Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. Juni 2014 - DL 13 S 150/14

bei uns veröffentlicht am03.06.2014

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe - Disziplinarkammer - vom 3. Mai 2013 - DL 11 K 2125/11 - geändert. Die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 06.07.2011 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Der am ... in ... geborene Kläger legte am ... mit der Note „gut“ die Wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien ab. ... Am ... bestand er die Pädagogische Prüfung für das Lehramt an Gymnasien mit den Hauptfächern ... und ... mit der Gesamtnote „gut bestanden“. Am ... wurde er an der ... als Angestellter eingestellt. Er wurde am ... mit vollem Unterrichtsauftrag unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienassessor ernannt, seine Ernennung zum Studienrat unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit erfolgte am ... Mit Wirkung vom ... wurde er zum Oberstudienrat befördert. Für die Zeit ab ... wurde seine Arbeitszeit auf ... ermäßigt. ... Für die Zeit vom ... bis ... wurde der Kläger beurlaubt und mit Ablauf des ... in den Ruhestand versetzt.
In der letzten dienstlichen Beurteilung vom ... wurde der Kläger mit dem Gesamturteil „übertrifft die Leistungserwartungen im besonderem Maße“ beurteilt. Er erhielt rückwirkend zum ... nach § 2 der Leistungsstufenverordnung das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe als Leistungsstufe.
Der Kläger ist ... Er ist disziplinarisch bislang nicht in Erscheinung getreten.
Am 10.05.2006 teilte die ... der Polizei in ... mit, dass im Rahmen einer Überprüfung auf ihrem Server kinderpornografisches Material festgestellt worden sei. Eine Bewertung durch das LKA ... führte zu dem Ergebnis, dass 311 Bilddateien strafrechtlich relevant seien. In diesem Zusammenhang wurde die IP-Adresse des Klägers genannt und festgestellt, dass am ... in der Zeit von 20:17:19 Uhr bis 20:17:27 Uhr vom Computer des Klägers aus auf Internetseiten mit kinderpornografischem Material zugegriffen und entsprechende Dateien heruntergeladen worden seien. Bei einer daraufhin durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des Klägers wurden am ... der PC des Klägers, 1 USB-Stick, insgesamt 654 CDs, 61 Videokassetten sowie 1 rotes Ringbuch mit Computerausdrucken beschlagnahmt. Nach dem Auswertebericht der Kriminalpolizei ... vom 21.12.2007 konnten auf dem PC des Klägers keine relevanten (aktuellen und gelöschten) Dateien festgestellt werden. Nach Sichtung der übrigen Datenträger stellte die Kriminalpolizei im Bericht vom 06.05.2009 fest, dass alle CDs und DVDs selbst gebrannt sind und erotische, überwiegend einfach pornografische Bilder und Filme enthielten, die aus dem Internet heruntergeladen sein dürften. Auf drei CDs befänden sich eine Vielzahl pornografischer Bilder, wobei insgesamt 256 als kinderpornografisch anzusehen seien. Hinzu kämen vier Filme mit kinderpornografischem Inhalt. Die vier Filme seien laut Eintrag am 03.08.2002 erstellt bzw. auf CD gebrannt worden. Ein weiterer Film sei am 05.04.2003 erstellt bzw. gebrannt worden.
Der Verteidiger des Klägers gab im Ermittlungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft ... an, dass der Kläger keinerlei pädophile Tendenzen aufweise. Er habe die fraglichen Bilder/Bildsequenzen in den 90er Jahren heruntergeladen und seitdem nie wieder angesehen. Er sei im Übrigen davon ausgegangen, dass die Personen über 14 Jahre alt gewesen seien. Er habe die Bilder auch nicht verwenden wollen, sondern diese lediglich im Schrank abgelegt.
Mit Strafbefehl vom 12.08.2009, rechtskräftig seit 24.01.2011 (...), verurteilte das Amtsgericht ... den Kläger wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften gem. §§ 184b Abs. 4, Abs. 6, 74ff., 176 bis 176 b, 11 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger sei im Besitz von mindestens 256 eindeutig kinderpornografischen Bilddateien sowie fünf kinderpornografischen Filmen gewesen.
Mit Verfügung vom 07.10.2009 leitete der Beklagte das Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein und enthob ihn unter Anordnung des Sofortvollzuges vorläufig des Dienstes. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass ein Termin zur Anhörung und zur Fertigung einer Niederschrift hierüber gesondert mitgeteilt werde. Gleichzeitig wurde er darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich zur Sache zu äußern, und dass er sich jederzeit eines Beistandes bedienen und zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen könne. Die gegen die vorläufige Dienstenthebung gerichtete Klage wurde mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 21.04.2010 (...) abgewiesen.
Der Kläger wurde in der Folgezeit im behördlichen Disziplinarverfahren nicht angehört. Erst mit Schreiben vom 02.08.2010 wurde ihm die Möglichkeit der abschließenden Äußerung zur beabsichtigten Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeräumt. Zur Begründung wurden die rechtskräftigen Feststellungen im Strafbefehl und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung herangezogen. Er wurde auf die Beteiligungsmöglichkeit des Personalrats hingewiesen.
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Mit Schreiben vom 16.08.2010 beantragte der Kläger die Mitwirkung des Personalrats sowie seine „vorzeitige Zurruhesetzung zum ...“ und für die Zeit „... … vom ... bis ...“ die Gewährung von Urlaub ohne Bezüge. Er habe die Filme und Bilder kinderpornografischen Inhalts niemals angesehen. Es werde bestritten, dass das Bildmaterial für einen Laien als Kinderpornografie erkennbar gewesen sei. Deshalb werde beantragt, hierüber Beweis zu erheben durch Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen. Darüber hinaus seien die Titel der Dateien nicht vom Kläger vergeben worden, sondern von dem entsprechenden Brennprogramm automatisch in die ausgedruckten Listen übernommen worden.
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Nach dem Vordruck „PERS“ veranlasste der Beklagte unter dem 18.08.2010 die Übermittlung des Schreibens des Klägers vom 16.08.2010 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 21.04.2010 an den Personalrat veranlasst. Die Einleitungsverfügung wurde einen Tag später nachgereicht. Der Personalrat äußerte sich nicht.
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Mit Verfügung vom 06.07.2011, zugestellt am 12.07.2011, wurde der Kläger, wie bereits im Schreiben vom 02.08.2010 angekündigt, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, ohne auf seinen Beweisantrag einzugehen.
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Der Kläger hat am 09.08.2011 Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben. Er hält die Mitwirkung des Personalrats für unzureichend, weil diesem wesentliche Begleitumstände wie die Beurlaubung und die Zurruhesetzung des Klägers vorenthalten worden seien. Darüber hinaus setze sich die Verfügung nicht einmal mit den aufgeworfenen tatsächlichen und rechtlichen Aspekten des Falles auseinander. Der gestellte Beweisantrag werde übergangen, eine Abwägung der für den Kläger sprechenden Umstände werde gar nicht vorgenommen. Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten. Die Beteiligung des Personalrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Ihm stehe kein allumfassendes Informationsrecht zu. Die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts ... könnten nach § 14 Abs. 2 LDG ohne weitere Prüfung zugrunde gelegt werden. Dem Beweisantrag des Klägers stehe entgegen, dass im Rahmen des Strafverfahrens bereits erwiesen sei, dass es sich bei den Dateien um kinderpornografisches Material gehandelt habe. Im Übrigen sei die Einlassung auch nicht glaubwürdig.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger angegeben, das gefundene kinderpornografische Material würde lediglich 0, 1 bis 0, 2 % seiner pornografischen Sammlung ausmachen. Indem er seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurückgenommen habe, habe er nicht nur sich, sondern auch die Schule vor der Öffentlichkeit bewahrt. Im Übrigen habe er das Alter der dargestellten Personen nicht erkennen können. Bei der Menge des Materials habe er gar nicht jedes Bild ansehen können.
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Mit Urteil vom 03.05.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Personalrat sei in kurzer, knapper Form über die beabsichtigte Personalmaßnahme informiert worden. Ein etwaiger Mangel wäre in dieser Konstellation der Sphäre des Personalrats und nicht der des Dienststellenleiters zuzuordnen. Auch materiell sei die Verfügung rechtmäßig. Zwar stehe der Sachverhalt nicht aufgrund des Strafbefehls des Amtsgerichts ... fest. Denn der Kläger bestreite diesen Sachverhalt substantiiert. Die Kammer sei jedoch aufgrund der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger im Besitz von 10 kinderpornografischen Bildern und zwei Filmen gewesen sei. Die dargestellten Personen erschienen für einen objektiven Betrachter als kindlich und damit als unter 14 Jahre alt. Bei den weiteren 246 Bildern gehe die Kammer jedoch zugunsten des Klägers davon aus, dass es sich - abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl - um jugendpornografische Dateien oder sog. Posing - Bilder handle, deren Besitz im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung (noch) nicht strafbewehrt gewesen sei. Der Kläger habe auch mit bedingtem Vorsatz gehandelt, weil er den Dateien bestimmte Bezeichnungen gegeben und diese teilweise auch in seinem Ringbuch archiviert habe. Er habe damit ein schweres außerdienstliches Dienstvergehen begangen, das mit der Höchstmaßnahme zu ahnden sei. Aber auch der Besitz der nicht strafbaren Posing - Bilder sowie weiterer 3 Filme sei nicht mit den Kernpflichten eines Pädagogen vereinbar. Das Übergehen des Beweisantrages stelle zwar einen Verfahrensfehler dar, dem aber hier im Verfahren auf Entfernung aus dem Dienst, anders als bei lediglich pflichtenmahnenden Maßnahmen, keine Bedeutung zukomme, da der Tatvorwurf ohnehin durch die gerichtlichen Feststellungen abschließend geklärt werden müsse.
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Der Kläger hat gegen das ihm am 08.08.2013 zugestellte Urteil am 03.09.2013 den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Durch Beschluss des Senats vom 22.01.2014 ist die Berufung zugelassen worden. Der Kläger begründet sie fristgerecht damit, es stehe nach Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens fest, dass der Vorwurf in der Disziplinarverfügung in weiten Teilen einer Grundlage entbehre. Da auch der Beweisantrag nicht beschieden worden sei, handle es sich um eine „Behauptung ins Blaue“ hinsichtlich des Tatvorwurfs. Angesichts des Umfangs der Datensammlung des Klägers (199 CDs und DVDs mit sicherlich dem Hundertfachen an Dateien) käme es „dem Finden der berühmten Nadel im Heuhaufen gleich“, wenn gerade mal 12 Dateien mit kinderpornografischem Material gefunden werden müssten. Durch ein entsprechendes Datenbrennprogramm seien die ursprünglichen Dateinamen in einer Liste ausgedruckt worden. Es fehle an einem schuldhaften Handeln des Klägers. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass ein strafloses außerdienstliches Verhalten zwar ein Dienstvergehen darstellen könne, aber regelmäßig dem unteren Maßnahmenbereich zuzuordnen sei. Der formelle Verfahrensverstoß der unterlassenen Beweiserhebung müsse sich als Milderungsgrund auswirken.
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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe - Disziplinarkammer - vom 3. Mai 2013 - DL 11 K 2125/11 - zu ändern und die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 06.07.2011 aufzuheben.
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Die Vertreterin des Beklagten beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie verweist auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen Urteil.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Personalakten (1 Band und 1 Aktenbündel), die Disziplinarakten des Beklagten (1 Band), die Akten des Amtsgerichts ... zum Az.: ... (2 Bände) und die Akten des Verwaltungsgerichts ... zu den Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung (... und ...) sowie gegen die Disziplinarverfügung (DL 11 K 2125/11) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Disziplinarverfügung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Die Klage ist nicht unzulässig geworden, weil sich die angefochtene Verfügung durch die Versetzung des Klägers in den Ruhestand erledigt hätte und der Kläger somit nicht mehr aus dem aktiven Beamtenverhältnis entfernt werden kann. Entscheidungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG werden mit Zustellung wirksam (§ 38 Abs. 2 Satz 1, 2 LDG, § 43 Abs. 1 LVwVfG). Erhebt der Beamte hiergegen Klage, die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens aufschiebende Wirkung entfaltet, wirkt die gerichtliche Entscheidung, welche die Disziplinarverfügung rechtskräftig bestätigt, auf den Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinarverfügung zurück. Ist der Beamte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten, wird das Ruhestandsverhältnis gegenstandslos (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2, 3 LDG und Burr, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 31 LDG Rdnr. 7). Entsprechendes gilt für den mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kraft Gesetzes einhergehenden (§ 31 Abs. 1 Satz 3 LDG), mit der Verfügung aber aktualisierten Verlust der Befugnis, die Amtsbezeichnung zu führen.
25 
Die Anordnung der Dienstenthebung gilt bei sachgerechter Auslegung der Verfügung nur bis zu einem vor Unanfechtbarkeit der Verfügung erfolgenden Eintritt des Klägers in den gesetzlichen Ruhestand. Entsprechendes gilt mit Blick auf den gesondert geregelten - und hier auch erfolgten - Einbehalt von Ruhestandsbezügen bei Eintritt in den Ruhestand vor Unanfechtbarkeit der Entfernungsverfügung (§ 31 Abs. 2 Satz 4 LDG) für die Anordnung des Einbehalts der Bezüge nach § 31 Abs. 2 Satz 1 LDG.
26 
2. Die Klage ist auch begründet. Der Senat überprüft die auf Entfernung aus dem Dienst gerichtete Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung zugrundegelegten Sachverhaltes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Senat, Urteil vom 07.03.2012 - DL 13 S 1614/11 -; Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) vom 15.07.2008; LT-Drs. 14/2996, S. 117). Die Disziplinarverfügung ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Es fehlt an der erforderlichen Erstanhörung des Klägers, an den notwendigen eigenen Ermittlungen durch die Disziplinarbehörde und damit an einer ordnungsgemäßen Begründung der Verfügung. In einem solchen Fall der Verletzung elementarer Verfahrensrechte ist eine Nachholung der ausstehenden Ermittlungen durch das Disziplinargericht nicht möglich. Darüber hinaus ist die Beteiligung der Personalvertretung rechtsfehlerhaft.
27 
Nach § 11 Abs. 1 LDG ist der Beamte über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu unterrichten. Ihm ist nach Abs. 2 der Vorschrift u.a. zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Er ist ferner darauf hinzuweisen, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. Für die Äußerung wird dem Beamten schriftlich eine angemessene Frist gesetzt (§ 11 Abs. 3 Satz 1 LDG). Die Vorschrift soll gleichermaßen dem Schutz des Beamten, der Aufklärung des Sachverhalts und der Beschleunigung des Verfahrens dienen. Es entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen, dem Betroffenen zu eröffnen, welches Vergehen ihm zur Last gelegt wird, und ihn hierzu anzuhören. Über das allgemeine Anhörungsrecht des § 28 LVwVfG hinaus sieht § 11 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und 2 LDG eine Erstanhörung des Beamten vor (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 68). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger wurde zwar in der Einleitungsverfügung ordnungsgemäß über seine Rechte im behördlichen Disziplinarverfahren belehrt und darauf hingewiesen, dass ihm ein Termin zur Anhörung genannt werden wird. Dies ist aber in der Folgezeit unterblieben. Der Kläger ist nur vor Erlass der Abschlussverfügung gehört worden. Darin liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler, der nicht mehr im gerichtlichen Verfahren geheilt werden kann.
28 
Zwar sieht § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG vor, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erstanhörung geheilt werden kann, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird, was nach Abs. 2 der Vorschrift bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich ist (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 69). Die Erstanhörung kann aber im vorliegenden Fall ihren Zweck nur noch erfüllen, wenn sie vor der abschließenden Anhörung des Beamten erfolgt, die vor dem Erlass der Abschlussverfügung vorgesehen ist. Denn im Falle des Klägers fehlt es neben seiner Erstanhörung an eigenen Feststellungen des Beklagten zum disziplinarisch erheblichen Sachverhalt. Die Disziplinarverfügung beschränkt sich in tatsächlicher Hinsicht auf die Wiedergabe der vom Kläger bestrittenen knappen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts ... Eine Bindungswirkung an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts besteht jedoch nicht.
29 
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG sind nur die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, nicht auch eines Strafbefehls, im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -). Zwar können nach § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zu Grunde gelegt werden. Es dürfen aber keine Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit bestehen. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Beamte die Feststellungen bestreitet. So liegt der Fall hier. Aufgrund der substantiierten Einwendungen des Klägers, die er erstmals in der Schlussanhörung mit Schreiben vom 16.08.2010 vorbringen und mit einem Beweisantrag untermauern konnte, mussten sich (spätestens) für den Beklagten aber Zweifel am Sachverhalt ergeben, zumal er bis zu diesem Zeitpunkt den Kläger noch nicht angehört hatte. In einem solchen Fall scheidet die Anwendung des § 14 Abs. 2 LDG aus (Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 14 LDG Rdnr. 12; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 04.09.2008 - 2 B 61.07 -, NVwZ 2009, 597; BVerwG, Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -; BayVGH, Urteil vom 11.08.2010 - 16 AD 10.189 -). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger seinen Einspruch gegen den Strafbefehl schließlich zurückgenommen hat und diesen rechtskräftig werden ließ. Dieser Verzicht auf eine Fortführung des Verfahrens kann im Interesse eines schnelleren Verfahrensabschlusses oder - wie hier vom Kläger geltend gemacht - aus Scheu vor einer öffentlichen Hauptverhandlung erfolgen; er kommt deshalb nicht stets dem Geständnis des im Strafbefehl vorgeworfenen Verhaltens gleich (BVerwG, Beschluss vom 01.12.1987 - 2 WB 66/87 -, BVerwGE 83, 373).
30 
Soweit sich der Beklagte hinsichtlich möglicher Milderungsgründe auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.04.2010 im Verfahren gegen seine vorläufige Dienstenthebung beruft, übersieht er, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt nur um prognostische Ausführungen mit Blick auf die voraussichtliche Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG) handelte, und weitere Sachverhaltsentwicklungen gar nicht in den Blick genommen werden konnten und sie im Ergebnis - ebenso wie die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl - unzutreffend sind.
31 
Nur bei der Nachholung der versäumten Erstanhörung vor der abschließenden Anhörung ist im Falle des Klägers mit Sicherheit auszuschließen, dass sich der Verfahrensmangel nicht auf die Disziplinarverfügung ausgewirkt hat (vgl. auch Nonnenmacher, in: v. Alberti u.a., a.a.O., § 11 LDG, Rdnr. 12). Gleiches gilt mit Blick auf § 46 LVwVfG, wonach die Aufhebung eines - nicht nichtigen - Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (Senat, Beschluss vom 12.09.2013 - DL 13 S 1541/13 - bei fehlender Schlussanhörung; Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rdnr. 36; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010 - DL 10 K 210/10 - im Hinblick auf die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung). Dies lässt sich im Falle des Klägers nicht ausschließen. Damit wirkt sich der Verfahrensfehler auch materiell-rechtlich aus.
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Da der Beklagte zu Unrecht eine Bindung an den Strafbefehl des Amtsgerichts ... und das Urteil des Verwaltungsgerichts ... angenommen und keine eigenen Feststellungen zum Vorliegen eines Dienstvergehens getroffen hat, fehlt es der streitgegenständlichen Verfügung auch an der ordnungsgemäßen Begründung, wie sie § 38 Abs. 2 Satz 2 LDG umschreibt. Dieses Defizit führt zur Rechtswidrigkeit der Verfügung und kann in dieser Fallkonstellation auch nicht vom Gericht durch eigene Sachverhaltsermittlungen und -würdigung nachgeholt werden, weil es ansonsten eine eigene Bemessungsentscheidung treffen und nicht die von der Disziplinarbehörde getroffene Entscheidung überprüfen würde. Dem Disziplinargericht ist im vorliegenden Fall die Durchführung einer Beweisaufnahme zur Feststellung des disziplinarisch relevanten Sachverhaltes versagt, weil es sich ansonsten über die dem Beklagten zustehende Disziplinarbefugnis hinwegsetzen würde. Denn die wesentlichen Feststellungen hat nach baden - württembergischen Landesrecht die Disziplinarbehörde zu treffen, der nach dem Willen des Gesetzgebers die Disziplinarbefugnis zustehen soll. Das Gericht überprüft den in der Disziplinarverfügung dargestellten und geahndeten disziplinaren Vorwurf. Streitgegenstand und damit Umfang und Grenzen der gerichtlichen Überprüfung werden ausschließlich durch die Abschlussverfügung selbst bestimmt (so auch Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 21 AGVwGO, Rdnr. 2; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Begründung zu § 38 LDG). Zwar kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO das Gericht die Verfügung aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist aber, dass ein Dienstvergehen erwiesen ist. Hieran fehlt es mangels entsprechender Feststellungen der Disziplinarbehörde.
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Diese Ansicht wird auch dadurch bestätigt, dass sich der dem Strafbefehl zugrunde liegende Vorwurf des Besitzes von 256 strafrechtlich relevanten kinderpornografischen Dateien in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer nicht aufrecht erhalten ließ. Das Verwaltungsgericht hat 10 Bilder und zwei Filme in Augenschein genommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich dabei um strafrechtlich relevante kinderpornografische Bilder und Filme handelt. Die verbleibenden 246 Bilder und drei Filme hat es keiner Beweiswürdigung unterzogen, sondern zugunsten des Klägers und insoweit abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts und des Urteils des Verwaltungsgerichts ... im Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung des Klägers angenommen, dass es sich dabei um jugendpornografische Dateien oder sog. Posing-Bilder handelte, deren Besitz im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung noch nicht strafbewehrt war. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnte nicht geklärt werden, ob sie tatsächlich einen disziplinarisch relevanten Inhalt haben.
34 
Fehlt es somit derzeit an einer umfassenden Ermittlung der das Dienstvergehen begründenden Tatsachen, lässt sich nicht feststellen, ob ein schweres Dienstvergehen anzunehmen ist, das bei einem aktiven Beamten zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 Abs. 1 Satz 1 LDG) bzw. bei einem Ruhestandsbeamten zur Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 Abs. 1 Satz 1 LDG) führt.
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Denn ein schweres Dienstvergehen ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG erst dann anzunehmen, wenn der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren hat. Die Vorschrift trifft keine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen die Tatbestandsmerkmale „schweres Dienstvergehen“ und „endgültiger Vertrauensverlust“ anzunehmen sind. Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG; Senat, Urteil vom 07.06.2011 - DL 13 S 1826/10 - a.a.O.). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Begründung zu § 26 LDG,a.a.O., S. 86).
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Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht der Sachverhalt, der dem Vorwurf des Dienstvergehens und dem sich daraus ergebenden Maß des Vertrauens- oder Ansehensverlustes zugrunde liegt. Gegenstand der Ermittlungen sind aber auch alle Umstände, die das Persönlichkeitsbild des Beamten prägen oder für die Frage von Bedeutung sind, in welchem Maße der Beamte der Pflichtenmahnung bedarf (Begründung zu § 12 LDG, a.a.O., S. 70; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O.).
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Nur ergänzend sei bemerkt, dass auch die nach § 12 LDG bemessungsrelevanten entlastenden Umstände nicht ermittelt wurden. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich nicht nur auf den objektiven und subjektiven Tatbestand der Pflichtenverstöße, sondern auch auf alle Umstände, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können. Hierzu zählt insbesondere das Übergehen des vom Kläger in der Schlussanhörung gestellten Beweisantrags, wonach er die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Alters der dargestellten Personen und dessen Erkennbarkeit für einen Laien „ausdrücklich“ beantragte. Diesem Antrag hätte, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nach § 15 Abs. 3 LDG stattgegeben werden müssen, weil er sowohl für die Tatfrage, die Schuldfrage und für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein konnte. Weiterhin ist der Einwand des Klägers zu berücksichtigen, dass er sich angesichts der Menge des pornografischen Materials insgesamt nicht darüber bewusst gewesen sei, überhaupt kinderpornografische Darstellungen zu besitzen. In diesem Zusammenhang ist erheblich, dass das kinderpornografische Bildmaterial nach den unwidersprochenen Angaben des Klägers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bestätigte, allenfalls 0, 1 bis 0, 2 % seines Datenbestandes ausmachte (BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 - 2 B 133/11 -). Hinzu kommt, dass der Kläger, der als ... Schüler zwischen 17 und 43 Jahren unterrichtete, disziplinarisch nicht vorbelastet ist, seinen Dienst Jahrzehnte lang sehr engagiert und mit überdurchschnittlichen Beurteilungen versah und ihm die nächsthöhere Leistungsstufe gewährt wurde.
38 
Bei dieser Sachlage ist auch die Beteiligung des Personalrats nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil auch er davon ausging, dass der Kläger im Besitz von 256 strafrechtlich relevanten Dateien und fünf Filmen war. Darüber hinaus fehlten ihm weitere Informationen über das weitere Vorgehen des Beklagten. Auch dieser Verfahrensfehler führt unheilbar zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Disziplinarverfügung (Senat, Beschluss vom 02.03.2011 - DL 13 S 2492/10 -; VGH Baden - Württemberg, Beschluss vom 03.12.1992 - D 17 S 20/92).
39 
Nach § 80 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 2 LPVG wirkt der Personalrat beim Erlass von Disziplinarverfügungen mit, sofern der Beamte dies nach § 80 Abs. 2 Satz 2 LPVG beantragt, worauf er nach § 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG hinzuweisen ist. Die beabsichtigte Maßnahme ist dem Personalrat rechtzeitig bekanntzugeben und auf Verlangen mit ihm zu erörtern (§ 72 Abs. 1 LPVG). Dabei ist die Personalvertretung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (§ 68 Abs. 2 Satz 1 LPVG). Ihr sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Mit der Ausweitung der behördlichen Disziplinarbefugnisse durch das Landesdisziplinargesetz geht ausweislich der Gesetzesbegründung eine Stärkung der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung einher (Senat, Beschluss vom 02.03.2011, a.a.O., m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Vorschriften hält der Senat das Beteiligungsverfahren aus mehreren Gründen für defizitär:
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Entsprechend dem sich bei den Akten befindlichen Formblatt „Beteiligung des Personalrats PERS“ wurden dem Kläger unter dem 18.08.2010 „der Antrag auf Beteiligung mit Schriftsatz vom 16.08.2010, die abschließende Anhörung gem. § 20 LDG, die Suspendierung des Beamten bestätigendes Urteil des VG... vom 21.04.2010 (rechtskräftig seit 15.07.2010)“ übersandt. Allerdings ist die tatsächliche Übersendung der genannten Schriftstücke, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht moniert, nicht dokumentiert. Unter dem 19.08.2010 wurde noch die Einleitungsverfügung vom 07.10.2009 nachgereicht. Weitere Unterlagen wurden ihm nicht übersandt (vgl. zur umfassenden Unterrichtung des Personalrats auch Altvater u.a., LPersVG Baden - Württemberg, 2. Auflage, § 80, Rdnr. 21; ebenso zum Bundesrecht: Altvater u.a., BPersVG, 8. Auflage 2013, § 78 Rdnr. 32a).
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In diesem Zusammenhang wären weitere Informationen notwendig gewesen: Dies gilt zum einen mit Blick darauf, dass zum Zeitpunkt der Beteiligung der Personalvertretung der Strafbefehl des Amtsgerichts ... noch nicht im Strafausspruch rechtskräftig war. Zum anderen musste der Personalrat davon ausgehen, dass der Beklagte dem Beweisantrag des Klägers, entsprechend seiner Verpflichtung aus § 15 Abs. 3 LDG, stattgeben werde. Hinzu kommt, dass zwischen Beteiligung des Personalrats und Erlass der Abschlussverfügung fast ein Jahr Zeit verstrichen ist und neue Tatsachen nicht mehr einbezogen wurden. Dies gilt insbesondere für Informationen über die geplante vorzeitige Zurruhesetzung des Klägers. Denn der Personalvertretung war nur der „Antrag“ des Klägers vom 16.08.2010 bekannt. Über den Fortgang des Zurruhesetzungsverfahrens wurde er nicht mehr informiert, insbesondere darüber, dass der Kläger nicht - wie „beantragt“ - zum ... in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde, sondern schon mit Ablauf des ... Dementsprechend war auch der Beurlaubungszeitraum erheblich kürzer als beantragt. Er dauerte lediglich vom ... bis zum ...
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG.
43 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG liegen nicht vor.

