Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. Mai 2013 - 1 S 2046/12

bei uns veröffentlicht am08.05.2013

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. März 2012 - 1 K 576/11 - aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine neue, auf zwei Jahre befristete Einbürgerungszusicherung zu erteilen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt ein Viertel, die Beklagte drei Viertel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Hinsichtlich der Entscheidung über die Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung wird für die Beklagte die Revision zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der Kläger, ein am ... geborener türkischer Staatsangehöriger, der im Jahr 1978 im Wege des Familiennachzugs in die Bundesrepublik Deutschland einreiste, besitzt seit 1986 ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Im Jahr 1987 erlangte er den Hauptschulabschluss. Aus seiner am 20.06.1990 geschlossenen Ehe mit einer türkischen Staatsangehörigen sind drei 1993, 1998 und 2008 geborene Kinder hervorgegangen.
Am 14.06.2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten seine Einbürgerung. Hierbei gab er u.a. die geforderte Loyalitätserklärung ab. Nachdem die Beklagte das Vorliegen der Einbürgerungsvoraussetzungen nach § 85 AuslG festgestellt und insbesondere das Landesamt für Verfassungsschutz ihr unter dem 13.07.2000 mitgeteilt hatte, dass die Einbürgerung unbedenklich sei, erteilte sie dem Kläger am 15.08.2000 eine bis zum 14.08.2002 befristete Zusage der Einbürgerung für den Fall, dass der Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde. Am 27.09.2001 ging der Beklagten die dem Kläger am 19.09.2001 erteilte Erlaubnis der türkischen Behörden zur Aufgabe der türkischen Staatsangehörigkeit zu.
Auf Anfrage der Beklagten teilte das Landesamt für Verfassungsschutz am 12.12.2001 mit, dass es den Einbürgerungsvorgang dem Innenministerium Baden-Württemberg zur weiteren Entscheidung vorgelegt habe.
Am 18.02.2002 gab der Kläger auf Aufforderung der Beklagten erneut ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und eine entsprechende Loyalitätserklärung ab.
Unter dem 29.08.2003 teilte das Innenministerium dem Regierungspräsidium Karlsruhe mit, dass es der Einbürgerung des Klägers zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zustimme, da dieser sich in der „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V.“ - IGMG - engagiere und zumindest im Jahr 2000 dem Vorstand dieser Gemeinschaft in Mannheim angehört habe.
Ausweislich eines Aktenvermerks vom 15.01.2004 (Bl. 159 der Einbürgerungsakten) gab der Kläger bei einer Vorsprache auf der Einbürgerungsbehörde an, sich seit Jahren in der IGMG in Mannheim zu engagieren und sich mit deren Gedankengut zu identifizieren. Ein Austritt käme für ihn allenfalls bei einem Verbot des Vereins in Frage.
Mit Verfügung vom 15.01.2004 lehnte die Beklagte nach vorheriger Anhörung die Einbürgerung des Klägers ab, da es an der Voraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG fehle und ein Ausschlussgrund nach § 86 Nr. 2 AuslG bestehe.
Den gegen diese Verfügung am 12.02.2004 eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe, nachdem das Widerspruchsverfahren zunächst einvernehmlich geruht hatte, mit Bescheid vom 21.02.2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Einbürgerung sei nach den §§ 10 ff. StAG, hilfsweise nach § 8 StAG zu bewerten. Nach § 40 c StAG seien die §§ 8 - 14 in ihrer vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthielten als die Neufassung. Der Kläger erfülle die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG a.F. nicht, zudem liege der Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. vor. Er habe die IGMG durch seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied in Mannheim zu einer Zeit unterstützt, als diese noch als homogene verfassungsfeindliche Organisation zu betrachten gewesen sei. Die späteren inneren Veränderungen, die die IGMG heute im Hinblick auf ihre Verfassungsfeindlichkeit als inhomogene Organisation erscheinen ließen, seien für die Bewertung des vorliegenden Einbürgerungsbegehrens ohne Belang. Aufgrund der Unterstützung der IGMG, die nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. die Einbürgerung ausschließe, könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich vorbehaltlos zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekenne. Eine Abwendung von den verfassungsfeindlichen Bestrebungen sei nicht erfolgt.
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Am 03.03.2011 erhob der Kläger Verpflichtungsklage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe, zu deren Begründung er u.a. vortrug, er habe nie Bestrebungen verfolgt oder unterstützt, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richteten. Im Jahr 2000 sei er Mitglied des Vorstandes der IGMG in Mannheim gewesen. Der Vorstand habe aus neun bis zwölf Personen bestanden. Er sei insbesondere für Hausaufgabenbetreuung verantwortlich gewesen. Schon damals sei er gegen die insbesondere von der Gründergeneration vertretene „Erbakan-Linie“ gewesen. Er sei gegen jeden Absolutheitsanspruch der islamischen Religion gewesen und für ein tolerantes Zusammenleben mit anderen Religionen eingetreten. Etwa seit 2006 habe er keinen Kontakt mehr zur IGMG. Er besuche zwar manchmal das Freitagsgebet, aber keine Mitgliederversammlungen und nehme auch sonst nicht an Aktivitäten der Organisation teil. Er befürworte den Vorrang der Grundsätze des demokratischen Rechtsstaats vor etwaigen islamischen Ge- oder Verboten und sehe keinen grundsätzlichen Konflikt zwischen den westlichen Werten und den Werten der islamischen Religion.
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Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte aus, die Ausführungen des Klägers zum Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. und zur Abwendung von etwaigen verfassungsfeindlichen Bestrebungen seien nicht überzeugend.
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Mit Urteil vom 07.03.2012 - 1 K 576/11 - hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15.01.2004 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.02.2011 verpflichtet, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG a.F. vorlägen und ob der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. der Einbürgerung entgegenstehe. Der Kläger habe jedenfalls einen Anspruch auf Einbürgerung aus der ihm erteilten Einbürgerungszusage. In dieser Zusage habe die Beklagte sich für den Fall, dass der Kläger den Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nachweise, verpflichtet, ihn einzubürgern. Dabei habe sie die Bindungswirkung auf den 14.08.2002 befristet. Da der Kläger am 27.09.2001 den Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen und die Bindungswirkung zu diesem Zeitpunkt noch bestanden habe, ergebe sich aus der Zusage weiterhin ein Anspruch auf Einbürgerung. Die Bindungswirkung sei weder nach § 38 Abs. 3 LVwVfG noch nach § 38 Abs. 2 i.V.m. §§ 48, 49 LVwVfG entfallen.
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Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 08.10.2012 - 1 S 939/12 - zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Der Kläger könne sich aus mehreren Gründen nicht mehr auf die ihm am 15.08.2000 erteilte Einbürgerungszusicherung berufen. Zum einen sei die Bindungswirkung der Zusicherung mit Ablauf des 14.08.2002 entfallen. Zum anderen sei die Zusicherung unter dem Vorbehalt erteilt worden, dass sich die für die Einbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage bis zur Einbürgerung nicht ändere. Hier sei die Bindungswirkung nach § 38 Abs. 3 LVwVfG durch Änderung der Sachlage entfallen. Zwar sei der Kläger bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Zusicherung Mitglied der IGMG gewesen, doch hätten die für die Entscheidung zuständigen Behörden keine Kenntnis davon gehabt, weil der Kläger im Einbürgerungsverfahren diesbezüglich falsche Angaben gemacht habe. Die Zusage wäre nämlich nicht erteilt worden, wenn der Kläger bei Abgabe der Loyalitätserklärung seine Mitgliedschaft bzw. Funktionärstätigkeit in der IGMG angegeben hätte. Diese Vereinigung sei vom Verfassungsschutz bereits damals als extremistisch eingestuft worden, weil sie auf die Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abziele. Die erst durch eine erneute Überprüfung bekannt gewordenen Tatsachen für den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. bedingten somit eine Änderung der Sachlage und führten zum Wegfall der Bindungswirkung. Ebenfalls zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger innerhalb der Geltungsdauer der Zusicherung deren Bedingung erfüllt habe. Bei der von ihm vorgelegten Entscheidung der türkischen Behörden vom 19.09.2001 handele es sich nicht um eine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit, sondern lediglich um eine Erlaubnis zum Austritt aus der türkischen und zur Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit. Diese Erlaubnisbescheinigung habe nur eine Geltungsdauer von drei Jahren gehabt und sei daher nicht mehr gültig. Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung des Klägers unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit lägen nicht vor. Ein Einbürgerungsanspruch ergebe sich wegen Vorliegens des Ausschlussgrundes des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. und Nichterfüllung der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG a.F. auch nicht aus der gesetzlichen Anspruchsgrundlage des § 10 StAG.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. März 2012 - 1 K 576/11 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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hilfsweise, das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. März 2012 - 1 K 576/11 - zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine neue Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Mit Vorlage der Erlaubnis zum Austritt aus der türkischen Staatsangehörigkeit habe er die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG erfüllt. Die eigentliche Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit erfolge stets erst nach erfolgter Einbürgerung in einen anderen Staatsverband. Unabhängig von der Einbürgerungszusicherung habe er jedenfalls einen gesetzlichen Anspruch auf Einbürgerung, hilfsweise auf erneute Einbürgerungszusicherung, weil alle Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt seien. Insbesondere liege der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. nicht vor.
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Wegen der Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
21 
Dem Senat liegen die einschlägigen Einbürgerungsakten der Beklagten, die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
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Die Berufung ist in dem tenorierten Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband oder auf Neubescheidung seines darauf gerichteten Antrags. Insoweit hätte das Verwaltungsgericht die Klage abweisen müssen (1.). Der Kläger hat jedoch im Wege der Folgenbeseitigung einen Anspruch auf Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung, so dass auf seinen Hilfsantrag eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten auszusprechen ist (2.).
24 
1. Den Einbürgerungsantrag des Klägers hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Versagung der Einbürgerung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
25 
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei auf Einbürgerung gerichteten Verpflichtungsbegehren, soweit sich aus der Übergangsvorschrift des § 40 c StAG nichts Abweichendes ergibt, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Nach der Übergangsregelung des § 40 c StAG sind auf Einbürgerungsanträge, die bis zum 30.03.2007 gestellt worden sind, die §§ 8 bis 14 StAG weiter in der vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten. Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach früherem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008 - 13 S 1487/06 - NVwZ-RR 2008, 839; Marx, in: GK-StAR, § 40 c StAG Rn. 29). Hinsichtlich der Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG hat sich die Rechtslage durch das Gesetz vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) nicht geändert, so dass die Sach- und Rechtslage sich insgesamt nach dem StAG in der derzeit geltenden Fassung des Gesetzes vom 01.06.2012 (BGBl. I S. 1224) beurteilt. Dies gilt auch für den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, der inhaltlich mit § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG in der vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung übereinstimmt.
26 
Eine Anwendung der zum Zeitpunkt der Stellung des Einbürgerungsantrags am 14.06.2000 geltenden §§ 85, 86 AuslG kommt nicht in Betracht, da nach der insoweit maßgeblichen Übergangsregelung des § 40 c StAG a.F. das bis zum 31.12.2000 geltende Recht nur auf vor dem 16.03.1999 gestellte Einbürgerungsanträge Anwendung findet (Marx, in: GK-StAR, § 40 c StAG Rn. 37).
27 
b) Einen Anspruch auf Einbürgerung aufgrund der Einbürgerungszusicherung, die eine eigenständige Rechtsgrundlage für den Einbürgerungsanspruch darstellt (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 22.06.2010 - 19 E 777/09 - EZAR NF 76 Nr. 6), hat der Kläger bereits deshalb nicht, weil er zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der anstehenden Berufungsverhandlung den Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nicht nachgewiesen hat. Zwar hat er zunächst während der Geltungsdauer der Einbürgerungszusicherung nachgewiesen, dass er die Einbürgerungsvoraussetzung der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit erfüllt (aa). Mit Ablauf der Geltungsdauer der ihm vom türkischen Innenministerium erteilten Genehmigung ist diese Voraussetzung jedoch wieder entfallen (bb).
28 
aa) Mit der Vorlage der Genehmigung des Innenministeriums der Türkischen Republik zum Ausscheiden aus der türkischen Staatsangehörigkeit vom 19.09.2001 bei der Beklagten am 27.09.2001 hat der Kläger den Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit für den Fall seiner Einbürgerung in den deutschen Staatsverband nachgewiesen und damit innerhalb der Geltungsdauer der ihm erteilten Einbürgerungszusicherung die zum damaligen Zeitpunkt einzige noch offene Einbürgerungsvoraussetzung erfüllt. Die Einbürgerungszusicherung verfolgt den Zweck, einerseits Intervalle mehrfacher Staatsangehörigkeit, andererseits aber auch temporäre Staatenlosigkeit zu vermeiden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.07.1994 - 13 S 2147/93 - InfAuslR 1995, 116). Sie soll dem Einbürgerungsbewerber die Sicherheit vermitteln, dass er nach Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit eingebürgert werden wird (Marx, in: GK-StAR, § 8 StAG Rn. 493). Unschädlich ist dabei, dass mit der Genehmigung vom 19.09.2001 die Ausbürgerung aus dem türkischen Staatsverband noch nicht vollzogen wurde. Nach dem türkischen Staatsangehörigkeitsrecht vollzieht sich der Verlust der Staatsangehörigkeit bei Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit in einem zweistufigen Verfahren. Nach Art. 22 Abs. 2 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes in der damals geltenden Fassung (abgedr. bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschafts-recht, Stichwort Türkei S. 12) wird die Ausbürgerung durch Erteilung der Ausbürgerungsurkunde erst nach Vorlage der Einbürgerungsurkunde des ausländischen Staates vollzogen. Wollte man die Einbürgerungszusicherung dahin auslegen, dass die Einbürgerung nur für den Fall des Nachweises des Vollzugs der Ausbürgerung zugesagt wurde, wäre sie auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet und von Anfang an gegenstandslos gewesen. Dies kann nicht angenommen werden und entspräche auch nicht der ständigen Verwaltungspraxis der Einbürgerungsbehörden.
29 
bb) Zu Recht weist jedoch die Beklagte darauf hin, dass die Genehmigung zum Ausscheiden aus der türkischen Staatsangehörigkeit nach Art. 22 Abs. 4 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes nur eine Geltungsdauer von drei Jahren hatte. Dies ist vom Kläger bestätigt worden, der nach Vorsprache auf dem türkischen Generalkonsulat mitgeteilt hat, dass eine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit aufgrund der ihm im Jahr 2001 erteilten Genehmigung nicht mehr möglich sei, es vielmehr zuvor der Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung bedürfe. Damit fehlt es gegenwärtig an der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG, von der vorliegend auch nicht nach § 12 StAG abgesehen werden kann. Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit liegen bei dem Kläger ersichtlich nicht vor. Es kann davon ausgegangen werden, dass es ihm nach Erteilung einer erneuten Einbürgerungszusicherung ohne Weiteres möglich wäre, wiederum eine Genehmigung zum Ausscheiden aus der türkischen Staatsangehörigkeit zu erlangen.
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c) Soweit der Einbürgerungsanspruch auf § 10 StAG gestützt wird, steht ihm ebenfalls entgegen, dass die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG nicht erfüllt ist, von der - wie bereits ausgeführt - auch nicht nach § 12 StAG abgesehen werden kann.
31 
d) Auch ein Anspruch auf Einbürgerung auf der Grundlage eines Folgenbeseitigungsanspruchs scheidet aus. Anders als im Sozialrecht, das bei der Verletzung behördlicher Auskunfts- und Hinweispflichten einen Anspruch auf Herstellung desjenigen Zustands kennt, der entstanden wäre, wenn sich der Sozialleistungsträger von vornherein rechtmäßig verhalten hätte, kann auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßiges Verwaltungshandeln oder Unterlassen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandelns ausgeglichen werden. Ein Folgenbeseitigungsanspruch kommt generell nur im Hinblick auf die Wiederherstellung eines früheren Zustandes, nicht aber im Hinblick auf die Einräumung einer Rechtsstellung, die der Betroffene bislang nicht innehatte, in Betracht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.07.2010 - 1 B 13.10 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35). Hier war der Kläger jedoch zu keinem Zeitpunkt eingebürgert.
32 
e) Ein Einbürgerungsanspruch folgt auch nicht daraus, dass der Kläger während der Geltungsdauer der Einbürgerungszusicherung die einzige damals offene, mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hat. Zwar folgt der Senat im Grundsatz der Rechtsprechung des früher für das Staatsangehörigkeitsrecht zuständigen 13. Senats, nach der die Berufung der Einbürgerungsbehörde auf den Ablauf der Geltungsdauer der Einbürgerungszusicherung gegen Treu und Glauben verstoßen kann, wenn ein Einbürgerungsbewerber noch während der Geltungsdauer der ihm erteilten Einbürgerungszusicherung die einzige noch offene Einbürgerungsvoraussetzung erfüllt und die Bindungswirkung der Zusicherung während dieses Zeitraums nicht entfallen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris Rn. 56; ebenso VG Stuttgart, Urt. v. 26.10.2005 - 11 K 2083/04 - juris Rn. 83). Mit dieser Begründung kann jedoch nach Auffassung des Senats dann kein Einbürgerungsanspruch bejaht werden, wenn der Einbürgerungsbewerber im Ergebnis - wie hier - unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert würde, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu keinem Zeitpunkt vorlagen und die Einbürgerungszusicherung gerade dem Zweck dient, Intervalle mehrfacher Staatsangehörigkeit zu vermeiden. Die Einbürgerung wurde nur für den Fall zugesagt, dass der Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen wird. Diesen Nachweis kann der Kläger nicht mehr führen. Er hat selbst vorgetragen, dass er ohne Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung seine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit nicht mehr erreichen kann.
33 
f) Dem Kläger steht schließlich kein Anspruch auf Einbürgerung oder auf Neubescheidung seines Antrags nach § 8 Abs. 1 StAG zu, da bei der Ermessenseinbürgerung für die Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach den einschlägigen ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften, die nicht zu beanstanden sind, die gleichen Maßstäbe gelten wie bei der Anspruchseinbürgerung (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013 - 5 C 9.12 - juris).
34 
2. Der Kläger hat jedoch auf der Grundlage des Folgenbeseitigungsanspruchs einen Anspruch auf Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung, so dass auf seinen Hilfsantrag eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten auszusprechen ist.
35 
a) Der erstmals in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag stellt - jedenfalls soweit er auf Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung im Wege der Folgenbeseitigung gerichtet ist - keine Klageänderung im Sinn des § 91 VwGO dar, weil er auf Wiederherstellung eines früheren Zustandes gerichtet ist, den der Kläger bereits innehatte. Es handelt sich vielmehr um eine Beschränkung des Klageantrags, die nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung zu behandeln ist. Wollte man dies anders sehen, so wäre eine Klageänderung im Übrigen als sachdienlich zuzulassen, weil sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 - 4 C 13.04 - BVerwGE 124, 132 <136>).
36 
b) Der Anspruch auf Folgenbeseitigung, der ein Verschulden der Behörde nicht voraussetzt, ist auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitlichen Eingriff veränderten Zustands gerichtet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.07.2010 - 1 B 13.10 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35). Er ist hier gegeben, weil die Beklagte die Realisierung des aufgrund der Bindungswirkung der Einbürgerungszusicherung - die nicht nach § 38 Abs. 3 LVwVfG entfallen ist (aa) und auch nicht hätte zurückgenommen oder widerrufen werden können (bb) - gegebenen Einbürgerungsanspruchs objektiv wesentlich erschwert hat, indem sie den Kläger, nachdem dieser die Genehmigung zum Ausscheiden aus der türkischen Staatsangehörigkeit vorgelegt und damit aus seiner Sicht alle Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt hatte, über den Stand und den Fortgang des Verwaltungsverfahrens im Unklaren ließ, obwohl sie aufgrund des Grundsatzes der Verfahrensklarheit und auch mit Blick auf die Vorwirkungen des Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet gewesen wäre, ihn darauf hinzuweisen, dass sie die Entscheidung über den Einbürgerungsantrag bis zu einer zeitlich nicht absehbaren Entscheidung des Innenministeriums zurückgestellt hat (dd).
37 
aa) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Bindungswirkung der Zusicherung nicht nach § 38 Abs. 3 LVwVfG entfallen ist.
38 
(1) Die entscheidungserhebliche Rechtslage hat sich nicht geändert. Bereits nach dem zum Zeitpunkt der Erteilung der Einbürgerungszusicherung geltenden § 86 Nr. 2 AuslG in der Fassung des Gesetzes vom 15.07.1999 bestand ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 85 AuslG nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Einbürgerungsbewerber macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Dieser Ausschlussgrund wurde später ohne inhaltliche Änderungen in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG (heute: § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) übernommen.
39 
(2) Die Änderung der Erkenntnislage, auf die die Beklagte sich beruft, stellt keine Änderung der Sachlage dar. Die nachträgliche Erkenntnis einer Behörde, dass sie die Zusicherung aufgrund falscher tatsächlicher oder rechtlicher Voraussetzungen gegeben hat, steht einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht gleich (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 38 Rn. 37; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 38 Rn. 99; BVerwG, Urt. v. 19.02.2004 - 3 A 2.03 - NVwZ 2004, 1125 <1126>; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.07.1990 - 8 S 524/90 - NVwZ 1991, 79).
40 
bb) Eine Rücknahme oder ein Widerruf der Einbürgerungszusicherung nach § 38 Abs. 2 i.V.m. §§ 48, 49 LVwVfG wäre ebenfalls nicht möglich gewesen.
41 
(1) Eine Rücknahme scheidet aus, weil der Kläger die Einbürgerungszusicherung nicht durch arglistige Täuschung oder durch unvollständige Angaben erwirkt hat.
42 
Zwar dürfte die Einbürgerungszusicherung rechtswidrig gewesen sein, weil der Einbürgerung - was die Beklagte damals nicht wusste - der Ausschlussgrund des § 86 Nr. 2 AuslG (jetzt: § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) entgegenstand. Die IGMG wird in der Rechtsprechung als eine Organisation angesehen, die Bestrebungen verfolgt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - VBlBW 2009, 29 m.w.N., bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 02.12.2009 - 5 C 24.08 - BVerwGE 135, 302; NdsOVG, Urt. v. 15.09.2009 - 11 LB 487/07 - EZAR NF 41 Nr. 4; OVG Bln-Bbg, Urt. v. 10.02.2011 - OVG 5 B 6.07 - juris; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2012 - 5 B 11.404 - juris). Aktivitäten von Funktionären oder Mitgliedern der IGMG werden in der Rechtsprechung überwiegend als einbürgerungsschädlich angesehen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - a.a.O. m.w.N.). Erst für die Zeit ab 2004 hat der 13. Senat des erkennenden Gerichtshofs Reformbestrebungen innerhalb der IGMG ausgemacht, die dazu führen, dass diese nunmehr nicht mehr als eine homogene und - bezogen auf die Frage der Akzeptanz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung - in ihrer Zielrichtung einheitliche Bewegung anzusehen sein soll (a.a.O. ). Die Tätigkeit des Klägers als Vorstandsmitglied im Jahr 2000, d.h. in einem Zeitraum, in dem die IGMG als eine homogene, insgesamt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bewegung anzusehen war, stellt somit eine Unterstützungshandlung im Sinn des § 86 Nr. 2 AuslG (jetzt: § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) dar, die von hinreichendem Gewicht sein dürfte, um den Verdacht zu rechtfertigen, dass er die IGMG unterstützt.
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Der Kläger hat seine Einbürgerung jedoch nicht durch arglistige Täuschung im Sinn des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG, durch unvollständige Angaben im Sinn des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG oder ein vergleichbar vorwerfbares Verhalten erwirkt. „Erwirken“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes Handeln voraus, das auf eine Rechtsfolge gerichtet ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 116 m.w.N.). Es lässt sich nicht zur Überzeugung des Senats feststellen, dass der Kläger bei Abgabe seiner Loyalitätserklärung bei Stellung des Einbürgerungsantrags im Juni 2000 bzw. bei Abgabe der weiteren Loyalitätserklärung im Februar 2002 wissentlich und zweckgerichtet, um seine Einbürgerung rechtswidrigerweise zu erreichen, von ihm unterstützte verfassungsfeindliche Bestrebungen verschwiegen hat. Anhand der abstrakt und allgemein ihm vorgegebenen Kriterien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung musste der Kläger zum einen selbst bewerten, ob er diesen Grundsätzen für sich zustimmen kann oder ob er im Wege seiner Aktivitäten für die IGMG die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpfen und letztlich überwinden will. Zum anderen musste der Kläger einzuschätzen versuchen, wie seine Aktivitäten mutmaßlich von der Einbürgerungsbehörde eingestuft werden.
44 
Danach war für den Kläger kein Anlass gegeben, seine Aktivitäten bei Milli Görüs, die er selbst in erster Linie als religiös und sozial motivierte Betätigung für einen religiös ausgerichteten Verein ansah, ohne ausdrückliche Frage der Einbürgerungsbehörde nach Mitgliedschaften in derartigen Vereinigungen als verfassungsfeindliche Betätigung einzuschätzen (ebenso zu einem vergleichbaren Fall: HessVGH, Urt. v. 18.01.2007 - 11 UE 111/06 - ESVGH 57, 139 = InfAuslR 2007, 207; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 13.06.2007 - 5 B 132.07 - juris). Nach seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung hat er sich zusammen mit Gleichgesinnten in erster Linie deshalb bei Milli Görüs engagiert, um im Rahmen eines islamischen Vereins Jugendarbeit zu leisten und Hausaufgabenbetreuung zu organisieren. Es konnte ihm nicht abverlangt werden, die Bewertung der Tätigkeit von Milli Görüs, die erst der Behörde im Rahmen der Anwendung von § 86 Nr. 2 AuslG bzw. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG obliegt, bereits selbst vorzunehmen. Es lässt sich nicht feststellen, dass der verfassungsfeindliche Charakter der Bestrebungen von Milli Görüs damals (zum Zeitpunkt der Abgabe der Loyalitätserklärungen) so eindeutig und offensichtlich war, dass angenommen werden muss, jedes Vorstandsmitglied von örtlichen Mitgliedsvereinigungen hätte erkennen können und müssen, dass es verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt. Immerhin war die Frage, ob Aktivitäten für die Vereinigung Milli Görüs die Annahme des Unterstützens verfassungsfeindlicher Bestrebungen rechtfertigen, damals auch in der Rechtsprechung unterschiedlich gesehen worden (einerseits etwa BayVGH, Urt. v. 16.07.2003 - 20 BV 02.2747, 20 CS 02.2850 - BayVBl. 2004, 84 -; andererseits VG Karlsruhe, Urt. v. 26.02.2003 - 4 K 2234/01 - juris -). Eine höchstrichterliche Klärung ist erst durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.12.2009 (- 5 C 24.08 - a.a.O.) erfolgt.
45 
(2) Ein Widerruf nach § 49 LVwVfG scheidet aus, weil kein Widerrufsgrund nach § 49 Abs. 2 LVwVfG vorliegt. Zudem enthält § 38 Abs. 3 LVwVfG eine Spezialregelung gegenüber § 49 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 LVwVfG, die die Anwendung der genannten Widerrufstatbestände ausschließt (BVerwG, Urt. v. 25.01.1995 - 11 C 29.93 - BVerwGE 97, 323; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 38 Rn. 35, 36).
46 
cc) Die Bindungswirkung der Einbürgerungszusicherung ist nach alledem erst mit Ablauf ihrer Geltungsdauer am 14.08.2002 entfallen. Die Beklagte hätte sich jedoch gegenüber dem Kläger auch nach diesem Zeitpunkt nach Treu und Glauben solange nicht auf den Fristablauf berufen können, wie dieser die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG erfüllt hat (siehe dazu oben 1. e).
47 
dd) Bei dieser Sachlage war die Beklagte verpflichtet, den Kläger, der aus seiner Sicht alle Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt hatte und der damit rechnen konnte und durfte, dass die Beklagte alsbald über seinen Einbürgerungsantrag entscheiden werde, darauf hinzuweisen, dass sie mit Blick auf die Mitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 12.12.2001 die Einbürgerungsakten ebenfalls auf dem Dienstweg dem Innenministerium vorgelegt hat und dass sie ihre Entscheidung über den Einbürgerungsantrag bis zu einer zeitlich nicht absehbaren Entscheidung des Innenministeriums zurückgestellt hat. Durch einen derartigen Hinweis wäre der Kläger in die Lage versetzt worden, seinen Einbürgerungsanspruch zeitnah durch Erhebung einer Untätigkeitsklage gerichtlich geltend zu machen und so möglicherweise rechtzeitig vor Ablauf der Geltungsdauer der Erlaubnis zur Aufgabe der türkischen Staatsangehörigkeit ein Verpflichtungsurteil zu erstreiten.
48 
Das aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende Gebot eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens wirkt sich auch auf die Verfahrensgestaltung aus. Unter dem Aspekt des Grundsatzes der Formen- und Verfahrensklarheit verlangt es, dass die Behörde die Verfahrensbeteiligten nicht über die Gestaltung des Verfahrensgangs im Unklaren lässt. Dies gilt in besonderem Maße gegenüber nicht anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten. Über den Stand des Verfahrens ist der Betroffene zu unterrichten (vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 9 Rn. 57 f. m.w.N.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., Vor § 9 Rn. 17). Art. 19 Abs. 4 GG wirkt auf die Ausgestaltung des dem Gerichtsverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens dergestalt ein, dass es den Rechtsschutz weder vereiteln noch unzumutbar erschweren darf (BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <110>; Urt. v. 24.04.1985 - 2 BvF 2/83 u.a. - BVerfGE 69, 1; Schmitz, a.a.O. Rn. 63).
49 
Hier hat die Beklagte, indem sie den damals noch nicht anwaltlich vertretenen Kläger nicht über den Fortgang des Verfahrens unterrichtet hat, gegen den Grundsatz der Verfahrensklarheit verstoßen und die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes unzumutbar erschwert. Der Kläger hatte von sich aus keine Veranlassung, Untätigkeitsklage mit dem Ziel zu erheben, seinen Anspruch auf Einbürgerung vor Ablauf der Geltungsdauer der Einbürgerungszusicherung gerichtlich durchzusetzen. Er konnte und durfte darauf vertrauen, dass die Beklagte alsbald über seinen Einbürgerungsantrag entscheiden werde. Das Schreiben vom 07.02.2002, mit welchem der Kläger um persönliche Vorsprache zwecks Aktualisierung seines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und schriftlicher Dokumentierung seiner Grundkenntnisse im deutschen Staatsrecht gebeten wurde, war nicht geeignet, sein diesbezügliches Vertrauen zu erschüttern. Auch bei der Vorsprache selbst war die Unterstützung bestimmter Organisationen wie Milli Görüs kein Thema. Vielmehr musste der Kläger die Loyalitätserklärung wiederum allein anhand der abstrakt und allgemein ihm vorgegebenen Kriterien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgeben. Seine Kenntnisse bezüglich der staatlichen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland wurden als gut bewertet, so dass der Kläger davon ausgehen konnte, dass auch insoweit der Einbürgerung nichts entgegenstehe. Erst durch das Anhörungsschreiben vom 06.11.2003 wurde er darüber unterrichtet, dass man beabsichtige, seinen Einbürgerungsantrag wegen seines Engagements für die IGMG abzulehnen. Der auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretene Kläger wurde somit über einen Zeitraum von über zwei Jahren über den Stand und den Fortgang des Verfahrens im Unklaren gelassen. Hierdurch wurde die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes objektiv erheblich erschwert. Er ist daher im Wege der Folgenbeseitigung so zu stellen, wie er vor Verletzung der Verfahrenspflichten durch die Beklagte stand, d.h. ihm ist eine neue, wiederum auf zwei Jahre befristete Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
51 
Die teilweise Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Sache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vor.
52 
Beschluss vom 8. Mai 2013
53 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., Ahn. § 164 Rn. 14) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
23 
Die Berufung ist in dem tenorierten Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband oder auf Neubescheidung seines darauf gerichteten Antrags. Insoweit hätte das Verwaltungsgericht die Klage abweisen müssen (1.). Der Kläger hat jedoch im Wege der Folgenbeseitigung einen Anspruch auf Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung, so dass auf seinen Hilfsantrag eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten auszusprechen ist (2.).
24 
1. Den Einbürgerungsantrag des Klägers hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Versagung der Einbürgerung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
25 
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei auf Einbürgerung gerichteten Verpflichtungsbegehren, soweit sich aus der Übergangsvorschrift des § 40 c StAG nichts Abweichendes ergibt, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Nach der Übergangsregelung des § 40 c StAG sind auf Einbürgerungsanträge, die bis zum 30.03.2007 gestellt worden sind, die §§ 8 bis 14 StAG weiter in der vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten. Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach früherem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008 - 13 S 1487/06 - NVwZ-RR 2008, 839; Marx, in: GK-StAR, § 40 c StAG Rn. 29). Hinsichtlich der Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG hat sich die Rechtslage durch das Gesetz vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) nicht geändert, so dass die Sach- und Rechtslage sich insgesamt nach dem StAG in der derzeit geltenden Fassung des Gesetzes vom 01.06.2012 (BGBl. I S. 1224) beurteilt. Dies gilt auch für den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, der inhaltlich mit § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG in der vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung übereinstimmt.
26 
Eine Anwendung der zum Zeitpunkt der Stellung des Einbürgerungsantrags am 14.06.2000 geltenden §§ 85, 86 AuslG kommt nicht in Betracht, da nach der insoweit maßgeblichen Übergangsregelung des § 40 c StAG a.F. das bis zum 31.12.2000 geltende Recht nur auf vor dem 16.03.1999 gestellte Einbürgerungsanträge Anwendung findet (Marx, in: GK-StAR, § 40 c StAG Rn. 37).
27 
b) Einen Anspruch auf Einbürgerung aufgrund der Einbürgerungszusicherung, die eine eigenständige Rechtsgrundlage für den Einbürgerungsanspruch darstellt (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 22.06.2010 - 19 E 777/09 - EZAR NF 76 Nr. 6), hat der Kläger bereits deshalb nicht, weil er zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der anstehenden Berufungsverhandlung den Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nicht nachgewiesen hat. Zwar hat er zunächst während der Geltungsdauer der Einbürgerungszusicherung nachgewiesen, dass er die Einbürgerungsvoraussetzung der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit erfüllt (aa). Mit Ablauf der Geltungsdauer der ihm vom türkischen Innenministerium erteilten Genehmigung ist diese Voraussetzung jedoch wieder entfallen (bb).
28 
aa) Mit der Vorlage der Genehmigung des Innenministeriums der Türkischen Republik zum Ausscheiden aus der türkischen Staatsangehörigkeit vom 19.09.2001 bei der Beklagten am 27.09.2001 hat der Kläger den Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit für den Fall seiner Einbürgerung in den deutschen Staatsverband nachgewiesen und damit innerhalb der Geltungsdauer der ihm erteilten Einbürgerungszusicherung die zum damaligen Zeitpunkt einzige noch offene Einbürgerungsvoraussetzung erfüllt. Die Einbürgerungszusicherung verfolgt den Zweck, einerseits Intervalle mehrfacher Staatsangehörigkeit, andererseits aber auch temporäre Staatenlosigkeit zu vermeiden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.07.1994 - 13 S 2147/93 - InfAuslR 1995, 116). Sie soll dem Einbürgerungsbewerber die Sicherheit vermitteln, dass er nach Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit eingebürgert werden wird (Marx, in: GK-StAR, § 8 StAG Rn. 493). Unschädlich ist dabei, dass mit der Genehmigung vom 19.09.2001 die Ausbürgerung aus dem türkischen Staatsverband noch nicht vollzogen wurde. Nach dem türkischen Staatsangehörigkeitsrecht vollzieht sich der Verlust der Staatsangehörigkeit bei Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit in einem zweistufigen Verfahren. Nach Art. 22 Abs. 2 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes in der damals geltenden Fassung (abgedr. bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschafts-recht, Stichwort Türkei S. 12) wird die Ausbürgerung durch Erteilung der Ausbürgerungsurkunde erst nach Vorlage der Einbürgerungsurkunde des ausländischen Staates vollzogen. Wollte man die Einbürgerungszusicherung dahin auslegen, dass die Einbürgerung nur für den Fall des Nachweises des Vollzugs der Ausbürgerung zugesagt wurde, wäre sie auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet und von Anfang an gegenstandslos gewesen. Dies kann nicht angenommen werden und entspräche auch nicht der ständigen Verwaltungspraxis der Einbürgerungsbehörden.
29 
bb) Zu Recht weist jedoch die Beklagte darauf hin, dass die Genehmigung zum Ausscheiden aus der türkischen Staatsangehörigkeit nach Art. 22 Abs. 4 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes nur eine Geltungsdauer von drei Jahren hatte. Dies ist vom Kläger bestätigt worden, der nach Vorsprache auf dem türkischen Generalkonsulat mitgeteilt hat, dass eine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit aufgrund der ihm im Jahr 2001 erteilten Genehmigung nicht mehr möglich sei, es vielmehr zuvor der Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung bedürfe. Damit fehlt es gegenwärtig an der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG, von der vorliegend auch nicht nach § 12 StAG abgesehen werden kann. Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit liegen bei dem Kläger ersichtlich nicht vor. Es kann davon ausgegangen werden, dass es ihm nach Erteilung einer erneuten Einbürgerungszusicherung ohne Weiteres möglich wäre, wiederum eine Genehmigung zum Ausscheiden aus der türkischen Staatsangehörigkeit zu erlangen.
30 
c) Soweit der Einbürgerungsanspruch auf § 10 StAG gestützt wird, steht ihm ebenfalls entgegen, dass die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG nicht erfüllt ist, von der - wie bereits ausgeführt - auch nicht nach § 12 StAG abgesehen werden kann.
31 
d) Auch ein Anspruch auf Einbürgerung auf der Grundlage eines Folgenbeseitigungsanspruchs scheidet aus. Anders als im Sozialrecht, das bei der Verletzung behördlicher Auskunfts- und Hinweispflichten einen Anspruch auf Herstellung desjenigen Zustands kennt, der entstanden wäre, wenn sich der Sozialleistungsträger von vornherein rechtmäßig verhalten hätte, kann auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßiges Verwaltungshandeln oder Unterlassen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandelns ausgeglichen werden. Ein Folgenbeseitigungsanspruch kommt generell nur im Hinblick auf die Wiederherstellung eines früheren Zustandes, nicht aber im Hinblick auf die Einräumung einer Rechtsstellung, die der Betroffene bislang nicht innehatte, in Betracht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.07.2010 - 1 B 13.10 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35). Hier war der Kläger jedoch zu keinem Zeitpunkt eingebürgert.
32 
e) Ein Einbürgerungsanspruch folgt auch nicht daraus, dass der Kläger während der Geltungsdauer der Einbürgerungszusicherung die einzige damals offene, mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hat. Zwar folgt der Senat im Grundsatz der Rechtsprechung des früher für das Staatsangehörigkeitsrecht zuständigen 13. Senats, nach der die Berufung der Einbürgerungsbehörde auf den Ablauf der Geltungsdauer der Einbürgerungszusicherung gegen Treu und Glauben verstoßen kann, wenn ein Einbürgerungsbewerber noch während der Geltungsdauer der ihm erteilten Einbürgerungszusicherung die einzige noch offene Einbürgerungsvoraussetzung erfüllt und die Bindungswirkung der Zusicherung während dieses Zeitraums nicht entfallen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris Rn. 56; ebenso VG Stuttgart, Urt. v. 26.10.2005 - 11 K 2083/04 - juris Rn. 83). Mit dieser Begründung kann jedoch nach Auffassung des Senats dann kein Einbürgerungsanspruch bejaht werden, wenn der Einbürgerungsbewerber im Ergebnis - wie hier - unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert würde, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu keinem Zeitpunkt vorlagen und die Einbürgerungszusicherung gerade dem Zweck dient, Intervalle mehrfacher Staatsangehörigkeit zu vermeiden. Die Einbürgerung wurde nur für den Fall zugesagt, dass der Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen wird. Diesen Nachweis kann der Kläger nicht mehr führen. Er hat selbst vorgetragen, dass er ohne Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung seine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit nicht mehr erreichen kann.
33 
f) Dem Kläger steht schließlich kein Anspruch auf Einbürgerung oder auf Neubescheidung seines Antrags nach § 8 Abs. 1 StAG zu, da bei der Ermessenseinbürgerung für die Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach den einschlägigen ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften, die nicht zu beanstanden sind, die gleichen Maßstäbe gelten wie bei der Anspruchseinbürgerung (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013 - 5 C 9.12 - juris).
34 
2. Der Kläger hat jedoch auf der Grundlage des Folgenbeseitigungsanspruchs einen Anspruch auf Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung, so dass auf seinen Hilfsantrag eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten auszusprechen ist.
35 
a) Der erstmals in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag stellt - jedenfalls soweit er auf Erteilung einer neuen Einbürgerungszusicherung im Wege der Folgenbeseitigung gerichtet ist - keine Klageänderung im Sinn des § 91 VwGO dar, weil er auf Wiederherstellung eines früheren Zustandes gerichtet ist, den der Kläger bereits innehatte. Es handelt sich vielmehr um eine Beschränkung des Klageantrags, die nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung zu behandeln ist. Wollte man dies anders sehen, so wäre eine Klageänderung im Übrigen als sachdienlich zuzulassen, weil sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 - 4 C 13.04 - BVerwGE 124, 132 <136>).
36 
b) Der Anspruch auf Folgenbeseitigung, der ein Verschulden der Behörde nicht voraussetzt, ist auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitlichen Eingriff veränderten Zustands gerichtet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.07.2010 - 1 B 13.10 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35). Er ist hier gegeben, weil die Beklagte die Realisierung des aufgrund der Bindungswirkung der Einbürgerungszusicherung - die nicht nach § 38 Abs. 3 LVwVfG entfallen ist (aa) und auch nicht hätte zurückgenommen oder widerrufen werden können (bb) - gegebenen Einbürgerungsanspruchs objektiv wesentlich erschwert hat, indem sie den Kläger, nachdem dieser die Genehmigung zum Ausscheiden aus der türkischen Staatsangehörigkeit vorgelegt und damit aus seiner Sicht alle Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt hatte, über den Stand und den Fortgang des Verwaltungsverfahrens im Unklaren ließ, obwohl sie aufgrund des Grundsatzes der Verfahrensklarheit und auch mit Blick auf die Vorwirkungen des Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet gewesen wäre, ihn darauf hinzuweisen, dass sie die Entscheidung über den Einbürgerungsantrag bis zu einer zeitlich nicht absehbaren Entscheidung des Innenministeriums zurückgestellt hat (dd).
37 
aa) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Bindungswirkung der Zusicherung nicht nach § 38 Abs. 3 LVwVfG entfallen ist.
38 
(1) Die entscheidungserhebliche Rechtslage hat sich nicht geändert. Bereits nach dem zum Zeitpunkt der Erteilung der Einbürgerungszusicherung geltenden § 86 Nr. 2 AuslG in der Fassung des Gesetzes vom 15.07.1999 bestand ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 85 AuslG nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Einbürgerungsbewerber macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Dieser Ausschlussgrund wurde später ohne inhaltliche Änderungen in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG (heute: § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) übernommen.
39 
(2) Die Änderung der Erkenntnislage, auf die die Beklagte sich beruft, stellt keine Änderung der Sachlage dar. Die nachträgliche Erkenntnis einer Behörde, dass sie die Zusicherung aufgrund falscher tatsächlicher oder rechtlicher Voraussetzungen gegeben hat, steht einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht gleich (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 38 Rn. 37; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 38 Rn. 99; BVerwG, Urt. v. 19.02.2004 - 3 A 2.03 - NVwZ 2004, 1125 <1126>; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.07.1990 - 8 S 524/90 - NVwZ 1991, 79).
40 
bb) Eine Rücknahme oder ein Widerruf der Einbürgerungszusicherung nach § 38 Abs. 2 i.V.m. §§ 48, 49 LVwVfG wäre ebenfalls nicht möglich gewesen.
41 
(1) Eine Rücknahme scheidet aus, weil der Kläger die Einbürgerungszusicherung nicht durch arglistige Täuschung oder durch unvollständige Angaben erwirkt hat.
42 
Zwar dürfte die Einbürgerungszusicherung rechtswidrig gewesen sein, weil der Einbürgerung - was die Beklagte damals nicht wusste - der Ausschlussgrund des § 86 Nr. 2 AuslG (jetzt: § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) entgegenstand. Die IGMG wird in der Rechtsprechung als eine Organisation angesehen, die Bestrebungen verfolgt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - VBlBW 2009, 29 m.w.N., bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 02.12.2009 - 5 C 24.08 - BVerwGE 135, 302; NdsOVG, Urt. v. 15.09.2009 - 11 LB 487/07 - EZAR NF 41 Nr. 4; OVG Bln-Bbg, Urt. v. 10.02.2011 - OVG 5 B 6.07 - juris; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2012 - 5 B 11.404 - juris). Aktivitäten von Funktionären oder Mitgliedern der IGMG werden in der Rechtsprechung überwiegend als einbürgerungsschädlich angesehen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - a.a.O. m.w.N.). Erst für die Zeit ab 2004 hat der 13. Senat des erkennenden Gerichtshofs Reformbestrebungen innerhalb der IGMG ausgemacht, die dazu führen, dass diese nunmehr nicht mehr als eine homogene und - bezogen auf die Frage der Akzeptanz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung - in ihrer Zielrichtung einheitliche Bewegung anzusehen sein soll (a.a.O. ). Die Tätigkeit des Klägers als Vorstandsmitglied im Jahr 2000, d.h. in einem Zeitraum, in dem die IGMG als eine homogene, insgesamt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bewegung anzusehen war, stellt somit eine Unterstützungshandlung im Sinn des § 86 Nr. 2 AuslG (jetzt: § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) dar, die von hinreichendem Gewicht sein dürfte, um den Verdacht zu rechtfertigen, dass er die IGMG unterstützt.
43 
Der Kläger hat seine Einbürgerung jedoch nicht durch arglistige Täuschung im Sinn des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG, durch unvollständige Angaben im Sinn des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG oder ein vergleichbar vorwerfbares Verhalten erwirkt. „Erwirken“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes Handeln voraus, das auf eine Rechtsfolge gerichtet ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 116 m.w.N.). Es lässt sich nicht zur Überzeugung des Senats feststellen, dass der Kläger bei Abgabe seiner Loyalitätserklärung bei Stellung des Einbürgerungsantrags im Juni 2000 bzw. bei Abgabe der weiteren Loyalitätserklärung im Februar 2002 wissentlich und zweckgerichtet, um seine Einbürgerung rechtswidrigerweise zu erreichen, von ihm unterstützte verfassungsfeindliche Bestrebungen verschwiegen hat. Anhand der abstrakt und allgemein ihm vorgegebenen Kriterien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung musste der Kläger zum einen selbst bewerten, ob er diesen Grundsätzen für sich zustimmen kann oder ob er im Wege seiner Aktivitäten für die IGMG die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpfen und letztlich überwinden will. Zum anderen musste der Kläger einzuschätzen versuchen, wie seine Aktivitäten mutmaßlich von der Einbürgerungsbehörde eingestuft werden.
44 
Danach war für den Kläger kein Anlass gegeben, seine Aktivitäten bei Milli Görüs, die er selbst in erster Linie als religiös und sozial motivierte Betätigung für einen religiös ausgerichteten Verein ansah, ohne ausdrückliche Frage der Einbürgerungsbehörde nach Mitgliedschaften in derartigen Vereinigungen als verfassungsfeindliche Betätigung einzuschätzen (ebenso zu einem vergleichbaren Fall: HessVGH, Urt. v. 18.01.2007 - 11 UE 111/06 - ESVGH 57, 139 = InfAuslR 2007, 207; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 13.06.2007 - 5 B 132.07 - juris). Nach seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung hat er sich zusammen mit Gleichgesinnten in erster Linie deshalb bei Milli Görüs engagiert, um im Rahmen eines islamischen Vereins Jugendarbeit zu leisten und Hausaufgabenbetreuung zu organisieren. Es konnte ihm nicht abverlangt werden, die Bewertung der Tätigkeit von Milli Görüs, die erst der Behörde im Rahmen der Anwendung von § 86 Nr. 2 AuslG bzw. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG obliegt, bereits selbst vorzunehmen. Es lässt sich nicht feststellen, dass der verfassungsfeindliche Charakter der Bestrebungen von Milli Görüs damals (zum Zeitpunkt der Abgabe der Loyalitätserklärungen) so eindeutig und offensichtlich war, dass angenommen werden muss, jedes Vorstandsmitglied von örtlichen Mitgliedsvereinigungen hätte erkennen können und müssen, dass es verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt. Immerhin war die Frage, ob Aktivitäten für die Vereinigung Milli Görüs die Annahme des Unterstützens verfassungsfeindlicher Bestrebungen rechtfertigen, damals auch in der Rechtsprechung unterschiedlich gesehen worden (einerseits etwa BayVGH, Urt. v. 16.07.2003 - 20 BV 02.2747, 20 CS 02.2850 - BayVBl. 2004, 84 -; andererseits VG Karlsruhe, Urt. v. 26.02.2003 - 4 K 2234/01 - juris -). Eine höchstrichterliche Klärung ist erst durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.12.2009 (- 5 C 24.08 - a.a.O.) erfolgt.
45 
(2) Ein Widerruf nach § 49 LVwVfG scheidet aus, weil kein Widerrufsgrund nach § 49 Abs. 2 LVwVfG vorliegt. Zudem enthält § 38 Abs. 3 LVwVfG eine Spezialregelung gegenüber § 49 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 LVwVfG, die die Anwendung der genannten Widerrufstatbestände ausschließt (BVerwG, Urt. v. 25.01.1995 - 11 C 29.93 - BVerwGE 97, 323; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 38 Rn. 35, 36).
46 
cc) Die Bindungswirkung der Einbürgerungszusicherung ist nach alledem erst mit Ablauf ihrer Geltungsdauer am 14.08.2002 entfallen. Die Beklagte hätte sich jedoch gegenüber dem Kläger auch nach diesem Zeitpunkt nach Treu und Glauben solange nicht auf den Fristablauf berufen können, wie dieser die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG erfüllt hat (siehe dazu oben 1. e).
47 
dd) Bei dieser Sachlage war die Beklagte verpflichtet, den Kläger, der aus seiner Sicht alle Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt hatte und der damit rechnen konnte und durfte, dass die Beklagte alsbald über seinen Einbürgerungsantrag entscheiden werde, darauf hinzuweisen, dass sie mit Blick auf die Mitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 12.12.2001 die Einbürgerungsakten ebenfalls auf dem Dienstweg dem Innenministerium vorgelegt hat und dass sie ihre Entscheidung über den Einbürgerungsantrag bis zu einer zeitlich nicht absehbaren Entscheidung des Innenministeriums zurückgestellt hat. Durch einen derartigen Hinweis wäre der Kläger in die Lage versetzt worden, seinen Einbürgerungsanspruch zeitnah durch Erhebung einer Untätigkeitsklage gerichtlich geltend zu machen und so möglicherweise rechtzeitig vor Ablauf der Geltungsdauer der Erlaubnis zur Aufgabe der türkischen Staatsangehörigkeit ein Verpflichtungsurteil zu erstreiten.
48 
Das aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende Gebot eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens wirkt sich auch auf die Verfahrensgestaltung aus. Unter dem Aspekt des Grundsatzes der Formen- und Verfahrensklarheit verlangt es, dass die Behörde die Verfahrensbeteiligten nicht über die Gestaltung des Verfahrensgangs im Unklaren lässt. Dies gilt in besonderem Maße gegenüber nicht anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten. Über den Stand des Verfahrens ist der Betroffene zu unterrichten (vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 9 Rn. 57 f. m.w.N.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., Vor § 9 Rn. 17). Art. 19 Abs. 4 GG wirkt auf die Ausgestaltung des dem Gerichtsverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens dergestalt ein, dass es den Rechtsschutz weder vereiteln noch unzumutbar erschweren darf (BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <110>; Urt. v. 24.04.1985 - 2 BvF 2/83 u.a. - BVerfGE 69, 1; Schmitz, a.a.O. Rn. 63).
49 
Hier hat die Beklagte, indem sie den damals noch nicht anwaltlich vertretenen Kläger nicht über den Fortgang des Verfahrens unterrichtet hat, gegen den Grundsatz der Verfahrensklarheit verstoßen und die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes unzumutbar erschwert. Der Kläger hatte von sich aus keine Veranlassung, Untätigkeitsklage mit dem Ziel zu erheben, seinen Anspruch auf Einbürgerung vor Ablauf der Geltungsdauer der Einbürgerungszusicherung gerichtlich durchzusetzen. Er konnte und durfte darauf vertrauen, dass die Beklagte alsbald über seinen Einbürgerungsantrag entscheiden werde. Das Schreiben vom 07.02.2002, mit welchem der Kläger um persönliche Vorsprache zwecks Aktualisierung seines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und schriftlicher Dokumentierung seiner Grundkenntnisse im deutschen Staatsrecht gebeten wurde, war nicht geeignet, sein diesbezügliches Vertrauen zu erschüttern. Auch bei der Vorsprache selbst war die Unterstützung bestimmter Organisationen wie Milli Görüs kein Thema. Vielmehr musste der Kläger die Loyalitätserklärung wiederum allein anhand der abstrakt und allgemein ihm vorgegebenen Kriterien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgeben. Seine Kenntnisse bezüglich der staatlichen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland wurden als gut bewertet, so dass der Kläger davon ausgehen konnte, dass auch insoweit der Einbürgerung nichts entgegenstehe. Erst durch das Anhörungsschreiben vom 06.11.2003 wurde er darüber unterrichtet, dass man beabsichtige, seinen Einbürgerungsantrag wegen seines Engagements für die IGMG abzulehnen. Der auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretene Kläger wurde somit über einen Zeitraum von über zwei Jahren über den Stand und den Fortgang des Verfahrens im Unklaren gelassen. Hierdurch wurde die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes objektiv erheblich erschwert. Er ist daher im Wege der Folgenbeseitigung so zu stellen, wie er vor Verletzung der Verfahrenspflichten durch die Beklagte stand, d.h. ihm ist eine neue, wiederum auf zwei Jahre befristete Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
51 
Die teilweise Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Sache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vor.
52 
Beschluss vom 8. Mai 2013
53 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., Ahn. § 164 Rn. 14) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. Mai 2013 - 1 S 2046/12 zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

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(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit gekl

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 8


(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er 1. handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich v

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 12


(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn 1. das Recht des ausländische

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 11


Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, d

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bei uns veröffentlicht am 06.05.2009

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des V

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Juni 2008 - 13 S 2613/03

bei uns veröffentlicht am 11.06.2008

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2003 – 4 K 2234/01 - geändert; die Klage wird abgewiesen Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtsz

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 12. März 2008 - 13 S 1487/06

bei uns veröffentlicht am 12.03.2008

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. Januar 2006 - 5 K 1868/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Re

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Okt. 2005 - 11 K 2083/04

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 28. Juni 2016 - 11 K 2156/16

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Tenor Der Bescheid des Landratsamts Heilbronn vom 10.08.2015 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.03.2016 werden aufgehoben.Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorver

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. Jan. 2014 - 1 S 923/13

bei uns veröffentlicht am 22.01.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. Februar 2012 - 1 K 1510/10 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Kl

