier nicht in Rede. Wie bereits ausgeführt, hält der Senat dieses Gutachten für überzeugend und greifen die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen dieses Gutachten nicht durch. Dabei ist in diesem Rahmen durchaus zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin - unterhalb der Schwelle des § 21 StGB - auf Grund ihrer xxx und der damit verbundenen Folgen in einer für sie schwierigen Situation mit erheblichen psychischen Belastungen befunden hat. Wie bereits in der Berufungsverhandlung erörtert, bezeichnet Dr. xxx dies in seinem im Auftrag des Beklagten eingeholten Gutachten vom 20.05.2014 zusammenfassend als durch einen schweren oder tragischen Schicksalsschlag ausgelöste, jedoch letztlich weitgehend normalpsychologisch bedingte, u.U., Schuld in einem moralischen Sinne mindernde Umstände.
85 
Soweit die Klägerin hinsichtlich des Versuchs, die Realschullehrerin xxx und die Realschullehreranwärterin xxx zu falschen Angaben zu veranlassen, um ihre Pflichtverletzungen zu vertuschen, geltend macht, sie sei auf Grund ihres Fehlverhaltens in Panik geraten und habe reflexartig gehandelt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend und überzeugend darauf hingewiesen, dass die Klägerin diesen Versuch erst am Montag, den 14.02.2011, unternommen hat, nachdem sie das vorhergehende Wochenende Zeit gehabt habe, ihr weiteres Vorgehen zu überdenken. Von einem quasi reflexartigen, aus der unmittelbaren Situation geborenen, panikartigen Verhalten kann daher nicht ausgegangen werden.
86 
Bei einer Gesamtschau der oben dargestellten, die Dienstpflichtverletzung kennzeichnenden Umstände ist festzuhalten, dass das Eigengewicht der Pflichtverletzung der Klägerin auf Grund zu berücksichtigender weniger gewichtiger Faktoren (insbesondere fehlender Eigennutz der Klägerin, kein gewichtiger finanzieller Nachteil des Schulträgers; psychische Situation der Klägerin) trotz anderer schwerwiegender Umstände (vor allem das Versagen der Klägerin als Vorgesetze bei dem Versuch, eine Realschullehrerin und eine Realschullehreranwärterin zu veranlassen, sie durch wahrheitswidrige Aussagen zu decken) auch in Ansehung der Kontrollmechanismen der Stadt xxx (zu dem der Stadt xxx von der Klägerin vorgeworfenen „Mitverschulden“ vgl. die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, denen der Senat folgt) zur Kennzeichnung des Dienstvergehens als mittelschwer führt.
87 
In nicht zu beanstandender Weise ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin durch dieses mittelschwere Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in eine pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat (§ 30 Abs. 1 LDG).
88 
Nach der Konzeption des Landesdisziplinargesetzes stehen der Schweregrad des Dienstvergehens und das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung nicht unverbunden nebeneinander. Vielmehr ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang der §§ 27 ff. LDG, dass mit einem schweren Dienstvergehen tendenziell auch ein höheres Maß an Vertrauensverlust einhergeht. § 27 LDG und § 28 LDG ordnen dabei einem leichten Dienstvergehen eine geringfügige bzw. eine nicht nur geringfügige Vertrauensbeeinträchtigung, § 29 LDG und § 30 LDG einem mittelschweren Dienstvergehen eine erhebliche bzw. nachhaltige Vertrauensbeeinträchtigung sowie § 31 LDG einem schweren Dienstvergehen den endgültigen Vertrauensverlust zu.
89 
Einem mittelschweren Dienstvergehen werden also nach der Regelungssystematik des Landesdisziplinargesetzes - anders als bei einem schweren Dienstvergehen - zwei unterschiedliche Grade der Vertrauensbeeinträchtigung zugeordnet. Damit will der Gesetzgeber der Bandbreite von disziplinarrechtlich zu beurteilenden Lebenssachverhalten gerecht werden. So gibt es unter den mittelschweren Dienstvergehen solche, die an der unteren Grenze zu den leichten Dienstvergehen liegen wie auch solche, die an der oberen Grenze zu den schweren Dienstvergehen liegen, sowie zahlreiche Zwischenstufen (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 87). Hier ist insbesondere wegen des bereits von dem Verwaltungsgericht hervorgehobenen Umstands, dass die Klägerin mit den von ihr begangenen Pflichtverletzungen gerade im Bereich der ihr als Realschulrektorin zugewiesenen Aufgaben zum einen im Rahmen der ihr zugewiesenen Budgetverwaltung, zum anderen besonders im Hinblick auf die ihr obliegende Führung der Lehrkräfte und Lehreranwärter in gravierender Weise versagt hat, von einem mittelschweren Dienstvergehen auszugehen, das die Schwelle zu einem schweren Dienstvergehen fast erreicht hat und die Zurückstufung der Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin rechtfertigt. Ist wegen der genannten entlastenden Gesichtspunkte noch nicht ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten, so ist hier jedoch auf Grund der Schwere des Dienstvergehens von einem nachhaltigen Vertrauensverlust im Sinne des § 30 Abs.1 Satz 1 LDG auszugehen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass es eines längeren Zeitraums bedarf (vgl. das regelmäßig fünfjährige Beförderungsverbot des § 30 Abs. 2 LDG), um das Vertrauen wieder zu festigen (LT-Drs. 14/2998, S. 94). Dem entspricht hier der der Zurückstufung in § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG zugewiesene Zweck. Die Zurückstufung kann zum einen zur Pflichtenmahnung, zum andern auch deshalb erfolgen, weil dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit das Verbleiben des Beamten in seinem bisherigen Amt nicht zugemutet werden kann. Beides ist hier der Fall.
90 