Gründe

 
23 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Disziplinarverfügung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 21 AGVwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
1. Die Klage ist nicht unzulässig geworden, weil sich die angefochtene Verfügung durch die Versetzung des Klägers in den Ruhestand erledigt hätte und der Kläger somit nicht mehr aus dem aktiven Beamtenverhältnis entfernt werden kann. Entscheidungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG werden mit Zustellung wirksam (§ 38 Abs. 2 Satz 1, 2 LDG, § 43 Abs. 1 LVwVfG). Erhebt der Beamte hiergegen Klage, die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens aufschiebende Wirkung entfaltet, wirkt die gerichtliche Entscheidung, welche die Disziplinarverfügung rechtskräftig bestätigt, auf den Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinarverfügung zurück. Ist der Beamte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten, wird das Ruhestandsverhältnis gegenstandslos (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2, 3 LDG und Burr, in: von Alberti u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 31 LDG Rdnr. 7). Entsprechendes gilt für den mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kraft Gesetzes einhergehenden (§ 31 Abs. 1 Satz 3 LDG), mit der Verfügung aber aktualisierten Verlust der Befugnis, die Amtsbezeichnung zu führen.
25 
Die Anordnung der Dienstenthebung gilt bei sachgerechter Auslegung der Verfügung nur bis zu einem vor Unanfechtbarkeit der Verfügung erfolgenden Eintritt des Klägers in den gesetzlichen Ruhestand. Entsprechendes gilt mit Blick auf den gesondert geregelten - und hier auch erfolgten - Einbehalt von Ruhestandsbezügen bei Eintritt in den Ruhestand vor Unanfechtbarkeit der Entfernungsverfügung (§ 31 Abs. 2 Satz 4 LDG) für die Anordnung des Einbehalts der Bezüge nach § 31 Abs. 2 Satz 1 LDG.
26 
2. Die Klage ist auch begründet. Der Senat überprüft die auf Entfernung aus dem Dienst gerichtete Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung zugrundegelegten Sachverhaltes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Senat, Urteil vom 07.03.2012 - DL 13 S 1614/11 -; Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) vom 15.07.2008; LT-Drs. 14/2996, S. 117). Die Disziplinarverfügung ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Es fehlt an der erforderlichen Erstanhörung des Klägers, an den notwendigen eigenen Ermittlungen durch die Disziplinarbehörde und damit an einer ordnungsgemäßen Begründung der Verfügung. In einem solchen Fall der Verletzung elementarer Verfahrensrechte ist eine Nachholung der ausstehenden Ermittlungen durch das Disziplinargericht nicht möglich. Darüber hinaus ist die Beteiligung der Personalvertretung rechtsfehlerhaft.
27 
Nach § 11 Abs. 1 LDG ist der Beamte über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu unterrichten. Ihm ist nach Abs. 2 der Vorschrift u.a. zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Er ist ferner darauf hinzuweisen, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. Für die Äußerung wird dem Beamten schriftlich eine angemessene Frist gesetzt (§ 11 Abs. 3 Satz 1 LDG). Die Vorschrift soll gleichermaßen dem Schutz des Beamten, der Aufklärung des Sachverhalts und der Beschleunigung des Verfahrens dienen. Es entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen, dem Betroffenen zu eröffnen, welches Vergehen ihm zur Last gelegt wird, und ihn hierzu anzuhören. Über das allgemeine Anhörungsrecht des § 28 LVwVfG hinaus sieht § 11 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und 2 LDG eine Erstanhörung des Beamten vor (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 68). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger wurde zwar in der Einleitungsverfügung ordnungsgemäß über seine Rechte im behördlichen Disziplinarverfahren belehrt und darauf hingewiesen, dass ihm ein Termin zur Anhörung genannt werden wird. Dies ist aber in der Folgezeit unterblieben. Der Kläger ist nur vor Erlass der Abschlussverfügung gehört worden. Darin liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler, der nicht mehr im gerichtlichen Verfahren geheilt werden kann.
28 
Zwar sieht § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG vor, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erstanhörung geheilt werden kann, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird, was nach Abs. 2 der Vorschrift bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich ist (Begründung zu § 11 LDG, a.a.O., S. 69). Die Erstanhörung kann aber im vorliegenden Fall ihren Zweck nur noch erfüllen, wenn sie vor der abschließenden Anhörung des Beamten erfolgt, die vor dem Erlass der Abschlussverfügung vorgesehen ist. Denn im Falle des Klägers fehlt es neben seiner Erstanhörung an eigenen Feststellungen des Beklagten zum disziplinarisch erheblichen Sachverhalt. Die Disziplinarverfügung beschränkt sich in tatsächlicher Hinsicht auf die Wiedergabe der vom Kläger bestrittenen knappen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts ... Eine Bindungswirkung an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts besteht jedoch nicht.
29 
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG sind nur die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, nicht auch eines Strafbefehls, im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -). Zwar können nach § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zu Grunde gelegt werden. Es dürfen aber keine Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit bestehen. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Beamte die Feststellungen bestreitet. So liegt der Fall hier. Aufgrund der substantiierten Einwendungen des Klägers, die er erstmals in der Schlussanhörung mit Schreiben vom 16.08.2010 vorbringen und mit einem Beweisantrag untermauern konnte, mussten sich (spätestens) für den Beklagten aber Zweifel am Sachverhalt ergeben, zumal er bis zu diesem Zeitpunkt den Kläger noch nicht angehört hatte. In einem solchen Fall scheidet die Anwendung des § 14 Abs. 2 LDG aus (Nonnenmacher, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 14 LDG Rdnr. 12; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 04.09.2008 - 2 B 61.07 -, NVwZ 2009, 597; BVerwG, Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -; BayVGH, Urteil vom 11.08.2010 - 16 AD 10.189 -). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger seinen Einspruch gegen den Strafbefehl schließlich zurückgenommen hat und diesen rechtskräftig werden ließ. Dieser Verzicht auf eine Fortführung des Verfahrens kann im Interesse eines schnelleren Verfahrensabschlusses oder - wie hier vom Kläger geltend gemacht - aus Scheu vor einer öffentlichen Hauptverhandlung erfolgen; er kommt deshalb nicht stets dem Geständnis des im Strafbefehl vorgeworfenen Verhaltens gleich (BVerwG, Beschluss vom 01.12.1987 - 2 WB 66/87 -, BVerwGE 83, 373).
30 
Soweit sich der Beklagte hinsichtlich möglicher Milderungsgründe auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.04.2010 im Verfahren gegen seine vorläufige Dienstenthebung beruft, übersieht er, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt nur um prognostische Ausführungen mit Blick auf die voraussichtliche Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG) handelte, und weitere Sachverhaltsentwicklungen gar nicht in den Blick genommen werden konnten und sie im Ergebnis - ebenso wie die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl - unzutreffend sind.
31 
Nur bei der Nachholung der versäumten Erstanhörung vor der abschließenden Anhörung ist im Falle des Klägers mit Sicherheit auszuschließen, dass sich der Verfahrensmangel nicht auf die Disziplinarverfügung ausgewirkt hat (vgl. auch Nonnenmacher, in: v. Alberti u.a., a.a.O., § 11 LDG, Rdnr. 12). Gleiches gilt mit Blick auf § 46 LVwVfG, wonach die Aufhebung eines - nicht nichtigen - Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (Senat, Beschluss vom 12.09.2013 - DL 13 S 1541/13 - bei fehlender Schlussanhörung; Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rdnr. 36; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010 - DL 10 K 210/10 - im Hinblick auf die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung). Dies lässt sich im Falle des Klägers nicht ausschließen. Damit wirkt sich der Verfahrensfehler auch materiell-rechtlich aus.
32 
Da der Beklagte zu Unrecht eine Bindung an den Strafbefehl des Amtsgerichts ... und das Urteil des Verwaltungsgerichts ... angenommen und keine eigenen Feststellungen zum Vorliegen eines Dienstvergehens getroffen hat, fehlt es der streitgegenständlichen Verfügung auch an der ordnungsgemäßen Begründung, wie sie § 38 Abs. 2 Satz 2 LDG umschreibt. Dieses Defizit führt zur Rechtswidrigkeit der Verfügung und kann in dieser Fallkonstellation auch nicht vom Gericht durch eigene Sachverhaltsermittlungen und -würdigung nachgeholt werden, weil es ansonsten eine eigene Bemessungsentscheidung treffen und nicht die von der Disziplinarbehörde getroffene Entscheidung überprüfen würde. Dem Disziplinargericht ist im vorliegenden Fall die Durchführung einer Beweisaufnahme zur Feststellung des disziplinarisch relevanten Sachverhaltes versagt, weil es sich ansonsten über die dem Beklagten zustehende Disziplinarbefugnis hinwegsetzen würde. Denn die wesentlichen Feststellungen hat nach baden - württembergischen Landesrecht die Disziplinarbehörde zu treffen, der nach dem Willen des Gesetzgebers die Disziplinarbefugnis zustehen soll. Das Gericht überprüft den in der Disziplinarverfügung dargestellten und geahndeten disziplinaren Vorwurf. Streitgegenstand und damit Umfang und Grenzen der gerichtlichen Überprüfung werden ausschließlich durch die Abschlussverfügung selbst bestimmt (so auch Burr, in: von Alberti u.a., a.a.O., § 21 AGVwGO, Rdnr. 2; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Begründung zu § 38 LDG). Zwar kann nach § 21 Satz 2 AGVwGO das Gericht die Verfügung aufrechterhalten oder zu Gunsten des Beamten ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt wird. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist aber, dass ein Dienstvergehen erwiesen ist. Hieran fehlt es mangels entsprechender Feststellungen der Disziplinarbehörde.
33 
Diese Ansicht wird auch dadurch bestätigt, dass sich der dem Strafbefehl zugrunde liegende Vorwurf des Besitzes von 256 strafrechtlich relevanten kinderpornografischen Dateien in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer nicht aufrecht erhalten ließ. Das Verwaltungsgericht hat 10 Bilder und zwei Filme in Augenschein genommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich dabei um strafrechtlich relevante kinderpornografische Bilder und Filme handelt. Die verbleibenden 246 Bilder und drei Filme hat es keiner Beweiswürdigung unterzogen, sondern zugunsten des Klägers und insoweit abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts und des Urteils des Verwaltungsgerichts ... im Verfahren gegen die vorläufige Dienstenthebung des Klägers angenommen, dass es sich dabei um jugendpornografische Dateien oder sog. Posing-Bilder handelte, deren Besitz im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung noch nicht strafbewehrt war. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnte nicht geklärt werden, ob sie tatsächlich einen disziplinarisch relevanten Inhalt haben.
34 
Fehlt es somit derzeit an einer umfassenden Ermittlung der das Dienstvergehen begründenden Tatsachen, lässt sich nicht feststellen, ob ein schweres Dienstvergehen anzunehmen ist, das bei einem aktiven Beamten zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 Abs. 1 Satz 1 LDG) bzw. bei einem Ruhestandsbeamten zur Aberkennung des Ruhegehalts (§ 33 Abs. 1 Satz 1 LDG) führt.
35 
Denn ein schweres Dienstvergehen ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG erst dann anzunehmen, wenn der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren hat. Die Vorschrift trifft keine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen die Tatbestandsmerkmale „schweres Dienstvergehen“ und „endgültiger Vertrauensverlust“ anzunehmen sind. Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG; Senat, Urteil vom 07.06.2011 - DL 13 S 1826/10 - a.a.O.). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Begründung zu § 26 LDG,a.a.O., S. 86).
36 
Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht der Sachverhalt, der dem Vorwurf des Dienstvergehens und dem sich daraus ergebenden Maß des Vertrauens- oder Ansehensverlustes zugrunde liegt. Gegenstand der Ermittlungen sind aber auch alle Umstände, die das Persönlichkeitsbild des Beamten prägen oder für die Frage von Bedeutung sind, in welchem Maße der Beamte der Pflichtenmahnung bedarf (Begründung zu § 12 LDG, a.a.O., S. 70; VG Freiburg, Urteil vom 03.05.2010, a.a.O.).
37 
Nur ergänzend sei bemerkt, dass auch die nach § 12 LDG bemessungsrelevanten entlastenden Umstände nicht ermittelt wurden. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich nicht nur auf den objektiven und subjektiven Tatbestand der Pflichtenverstöße, sondern auch auf alle Umstände, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können. Hierzu zählt insbesondere das Übergehen des vom Kläger in der Schlussanhörung gestellten Beweisantrags, wonach er die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Alters der dargestellten Personen und dessen Erkennbarkeit für einen Laien „ausdrücklich“ beantragte. Diesem Antrag hätte, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nach § 15 Abs. 3 LDG stattgegeben werden müssen, weil er sowohl für die Tatfrage, die Schuldfrage und für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein konnte. Weiterhin ist der Einwand des Klägers zu berücksichtigen, dass er sich angesichts der Menge des pornografischen Materials insgesamt nicht darüber bewusst gewesen sei, überhaupt kinderpornografische Darstellungen zu besitzen. In diesem Zusammenhang ist erheblich, dass das kinderpornografische Bildmaterial nach den unwidersprochenen Angaben des Klägers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bestätigte, allenfalls 0, 1 bis 0, 2 % seines Datenbestandes ausmachte (BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 - 2 B 133/11 -). Hinzu kommt, dass der Kläger, der als ... Schüler zwischen 17 und 43 Jahren unterrichtete, disziplinarisch nicht vorbelastet ist, seinen Dienst Jahrzehnte lang sehr engagiert und mit überdurchschnittlichen Beurteilungen versah und ihm die nächsthöhere Leistungsstufe gewährt wurde.
38 
Bei dieser Sachlage ist auch die Beteiligung des Personalrats nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil auch er davon ausging, dass der Kläger im Besitz von 256 strafrechtlich relevanten Dateien und fünf Filmen war. Darüber hinaus fehlten ihm weitere Informationen über das weitere Vorgehen des Beklagten. Auch dieser Verfahrensfehler führt unheilbar zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Disziplinarverfügung (Senat, Beschluss vom 02.03.2011 - DL 13 S 2492/10 -; VGH Baden - Württemberg, Beschluss vom 03.12.1992 - D 17 S 20/92).
39 
Nach § 80 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 2 LPVG wirkt der Personalrat beim Erlass von Disziplinarverfügungen mit, sofern der Beamte dies nach § 80 Abs. 2 Satz 2 LPVG beantragt, worauf er nach § 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG hinzuweisen ist. Die beabsichtigte Maßnahme ist dem Personalrat rechtzeitig bekanntzugeben und auf Verlangen mit ihm zu erörtern (§ 72 Abs. 1 LPVG). Dabei ist die Personalvertretung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (§ 68 Abs. 2 Satz 1 LPVG). Ihr sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Mit der Ausweitung der behördlichen Disziplinarbefugnisse durch das Landesdisziplinargesetz geht ausweislich der Gesetzesbegründung eine Stärkung der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung einher (Senat, Beschluss vom 02.03.2011, a.a.O., m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Vorschriften hält der Senat das Beteiligungsverfahren aus mehreren Gründen für defizitär:
40 
Entsprechend dem sich bei den Akten befindlichen Formblatt „Beteiligung des Personalrats PERS“ wurden dem Kläger unter dem 18.08.2010 „der Antrag auf Beteiligung mit Schriftsatz vom 16.08.2010, die abschließende Anhörung gem. § 20 LDG, die Suspendierung des Beamten bestätigendes Urteil des VG... vom 21.04.2010 (rechtskräftig seit 15.07.2010)“ übersandt. Allerdings ist die tatsächliche Übersendung der genannten Schriftstücke, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht moniert, nicht dokumentiert. Unter dem 19.08.2010 wurde noch die Einleitungsverfügung vom 07.10.2009 nachgereicht. Weitere Unterlagen wurden ihm nicht übersandt (vgl. zur umfassenden Unterrichtung des Personalrats auch Altvater u.a., LPersVG Baden - Württemberg, 2. Auflage, § 80, Rdnr. 21; ebenso zum Bundesrecht: Altvater u.a., BPersVG, 8. Auflage 2013, § 78 Rdnr. 32a).
41 
In diesem Zusammenhang wären weitere Informationen notwendig gewesen: Dies gilt zum einen mit Blick darauf, dass zum Zeitpunkt der Beteiligung der Personalvertretung der Strafbefehl des Amtsgerichts ... noch nicht im Strafausspruch rechtskräftig war. Zum anderen musste der Personalrat davon ausgehen, dass der Beklagte dem Beweisantrag des Klägers, entsprechend seiner Verpflichtung aus § 15 Abs. 3 LDG, stattgeben werde. Hinzu kommt, dass zwischen Beteiligung des Personalrats und Erlass der Abschlussverfügung fast ein Jahr Zeit verstrichen ist und neue Tatsachen nicht mehr einbezogen wurden. Dies gilt insbesondere für Informationen über die geplante vorzeitige Zurruhesetzung des Klägers. Denn der Personalvertretung war nur der „Antrag“ des Klägers vom 16.08.2010 bekannt. Über den Fortgang des Zurruhesetzungsverfahrens wurde er nicht mehr informiert, insbesondere darüber, dass der Kläger nicht - wie „beantragt“ - zum ... in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde, sondern schon mit Ablauf des ... Dementsprechend war auch der Beurlaubungszeitraum erheblich kürzer als beantragt. Er dauerte lediglich vom ... bis zum ...
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG.
43 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 LDG liegen nicht vor.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. Juni 2014 - DL 13 S 150/14 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme