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(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. Januar 2006 - 5 K 1868/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine Einbürgerungszusicherung.
Der am ...1942 geborene Kläger ist serbischer bzw. kosovarischer Staatsangehöriger und albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo, wo der als Kunstprofessor oder -lehrer tätig war (Bildhauer). Er reiste am ...1991 zusammen mit seiner Ehefrau und seinen vier Kindern in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom ...1994 als Asylberechtigter anerkannt; zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 hinsichtlich des Herkunftsstaates vorliegen. Mit Bescheid vom 9.6.2004 widerrief das Bundesamt seine Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen; zugleich stellte es fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen verpflichtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, nachdem der Kläger die hiergegen erhobene Klage im Übrigen zurückgenommen hatte, ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG in Bezug auf Serbien und Montenegro festzustellen (Urteil vom 12.1.2005 - A 1 K 11108/04 -).
Seit dem 27.9.1994 besitzt der Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Er stand in folgenden Beschäftigungsverhältnissen, für die er jeweils auch die ausländerrechtlichen Arbeitserlaubnisse besaß:
04.02.1992 - 06.11.1992
 Firma ...
05.04.1994 - 15.04.1994
 Firma ...
22.10.1996 - 24.12.1996
 Firma ...
02.06.1998 - 31.08.1999
 Firma ...
23.02.2000 - 29.02.2000
 Firma ...
23.10.2001 - 30.11.2001
 Firma ...
Eine amtsärztliche Untersuchung vom ... 1997 führte zur Feststellung, dass er wegen eines Bandscheibenvorfalls auf Dauer keine körperlich schweren und wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten ausüben könne, sondern nur noch solche in temperierten Räumen mit Bewegungswechsel mit zumindest zeitweiliger sitzender Körperhaltung. Das Arbeitsamt ... hielt am 25.6.2003 eine Vermittlung auf Grund seines Alters und der Stellensituation für derzeit unmöglich.
Von 1992 an erhielten er und seine Familie, abgesehen von kurzen Unterbrechungen in den Jahren 1997 und 1998, ergänzend laufende Hilfe zum Lebensunterhalt und einmalige Sozialhilfeleistungen und Arbeitslosengeld bzw. Sozialgeld. Seit 1.5.2007 erhält er eine Rente (Altersrente) in Höhe von derzeit 120,98 EUR. Zurzeit bekommt er für sich selbst er keine Leistungen nach SGB II oder XII; seine Ehefrau und sein jüngster Sohn, der bei ihm im Haushalt wohnt und zur Schule geht, erhalten jedoch Leistungen nach SGB II. Er selbst hat inzwischen wieder Grundsicherung im Alter nach SGB XII beantragt, nachdem das Kindergeld für seine Tochter, weswegen sein entsprechender Antrag im Jahr 2007 abgelehnt worden war, weggefallen ist.
Der Kläger beantragte am 28.11.2002 seine Einbürgerung, nachdem er zuvor bereits im Jahr 2000 einen entsprechenden Antrag gestellt und wieder zurückgenommen hatte. Das Landratsamt ... lehnte den Einbürgerungsantrag am 1.3.2004 mit der Begründung ab, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einbürgerung lägen nicht vor, weil der Kläger die Inanspruchnahme von Sozial- und Arbeitslosenhilfe zu vertreten habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1.9.2004 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid zurück. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe sich nicht hinreichend intensiv um eine Beschäftigung bemüht, wie die Kürze der Beschäftigungszeiten, die geringe Zahl der Beschäftigungsstellen und die fehlenden Nachweise über eine Arbeitssuche zeigten. Insbesondere in seiner (1999 gekündigten) Tätigkeit als Lagerist habe er es an Engagement und Interesse fehlen lassen. Als Kunstprofessor verfüge er über genügend intellektuelle Fähigkeiten, so dass der vom Arbeitgeber angegebene Kündigungsgrund, er habe die Tätigkeit nicht verstanden, nicht nachvollziehbar sei. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass es inzwischen wegen seines Alters und seines Gesundheitszustandes schwerer werde, eine neue Arbeit zu finden. Wenn er sich in früheren Zeiten stärker um einen Arbeitsplatz bemüht oder um den Erhalt seines Arbeitsplatzes gekümmert hätte, wäre durch die Einzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Reduzierung des Sozialleistungsbezuges möglich gewesen.
Der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben. Es hat die Entscheidung des Landratsamtes ... vom 26.3.2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 1.9.2004 aufgehoben, soweit sie den Kläger betrafen, und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen. In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, da nach dem Asylwiderruf eine Einbürgerung unter Hinnahmen der Mehrstaatigkeit nicht mehr in Betracht komme, habe der Kläger seinen Klagantrag zu Recht auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beschränkt. Das Zusicherungsermessen sei hier auf die Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung reduziert. Die Voraussetzungen des § 10 StAG seien – abgesehen von der Aufgabe oder dem Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit – gegeben. Dass er für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII in Anspruch nehmen müsse, habe er nicht zu vertreten. Ein „Vertretenmüssen“ im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 3 (jetzt Satz 1 Nr. 3) StAG liege etwa bei schuldhaftem Verlust des Arbeitsplatzes vor, nicht hingegen wenn er wegen seines Alters oder seines Gesundheitszustandes sozial(hilfe)rechtlich nicht erwerbsverpflichtet oder erwerbsfähig sei. Dies sei der Fall. Nach der im Gerichtsverfahren vorgelegten Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 21.12.2005 leide er unter mehreren, teilweise schwerwiegenden Krankheiten (Zustand nach Herzhinterwandinfarkt 04/2004, Zustand nach Rekanalisation und Stenteinlage bei Postinfarktangina, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus Typ 2, Wirbelsäulensyndrom). Diese äußerten sich in Angina-Pectoris-Beschwerden, Rückenschmerzen, Schwindel, Müdigkeit und allgemeiner Schwäche. Hieraus folgere das Gesundheitsamt starke gesundheitliche Einschränkungen, so dass lediglich eine Pförtnertätigkeit o.ä. in Frage komme. Ein solcher Arbeitsplatz stehe für den Kläger nicht zur Verfügung. Das Arbeitsamt habe eine Vermittlung des Klägers schon vor seinem Herzhinterwandinfarkt im Hinblick auf sein Alter und die Stellensituation nicht mehr für möglich gehalten. Damit liege aktuell ein vom Kläger nicht zu vertretender Grund für die Inanspruchnahme von Leistungen nach SGB II/SGB XII vor. Ein solcher Grund könne entgegen der Meinung des Beklagten auch nicht aus dem Verlust des Arbeitsplatzes im Jahr 1999 hergeleitet werden. Ob der Kläger diesen Arbeitsplatzverlust zu vertreten habe, sei zwischen den Beteiligten streitig, bedürfe hier aber keiner Klärung. Denn der Zurechnungszusammenhang eines verschuldeten Arbeitsplatzverlustes könne keine unbegrenzte „Ewigkeitswirkung“ haben, sondern durch weitere Entwicklungen wie etwa eine nachträglich eintretende Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werden. Mit der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 3 (jetzt Satz 1 Nr. 3) StAG habe der Gesetzgeber für den Einbürgerungsanspruch nach langjährigem rechtmäßigem Aufenthalt den fiskalischen Interessen geringeres Gewicht beigemessen als bei den vorgelagerten aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 1 Satz 2, § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG). Damit habe er die Konsequenz daraus gezogen, dass eine Integration als Folge eines langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts bereits stattgefunden habe und für eine Einbürgerung hinreichend abgeschlossen sei. Hier sei der Zurechnungszusammenhang des (möglicherweise verschuldeten) Arbeitsplatzverlustes von 1999 aufgehoben. Zum einen sei der Kläger später noch einmal in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden, das ausweislich des Kündigungsschreibens nur deswegen beendet worden sei, weil der Kläger „trotz seiner außerordentlichen Mühe“ wegen seines Alters den Arbeiten als Fahrer und Hausmeister nicht mehr gewachsen gewesen sei. Zum andern habe die massive Verschlechterung seines Gesundheitszustands nach seinem Hinterwandinfarkt 2004 dazu geführt, dass er nach Stellungnahme des Gesundheitsamts praktisch keinen Arbeitsplatz mehr erhalten könne. Das Verhalten seiner Ehefrau, die ihre mangelnde Leistungsfähigkeit im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 zu vertreten habe, könne dem Kläger nicht zugerechnet werden. Das Staatsangehörigkeitsrecht enthalte keine Regelung, nach welcher der von einem Familienangehörigen zu vertretende Bezug von Leistungen nach dem SGB II/XII anderen Familienangehörigen zuzurechnen sei. Vielmehr stelle das Staatsangehörigkeitsrecht auf jeden Einbürgerungsbewerber gesondert ab, ausdrücklich etwa bei der Miteinbürgerung gemäß § 10 Abs. 2 StAG „nach Maßgabe des Absatzes 1“.
10 
Auf Antrag des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26.6.2006 - 12 S 644/06 - die Berufung zugelassen. In der rechtzeitig eingegangenen Berufungsbegründung nimmt der Beklagte auf den Zulassungsantrag Bezug und macht geltend, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Zurechnungszusammenhang eines verschuldeten Arbeitsplatzverlustes und langjähriger Arbeitslosigkeit durch eine nachträglich eintretende Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werde. Eine derartige Auslegung widerspreche dem Gesetzeszweck, wonach die (erleichterte) Anspruchseinbürgerung am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses stehen solle. Nur wirtschaftlich voll integrierte Ausländer, die etwa aus arbeitsmarktpolitischen Gründen ihre Arbeit verlieren, sollten in den Genuss der Privilegierung des § 10 Abs. 1 Satz 3 (jetzt Satz 1 Nr. 3) StAG kommen und im Gegensatz zur Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG die Möglichkeit der Einbürgerung trotz einbürgerungsschädlicher öffentlicher Leistungen erhalten. Dies habe auch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Dem Kläger sei es auch vor seiner Erwerbsunfähigkeit nicht gelungen, sich in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Im Dezember 1991 eingereist, habe er den ersten Arbeitsplatz bereits zum 6.11.1992 verloren. Obwohl ihm wegen seines Alters die Notwendigkeit von Arbeitsbemühungen hätte klar sein müssen, sei er erst nach über fünf Jahren am 2.6.1998 ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, habe diesen Arbeitsplatz aber bereits am 31.8.1999 wieder verloren, und das nicht aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen. Seine Ehefrau habe noch weniger Integrationsbereitschaft gezeigt und sich nicht einmal als arbeitsuchend gemeldet. Vor seinen gesundheitlichen Einschränkungen sei er daher nicht erfolgreich wirtschaftlich integriert gewesen. Deshalb werde er von einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG dauerhaft ausgeschlossen. Der Umstand, dass er zwischenzeitlich wegen seines Alters und seiner gesundheitlichen Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar sei, könne nicht zu einer anderen Bewertung führen. Entsprechendes gelte für Behinderte und Eltern, die wegen der Erziehung mehrerer Kinder ihren Lebensunterhalt länger nicht selbst bestreiten könnten. Es sei auch nicht einzusehen, warum der Zurechnungszusammenhang eines verschuldeten Arbeitsplatzverlustes durch eine nachträglich eingetretene Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werden solle, nicht aber durch die mit dem Alter sinkenden Arbeitsmarktchancen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts habe zur Konsequenz, dass mit dem Erreichen des Rentenalters die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen nicht mehr einbürgerungsschädlich sei. Bei der Bewertung der Frage, inwieweit der Kläger die fehlende eigene Sicherung des Lebensunterhalts selbst zu vertreten habe, müsse auch sein Verhalten vor dem Verlust des letzten Arbeitsplatzes berücksichtigt werden.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25.1.2006 - 5 K 1868/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Er bezieht sich auf das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend, dieses Ergebnis ergebe sich auch aus dem Wortlaut von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG, der in der Gegenwartsform gehalten sei. Daher komme es auf den im Moment der Entscheidung vorliegenden Sachverhalt an. Ferner trägt der Kläger vor, er habe erst im September 1994 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten und sei jedenfalls bis dahin auf dem Arbeitsmarkt als Asylbewerber benachteiligt gewesen. Er habe eine Arbeitserlaubnis gebraucht, die unter dem Vorbehalt der Arbeitsmarktprüfung gestanden habe. Außerdem hätten es damals auch Deutsche in seinem Alter (52 Jahre) schwer gehabt, einen Arbeitsplatz zu finden. Als ausgebildeter Lehrer sei er weder von Statur noch Praxis schwere körperliche Arbeit gewohnt gewesen. Auch habe er im Alter von über 50 Jahren erst deutsch lernen müssen. Selbst wenn die Vorwürfe der Firma O. in der Kündigung vom Sommer 1999 stimmen würden, sei ihm der Arbeitsplatzverlust heute nicht mehr vorzuwerfen. Spätestens nach seiner schweren Erkrankung im Sommer 2004 hätte er diesen Arbeitsplatz verloren. Auch das Arbeitsamt sei davon ausgegangen, dass er seine Kündigung im Jahr 1999 nicht schuldhaft verursacht habe; jedenfalls sei keine Sperrzeit verhängt worden. Selbst wenn er seit Ende 1994 bis zu seiner schweren Erkrankung ständig gearbeitet hätte, hätte er keine Rentenansprüche oberhalb des Sozialhilfesatzes erwirtschaften können. Derzeit beziehe er keine Leistungen nach dem SGB II und XII, ein entsprechender Antrag auf Grundsicherung sei 2007 abgelehnt worden.
16 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Tübingen vor; auf ihren Inhalt wird verwiesen. Sie waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Berufung des Beklagten ist nach ihrer Zulassung durch den Verwaltungsgerichtshof statthaft und auch im übrigen zulässig. Insbesondere hat der Beklagte sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über ihre Zulassung ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (124a Abs. 6 Sätze 1 bis 3 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Der Beklagte hat dem Kläger die Einbürgerungszusicherung zu Recht versagt.
18 
Zutreffend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Kläger seinen Klagantrag zu Recht auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beschränkt hat, da eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach dem Widerruf der Asylberechtigung und der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG/§ 51 Abs. 1 AuslG wohl nicht mehr in Betracht kommt (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG). Es trifft auch zu, dass sich das Zusicherungsermessen auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung reduziert, wenn der Einbürgerungsanspruch hierdurch leichter durchgesetzt werden kann (Senatsurteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116), und dass maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 12.1.2005 - 13 S 2549/03 -, VBlBW 2006, 70.). Das Verwaltungsgericht hätte die Klage jedoch abweisen müssen, da der Kläger keinen Anspruch auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung hat.
19 
1. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der sog. Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG nicht.
20 
Diese Vorschrift ist in der vor dem 28.8.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthält (§ 40c StAG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der europäischen Union vom 19.8.2007, BGBl. I S. 1970). Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach bisherigem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (Berlit, InfAuslR 2007, 457, 466).
21 
Die Beteiligten streiten ausschließlich darüber, ob der Einbürgerungsanspruch des Klägers an § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG scheitert. Die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG liegen bis auf Aufgabe oder Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG) vor. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG in der seit 28.8.2007 geltenden Fassung – die bis dahin geltende Fassung war für den Kläger nicht günstiger und wurde, soweit sie ihn betrifft, nur redaktionell verändert (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. und Berlit, a.a.O., Seite 465) – setzt der Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat.
22 
a) Der Kläger kann den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen nicht ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach SGB II oder SGB XII bestreiten. Dieses Erfordernis der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung ist zukunftgerichtet und verlangt eine Prognose, ob der Lebensunterhalt auch künftig eigenständig gesichert ist (Berlit, GK-StAR, § 10, 2005, Rn. 230 f.). Dies ist nicht der Fall. Vielmehr ist zu erwarten, dass der Kläger für den Lebensunterhalt von sich und seiner Ehefrau sowie seinem jüngsten Sohn auf Leistungen nach SGB II oder SGB XII angewiesen ist. Das ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Zwar bezieht der Kläger für sich selbst momentan keine Leistungen nach SGB II oder XII, jedoch erhalten seine Ehefrau und sein jüngster Sohn solche Leistungen, und auch er selbst hat inzwischen wieder einen Antrag auf Grundsicherung im Alter nach SGB XII gestellt, da das ihm als Einkommen angerechnete Kindergeld für seine Tochter inzwischen weggefallen ist. Der Kläger geht also auch selbst von der fortdauernden eigenen Bedürftigkeit aus.
23 
b) Diese Inanspruchnahme hat der Kläger zu vertreten, weil er über mehrere Jahre hinweg aus von ihm zu vertretenden Gründen arbeitslos war und es damit auch versäumt hat, Rentenansprüche für das Alter zu erwerben. Hierdurch hat er adäquat-kausal die (Mit-)Ursache für seinen jetzigen Leistungsbezug gesetzt. Im Einzelnen:
24 
Ein Einbürgerungsbewerber hat den Bezug von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuchs zu vertreten, wenn er durch ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen adäquat-kausal die Ursache für den fortdauernden Leistungsbezug gesetzt hat. Das Vertretenmüssen beschränkt sich nicht auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es setzt kein pflichtwidriges, schuldhaftes Verhalten voraus. Das Ergebnis muss lediglich auf Umständen beruhen, die dem Verantwortungsbereich der handelnden Person zurechenbar sind (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1.7.1997 - 25 A 3613/95 -, InfAuslR 1998, 34, 35; Bayerischer VGH, Beschluss vom 6.7.2007 - 5 ZB 06.1988 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 8.5.2006 - 12 TP 357/06 -, DÖV 2006, 878, zitiert nach juris; VG Göttingen, Urteil vom 7.9.2004 - 4 A 4184/01 -, juris; Hailbronner, in Hailbronner/ Renner, StAG, 5. Aufl. 2005, § 10 Rn. 23; Berlit, in: GK-StAR, § 10, 2005, Rn. 242 f. m.w.N.). Ob der Ausländer den Leistungsbezug zu vertreten hat, ist eine verwaltungsgerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Rechtsfrage, für die der Einbürgerungsbehörde kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zukommt. Ein Arbeitsloser hat den Leistungsbezug zu vertreten, wenn er nicht in dem sozialrechtlich gebotenen Umfang bereit ist, seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen einzusetzen, ferner wenn er sich nicht um Arbeit bemüht oder bei der Arbeitssuche nachhaltig durch Gleichgültigkeit oder mögliche Arbeitgeber abschreckende Angaben zu erkennen gibt, dass er tatsächlich kein Interesse an einer Erwerbstätigkeit hat (Berlit, a.a.O., Rn. 247; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 9.12.2004 - 2 K 913/04 -, juris). Ebenso wird angenommen, dass der Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug zu vertreten hat, wenn sein Arbeitsverhältnis wegen Nichterfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten gekündigt oder aufgelöst und die Arbeitslosigkeit dadurch von ihm vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wird (Hailbronner, a.a.O., Rn. 24, Berlit, a.a.O., Rn. 247). Als Indiz wird die Verhängung einer Sperrzeit angesehen (vgl. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Jedoch genügen auch andere Hinweise auf Arbeitsunwilligkeit (Hailbronner, a.a.O., Rn. 24). Eine personenbedingte Kündigung, die in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren Bestand hat, steht der Einbürgerung entgegen, ohne dass es einer eigenständigen Prüfung der Kündigungsumstände durch die Einbürgerungsbehörde bedarf (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1.7.1997, a.a.O.). Umgekehrt wird das Vertretenmüssen des Leistungsbezugs allgemein verneint, wenn die Arbeitslosigkeit auf einer krankheits- oder betriebsbedingten Kündigung oder Konjunkturgründen beruht. Stets ist bei der Beurteilung des Vertretenmüssens auch der Grundsatz der selbstgesicherten wirtschaftlichen Existenz im Blick zu halten: Der Einbürgerungsbewerber hat den Lebensunterhalt grundsätzlich ohne Inanspruchnahme von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II oder XII zu bestreiten (Berlit, a.a.O., Rn. 215). Da der nicht zu vertretende Leistungsbezug eine Ausnahme von diesem Grundsatz darstellt, ist für die Frage, ob der Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug zu vertreten hat, ein strenger Maßstab anzulegen. Von diesen Anforderungen an die wirtschaftliche Integration ist auch nicht im Hinblick auf den Gesetzeszweck abzusehen; seit (mit Wirkung vom 1.1.2000) die Mindestaufenthaltsdauer auf acht Jahre herabgesetzt wurde, zieht der Einbürgerungsanspruch ohnehin nicht mehr die Konsequenz daraus, dass die Integration als Folge eines 15-jährigen rechtmäßigen Aufenthalts bereits erfolgreich abgeschlossen ist (so BVerwG, Beschluss vom 27.10.1995 - 1 B 34.95 -, InfAuslR 1996, 54 zur damaligen Rechtslage; vgl. hierzu Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 241; siehe zur rechtspolitischen Diskussion um Integration als Einbürgerungsvoraussetzung allgemein auch Hailbronner, a.a.O., § 10 Rn. 1, S. 576 f.).
25 
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger zwar nicht zu vertreten, dass er jetzt kein Erwerbseinkommen hat und deshalb mit Ehefrau und Sohn auf Sozialleistungen nach SGB II oder XII angewiesen ist; denn er steht dem Arbeitsmarkt aus Alters- und Gesundheitsgründen nicht mehr zur Verfügung, ohne dass er dies zu vertreten braucht.
26 
Jedoch kann ein Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug unter Umständen auch dann noch zu vertreten haben, wenn er auf einer früher zurechenbaren Arbeitslosigkeit beruht und der Zurechnungszusammenhang noch fortbesteht. So liegt der Fall hier: Nach Überzeugung des Senats hat der Kläger jedenfalls die Zeiten seiner Arbeitslosigkeit zwischen der Asylanerkennung im Mai 1994 und dem Beginn des Arbeitsverhältnisses im Juni 1998 im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAG zu vertreten. Der Senat geht – anders als der Beklagte und das Verwaltungsgericht, das diese Frage offen gelassen hat – zu seinen Gunsten davon aus, dass ihm die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.08.1999 nicht zuzurechnen ist und er auch seine Arbeitslosigkeit danach im Hinblick auf die beiden kurzzeitigen Beschäftigungen in den Jahren 2000 und 2001 und seine gesundheits- und altersbedingten Einschränkungen nicht mehr zu vertreten hat. Jedoch hatte er seit seiner Asylanerkennung im Mai 1994 die Perspektive eines dauerhaften Bleiberechts in Deutschland. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte er sich aus Gründen der sozialen Sicherung verstärkt um einen Arbeitsplatz bemühen müssen. Gerade im Zeitraum von Mai 1994 bis Juni 1998 hat er jedoch keine ausreichenden Bemühungen unternommen. In diesen etwa vier Jahren hat er lediglich einmal für etwa acht Wochen bei einer Reinigungsfirma gearbeitet. Dieses Arbeitsverhältnis hat er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung von sich aus gekündigt, weil er täglich zwei bis drei unbezahlte Überstunden habe machen müssen. Die Frage des Senats, warum er sich damals nicht bei der Reinigungsfirma beworben habe, in der seine Frau seit 1996 arbeite, konnte er nicht beantworten. Auch um eine andere Arbeitsstelle hat er sich in diesem gesamten Zeitraum nicht gekümmert, auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung konnte er keine einzige Bewerbung nennen, die er in diesen vier Jahren eingereicht hat.
27 
Das Vertretenmüssen des Sozialleistungsbezugs ist auch nicht aus den vom Kläger angeführten Gründen zu verneinen. Seine Argumente, er habe auf dem Arbeitsmarkt schon deshalb kaum Chancen gehabt, weil er als Fünfzigjähriger zu alt gewesen sei und erst habe deutsch lernen und für seine Asylanerkennung kämpfen müssen, überzeugen nicht. Eine Benachteiligung am Arbeitsmarkt als Asylbewerber war nicht der entscheidende Grund für seine lange Arbeitslosigkeit. Bereits wenige Wochen nach der Einreise – also in der Zeit der ersten sprachlichen und kulturellen Eingewöhnung und des Asylverfahrens – konnte er einen Arbeitsplatz finden, den er auch für neun Monate behielt. Auch die Beschäftigung bei einem Steinmetz im April 1994 fiel noch in die Zeit des Asylverfahrens. Der Verlust seiner Stelle im August 1999 ist weder mit Sprach- noch mit Konjunkturproblemen zu erklären. Seine Einlassung, als ausgebildeter Lehrer sei er weder von Statur noch Praxis schwere körperliche Arbeit gewohnt gewesen, wiegt deshalb nicht schwer, weil er im Laufe der Jahre mehrere Arbeitsstellen gefunden hat, die nicht an der schweren körperlichen Arbeit scheiterten. Schließlich waren auch seine späteren gesundheitlichen Einschränkungen durch den Bandscheibenvorfall im Jahr 1997 nicht der Grund seiner damaligen Arbeitslosigkeit. Zum einen war er nach dem Gutachten des Gesundheitsamts vom August 1997 mit Einschränkungen arbeitsfähig und zum anderen hat er im Juni 1998 eine Arbeitsstelle gefunden, die ihm erst 14 Monate später aus anderen als gesundheitlichen Gründen gekündigt wurde.
28 
Die Abhängigkeit von Leistungen nach dem SGB II/XII beruht auch heute noch auf dieser zu vertretenden Arbeitslosigkeit. Hat ein erwerbsverpflichteter Ausländer ihm zurechenbar den Verlust eines Arbeitsplatzes mit hinreichendem Einkommen verursacht oder wie hier seine Arbeitslosigkeit aus anderen Gründen zu vertreten, liegt dies aber einen erheblichen Zeitraum zurück, so hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob der Zurechnungszusammenhang fortbesteht oder durch weitere Entwicklungen unterbrochen ist. Hierfür sind grundsätzlich auch Art und Maß der nachfolgenden Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz sowie die individuellen Arbeitsmarktchancen und der zeitliche Abstand zur zurechenbaren Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Der Zurechnungszusammenhang kann auch durch zusätzliche Ereignisse wie etwa eine nachträglich eingetretene Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werden, nicht jedoch allein durch die mit zunehmendem Alter sinkenden Arbeitsmarktchancen. Eine zeitlich unbegrenzte „Ewigkeitswirkung“ ist abzulehnen (Berlit, a.a.O., Rn. 249 f.).
29 
Beim Kläger wird der Zurechnungszusammenhang entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts weder durch die erneute Beschäftigung im Jahr 2001 noch durch den Herzinfarkt im Jahr 2004 noch durch den Eintritt ins Rentenalter unterbrochen, sondern besteht fort. Bei der gebotenen Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles fällt hier in besonderer Weise ins Gewicht, dass der Kläger durch die zu vertretende Arbeitslosigkeit heute geringere Rentenansprüche hat. Deshalb hat er die Abhängigkeit von Leistungen nach dem SGB II/XII - jedenfalls teilweise - auch heute noch zu vertreten. Er hat es über längere Zeit unterlassen, durch zumutbare Arbeit Rentenanwartschaften zu erwerben, die wenigstens einen Teil seines Bedarfs abdecken. Er hätte sich damals nicht nur deshalb auf Stellen bewerben müssen, um durch das Erwerbseinkommen von Sozialhilfe unabhängig zu sein, sondern auch um sich Rentenansprüche für die Alterssicherung aufzubauen. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass sonst die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts ab Eintritt in das Rentenalter praktisch leer liefe, weil dann alle Ausländer, die sich aus eigenem Verschulden nicht wirtschaftlich integriert hätten, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen mit Erreichen des Rentenalters eingebürgert werden müssten. Zu Lasten des Klägers ist zu berücksichtigen, dass er seine Asylanerkennung und den Erhalt einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im Jahr 1994 nicht als Anlass gesehen hat, sich um die dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu bemühen. Vielmehr hat er umgekehrt seine anfänglichen Bemühungen – immerhin hatte er während seines Asylverfahrens unmittelbar nach der Einreise für neun Monate gearbeitet und dann im April 1994 noch einmal in seinem eigenen Fachgebiet bei einem Steinmetzen eine Stelle gefunden – fast vollständig eingestellt, als er mit der Asylanerkennung im Mai 1994 die Perspektive eines dauerhaften Bleiberechts hatte. Obwohl ihm die Notwendigkeit der Integration in den Arbeitsmarkt, wie dargelegt, in dieser Zeit besonders bewusst sein musste, hat er sich von der Asylanerkennung an weit über zwei Jahre bei keinem Arbeitgeber beworben und nach seiner Kündigung vom Dezember 1996 auch nicht bei dem Arbeitgeber seiner Ehefrau nach einer Stelle gefragt, obwohl das aufgrund derselben Branche besonders nahegelegen hätte. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger mit angemessenen Bemühungen auch für längere Zeit Arbeit gefunden und aufgrund der Renteneinzahlungen heute einen höheren Rentenanspruch hätte, weil dann zu den Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung und den zurückgelegten Versicherungszeiten in Serbien (vgl. den vorgelegten Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd vom 24.9.2007) noch weitere Versicherungszeiten hinzuzurechnen wären. Dass ihm diese Rentenansprüche jetzt fehlen, muss er deshalb vertreten, weil er sich in der Zeit von Mai 1994 bis Juni 1998 nicht ausreichend um Arbeit gekümmert hat. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass es ihm wegen seines fortgeschrittenen Alters bei der Einreise wohl nicht gelungen wäre, Rentenansprüche oberhalb des Regelbedarfssatzes zu verdienen. Denn die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach SGB II oder XII ist auch dann einbürgerungsschädlich, wenn der Ausländer sie nur teilweise zu vertreten hat. Dass seine Rente auch mit diesen Einzahlungszeiten unterhalb des Sozialhilferegelsatzes bliebe, kann ihn daher nicht entlasten. Im übrigen obliegt dem Einbürgerungsbewerber hier eine besondere Darlegungspflicht, was die fehlende Kausalität zwischen Arbeitslosigkeit und Sozialleistungsbezug angeht.
30 
2. Die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG scheidet ebenfalls aus. Sie setzt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG unter anderem voraus, dass der Ausländer sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist. Dies ist beim Kläger nicht der Fall. Von diesen Voraussetzungen kann wegen Fehlens einer besonderen Härte auch nicht gemäß § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden. Nachdem die Anspruchseinbürgerung daran scheitert, dass der Kläger die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach dem SGB II/XII wegen des fehlenden Erwerbs von Rentenanwartschaften zu vertreten hat, ist eine besondere Härte weder unter dem Gesichtspunkt des unverschuldeten Sozialhilfebezugs noch unter dem Aspekt der älteren Person mit langem Inlandsaufenthalt zu bejahen (vgl. hierzu Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise Baden-Württembergs vom Dezember 2007; Marx, in: GK-StAR, § 8 StAG, 2006, Rn. 107.9 und 107.12 mit Verweis auf Nr. 8.1 Abs. 3 StAR-VwV). Unerheblich ist daher, dass der Beklagte kein Ermessen zu § 8 Abs. 2 StAG ausgeübt hat.
31 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.
33 
Beschluss
vom 12. März 2008
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt (vgl. Nr. 42.1 des „Streitwertkatalogs 2004“, abgedr. bei Kopp/Schenke, a.a.O., Anh § 164 Rn. 14).
        
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
17 
Die Berufung des Beklagten ist nach ihrer Zulassung durch den Verwaltungsgerichtshof statthaft und auch im übrigen zulässig. Insbesondere hat der Beklagte sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über ihre Zulassung ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (124a Abs. 6 Sätze 1 bis 3 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Der Beklagte hat dem Kläger die Einbürgerungszusicherung zu Recht versagt.
18 
Zutreffend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Kläger seinen Klagantrag zu Recht auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beschränkt hat, da eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach dem Widerruf der Asylberechtigung und der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG/§ 51 Abs. 1 AuslG wohl nicht mehr in Betracht kommt (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG). Es trifft auch zu, dass sich das Zusicherungsermessen auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung reduziert, wenn der Einbürgerungsanspruch hierdurch leichter durchgesetzt werden kann (Senatsurteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116), und dass maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 12.1.2005 - 13 S 2549/03 -, VBlBW 2006, 70.). Das Verwaltungsgericht hätte die Klage jedoch abweisen müssen, da der Kläger keinen Anspruch auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung hat.
19 
1. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der sog. Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG nicht.
20 
Diese Vorschrift ist in der vor dem 28.8.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthält (§ 40c StAG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der europäischen Union vom 19.8.2007, BGBl. I S. 1970). Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach bisherigem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (Berlit, InfAuslR 2007, 457, 466).
21 
Die Beteiligten streiten ausschließlich darüber, ob der Einbürgerungsanspruch des Klägers an § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG scheitert. Die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG liegen bis auf Aufgabe oder Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG) vor. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG in der seit 28.8.2007 geltenden Fassung – die bis dahin geltende Fassung war für den Kläger nicht günstiger und wurde, soweit sie ihn betrifft, nur redaktionell verändert (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. und Berlit, a.a.O., Seite 465) – setzt der Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat.
22 
a) Der Kläger kann den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen nicht ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach SGB II oder SGB XII bestreiten. Dieses Erfordernis der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung ist zukunftgerichtet und verlangt eine Prognose, ob der Lebensunterhalt auch künftig eigenständig gesichert ist (Berlit, GK-StAR, § 10, 2005, Rn. 230 f.). Dies ist nicht der Fall. Vielmehr ist zu erwarten, dass der Kläger für den Lebensunterhalt von sich und seiner Ehefrau sowie seinem jüngsten Sohn auf Leistungen nach SGB II oder SGB XII angewiesen ist. Das ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Zwar bezieht der Kläger für sich selbst momentan keine Leistungen nach SGB II oder XII, jedoch erhalten seine Ehefrau und sein jüngster Sohn solche Leistungen, und auch er selbst hat inzwischen wieder einen Antrag auf Grundsicherung im Alter nach SGB XII gestellt, da das ihm als Einkommen angerechnete Kindergeld für seine Tochter inzwischen weggefallen ist. Der Kläger geht also auch selbst von der fortdauernden eigenen Bedürftigkeit aus.
23 
b) Diese Inanspruchnahme hat der Kläger zu vertreten, weil er über mehrere Jahre hinweg aus von ihm zu vertretenden Gründen arbeitslos war und es damit auch versäumt hat, Rentenansprüche für das Alter zu erwerben. Hierdurch hat er adäquat-kausal die (Mit-)Ursache für seinen jetzigen Leistungsbezug gesetzt. Im Einzelnen:
24 
Ein Einbürgerungsbewerber hat den Bezug von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuchs zu vertreten, wenn er durch ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen adäquat-kausal die Ursache für den fortdauernden Leistungsbezug gesetzt hat. Das Vertretenmüssen beschränkt sich nicht auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es setzt kein pflichtwidriges, schuldhaftes Verhalten voraus. Das Ergebnis muss lediglich auf Umständen beruhen, die dem Verantwortungsbereich der handelnden Person zurechenbar sind (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1.7.1997 - 25 A 3613/95 -, InfAuslR 1998, 34, 35; Bayerischer VGH, Beschluss vom 6.7.2007 - 5 ZB 06.1988 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 8.5.2006 - 12 TP 357/06 -, DÖV 2006, 878, zitiert nach juris; VG Göttingen, Urteil vom 7.9.2004 - 4 A 4184/01 -, juris; Hailbronner, in Hailbronner/ Renner, StAG, 5. Aufl. 2005, § 10 Rn. 23; Berlit, in: GK-StAR, § 10, 2005, Rn. 242 f. m.w.N.). Ob der Ausländer den Leistungsbezug zu vertreten hat, ist eine verwaltungsgerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Rechtsfrage, für die der Einbürgerungsbehörde kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zukommt. Ein Arbeitsloser hat den Leistungsbezug zu vertreten, wenn er nicht in dem sozialrechtlich gebotenen Umfang bereit ist, seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen einzusetzen, ferner wenn er sich nicht um Arbeit bemüht oder bei der Arbeitssuche nachhaltig durch Gleichgültigkeit oder mögliche Arbeitgeber abschreckende Angaben zu erkennen gibt, dass er tatsächlich kein Interesse an einer Erwerbstätigkeit hat (Berlit, a.a.O., Rn. 247; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 9.12.2004 - 2 K 913/04 -, juris). Ebenso wird angenommen, dass der Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug zu vertreten hat, wenn sein Arbeitsverhältnis wegen Nichterfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten gekündigt oder aufgelöst und die Arbeitslosigkeit dadurch von ihm vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wird (Hailbronner, a.a.O., Rn. 24, Berlit, a.a.O., Rn. 247). Als Indiz wird die Verhängung einer Sperrzeit angesehen (vgl. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Jedoch genügen auch andere Hinweise auf Arbeitsunwilligkeit (Hailbronner, a.a.O., Rn. 24). Eine personenbedingte Kündigung, die in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren Bestand hat, steht der Einbürgerung entgegen, ohne dass es einer eigenständigen Prüfung der Kündigungsumstände durch die Einbürgerungsbehörde bedarf (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1.7.1997, a.a.O.). Umgekehrt wird das Vertretenmüssen des Leistungsbezugs allgemein verneint, wenn die Arbeitslosigkeit auf einer krankheits- oder betriebsbedingten Kündigung oder Konjunkturgründen beruht. Stets ist bei der Beurteilung des Vertretenmüssens auch der Grundsatz der selbstgesicherten wirtschaftlichen Existenz im Blick zu halten: Der Einbürgerungsbewerber hat den Lebensunterhalt grundsätzlich ohne Inanspruchnahme von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II oder XII zu bestreiten (Berlit, a.a.O., Rn. 215). Da der nicht zu vertretende Leistungsbezug eine Ausnahme von diesem Grundsatz darstellt, ist für die Frage, ob der Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug zu vertreten hat, ein strenger Maßstab anzulegen. Von diesen Anforderungen an die wirtschaftliche Integration ist auch nicht im Hinblick auf den Gesetzeszweck abzusehen; seit (mit Wirkung vom 1.1.2000) die Mindestaufenthaltsdauer auf acht Jahre herabgesetzt wurde, zieht der Einbürgerungsanspruch ohnehin nicht mehr die Konsequenz daraus, dass die Integration als Folge eines 15-jährigen rechtmäßigen Aufenthalts bereits erfolgreich abgeschlossen ist (so BVerwG, Beschluss vom 27.10.1995 - 1 B 34.95 -, InfAuslR 1996, 54 zur damaligen Rechtslage; vgl. hierzu Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 241; siehe zur rechtspolitischen Diskussion um Integration als Einbürgerungsvoraussetzung allgemein auch Hailbronner, a.a.O., § 10 Rn. 1, S. 576 f.).
25 
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger zwar nicht zu vertreten, dass er jetzt kein Erwerbseinkommen hat und deshalb mit Ehefrau und Sohn auf Sozialleistungen nach SGB II oder XII angewiesen ist; denn er steht dem Arbeitsmarkt aus Alters- und Gesundheitsgründen nicht mehr zur Verfügung, ohne dass er dies zu vertreten braucht.
26 
Jedoch kann ein Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug unter Umständen auch dann noch zu vertreten haben, wenn er auf einer früher zurechenbaren Arbeitslosigkeit beruht und der Zurechnungszusammenhang noch fortbesteht. So liegt der Fall hier: Nach Überzeugung des Senats hat der Kläger jedenfalls die Zeiten seiner Arbeitslosigkeit zwischen der Asylanerkennung im Mai 1994 und dem Beginn des Arbeitsverhältnisses im Juni 1998 im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAG zu vertreten. Der Senat geht – anders als der Beklagte und das Verwaltungsgericht, das diese Frage offen gelassen hat – zu seinen Gunsten davon aus, dass ihm die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.08.1999 nicht zuzurechnen ist und er auch seine Arbeitslosigkeit danach im Hinblick auf die beiden kurzzeitigen Beschäftigungen in den Jahren 2000 und 2001 und seine gesundheits- und altersbedingten Einschränkungen nicht mehr zu vertreten hat. Jedoch hatte er seit seiner Asylanerkennung im Mai 1994 die Perspektive eines dauerhaften Bleiberechts in Deutschland. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte er sich aus Gründen der sozialen Sicherung verstärkt um einen Arbeitsplatz bemühen müssen. Gerade im Zeitraum von Mai 1994 bis Juni 1998 hat er jedoch keine ausreichenden Bemühungen unternommen. In diesen etwa vier Jahren hat er lediglich einmal für etwa acht Wochen bei einer Reinigungsfirma gearbeitet. Dieses Arbeitsverhältnis hat er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung von sich aus gekündigt, weil er täglich zwei bis drei unbezahlte Überstunden habe machen müssen. Die Frage des Senats, warum er sich damals nicht bei der Reinigungsfirma beworben habe, in der seine Frau seit 1996 arbeite, konnte er nicht beantworten. Auch um eine andere Arbeitsstelle hat er sich in diesem gesamten Zeitraum nicht gekümmert, auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung konnte er keine einzige Bewerbung nennen, die er in diesen vier Jahren eingereicht hat.
27 
Das Vertretenmüssen des Sozialleistungsbezugs ist auch nicht aus den vom Kläger angeführten Gründen zu verneinen. Seine Argumente, er habe auf dem Arbeitsmarkt schon deshalb kaum Chancen gehabt, weil er als Fünfzigjähriger zu alt gewesen sei und erst habe deutsch lernen und für seine Asylanerkennung kämpfen müssen, überzeugen nicht. Eine Benachteiligung am Arbeitsmarkt als Asylbewerber war nicht der entscheidende Grund für seine lange Arbeitslosigkeit. Bereits wenige Wochen nach der Einreise – also in der Zeit der ersten sprachlichen und kulturellen Eingewöhnung und des Asylverfahrens – konnte er einen Arbeitsplatz finden, den er auch für neun Monate behielt. Auch die Beschäftigung bei einem Steinmetz im April 1994 fiel noch in die Zeit des Asylverfahrens. Der Verlust seiner Stelle im August 1999 ist weder mit Sprach- noch mit Konjunkturproblemen zu erklären. Seine Einlassung, als ausgebildeter Lehrer sei er weder von Statur noch Praxis schwere körperliche Arbeit gewohnt gewesen, wiegt deshalb nicht schwer, weil er im Laufe der Jahre mehrere Arbeitsstellen gefunden hat, die nicht an der schweren körperlichen Arbeit scheiterten. Schließlich waren auch seine späteren gesundheitlichen Einschränkungen durch den Bandscheibenvorfall im Jahr 1997 nicht der Grund seiner damaligen Arbeitslosigkeit. Zum einen war er nach dem Gutachten des Gesundheitsamts vom August 1997 mit Einschränkungen arbeitsfähig und zum anderen hat er im Juni 1998 eine Arbeitsstelle gefunden, die ihm erst 14 Monate später aus anderen als gesundheitlichen Gründen gekündigt wurde.
28 
Die Abhängigkeit von Leistungen nach dem SGB II/XII beruht auch heute noch auf dieser zu vertretenden Arbeitslosigkeit. Hat ein erwerbsverpflichteter Ausländer ihm zurechenbar den Verlust eines Arbeitsplatzes mit hinreichendem Einkommen verursacht oder wie hier seine Arbeitslosigkeit aus anderen Gründen zu vertreten, liegt dies aber einen erheblichen Zeitraum zurück, so hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob der Zurechnungszusammenhang fortbesteht oder durch weitere Entwicklungen unterbrochen ist. Hierfür sind grundsätzlich auch Art und Maß der nachfolgenden Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz sowie die individuellen Arbeitsmarktchancen und der zeitliche Abstand zur zurechenbaren Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Der Zurechnungszusammenhang kann auch durch zusätzliche Ereignisse wie etwa eine nachträglich eingetretene Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werden, nicht jedoch allein durch die mit zunehmendem Alter sinkenden Arbeitsmarktchancen. Eine zeitlich unbegrenzte „Ewigkeitswirkung“ ist abzulehnen (Berlit, a.a.O., Rn. 249 f.).
29 
Beim Kläger wird der Zurechnungszusammenhang entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts weder durch die erneute Beschäftigung im Jahr 2001 noch durch den Herzinfarkt im Jahr 2004 noch durch den Eintritt ins Rentenalter unterbrochen, sondern besteht fort. Bei der gebotenen Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles fällt hier in besonderer Weise ins Gewicht, dass der Kläger durch die zu vertretende Arbeitslosigkeit heute geringere Rentenansprüche hat. Deshalb hat er die Abhängigkeit von Leistungen nach dem SGB II/XII - jedenfalls teilweise - auch heute noch zu vertreten. Er hat es über längere Zeit unterlassen, durch zumutbare Arbeit Rentenanwartschaften zu erwerben, die wenigstens einen Teil seines Bedarfs abdecken. Er hätte sich damals nicht nur deshalb auf Stellen bewerben müssen, um durch das Erwerbseinkommen von Sozialhilfe unabhängig zu sein, sondern auch um sich Rentenansprüche für die Alterssicherung aufzubauen. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass sonst die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts ab Eintritt in das Rentenalter praktisch leer liefe, weil dann alle Ausländer, die sich aus eigenem Verschulden nicht wirtschaftlich integriert hätten, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen mit Erreichen des Rentenalters eingebürgert werden müssten. Zu Lasten des Klägers ist zu berücksichtigen, dass er seine Asylanerkennung und den Erhalt einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im Jahr 1994 nicht als Anlass gesehen hat, sich um die dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu bemühen. Vielmehr hat er umgekehrt seine anfänglichen Bemühungen – immerhin hatte er während seines Asylverfahrens unmittelbar nach der Einreise für neun Monate gearbeitet und dann im April 1994 noch einmal in seinem eigenen Fachgebiet bei einem Steinmetzen eine Stelle gefunden – fast vollständig eingestellt, als er mit der Asylanerkennung im Mai 1994 die Perspektive eines dauerhaften Bleiberechts hatte. Obwohl ihm die Notwendigkeit der Integration in den Arbeitsmarkt, wie dargelegt, in dieser Zeit besonders bewusst sein musste, hat er sich von der Asylanerkennung an weit über zwei Jahre bei keinem Arbeitgeber beworben und nach seiner Kündigung vom Dezember 1996 auch nicht bei dem Arbeitgeber seiner Ehefrau nach einer Stelle gefragt, obwohl das aufgrund derselben Branche besonders nahegelegen hätte. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger mit angemessenen Bemühungen auch für längere Zeit Arbeit gefunden und aufgrund der Renteneinzahlungen heute einen höheren Rentenanspruch hätte, weil dann zu den Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung und den zurückgelegten Versicherungszeiten in Serbien (vgl. den vorgelegten Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd vom 24.9.2007) noch weitere Versicherungszeiten hinzuzurechnen wären. Dass ihm diese Rentenansprüche jetzt fehlen, muss er deshalb vertreten, weil er sich in der Zeit von Mai 1994 bis Juni 1998 nicht ausreichend um Arbeit gekümmert hat. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass es ihm wegen seines fortgeschrittenen Alters bei der Einreise wohl nicht gelungen wäre, Rentenansprüche oberhalb des Regelbedarfssatzes zu verdienen. Denn die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach SGB II oder XII ist auch dann einbürgerungsschädlich, wenn der Ausländer sie nur teilweise zu vertreten hat. Dass seine Rente auch mit diesen Einzahlungszeiten unterhalb des Sozialhilferegelsatzes bliebe, kann ihn daher nicht entlasten. Im übrigen obliegt dem Einbürgerungsbewerber hier eine besondere Darlegungspflicht, was die fehlende Kausalität zwischen Arbeitslosigkeit und Sozialleistungsbezug angeht.
30 
2. Die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG scheidet ebenfalls aus. Sie setzt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG unter anderem voraus, dass der Ausländer sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist. Dies ist beim Kläger nicht der Fall. Von diesen Voraussetzungen kann wegen Fehlens einer besonderen Härte auch nicht gemäß § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden. Nachdem die Anspruchseinbürgerung daran scheitert, dass der Kläger die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach dem SGB II/XII wegen des fehlenden Erwerbs von Rentenanwartschaften zu vertreten hat, ist eine besondere Härte weder unter dem Gesichtspunkt des unverschuldeten Sozialhilfebezugs noch unter dem Aspekt der älteren Person mit langem Inlandsaufenthalt zu bejahen (vgl. hierzu Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise Baden-Württembergs vom Dezember 2007; Marx, in: GK-StAR, § 8 StAG, 2006, Rn. 107.9 und 107.12 mit Verweis auf Nr. 8.1 Abs. 3 StAR-VwV). Unerheblich ist daher, dass der Beklagte kein Ermessen zu § 8 Abs. 2 StAG ausgeübt hat.
31 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.
33 
Beschluss
vom 12. März 2008
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt (vgl. Nr. 42.1 des „Streitwertkatalogs 2004“, abgedr. bei Kopp/Schenke, a.a.O., Anh § 164 Rn. 14).
        
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der am … 1971 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo. Er kam Ende 1991 in das Bundesgebiet und stellte einen Asylantrag. Nachdem er am 01.09.1995 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet hatte, nahm er seinen Asylantrag zurück. In der Folgezeit erhielt er fortlaufend verlängerte Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt bis 06.12.2002. Seit 21.05.2002 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, jetzt Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt nach wie vor in ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe sind mittlerweile zwei Kinder hervorgegangen, die ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Nach einer aktuellen Auskunft aus dem Zentralregister vom 11.03.2009 wurde der Kläger bestraft durch
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1993 (2 C 222/93) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts S. vom 29.03.1994 (11 CS 156/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einer wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 29.09.1994 (2 DS 166/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen je 45,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 19.01.1995 (2 DS 316/94) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 20.07.1995 (2 DS 18/95) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 19.01.1995 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Monaten und zwei Wochen, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1996 (2 DS 61/96) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Verurteilungen vom 19.01.1995 und 20.07.1995 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
10 
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 14.05.1998 (2 DS 23938/98 1248 VRS) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei eine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt und schließlich mit Wirkung vom 03.11.2002 erlassen wurde;
11 
- Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 14.02.2008 (5 Cs 12 Js 9814/07) wegen Betrugs zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen je 30,- EUR.
12 
Am 07.02.2003 beantragte der Kläger beim Landratsamt Schwäbisch Hall, ihn in den deutschen Staatsverband einzubürgern, nachdem er einen ersten Einbürgerungsantrag im Jahre 2000 zurückgenommen hatte.
13 
Am 19.09.2003 erteilte der Beklagte dem Kläger eine bis 18.09.2005 gültige Einbürgerungszusicherung. Darin wird dem Kläger die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde.
14 
In der Folgezeit zog sich die Ausstellung serbisch-montenegrinischer Dokumente durch das Generalkonsulat vom Serbien-Montenegro hin.
15 
Im April 2005 verweigerte das Regierungspräsidium Stuttgart seine Zustimmung zur Einbürgerung. Da die letzte Verurteilung des Klägers im Jahre 1998 nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, sondern lediglich ein Strafrest nach Teilverbüßung dieser Haftstrafe, sei die Grundlage für eine Ermessensentscheidung schon nicht gegeben. Mit Erlass vom 19.05.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart das Landratsamt auf eine seit dem 10.03.2005 geänderte Erlasslage für serbisch-montenegrinische Staatsangehörige hin, wonach erst dann eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen könne, wenn von Seiten der serbisch-montenegrinischen Behörden nicht innerhalb eines Zeitraumes von nunmehr zwei Jahren über einen entsprechenden Antrag des Einbürgerungsbewerbers auf Ausstellung eines Reisepasses, eines Staatsangehörigkeitsnachweises bzw. auf Nachregistrierung entschieden sei.
16 
Das Landratsamt hörte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 07.07.2005 zu einer beabsichtigten Ablehnung seines Einbürgerungsantrages an. Zur Begründung wurde auf seine im Bundeszentralregister eingetragenen Vorstrafen verwiesen, die erst im Jahre 2013 Tilgungsreife erreichten.
17 
Daraufhin beantragte der Kläger beim Generalbundesanwalt die vorzeitige Tilgung sämtlicher Freiheitsstrafen, die über ihn im Bundeszentralregister geführt werden. Diesen Antrag lehnte der Generalbundesanwalt ab unter Hinweis darauf, damit würde im Fall des Klägers eine Voraussetzung für seine Einbürgerung erst geschaffen. Dies liefe aber im Ergebnis auf eine Entscheidung des Generalbundesanwalts anstelle der eigentlich zuständigen Behörde über den Einbürgerungsantrag des Klägers hinaus. Dies sei kein zweckentsprechender Gebrauch der Tilgungsmöglichkeit des § 49 Abs. 1 BZRG.
18 
Mit Verfügung vom 19.01.2006 lehnte das Landratsamt Schwäbisch Hall den Einbürgerungsantrag ab und führte zur Begründung aus: Der noch unter Geltung des § 85 AuslG gestellte Einbürgerungsantrag sei nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 01.01.2005 nach den Vorschriften des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu bescheiden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setze ein Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer Straftat verurteilt sei. Ausnahmen von dieser Regelung ergäben sich aus § 12 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StAG sowie in Einzelfällen aus Satz 2 dieser Vorschrift. Vorliegend ergebe sich, dass die nach der Auskunft aus dem Bundeszentralregister beim Kläger vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen Nr. 5 und 6 eine Ermessensentscheidung der Einbürgerungsbehörde über ihre Berücksichtigung erforderten. Diese führe im jetzigen Zeitpunkt unter Abwägung des Für und Wider dazu, dass diese nicht außer Betracht bleiben könnten. Hinsichtlich der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang im Jahre 1998 lägen noch nicht einmal die Voraussetzungen einer Einzelfallentscheidung vor. Die damalige Freiheitsstrafe von sechs Monaten sei nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden. Der Kläger könne auch nicht nach § 8 StAG eingebürgert werden. Voraussetzung hierfür sei, dass der Einbürgerungsbewerber keinen Ausweisungsgrund nach den §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfülle. Mit den abgeurteilten Straftaten lägen bei ihm aber Rechtsverstöße vor, die weder vereinzelt noch geringfügig gewesen seien. Wie lange ihm danach eine Straftat im Einbürgerungsverfahren auch nach § 8 StAG vorgeworfen werden könne, richte sich mangels eigener Regelungen nach den Eintragungen im Bundeszentralregister. Da die Tilgungsreife frühestens im Jahre 2013 eintreten könne, sei eine Einbürgerung auch nach § 8 StAG derzeit nicht möglich.
19 
Gegen diesen ihm am 23.01.2006 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein.
20 
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde nach Bezugnahme auf den Bescheid des Landratsamts ergänzend ausgeführt: Zwar werde nicht verkannt, dass beim Kläger in letzter Zeit eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Er lebe seit einigen Jahren straffrei in Deutschland mit Frau und Kindern. Das öffentliche Interesse, die Einbürgerung bei fehlender strafrechtlicher Unbescholtenheit grundsätzlich zu versagen, überlagere jedoch seine Interessen. Vor Ablauf der Tilgungsfrist im Bundeszentralregister sei eine Einbürgerung daher nicht möglich. Auch die leichteren Reisemöglichkeiten mit einem deutschen Pass, die Schwierigkeiten bei der Erlangung eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses für Kosovaren und schließlich eine dem Kläger in Aussicht gestellte Arbeitsstelle bei einer Schweizer Firma rechtfertigten keinen Ausnahmetatbestand.
21 
Der Kläger hat am 18. August 2006 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und ausgeführt: Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles müssten auch die gegen ihn am 20.07.1995 und am 09.05.1996 verhängten Freiheitsstrafen, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden seien, außer Betracht bleiben. Er lebe nunmehr seit acht Jahren straffrei in der Bundesrepublik Deutschland. Bei den abgeurteilten Straftaten habe es sich ausschließlich um Straßenverkehrsdelikte gehandelt. Er sei auf die Einbürgerung dringend angewiesen, um die ihm angebotene Arbeitsstelle in der Schweiz anzunehmen und dadurch für seine Familie den Unterhalt zu sichern. Sämtliche anderen Familienmitglieder, die Ehefrau und zwei Kinder, besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit.
22 
Der Kläger ist im laufenden Verfahren in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Waldshut verzogen. Mit Schreiben vom 28.08.2007 erteilte das Landratsamts Waldshut gemäß § 3 Abs. 3 LVwVfG seine Zustimmung zur Fortsetzung des Verfahrens durch das Landratsamt Schwäbisch Hall.
23 
Durch Urteil vom 26.11.2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, über den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es den weitergehenden Verpflichtungsantrag abgewiesen.
24 
Zur Begründung hat es ausgeführt: Gemäß § 40c StAG in der seit 28.08.2007 geltenden Fassung seien auf Einbürgerungsanträge, die - wie hier - vor dem 30.03.2007 gestellt worden seien, die §§ 8 bis 14 StAG in ihrer vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthielten. Da dies für die hier in Rede stehenden Rechtsfragen sämtlich der Fall sei, kämen für die begehrte Einbürgerung als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 zur Anwendung.
25 
Zutreffend gehe der Beklagte allerdings davon aus, dass dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. habe versagt werden dürfen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehle es zumindest an der Voraussetzung nach Nr. 5 der Norm, da der Kläger bereits mehrfach wegen einer Straftat verurteilt worden sei. Für diesen Fall bestimme § 12 a StAG a.F., dass Strafen bis zu einer bestimmten Höhe außer Betracht zu bleiben hätten und darüber hinausgehend, dass die Einbürgerungsbehörde im Einzelfall nach Ermessen zu entscheiden habe, ob eine Straftat außer Betracht bleiben könne, wenn der Einbürgerungsbewerber zu einer höheren Strafe verurteilt worden sei. Das Gericht könne sich nicht der Rechtsansicht des Beklagten anschließen, die letzte gegen den Kläger ausgesprochene Verurteilung vom 14.05.1998 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung stelle eine Straftat dar, die in keinem Fall im Ermessenswege infolge einer Entscheidung der Einbürgerungsbehörde außer Betracht bleiben könne. Soweit sich der Beklagte auf den Standpunkt stelle, eine das „Nichtberücksichtigungsermessen“ gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffnende „höhere Strafe“ könne nur eine Strafe sein, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, gehe dies fehl. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Wortlaut nicht eindeutig. Das der Einbürgerungsbehörde eingeräumte Nichtberücksichtigungsermessen könne hinsichtlich jedweder Strafe ausgeübt werden, die, weil sie ein einzelnes Merkmal überschreite, nicht unter Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 der Vorschrift falle. Auch angesichts der Weite des nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eingeräumten Nichtberücksichtigungsermessens bestehe kein überzeugender Grund, die Strafaussetzung zur Bewährung bereits als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Abs. 1 Satz 2 „hineinzuinterpretieren“, indem bei kurzzeitigen Freiheitsstrafen , die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden seien, eine Ermessensmöglichkeit schon von vorneherein verneint werde. Gleichwohl ergebe sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. zu versagen. Denn zu Recht habe der Beklagte erkannt, schon wegen Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der beiden zur Bewährung ausgesetzten Verurteilungen nach Nr. 5 und Nr. 6 des Strafregisterauszuges treffen zu müssen. Diese Ermessensentscheidung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. i.V.m. § 12 a Abs. 1 StAG a. F. sei bei der Prüfung, ob eine strafrechtliche Verurteilung den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers aus § 10 StAG a.F. hindere, eine jeweils einzelne Betrachtung geboten. Lägen (eine oder mehrere) strafrechtliche Verurteilungen vor, die nicht generell gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StAG a. F. außer Betracht bleiben müssten, so erfolge nicht etwa eine generelle Ermessensprüfung, ob der Betreffende gleichwohl eingebürgert werden könne. Die Ermessensprüfung orientiere sich vielmehr an jeder einzelnen strafrechtlichen Verurteilung. Entscheide sich die Einbürgerungsbehörde in Ausübung des ihr so eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens, auch nur hinsichtlich einer einzigen insoweit zu prüfenden strafrechtlichen Verurteilung, diese nicht außer Betracht zu lassen und sei ihr jedenfalls insoweit kein Ermessensfehler anzulasten, scheide eine Einbürgerung in Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. aus. So liege es hier. Der Beklagte habe erkannt, dass die strafrechtlichen Verurteilungen nach Nr. 5 und nach Nr. 6 des Strafregisterauszuges des Klägers nicht generell nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. außer Betracht bleiben könnten, da der Strafausspruch jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die Ermessensbetätigung der Behörden, diese beiden strafrechtlichen Verurteilungen einbürgerungsrechtlich nicht unberücksichtigt zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Es komme hinsichtlich der zu prüfenden Ermessensbetätigung auf die letzte behördliche Entscheidung, also auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 an. Dessen Ausführungen berücksichtigten zutreffend alle mit den strafrechtlichen Verurteilungen in Zusammenhang stehenden Umstände und hätten diese in nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Es sei nicht zu verkennen, dass - wie dort ausgeführt - eine Verurteilung zu einer, wenn auch zur Bewährung ausgesetzten, Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen bereits eine erhebliche Strafe darstelle. Ebenfalls habe vom Beklagten negativ berücksichtigt werden dürfen, dass der Kläger immer wieder wegen desselben Deliktes strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und daher eine gewisse Renitenz in der Missachtung der Rechtsordnung aufgewiesen habe. Soweit demgegenüber der angegriffene Ausgangsbescheid des Beklagten im Rahmen der Betätigung des Nichtberücksichtigungsermessens möglicherweise die persönlichen Interessen des Klägers zu wenig berücksichtigt habe, sei dieser Mangel jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 geheilt worden. Dort seien die in letzter Zeit offenbar eingetretene charakterliche Stabilisierung des Klägers, seine familiären Umstände, seine Arbeitsplatzsituation, die mit einem deutschen Pass verbundenen besseren Reisemöglichkeiten sowie allgemein die Passproblematik serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo berücksichtigt worden.
26 
Der Kläger erfülle aber die wesentlichen Voraussetzungen für einen Einbürgerungsanspruch nach den §§ 8 und 9 StAG a.F. Auch insoweit finde gemäß § 40 c StAG die bis zum 28.08.2007 geltende Fassung des § 9 StAG Anwendung, da diese für den Kläger günstiger sei. Die maßgeblichen Voraussetzungen für die Einbürgerung des Klägers lägen insoweit auch vor. Soweit § 9 StAG a.F. auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StAG a. F. verweise, seien auch diese erfüllt. Für die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 StAG a. F. sei dies zwischen den Beteiligten unstrittig. Dies gelte aber auch für die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., da der Kläger, jedenfalls derzeit, keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes mehr erfülle. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. sei durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 neu gefasst worden. Mit der Gesetzesänderung habe der Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels" durch wesentlich konkretere Kriterien ersetzt werden sollen, nämlich das Vorliegen bestimmter Ausweisungsgründe im Zeitpunkt der Entscheidung über das Einbürgerungsbegehren. Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. enthalte ebenso wenig wie vergleichbare ausländerrechtliche Vorschriften (vgl. etwa §§ 5 Abs. 1 Nr. 2; 28 Abs. 2 AufenthG) eine zeitlich genau bestimmbare Grenze für die Erfüllung bzw. das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes. Allerdings ergebe sich bereits aus der Verwendung der jeweiligen Präsens-Form, dass es sich jedenfalls um eine aktuelle Betrachtungsweise und nicht um die Berücksichtigung historischer Vorgänge („...erfüllt hat.“ bzw. „... vorgelegen haben.“) handeln müsse. Wann ein Ausweisungsgrund nicht mehr aktuell vorliege und daher nicht mehr herangezogen werden dürfe, lasse sich nicht allgemein festlegen; hierzu komme es auf die Art und den Inhalt des jeweiligen Ausweisungsgrundes an.
27 
Nicht überzeugend sei die vom Beklagten vertretene Auffassung, die aus den Jahren 1993 bis 1998 herrührenden Ausweisungsgründe stünden einer Einbürgerung des Klägers bis zur Tilgung im Bundeszentralregister entgegen. Der Beklagte stelle damit auf das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ab. Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG markiere auch für Einbürgerungsverfahren grundsätzlich - von der vorliegend nicht einschlägigen Ausnahme des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG abgesehen - die äußerste zeitliche Grenze einer im Rechtsverkehr möglichen Verwertung. Aus dem Verwertungsverbot lasse sich jedoch nicht - aufgrund eines Umkehrschlusses - auf die rechtlich gebotene Verwertbarkeit der Eintragung vor Ablauf der Tilgungsfrist schließen. Denn es könne nicht übersehen werden, dass die Tilgungsfristen in § 46 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BZRG - fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre, gegebenenfalls erhöht um die jeweils ausgesprochene Freiheitsstrafe - äußerst pauschal gehalten seien und mit ihren Fünf-Jahres-Sprüngen auch vergleichsweise wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Dies möge für ein Registergesetz im Sinne einer Verwaltungspraktikabilität hinnehmbar sein. Um den früher in § 8 Abs. 1 StAG verwendeten Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels“ durch wesentlich konkretere Kriterien zu ersetzen, was ausdrücklich Sinn der gesetzgeberischen Reform des Jahres 1993 gewesen sei, erscheine ein generelles Abstellen auf noch nicht getilgte Eintragungen im Bundeszentralregister zur Beantwortung der Frage, ob ein Einbürgerungsbewerber aktuell einen Ausweisungsgrund erfülle, daher eher ungeeignet. Insbesondere, wenn ein Einbürgerungsbewerber etwa die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) - c) BZRG nur geringfügig überschreite, sei es kaum zu rechtfertigen, ihm deshalb die Möglichkeit einer Einbürgerung statt für zehn Jahre sogleich für fünfzehn Jahre zu versagen. Bei der Frage, wie lange eine Straftat nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. als Ausweisungsgrund einem Einbürgerungsbewerber entgegengehalten werden dürfe, seien vielmehr Sinn und Zweck des jeweiligen Ausweisungsgrundes von maßgeblicher Bedeutung. Liege dem Ausweisungsgrund eine Straftat zugrunde, so seien das der Verurteilung zugrunde liegende Verhalten zu berücksichtigen, die Schwere und Eigenart des Delikts sowie die ausgesprochene Strafhöhe. Lägen die vorwerfbaren Taten mehrere Jahre zurück, so sei von Bedeutung, wie sich der Ausländer in der Folgezeit verhalten habe und auch, welche künftige Rückfallprognose dem Einbürgerungsbewerber noch ausgestellt werden müsse. Danach könne heute nicht mehr davon ausgegangen werden, der Kläger erfülle noch einen Ausweisungsgrund. Bei den vom Kläger in den Jahren 1993 bis 1998 begangenen Straftaten handele es sich jeweils um Straßenverkehrsdelikte, nahezu ausschließlich um Fahren ohne Fahrerlaubnis. Eigentums- oder gar Gewaltkriminalität sei dem Kläger nicht vorzuwerfen. Innerhalb der Biografie des Klägers nähmen sich diese Straftaten „episodenhaft“ aus. Seit 1998 sei der Kläger nicht mehr auffällig geworden. Nachdem er zwischenzeitlich im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis sei, könne nahezu ausgeschlossen werden, dass sich bei ihm Vergleichbares wiederhole. Zwar habe der Kläger in dem genannten Zeitraum eine auffällige Renitenz zur Missachtung der Rechtsordnung an den Tag gelegt, in dem er sich zahlreichen jeweils vorangegangenen Urteilen wegen einer Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht gebeugt, sondern sein Verhalten zunächst fortgesetzt habe. Allerdings habe der Kläger offenkundig dieses Verhalten lediglich auf diesem einen Rechtsgebiet gezeigt. Eine anderweitige Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung sei beim Kläger weder in dem genannten Zeitraum zu Tage getreten, noch habe sich solches in den vergangenen beinahe 10 Jahren anderweitig gezeigt. Nachdem der Kläger zwischenzeitlich mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Familie gegründet habe, sei ersichtlich, dass bei ihm eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Die vor beinahe 10 Jahren teilweise und kurzzeitig verbüßte Haftstrafe habe offenkundig beim Kläger in seinem Verhalten eine Zäsur bewirkt. Es könne daher heute nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger aktuell noch einen Ausweisungsgrund erfülle. Unabhängig von Vorstehendem lägen beim Kläger die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StAG a. F. aber auch noch aus einem weiteren Grund vor. Der Kläger erfülle schon deshalb keinen Ausweisungsgrund nach §§ 54 Nr. 1, 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG mehr, weil diese ursprünglich gegebenen Ausweisungsgründe zwischenzeitlich staatsangehörigkeitsrechtlich „verbraucht“ seien. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Ausweisungsgrund in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfe, als er noch „aktuell" und nicht „verbraucht“ sei bzw. die zuständige Behörde auf seine Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" habe. Ein solcher Verbrauch der beim Kläger ursprünglich vorliegenden Ausweisungsgründe sei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier durch die dem Kläger am 19.09.2003 erteilte Einbürgerungszusicherung eingetreten. Nachdem der Beklagte nach Erkennen seines Fehlers insoweit die vorangegangene Einbürgerungszusicherung auch nicht etwa zurückgenommen habe, liege zum jetzigen Zeitpunkt ein Ausweisungsgrund, der dem Kläger gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a. F. entgegengehalten werden könnte, nicht mehr vor. Der Kläger habe somit einen Anspruch darauf, dass der Beklagte sein Einbürgerungsbegehren nach §§ 8, 9 StAG a. F. neu bescheide.
28 
Das Urteil wurde dem Beklagten am 20.03.2008 zugestellt. Auf den von ihm am 15.04.2008 gestellten und am 15.05.2008 begründeten Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 25.08.2008 die Berufung zugelassen.
29 
Am 23.09.2008 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung wie folgt begründet:
30 
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht § 8 StAG in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung angewandt. Der nach § 40c StAG anzustellende Günstigkeitsvergleich, der für jede Einbürgerungsvoraussetzung anzustellen sei, führe zu den Ergebnis, dass die neue Fassung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG die günstigere Bestimmung sei. Denn während es nach der alten Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf das bloße Vorliegen von bestimmten Ausweisungsgründen angekommen sei und daher auch strafrechtlich unerhebliches Verhalten der Einbürgerung habe entgegen stehen können, seien jetzt nur noch Verurteilungen wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe oder die Anordnung einer Maßregel relevant, soweit die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 StAG genannten Bagatellgrenzen überschritten würden. Derartige Verurteilungen, welche die Grenze des § 12a Abs. 1 StAG überstiegen, seien auch unter den Begriff der vereinzelten und geringfügigen Rechtsversstöße nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zu rechnen und stellten daher regelmäßig einen Ausweisungsgrund dar, machten jedoch nur eine Teilmenge aller denkbaren Ausweisungsgründe aus, weshalb die neue Fassung günstiger sei. Bei Anwendung des neuen Rechts stünden die vom Kläger begangenen Straftaten, die nicht getilgt seien, einer Einbürgerung entgegen und seien auch im Rahmen des durch § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffneten Ermessens zu Recht unberücksichtigt geblieben und auch nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG n.F. nicht zu berücksichtigen. Die Taten könnten auch ausnahmslos berücksichtigt werden, da gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRG Tilgungsreife erst im Jahre 2013 eintreten werde.
31 
Die Entscheidung sei allerdings auch dann unrichtig, wenn man § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG in der alten Fassung anwende. Denn der Kläger erfülle einen Ausweisungsgrund, der nicht verbraucht sei. Für die Frage, ob ein Ausweisungsgrund vorliege, komme es allein darauf an, ob dieser erfüllt sei, nicht jedoch darauf, ob tatsächlich eine Ausweisung erfolgen könne. Im vorliegenden Fall sei der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG einschlägig, weil der Kläger insgesamt wegen desselben Vergehens zu erheblichen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei. Beim Kläger habe ein unbelehrbares Verhalten vorgelegen. Die Verstöße seien weder vereinzelt noch geringfügig gewesen. Die Vorwerfbarkeit sei auch nicht nachträglich entfallen. In Ermangelung einschlägiger Regelungen in den §§ 8 und 9 StAG könne hinsichtlich der Verwertbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen auf die Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden. Der Ausweisungsgrund wäre daher nur dann unbeachtlich, wenn die zugrunde liegenden Straftaten getilgt wären, was jedoch nicht der Fall sei. Entgegen der früheren Rechtslage, nach der auf einen „unbescholtenen Lebenswandel“ abgestellt worden sei, sei nunmehr auch aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keine umfassende Abwägungsentscheidung mehr zu treffen, sofern festgestellt worden sei, dass der Verstoß weder vereinzelt noch geringfügig gewesen sei. Im Übrigen könne der Sichtweise des Verwaltungsgerichts auch aus systematischen Erwägungen nicht gefolgt werden. Denn in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung sei eine Abwägungsentscheidung bei Straftaten auf den Fall des § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG beschränkt gewesen. Wäre bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 StAG auch eine solche Abwägungsentscheidung gewollt gewesen, so hätte es nahe gelegen, in § 8 Abs. 2 nicht nur die Möglichkeit eines Dispenses von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 vorzusehen, sondern dort auch auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 Bezug zu nehmen. Erst die neue Fassung des § 8 Abs. 2 habe eine Erweiterung um den Fall des Abs. 1 Nr. 2 vorgenommen. Wäre die Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig, so hätte es dieser Anpassung nicht bedurft.
32 
Die vom Kläger begangenen Straftaten seien auch nicht durch die Einbürgerungszusicherung verbraucht. Mit der Einbürgerungszusicherung nach § 38 LVwVfG werde dem Einbürgerungsbewerber die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass er den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweise. Mit Ablauf der Frist von zwei Jahren habe deren Wirkung geendet, eine Verlängerung sei nicht erfolgt. Hätte die Einbürgerungszusicherung die ihr vom Verwaltungsgericht beigemessene Wirkung, so nähme sie im Hinblick auf sämtliche Einzelfragen der Einbürgerung mit Ausnahme der Hinnahme der Mehrstaatigkeit die endgültige Entscheidung über den Einbürgerungsantrag verbindlich vorweg und wäre ein vorgezogener Ausschnitt aus der umfassenderen Einbürgerung und als solcher eine Art feststellender Verwaltungsakt. Ihre Wirkungen glichen denjenigen des Vorbescheids im Baurecht. Dies entspreche jedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Einbürgerungszusicherung nehme nicht einen Abschnitt des später erlassenen Verwaltungsakts vorweg, sondern sage lediglich dessen Erlass zu. Dies habe zur Folge, dass die Zusicherung mit Ablauf der Frist ihre Wirkungen verliere. Zwar könne es ausnahmsweise Fälle geben, in denen die Behörde nach Treu und Glauben sich nicht auf einen Fristablauf berufen könne, wenn der Einbürgerungsbewerber die einzige Bedingung erfüllt habe, sich die Behörde jedoch gleichwohl geweigert habe, die Einbürgerung vorzunehmen und deshalb die Frist abgelaufen sei. So lägen die Dinge hier jedoch nicht. Ein schutzwürdiges Vertrauen und Interesse des Klägers bestehe daher nicht.
33 
Der Beklagte beantragt,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Der Kläger beantragt,
36 
die Berufung zurückzuweisen.
37 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt noch aus: Der vom Beklagten befürwortete Rückgriff auf die Regelungen des Bundeszentralregistergesetz finde im Gesetz keine Stütze und sei nicht sachgerecht. Das Verwaltungsgericht führe richtigerweise aus, dass die Tilgungsfristen wegen der großen Zeitsprünge wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Es müsse berücksichtigt werden, dass er die Taten nicht mehr begehen könne, weil er seit 2002 einen Führerschein besitze. Er lebe seit 10 Jahren völlig straffrei. Seine aktuelle Arbeitslosigkeit stehe der Einbürgerung nicht entgegen. Er habe Leistungen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erworben, die mindestens 12 Monate bezahlt würden. Durch eine zusätzliche Tätigkeit bei Mc Donalds werde er rund 200,00 EUR hinzuverdienen. Er habe auch seit Januar eine Stelle in der Schweiz erhalten. Er sei Grenzgänger, was aber auf Dauer nur möglich sei, wenn er deutscher Staatsangehöriger sei. Ansonsten könne er nur mit einem Visum zwischen den Ländern verkehren. Ohne die deutsche Staatsangehörigkeit werde er die Stelle wieder verlieren. Er habe sich im Übrigen bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen beworben.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf deren Schriftsätze verwiesen.
39 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Schwäbisch Hall, die Widerspruchakten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Strafakten des Amtsgerichts Backnang und Waldshut-Tiengen und die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Gründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Tenor