Die besondere Pflichtenmahnung durch eine Zurückstufung um zwei Ämter ist angesichts der Schwere des Dienstvergehens erforderlich. Insbesondere sind auch bei Gesamtwürdigung der Persönlichkeit der Klägerin für den Senat keine Umstände ersichtlich, die eine mildere Disziplinarmaßnahme geboten erscheinen lassen. Dabei berücksichtigt der Senat durchaus die bereits dargestellte psychische Situation der Klägerin bei Begehung der Pflichtverletzungen, ihre bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit und ihre in den dienstlichen Beurteilungen bescheinigten herausragenden Leistungen als Realschullehrerin und Realschulrektorin. Auch wird der Umstand gewürdigt, dass die Klägerin durch Zahlung einer Summe von 20.000 EUR im Rahmen des Strafverfahrens und nochmals von 10.000 EUR im Rahmen eines zivilgerichtlichen Vergleichs die hier in Rede stehende Summe von etwa 4.800 EUR mehr als wiedergutgemacht hat. Allerdings hat die Klägerin diese Zahlungen erst nach Tataufdeckung, zu der sie im Übrigen nicht beigetragen hat, geleistet. Zudem geht der Senat - auch nach dem Eindruck der Berufungsverhandlung - davon aus, dass sich die Klägerin nicht hinreichend mit den Gründen für ihr eigenes Fehlverhalten auseinandergesetzt hat. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass sie das Vorgehen des Regierungspräsidiums xxx als demütigend und einen von diesem unterbreiteten Vergleichsvorschlag als „unwürdig“ bezeichnet hat (vgl. etwa: persönliche Schreiben der Klägerin vom 20.10.2012 an die Regierungspräsidentin, vom 14.07.2012 an den Bundespräsidenten wie auch die Angaben der Klägerin gemäß Gutachten des Dr. xxx vom 11.01.2016, S. 55). Insoweit hat das Regierungspräsidium, das mit der Klägerin und ihren Bevollmächtigten auf Anregung des Verwaltungsgerichts im Verfahren xxx (vgl. Aktenvermerk auf Blatt 255 der Disziplinarakte) umfangreiche Vergleichsverhandlungen geführt hat, darauf hingewiesen, dass es bei dem Vergleichsvorschlag eine interessenbezogene Abwägung vorgenommen habe, die unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und der mit der Maßnahme verbundenen Außenwirkung den Verbleib im Schuldienst ermöglichen solle. Der Klägerin ist es insoweit unbenommen, mit dem Vergleichsvorschlag sachlich nicht einverstanden zu sein. Es ist dem Senat aber nicht nachvollziehbar, weswegen das Vorgehen des Regierungspräsidiums als „demütigend“ und dessen Vergleichsvorschlag als „unwürdig“ bezeichnet wird. Maßgeblich kommt hinzu, dass die Klägerin kaum Einsicht in das von ihr begangene Fehlverhalten zeigt. Diesbezüglich wird im Gutachten des Dr. xxx vom 11.01.2016 (S. 79) ausgeführt, dass sich das Verhältnis der Klägerin zu den ihr vorgeworfenen Handlungen verändert habe. Nach der Aufdeckung seien noch Gefühle von Scham und Schuld vermerkt gewesen; im aktuellen Untersuchungsgespräch sei das Bewusstsein für ein etwaiges Fehlverhalten weniger ausgeprägt vorhanden gewesen. Dem entspricht es, wenn die Klägerin in der Berufungsverhandlung den Eindruck erweckt hat, das Disziplinarverfahren mit dem Ziel einer Rehabilitation ihres Rufs in der von ihr geleiteten Realschule und in ihrem persönlichen Umfeld in der Stadt xxx betreiben zu wollen (vgl. dazu auch die Angaben der Klägerin gemäß dem testpsychologischen Gutachten vom 07.01.2016). Erklärungsversuche ihres Verhaltens hat die Klägerin hingegen nicht abgegeben. Entsprechend hat der gerichtliche Gutachter Dr. xxx in der Berufungsverhandlung auf Befragen des Senats ausgeführt, die Klägerin habe die psychodynamischen Entstehungsbedingungen für ihr Fehlverhalten nicht ermittelt und ihr Fehlverhalten bislang nicht reflektiert. Für eine (günstige) Prognose sei es zu wenig, wenn die Klägerin diesbezüglich „sagt, sie weiß es nicht“. Sie sei über ein „ich weiß nicht“ nicht hinweggekommen. Vor diesem Hintergrund hält der Senat die Zurückstufung in das Amt einer Realschullehrerin für erforderlich und angemessen, um die Klägerin zur Pflichtenerfüllung anzuhalten.
91 
Davon unabhängig kann dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit ein Verbleiben der Klägerin im bisherigen Amt nicht zugemutet werden, wie das Verwaltungsgericht der Sache nach zutreffend angenommen hat. Denn die Klägerin hat gerade in ihrer Eigenschaft als Realschuldirektorin versagt, und sich damit als Vorgesetzte und Führungsperson diskreditiert (vgl. LT-Drs. 14/2996, S. 95; Burr, a.a.O., § 30 LDG RdNr. 1), während ihre grundsätzliche Befähigung als Realschullehrerin nicht in Frage steht. Die Klägerin hat sich damit zwar noch im Beamtenverhältnis als solches tragbar erwiesen, nicht aber in dem konkreten statusrechtlichen Amt ihrer Laufbahn. Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Zurückstufung der Klägerin in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 nicht ausreichend ist, weil ein solches Amt regelmäßig mit Führungsaufgaben und gegebenenfalls erheblicher Finanzverantwortung als Realschulrektorin einer kleinen Realschule oder als Konrektorin verbunden ist. Demgemäß ist die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Zurückstufung der Klägerin in das Amt einer Realschullehrerin (Besoldungsgruppe A 13) auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Diese Disziplinarmaßnahme erweist sich auch im Übrigen als verhältnismäßig, da sie auf einem der Klägerin zurechenbaren Verhalten beruht.
92 
Mit der Zurückstufung verliert die Klägerin den Anspruch auf die Bezüge aus dem bisherigen Amt sowie das Recht, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen (§ 30 Abs. 1 Satz 2 LDG).
93 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG.
94 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 2 LDG liegen nicht vor.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Für das Revisionsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht entsprechend.