(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 70 Revisionsverfahren, Entscheidung über die Revision


(1) Für das Revisionsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht entsprechend. (2) Für die Entscheidung über die Revision gelten die §§ 143 und 144 der Verwaltungsgerichtsordnung.

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Tenor Die Disziplinarverfügung der Beklagten vom 29. Januar 2010 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1 Der … Kläger … 2 In der Zeit von 1987 bis zum 31.12.2005 war er
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. Juni 2014 - DL 13 S 150/14.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 18. März 2015 - 16a D 09.3029

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2017 - DL 13 S 552/16

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Disziplinarverfügung der Beklagten vom 29. Januar 2010 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der … Kläger …
In der Zeit von 1987 bis zum 31.12.2005 war er Verwaltungsleiter des Städtischen Spitals. Seit dem 01.01.2006 ist er Betriebsleiter des zwischenzeitlich als Eigenbetrieb der Stadt geführten Altenheims „... ...“.
Mit Disziplinarverfügung des Oberbürgermeisters der Stadt ... vom 29.01.2010 wurde der Kläger aus dem Beamtenverhältnis entfernt (Ziff.1). Des Weiteren wurde bestimmt, dass der Kläger bis zum unanfechtbaren Abschluss dieses Disziplinarverfahrens des Dienstes enthoben bleibt und seine monatlichen Bezüge in der bisherigen Höhe einbehalten werden (Ziff. 2). Als Ergebnis der Ermittlungen wurde in der Verfügung festgestellt:
„1) Sie haben gegen die Anzeigepflicht von Spenden und Zuwendungen verstoßen, Geldzuwendungen an das Spital nicht ordnungsgemäß verbucht (Trinkgelder, Telefongebühren, Spenden) und sog. „schwarze Kassen“ geführt.
2) Sie haben teilweise unter Einsatz von städt. Anlagen und Einrichtungen Privatangele-genheiten während der Arbeitszeit erledigt und sich so missbräuchlich einen Vorteil verschafft zum Nachteil Ihres Dienstherrn.
3) Sie haben städt. Mitarbeiter und städt. Geräte und Anlagen für Ihre privaten Zwecke eingesetzt.
4) Sie haben eine nicht genehmigte Nebentätigkeit ausgeübt.
5) Sie haben als Amtsträger Geschenke und Bargeldzuwendungen zu Ihrem Vorteil angenommen.
6) Sie haben als Leiter einer unter das Heimgesetz fallenden Einrichtung Zuwendungen entgegengenommen und damit gegen § 14 Abs.5 Heimgesetz verstoßen.
10 
7) Sie haben sich strafbar gemacht wegen besonders schwerer Untreue in 17 Fällen, davon in 5 Fällen in Tateinheit mit Vorteilsannahme sowie Urkundenfälschung und wurden dafür mit Strafbefehl vom 02. März 2009 zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr mit einer 3-jährigen Bewährungszeit verurteilt.“
11 
Hiergegen hat der Kläger am 08.02.2010 Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 23.03.2010 umfänglich begründet. Er macht u.a. geltend, die Disziplinarverfügung entspreche nicht dem Substantiierungsgebot.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Disziplinarverfügung vom 29.01.2010 aufzuheben.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Der Kammer liegen die Akten der Beklagten (zwei Leitz-Ordner) vor. Auf diese und die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend wegen des weiteren Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Disziplinarverfügung vom 29.01.2010 ist nichtig und deshalb - deklaratorisch - aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I.
18 
1. Das behördliche Disziplinarverfahren wurde hinsichtlich aller Vorwürfe, die Gegenstand dieses Verfahrens sein könnten, ordnungsgemäß eingeleitet (wird ausgeführt). ... Ob die abschließende Anhörung mit ihren vagen und unsubstantiierten Ausführungen den Anforderungen des § 20 LDG entspricht, insbesondere ob dem Kläger im behördliche Disziplinarverfahren ausreichend rechtliches Gehör gewährt wurde, kann offen bleiben. Die Klage des Klägers hat nämlich Erfolg, weil die angefochtene Disziplinarverfügung nichtig ist.
19 
2. Die Anforderungen an eine Disziplinarverfügung richten sich nach § 38 Abs. 2 LDG und gem. § 2 LDG nach dem Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG). Nach § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt - um einen solchen handelt es sich bei einer Disziplinarverfügung - inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das Bestimmtheitsgebot in § 37 Abs. 1 LVwVfG bedeutet zum einen, dass der Adressat des Verwaltungsakts in der Lage sein muss, das von ihm Geforderte zu erkennen. Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 20.04.2005 - 4 C 18/3 - , BVerwGE 123, 261). Die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit ergeben sich vorliegend aus den Besonderheiten des Disziplinarrechts. Eine Disziplinarverfügung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Disziplinarmaßnahme ausspricht (§ 38 Abs. 1 Satz 1 LDG), die wegen eines (leichten bis schweren) Dienstvergehens verhängt wird (§§ 27 - 33 LDG). Dies bedeutet für eine Disziplinarverfügung zum einen, dass sie eine Disziplinarmaßnahme enthalten muss. Zum anderen aber müssen auch und insbesondere die Disziplinarvergehen, deretwegen die Maßnahme verhängt wird, festgestellt werden.
20 
In Anlehnung an die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an eine Anschuldigungsschrift (§ 65 BDO) gehört deshalb zum notwendigen Inhalt einer Disziplinarverfügung die Darstellung der Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird (§ 38 Abs. 2 LDG i.V.m. §§ 2 LDG, 37 Abs. 1 LVwVfG). Der einem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt muss deutlich bezeichnet werden. Es muss klar erkennbar sein, aus welchen Tatsachen ihm Vorwürfe gemacht werden. Hierzu gehört eine so hinreichende Substantiierung, dass dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich ist und das Disziplinargericht in die Lage versetzt wird, den in bestimmter Hinsicht erhobenen und dem Umfang nach klar abgegrenzten Vorwürfen nachzugehen, ohne seinerseits genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt nach seinem eigenen pflichtgemäßen Ermessen und ohne Vorgabe durch einen klar umrissenen Anschuldigungs- bzw. Ahndungswillen das herauszuschälen, was als Verletzung der Beamtenpflichten in Betracht kommt und Grundlage der Disziplinarverfügung sein könnte. Entspricht die Disziplinarverfügung diesen Anforderungen nicht, kann sie ihrer am Opportunitätsprinzip orientierten Aufgabe, Grundlage und Umgrenzung des Disziplinarverfahrens und der Disziplinarverfügung bestimmt anzugeben, nicht gerecht werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24.10.2006 - 1 DB 6/06 - und vom 13.03.2006 - BVerwG 1 D 3.06 -, jeweils Juris m.w.N.). Die Regelung des § 38 Abs. 2 LDG nimmt diese Anforderungen an die Anschuldigungsschrift auf und entwickelt diese fort (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) - vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 117).
21 
Der konkreten Benennung der einzelnen Tatvorwürfe kommt entscheidende Bedeutung zu. Der einzelne konkrete Tatvorwurf bestimmt und begrenzt, welche Sachverhalte im Weiteren darzustellen sind, welche Tatsachen festgestellt und bewiesen sein müssen, welche Beweise zu erheben sind. Der Tatvorwurf bestimmt ebenfalls, worauf das Disziplinargericht seine Prüfung zu richten hat. Ohne konkreten Tatvorwurf ist eine gerichtliche Prüfung der Disziplinarverfügung nicht möglich. Das Disziplinargericht hat zu prüfen, ob aufgrund der konkreten Tatvorwürfe die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme rechtens ist, d.h. ob die dem Beamten vorgeworfenen Dienstvergehen solche sind und ob sie die verhängte Disziplinarmaßnahme rechtfertigen. Es ist aber nicht Aufgabe des Disziplinargerichts zu suchen, ob sich in dem - oft in romanhafter Breite - geschilderten Sachverhalt hinreichend Vorgänge finden, die die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme - unabhängig vom wirklichen Ahndungswillen der Behörde - rechtfertigen könnten. Weil einerseits nicht alle Sachverhalte, die ein Disziplinarvergehen darstellen, disziplinarrechtlich geahndet werden müssen (und oft aus verschiedenen Gründen auch nicht werden), und andererseits immer wieder Sachverhalte als Disziplinarvergehen angesehen werden, die objektiv keine sind, verbietet es sich geradezu für das Gericht, aus der breiten Darstellung von Lebenssachverhalten zu folgern, welche Taten Grundlage der Disziplinarverfügung sein könnten. Es steht im Ermessen der Behörde, welche Handlungen sie ahnden will und tatsächlich ahndet. Der Rückgriff auf die Begründung der Verfügung ergibt jedoch nur, welche Handlungen die Behörde ahnden könnte. Erst wenn eindeutig feststeht, welche Vorwürfe der Disziplinarmaßnahme zugrunde liegen, kann ggf. in gewissem Umfang ergänzend auf die weitere Begründung zurückgegriffen werden. Das Gericht, dem nach dem (neuen) Landesdisziplinargesetz keine eigene Disziplinargewalt mehr zukommt, ist nicht befugt, selbst zu entscheiden, welche Taten es einem Beamten vorwerfen will. Es kommt hinzu, dass mit Ausnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts alle Disziplinarmaßnahmen im Ermessen der Behörde stehen. In dieses Ermessen würde das Disziplinargericht eingreifen, wenn es den der Maßnahme zugrunde zu legenden Sachverhalt nach Gutdünken variieren könnte. Selbst bei der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder der Aberkennung des Ruhegehalts, die bei gegebener Schwere des Dienstvergehens zwingend zu verhängen sind, hat sich die gerichtliche Prüfung nur darauf zu erstrecken, ob die zur Grundlage des Disziplinarbescheids gemachten Dienstvergehen die Maßnahme rechtfertigen; es ist nicht zulässig, andere, nicht vom Disziplinarvorwurf umfasste Vorgänge als Rechtfertigung heranzuziehen. Ein Rückgriff auf die Begründung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 5/90 -, Juris) der Disziplinarverfügung kommt deshalb, soweit es um die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung geht, allenfalls unter engen Voraussetzungen in Betracht.
22 
Dies bedeutet in einem ersten Schritt, dass der Kern der Vorwürfe hinreichend konkret nach Ort und Zeit, Zahl der Vorgänge, Umfang (etwa der Unterschlagungen) knapp zu umreißen ist (ähnlich wie in einer staatsanwaltlichen Anschuldigungsschrift), denn gemäß § 38 Abs. 2 LDG sind "die Tatsachen, die ein Dienstvergehen begründen", darzustellen. In einem weiteren Schritt ist dann der konkrete Lebenssachverhalt, in dem das Disziplinarvergehen verortet ist, detailliert wiederzugeben, soweit dies erforderlich ist, um die Abläufe und Handlungen verständlich zu machen und das Gewicht des Vorwurfs sowie das Verschulden des Beamten bewerten zu können.
23 
Wiederum in einem weiteren Schritt ist darzulegen, weshalb der Tatvorwurf als bewiesen anzusehen ist. Dieser erfordert eine Würdigung der Beweislage, insbesondere natürlich einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen und den Einwendungen des Beamten. Wenig hilfreich ist es dabei, pauschal alle herbei gezogenen Beweismittel anzuführen, ohne diese konkreten Tatvorwürfen zuzuordnen.
24 
Diesen Anforderungen genügt die Disziplinarverfügung der Beklagten nicht.In der Disziplinarverfügung sind die konkreten Dienstvergehen schon nicht als solche genannt. Die Verfügung nennt lediglich das "Ergebnis der Ermittlungen". Was das Ergebnis der Ermittlungen für den disziplinaren Vorwurf bedeutet, welche Konsequenzen die Beklagte aus dem Ermittlungsergebnis gezogen hat, kann allenfalls vermutet werden. Eine Disziplinarverfügung aber, die die geahndeten Vergehen nicht eindeutig und verbindlich feststellt, kann keinen Bestand haben.
25 
Unterstellt man wohlwollend, dass das „Ergebnis der Ermittlungen" die konkreten Disziplinarvergehen darstellen soll, ist die Verfügung gleichwohl aufzuheben. Auch dann verstößt die Verfügung gegen das Bestimmtheitsgebot. Kein einziger der Vorwürfe ist hinsichtlich Ort, Zeit, Handlung, Höhe der Beträge hinreichend konkret. Eine Prüfung der Berechtigung dieser Vorwürfe ist angesichts ihrer Unbestimmtheit nicht möglich.
26 
Abgesehen davon würde in den meisten Fällen auch der Rückgriff auf die weitere Begründung der Verfügung nicht weiterhelfen. Insoweit ist - ohne dass dies abschließend wäre - auszuführen:
27 
Soweit dem Kläger ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht von Spenden und Zuwendungen, gegen die ordnungsgemäße Verbuchung von Geldzuwendungen und gegen das Verbot zum Führen sog. „schwarzer Kassen“ vorgeworfen wird, fehlt die notwendige zeitlich, örtlich und sachlich substantiierte Schilderung der Verstöße, aus denen heraus ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten des Klägers abgeleitet wird. So wird lediglich ausgeführt, dass der Kläger entgegen der Dienstanweisung die erhaltenen Mittel (Welche? Von wem? Wann?) nicht weitergemeldet hat, sondern diese Mittel auch nicht ordnungsgemäß in der Buchhaltung aufgeführt, sondern eine sog. „schwarze Kasse“ hierzu geführt hat, die sich jeglicher Kontrolle durch andere städtische Dienststellen entzog.
28 
Auch soweit es den Vorwurf der missbräuchlichen Vorteilsverschaffung zu Lasten des Dienstherrn (Privatkopien, Privatgespräche auf dem Dienst-Handy, Wein) betrifft, fehlt es an der notwendigen Substantiierung nach Ort, Zeit, Höhe u.a..
29 
Gleiches gilt, soweit es um die „Erledigung von Privatangelegenheiten unter teilweisem Einsatz von städt. Anlagen und Einrichtungen“ geht. Obwohl in epischer Breite erläutert wurde, was alles bei der Durchsuchung des Dienstzimmers und des Dienst-PCs gefunden worden ist, wird die Kammer nicht annähernd in die Lage versetzt, zu erkennen, was eigentlich konkret angeschuldigt ist. So wird nicht ansatzweise dargelegt, wann der Kläger wo welche privaten Angelegenheiten erledigt hat und worin in jedem Einzelfall das Dienstvergehen liegt bzw. wieso ein Dienstvergehen anzunehmen ist.
30 
Des Weiteren ist nicht substantiiert dargelegt, in welchem Umfang er Personal für private Zwecke eingesetzt hat (z. B.: Wieviel Zeit wurde darauf verwandt? Welche Kosten (Personal- und Sachkosten) wurden dadurch verursacht?). Auch die Ausführungen in der Begründung führen nicht weiter. Bereits die zeitliche Fixierung der Vergehen mit den Worten „gelegentlich“, „verschiedene Dinge“, „einmal“, ein weiteres Mal“ usw. macht deutlich, dass die Darstellung fern jeglicher Konkretisierung ist.
31 
Hinsichtlich des Vorwurfs der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit verhält sich die Darlegung der Beklagten widersprüchlich und nicht schlüssig. Es ist schon fraglich, was die Beklagte unter „Übernahme der Betreuung“ von Frau E. M. versteht. In diesem Zusammenhang wäre herauszuarbeiten gewesen, welche Form der Betreuung in dem Merkblatt über die anzeige- und genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten gemeint ist. Sind es nur die gesetzlich vom Amtsgericht bestellten Betreuer? Welche „Betreuung“ fällt außerdem darunter? Genügt dafür jedes Verhalten, bei dem eine dritte Person tatsächlich und/oder rechtlich versorgt, vertreten o.a. wird?
32 
Ferner mangelt es an einer konkreten Darlegung der Hintergründe zum Vorwurf der Annahme von Geschenken und Bargeldzuwendungen zum Vorteil des Klägers, denen zu entnehmen wäre, dass der Erhalt dieser Zuwendungen den Straftatbestand des § 331 StGB erfüllt.
33 
Die 17 Fälle besonders schwerer Untreue, in 5 Fällen i.V.m. Vorteilsannahme und Urkundenfälschung, die Gegenstand des Strafbefehls sind, wurden schon gar nicht wirksam in die Disziplinarverfügung einbezogen, weil auf den Strafbefehl lediglich verwiesen wird. Grundsätzlich allerdings kann in einer Verfügung durchaus auf andere Schriftstücke oder Entscheidungen verwiesen werden, sofern hinreichend deutlich festgestellt wird, inwieweit eine andere Entscheidung in Bezug genommen wird. In einer Disziplinarverfügung ist allerdings die bloße Verweisung auf einen Strafbefehl nicht zulässig. Zwar kann gemäß § 38 Abs. 2 Satz 3 LDG auf die bindenden Feststellungen eines Urteils oder einer Entscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG verwiesen werden. Dies gilt aber nicht für die Feststellungen eines - in dieser Bestimmung nicht aufgeführten - Strafbefehls. Auch aus § 14 Abs. 2 LDG lässt sich die Zulässigkeit einer Verweisung auf einen Strafbefehl nicht herleiten. Zwar können gemäß § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen (als Abs. 1 genannten) gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren (ohne weitere Prüfung) zugrunde gelegt werden. Diese Feststellungen müssen aber in der Disziplinarverfügung dargelegt werden, sie werden nicht durch bloße Verweisung auf den Strafbefehl zum Gegenstand der Disziplinarverfügung.
34 
Abgesehen davon genügt die Disziplinarverfügung allenfalls bedingt den Anforderungen an eine Sachverhaltsdarstellung und Beweiswürdigung. Beides ist zwanglos miteinander vermengt, wobei von einer Beweiswürdigung letztlich nicht die Rede sein kann (vgl. hierzu § 38 Abs. 2 LDG, wonach die Beweismittel in der Begründung darzustellen sind).
35 
3. Folge der inhaltlichen Unbestimmtheit der vorliegenden Disziplinarverfügung ist ihre Nichtigkeit. Nach § 44 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt sich die Rechtsfolge der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts als eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass ein Akt staatlicher Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt. Der dem Verwaltungsakt anhaftende Fehler muss diesen schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lassen. Der schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger offensichtlich sein. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen, wenn die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (BVerwG, Beschluss vom 11.05.2000 - 11 B 26/00 -, Juris).
36 
Nach diesen Maßstäben ist die vorliegende Disziplinarverfügung nichtig. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme, insbesondere die Entfernung aus dem Dienst, ist schlechterdings unerträglich, wenn in der Disziplinarverfügung nicht eindeutig und unmissverständlich festgestellt wird, welche Handlungen als Dienstvergehen gewertet und geahndet werden. Die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ohne Dienstvergehen ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar und schlechterdings nicht hinnehmbar. Von niemandem kann erwartet werden, dass er eine solche Disziplinarverfügung als verbindlich anerkennt (vgl. hierzu auch Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) - vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 112 m.w.N., wonach es eine der wichtigsten von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Regeln des Beamtenrechts ist, dass jede Beendigung des Beamtenverhältnisses nur unter gesetzlich geregelten Voraussetzungen und Formen zulässig ist).
II.
37 
Ist mithin die Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis aufzuheben, kann auch Ziff. 2 der Verfügung keinen Bestand haben. Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 31 Abs. 2 LDG. Danach wird bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens der Beamte des Dienstes enthoben, ein Teil der monatlichen Bezüge wird einbehalten. Voraussetzung für eine auf dieser Rechtsgrundlage ergehende Verfügung ist jedoch, dass der Beamte zugleich nach § 31 Abs. 1 LDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird. Mit der gerichtlichen Aufhebung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sind auch die nach § 31 Abs. 2 LDG erlassenen Maßnahmen aufzuheben.
38 
Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die auf § 22 Abs. 1 und 2 LDG beruhende vorläufige Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge weiter Geltung haben. Sie finden ihr Ende auch nicht etwa nach § 23 Abs. 5 Satz 2 LDG, den das Disziplinarverfahren ist mit diesem Urteil - auch nach Eintritt der Rechtskraft - nicht unanfechtbar abgeschlossen. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet und berechtigt, das Disziplinarverfahren fortzuführen und ggf. erneut eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen
III.
39 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
IV.
40 
Die Berufung wird nach §§ 124 a Abs. 1 Satz, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