Die Verfügung der Beklagten vom 05. September 2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. April 2004 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am 05.05.1964 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er kam am 22.06.1981 im Wege der Familienzusammenführung nach Deutschland. Seit 05.09.1989 ist er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung.
Am 25. März 1999 beantragte der Kläger über das Bürgermeisteramt A. bei der Beklagten seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Nach Zusammenstellung der notwendigen Unterlagen, die keine Beanstandungen ergaben, erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem 09.06.1999 eine Einbürgerungszusicherung. Darin wird, mit einem Gültigkeitszeitraum bis zum 08.06.2001, dem Kläger die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde und diese Zusicherung wurde zugleich unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die für die Einbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse, bis zur Einbürgerung nicht änderten.
Der Kläger beantragte daraufhin beim türkischen Generalkonsulat die Entlassung aus dem türkischen Staatsverband und erhielt von dort gemäß § 403 Abs. 20 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes Anfang 2001 die Genehmigung über den Austritt aus der türkischen Staatsangehörigkeit. In der hierzu erteilten Urkunde heißt es, die (endgültige) Urkunde zum Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit erhalte der Kläger erst, nachdem die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit nachgewiesen sei.
Nachdem der Kläger die Beklagte telefonisch über diese ihm erteilte Genehmigung informiert hatte, begann die Beklagte ab 18.04.2001 mit der Aktualisierung der vorliegenden Unterlagen. In diesem Zusammenhang teilte das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg unter dem 07.06.2001 nun mit, der Vorgang sei dem Innenministerium Baden-Württemberg zur weiteren Entscheidung vorgelegt worden. In einem Aktenvermerk vom 13.06.2001 hielt die Beklagte hierzu fest, der Kläger sei laut Auskunft des Amtsgerichts B. weiterhin stellvertretender Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs im Ortsverein S..
Die Beklagte legte daraufhin ebenfalls die Einbürgerungsakte dem Innenministerium vor. Dieses teilt unter dem 05.04.2002 der Beklagten mit, der Kläger sei am 15.02.1998 vom Bundesvorstand der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) zum stellvertretenden Vorsitzenden des IGMG-Ortsvereins S. ernannt worden. Dem Landratsamt sei vom Amtsgericht B. auf Anfrage bestätigt worden, dass der Einbürgerungsbewerber diese Funktion weiterhin inne habe. Dieses Engagement sei unvereinbar mit der vom Kläger abgegebenen Loyalitätserklärung. Aufgrund der getroffenen Feststellung könne es zweifelhaft sein, ob sich der Einbürgerungsbewerber im Sinne von § 85 Abs. 1 Nr. 1 AuslG zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekenne.
Die Beklagte hörte den Kläger unter dem 18.04.2002 hierzu an. Daraufhin legte der Kläger eine Bestätigung des Ortsvereins S. der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs vor, wonach er seit dem 25.02.2001 nicht mehr im Vorstand der IGMG Ortsvereins S. vertreten sei. Zugleich erklärte der Kläger, es könne ihm nicht zur Last gelegt werden, wenn dieser Umstand im Vereinregister durch den jetzigen Vereinsvorstand noch nicht eingetragen worden sei. Auf die Bitte der Beklagten um weiteren Auskünfte hierzu erklärte der Kläger unter dem 05.08.2002, er sei nach wie vor Mitglied der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs. Dem lägen aber keine politischen Interessen zugrunde, sondern es gehe im einzig und allein darum, Kontakt zu Landsleuten zu knüpfen und zu pflegen. Er sei seinerzeit gebeten worden, im Vorstand mit zu arbeiten, da er im Umgang mit Behörden geübter gewesen sei. So habe er für den Verein auch zahlreiche Behördengänge erledigt. Mit Rücksicht auf seine Familie und seine berufliche Tätigkeit habe er dann aber von einer weiteren Vorstandstätigkeit Abstand genommen.
Mit Verfügung vom 05.09.2003 schließlich lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband ab. Zur Begründung heißt es, ein Einbürgerungsanspruch nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 AuslG bestehe nicht, wenn der Einbürgerungsbewerber zwar ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes abgegeben habe, jedoch tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche oder extremistische Betätigung des Einbürgerungsbewerbers vorlägen. Aufgrund des Verhaltens des Klägers in der Vergangenheit biete dieser nicht die Gewähr dafür, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zu bekennen. Unter Darstellung der geschichtlichen Entwicklung und der Aktivitäten der IGMG heißt es sodann weiter, durch die Mitgliedschaft im Vorstand des Ortsvereins S. und die verfahrenstaktische Reaktion auf die entsprechende Anfrage der Beklagten bei der die weiter bestehende Mitgliedschaft zunächst nicht offenbart worden sei, bestünden tatsächliche Anhaltspunkte, dass der Kläger Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt habe, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind und durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährde. Damit liege ein Ausschlussgrund für die begehrte Einbürgerung gemäß § 86 Nr. 2 AuslG vor.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und beriefe sich insbesondere darauf, dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.02.2003 (4 K 2234/01) im Falle eines Ortsvereinsvorsitzenden der IGMG kein Einbürgerungshindernis erkannt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2004 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wird auf die angegriffene Verfügung der Beklagten verwiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 23.04.2004 zugestellt.
10 
Der Kläger hat am 24.05.2004, einem Montag, das Verwaltungsgericht angerufen. Zur Begründung beruft er sich auf sein bisheriges Vorbringen. Daneben verweist er darauf, dass er zwischenzeitlich fünf Kinder habe von denen die beiden jüngsten, geboren am 20.07.2000 und am 04.02.2004, die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 4 Abs. 3 StAG bereits besitzen. Zu seinen Aktivitäten für die IGMG führt der Kläger aus, er habe früher bei seinem Vater unter derselben Anschrift gewohnt, wo auch der Ortsverein der IGMG seinen Sitz habe. Dadurch habe er dort Leute kennen gelernt und Freunde gefunden. Er sei dann später von einem Vereinsfunktionär gefragt worden, ob er nicht eine Aufgabe im Vorstand übernehmen wolle, da er sehr gut deutsch spreche und auch über Kontakte zum damaligen Ausländerbeauftragten der Stadt verfügte. Er habe dem zugestimmt ohne sich allerdings intensiv mit der Ideologie des Vereins zu beschäftigen. Er unterstütze aktiv die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik Deutschland und lehne andere Regierungs- und Staatsformen ab. Die Handhabung im Ortsverein der IGMG sei der Gestalt, dass die Mitglieder den ersten Vorsitzenden wählten und dieser dann den zweiten Vorsitzenden ernenne. Eine Einflussnahme des Bundesvorstandes von Milli Görüs gebe es nicht. Soweit die Beklagte behaupte, der Kläger sei vom Bundesvorstand der IGMG zum stellvertretenden Vorsitzenden des Ortsvereins S. ernannt worden, sei dies nachweislich falsch. Der Kläger habe noch nie verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt und sei ein aufrechter Demokrat.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Beklagte unter Aufhebung ihrer Verfügung vom 05.09.2003 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21.04.2004 zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Zur Begründung bezieht sie sich zunächst auf die angegriffenen Bescheide. Die vom Kläger abgegebene Loyalitätserklärung mit einem Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung vom 10.05.2001 entspreche nicht der Wahrheit. Der Kläger sei von Februar 1998 bis Juli 2002 stellvertretender Vorsitzender des IGMG -Ortsvereins S. gewesen und nach seinem Ausscheiden aus der Vorstandschaft dort noch Mitglied geblieben. Die IGMG unterstütze Bestrebungen, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind. Dies ergebe sich aus einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen sowie aus den Verfassungsschutzberichten Baden-Württemberg 2001 und 2003. Mit seiner Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender habe der Kläger diese Bestrebungen auch aktiv unterstützt. Dem Kläger sei als stellvertretendem Vereinsvorsitzenden auch die Ideologie der IGMG zuzurechnen. Derartige Führungspositionen würden vom Dachverband der IGMG mitbestimmt. Dieser lege die bundesweite Vereinspolitik fest, nach der sich die lokalen Gliederungen zu richten hätten. Aufgrund der Struktur der Organisation sei nicht zu erwarten, dass ein Funktionär einer lokalen Gliederung unabhängig von der Zentrale handeln könne. Der Vortrag des Klägers, in seinem Fall habe der Bundesvorstand der IGMG bei seiner Übernahme des stellvertretenden Ortsvereinsvorsitzes nicht mitgewirkt, sei unzutreffend. Ausweislich der auch zum Vereinsregister vorgelegten Unterlagen sei er direkt vom Bundesvorstand ernannt worden. Schließlich sei weder vorgetragen noch zu erkennen, dass sich der Kläger von seinen Bestrebungen inzwischen abgewandt habe. Er habe im Verfahren nur taktisch reagiert. Schließlich komme auch eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG aus den gleichen Gründen nicht in Betracht.
16 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten, sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie die beigezogenen Ausländerakten der Stadt S. verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 05.09.2003 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21.04.2004 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie mussten daher unter Ausspruch einer entsprechenden Verpflichtung vom Gericht aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
18 
Die Frage, ob dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch zukommt, beurteilt sich nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, InfAuslR 1996, 399 und VGH Ba.-Wü., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - zit. nach ). Staatsangehörigkeitsrechtlich kommen als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950, 1996 ff.), in Kraft getreten am 01.01.2005 (vgl. Art. 15 Abs. 3), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze vom 14.03.2005 (BGBl. I S. 721), in Kraft getreten insoweit am 18.03.2005, in Betracht. Die Weiteranwendung von §§ 85 ff. des außer Kraft getretenen Ausländergesetzes in der vor dem 01.01.2000 geltenden Fassung gemäß § 40 c StAG kommt hier nicht in Betracht, da der Einbürgerungsantrag des Klägers erst am 25.03.1999 und damit (wenige Tage) nach dem insoweit maßgeblichen Stichtag, dem 16.03.1999, gestellt worden ist.
19 
Einen Einbürgerungsanspruch unmittelbar nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG besitzt der Kläger indes nicht. Nach § 10 Abs. 1 StAG ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, - was hier unstreitig gegeben ist - einzubürgern, wenn er die in dieser Vorschrift unter Nr. 1 bis Nr. 5 bezeichneten Voraussetzungen, sofern von diesen nicht nach § 12 oder nach § 12 a Abs. 1 StAG abgesehen wird oder abgesehen werden kann, erfüllt und kein Grund vorliegt, der gemäß § 11 Satz 1 StAG diesen Einbürgerungsanspruch hindert.
20 
Als solcher, den Einbürgerungsanspruch hindernder Umstand kommt in Betracht dass
21 
1. Tatsachen die Schlussfolgerungen rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5 AufenthG,1. Alt.),
22 
2. Tatsachen die Schlussfolgerungen rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber eine Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, die den Terrorismus unterstützt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5 AufenthG, 2. Alt.),
23 
3. der Einbürgerungsbewerber die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 1. Alt.),
24 
4. der Einbürgerungsbewerber die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 2. Alt.),
25 
5. der Einbürgerungsbewerber sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 3. Alt.),
26 
6. der Einbürgerungsbewerber bei der Verfolgung politischer Ziele öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 4. Alt.),
27 
7. der Einbürgerungsbewerber bei der Verfolgung politischer Ziele mit Gewaltanwendung droht (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 5. Alt.),
28 
8. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 1. Alt.),
29 
9. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 2. Alt.),
30 
10. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 3. Alt.),
31 
11. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 4. Alt.),
32 
12. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 5. Alt.),
33 
13. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 6. Alt.),
34 
14. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 7. Alt.),
35 
15. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die auf eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 8. Alt.),
36 
16. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlung auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 9. Alt.),
37 
17. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 10. Alt.),
38 
es sei denn in den Fällen von Ziffer 6 bis 17, dass sich der Einbürgerungsbewerber von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartige Bestrebungen abgewendet hat.
39 
Die Konstruktion dieser Anspruchs-Ausschlussgründe dürfte allerdings nahe der Grenze dessen liegen, was das rechtsstaatliche Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit (vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvF 3/92 - , BVerfGE 110, 33 = NJW 2004, 2213) erlaubt. Zahlreiche einbürgerungswillige Ausländer und ihre Verfahrensbevollmächtigten, aber auch die mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten unteren Verwaltungsbehörden und selbst die zur Rechtsaufsicht berufene oberste Landesbehörde sowie zahlreiche Verwaltungsgerichte haben augenscheinlich - wie sich u.a. aus zahlreichen bei der Kammer anhängigen Verfahren ergibt - erhebliche Schwierigkeiten, einen bei einem Einbürgerungsbewerber gegebenen Umstand zutreffend unter einen der genannten Ausschlussgründe zu subsumieren. Dementsprechend heißt es auch im Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 20.06.2003 zum Fall des Klägers, der wörtlich in den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 05.09.2003 übernommen wurde, (es) „bestehen tatsächliche Anhaltspunkte, dass (der Kläger) Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind und durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden“. Dabei bleibt unklar, welche Unterstützung von Vorbereitungshandlungen zu Gewalt die Behörden beim Kläger erkannt zu haben glauben.
40 
Ausgehend vom einzig konkreten Vorwurf gegenüber dem Kläger, seiner Vorstandstätigkeit im Ortsverein S. der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs - IGMG -, über die keine terroristischen Aktivitäten bekannt sind, scheidet ein Ausschlussgrund nach Nr. 1 und 2 (vgl. oben) aus. Auch eine Beteiligung an, Aufruf zur oder Drohung mit Gewalt ausgehend vom Kläger ist nicht zu erkennen (Nr. 5, 6, 7, vgl. oben). Da über die konkreten Aktivitäten, die der Kläger im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit für die IGMG entfaltet hat, nichts bekannt ist, liegt auch ein Ausschlussgrund nach Nr. 3 und 4 (vgl. oben) nicht vor, da dieser voraussetzt, dass der Betreffende persönlich eine Gefahr darstellt (BVerwG, Urt. v. 31.05.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86 = InfAuslR 1994, 405 = NVwZ 1995, 1127, zur früheren, insoweit identischen Rechtslage). Aus demselben Grund, fehlender Kenntnis über die konkreten Aktivitäten, scheidet auch ein Ausschlussgrund in Bezug auf eine „Verfolgungshandlung“ (Nr. 8, 10, 12, 14, 16, vgl. oben) aus, da insoweit vorausgesetzt wird, dass der Betreffende Handlungen entfaltet, die objektiv geeignet sind, die genannten inkriminierten Ziele voranzutreiben (Berlit in GK-StAR, § 11 StAG Anm. 95). Ohne nähere Einzelheiten insoweit ist solches bei einem stellvertretenden Vorsitzenden eines Ortsvereins der IGMG aber noch nicht zu erkennen.
41 
Dass die Aktivitäten der IGMG gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung eines Verfassungsorgans zum Ziele haben oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, wird - soweit ersichtlich - auch von niemandem behauptet, weshalb auch ein Ausschlussgrund nach den Nr. 11, 15 und 17 (vgl. oben) ausscheidet.
42 
Der Ausschlussgrund der Unterstützung von Bestrebungen, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (Nr. 13, vgl. oben), setzt nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 1 lit. b) BVerfSchG voraus, dass die inkriminierten Bestrebungen darauf gerichtet sind, Bund, Länder oder deren Einrichtungen erheblich zu beeinträchtigen (Berlit a.a.O. Rz. 119). Der Begriff der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist dementsprechend enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach allgemeinem Polizeirecht. Er schützt Bestand und Funktionstüchtigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt und Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein ( BVerwG, Urt. vom 31.05.1994, a.a.O. ). Mit Blick auf die IGMG besteht derzeit aber kein Anlass zur der Annahme, das Erreichen des Fernziels, ganz Europa mit einer islamistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu überziehen, werde durch Einsatz von Gewalt angestrebt (BVerwG, Urt. v. 11.11.2004 - 3 C 8/04 -, BVerwGE 122, 182 = NVwZ 2005, 450). Zwar wurde nach den Terroranschlägen in den USA eine auf der Homepage des „IGMG Mannheim/Fatih-Moschee“ noch am 25.08.2000 enthaltener Link zu „www.qoqaz.de“ gelöscht, wo sich unter anderem ein die militärische Ausbildung jeglicher Art als islamische Verpflichtung mit Trainings-Anleitungen, unter anderem zum Umgang mit Handfeuerwaffen, propagierender Beitrag fand, „Wie kann ich für den Jihad trainieren?“ (VG Stuttgart, Urt. v. 09.07.2004 - 18 K 1474/04 - ). Außer einer solchen „Verlinkung“ gibt es derzeit aber keine Anzeichen für eine Gewaltbereitschaft der IGMG, so dass auch für das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes keine tatsächlichen Anhaltspunkte gegeben sind.
43 
Letztlich kommt daher vorliegend im Rahmen der Anwendung des § 11 Satz 1 StAG allein der Ausschlussgrund nach Nr. 9 (vgl. oben) in Betracht, dass der Kläger Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Darunter fallen gemäß der auch insoweit in § 4 BVerfSchG enthaltenen Legaldefinition solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die darauf gerichtet sind, einen oder mehrere der zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählenden Verfassungsmaßstäbe zu beseitigen, namentlich das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen; die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht; das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition; die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung; die Unabhängigkeit der Gerichte; der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.
44 
Hierzu hat das OVG Koblenz mit Urteil vom 24.05.2005 (- 7 A 10953/04.OVG -, soweit ersichtlich derzeit nur im Internet unter http://www.asyl.net/Magazin/Docs/ 2005/M-5/7001.pdf. abrufbar) entschieden:
45 
„Die IGMG strebt trotz gegenteiliger offizieller Bekundungen nicht nur die Beseitigung der laizistischen Gesellschaftsordnung der Türkei an, sondern es geht ihr darüber hinaus um die Errichtung einer islamischen Ordnung auf der Grundlage der Scharia zumindest in den Staaten, in denen - wie in der Bundesrepublik -, Muslime leben. Unter Ersetzung der vorhandenen staatlichen Herrschaftssysteme sollen in der von der IGMG angestrebten islamischen Ordnung die Lebensbereiche so gestaltet werden, wie es von Gott durch den Koran, den Propheten und die Sunna verbindlich vorgegeben ist. Diese theokratische Herrschaftsform schließt - in der Sache liegend - die nach dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes in Art. 20 Abs. 2 GG festgelegte Staatsgewalt des Volkes aus. Indem sie einen islamischen Gottesstaat anstrebt, richtet sich die IGMG daher vor allem gegen das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Demokratieprinzip.
46 
Diese Einschätzung des Senats gründet sich auf der ideologischen Ausrichtung der IGMG an der Weltanschauung der Milli Görüs.
47 
Die 1995 gegründete „Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V.“ (IGMG) hat in der Bundesrepublik Deutschland ca. 26.500 Mitglieder (Verfassungsschutzbericht - im Folgenden: VB - des Bundesministeriums des Innern 2003, 194; VB Nordrhein-Westfalen 2004, 146; VB Rheinland-Pfalz 2004, 67). Der Verein, dessen Europazentrale in K... ansässig ist, gliedert sich in 30 Regionalverbände, darunter 15 innerhalb der Bundesrepublik mit einigen 100 örtlichen Moscheevereinen. Er unterhält hier mehr als 300 Einrichtungen, über 2.000 sollen es europaweit sein, deren Besucherzahl bei etwa 300.000 Personen liegen soll (VB Bundesministerium des Innern a.a.O.). Der Immobilienbesitz des Vereins wird seit 1995 von der „Europäische Moscheebau- und Unterstützungsgemeinschaft e.V.“ (EMUG) verwaltet.
48 
Die IGMG geht zurück auf in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts von türkischen Arbeitern in Deutschland gegründete Moscheegemeinden. Deren Mitglieder - sie entstammten im Wesentlichen den ländlichen Gebieten der Türkei, in denen ein islamisch-traditionalistisches Milieu vorherrschte - suchten den religiösen/weltanschaulichen Anschluss an islamische Gruppierungen in der Türkei. Hierzu gehörte die 1972 gegründete Milli Selamet Partisi (National-Religiöse Heilspartei) - MSP -, die sich programmatisch auf die von Necmettin Erbakan konzipierte Milli Görüs zurückführte (Schiffauer, Die islamische Gemeinschaft Milli Görüs – ein Lehrstück zum verwickelten Zusammenhang von Migration, Religion und sozialer Integration, S. 67 ff.). Die MSP wurde 1980 verboten (Schiffauer, a.a.O., S. 71). In der Folgezeit kam es zu erheblichen Differenzen innerhalb der in Deutschland ansässigen Bewegung, die schließlich zur Abspaltung der Kaplan-Gemeinde führten. Die in der Türkei als Nachfolgepartei der MSP ins Leben gerufene Refah Partisi - RP - (Wohlfahrtspartei) nahm zu Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts maßgeblich die Reorganisation der deutschen Gemeinden in die Hand und band sie an das Zentrum in Ankara, an dessen Spitze Necmettin Erbakan stand, der nunmehr auch die Leitungsspitzen in Deutschland, die er zuvor durch Eid an sich gebunden hatte, einsetzte. In der Folgezeit traten bei Veranstaltungen nicht nur Geistliche aus der Türkei, sondern auch türkische Politiker in Deutschland auf (Schiffauer, a.a.O., S. 75). Umgekehrt unterstützte die deutsche Gemeinde die RP materiell bei Wahlkampf.
49 
1985 entstand schließlich die „Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V.“ (AMGT) als Vorläufer der heutigen IGMG (VB Bad.-Württ. 2003, 63). Die RP, deren Führer Erbakan 1996/97 Ministerpräsident war, wurde in der Türkei, da nach der dortigen Auffassung gegen das Grundprinzip des Laizismus verstoßend, Anfang 1998 verboten. Kurz zuvor war die Tugendpartei (Fazilet Partisi) gegründet worden, die am 22. Juni 2001 ebenfalls aufgelöst wurde. Als Folge davon schlossen sich die Traditionalisten mit Erbakan im Hintergrund zur Saadet Partisi - SP - (Glückseligkeitspartei) zusammen, die derzeit nicht im Parlament vertreten ist; die Reformer fanden sich in der Gerechtigkeits- und Aufbaupartei - AKP - zusammen, die mit Tayyip Erdogan den Ministerpräsidenten stellt (AA, Lagebericht Türkei vom 9. Oktober 2002 sowie Lagebericht vom 19. Mai 2004).
50 
Die Weltanschauung der Milli Görüs (Nationale Weltsicht) basiert auf dem 1975 von Necmettin Erbakan veröffentlichten gleichnamigen Werk. In diesem hat Erbakan seine „Vision“ zur Lösung der gesellschaftlichen und politischen Probleme beschrieben und zugleich den Absolutheitsanspruch von Milli Görüs festgelegt: „Milli Görüs vertritt den wahren und rechten Weg.“ (Zitat aus: VB Bad.-Württ. 2003, 65). Milli Görüs beschwört die nach ihrer geschichtlichen Wertung ruhmreiche und große Geschichte der Türkei, ihre Sitten und Gebräuche und wendet sich gegen die ihrer Auffassung nach in die türkische Verfassung eingedrungene „linke und liberale Weltsicht“, die einen falschen und unrechtmäßigen Weg darstelle (VB Bad.-Württ., a.a.O.). Die aus der Milli Görüs entwickelte „Gerechte Ordnung“ - Adil Düzen - bezeichnet die westliche Zivilisation als auf Gewalt beruhende „nichtige“ Ordnung, die durch eine islamische, auf der göttlichen Wahrheit und dem daraus abgeleiteten Recht basierende „Gerechte Ordnung“ abzulösen sei (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 224 und 2004, 147). Ziel ist die Umgestaltung des Staatswesens in eine islamische Republik, wobei eine Unvereinbarkeit von islamischer und westlicher Ordnung hergestellt wird (Schiffauer, Gutachten im Verwaltungsstreitverfahren Sakin ./. Bürgermeister der Stadt Gladbeck vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, S. 8). Adil Düzen sieht den Schlüssel zur Überwindung von Kapitalismus und Sozialismus, die - nach Überzeugung Necmettin Erbakans - an ihrem Ende angelangt sind in einem richtigen Rechtsverständnis, welches sich an zeitlose islamische Prinzipien bindet und an eine islamische Kultur knüpft (Schiffauer, a.a.O., S. 7 ff.).
51 
Zur Verbreitung ihrer Ideologie bedient sich Milli Görüs verschiedener Medien. Besonders hervorzuheben ist die Zeitung Milli Gazete, die auch in einer Deutschlandausgabe erscheint. Zwar formal von der Milli Görüs/IGMG unabhängig, ist sie ihrer Sache jedoch eng verbunden. Sie ist keine unabhängige Zeitung, vielmehr Sprachrohr der Bewegung und Verbreiter ihrer Ideologie. Dieser Rückschluss ergibt sich für den Senat aus den Äußerungen Necmettin Erbakans zur Milli Gazete und der Einschätzung der Zeitung selbst einschließlich ihres Erscheinungsbildes. Angesichts dessen können Äußerungen in der Milli Gazete als repräsentativ für das Islam- und Politikverständnis der Milli Görüs und damit der IGMG angesehen werden.
52 
Necmettin Erbakan erklärte zum Tag der Milli Gazete am 8. Dezember 2001 in Düsseldorf: „Jeder Haushalt sollte die Milli Gazete abonnieren. Dies ist ein Muss, um die Geschehnisse richtig zu verstehen und um sich darüber zu informieren.“ (VB Bundesministerium des Innern 2001, 215). In Konsequenz dieser Haltung ihres geistigen Führers wird auf IGMG-Veranstaltungen für Abonnements geworben; Bücher von Kolumnisten der Zeitung konnten über den Buchkatalog der IGMG geworben werden (VB Bundesministerium des Innern 2002, 190).
53 
Auf seiner Internetseite pries Necmettin Erbakan die Milli Gazete ebenfalls an. Sie sei eine Rose, eine Schönheit im Sumpf der Presse, sie stehe für eine großartige Bewegung, die den islamischen Glauben in der Welt an die Macht bringen werde. Sie gebe den Menschen Richtung und sei diejenige Zeitung, deren Etikett und deren Einfluss am größten sei (VB Bad.-Württ. 2003, 70). Diese Äußerungen Erbakans unterblieben wohl, wenn die Milli Gazete nicht die Ideologie der Milli Görüs teilte und verbreitete. Für einen maßgeblichen Einfluss von Milli Görüs auf die Zeitung spricht weiter eine Äußerung des damaligen IGMG-Vorsitzenden in „Die Welt“ vom 2. Dezember 2001, in der die Rede davon ist, man habe das Sagen bei der Milli Gazete (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 227).
54 
Umgekehrt lässt auch die Milli Gazete keinen Zweifel an ihrer Bindung zur Milli Görüs. Am 14. Januar 2003 heißt es in der Zeitung u.a., die Milli Gazete sei stets unerschrockene Verteidigerin der Anliegen von Milli Görüs gewesen (VB Bundesministerium des Innern 2003, 198). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich dieses Verständnis heute gewandelt hätte.
55 
In Übereinstimmung damit steht auch das Erscheinungsbild der Milli Gazete in Deutschland: Priorität genießt die Berichterstattung zu Themen der Milli Görüs, zu Veranstaltungen der IGMG und deren sozialem Umfeld. Im weiteren finden sich zahlreiche private Anzeigen von IGMG-Mitgliedern (VB Bad.-Württ. 2003, 68 ff., 71; VB Nordrhein-Westfalen 2004, 149; VB Rheinland-Pfalz 2004, 69).
56 
Der Widerspruch der Milli Görüs zum Demokratieprinzip der Bundesrepublik Deutschland kann somit auch anhand verschiedenster Äußerungen in der Milli Gazete nachvollzogen werden:
57 
Danach ist die Religion nicht nur eine Gewissensangelegenheit, sondern eine weltliche und gesellschaftliche Angelegenheit. Ohne die Beachtung der Vorgaben von Scharia, Sunna und Koran sei auf keinen Fall ein muslimischer Fortschritt denkbar (Milli Gazete vom 11. Juli 2003, VB Freie und Hansestadt Hamburg 2003, 59). Ähnlich hieß es bereits am 2. März 2000: „Uns reicht nicht nur unsere eigene Befreiung. Wir setzen uns für die Befreiung der ganzen Menschheit ein ... . Die Befreiung der Menschheit, ihr Wohl und Glück sind über den Koran möglich“ (VB Bundesministerium des Innern 2000, 207). In der Milli Gazete vom 12. Mai 1998 wird aus der Rede des damaligen Vorsitzenden der IGMG Ali Yüksel zitiert, in der es heißt, die Gegner der IGMG verträten das Unrecht, die von ihnen behaupteten und verteidigten Systeme seien damals wie heute zum Untergang verurteilt (VB Bundesministerium des Innern 1998, 161). Die Ablehnung eines säkularen Rechtssystems zeigt sich auch in folgender Äußerung in der Milli Gazete vom 7. August 2001: „Ein religiöser Muslim ist gleichzeitig auch ein Verfechter der Scharia. Der Staat, die Medien und die Gerichtsbarkeit haben nicht das Recht sich einzumischen. ... Die Verbundenheit eines Muslims zur Scharia darf nicht dazu führen, dass er deswegen verurteilt oder ins Kreuzverhör genommen wird“ (VB Bundesministerium des Innern 2001, 219). Weiter heißt es am 22. Juli 2002 in einem Artikel: „Fester Glaube in der heutigen Zeit bedeutet, die Bestimmungen der Scharia und der islamischen Rechtswissenschaft in ihrer Urform zu schützen und anzuerkennen“ (VB Bundesministerium des Innern 2002, 191). Die Ablehnung eines demokratischen Systems im Sinne der Verfassung verdeutlicht auch das nachfolgende Zitat aus der Milli Gazete vom 27. Juli 2004 (VB Bund 2004, 216): “Doch alle Präsidenten, Könige und orientalischen Herrscher dieser Welt verfügen nicht über ein Einspruchsrecht gegen einen einzigen Vers im Buch Gottes. Denn wenn man im sozialen, politischen und individuellen Leben ein anderes System als das System Gottes will, kommt es im gesellschaftlichen Gefüge zu einem Erdbeben.“
58 
Konsequenterweise sind Islamisten, die ihre Dienste und Taten nicht an dem Buch Gottes, der Sunna des Propheten, den Geboten und Prinzipien der Scharia und Mystik ausrichten, auf dem falschen Weg (Milli Gazete vom 11. Juli 2003, VB Bundesministerium des Innern 2003, 199). Schließlich wird in einem Artikel der Milli Gazete vom 7. Juni 2004 (zitiert nach VB Nordrhein-Westfalen 2004, 149) verlautbart, Vision der Milli Görüs sei es, die gesamte Welt auf gerechten Grundlagen neu zu strukturieren.
59 
Die hier deutlich zum Ausdruck kommende religiös-politische Botschaft wird so auch in den Moscheen der IGMG und im Internet verbreitet, oftmals verbunden mit dem Aufruf zum Djihad. So wurden bei einer Predigt in der „Ömer ül Farük Camii“ in Köln am 26. September 2003 die Gläubigen dazu aufgerufen, Staaten mit säkularen Ausrichtungen zu bekämpfen, einhergehend mit der Aufforderung, sich für den gemeinsamen Kampf zu organisieren, denn Gott werde die Muslime beim Djihad unterstützen (Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. November 2003 an BFV Köln sowie weitere Landesämter für Verfassungsschutz).
60 
Anlässlich einer Predigt im April 2002 in einer bayerischen IGMG-Moschee erklärte der Prediger, die Ungläubigen müssten bis in die tiefste Hölle getrieben werden. Man selbst müsse zusammenhalten und sich ruhig verhalten, bis es soweit sei. Es sei alles in Vorbereitung und laufe im Verborgenen (VB Bayern 2003, 171). Im November 2002 hieß es in einer Predigt, man müsse Erbakan gehorsam sein und seine Befehle ausführen. Wenn es verlangt werde, müsse das Leben geopfert werden; jeder Moslem müsse jede Sekunde vorbereitet sein zum Djihad (VB Bayern, a.a.O.).
61 
Die Verbreitung des Islam über die rein religiöse Betätigung hinaus wird auch in einer Äußerung auf der Internetseite der IGMG-USA/Kanada von Anfang 1999 erkennbar, auf der es hieß, die jungen Soldaten der Milli Görüs seien auf die Welt gekommen, um der Welt eine neue Ordnung zu geben, um die Glieder der Kette (der Sklaverei) zu brechen, um den Thron des Tyrannen zu stürzen. Ihr Wegweiser sei der Koran, ihr Führer der Prophet, die Staatsgewalt gehe von Allah aus. Sie, die jungen Soldaten der Milli Görüs, seien als Nachfolger von Eroberern für neue Eroberungen (VB Bundesministerium des Innern 1999, 165).
62 
Auch wenn in offiziellen Erklärungen Krieg und Gewalt eine Absage erteilt werden und die Übereinstimmung mit der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland betont wird, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Vorherrschaft der Scharia auch für Europa und Deutschland angestrebt wird. Bereits am 1. Juni 1998 erklärte der IGMG-Vorsitzende Yüksel, man müsse für eine Eroberung des Islams in Europa kämpfen, aber nicht mit Krieg und Gewalt, sondern mit einem sinnvollen Vorgehen (VB Bundesministerium des Innern 1998, 160). Ein internes Papier der IGMG führt dazu aus, die Aktivitäten und Methoden des An-die-Machtbringens und Vorherrschens des islamischen Rechtes, das größte Ziel und die schönste Aufgabe, müssten in schönster und systematischer Form erklärt werden (VB Bundesministerium des Innern, a.a.O.). So solle nicht der Kern der Dienstleistungen der IGMG, sondern die Form ihrer Darbietung und die Methode der Zeit gemäß neu bewertet werden (VB Bad.-Württ. 2003, 84).
63 
Einer der Wege zur Einflussnahme führt aus Sicht der IGMG über die Teilhabe an politischen Gestaltungsrechten. Dementsprechend wurden die IGMG-Mitglieder über Anzeigen in der Milli Gazete und über die vereinseigene Homepage aufgerufen, die Staatsangehörigkeit ihrer Gastländer anzunehmen (VB Bad.-Württ., a.a.O.). Mit dem Potential der Muslime in Deutschland sei man in der Lage, eine islamische Partei zu gründen, die dann ins Parlament kommen könne (VB Bayern 2003, 173).
64 
Der Senat schließt aus diesen Erkenntnisquellen, dass die IGMG, im Gegensatz zu gewaltbereiten islamistischen Organisationen, unter Ausnutzung der von der Verfassung selbst gebotenen Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten die demokratische Grundordnung und damit die Verfassung der Bundesrepublik überwinden will.
65 
Der Senat vermochte schließlich nicht zu der Einschätzung zu gelangen, die IGMG stelle sich aufgrund von Reformbestrebungen nicht mehr als einheitlich zu beurteilender Block dar oder sie habe gar eine neue Ausrichtung erfahren und sich von der Ideologie Erbakans getrennt: Zwar mag die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP sowie deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum Kurs der AKP geführt haben (VB Berlin 2003, 111). Greifbare Konturen dieser „Diskussion“ lassen sich bislang jedoch nicht erkennen. Ein Reformflügel, der sich innerhalb der Bewegung artikuliert, beispielsweise durch Diskussionsbeiträge, in Arbeitskreisen oder auf Veranstaltungen ist nicht auszumachen, ebenso wenig bestimmte Personen, auf die der Begriff des Reformers zutreffen könnte. Der Verweis auf eine in Gang gesetzte Loslösung von der Ideologie Erbakans ist letztlich nicht an entsprechenden Tatsachen festzumachen, ebenso wenig die Behauptung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, Erbakan habe keinen Einfluss mehr auf Politik und Gestaltung der IGMG. Die Erkenntnisquellen des Senats führen zu einer anderen Einschätzung. Danach prägt und dominiert nach wie vor die traditionalistische Weltanschauung Erbakans die IGMG, ohne für abweichende Auffassungen Raum zu lassen:
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Für die IGMG in Deutschland gilt nach wie vor, trotz der politischen Machtverluste in der Türkei und (möglichen) Differenzen über den künftigen Kurs, Erbakan als geistiger Führer der Bewegung (Schiffauer, aaO, S. 45) und Integrationsfigur (so der Milli Görüs-Generalsekretär Oguz Ücüncü, „Die Tageszeitung“ vom 7. Mai 2004 „Es geht darum, uns weh zu tun“). Der Gutachter Schiffauer räumt selbst ein, dass die Führungsspitze in Deutschland noch immer die Zustimmung von Erbakan braucht, um als legitim zu gelten (aaO, S. 48). Darüber hinaus verfüge Erbakan über eine erhebliche, wenn nicht gar unanfechtbare Autorität (Schiffauer, a.a.O.).
67 
Dass Erbakan den Einfluss auf Milli Görüs nicht verloren hat, bekräftigte auch der SP-Vorsitzende Kutan bei einem Empfang des SP-Ortsvereins Ankara. Er hob die Kontinuität der Führungsrolle Erbakans hervor und betonte, dessen Führung der Milli Görüs werde weitergehen (Milli Gazete vom 05. Februar 2004, VB Bund2004, 214). Bereits auf einem Treffen von IGMG-Führungsfunktionären am 22. Juni 2003 kritisierten Redner die AKP und warnten vor einer Lösung von der SP. Auch der zur Wahl als Generalvorsitzender vorgeschlagene Yavuz Celik Karahan betonte in seiner Ansprache die Verbundenheit zu Milli Görüs (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 230; VB Hamburg 2003, 55). So wurden wiederum im Jahr 2004 Grußbotschaften Erbakans bei IGMG-Veranstaltungen in Deutschland live übertragen (VB Bund 2004, 215). Die Dominanz der politischen Zielrichtung Necmettin Erbakans in der IGMG geht darüber hinaus auch aus einem E-Mail Schriftwechsel zwischen einem Kritiker am offiziellen Auftreten der IGMG und einem Funktionär der IGMG hervor, bei dem Letzterer darauf hinweist, an der Idee der „Gerechten Ordnung“ werde festgehalten (VB Nordrhein-Westfalen 2004, 151). Dementsprechend ist bis heute, trotz öffentlicher Demokratiebekenntnisse, keine Loslösung von Erbakan und seiner Ideologie erfolgt (ebenso VB Berlin 2004, 113f.), weder von Seiten der Führungsspitze, noch von Seiten eines - ohnedies nicht greifbaren (s.o.) - Reformflügels.
68 
Zusammenfassend bleibt deshalb festzuhalten, dass mangels eines ernsthaften reformerischen Ansatzes die Absichten der IGMG insgesamt und trotz gegenteiliger Bekundungen, im Kern gegen das in der Verfassung verankerte Demokratieverständnis und damit gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind.“
69 
Dem schließt sich der Berichterstatter in vollem Umfang an. Der Kläger hat die entsprechenden gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen durch seine Vorstandstätigkeit im Ortsverein S. der IGMG von 1998 bis (mindestens) Anfang 2001 auch unterstützt i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG.
70 
Als Unterstützung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ist jede eigene Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. Bestimmung objektiv vorteilhaft ist. Dazu zählen etwa die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - Juris -; Berlit in GK-StAR § 11 StAG RdNr. 96 ff.). Allerdings muss die eine Unterstützung der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation, nicht aber auch deren Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung befürwortet - sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine vereinsrechtlich erlaubten mitgliedschaftlichen Tätigkeiten nach außen vertritt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, zum insoweit verwandten Begriff des „Unterstützens einer Vereinigung, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt“ - Ausweisungs- und besonderer Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative, § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG, NVwZ 2005, 1091).
71 
Dass der Einbürgerungsbewerber sicherheitsrelevante Bestrebungen in diesem Sinne unterstützt, muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drs. 14/533 S. 18 f.). Andererseits genügen allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, nicht. Erforderlich ist eine wertende Betrachtungsweise, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind. Dabei können aber auch legale Betätigungen herangezogen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - Juris -; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.; Berlit, a.a.O. RdNr. 87 ff.). Mit § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellen (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.).
72 
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger die entsprechenden Bestrebungen der IGMG unterstützt hat. Die Tätigkeit eines örtlichen Vorstandsmitgliedes ist im o.g. Sinne ohne weiteres förderlich für die Aktivitäten einer solchen Organisation. Daneben hat der Kläger auch ausdrücklich angegeben, da er im Umgang mit Behörden geübt gewesen sei, habe er für den Verein auch zahlreiche Behördengänge erledigt. Aber auch die vorausgesetzte Erkenn- und Zurechenbarkeit (vgl. oben) seiner Handlungen in Bezug auf die inkriminierten Bestrebungen muss vorliegend bejaht werden. Der Kläger ist - worauf die Beklagte stets hingewiesen hat - ausweislich der zum Vereinsregister vorgelegten „Ernennungsurkunde“ vom 15.02.1998 durch den Vorstand des IGMG Bundesverbandes (A. Yüksel, M. Erbakan, O. Döring) zum örtlichen Vorstandsmitglied ernannt worden, wie dies auch in § 11.2 der ebenfalls zum Vereinsregister vorgelegten örtlichen Vereinssatzung ausdrücklich vorgesehen ist. Darin ist zugleich das Recht des Bundesvorstands normiert, den örtlichen Vereinsvorstand jederzeit abzuberufen. Angesichts der hierarchischen Struktur der IGMG (vgl. oben), wie sie gerade auch durch eine solche Satzungsbestimmung deutlich wird, ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, nur „linientreue“ Mitglieder, die den Zielen der IGMG nicht distanziert gegenüberstehen, kommen für eine solche Vorstandstätigkeit in Frage. Jedenfalls genügt dieser tatsächliche Anhaltspunkt um - wie es § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfordert - die Annahme zu rechtfertigen, der Kläger habe entsprechende Bestrebungen unterstützt.
73 
Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er sich von den nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen abgewandt hat.
74 
Ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfordert mehr als ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen und setzt einen individuellen oder mitgetragenen kollektiven Lernprozess voraus, aufgrund dessen angenommen werden kann, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen auszuschließen ist (vgl. VGH München, Urteile vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 und 5 B 01.1805, jeweils Juris; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 149 ff.). Die Glaubhaftmachung einer solchen Abwendung erfordert zunächst, dass der Einbürgerungsbewerber einräumt oder zumindest nicht bestreitet, früher eine durch § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierte Bestrebung unterstützt zu haben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - Juris -). Der Einbürgerungsbewerber muss zwar zur Glaubhaftmachung der Abwendung die früheren Aktivitäten weder bedauern noch ihnen abschwören (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, InfAuslR 2005, 64). Es muss aber erkennbar sein, aus welchen Gründen sich die persönlichen Rahmenbedingungen verändert haben, wie es etwa durch die Darlegung der Einsicht in die Sinn- und Erfolglosigkeit des bisherigen Bestrebens geschehen kann (vgl. Berlit aaO Rdnr. 155). Der Einbürgerungsbewerber hat die Umstände, die seine Abwendung belegen, so substantiiert und einleuchtend darzulegen, dass man diese Gründe als „triftig“ anerkennen kann; Nachvollziehbarkeit der Erklärung im Hinblick auf einen inneren Gesinnungswandel kann dann genügen, wenn dieser auch durch Handlungen nach Außen hin erkennbar wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO). Liegen die einbürgerungschädlichen Aktivitäten bereits erhebliche Zeit zurück, führt dies zu einer zusätzlichen Herabsetzung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung innerer Lernprozesse (vgl. Berlit aaO Rdnr. 165; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO).
75 
Eine individuelle Abwendung des Klägers von der früheren Unterstützung von gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen der IGMG ist hier nicht glaubhaft gemacht. Der Kläger hat sich mit seinen früheren Aktivitäten weder kritisch auseinandergesetzt noch ein Umdenken vorgetragen. Hinzu kommt, dass der Kläger immer noch bestreitet, früher eine durch § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierte Bestrebung unterstützt zu haben. Schließlich ist das gesamte Verhalten des Klägers auf ein systematisches „Herunterspielen“ seiner Aktivitäten ausgerichtet, das einer glaubhaften Abwendung von diesen Bestrebungen entgegensteht. Nach wie vor ist er - wenn auch einfaches - Mitglied der IGMG.
76 
Auch eine Abwendung der IGMG selbst von den hier zu beurteilenden Bestrebungen - was im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2, letzter Halbsatz StAG ausreichen könnte - ist nicht glaubhaft gemacht. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die IGMG von ihren Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung abgewandt haben könnte, was eine weiter bestehende Nähe zu dieser Organisationen nunmehr als unbeachtlich im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erscheinen ließe (vgl. oben, OVG Koblenz, a.a.O.).
77 
Bereits damit scheidet ein Einbürgerungsanspruch des Klägers unmittelbar nach § 10 Abs. 1 StAG aus.
78 
Insoweit kann dahinstehen, ob weiter auch ein Einbürgerungsanspruch unmittelbar aus § 10 Abs. 1 StAG mit Blick darauf ausscheiden würde, dass dem Kläger nicht abgenommen werden kann, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt (§ 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. StAG). Der Berichterstatter neigt allerdings auch zu der Ansicht, dass ein rein verbales Bekenntnis des Einbürgerungsbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zur Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht ausreicht; dieses Bekenntnis vielmehr auch inhaltlich zutreffen muss und nicht nur eine rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung darstellt (so Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 86 RdNr. 21; a.A. mit beachtlichen Gegenargumenten Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNrn. 126 ff.). § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG verlangt für die Einbürgerung andererseits auch nicht mehr als ein materiell vorliegendes „Bekenntnis“, also nicht darüber hinaus, dass der Einbürgerungsbewerber auch Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit - auch kämpferisch - für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNr. 130). Wenn aber - wie hier (vgl. oben) - tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, so liegt selbstredend nahe, dass das abgegebene Bekenntnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. StAG unzutreffend ist. Zwar kommt der Behörde hier die in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG angeordnete Beweiserleichterung, wonach das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zur Rechtfertigung einer entsprechenden Annahme insoweit genügt, nicht zugute. Jedoch dürfte es sich bei einem solchen Bekenntnis um eine vom Einbürgerungsbewerber zu belegende Tatbestandsvoraussetzung seiner erstrebten Einbürgerung handeln. Ohne besondere Umstände des Einzelfalles kann danach zwar angenommen werden, der ein solches Bekenntnis schriftlich abgebende Einbürgerungsbewerber erfülle die maßgebliche Voraussetzung. Hier jedoch hat der Kläger diesbezüglich selbst Zweifel geweckt (vgl. oben), so dass ihm anzusinnen wäre, das erforderliche entsprechende Bekenntnis noch anderweitig nachzuweisen. Dies kann hier letztlich dahinstehen, da sich die Nicht-Erfüllung der unmittelbaren Anspruchsvoraussetzungen einerseits hier bereits aus § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ergibt (vgl. oben), andererseits der Erfolg der Klage gleichwohl ebenfalls einem anderen Umstand geschuldet ist.
79 
Die Beklagte hat dem Kläger nämlich bereits am 09.06.1999 eine Einbürgerungszusicherung erteilt. Dieses dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 38 LVwVfG) entlehnte Institut, das in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Mehrstaatigkeit angewandt wird, soll einerseits Intervalle mehrfacher Staatsangehörigkeit, andererseits aber auch temporäre Staatenlosigkeit vermeiden (vgl. VGH Ba.-Wü., Urt. v. 06.07.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116). Damit wird im Einbürgerungsverfahren die Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen verbindlich abgeschlossen und dem Einbürgerungsbewerber seine Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachgewiesen wird. Gemäß § 38 Abs. 3 LVwVfG ist die Behörde an die Zusicherung nur dann nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Dieser gesetzlichen Einschränkung entspricht hier auch der der konkreten Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 beigefügte Vorbehalt. Daneben kann die Behörde gemäß § 38 Abs. 2 LVwVfG eine einmal gegebene Zusicherung in entsprechender Anwendung des § 48 LVwVfG zurücknehmen.
80 
Von der einmal gegebenen Zusicherung ist die Beklagte hier nicht gemäß § 38 Abs. 3 LVwVfG befreit. Eine Änderung der Sachlage ist nämlich nicht eingetreten. Der Kläger war bereits seit 1998, also vor Erteilung der Einbürgerungszusicherung, Vorstandsmitglied des örtlichen IGMG-Vereins. Dass die Behörden dies erst nachträglich erkannten, stellt aber keine geänderte Sachlage dar (VGH Ba.-Wü., Urt. v. 02.07.1990 - 8 S 524/90 -, NVwZ 1991, 79). Entsprechend liegt aber auch keine geänderte Rechtslage vor. Der Umstand, dass die sog. „Regelanfrage“ zum Landesamt für Verfassungsschutz erst nach Erteilung der Einbürgerungszusicherung eingeführt wurde (und dann auch im Falle des Klägers erst bei der abschließenden Verfahrensbearbeitung im Jahre 2001 so praktiziert wurde), stellt lediglich eine geänderte Verwaltungs(-verfahrens)praxis dar. Die maßgeblichen Rechtsvoraussetzungen selbst haben sich aber nicht geändert.
81 
Die Beklagte kann sich vorliegend auch nicht darauf berufen, in entsprechender Anwendung von § 48 LVwVfG sei die ursprünglich erteilte Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 zurückgenommen worden. Eine ausdrückliche Rücknahmeentscheidung liegt nicht vor. Zwar wird die Auffassung vertreten, solches sei insoweit nicht erforderlich, es genüge, wenn die Behörde das Vorliegen von Rücknahmegründen im Rahmen des (weiteren) Verfahrens über den tatsächlichen Erlass des zugesicherten Verwaltungsakts berücksichtige (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. § 38 Rz 35.). Dem vermag sich der Berichterstatter aber nur insoweit anzuschließen, als der Umstand einer Rücknahme der ursprünglichen Einbürgerungszusicherung einschließlich der Ausübung des insoweit gebotenen Rücknahmeermessens aus der (endgültig) ablehnenden Entscheidung dann deutlich werden muss und sich die letztgenannte Entscheidung noch innerhalb des von § 48 Abs. 4 LVwVfG vorgegebenen zeitlichen Rahmens hält. Keine dieser Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die angegriffene Verfügung der Beklagten vom 05.09.2003 lässt an keiner Stelle erkennen, dass die Beklagte damit eine Rücknahme ihrer ursprünglichen Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 intendierte. Der Umstand der zuvor erteilten Einbürgerungszusicherung ist an keiner Stelle erwähnt; weder die Vorschrift des § 48 LVwVfG noch eine diesbezügliche Ermessensbetätigung finden sich dort. Daneben erlangte die Beklagte ausweislich der (insoweit auffallend wenig aussagekräftigen) Verwaltungsakten nach der schriftlichen Mitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 07.06.2001 (Verw.-AS 33), die Akten würden dem Innenministerium vorgelegt, bereits am 13.06.2001 (vgl. den Aktenvermerk auf AS 35) durch ein Telefonat mit dem Amtsgericht B. (ohne dass in irgendeiner Weise deutlich würde, was dieses Telefonat veranlasst haben könnte) die Kenntnis, dass der Kläger stellvertretender Vorsitzender des IGMG-Ortsvereins S. war. Selbst wenn in der hier angegriffenen ablehnenden Verfügung vom 05.09.2003 daher zugleich die Rücknahme der vormaligen Einbürgerungszusicherung zu sehen wäre, so wäre die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG überschritten.
82 
Schließlich ist die vorliegende Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 auch nicht deshalb im jetzt maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. oben) unbeachtlich, weil sie von der Beklagten auf den 08.06.2001 befristet wurde. Zwar ist die Beifügung einer solchen Bestimmung grundsätzlich möglich. Der Inhalt einer Zusicherung und deren Bindungswirkung wird neben dem bindenden Versprechen, den zugesicherten Verwaltungsakt zu erlassen, auch von derartigen beigefügten Beschränkungen wie Vorbehalten, Bedingungen, Befristungen usw. bestimmt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rz 7).
83 
Die Beklagte ist jedoch gehindert, sich im vorliegenden Verfahren auf die abgelaufene Frist zu berufen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ), der auf einem allgemeinen Rechtsgedanken beruht und daher auch im öffentlichen Recht gilt (vgl. Ständige Rechtsprechung des BVerwG, z.B. Urt. v. 22.01.1993 - 8 C 46.91 -, NVwZ 1993, 1102) darf sich niemand auf einen Fristablauf berufen, der zuvor allein für das Verstreichen dieser Frist verantwortlich war (Rechtsgedanke aus § 162 BGB). So liegt es hier. Der Kläger hat innerhalb der in der Einbürgerungszusicherung genannten Frist die einzige ihm danach noch auferlegte Bedingung, die Entlassung aus seiner ursprünglichen türkischen Staatsangehörigkeit herbeizuführen, erfüllt. Er erhielt Anfang 2001 die Genehmigung über den Austritt aus der türkischen Staatsangehörigkeit und informierte die Beklagte bereits vorab telefonisch über diese ihm erteilte Genehmigung. Wiewohl ein entsprechender Aktenvermerk fehlt, muss angenommen werden, da die Beklagte ab dem 18.04.2001 mit der Aktualisierung der vorliegenden Unterlagen begann, dass diese Unterrichtung an diesem Tag erfolgt ist. Nachdem aber keine geänderte Sach- und Rechtslage gegeben war (vgl. oben), hätte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt, also noch innerhalb des Gültigkeitszeitraums der Einbürgerungszusicherung, die Einbürgerung des Klägers vollziehen können und müssen. Für den weiteren Zeitablauf war nunmehr allein die Beklagte verantwortlich. Sie ist daher gehindert, im jetzigen Verfahren einzuwenden, die Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 sei wegen Fristablaufs gegenstandslos. Vielmehr ist sie entsprechend dieser Zusicherung verpflichtet, den Kläger einzubürgern.
84 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
17 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 05.09.2003 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21.04.2004 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie mussten daher unter Ausspruch einer entsprechenden Verpflichtung vom Gericht aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
18 
Die Frage, ob dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch zukommt, beurteilt sich nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, InfAuslR 1996, 399 und VGH Ba.-Wü., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - zit. nach ). Staatsangehörigkeitsrechtlich kommen als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950, 1996 ff.), in Kraft getreten am 01.01.2005 (vgl. Art. 15 Abs. 3), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze vom 14.03.2005 (BGBl. I S. 721), in Kraft getreten insoweit am 18.03.2005, in Betracht. Die Weiteranwendung von §§ 85 ff. des außer Kraft getretenen Ausländergesetzes in der vor dem 01.01.2000 geltenden Fassung gemäß § 40 c StAG kommt hier nicht in Betracht, da der Einbürgerungsantrag des Klägers erst am 25.03.1999 und damit (wenige Tage) nach dem insoweit maßgeblichen Stichtag, dem 16.03.1999, gestellt worden ist.
19 
Einen Einbürgerungsanspruch unmittelbar nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG besitzt der Kläger indes nicht. Nach § 10 Abs. 1 StAG ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, - was hier unstreitig gegeben ist - einzubürgern, wenn er die in dieser Vorschrift unter Nr. 1 bis Nr. 5 bezeichneten Voraussetzungen, sofern von diesen nicht nach § 12 oder nach § 12 a Abs. 1 StAG abgesehen wird oder abgesehen werden kann, erfüllt und kein Grund vorliegt, der gemäß § 11 Satz 1 StAG diesen Einbürgerungsanspruch hindert.
20 
Als solcher, den Einbürgerungsanspruch hindernder Umstand kommt in Betracht dass
21 
1. Tatsachen die Schlussfolgerungen rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5 AufenthG,1. Alt.),
22 
2. Tatsachen die Schlussfolgerungen rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber eine Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, die den Terrorismus unterstützt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5 AufenthG, 2. Alt.),
23 
3. der Einbürgerungsbewerber die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 1. Alt.),
24 
4. der Einbürgerungsbewerber die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 2. Alt.),
25 
5. der Einbürgerungsbewerber sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 3. Alt.),
26 
6. der Einbürgerungsbewerber bei der Verfolgung politischer Ziele öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 4. Alt.),
27 
7. der Einbürgerungsbewerber bei der Verfolgung politischer Ziele mit Gewaltanwendung droht (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 5. Alt.),
28 
8. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 1. Alt.),
29 
9. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 2. Alt.),
30 
10. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 3. Alt.),
31 
11. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 4. Alt.),
32 
12. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 5. Alt.),
33 
13. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 6. Alt.),
34 
14. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 7. Alt.),
35 
15. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die auf eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 8. Alt.),
36 
16. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlung auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 9. Alt.),
37 
17. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 10. Alt.),
38 
es sei denn in den Fällen von Ziffer 6 bis 17, dass sich der Einbürgerungsbewerber von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartige Bestrebungen abgewendet hat.
39 
Die Konstruktion dieser Anspruchs-Ausschlussgründe dürfte allerdings nahe der Grenze dessen liegen, was das rechtsstaatliche Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit (vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvF 3/92 - , BVerfGE 110, 33 = NJW 2004, 2213) erlaubt. Zahlreiche einbürgerungswillige Ausländer und ihre Verfahrensbevollmächtigten, aber auch die mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten unteren Verwaltungsbehörden und selbst die zur Rechtsaufsicht berufene oberste Landesbehörde sowie zahlreiche Verwaltungsgerichte haben augenscheinlich - wie sich u.a. aus zahlreichen bei der Kammer anhängigen Verfahren ergibt - erhebliche Schwierigkeiten, einen bei einem Einbürgerungsbewerber gegebenen Umstand zutreffend unter einen der genannten Ausschlussgründe zu subsumieren. Dementsprechend heißt es auch im Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 20.06.2003 zum Fall des Klägers, der wörtlich in den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 05.09.2003 übernommen wurde, (es) „bestehen tatsächliche Anhaltspunkte, dass (der Kläger) Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind und durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden“. Dabei bleibt unklar, welche Unterstützung von Vorbereitungshandlungen zu Gewalt die Behörden beim Kläger erkannt zu haben glauben.
40 
Ausgehend vom einzig konkreten Vorwurf gegenüber dem Kläger, seiner Vorstandstätigkeit im Ortsverein S. der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs - IGMG -, über die keine terroristischen Aktivitäten bekannt sind, scheidet ein Ausschlussgrund nach Nr. 1 und 2 (vgl. oben) aus. Auch eine Beteiligung an, Aufruf zur oder Drohung mit Gewalt ausgehend vom Kläger ist nicht zu erkennen (Nr. 5, 6, 7, vgl. oben). Da über die konkreten Aktivitäten, die der Kläger im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit für die IGMG entfaltet hat, nichts bekannt ist, liegt auch ein Ausschlussgrund nach Nr. 3 und 4 (vgl. oben) nicht vor, da dieser voraussetzt, dass der Betreffende persönlich eine Gefahr darstellt (BVerwG, Urt. v. 31.05.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86 = InfAuslR 1994, 405 = NVwZ 1995, 1127, zur früheren, insoweit identischen Rechtslage). Aus demselben Grund, fehlender Kenntnis über die konkreten Aktivitäten, scheidet auch ein Ausschlussgrund in Bezug auf eine „Verfolgungshandlung“ (Nr. 8, 10, 12, 14, 16, vgl. oben) aus, da insoweit vorausgesetzt wird, dass der Betreffende Handlungen entfaltet, die objektiv geeignet sind, die genannten inkriminierten Ziele voranzutreiben (Berlit in GK-StAR, § 11 StAG Anm. 95). Ohne nähere Einzelheiten insoweit ist solches bei einem stellvertretenden Vorsitzenden eines Ortsvereins der IGMG aber noch nicht zu erkennen.
41 
Dass die Aktivitäten der IGMG gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung eines Verfassungsorgans zum Ziele haben oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, wird - soweit ersichtlich - auch von niemandem behauptet, weshalb auch ein Ausschlussgrund nach den Nr. 11, 15 und 17 (vgl. oben) ausscheidet.
42 
Der Ausschlussgrund der Unterstützung von Bestrebungen, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (Nr. 13, vgl. oben), setzt nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 1 lit. b) BVerfSchG voraus, dass die inkriminierten Bestrebungen darauf gerichtet sind, Bund, Länder oder deren Einrichtungen erheblich zu beeinträchtigen (Berlit a.a.O. Rz. 119). Der Begriff der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist dementsprechend enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach allgemeinem Polizeirecht. Er schützt Bestand und Funktionstüchtigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt und Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein ( BVerwG, Urt. vom 31.05.1994, a.a.O. ). Mit Blick auf die IGMG besteht derzeit aber kein Anlass zur der Annahme, das Erreichen des Fernziels, ganz Europa mit einer islamistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu überziehen, werde durch Einsatz von Gewalt angestrebt (BVerwG, Urt. v. 11.11.2004 - 3 C 8/04 -, BVerwGE 122, 182 = NVwZ 2005, 450). Zwar wurde nach den Terroranschlägen in den USA eine auf der Homepage des „IGMG Mannheim/Fatih-Moschee“ noch am 25.08.2000 enthaltener Link zu „www.qoqaz.de“ gelöscht, wo sich unter anderem ein die militärische Ausbildung jeglicher Art als islamische Verpflichtung mit Trainings-Anleitungen, unter anderem zum Umgang mit Handfeuerwaffen, propagierender Beitrag fand, „Wie kann ich für den Jihad trainieren?“ (VG Stuttgart, Urt. v. 09.07.2004 - 18 K 1474/04 - ). Außer einer solchen „Verlinkung“ gibt es derzeit aber keine Anzeichen für eine Gewaltbereitschaft der IGMG, so dass auch für das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes keine tatsächlichen Anhaltspunkte gegeben sind.
43 
Letztlich kommt daher vorliegend im Rahmen der Anwendung des § 11 Satz 1 StAG allein der Ausschlussgrund nach Nr. 9 (vgl. oben) in Betracht, dass der Kläger Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Darunter fallen gemäß der auch insoweit in § 4 BVerfSchG enthaltenen Legaldefinition solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die darauf gerichtet sind, einen oder mehrere der zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählenden Verfassungsmaßstäbe zu beseitigen, namentlich das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen; die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht; das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition; die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung; die Unabhängigkeit der Gerichte; der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.
44 
Hierzu hat das OVG Koblenz mit Urteil vom 24.05.2005 (- 7 A 10953/04.OVG -, soweit ersichtlich derzeit nur im Internet unter http://www.asyl.net/Magazin/Docs/ 2005/M-5/7001.pdf. abrufbar) entschieden:
45 
„Die IGMG strebt trotz gegenteiliger offizieller Bekundungen nicht nur die Beseitigung der laizistischen Gesellschaftsordnung der Türkei an, sondern es geht ihr darüber hinaus um die Errichtung einer islamischen Ordnung auf der Grundlage der Scharia zumindest in den Staaten, in denen - wie in der Bundesrepublik -, Muslime leben. Unter Ersetzung der vorhandenen staatlichen Herrschaftssysteme sollen in der von der IGMG angestrebten islamischen Ordnung die Lebensbereiche so gestaltet werden, wie es von Gott durch den Koran, den Propheten und die Sunna verbindlich vorgegeben ist. Diese theokratische Herrschaftsform schließt - in der Sache liegend - die nach dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes in Art. 20 Abs. 2 GG festgelegte Staatsgewalt des Volkes aus. Indem sie einen islamischen Gottesstaat anstrebt, richtet sich die IGMG daher vor allem gegen das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Demokratieprinzip.
46 
Diese Einschätzung des Senats gründet sich auf der ideologischen Ausrichtung der IGMG an der Weltanschauung der Milli Görüs.
47 
Die 1995 gegründete „Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V.“ (IGMG) hat in der Bundesrepublik Deutschland ca. 26.500 Mitglieder (Verfassungsschutzbericht - im Folgenden: VB - des Bundesministeriums des Innern 2003, 194; VB Nordrhein-Westfalen 2004, 146; VB Rheinland-Pfalz 2004, 67). Der Verein, dessen Europazentrale in K... ansässig ist, gliedert sich in 30 Regionalverbände, darunter 15 innerhalb der Bundesrepublik mit einigen 100 örtlichen Moscheevereinen. Er unterhält hier mehr als 300 Einrichtungen, über 2.000 sollen es europaweit sein, deren Besucherzahl bei etwa 300.000 Personen liegen soll (VB Bundesministerium des Innern a.a.O.). Der Immobilienbesitz des Vereins wird seit 1995 von der „Europäische Moscheebau- und Unterstützungsgemeinschaft e.V.“ (EMUG) verwaltet.
48 
Die IGMG geht zurück auf in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts von türkischen Arbeitern in Deutschland gegründete Moscheegemeinden. Deren Mitglieder - sie entstammten im Wesentlichen den ländlichen Gebieten der Türkei, in denen ein islamisch-traditionalistisches Milieu vorherrschte - suchten den religiösen/weltanschaulichen Anschluss an islamische Gruppierungen in der Türkei. Hierzu gehörte die 1972 gegründete Milli Selamet Partisi (National-Religiöse Heilspartei) - MSP -, die sich programmatisch auf die von Necmettin Erbakan konzipierte Milli Görüs zurückführte (Schiffauer, Die islamische Gemeinschaft Milli Görüs – ein Lehrstück zum verwickelten Zusammenhang von Migration, Religion und sozialer Integration, S. 67 ff.). Die MSP wurde 1980 verboten (Schiffauer, a.a.O., S. 71). In der Folgezeit kam es zu erheblichen Differenzen innerhalb der in Deutschland ansässigen Bewegung, die schließlich zur Abspaltung der Kaplan-Gemeinde führten. Die in der Türkei als Nachfolgepartei der MSP ins Leben gerufene Refah Partisi - RP - (Wohlfahrtspartei) nahm zu Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts maßgeblich die Reorganisation der deutschen Gemeinden in die Hand und band sie an das Zentrum in Ankara, an dessen Spitze Necmettin Erbakan stand, der nunmehr auch die Leitungsspitzen in Deutschland, die er zuvor durch Eid an sich gebunden hatte, einsetzte. In der Folgezeit traten bei Veranstaltungen nicht nur Geistliche aus der Türkei, sondern auch türkische Politiker in Deutschland auf (Schiffauer, a.a.O., S. 75). Umgekehrt unterstützte die deutsche Gemeinde die RP materiell bei Wahlkampf.
49 
1985 entstand schließlich die „Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V.“ (AMGT) als Vorläufer der heutigen IGMG (VB Bad.-Württ. 2003, 63). Die RP, deren Führer Erbakan 1996/97 Ministerpräsident war, wurde in der Türkei, da nach der dortigen Auffassung gegen das Grundprinzip des Laizismus verstoßend, Anfang 1998 verboten. Kurz zuvor war die Tugendpartei (Fazilet Partisi) gegründet worden, die am 22. Juni 2001 ebenfalls aufgelöst wurde. Als Folge davon schlossen sich die Traditionalisten mit Erbakan im Hintergrund zur Saadet Partisi - SP - (Glückseligkeitspartei) zusammen, die derzeit nicht im Parlament vertreten ist; die Reformer fanden sich in der Gerechtigkeits- und Aufbaupartei - AKP - zusammen, die mit Tayyip Erdogan den Ministerpräsidenten stellt (AA, Lagebericht Türkei vom 9. Oktober 2002 sowie Lagebericht vom 19. Mai 2004).
50 
Die Weltanschauung der Milli Görüs (Nationale Weltsicht) basiert auf dem 1975 von Necmettin Erbakan veröffentlichten gleichnamigen Werk. In diesem hat Erbakan seine „Vision“ zur Lösung der gesellschaftlichen und politischen Probleme beschrieben und zugleich den Absolutheitsanspruch von Milli Görüs festgelegt: „Milli Görüs vertritt den wahren und rechten Weg.“ (Zitat aus: VB Bad.-Württ. 2003, 65). Milli Görüs beschwört die nach ihrer geschichtlichen Wertung ruhmreiche und große Geschichte der Türkei, ihre Sitten und Gebräuche und wendet sich gegen die ihrer Auffassung nach in die türkische Verfassung eingedrungene „linke und liberale Weltsicht“, die einen falschen und unrechtmäßigen Weg darstelle (VB Bad.-Württ., a.a.O.). Die aus der Milli Görüs entwickelte „Gerechte Ordnung“ - Adil Düzen - bezeichnet die westliche Zivilisation als auf Gewalt beruhende „nichtige“ Ordnung, die durch eine islamische, auf der göttlichen Wahrheit und dem daraus abgeleiteten Recht basierende „Gerechte Ordnung“ abzulösen sei (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 224 und 2004, 147). Ziel ist die Umgestaltung des Staatswesens in eine islamische Republik, wobei eine Unvereinbarkeit von islamischer und westlicher Ordnung hergestellt wird (Schiffauer, Gutachten im Verwaltungsstreitverfahren Sakin ./. Bürgermeister der Stadt Gladbeck vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, S. 8). Adil Düzen sieht den Schlüssel zur Überwindung von Kapitalismus und Sozialismus, die - nach Überzeugung Necmettin Erbakans - an ihrem Ende angelangt sind in einem richtigen Rechtsverständnis, welches sich an zeitlose islamische Prinzipien bindet und an eine islamische Kultur knüpft (Schiffauer, a.a.O., S. 7 ff.).
51 
Zur Verbreitung ihrer Ideologie bedient sich Milli Görüs verschiedener Medien. Besonders hervorzuheben ist die Zeitung Milli Gazete, die auch in einer Deutschlandausgabe erscheint. Zwar formal von der Milli Görüs/IGMG unabhängig, ist sie ihrer Sache jedoch eng verbunden. Sie ist keine unabhängige Zeitung, vielmehr Sprachrohr der Bewegung und Verbreiter ihrer Ideologie. Dieser Rückschluss ergibt sich für den Senat aus den Äußerungen Necmettin Erbakans zur Milli Gazete und der Einschätzung der Zeitung selbst einschließlich ihres Erscheinungsbildes. Angesichts dessen können Äußerungen in der Milli Gazete als repräsentativ für das Islam- und Politikverständnis der Milli Görüs und damit der IGMG angesehen werden.
52 
Necmettin Erbakan erklärte zum Tag der Milli Gazete am 8. Dezember 2001 in Düsseldorf: „Jeder Haushalt sollte die Milli Gazete abonnieren. Dies ist ein Muss, um die Geschehnisse richtig zu verstehen und um sich darüber zu informieren.“ (VB Bundesministerium des Innern 2001, 215). In Konsequenz dieser Haltung ihres geistigen Führers wird auf IGMG-Veranstaltungen für Abonnements geworben; Bücher von Kolumnisten der Zeitung konnten über den Buchkatalog der IGMG geworben werden (VB Bundesministerium des Innern 2002, 190).
53 
Auf seiner Internetseite pries Necmettin Erbakan die Milli Gazete ebenfalls an. Sie sei eine Rose, eine Schönheit im Sumpf der Presse, sie stehe für eine großartige Bewegung, die den islamischen Glauben in der Welt an die Macht bringen werde. Sie gebe den Menschen Richtung und sei diejenige Zeitung, deren Etikett und deren Einfluss am größten sei (VB Bad.-Württ. 2003, 70). Diese Äußerungen Erbakans unterblieben wohl, wenn die Milli Gazete nicht die Ideologie der Milli Görüs teilte und verbreitete. Für einen maßgeblichen Einfluss von Milli Görüs auf die Zeitung spricht weiter eine Äußerung des damaligen IGMG-Vorsitzenden in „Die Welt“ vom 2. Dezember 2001, in der die Rede davon ist, man habe das Sagen bei der Milli Gazete (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 227).
54 
Umgekehrt lässt auch die Milli Gazete keinen Zweifel an ihrer Bindung zur Milli Görüs. Am 14. Januar 2003 heißt es in der Zeitung u.a., die Milli Gazete sei stets unerschrockene Verteidigerin der Anliegen von Milli Görüs gewesen (VB Bundesministerium des Innern 2003, 198). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich dieses Verständnis heute gewandelt hätte.
55 
In Übereinstimmung damit steht auch das Erscheinungsbild der Milli Gazete in Deutschland: Priorität genießt die Berichterstattung zu Themen der Milli Görüs, zu Veranstaltungen der IGMG und deren sozialem Umfeld. Im weiteren finden sich zahlreiche private Anzeigen von IGMG-Mitgliedern (VB Bad.-Württ. 2003, 68 ff., 71; VB Nordrhein-Westfalen 2004, 149; VB Rheinland-Pfalz 2004, 69).
56 
Der Widerspruch der Milli Görüs zum Demokratieprinzip der Bundesrepublik Deutschland kann somit auch anhand verschiedenster Äußerungen in der Milli Gazete nachvollzogen werden:
57 
Danach ist die Religion nicht nur eine Gewissensangelegenheit, sondern eine weltliche und gesellschaftliche Angelegenheit. Ohne die Beachtung der Vorgaben von Scharia, Sunna und Koran sei auf keinen Fall ein muslimischer Fortschritt denkbar (Milli Gazete vom 11. Juli 2003, VB Freie und Hansestadt Hamburg 2003, 59). Ähnlich hieß es bereits am 2. März 2000: „Uns reicht nicht nur unsere eigene Befreiung. Wir setzen uns für die Befreiung der ganzen Menschheit ein ... . Die Befreiung der Menschheit, ihr Wohl und Glück sind über den Koran möglich“ (VB Bundesministerium des Innern 2000, 207). In der Milli Gazete vom 12. Mai 1998 wird aus der Rede des damaligen Vorsitzenden der IGMG Ali Yüksel zitiert, in der es heißt, die Gegner der IGMG verträten das Unrecht, die von ihnen behaupteten und verteidigten Systeme seien damals wie heute zum Untergang verurteilt (VB Bundesministerium des Innern 1998, 161). Die Ablehnung eines säkularen Rechtssystems zeigt sich auch in folgender Äußerung in der Milli Gazete vom 7. August 2001: „Ein religiöser Muslim ist gleichzeitig auch ein Verfechter der Scharia. Der Staat, die Medien und die Gerichtsbarkeit haben nicht das Recht sich einzumischen. ... Die Verbundenheit eines Muslims zur Scharia darf nicht dazu führen, dass er deswegen verurteilt oder ins Kreuzverhör genommen wird“ (VB Bundesministerium des Innern 2001, 219). Weiter heißt es am 22. Juli 2002 in einem Artikel: „Fester Glaube in der heutigen Zeit bedeutet, die Bestimmungen der Scharia und der islamischen Rechtswissenschaft in ihrer Urform zu schützen und anzuerkennen“ (VB Bundesministerium des Innern 2002, 191). Die Ablehnung eines demokratischen Systems im Sinne der Verfassung verdeutlicht auch das nachfolgende Zitat aus der Milli Gazete vom 27. Juli 2004 (VB Bund 2004, 216): “Doch alle Präsidenten, Könige und orientalischen Herrscher dieser Welt verfügen nicht über ein Einspruchsrecht gegen einen einzigen Vers im Buch Gottes. Denn wenn man im sozialen, politischen und individuellen Leben ein anderes System als das System Gottes will, kommt es im gesellschaftlichen Gefüge zu einem Erdbeben.“
58 
Konsequenterweise sind Islamisten, die ihre Dienste und Taten nicht an dem Buch Gottes, der Sunna des Propheten, den Geboten und Prinzipien der Scharia und Mystik ausrichten, auf dem falschen Weg (Milli Gazete vom 11. Juli 2003, VB Bundesministerium des Innern 2003, 199). Schließlich wird in einem Artikel der Milli Gazete vom 7. Juni 2004 (zitiert nach VB Nordrhein-Westfalen 2004, 149) verlautbart, Vision der Milli Görüs sei es, die gesamte Welt auf gerechten Grundlagen neu zu strukturieren.
59 
Die hier deutlich zum Ausdruck kommende religiös-politische Botschaft wird so auch in den Moscheen der IGMG und im Internet verbreitet, oftmals verbunden mit dem Aufruf zum Djihad. So wurden bei einer Predigt in der „Ömer ül Farük Camii“ in Köln am 26. September 2003 die Gläubigen dazu aufgerufen, Staaten mit säkularen Ausrichtungen zu bekämpfen, einhergehend mit der Aufforderung, sich für den gemeinsamen Kampf zu organisieren, denn Gott werde die Muslime beim Djihad unterstützen (Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. November 2003 an BFV Köln sowie weitere Landesämter für Verfassungsschutz).
60 
Anlässlich einer Predigt im April 2002 in einer bayerischen IGMG-Moschee erklärte der Prediger, die Ungläubigen müssten bis in die tiefste Hölle getrieben werden. Man selbst müsse zusammenhalten und sich ruhig verhalten, bis es soweit sei. Es sei alles in Vorbereitung und laufe im Verborgenen (VB Bayern 2003, 171). Im November 2002 hieß es in einer Predigt, man müsse Erbakan gehorsam sein und seine Befehle ausführen. Wenn es verlangt werde, müsse das Leben geopfert werden; jeder Moslem müsse jede Sekunde vorbereitet sein zum Djihad (VB Bayern, a.a.O.).
61 
Die Verbreitung des Islam über die rein religiöse Betätigung hinaus wird auch in einer Äußerung auf der Internetseite der IGMG-USA/Kanada von Anfang 1999 erkennbar, auf der es hieß, die jungen Soldaten der Milli Görüs seien auf die Welt gekommen, um der Welt eine neue Ordnung zu geben, um die Glieder der Kette (der Sklaverei) zu brechen, um den Thron des Tyrannen zu stürzen. Ihr Wegweiser sei der Koran, ihr Führer der Prophet, die Staatsgewalt gehe von Allah aus. Sie, die jungen Soldaten der Milli Görüs, seien als Nachfolger von Eroberern für neue Eroberungen (VB Bundesministerium des Innern 1999, 165).
62 
Auch wenn in offiziellen Erklärungen Krieg und Gewalt eine Absage erteilt werden und die Übereinstimmung mit der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland betont wird, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Vorherrschaft der Scharia auch für Europa und Deutschland angestrebt wird. Bereits am 1. Juni 1998 erklärte der IGMG-Vorsitzende Yüksel, man müsse für eine Eroberung des Islams in Europa kämpfen, aber nicht mit Krieg und Gewalt, sondern mit einem sinnvollen Vorgehen (VB Bundesministerium des Innern 1998, 160). Ein internes Papier der IGMG führt dazu aus, die Aktivitäten und Methoden des An-die-Machtbringens und Vorherrschens des islamischen Rechtes, das größte Ziel und die schönste Aufgabe, müssten in schönster und systematischer Form erklärt werden (VB Bundesministerium des Innern, a.a.O.). So solle nicht der Kern der Dienstleistungen der IGMG, sondern die Form ihrer Darbietung und die Methode der Zeit gemäß neu bewertet werden (VB Bad.-Württ. 2003, 84).
63 
Einer der Wege zur Einflussnahme führt aus Sicht der IGMG über die Teilhabe an politischen Gestaltungsrechten. Dementsprechend wurden die IGMG-Mitglieder über Anzeigen in der Milli Gazete und über die vereinseigene Homepage aufgerufen, die Staatsangehörigkeit ihrer Gastländer anzunehmen (VB Bad.-Württ., a.a.O.). Mit dem Potential der Muslime in Deutschland sei man in der Lage, eine islamische Partei zu gründen, die dann ins Parlament kommen könne (VB Bayern 2003, 173).
64 
Der Senat schließt aus diesen Erkenntnisquellen, dass die IGMG, im Gegensatz zu gewaltbereiten islamistischen Organisationen, unter Ausnutzung der von der Verfassung selbst gebotenen Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten die demokratische Grundordnung und damit die Verfassung der Bundesrepublik überwinden will.
65 
Der Senat vermochte schließlich nicht zu der Einschätzung zu gelangen, die IGMG stelle sich aufgrund von Reformbestrebungen nicht mehr als einheitlich zu beurteilender Block dar oder sie habe gar eine neue Ausrichtung erfahren und sich von der Ideologie Erbakans getrennt: Zwar mag die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP sowie deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum Kurs der AKP geführt haben (VB Berlin 2003, 111). Greifbare Konturen dieser „Diskussion“ lassen sich bislang jedoch nicht erkennen. Ein Reformflügel, der sich innerhalb der Bewegung artikuliert, beispielsweise durch Diskussionsbeiträge, in Arbeitskreisen oder auf Veranstaltungen ist nicht auszumachen, ebenso wenig bestimmte Personen, auf die der Begriff des Reformers zutreffen könnte. Der Verweis auf eine in Gang gesetzte Loslösung von der Ideologie Erbakans ist letztlich nicht an entsprechenden Tatsachen festzumachen, ebenso wenig die Behauptung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, Erbakan habe keinen Einfluss mehr auf Politik und Gestaltung der IGMG. Die Erkenntnisquellen des Senats führen zu einer anderen Einschätzung. Danach prägt und dominiert nach wie vor die traditionalistische Weltanschauung Erbakans die IGMG, ohne für abweichende Auffassungen Raum zu lassen:
66 
Für die IGMG in Deutschland gilt nach wie vor, trotz der politischen Machtverluste in der Türkei und (möglichen) Differenzen über den künftigen Kurs, Erbakan als geistiger Führer der Bewegung (Schiffauer, aaO, S. 45) und Integrationsfigur (so der Milli Görüs-Generalsekretär Oguz Ücüncü, „Die Tageszeitung“ vom 7. Mai 2004 „Es geht darum, uns weh zu tun“). Der Gutachter Schiffauer räumt selbst ein, dass die Führungsspitze in Deutschland noch immer die Zustimmung von Erbakan braucht, um als legitim zu gelten (aaO, S. 48). Darüber hinaus verfüge Erbakan über eine erhebliche, wenn nicht gar unanfechtbare Autorität (Schiffauer, a.a.O.).
67 
Dass Erbakan den Einfluss auf Milli Görüs nicht verloren hat, bekräftigte auch der SP-Vorsitzende Kutan bei einem Empfang des SP-Ortsvereins Ankara. Er hob die Kontinuität der Führungsrolle Erbakans hervor und betonte, dessen Führung der Milli Görüs werde weitergehen (Milli Gazete vom 05. Februar 2004, VB Bund2004, 214). Bereits auf einem Treffen von IGMG-Führungsfunktionären am 22. Juni 2003 kritisierten Redner die AKP und warnten vor einer Lösung von der SP. Auch der zur Wahl als Generalvorsitzender vorgeschlagene Yavuz Celik Karahan betonte in seiner Ansprache die Verbundenheit zu Milli Görüs (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 230; VB Hamburg 2003, 55). So wurden wiederum im Jahr 2004 Grußbotschaften Erbakans bei IGMG-Veranstaltungen in Deutschland live übertragen (VB Bund 2004, 215). Die Dominanz der politischen Zielrichtung Necmettin Erbakans in der IGMG geht darüber hinaus auch aus einem E-Mail Schriftwechsel zwischen einem Kritiker am offiziellen Auftreten der IGMG und einem Funktionär der IGMG hervor, bei dem Letzterer darauf hinweist, an der Idee der „Gerechten Ordnung“ werde festgehalten (VB Nordrhein-Westfalen 2004, 151). Dementsprechend ist bis heute, trotz öffentlicher Demokratiebekenntnisse, keine Loslösung von Erbakan und seiner Ideologie erfolgt (ebenso VB Berlin 2004, 113f.), weder von Seiten der Führungsspitze, noch von Seiten eines - ohnedies nicht greifbaren (s.o.) - Reformflügels.
68 
Zusammenfassend bleibt deshalb festzuhalten, dass mangels eines ernsthaften reformerischen Ansatzes die Absichten der IGMG insgesamt und trotz gegenteiliger Bekundungen, im Kern gegen das in der Verfassung verankerte Demokratieverständnis und damit gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind.“
69 
Dem schließt sich der Berichterstatter in vollem Umfang an. Der Kläger hat die entsprechenden gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen durch seine Vorstandstätigkeit im Ortsverein S. der IGMG von 1998 bis (mindestens) Anfang 2001 auch unterstützt i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG.
70 
Als Unterstützung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ist jede eigene Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. Bestimmung objektiv vorteilhaft ist. Dazu zählen etwa die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - Juris -; Berlit in GK-StAR § 11 StAG RdNr. 96 ff.). Allerdings muss die eine Unterstützung der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation, nicht aber auch deren Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung befürwortet - sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine vereinsrechtlich erlaubten mitgliedschaftlichen Tätigkeiten nach außen vertritt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, zum insoweit verwandten Begriff des „Unterstützens einer Vereinigung, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt“ - Ausweisungs- und besonderer Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative, § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG, NVwZ 2005, 1091).
71 
Dass der Einbürgerungsbewerber sicherheitsrelevante Bestrebungen in diesem Sinne unterstützt, muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drs. 14/533 S. 18 f.). Andererseits genügen allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, nicht. Erforderlich ist eine wertende Betrachtungsweise, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind. Dabei können aber auch legale Betätigungen herangezogen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - Juris -; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.; Berlit, a.a.O. RdNr. 87 ff.). Mit § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellen (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.).
72 
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger die entsprechenden Bestrebungen der IGMG unterstützt hat. Die Tätigkeit eines örtlichen Vorstandsmitgliedes ist im o.g. Sinne ohne weiteres förderlich für die Aktivitäten einer solchen Organisation. Daneben hat der Kläger auch ausdrücklich angegeben, da er im Umgang mit Behörden geübt gewesen sei, habe er für den Verein auch zahlreiche Behördengänge erledigt. Aber auch die vorausgesetzte Erkenn- und Zurechenbarkeit (vgl. oben) seiner Handlungen in Bezug auf die inkriminierten Bestrebungen muss vorliegend bejaht werden. Der Kläger ist - worauf die Beklagte stets hingewiesen hat - ausweislich der zum Vereinsregister vorgelegten „Ernennungsurkunde“ vom 15.02.1998 durch den Vorstand des IGMG Bundesverbandes (A. Yüksel, M. Erbakan, O. Döring) zum örtlichen Vorstandsmitglied ernannt worden, wie dies auch in § 11.2 der ebenfalls zum Vereinsregister vorgelegten örtlichen Vereinssatzung ausdrücklich vorgesehen ist. Darin ist zugleich das Recht des Bundesvorstands normiert, den örtlichen Vereinsvorstand jederzeit abzuberufen. Angesichts der hierarchischen Struktur der IGMG (vgl. oben), wie sie gerade auch durch eine solche Satzungsbestimmung deutlich wird, ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, nur „linientreue“ Mitglieder, die den Zielen der IGMG nicht distanziert gegenüberstehen, kommen für eine solche Vorstandstätigkeit in Frage. Jedenfalls genügt dieser tatsächliche Anhaltspunkt um - wie es § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfordert - die Annahme zu rechtfertigen, der Kläger habe entsprechende Bestrebungen unterstützt.
73 
Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er sich von den nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen abgewandt hat.
74 
Ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfordert mehr als ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen und setzt einen individuellen oder mitgetragenen kollektiven Lernprozess voraus, aufgrund dessen angenommen werden kann, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen auszuschließen ist (vgl. VGH München, Urteile vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 und 5 B 01.1805, jeweils Juris; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 149 ff.). Die Glaubhaftmachung einer solchen Abwendung erfordert zunächst, dass der Einbürgerungsbewerber einräumt oder zumindest nicht bestreitet, früher eine durch § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierte Bestrebung unterstützt zu haben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - Juris -). Der Einbürgerungsbewerber muss zwar zur Glaubhaftmachung der Abwendung die früheren Aktivitäten weder bedauern noch ihnen abschwören (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, InfAuslR 2005, 64). Es muss aber erkennbar sein, aus welchen Gründen sich die persönlichen Rahmenbedingungen verändert haben, wie es etwa durch die Darlegung der Einsicht in die Sinn- und Erfolglosigkeit des bisherigen Bestrebens geschehen kann (vgl. Berlit aaO Rdnr. 155). Der Einbürgerungsbewerber hat die Umstände, die seine Abwendung belegen, so substantiiert und einleuchtend darzulegen, dass man diese Gründe als „triftig“ anerkennen kann; Nachvollziehbarkeit der Erklärung im Hinblick auf einen inneren Gesinnungswandel kann dann genügen, wenn dieser auch durch Handlungen nach Außen hin erkennbar wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO). Liegen die einbürgerungschädlichen Aktivitäten bereits erhebliche Zeit zurück, führt dies zu einer zusätzlichen Herabsetzung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung innerer Lernprozesse (vgl. Berlit aaO Rdnr. 165; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO).
75 
Eine individuelle Abwendung des Klägers von der früheren Unterstützung von gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen der IGMG ist hier nicht glaubhaft gemacht. Der Kläger hat sich mit seinen früheren Aktivitäten weder kritisch auseinandergesetzt noch ein Umdenken vorgetragen. Hinzu kommt, dass der Kläger immer noch bestreitet, früher eine durch § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierte Bestrebung unterstützt zu haben. Schließlich ist das gesamte Verhalten des Klägers auf ein systematisches „Herunterspielen“ seiner Aktivitäten ausgerichtet, das einer glaubhaften Abwendung von diesen Bestrebungen entgegensteht. Nach wie vor ist er - wenn auch einfaches - Mitglied der IGMG.
76 
Auch eine Abwendung der IGMG selbst von den hier zu beurteilenden Bestrebungen - was im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2, letzter Halbsatz StAG ausreichen könnte - ist nicht glaubhaft gemacht. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die IGMG von ihren Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung abgewandt haben könnte, was eine weiter bestehende Nähe zu dieser Organisationen nunmehr als unbeachtlich im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erscheinen ließe (vgl. oben, OVG Koblenz, a.a.O.).
77 
Bereits damit scheidet ein Einbürgerungsanspruch des Klägers unmittelbar nach § 10 Abs. 1 StAG aus.
78 
Insoweit kann dahinstehen, ob weiter auch ein Einbürgerungsanspruch unmittelbar aus § 10 Abs. 1 StAG mit Blick darauf ausscheiden würde, dass dem Kläger nicht abgenommen werden kann, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt (§ 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. StAG). Der Berichterstatter neigt allerdings auch zu der Ansicht, dass ein rein verbales Bekenntnis des Einbürgerungsbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zur Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht ausreicht; dieses Bekenntnis vielmehr auch inhaltlich zutreffen muss und nicht nur eine rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung darstellt (so Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 86 RdNr. 21; a.A. mit beachtlichen Gegenargumenten Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNrn. 126 ff.). § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG verlangt für die Einbürgerung andererseits auch nicht mehr als ein materiell vorliegendes „Bekenntnis“, also nicht darüber hinaus, dass der Einbürgerungsbewerber auch Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit - auch kämpferisch - für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNr. 130). Wenn aber - wie hier (vgl. oben) - tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, so liegt selbstredend nahe, dass das abgegebene Bekenntnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. StAG unzutreffend ist. Zwar kommt der Behörde hier die in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG angeordnete Beweiserleichterung, wonach das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zur Rechtfertigung einer entsprechenden Annahme insoweit genügt, nicht zugute. Jedoch dürfte es sich bei einem solchen Bekenntnis um eine vom Einbürgerungsbewerber zu belegende Tatbestandsvoraussetzung seiner erstrebten Einbürgerung handeln. Ohne besondere Umstände des Einzelfalles kann danach zwar angenommen werden, der ein solches Bekenntnis schriftlich abgebende Einbürgerungsbewerber erfülle die maßgebliche Voraussetzung. Hier jedoch hat der Kläger diesbezüglich selbst Zweifel geweckt (vgl. oben), so dass ihm anzusinnen wäre, das erforderliche entsprechende Bekenntnis noch anderweitig nachzuweisen. Dies kann hier letztlich dahinstehen, da sich die Nicht-Erfüllung der unmittelbaren Anspruchsvoraussetzungen einerseits hier bereits aus § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ergibt (vgl. oben), andererseits der Erfolg der Klage gleichwohl ebenfalls einem anderen Umstand geschuldet ist.
79 
Die Beklagte hat dem Kläger nämlich bereits am 09.06.1999 eine Einbürgerungszusicherung erteilt. Dieses dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 38 LVwVfG) entlehnte Institut, das in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Mehrstaatigkeit angewandt wird, soll einerseits Intervalle mehrfacher Staatsangehörigkeit, andererseits aber auch temporäre Staatenlosigkeit vermeiden (vgl. VGH Ba.-Wü., Urt. v. 06.07.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116). Damit wird im Einbürgerungsverfahren die Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen verbindlich abgeschlossen und dem Einbürgerungsbewerber seine Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachgewiesen wird. Gemäß § 38 Abs. 3 LVwVfG ist die Behörde an die Zusicherung nur dann nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Dieser gesetzlichen Einschränkung entspricht hier auch der der konkreten Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 beigefügte Vorbehalt. Daneben kann die Behörde gemäß § 38 Abs. 2 LVwVfG eine einmal gegebene Zusicherung in entsprechender Anwendung des § 48 LVwVfG zurücknehmen.
80 
Von der einmal gegebenen Zusicherung ist die Beklagte hier nicht gemäß § 38 Abs. 3 LVwVfG befreit. Eine Änderung der Sachlage ist nämlich nicht eingetreten. Der Kläger war bereits seit 1998, also vor Erteilung der Einbürgerungszusicherung, Vorstandsmitglied des örtlichen IGMG-Vereins. Dass die Behörden dies erst nachträglich erkannten, stellt aber keine geänderte Sachlage dar (VGH Ba.-Wü., Urt. v. 02.07.1990 - 8 S 524/90 -, NVwZ 1991, 79). Entsprechend liegt aber auch keine geänderte Rechtslage vor. Der Umstand, dass die sog. „Regelanfrage“ zum Landesamt für Verfassungsschutz erst nach Erteilung der Einbürgerungszusicherung eingeführt wurde (und dann auch im Falle des Klägers erst bei der abschließenden Verfahrensbearbeitung im Jahre 2001 so praktiziert wurde), stellt lediglich eine geänderte Verwaltungs(-verfahrens)praxis dar. Die maßgeblichen Rechtsvoraussetzungen selbst haben sich aber nicht geändert.
81 
Die Beklagte kann sich vorliegend auch nicht darauf berufen, in entsprechender Anwendung von § 48 LVwVfG sei die ursprünglich erteilte Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 zurückgenommen worden. Eine ausdrückliche Rücknahmeentscheidung liegt nicht vor. Zwar wird die Auffassung vertreten, solches sei insoweit nicht erforderlich, es genüge, wenn die Behörde das Vorliegen von Rücknahmegründen im Rahmen des (weiteren) Verfahrens über den tatsächlichen Erlass des zugesicherten Verwaltungsakts berücksichtige (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. § 38 Rz 35.). Dem vermag sich der Berichterstatter aber nur insoweit anzuschließen, als der Umstand einer Rücknahme der ursprünglichen Einbürgerungszusicherung einschließlich der Ausübung des insoweit gebotenen Rücknahmeermessens aus der (endgültig) ablehnenden Entscheidung dann deutlich werden muss und sich die letztgenannte Entscheidung noch innerhalb des von § 48 Abs. 4 LVwVfG vorgegebenen zeitlichen Rahmens hält. Keine dieser Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die angegriffene Verfügung der Beklagten vom 05.09.2003 lässt an keiner Stelle erkennen, dass die Beklagte damit eine Rücknahme ihrer ursprünglichen Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 intendierte. Der Umstand der zuvor erteilten Einbürgerungszusicherung ist an keiner Stelle erwähnt; weder die Vorschrift des § 48 LVwVfG noch eine diesbezügliche Ermessensbetätigung finden sich dort. Daneben erlangte die Beklagte ausweislich der (insoweit auffallend wenig aussagekräftigen) Verwaltungsakten nach der schriftlichen Mitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 07.06.2001 (Verw.-AS 33), die Akten würden dem Innenministerium vorgelegt, bereits am 13.06.2001 (vgl. den Aktenvermerk auf AS 35) durch ein Telefonat mit dem Amtsgericht B. (ohne dass in irgendeiner Weise deutlich würde, was dieses Telefonat veranlasst haben könnte) die Kenntnis, dass der Kläger stellvertretender Vorsitzender des IGMG-Ortsvereins S. war. Selbst wenn in der hier angegriffenen ablehnenden Verfügung vom 05.09.2003 daher zugleich die Rücknahme der vormaligen Einbürgerungszusicherung zu sehen wäre, so wäre die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG überschritten.
82 
Schließlich ist die vorliegende Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 auch nicht deshalb im jetzt maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. oben) unbeachtlich, weil sie von der Beklagten auf den 08.06.2001 befristet wurde. Zwar ist die Beifügung einer solchen Bestimmung grundsätzlich möglich. Der Inhalt einer Zusicherung und deren Bindungswirkung wird neben dem bindenden Versprechen, den zugesicherten Verwaltungsakt zu erlassen, auch von derartigen beigefügten Beschränkungen wie Vorbehalten, Bedingungen, Befristungen usw. bestimmt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rz 7).
83 
Die Beklagte ist jedoch gehindert, sich im vorliegenden Verfahren auf die abgelaufene Frist zu berufen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ), der auf einem allgemeinen Rechtsgedanken beruht und daher auch im öffentlichen Recht gilt (vgl. Ständige Rechtsprechung des BVerwG, z.B. Urt. v. 22.01.1993 - 8 C 46.91 -, NVwZ 1993, 1102) darf sich niemand auf einen Fristablauf berufen, der zuvor allein für das Verstreichen dieser Frist verantwortlich war (Rechtsgedanke aus § 162 BGB). So liegt es hier. Der Kläger hat innerhalb der in der Einbürgerungszusicherung genannten Frist die einzige ihm danach noch auferlegte Bedingung, die Entlassung aus seiner ursprünglichen türkischen Staatsangehörigkeit herbeizuführen, erfüllt. Er erhielt Anfang 2001 die Genehmigung über den Austritt aus der türkischen Staatsangehörigkeit und informierte die Beklagte bereits vorab telefonisch über diese ihm erteilte Genehmigung. Wiewohl ein entsprechender Aktenvermerk fehlt, muss angenommen werden, da die Beklagte ab dem 18.04.2001 mit der Aktualisierung der vorliegenden Unterlagen begann, dass diese Unterrichtung an diesem Tag erfolgt ist. Nachdem aber keine geänderte Sach- und Rechtslage gegeben war (vgl. oben), hätte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt, also noch innerhalb des Gültigkeitszeitraums der Einbürgerungszusicherung, die Einbürgerung des Klägers vollziehen können und müssen. Für den weiteren Zeitablauf war nunmehr allein die Beklagte verantwortlich. Sie ist daher gehindert, im jetzigen Verfahren einzuwenden, die Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 sei wegen Fristablaufs gegenstandslos. Vielmehr ist sie entsprechend dieser Zusicherung verpflichtet, den Kläger einzubürgern.
84 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2003 – 4 K 2234/01 - geändert; die Klage wird abgewiesen