(2) Für die Entscheidung über die Revision gelten die §§ 143 und 144 der Verwaltungsgerichtsordnung.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Gründe

1

Die Beschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 69 BDG unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsurteil beruht auf dem gerügten Verfahrensmangel der unzureichenden Sachaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG, § 86 Abs. 1 VwGO). Dagegen liegt die von der Beklagten gerügte Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht vor.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte, eine bei der DB Personenverkehr GmbH am Fahrkartenschalter eingesetzte Bundesbahnobersekretärin, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, nachdem sie das Verwaltungsgericht erstinstanzlich in das Amt einer Bundesbahnsekretärin zurückgestuft hatte. Dem liegt die Feststellung zugrunde, dass die Beklagte von einem Kunden, der mehrere Fahrkarten gekauft hatte, einen überhöhten Gesamtpreis unter Einbeziehung einer nicht gekauften Fahrkarte zum Preis von 182 € vereinnahmt, später diesen Fahrkartenkauf storniert und den überzahlten Betrag für private Zwecke verwendet hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme angesehen, weil das Fehlverhalten der Beklagten einer Unterschlagung amtlich anvertrauten Geldes (sog. Zugriffsdelikt) gleichstehe und weder ein anerkannter Milderungsgrund noch sonstige mildernde Umstände von erheblichem Gewicht vorlägen.