Gründe

 
17 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Disziplinarverfügung vom 29.01.2010 ist nichtig und deshalb - deklaratorisch - aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I.
18 
1. Das behördliche Disziplinarverfahren wurde hinsichtlich aller Vorwürfe, die Gegenstand dieses Verfahrens sein könnten, ordnungsgemäß eingeleitet (wird ausgeführt). ... Ob die abschließende Anhörung mit ihren vagen und unsubstantiierten Ausführungen den Anforderungen des § 20 LDG entspricht, insbesondere ob dem Kläger im behördliche Disziplinarverfahren ausreichend rechtliches Gehör gewährt wurde, kann offen bleiben. Die Klage des Klägers hat nämlich Erfolg, weil die angefochtene Disziplinarverfügung nichtig ist.
19 
2. Die Anforderungen an eine Disziplinarverfügung richten sich nach § 38 Abs. 2 LDG und gem. § 2 LDG nach dem Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG). Nach § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt - um einen solchen handelt es sich bei einer Disziplinarverfügung - inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das Bestimmtheitsgebot in § 37 Abs. 1 LVwVfG bedeutet zum einen, dass der Adressat des Verwaltungsakts in der Lage sein muss, das von ihm Geforderte zu erkennen. Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 20.04.2005 - 4 C 18/3 - , BVerwGE 123, 261). Die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit ergeben sich vorliegend aus den Besonderheiten des Disziplinarrechts. Eine Disziplinarverfügung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Disziplinarmaßnahme ausspricht (§ 38 Abs. 1 Satz 1 LDG), die wegen eines (leichten bis schweren) Dienstvergehens verhängt wird (§§ 27 - 33 LDG). Dies bedeutet für eine Disziplinarverfügung zum einen, dass sie eine Disziplinarmaßnahme enthalten muss. Zum anderen aber müssen auch und insbesondere die Disziplinarvergehen, deretwegen die Maßnahme verhängt wird, festgestellt werden.
20 
In Anlehnung an die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an eine Anschuldigungsschrift (§ 65 BDO) gehört deshalb zum notwendigen Inhalt einer Disziplinarverfügung die Darstellung der Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird (§ 38 Abs. 2 LDG i.V.m. §§ 2 LDG, 37 Abs. 1 LVwVfG). Der einem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt muss deutlich bezeichnet werden. Es muss klar erkennbar sein, aus welchen Tatsachen ihm Vorwürfe gemacht werden. Hierzu gehört eine so hinreichende Substantiierung, dass dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich ist und das Disziplinargericht in die Lage versetzt wird, den in bestimmter Hinsicht erhobenen und dem Umfang nach klar abgegrenzten Vorwürfen nachzugehen, ohne seinerseits genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt nach seinem eigenen pflichtgemäßen Ermessen und ohne Vorgabe durch einen klar umrissenen Anschuldigungs- bzw. Ahndungswillen das herauszuschälen, was als Verletzung der Beamtenpflichten in Betracht kommt und Grundlage der Disziplinarverfügung sein könnte. Entspricht die Disziplinarverfügung diesen Anforderungen nicht, kann sie ihrer am Opportunitätsprinzip orientierten Aufgabe, Grundlage und Umgrenzung des Disziplinarverfahrens und der Disziplinarverfügung bestimmt anzugeben, nicht gerecht werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24.10.2006 - 1 DB 6/06 - und vom 13.03.2006 - BVerwG 1 D 3.06 -, jeweils Juris m.w.N.). Die Regelung des § 38 Abs. 2 LDG nimmt diese Anforderungen an die Anschuldigungsschrift auf und entwickelt diese fort (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) - vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 117).
21 
Der konkreten Benennung der einzelnen Tatvorwürfe kommt entscheidende Bedeutung zu. Der einzelne konkrete Tatvorwurf bestimmt und begrenzt, welche Sachverhalte im Weiteren darzustellen sind, welche Tatsachen festgestellt und bewiesen sein müssen, welche Beweise zu erheben sind. Der Tatvorwurf bestimmt ebenfalls, worauf das Disziplinargericht seine Prüfung zu richten hat. Ohne konkreten Tatvorwurf ist eine gerichtliche Prüfung der Disziplinarverfügung nicht möglich. Das Disziplinargericht hat zu prüfen, ob aufgrund der konkreten Tatvorwürfe die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme rechtens ist, d.h. ob die dem Beamten vorgeworfenen Dienstvergehen solche sind und ob sie die verhängte Disziplinarmaßnahme rechtfertigen. Es ist aber nicht Aufgabe des Disziplinargerichts zu suchen, ob sich in dem - oft in romanhafter Breite - geschilderten Sachverhalt hinreichend Vorgänge finden, die die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme - unabhängig vom wirklichen Ahndungswillen der Behörde - rechtfertigen könnten. Weil einerseits nicht alle Sachverhalte, die ein Disziplinarvergehen darstellen, disziplinarrechtlich geahndet werden müssen (und oft aus verschiedenen Gründen auch nicht werden), und andererseits immer wieder Sachverhalte als Disziplinarvergehen angesehen werden, die objektiv keine sind, verbietet es sich geradezu für das Gericht, aus der breiten Darstellung von Lebenssachverhalten zu folgern, welche Taten Grundlage der Disziplinarverfügung sein könnten. Es steht im Ermessen der Behörde, welche Handlungen sie ahnden will und tatsächlich ahndet. Der Rückgriff auf die Begründung der Verfügung ergibt jedoch nur, welche Handlungen die Behörde ahnden könnte. Erst wenn eindeutig feststeht, welche Vorwürfe der Disziplinarmaßnahme zugrunde liegen, kann ggf. in gewissem Umfang ergänzend auf die weitere Begründung zurückgegriffen werden. Das Gericht, dem nach dem (neuen) Landesdisziplinargesetz keine eigene Disziplinargewalt mehr zukommt, ist nicht befugt, selbst zu entscheiden, welche Taten es einem Beamten vorwerfen will. Es kommt hinzu, dass mit Ausnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts alle Disziplinarmaßnahmen im Ermessen der Behörde stehen. In dieses Ermessen würde das Disziplinargericht eingreifen, wenn es den der Maßnahme zugrunde zu legenden Sachverhalt nach Gutdünken variieren könnte. Selbst bei der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder der Aberkennung des Ruhegehalts, die bei gegebener Schwere des Dienstvergehens zwingend zu verhängen sind, hat sich die gerichtliche Prüfung nur darauf zu erstrecken, ob die zur Grundlage des Disziplinarbescheids gemachten Dienstvergehen die Maßnahme rechtfertigen; es ist nicht zulässig, andere, nicht vom Disziplinarvorwurf umfasste Vorgänge als Rechtfertigung heranzuziehen. Ein Rückgriff auf die Begründung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 5/90 -, Juris) der Disziplinarverfügung kommt deshalb, soweit es um die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung geht, allenfalls unter engen Voraussetzungen in Betracht.
22 
Dies bedeutet in einem ersten Schritt, dass der Kern der Vorwürfe hinreichend konkret nach Ort und Zeit, Zahl der Vorgänge, Umfang (etwa der Unterschlagungen) knapp zu umreißen ist (ähnlich wie in einer staatsanwaltlichen Anschuldigungsschrift), denn gemäß § 38 Abs. 2 LDG sind "die Tatsachen, die ein Dienstvergehen begründen", darzustellen. In einem weiteren Schritt ist dann der konkrete Lebenssachverhalt, in dem das Disziplinarvergehen verortet ist, detailliert wiederzugeben, soweit dies erforderlich ist, um die Abläufe und Handlungen verständlich zu machen und das Gewicht des Vorwurfs sowie das Verschulden des Beamten bewerten zu können.
23 
Wiederum in einem weiteren Schritt ist darzulegen, weshalb der Tatvorwurf als bewiesen anzusehen ist. Dieser erfordert eine Würdigung der Beweislage, insbesondere natürlich einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen und den Einwendungen des Beamten. Wenig hilfreich ist es dabei, pauschal alle herbei gezogenen Beweismittel anzuführen, ohne diese konkreten Tatvorwürfen zuzuordnen.
24 
Diesen Anforderungen genügt die Disziplinarverfügung der Beklagten nicht.In der Disziplinarverfügung sind die konkreten Dienstvergehen schon nicht als solche genannt. Die Verfügung nennt lediglich das "Ergebnis der Ermittlungen". Was das Ergebnis der Ermittlungen für den disziplinaren Vorwurf bedeutet, welche Konsequenzen die Beklagte aus dem Ermittlungsergebnis gezogen hat, kann allenfalls vermutet werden. Eine Disziplinarverfügung aber, die die geahndeten Vergehen nicht eindeutig und verbindlich feststellt, kann keinen Bestand haben.
25 
Unterstellt man wohlwollend, dass das „Ergebnis der Ermittlungen" die konkreten Disziplinarvergehen darstellen soll, ist die Verfügung gleichwohl aufzuheben. Auch dann verstößt die Verfügung gegen das Bestimmtheitsgebot. Kein einziger der Vorwürfe ist hinsichtlich Ort, Zeit, Handlung, Höhe der Beträge hinreichend konkret. Eine Prüfung der Berechtigung dieser Vorwürfe ist angesichts ihrer Unbestimmtheit nicht möglich.
26 
Abgesehen davon würde in den meisten Fällen auch der Rückgriff auf die weitere Begründung der Verfügung nicht weiterhelfen. Insoweit ist - ohne dass dies abschließend wäre - auszuführen:
27 
Soweit dem Kläger ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht von Spenden und Zuwendungen, gegen die ordnungsgemäße Verbuchung von Geldzuwendungen und gegen das Verbot zum Führen sog. „schwarzer Kassen“ vorgeworfen wird, fehlt die notwendige zeitlich, örtlich und sachlich substantiierte Schilderung der Verstöße, aus denen heraus ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten des Klägers abgeleitet wird. So wird lediglich ausgeführt, dass der Kläger entgegen der Dienstanweisung die erhaltenen Mittel (Welche? Von wem? Wann?) nicht weitergemeldet hat, sondern diese Mittel auch nicht ordnungsgemäß in der Buchhaltung aufgeführt, sondern eine sog. „schwarze Kasse“ hierzu geführt hat, die sich jeglicher Kontrolle durch andere städtische Dienststellen entzog.
28 
Auch soweit es den Vorwurf der missbräuchlichen Vorteilsverschaffung zu Lasten des Dienstherrn (Privatkopien, Privatgespräche auf dem Dienst-Handy, Wein) betrifft, fehlt es an der notwendigen Substantiierung nach Ort, Zeit, Höhe u.a..
29 
Gleiches gilt, soweit es um die „Erledigung von Privatangelegenheiten unter teilweisem Einsatz von städt. Anlagen und Einrichtungen“ geht. Obwohl in epischer Breite erläutert wurde, was alles bei der Durchsuchung des Dienstzimmers und des Dienst-PCs gefunden worden ist, wird die Kammer nicht annähernd in die Lage versetzt, zu erkennen, was eigentlich konkret angeschuldigt ist. So wird nicht ansatzweise dargelegt, wann der Kläger wo welche privaten Angelegenheiten erledigt hat und worin in jedem Einzelfall das Dienstvergehen liegt bzw. wieso ein Dienstvergehen anzunehmen ist.
30 
Des Weiteren ist nicht substantiiert dargelegt, in welchem Umfang er Personal für private Zwecke eingesetzt hat (z. B.: Wieviel Zeit wurde darauf verwandt? Welche Kosten (Personal- und Sachkosten) wurden dadurch verursacht?). Auch die Ausführungen in der Begründung führen nicht weiter. Bereits die zeitliche Fixierung der Vergehen mit den Worten „gelegentlich“, „verschiedene Dinge“, „einmal“, ein weiteres Mal“ usw. macht deutlich, dass die Darstellung fern jeglicher Konkretisierung ist.
31 
Hinsichtlich des Vorwurfs der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit verhält sich die Darlegung der Beklagten widersprüchlich und nicht schlüssig. Es ist schon fraglich, was die Beklagte unter „Übernahme der Betreuung“ von Frau E. M. versteht. In diesem Zusammenhang wäre herauszuarbeiten gewesen, welche Form der Betreuung in dem Merkblatt über die anzeige- und genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten gemeint ist. Sind es nur die gesetzlich vom Amtsgericht bestellten Betreuer? Welche „Betreuung“ fällt außerdem darunter? Genügt dafür jedes Verhalten, bei dem eine dritte Person tatsächlich und/oder rechtlich versorgt, vertreten o.a. wird?
32 
Ferner mangelt es an einer konkreten Darlegung der Hintergründe zum Vorwurf der Annahme von Geschenken und Bargeldzuwendungen zum Vorteil des Klägers, denen zu entnehmen wäre, dass der Erhalt dieser Zuwendungen den Straftatbestand des § 331 StGB erfüllt.
33 
Die 17 Fälle besonders schwerer Untreue, in 5 Fällen i.V.m. Vorteilsannahme und Urkundenfälschung, die Gegenstand des Strafbefehls sind, wurden schon gar nicht wirksam in die Disziplinarverfügung einbezogen, weil auf den Strafbefehl lediglich verwiesen wird. Grundsätzlich allerdings kann in einer Verfügung durchaus auf andere Schriftstücke oder Entscheidungen verwiesen werden, sofern hinreichend deutlich festgestellt wird, inwieweit eine andere Entscheidung in Bezug genommen wird. In einer Disziplinarverfügung ist allerdings die bloße Verweisung auf einen Strafbefehl nicht zulässig. Zwar kann gemäß § 38 Abs. 2 Satz 3 LDG auf die bindenden Feststellungen eines Urteils oder einer Entscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG verwiesen werden. Dies gilt aber nicht für die Feststellungen eines - in dieser Bestimmung nicht aufgeführten - Strafbefehls. Auch aus § 14 Abs. 2 LDG lässt sich die Zulässigkeit einer Verweisung auf einen Strafbefehl nicht herleiten. Zwar können gemäß § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen (als Abs. 1 genannten) gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren (ohne weitere Prüfung) zugrunde gelegt werden. Diese Feststellungen müssen aber in der Disziplinarverfügung dargelegt werden, sie werden nicht durch bloße Verweisung auf den Strafbefehl zum Gegenstand der Disziplinarverfügung.
34 
Abgesehen davon genügt die Disziplinarverfügung allenfalls bedingt den Anforderungen an eine Sachverhaltsdarstellung und Beweiswürdigung. Beides ist zwanglos miteinander vermengt, wobei von einer Beweiswürdigung letztlich nicht die Rede sein kann (vgl. hierzu § 38 Abs. 2 LDG, wonach die Beweismittel in der Begründung darzustellen sind).
35 
3. Folge der inhaltlichen Unbestimmtheit der vorliegenden Disziplinarverfügung ist ihre Nichtigkeit. Nach § 44 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt sich die Rechtsfolge der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts als eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass ein Akt staatlicher Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt. Der dem Verwaltungsakt anhaftende Fehler muss diesen schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lassen. Der schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger offensichtlich sein. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen, wenn die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (BVerwG, Beschluss vom 11.05.2000 - 11 B 26/00 -, Juris).
36 
Nach diesen Maßstäben ist die vorliegende Disziplinarverfügung nichtig. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme, insbesondere die Entfernung aus dem Dienst, ist schlechterdings unerträglich, wenn in der Disziplinarverfügung nicht eindeutig und unmissverständlich festgestellt wird, welche Handlungen als Dienstvergehen gewertet und geahndet werden. Die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ohne Dienstvergehen ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar und schlechterdings nicht hinnehmbar. Von niemandem kann erwartet werden, dass er eine solche Disziplinarverfügung als verbindlich anerkennt (vgl. hierzu auch Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) - vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 112 m.w.N., wonach es eine der wichtigsten von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Regeln des Beamtenrechts ist, dass jede Beendigung des Beamtenverhältnisses nur unter gesetzlich geregelten Voraussetzungen und Formen zulässig ist).
II.
37 
Ist mithin die Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis aufzuheben, kann auch Ziff. 2 der Verfügung keinen Bestand haben. Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 31 Abs. 2 LDG. Danach wird bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens der Beamte des Dienstes enthoben, ein Teil der monatlichen Bezüge wird einbehalten. Voraussetzung für eine auf dieser Rechtsgrundlage ergehende Verfügung ist jedoch, dass der Beamte zugleich nach § 31 Abs. 1 LDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird. Mit der gerichtlichen Aufhebung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sind auch die nach § 31 Abs. 2 LDG erlassenen Maßnahmen aufzuheben.
38 
Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die auf § 22 Abs. 1 und 2 LDG beruhende vorläufige Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge weiter Geltung haben. Sie finden ihr Ende auch nicht etwa nach § 23 Abs. 5 Satz 2 LDG, den das Disziplinarverfahren ist mit diesem Urteil - auch nach Eintritt der Rechtskraft - nicht unanfechtbar abgeschlossen. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet und berechtigt, das Disziplinarverfahren fortzuführen und ggf. erneut eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen
III.
39 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
IV.
40 
Die Berufung wird nach §§ 124 a Abs. 1 Satz, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