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein im Jahr 1963 in der Türkei geborener türkischer Staatsangehöriger, begehrt die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
Der Kläger reiste im September 1979 zu seinem bereits seit langem in Deutschland ansässigen Vater in das Bundesgebiet ein; ihm wurden zunächst jeweils befristete Aufenthaltserlaubnisse erteilt. Nach einer Ausbildung zum Schlosser nahm der Kläger verschiedene Arbeitsstellen an; zuletzt war er beschäftigt bei der Technischen Entwicklungsgesellschaft für Armaturen mbH in Graben-Neudorf; er befindet sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis.
Am 16.8.1985 erhielt der Kläger durch das Landratsamt Karlsruhe eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis; wenig später schloss er in der Türkei die Ehe mit einer türkischen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen, von denen noch vier im Haushalt des Klägers und seiner Ehefrau leben. Die älteste Tochter ist verheiratet und führt einen eigenen Haushalt. Am 2.8.1989 erhielt der Kläger schließlich eine Aufenthaltsberechtigung. Er ist nicht vorbestraft.
Am 9.3.2000 stellte der Kläger beim Landratsamt Karlsruhe einen Einbürgerungsantrag; die Erklärung über sein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung unterzeichnete er am 1.3.2000 und erneut am 15.1.2001. Auch seine Ehefrau und die Kinder beantragten die Einbürgerung; diese Anträge wurden aber einvernehmlich zurückgestellt.
Nachdem das Innenministerium Baden-Württemberg im Einbürgerungsverfahren der Einbürgerungsbehörde mitgeteilt hatte, es stimme der Einbürgerung nicht zu, lehnte das Landratsamt Karlsruhe den Einbürgerungsantrag mit Bescheid vom 28.5.2001 ab. Zur Begründung bezog es sich auf die Stellungnahme des Innenministeriums, die damit begründet worden war, der Kläger sei Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaften Milli-Görüs (IGMG) in Philippsburg, und diese Vereinigung sei eine extremistische islamische Organisation, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik gefährde.
Der Kläger war von 1989 bis 1991 Sekretär der lokalen Gliederung (Philippsburg) der AMTG (Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V.), der Vorläuferorganisation der IGMG. Von 1992 bis 1995 war er Mitglied in der IGMG, 1995/1996 Vorstandsvorsitzender, von 1996 bis 2000 einfaches Mitglied, von 2000 bis 2004 erneut Vorsitzender und seit 2004 wieder einfaches Mitglied.
Der gegen die Ablehnungsverfügung erhobene Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.8.2001 zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid führt aus, es lägen tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche oder extremistische Betätigung des Klägers vor. Daher komme auch keine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Die IGMG habe totalitäre, islamistische Tendenzen und übe auch antisemitische Agitation aus. Der Kläger sei nicht nur ein Mitläufer dieser Vereinigung, sondern jahrelanger Funktionär und habe sich von ihren Zielen und Vorstellungen in keiner Weise distanziert.
Mit der am 3.9.2001 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
den Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 28.5.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.8.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 9.3.2000 eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
10 
Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, ihm gehe es bei der Vereinstätigkeit um die religiöse Grundversorgung der Muslime in Philippsburg und um die Verbesserung der sozialen Situation der Muslime dort. Nach ihrer Satzung sei die IGMG loyal gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung; sie beachte insbesondere das im Koran verankerte Toleranzgebot. Er unterstütze mit seiner Tätigkeit die Integration der Muslime, insbesondere biete er Jugendlichen in der Gemeinde verschiedene Freizeitmöglichkeiten an. Dass die IGMG, die 240.000 Muslime in Deutschland betreue, einseitig auf die türkisch-islamische Politik ausgerichtet und ein Integrationshindernis sei, sei unzutreffend.
11 
Das beklagte Land hat beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
In der mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht den Kläger und seinen Beistand … (Leiter der Rechtsabteilung und stellvertretender Generalsekretär des IGMG-Bundesverbands) angehört. Auf das Ergebnis der Anhörung wird verwiesen.
14 
Mit Urteil vom 26.2.2003 hat das Verwaltungsgericht unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide den Beklagten verpflichtet, dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen. Zur Begründung der Entscheidung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, es seien keine Anknüpfungstatsachen zu erkennen, die die Annahme sicherheitsrelevanter Aktivitäten des Klägers rechtfertigen könnten. Allein aus der Stellung des Klägers als Vorsitzendem des Ortsvereins Philippsburg der IGMG lasse sich nicht die Annahme rechtfertigen, der Kläger verfolge oder unterstütze Bestrebungen, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik gerichtet seien. In der mündlichen Verhandlung habe sich ergeben, dass der Kläger mit angeblichen verfassungsfeindlichen Einstellungen und Verlautbarungen der IGMG nicht übereinstimme, und zudem lasse sich die IGMG nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisquellen nicht in ihrer Gesamtheit als eindeutig extremistisch bzw. verfassungsfeindlich einstufen. Auch spreche nichts dafür, dass der Kläger sein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung unter einem inneren Vorbehalt oder ohne eine konkrete Vorstellung von der Bedeutung dieses Begriffs abgegeben habe.
15 
Mit Beschluss vom 20.11.2003 hat der Senat auf den rechtzeitig gestellten Antrag des Beklagten hin die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen; nach Zustellung des Beschlusses am 2.12.2003 hat der Beklagte die Berufung nach entsprechender Fristverlängerung durch den Vorsitzenden (Verfügung vom 17.12.2003: bis zum 16.1.2004) am 13.1.2004 begründet und den Antrag gestellt,
16 
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.2.2003 – 4 K 2234/01 - die Klage abzuweisen und dem Kläger die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.
17 
Zur Begründung der Berufung hat der Beklagte ausgeführt: Bei der IGMG handle es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts um eine verfassungsfeindliche Organisation, und es lägen auch ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Verfolgung oder der Unterstützung von Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung vor. Die Zielsetzung der IGMG sei bereits in den angefochtenen Bescheiden ausreichend aufgezeigt worden; sie ergebe sich auch aus den Verfassungsschutzberichten, die sich auf die IGMG bezögen, und aus der Rechtsprechung zu § 86 Nr. 2 AuslG. Die IGMG könne nicht isoliert von der gesamten Milli-Görüs-Bewegung beurteilt werden; dies ergebe sich aus zahlreichen organisatorischen und personellen Verflechtungen und Veröffentlichungen, insbesondere in der Zeitung „Milli Gazete“. In verschiedenen Artikeln dieser Zeitung offenbare sich die extremistische Ideologie der IGMG, was auch entsprechende Verfassungsschutzberichte ausgelöst habe. Der von der IGMG viel zitierte Generationswechsel habe die Organisation inhaltlich und programmatisch nicht tatsächlich verändert; es gehe um eine von der Türkei ausgehende Bewegung zugunsten der Durchsetzung des Islamismus. Soweit die IGMG sich nach außen hin moderat verhalte, handle es sich um taktisches, interessengeleitetes Verhalten, das der Verschleierung des wahren Programms diene.
18 
Der Kläger habe sich als (früheres) Vorstandsmitglied von Philippsburg die Aktivitäten der IGMG zuzurechnen; der Ortsverein führe gemeinsame Veranstaltungen mit dem Landesverband durch und sei auch formell (satzungsmäßig) dem Dachverband unterworfen. Die IGMG-Zentrale bediene sich sogenannter Gebietsvorsitzender und Exekutivräte der einzelnen Gebiete und Abteilungen; ein Vorsitzender eines Ortsvereins könne nicht unabhängig von der Zentrale handeln (Ziff. 8.5 der Vereinssatzung). Eine kritische Distanz des Klägers zu seinem Dachverband und dessen Zielen sei nicht ersichtlich und auch nicht glaubhaft.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Nach seiner Auffassung kann die IGMG nicht als verfassungsfeindliche Organisation bezeichnet werden; es handle sich um eine Organisation, die aus dem traditionellen islamischen Spektrum im Bundesgebiet hervorgegangen sei, die Sichtweise der Gründergeneration jedoch überwunden habe oder auf dem Weg dorthin sei. Der nunmehr bestimmende Einfluss der zweiten Generation richte die Organisation nach ihren Zielen und Aktivitäten auf die Integration der türkischen muslimischen Bevölkerung in die deutsche Gesellschaft aus. Verfassungsschutzberichte allein genügten noch nicht, um im konkreten Fall einen tatsachengestützten hinreichenden Tatverdacht nach § 86 Nr. 2 AuslG zu begründen; dies gelte erst recht bei sog. ambivalenten Organisationen und ihren Mitgliedern. Man müsse die Organisation selbst und in einem zweiten Schritt auch die persönlichen Umstände des Einbürgerungsbewerbers und sein Verhalten bewerten. Wenn eine Organisation moderat auftrete, treffe die Behörde dementsprechend eine gesteigerte Nachweislast. Die erforderliche Gesamtschau umfasse die Beurteilung der Satzung, des Programms oder offizieller Verlautbarungen der Organisation, ebenso aber auch die tatsächliche Organisationspolitik, Äußerungen und Taten von Funktionären und Anhängern sowie das Schulungs- und Propagandamaterial; vereinzelte „entgleisende“ Äußerungen seien irrelevant.
22 
Bei Zugrundelegung dieser Kriterien werde zu Unrecht behauptet, die nach außen moderat auftretende IGMG lasse ein vorbehaltloses Bekenntnis zur bestehenden Rechts- und Gesellschaftsordnung vermissen. Es gebe eine Vielzahl von offiziellen Erklärungen der IGMG, in denen diese vorbehaltlos die bestehende Rechts- und Gesellschaftsordnung  anerkenne. Es handle sich hier um eine auch in der Satzung zum Ausdruck kommende Selbstverständlichkeit. Was man der IGMG konkret vorwerfe, bleibe diffus. Der sog. zweiten Generation gehe es anders als der Gründungsgeneration nicht um die Entwicklung in der Türkei, sondern vorrangig um die Verbesserung der sozialen und rechtlichen Situation der hier lebenden türkischstämmigen Bevölkerung; von den zehn Präsidiumsmitgliedern seien sechs im Bundesgebiet geboren oder im Kindesalter eingereist. Dieser Generation gehöre auch der Kläger an. Im übrigen werde bestritten, dass die „Milli Gazete“ Sprachrohr der IGMG sei; die IGMG habe eine eigene, monatlich erscheinende Verbandszeitung (Milli-Görüs-Perspektive). Diese Zeitung werde anders als die Milli Gazete von den Verfassungsschutzämtern nicht ausgewertet. Selbst wenn lokale Gliederungen der IGMG Anzeigen in der Milli Gazete schalteten, könne daraus nicht der Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit der IGMG insgesamt abgeleitet werden; nicht autorisierte oder bestätigte Beiträge in der Milli Gazete sprächen nicht gegen die IGMG. Die geschichtliche Entwicklung der IGMG und ihrer Vororganisationen zeige, dass sich die extremistischeren Tendenzen abgespalten hätten und im Jahr 1984 in die als „Kalifatsstaat“ bezeichnete Organisation „abgewandert“ seien. Die zentrale Aufgabe der IGMG sei die religiöse Betreuung der Muslime in Deutschland; Einschätzungen der Mitgliederstärke schwankten zwischen ca. 27.000 bis 75.000 Mitgliedern. Es könnten nicht bereits aus der bloßen Mitgliedschaft oder Funktionärstätigkeit Tatsachen im Sinn des § 86 Nr. 2 AuslG erschlossen werden, sondern es bedürfe der die Einzelperson betreffenden Bewertung. Hierauf habe auch der Bundesinnenminister im Jahr 2001 hingewiesen.
23 
Was die rechtliche Seite angehe, so müsse ein entsprechender „Verdacht“ verfassungsfeindlicher Ziele oder Tätigkeiten jedenfalls tatsachengestützt sein und den individuellen Einbürgerungsbewerber betreffen. Es gehe hier um Grundrechtsausübung nicht nur in Bezug auf Art. 2 Abs. 1 GG, sondern auch auf das Glaubensgrundrecht des Art. 4 GG. Dies beschränke die Auslegung des Tatbestands der Einbürgerungshindernisse. Selbst bei einem verfassungsfeindlichen Charakter einer Organisation stelle nicht jedes Mitglied ein Sicherheitsrisiko dar. Im vorliegenden Fall könne aber die Annahme, die IGMG verfolge oder unterstütze verfassungsfeindliche Bestrebungen, nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit getroffen werden. Die Unterscheidung zwischen bloßer Mitgliedschaft und Funktionärstätigkeit sei insofern unergiebig, vor allem wenn die betreffende Organisation insgesamt kein homogenes Bild biete. Der Behörde obliege nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Nachweis dazu, dass auch aus der Sicht des Klägers eine ihm zurechenbare Unterstützung einer der in § 11 StAG inkriminierten Bestrebungen gegeben sei. Eine Position wie die des Klägers, der sich für die Überwindung traditioneller Strukturen und Ziele innerhalb  der Organisation einsetze, sei rechtlich geradezu zu fördern. Auch insofern wirke sich der Generationswechsel innerhalb der IGMG aus; die IGMG werde ihre Zielgruppe, insbesondere die türkische Jugend in Deutschland, auf Dauer nicht an sich binden, wenn sie auf die tiefgreifenden soziokulturellen Veränderungen innerhalb dieser Bevölkerungsgruppe nicht reagiere. Auch die wissenschaftlichen Äußerungen zur IGMG hätten deren Entwicklung der letzten Jahre berücksichtigt und positiv bewertet. Dies gelte etwa für Äußerungen von … aus den Jahren 1996 und 1999 und des Islamwissenschaftlers … aus dem Jahr 2002. Solche positiven Entwicklungen nehme der Beklagte nicht ausreichend zur Kenntnis. Inzwischen sei die Fixierung auf den Blick der Gründergeneration weitgehend aufgehoben. Angesichts der auch von der Bundesregierung geförderten harmonischen Eingliederung der muslimischen Zuwanderer und ihrer in Deutschland aufgewachsenen Kinder in die deutsche Gesellschaft sei eine Ausgrenzung über die Staatsangehörigkeit kontraproduktiv; im Gegenteil könne die IGMG als Integrationspotential genützt werden.
24 
In einem weiteren Schriftsatz hat der Kläger neben umfangreichen Rechtsausführungen Beweisanträge zu Einzelfragen betr. die IGMG, ihre Zielsetzungen, ihre innere Struktur und ihr Verhältnis zu Publikationsorganen angekündigt. Hierzu hat über das Innenministerium Baden-Württemberg das Landesamt für Verfassungsschutz ausführlich schriftsätzlich Stellung genommen.
25 
In einem vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen anhängigen Parallelverfahren sind Gutachten zur Frage der Einschätzung der IGMG erstattet worden (Az. VG Gelsenkirchen: 17 K 5862/02; Sachverständigengutachten von Prof. Dr. …, Frankfurt/Oder; Prof. Dr. …, Marburg). Mit den Beteiligten hat der Senat vereinbart, dass von Seiten des Gerichts nicht selbst Gutachtensaufträge erteilt werden, sondern dass die Gutachten auch in anderer Form (Urkundenbeweis) in das hier anhängige Berufungsverfahren einbezogen werden können. Infolge eines  Befangenheitsantrags gegen die Gutachterin Dr. … im Gelsenkirchener Verfahren hat sich das Verfahren weiter verzögert; die Ablehnung des Befangenheitsantrags durch das VG Gelsenkirchen (Beschluss vom 4.7.2006) ist mit der Beschwerde angegriffen worden, die durch Beschluss des OVG Münster vom 18.9.2007 (19 E 826/06) zurückgewiesen worden ist. Inzwischen hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom 29.11.2007 in dem erwähnten Parallelverfahren den Beklagten zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung verpflichtet; die Berufung ist zugelassen, aber nicht eingelegt worden.
26 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Kläger ausführlich angehört. Außerdem hat der Senat den Generalsekretär der IGMG, Herrn …, sowie Herrn … vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Niederschrift verwiesen.
27 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Landratsamts Karlsruhe (Ausländerakten und Einbürgerungsakten) und des Regierungspräsidiums Karlsruhe (Widerspruchsakten) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor; auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die dem Senat bereits vorliegenden Urteile betr. die IGMG verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung. Zusätzlich hat der Senat neben den im Verfahren in Gelsenkirchen erstatteten Gutachten ... und … ... auch Verfassungsschutzberichte des Bundes (zuletzt: für 2007) und einzelner Bundesländer, insbesondere der Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (jeweils für 2007) und die IGMG betreffende  Zeitungsartikel  in das Verfahren eingeführt, die im einzelnen in der der Niederschrift beigefügten Liste aufgeführt sind.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die nach der Zulassung durch den Senat zulässige und auch rechtzeitig begründete (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) Berufung des Beklagten hat sachlich Erfolg; dem Kläger steht der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), und die Ablehnung des Einbürgerungsantrags ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. Ermessenseinbürgerung zu beanstanden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), so dass das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen war.
29 
Der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung - d.h. Einbürgerung des Klägers vorbehaltlich eine Aufgabe seiner türkischen Staatsangehörigkeit - ist sachlich nicht gegeben; ihr steht ein gesetzlicher Ausschlussgrund (§ 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) entgegen.
30 
Rechtsgrundlage für die begehrte Einbürgerungszusicherung ist § 38 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. den §§ 8 f. des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22.7.1913 (RGBl. S. 583, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union von 19.8.2007, BGBl. I S. 1970). Nach § 40c dieses Gesetzes sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie im vorliegenden Fall - bis zum 30.3.2007 gestellt worden sind, die früher geltenden Vorschriften des StAG anzuwenden, „soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten“. Da die früher geltende Regelung des StAG (s. § 40c und § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG i.d.F. des Gesetzes vom 14.3.2005, BGBl. I S. 721) insofern keine für den Kläger günstigere Regelung enthält - der Wortlaut von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. ist mit dem jetzt geltenden Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG identisch -, hat der Senat die nunmehr geltende Regelung zugrunde zu legen.
31 
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG (n.F.) ist ein Ausländer, der (u.a.) seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf Antrag einzubürgern, wenn er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, oder wenn er glaubhaft macht, dass er sich von einer früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. In engem Zusammenhang mit dieser Einbürgerungsvoraussetzung steht der Versagungsgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach die Einbürgerung ausgeschlossen ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einzubürgernde Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, „es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat“.
32 
Im vorliegenden Fall erfüllt der Kläger die in § 10 Abs. 1 StAG an erster Stelle genannte Voraussetzung eines Anspruchs auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, da er seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Er hat auch das in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG verlangte Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgegeben und der Einbürgerungsbehörde gegenüber erklärt, dass er weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart Bestrebungen verfolgt oder unterstützt (hat), die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bzw. die anderen in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG genannten Rechtsgüter gerichtet sind (Erklärungen vom 1.3.2000 und vom 15.1.2001). Die Frage der inhaltlichen Richtigkeit der damaligen Erklärungen bzw. der ihr zugrundeliegenden subjektiven Einstellung des Klägers (vgl. dazu Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 OE 111/06 -, AuAS 2007, 77, 79; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.2.2008  - 13 S 1169/07 - und Beschluss vom 12.12.2005 - 13 S 2948/04 -, NVwZ 2006, 484; s. auch Dollinger/Heusch VBlBW 2006, 218) und ihr Zusammenhang mit der sog. Einbürgerungskampagne der IGMG ab 2001 und ihren Zielen (vgl. dazu „Werde Deutscher, bleibe Türke“, Spuler-Stegemann, Muslime in Deutschland, 2002, S. 218) kann hier offenbleiben; unabhängig vom (u.U. auch nur subjektiven) Wahrheitsgehalt der Erklärungen scheitert die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung an den Kläger jedenfalls daran, dass der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegeben ist.
33 
Zu dem für die Entscheidung des Senats maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtfertigen nämlich tatsächliche Anhaltspunkte (noch) die Annahme, dass der Kläger Bestrebungen verfolgt oder unterstützt (hat), die im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Diese Anhaltspunkte ergeben sich für den Senat aus der langjährigen Funktionärstätigkeit des Klägers für die IGMG, deren Vorläuferorganisation AMTG und seiner auch jetzt noch bei der IGMG bestehenden durchaus aktiven Mitgliedschaft. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei der IGMG um eine Organisation handelt, die nach ihren Wurzeln und ihrer personellen, organisatorischen und publizistischen Verflechtung mit der türkischen sog. Milli-Görüs-Bewegung so eng verbunden ist, dass deren - gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete - Ziele auch ihr - und damit dem Kläger - zuzurechnen sind (1.). Neuere Entwicklungen innerhalb der IGMG, die den in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG angesprochenen tatsachengestützten Verdacht ausräumen könnten, sind zwar durchaus festzustellen; diese lassen die IGMG in heutiger Sicht eher als eine „diffuse“, inhomogene oder im Umbruch befindliche Organisation erscheinen, die sich sowohl nach innen als auch nach außen um einen dauerhaften Einklang mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bemüht (2.). Solche Bestrebungen innerhalb der IGMG kommen dem Kläger aber einbürgerungsrechtlich nicht zugute, weil sie noch nicht ausreichend konsolidiert sind und der Kläger ihnen auch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zugerechnet werden kann (3.).
34 
1. Nach ganz herrschender Auffassung zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG und zu den vergleichbaren früheren Staatsangehörigkeitsvorschriften bezweckt der hier zu prüfende Tatbestand als Ausschlussgrund eine Vorverlagerung des Schutzes der genannten verfassungsrechtlichen Güter; erforderlich, aber auch hinreichend ist die aus bestimmten Tatsachen gerechtfertigte Annahme eines Sicherheitsgefährdungsverdachts (siehe etwa Berlit in GK-StAR, Rn 66 und 87 und 89 zu § 11 m.w.N.; Hailbronner-Renner, StAR, 2005, Rn 7 zu § 11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.2.2008, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 - 5 C 20.05 -, NVwZ 2007, 956). Anerkannt ist auch, dass die hier verwendeten Begriffe gerichtlich voll überprüfbar sind, dass es insoweit auf eine Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte ankommt und dass die materielle Beweislast für das Vorliegen des Ausschlussgrundes bei der Behörde liegt (vgl. Berlit a.a.O. Rn 74, 86 und 88 und BVerwG, Urteil vom 17.10.1990 - 1 C 12/88 -, BVerwGE 87, 23 - zu § 2 Abs. 1 G 10; s. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.5.2001 - 13 S 916/00 -, VBlBW 2001, 494, und Hess.VGH, Beschluss vom 6.1.2006 - 12 ZU 3731/04 -, NVwZ-RR 2006, 429), wobei es nicht auf einen Erfolg der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen, sondern auf ihre Zielrichtung ankommt (BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. S. 956). In der genannten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass „Unterstützen“ im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG jede Handlung des Ausländers ist, die für Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; es hat allerdings - bezogen auf die Unterschrift unter die sog. „PKK-Erklärung“ - eingeschränkt, nur solche Handlungen seien ein Unterstützen, “die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt“ (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114, 125). Dass in einer Funktionärstätigkeit für eine örtliche Vereinigung (hier: Ortsverein Philippsburg der IGMG) ein derartiges „Unterstützen“ oder sogar ein „Verfolgen“ der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen liegen kann, bedarf keiner näheren Darlegung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 27.2.2006 - 5 B 67.05 - zu OVG Koblenz, Urteil vom 24.5.2005 - 7 A 10953/04.OVG -; Berlit a.a.O. Rn 94.1 und 96 zu § 11). Wegen des Ausreichens “tatsächlicher Anhaltspunkte” sind über eine solche Funktion hinaus ausdrückliche Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung eines Einbürgerungsbewerbers in der Regel (siehe aber auch unten 3.2) nicht erforderlich (s. dazu die Nachweise aus der Rechtsprechung des VGH Bad.-Württ. bei Berlit a.a.O. Rn 99).
35 
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass in der Funktion des Klägers als früherer Vorsitzender der örtlichen IGMG-Gemeinschaft in Philippsburg (1995-1996; 2000 - 2004), in seiner fortdauernden Mitgliedschaft (1992 - 1995; 1996 - 2000; seit 2004) und schon in der Funktionstätigkeit (lokaler Sekretär) der Vorläuferorganisation AMTG (1989 - 1991) ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Verfolgung bzw. (mindestens) Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG anzunehmen sind.
36 
Aktivitäten von Funktionären oder Mitgliedern der IGMG werden in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte überwiegend als einbürgerungsschädlich angesehen (s. etwa VG Mainz, Urteil vom 14.10.2004 - 6 K 251/04 -; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 20.4.2004 - 5 K 2179/03 -, bestätigt durch OVG Koblenz a.a.O.; VG Darmstadt, Urteil vom 25.5.2005 - 5 E 1819/02; VG Stuttgart, Urteil vom 26.10.2005 - 11 K 2083/04 -, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 8.11.2004 - 5 ZB 03.1795 -, juris und Beschluss vom 27.8.2004 - 5 ZB 03.1336 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 21.3.2007 - VG ZA 79,04 -); zum Teil wird zwar von verfassungsfeindlichen Bestrebungen der IGMG ausgegangen, diese werden aber dem konkreten Einbürgerungsbewerber nicht zugerechnet (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.11.2007 - 17 K 5862/02 -). Die Rücknahme einer Einbürgerung wegen Verschweigens einer Betätigung bei Milli Görüs ist andererseits in der Rechtsprechung im Hinblick auf eine nicht eindeutige und offensichtliche einbürgerungsrechtliche Einstufung dieser Vereinigung als rechtswidrig angesehen worden (Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007, a.a.O.; vgl. auch Bock NVwZ 2007, 1251), und in einem Verfahren betreffend die Zuverlässigkeit eines Flughafenmitarbeiters hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, allein die Mitgliedschaft in einer Vereinigung, die verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG verfolge, ohne gewaltbereit zu sein (gemeint: IGMG), schließe die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit nicht aus (BVerwG, Urteil vom 11.11.2004 - 3 C 8.04 -, NVwZ 2005, 450). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Verfahren ebenso wie im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des OVG Koblenz (Beschluss vom 27.2.2006 a.a.O.) die Frage der Verfassungsfeindlichkeit der IGMG nicht selbst überprüft, sondern war revisionsrechtlich an die entsprechende Würdigung und an die Tatsachenfeststellungen der Berufungsgerichte gebunden.
37 
Der Senat geht im vorliegenden Verfahren ebenso wie die weit überwiegende Rechtsprechung davon aus, dass die IGMG aus mehreren Gründen als eine Organisation zu betrachten ist, die (jedenfalls: auch bzw. noch) verfassungsfeindliche Ziele im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt; dies ergibt sich aus ihrer Geschichte und ihrer (auch personellen) Verflechtung mit der türkischen Bewegung von Milli Görüs, mit deren Publikationsorganen und den diese Bewegung tragenden islamistischen Parteien in der Türkei. Bei dieser Bewertung zieht der Senat nicht nur die Selbstdarstellung der IGMG und ihre Satzungen oder offiziellen Verlautbarungen, sondern auch die tatsächliche Organisationspolitik, Äußerungen und Aktivitäten von Funktionären und Anhängern, Schulungs- und Propagandamaterial und der IGMG zurechenbare Publikationen als Entscheidungsgrundlage heran (vgl. dazu Bay. VGH, Beschluss vom 7.10.1993 - 5 CE 93.2327 -, NJW 1994, 748; Hess. VGH, Beschluss vom 7.5.1998 - 24 DH 2498/96 -, NVwZ 1999, 904, jeweils zum Parteienrecht), und in diesem Zusammenhang sind auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes - wenn auch mit minderem Beweiswert - verwertbar (s. etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 7.4.2006 - 3 Bf 442/03 -, NordÖR 2006, 466 und BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 126; s. auch Berlit a.a.O. Rn 76 f. und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.5.2001 a.a.O. betreffend ICCB; zur Beweislast im Verfassungsschutzrecht siehe auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2006 - 1 S 2321/05 -, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 - 6 C 13.07, betr. IGMG). Als durch die Tätigkeit der Organisation gefährdete Verfassungsrechtsgüter kommen hier insbesondere das Demokratieprinzip, die Existenz und Geltung der Grundrechte, der Gedanke der Volkssouveränität und das Gebot der Bindung an Recht und Gesetz in Betracht (zum Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG und ihren Elementen s. Berlit a.a.O. Rn 108 f. insbesondere 111; s. auch Dollinger/Heusch a.a.O. m.w.N.).
38 
Der Verdacht einer Gefährdung dieser Rechtsgüter folgt aus dem der IGMG nach ihrer Herkunft, Einbettung und Positionierung zuzurechnenden Ziel der absoluten Vorherrschaft islamischen Rechtsverständnisses bzw. des Vorrangs islamischer Ge- oder Verbote - etwa der Scharia - vor den nach den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaats zustande gekommenen Rechtsnormen der Bundesrepublik und dem allgemein von Milli Görüs (global) postulierten Konflikt zwischen der westlichen und der islamischen Welt, der alle Lebensbereiche umfassen und mit einem Sieg des Islam enden soll.  Dieses Endziel ist als solches inzwischen in der IGMG zwar nicht mehr allein herrschend und sogar in Frage gestellt (s. dazu unten 2), andererseits jedoch noch nicht mit der einbürgerungsrechtlich erforderlichen Klarheit überwunden. Im einzelnen:
39 
Der Senat geht davon aus, dass es für die Annahme entsprechender Einbürgerungsbedenken nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG noch nicht ausreicht, dass die IGMG durch die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder seit Jahren beobachtet wird (vgl. dazu aber auch BVerwG, Beschluss vom 13.10.1998 - 1 WB 86/97 -, NVwZ 1999, 300 zum Beamtenrecht); es kommt vielmehr zunächst auf eine eigene gerichtliche Gesamtbewertung der Organisation des Klägers an.
40 
Wie in den zuletzt ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen im einzelnen dargestellt, in zahlreichen Darstellungen über die IGMG belegt und im wesentlichen auch bei Zugrundelegung des Klägervortrags unstreitig ist (s. dazu VG Gelsenkirchen a.a.O., S. 13 f. des Urteilsabdrucks; OVG Koblenz a.a.O., S. 8 ff. des Urteilsabdrucks; VG Berlin, S. 7 ff. des Urteilsabdrucks; vgl. auch ..., Die IGMG, Anlage Gutachten ...; Verfassungsschutzbericht - VB - Nordrhein-Westfalen 2007, Nr. 6.12; VB Bad.-Württ. 2007, Nr. 4.5 VB.Bund 2007, Nr. 2.1; „IGMG-Selbstdarstellung“ S. 9 f.) geht die IGMG auf türkische religiöse Gemeinden zurück, die Anfang der 70iger Jahre des letzten Jahrhunderts von türkischen Arbeitsimmigranten gegründet worden waren; zunächst herrschte ein starker Bezug zur Türkei und zu türkischen Parteien vor, wobei der Anschluss an dortige islamische Gruppierungen gesucht wurde. Dazu gehörte die 1972 gegründete religiöse Heilspartei (MSP) unter ihrem Führer Necmettin Erbakan, der Mitte der 70iger Jahre die Parteiprogrammatik „Milli Görüs“ in einem Buch mit diesem Titel konzipiert hatte. Es ging damals um die Entwicklung der Türkei und ihre Hinwendung zur islamischen Welt. Nach dem Verbot der MSP in der Türkei (1980) organisierten sich die Milli-Görüs-Gemeinden in der Türkei mit Unterstützung der MSP-Nachfolgepartei RP (Refah-Partisi; Wohlfahrtspartei), die ebenfalls von Necmettin Erbakan geführt wurde. 1996 bis Juni 1997 war Erbakan türkischer Ministerpräsident. Anfang 1998 wurde die RP wegen ihrer Bestrebungen gegen die laizistische Staatsordnung in der Türkei (Trennung Kirche - Staat) verboten; auch die Nachfolgepartei Fazilet Partisi (Tugendpartei) wurde aufgelöst (2001). Danach spaltete sich die Bewegung in die Saadet-Partisi (SP; Glückseligkeitspartei) unter Erbakan einerseits und die AKP unter der Führung von Erdogan andererseits; die IGMG verblieb im Lager der SP, die gegenwärtig in der Türkei allerdings praktisch keine politische Bedeutung mehr hat (Wahlergebnis 2007: unter 3%, siehe VB Bund 2007 S. 197) und der Erbakan formell auch nicht mehr angehört. Er gilt allerdings nach wie vor als ihre Führungsfigur. Von der IGMG (Vorläufer: AMGT) spaltete sich 1984 die Bewegung um den sog. Kalifatsstaat (unter Kaplan) ab; zahlreiche Mitglieder und Funktionäre (nach Schätzungen ca. 2/3) verließen damals die IGMG. Zum Wiederaufbau der Organisation entsandte Erbakan Anhänger und Funktionäre nach Deutschland (VB Nordrhein-Westfalen 2007, S.110). Im Jahr 1995 organisierte sich die IGMG vereinsrechtlich neu. Unter dem Namen EMUG existiert neben ihr eine weitere rechtsfähige Milli-Görüs-Vereinigung, die sich mit Grundstücksverwaltung und Moscheebau beschäftigt, aber (auch personell) mit der IGMG verflochten ist.
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Die geschichtliche enge Verbindung zur Milli-Görüs-Bewegung in der Türkei, die bereits in der Beibehaltung des Begriffs „Milli Görüs“ im Namen der IGMG zum Ausdruck kommt, wird u.a. in engen und dauerhaften Kontakten deutlich, die nach wie vor zwischen der IGMG und dieser Bewegung in der Türkei bzw. der von ihr getragenen SP bestehen. Dies zeigt sich - wie die Verfassungsschutzberichte einheitlich belegen - nicht nur in der allgemeinen Zielsetzung der IGMG, die Milli-Görüs-Bewegung als solche zu stärken und zu unterstützen, sondern auch in der Teilnahme hoher Funktionäre der SP an Veranstaltungen der IGMG und umgekehrt, in dem Inhalt der Redebeiträge von SP-Funktionären bei Veranstaltungen der IGMG und in der häufigen Zuschaltung von Erbakan zu IGMG-Veranstaltungen, bei denen für Milli Görüs als Bewegung geworben wird. Auch existieren enge personelle Verbindungen zwischen Erbakan und seiner Familie und der IGMG. Ein Neffe Erbakans war längere Zeit Vorsitzender der IGMG in Deutschland, und der Generalsekretär der Parallelorganisation EMUG, ..., ist mit Erbakans Familie verschwägert (zu ihm siehe VB Bund 2007, S. 193 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008). Es gehört schließlich auch zum „Besuchsprogramm“ von IGMG-Angehörigen, wenn diese sich in der Türkei aufhalten, Erbakan und/oder Funktionäre der SP aufzusuchen (auch wenn dies konkret für den Kläger des vorliegenden Verfahrens nicht gilt). Die Funktion von Erbakan als in seiner Autorität unbestrittener „Doyen“ der Milli-Görüs-Bewegung wird auch in der Einstellung der IGMG-Funktionärselite ihm gegenüber deutlich, die nicht nur von kulturell bedingtem Respekt gegenüber einer älteren Führungsfigur geprägt ist, sondern durchaus einkalkuliert, dass ein ernsthaftes Infragestellen der Person Erbakans und seiner Ziele die IGMG in die Gefahr einer Spaltung stürzen würde. Hier findet offenbar die sonst bemerkenswert weit entwickelte Diskursfähigkeit der höheren Funktionäre der IGMG, z.B. ihres in der mündlichen Verhandlung angehörten Generalsekretärs, aber auch sonstiger sich öffentlich äußernder Führungspersönlichkeiten, ihre Grenze. Die durchaus nicht selten öffentlich bekundete Bereitschaft solcher Funktionsträger, sich sachlich/inhaltlich mit Erbakan kritisch auseinanderzusetzen, wird sozusagen in den von außen nicht einsehbaren internen Bereich verschoben; Erbakan wird nach wie vor als Integrationsfigur aufgefasst und verehrt (siehe etwa Ücüncü im Interview mit der taz vom 11.8.2004). Dies mag auch historisch erklärbar sein (zur Fähigkeit zu internen Auseinandersetzungen in der Milli Görüs anlässlich des Abfalls von Kaplan siehe etwa Schiffauer, Die Gottesmänner, 2000, S. 147), dient offenbar aber auch dazu, einen jedenfalls intern als ausreichend stark eingeschätzten „Erbakan-Flügel“ nicht vor den Kopf zu stoßen. Jedenfalls ist die Folge dieser Zurückhaltung, dass Erbakan-Zitate und -Ziele der IGMG zuzurechnen sind. Das bedeutet andererseits nicht, dass mit der erforderlichen Distanzierung von Erbakan einbürgerungsrechtlich von der IGMG eine (möglicherweise integrationspolitisch kontraproduktive) „symbolische Unterwerfung“ verlangt würde (vgl. dazu Schiffauer, zit. bei Minkmar in FASZ vom 17.12.2006).
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Auf eine nach wie vor bestehende Milli-Görüs-Bindung deutet die Rolle hin, die der Tageszeitung „Milli Gazete“ für die IGMG und ihre Mitglieder zukommt. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Milli Gazete als Zeitung - jedenfalls inzwischen - von der IGMG personell und redaktionell getrennt ist und dass die IGMG eine eigene Monatszeitschrift - „Milli-Görüs-Perspektive“ -herausgibt und unter ihren Mitgliedern verteilt; dies ändert aber nichts daran, dass die Milli Gazete als Tageszeitung großen publizistischen Einfluss auf die Mitgliederschaft der IGMG ausübt. Sie ist nach Auffassung des Senats auch ohne offiziellen IGMG-Publikationscharakter doch als Sprachrohr der Milli-Görüs-Bewegung und jedenfalls insofern auch der IGMG zuzurechnen. In diesem Punkt folgt der Senat der entsprechenden Bewertung der Verfassungsschutzämter, die z.B. entsprechende (gegenseitige) Werbeaktionen und Inserierungen hervorheben (siehe etwa VB Nordrhein-Westfalen 2007 S. 111, 112). In der mündliche Verhandlung hat der Kläger selbst ohne weiteres eingeräumt, dass die Mitglieder seines Ortsverbandes generell die Milli Gazete beziehen und lesen. Selbst wenn die Milli Gazete eine kleinere Auflage als die „Milli-Görüs-Perspektive“ haben mag, so hat sie doch als Tageszeitung gegenüber der monatlich erscheinenden offiziellen „Perspektive“ ein traditionell hohes Gewicht bei der Information und Meinungsbildung der IGMG-Mitglieder. Das bedeutet nicht, dass sämtliche in der Milli Gazete abgedruckte Artikel ohne weiteres als Auffassung der IGMG gewertet werden können; die IGMG muss sich aber jedenfalls diejenigen Auffassungen zurechnen lassen, die sozusagen „milli-görüs-typisch“ sind, also mit einer gewissen Regelmäßigkeit, Intensität oder Häufigkeit publiziert werden und ihrerseits mit den Auffassungen Erbakans oder der SP übereinstimmen oder diese propagieren. Das gleiche gilt für den (auch von dem Kläger benutzten) türkischen TV-Sender TV 5, soweit dieser die Ideologie der Milli Görüs transportiert und verbreitet; der Sender soll dafür sorgen, dass das Anliegen von Milli Görüs in der Türkei wieder den verdienten Platz einnehmen soll (s. VB Bad.-Württ. 2007, S. 64). TV 5 berichtet regelmäßig über Milli-Görüs-Vereine in Europa, z.B. darüber, dass Milli-Görüs-Vereine durch ihre Jugendarbeit auf eine Islamisierung Europas hinarbeiten (VB Bad.-Württ., a.a.O. S. 65). Ebenso sind der IGMG die unmittelbar von Erbakan stammenden Erklärungen und Publikationen zuzurechnen, insbesondere die - auch im Besitz des Klägers befindliche  - programmatische Schrift „Milli Görüs“ von 1975, das in den 70iger Jahren erstellte Konzept „Adil Düzen“ - eine Art „Manifest“ von Milli Görüs (siehe VB Nordrhein-Westfalen 2007, S. 109) - und die weiteren Äußerungen Erbakans, die teilweise auf türkische Parteien und allgemein die Milli-Görüs-Bewegung bezogen sind, teilweise aber auch im Zusammenhang mit Veranstaltungen der IGMG abgegeben wurden. Danach stellt sich die (auch) von der IGMG vertretene politische „Ideologie“ von Milli Görüs wie folgt dar:
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In ihren offiziellen Verlautbarungen (Selbstdarstellung, Satzungen) bezeichnet  sich die IGMG als Gesellschaft zur „religiösen Wegweisung“, deren Aufgabe es ist, den Mitgliedern bei der Erfahrung der Gottesnähe zu helfen, durch Sinnsetzungen, Erklärungen und Deutungen Halt im diesseitigen Leben zu geben und sie bei der Praktizierung der Gottesdienste zu unterstützen („Selbstdarstellung“ S. 16); die einzelnen Abteilungen der IGMG haben spezielle Aufgaben. Sowohl in ihrer „Selbstdarstellung“ (S. 24) als auch in ihrer Satzung (Ziff. 3 Abs. 7) erklärt die IGMG, sie bekenne sich zu einer pluralistischen Gesellschaft, in der verschiedene Religionen und Kulturen zusammenleben, zur Rechtsstaatlichkeit und zur Religionsfreiheit und sehe die freiheitlich-demokratische Grundordnung als Basis für ein auf Frieden, Toleranz und Harmonie aufbauendes gesellschaftliches Leben an (Selbstdarstellung a.a.O.); die Satzung spricht ausdrücklich davon, die IGMG achte und schütze die verfassungsmäßig garantierten Rechte und sei loyal gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (a.a.O.). Sowohl die Äußerungen Erbakans als auch die nach den obigen Grundsätzen der IGMG zuzurechnenden publizistischen Äußerungen weisen jedoch (auch) in eine andere Richtung.
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Die Wahlkampfauftritte Erbakans im Vorfeld der türkischen Parlamentswahlen im Juli 2007 verdeutlichen demgegenüber, dass Erbakan unverändert an seinen ideologischen Standpunkten festhält und nach wie vor Imperialismus, Rassismus und Zionismus als zerstörerische, gegen das türkische Volk gerichtete Kräfte anprangert; das Ziel von Milli Görüs ist danach, wieder eine „Großtürkei“ zu etablieren und das türkische Volk erneut zum Herrn über die Welt zu machen (s. VB.Bund 2007, S. 195 mit Zitat Milli Gazete vom 19.7.2007, S. 9). Erbakan geht es nach wie vor um die „Befreiung“ Istanbuls, der islamischen Welt und der Menschheit; Erbakan bezeichnet dies als „heiligen Krieg“ (a.a.O. S. 196; Milli Gazete vom 15.6.2007, S. 1 und vom 20.7.2007, S. 1). Nach der von Erbakan entwickelten Ideologie „Adil Düzen“ ist die Welt in die auf dem Wort Gottes fußende religiös-islamische Ordnung einerseits und die westliche Ordnung der Gewalt und Unterdrückung andererseits aufgeteilt; der letzteren (Batil Düzen) spricht Erbakan jede Existenzberechtigung ab. Die gerechte Ordnung (Adil Düzen) soll dagegen alle Lebensbereiche erfassen und zunächst in der Türkei und danach in der ganzen Welt verwirklicht werden. Zu den klassischen Feindbildern gehört außer der westlichen Welt auch der Staat Israel - meistens als „Zionisten“ umschrieben -, ferner Kommunismus, Imperialismus, Kapitalismus und Christentum (s. Gutachten ..., S. 26; VG Nordrhein-Westfalen 2006 S. 208). Auch der der IGMG gegenüber eher vorsichtig-optimistisch eingestellte Gutachter ... räumt zur Schrift Adil Düzen von Erbakan ein, dass das Adil-Düzen-Konzept mit individuellen Freiheitsrechten, wie sie im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet werden (vgl. Berlit a.a.O. Rn 108 f. zu § 11), unvereinbar ist (Gutachten..., S. 8). Auch nach ... knüpft das Rechtsverständnis Erbakans nicht an Gesetze an, die auf demokratischem Weg zustande gekommen sind, sondern an zeitlose islamische Prinzipien und kulturelle Vorstellungen (Schiffauer, a.a.O., S. 7 f.). Selbst wenn die Äußerungen Erbakans - soweit sie über bloße Grußbotschaften hinausgehen - in der letzten Zeit im Ton maßvoller und abstrakter/allgemeiner geworden sein mögen, wie der Generalsekretär der IGMG in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, lässt sich ein Sinneswandel jedenfalls in der Person dieses für Milli-Görüs-Mitglieder offenbar immer noch charismatischen Führers von Milli Görüs nicht feststellen.
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Bestätigt wird dies durch Äußerungen von Mitgliedern und Funktionären der IGMG in Deutschland bzw. von Milli Görüs in der Türkei, die regelmäßig und in der Zielsetzung gleichlautend in der Milli Gazete veröffentlicht werden. Dass die Veröffentlichungen in der Milli Gazete Bestandteil der Milli-Görüs-Bewegung sind, ist bereits dargestellt worden, die Milli Gazete sieht sich selbst als „Kanal“, um der Nation die „Rettungskonzepte“ der Milli Görüs zu überbringen (s. Milli Gazete vom 27.6.2006, VB.Bund 2006 S. 245). Bezeichnend ist insofern das Zitat des Generaldirektors der Türkeiausgabe der Milli Gazete vom 20.7.2005 (VB-Bund 2005, 219): „Selbst wenn die Milli Gazete aus einem leeren weißen Blatt bestünde, auf dem nur Milli Gazete steht, müsst ihr die Milli Gazete kaufen, um Milli Görüs zu unterstützen ... Wir müssen Gott dafür danken, dass wir Leute der Milli Gazete und damit der Milli Görüs sind, die die Wahrheit sagt und sich auf die Seite der Wahrheit und desjenigen, der im Recht ist, stellt“. Nach der Auffassung der Milli Görüs ist das Gesetz nicht weltlichen, sondern göttlichen Ursprungs; ein gesetzgebendes Organ ist nicht notwendig (s. VB Bund 2006, S. 247; Flyer der IGMG Nürtingen); das Ordnungssystem des Islam lehnt ein säkulares (weltliches) Rechtssystem ab (Milli Gazete vom 5.7.2005, VB Bund 2005, S. 217), und der langjährige Funktionär der IGMG ... sagte auf einer Veranstaltung der Jugendorganisation in der Türkei, die in Europa lebenden Auswanderer „folgen den Befehlungen unseres Hodscha Erbakan.  Wir haben niemals unser Hemd ausgezogen und werden es auch nie tun“ (Milli Gazete vom 29.5.2006, VB Nordrhein-Westfalen 2006, 213). Das Gutachten ... (S. 9 f.), dem der Senat hier folgt, führt aus, dass nach dem Islamverständnis der IGMG die Befolgung der Scharia in der Interpretation von Milli Görüs erforderlich sei; Ziel sei die Herrschaft des Islam in der politischen Ausrichtung von Erbakan. Seit langem wird dementsprechend in der IGMG die Auffassung vertreten, weltliche Herrschaft verfüge über kein Einspruchsrecht gegen einen einzigen Vers im Buch Gottes; wer ein anderes System als das System Gottes wolle, verursache im gesellschaftlichen Gefüge ein Erdbeben (Milli Gazete vom 27.7.2004, VB Bund 2004, 216). Im Innern ist die Milli-Görüs-Bewegung  - der Rolle Erbakans entsprechend - nach dem Führerprinzip aufgebaut; dies gilt jedenfalls für die Jugendorganisation (s. Milli Gazete vom 8.11.2007, VB Baden-Württemberg S. 69). Dementsprechend wurde auf dem ersten Internationalen Milli-Görüs-Symposium Ende Oktober 2006 in Istanbul der Leitgedanke vom Aufbau einer neuen Weltordnung auf der Grundlage der Milli Görüs propagiert; ihr Gegenbild ist die „rassistische unterdrückerische, kolonialistische Ordnung“ (VB Baden-Württemberg S. 68 mit Hinweis auf eine Webseite vom 27.10.2006). In den Augen Erbakans (Äußerung auf einer SP-Veranstaltung in Istanbul) wird die Menschheit heute mit dem „Demokratie-Spiel“ hereingelegt; die Demokratie sei kein Regime mehr, in dem sich das Volk selbst regiere, sondern sie werde zu einem Regime, das das Volk für seine Zwecke instrumentalisiere (Milli Gazete vom 15.10.2007, S. 1 und 8, VB.Bund 2007, 197). Sogar bei der aus Milli-Görüs-Sicht wesentlich gemäßigteren (und deshalb mehrfach von Erbakan angegriffenen) AKP scheint der Slogan, die Demokratie sei wie eine Straßenbahn, bei der man aussteige, wenn man sein Ziel erreicht habe, gängig zu sein (siehe Gutachten ... S. 37). Aufgabe des einzelnen Milli-Görüs-Anhängers ist es in dieser Sicht, die notwendigen Maßnahmen dafür zu treffen, dass der Islam zur Herrschaft gelangt (Milli Gazete vom 9.6.2007, S. 17, VB Bund 2007, 201). Insofern weist die Tätigkeit für Milli Görüs jedenfalls in den Augen eines Mitglieds der Jugendabteilung der IGMG Düsseldorf durchaus Elemente einer Mission und eines Kampfes (ohne Kompromisse) auf (Internetseite der Jugendabteilung der IGMG Düsseldorf, 16.10.2007, VB Bund 2007, S. 202).
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Insgesamt ergibt sich aus diesen Verlautbarungen, dass jedenfalls wesentliche Strömungen innerhalb der IGMG den Leitideen Erbakans folgend einen Absolutheitsanspruch verfolgen, der mit der Ablehnung westlicher Werte, des westlichen Staatssystems, der Freiheitsrechte und insbesondere des grundgesetzlichen Prinzips der Volkssouveränität und der Geltung der verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetze nicht vereinbar ist. Zwar wirkt auch eine in traditionalistischen religiösen Überzeugungen gründende antiemanzipatorische und patriarchalische Grundhaltung als solche noch nicht einbürgerungshindernd (so Berlit a.a.O. Rn 109); die Milli-Görüs-Bewegung verlässt in den genannten Zielen jedoch den grundrechtlich durch Art. 4 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Raum. Wenn die weltliche Gewalt uneingeschränkt religiös-weltanschaulichen Geboten unterworfen wird, die ihrerseits verbindliche Vorgaben für die Gestaltung der  Rechtsordnung enthalten, Auslegungsrichtlinien für die Auslegung und Anwendung staatlicher Rechtsgebote darstellen und im Konfliktfall sogar Vorrang vor dem staatlichen Gesetz genießen sollen, gefährdet dies im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die freiheitliche demokratische Grundordnung. Nach der Weltanschauung von Milli Görüs darf die Politik z.B. ihre Unabhängigkeit von der Scharia gerade nicht erklären (s. Milli Gazete von 5.7.2005, VB.Bund 2005, S. 217).
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2. Allerdings ist nicht zu verkennen - und davon geht auch der Senat im vorliegenden Verfahren aus -, dass die IGMG trotz ihrer Verwurzelung in der türkischen Milli-Görüs-Bewegung, trotz der engen Verbindung  mit deren eigenen Publikationen und trotz der oben dargestellten personellen und organisatorischen Kontakte zu Erbakan und zur SP zum gegenwärtigen (entscheidungserheblichen) Zeitpunkt nicht mehr als eine homogene und - bezogen auf die Frage der Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - in ihrer Zielrichtung einheitliche Bewegung anzusehen ist. Die IGMG selbst nimmt für sich in öffentlichen Verlautbarungen - bekräftigt durch ihren Generalsekretär in der mündlichen Verhandlung - in Anspruch, hinsichtlich ihrer Verfassungsnähe verglichen mit der ersten Immigrantengeneration, also sozusagen den „Gründervätern“, einen aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung relevanten Wandel durchgemacht zu haben (vgl. auch dessen Interview in der TAZ vom 7.5.2004, S. 4-5), und die Existenz reformorientierter Kreise innerhalb der IGMG mit dem Ziel, sich von den ursprünglichen politischen Idealen der Milli-Görüs-Bewegung Erbakans abzusetzen und die Integration der türkischen Muslime in Deutschland auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes zu fördern, wird auch sonst anerkannt. Sie ergibt sich z.B. schon aus den im Gutachten ... herausgestellten Äußerungen des früheren Generalsekretärs M.S. Erbakan (s. Gutachten S. 11 ff., 14, 28, insbesondere 16-30), und auch das Gutachten ... stellt - wenngleich zurückhaltender - unterschiedliche Strömungen und Positionen innerhalb der IGMG fest (S. 48 f.). Wenn dieses Gutachten gleichwohl „reformatorische Ansätze ... von der Führungsspitze her“ nicht erkennt (a.a.O. S. 48), so schließt sich dem der Senat in dieser Zuspitzung nicht an. Bereits die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP und deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 haben innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum (wesentlich gemäßigteren) Kurs der AKP geführt (s. dazu VB Berlin 2003, 111, zitiert bei OVG Koblenz a.a.O. und VB Berlin 2005, S. 284 f., zitiert bei VG Berlin a.a.O., S. 11). Der Generationenwechsel und die im Vergleich zur ersten Immigrantengeneration völlig veränderte Situation späterer, schon in Deutschland geborener und aufgewachsener türkischer Staatsangehöriger hatte nach der Literatur zur IGMG tiefgreifenden weltanschaulichen Neuentwicklungen innerhalb der IGMG zur Folge (s. dazu Kücükhüseyen, Türkische politische Organisationen in Deutschland, Broschüre der Konrad-Adenauer-Stiftung Nr. 45, August 2002, S. 23 m.w.N). Bei deren Bewertung war man allerdings eher vorsichtig  (siehe etwa K. Schuller in FASZ vom 18.4.2004: „noch zu früh“). Auch die Verfassungsschutzberichte der neueren und neuesten Zeit erkennen eine solche Weiterentwicklung der IGMG insbesondere im Hinblick auf die Frage der Verfassungsfeindlichkeit an (s. insbesondere VB Nordrhein-Westfalen 2007 vom 29.3.2008, S. 110 und 112). Ob es sich hier (nur) um einen Generationenkonflikt handelt oder ob die Grenzen zwischen den einzelnen Strömungen nicht vielmehr kulturell und mentalitätsbedingt sind, wie der Generalsekretär der IGMG in der Verhandlung andeutete, kann hier offenbleiben. Nach der Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen sind jedenfalls in der von ihm beobachteten IGMG trotz der noch immer vorhandenen Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer (islamistischer) Bestrebungen seit Jahren Tendenzen einer allmählichen Loslösung von islamistischen Inhalten zu beobachten. Der Einfluss Erbakans auf Personalentscheidungen der IGMG wird als „zurückgehend“ beurteilt, und als ein Ergebnis des Symposiums Ende 2007 in Bonn geht der Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen davon aus, dass die IGMG von einem Anhängsel einer extremistischen politischen Bewegung mit religiöser Verankerung inzwischen zu einer eigenständigen religiösen Gemeinschaft geworden ist (a.a.O.); er spricht von “guten Gründen” für die Annahme, die neue Generation der Funktionärsebene teile die ideologischen Vorgaben Erbakans nicht mehr (a.a.O. S. 110). Der auch vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörte Generalsekretär der IGMG hat bei dem genannten Symposium nach der Wertung des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen in seinem Schlussvortrag „ein in seiner Klarheit und Offenheit bemerkenswertes Bekenntnis“ abgelegt, das als „Absage an überkommene ideologische Vorstellungen“ bewertet wird (a.a.O. S. 113: Es sei ”nicht schmerzlich, sich einzugestehen, dass man auf der Suche nach vermeintlich islamischen Antworten auf gesellschaftliche Grundsatzfragen erkennt, dass bewährte Konzepte wie Demokratie und soziale Marktwirtschaft dem eigenen Ideal von einem auf Gerechtigkeit fußenden System am nächsten kommen…”). Auch der Senat hat in der mündlichen Verhandlung bei der ausführlichen Anhörung des Generalsekretärs, der immerhin ein entscheidendes Amt innerhalb der IGMG innehat und sie repräsentiert (s. dazu VB Bund 2007 S. 194 und „IGMG-Selbstdarstellung“ S. 20: Pflege der Beziehungen der Gemeinschaft zu anderen gesellschaftlichen Gruppen; Ansprechpartner zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft) und von daher auch die Ausrichtung der IGMG mit Öffentlichkeitswirkung mitbestimmen kann, den Eindruck gewonnen, dass jedenfalls von seiner Seite aus keine Infragestellung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung befürchtet werden muss; dem Generalsekretär geht es vielmehr offensichtlich eher darum, im Interesse der nunmehr heranwachsenden Generation der Milli-Görüs-Mitglieder und ihrer Integration auf einen Konsens zum Demokratieprinzip und zu den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinzuwirken und die Vereinbarkeit dieser Grundprinzipien auch mit der religiösen Fundierung der IGMG im Islam zu verdeutlichen. Dass es sich hier um bloße taktische Manöver der IGMG-Spitze handelt („vorsichtiger geworden“, siehe Gutachten ... ... S. 47), nimmt der Senat nicht an, zumal die IGMG insofern - etwa was den Beitritt der Türkei zur EU angeht - auch Spannungen mit den Milli-Görüs-Anhängern in der Türkei in Kauf genommen hat (siehe Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008). Im Übrigen kann ohnehin davon ausgegangen werden, dass mehrfache und ausdrückliche Bekenntnisse zur Verfassung - wie sie mehrfach abgegeben worden sind -  auch „nach innen“ langfristige Wirkungen haben (zum Problem einer sog. „doppelten Agenda“ siehe ... Gutachten S. 50; vgl. auch J. Miksch in FR vom 14.4.2005, speziell zur IGMG). Die genannten Wandlungstendenzen sind - wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung - auch von der Rechtsprechung anerkannt worden (VG Berlin a.a.O., S. 14 f.; VG Gelsenkirchen, a.a.O. S. 21 ff.; OVG Koblenz a.a.O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Wenn auch diese Gerichtsentscheidungen noch nicht zu dem Ergebnis gekommen sind, dass der festzustellende Wandlungsprozess bereits zu einem im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG positiven Abschluss gekommen ist, so ist doch jedenfalls nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die IGMG inzwischen nicht mehr als homogen-einheitliche, im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädliche Organisation zu betrachten ist; sie erscheint vielmehr als eine islamisch fundierte Gemeinschaft, in der mehrere starke Strömungen, also durchaus auch vor § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG unverdächtige, festzustellen sind. Dies entspricht auch der Einschätzung der IGMG durch den gegenwärtigen Bundesinnenminister, der einer pauschalen „Vorverurteilung“ von Milli-Görüs- bzw. IGMG-Mitgliedern mehrfach öffentlich entgegengetreten ist und für eine differenzierte Bewertung eintritt („verschiedene Strömungen“, „heftige (interne) Spannungen“ vgl. Interview in FASZ vom 2.3.2008 und schon vom 22.4.2004). Auch zeigt das Verhalten der IGMG bei der sog. Islamkonferenz trotz noch immer bestehenden Unklarheiten im Detail (zum dortigen Verhalten des IGMG-Mitglieds ... in der Diskussion der später verabschiedeten „Eckpunkte“ - diese zit. in FR vom 14.3.2008 - s. Rüssmann in FR vom 26.6.2007 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008), dass sich die IGMG jedenfalls nicht mehr durchweg einem ernsthaften Bekenntnis zu der verfassungsrechtlichen Grundordnung verweigert. Dass sie sich andererseits einer Forderung nach Assimilierung an eine deutsche „Leitkultur“ oder einem Bekenntnis zu ihr (unabhängig von den verfassungsrechtlich verbindlichen Vorgaben der Einbürgerung) verweigert (vgl. dazu den Streit um die Begriffe „Werteordnung des GG“ oder „Werteordnung, wie sie sich auch im GG widerspiegelt“ , zit. bei Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008, Mönch in Tagesspiegel vom 14.3.2008 und Preuß/Drobinski in SZ vom 13.3.2008),  steht dem nicht entgegen; derartiges  könnte einbürgerungsrechtlich auch nicht verlangt werden. Insofern sieht der Senat die IGMG nach den ihm vorliegenden Erkenntnisquellen inzwischen als eine Organisation an, die in relevanten Teilen gewissermaßen auf dem Weg zu einer Abwendung von ihren im Sinn des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlichen Wurzeln ist.
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3. Hieraus folgt für das Begehren des Klägers: Ebenso wie das Gesetz im Einzelfall bei der Prüfung einer Unterstützung einbürgerungsschädlicher Bestrebungen die Glaubhaftmachung einer „Abwendung“ verlangt, wird dies auch für die Beurteilung der Mitgliedschaft bei Personenvereinigungen zu gelten haben; auch bei diesen genügt ein bloß äußeres, zeitweiliges oder situationsbedingtes Unterlassen solcher Bestrebungen für die Annahme einer Abwendung noch nicht, wenn dies auch hierfür ein Indiz sein kann (s. dazu Berlit a.a.O. Rn 152 zu § 11 mit Hinweis auf Bay.VGH, Urteil vom 27.5.2003 - 5 B 01.1805 -, juris und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64). Wenn auch eine Art „Abschwören“ oder eine rückwirkende Distanzierung von der eigenen Geschichte nicht unbedingt verlangt werden kann (s. dazu Berlit a.a.O. Rn 153 m.w.N.), bedarf es doch für die Glaubhaftmachung eines entsprechenden „Kurswechsels“ deutlicher Anhaltspunkte. So würde es z.B. nach Auffassung des Senats nicht ausreichen, wenn eine Organisation mit (auch) einbürgerungsschädlicher Zielsetzung für die Überwindung dieser Tendenzen lediglich auf den Zeitablauf oder die Erwartung setzen würde, eine neuen Mitgliedergeneration werde das Problem sozusagen von selbst erledigen. (So wird z.B.  auch in neuerer Zeit noch beobachtet, dass jedenfalls bisher in der IGMG „die Alten“ nach wie vor „das Geld und das Sagen“ haben, siehe Wehner in FASZ vom 9.3.2008). Insofern ist es gewissermaßen eine einbürgerungsrechtliche Obliegenheit der IGMG, „Reformer und Betonköpfe“ abzugrenzen und die erforderliche interne Diskussion selbst zu führen (so der auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angehörte ... vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, zit. bei Thelen in Stuttgarter Zeitung vom 1.12.2007). Entsprechende Nachhaltigkeit kann im Einbürgerungsverfahren wegen der Vorverlagerung des Schutzes von Verfassungsgütern nach Auffassung des Senats durchaus verlangt werden.
49 
Da die IGMG die vielfach von ihr erwartete ausdrückliche Distanzierung von den bisherigen (verfassungsfeindlichen) Zielen der Erbakan-Bewegung noch nicht geleistet hat, kann nach den oben dargestellten Grundsätzen jedenfalls eine generelle dauerhafte und intern belastbare  „Umorientierung“ der IGMG als Gesamtorganisation noch nicht angenommen werden. Wegen des ambivalenten Charakters der IGMG steht aber andererseits auch nicht gewissermaßen automatisch fest, dass bei jedem Mitglied oder Funktionsträger der IGMG ausreichende Anhaltspunkte für einbürgerungsfeindliche Bestrebungen oder Unterstützungshandlungen anzunehmen sind. Es kommt bei einer solchen Konstellation vielmehr zusätzlich (ausnahmsweise) auf die Einstellung des jeweiligen Einbürgerungsbewerbers als eines Mitglieds oder Funktionärs der IGMG an (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 27.2.1006 - 5 B 67/05 zu OVG Koblenz a.a.O.); es ist - mit anderen Worten - zu entscheiden, ob der einzelne Einbürgerungsbewerber die Organisation gewissermaßen als Ganzes d.h. einschließlich ihrer einbürgerungshindernden Ziele mitträgt - was bedeuten würde, dass sie ihm auch zuzurechnen sind - oder ob in seiner Person ein Verhalten vorliegt, das nach Intensität, Eindeutigkeit und Nachhaltigkeit einer individuellen „Abwendung“ im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gleichgestellt werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich der Betroffene innerhalb der widerstreitenden Strömungen einer Gemeinschaft so klar positioniert, dass bei einem individuellen einbürgerungsschädlichen Verhalten wegen „Abwendung“ im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG der bisherige tatsachengestützte Verdacht verfassungsfeindlicher Betätigung oder Unterstützung entfallen würde. Mit anderen Worten: Ein Mitglied oder einen Funktionär einer Vereinigung, der sich intern ausreichend deutlich von deren verfassungsfeindlichen Strömungen distanziert, sie überwinden will und geradezu einen verfassungsfreundlichen Kurs zu seinem Ziel macht, ist einbürgerungsrechtlich nicht schlechter zu behandeln als ein Einbürgerungsbewerber, der sich von eigenen früheren verfassungsfeindlichen Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG abgewandt hat. Die hier maßgebenden Kriterien lehnen sich an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der „Abwendung“, aber auch zum Unterstützungsbegriff an; danach sind nur solche Handlungen ein „Unterstützen“ im Sinn der hier zu prüfenden Vorschrift, „die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt“ (BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. und Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 28.03 -, BVerwGE 123, 125; ganz ähnlich die vergleichbare - s. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.5.2001 a.a.0. S.493 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerwG; kritisch Berlit a.a.0. Rn. 69 - Problematik der Einstellungsüberprüfung von Beamtenbewerbern (s. Hess.VGH, Urteil vom 7.5.1998 - 24 DH 2498/96 -, NVwZ 1999, 906).
50 
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass im Fall des Klägers eine ausreichend tragfähige Distanzierung von einbürgerungsschädlichen Tendenzen innerhalb der IGMG nicht angenommen werden kann. Zwar hat die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung gezeigt, dass ihm selbst solche Tendenzen und Einstellungen nicht vorzuwerfen sind (3.1); es fehlt aber gerade an tatsächlichen Grundlagen für die Annahme, dass der Kläger sich von den überkommenen, oben dargestellten typischen Milli-Görüs-Vorstellungen abgewandt hat (3.2).
51 
3.1 Dem Kläger selbst sind keine Äußerungen und Aktivitäten vorzuwerfen, die im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlich wären; weder seine Anhörung vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat noch die dem Senat vorliegenden Akten der Einbürgerungsbehörde oder die Erkenntnisses des Landesamts für Verfassungsschutz geben insofern etwas her. Dass im Verwaltungsverfahren sich zwei Mitbürger gegen eine Einbürgerung des Klägers gewandt hatten, mag auf persönlicher Aversion oder auf dem Einsatz des Klägers für eine islamisch akzeptable Schulspeisung beruhen und gibt jedenfalls keinen konkreten Hinweis auf persönliche verfassungsfeindliche Aktivitäten.
52 
3.2. Andererseits hat sich aber für den Senat aus der Biografie des Klägers und aus seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung ergeben, dass er eher als „traditioneller Milli-Görüs-Mann“ anzusehen ist und jedenfalls den oben dargestellten Reformbestrebungen innerhalb der IGMG nicht zugezählt werden kann. Zunächst fällt auf, dass - anders als die Verfassungsschutzberichte des Bundes, Berlins oder Nordrhein-Westfalens - der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg (2007) auf Aspekte einer Umorientierung der IGMG in seinem Beobachtungsbereich nicht eingeht; diese werden nicht einmal angedeutet. Dem kann eine (enge) Interpretation der Aufgaben des Verfassungsschutzes zugrunde liegen, u.U. aber auch eine grundsätzlich abweichende Bewertung der IGMG oder  möglicherweise auch die unausgesprochene Feststellung, jedenfalls im Bereich Baden-Württembergs seien derartige Tendenzen nicht zu erkennen. Diese Frage kann hier aber offenbleiben; es liegen jedenfalls nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger konkret und erkennbar in seinem IGMG-Einwirkungsbereich eine Umorientierung der IGMG im oben dargestellten Sinn unterstützt oder unterstützen würde.
53 
Dies folgt bereits aus den Einzelumständen, unter denen das politisch-religiöse Engagement des Klägers in der Milli-Görüs-Bewegung begonnen hat; er war 1989 bis 1991 Sekretär der AMTG - einer Vorläuferorganisation -und danach von 1992 an Gründungsmitglied und später führender örtlicher Funktionär, begann sein Engagement also zu Zeiten, in denen die oben dargestellten Reformbestrebungen innerhalb der IGMG für Gründungsmitglieder eines örtlichen IGMG-Vereins wohl kaum bemerkbar gewesen sein dürften. Es kommt hinzu, dass die IGMG bis etwa Mitte der 90er Jahre ihre Geschlossenheit nach außen besonders betont hat (siehe Schiffauer, Die IGMG, zitiert in VG Berlin, a.a.O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Der Kläger bezeichnete die Milli Gazete in der mündlichen Verhandlung auch als seine am meisten und jedenfalls regelmäßig gelesene Zeitung; die IGMG-Perspektive spielt demgegenüber für ihn offenbar nur eine geringe Rolle. Der Fernsehkonsum des Klägers ist auf TV 5 ausgerichtet, also einen Sender, in dem Erbakan oft auftritt bzw. seine Ideen propagiert werden. Der Kläger hat dazu erklärt, anfangs habe er den Fernsehapparat abgeschaltet, wenn Erbakan gekommen sei, aber danach habe sich das geändert. Offenbar spielt Erbakan, (der den Kläger wohl mehr und mehr überzeugt hat) als politische Leitfigur auch heute noch bei ihm eine entscheidende Rolle, wenn auch er selbst nicht - wie offenbar mindestens ein anderes Mitglied der IGMG Philippsburg - bei seinen Urlaubsbesuchen in der Türkei persönlichen Kontakt mit Erbakan oder Funktionären der SP hatte. Das Ziel Erbakans umschreibt der Kläger auch nur ganz allgemein damit, Erbakan wolle den Menschen helfen, Erbakan wolle etwas Gutes machen, und deswegen werde er auch geliebt. Was dieses „Gute“ jeweils ist, konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht näher konkretisieren (mit Ausnahme der Forderung, alle sollten gleichbehandelt werden); insofern liegt für den Senat die Annahme nahe, dass er sich inhaltlich hier pauschal an Erbakan orientiert. Dementsprechend steht der Kläger offenbar auch der Saadet-Partisi nahe; eine Wahl dieser Partei hält er nur deswegen nicht für sinnvoll, weil die (türkischen) Gerichte ohnehin „alles kaputtmachten“. Auch Erbakans Schriften (Milli Görüs; Adil Düzen) sind dem Kläger bekannt oder in seinen Besitz. Dass es eines der Ziele Erbakans ist, religiöse Gebote über die staatlichen Grundnormen zu setzen, „glaubt“ der Kläger nicht; er erklärte dazu, das werde zwar so gesagt, aber dafür gebe es keinen Beweis. Im übrigen war offensichtlich, dass dem Kläger die Existenz unterschiedlicher Richtungen innerhalb der IGMG nicht bekannt, jedenfalls aber auch unwichtig war; auf eine entsprechende Frage erklärte er lediglich, unterschiedliche Ansichten gebe es ja in jeder Familie.
54 
Die Ablehnung des Einbürgerungsantrags und die Begründung dieser Entscheidung waren für den Kläger auch kein Anlass, das Verhältnis der IGMG zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung für sich zu problematisieren und hier eine eigene persönliche Position zu beziehen. Auch wenn der Kläger von seiner Vorbildung her naturgemäß nicht mit der „Funktionärselite“ wie etwa dem Generalsekretär der IGMG verglichen werden kann, hätte doch auch von ihm erheblich mehr an Beschäftigung mit dieser (entscheidungserheblichen) Problematik erwartet werden können. Da es hier nicht um schwierige religiöse Fragen geht, wäre dies auch keine Überforderung (zu dieser Gefahr bei „einfachen Muslimen“ siehe Schiffauer Gutachten S. 28).
55 
Der Kläger hat damit im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG insgesamt nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass er sich von der Unterstützung der noch immer existierenden verfassungsfeindlichen Bestrebungen innerhalb der IGMG abgewandt hat oder abwendet. Die Tatsache, dass er inzwischen keine herausgehobene Funktion im Ortsverein mehr bekleidet, genügt hierfür nicht, zumal er noch bei der letzten Wahl als Vorsitzender kandidierte. Eine Abwendung im Sinn der genannten Vorschrift setzt grundsätzlich einen gewissen Lernprozess (siehe Berlit, a.a.O. Rn 155) und die Einräumung früherer Unterstützung voraus (Berlit a.a.O. Rn 153 m.w.N.); an beidem fehlt es im vorliegenden Fall.
56 
Damit muss der Senat bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der Position des Klägers davon ausgehen, dass er sich als Mitglied und langjährige Funktionär der IGMG in Philippsburg die „traditionelle“ - aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungshindernde - Einstellung der Milli-Görüs-Bewegung, wie sie oben beispielhaft aufgeführt ist, im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. m.w.N.) zurechnen lassen muss. Die genannten Bestrebungen der Milli-Görüs-Bewegung sind jedenfalls als solche für ihn erkennbar und von seinem Willen auch getragen, so dass im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausreichende (tatsachengestützte) Anhaltspunkte für eine entsprechende noch aktuelle Unterstützung gegeben sind. Sein Engagement für die IGMG beschränkt sich auch nicht auf den rein technischen oder organisatorischen Bereich oder auf religiös motivierte Hilfsdienste (vgl. dazu VG Gelsenkirchen a.a.O. S. 27 des Urteilsabdrucks). Die langjährige Tätigkeit als Gründungsmitglied der örtlichen IGMG-Vereinigung ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ein ausreichendes Indiz dafür, dass er sich grundsätzlich mit den (auch: durch Erbakan bestimmten) Zielen der Milli-Görüs-Bewegung identifiziert. Ein ausreichender Verdacht im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits dann begründet, wenn ein Umstand vorliegt, der bei objektiver und vernünftiger Sicht auf eine Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen hinweist (vgl. etwa OVG Koblenz a.a.O., S. 18. des Urteilsabdrucks), und dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei langjähriger Mitwirkung in einer Organisation in hervorgehobener Stellung im Ortsverein grundsätzlich der Fall (siehe BVerwG, Beschluss vom 27.2.2006 - 5 B 67.05 -; siehe auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 8.11.2004 - 5 ZB 03.1797 -, juris).
57 
Der Kläger kann schließlich auch nicht nach § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerungszusicherung erhalten; im Hinblick auf das Vorliegen des zwingenden Versagungsgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist die Entscheidung des Beklagten, die Einbürgerung zu verweigern, rechtlich nicht zu beanstanden (siehe § 114 Satz 1 VwGO).
58 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision war zuzulassen, da die Anforderungen an eine persönliche „Positionierung“ einzelner Einbürgerungsbewerber als Mitglieder oder Funktionäre von dargestellten Sinn diffusen und inhomogenen Vereinigungen mit mehreren widerstreitenden Strömungen höchstrichterlich noch nicht geklärt und von grundsätzlicher Bedeutung ist (siehe § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
59 
Beschluss
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird 10 000 EURO festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG; vgl. Streitwertkatalog Ziff.42.1 (in DVBl. 2004, 1525).
61 
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
28 
Die nach der Zulassung durch den Senat zulässige und auch rechtzeitig begründete (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) Berufung des Beklagten hat sachlich Erfolg; dem Kläger steht der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), und die Ablehnung des Einbürgerungsantrags ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. Ermessenseinbürgerung zu beanstanden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), so dass das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen war.
29 
Der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung - d.h. Einbürgerung des Klägers vorbehaltlich eine Aufgabe seiner türkischen Staatsangehörigkeit - ist sachlich nicht gegeben; ihr steht ein gesetzlicher Ausschlussgrund (§ 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) entgegen.
30 
Rechtsgrundlage für die begehrte Einbürgerungszusicherung ist § 38 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. den §§ 8 f. des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22.7.1913 (RGBl. S. 583, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union von 19.8.2007, BGBl. I S. 1970). Nach § 40c dieses Gesetzes sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie im vorliegenden Fall - bis zum 30.3.2007 gestellt worden sind, die früher geltenden Vorschriften des StAG anzuwenden, „soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten“. Da die früher geltende Regelung des StAG (s. § 40c und § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG i.d.F. des Gesetzes vom 14.3.2005, BGBl. I S. 721) insofern keine für den Kläger günstigere Regelung enthält - der Wortlaut von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. ist mit dem jetzt geltenden Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG identisch -, hat der Senat die nunmehr geltende Regelung zugrunde zu legen.
31 
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG (n.F.) ist ein Ausländer, der (u.a.) seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf Antrag einzubürgern, wenn er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, oder wenn er glaubhaft macht, dass er sich von einer früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. In engem Zusammenhang mit dieser Einbürgerungsvoraussetzung steht der Versagungsgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach die Einbürgerung ausgeschlossen ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einzubürgernde Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, „es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat“.
32 
Im vorliegenden Fall erfüllt der Kläger die in § 10 Abs. 1 StAG an erster Stelle genannte Voraussetzung eines Anspruchs auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, da er seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Er hat auch das in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG verlangte Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgegeben und der Einbürgerungsbehörde gegenüber erklärt, dass er weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart Bestrebungen verfolgt oder unterstützt (hat), die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bzw. die anderen in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG genannten Rechtsgüter gerichtet sind (Erklärungen vom 1.3.2000 und vom 15.1.2001). Die Frage der inhaltlichen Richtigkeit der damaligen Erklärungen bzw. der ihr zugrundeliegenden subjektiven Einstellung des Klägers (vgl. dazu Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 OE 111/06 -, AuAS 2007, 77, 79; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.2.2008  - 13 S 1169/07 - und Beschluss vom 12.12.2005 - 13 S 2948/04 -, NVwZ 2006, 484; s. auch Dollinger/Heusch VBlBW 2006, 218) und ihr Zusammenhang mit der sog. Einbürgerungskampagne der IGMG ab 2001 und ihren Zielen (vgl. dazu „Werde Deutscher, bleibe Türke“, Spuler-Stegemann, Muslime in Deutschland, 2002, S. 218) kann hier offenbleiben; unabhängig vom (u.U. auch nur subjektiven) Wahrheitsgehalt der Erklärungen scheitert die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung an den Kläger jedenfalls daran, dass der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegeben ist.
33 
Zu dem für die Entscheidung des Senats maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtfertigen nämlich tatsächliche Anhaltspunkte (noch) die Annahme, dass der Kläger Bestrebungen verfolgt oder unterstützt (hat), die im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Diese Anhaltspunkte ergeben sich für den Senat aus der langjährigen Funktionärstätigkeit des Klägers für die IGMG, deren Vorläuferorganisation AMTG und seiner auch jetzt noch bei der IGMG bestehenden durchaus aktiven Mitgliedschaft. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei der IGMG um eine Organisation handelt, die nach ihren Wurzeln und ihrer personellen, organisatorischen und publizistischen Verflechtung mit der türkischen sog. Milli-Görüs-Bewegung so eng verbunden ist, dass deren - gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete - Ziele auch ihr - und damit dem Kläger - zuzurechnen sind (1.). Neuere Entwicklungen innerhalb der IGMG, die den in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG angesprochenen tatsachengestützten Verdacht ausräumen könnten, sind zwar durchaus festzustellen; diese lassen die IGMG in heutiger Sicht eher als eine „diffuse“, inhomogene oder im Umbruch befindliche Organisation erscheinen, die sich sowohl nach innen als auch nach außen um einen dauerhaften Einklang mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bemüht (2.). Solche Bestrebungen innerhalb der IGMG kommen dem Kläger aber einbürgerungsrechtlich nicht zugute, weil sie noch nicht ausreichend konsolidiert sind und der Kläger ihnen auch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zugerechnet werden kann (3.).
34 
1. Nach ganz herrschender Auffassung zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG und zu den vergleichbaren früheren Staatsangehörigkeitsvorschriften bezweckt der hier zu prüfende Tatbestand als Ausschlussgrund eine Vorverlagerung des Schutzes der genannten verfassungsrechtlichen Güter; erforderlich, aber auch hinreichend ist die aus bestimmten Tatsachen gerechtfertigte Annahme eines Sicherheitsgefährdungsverdachts (siehe etwa Berlit in GK-StAR, Rn 66 und 87 und 89 zu § 11 m.w.N.; Hailbronner-Renner, StAR, 2005, Rn 7 zu § 11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.2.2008, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 - 5 C 20.05 -, NVwZ 2007, 956). Anerkannt ist auch, dass die hier verwendeten Begriffe gerichtlich voll überprüfbar sind, dass es insoweit auf eine Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte ankommt und dass die materielle Beweislast für das Vorliegen des Ausschlussgrundes bei der Behörde liegt (vgl. Berlit a.a.O. Rn 74, 86 und 88 und BVerwG, Urteil vom 17.10.1990 - 1 C 12/88 -, BVerwGE 87, 23 - zu § 2 Abs. 1 G 10; s. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.5.2001 - 13 S 916/00 -, VBlBW 2001, 494, und Hess.VGH, Beschluss vom 6.1.2006 - 12 ZU 3731/04 -, NVwZ-RR 2006, 429), wobei es nicht auf einen Erfolg der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen, sondern auf ihre Zielrichtung ankommt (BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. S. 956). In der genannten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass „Unterstützen“ im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG jede Handlung des Ausländers ist, die für Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; es hat allerdings - bezogen auf die Unterschrift unter die sog. „PKK-Erklärung“ - eingeschränkt, nur solche Handlungen seien ein Unterstützen, “die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt“ (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114, 125). Dass in einer Funktionärstätigkeit für eine örtliche Vereinigung (hier: Ortsverein Philippsburg der IGMG) ein derartiges „Unterstützen“ oder sogar ein „Verfolgen“ der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen liegen kann, bedarf keiner näheren Darlegung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 27.2.2006 - 5 B 67.05 - zu OVG Koblenz, Urteil vom 24.5.2005 - 7 A 10953/04.OVG -; Berlit a.a.O. Rn 94.1 und 96 zu § 11). Wegen des Ausreichens “tatsächlicher Anhaltspunkte” sind über eine solche Funktion hinaus ausdrückliche Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung eines Einbürgerungsbewerbers in der Regel (siehe aber auch unten 3.2) nicht erforderlich (s. dazu die Nachweise aus der Rechtsprechung des VGH Bad.-Württ. bei Berlit a.a.O. Rn 99).