3

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Beklagte geltend, die Gleichstellung des Fehlverhaltens mit einem Zugriffsdelikt stehe in Widerspruch zu dem Urteil vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - (Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24). Die Bemessungsgrundsätze des Oberverwaltungsgericht ließen sich nicht mit den Vorgaben des Urteils vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1) vereinbaren. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht den bemessungsrelevanten Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Es habe trotz eindeutiger Anhaltspunkte für das Vorliegen einer seelischen Störung der Beklagten versäumt zu prüfen, ob zum Tatzeitpunkt eine erhebliche Verminderung ihrer Schuldfähigkeit anzunehmen sei. Auch den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten sei das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen.

4

Die gerügte Divergenz zu den genannten Urteilen liegt nicht vor, weil das Berufungsurteil nicht auf einen Rechtssatz gestützt ist, der von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne eines prinzipiellen Auffassungsunterschieds abweicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Dies gilt sowohl für die Einordnung des Dienstvergehens der Beklagten als Zugriffsdelikt als auch für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme.

5

Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts begeht ein Beamter ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind, und damit den wertmäßigen Bestand der Kasse unmittelbar vermindert. Dagegen liegt bei einem buchungsmäßigen Ausgleich von Soll und Haben keine Verminderung des Bestands der dienstlichen Kasse und damit kein Zugriffsdelikt vor. Ein derartiger Ausgleich setzt voraus, dass der Beamte offenlegt, etwa durch die Einlage eines Auszahlungsscheins in die Kasse, dass er Geld entnommen hat (stRspr; vgl. Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 a.a.O. S. 10). Daraus folgt, dass ein Ausgleich des Kassenbestandes nicht schon dann vorliegt, wenn der Beamte die von ihm geführte Kasse aufgrund von Manipulationen scheinbar "buchungstechnisch stimmig" abschließt.

6

Einem Zugriffsdelikt steht gleich, wenn der Beamte einem Kunden überhöhte Gebühren in Rechnung stellt, um sich den Differenzbetrag privat anzueignen. Hierin liegt ein Zugriff auf Geld des Dienstherrn, weil der vom Kunden verlangte überhöhte Betrag mit der Übergabe des Geldes an den Beamten in dessen dienstlichen Gewahrsam gelangt. Der vorangehende Betrug zum Nachteil des Kunden schließt die disziplinarrechtliche Einordnung als Zugriffsdelikt nicht aus (stRspr; vgl. Urteil vom 21. Juli 1998 a.a.O. Rn. 18).

7

Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht nicht abgewichen; vielmehr hat es sie dem Berufungsurteil zugrunde gelegt. Es hat das Fehlverhalten der Beklagten einem Zugriffsdelikt gleichgestellt, weil die Beklagte den Geldbetrag, der der Schalterkasse und damit der Bahn durch den Betrug an einem Kunden zugeflossen war, später der Kasse entzog und für eigene Zwecke verwandte. Dadurch hat sie eine wertmäßige Verminderung des Kassenbestandes herbeigeführt. Indem die Beklagte den Kaufpreis einer nicht gekauften Fahrkarte zum Schein verbuchte und später stornierte, führte sie keinen buchungsmäßigen Ausgleich der Schalterkasse herbei. Vielmehr versuchte sie die spätere Verminderung des Kassenbestandes zu verdecken.

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Auch eine Divergenz zu dem Urteil des Senats vom 20. Oktober 2005 (a.a.O.) ist nicht gegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat den vom Senat entwickelten Maßstäben für die disziplinarrechtliche Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nicht prinzipiell widersprochen, sondern sie im vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt.

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Dagegen hat die Aufklärungsrüge der Beklagten Erfolg. Die Sachaufklärung des Oberverwaltungsgerichts trägt den Anforderungen, die sich aus den gesetzlichen Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergeben, nicht vollständig Rechnung.

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Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2 und vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 S. 3 f.; vgl. auch BTDrucks 14/4659, S. 49). Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für die Berufungsinstanz. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Vorgaben des materiellen Rechts. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich ohne ausdrücklichen Beweisantrag auf, wenn das Gericht nach seinem materiellrechtlichen Standpunkt Anlass zur weiteren Aufklärung sehen muss, weil die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - NVwZ-RR 2011, 986 Rn. 25 ).