(1) Für das Revisionsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht entsprechend.

(2) Für die Entscheidung über die Revision gelten die §§ 143 und 144 der Verwaltungsgerichtsordnung.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Revision kann keinen Erfolg haben. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 2 LDG BW liegt nicht vor. Aus dem Beschwerdevortrag ergibt sich auch nicht, dass die Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 2 LDG BW hat. Dabei ist der Senat wegen des Darlegungserfordernisses nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darauf beschränkt, ausschließlich auf der Grundlage der Beschwerdebegründung zu entscheiden, ob ein Revisionszulassungsgrund vorliegt. Rechtliche Gesichtspunkte, die der Beschwerdeführer nicht vorgetragen hat, können nicht berücksichtigt werden.

2

Der Kläger, der als beamteter Gymnasiallehrer im Dienst des Beklagten steht, wurde wegen des Besitzes kinderpornografischer Bild- und Videodateien, die er auf privaten Computern gespeichert hatte, rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Aus diesem Grund hat ihn der Beklagte durch Disziplinarverfügung aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:

3

Der Kläger habe das Vertrauen verloren, das für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses unabdingbar sei. Dies folge aus der Schwere des außerdienstlichen Dienstvergehens, die durch die Anzahl von mindestens 3000 gespeicherten Dateien mit kinderpornografischem Inhalt, den langen Tatzeitraum von 2002 bis November 2007 und den Umstand bestimmt werde, dass die Dateien teilweise gravierende Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern zeigten. Lehrer, die wegen Kinderpornografie bestraft worden seien, könnten den ihnen obliegenden Erziehungsauftrag nicht mehr wahrnehmen. Ihr Verbleib im Beamtenverhältnis hätte einen dauerhaften, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Schuldienstes beeinträchtigenden Ansehensschaden zur Folge. Daher komme es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob der Kläger aufgrund der psychotherapeutischen Behandlung seine Lebenskrise überwunden habe und von ihm keine Wiederholungsgefahr ausgehe.

4

Der Kläger macht geltend, das Berufungsurteil weiche von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - (Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12) ab. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Rechtssatz aufgestellt, für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischen Materials sei ein Orientierungsrahmen bis hin zur Dienstentfernung vorgegeben. In diesem Rahmen sei die Disziplinarmaßnahme nach den fallbezogenen Umständen zu bestimmen. Demgegenüber halte der Verwaltungsgerichtshof bei Lehrern ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis für geboten. Damit hat der Kläger eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargelegt:

5

Eine derartige Divergenz setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26).

6

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil das vom Kläger bezeichnete Urteil des Senats vom 19. August 2010 (a.a.O.) und das Berufungsurteil zu verschiedenen Rechtsvorschriften ergangen sind. Der Senat hat den angeführten Rechtssatz zur Bestimmung der Disziplinarmaßnahme für den Besitz kinderpornografischen Materials in Auslegung der allgemeinen Bemessungsregelung des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG aufgestellt. Dagegen hat der Verwaltungsgerichtshof seine das Berufungsurteil tragende Rechtsauffassung durch Auslegung der §§ 25 ff., insbesondere des § 31 Abs. 1 LDG BW, gewonnen. Diesen Vorschriften liegt ein anderes Regelungskonzept zugrunde als § 13 BDG.

7

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich auch nicht, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommt. Die Bemessungsgrundsätze, die bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials zu beachten sind, sind in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Sie finden trotz des anderen Regelungskonzepts der §§ 25 f. LDG BW auch auf die Maßnahmebemessung nach diesen Vorschriften Anwendung. Ihre Revisibilität folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 127 Nr. 2 BRRG. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat keinen Gebrauch von der nach § 187 Abs. 1 VwGO bestehenden Möglichkeit gemacht, die Revisionsinstanz in Landesdisziplinarsachen auszuschließen (vgl. zum LDG Sachsen-Anhalt: Beschluss vom 12. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 34.11 - NVwZ 2012, 514 ; Wittkowski, in: Urban/Wittkowski, BDG, 1. Aufl. 2011, § 69 Rn. 11).

8

Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG und den inhaltsgleichen Bemessungsregelungen der Landesdisziplinargesetze, dass die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen ist. Erst aufgrund des Ergebnisses dieser Gesamtwürdigung kann festgestellt werden, ob ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG kommt als dem maßgebenden Bemessungskriterium richtungweisende Bedeutung zu. Bestimmte Fallgruppen von Dienstvergehen können aufgrund der ihnen typischerweise zukommenden Schwere einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Regelmaßnahme zugeordnet werden. Es kommt dann für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme im Einzelfall darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes ist Ausdruck des Schuldprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - NVwZ 2008, 669). Davon abgesehen ist das Persönlichkeitsbild für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (stRspr; vgl. nur Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 21 ff.; vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 f. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11). Lässt sich für eine Fallgruppe wegen der Variationsbreite der Schwere des Fehlverhaltens ein Orientierungsrahmen zwischen einer milderen und einer härteren Disziplinarmaßnahme bilden, sind die Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und der Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung für die Ausfüllung dieses Rahmens von Bedeutung (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 23 f.).

9

Für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Straftaten (Disziplinarwürdigkeit) und für die Bestimmung der hierfür angemessenen Disziplinarmaßnahme kommt dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebende Bedeutung zu. Die Orientierung am Strafrahmen gewährleistet eine rationale und gleichmäßige disziplinarrechtliche Bewertung außerdienstlichen Fehlverhaltens (stRspr, vgl. Urteile vom 25. März 2010 a.a.O. Rn. 18 und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 17). Disziplinarwürdigkeit und Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 14 f. und 23 und - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 14 ff.).

10

Davon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischen Materials aus dem seit 2003 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 26). In diesen Fällen darf die aus dem Orientierungsrahmen fallende Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausgesprochen werden, wenn im Einzelfall besonders gewichtige Erschwerungsgründe vorliegen, die nicht durch Milderungsgründe kompensiert werden. Der Orientierungsrahmen kann in der Regel nicht deshalb überschritten werden, weil dem Beamten Umstände zur Last fallen, die bereits den Unrechtsgehalt der Straftat kennzeichnen. Hierzu gehören neben dem Tatzeitraum und der Anzahl der Dateien im Besitz des Beamten vor allem deren Inhalt. Diese Umstände können grundsätzlich nur herangezogen werden, um Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens zu begründen. Gleiches gilt für die Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe. Eine Bewährungsstrafe führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Beamte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (Beschluss vom 14. Mai 2012 - BVerwG 2 B 146.11 - juris).

11

Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Besitz kinderpornografischen Materials besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann. Daraus hat der Senat den Schluss gezogen, dass der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - a.a.O. Rn. 24). Demnach kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugute kommen.

12

Das Regelungskonzept der §§ 25 ff. LDG BW gibt keinen Anlass, die dargestellten Bemessungsgrundsätze in Frage zu stellen. Vielmehr ist die Disziplinarmaßnahme auch nach §§ 25 ff. LDG BW aufgrund einer Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen.

13

Das Gesetz enthält keine Regelung, die die Bemessungsgrundsätze zusammenfasst. Für die Maßnahmebemessung allgemein vorgegeben wird lediglich, dass das Persönlichkeitsbild des Beamten zu berücksichtigen ist (§ 26 Abs. 1 Satz 2 LDG BW). Damit wird dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen. Ansonsten sind jeder gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahme eigene Bemessungsgrundsätze zugeordnet, die jeweils an den Schweregrad der Verfehlungen und das Maß der sich daraus ergebenden Vertrauensbeeinträchtigung anknüpfen.

14

Maßgebendes Bemessungskriterium ist auch nach §§ 27 ff. LDG BW die Schwere des Dienstvergehens: Für leichte Dienstvergehen sind Verweis und Geldbuße (§ 27, § 28 Abs. 1 LDG BW), für mittelschwere Dienstvergehen Kürzung der Bezüge und Zurückstufung (§ 29 Abs. 1, § 30 Abs. 1 LDG BW) vorgesehen, während die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ein schweres Dienstvergehen voraussetzt (§ 31 Abs. 1 LDG BW).

15

Den gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen ist in §§ 27 ff. LDG BW neben einem Schweregrad ein Grad der Vertrauensbeeinträchtigung zugeordnet, die der Beamte durch das Dienstvergehen herbeigeführt hat. Die Wertungsskala reicht von der geringfügigen und nicht nur geringfügigen Beeinträchtigung des Vertrauens bei Verweis und Geldbuße (§ 27, § 28 Abs. 1 LDG BW), über dessen erhebliche Beeinträchtigung bei der Kürzung der Bezüge (§ 29 Abs. 1 LDG BW) bis zur nachhaltigen Erschütterung bei der Zurückstufung (§ 30 Abs. 1 LDG BW). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt nach § 31 Abs. 1 LDG BW den endgültigen Verlust des Vertrauens voraus.

16

Nach diesem Regelungskonzept kann das Persönlichkeitsbild nicht wie bei § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG als eigenständiges Bemessungskriterium angesehen werden, das bei der Gesamtwürdigung neben die Kriterien der Schwere und der Vertrauensbeeinträchtigung tritt. Vielmehr gehen die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes in die Wertung ein, in welchem Maß der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Dies wirkt sich wiederum auf die Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens aus, da der Schweregrad (leicht, mittelschwer oder schwer) nach dem Wortlaut der §§ 27 ff. LDG BW mit dem Maß der Vertrauensbeeinträchtigung korrespondiert. Demnach können entlastende Gesichtspunkte, die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergeben, ein Gewicht erlangen, die eine mildere Disziplinarmaßnahme gebieten, als sie bei isolierter Betrachtung der Schwere dem jeweiligen gesetzlichen Schweregrad entspricht. So kann auch bei einem Dienstvergehen, das zunächst § 31 Abs. 1 LDG BW zuzuordnen ist, der Ausspruch einer pflichtenmahnenden Disziplinarmaßnahme geboten sein. Dies ist der Fall, wenn die Gesamtwürdigung aller bemessungsrelevanten Gesichtspunkte ergibt, dass der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Öffentlichkeit erschüttert, aber nicht endgültig verloren hat. Da die Bewertung eines Dienstvergehens als schwer nach der gesetzlichen Konzeption zwingend an einen endgültigen Vertrauensverlust geknüpft ist, zieht der Fortbestand des Vertrauens zwingend eine Herabstufung des Dienstvergehens in den Schweregrad "mittelschwer" nach sich.

17

Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof nach seinen tatsächlichen, den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen zu Recht angenommen, dass der Kläger ein schweres Dienstvergehen begangen hat. Diese Zuordnung ist aufgrund des lehrertypischen engen Dienstbezugs des strafbaren Verhaltens, der Anzahl der im Besitz des Klägers befindlichen Dateien und den Darstellungen schwerer Missbrauchsfälle berechtigt. Danach ist die Annahme, der Kläger habe auch bei Berücksichtigung der festgestellten Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes einen endgültigen Vertrauensverlust herbeigeführt, im Ergebnis (§ 144 Abs. 4 VwGO) nicht zu beanstanden. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller bemessungsrelevanten Gesichtspunkte lässt der Orientierungsrahmen für die Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischen Materials, der bei Lehrern die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis umfasst, die Bestimmung dieser Maßnahme aufgrund der vorliegend festgestellten Tatumstände auch dann zu, wenn zugunsten des Klägers von einer erfolgversprechenden Therapie ausgegangen wird. Im Gegensatz zu den Fällen, in denen der Besitz kinderpornografischen Materials keinen dienstlichen Bezug aufweist, kann der Autoritäts- und Ansehensverlust bei Lehrern durch eine Therapie nicht rückgängig gemacht werden.

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. September 2010 - DL 11 K 1440/09 - wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gründe