35 
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass in der Funktion des Klägers als früherer Vorsitzender der örtlichen IGMG-Gemeinschaft in Philippsburg (1995-1996; 2000 - 2004), in seiner fortdauernden Mitgliedschaft (1992 - 1995; 1996 - 2000; seit 2004) und schon in der Funktionstätigkeit (lokaler Sekretär) der Vorläuferorganisation AMTG (1989 - 1991) ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Verfolgung bzw. (mindestens) Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG anzunehmen sind.
36 
Aktivitäten von Funktionären oder Mitgliedern der IGMG werden in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte überwiegend als einbürgerungsschädlich angesehen (s. etwa VG Mainz, Urteil vom 14.10.2004 - 6 K 251/04 -; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 20.4.2004 - 5 K 2179/03 -, bestätigt durch OVG Koblenz a.a.O.; VG Darmstadt, Urteil vom 25.5.2005 - 5 E 1819/02; VG Stuttgart, Urteil vom 26.10.2005 - 11 K 2083/04 -, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 8.11.2004 - 5 ZB 03.1795 -, juris und Beschluss vom 27.8.2004 - 5 ZB 03.1336 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 21.3.2007 - VG ZA 79,04 -); zum Teil wird zwar von verfassungsfeindlichen Bestrebungen der IGMG ausgegangen, diese werden aber dem konkreten Einbürgerungsbewerber nicht zugerechnet (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.11.2007 - 17 K 5862/02 -). Die Rücknahme einer Einbürgerung wegen Verschweigens einer Betätigung bei Milli Görüs ist andererseits in der Rechtsprechung im Hinblick auf eine nicht eindeutige und offensichtliche einbürgerungsrechtliche Einstufung dieser Vereinigung als rechtswidrig angesehen worden (Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007, a.a.O.; vgl. auch Bock NVwZ 2007, 1251), und in einem Verfahren betreffend die Zuverlässigkeit eines Flughafenmitarbeiters hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, allein die Mitgliedschaft in einer Vereinigung, die verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG verfolge, ohne gewaltbereit zu sein (gemeint: IGMG), schließe die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit nicht aus (BVerwG, Urteil vom 11.11.2004 - 3 C 8.04 -, NVwZ 2005, 450). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Verfahren ebenso wie im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des OVG Koblenz (Beschluss vom 27.2.2006 a.a.O.) die Frage der Verfassungsfeindlichkeit der IGMG nicht selbst überprüft, sondern war revisionsrechtlich an die entsprechende Würdigung und an die Tatsachenfeststellungen der Berufungsgerichte gebunden.
37 
Der Senat geht im vorliegenden Verfahren ebenso wie die weit überwiegende Rechtsprechung davon aus, dass die IGMG aus mehreren Gründen als eine Organisation zu betrachten ist, die (jedenfalls: auch bzw. noch) verfassungsfeindliche Ziele im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt; dies ergibt sich aus ihrer Geschichte und ihrer (auch personellen) Verflechtung mit der türkischen Bewegung von Milli Görüs, mit deren Publikationsorganen und den diese Bewegung tragenden islamistischen Parteien in der Türkei. Bei dieser Bewertung zieht der Senat nicht nur die Selbstdarstellung der IGMG und ihre Satzungen oder offiziellen Verlautbarungen, sondern auch die tatsächliche Organisationspolitik, Äußerungen und Aktivitäten von Funktionären und Anhängern, Schulungs- und Propagandamaterial und der IGMG zurechenbare Publikationen als Entscheidungsgrundlage heran (vgl. dazu Bay. VGH, Beschluss vom 7.10.1993 - 5 CE 93.2327 -, NJW 1994, 748; Hess. VGH, Beschluss vom 7.5.1998 - 24 DH 2498/96 -, NVwZ 1999, 904, jeweils zum Parteienrecht), und in diesem Zusammenhang sind auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes - wenn auch mit minderem Beweiswert - verwertbar (s. etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 7.4.2006 - 3 Bf 442/03 -, NordÖR 2006, 466 und BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 126; s. auch Berlit a.a.O. Rn 76 f. und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.5.2001 a.a.O. betreffend ICCB; zur Beweislast im Verfassungsschutzrecht siehe auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2006 - 1 S 2321/05 -, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 - 6 C 13.07, betr. IGMG). Als durch die Tätigkeit der Organisation gefährdete Verfassungsrechtsgüter kommen hier insbesondere das Demokratieprinzip, die Existenz und Geltung der Grundrechte, der Gedanke der Volkssouveränität und das Gebot der Bindung an Recht und Gesetz in Betracht (zum Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG und ihren Elementen s. Berlit a.a.O. Rn 108 f. insbesondere 111; s. auch Dollinger/Heusch a.a.O. m.w.N.).
38 
Der Verdacht einer Gefährdung dieser Rechtsgüter folgt aus dem der IGMG nach ihrer Herkunft, Einbettung und Positionierung zuzurechnenden Ziel der absoluten Vorherrschaft islamischen Rechtsverständnisses bzw. des Vorrangs islamischer Ge- oder Verbote - etwa der Scharia - vor den nach den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaats zustande gekommenen Rechtsnormen der Bundesrepublik und dem allgemein von Milli Görüs (global) postulierten Konflikt zwischen der westlichen und der islamischen Welt, der alle Lebensbereiche umfassen und mit einem Sieg des Islam enden soll.  Dieses Endziel ist als solches inzwischen in der IGMG zwar nicht mehr allein herrschend und sogar in Frage gestellt (s. dazu unten 2), andererseits jedoch noch nicht mit der einbürgerungsrechtlich erforderlichen Klarheit überwunden. Im einzelnen:
39 
Der Senat geht davon aus, dass es für die Annahme entsprechender Einbürgerungsbedenken nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG noch nicht ausreicht, dass die IGMG durch die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder seit Jahren beobachtet wird (vgl. dazu aber auch BVerwG, Beschluss vom 13.10.1998 - 1 WB 86/97 -, NVwZ 1999, 300 zum Beamtenrecht); es kommt vielmehr zunächst auf eine eigene gerichtliche Gesamtbewertung der Organisation des Klägers an.
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Wie in den zuletzt ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen im einzelnen dargestellt, in zahlreichen Darstellungen über die IGMG belegt und im wesentlichen auch bei Zugrundelegung des Klägervortrags unstreitig ist (s. dazu VG Gelsenkirchen a.a.O., S. 13 f. des Urteilsabdrucks; OVG Koblenz a.a.O., S. 8 ff. des Urteilsabdrucks; VG Berlin, S. 7 ff. des Urteilsabdrucks; vgl. auch ..., Die IGMG, Anlage Gutachten ...; Verfassungsschutzbericht - VB - Nordrhein-Westfalen 2007, Nr. 6.12; VB Bad.-Württ. 2007, Nr. 4.5 VB.Bund 2007, Nr. 2.1; „IGMG-Selbstdarstellung“ S. 9 f.) geht die IGMG auf türkische religiöse Gemeinden zurück, die Anfang der 70iger Jahre des letzten Jahrhunderts von türkischen Arbeitsimmigranten gegründet worden waren; zunächst herrschte ein starker Bezug zur Türkei und zu türkischen Parteien vor, wobei der Anschluss an dortige islamische Gruppierungen gesucht wurde. Dazu gehörte die 1972 gegründete religiöse Heilspartei (MSP) unter ihrem Führer Necmettin Erbakan, der Mitte der 70iger Jahre die Parteiprogrammatik „Milli Görüs“ in einem Buch mit diesem Titel konzipiert hatte. Es ging damals um die Entwicklung der Türkei und ihre Hinwendung zur islamischen Welt. Nach dem Verbot der MSP in der Türkei (1980) organisierten sich die Milli-Görüs-Gemeinden in der Türkei mit Unterstützung der MSP-Nachfolgepartei RP (Refah-Partisi; Wohlfahrtspartei), die ebenfalls von Necmettin Erbakan geführt wurde. 1996 bis Juni 1997 war Erbakan türkischer Ministerpräsident. Anfang 1998 wurde die RP wegen ihrer Bestrebungen gegen die laizistische Staatsordnung in der Türkei (Trennung Kirche - Staat) verboten; auch die Nachfolgepartei Fazilet Partisi (Tugendpartei) wurde aufgelöst (2001). Danach spaltete sich die Bewegung in die Saadet-Partisi (SP; Glückseligkeitspartei) unter Erbakan einerseits und die AKP unter der Führung von Erdogan andererseits; die IGMG verblieb im Lager der SP, die gegenwärtig in der Türkei allerdings praktisch keine politische Bedeutung mehr hat (Wahlergebnis 2007: unter 3%, siehe VB Bund 2007 S. 197) und der Erbakan formell auch nicht mehr angehört. Er gilt allerdings nach wie vor als ihre Führungsfigur. Von der IGMG (Vorläufer: AMGT) spaltete sich 1984 die Bewegung um den sog. Kalifatsstaat (unter Kaplan) ab; zahlreiche Mitglieder und Funktionäre (nach Schätzungen ca. 2/3) verließen damals die IGMG. Zum Wiederaufbau der Organisation entsandte Erbakan Anhänger und Funktionäre nach Deutschland (VB Nordrhein-Westfalen 2007, S.110). Im Jahr 1995 organisierte sich die IGMG vereinsrechtlich neu. Unter dem Namen EMUG existiert neben ihr eine weitere rechtsfähige Milli-Görüs-Vereinigung, die sich mit Grundstücksverwaltung und Moscheebau beschäftigt, aber (auch personell) mit der IGMG verflochten ist.
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Die geschichtliche enge Verbindung zur Milli-Görüs-Bewegung in der Türkei, die bereits in der Beibehaltung des Begriffs „Milli Görüs“ im Namen der IGMG zum Ausdruck kommt, wird u.a. in engen und dauerhaften Kontakten deutlich, die nach wie vor zwischen der IGMG und dieser Bewegung in der Türkei bzw. der von ihr getragenen SP bestehen. Dies zeigt sich - wie die Verfassungsschutzberichte einheitlich belegen - nicht nur in der allgemeinen Zielsetzung der IGMG, die Milli-Görüs-Bewegung als solche zu stärken und zu unterstützen, sondern auch in der Teilnahme hoher Funktionäre der SP an Veranstaltungen der IGMG und umgekehrt, in dem Inhalt der Redebeiträge von SP-Funktionären bei Veranstaltungen der IGMG und in der häufigen Zuschaltung von Erbakan zu IGMG-Veranstaltungen, bei denen für Milli Görüs als Bewegung geworben wird. Auch existieren enge personelle Verbindungen zwischen Erbakan und seiner Familie und der IGMG. Ein Neffe Erbakans war längere Zeit Vorsitzender der IGMG in Deutschland, und der Generalsekretär der Parallelorganisation EMUG, ..., ist mit Erbakans Familie verschwägert (zu ihm siehe VB Bund 2007, S. 193 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008). Es gehört schließlich auch zum „Besuchsprogramm“ von IGMG-Angehörigen, wenn diese sich in der Türkei aufhalten, Erbakan und/oder Funktionäre der SP aufzusuchen (auch wenn dies konkret für den Kläger des vorliegenden Verfahrens nicht gilt). Die Funktion von Erbakan als in seiner Autorität unbestrittener „Doyen“ der Milli-Görüs-Bewegung wird auch in der Einstellung der IGMG-Funktionärselite ihm gegenüber deutlich, die nicht nur von kulturell bedingtem Respekt gegenüber einer älteren Führungsfigur geprägt ist, sondern durchaus einkalkuliert, dass ein ernsthaftes Infragestellen der Person Erbakans und seiner Ziele die IGMG in die Gefahr einer Spaltung stürzen würde. Hier findet offenbar die sonst bemerkenswert weit entwickelte Diskursfähigkeit der höheren Funktionäre der IGMG, z.B. ihres in der mündlichen Verhandlung angehörten Generalsekretärs, aber auch sonstiger sich öffentlich äußernder Führungspersönlichkeiten, ihre Grenze. Die durchaus nicht selten öffentlich bekundete Bereitschaft solcher Funktionsträger, sich sachlich/inhaltlich mit Erbakan kritisch auseinanderzusetzen, wird sozusagen in den von außen nicht einsehbaren internen Bereich verschoben; Erbakan wird nach wie vor als Integrationsfigur aufgefasst und verehrt (siehe etwa Ücüncü im Interview mit der taz vom 11.8.2004). Dies mag auch historisch erklärbar sein (zur Fähigkeit zu internen Auseinandersetzungen in der Milli Görüs anlässlich des Abfalls von Kaplan siehe etwa Schiffauer, Die Gottesmänner, 2000, S. 147), dient offenbar aber auch dazu, einen jedenfalls intern als ausreichend stark eingeschätzten „Erbakan-Flügel“ nicht vor den Kopf zu stoßen. Jedenfalls ist die Folge dieser Zurückhaltung, dass Erbakan-Zitate und -Ziele der IGMG zuzurechnen sind. Das bedeutet andererseits nicht, dass mit der erforderlichen Distanzierung von Erbakan einbürgerungsrechtlich von der IGMG eine (möglicherweise integrationspolitisch kontraproduktive) „symbolische Unterwerfung“ verlangt würde (vgl. dazu Schiffauer, zit. bei Minkmar in FASZ vom 17.12.2006).
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Auf eine nach wie vor bestehende Milli-Görüs-Bindung deutet die Rolle hin, die der Tageszeitung „Milli Gazete“ für die IGMG und ihre Mitglieder zukommt. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Milli Gazete als Zeitung - jedenfalls inzwischen - von der IGMG personell und redaktionell getrennt ist und dass die IGMG eine eigene Monatszeitschrift - „Milli-Görüs-Perspektive“ -herausgibt und unter ihren Mitgliedern verteilt; dies ändert aber nichts daran, dass die Milli Gazete als Tageszeitung großen publizistischen Einfluss auf die Mitgliederschaft der IGMG ausübt. Sie ist nach Auffassung des Senats auch ohne offiziellen IGMG-Publikationscharakter doch als Sprachrohr der Milli-Görüs-Bewegung und jedenfalls insofern auch der IGMG zuzurechnen. In diesem Punkt folgt der Senat der entsprechenden Bewertung der Verfassungsschutzämter, die z.B. entsprechende (gegenseitige) Werbeaktionen und Inserierungen hervorheben (siehe etwa VB Nordrhein-Westfalen 2007 S. 111, 112). In der mündliche Verhandlung hat der Kläger selbst ohne weiteres eingeräumt, dass die Mitglieder seines Ortsverbandes generell die Milli Gazete beziehen und lesen. Selbst wenn die Milli Gazete eine kleinere Auflage als die „Milli-Görüs-Perspektive“ haben mag, so hat sie doch als Tageszeitung gegenüber der monatlich erscheinenden offiziellen „Perspektive“ ein traditionell hohes Gewicht bei der Information und Meinungsbildung der IGMG-Mitglieder. Das bedeutet nicht, dass sämtliche in der Milli Gazete abgedruckte Artikel ohne weiteres als Auffassung der IGMG gewertet werden können; die IGMG muss sich aber jedenfalls diejenigen Auffassungen zurechnen lassen, die sozusagen „milli-görüs-typisch“ sind, also mit einer gewissen Regelmäßigkeit, Intensität oder Häufigkeit publiziert werden und ihrerseits mit den Auffassungen Erbakans oder der SP übereinstimmen oder diese propagieren. Das gleiche gilt für den (auch von dem Kläger benutzten) türkischen TV-Sender TV 5, soweit dieser die Ideologie der Milli Görüs transportiert und verbreitet; der Sender soll dafür sorgen, dass das Anliegen von Milli Görüs in der Türkei wieder den verdienten Platz einnehmen soll (s. VB Bad.-Württ. 2007, S. 64). TV 5 berichtet regelmäßig über Milli-Görüs-Vereine in Europa, z.B. darüber, dass Milli-Görüs-Vereine durch ihre Jugendarbeit auf eine Islamisierung Europas hinarbeiten (VB Bad.-Württ., a.a.O. S. 65). Ebenso sind der IGMG die unmittelbar von Erbakan stammenden Erklärungen und Publikationen zuzurechnen, insbesondere die - auch im Besitz des Klägers befindliche  - programmatische Schrift „Milli Görüs“ von 1975, das in den 70iger Jahren erstellte Konzept „Adil Düzen“ - eine Art „Manifest“ von Milli Görüs (siehe VB Nordrhein-Westfalen 2007, S. 109) - und die weiteren Äußerungen Erbakans, die teilweise auf türkische Parteien und allgemein die Milli-Görüs-Bewegung bezogen sind, teilweise aber auch im Zusammenhang mit Veranstaltungen der IGMG abgegeben wurden. Danach stellt sich die (auch) von der IGMG vertretene politische „Ideologie“ von Milli Görüs wie folgt dar:
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In ihren offiziellen Verlautbarungen (Selbstdarstellung, Satzungen) bezeichnet  sich die IGMG als Gesellschaft zur „religiösen Wegweisung“, deren Aufgabe es ist, den Mitgliedern bei der Erfahrung der Gottesnähe zu helfen, durch Sinnsetzungen, Erklärungen und Deutungen Halt im diesseitigen Leben zu geben und sie bei der Praktizierung der Gottesdienste zu unterstützen („Selbstdarstellung“ S. 16); die einzelnen Abteilungen der IGMG haben spezielle Aufgaben. Sowohl in ihrer „Selbstdarstellung“ (S. 24) als auch in ihrer Satzung (Ziff. 3 Abs. 7) erklärt die IGMG, sie bekenne sich zu einer pluralistischen Gesellschaft, in der verschiedene Religionen und Kulturen zusammenleben, zur Rechtsstaatlichkeit und zur Religionsfreiheit und sehe die freiheitlich-demokratische Grundordnung als Basis für ein auf Frieden, Toleranz und Harmonie aufbauendes gesellschaftliches Leben an (Selbstdarstellung a.a.O.); die Satzung spricht ausdrücklich davon, die IGMG achte und schütze die verfassungsmäßig garantierten Rechte und sei loyal gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (a.a.O.). Sowohl die Äußerungen Erbakans als auch die nach den obigen Grundsätzen der IGMG zuzurechnenden publizistischen Äußerungen weisen jedoch (auch) in eine andere Richtung.
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Die Wahlkampfauftritte Erbakans im Vorfeld der türkischen Parlamentswahlen im Juli 2007 verdeutlichen demgegenüber, dass Erbakan unverändert an seinen ideologischen Standpunkten festhält und nach wie vor Imperialismus, Rassismus und Zionismus als zerstörerische, gegen das türkische Volk gerichtete Kräfte anprangert; das Ziel von Milli Görüs ist danach, wieder eine „Großtürkei“ zu etablieren und das türkische Volk erneut zum Herrn über die Welt zu machen (s. VB.Bund 2007, S. 195 mit Zitat Milli Gazete vom 19.7.2007, S. 9). Erbakan geht es nach wie vor um die „Befreiung“ Istanbuls, der islamischen Welt und der Menschheit; Erbakan bezeichnet dies als „heiligen Krieg“ (a.a.O. S. 196; Milli Gazete vom 15.6.2007, S. 1 und vom 20.7.2007, S. 1). Nach der von Erbakan entwickelten Ideologie „Adil Düzen“ ist die Welt in die auf dem Wort Gottes fußende religiös-islamische Ordnung einerseits und die westliche Ordnung der Gewalt und Unterdrückung andererseits aufgeteilt; der letzteren (Batil Düzen) spricht Erbakan jede Existenzberechtigung ab. Die gerechte Ordnung (Adil Düzen) soll dagegen alle Lebensbereiche erfassen und zunächst in der Türkei und danach in der ganzen Welt verwirklicht werden. Zu den klassischen Feindbildern gehört außer der westlichen Welt auch der Staat Israel - meistens als „Zionisten“ umschrieben -, ferner Kommunismus, Imperialismus, Kapitalismus und Christentum (s. Gutachten ..., S. 26; VG Nordrhein-Westfalen 2006 S. 208). Auch der der IGMG gegenüber eher vorsichtig-optimistisch eingestellte Gutachter ... räumt zur Schrift Adil Düzen von Erbakan ein, dass das Adil-Düzen-Konzept mit individuellen Freiheitsrechten, wie sie im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet werden (vgl. Berlit a.a.O. Rn 108 f. zu § 11), unvereinbar ist (Gutachten..., S. 8). Auch nach ... knüpft das Rechtsverständnis Erbakans nicht an Gesetze an, die auf demokratischem Weg zustande gekommen sind, sondern an zeitlose islamische Prinzipien und kulturelle Vorstellungen (Schiffauer, a.a.O., S. 7 f.). Selbst wenn die Äußerungen Erbakans - soweit sie über bloße Grußbotschaften hinausgehen - in der letzten Zeit im Ton maßvoller und abstrakter/allgemeiner geworden sein mögen, wie der Generalsekretär der IGMG in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, lässt sich ein Sinneswandel jedenfalls in der Person dieses für Milli-Görüs-Mitglieder offenbar immer noch charismatischen Führers von Milli Görüs nicht feststellen.
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Bestätigt wird dies durch Äußerungen von Mitgliedern und Funktionären der IGMG in Deutschland bzw. von Milli Görüs in der Türkei, die regelmäßig und in der Zielsetzung gleichlautend in der Milli Gazete veröffentlicht werden. Dass die Veröffentlichungen in der Milli Gazete Bestandteil der Milli-Görüs-Bewegung sind, ist bereits dargestellt worden, die Milli Gazete sieht sich selbst als „Kanal“, um der Nation die „Rettungskonzepte“ der Milli Görüs zu überbringen (s. Milli Gazete vom 27.6.2006, VB.Bund 2006 S. 245). Bezeichnend ist insofern das Zitat des Generaldirektors der Türkeiausgabe der Milli Gazete vom 20.7.2005 (VB-Bund 2005, 219): „Selbst wenn die Milli Gazete aus einem leeren weißen Blatt bestünde, auf dem nur Milli Gazete steht, müsst ihr die Milli Gazete kaufen, um Milli Görüs zu unterstützen ... Wir müssen Gott dafür danken, dass wir Leute der Milli Gazete und damit der Milli Görüs sind, die die Wahrheit sagt und sich auf die Seite der Wahrheit und desjenigen, der im Recht ist, stellt“. Nach der Auffassung der Milli Görüs ist das Gesetz nicht weltlichen, sondern göttlichen Ursprungs; ein gesetzgebendes Organ ist nicht notwendig (s. VB Bund 2006, S. 247; Flyer der IGMG Nürtingen); das Ordnungssystem des Islam lehnt ein säkulares (weltliches) Rechtssystem ab (Milli Gazete vom 5.7.2005, VB Bund 2005, S. 217), und der langjährige Funktionär der IGMG ... sagte auf einer Veranstaltung der Jugendorganisation in der Türkei, die in Europa lebenden Auswanderer „folgen den Befehlungen unseres Hodscha Erbakan.  Wir haben niemals unser Hemd ausgezogen und werden es auch nie tun“ (Milli Gazete vom 29.5.2006, VB Nordrhein-Westfalen 2006, 213). Das Gutachten ... (S. 9 f.), dem der Senat hier folgt, führt aus, dass nach dem Islamverständnis der IGMG die Befolgung der Scharia in der Interpretation von Milli Görüs erforderlich sei; Ziel sei die Herrschaft des Islam in der politischen Ausrichtung von Erbakan. Seit langem wird dementsprechend in der IGMG die Auffassung vertreten, weltliche Herrschaft verfüge über kein Einspruchsrecht gegen einen einzigen Vers im Buch Gottes; wer ein anderes System als das System Gottes wolle, verursache im gesellschaftlichen Gefüge ein Erdbeben (Milli Gazete vom 27.7.2004, VB Bund 2004, 216). Im Innern ist die Milli-Görüs-Bewegung  - der Rolle Erbakans entsprechend - nach dem Führerprinzip aufgebaut; dies gilt jedenfalls für die Jugendorganisation (s. Milli Gazete vom 8.11.2007, VB Baden-Württemberg S. 69). Dementsprechend wurde auf dem ersten Internationalen Milli-Görüs-Symposium Ende Oktober 2006 in Istanbul der Leitgedanke vom Aufbau einer neuen Weltordnung auf der Grundlage der Milli Görüs propagiert; ihr Gegenbild ist die „rassistische unterdrückerische, kolonialistische Ordnung“ (VB Baden-Württemberg S. 68 mit Hinweis auf eine Webseite vom 27.10.2006). In den Augen Erbakans (Äußerung auf einer SP-Veranstaltung in Istanbul) wird die Menschheit heute mit dem „Demokratie-Spiel“ hereingelegt; die Demokratie sei kein Regime mehr, in dem sich das Volk selbst regiere, sondern sie werde zu einem Regime, das das Volk für seine Zwecke instrumentalisiere (Milli Gazete vom 15.10.2007, S. 1 und 8, VB.Bund 2007, 197). Sogar bei der aus Milli-Görüs-Sicht wesentlich gemäßigteren (und deshalb mehrfach von Erbakan angegriffenen) AKP scheint der Slogan, die Demokratie sei wie eine Straßenbahn, bei der man aussteige, wenn man sein Ziel erreicht habe, gängig zu sein (siehe Gutachten ... S. 37). Aufgabe des einzelnen Milli-Görüs-Anhängers ist es in dieser Sicht, die notwendigen Maßnahmen dafür zu treffen, dass der Islam zur Herrschaft gelangt (Milli Gazete vom 9.6.2007, S. 17, VB Bund 2007, 201). Insofern weist die Tätigkeit für Milli Görüs jedenfalls in den Augen eines Mitglieds der Jugendabteilung der IGMG Düsseldorf durchaus Elemente einer Mission und eines Kampfes (ohne Kompromisse) auf (Internetseite der Jugendabteilung der IGMG Düsseldorf, 16.10.2007, VB Bund 2007, S. 202).
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Insgesamt ergibt sich aus diesen Verlautbarungen, dass jedenfalls wesentliche Strömungen innerhalb der IGMG den Leitideen Erbakans folgend einen Absolutheitsanspruch verfolgen, der mit der Ablehnung westlicher Werte, des westlichen Staatssystems, der Freiheitsrechte und insbesondere des grundgesetzlichen Prinzips der Volkssouveränität und der Geltung der verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetze nicht vereinbar ist. Zwar wirkt auch eine in traditionalistischen religiösen Überzeugungen gründende antiemanzipatorische und patriarchalische Grundhaltung als solche noch nicht einbürgerungshindernd (so Berlit a.a.O. Rn 109); die Milli-Görüs-Bewegung verlässt in den genannten Zielen jedoch den grundrechtlich durch Art. 4 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Raum. Wenn die weltliche Gewalt uneingeschränkt religiös-weltanschaulichen Geboten unterworfen wird, die ihrerseits verbindliche Vorgaben für die Gestaltung der  Rechtsordnung enthalten, Auslegungsrichtlinien für die Auslegung und Anwendung staatlicher Rechtsgebote darstellen und im Konfliktfall sogar Vorrang vor dem staatlichen Gesetz genießen sollen, gefährdet dies im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die freiheitliche demokratische Grundordnung. Nach der Weltanschauung von Milli Görüs darf die Politik z.B. ihre Unabhängigkeit von der Scharia gerade nicht erklären (s. Milli Gazete von 5.7.2005, VB.Bund 2005, S. 217).
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2. Allerdings ist nicht zu verkennen - und davon geht auch der Senat im vorliegenden Verfahren aus -, dass die IGMG trotz ihrer Verwurzelung in der türkischen Milli-Görüs-Bewegung, trotz der engen Verbindung  mit deren eigenen Publikationen und trotz der oben dargestellten personellen und organisatorischen Kontakte zu Erbakan und zur SP zum gegenwärtigen (entscheidungserheblichen) Zeitpunkt nicht mehr als eine homogene und - bezogen auf die Frage der Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - in ihrer Zielrichtung einheitliche Bewegung anzusehen ist. Die IGMG selbst nimmt für sich in öffentlichen Verlautbarungen - bekräftigt durch ihren Generalsekretär in der mündlichen Verhandlung - in Anspruch, hinsichtlich ihrer Verfassungsnähe verglichen mit der ersten Immigrantengeneration, also sozusagen den „Gründervätern“, einen aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung relevanten Wandel durchgemacht zu haben (vgl. auch dessen Interview in der TAZ vom 7.5.2004, S. 4-5), und die Existenz reformorientierter Kreise innerhalb der IGMG mit dem Ziel, sich von den ursprünglichen politischen Idealen der Milli-Görüs-Bewegung Erbakans abzusetzen und die Integration der türkischen Muslime in Deutschland auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes zu fördern, wird auch sonst anerkannt. Sie ergibt sich z.B. schon aus den im Gutachten ... herausgestellten Äußerungen des früheren Generalsekretärs M.S. Erbakan (s. Gutachten S. 11 ff., 14, 28, insbesondere 16-30), und auch das Gutachten ... stellt - wenngleich zurückhaltender - unterschiedliche Strömungen und Positionen innerhalb der IGMG fest (S. 48 f.). Wenn dieses Gutachten gleichwohl „reformatorische Ansätze ... von der Führungsspitze her“ nicht erkennt (a.a.O. S. 48), so schließt sich dem der Senat in dieser Zuspitzung nicht an. Bereits die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP und deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 haben innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum (wesentlich gemäßigteren) Kurs der AKP geführt (s. dazu VB Berlin 2003, 111, zitiert bei OVG Koblenz a.a.O. und VB Berlin 2005, S. 284 f., zitiert bei VG Berlin a.a.O., S. 11). Der Generationenwechsel und die im Vergleich zur ersten Immigrantengeneration völlig veränderte Situation späterer, schon in Deutschland geborener und aufgewachsener türkischer Staatsangehöriger hatte nach der Literatur zur IGMG tiefgreifenden weltanschaulichen Neuentwicklungen innerhalb der IGMG zur Folge (s. dazu Kücükhüseyen, Türkische politische Organisationen in Deutschland, Broschüre der Konrad-Adenauer-Stiftung Nr. 45, August 2002, S. 23 m.w.N). Bei deren Bewertung war man allerdings eher vorsichtig  (siehe etwa K. Schuller in FASZ vom 18.4.2004: „noch zu früh“). Auch die Verfassungsschutzberichte der neueren und neuesten Zeit erkennen eine solche Weiterentwicklung der IGMG insbesondere im Hinblick auf die Frage der Verfassungsfeindlichkeit an (s. insbesondere VB Nordrhein-Westfalen 2007 vom 29.3.2008, S. 110 und 112). Ob es sich hier (nur) um einen Generationenkonflikt handelt oder ob die Grenzen zwischen den einzelnen Strömungen nicht vielmehr kulturell und mentalitätsbedingt sind, wie der Generalsekretär der IGMG in der Verhandlung andeutete, kann hier offenbleiben. Nach der Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen sind jedenfalls in der von ihm beobachteten IGMG trotz der noch immer vorhandenen Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer (islamistischer) Bestrebungen seit Jahren Tendenzen einer allmählichen Loslösung von islamistischen Inhalten zu beobachten. Der Einfluss Erbakans auf Personalentscheidungen der IGMG wird als „zurückgehend“ beurteilt, und als ein Ergebnis des Symposiums Ende 2007 in Bonn geht der Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen davon aus, dass die IGMG von einem Anhängsel einer extremistischen politischen Bewegung mit religiöser Verankerung inzwischen zu einer eigenständigen religiösen Gemeinschaft geworden ist (a.a.O.); er spricht von “guten Gründen” für die Annahme, die neue Generation der Funktionärsebene teile die ideologischen Vorgaben Erbakans nicht mehr (a.a.O. S. 110). Der auch vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörte Generalsekretär der IGMG hat bei dem genannten Symposium nach der Wertung des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen in seinem Schlussvortrag „ein in seiner Klarheit und Offenheit bemerkenswertes Bekenntnis“ abgelegt, das als „Absage an überkommene ideologische Vorstellungen“ bewertet wird (a.a.O. S. 113: Es sei ”nicht schmerzlich, sich einzugestehen, dass man auf der Suche nach vermeintlich islamischen Antworten auf gesellschaftliche Grundsatzfragen erkennt, dass bewährte Konzepte wie Demokratie und soziale Marktwirtschaft dem eigenen Ideal von einem auf Gerechtigkeit fußenden System am nächsten kommen…”). Auch der Senat hat in der mündlichen Verhandlung bei der ausführlichen Anhörung des Generalsekretärs, der immerhin ein entscheidendes Amt innerhalb der IGMG innehat und sie repräsentiert (s. dazu VB Bund 2007 S. 194 und „IGMG-Selbstdarstellung“ S. 20: Pflege der Beziehungen der Gemeinschaft zu anderen gesellschaftlichen Gruppen; Ansprechpartner zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft) und von daher auch die Ausrichtung der IGMG mit Öffentlichkeitswirkung mitbestimmen kann, den Eindruck gewonnen, dass jedenfalls von seiner Seite aus keine Infragestellung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung befürchtet werden muss; dem Generalsekretär geht es vielmehr offensichtlich eher darum, im Interesse der nunmehr heranwachsenden Generation der Milli-Görüs-Mitglieder und ihrer Integration auf einen Konsens zum Demokratieprinzip und zu den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinzuwirken und die Vereinbarkeit dieser Grundprinzipien auch mit der religiösen Fundierung der IGMG im Islam zu verdeutlichen. Dass es sich hier um bloße taktische Manöver der IGMG-Spitze handelt („vorsichtiger geworden“, siehe Gutachten ... ... S. 47), nimmt der Senat nicht an, zumal die IGMG insofern - etwa was den Beitritt der Türkei zur EU angeht - auch Spannungen mit den Milli-Görüs-Anhängern in der Türkei in Kauf genommen hat (siehe Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008). Im Übrigen kann ohnehin davon ausgegangen werden, dass mehrfache und ausdrückliche Bekenntnisse zur Verfassung - wie sie mehrfach abgegeben worden sind -  auch „nach innen“ langfristige Wirkungen haben (zum Problem einer sog. „doppelten Agenda“ siehe ... Gutachten S. 50; vgl. auch J. Miksch in FR vom 14.4.2005, speziell zur IGMG). Die genannten Wandlungstendenzen sind - wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung - auch von der Rechtsprechung anerkannt worden (VG Berlin a.a.O., S. 14 f.; VG Gelsenkirchen, a.a.O. S. 21 ff.; OVG Koblenz a.a.O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Wenn auch diese Gerichtsentscheidungen noch nicht zu dem Ergebnis gekommen sind, dass der festzustellende Wandlungsprozess bereits zu einem im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG positiven Abschluss gekommen ist, so ist doch jedenfalls nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die IGMG inzwischen nicht mehr als homogen-einheitliche, im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädliche Organisation zu betrachten ist; sie erscheint vielmehr als eine islamisch fundierte Gemeinschaft, in der mehrere starke Strömungen, also durchaus auch vor § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG unverdächtige, festzustellen sind. Dies entspricht auch der Einschätzung der IGMG durch den gegenwärtigen Bundesinnenminister, der einer pauschalen „Vorverurteilung“ von Milli-Görüs- bzw. IGMG-Mitgliedern mehrfach öffentlich entgegengetreten ist und für eine differenzierte Bewertung eintritt („verschiedene Strömungen“, „heftige (interne) Spannungen“ vgl. Interview in FASZ vom 2.3.2008 und schon vom 22.4.2004). Auch zeigt das Verhalten der IGMG bei der sog. Islamkonferenz trotz noch immer bestehenden Unklarheiten im Detail (zum dortigen Verhalten des IGMG-Mitglieds ... in der Diskussion der später verabschiedeten „Eckpunkte“ - diese zit. in FR vom 14.3.2008 - s. Rüssmann in FR vom 26.6.2007 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008), dass sich die IGMG jedenfalls nicht mehr durchweg einem ernsthaften Bekenntnis zu der verfassungsrechtlichen Grundordnung verweigert. Dass sie sich andererseits einer Forderung nach Assimilierung an eine deutsche „Leitkultur“ oder einem Bekenntnis zu ihr (unabhängig von den verfassungsrechtlich verbindlichen Vorgaben der Einbürgerung) verweigert (vgl. dazu den Streit um die Begriffe „Werteordnung des GG“ oder „Werteordnung, wie sie sich auch im GG widerspiegelt“ , zit. bei Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008, Mönch in Tagesspiegel vom 14.3.2008 und Preuß/Drobinski in SZ vom 13.3.2008),  steht dem nicht entgegen; derartiges  könnte einbürgerungsrechtlich auch nicht verlangt werden. Insofern sieht der Senat die IGMG nach den ihm vorliegenden Erkenntnisquellen inzwischen als eine Organisation an, die in relevanten Teilen gewissermaßen auf dem Weg zu einer Abwendung von ihren im Sinn des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlichen Wurzeln ist.
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3. Hieraus folgt für das Begehren des Klägers: Ebenso wie das Gesetz im Einzelfall bei der Prüfung einer Unterstützung einbürgerungsschädlicher Bestrebungen die Glaubhaftmachung einer „Abwendung“ verlangt, wird dies auch für die Beurteilung der Mitgliedschaft bei Personenvereinigungen zu gelten haben; auch bei diesen genügt ein bloß äußeres, zeitweiliges oder situationsbedingtes Unterlassen solcher Bestrebungen für die Annahme einer Abwendung noch nicht, wenn dies auch hierfür ein Indiz sein kann (s. dazu Berlit a.a.O. Rn 152 zu § 11 mit Hinweis auf Bay.VGH, Urteil vom 27.5.2003 - 5 B 01.1805 -, juris und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64). Wenn auch eine Art „Abschwören“ oder eine rückwirkende Distanzierung von der eigenen Geschichte nicht unbedingt verlangt werden kann (s. dazu Berlit a.a.O. Rn 153 m.w.N.), bedarf es doch für die Glaubhaftmachung eines entsprechenden „Kurswechsels“ deutlicher Anhaltspunkte. So würde es z.B. nach Auffassung des Senats nicht ausreichen, wenn eine Organisation mit (auch) einbürgerungsschädlicher Zielsetzung für die Überwindung dieser Tendenzen lediglich auf den Zeitablauf oder die Erwartung setzen würde, eine neuen Mitgliedergeneration werde das Problem sozusagen von selbst erledigen. (So wird z.B.  auch in neuerer Zeit noch beobachtet, dass jedenfalls bisher in der IGMG „die Alten“ nach wie vor „das Geld und das Sagen“ haben, siehe Wehner in FASZ vom 9.3.2008). Insofern ist es gewissermaßen eine einbürgerungsrechtliche Obliegenheit der IGMG, „Reformer und Betonköpfe“ abzugrenzen und die erforderliche interne Diskussion selbst zu führen (so der auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angehörte ... vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, zit. bei Thelen in Stuttgarter Zeitung vom 1.12.2007). Entsprechende Nachhaltigkeit kann im Einbürgerungsverfahren wegen der Vorverlagerung des Schutzes von Verfassungsgütern nach Auffassung des Senats durchaus verlangt werden.
49 
Da die IGMG die vielfach von ihr erwartete ausdrückliche Distanzierung von den bisherigen (verfassungsfeindlichen) Zielen der Erbakan-Bewegung noch nicht geleistet hat, kann nach den oben dargestellten Grundsätzen jedenfalls eine generelle dauerhafte und intern belastbare  „Umorientierung“ der IGMG als Gesamtorganisation noch nicht angenommen werden. Wegen des ambivalenten Charakters der IGMG steht aber andererseits auch nicht gewissermaßen automatisch fest, dass bei jedem Mitglied oder Funktionsträger der IGMG ausreichende Anhaltspunkte für einbürgerungsfeindliche Bestrebungen oder Unterstützungshandlungen anzunehmen sind. Es kommt bei einer solchen Konstellation vielmehr zusätzlich (ausnahmsweise) auf die Einstellung des jeweiligen Einbürgerungsbewerbers als eines Mitglieds oder Funktionärs der IGMG an (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 27.2.1006 - 5 B 67/05 zu OVG Koblenz a.a.O.); es ist - mit anderen Worten - zu entscheiden, ob der einzelne Einbürgerungsbewerber die Organisation gewissermaßen als Ganzes d.h. einschließlich ihrer einbürgerungshindernden Ziele mitträgt - was bedeuten würde, dass sie ihm auch zuzurechnen sind - oder ob in seiner Person ein Verhalten vorliegt, das nach Intensität, Eindeutigkeit und Nachhaltigkeit einer individuellen „Abwendung“ im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gleichgestellt werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich der Betroffene innerhalb der widerstreitenden Strömungen einer Gemeinschaft so klar positioniert, dass bei einem individuellen einbürgerungsschädlichen Verhalten wegen „Abwendung“ im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG der bisherige tatsachengestützte Verdacht verfassungsfeindlicher Betätigung oder Unterstützung entfallen würde. Mit anderen Worten: Ein Mitglied oder einen Funktionär einer Vereinigung, der sich intern ausreichend deutlich von deren verfassungsfeindlichen Strömungen distanziert, sie überwinden will und geradezu einen verfassungsfreundlichen Kurs zu seinem Ziel macht, ist einbürgerungsrechtlich nicht schlechter zu behandeln als ein Einbürgerungsbewerber, der sich von eigenen früheren verfassungsfeindlichen Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG abgewandt hat. Die hier maßgebenden Kriterien lehnen sich an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der „Abwendung“, aber auch zum Unterstützungsbegriff an; danach sind nur solche Handlungen ein „Unterstützen“ im Sinn der hier zu prüfenden Vorschrift, „die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt“ (BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. und Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 28.03 -, BVerwGE 123, 125; ganz ähnlich die vergleichbare - s. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.5.2001 a.a.0. S.493 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerwG; kritisch Berlit a.a.0. Rn. 69 - Problematik der Einstellungsüberprüfung von Beamtenbewerbern (s. Hess.VGH, Urteil vom 7.5.1998 - 24 DH 2498/96 -, NVwZ 1999, 906).
50 
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass im Fall des Klägers eine ausreichend tragfähige Distanzierung von einbürgerungsschädlichen Tendenzen innerhalb der IGMG nicht angenommen werden kann. Zwar hat die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung gezeigt, dass ihm selbst solche Tendenzen und Einstellungen nicht vorzuwerfen sind (3.1); es fehlt aber gerade an tatsächlichen Grundlagen für die Annahme, dass der Kläger sich von den überkommenen, oben dargestellten typischen Milli-Görüs-Vorstellungen abgewandt hat (3.2).
51 
3.1 Dem Kläger selbst sind keine Äußerungen und Aktivitäten vorzuwerfen, die im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlich wären; weder seine Anhörung vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat noch die dem Senat vorliegenden Akten der Einbürgerungsbehörde oder die Erkenntnisses des Landesamts für Verfassungsschutz geben insofern etwas her. Dass im Verwaltungsverfahren sich zwei Mitbürger gegen eine Einbürgerung des Klägers gewandt hatten, mag auf persönlicher Aversion oder auf dem Einsatz des Klägers für eine islamisch akzeptable Schulspeisung beruhen und gibt jedenfalls keinen konkreten Hinweis auf persönliche verfassungsfeindliche Aktivitäten.
52 
3.2. Andererseits hat sich aber für den Senat aus der Biografie des Klägers und aus seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung ergeben, dass er eher als „traditioneller Milli-Görüs-Mann“ anzusehen ist und jedenfalls den oben dargestellten Reformbestrebungen innerhalb der IGMG nicht zugezählt werden kann. Zunächst fällt auf, dass - anders als die Verfassungsschutzberichte des Bundes, Berlins oder Nordrhein-Westfalens - der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg (2007) auf Aspekte einer Umorientierung der IGMG in seinem Beobachtungsbereich nicht eingeht; diese werden nicht einmal angedeutet. Dem kann eine (enge) Interpretation der Aufgaben des Verfassungsschutzes zugrunde liegen, u.U. aber auch eine grundsätzlich abweichende Bewertung der IGMG oder  möglicherweise auch die unausgesprochene Feststellung, jedenfalls im Bereich Baden-Württembergs seien derartige Tendenzen nicht zu erkennen. Diese Frage kann hier aber offenbleiben; es liegen jedenfalls nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger konkret und erkennbar in seinem IGMG-Einwirkungsbereich eine Umorientierung der IGMG im oben dargestellten Sinn unterstützt oder unterstützen würde.
53 
Dies folgt bereits aus den Einzelumständen, unter denen das politisch-religiöse Engagement des Klägers in der Milli-Görüs-Bewegung begonnen hat; er war 1989 bis 1991 Sekretär der AMTG - einer Vorläuferorganisation -und danach von 1992 an Gründungsmitglied und später führender örtlicher Funktionär, begann sein Engagement also zu Zeiten, in denen die oben dargestellten Reformbestrebungen innerhalb der IGMG für Gründungsmitglieder eines örtlichen IGMG-Vereins wohl kaum bemerkbar gewesen sein dürften. Es kommt hinzu, dass die IGMG bis etwa Mitte der 90er Jahre ihre Geschlossenheit nach außen besonders betont hat (siehe Schiffauer, Die IGMG, zitiert in VG Berlin, a.a.O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Der Kläger bezeichnete die Milli Gazete in der mündlichen Verhandlung auch als seine am meisten und jedenfalls regelmäßig gelesene Zeitung; die IGMG-Perspektive spielt demgegenüber für ihn offenbar nur eine geringe Rolle. Der Fernsehkonsum des Klägers ist auf TV 5 ausgerichtet, also einen Sender, in dem Erbakan oft auftritt bzw. seine Ideen propagiert werden. Der Kläger hat dazu erklärt, anfangs habe er den Fernsehapparat abgeschaltet, wenn Erbakan gekommen sei, aber danach habe sich das geändert. Offenbar spielt Erbakan, (der den Kläger wohl mehr und mehr überzeugt hat) als politische Leitfigur auch heute noch bei ihm eine entscheidende Rolle, wenn auch er selbst nicht - wie offenbar mindestens ein anderes Mitglied der IGMG Philippsburg - bei seinen Urlaubsbesuchen in der Türkei persönlichen Kontakt mit Erbakan oder Funktionären der SP hatte. Das Ziel Erbakans umschreibt der Kläger auch nur ganz allgemein damit, Erbakan wolle den Menschen helfen, Erbakan wolle etwas Gutes machen, und deswegen werde er auch geliebt. Was dieses „Gute“ jeweils ist, konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht näher konkretisieren (mit Ausnahme der Forderung, alle sollten gleichbehandelt werden); insofern liegt für den Senat die Annahme nahe, dass er sich inhaltlich hier pauschal an Erbakan orientiert. Dementsprechend steht der Kläger offenbar auch der Saadet-Partisi nahe; eine Wahl dieser Partei hält er nur deswegen nicht für sinnvoll, weil die (türkischen) Gerichte ohnehin „alles kaputtmachten“. Auch Erbakans Schriften (Milli Görüs; Adil Düzen) sind dem Kläger bekannt oder in seinen Besitz. Dass es eines der Ziele Erbakans ist, religiöse Gebote über die staatlichen Grundnormen zu setzen, „glaubt“ der Kläger nicht; er erklärte dazu, das werde zwar so gesagt, aber dafür gebe es keinen Beweis. Im übrigen war offensichtlich, dass dem Kläger die Existenz unterschiedlicher Richtungen innerhalb der IGMG nicht bekannt, jedenfalls aber auch unwichtig war; auf eine entsprechende Frage erklärte er lediglich, unterschiedliche Ansichten gebe es ja in jeder Familie.
54 
Die Ablehnung des Einbürgerungsantrags und die Begründung dieser Entscheidung waren für den Kläger auch kein Anlass, das Verhältnis der IGMG zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung für sich zu problematisieren und hier eine eigene persönliche Position zu beziehen. Auch wenn der Kläger von seiner Vorbildung her naturgemäß nicht mit der „Funktionärselite“ wie etwa dem Generalsekretär der IGMG verglichen werden kann, hätte doch auch von ihm erheblich mehr an Beschäftigung mit dieser (entscheidungserheblichen) Problematik erwartet werden können. Da es hier nicht um schwierige religiöse Fragen geht, wäre dies auch keine Überforderung (zu dieser Gefahr bei „einfachen Muslimen“ siehe Schiffauer Gutachten S. 28).
55 
Der Kläger hat damit im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG insgesamt nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass er sich von der Unterstützung der noch immer existierenden verfassungsfeindlichen Bestrebungen innerhalb der IGMG abgewandt hat oder abwendet. Die Tatsache, dass er inzwischen keine herausgehobene Funktion im Ortsverein mehr bekleidet, genügt hierfür nicht, zumal er noch bei der letzten Wahl als Vorsitzender kandidierte. Eine Abwendung im Sinn der genannten Vorschrift setzt grundsätzlich einen gewissen Lernprozess (siehe Berlit, a.a.O. Rn 155) und die Einräumung früherer Unterstützung voraus (Berlit a.a.O. Rn 153 m.w.N.); an beidem fehlt es im vorliegenden Fall.
56 
Damit muss der Senat bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der Position des Klägers davon ausgehen, dass er sich als Mitglied und langjährige Funktionär der IGMG in Philippsburg die „traditionelle“ - aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungshindernde - Einstellung der Milli-Görüs-Bewegung, wie sie oben beispielhaft aufgeführt ist, im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. m.w.N.) zurechnen lassen muss. Die genannten Bestrebungen der Milli-Görüs-Bewegung sind jedenfalls als solche für ihn erkennbar und von seinem Willen auch getragen, so dass im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausreichende (tatsachengestützte) Anhaltspunkte für eine entsprechende noch aktuelle Unterstützung gegeben sind. Sein Engagement für die IGMG beschränkt sich auch nicht auf den rein technischen oder organisatorischen Bereich oder auf religiös motivierte Hilfsdienste (vgl. dazu VG Gelsenkirchen a.a.O. S. 27 des Urteilsabdrucks). Die langjährige Tätigkeit als Gründungsmitglied der örtlichen IGMG-Vereinigung ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ein ausreichendes Indiz dafür, dass er sich grundsätzlich mit den (auch: durch Erbakan bestimmten) Zielen der Milli-Görüs-Bewegung identifiziert. Ein ausreichender Verdacht im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits dann begründet, wenn ein Umstand vorliegt, der bei objektiver und vernünftiger Sicht auf eine Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen hinweist (vgl. etwa OVG Koblenz a.a.O., S. 18. des Urteilsabdrucks), und dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei langjähriger Mitwirkung in einer Organisation in hervorgehobener Stellung im Ortsverein grundsätzlich der Fall (siehe BVerwG, Beschluss vom 27.2.2006 - 5 B 67.05 -; siehe auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 8.11.2004 - 5 ZB 03.1797 -, juris).
57 
Der Kläger kann schließlich auch nicht nach § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerungszusicherung erhalten; im Hinblick auf das Vorliegen des zwingenden Versagungsgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist die Entscheidung des Beklagten, die Einbürgerung zu verweigern, rechtlich nicht zu beanstanden (siehe § 114 Satz 1 VwGO).
58 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision war zuzulassen, da die Anforderungen an eine persönliche „Positionierung“ einzelner Einbürgerungsbewerber als Mitglieder oder Funktionäre von dargestellten Sinn diffusen und inhomogenen Vereinigungen mit mehreren widerstreitenden Strömungen höchstrichterlich noch nicht geklärt und von grundsätzlicher Bedeutung ist (siehe § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
59 
Beschluss
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird 10 000 EURO festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG; vgl. Streitwertkatalog Ziff.42.1 (in DVBl. 2004, 1525).
61 
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. Januar 2006 - 5 K 1868/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine Einbürgerungszusicherung.
Der am ...1942 geborene Kläger ist serbischer bzw. kosovarischer Staatsangehöriger und albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo, wo der als Kunstprofessor oder -lehrer tätig war (Bildhauer). Er reiste am ...1991 zusammen mit seiner Ehefrau und seinen vier Kindern in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom ...1994 als Asylberechtigter anerkannt; zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 hinsichtlich des Herkunftsstaates vorliegen. Mit Bescheid vom 9.6.2004 widerrief das Bundesamt seine Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen; zugleich stellte es fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen verpflichtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, nachdem der Kläger die hiergegen erhobene Klage im Übrigen zurückgenommen hatte, ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG in Bezug auf Serbien und Montenegro festzustellen (Urteil vom 12.1.2005 - A 1 K 11108/04 -).
Seit dem 27.9.1994 besitzt der Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Er stand in folgenden Beschäftigungsverhältnissen, für die er jeweils auch die ausländerrechtlichen Arbeitserlaubnisse besaß:
04.02.1992 - 06.11.1992
 Firma ...
05.04.1994 - 15.04.1994
 Firma ...
22.10.1996 - 24.12.1996
 Firma ...
02.06.1998 - 31.08.1999
 Firma ...
23.02.2000 - 29.02.2000
 Firma ...
23.10.2001 - 30.11.2001
 Firma ...
Eine amtsärztliche Untersuchung vom ... 1997 führte zur Feststellung, dass er wegen eines Bandscheibenvorfalls auf Dauer keine körperlich schweren und wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten ausüben könne, sondern nur noch solche in temperierten Räumen mit Bewegungswechsel mit zumindest zeitweiliger sitzender Körperhaltung. Das Arbeitsamt ... hielt am 25.6.2003 eine Vermittlung auf Grund seines Alters und der Stellensituation für derzeit unmöglich.
Von 1992 an erhielten er und seine Familie, abgesehen von kurzen Unterbrechungen in den Jahren 1997 und 1998, ergänzend laufende Hilfe zum Lebensunterhalt und einmalige Sozialhilfeleistungen und Arbeitslosengeld bzw. Sozialgeld. Seit 1.5.2007 erhält er eine Rente (Altersrente) in Höhe von derzeit 120,98 EUR. Zurzeit bekommt er für sich selbst er keine Leistungen nach SGB II oder XII; seine Ehefrau und sein jüngster Sohn, der bei ihm im Haushalt wohnt und zur Schule geht, erhalten jedoch Leistungen nach SGB II. Er selbst hat inzwischen wieder Grundsicherung im Alter nach SGB XII beantragt, nachdem das Kindergeld für seine Tochter, weswegen sein entsprechender Antrag im Jahr 2007 abgelehnt worden war, weggefallen ist.
Der Kläger beantragte am 28.11.2002 seine Einbürgerung, nachdem er zuvor bereits im Jahr 2000 einen entsprechenden Antrag gestellt und wieder zurückgenommen hatte. Das Landratsamt ... lehnte den Einbürgerungsantrag am 1.3.2004 mit der Begründung ab, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einbürgerung lägen nicht vor, weil der Kläger die Inanspruchnahme von Sozial- und Arbeitslosenhilfe zu vertreten habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1.9.2004 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid zurück. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe sich nicht hinreichend intensiv um eine Beschäftigung bemüht, wie die Kürze der Beschäftigungszeiten, die geringe Zahl der Beschäftigungsstellen und die fehlenden Nachweise über eine Arbeitssuche zeigten. Insbesondere in seiner (1999 gekündigten) Tätigkeit als Lagerist habe er es an Engagement und Interesse fehlen lassen. Als Kunstprofessor verfüge er über genügend intellektuelle Fähigkeiten, so dass der vom Arbeitgeber angegebene Kündigungsgrund, er habe die Tätigkeit nicht verstanden, nicht nachvollziehbar sei. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass es inzwischen wegen seines Alters und seines Gesundheitszustandes schwerer werde, eine neue Arbeit zu finden. Wenn er sich in früheren Zeiten stärker um einen Arbeitsplatz bemüht oder um den Erhalt seines Arbeitsplatzes gekümmert hätte, wäre durch die Einzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Reduzierung des Sozialleistungsbezuges möglich gewesen.
Der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben. Es hat die Entscheidung des Landratsamtes ... vom 26.3.2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 1.9.2004 aufgehoben, soweit sie den Kläger betrafen, und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen. In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, da nach dem Asylwiderruf eine Einbürgerung unter Hinnahmen der Mehrstaatigkeit nicht mehr in Betracht komme, habe der Kläger seinen Klagantrag zu Recht auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beschränkt. Das Zusicherungsermessen sei hier auf die Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung reduziert. Die Voraussetzungen des § 10 StAG seien – abgesehen von der Aufgabe oder dem Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit – gegeben. Dass er für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII in Anspruch nehmen müsse, habe er nicht zu vertreten. Ein „Vertretenmüssen“ im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 3 (jetzt Satz 1 Nr. 3) StAG liege etwa bei schuldhaftem Verlust des Arbeitsplatzes vor, nicht hingegen wenn er wegen seines Alters oder seines Gesundheitszustandes sozial(hilfe)rechtlich nicht erwerbsverpflichtet oder erwerbsfähig sei. Dies sei der Fall. Nach der im Gerichtsverfahren vorgelegten Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 21.12.2005 leide er unter mehreren, teilweise schwerwiegenden Krankheiten (Zustand nach Herzhinterwandinfarkt 04/2004, Zustand nach Rekanalisation und Stenteinlage bei Postinfarktangina, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus Typ 2, Wirbelsäulensyndrom). Diese äußerten sich in Angina-Pectoris-Beschwerden, Rückenschmerzen, Schwindel, Müdigkeit und allgemeiner Schwäche. Hieraus folgere das Gesundheitsamt starke gesundheitliche Einschränkungen, so dass lediglich eine Pförtnertätigkeit o.ä. in Frage komme. Ein solcher Arbeitsplatz stehe für den Kläger nicht zur Verfügung. Das Arbeitsamt habe eine Vermittlung des Klägers schon vor seinem Herzhinterwandinfarkt im Hinblick auf sein Alter und die Stellensituation nicht mehr für möglich gehalten. Damit liege aktuell ein vom Kläger nicht zu vertretender Grund für die Inanspruchnahme von Leistungen nach SGB II/SGB XII vor. Ein solcher Grund könne entgegen der Meinung des Beklagten auch nicht aus dem Verlust des Arbeitsplatzes im Jahr 1999 hergeleitet werden. Ob der Kläger diesen Arbeitsplatzverlust zu vertreten habe, sei zwischen den Beteiligten streitig, bedürfe hier aber keiner Klärung. Denn der Zurechnungszusammenhang eines verschuldeten Arbeitsplatzverlustes könne keine unbegrenzte „Ewigkeitswirkung“ haben, sondern durch weitere Entwicklungen wie etwa eine nachträglich eintretende Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werden. Mit der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 3 (jetzt Satz 1 Nr. 3) StAG habe der Gesetzgeber für den Einbürgerungsanspruch nach langjährigem rechtmäßigem Aufenthalt den fiskalischen Interessen geringeres Gewicht beigemessen als bei den vorgelagerten aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 1 Satz 2, § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG). Damit habe er die Konsequenz daraus gezogen, dass eine Integration als Folge eines langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts bereits stattgefunden habe und für eine Einbürgerung hinreichend abgeschlossen sei. Hier sei der Zurechnungszusammenhang des (möglicherweise verschuldeten) Arbeitsplatzverlustes von 1999 aufgehoben. Zum einen sei der Kläger später noch einmal in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden, das ausweislich des Kündigungsschreibens nur deswegen beendet worden sei, weil der Kläger „trotz seiner außerordentlichen Mühe“ wegen seines Alters den Arbeiten als Fahrer und Hausmeister nicht mehr gewachsen gewesen sei. Zum andern habe die massive Verschlechterung seines Gesundheitszustands nach seinem Hinterwandinfarkt 2004 dazu geführt, dass er nach Stellungnahme des Gesundheitsamts praktisch keinen Arbeitsplatz mehr erhalten könne. Das Verhalten seiner Ehefrau, die ihre mangelnde Leistungsfähigkeit im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 zu vertreten habe, könne dem Kläger nicht zugerechnet werden. Das Staatsangehörigkeitsrecht enthalte keine Regelung, nach welcher der von einem Familienangehörigen zu vertretende Bezug von Leistungen nach dem SGB II/XII anderen Familienangehörigen zuzurechnen sei. Vielmehr stelle das Staatsangehörigkeitsrecht auf jeden Einbürgerungsbewerber gesondert ab, ausdrücklich etwa bei der Miteinbürgerung gemäß § 10 Abs. 2 StAG „nach Maßgabe des Absatzes 1“.
10 
Auf Antrag des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26.6.2006 - 12 S 644/06 - die Berufung zugelassen. In der rechtzeitig eingegangenen Berufungsbegründung nimmt der Beklagte auf den Zulassungsantrag Bezug und macht geltend, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Zurechnungszusammenhang eines verschuldeten Arbeitsplatzverlustes und langjähriger Arbeitslosigkeit durch eine nachträglich eintretende Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werde. Eine derartige Auslegung widerspreche dem Gesetzeszweck, wonach die (erleichterte) Anspruchseinbürgerung am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses stehen solle. Nur wirtschaftlich voll integrierte Ausländer, die etwa aus arbeitsmarktpolitischen Gründen ihre Arbeit verlieren, sollten in den Genuss der Privilegierung des § 10 Abs. 1 Satz 3 (jetzt Satz 1 Nr. 3) StAG kommen und im Gegensatz zur Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG die Möglichkeit der Einbürgerung trotz einbürgerungsschädlicher öffentlicher Leistungen erhalten. Dies habe auch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Dem Kläger sei es auch vor seiner Erwerbsunfähigkeit nicht gelungen, sich in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Im Dezember 1991 eingereist, habe er den ersten Arbeitsplatz bereits zum 6.11.1992 verloren. Obwohl ihm wegen seines Alters die Notwendigkeit von Arbeitsbemühungen hätte klar sein müssen, sei er erst nach über fünf Jahren am 2.6.1998 ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, habe diesen Arbeitsplatz aber bereits am 31.8.1999 wieder verloren, und das nicht aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen. Seine Ehefrau habe noch weniger Integrationsbereitschaft gezeigt und sich nicht einmal als arbeitsuchend gemeldet. Vor seinen gesundheitlichen Einschränkungen sei er daher nicht erfolgreich wirtschaftlich integriert gewesen. Deshalb werde er von einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG dauerhaft ausgeschlossen. Der Umstand, dass er zwischenzeitlich wegen seines Alters und seiner gesundheitlichen Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar sei, könne nicht zu einer anderen Bewertung führen. Entsprechendes gelte für Behinderte und Eltern, die wegen der Erziehung mehrerer Kinder ihren Lebensunterhalt länger nicht selbst bestreiten könnten. Es sei auch nicht einzusehen, warum der Zurechnungszusammenhang eines verschuldeten Arbeitsplatzverlustes durch eine nachträglich eingetretene Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werden solle, nicht aber durch die mit dem Alter sinkenden Arbeitsmarktchancen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts habe zur Konsequenz, dass mit dem Erreichen des Rentenalters die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen nicht mehr einbürgerungsschädlich sei. Bei der Bewertung der Frage, inwieweit der Kläger die fehlende eigene Sicherung des Lebensunterhalts selbst zu vertreten habe, müsse auch sein Verhalten vor dem Verlust des letzten Arbeitsplatzes berücksichtigt werden.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25.1.2006 - 5 K 1868/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Er bezieht sich auf das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend, dieses Ergebnis ergebe sich auch aus dem Wortlaut von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG, der in der Gegenwartsform gehalten sei. Daher komme es auf den im Moment der Entscheidung vorliegenden Sachverhalt an. Ferner trägt der Kläger vor, er habe erst im September 1994 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten und sei jedenfalls bis dahin auf dem Arbeitsmarkt als Asylbewerber benachteiligt gewesen. Er habe eine Arbeitserlaubnis gebraucht, die unter dem Vorbehalt der Arbeitsmarktprüfung gestanden habe. Außerdem hätten es damals auch Deutsche in seinem Alter (52 Jahre) schwer gehabt, einen Arbeitsplatz zu finden. Als ausgebildeter Lehrer sei er weder von Statur noch Praxis schwere körperliche Arbeit gewohnt gewesen. Auch habe er im Alter von über 50 Jahren erst deutsch lernen müssen. Selbst wenn die Vorwürfe der Firma O. in der Kündigung vom Sommer 1999 stimmen würden, sei ihm der Arbeitsplatzverlust heute nicht mehr vorzuwerfen. Spätestens nach seiner schweren Erkrankung im Sommer 2004 hätte er diesen Arbeitsplatz verloren. Auch das Arbeitsamt sei davon ausgegangen, dass er seine Kündigung im Jahr 1999 nicht schuldhaft verursacht habe; jedenfalls sei keine Sperrzeit verhängt worden. Selbst wenn er seit Ende 1994 bis zu seiner schweren Erkrankung ständig gearbeitet hätte, hätte er keine Rentenansprüche oberhalb des Sozialhilfesatzes erwirtschaften können. Derzeit beziehe er keine Leistungen nach dem SGB II und XII, ein entsprechender Antrag auf Grundsicherung sei 2007 abgelehnt worden.
16 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Tübingen vor; auf ihren Inhalt wird verwiesen. Sie waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Berufung des Beklagten ist nach ihrer Zulassung durch den Verwaltungsgerichtshof statthaft und auch im übrigen zulässig. Insbesondere hat der Beklagte sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über ihre Zulassung ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (124a Abs. 6 Sätze 1 bis 3 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Der Beklagte hat dem Kläger die Einbürgerungszusicherung zu Recht versagt.
18 
Zutreffend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Kläger seinen Klagantrag zu Recht auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beschränkt hat, da eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach dem Widerruf der Asylberechtigung und der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG/§ 51 Abs. 1 AuslG wohl nicht mehr in Betracht kommt (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG). Es trifft auch zu, dass sich das Zusicherungsermessen auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung reduziert, wenn der Einbürgerungsanspruch hierdurch leichter durchgesetzt werden kann (Senatsurteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116), und dass maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 12.1.2005 - 13 S 2549/03 -, VBlBW 2006, 70.). Das Verwaltungsgericht hätte die Klage jedoch abweisen müssen, da der Kläger keinen Anspruch auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung hat.
19 
1. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der sog. Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG nicht.
20 
Diese Vorschrift ist in der vor dem 28.8.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthält (§ 40c StAG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der europäischen Union vom 19.8.2007, BGBl. I S. 1970). Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach bisherigem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (Berlit, InfAuslR 2007, 457, 466).
21 
Die Beteiligten streiten ausschließlich darüber, ob der Einbürgerungsanspruch des Klägers an § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG scheitert. Die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG liegen bis auf Aufgabe oder Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG) vor. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG in der seit 28.8.2007 geltenden Fassung – die bis dahin geltende Fassung war für den Kläger nicht günstiger und wurde, soweit sie ihn betrifft, nur redaktionell verändert (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. und Berlit, a.a.O., Seite 465) – setzt der Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat.
22 
a) Der Kläger kann den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen nicht ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach SGB II oder SGB XII bestreiten. Dieses Erfordernis der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung ist zukunftgerichtet und verlangt eine Prognose, ob der Lebensunterhalt auch künftig eigenständig gesichert ist (Berlit, GK-StAR, § 10, 2005, Rn. 230 f.). Dies ist nicht der Fall. Vielmehr ist zu erwarten, dass der Kläger für den Lebensunterhalt von sich und seiner Ehefrau sowie seinem jüngsten Sohn auf Leistungen nach SGB II oder SGB XII angewiesen ist. Das ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Zwar bezieht der Kläger für sich selbst momentan keine Leistungen nach SGB II oder XII, jedoch erhalten seine Ehefrau und sein jüngster Sohn solche Leistungen, und auch er selbst hat inzwischen wieder einen Antrag auf Grundsicherung im Alter nach SGB XII gestellt, da das ihm als Einkommen angerechnete Kindergeld für seine Tochter inzwischen weggefallen ist. Der Kläger geht also auch selbst von der fortdauernden eigenen Bedürftigkeit aus.
23 
b) Diese Inanspruchnahme hat der Kläger zu vertreten, weil er über mehrere Jahre hinweg aus von ihm zu vertretenden Gründen arbeitslos war und es damit auch versäumt hat, Rentenansprüche für das Alter zu erwerben. Hierdurch hat er adäquat-kausal die (Mit-)Ursache für seinen jetzigen Leistungsbezug gesetzt. Im Einzelnen:
24 
Ein Einbürgerungsbewerber hat den Bezug von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuchs zu vertreten, wenn er durch ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen adäquat-kausal die Ursache für den fortdauernden Leistungsbezug gesetzt hat. Das Vertretenmüssen beschränkt sich nicht auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es setzt kein pflichtwidriges, schuldhaftes Verhalten voraus. Das Ergebnis muss lediglich auf Umständen beruhen, die dem Verantwortungsbereich der handelnden Person zurechenbar sind (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1.7.1997 - 25 A 3613/95 -, InfAuslR 1998, 34, 35; Bayerischer VGH, Beschluss vom 6.7.2007 - 5 ZB 06.1988 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 8.5.2006 - 12 TP 357/06 -, DÖV 2006, 878, zitiert nach juris; VG Göttingen, Urteil vom 7.9.2004 - 4 A 4184/01 -, juris; Hailbronner, in Hailbronner/ Renner, StAG, 5. Aufl. 2005, § 10 Rn. 23; Berlit, in: GK-StAR, § 10, 2005, Rn. 242 f. m.w.N.). Ob der Ausländer den Leistungsbezug zu vertreten hat, ist eine verwaltungsgerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Rechtsfrage, für die der Einbürgerungsbehörde kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zukommt. Ein Arbeitsloser hat den Leistungsbezug zu vertreten, wenn er nicht in dem sozialrechtlich gebotenen Umfang bereit ist, seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen einzusetzen, ferner wenn er sich nicht um Arbeit bemüht oder bei der Arbeitssuche nachhaltig durch Gleichgültigkeit oder mögliche Arbeitgeber abschreckende Angaben zu erkennen gibt, dass er tatsächlich kein Interesse an einer Erwerbstätigkeit hat (Berlit, a.a.O., Rn. 247; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 9.12.2004 - 2 K 913/04 -, juris). Ebenso wird angenommen, dass der Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug zu vertreten hat, wenn sein Arbeitsverhältnis wegen Nichterfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten gekündigt oder aufgelöst und die Arbeitslosigkeit dadurch von ihm vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wird (Hailbronner, a.a.O., Rn. 24, Berlit, a.a.O., Rn. 247). Als Indiz wird die Verhängung einer Sperrzeit angesehen (vgl. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Jedoch genügen auch andere Hinweise auf Arbeitsunwilligkeit (Hailbronner, a.a.O., Rn. 24). Eine personenbedingte Kündigung, die in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren Bestand hat, steht der Einbürgerung entgegen, ohne dass es einer eigenständigen Prüfung der Kündigungsumstände durch die Einbürgerungsbehörde bedarf (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1.7.1997, a.a.O.). Umgekehrt wird das Vertretenmüssen des Leistungsbezugs allgemein verneint, wenn die Arbeitslosigkeit auf einer krankheits- oder betriebsbedingten Kündigung oder Konjunkturgründen beruht. Stets ist bei der Beurteilung des Vertretenmüssens auch der Grundsatz der selbstgesicherten wirtschaftlichen Existenz im Blick zu halten: Der Einbürgerungsbewerber hat den Lebensunterhalt grundsätzlich ohne Inanspruchnahme von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II oder XII zu bestreiten (Berlit, a.a.O., Rn. 215). Da der nicht zu vertretende Leistungsbezug eine Ausnahme von diesem Grundsatz darstellt, ist für die Frage, ob der Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug zu vertreten hat, ein strenger Maßstab anzulegen. Von diesen Anforderungen an die wirtschaftliche Integration ist auch nicht im Hinblick auf den Gesetzeszweck abzusehen; seit (mit Wirkung vom 1.1.2000) die Mindestaufenthaltsdauer auf acht Jahre herabgesetzt wurde, zieht der Einbürgerungsanspruch ohnehin nicht mehr die Konsequenz daraus, dass die Integration als Folge eines 15-jährigen rechtmäßigen Aufenthalts bereits erfolgreich abgeschlossen ist (so BVerwG, Beschluss vom 27.10.1995 - 1 B 34.95 -, InfAuslR 1996, 54 zur damaligen Rechtslage; vgl. hierzu Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 241; siehe zur rechtspolitischen Diskussion um Integration als Einbürgerungsvoraussetzung allgemein auch Hailbronner, a.a.O., § 10 Rn. 1, S. 576 f.).
25 
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger zwar nicht zu vertreten, dass er jetzt kein Erwerbseinkommen hat und deshalb mit Ehefrau und Sohn auf Sozialleistungen nach SGB II oder XII angewiesen ist; denn er steht dem Arbeitsmarkt aus Alters- und Gesundheitsgründen nicht mehr zur Verfügung, ohne dass er dies zu vertreten braucht.
26 
Jedoch kann ein Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug unter Umständen auch dann noch zu vertreten haben, wenn er auf einer früher zurechenbaren Arbeitslosigkeit beruht und der Zurechnungszusammenhang noch fortbesteht. So liegt der Fall hier: Nach Überzeugung des Senats hat der Kläger jedenfalls die Zeiten seiner Arbeitslosigkeit zwischen der Asylanerkennung im Mai 1994 und dem Beginn des Arbeitsverhältnisses im Juni 1998 im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAG zu vertreten. Der Senat geht – anders als der Beklagte und das Verwaltungsgericht, das diese Frage offen gelassen hat – zu seinen Gunsten davon aus, dass ihm die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.08.1999 nicht zuzurechnen ist und er auch seine Arbeitslosigkeit danach im Hinblick auf die beiden kurzzeitigen Beschäftigungen in den Jahren 2000 und 2001 und seine gesundheits- und altersbedingten Einschränkungen nicht mehr zu vertreten hat. Jedoch hatte er seit seiner Asylanerkennung im Mai 1994 die Perspektive eines dauerhaften Bleiberechts in Deutschland. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte er sich aus Gründen der sozialen Sicherung verstärkt um einen Arbeitsplatz bemühen müssen. Gerade im Zeitraum von Mai 1994 bis Juni 1998 hat er jedoch keine ausreichenden Bemühungen unternommen. In diesen etwa vier Jahren hat er lediglich einmal für etwa acht Wochen bei einer Reinigungsfirma gearbeitet. Dieses Arbeitsverhältnis hat er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung von sich aus gekündigt, weil er täglich zwei bis drei unbezahlte Überstunden habe machen müssen. Die Frage des Senats, warum er sich damals nicht bei der Reinigungsfirma beworben habe, in der seine Frau seit 1996 arbeite, konnte er nicht beantworten. Auch um eine andere Arbeitsstelle hat er sich in diesem gesamten Zeitraum nicht gekümmert, auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung konnte er keine einzige Bewerbung nennen, die er in diesen vier Jahren eingereicht hat.
27 
Das Vertretenmüssen des Sozialleistungsbezugs ist auch nicht aus den vom Kläger angeführten Gründen zu verneinen. Seine Argumente, er habe auf dem Arbeitsmarkt schon deshalb kaum Chancen gehabt, weil er als Fünfzigjähriger zu alt gewesen sei und erst habe deutsch lernen und für seine Asylanerkennung kämpfen müssen, überzeugen nicht. Eine Benachteiligung am Arbeitsmarkt als Asylbewerber war nicht der entscheidende Grund für seine lange Arbeitslosigkeit. Bereits wenige Wochen nach der Einreise – also in der Zeit der ersten sprachlichen und kulturellen Eingewöhnung und des Asylverfahrens – konnte er einen Arbeitsplatz finden, den er auch für neun Monate behielt. Auch die Beschäftigung bei einem Steinmetz im April 1994 fiel noch in die Zeit des Asylverfahrens. Der Verlust seiner Stelle im August 1999 ist weder mit Sprach- noch mit Konjunkturproblemen zu erklären. Seine Einlassung, als ausgebildeter Lehrer sei er weder von Statur noch Praxis schwere körperliche Arbeit gewohnt gewesen, wiegt deshalb nicht schwer, weil er im Laufe der Jahre mehrere Arbeitsstellen gefunden hat, die nicht an der schweren körperlichen Arbeit scheiterten. Schließlich waren auch seine späteren gesundheitlichen Einschränkungen durch den Bandscheibenvorfall im Jahr 1997 nicht der Grund seiner damaligen Arbeitslosigkeit. Zum einen war er nach dem Gutachten des Gesundheitsamts vom August 1997 mit Einschränkungen arbeitsfähig und zum anderen hat er im Juni 1998 eine Arbeitsstelle gefunden, die ihm erst 14 Monate später aus anderen als gesundheitlichen Gründen gekündigt wurde.
28 
Die Abhängigkeit von Leistungen nach dem SGB II/XII beruht auch heute noch auf dieser zu vertretenden Arbeitslosigkeit. Hat ein erwerbsverpflichteter Ausländer ihm zurechenbar den Verlust eines Arbeitsplatzes mit hinreichendem Einkommen verursacht oder wie hier seine Arbeitslosigkeit aus anderen Gründen zu vertreten, liegt dies aber einen erheblichen Zeitraum zurück, so hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob der Zurechnungszusammenhang fortbesteht oder durch weitere Entwicklungen unterbrochen ist. Hierfür sind grundsätzlich auch Art und Maß der nachfolgenden Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz sowie die individuellen Arbeitsmarktchancen und der zeitliche Abstand zur zurechenbaren Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Der Zurechnungszusammenhang kann auch durch zusätzliche Ereignisse wie etwa eine nachträglich eingetretene Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werden, nicht jedoch allein durch die mit zunehmendem Alter sinkenden Arbeitsmarktchancen. Eine zeitlich unbegrenzte „Ewigkeitswirkung“ ist abzulehnen (Berlit, a.a.O., Rn. 249 f.).
29 
Beim Kläger wird der Zurechnungszusammenhang entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts weder durch die erneute Beschäftigung im Jahr 2001 noch durch den Herzinfarkt im Jahr 2004 noch durch den Eintritt ins Rentenalter unterbrochen, sondern besteht fort. Bei der gebotenen Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles fällt hier in besonderer Weise ins Gewicht, dass der Kläger durch die zu vertretende Arbeitslosigkeit heute geringere Rentenansprüche hat. Deshalb hat er die Abhängigkeit von Leistungen nach dem SGB II/XII - jedenfalls teilweise - auch heute noch zu vertreten. Er hat es über längere Zeit unterlassen, durch zumutbare Arbeit Rentenanwartschaften zu erwerben, die wenigstens einen Teil seines Bedarfs abdecken. Er hätte sich damals nicht nur deshalb auf Stellen bewerben müssen, um durch das Erwerbseinkommen von Sozialhilfe unabhängig zu sein, sondern auch um sich Rentenansprüche für die Alterssicherung aufzubauen. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass sonst die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts ab Eintritt in das Rentenalter praktisch leer liefe, weil dann alle Ausländer, die sich aus eigenem Verschulden nicht wirtschaftlich integriert hätten, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen mit Erreichen des Rentenalters eingebürgert werden müssten. Zu Lasten des Klägers ist zu berücksichtigen, dass er seine Asylanerkennung und den Erhalt einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im Jahr 1994 nicht als Anlass gesehen hat, sich um die dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu bemühen. Vielmehr hat er umgekehrt seine anfänglichen Bemühungen – immerhin hatte er während seines Asylverfahrens unmittelbar nach der Einreise für neun Monate gearbeitet und dann im April 1994 noch einmal in seinem eigenen Fachgebiet bei einem Steinmetzen eine Stelle gefunden – fast vollständig eingestellt, als er mit der Asylanerkennung im Mai 1994 die Perspektive eines dauerhaften Bleiberechts hatte. Obwohl ihm die Notwendigkeit der Integration in den Arbeitsmarkt, wie dargelegt, in dieser Zeit besonders bewusst sein musste, hat er sich von der Asylanerkennung an weit über zwei Jahre bei keinem Arbeitgeber beworben und nach seiner Kündigung vom Dezember 1996 auch nicht bei dem Arbeitgeber seiner Ehefrau nach einer Stelle gefragt, obwohl das aufgrund derselben Branche besonders nahegelegen hätte. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger mit angemessenen Bemühungen auch für längere Zeit Arbeit gefunden und aufgrund der Renteneinzahlungen heute einen höheren Rentenanspruch hätte, weil dann zu den Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung und den zurückgelegten Versicherungszeiten in Serbien (vgl. den vorgelegten Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd vom 24.9.2007) noch weitere Versicherungszeiten hinzuzurechnen wären. Dass ihm diese Rentenansprüche jetzt fehlen, muss er deshalb vertreten, weil er sich in der Zeit von Mai 1994 bis Juni 1998 nicht ausreichend um Arbeit gekümmert hat. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass es ihm wegen seines fortgeschrittenen Alters bei der Einreise wohl nicht gelungen wäre, Rentenansprüche oberhalb des Regelbedarfssatzes zu verdienen. Denn die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach SGB II oder XII ist auch dann einbürgerungsschädlich, wenn der Ausländer sie nur teilweise zu vertreten hat. Dass seine Rente auch mit diesen Einzahlungszeiten unterhalb des Sozialhilferegelsatzes bliebe, kann ihn daher nicht entlasten. Im übrigen obliegt dem Einbürgerungsbewerber hier eine besondere Darlegungspflicht, was die fehlende Kausalität zwischen Arbeitslosigkeit und Sozialleistungsbezug angeht.
30 
2. Die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG scheidet ebenfalls aus. Sie setzt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG unter anderem voraus, dass der Ausländer sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist. Dies ist beim Kläger nicht der Fall. Von diesen Voraussetzungen kann wegen Fehlens einer besonderen Härte auch nicht gemäß § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden. Nachdem die Anspruchseinbürgerung daran scheitert, dass der Kläger die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach dem SGB II/XII wegen des fehlenden Erwerbs von Rentenanwartschaften zu vertreten hat, ist eine besondere Härte weder unter dem Gesichtspunkt des unverschuldeten Sozialhilfebezugs noch unter dem Aspekt der älteren Person mit langem Inlandsaufenthalt zu bejahen (vgl. hierzu Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise Baden-Württembergs vom Dezember 2007; Marx, in: GK-StAR, § 8 StAG, 2006, Rn. 107.9 und 107.12 mit Verweis auf Nr. 8.1 Abs. 3 StAR-VwV). Unerheblich ist daher, dass der Beklagte kein Ermessen zu § 8 Abs. 2 StAG ausgeübt hat.
31 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.
33 
Beschluss
vom 12. März 2008
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt (vgl. Nr. 42.1 des „Streitwertkatalogs 2004“, abgedr. bei Kopp/Schenke, a.a.O., Anh § 164 Rn. 14).
        