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Der Senat hat die Bemessungsregelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG dahingehend ausgelegt, dass die Schwere des Dienstvergehens, die nach Satz 2 des § 13 Abs. 1 BDG Richtschnur für die Maßnahmebemessung ist, bei sog. Zugriffsdelikten und diesen gleichstehenden Verfehlungen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis regelmäßig rechtfertigt, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Davon muss aber abgesehen werden, wenn ein anerkannter Milderungsgrund oder stattdessen mildernde (entlastende) Umstände gegeben sind, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines Milderungsgrundes vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f. bzw. Rn. 27 f. und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f.).

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Die auch bei Zugriffsdelikten gebotene prognostische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände folgt aus dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16).

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Nach dieser Rechtsprechung kann die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch dann unangemessen sein, wenn sich der Beamte nicht auf einen anerkannten Milderungsgrund, sondern auf sonstige mildernde Umstände berufen kann. Solche Umstände dürfen nicht allein deshalb außer Betracht bleiben, weil sie zur Erfüllung eines anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. So sind beispielsweise ein Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage oder die Offenbarung des Fehlverhaltens nicht schon deshalb unbeachtlich, weil die Voraussetzungen des jeweiligen Milderungsgrundes nicht erfüllt sind ("unverschuldete existenzielle wirtschaftliche Notlage"; "Offenbarung ohne Furcht vor Entdeckung"). Vielmehr muss das Tatsachengericht weiter entscheiden, ob die bemessungsrelevanten mildernden Umstände in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Umstände muss umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 23 und vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 22). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 € ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen.

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Die rechtsfehlerfreie Anwendung dieser Bemessungsgrundsätze setzt voraus, dass die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte erschöpfend aufgeklärt werden. Das Tatsachengericht muss klären, ob tatsächliche Umstände, die als bemessungsrelevant in Betracht kommen, vorliegen, wenn der Sachverhalt hinreichenden Anlass bietet. Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" in die Gesamtwürdigung einzustellen. Er tritt zu einem anerkannten Milderungsgrund hinzu oder verstärkt das Gewicht der Umstände, die das Fehlen eines derartigen Grundes kompensieren können (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 27).

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Diese Bemessungsgrundsätze hat das Oberverwaltungsgericht auf den vorliegenden Fall angewandt. Seine Würdigung, nach den tatsächlichen Feststellungen läge kein anerkannter Milderungsgrund vor, hat die Beklagte nicht angegriffen. Sie rügt jedoch zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht bemessungsrelevante mildernde Umstände nicht aufgeklärt und von vornherein als unbeachtlich eingestuft hat, obwohl hierzu Anlass bestanden hat:

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Dies gilt zum einen für den Vortrag der Beklagten, sie sei durch einen finanziellen Engpass zur Tat veranlasst worden. Diesem Umstand ist das Oberverwaltungsgericht nicht weiter nachgegangen, weil es ihm mit der Begründung, es liege jedenfalls keine unverschuldete existenzielle Notlage vor, von vornherein die bemessungsrelevante Bedeutung abgesprochen hat. Es gilt zum anderen für die von der Beklagten geschilderte schwierige private Lebenssituation. Diese hat das Oberverwaltungsgericht nicht für bemessungsrelevant gehalten, weil es keinen inhaltlichen Zusammenhang zu der Tat gesehen hat.

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Diese Verkürzung der Sachaufklärung lässt sich nicht damit vereinbaren, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG entsprechend dem Zweck der Disziplinarbefugnis die Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit der Beklagten geboten ist. Die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG erforderliche prognostische Gesamtwürdigung muss auf der Grundlage der gesamten Persönlichkeitsstruktur der Beklagten getroffen werden. Daher muss ein finanzieller Engpass auch dann berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der existenziellen wirtschaftlichen Notlage nicht erfüllt sind. Auch entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass mildernd zu berücksichtigen ist, wenn das Dienstvergehen Folge einer negativen Lebensphase ist, die der Beamte inzwischen überwunden hat (Urteile vom 18. April 1979 - BVerwG 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219; vom 10. November 1987 - BVerwG 1 D 24.87 - juris; vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851 und vom 23. November 1999 - BVerwG 1 D 5.99 -; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>, insoweit nicht in Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 abgedruckt).

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Dagegen teilt der Senat nicht die Auffassung der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe Anlass gehabt, an der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt zu zweifeln. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass nach der maßgebenden Sachlage im Berufungsverfahren konkrete Anhaltspunkte für eine Störung der Beklagten im Sinne von §§ 20, 21 StGB vorgelegen haben (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 31 f.). Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Disziplinarverfahren sind beschleunigt durchzuführen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.