 
Der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), auf einen Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) und auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind begründet, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt werden, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, NVwZ 2004, 744). Ausgehend hiervon werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit dem Antragsvorbringen nicht hervorgerufen.
Die Disziplinarkammer hat in dem angegriffenen Urteil die mit Verfügung des Rektors der ... vom 11.05.2009 gegenüber dem Kläger verhängte Geldbuße in Höhe von 2.000,-- EUR bereits deshalb aufgehoben, weil der Kläger nicht rechtzeitig vor Erlass der Disziplinarverfügung von der beabsichtigten Maßnahme in Kenntnis gesetzt und sei auf sein Recht, die Beteiligung des Personalrats zu beantragen (§ 80 Abs. 2 Satz 3 LPVG i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG), nicht hingewiesen worden. Diesem Zweck werde die Unterrichtung nur gerecht, wenn die Maßnahme nach Inhalt und Grund so konkret bezeichnet sei, dass dem Beamten für seine Entscheidung eine klare Grundlage gegeben werde. Hierfür sei bei Erlass einer Disziplinarverfügung erforderlich, den Beamten über die Art der Disziplinarmaßnahme, im Falle einer Geldbuße auch über deren Höhe, zu unterrichten. Die Hinweispflicht habe seit Inkrafttreten des Gesetzes über die Neuordnung des Landesdisziplinarrechts an Bedeutung gewonnen, wie sich aus der amtlichen Begründung zum Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts ergebe. Da dem Kläger nicht rechtzeitig vor Erlass der angefochtenen Disziplinarverfügung die „beabsichtigte Maßnahme“ bekannt gegeben worden sei, fehle es zugleich an einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Recht, die Beteiligung des Personalrats zu beantragen. Der Verfahrensfehler sei wesentlich und führe zur Rechtswidrigkeit der Disziplinarverfügung.
Gegen diese Feststellungen der Disziplinarkammer wendet sich der Zulassungsantrag. Der Kläger sei bereits mit Schreiben vom 02.01.2008 und 12.01.2009 darauf hingewiesen worden, dass er die Beteiligung des Personalrats beantragen könne. Von dieser Möglichkeit habe er aber keinen Gebrauch gemacht. Der Hinweis, dass eine Geldbuße in Betracht komme, sei im konkreten Fall entbehrlich gewesen. Denn der Kläger habe bereits früher ein Disziplinarverfahren durchlaufen, welches mit einem Verweis geendet habe. Vor allen Dingen sei er aber anwaltlich vertreten gewesen. Die Entscheidung, ob er den Personalrat einbeziehen wolle oder nicht, habe in seinem Fall offensichtlich nicht davon abhängen können, ob als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße beabsichtigt sei.
Dieses Zulassungsvorbringen bleibt ohne Erfolg. Nach § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG wirkt der Personalrat bei Erlass von Disziplinarverfügungen oder schriftlichen Missbilligungen gegen Beamte mit, wenn der Beamte dies beantragt (§ 80 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Der Beamte ist von der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen; gleichzeitig ist er auf sein Antragsrecht hinzuweisen (§ 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats gehört zu der gebotenen Unterrichtung über die „beabsichtigte Maßnahme“ bei einer Disziplinarverfügung insbesondere auch die Mitteilung, welche Disziplinarmaßnahme vorgesehen ist, damit dem Beamten für seine Entschließung eine klare Grundlage geboten wird (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.12.1992 - D 17 S 20/92 -; Beschluss vom 18.09.1990 - DH 16/90 -; Beschluss vom 12.12.1990 - 4 S 3389/88 -). Kommt wie im vorliegenden Fall eine Geldbuße in Betracht, so ist der Beamte hierüber und auch über die zu erwartende Höhe der Geldbuße zu informieren und gleichzeitig auf sein Antragsrecht hinzuweisen. An beiden Voraussetzungen fehlt es: Der Beklagte hat den Kläger lediglich bei Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens mit Verfügung vom 02.01.2008 darauf hingewiesen, dass das Schreiben nachrichtlich dem Personalrat „zwecks Wahrung seiner Mitbestimmungsrechte nach § 80 Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) zugeleitet“ werde. Nochmals wurde er am 12.01.2009 im Rahmen seiner abschließenden Anhörung zu den disziplinarischen Vorwürfen, die keinerlei Rückschlüsse auf die zu erwartende Disziplinarmaßnahme enthielten, über sein Antragsrecht informiert. Weiteres ist in der Folgezeit nicht geschehen. Insbesondere ist der Kläger unmittelbar vor Erlass der Disziplinarverfügung nicht mehr über die beabsichtigte Maßnahme informiert und auf sein Antragsrecht hingewiesen worden, obwohl in einer Hausmitteilung des Beklagten vom 19.05.2008 dies für erforderlich gehalten wurde.
Diese Vorgehensweise wird den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG nicht gerecht. Denn mit dem Entschluss des Beklagten, die Disziplinarverfügung zu erlassen, entsteht der Mitwirkungstatbestand, der sich - nach Erfüllung der personalvertretungsrechtlichen Hinweispflicht - erst auf Antrag des Beamten aktualisiert (vgl. zum Bundesrecht auch BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -). Zu Recht hebt die Disziplinarkammer darauf ab, dass die mit der Ausweitung der behördlichen Disziplinarbefugnisse verbundene Stärkung der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung ausweislich der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts dem erklärten Willen des Gesetzgebers entspricht (LT-Drs. 14/2996, S. 129). Der Senat ist deshalb mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass der Kläger vor Erlass der Disziplinarverfügung hätte darüber in Kenntnis gesetzt werden müssen, dass der Beklagte beabsichtigt, gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 2.000,-- EUR zu verhängen (§ 28 LDG) und gleichzeitig über sein Antragsrecht hätte informiert werden müssen. Das Versäumnis ist nicht damit zu rechtfertigen, dass der Kläger bereits in einem früheren Disziplinarverfahren mit einem Verweis belegt wurde, anwaltlich vertreten ist und schon verschiedentlich Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat. Gleichfalls unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass der Kläger nach Ansicht des Beklagten eine Beteiligung des Personalrats gar nicht beantragt hätte und dass eine solche Beteiligung zu einem anderen Ergebnis, d.h. einer anderen Entscheidung des Beklagten geführt hätte. Entscheidend ist allein das formale Erfordernis, vor Erlass der Disziplinarverfügung den Kläger rechtzeitig über die geplante Disziplinarmaßnahme (hier: Verhängung einer Geldbuße) und deren Höhe in Kenntnis zu setzen und gleichzeitig auf das Antragsrecht hinzuweisen.
2. Soweit der Beklagte pauschal einen Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend macht, fehlt es bereits an der Darlegung dessen, worin der Verfahrensfehler liegen soll. Dessen ungeachtet wurden die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer am 15.09.2010 darauf hingewiesen, dass die Berufsrichter nach der Vorberatung zu der vorläufigen Rechtsauffassung gelangt seien, dass die angegriffene Disziplinarverfügung an dem hier streitigen Verfahrensfehler leide. Die Vernehmung der Zeugin ... im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.07.2010 lässt sich rechtlich nicht beanstanden; insbesondere ist nichts dafür dargetan, inwieweit das Urteil des Verwaltungsgerichts auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruhen soll.
3. Die vom Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Die Frage, „ob es bei einer anwaltlichen Vertretung des Beamten im Disziplinarverfahren, in welchem ihm in aller Ausführlichkeit die Vorwürfe erläutert werden und immer wieder Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, tatsächlich eines Hinweises auf das Recht zur Beantragung der Beteiligung des Personalrats und der Nennung der konkreten beabsichtigten Disziplinarmaßnahme bedarf“, betrifft den Einzelfall des Klägers und ist keiner grundsätzlichen Klärung in einem Berufungsverfahren zugänglich. Der Beklagte erstrebt vielmehr mit seinem Vorbringen eine Überprüfung der Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, die sich im Übrigen unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Disziplinarverfügung der Beklagten vom 29. Januar 2010 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der … Kläger …
In der Zeit von 1987 bis zum 31.12.2005 war er Verwaltungsleiter des Städtischen Spitals. Seit dem 01.01.2006 ist er Betriebsleiter des zwischenzeitlich als Eigenbetrieb der Stadt geführten Altenheims „... ...“.
Mit Disziplinarverfügung des Oberbürgermeisters der Stadt ... vom 29.01.2010 wurde der Kläger aus dem Beamtenverhältnis entfernt (Ziff.1). Des Weiteren wurde bestimmt, dass der Kläger bis zum unanfechtbaren Abschluss dieses Disziplinarverfahrens des Dienstes enthoben bleibt und seine monatlichen Bezüge in der bisherigen Höhe einbehalten werden (Ziff. 2). Als Ergebnis der Ermittlungen wurde in der Verfügung festgestellt:
„1) Sie haben gegen die Anzeigepflicht von Spenden und Zuwendungen verstoßen, Geldzuwendungen an das Spital nicht ordnungsgemäß verbucht (Trinkgelder, Telefongebühren, Spenden) und sog. „schwarze Kassen“ geführt.
2) Sie haben teilweise unter Einsatz von städt. Anlagen und Einrichtungen Privatangele-genheiten während der Arbeitszeit erledigt und sich so missbräuchlich einen Vorteil verschafft zum Nachteil Ihres Dienstherrn.
3) Sie haben städt. Mitarbeiter und städt. Geräte und Anlagen für Ihre privaten Zwecke eingesetzt.
4) Sie haben eine nicht genehmigte Nebentätigkeit ausgeübt.
5) Sie haben als Amtsträger Geschenke und Bargeldzuwendungen zu Ihrem Vorteil angenommen.
6) Sie haben als Leiter einer unter das Heimgesetz fallenden Einrichtung Zuwendungen entgegengenommen und damit gegen § 14 Abs.5 Heimgesetz verstoßen.
10 
7) Sie haben sich strafbar gemacht wegen besonders schwerer Untreue in 17 Fällen, davon in 5 Fällen in Tateinheit mit Vorteilsannahme sowie Urkundenfälschung und wurden dafür mit Strafbefehl vom 02. März 2009 zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr mit einer 3-jährigen Bewährungszeit verurteilt.“
11 
Hiergegen hat der Kläger am 08.02.2010 Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 23.03.2010 umfänglich begründet. Er macht u.a. geltend, die Disziplinarverfügung entspreche nicht dem Substantiierungsgebot.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Disziplinarverfügung vom 29.01.2010 aufzuheben.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Der Kammer liegen die Akten der Beklagten (zwei Leitz-Ordner) vor. Auf diese und die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend wegen des weiteren Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Disziplinarverfügung vom 29.01.2010 ist nichtig und deshalb - deklaratorisch - aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I.
18 
1. Das behördliche Disziplinarverfahren wurde hinsichtlich aller Vorwürfe, die Gegenstand dieses Verfahrens sein könnten, ordnungsgemäß eingeleitet (wird ausgeführt). ... Ob die abschließende Anhörung mit ihren vagen und unsubstantiierten Ausführungen den Anforderungen des § 20 LDG entspricht, insbesondere ob dem Kläger im behördliche Disziplinarverfahren ausreichend rechtliches Gehör gewährt wurde, kann offen bleiben. Die Klage des Klägers hat nämlich Erfolg, weil die angefochtene Disziplinarverfügung nichtig ist.
19 
2. Die Anforderungen an eine Disziplinarverfügung richten sich nach § 38 Abs. 2 LDG und gem. § 2 LDG nach dem Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG). Nach § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt - um einen solchen handelt es sich bei einer Disziplinarverfügung - inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das Bestimmtheitsgebot in § 37 Abs. 1 LVwVfG bedeutet zum einen, dass der Adressat des Verwaltungsakts in der Lage sein muss, das von ihm Geforderte zu erkennen. Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 20.04.2005 - 4 C 18/3 - , BVerwGE 123, 261). Die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit ergeben sich vorliegend aus den Besonderheiten des Disziplinarrechts. Eine Disziplinarverfügung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Disziplinarmaßnahme ausspricht (§ 38 Abs. 1 Satz 1 LDG), die wegen eines (leichten bis schweren) Dienstvergehens verhängt wird (§§ 27 - 33 LDG). Dies bedeutet für eine Disziplinarverfügung zum einen, dass sie eine Disziplinarmaßnahme enthalten muss. Zum anderen aber müssen auch und insbesondere die Disziplinarvergehen, deretwegen die Maßnahme verhängt wird, festgestellt werden.
20 
In Anlehnung an die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an eine Anschuldigungsschrift (§ 65 BDO) gehört deshalb zum notwendigen Inhalt einer Disziplinarverfügung die Darstellung der Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird (§ 38 Abs. 2 LDG i.V.m. §§ 2 LDG, 37 Abs. 1 LVwVfG). Der einem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt muss deutlich bezeichnet werden. Es muss klar erkennbar sein, aus welchen Tatsachen ihm Vorwürfe gemacht werden. Hierzu gehört eine so hinreichende Substantiierung, dass dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich ist und das Disziplinargericht in die Lage versetzt wird, den in bestimmter Hinsicht erhobenen und dem Umfang nach klar abgegrenzten Vorwürfen nachzugehen, ohne seinerseits genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt nach seinem eigenen pflichtgemäßen Ermessen und ohne Vorgabe durch einen klar umrissenen Anschuldigungs- bzw. Ahndungswillen das herauszuschälen, was als Verletzung der Beamtenpflichten in Betracht kommt und Grundlage der Disziplinarverfügung sein könnte. Entspricht die Disziplinarverfügung diesen Anforderungen nicht, kann sie ihrer am Opportunitätsprinzip orientierten Aufgabe, Grundlage und Umgrenzung des Disziplinarverfahrens und der Disziplinarverfügung bestimmt anzugeben, nicht gerecht werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24.10.2006 - 1 DB 6/06 - und vom 13.03.2006 - BVerwG 1 D 3.06 -, jeweils Juris m.w.N.). Die Regelung des § 38 Abs. 2 LDG nimmt diese Anforderungen an die Anschuldigungsschrift auf und entwickelt diese fort (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) - vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 117).
21 
Der konkreten Benennung der einzelnen Tatvorwürfe kommt entscheidende Bedeutung zu. Der einzelne konkrete Tatvorwurf bestimmt und begrenzt, welche Sachverhalte im Weiteren darzustellen sind, welche Tatsachen festgestellt und bewiesen sein müssen, welche Beweise zu erheben sind. Der Tatvorwurf bestimmt ebenfalls, worauf das Disziplinargericht seine Prüfung zu richten hat. Ohne konkreten Tatvorwurf ist eine gerichtliche Prüfung der Disziplinarverfügung nicht möglich. Das Disziplinargericht hat zu prüfen, ob aufgrund der konkreten Tatvorwürfe die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme rechtens ist, d.h. ob die dem Beamten vorgeworfenen Dienstvergehen solche sind und ob sie die verhängte Disziplinarmaßnahme rechtfertigen. Es ist aber nicht Aufgabe des Disziplinargerichts zu suchen, ob sich in dem - oft in romanhafter Breite - geschilderten Sachverhalt hinreichend Vorgänge finden, die die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme - unabhängig vom wirklichen Ahndungswillen der Behörde - rechtfertigen könnten. Weil einerseits nicht alle Sachverhalte, die ein Disziplinarvergehen darstellen, disziplinarrechtlich geahndet werden müssen (und oft aus verschiedenen Gründen auch nicht werden), und andererseits immer wieder Sachverhalte als Disziplinarvergehen angesehen werden, die objektiv keine sind, verbietet es sich geradezu für das Gericht, aus der breiten Darstellung von Lebenssachverhalten zu folgern, welche Taten Grundlage der Disziplinarverfügung sein könnten. Es steht im Ermessen der Behörde, welche Handlungen sie ahnden will und tatsächlich ahndet. Der Rückgriff auf die Begründung der Verfügung ergibt jedoch nur, welche Handlungen die Behörde ahnden könnte. Erst wenn eindeutig feststeht, welche Vorwürfe der Disziplinarmaßnahme zugrunde liegen, kann ggf. in gewissem Umfang ergänzend auf die weitere Begründung zurückgegriffen werden. Das Gericht, dem nach dem (neuen) Landesdisziplinargesetz keine eigene Disziplinargewalt mehr zukommt, ist nicht befugt, selbst zu entscheiden, welche Taten es einem Beamten vorwerfen will. Es kommt hinzu, dass mit Ausnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts alle Disziplinarmaßnahmen im Ermessen der Behörde stehen. In dieses Ermessen würde das Disziplinargericht eingreifen, wenn es den der Maßnahme zugrunde zu legenden Sachverhalt nach Gutdünken variieren könnte. Selbst bei der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder der Aberkennung des Ruhegehalts, die bei gegebener Schwere des Dienstvergehens zwingend zu verhängen sind, hat sich die gerichtliche Prüfung nur darauf zu erstrecken, ob die zur Grundlage des Disziplinarbescheids gemachten Dienstvergehen die Maßnahme rechtfertigen; es ist nicht zulässig, andere, nicht vom Disziplinarvorwurf umfasste Vorgänge als Rechtfertigung heranzuziehen. Ein Rückgriff auf die Begründung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 5/90 -, Juris) der Disziplinarverfügung kommt deshalb, soweit es um die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung geht, allenfalls unter engen Voraussetzungen in Betracht.
22 
Dies bedeutet in einem ersten Schritt, dass der Kern der Vorwürfe hinreichend konkret nach Ort und Zeit, Zahl der Vorgänge, Umfang (etwa der Unterschlagungen) knapp zu umreißen ist (ähnlich wie in einer staatsanwaltlichen Anschuldigungsschrift), denn gemäß § 38 Abs. 2 LDG sind "die Tatsachen, die ein Dienstvergehen begründen", darzustellen. In einem weiteren Schritt ist dann der konkrete Lebenssachverhalt, in dem das Disziplinarvergehen verortet ist, detailliert wiederzugeben, soweit dies erforderlich ist, um die Abläufe und Handlungen verständlich zu machen und das Gewicht des Vorwurfs sowie das Verschulden des Beamten bewerten zu können.
23 
Wiederum in einem weiteren Schritt ist darzulegen, weshalb der Tatvorwurf als bewiesen anzusehen ist. Dieser erfordert eine Würdigung der Beweislage, insbesondere natürlich einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen und den Einwendungen des Beamten. Wenig hilfreich ist es dabei, pauschal alle herbei gezogenen Beweismittel anzuführen, ohne diese konkreten Tatvorwürfen zuzuordnen.
24 
Diesen Anforderungen genügt die Disziplinarverfügung der Beklagten nicht.In der Disziplinarverfügung sind die konkreten Dienstvergehen schon nicht als solche genannt. Die Verfügung nennt lediglich das "Ergebnis der Ermittlungen". Was das Ergebnis der Ermittlungen für den disziplinaren Vorwurf bedeutet, welche Konsequenzen die Beklagte aus dem Ermittlungsergebnis gezogen hat, kann allenfalls vermutet werden. Eine Disziplinarverfügung aber, die die geahndeten Vergehen nicht eindeutig und verbindlich feststellt, kann keinen Bestand haben.
25 
Unterstellt man wohlwollend, dass das „Ergebnis der Ermittlungen" die konkreten Disziplinarvergehen darstellen soll, ist die Verfügung gleichwohl aufzuheben. Auch dann verstößt die Verfügung gegen das Bestimmtheitsgebot. Kein einziger der Vorwürfe ist hinsichtlich Ort, Zeit, Handlung, Höhe der Beträge hinreichend konkret. Eine Prüfung der Berechtigung dieser Vorwürfe ist angesichts ihrer Unbestimmtheit nicht möglich.
26 
Abgesehen davon würde in den meisten Fällen auch der Rückgriff auf die weitere Begründung der Verfügung nicht weiterhelfen. Insoweit ist - ohne dass dies abschließend wäre - auszuführen:
27 
Soweit dem Kläger ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht von Spenden und Zuwendungen, gegen die ordnungsgemäße Verbuchung von Geldzuwendungen und gegen das Verbot zum Führen sog. „schwarzer Kassen“ vorgeworfen wird, fehlt die notwendige zeitlich, örtlich und sachlich substantiierte Schilderung der Verstöße, aus denen heraus ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten des Klägers abgeleitet wird. So wird lediglich ausgeführt, dass der Kläger entgegen der Dienstanweisung die erhaltenen Mittel (Welche? Von wem? Wann?) nicht weitergemeldet hat, sondern diese Mittel auch nicht ordnungsgemäß in der Buchhaltung aufgeführt, sondern eine sog. „schwarze Kasse“ hierzu geführt hat, die sich jeglicher Kontrolle durch andere städtische Dienststellen entzog.
28 
Auch soweit es den Vorwurf der missbräuchlichen Vorteilsverschaffung zu Lasten des Dienstherrn (Privatkopien, Privatgespräche auf dem Dienst-Handy, Wein) betrifft, fehlt es an der notwendigen Substantiierung nach Ort, Zeit, Höhe u.a..
29 
Gleiches gilt, soweit es um die „Erledigung von Privatangelegenheiten unter teilweisem Einsatz von städt. Anlagen und Einrichtungen“ geht. Obwohl in epischer Breite erläutert wurde, was alles bei der Durchsuchung des Dienstzimmers und des Dienst-PCs gefunden worden ist, wird die Kammer nicht annähernd in die Lage versetzt, zu erkennen, was eigentlich konkret angeschuldigt ist. So wird nicht ansatzweise dargelegt, wann der Kläger wo welche privaten Angelegenheiten erledigt hat und worin in jedem Einzelfall das Dienstvergehen liegt bzw. wieso ein Dienstvergehen anzunehmen ist.
30 
Des Weiteren ist nicht substantiiert dargelegt, in welchem Umfang er Personal für private Zwecke eingesetzt hat (z. B.: Wieviel Zeit wurde darauf verwandt? Welche Kosten (Personal- und Sachkosten) wurden dadurch verursacht?). Auch die Ausführungen in der Begründung führen nicht weiter. Bereits die zeitliche Fixierung der Vergehen mit den Worten „gelegentlich“, „verschiedene Dinge“, „einmal“, ein weiteres Mal“ usw. macht deutlich, dass die Darstellung fern jeglicher Konkretisierung ist.
31 
Hinsichtlich des Vorwurfs der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit verhält sich die Darlegung der Beklagten widersprüchlich und nicht schlüssig. Es ist schon fraglich, was die Beklagte unter „Übernahme der Betreuung“ von Frau E. M. versteht. In diesem Zusammenhang wäre herauszuarbeiten gewesen, welche Form der Betreuung in dem Merkblatt über die anzeige- und genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten gemeint ist. Sind es nur die gesetzlich vom Amtsgericht bestellten Betreuer? Welche „Betreuung“ fällt außerdem darunter? Genügt dafür jedes Verhalten, bei dem eine dritte Person tatsächlich und/oder rechtlich versorgt, vertreten o.a. wird?
32 
Ferner mangelt es an einer konkreten Darlegung der Hintergründe zum Vorwurf der Annahme von Geschenken und Bargeldzuwendungen zum Vorteil des Klägers, denen zu entnehmen wäre, dass der Erhalt dieser Zuwendungen den Straftatbestand des § 331 StGB erfüllt.
33 
Die 17 Fälle besonders schwerer Untreue, in 5 Fällen i.V.m. Vorteilsannahme und Urkundenfälschung, die Gegenstand des Strafbefehls sind, wurden schon gar nicht wirksam in die Disziplinarverfügung einbezogen, weil auf den Strafbefehl lediglich verwiesen wird. Grundsätzlich allerdings kann in einer Verfügung durchaus auf andere Schriftstücke oder Entscheidungen verwiesen werden, sofern hinreichend deutlich festgestellt wird, inwieweit eine andere Entscheidung in Bezug genommen wird. In einer Disziplinarverfügung ist allerdings die bloße Verweisung auf einen Strafbefehl nicht zulässig. Zwar kann gemäß § 38 Abs. 2 Satz 3 LDG auf die bindenden Feststellungen eines Urteils oder einer Entscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG verwiesen werden. Dies gilt aber nicht für die Feststellungen eines - in dieser Bestimmung nicht aufgeführten - Strafbefehls. Auch aus § 14 Abs. 2 LDG lässt sich die Zulässigkeit einer Verweisung auf einen Strafbefehl nicht herleiten. Zwar können gemäß § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen (als Abs. 1 genannten) gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren (ohne weitere Prüfung) zugrunde gelegt werden. Diese Feststellungen müssen aber in der Disziplinarverfügung dargelegt werden, sie werden nicht durch bloße Verweisung auf den Strafbefehl zum Gegenstand der Disziplinarverfügung.
34 
Abgesehen davon genügt die Disziplinarverfügung allenfalls bedingt den Anforderungen an eine Sachverhaltsdarstellung und Beweiswürdigung. Beides ist zwanglos miteinander vermengt, wobei von einer Beweiswürdigung letztlich nicht die Rede sein kann (vgl. hierzu § 38 Abs. 2 LDG, wonach die Beweismittel in der Begründung darzustellen sind).
35 
3. Folge der inhaltlichen Unbestimmtheit der vorliegenden Disziplinarverfügung ist ihre Nichtigkeit. Nach § 44 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt sich die Rechtsfolge der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts als eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass ein Akt staatlicher Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt. Der dem Verwaltungsakt anhaftende Fehler muss diesen schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lassen. Der schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger offensichtlich sein. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen, wenn die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (BVerwG, Beschluss vom 11.05.2000 - 11 B 26/00 -, Juris).
36 
Nach diesen Maßstäben ist die vorliegende Disziplinarverfügung nichtig. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme, insbesondere die Entfernung aus dem Dienst, ist schlechterdings unerträglich, wenn in der Disziplinarverfügung nicht eindeutig und unmissverständlich festgestellt wird, welche Handlungen als Dienstvergehen gewertet und geahndet werden. Die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ohne Dienstvergehen ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar und schlechterdings nicht hinnehmbar. Von niemandem kann erwartet werden, dass er eine solche Disziplinarverfügung als verbindlich anerkennt (vgl. hierzu auch Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) - vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 112 m.w.N., wonach es eine der wichtigsten von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Regeln des Beamtenrechts ist, dass jede Beendigung des Beamtenverhältnisses nur unter gesetzlich geregelten Voraussetzungen und Formen zulässig ist).
II.
37 
Ist mithin die Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis aufzuheben, kann auch Ziff. 2 der Verfügung keinen Bestand haben. Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 31 Abs. 2 LDG. Danach wird bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens der Beamte des Dienstes enthoben, ein Teil der monatlichen Bezüge wird einbehalten. Voraussetzung für eine auf dieser Rechtsgrundlage ergehende Verfügung ist jedoch, dass der Beamte zugleich nach § 31 Abs. 1 LDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird. Mit der gerichtlichen Aufhebung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sind auch die nach § 31 Abs. 2 LDG erlassenen Maßnahmen aufzuheben.
38 
Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die auf § 22 Abs. 1 und 2 LDG beruhende vorläufige Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge weiter Geltung haben. Sie finden ihr Ende auch nicht etwa nach § 23 Abs. 5 Satz 2 LDG, den das Disziplinarverfahren ist mit diesem Urteil - auch nach Eintritt der Rechtskraft - nicht unanfechtbar abgeschlossen. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet und berechtigt, das Disziplinarverfahren fortzuführen und ggf. erneut eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen
III.
39 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
IV.
40 
Die Berufung wird nach §§ 124 a Abs. 1 Satz, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