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
17 
Die Berufung des Beklagten ist nach ihrer Zulassung durch den Verwaltungsgerichtshof statthaft und auch im übrigen zulässig. Insbesondere hat der Beklagte sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über ihre Zulassung ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (124a Abs. 6 Sätze 1 bis 3 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Der Beklagte hat dem Kläger die Einbürgerungszusicherung zu Recht versagt.
18 
Zutreffend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Kläger seinen Klagantrag zu Recht auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beschränkt hat, da eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach dem Widerruf der Asylberechtigung und der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG/§ 51 Abs. 1 AuslG wohl nicht mehr in Betracht kommt (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG). Es trifft auch zu, dass sich das Zusicherungsermessen auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung reduziert, wenn der Einbürgerungsanspruch hierdurch leichter durchgesetzt werden kann (Senatsurteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116), und dass maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 12.1.2005 - 13 S 2549/03 -, VBlBW 2006, 70.). Das Verwaltungsgericht hätte die Klage jedoch abweisen müssen, da der Kläger keinen Anspruch auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung hat.
19 
1. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der sog. Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG nicht.
20 
Diese Vorschrift ist in der vor dem 28.8.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthält (§ 40c StAG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der europäischen Union vom 19.8.2007, BGBl. I S. 1970). Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach bisherigem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (Berlit, InfAuslR 2007, 457, 466).
21 
Die Beteiligten streiten ausschließlich darüber, ob der Einbürgerungsanspruch des Klägers an § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG scheitert. Die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG liegen bis auf Aufgabe oder Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG) vor. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG in der seit 28.8.2007 geltenden Fassung – die bis dahin geltende Fassung war für den Kläger nicht günstiger und wurde, soweit sie ihn betrifft, nur redaktionell verändert (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. und Berlit, a.a.O., Seite 465) – setzt der Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat.
22 
a) Der Kläger kann den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen nicht ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach SGB II oder SGB XII bestreiten. Dieses Erfordernis der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung ist zukunftgerichtet und verlangt eine Prognose, ob der Lebensunterhalt auch künftig eigenständig gesichert ist (Berlit, GK-StAR, § 10, 2005, Rn. 230 f.). Dies ist nicht der Fall. Vielmehr ist zu erwarten, dass der Kläger für den Lebensunterhalt von sich und seiner Ehefrau sowie seinem jüngsten Sohn auf Leistungen nach SGB II oder SGB XII angewiesen ist. Das ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Zwar bezieht der Kläger für sich selbst momentan keine Leistungen nach SGB II oder XII, jedoch erhalten seine Ehefrau und sein jüngster Sohn solche Leistungen, und auch er selbst hat inzwischen wieder einen Antrag auf Grundsicherung im Alter nach SGB XII gestellt, da das ihm als Einkommen angerechnete Kindergeld für seine Tochter inzwischen weggefallen ist. Der Kläger geht also auch selbst von der fortdauernden eigenen Bedürftigkeit aus.
23 
b) Diese Inanspruchnahme hat der Kläger zu vertreten, weil er über mehrere Jahre hinweg aus von ihm zu vertretenden Gründen arbeitslos war und es damit auch versäumt hat, Rentenansprüche für das Alter zu erwerben. Hierdurch hat er adäquat-kausal die (Mit-)Ursache für seinen jetzigen Leistungsbezug gesetzt. Im Einzelnen:
24 
Ein Einbürgerungsbewerber hat den Bezug von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuchs zu vertreten, wenn er durch ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen adäquat-kausal die Ursache für den fortdauernden Leistungsbezug gesetzt hat. Das Vertretenmüssen beschränkt sich nicht auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es setzt kein pflichtwidriges, schuldhaftes Verhalten voraus. Das Ergebnis muss lediglich auf Umständen beruhen, die dem Verantwortungsbereich der handelnden Person zurechenbar sind (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1.7.1997 - 25 A 3613/95 -, InfAuslR 1998, 34, 35; Bayerischer VGH, Beschluss vom 6.7.2007 - 5 ZB 06.1988 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 8.5.2006 - 12 TP 357/06 -, DÖV 2006, 878, zitiert nach juris; VG Göttingen, Urteil vom 7.9.2004 - 4 A 4184/01 -, juris; Hailbronner, in Hailbronner/ Renner, StAG, 5. Aufl. 2005, § 10 Rn. 23; Berlit, in: GK-StAR, § 10, 2005, Rn. 242 f. m.w.N.). Ob der Ausländer den Leistungsbezug zu vertreten hat, ist eine verwaltungsgerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Rechtsfrage, für die der Einbürgerungsbehörde kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zukommt. Ein Arbeitsloser hat den Leistungsbezug zu vertreten, wenn er nicht in dem sozialrechtlich gebotenen Umfang bereit ist, seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen einzusetzen, ferner wenn er sich nicht um Arbeit bemüht oder bei der Arbeitssuche nachhaltig durch Gleichgültigkeit oder mögliche Arbeitgeber abschreckende Angaben zu erkennen gibt, dass er tatsächlich kein Interesse an einer Erwerbstätigkeit hat (Berlit, a.a.O., Rn. 247; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 9.12.2004 - 2 K 913/04 -, juris). Ebenso wird angenommen, dass der Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug zu vertreten hat, wenn sein Arbeitsverhältnis wegen Nichterfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten gekündigt oder aufgelöst und die Arbeitslosigkeit dadurch von ihm vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wird (Hailbronner, a.a.O., Rn. 24, Berlit, a.a.O., Rn. 247). Als Indiz wird die Verhängung einer Sperrzeit angesehen (vgl. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Jedoch genügen auch andere Hinweise auf Arbeitsunwilligkeit (Hailbronner, a.a.O., Rn. 24). Eine personenbedingte Kündigung, die in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren Bestand hat, steht der Einbürgerung entgegen, ohne dass es einer eigenständigen Prüfung der Kündigungsumstände durch die Einbürgerungsbehörde bedarf (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1.7.1997, a.a.O.). Umgekehrt wird das Vertretenmüssen des Leistungsbezugs allgemein verneint, wenn die Arbeitslosigkeit auf einer krankheits- oder betriebsbedingten Kündigung oder Konjunkturgründen beruht. Stets ist bei der Beurteilung des Vertretenmüssens auch der Grundsatz der selbstgesicherten wirtschaftlichen Existenz im Blick zu halten: Der Einbürgerungsbewerber hat den Lebensunterhalt grundsätzlich ohne Inanspruchnahme von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II oder XII zu bestreiten (Berlit, a.a.O., Rn. 215). Da der nicht zu vertretende Leistungsbezug eine Ausnahme von diesem Grundsatz darstellt, ist für die Frage, ob der Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug zu vertreten hat, ein strenger Maßstab anzulegen. Von diesen Anforderungen an die wirtschaftliche Integration ist auch nicht im Hinblick auf den Gesetzeszweck abzusehen; seit (mit Wirkung vom 1.1.2000) die Mindestaufenthaltsdauer auf acht Jahre herabgesetzt wurde, zieht der Einbürgerungsanspruch ohnehin nicht mehr die Konsequenz daraus, dass die Integration als Folge eines 15-jährigen rechtmäßigen Aufenthalts bereits erfolgreich abgeschlossen ist (so BVerwG, Beschluss vom 27.10.1995 - 1 B 34.95 -, InfAuslR 1996, 54 zur damaligen Rechtslage; vgl. hierzu Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 241; siehe zur rechtspolitischen Diskussion um Integration als Einbürgerungsvoraussetzung allgemein auch Hailbronner, a.a.O., § 10 Rn. 1, S. 576 f.).
25 
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger zwar nicht zu vertreten, dass er jetzt kein Erwerbseinkommen hat und deshalb mit Ehefrau und Sohn auf Sozialleistungen nach SGB II oder XII angewiesen ist; denn er steht dem Arbeitsmarkt aus Alters- und Gesundheitsgründen nicht mehr zur Verfügung, ohne dass er dies zu vertreten braucht.
26 
Jedoch kann ein Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug unter Umständen auch dann noch zu vertreten haben, wenn er auf einer früher zurechenbaren Arbeitslosigkeit beruht und der Zurechnungszusammenhang noch fortbesteht. So liegt der Fall hier: Nach Überzeugung des Senats hat der Kläger jedenfalls die Zeiten seiner Arbeitslosigkeit zwischen der Asylanerkennung im Mai 1994 und dem Beginn des Arbeitsverhältnisses im Juni 1998 im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAG zu vertreten. Der Senat geht – anders als der Beklagte und das Verwaltungsgericht, das diese Frage offen gelassen hat – zu seinen Gunsten davon aus, dass ihm die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.08.1999 nicht zuzurechnen ist und er auch seine Arbeitslosigkeit danach im Hinblick auf die beiden kurzzeitigen Beschäftigungen in den Jahren 2000 und 2001 und seine gesundheits- und altersbedingten Einschränkungen nicht mehr zu vertreten hat. Jedoch hatte er seit seiner Asylanerkennung im Mai 1994 die Perspektive eines dauerhaften Bleiberechts in Deutschland. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte er sich aus Gründen der sozialen Sicherung verstärkt um einen Arbeitsplatz bemühen müssen. Gerade im Zeitraum von Mai 1994 bis Juni 1998 hat er jedoch keine ausreichenden Bemühungen unternommen. In diesen etwa vier Jahren hat er lediglich einmal für etwa acht Wochen bei einer Reinigungsfirma gearbeitet. Dieses Arbeitsverhältnis hat er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung von sich aus gekündigt, weil er täglich zwei bis drei unbezahlte Überstunden habe machen müssen. Die Frage des Senats, warum er sich damals nicht bei der Reinigungsfirma beworben habe, in der seine Frau seit 1996 arbeite, konnte er nicht beantworten. Auch um eine andere Arbeitsstelle hat er sich in diesem gesamten Zeitraum nicht gekümmert, auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung konnte er keine einzige Bewerbung nennen, die er in diesen vier Jahren eingereicht hat.
27 
Das Vertretenmüssen des Sozialleistungsbezugs ist auch nicht aus den vom Kläger angeführten Gründen zu verneinen. Seine Argumente, er habe auf dem Arbeitsmarkt schon deshalb kaum Chancen gehabt, weil er als Fünfzigjähriger zu alt gewesen sei und erst habe deutsch lernen und für seine Asylanerkennung kämpfen müssen, überzeugen nicht. Eine Benachteiligung am Arbeitsmarkt als Asylbewerber war nicht der entscheidende Grund für seine lange Arbeitslosigkeit. Bereits wenige Wochen nach der Einreise – also in der Zeit der ersten sprachlichen und kulturellen Eingewöhnung und des Asylverfahrens – konnte er einen Arbeitsplatz finden, den er auch für neun Monate behielt. Auch die Beschäftigung bei einem Steinmetz im April 1994 fiel noch in die Zeit des Asylverfahrens. Der Verlust seiner Stelle im August 1999 ist weder mit Sprach- noch mit Konjunkturproblemen zu erklären. Seine Einlassung, als ausgebildeter Lehrer sei er weder von Statur noch Praxis schwere körperliche Arbeit gewohnt gewesen, wiegt deshalb nicht schwer, weil er im Laufe der Jahre mehrere Arbeitsstellen gefunden hat, die nicht an der schweren körperlichen Arbeit scheiterten. Schließlich waren auch seine späteren gesundheitlichen Einschränkungen durch den Bandscheibenvorfall im Jahr 1997 nicht der Grund seiner damaligen Arbeitslosigkeit. Zum einen war er nach dem Gutachten des Gesundheitsamts vom August 1997 mit Einschränkungen arbeitsfähig und zum anderen hat er im Juni 1998 eine Arbeitsstelle gefunden, die ihm erst 14 Monate später aus anderen als gesundheitlichen Gründen gekündigt wurde.
28 
Die Abhängigkeit von Leistungen nach dem SGB II/XII beruht auch heute noch auf dieser zu vertretenden Arbeitslosigkeit. Hat ein erwerbsverpflichteter Ausländer ihm zurechenbar den Verlust eines Arbeitsplatzes mit hinreichendem Einkommen verursacht oder wie hier seine Arbeitslosigkeit aus anderen Gründen zu vertreten, liegt dies aber einen erheblichen Zeitraum zurück, so hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob der Zurechnungszusammenhang fortbesteht oder durch weitere Entwicklungen unterbrochen ist. Hierfür sind grundsätzlich auch Art und Maß der nachfolgenden Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz sowie die individuellen Arbeitsmarktchancen und der zeitliche Abstand zur zurechenbaren Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Der Zurechnungszusammenhang kann auch durch zusätzliche Ereignisse wie etwa eine nachträglich eingetretene Erwerbsunfähigkeit unterbrochen werden, nicht jedoch allein durch die mit zunehmendem Alter sinkenden Arbeitsmarktchancen. Eine zeitlich unbegrenzte „Ewigkeitswirkung“ ist abzulehnen (Berlit, a.a.O., Rn. 249 f.).
29 
Beim Kläger wird der Zurechnungszusammenhang entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts weder durch die erneute Beschäftigung im Jahr 2001 noch durch den Herzinfarkt im Jahr 2004 noch durch den Eintritt ins Rentenalter unterbrochen, sondern besteht fort. Bei der gebotenen Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles fällt hier in besonderer Weise ins Gewicht, dass der Kläger durch die zu vertretende Arbeitslosigkeit heute geringere Rentenansprüche hat. Deshalb hat er die Abhängigkeit von Leistungen nach dem SGB II/XII - jedenfalls teilweise - auch heute noch zu vertreten. Er hat es über längere Zeit unterlassen, durch zumutbare Arbeit Rentenanwartschaften zu erwerben, die wenigstens einen Teil seines Bedarfs abdecken. Er hätte sich damals nicht nur deshalb auf Stellen bewerben müssen, um durch das Erwerbseinkommen von Sozialhilfe unabhängig zu sein, sondern auch um sich Rentenansprüche für die Alterssicherung aufzubauen. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass sonst die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts ab Eintritt in das Rentenalter praktisch leer liefe, weil dann alle Ausländer, die sich aus eigenem Verschulden nicht wirtschaftlich integriert hätten, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen mit Erreichen des Rentenalters eingebürgert werden müssten. Zu Lasten des Klägers ist zu berücksichtigen, dass er seine Asylanerkennung und den Erhalt einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im Jahr 1994 nicht als Anlass gesehen hat, sich um die dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu bemühen. Vielmehr hat er umgekehrt seine anfänglichen Bemühungen – immerhin hatte er während seines Asylverfahrens unmittelbar nach der Einreise für neun Monate gearbeitet und dann im April 1994 noch einmal in seinem eigenen Fachgebiet bei einem Steinmetzen eine Stelle gefunden – fast vollständig eingestellt, als er mit der Asylanerkennung im Mai 1994 die Perspektive eines dauerhaften Bleiberechts hatte. Obwohl ihm die Notwendigkeit der Integration in den Arbeitsmarkt, wie dargelegt, in dieser Zeit besonders bewusst sein musste, hat er sich von der Asylanerkennung an weit über zwei Jahre bei keinem Arbeitgeber beworben und nach seiner Kündigung vom Dezember 1996 auch nicht bei dem Arbeitgeber seiner Ehefrau nach einer Stelle gefragt, obwohl das aufgrund derselben Branche besonders nahegelegen hätte. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger mit angemessenen Bemühungen auch für längere Zeit Arbeit gefunden und aufgrund der Renteneinzahlungen heute einen höheren Rentenanspruch hätte, weil dann zu den Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung und den zurückgelegten Versicherungszeiten in Serbien (vgl. den vorgelegten Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd vom 24.9.2007) noch weitere Versicherungszeiten hinzuzurechnen wären. Dass ihm diese Rentenansprüche jetzt fehlen, muss er deshalb vertreten, weil er sich in der Zeit von Mai 1994 bis Juni 1998 nicht ausreichend um Arbeit gekümmert hat. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass es ihm wegen seines fortgeschrittenen Alters bei der Einreise wohl nicht gelungen wäre, Rentenansprüche oberhalb des Regelbedarfssatzes zu verdienen. Denn die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach SGB II oder XII ist auch dann einbürgerungsschädlich, wenn der Ausländer sie nur teilweise zu vertreten hat. Dass seine Rente auch mit diesen Einzahlungszeiten unterhalb des Sozialhilferegelsatzes bliebe, kann ihn daher nicht entlasten. Im übrigen obliegt dem Einbürgerungsbewerber hier eine besondere Darlegungspflicht, was die fehlende Kausalität zwischen Arbeitslosigkeit und Sozialleistungsbezug angeht.
30 
2. Die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG scheidet ebenfalls aus. Sie setzt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG unter anderem voraus, dass der Ausländer sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist. Dies ist beim Kläger nicht der Fall. Von diesen Voraussetzungen kann wegen Fehlens einer besonderen Härte auch nicht gemäß § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden. Nachdem die Anspruchseinbürgerung daran scheitert, dass der Kläger die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach dem SGB II/XII wegen des fehlenden Erwerbs von Rentenanwartschaften zu vertreten hat, ist eine besondere Härte weder unter dem Gesichtspunkt des unverschuldeten Sozialhilfebezugs noch unter dem Aspekt der älteren Person mit langem Inlandsaufenthalt zu bejahen (vgl. hierzu Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise Baden-Württembergs vom Dezember 2007; Marx, in: GK-StAR, § 8 StAG, 2006, Rn. 107.9 und 107.12 mit Verweis auf Nr. 8.1 Abs. 3 StAR-VwV). Unerheblich ist daher, dass der Beklagte kein Ermessen zu § 8 Abs. 2 StAG ausgeübt hat.
31 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.
33 
Beschluss
vom 12. März 2008
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt (vgl. Nr. 42.1 des „Streitwertkatalogs 2004“, abgedr. bei Kopp/Schenke, a.a.O., Anh § 164 Rn. 14).
        