Gründe

 
17 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Disziplinarverfügung vom 29.01.2010 ist nichtig und deshalb - deklaratorisch - aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I.
18 
1. Das behördliche Disziplinarverfahren wurde hinsichtlich aller Vorwürfe, die Gegenstand dieses Verfahrens sein könnten, ordnungsgemäß eingeleitet (wird ausgeführt). ... Ob die abschließende Anhörung mit ihren vagen und unsubstantiierten Ausführungen den Anforderungen des § 20 LDG entspricht, insbesondere ob dem Kläger im behördliche Disziplinarverfahren ausreichend rechtliches Gehör gewährt wurde, kann offen bleiben. Die Klage des Klägers hat nämlich Erfolg, weil die angefochtene Disziplinarverfügung nichtig ist.
19 
2. Die Anforderungen an eine Disziplinarverfügung richten sich nach § 38 Abs. 2 LDG und gem. § 2 LDG nach dem Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG). Nach § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt - um einen solchen handelt es sich bei einer Disziplinarverfügung - inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das Bestimmtheitsgebot in § 37 Abs. 1 LVwVfG bedeutet zum einen, dass der Adressat des Verwaltungsakts in der Lage sein muss, das von ihm Geforderte zu erkennen. Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 20.04.2005 - 4 C 18/3 - , BVerwGE 123, 261). Die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit ergeben sich vorliegend aus den Besonderheiten des Disziplinarrechts. Eine Disziplinarverfügung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Disziplinarmaßnahme ausspricht (§ 38 Abs. 1 Satz 1 LDG), die wegen eines (leichten bis schweren) Dienstvergehens verhängt wird (§§ 27 - 33 LDG). Dies bedeutet für eine Disziplinarverfügung zum einen, dass sie eine Disziplinarmaßnahme enthalten muss. Zum anderen aber müssen auch und insbesondere die Disziplinarvergehen, deretwegen die Maßnahme verhängt wird, festgestellt werden.
20 
In Anlehnung an die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an eine Anschuldigungsschrift (§ 65 BDO) gehört deshalb zum notwendigen Inhalt einer Disziplinarverfügung die Darstellung der Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird (§ 38 Abs. 2 LDG i.V.m. §§ 2 LDG, 37 Abs. 1 LVwVfG). Der einem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt muss deutlich bezeichnet werden. Es muss klar erkennbar sein, aus welchen Tatsachen ihm Vorwürfe gemacht werden. Hierzu gehört eine so hinreichende Substantiierung, dass dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich ist und das Disziplinargericht in die Lage versetzt wird, den in bestimmter Hinsicht erhobenen und dem Umfang nach klar abgegrenzten Vorwürfen nachzugehen, ohne seinerseits genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt nach seinem eigenen pflichtgemäßen Ermessen und ohne Vorgabe durch einen klar umrissenen Anschuldigungs- bzw. Ahndungswillen das herauszuschälen, was als Verletzung der Beamtenpflichten in Betracht kommt und Grundlage der Disziplinarverfügung sein könnte. Entspricht die Disziplinarverfügung diesen Anforderungen nicht, kann sie ihrer am Opportunitätsprinzip orientierten Aufgabe, Grundlage und Umgrenzung des Disziplinarverfahrens und der Disziplinarverfügung bestimmt anzugeben, nicht gerecht werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24.10.2006 - 1 DB 6/06 - und vom 13.03.2006 - BVerwG 1 D 3.06 -, jeweils Juris m.w.N.). Die Regelung des § 38 Abs. 2 LDG nimmt diese Anforderungen an die Anschuldigungsschrift auf und entwickelt diese fort (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) - vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 117).
21 
Der konkreten Benennung der einzelnen Tatvorwürfe kommt entscheidende Bedeutung zu. Der einzelne konkrete Tatvorwurf bestimmt und begrenzt, welche Sachverhalte im Weiteren darzustellen sind, welche Tatsachen festgestellt und bewiesen sein müssen, welche Beweise zu erheben sind. Der Tatvorwurf bestimmt ebenfalls, worauf das Disziplinargericht seine Prüfung zu richten hat. Ohne konkreten Tatvorwurf ist eine gerichtliche Prüfung der Disziplinarverfügung nicht möglich. Das Disziplinargericht hat zu prüfen, ob aufgrund der konkreten Tatvorwürfe die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme rechtens ist, d.h. ob die dem Beamten vorgeworfenen Dienstvergehen solche sind und ob sie die verhängte Disziplinarmaßnahme rechtfertigen. Es ist aber nicht Aufgabe des Disziplinargerichts zu suchen, ob sich in dem - oft in romanhafter Breite - geschilderten Sachverhalt hinreichend Vorgänge finden, die die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme - unabhängig vom wirklichen Ahndungswillen der Behörde - rechtfertigen könnten. Weil einerseits nicht alle Sachverhalte, die ein Disziplinarvergehen darstellen, disziplinarrechtlich geahndet werden müssen (und oft aus verschiedenen Gründen auch nicht werden), und andererseits immer wieder Sachverhalte als Disziplinarvergehen angesehen werden, die objektiv keine sind, verbietet es sich geradezu für das Gericht, aus der breiten Darstellung von Lebenssachverhalten zu folgern, welche Taten Grundlage der Disziplinarverfügung sein könnten. Es steht im Ermessen der Behörde, welche Handlungen sie ahnden will und tatsächlich ahndet. Der Rückgriff auf die Begründung der Verfügung ergibt jedoch nur, welche Handlungen die Behörde ahnden könnte. Erst wenn eindeutig feststeht, welche Vorwürfe der Disziplinarmaßnahme zugrunde liegen, kann ggf. in gewissem Umfang ergänzend auf die weitere Begründung zurückgegriffen werden. Das Gericht, dem nach dem (neuen) Landesdisziplinargesetz keine eigene Disziplinargewalt mehr zukommt, ist nicht befugt, selbst zu entscheiden, welche Taten es einem Beamten vorwerfen will. Es kommt hinzu, dass mit Ausnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts alle Disziplinarmaßnahmen im Ermessen der Behörde stehen. In dieses Ermessen würde das Disziplinargericht eingreifen, wenn es den der Maßnahme zugrunde zu legenden Sachverhalt nach Gutdünken variieren könnte. Selbst bei der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder der Aberkennung des Ruhegehalts, die bei gegebener Schwere des Dienstvergehens zwingend zu verhängen sind, hat sich die gerichtliche Prüfung nur darauf zu erstrecken, ob die zur Grundlage des Disziplinarbescheids gemachten Dienstvergehen die Maßnahme rechtfertigen; es ist nicht zulässig, andere, nicht vom Disziplinarvorwurf umfasste Vorgänge als Rechtfertigung heranzuziehen. Ein Rückgriff auf die Begründung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 5/90 -, Juris) der Disziplinarverfügung kommt deshalb, soweit es um die Bestimmtheit der Disziplinarverfügung geht, allenfalls unter engen Voraussetzungen in Betracht.
22 
Dies bedeutet in einem ersten Schritt, dass der Kern der Vorwürfe hinreichend konkret nach Ort und Zeit, Zahl der Vorgänge, Umfang (etwa der Unterschlagungen) knapp zu umreißen ist (ähnlich wie in einer staatsanwaltlichen Anschuldigungsschrift), denn gemäß § 38 Abs. 2 LDG sind "die Tatsachen, die ein Dienstvergehen begründen", darzustellen. In einem weiteren Schritt ist dann der konkrete Lebenssachverhalt, in dem das Disziplinarvergehen verortet ist, detailliert wiederzugeben, soweit dies erforderlich ist, um die Abläufe und Handlungen verständlich zu machen und das Gewicht des Vorwurfs sowie das Verschulden des Beamten bewerten zu können.
23 
Wiederum in einem weiteren Schritt ist darzulegen, weshalb der Tatvorwurf als bewiesen anzusehen ist. Dieser erfordert eine Würdigung der Beweislage, insbesondere natürlich einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen und den Einwendungen des Beamten. Wenig hilfreich ist es dabei, pauschal alle herbei gezogenen Beweismittel anzuführen, ohne diese konkreten Tatvorwürfen zuzuordnen.
24 
Diesen Anforderungen genügt die Disziplinarverfügung der Beklagten nicht.In der Disziplinarverfügung sind die konkreten Dienstvergehen schon nicht als solche genannt. Die Verfügung nennt lediglich das "Ergebnis der Ermittlungen". Was das Ergebnis der Ermittlungen für den disziplinaren Vorwurf bedeutet, welche Konsequenzen die Beklagte aus dem Ermittlungsergebnis gezogen hat, kann allenfalls vermutet werden. Eine Disziplinarverfügung aber, die die geahndeten Vergehen nicht eindeutig und verbindlich feststellt, kann keinen Bestand haben.
25 
Unterstellt man wohlwollend, dass das „Ergebnis der Ermittlungen" die konkreten Disziplinarvergehen darstellen soll, ist die Verfügung gleichwohl aufzuheben. Auch dann verstößt die Verfügung gegen das Bestimmtheitsgebot. Kein einziger der Vorwürfe ist hinsichtlich Ort, Zeit, Handlung, Höhe der Beträge hinreichend konkret. Eine Prüfung der Berechtigung dieser Vorwürfe ist angesichts ihrer Unbestimmtheit nicht möglich.
26 
Abgesehen davon würde in den meisten Fällen auch der Rückgriff auf die weitere Begründung der Verfügung nicht weiterhelfen. Insoweit ist - ohne dass dies abschließend wäre - auszuführen:
27 
Soweit dem Kläger ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht von Spenden und Zuwendungen, gegen die ordnungsgemäße Verbuchung von Geldzuwendungen und gegen das Verbot zum Führen sog. „schwarzer Kassen“ vorgeworfen wird, fehlt die notwendige zeitlich, örtlich und sachlich substantiierte Schilderung der Verstöße, aus denen heraus ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten des Klägers abgeleitet wird. So wird lediglich ausgeführt, dass der Kläger entgegen der Dienstanweisung die erhaltenen Mittel (Welche? Von wem? Wann?) nicht weitergemeldet hat, sondern diese Mittel auch nicht ordnungsgemäß in der Buchhaltung aufgeführt, sondern eine sog. „schwarze Kasse“ hierzu geführt hat, die sich jeglicher Kontrolle durch andere städtische Dienststellen entzog.
28 
Auch soweit es den Vorwurf der missbräuchlichen Vorteilsverschaffung zu Lasten des Dienstherrn (Privatkopien, Privatgespräche auf dem Dienst-Handy, Wein) betrifft, fehlt es an der notwendigen Substantiierung nach Ort, Zeit, Höhe u.a..
29 
Gleiches gilt, soweit es um die „Erledigung von Privatangelegenheiten unter teilweisem Einsatz von städt. Anlagen und Einrichtungen“ geht. Obwohl in epischer Breite erläutert wurde, was alles bei der Durchsuchung des Dienstzimmers und des Dienst-PCs gefunden worden ist, wird die Kammer nicht annähernd in die Lage versetzt, zu erkennen, was eigentlich konkret angeschuldigt ist. So wird nicht ansatzweise dargelegt, wann der Kläger wo welche privaten Angelegenheiten erledigt hat und worin in jedem Einzelfall das Dienstvergehen liegt bzw. wieso ein Dienstvergehen anzunehmen ist.
30 
Des Weiteren ist nicht substantiiert dargelegt, in welchem Umfang er Personal für private Zwecke eingesetzt hat (z. B.: Wieviel Zeit wurde darauf verwandt? Welche Kosten (Personal- und Sachkosten) wurden dadurch verursacht?). Auch die Ausführungen in der Begründung führen nicht weiter. Bereits die zeitliche Fixierung der Vergehen mit den Worten „gelegentlich“, „verschiedene Dinge“, „einmal“, ein weiteres Mal“ usw. macht deutlich, dass die Darstellung fern jeglicher Konkretisierung ist.
31 
Hinsichtlich des Vorwurfs der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit verhält sich die Darlegung der Beklagten widersprüchlich und nicht schlüssig. Es ist schon fraglich, was die Beklagte unter „Übernahme der Betreuung“ von Frau E. M. versteht. In diesem Zusammenhang wäre herauszuarbeiten gewesen, welche Form der Betreuung in dem Merkblatt über die anzeige- und genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten gemeint ist. Sind es nur die gesetzlich vom Amtsgericht bestellten Betreuer? Welche „Betreuung“ fällt außerdem darunter? Genügt dafür jedes Verhalten, bei dem eine dritte Person tatsächlich und/oder rechtlich versorgt, vertreten o.a. wird?
32 
Ferner mangelt es an einer konkreten Darlegung der Hintergründe zum Vorwurf der Annahme von Geschenken und Bargeldzuwendungen zum Vorteil des Klägers, denen zu entnehmen wäre, dass der Erhalt dieser Zuwendungen den Straftatbestand des § 331 StGB erfüllt.
33 
Die 17 Fälle besonders schwerer Untreue, in 5 Fällen i.V.m. Vorteilsannahme und Urkundenfälschung, die Gegenstand des Strafbefehls sind, wurden schon gar nicht wirksam in die Disziplinarverfügung einbezogen, weil auf den Strafbefehl lediglich verwiesen wird. Grundsätzlich allerdings kann in einer Verfügung durchaus auf andere Schriftstücke oder Entscheidungen verwiesen werden, sofern hinreichend deutlich festgestellt wird, inwieweit eine andere Entscheidung in Bezug genommen wird. In einer Disziplinarverfügung ist allerdings die bloße Verweisung auf einen Strafbefehl nicht zulässig. Zwar kann gemäß § 38 Abs. 2 Satz 3 LDG auf die bindenden Feststellungen eines Urteils oder einer Entscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG verwiesen werden. Dies gilt aber nicht für die Feststellungen eines - in dieser Bestimmung nicht aufgeführten - Strafbefehls. Auch aus § 14 Abs. 2 LDG lässt sich die Zulässigkeit einer Verweisung auf einen Strafbefehl nicht herleiten. Zwar können gemäß § 14 Abs. 2 LDG die in einem anderen (als Abs. 1 genannten) gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung im Disziplinarverfahren (ohne weitere Prüfung) zugrunde gelegt werden. Diese Feststellungen müssen aber in der Disziplinarverfügung dargelegt werden, sie werden nicht durch bloße Verweisung auf den Strafbefehl zum Gegenstand der Disziplinarverfügung.
34 
Abgesehen davon genügt die Disziplinarverfügung allenfalls bedingt den Anforderungen an eine Sachverhaltsdarstellung und Beweiswürdigung. Beides ist zwanglos miteinander vermengt, wobei von einer Beweiswürdigung letztlich nicht die Rede sein kann (vgl. hierzu § 38 Abs. 2 LDG, wonach die Beweismittel in der Begründung darzustellen sind).
35 
3. Folge der inhaltlichen Unbestimmtheit der vorliegenden Disziplinarverfügung ist ihre Nichtigkeit. Nach § 44 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt sich die Rechtsfolge der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts als eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass ein Akt staatlicher Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt. Der dem Verwaltungsakt anhaftende Fehler muss diesen schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lassen. Der schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger offensichtlich sein. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen, wenn die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (BVerwG, Beschluss vom 11.05.2000 - 11 B 26/00 -, Juris).
36 
Nach diesen Maßstäben ist die vorliegende Disziplinarverfügung nichtig. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme, insbesondere die Entfernung aus dem Dienst, ist schlechterdings unerträglich, wenn in der Disziplinarverfügung nicht eindeutig und unmissverständlich festgestellt wird, welche Handlungen als Dienstvergehen gewertet und geahndet werden. Die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ohne Dienstvergehen ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar und schlechterdings nicht hinnehmbar. Von niemandem kann erwartet werden, dass er eine solche Disziplinarverfügung als verbindlich anerkennt (vgl. hierzu auch Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDNOG) - vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 112 m.w.N., wonach es eine der wichtigsten von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Regeln des Beamtenrechts ist, dass jede Beendigung des Beamtenverhältnisses nur unter gesetzlich geregelten Voraussetzungen und Formen zulässig ist).
II.
37 
Ist mithin die Entfernung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis aufzuheben, kann auch Ziff. 2 der Verfügung keinen Bestand haben. Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 31 Abs. 2 LDG. Danach wird bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens der Beamte des Dienstes enthoben, ein Teil der monatlichen Bezüge wird einbehalten. Voraussetzung für eine auf dieser Rechtsgrundlage ergehende Verfügung ist jedoch, dass der Beamte zugleich nach § 31 Abs. 1 LDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird. Mit der gerichtlichen Aufhebung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sind auch die nach § 31 Abs. 2 LDG erlassenen Maßnahmen aufzuheben.
38 
Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die auf § 22 Abs. 1 und 2 LDG beruhende vorläufige Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge weiter Geltung haben. Sie finden ihr Ende auch nicht etwa nach § 23 Abs. 5 Satz 2 LDG, den das Disziplinarverfahren ist mit diesem Urteil - auch nach Eintritt der Rechtskraft - nicht unanfechtbar abgeschlossen. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet und berechtigt, das Disziplinarverfahren fortzuführen und ggf. erneut eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen
III.
39 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
IV.
40 
Die Berufung wird nach §§ 124 a Abs. 1 Satz, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

(1) Für das Revisionsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht entsprechend.