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der am … 1971 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo. Er kam Ende 1991 in das Bundesgebiet und stellte einen Asylantrag. Nachdem er am 01.09.1995 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet hatte, nahm er seinen Asylantrag zurück. In der Folgezeit erhielt er fortlaufend verlängerte Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt bis 06.12.2002. Seit 21.05.2002 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, jetzt Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt nach wie vor in ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe sind mittlerweile zwei Kinder hervorgegangen, die ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Nach einer aktuellen Auskunft aus dem Zentralregister vom 11.03.2009 wurde der Kläger bestraft durch
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1993 (2 C 222/93) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts S. vom 29.03.1994 (11 CS 156/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einer wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 29.09.1994 (2 DS 166/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen je 45,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 19.01.1995 (2 DS 316/94) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 20.07.1995 (2 DS 18/95) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 19.01.1995 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Monaten und zwei Wochen, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1996 (2 DS 61/96) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Verurteilungen vom 19.01.1995 und 20.07.1995 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
10 
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 14.05.1998 (2 DS 23938/98 1248 VRS) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei eine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt und schließlich mit Wirkung vom 03.11.2002 erlassen wurde;
11 
- Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 14.02.2008 (5 Cs 12 Js 9814/07) wegen Betrugs zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen je 30,- EUR.
12 
Am 07.02.2003 beantragte der Kläger beim Landratsamt Schwäbisch Hall, ihn in den deutschen Staatsverband einzubürgern, nachdem er einen ersten Einbürgerungsantrag im Jahre 2000 zurückgenommen hatte.
13 
Am 19.09.2003 erteilte der Beklagte dem Kläger eine bis 18.09.2005 gültige Einbürgerungszusicherung. Darin wird dem Kläger die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde.
14 
In der Folgezeit zog sich die Ausstellung serbisch-montenegrinischer Dokumente durch das Generalkonsulat vom Serbien-Montenegro hin.
15 
Im April 2005 verweigerte das Regierungspräsidium Stuttgart seine Zustimmung zur Einbürgerung. Da die letzte Verurteilung des Klägers im Jahre 1998 nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, sondern lediglich ein Strafrest nach Teilverbüßung dieser Haftstrafe, sei die Grundlage für eine Ermessensentscheidung schon nicht gegeben. Mit Erlass vom 19.05.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart das Landratsamt auf eine seit dem 10.03.2005 geänderte Erlasslage für serbisch-montenegrinische Staatsangehörige hin, wonach erst dann eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen könne, wenn von Seiten der serbisch-montenegrinischen Behörden nicht innerhalb eines Zeitraumes von nunmehr zwei Jahren über einen entsprechenden Antrag des Einbürgerungsbewerbers auf Ausstellung eines Reisepasses, eines Staatsangehörigkeitsnachweises bzw. auf Nachregistrierung entschieden sei.
16 
Das Landratsamt hörte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 07.07.2005 zu einer beabsichtigten Ablehnung seines Einbürgerungsantrages an. Zur Begründung wurde auf seine im Bundeszentralregister eingetragenen Vorstrafen verwiesen, die erst im Jahre 2013 Tilgungsreife erreichten.
17 
Daraufhin beantragte der Kläger beim Generalbundesanwalt die vorzeitige Tilgung sämtlicher Freiheitsstrafen, die über ihn im Bundeszentralregister geführt werden. Diesen Antrag lehnte der Generalbundesanwalt ab unter Hinweis darauf, damit würde im Fall des Klägers eine Voraussetzung für seine Einbürgerung erst geschaffen. Dies liefe aber im Ergebnis auf eine Entscheidung des Generalbundesanwalts anstelle der eigentlich zuständigen Behörde über den Einbürgerungsantrag des Klägers hinaus. Dies sei kein zweckentsprechender Gebrauch der Tilgungsmöglichkeit des § 49 Abs. 1 BZRG.
18 
Mit Verfügung vom 19.01.2006 lehnte das Landratsamt Schwäbisch Hall den Einbürgerungsantrag ab und führte zur Begründung aus: Der noch unter Geltung des § 85 AuslG gestellte Einbürgerungsantrag sei nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 01.01.2005 nach den Vorschriften des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu bescheiden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setze ein Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer Straftat verurteilt sei. Ausnahmen von dieser Regelung ergäben sich aus § 12 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StAG sowie in Einzelfällen aus Satz 2 dieser Vorschrift. Vorliegend ergebe sich, dass die nach der Auskunft aus dem Bundeszentralregister beim Kläger vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen Nr. 5 und 6 eine Ermessensentscheidung der Einbürgerungsbehörde über ihre Berücksichtigung erforderten. Diese führe im jetzigen Zeitpunkt unter Abwägung des Für und Wider dazu, dass diese nicht außer Betracht bleiben könnten. Hinsichtlich der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang im Jahre 1998 lägen noch nicht einmal die Voraussetzungen einer Einzelfallentscheidung vor. Die damalige Freiheitsstrafe von sechs Monaten sei nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden. Der Kläger könne auch nicht nach § 8 StAG eingebürgert werden. Voraussetzung hierfür sei, dass der Einbürgerungsbewerber keinen Ausweisungsgrund nach den §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfülle. Mit den abgeurteilten Straftaten lägen bei ihm aber Rechtsverstöße vor, die weder vereinzelt noch geringfügig gewesen seien. Wie lange ihm danach eine Straftat im Einbürgerungsverfahren auch nach § 8 StAG vorgeworfen werden könne, richte sich mangels eigener Regelungen nach den Eintragungen im Bundeszentralregister. Da die Tilgungsreife frühestens im Jahre 2013 eintreten könne, sei eine Einbürgerung auch nach § 8 StAG derzeit nicht möglich.
19 
Gegen diesen ihm am 23.01.2006 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein.
20 
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde nach Bezugnahme auf den Bescheid des Landratsamts ergänzend ausgeführt: Zwar werde nicht verkannt, dass beim Kläger in letzter Zeit eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Er lebe seit einigen Jahren straffrei in Deutschland mit Frau und Kindern. Das öffentliche Interesse, die Einbürgerung bei fehlender strafrechtlicher Unbescholtenheit grundsätzlich zu versagen, überlagere jedoch seine Interessen. Vor Ablauf der Tilgungsfrist im Bundeszentralregister sei eine Einbürgerung daher nicht möglich. Auch die leichteren Reisemöglichkeiten mit einem deutschen Pass, die Schwierigkeiten bei der Erlangung eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses für Kosovaren und schließlich eine dem Kläger in Aussicht gestellte Arbeitsstelle bei einer Schweizer Firma rechtfertigten keinen Ausnahmetatbestand.
21 
Der Kläger hat am 18. August 2006 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und ausgeführt: Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles müssten auch die gegen ihn am 20.07.1995 und am 09.05.1996 verhängten Freiheitsstrafen, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden seien, außer Betracht bleiben. Er lebe nunmehr seit acht Jahren straffrei in der Bundesrepublik Deutschland. Bei den abgeurteilten Straftaten habe es sich ausschließlich um Straßenverkehrsdelikte gehandelt. Er sei auf die Einbürgerung dringend angewiesen, um die ihm angebotene Arbeitsstelle in der Schweiz anzunehmen und dadurch für seine Familie den Unterhalt zu sichern. Sämtliche anderen Familienmitglieder, die Ehefrau und zwei Kinder, besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit.
22 
Der Kläger ist im laufenden Verfahren in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Waldshut verzogen. Mit Schreiben vom 28.08.2007 erteilte das Landratsamts Waldshut gemäß § 3 Abs. 3 LVwVfG seine Zustimmung zur Fortsetzung des Verfahrens durch das Landratsamt Schwäbisch Hall.
23 
Durch Urteil vom 26.11.2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, über den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es den weitergehenden Verpflichtungsantrag abgewiesen.
24 
Zur Begründung hat es ausgeführt: Gemäß § 40c StAG in der seit 28.08.2007 geltenden Fassung seien auf Einbürgerungsanträge, die - wie hier - vor dem 30.03.2007 gestellt worden seien, die §§ 8 bis 14 StAG in ihrer vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthielten. Da dies für die hier in Rede stehenden Rechtsfragen sämtlich der Fall sei, kämen für die begehrte Einbürgerung als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 zur Anwendung.
25 
Zutreffend gehe der Beklagte allerdings davon aus, dass dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. habe versagt werden dürfen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehle es zumindest an der Voraussetzung nach Nr. 5 der Norm, da der Kläger bereits mehrfach wegen einer Straftat verurteilt worden sei. Für diesen Fall bestimme § 12 a StAG a.F., dass Strafen bis zu einer bestimmten Höhe außer Betracht zu bleiben hätten und darüber hinausgehend, dass die Einbürgerungsbehörde im Einzelfall nach Ermessen zu entscheiden habe, ob eine Straftat außer Betracht bleiben könne, wenn der Einbürgerungsbewerber zu einer höheren Strafe verurteilt worden sei. Das Gericht könne sich nicht der Rechtsansicht des Beklagten anschließen, die letzte gegen den Kläger ausgesprochene Verurteilung vom 14.05.1998 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung stelle eine Straftat dar, die in keinem Fall im Ermessenswege infolge einer Entscheidung der Einbürgerungsbehörde außer Betracht bleiben könne. Soweit sich der Beklagte auf den Standpunkt stelle, eine das „Nichtberücksichtigungsermessen“ gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffnende „höhere Strafe“ könne nur eine Strafe sein, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, gehe dies fehl. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Wortlaut nicht eindeutig. Das der Einbürgerungsbehörde eingeräumte Nichtberücksichtigungsermessen könne hinsichtlich jedweder Strafe ausgeübt werden, die, weil sie ein einzelnes Merkmal überschreite, nicht unter Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 der Vorschrift falle. Auch angesichts der Weite des nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eingeräumten Nichtberücksichtigungsermessens bestehe kein überzeugender Grund, die Strafaussetzung zur Bewährung bereits als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Abs. 1 Satz 2 „hineinzuinterpretieren“, indem bei kurzzeitigen Freiheitsstrafen , die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden seien, eine Ermessensmöglichkeit schon von vorneherein verneint werde. Gleichwohl ergebe sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. zu versagen. Denn zu Recht habe der Beklagte erkannt, schon wegen Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der beiden zur Bewährung ausgesetzten Verurteilungen nach Nr. 5 und Nr. 6 des Strafregisterauszuges treffen zu müssen. Diese Ermessensentscheidung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. i.V.m. § 12 a Abs. 1 StAG a. F. sei bei der Prüfung, ob eine strafrechtliche Verurteilung den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers aus § 10 StAG a.F. hindere, eine jeweils einzelne Betrachtung geboten. Lägen (eine oder mehrere) strafrechtliche Verurteilungen vor, die nicht generell gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StAG a. F. außer Betracht bleiben müssten, so erfolge nicht etwa eine generelle Ermessensprüfung, ob der Betreffende gleichwohl eingebürgert werden könne. Die Ermessensprüfung orientiere sich vielmehr an jeder einzelnen strafrechtlichen Verurteilung. Entscheide sich die Einbürgerungsbehörde in Ausübung des ihr so eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens, auch nur hinsichtlich einer einzigen insoweit zu prüfenden strafrechtlichen Verurteilung, diese nicht außer Betracht zu lassen und sei ihr jedenfalls insoweit kein Ermessensfehler anzulasten, scheide eine Einbürgerung in Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. aus. So liege es hier. Der Beklagte habe erkannt, dass die strafrechtlichen Verurteilungen nach Nr. 5 und nach Nr. 6 des Strafregisterauszuges des Klägers nicht generell nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. außer Betracht bleiben könnten, da der Strafausspruch jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die Ermessensbetätigung der Behörden, diese beiden strafrechtlichen Verurteilungen einbürgerungsrechtlich nicht unberücksichtigt zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Es komme hinsichtlich der zu prüfenden Ermessensbetätigung auf die letzte behördliche Entscheidung, also auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 an. Dessen Ausführungen berücksichtigten zutreffend alle mit den strafrechtlichen Verurteilungen in Zusammenhang stehenden Umstände und hätten diese in nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Es sei nicht zu verkennen, dass - wie dort ausgeführt - eine Verurteilung zu einer, wenn auch zur Bewährung ausgesetzten, Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen bereits eine erhebliche Strafe darstelle. Ebenfalls habe vom Beklagten negativ berücksichtigt werden dürfen, dass der Kläger immer wieder wegen desselben Deliktes strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und daher eine gewisse Renitenz in der Missachtung der Rechtsordnung aufgewiesen habe. Soweit demgegenüber der angegriffene Ausgangsbescheid des Beklagten im Rahmen der Betätigung des Nichtberücksichtigungsermessens möglicherweise die persönlichen Interessen des Klägers zu wenig berücksichtigt habe, sei dieser Mangel jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 geheilt worden. Dort seien die in letzter Zeit offenbar eingetretene charakterliche Stabilisierung des Klägers, seine familiären Umstände, seine Arbeitsplatzsituation, die mit einem deutschen Pass verbundenen besseren Reisemöglichkeiten sowie allgemein die Passproblematik serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo berücksichtigt worden.
26 
Der Kläger erfülle aber die wesentlichen Voraussetzungen für einen Einbürgerungsanspruch nach den §§ 8 und 9 StAG a.F. Auch insoweit finde gemäß § 40 c StAG die bis zum 28.08.2007 geltende Fassung des § 9 StAG Anwendung, da diese für den Kläger günstiger sei. Die maßgeblichen Voraussetzungen für die Einbürgerung des Klägers lägen insoweit auch vor. Soweit § 9 StAG a.F. auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StAG a. F. verweise, seien auch diese erfüllt. Für die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 StAG a. F. sei dies zwischen den Beteiligten unstrittig. Dies gelte aber auch für die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., da der Kläger, jedenfalls derzeit, keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes mehr erfülle. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. sei durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 neu gefasst worden. Mit der Gesetzesänderung habe der Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels" durch wesentlich konkretere Kriterien ersetzt werden sollen, nämlich das Vorliegen bestimmter Ausweisungsgründe im Zeitpunkt der Entscheidung über das Einbürgerungsbegehren. Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. enthalte ebenso wenig wie vergleichbare ausländerrechtliche Vorschriften (vgl. etwa §§ 5 Abs. 1 Nr. 2; 28 Abs. 2 AufenthG) eine zeitlich genau bestimmbare Grenze für die Erfüllung bzw. das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes. Allerdings ergebe sich bereits aus der Verwendung der jeweiligen Präsens-Form, dass es sich jedenfalls um eine aktuelle Betrachtungsweise und nicht um die Berücksichtigung historischer Vorgänge („...erfüllt hat.“ bzw. „... vorgelegen haben.“) handeln müsse. Wann ein Ausweisungsgrund nicht mehr aktuell vorliege und daher nicht mehr herangezogen werden dürfe, lasse sich nicht allgemein festlegen; hierzu komme es auf die Art und den Inhalt des jeweiligen Ausweisungsgrundes an.
27 
Nicht überzeugend sei die vom Beklagten vertretene Auffassung, die aus den Jahren 1993 bis 1998 herrührenden Ausweisungsgründe stünden einer Einbürgerung des Klägers bis zur Tilgung im Bundeszentralregister entgegen. Der Beklagte stelle damit auf das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ab. Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG markiere auch für Einbürgerungsverfahren grundsätzlich - von der vorliegend nicht einschlägigen Ausnahme des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG abgesehen - die äußerste zeitliche Grenze einer im Rechtsverkehr möglichen Verwertung. Aus dem Verwertungsverbot lasse sich jedoch nicht - aufgrund eines Umkehrschlusses - auf die rechtlich gebotene Verwertbarkeit der Eintragung vor Ablauf der Tilgungsfrist schließen. Denn es könne nicht übersehen werden, dass die Tilgungsfristen in § 46 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BZRG - fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre, gegebenenfalls erhöht um die jeweils ausgesprochene Freiheitsstrafe - äußerst pauschal gehalten seien und mit ihren Fünf-Jahres-Sprüngen auch vergleichsweise wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Dies möge für ein Registergesetz im Sinne einer Verwaltungspraktikabilität hinnehmbar sein. Um den früher in § 8 Abs. 1 StAG verwendeten Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels“ durch wesentlich konkretere Kriterien zu ersetzen, was ausdrücklich Sinn der gesetzgeberischen Reform des Jahres 1993 gewesen sei, erscheine ein generelles Abstellen auf noch nicht getilgte Eintragungen im Bundeszentralregister zur Beantwortung der Frage, ob ein Einbürgerungsbewerber aktuell einen Ausweisungsgrund erfülle, daher eher ungeeignet. Insbesondere, wenn ein Einbürgerungsbewerber etwa die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) - c) BZRG nur geringfügig überschreite, sei es kaum zu rechtfertigen, ihm deshalb die Möglichkeit einer Einbürgerung statt für zehn Jahre sogleich für fünfzehn Jahre zu versagen. Bei der Frage, wie lange eine Straftat nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. als Ausweisungsgrund einem Einbürgerungsbewerber entgegengehalten werden dürfe, seien vielmehr Sinn und Zweck des jeweiligen Ausweisungsgrundes von maßgeblicher Bedeutung. Liege dem Ausweisungsgrund eine Straftat zugrunde, so seien das der Verurteilung zugrunde liegende Verhalten zu berücksichtigen, die Schwere und Eigenart des Delikts sowie die ausgesprochene Strafhöhe. Lägen die vorwerfbaren Taten mehrere Jahre zurück, so sei von Bedeutung, wie sich der Ausländer in der Folgezeit verhalten habe und auch, welche künftige Rückfallprognose dem Einbürgerungsbewerber noch ausgestellt werden müsse. Danach könne heute nicht mehr davon ausgegangen werden, der Kläger erfülle noch einen Ausweisungsgrund. Bei den vom Kläger in den Jahren 1993 bis 1998 begangenen Straftaten handele es sich jeweils um Straßenverkehrsdelikte, nahezu ausschließlich um Fahren ohne Fahrerlaubnis. Eigentums- oder gar Gewaltkriminalität sei dem Kläger nicht vorzuwerfen. Innerhalb der Biografie des Klägers nähmen sich diese Straftaten „episodenhaft“ aus. Seit 1998 sei der Kläger nicht mehr auffällig geworden. Nachdem er zwischenzeitlich im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis sei, könne nahezu ausgeschlossen werden, dass sich bei ihm Vergleichbares wiederhole. Zwar habe der Kläger in dem genannten Zeitraum eine auffällige Renitenz zur Missachtung der Rechtsordnung an den Tag gelegt, in dem er sich zahlreichen jeweils vorangegangenen Urteilen wegen einer Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht gebeugt, sondern sein Verhalten zunächst fortgesetzt habe. Allerdings habe der Kläger offenkundig dieses Verhalten lediglich auf diesem einen Rechtsgebiet gezeigt. Eine anderweitige Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung sei beim Kläger weder in dem genannten Zeitraum zu Tage getreten, noch habe sich solches in den vergangenen beinahe 10 Jahren anderweitig gezeigt. Nachdem der Kläger zwischenzeitlich mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Familie gegründet habe, sei ersichtlich, dass bei ihm eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Die vor beinahe 10 Jahren teilweise und kurzzeitig verbüßte Haftstrafe habe offenkundig beim Kläger in seinem Verhalten eine Zäsur bewirkt. Es könne daher heute nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger aktuell noch einen Ausweisungsgrund erfülle. Unabhängig von Vorstehendem lägen beim Kläger die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StAG a. F. aber auch noch aus einem weiteren Grund vor. Der Kläger erfülle schon deshalb keinen Ausweisungsgrund nach §§ 54 Nr. 1, 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG mehr, weil diese ursprünglich gegebenen Ausweisungsgründe zwischenzeitlich staatsangehörigkeitsrechtlich „verbraucht“ seien. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Ausweisungsgrund in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfe, als er noch „aktuell" und nicht „verbraucht“ sei bzw. die zuständige Behörde auf seine Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" habe. Ein solcher Verbrauch der beim Kläger ursprünglich vorliegenden Ausweisungsgründe sei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier durch die dem Kläger am 19.09.2003 erteilte Einbürgerungszusicherung eingetreten. Nachdem der Beklagte nach Erkennen seines Fehlers insoweit die vorangegangene Einbürgerungszusicherung auch nicht etwa zurückgenommen habe, liege zum jetzigen Zeitpunkt ein Ausweisungsgrund, der dem Kläger gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a. F. entgegengehalten werden könnte, nicht mehr vor. Der Kläger habe somit einen Anspruch darauf, dass der Beklagte sein Einbürgerungsbegehren nach §§ 8, 9 StAG a. F. neu bescheide.
28 
Das Urteil wurde dem Beklagten am 20.03.2008 zugestellt. Auf den von ihm am 15.04.2008 gestellten und am 15.05.2008 begründeten Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 25.08.2008 die Berufung zugelassen.
29 
Am 23.09.2008 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung wie folgt begründet:
30 
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht § 8 StAG in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung angewandt. Der nach § 40c StAG anzustellende Günstigkeitsvergleich, der für jede Einbürgerungsvoraussetzung anzustellen sei, führe zu den Ergebnis, dass die neue Fassung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG die günstigere Bestimmung sei. Denn während es nach der alten Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf das bloße Vorliegen von bestimmten Ausweisungsgründen angekommen sei und daher auch strafrechtlich unerhebliches Verhalten der Einbürgerung habe entgegen stehen können, seien jetzt nur noch Verurteilungen wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe oder die Anordnung einer Maßregel relevant, soweit die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 StAG genannten Bagatellgrenzen überschritten würden. Derartige Verurteilungen, welche die Grenze des § 12a Abs. 1 StAG überstiegen, seien auch unter den Begriff der vereinzelten und geringfügigen Rechtsversstöße nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zu rechnen und stellten daher regelmäßig einen Ausweisungsgrund dar, machten jedoch nur eine Teilmenge aller denkbaren Ausweisungsgründe aus, weshalb die neue Fassung günstiger sei. Bei Anwendung des neuen Rechts stünden die vom Kläger begangenen Straftaten, die nicht getilgt seien, einer Einbürgerung entgegen und seien auch im Rahmen des durch § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffneten Ermessens zu Recht unberücksichtigt geblieben und auch nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG n.F. nicht zu berücksichtigen. Die Taten könnten auch ausnahmslos berücksichtigt werden, da gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRG Tilgungsreife erst im Jahre 2013 eintreten werde.
31 
Die Entscheidung sei allerdings auch dann unrichtig, wenn man § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG in der alten Fassung anwende. Denn der Kläger erfülle einen Ausweisungsgrund, der nicht verbraucht sei. Für die Frage, ob ein Ausweisungsgrund vorliege, komme es allein darauf an, ob dieser erfüllt sei, nicht jedoch darauf, ob tatsächlich eine Ausweisung erfolgen könne. Im vorliegenden Fall sei der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG einschlägig, weil der Kläger insgesamt wegen desselben Vergehens zu erheblichen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei. Beim Kläger habe ein unbelehrbares Verhalten vorgelegen. Die Verstöße seien weder vereinzelt noch geringfügig gewesen. Die Vorwerfbarkeit sei auch nicht nachträglich entfallen. In Ermangelung einschlägiger Regelungen in den §§ 8 und 9 StAG könne hinsichtlich der Verwertbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen auf die Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden. Der Ausweisungsgrund wäre daher nur dann unbeachtlich, wenn die zugrunde liegenden Straftaten getilgt wären, was jedoch nicht der Fall sei. Entgegen der früheren Rechtslage, nach der auf einen „unbescholtenen Lebenswandel“ abgestellt worden sei, sei nunmehr auch aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keine umfassende Abwägungsentscheidung mehr zu treffen, sofern festgestellt worden sei, dass der Verstoß weder vereinzelt noch geringfügig gewesen sei. Im Übrigen könne der Sichtweise des Verwaltungsgerichts auch aus systematischen Erwägungen nicht gefolgt werden. Denn in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung sei eine Abwägungsentscheidung bei Straftaten auf den Fall des § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG beschränkt gewesen. Wäre bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 StAG auch eine solche Abwägungsentscheidung gewollt gewesen, so hätte es nahe gelegen, in § 8 Abs. 2 nicht nur die Möglichkeit eines Dispenses von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 vorzusehen, sondern dort auch auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 Bezug zu nehmen. Erst die neue Fassung des § 8 Abs. 2 habe eine Erweiterung um den Fall des Abs. 1 Nr. 2 vorgenommen. Wäre die Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig, so hätte es dieser Anpassung nicht bedurft.
32 
Die vom Kläger begangenen Straftaten seien auch nicht durch die Einbürgerungszusicherung verbraucht. Mit der Einbürgerungszusicherung nach § 38 LVwVfG werde dem Einbürgerungsbewerber die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass er den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweise. Mit Ablauf der Frist von zwei Jahren habe deren Wirkung geendet, eine Verlängerung sei nicht erfolgt. Hätte die Einbürgerungszusicherung die ihr vom Verwaltungsgericht beigemessene Wirkung, so nähme sie im Hinblick auf sämtliche Einzelfragen der Einbürgerung mit Ausnahme der Hinnahme der Mehrstaatigkeit die endgültige Entscheidung über den Einbürgerungsantrag verbindlich vorweg und wäre ein vorgezogener Ausschnitt aus der umfassenderen Einbürgerung und als solcher eine Art feststellender Verwaltungsakt. Ihre Wirkungen glichen denjenigen des Vorbescheids im Baurecht. Dies entspreche jedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Einbürgerungszusicherung nehme nicht einen Abschnitt des später erlassenen Verwaltungsakts vorweg, sondern sage lediglich dessen Erlass zu. Dies habe zur Folge, dass die Zusicherung mit Ablauf der Frist ihre Wirkungen verliere. Zwar könne es ausnahmsweise Fälle geben, in denen die Behörde nach Treu und Glauben sich nicht auf einen Fristablauf berufen könne, wenn der Einbürgerungsbewerber die einzige Bedingung erfüllt habe, sich die Behörde jedoch gleichwohl geweigert habe, die Einbürgerung vorzunehmen und deshalb die Frist abgelaufen sei. So lägen die Dinge hier jedoch nicht. Ein schutzwürdiges Vertrauen und Interesse des Klägers bestehe daher nicht.
33 
Der Beklagte beantragt,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Der Kläger beantragt,
36 
die Berufung zurückzuweisen.
37 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt noch aus: Der vom Beklagten befürwortete Rückgriff auf die Regelungen des Bundeszentralregistergesetz finde im Gesetz keine Stütze und sei nicht sachgerecht. Das Verwaltungsgericht führe richtigerweise aus, dass die Tilgungsfristen wegen der großen Zeitsprünge wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Es müsse berücksichtigt werden, dass er die Taten nicht mehr begehen könne, weil er seit 2002 einen Führerschein besitze. Er lebe seit 10 Jahren völlig straffrei. Seine aktuelle Arbeitslosigkeit stehe der Einbürgerung nicht entgegen. Er habe Leistungen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erworben, die mindestens 12 Monate bezahlt würden. Durch eine zusätzliche Tätigkeit bei Mc Donalds werde er rund 200,00 EUR hinzuverdienen. Er habe auch seit Januar eine Stelle in der Schweiz erhalten. Er sei Grenzgänger, was aber auf Dauer nur möglich sei, wenn er deutscher Staatsangehöriger sei. Ansonsten könne er nur mit einem Visum zwischen den Ländern verkehren. Ohne die deutsche Staatsangehörigkeit werde er die Stelle wieder verlieren. Er habe sich im Übrigen bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen beworben.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf deren Schriftsätze verwiesen.
39 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Schwäbisch Hall, die Widerspruchakten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Strafakten des Amtsgerichts Backnang und Waldshut-Tiengen und die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Gründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Tenor