(2) Für die Entscheidung über die Revision gelten die §§ 143 und 144 der Verwaltungsgerichtsordnung.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Revision kann keinen Erfolg haben. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 2 LDG BW liegt nicht vor. Aus dem Beschwerdevortrag ergibt sich auch nicht, dass die Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 2 LDG BW hat. Dabei ist der Senat wegen des Darlegungserfordernisses nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darauf beschränkt, ausschließlich auf der Grundlage der Beschwerdebegründung zu entscheiden, ob ein Revisionszulassungsgrund vorliegt. Rechtliche Gesichtspunkte, die der Beschwerdeführer nicht vorgetragen hat, können nicht berücksichtigt werden.

2

Der Kläger, der als beamteter Gymnasiallehrer im Dienst des Beklagten steht, wurde wegen des Besitzes kinderpornografischer Bild- und Videodateien, die er auf privaten Computern gespeichert hatte, rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Aus diesem Grund hat ihn der Beklagte durch Disziplinarverfügung aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:

3

Der Kläger habe das Vertrauen verloren, das für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses unabdingbar sei. Dies folge aus der Schwere des außerdienstlichen Dienstvergehens, die durch die Anzahl von mindestens 3000 gespeicherten Dateien mit kinderpornografischem Inhalt, den langen Tatzeitraum von 2002 bis November 2007 und den Umstand bestimmt werde, dass die Dateien teilweise gravierende Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern zeigten. Lehrer, die wegen Kinderpornografie bestraft worden seien, könnten den ihnen obliegenden Erziehungsauftrag nicht mehr wahrnehmen. Ihr Verbleib im Beamtenverhältnis hätte einen dauerhaften, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Schuldienstes beeinträchtigenden Ansehensschaden zur Folge. Daher komme es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob der Kläger aufgrund der psychotherapeutischen Behandlung seine Lebenskrise überwunden habe und von ihm keine Wiederholungsgefahr ausgehe.

4

Der Kläger macht geltend, das Berufungsurteil weiche von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - (Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12) ab. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Rechtssatz aufgestellt, für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischen Materials sei ein Orientierungsrahmen bis hin zur Dienstentfernung vorgegeben. In diesem Rahmen sei die Disziplinarmaßnahme nach den fallbezogenen Umständen zu bestimmen. Demgegenüber halte der Verwaltungsgerichtshof bei Lehrern ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis für geboten. Damit hat der Kläger eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargelegt:

5

Eine derartige Divergenz setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26).

6

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil das vom Kläger bezeichnete Urteil des Senats vom 19. August 2010 (a.a.O.) und das Berufungsurteil zu verschiedenen Rechtsvorschriften ergangen sind. Der Senat hat den angeführten Rechtssatz zur Bestimmung der Disziplinarmaßnahme für den Besitz kinderpornografischen Materials in Auslegung der allgemeinen Bemessungsregelung des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG aufgestellt. Dagegen hat der Verwaltungsgerichtshof seine das Berufungsurteil tragende Rechtsauffassung durch Auslegung der §§ 25 ff., insbesondere des § 31 Abs. 1 LDG BW, gewonnen. Diesen Vorschriften liegt ein anderes Regelungskonzept zugrunde als § 13 BDG.

7

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich auch nicht, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommt. Die Bemessungsgrundsätze, die bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials zu beachten sind, sind in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Sie finden trotz des anderen Regelungskonzepts der §§ 25 f. LDG BW auch auf die Maßnahmebemessung nach diesen Vorschriften Anwendung. Ihre Revisibilität folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 127 Nr. 2 BRRG. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat keinen Gebrauch von der nach § 187 Abs. 1 VwGO bestehenden Möglichkeit gemacht, die Revisionsinstanz in Landesdisziplinarsachen auszuschließen (vgl. zum LDG Sachsen-Anhalt: Beschluss vom 12. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 34.11 - NVwZ 2012, 514 ; Wittkowski, in: Urban/Wittkowski, BDG, 1. Aufl. 2011, § 69 Rn. 11).

8

Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG und den inhaltsgleichen Bemessungsregelungen der Landesdisziplinargesetze, dass die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen ist. Erst aufgrund des Ergebnisses dieser Gesamtwürdigung kann festgestellt werden, ob ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG kommt als dem maßgebenden Bemessungskriterium richtungweisende Bedeutung zu. Bestimmte Fallgruppen von Dienstvergehen können aufgrund der ihnen typischerweise zukommenden Schwere einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Regelmaßnahme zugeordnet werden. Es kommt dann für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme im Einzelfall darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes ist Ausdruck des Schuldprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - NVwZ 2008, 669). Davon abgesehen ist das Persönlichkeitsbild für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (stRspr; vgl. nur Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 21 ff.; vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 f. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11). Lässt sich für eine Fallgruppe wegen der Variationsbreite der Schwere des Fehlverhaltens ein Orientierungsrahmen zwischen einer milderen und einer härteren Disziplinarmaßnahme bilden, sind die Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und der Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung für die Ausfüllung dieses Rahmens von Bedeutung (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 23 f.).

9

Für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Straftaten (Disziplinarwürdigkeit) und für die Bestimmung der hierfür angemessenen Disziplinarmaßnahme kommt dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebende Bedeutung zu. Die Orientierung am Strafrahmen gewährleistet eine rationale und gleichmäßige disziplinarrechtliche Bewertung außerdienstlichen Fehlverhaltens (stRspr, vgl. Urteile vom 25. März 2010 a.a.O. Rn. 18 und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 17). Disziplinarwürdigkeit und Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 14 f. und 23 und - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 14 ff.).

10

Davon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischen Materials aus dem seit 2003 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 26). In diesen Fällen darf die aus dem Orientierungsrahmen fallende Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausgesprochen werden, wenn im Einzelfall besonders gewichtige Erschwerungsgründe vorliegen, die nicht durch Milderungsgründe kompensiert werden. Der Orientierungsrahmen kann in der Regel nicht deshalb überschritten werden, weil dem Beamten Umstände zur Last fallen, die bereits den Unrechtsgehalt der Straftat kennzeichnen. Hierzu gehören neben dem Tatzeitraum und der Anzahl der Dateien im Besitz des Beamten vor allem deren Inhalt. Diese Umstände können grundsätzlich nur herangezogen werden, um Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens zu begründen. Gleiches gilt für die Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe. Eine Bewährungsstrafe führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Beamte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (Beschluss vom 14. Mai 2012 - BVerwG 2 B 146.11 - juris).

11

Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Besitz kinderpornografischen Materials besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann. Daraus hat der Senat den Schluss gezogen, dass der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - a.a.O. Rn. 24). Demnach kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugute kommen.

12

Das Regelungskonzept der §§ 25 ff. LDG BW gibt keinen Anlass, die dargestellten Bemessungsgrundsätze in Frage zu stellen. Vielmehr ist die Disziplinarmaßnahme auch nach §§ 25 ff. LDG BW aufgrund einer Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen.

13

Das Gesetz enthält keine Regelung, die die Bemessungsgrundsätze zusammenfasst. Für die Maßnahmebemessung allgemein vorgegeben wird lediglich, dass das Persönlichkeitsbild des Beamten zu berücksichtigen ist (§ 26 Abs. 1 Satz 2 LDG BW). Damit wird dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen. Ansonsten sind jeder gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahme eigene Bemessungsgrundsätze zugeordnet, die jeweils an den Schweregrad der Verfehlungen und das Maß der sich daraus ergebenden Vertrauensbeeinträchtigung anknüpfen.

14

Maßgebendes Bemessungskriterium ist auch nach §§ 27 ff. LDG BW die Schwere des Dienstvergehens: Für leichte Dienstvergehen sind Verweis und Geldbuße (§ 27, § 28 Abs. 1 LDG BW), für mittelschwere Dienstvergehen Kürzung der Bezüge und Zurückstufung (§ 29 Abs. 1, § 30 Abs. 1 LDG BW) vorgesehen, während die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ein schweres Dienstvergehen voraussetzt (§ 31 Abs. 1 LDG BW).

15

Den gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen ist in §§ 27 ff. LDG BW neben einem Schweregrad ein Grad der Vertrauensbeeinträchtigung zugeordnet, die der Beamte durch das Dienstvergehen herbeigeführt hat. Die Wertungsskala reicht von der geringfügigen und nicht nur geringfügigen Beeinträchtigung des Vertrauens bei Verweis und Geldbuße (§ 27, § 28 Abs. 1 LDG BW), über dessen erhebliche Beeinträchtigung bei der Kürzung der Bezüge (§ 29 Abs. 1 LDG BW) bis zur nachhaltigen Erschütterung bei der Zurückstufung (§ 30 Abs. 1 LDG BW). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt nach § 31 Abs. 1 LDG BW den endgültigen Verlust des Vertrauens voraus.

16

Nach diesem Regelungskonzept kann das Persönlichkeitsbild nicht wie bei § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG als eigenständiges Bemessungskriterium angesehen werden, das bei der Gesamtwürdigung neben die Kriterien der Schwere und der Vertrauensbeeinträchtigung tritt. Vielmehr gehen die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes in die Wertung ein, in welchem Maß der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Dies wirkt sich wiederum auf die Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens aus, da der Schweregrad (leicht, mittelschwer oder schwer) nach dem Wortlaut der §§ 27 ff. LDG BW mit dem Maß der Vertrauensbeeinträchtigung korrespondiert. Demnach können entlastende Gesichtspunkte, die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergeben, ein Gewicht erlangen, die eine mildere Disziplinarmaßnahme gebieten, als sie bei isolierter Betrachtung der Schwere dem jeweiligen gesetzlichen Schweregrad entspricht. So kann auch bei einem Dienstvergehen, das zunächst § 31 Abs. 1 LDG BW zuzuordnen ist, der Ausspruch einer pflichtenmahnenden Disziplinarmaßnahme geboten sein. Dies ist der Fall, wenn die Gesamtwürdigung aller bemessungsrelevanten Gesichtspunkte ergibt, dass der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Öffentlichkeit erschüttert, aber nicht endgültig verloren hat. Da die Bewertung eines Dienstvergehens als schwer nach der gesetzlichen Konzeption zwingend an einen endgültigen Vertrauensverlust geknüpft ist, zieht der Fortbestand des Vertrauens zwingend eine Herabstufung des Dienstvergehens in den Schweregrad "mittelschwer" nach sich.

17

Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof nach seinen tatsächlichen, den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen zu Recht angenommen, dass der Kläger ein schweres Dienstvergehen begangen hat. Diese Zuordnung ist aufgrund des lehrertypischen engen Dienstbezugs des strafbaren Verhaltens, der Anzahl der im Besitz des Klägers befindlichen Dateien und den Darstellungen schwerer Missbrauchsfälle berechtigt. Danach ist die Annahme, der Kläger habe auch bei Berücksichtigung der festgestellten Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes einen endgültigen Vertrauensverlust herbeigeführt, im Ergebnis (§ 144 Abs. 4 VwGO) nicht zu beanstanden. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller bemessungsrelevanten Gesichtspunkte lässt der Orientierungsrahmen für die Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischen Materials, der bei Lehrern die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis umfasst, die Bestimmung dieser Maßnahme aufgrund der vorliegend festgestellten Tatumstände auch dann zu, wenn zugunsten des Klägers von einer erfolgversprechenden Therapie ausgegangen wird. Im Gegensatz zu den Fällen, in denen der Besitz kinderpornografischen Materials keinen dienstlichen Bezug aufweist, kann der Autoritäts- und Ansehensverlust bei Lehrern durch eine Therapie nicht rückgängig gemacht werden.

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. September 2010 - DL 11 K 1440/09 - wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gründe

 
Der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), auf einen Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) und auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind begründet, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt werden, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, NVwZ 2004, 744). Ausgehend hiervon werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit dem Antragsvorbringen nicht hervorgerufen.
Die Disziplinarkammer hat in dem angegriffenen Urteil die mit Verfügung des Rektors der ... vom 11.05.2009 gegenüber dem Kläger verhängte Geldbuße in Höhe von 2.000,-- EUR bereits deshalb aufgehoben, weil der Kläger nicht rechtzeitig vor Erlass der Disziplinarverfügung von der beabsichtigten Maßnahme in Kenntnis gesetzt und sei auf sein Recht, die Beteiligung des Personalrats zu beantragen (§ 80 Abs. 2 Satz 3 LPVG i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG), nicht hingewiesen worden. Diesem Zweck werde die Unterrichtung nur gerecht, wenn die Maßnahme nach Inhalt und Grund so konkret bezeichnet sei, dass dem Beamten für seine Entscheidung eine klare Grundlage gegeben werde. Hierfür sei bei Erlass einer Disziplinarverfügung erforderlich, den Beamten über die Art der Disziplinarmaßnahme, im Falle einer Geldbuße auch über deren Höhe, zu unterrichten. Die Hinweispflicht habe seit Inkrafttreten des Gesetzes über die Neuordnung des Landesdisziplinarrechts an Bedeutung gewonnen, wie sich aus der amtlichen Begründung zum Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts ergebe. Da dem Kläger nicht rechtzeitig vor Erlass der angefochtenen Disziplinarverfügung die „beabsichtigte Maßnahme“ bekannt gegeben worden sei, fehle es zugleich an einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Recht, die Beteiligung des Personalrats zu beantragen. Der Verfahrensfehler sei wesentlich und führe zur Rechtswidrigkeit der Disziplinarverfügung.
Gegen diese Feststellungen der Disziplinarkammer wendet sich der Zulassungsantrag. Der Kläger sei bereits mit Schreiben vom 02.01.2008 und 12.01.2009 darauf hingewiesen worden, dass er die Beteiligung des Personalrats beantragen könne. Von dieser Möglichkeit habe er aber keinen Gebrauch gemacht. Der Hinweis, dass eine Geldbuße in Betracht komme, sei im konkreten Fall entbehrlich gewesen. Denn der Kläger habe bereits früher ein Disziplinarverfahren durchlaufen, welches mit einem Verweis geendet habe. Vor allen Dingen sei er aber anwaltlich vertreten gewesen. Die Entscheidung, ob er den Personalrat einbeziehen wolle oder nicht, habe in seinem Fall offensichtlich nicht davon abhängen können, ob als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße beabsichtigt sei.
Dieses Zulassungsvorbringen bleibt ohne Erfolg. Nach § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG wirkt der Personalrat bei Erlass von Disziplinarverfügungen oder schriftlichen Missbilligungen gegen Beamte mit, wenn der Beamte dies beantragt (§ 80 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Der Beamte ist von der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen; gleichzeitig ist er auf sein Antragsrecht hinzuweisen (§ 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG). Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats gehört zu der gebotenen Unterrichtung über die „beabsichtigte Maßnahme“ bei einer Disziplinarverfügung insbesondere auch die Mitteilung, welche Disziplinarmaßnahme vorgesehen ist, damit dem Beamten für seine Entschließung eine klare Grundlage geboten wird (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.12.1992 - D 17 S 20/92 -; Beschluss vom 18.09.1990 - DH 16/90 -; Beschluss vom 12.12.1990 - 4 S 3389/88 -). Kommt wie im vorliegenden Fall eine Geldbuße in Betracht, so ist der Beamte hierüber und auch über die zu erwartende Höhe der Geldbuße zu informieren und gleichzeitig auf sein Antragsrecht hinzuweisen. An beiden Voraussetzungen fehlt es: Der Beklagte hat den Kläger lediglich bei Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens mit Verfügung vom 02.01.2008 darauf hingewiesen, dass das Schreiben nachrichtlich dem Personalrat „zwecks Wahrung seiner Mitbestimmungsrechte nach § 80 Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) zugeleitet“ werde. Nochmals wurde er am 12.01.2009 im Rahmen seiner abschließenden Anhörung zu den disziplinarischen Vorwürfen, die keinerlei Rückschlüsse auf die zu erwartende Disziplinarmaßnahme enthielten, über sein Antragsrecht informiert. Weiteres ist in der Folgezeit nicht geschehen. Insbesondere ist der Kläger unmittelbar vor Erlass der Disziplinarverfügung nicht mehr über die beabsichtigte Maßnahme informiert und auf sein Antragsrecht hingewiesen worden, obwohl in einer Hausmitteilung des Beklagten vom 19.05.2008 dies für erforderlich gehalten wurde.
Diese Vorgehensweise wird den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG nicht gerecht. Denn mit dem Entschluss des Beklagten, die Disziplinarverfügung zu erlassen, entsteht der Mitwirkungstatbestand, der sich - nach Erfüllung der personalvertretungsrechtlichen Hinweispflicht - erst auf Antrag des Beamten aktualisiert (vgl. zum Bundesrecht auch BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -). Zu Recht hebt die Disziplinarkammer darauf ab, dass die mit der Ausweitung der behördlichen Disziplinarbefugnisse verbundene Stärkung der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung ausweislich der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts dem erklärten Willen des Gesetzgebers entspricht (LT-Drs. 14/2996, S. 129). Der Senat ist deshalb mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass der Kläger vor Erlass der Disziplinarverfügung hätte darüber in Kenntnis gesetzt werden müssen, dass der Beklagte beabsichtigt, gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 2.000,-- EUR zu verhängen (§ 28 LDG) und gleichzeitig über sein Antragsrecht hätte informiert werden müssen. Das Versäumnis ist nicht damit zu rechtfertigen, dass der Kläger bereits in einem früheren Disziplinarverfahren mit einem Verweis belegt wurde, anwaltlich vertreten ist und schon verschiedentlich Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat. Gleichfalls unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass der Kläger nach Ansicht des Beklagten eine Beteiligung des Personalrats gar nicht beantragt hätte und dass eine solche Beteiligung zu einem anderen Ergebnis, d.h. einer anderen Entscheidung des Beklagten geführt hätte. Entscheidend ist allein das formale Erfordernis, vor Erlass der Disziplinarverfügung den Kläger rechtzeitig über die geplante Disziplinarmaßnahme (hier: Verhängung einer Geldbuße) und deren Höhe in Kenntnis zu setzen und gleichzeitig auf das Antragsrecht hinzuweisen.
2. Soweit der Beklagte pauschal einen Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend macht, fehlt es bereits an der Darlegung dessen, worin der Verfahrensfehler liegen soll. Dessen ungeachtet wurden die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer am 15.09.2010 darauf hingewiesen, dass die Berufsrichter nach der Vorberatung zu der vorläufigen Rechtsauffassung gelangt seien, dass die angegriffene Disziplinarverfügung an dem hier streitigen Verfahrensfehler leide. Die Vernehmung der Zeugin ... im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.07.2010 lässt sich rechtlich nicht beanstanden; insbesondere ist nichts dafür dargetan, inwieweit das Urteil des Verwaltungsgerichts auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruhen soll.
3. Die vom Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Die Frage, „ob es bei einer anwaltlichen Vertretung des Beamten im Disziplinarverfahren, in welchem ihm in aller Ausführlichkeit die Vorwürfe erläutert werden und immer wieder Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, tatsächlich eines Hinweises auf das Recht zur Beantragung der Beteiligung des Personalrats und der Nennung der konkreten beabsichtigten Disziplinarmaßnahme bedarf“, betrifft den Einzelfall des Klägers und ist keiner grundsätzlichen Klärung in einem Berufungsverfahren zugänglich. Der Beklagte erstrebt vielmehr mit seinem Vorbringen eine Überprüfung der Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, die sich im Übrigen unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.