Die Verfügung der Beklagten vom 05. September 2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. April 2004 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am 05.05.1964 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er kam am 22.06.1981 im Wege der Familienzusammenführung nach Deutschland. Seit 05.09.1989 ist er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung.
Am 25. März 1999 beantragte der Kläger über das Bürgermeisteramt A. bei der Beklagten seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Nach Zusammenstellung der notwendigen Unterlagen, die keine Beanstandungen ergaben, erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem 09.06.1999 eine Einbürgerungszusicherung. Darin wird, mit einem Gültigkeitszeitraum bis zum 08.06.2001, dem Kläger die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde und diese Zusicherung wurde zugleich unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die für die Einbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse, bis zur Einbürgerung nicht änderten.
Der Kläger beantragte daraufhin beim türkischen Generalkonsulat die Entlassung aus dem türkischen Staatsverband und erhielt von dort gemäß § 403 Abs. 20 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes Anfang 2001 die Genehmigung über den Austritt aus der türkischen Staatsangehörigkeit. In der hierzu erteilten Urkunde heißt es, die (endgültige) Urkunde zum Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit erhalte der Kläger erst, nachdem die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit nachgewiesen sei.
Nachdem der Kläger die Beklagte telefonisch über diese ihm erteilte Genehmigung informiert hatte, begann die Beklagte ab 18.04.2001 mit der Aktualisierung der vorliegenden Unterlagen. In diesem Zusammenhang teilte das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg unter dem 07.06.2001 nun mit, der Vorgang sei dem Innenministerium Baden-Württemberg zur weiteren Entscheidung vorgelegt worden. In einem Aktenvermerk vom 13.06.2001 hielt die Beklagte hierzu fest, der Kläger sei laut Auskunft des Amtsgerichts B. weiterhin stellvertretender Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs im Ortsverein S..
Die Beklagte legte daraufhin ebenfalls die Einbürgerungsakte dem Innenministerium vor. Dieses teilt unter dem 05.04.2002 der Beklagten mit, der Kläger sei am 15.02.1998 vom Bundesvorstand der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) zum stellvertretenden Vorsitzenden des IGMG-Ortsvereins S. ernannt worden. Dem Landratsamt sei vom Amtsgericht B. auf Anfrage bestätigt worden, dass der Einbürgerungsbewerber diese Funktion weiterhin inne habe. Dieses Engagement sei unvereinbar mit der vom Kläger abgegebenen Loyalitätserklärung. Aufgrund der getroffenen Feststellung könne es zweifelhaft sein, ob sich der Einbürgerungsbewerber im Sinne von § 85 Abs. 1 Nr. 1 AuslG zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekenne.
Die Beklagte hörte den Kläger unter dem 18.04.2002 hierzu an. Daraufhin legte der Kläger eine Bestätigung des Ortsvereins S. der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs vor, wonach er seit dem 25.02.2001 nicht mehr im Vorstand der IGMG Ortsvereins S. vertreten sei. Zugleich erklärte der Kläger, es könne ihm nicht zur Last gelegt werden, wenn dieser Umstand im Vereinregister durch den jetzigen Vereinsvorstand noch nicht eingetragen worden sei. Auf die Bitte der Beklagten um weiteren Auskünfte hierzu erklärte der Kläger unter dem 05.08.2002, er sei nach wie vor Mitglied der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs. Dem lägen aber keine politischen Interessen zugrunde, sondern es gehe im einzig und allein darum, Kontakt zu Landsleuten zu knüpfen und zu pflegen. Er sei seinerzeit gebeten worden, im Vorstand mit zu arbeiten, da er im Umgang mit Behörden geübter gewesen sei. So habe er für den Verein auch zahlreiche Behördengänge erledigt. Mit Rücksicht auf seine Familie und seine berufliche Tätigkeit habe er dann aber von einer weiteren Vorstandstätigkeit Abstand genommen.
Mit Verfügung vom 05.09.2003 schließlich lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband ab. Zur Begründung heißt es, ein Einbürgerungsanspruch nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 AuslG bestehe nicht, wenn der Einbürgerungsbewerber zwar ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes abgegeben habe, jedoch tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche oder extremistische Betätigung des Einbürgerungsbewerbers vorlägen. Aufgrund des Verhaltens des Klägers in der Vergangenheit biete dieser nicht die Gewähr dafür, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zu bekennen. Unter Darstellung der geschichtlichen Entwicklung und der Aktivitäten der IGMG heißt es sodann weiter, durch die Mitgliedschaft im Vorstand des Ortsvereins S. und die verfahrenstaktische Reaktion auf die entsprechende Anfrage der Beklagten bei der die weiter bestehende Mitgliedschaft zunächst nicht offenbart worden sei, bestünden tatsächliche Anhaltspunkte, dass der Kläger Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt habe, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind und durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährde. Damit liege ein Ausschlussgrund für die begehrte Einbürgerung gemäß § 86 Nr. 2 AuslG vor.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und beriefe sich insbesondere darauf, dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.02.2003 (4 K 2234/01) im Falle eines Ortsvereinsvorsitzenden der IGMG kein Einbürgerungshindernis erkannt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2004 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wird auf die angegriffene Verfügung der Beklagten verwiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 23.04.2004 zugestellt.
10 
Der Kläger hat am 24.05.2004, einem Montag, das Verwaltungsgericht angerufen. Zur Begründung beruft er sich auf sein bisheriges Vorbringen. Daneben verweist er darauf, dass er zwischenzeitlich fünf Kinder habe von denen die beiden jüngsten, geboren am 20.07.2000 und am 04.02.2004, die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 4 Abs. 3 StAG bereits besitzen. Zu seinen Aktivitäten für die IGMG führt der Kläger aus, er habe früher bei seinem Vater unter derselben Anschrift gewohnt, wo auch der Ortsverein der IGMG seinen Sitz habe. Dadurch habe er dort Leute kennen gelernt und Freunde gefunden. Er sei dann später von einem Vereinsfunktionär gefragt worden, ob er nicht eine Aufgabe im Vorstand übernehmen wolle, da er sehr gut deutsch spreche und auch über Kontakte zum damaligen Ausländerbeauftragten der Stadt verfügte. Er habe dem zugestimmt ohne sich allerdings intensiv mit der Ideologie des Vereins zu beschäftigen. Er unterstütze aktiv die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik Deutschland und lehne andere Regierungs- und Staatsformen ab. Die Handhabung im Ortsverein der IGMG sei der Gestalt, dass die Mitglieder den ersten Vorsitzenden wählten und dieser dann den zweiten Vorsitzenden ernenne. Eine Einflussnahme des Bundesvorstandes von Milli Görüs gebe es nicht. Soweit die Beklagte behaupte, der Kläger sei vom Bundesvorstand der IGMG zum stellvertretenden Vorsitzenden des Ortsvereins S. ernannt worden, sei dies nachweislich falsch. Der Kläger habe noch nie verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt und sei ein aufrechter Demokrat.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Beklagte unter Aufhebung ihrer Verfügung vom 05.09.2003 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21.04.2004 zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Zur Begründung bezieht sie sich zunächst auf die angegriffenen Bescheide. Die vom Kläger abgegebene Loyalitätserklärung mit einem Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung vom 10.05.2001 entspreche nicht der Wahrheit. Der Kläger sei von Februar 1998 bis Juli 2002 stellvertretender Vorsitzender des IGMG -Ortsvereins S. gewesen und nach seinem Ausscheiden aus der Vorstandschaft dort noch Mitglied geblieben. Die IGMG unterstütze Bestrebungen, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind. Dies ergebe sich aus einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen sowie aus den Verfassungsschutzberichten Baden-Württemberg 2001 und 2003. Mit seiner Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender habe der Kläger diese Bestrebungen auch aktiv unterstützt. Dem Kläger sei als stellvertretendem Vereinsvorsitzenden auch die Ideologie der IGMG zuzurechnen. Derartige Führungspositionen würden vom Dachverband der IGMG mitbestimmt. Dieser lege die bundesweite Vereinspolitik fest, nach der sich die lokalen Gliederungen zu richten hätten. Aufgrund der Struktur der Organisation sei nicht zu erwarten, dass ein Funktionär einer lokalen Gliederung unabhängig von der Zentrale handeln könne. Der Vortrag des Klägers, in seinem Fall habe der Bundesvorstand der IGMG bei seiner Übernahme des stellvertretenden Ortsvereinsvorsitzes nicht mitgewirkt, sei unzutreffend. Ausweislich der auch zum Vereinsregister vorgelegten Unterlagen sei er direkt vom Bundesvorstand ernannt worden. Schließlich sei weder vorgetragen noch zu erkennen, dass sich der Kläger von seinen Bestrebungen inzwischen abgewandt habe. Er habe im Verfahren nur taktisch reagiert. Schließlich komme auch eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG aus den gleichen Gründen nicht in Betracht.
16 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten, sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie die beigezogenen Ausländerakten der Stadt S. verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 05.09.2003 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21.04.2004 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie mussten daher unter Ausspruch einer entsprechenden Verpflichtung vom Gericht aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
18 
Die Frage, ob dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch zukommt, beurteilt sich nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, InfAuslR 1996, 399 und VGH Ba.-Wü., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - zit. nach ). Staatsangehörigkeitsrechtlich kommen als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950, 1996 ff.), in Kraft getreten am 01.01.2005 (vgl. Art. 15 Abs. 3), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze vom 14.03.2005 (BGBl. I S. 721), in Kraft getreten insoweit am 18.03.2005, in Betracht. Die Weiteranwendung von §§ 85 ff. des außer Kraft getretenen Ausländergesetzes in der vor dem 01.01.2000 geltenden Fassung gemäß § 40 c StAG kommt hier nicht in Betracht, da der Einbürgerungsantrag des Klägers erst am 25.03.1999 und damit (wenige Tage) nach dem insoweit maßgeblichen Stichtag, dem 16.03.1999, gestellt worden ist.
19 
Einen Einbürgerungsanspruch unmittelbar nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG besitzt der Kläger indes nicht. Nach § 10 Abs. 1 StAG ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, - was hier unstreitig gegeben ist - einzubürgern, wenn er die in dieser Vorschrift unter Nr. 1 bis Nr. 5 bezeichneten Voraussetzungen, sofern von diesen nicht nach § 12 oder nach § 12 a Abs. 1 StAG abgesehen wird oder abgesehen werden kann, erfüllt und kein Grund vorliegt, der gemäß § 11 Satz 1 StAG diesen Einbürgerungsanspruch hindert.
20 
Als solcher, den Einbürgerungsanspruch hindernder Umstand kommt in Betracht dass
21 
1. Tatsachen die Schlussfolgerungen rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5 AufenthG,1. Alt.),
22 
2. Tatsachen die Schlussfolgerungen rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber eine Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, die den Terrorismus unterstützt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5 AufenthG, 2. Alt.),
23 
3. der Einbürgerungsbewerber die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 1. Alt.),
24 
4. der Einbürgerungsbewerber die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 2. Alt.),
25 
5. der Einbürgerungsbewerber sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 3. Alt.),
26 
6. der Einbürgerungsbewerber bei der Verfolgung politischer Ziele öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 4. Alt.),
27 
7. der Einbürgerungsbewerber bei der Verfolgung politischer Ziele mit Gewaltanwendung droht (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 5. Alt.),
28 
8. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 1. Alt.),
29 
9. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 2. Alt.),
30 
10. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 3. Alt.),
31 
11. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 4. Alt.),
32 
12. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 5. Alt.),
33 
13. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 6. Alt.),
34 
14. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 7. Alt.),
35 
15. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die auf eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 8. Alt.),
36 
16. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlung auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 9. Alt.),
37 
17. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 10. Alt.),
38 
es sei denn in den Fällen von Ziffer 6 bis 17, dass sich der Einbürgerungsbewerber von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartige Bestrebungen abgewendet hat.
39 
Die Konstruktion dieser Anspruchs-Ausschlussgründe dürfte allerdings nahe der Grenze dessen liegen, was das rechtsstaatliche Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit (vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvF 3/92 - , BVerfGE 110, 33 = NJW 2004, 2213) erlaubt. Zahlreiche einbürgerungswillige Ausländer und ihre Verfahrensbevollmächtigten, aber auch die mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten unteren Verwaltungsbehörden und selbst die zur Rechtsaufsicht berufene oberste Landesbehörde sowie zahlreiche Verwaltungsgerichte haben augenscheinlich - wie sich u.a. aus zahlreichen bei der Kammer anhängigen Verfahren ergibt - erhebliche Schwierigkeiten, einen bei einem Einbürgerungsbewerber gegebenen Umstand zutreffend unter einen der genannten Ausschlussgründe zu subsumieren. Dementsprechend heißt es auch im Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 20.06.2003 zum Fall des Klägers, der wörtlich in den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 05.09.2003 übernommen wurde, (es) „bestehen tatsächliche Anhaltspunkte, dass (der Kläger) Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind und durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden“. Dabei bleibt unklar, welche Unterstützung von Vorbereitungshandlungen zu Gewalt die Behörden beim Kläger erkannt zu haben glauben.
40 
Ausgehend vom einzig konkreten Vorwurf gegenüber dem Kläger, seiner Vorstandstätigkeit im Ortsverein S. der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs - IGMG -, über die keine terroristischen Aktivitäten bekannt sind, scheidet ein Ausschlussgrund nach Nr. 1 und 2 (vgl. oben) aus. Auch eine Beteiligung an, Aufruf zur oder Drohung mit Gewalt ausgehend vom Kläger ist nicht zu erkennen (Nr. 5, 6, 7, vgl. oben). Da über die konkreten Aktivitäten, die der Kläger im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit für die IGMG entfaltet hat, nichts bekannt ist, liegt auch ein Ausschlussgrund nach Nr. 3 und 4 (vgl. oben) nicht vor, da dieser voraussetzt, dass der Betreffende persönlich eine Gefahr darstellt (BVerwG, Urt. v. 31.05.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86 = InfAuslR 1994, 405 = NVwZ 1995, 1127, zur früheren, insoweit identischen Rechtslage). Aus demselben Grund, fehlender Kenntnis über die konkreten Aktivitäten, scheidet auch ein Ausschlussgrund in Bezug auf eine „Verfolgungshandlung“ (Nr. 8, 10, 12, 14, 16, vgl. oben) aus, da insoweit vorausgesetzt wird, dass der Betreffende Handlungen entfaltet, die objektiv geeignet sind, die genannten inkriminierten Ziele voranzutreiben (Berlit in GK-StAR, § 11 StAG Anm. 95). Ohne nähere Einzelheiten insoweit ist solches bei einem stellvertretenden Vorsitzenden eines Ortsvereins der IGMG aber noch nicht zu erkennen.
41 
Dass die Aktivitäten der IGMG gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung eines Verfassungsorgans zum Ziele haben oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, wird - soweit ersichtlich - auch von niemandem behauptet, weshalb auch ein Ausschlussgrund nach den Nr. 11, 15 und 17 (vgl. oben) ausscheidet.
42 
Der Ausschlussgrund der Unterstützung von Bestrebungen, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (Nr. 13, vgl. oben), setzt nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 1 lit. b) BVerfSchG voraus, dass die inkriminierten Bestrebungen darauf gerichtet sind, Bund, Länder oder deren Einrichtungen erheblich zu beeinträchtigen (Berlit a.a.O. Rz. 119). Der Begriff der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist dementsprechend enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach allgemeinem Polizeirecht. Er schützt Bestand und Funktionstüchtigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt und Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein ( BVerwG, Urt. vom 31.05.1994, a.a.O. ). Mit Blick auf die IGMG besteht derzeit aber kein Anlass zur der Annahme, das Erreichen des Fernziels, ganz Europa mit einer islamistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu überziehen, werde durch Einsatz von Gewalt angestrebt (BVerwG, Urt. v. 11.11.2004 - 3 C 8/04 -, BVerwGE 122, 182 = NVwZ 2005, 450). Zwar wurde nach den Terroranschlägen in den USA eine auf der Homepage des „IGMG Mannheim/Fatih-Moschee“ noch am 25.08.2000 enthaltener Link zu „www.qoqaz.de“ gelöscht, wo sich unter anderem ein die militärische Ausbildung jeglicher Art als islamische Verpflichtung mit Trainings-Anleitungen, unter anderem zum Umgang mit Handfeuerwaffen, propagierender Beitrag fand, „Wie kann ich für den Jihad trainieren?“ (VG Stuttgart, Urt. v. 09.07.2004 - 18 K 1474/04 - ). Außer einer solchen „Verlinkung“ gibt es derzeit aber keine Anzeichen für eine Gewaltbereitschaft der IGMG, so dass auch für das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes keine tatsächlichen Anhaltspunkte gegeben sind.
43 
Letztlich kommt daher vorliegend im Rahmen der Anwendung des § 11 Satz 1 StAG allein der Ausschlussgrund nach Nr. 9 (vgl. oben) in Betracht, dass der Kläger Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Darunter fallen gemäß der auch insoweit in § 4 BVerfSchG enthaltenen Legaldefinition solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die darauf gerichtet sind, einen oder mehrere der zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählenden Verfassungsmaßstäbe zu beseitigen, namentlich das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen; die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht; das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition; die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung; die Unabhängigkeit der Gerichte; der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.
44 
Hierzu hat das OVG Koblenz mit Urteil vom 24.05.2005 (- 7 A 10953/04.OVG -, soweit ersichtlich derzeit nur im Internet unter http://www.asyl.net/Magazin/Docs/ 2005/M-5/7001.pdf. abrufbar) entschieden:
45 
„Die IGMG strebt trotz gegenteiliger offizieller Bekundungen nicht nur die Beseitigung der laizistischen Gesellschaftsordnung der Türkei an, sondern es geht ihr darüber hinaus um die Errichtung einer islamischen Ordnung auf der Grundlage der Scharia zumindest in den Staaten, in denen - wie in der Bundesrepublik -, Muslime leben. Unter Ersetzung der vorhandenen staatlichen Herrschaftssysteme sollen in der von der IGMG angestrebten islamischen Ordnung die Lebensbereiche so gestaltet werden, wie es von Gott durch den Koran, den Propheten und die Sunna verbindlich vorgegeben ist. Diese theokratische Herrschaftsform schließt - in der Sache liegend - die nach dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes in Art. 20 Abs. 2 GG festgelegte Staatsgewalt des Volkes aus. Indem sie einen islamischen Gottesstaat anstrebt, richtet sich die IGMG daher vor allem gegen das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Demokratieprinzip.
46 
Diese Einschätzung des Senats gründet sich auf der ideologischen Ausrichtung der IGMG an der Weltanschauung der Milli Görüs.
47 
Die 1995 gegründete „Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V.“ (IGMG) hat in der Bundesrepublik Deutschland ca. 26.500 Mitglieder (Verfassungsschutzbericht - im Folgenden: VB - des Bundesministeriums des Innern 2003, 194; VB Nordrhein-Westfalen 2004, 146; VB Rheinland-Pfalz 2004, 67). Der Verein, dessen Europazentrale in K... ansässig ist, gliedert sich in 30 Regionalverbände, darunter 15 innerhalb der Bundesrepublik mit einigen 100 örtlichen Moscheevereinen. Er unterhält hier mehr als 300 Einrichtungen, über 2.000 sollen es europaweit sein, deren Besucherzahl bei etwa 300.000 Personen liegen soll (VB Bundesministerium des Innern a.a.O.). Der Immobilienbesitz des Vereins wird seit 1995 von der „Europäische Moscheebau- und Unterstützungsgemeinschaft e.V.“ (EMUG) verwaltet.
48 
Die IGMG geht zurück auf in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts von türkischen Arbeitern in Deutschland gegründete Moscheegemeinden. Deren Mitglieder - sie entstammten im Wesentlichen den ländlichen Gebieten der Türkei, in denen ein islamisch-traditionalistisches Milieu vorherrschte - suchten den religiösen/weltanschaulichen Anschluss an islamische Gruppierungen in der Türkei. Hierzu gehörte die 1972 gegründete Milli Selamet Partisi (National-Religiöse Heilspartei) - MSP -, die sich programmatisch auf die von Necmettin Erbakan konzipierte Milli Görüs zurückführte (Schiffauer, Die islamische Gemeinschaft Milli Görüs – ein Lehrstück zum verwickelten Zusammenhang von Migration, Religion und sozialer Integration, S. 67 ff.). Die MSP wurde 1980 verboten (Schiffauer, a.a.O., S. 71). In der Folgezeit kam es zu erheblichen Differenzen innerhalb der in Deutschland ansässigen Bewegung, die schließlich zur Abspaltung der Kaplan-Gemeinde führten. Die in der Türkei als Nachfolgepartei der MSP ins Leben gerufene Refah Partisi - RP - (Wohlfahrtspartei) nahm zu Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts maßgeblich die Reorganisation der deutschen Gemeinden in die Hand und band sie an das Zentrum in Ankara, an dessen Spitze Necmettin Erbakan stand, der nunmehr auch die Leitungsspitzen in Deutschland, die er zuvor durch Eid an sich gebunden hatte, einsetzte. In der Folgezeit traten bei Veranstaltungen nicht nur Geistliche aus der Türkei, sondern auch türkische Politiker in Deutschland auf (Schiffauer, a.a.O., S. 75). Umgekehrt unterstützte die deutsche Gemeinde die RP materiell bei Wahlkampf.
49 
1985 entstand schließlich die „Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V.“ (AMGT) als Vorläufer der heutigen IGMG (VB Bad.-Württ. 2003, 63). Die RP, deren Führer Erbakan 1996/97 Ministerpräsident war, wurde in der Türkei, da nach der dortigen Auffassung gegen das Grundprinzip des Laizismus verstoßend, Anfang 1998 verboten. Kurz zuvor war die Tugendpartei (Fazilet Partisi) gegründet worden, die am 22. Juni 2001 ebenfalls aufgelöst wurde. Als Folge davon schlossen sich die Traditionalisten mit Erbakan im Hintergrund zur Saadet Partisi - SP - (Glückseligkeitspartei) zusammen, die derzeit nicht im Parlament vertreten ist; die Reformer fanden sich in der Gerechtigkeits- und Aufbaupartei - AKP - zusammen, die mit Tayyip Erdogan den Ministerpräsidenten stellt (AA, Lagebericht Türkei vom 9. Oktober 2002 sowie Lagebericht vom 19. Mai 2004).
50 
Die Weltanschauung der Milli Görüs (Nationale Weltsicht) basiert auf dem 1975 von Necmettin Erbakan veröffentlichten gleichnamigen Werk. In diesem hat Erbakan seine „Vision“ zur Lösung der gesellschaftlichen und politischen Probleme beschrieben und zugleich den Absolutheitsanspruch von Milli Görüs festgelegt: „Milli Görüs vertritt den wahren und rechten Weg.“ (Zitat aus: VB Bad.-Württ. 2003, 65). Milli Görüs beschwört die nach ihrer geschichtlichen Wertung ruhmreiche und große Geschichte der Türkei, ihre Sitten und Gebräuche und wendet sich gegen die ihrer Auffassung nach in die türkische Verfassung eingedrungene „linke und liberale Weltsicht“, die einen falschen und unrechtmäßigen Weg darstelle (VB Bad.-Württ., a.a.O.). Die aus der Milli Görüs entwickelte „Gerechte Ordnung“ - Adil Düzen - bezeichnet die westliche Zivilisation als auf Gewalt beruhende „nichtige“ Ordnung, die durch eine islamische, auf der göttlichen Wahrheit und dem daraus abgeleiteten Recht basierende „Gerechte Ordnung“ abzulösen sei (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 224 und 2004, 147). Ziel ist die Umgestaltung des Staatswesens in eine islamische Republik, wobei eine Unvereinbarkeit von islamischer und westlicher Ordnung hergestellt wird (Schiffauer, Gutachten im Verwaltungsstreitverfahren Sakin ./. Bürgermeister der Stadt Gladbeck vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, S. 8). Adil Düzen sieht den Schlüssel zur Überwindung von Kapitalismus und Sozialismus, die - nach Überzeugung Necmettin Erbakans - an ihrem Ende angelangt sind in einem richtigen Rechtsverständnis, welches sich an zeitlose islamische Prinzipien bindet und an eine islamische Kultur knüpft (Schiffauer, a.a.O., S. 7 ff.).
51 
Zur Verbreitung ihrer Ideologie bedient sich Milli Görüs verschiedener Medien. Besonders hervorzuheben ist die Zeitung Milli Gazete, die auch in einer Deutschlandausgabe erscheint. Zwar formal von der Milli Görüs/IGMG unabhängig, ist sie ihrer Sache jedoch eng verbunden. Sie ist keine unabhängige Zeitung, vielmehr Sprachrohr der Bewegung und Verbreiter ihrer Ideologie. Dieser Rückschluss ergibt sich für den Senat aus den Äußerungen Necmettin Erbakans zur Milli Gazete und der Einschätzung der Zeitung selbst einschließlich ihres Erscheinungsbildes. Angesichts dessen können Äußerungen in der Milli Gazete als repräsentativ für das Islam- und Politikverständnis der Milli Görüs und damit der IGMG angesehen werden.
52 
Necmettin Erbakan erklärte zum Tag der Milli Gazete am 8. Dezember 2001 in Düsseldorf: „Jeder Haushalt sollte die Milli Gazete abonnieren. Dies ist ein Muss, um die Geschehnisse richtig zu verstehen und um sich darüber zu informieren.“ (VB Bundesministerium des Innern 2001, 215). In Konsequenz dieser Haltung ihres geistigen Führers wird auf IGMG-Veranstaltungen für Abonnements geworben; Bücher von Kolumnisten der Zeitung konnten über den Buchkatalog der IGMG geworben werden (VB Bundesministerium des Innern 2002, 190).
53 
Auf seiner Internetseite pries Necmettin Erbakan die Milli Gazete ebenfalls an. Sie sei eine Rose, eine Schönheit im Sumpf der Presse, sie stehe für eine großartige Bewegung, die den islamischen Glauben in der Welt an die Macht bringen werde. Sie gebe den Menschen Richtung und sei diejenige Zeitung, deren Etikett und deren Einfluss am größten sei (VB Bad.-Württ. 2003, 70). Diese Äußerungen Erbakans unterblieben wohl, wenn die Milli Gazete nicht die Ideologie der Milli Görüs teilte und verbreitete. Für einen maßgeblichen Einfluss von Milli Görüs auf die Zeitung spricht weiter eine Äußerung des damaligen IGMG-Vorsitzenden in „Die Welt“ vom 2. Dezember 2001, in der die Rede davon ist, man habe das Sagen bei der Milli Gazete (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 227).
54 
Umgekehrt lässt auch die Milli Gazete keinen Zweifel an ihrer Bindung zur Milli Görüs. Am 14. Januar 2003 heißt es in der Zeitung u.a., die Milli Gazete sei stets unerschrockene Verteidigerin der Anliegen von Milli Görüs gewesen (VB Bundesministerium des Innern 2003, 198). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich dieses Verständnis heute gewandelt hätte.
55 
In Übereinstimmung damit steht auch das Erscheinungsbild der Milli Gazete in Deutschland: Priorität genießt die Berichterstattung zu Themen der Milli Görüs, zu Veranstaltungen der IGMG und deren sozialem Umfeld. Im weiteren finden sich zahlreiche private Anzeigen von IGMG-Mitgliedern (VB Bad.-Württ. 2003, 68 ff., 71; VB Nordrhein-Westfalen 2004, 149; VB Rheinland-Pfalz 2004, 69).
56 
Der Widerspruch der Milli Görüs zum Demokratieprinzip der Bundesrepublik Deutschland kann somit auch anhand verschiedenster Äußerungen in der Milli Gazete nachvollzogen werden:
57 
Danach ist die Religion nicht nur eine Gewissensangelegenheit, sondern eine weltliche und gesellschaftliche Angelegenheit. Ohne die Beachtung der Vorgaben von Scharia, Sunna und Koran sei auf keinen Fall ein muslimischer Fortschritt denkbar (Milli Gazete vom 11. Juli 2003, VB Freie und Hansestadt Hamburg 2003, 59). Ähnlich hieß es bereits am 2. März 2000: „Uns reicht nicht nur unsere eigene Befreiung. Wir setzen uns für die Befreiung der ganzen Menschheit ein ... . Die Befreiung der Menschheit, ihr Wohl und Glück sind über den Koran möglich“ (VB Bundesministerium des Innern 2000, 207). In der Milli Gazete vom 12. Mai 1998 wird aus der Rede des damaligen Vorsitzenden der IGMG Ali Yüksel zitiert, in der es heißt, die Gegner der IGMG verträten das Unrecht, die von ihnen behaupteten und verteidigten Systeme seien damals wie heute zum Untergang verurteilt (VB Bundesministerium des Innern 1998, 161). Die Ablehnung eines säkularen Rechtssystems zeigt sich auch in folgender Äußerung in der Milli Gazete vom 7. August 2001: „Ein religiöser Muslim ist gleichzeitig auch ein Verfechter der Scharia. Der Staat, die Medien und die Gerichtsbarkeit haben nicht das Recht sich einzumischen. ... Die Verbundenheit eines Muslims zur Scharia darf nicht dazu führen, dass er deswegen verurteilt oder ins Kreuzverhör genommen wird“ (VB Bundesministerium des Innern 2001, 219). Weiter heißt es am 22. Juli 2002 in einem Artikel: „Fester Glaube in der heutigen Zeit bedeutet, die Bestimmungen der Scharia und der islamischen Rechtswissenschaft in ihrer Urform zu schützen und anzuerkennen“ (VB Bundesministerium des Innern 2002, 191). Die Ablehnung eines demokratischen Systems im Sinne der Verfassung verdeutlicht auch das nachfolgende Zitat aus der Milli Gazete vom 27. Juli 2004 (VB Bund 2004, 216): “Doch alle Präsidenten, Könige und orientalischen Herrscher dieser Welt verfügen nicht über ein Einspruchsrecht gegen einen einzigen Vers im Buch Gottes. Denn wenn man im sozialen, politischen und individuellen Leben ein anderes System als das System Gottes will, kommt es im gesellschaftlichen Gefüge zu einem Erdbeben.“
58 
Konsequenterweise sind Islamisten, die ihre Dienste und Taten nicht an dem Buch Gottes, der Sunna des Propheten, den Geboten und Prinzipien der Scharia und Mystik ausrichten, auf dem falschen Weg (Milli Gazete vom 11. Juli 2003, VB Bundesministerium des Innern 2003, 199). Schließlich wird in einem Artikel der Milli Gazete vom 7. Juni 2004 (zitiert nach VB Nordrhein-Westfalen 2004, 149) verlautbart, Vision der Milli Görüs sei es, die gesamte Welt auf gerechten Grundlagen neu zu strukturieren.
59 
Die hier deutlich zum Ausdruck kommende religiös-politische Botschaft wird so auch in den Moscheen der IGMG und im Internet verbreitet, oftmals verbunden mit dem Aufruf zum Djihad. So wurden bei einer Predigt in der „Ömer ül Farük Camii“ in Köln am 26. September 2003 die Gläubigen dazu aufgerufen, Staaten mit säkularen Ausrichtungen zu bekämpfen, einhergehend mit der Aufforderung, sich für den gemeinsamen Kampf zu organisieren, denn Gott werde die Muslime beim Djihad unterstützen (Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. November 2003 an BFV Köln sowie weitere Landesämter für Verfassungsschutz).
60 
Anlässlich einer Predigt im April 2002 in einer bayerischen IGMG-Moschee erklärte der Prediger, die Ungläubigen müssten bis in die tiefste Hölle getrieben werden. Man selbst müsse zusammenhalten und sich ruhig verhalten, bis es soweit sei. Es sei alles in Vorbereitung und laufe im Verborgenen (VB Bayern 2003, 171). Im November 2002 hieß es in einer Predigt, man müsse Erbakan gehorsam sein und seine Befehle ausführen. Wenn es verlangt werde, müsse das Leben geopfert werden; jeder Moslem müsse jede Sekunde vorbereitet sein zum Djihad (VB Bayern, a.a.O.).
61 
Die Verbreitung des Islam über die rein religiöse Betätigung hinaus wird auch in einer Äußerung auf der Internetseite der IGMG-USA/Kanada von Anfang 1999 erkennbar, auf der es hieß, die jungen Soldaten der Milli Görüs seien auf die Welt gekommen, um der Welt eine neue Ordnung zu geben, um die Glieder der Kette (der Sklaverei) zu brechen, um den Thron des Tyrannen zu stürzen. Ihr Wegweiser sei der Koran, ihr Führer der Prophet, die Staatsgewalt gehe von Allah aus. Sie, die jungen Soldaten der Milli Görüs, seien als Nachfolger von Eroberern für neue Eroberungen (VB Bundesministerium des Innern 1999, 165).
62 
Auch wenn in offiziellen Erklärungen Krieg und Gewalt eine Absage erteilt werden und die Übereinstimmung mit der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland betont wird, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Vorherrschaft der Scharia auch für Europa und Deutschland angestrebt wird. Bereits am 1. Juni 1998 erklärte der IGMG-Vorsitzende Yüksel, man müsse für eine Eroberung des Islams in Europa kämpfen, aber nicht mit Krieg und Gewalt, sondern mit einem sinnvollen Vorgehen (VB Bundesministerium des Innern 1998, 160). Ein internes Papier der IGMG führt dazu aus, die Aktivitäten und Methoden des An-die-Machtbringens und Vorherrschens des islamischen Rechtes, das größte Ziel und die schönste Aufgabe, müssten in schönster und systematischer Form erklärt werden (VB Bundesministerium des Innern, a.a.O.). So solle nicht der Kern der Dienstleistungen der IGMG, sondern die Form ihrer Darbietung und die Methode der Zeit gemäß neu bewertet werden (VB Bad.-Württ. 2003, 84).
63 
Einer der Wege zur Einflussnahme führt aus Sicht der IGMG über die Teilhabe an politischen Gestaltungsrechten. Dementsprechend wurden die IGMG-Mitglieder über Anzeigen in der Milli Gazete und über die vereinseigene Homepage aufgerufen, die Staatsangehörigkeit ihrer Gastländer anzunehmen (VB Bad.-Württ., a.a.O.). Mit dem Potential der Muslime in Deutschland sei man in der Lage, eine islamische Partei zu gründen, die dann ins Parlament kommen könne (VB Bayern 2003, 173).
64 
Der Senat schließt aus diesen Erkenntnisquellen, dass die IGMG, im Gegensatz zu gewaltbereiten islamistischen Organisationen, unter Ausnutzung der von der Verfassung selbst gebotenen Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten die demokratische Grundordnung und damit die Verfassung der Bundesrepublik überwinden will.
65 
Der Senat vermochte schließlich nicht zu der Einschätzung zu gelangen, die IGMG stelle sich aufgrund von Reformbestrebungen nicht mehr als einheitlich zu beurteilender Block dar oder sie habe gar eine neue Ausrichtung erfahren und sich von der Ideologie Erbakans getrennt: Zwar mag die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP sowie deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum Kurs der AKP geführt haben (VB Berlin 2003, 111). Greifbare Konturen dieser „Diskussion“ lassen sich bislang jedoch nicht erkennen. Ein Reformflügel, der sich innerhalb der Bewegung artikuliert, beispielsweise durch Diskussionsbeiträge, in Arbeitskreisen oder auf Veranstaltungen ist nicht auszumachen, ebenso wenig bestimmte Personen, auf die der Begriff des Reformers zutreffen könnte. Der Verweis auf eine in Gang gesetzte Loslösung von der Ideologie Erbakans ist letztlich nicht an entsprechenden Tatsachen festzumachen, ebenso wenig die Behauptung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, Erbakan habe keinen Einfluss mehr auf Politik und Gestaltung der IGMG. Die Erkenntnisquellen des Senats führen zu einer anderen Einschätzung. Danach prägt und dominiert nach wie vor die traditionalistische Weltanschauung Erbakans die IGMG, ohne für abweichende Auffassungen Raum zu lassen:
66 
Für die IGMG in Deutschland gilt nach wie vor, trotz der politischen Machtverluste in der Türkei und (möglichen) Differenzen über den künftigen Kurs, Erbakan als geistiger Führer der Bewegung (Schiffauer, aaO, S. 45) und Integrationsfigur (so der Milli Görüs-Generalsekretär Oguz Ücüncü, „Die Tageszeitung“ vom 7. Mai 2004 „Es geht darum, uns weh zu tun“). Der Gutachter Schiffauer räumt selbst ein, dass die Führungsspitze in Deutschland noch immer die Zustimmung von Erbakan braucht, um als legitim zu gelten (aaO, S. 48). Darüber hinaus verfüge Erbakan über eine erhebliche, wenn nicht gar unanfechtbare Autorität (Schiffauer, a.a.O.).
67 
Dass Erbakan den Einfluss auf Milli Görüs nicht verloren hat, bekräftigte auch der SP-Vorsitzende Kutan bei einem Empfang des SP-Ortsvereins Ankara. Er hob die Kontinuität der Führungsrolle Erbakans hervor und betonte, dessen Führung der Milli Görüs werde weitergehen (Milli Gazete vom 05. Februar 2004, VB Bund2004, 214). Bereits auf einem Treffen von IGMG-Führungsfunktionären am 22. Juni 2003 kritisierten Redner die AKP und warnten vor einer Lösung von der SP. Auch der zur Wahl als Generalvorsitzender vorgeschlagene Yavuz Celik Karahan betonte in seiner Ansprache die Verbundenheit zu Milli Görüs (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 230; VB Hamburg 2003, 55). So wurden wiederum im Jahr 2004 Grußbotschaften Erbakans bei IGMG-Veranstaltungen in Deutschland live übertragen (VB Bund 2004, 215). Die Dominanz der politischen Zielrichtung Necmettin Erbakans in der IGMG geht darüber hinaus auch aus einem E-Mail Schriftwechsel zwischen einem Kritiker am offiziellen Auftreten der IGMG und einem Funktionär der IGMG hervor, bei dem Letzterer darauf hinweist, an der Idee der „Gerechten Ordnung“ werde festgehalten (VB Nordrhein-Westfalen 2004, 151). Dementsprechend ist bis heute, trotz öffentlicher Demokratiebekenntnisse, keine Loslösung von Erbakan und seiner Ideologie erfolgt (ebenso VB Berlin 2004, 113f.), weder von Seiten der Führungsspitze, noch von Seiten eines - ohnedies nicht greifbaren (s.o.) - Reformflügels.
68 
Zusammenfassend bleibt deshalb festzuhalten, dass mangels eines ernsthaften reformerischen Ansatzes die Absichten der IGMG insgesamt und trotz gegenteiliger Bekundungen, im Kern gegen das in der Verfassung verankerte Demokratieverständnis und damit gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind.“
69 
Dem schließt sich der Berichterstatter in vollem Umfang an. Der Kläger hat die entsprechenden gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen durch seine Vorstandstätigkeit im Ortsverein S. der IGMG von 1998 bis (mindestens) Anfang 2001 auch unterstützt i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG.
70 
Als Unterstützung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ist jede eigene Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. Bestimmung objektiv vorteilhaft ist. Dazu zählen etwa die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - Juris -; Berlit in GK-StAR § 11 StAG RdNr. 96 ff.). Allerdings muss die eine Unterstützung der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation, nicht aber auch deren Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung befürwortet - sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine vereinsrechtlich erlaubten mitgliedschaftlichen Tätigkeiten nach außen vertritt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, zum insoweit verwandten Begriff des „Unterstützens einer Vereinigung, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt“ - Ausweisungs- und besonderer Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative, § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG, NVwZ 2005, 1091).
71 
Dass der Einbürgerungsbewerber sicherheitsrelevante Bestrebungen in diesem Sinne unterstützt, muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drs. 14/533 S. 18 f.). Andererseits genügen allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, nicht. Erforderlich ist eine wertende Betrachtungsweise, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind. Dabei können aber auch legale Betätigungen herangezogen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - Juris -; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.; Berlit, a.a.O. RdNr. 87 ff.). Mit § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellen (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.).
72 
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger die entsprechenden Bestrebungen der IGMG unterstützt hat. Die Tätigkeit eines örtlichen Vorstandsmitgliedes ist im o.g. Sinne ohne weiteres förderlich für die Aktivitäten einer solchen Organisation. Daneben hat der Kläger auch ausdrücklich angegeben, da er im Umgang mit Behörden geübt gewesen sei, habe er für den Verein auch zahlreiche Behördengänge erledigt. Aber auch die vorausgesetzte Erkenn- und Zurechenbarkeit (vgl. oben) seiner Handlungen in Bezug auf die inkriminierten Bestrebungen muss vorliegend bejaht werden. Der Kläger ist - worauf die Beklagte stets hingewiesen hat - ausweislich der zum Vereinsregister vorgelegten „Ernennungsurkunde“ vom 15.02.1998 durch den Vorstand des IGMG Bundesverbandes (A. Yüksel, M. Erbakan, O. Döring) zum örtlichen Vorstandsmitglied ernannt worden, wie dies auch in § 11.2 der ebenfalls zum Vereinsregister vorgelegten örtlichen Vereinssatzung ausdrücklich vorgesehen ist. Darin ist zugleich das Recht des Bundesvorstands normiert, den örtlichen Vereinsvorstand jederzeit abzuberufen. Angesichts der hierarchischen Struktur der IGMG (vgl. oben), wie sie gerade auch durch eine solche Satzungsbestimmung deutlich wird, ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, nur „linientreue“ Mitglieder, die den Zielen der IGMG nicht distanziert gegenüberstehen, kommen für eine solche Vorstandstätigkeit in Frage. Jedenfalls genügt dieser tatsächliche Anhaltspunkt um - wie es § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfordert - die Annahme zu rechtfertigen, der Kläger habe entsprechende Bestrebungen unterstützt.
73 
Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er sich von den nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen abgewandt hat.
74 
Ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfordert mehr als ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen und setzt einen individuellen oder mitgetragenen kollektiven Lernprozess voraus, aufgrund dessen angenommen werden kann, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen auszuschließen ist (vgl. VGH München, Urteile vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 und 5 B 01.1805, jeweils Juris; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 149 ff.). Die Glaubhaftmachung einer solchen Abwendung erfordert zunächst, dass der Einbürgerungsbewerber einräumt oder zumindest nicht bestreitet, früher eine durch § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierte Bestrebung unterstützt zu haben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - Juris -). Der Einbürgerungsbewerber muss zwar zur Glaubhaftmachung der Abwendung die früheren Aktivitäten weder bedauern noch ihnen abschwören (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, InfAuslR 2005, 64). Es muss aber erkennbar sein, aus welchen Gründen sich die persönlichen Rahmenbedingungen verändert haben, wie es etwa durch die Darlegung der Einsicht in die Sinn- und Erfolglosigkeit des bisherigen Bestrebens geschehen kann (vgl. Berlit aaO Rdnr. 155). Der Einbürgerungsbewerber hat die Umstände, die seine Abwendung belegen, so substantiiert und einleuchtend darzulegen, dass man diese Gründe als „triftig“ anerkennen kann; Nachvollziehbarkeit der Erklärung im Hinblick auf einen inneren Gesinnungswandel kann dann genügen, wenn dieser auch durch Handlungen nach Außen hin erkennbar wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO). Liegen die einbürgerungschädlichen Aktivitäten bereits erhebliche Zeit zurück, führt dies zu einer zusätzlichen Herabsetzung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung innerer Lernprozesse (vgl. Berlit aaO Rdnr. 165; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO).
75 
Eine individuelle Abwendung des Klägers von der früheren Unterstützung von gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen der IGMG ist hier nicht glaubhaft gemacht. Der Kläger hat sich mit seinen früheren Aktivitäten weder kritisch auseinandergesetzt noch ein Umdenken vorgetragen. Hinzu kommt, dass der Kläger immer noch bestreitet, früher eine durch § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierte Bestrebung unterstützt zu haben. Schließlich ist das gesamte Verhalten des Klägers auf ein systematisches „Herunterspielen“ seiner Aktivitäten ausgerichtet, das einer glaubhaften Abwendung von diesen Bestrebungen entgegensteht. Nach wie vor ist er - wenn auch einfaches - Mitglied der IGMG.
76 
Auch eine Abwendung der IGMG selbst von den hier zu beurteilenden Bestrebungen - was im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2, letzter Halbsatz StAG ausreichen könnte - ist nicht glaubhaft gemacht. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die IGMG von ihren Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung abgewandt haben könnte, was eine weiter bestehende Nähe zu dieser Organisationen nunmehr als unbeachtlich im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erscheinen ließe (vgl. oben, OVG Koblenz, a.a.O.).
77 
Bereits damit scheidet ein Einbürgerungsanspruch des Klägers unmittelbar nach § 10 Abs. 1 StAG aus.
78 
Insoweit kann dahinstehen, ob weiter auch ein Einbürgerungsanspruch unmittelbar aus § 10 Abs. 1 StAG mit Blick darauf ausscheiden würde, dass dem Kläger nicht abgenommen werden kann, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt (§ 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. StAG). Der Berichterstatter neigt allerdings auch zu der Ansicht, dass ein rein verbales Bekenntnis des Einbürgerungsbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zur Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht ausreicht; dieses Bekenntnis vielmehr auch inhaltlich zutreffen muss und nicht nur eine rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung darstellt (so Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 86 RdNr. 21; a.A. mit beachtlichen Gegenargumenten Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNrn. 126 ff.). § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG verlangt für die Einbürgerung andererseits auch nicht mehr als ein materiell vorliegendes „Bekenntnis“, also nicht darüber hinaus, dass der Einbürgerungsbewerber auch Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit - auch kämpferisch - für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNr. 130). Wenn aber - wie hier (vgl. oben) - tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, so liegt selbstredend nahe, dass das abgegebene Bekenntnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. StAG unzutreffend ist. Zwar kommt der Behörde hier die in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG angeordnete Beweiserleichterung, wonach das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zur Rechtfertigung einer entsprechenden Annahme insoweit genügt, nicht zugute. Jedoch dürfte es sich bei einem solchen Bekenntnis um eine vom Einbürgerungsbewerber zu belegende Tatbestandsvoraussetzung seiner erstrebten Einbürgerung handeln. Ohne besondere Umstände des Einzelfalles kann danach zwar angenommen werden, der ein solches Bekenntnis schriftlich abgebende Einbürgerungsbewerber erfülle die maßgebliche Voraussetzung. Hier jedoch hat der Kläger diesbezüglich selbst Zweifel geweckt (vgl. oben), so dass ihm anzusinnen wäre, das erforderliche entsprechende Bekenntnis noch anderweitig nachzuweisen. Dies kann hier letztlich dahinstehen, da sich die Nicht-Erfüllung der unmittelbaren Anspruchsvoraussetzungen einerseits hier bereits aus § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ergibt (vgl. oben), andererseits der Erfolg der Klage gleichwohl ebenfalls einem anderen Umstand geschuldet ist.
79 
Die Beklagte hat dem Kläger nämlich bereits am 09.06.1999 eine Einbürgerungszusicherung erteilt. Dieses dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 38 LVwVfG) entlehnte Institut, das in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Mehrstaatigkeit angewandt wird, soll einerseits Intervalle mehrfacher Staatsangehörigkeit, andererseits aber auch temporäre Staatenlosigkeit vermeiden (vgl. VGH Ba.-Wü., Urt. v. 06.07.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116). Damit wird im Einbürgerungsverfahren die Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen verbindlich abgeschlossen und dem Einbürgerungsbewerber seine Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachgewiesen wird. Gemäß § 38 Abs. 3 LVwVfG ist die Behörde an die Zusicherung nur dann nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Dieser gesetzlichen Einschränkung entspricht hier auch der der konkreten Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 beigefügte Vorbehalt. Daneben kann die Behörde gemäß § 38 Abs. 2 LVwVfG eine einmal gegebene Zusicherung in entsprechender Anwendung des § 48 LVwVfG zurücknehmen.
80 
Von der einmal gegebenen Zusicherung ist die Beklagte hier nicht gemäß § 38 Abs. 3 LVwVfG befreit. Eine Änderung der Sachlage ist nämlich nicht eingetreten. Der Kläger war bereits seit 1998, also vor Erteilung der Einbürgerungszusicherung, Vorstandsmitglied des örtlichen IGMG-Vereins. Dass die Behörden dies erst nachträglich erkannten, stellt aber keine geänderte Sachlage dar (VGH Ba.-Wü., Urt. v. 02.07.1990 - 8 S 524/90 -, NVwZ 1991, 79). Entsprechend liegt aber auch keine geänderte Rechtslage vor. Der Umstand, dass die sog. „Regelanfrage“ zum Landesamt für Verfassungsschutz erst nach Erteilung der Einbürgerungszusicherung eingeführt wurde (und dann auch im Falle des Klägers erst bei der abschließenden Verfahrensbearbeitung im Jahre 2001 so praktiziert wurde), stellt lediglich eine geänderte Verwaltungs(-verfahrens)praxis dar. Die maßgeblichen Rechtsvoraussetzungen selbst haben sich aber nicht geändert.
81 
Die Beklagte kann sich vorliegend auch nicht darauf berufen, in entsprechender Anwendung von § 48 LVwVfG sei die ursprünglich erteilte Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 zurückgenommen worden. Eine ausdrückliche Rücknahmeentscheidung liegt nicht vor. Zwar wird die Auffassung vertreten, solches sei insoweit nicht erforderlich, es genüge, wenn die Behörde das Vorliegen von Rücknahmegründen im Rahmen des (weiteren) Verfahrens über den tatsächlichen Erlass des zugesicherten Verwaltungsakts berücksichtige (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. § 38 Rz 35.). Dem vermag sich der Berichterstatter aber nur insoweit anzuschließen, als der Umstand einer Rücknahme der ursprünglichen Einbürgerungszusicherung einschließlich der Ausübung des insoweit gebotenen Rücknahmeermessens aus der (endgültig) ablehnenden Entscheidung dann deutlich werden muss und sich die letztgenannte Entscheidung noch innerhalb des von § 48 Abs. 4 LVwVfG vorgegebenen zeitlichen Rahmens hält. Keine dieser Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die angegriffene Verfügung der Beklagten vom 05.09.2003 lässt an keiner Stelle erkennen, dass die Beklagte damit eine Rücknahme ihrer ursprünglichen Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 intendierte. Der Umstand der zuvor erteilten Einbürgerungszusicherung ist an keiner Stelle erwähnt; weder die Vorschrift des § 48 LVwVfG noch eine diesbezügliche Ermessensbetätigung finden sich dort. Daneben erlangte die Beklagte ausweislich der (insoweit auffallend wenig aussagekräftigen) Verwaltungsakten nach der schriftlichen Mitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 07.06.2001 (Verw.-AS 33), die Akten würden dem Innenministerium vorgelegt, bereits am 13.06.2001 (vgl. den Aktenvermerk auf AS 35) durch ein Telefonat mit dem Amtsgericht B. (ohne dass in irgendeiner Weise deutlich würde, was dieses Telefonat veranlasst haben könnte) die Kenntnis, dass der Kläger stellvertretender Vorsitzender des IGMG-Ortsvereins S. war. Selbst wenn in der hier angegriffenen ablehnenden Verfügung vom 05.09.2003 daher zugleich die Rücknahme der vormaligen Einbürgerungszusicherung zu sehen wäre, so wäre die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG überschritten.
82 
Schließlich ist die vorliegende Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 auch nicht deshalb im jetzt maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. oben) unbeachtlich, weil sie von der Beklagten auf den 08.06.2001 befristet wurde. Zwar ist die Beifügung einer solchen Bestimmung grundsätzlich möglich. Der Inhalt einer Zusicherung und deren Bindungswirkung wird neben dem bindenden Versprechen, den zugesicherten Verwaltungsakt zu erlassen, auch von derartigen beigefügten Beschränkungen wie Vorbehalten, Bedingungen, Befristungen usw. bestimmt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rz 7).
83 
Die Beklagte ist jedoch gehindert, sich im vorliegenden Verfahren auf die abgelaufene Frist zu berufen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ), der auf einem allgemeinen Rechtsgedanken beruht und daher auch im öffentlichen Recht gilt (vgl. Ständige Rechtsprechung des BVerwG, z.B. Urt. v. 22.01.1993 - 8 C 46.91 -, NVwZ 1993, 1102) darf sich niemand auf einen Fristablauf berufen, der zuvor allein für das Verstreichen dieser Frist verantwortlich war (Rechtsgedanke aus § 162 BGB). So liegt es hier. Der Kläger hat innerhalb der in der Einbürgerungszusicherung genannten Frist die einzige ihm danach noch auferlegte Bedingung, die Entlassung aus seiner ursprünglichen türkischen Staatsangehörigkeit herbeizuführen, erfüllt. Er erhielt Anfang 2001 die Genehmigung über den Austritt aus der türkischen Staatsangehörigkeit und informierte die Beklagte bereits vorab telefonisch über diese ihm erteilte Genehmigung. Wiewohl ein entsprechender Aktenvermerk fehlt, muss angenommen werden, da die Beklagte ab dem 18.04.2001 mit der Aktualisierung der vorliegenden Unterlagen begann, dass diese Unterrichtung an diesem Tag erfolgt ist. Nachdem aber keine geänderte Sach- und Rechtslage gegeben war (vgl. oben), hätte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt, also noch innerhalb des Gültigkeitszeitraums der Einbürgerungszusicherung, die Einbürgerung des Klägers vollziehen können und müssen. Für den weiteren Zeitablauf war nunmehr allein die Beklagte verantwortlich. Sie ist daher gehindert, im jetzigen Verfahren einzuwenden, die Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 sei wegen Fristablaufs gegenstandslos. Vielmehr ist sie entsprechend dieser Zusicherung verpflichtet, den Kläger einzubürgern.
84 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
17 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 05.09.2003 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21.04.2004 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie mussten daher unter Ausspruch einer entsprechenden Verpflichtung vom Gericht aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
18 
Die Frage, ob dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch zukommt, beurteilt sich nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, InfAuslR 1996, 399 und VGH Ba.-Wü., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - zit. nach ). Staatsangehörigkeitsrechtlich kommen als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950, 1996 ff.), in Kraft getreten am 01.01.2005 (vgl. Art. 15 Abs. 3), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze vom 14.03.2005 (BGBl. I S. 721), in Kraft getreten insoweit am 18.03.2005, in Betracht. Die Weiteranwendung von §§ 85 ff. des außer Kraft getretenen Ausländergesetzes in der vor dem 01.01.2000 geltenden Fassung gemäß § 40 c StAG kommt hier nicht in Betracht, da der Einbürgerungsantrag des Klägers erst am 25.03.1999 und damit (wenige Tage) nach dem insoweit maßgeblichen Stichtag, dem 16.03.1999, gestellt worden ist.
19 
Einen Einbürgerungsanspruch unmittelbar nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG besitzt der Kläger indes nicht. Nach § 10 Abs. 1 StAG ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, - was hier unstreitig gegeben ist - einzubürgern, wenn er die in dieser Vorschrift unter Nr. 1 bis Nr. 5 bezeichneten Voraussetzungen, sofern von diesen nicht nach § 12 oder nach § 12 a Abs. 1 StAG abgesehen wird oder abgesehen werden kann, erfüllt und kein Grund vorliegt, der gemäß § 11 Satz 1 StAG diesen Einbürgerungsanspruch hindert.
20 
Als solcher, den Einbürgerungsanspruch hindernder Umstand kommt in Betracht dass
21 
1. Tatsachen die Schlussfolgerungen rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5 AufenthG,1. Alt.),
22 
2. Tatsachen die Schlussfolgerungen rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber eine Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, die den Terrorismus unterstützt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5 AufenthG, 2. Alt.),
23 
3. der Einbürgerungsbewerber die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 1. Alt.),
24 
4. der Einbürgerungsbewerber die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 2. Alt.),
25 
5. der Einbürgerungsbewerber sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 3. Alt.),
26 
6. der Einbürgerungsbewerber bei der Verfolgung politischer Ziele öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 4. Alt.),
27 
7. der Einbürgerungsbewerber bei der Verfolgung politischer Ziele mit Gewaltanwendung droht (§ 11 S. 1 Nr. 3 StAG i. V. m. § 54 Nr. 5a AufenthG, 5. Alt.),
28 
8. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 1. Alt.),
29 
9. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 2. Alt.),
30 
10. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 3. Alt.),
31 
11. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 4. Alt.),
32 
12. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 5. Alt.),
33 
13. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 6. Alt.),
34 
14. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 7. Alt.),
35 
15. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die auf eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 8. Alt.),
36 
16. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlung auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 9. Alt.),
37 
17. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 S. 1 Nr. 2 StAG, 10. Alt.),
38 
es sei denn in den Fällen von Ziffer 6 bis 17, dass sich der Einbürgerungsbewerber von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartige Bestrebungen abgewendet hat.
39 
Die Konstruktion dieser Anspruchs-Ausschlussgründe dürfte allerdings nahe der Grenze dessen liegen, was das rechtsstaatliche Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit (vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvF 3/92 - , BVerfGE 110, 33 = NJW 2004, 2213) erlaubt. Zahlreiche einbürgerungswillige Ausländer und ihre Verfahrensbevollmächtigten, aber auch die mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten unteren Verwaltungsbehörden und selbst die zur Rechtsaufsicht berufene oberste Landesbehörde sowie zahlreiche Verwaltungsgerichte haben augenscheinlich - wie sich u.a. aus zahlreichen bei der Kammer anhängigen Verfahren ergibt - erhebliche Schwierigkeiten, einen bei einem Einbürgerungsbewerber gegebenen Umstand zutreffend unter einen der genannten Ausschlussgründe zu subsumieren. Dementsprechend heißt es auch im Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 20.06.2003 zum Fall des Klägers, der wörtlich in den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 05.09.2003 übernommen wurde, (es) „bestehen tatsächliche Anhaltspunkte, dass (der Kläger) Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind und durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden“. Dabei bleibt unklar, welche Unterstützung von Vorbereitungshandlungen zu Gewalt die Behörden beim Kläger erkannt zu haben glauben.
40 
Ausgehend vom einzig konkreten Vorwurf gegenüber dem Kläger, seiner Vorstandstätigkeit im Ortsverein S. der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs - IGMG -, über die keine terroristischen Aktivitäten bekannt sind, scheidet ein Ausschlussgrund nach Nr. 1 und 2 (vgl. oben) aus. Auch eine Beteiligung an, Aufruf zur oder Drohung mit Gewalt ausgehend vom Kläger ist nicht zu erkennen (Nr. 5, 6, 7, vgl. oben). Da über die konkreten Aktivitäten, die der Kläger im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit für die IGMG entfaltet hat, nichts bekannt ist, liegt auch ein Ausschlussgrund nach Nr. 3 und 4 (vgl. oben) nicht vor, da dieser voraussetzt, dass der Betreffende persönlich eine Gefahr darstellt (BVerwG, Urt. v. 31.05.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86 = InfAuslR 1994, 405 = NVwZ 1995, 1127, zur früheren, insoweit identischen Rechtslage). Aus demselben Grund, fehlender Kenntnis über die konkreten Aktivitäten, scheidet auch ein Ausschlussgrund in Bezug auf eine „Verfolgungshandlung“ (Nr. 8, 10, 12, 14, 16, vgl. oben) aus, da insoweit vorausgesetzt wird, dass der Betreffende Handlungen entfaltet, die objektiv geeignet sind, die genannten inkriminierten Ziele voranzutreiben (Berlit in GK-StAR, § 11 StAG Anm. 95). Ohne nähere Einzelheiten insoweit ist solches bei einem stellvertretenden Vorsitzenden eines Ortsvereins der IGMG aber noch nicht zu erkennen.
41 
Dass die Aktivitäten der IGMG gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung eines Verfassungsorgans zum Ziele haben oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, wird - soweit ersichtlich - auch von niemandem behauptet, weshalb auch ein Ausschlussgrund nach den Nr. 11, 15 und 17 (vgl. oben) ausscheidet.
42 
Der Ausschlussgrund der Unterstützung von Bestrebungen, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (Nr. 13, vgl. oben), setzt nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 1 lit. b) BVerfSchG voraus, dass die inkriminierten Bestrebungen darauf gerichtet sind, Bund, Länder oder deren Einrichtungen erheblich zu beeinträchtigen (Berlit a.a.O. Rz. 119). Der Begriff der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist dementsprechend enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach allgemeinem Polizeirecht. Er schützt Bestand und Funktionstüchtigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt und Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein ( BVerwG, Urt. vom 31.05.1994, a.a.O. ). Mit Blick auf die IGMG besteht derzeit aber kein Anlass zur der Annahme, das Erreichen des Fernziels, ganz Europa mit einer islamistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu überziehen, werde durch Einsatz von Gewalt angestrebt (BVerwG, Urt. v. 11.11.2004 - 3 C 8/04 -, BVerwGE 122, 182 = NVwZ 2005, 450). Zwar wurde nach den Terroranschlägen in den USA eine auf der Homepage des „IGMG Mannheim/Fatih-Moschee“ noch am 25.08.2000 enthaltener Link zu „www.qoqaz.de“ gelöscht, wo sich unter anderem ein die militärische Ausbildung jeglicher Art als islamische Verpflichtung mit Trainings-Anleitungen, unter anderem zum Umgang mit Handfeuerwaffen, propagierender Beitrag fand, „Wie kann ich für den Jihad trainieren?“ (VG Stuttgart, Urt. v. 09.07.2004 - 18 K 1474/04 - ). Außer einer solchen „Verlinkung“ gibt es derzeit aber keine Anzeichen für eine Gewaltbereitschaft der IGMG, so dass auch für das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes keine tatsächlichen Anhaltspunkte gegeben sind.
43 
Letztlich kommt daher vorliegend im Rahmen der Anwendung des § 11 Satz 1 StAG allein der Ausschlussgrund nach Nr. 9 (vgl. oben) in Betracht, dass der Kläger Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Darunter fallen gemäß der auch insoweit in § 4 BVerfSchG enthaltenen Legaldefinition solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die darauf gerichtet sind, einen oder mehrere der zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählenden Verfassungsmaßstäbe zu beseitigen, namentlich das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen; die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht; das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition; die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung; die Unabhängigkeit der Gerichte; der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.
44 
Hierzu hat das OVG Koblenz mit Urteil vom 24.05.2005 (- 7 A 10953/04.OVG -, soweit ersichtlich derzeit nur im Internet unter http://www.asyl.net/Magazin/Docs/ 2005/M-5/7001.pdf. abrufbar) entschieden:
45 
„Die IGMG strebt trotz gegenteiliger offizieller Bekundungen nicht nur die Beseitigung der laizistischen Gesellschaftsordnung der Türkei an, sondern es geht ihr darüber hinaus um die Errichtung einer islamischen Ordnung auf der Grundlage der Scharia zumindest in den Staaten, in denen - wie in der Bundesrepublik -, Muslime leben. Unter Ersetzung der vorhandenen staatlichen Herrschaftssysteme sollen in der von der IGMG angestrebten islamischen Ordnung die Lebensbereiche so gestaltet werden, wie es von Gott durch den Koran, den Propheten und die Sunna verbindlich vorgegeben ist. Diese theokratische Herrschaftsform schließt - in der Sache liegend - die nach dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes in Art. 20 Abs. 2 GG festgelegte Staatsgewalt des Volkes aus. Indem sie einen islamischen Gottesstaat anstrebt, richtet sich die IGMG daher vor allem gegen das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Demokratieprinzip.
46 
Diese Einschätzung des Senats gründet sich auf der ideologischen Ausrichtung der IGMG an der Weltanschauung der Milli Görüs.
47 
Die 1995 gegründete „Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V.“ (IGMG) hat in der Bundesrepublik Deutschland ca. 26.500 Mitglieder (Verfassungsschutzbericht - im Folgenden: VB - des Bundesministeriums des Innern 2003, 194; VB Nordrhein-Westfalen 2004, 146; VB Rheinland-Pfalz 2004, 67). Der Verein, dessen Europazentrale in K... ansässig ist, gliedert sich in 30 Regionalverbände, darunter 15 innerhalb der Bundesrepublik mit einigen 100 örtlichen Moscheevereinen. Er unterhält hier mehr als 300 Einrichtungen, über 2.000 sollen es europaweit sein, deren Besucherzahl bei etwa 300.000 Personen liegen soll (VB Bundesministerium des Innern a.a.O.). Der Immobilienbesitz des Vereins wird seit 1995 von der „Europäische Moscheebau- und Unterstützungsgemeinschaft e.V.“ (EMUG) verwaltet.
48 
Die IGMG geht zurück auf in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts von türkischen Arbeitern in Deutschland gegründete Moscheegemeinden. Deren Mitglieder - sie entstammten im Wesentlichen den ländlichen Gebieten der Türkei, in denen ein islamisch-traditionalistisches Milieu vorherrschte - suchten den religiösen/weltanschaulichen Anschluss an islamische Gruppierungen in der Türkei. Hierzu gehörte die 1972 gegründete Milli Selamet Partisi (National-Religiöse Heilspartei) - MSP -, die sich programmatisch auf die von Necmettin Erbakan konzipierte Milli Görüs zurückführte (Schiffauer, Die islamische Gemeinschaft Milli Görüs – ein Lehrstück zum verwickelten Zusammenhang von Migration, Religion und sozialer Integration, S. 67 ff.). Die MSP wurde 1980 verboten (Schiffauer, a.a.O., S. 71). In der Folgezeit kam es zu erheblichen Differenzen innerhalb der in Deutschland ansässigen Bewegung, die schließlich zur Abspaltung der Kaplan-Gemeinde führten. Die in der Türkei als Nachfolgepartei der MSP ins Leben gerufene Refah Partisi - RP - (Wohlfahrtspartei) nahm zu Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts maßgeblich die Reorganisation der deutschen Gemeinden in die Hand und band sie an das Zentrum in Ankara, an dessen Spitze Necmettin Erbakan stand, der nunmehr auch die Leitungsspitzen in Deutschland, die er zuvor durch Eid an sich gebunden hatte, einsetzte. In der Folgezeit traten bei Veranstaltungen nicht nur Geistliche aus der Türkei, sondern auch türkische Politiker in Deutschland auf (Schiffauer, a.a.O., S. 75). Umgekehrt unterstützte die deutsche Gemeinde die RP materiell bei Wahlkampf.
49 
1985 entstand schließlich die „Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V.“ (AMGT) als Vorläufer der heutigen IGMG (VB Bad.-Württ. 2003, 63). Die RP, deren Führer Erbakan 1996/97 Ministerpräsident war, wurde in der Türkei, da nach der dortigen Auffassung gegen das Grundprinzip des Laizismus verstoßend, Anfang 1998 verboten. Kurz zuvor war die Tugendpartei (Fazilet Partisi) gegründet worden, die am 22. Juni 2001 ebenfalls aufgelöst wurde. Als Folge davon schlossen sich die Traditionalisten mit Erbakan im Hintergrund zur Saadet Partisi - SP - (Glückseligkeitspartei) zusammen, die derzeit nicht im Parlament vertreten ist; die Reformer fanden sich in der Gerechtigkeits- und Aufbaupartei - AKP - zusammen, die mit Tayyip Erdogan den Ministerpräsidenten stellt (AA, Lagebericht Türkei vom 9. Oktober 2002 sowie Lagebericht vom 19. Mai 2004).
50 
Die Weltanschauung der Milli Görüs (Nationale Weltsicht) basiert auf dem 1975 von Necmettin Erbakan veröffentlichten gleichnamigen Werk. In diesem hat Erbakan seine „Vision“ zur Lösung der gesellschaftlichen und politischen Probleme beschrieben und zugleich den Absolutheitsanspruch von Milli Görüs festgelegt: „Milli Görüs vertritt den wahren und rechten Weg.“ (Zitat aus: VB Bad.-Württ. 2003, 65). Milli Görüs beschwört die nach ihrer geschichtlichen Wertung ruhmreiche und große Geschichte der Türkei, ihre Sitten und Gebräuche und wendet sich gegen die ihrer Auffassung nach in die türkische Verfassung eingedrungene „linke und liberale Weltsicht“, die einen falschen und unrechtmäßigen Weg darstelle (VB Bad.-Württ., a.a.O.). Die aus der Milli Görüs entwickelte „Gerechte Ordnung“ - Adil Düzen - bezeichnet die westliche Zivilisation als auf Gewalt beruhende „nichtige“ Ordnung, die durch eine islamische, auf der göttlichen Wahrheit und dem daraus abgeleiteten Recht basierende „Gerechte Ordnung“ abzulösen sei (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 224 und 2004, 147). Ziel ist die Umgestaltung des Staatswesens in eine islamische Republik, wobei eine Unvereinbarkeit von islamischer und westlicher Ordnung hergestellt wird (Schiffauer, Gutachten im Verwaltungsstreitverfahren Sakin ./. Bürgermeister der Stadt Gladbeck vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, S. 8). Adil Düzen sieht den Schlüssel zur Überwindung von Kapitalismus und Sozialismus, die - nach Überzeugung Necmettin Erbakans - an ihrem Ende angelangt sind in einem richtigen Rechtsverständnis, welches sich an zeitlose islamische Prinzipien bindet und an eine islamische Kultur knüpft (Schiffauer, a.a.O., S. 7 ff.).
51 
Zur Verbreitung ihrer Ideologie bedient sich Milli Görüs verschiedener Medien. Besonders hervorzuheben ist die Zeitung Milli Gazete, die auch in einer Deutschlandausgabe erscheint. Zwar formal von der Milli Görüs/IGMG unabhängig, ist sie ihrer Sache jedoch eng verbunden. Sie ist keine unabhängige Zeitung, vielmehr Sprachrohr der Bewegung und Verbreiter ihrer Ideologie. Dieser Rückschluss ergibt sich für den Senat aus den Äußerungen Necmettin Erbakans zur Milli Gazete und der Einschätzung der Zeitung selbst einschließlich ihres Erscheinungsbildes. Angesichts dessen können Äußerungen in der Milli Gazete als repräsentativ für das Islam- und Politikverständnis der Milli Görüs und damit der IGMG angesehen werden.
52 
Necmettin Erbakan erklärte zum Tag der Milli Gazete am 8. Dezember 2001 in Düsseldorf: „Jeder Haushalt sollte die Milli Gazete abonnieren. Dies ist ein Muss, um die Geschehnisse richtig zu verstehen und um sich darüber zu informieren.“ (VB Bundesministerium des Innern 2001, 215). In Konsequenz dieser Haltung ihres geistigen Führers wird auf IGMG-Veranstaltungen für Abonnements geworben; Bücher von Kolumnisten der Zeitung konnten über den Buchkatalog der IGMG geworben werden (VB Bundesministerium des Innern 2002, 190).
53 
Auf seiner Internetseite pries Necmettin Erbakan die Milli Gazete ebenfalls an. Sie sei eine Rose, eine Schönheit im Sumpf der Presse, sie stehe für eine großartige Bewegung, die den islamischen Glauben in der Welt an die Macht bringen werde. Sie gebe den Menschen Richtung und sei diejenige Zeitung, deren Etikett und deren Einfluss am größten sei (VB Bad.-Württ. 2003, 70). Diese Äußerungen Erbakans unterblieben wohl, wenn die Milli Gazete nicht die Ideologie der Milli Görüs teilte und verbreitete. Für einen maßgeblichen Einfluss von Milli Görüs auf die Zeitung spricht weiter eine Äußerung des damaligen IGMG-Vorsitzenden in „Die Welt“ vom 2. Dezember 2001, in der die Rede davon ist, man habe das Sagen bei der Milli Gazete (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 227).
54 
Umgekehrt lässt auch die Milli Gazete keinen Zweifel an ihrer Bindung zur Milli Görüs. Am 14. Januar 2003 heißt es in der Zeitung u.a., die Milli Gazete sei stets unerschrockene Verteidigerin der Anliegen von Milli Görüs gewesen (VB Bundesministerium des Innern 2003, 198). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich dieses Verständnis heute gewandelt hätte.
55 
In Übereinstimmung damit steht auch das Erscheinungsbild der Milli Gazete in Deutschland: Priorität genießt die Berichterstattung zu Themen der Milli Görüs, zu Veranstaltungen der IGMG und deren sozialem Umfeld. Im weiteren finden sich zahlreiche private Anzeigen von IGMG-Mitgliedern (VB Bad.-Württ. 2003, 68 ff., 71; VB Nordrhein-Westfalen 2004, 149; VB Rheinland-Pfalz 2004, 69).
56 
Der Widerspruch der Milli Görüs zum Demokratieprinzip der Bundesrepublik Deutschland kann somit auch anhand verschiedenster Äußerungen in der Milli Gazete nachvollzogen werden:
57 
Danach ist die Religion nicht nur eine Gewissensangelegenheit, sondern eine weltliche und gesellschaftliche Angelegenheit. Ohne die Beachtung der Vorgaben von Scharia, Sunna und Koran sei auf keinen Fall ein muslimischer Fortschritt denkbar (Milli Gazete vom 11. Juli 2003, VB Freie und Hansestadt Hamburg 2003, 59). Ähnlich hieß es bereits am 2. März 2000: „Uns reicht nicht nur unsere eigene Befreiung. Wir setzen uns für die Befreiung der ganzen Menschheit ein ... . Die Befreiung der Menschheit, ihr Wohl und Glück sind über den Koran möglich“ (VB Bundesministerium des Innern 2000, 207). In der Milli Gazete vom 12. Mai 1998 wird aus der Rede des damaligen Vorsitzenden der IGMG Ali Yüksel zitiert, in der es heißt, die Gegner der IGMG verträten das Unrecht, die von ihnen behaupteten und verteidigten Systeme seien damals wie heute zum Untergang verurteilt (VB Bundesministerium des Innern 1998, 161). Die Ablehnung eines säkularen Rechtssystems zeigt sich auch in folgender Äußerung in der Milli Gazete vom 7. August 2001: „Ein religiöser Muslim ist gleichzeitig auch ein Verfechter der Scharia. Der Staat, die Medien und die Gerichtsbarkeit haben nicht das Recht sich einzumischen. ... Die Verbundenheit eines Muslims zur Scharia darf nicht dazu führen, dass er deswegen verurteilt oder ins Kreuzverhör genommen wird“ (VB Bundesministerium des Innern 2001, 219). Weiter heißt es am 22. Juli 2002 in einem Artikel: „Fester Glaube in der heutigen Zeit bedeutet, die Bestimmungen der Scharia und der islamischen Rechtswissenschaft in ihrer Urform zu schützen und anzuerkennen“ (VB Bundesministerium des Innern 2002, 191). Die Ablehnung eines demokratischen Systems im Sinne der Verfassung verdeutlicht auch das nachfolgende Zitat aus der Milli Gazete vom 27. Juli 2004 (VB Bund 2004, 216): “Doch alle Präsidenten, Könige und orientalischen Herrscher dieser Welt verfügen nicht über ein Einspruchsrecht gegen einen einzigen Vers im Buch Gottes. Denn wenn man im sozialen, politischen und individuellen Leben ein anderes System als das System Gottes will, kommt es im gesellschaftlichen Gefüge zu einem Erdbeben.“
58 
Konsequenterweise sind Islamisten, die ihre Dienste und Taten nicht an dem Buch Gottes, der Sunna des Propheten, den Geboten und Prinzipien der Scharia und Mystik ausrichten, auf dem falschen Weg (Milli Gazete vom 11. Juli 2003, VB Bundesministerium des Innern 2003, 199). Schließlich wird in einem Artikel der Milli Gazete vom 7. Juni 2004 (zitiert nach VB Nordrhein-Westfalen 2004, 149) verlautbart, Vision der Milli Görüs sei es, die gesamte Welt auf gerechten Grundlagen neu zu strukturieren.
59 
Die hier deutlich zum Ausdruck kommende religiös-politische Botschaft wird so auch in den Moscheen der IGMG und im Internet verbreitet, oftmals verbunden mit dem Aufruf zum Djihad. So wurden bei einer Predigt in der „Ömer ül Farük Camii“ in Köln am 26. September 2003 die Gläubigen dazu aufgerufen, Staaten mit säkularen Ausrichtungen zu bekämpfen, einhergehend mit der Aufforderung, sich für den gemeinsamen Kampf zu organisieren, denn Gott werde die Muslime beim Djihad unterstützen (Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. November 2003 an BFV Köln sowie weitere Landesämter für Verfassungsschutz).
60 
Anlässlich einer Predigt im April 2002 in einer bayerischen IGMG-Moschee erklärte der Prediger, die Ungläubigen müssten bis in die tiefste Hölle getrieben werden. Man selbst müsse zusammenhalten und sich ruhig verhalten, bis es soweit sei. Es sei alles in Vorbereitung und laufe im Verborgenen (VB Bayern 2003, 171). Im November 2002 hieß es in einer Predigt, man müsse Erbakan gehorsam sein und seine Befehle ausführen. Wenn es verlangt werde, müsse das Leben geopfert werden; jeder Moslem müsse jede Sekunde vorbereitet sein zum Djihad (VB Bayern, a.a.O.).
61 
Die Verbreitung des Islam über die rein religiöse Betätigung hinaus wird auch in einer Äußerung auf der Internetseite der IGMG-USA/Kanada von Anfang 1999 erkennbar, auf der es hieß, die jungen Soldaten der Milli Görüs seien auf die Welt gekommen, um der Welt eine neue Ordnung zu geben, um die Glieder der Kette (der Sklaverei) zu brechen, um den Thron des Tyrannen zu stürzen. Ihr Wegweiser sei der Koran, ihr Führer der Prophet, die Staatsgewalt gehe von Allah aus. Sie, die jungen Soldaten der Milli Görüs, seien als Nachfolger von Eroberern für neue Eroberungen (VB Bundesministerium des Innern 1999, 165).
62 
Auch wenn in offiziellen Erklärungen Krieg und Gewalt eine Absage erteilt werden und die Übereinstimmung mit der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland betont wird, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Vorherrschaft der Scharia auch für Europa und Deutschland angestrebt wird. Bereits am 1. Juni 1998 erklärte der IGMG-Vorsitzende Yüksel, man müsse für eine Eroberung des Islams in Europa kämpfen, aber nicht mit Krieg und Gewalt, sondern mit einem sinnvollen Vorgehen (VB Bundesministerium des Innern 1998, 160). Ein internes Papier der IGMG führt dazu aus, die Aktivitäten und Methoden des An-die-Machtbringens und Vorherrschens des islamischen Rechtes, das größte Ziel und die schönste Aufgabe, müssten in schönster und systematischer Form erklärt werden (VB Bundesministerium des Innern, a.a.O.). So solle nicht der Kern der Dienstleistungen der IGMG, sondern die Form ihrer Darbietung und die Methode der Zeit gemäß neu bewertet werden (VB Bad.-Württ. 2003, 84).
63 
Einer der Wege zur Einflussnahme führt aus Sicht der IGMG über die Teilhabe an politischen Gestaltungsrechten. Dementsprechend wurden die IGMG-Mitglieder über Anzeigen in der Milli Gazete und über die vereinseigene Homepage aufgerufen, die Staatsangehörigkeit ihrer Gastländer anzunehmen (VB Bad.-Württ., a.a.O.). Mit dem Potential der Muslime in Deutschland sei man in der Lage, eine islamische Partei zu gründen, die dann ins Parlament kommen könne (VB Bayern 2003, 173).
64 
Der Senat schließt aus diesen Erkenntnisquellen, dass die IGMG, im Gegensatz zu gewaltbereiten islamistischen Organisationen, unter Ausnutzung der von der Verfassung selbst gebotenen Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten die demokratische Grundordnung und damit die Verfassung der Bundesrepublik überwinden will.
65 
Der Senat vermochte schließlich nicht zu der Einschätzung zu gelangen, die IGMG stelle sich aufgrund von Reformbestrebungen nicht mehr als einheitlich zu beurteilender Block dar oder sie habe gar eine neue Ausrichtung erfahren und sich von der Ideologie Erbakans getrennt: Zwar mag die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP sowie deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum Kurs der AKP geführt haben (VB Berlin 2003, 111). Greifbare Konturen dieser „Diskussion“ lassen sich bislang jedoch nicht erkennen. Ein Reformflügel, der sich innerhalb der Bewegung artikuliert, beispielsweise durch Diskussionsbeiträge, in Arbeitskreisen oder auf Veranstaltungen ist nicht auszumachen, ebenso wenig bestimmte Personen, auf die der Begriff des Reformers zutreffen könnte. Der Verweis auf eine in Gang gesetzte Loslösung von der Ideologie Erbakans ist letztlich nicht an entsprechenden Tatsachen festzumachen, ebenso wenig die Behauptung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, Erbakan habe keinen Einfluss mehr auf Politik und Gestaltung der IGMG. Die Erkenntnisquellen des Senats führen zu einer anderen Einschätzung. Danach prägt und dominiert nach wie vor die traditionalistische Weltanschauung Erbakans die IGMG, ohne für abweichende Auffassungen Raum zu lassen:
66 
Für die IGMG in Deutschland gilt nach wie vor, trotz der politischen Machtverluste in der Türkei und (möglichen) Differenzen über den künftigen Kurs, Erbakan als geistiger Führer der Bewegung (Schiffauer, aaO, S. 45) und Integrationsfigur (so der Milli Görüs-Generalsekretär Oguz Ücüncü, „Die Tageszeitung“ vom 7. Mai 2004 „Es geht darum, uns weh zu tun“). Der Gutachter Schiffauer räumt selbst ein, dass die Führungsspitze in Deutschland noch immer die Zustimmung von Erbakan braucht, um als legitim zu gelten (aaO, S. 48). Darüber hinaus verfüge Erbakan über eine erhebliche, wenn nicht gar unanfechtbare Autorität (Schiffauer, a.a.O.).
67 
Dass Erbakan den Einfluss auf Milli Görüs nicht verloren hat, bekräftigte auch der SP-Vorsitzende Kutan bei einem Empfang des SP-Ortsvereins Ankara. Er hob die Kontinuität der Führungsrolle Erbakans hervor und betonte, dessen Führung der Milli Görüs werde weitergehen (Milli Gazete vom 05. Februar 2004, VB Bund2004, 214). Bereits auf einem Treffen von IGMG-Führungsfunktionären am 22. Juni 2003 kritisierten Redner die AKP und warnten vor einer Lösung von der SP. Auch der zur Wahl als Generalvorsitzender vorgeschlagene Yavuz Celik Karahan betonte in seiner Ansprache die Verbundenheit zu Milli Görüs (VB Nordrhein-Westfalen 2003, 230; VB Hamburg 2003, 55). So wurden wiederum im Jahr 2004 Grußbotschaften Erbakans bei IGMG-Veranstaltungen in Deutschland live übertragen (VB Bund 2004, 215). Die Dominanz der politischen Zielrichtung Necmettin Erbakans in der IGMG geht darüber hinaus auch aus einem E-Mail Schriftwechsel zwischen einem Kritiker am offiziellen Auftreten der IGMG und einem Funktionär der IGMG hervor, bei dem Letzterer darauf hinweist, an der Idee der „Gerechten Ordnung“ werde festgehalten (VB Nordrhein-Westfalen 2004, 151). Dementsprechend ist bis heute, trotz öffentlicher Demokratiebekenntnisse, keine Loslösung von Erbakan und seiner Ideologie erfolgt (ebenso VB Berlin 2004, 113f.), weder von Seiten der Führungsspitze, noch von Seiten eines - ohnedies nicht greifbaren (s.o.) - Reformflügels.
68 
Zusammenfassend bleibt deshalb festzuhalten, dass mangels eines ernsthaften reformerischen Ansatzes die Absichten der IGMG insgesamt und trotz gegenteiliger Bekundungen, im Kern gegen das in der Verfassung verankerte Demokratieverständnis und damit gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind.“
69 
Dem schließt sich der Berichterstatter in vollem Umfang an. Der Kläger hat die entsprechenden gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen durch seine Vorstandstätigkeit im Ortsverein S. der IGMG von 1998 bis (mindestens) Anfang 2001 auch unterstützt i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG.
70 
Als Unterstützung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ist jede eigene Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. Bestimmung objektiv vorteilhaft ist. Dazu zählen etwa die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - Juris -; Berlit in GK-StAR § 11 StAG RdNr. 96 ff.). Allerdings muss die eine Unterstützung der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation, nicht aber auch deren Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung befürwortet - sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine vereinsrechtlich erlaubten mitgliedschaftlichen Tätigkeiten nach außen vertritt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, zum insoweit verwandten Begriff des „Unterstützens einer Vereinigung, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt“ - Ausweisungs- und besonderer Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative, § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG, NVwZ 2005, 1091).
71 
Dass der Einbürgerungsbewerber sicherheitsrelevante Bestrebungen in diesem Sinne unterstützt, muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drs. 14/533 S. 18 f.). Andererseits genügen allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, nicht. Erforderlich ist eine wertende Betrachtungsweise, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind. Dabei können aber auch legale Betätigungen herangezogen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - Juris -; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.; Berlit, a.a.O. RdNr. 87 ff.). Mit § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellen (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.).
72 
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger die entsprechenden Bestrebungen der IGMG unterstützt hat. Die Tätigkeit eines örtlichen Vorstandsmitgliedes ist im o.g. Sinne ohne weiteres förderlich für die Aktivitäten einer solchen Organisation. Daneben hat der Kläger auch ausdrücklich angegeben, da er im Umgang mit Behörden geübt gewesen sei, habe er für den Verein auch zahlreiche Behördengänge erledigt. Aber auch die vorausgesetzte Erkenn- und Zurechenbarkeit (vgl. oben) seiner Handlungen in Bezug auf die inkriminierten Bestrebungen muss vorliegend bejaht werden. Der Kläger ist - worauf die Beklagte stets hingewiesen hat - ausweislich der zum Vereinsregister vorgelegten „Ernennungsurkunde“ vom 15.02.1998 durch den Vorstand des IGMG Bundesverbandes (A. Yüksel, M. Erbakan, O. Döring) zum örtlichen Vorstandsmitglied ernannt worden, wie dies auch in § 11.2 der ebenfalls zum Vereinsregister vorgelegten örtlichen Vereinssatzung ausdrücklich vorgesehen ist. Darin ist zugleich das Recht des Bundesvorstands normiert, den örtlichen Vereinsvorstand jederzeit abzuberufen. Angesichts der hierarchischen Struktur der IGMG (vgl. oben), wie sie gerade auch durch eine solche Satzungsbestimmung deutlich wird, ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, nur „linientreue“ Mitglieder, die den Zielen der IGMG nicht distanziert gegenüberstehen, kommen für eine solche Vorstandstätigkeit in Frage. Jedenfalls genügt dieser tatsächliche Anhaltspunkt um - wie es § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfordert - die Annahme zu rechtfertigen, der Kläger habe entsprechende Bestrebungen unterstützt.
73 
Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er sich von den nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen abgewandt hat.
74 
Ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfordert mehr als ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen und setzt einen individuellen oder mitgetragenen kollektiven Lernprozess voraus, aufgrund dessen angenommen werden kann, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen auszuschließen ist (vgl. VGH München, Urteile vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 und 5 B 01.1805, jeweils Juris; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 149 ff.). Die Glaubhaftmachung einer solchen Abwendung erfordert zunächst, dass der Einbürgerungsbewerber einräumt oder zumindest nicht bestreitet, früher eine durch § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierte Bestrebung unterstützt zu haben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - Juris -). Der Einbürgerungsbewerber muss zwar zur Glaubhaftmachung der Abwendung die früheren Aktivitäten weder bedauern noch ihnen abschwören (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, InfAuslR 2005, 64). Es muss aber erkennbar sein, aus welchen Gründen sich die persönlichen Rahmenbedingungen verändert haben, wie es etwa durch die Darlegung der Einsicht in die Sinn- und Erfolglosigkeit des bisherigen Bestrebens geschehen kann (vgl. Berlit aaO Rdnr. 155). Der Einbürgerungsbewerber hat die Umstände, die seine Abwendung belegen, so substantiiert und einleuchtend darzulegen, dass man diese Gründe als „triftig“ anerkennen kann; Nachvollziehbarkeit der Erklärung im Hinblick auf einen inneren Gesinnungswandel kann dann genügen, wenn dieser auch durch Handlungen nach Außen hin erkennbar wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO). Liegen die einbürgerungschädlichen Aktivitäten bereits erhebliche Zeit zurück, führt dies zu einer zusätzlichen Herabsetzung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung innerer Lernprozesse (vgl. Berlit aaO Rdnr. 165; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO).
75 
Eine individuelle Abwendung des Klägers von der früheren Unterstützung von gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen der IGMG ist hier nicht glaubhaft gemacht. Der Kläger hat sich mit seinen früheren Aktivitäten weder kritisch auseinandergesetzt noch ein Umdenken vorgetragen. Hinzu kommt, dass der Kläger immer noch bestreitet, früher eine durch § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierte Bestrebung unterstützt zu haben. Schließlich ist das gesamte Verhalten des Klägers auf ein systematisches „Herunterspielen“ seiner Aktivitäten ausgerichtet, das einer glaubhaften Abwendung von diesen Bestrebungen entgegensteht. Nach wie vor ist er - wenn auch einfaches - Mitglied der IGMG.
76 
Auch eine Abwendung der IGMG selbst von den hier zu beurteilenden Bestrebungen - was im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2, letzter Halbsatz StAG ausreichen könnte - ist nicht glaubhaft gemacht. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die IGMG von ihren Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung abgewandt haben könnte, was eine weiter bestehende Nähe zu dieser Organisationen nunmehr als unbeachtlich im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erscheinen ließe (vgl. oben, OVG Koblenz, a.a.O.).
77 
Bereits damit scheidet ein Einbürgerungsanspruch des Klägers unmittelbar nach § 10 Abs. 1 StAG aus.
78 
Insoweit kann dahinstehen, ob weiter auch ein Einbürgerungsanspruch unmittelbar aus § 10 Abs. 1 StAG mit Blick darauf ausscheiden würde, dass dem Kläger nicht abgenommen werden kann, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt (§ 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. StAG). Der Berichterstatter neigt allerdings auch zu der Ansicht, dass ein rein verbales Bekenntnis des Einbürgerungsbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zur Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht ausreicht; dieses Bekenntnis vielmehr auch inhaltlich zutreffen muss und nicht nur eine rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung darstellt (so Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 86 RdNr. 21; a.A. mit beachtlichen Gegenargumenten Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNrn. 126 ff.). § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG verlangt für die Einbürgerung andererseits auch nicht mehr als ein materiell vorliegendes „Bekenntnis“, also nicht darüber hinaus, dass der Einbürgerungsbewerber auch Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit - auch kämpferisch - für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNr. 130). Wenn aber - wie hier (vgl. oben) - tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, so liegt selbstredend nahe, dass das abgegebene Bekenntnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. StAG unzutreffend ist. Zwar kommt der Behörde hier die in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG angeordnete Beweiserleichterung, wonach das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zur Rechtfertigung einer entsprechenden Annahme insoweit genügt, nicht zugute. Jedoch dürfte es sich bei einem solchen Bekenntnis um eine vom Einbürgerungsbewerber zu belegende Tatbestandsvoraussetzung seiner erstrebten Einbürgerung handeln. Ohne besondere Umstände des Einzelfalles kann danach zwar angenommen werden, der ein solches Bekenntnis schriftlich abgebende Einbürgerungsbewerber erfülle die maßgebliche Voraussetzung. Hier jedoch hat der Kläger diesbezüglich selbst Zweifel geweckt (vgl. oben), so dass ihm anzusinnen wäre, das erforderliche entsprechende Bekenntnis noch anderweitig nachzuweisen. Dies kann hier letztlich dahinstehen, da sich die Nicht-Erfüllung der unmittelbaren Anspruchsvoraussetzungen einerseits hier bereits aus § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ergibt (vgl. oben), andererseits der Erfolg der Klage gleichwohl ebenfalls einem anderen Umstand geschuldet ist.
79 
Die Beklagte hat dem Kläger nämlich bereits am 09.06.1999 eine Einbürgerungszusicherung erteilt. Dieses dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 38 LVwVfG) entlehnte Institut, das in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Mehrstaatigkeit angewandt wird, soll einerseits Intervalle mehrfacher Staatsangehörigkeit, andererseits aber auch temporäre Staatenlosigkeit vermeiden (vgl. VGH Ba.-Wü., Urt. v. 06.07.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116). Damit wird im Einbürgerungsverfahren die Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen verbindlich abgeschlossen und dem Einbürgerungsbewerber seine Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachgewiesen wird. Gemäß § 38 Abs. 3 LVwVfG ist die Behörde an die Zusicherung nur dann nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Dieser gesetzlichen Einschränkung entspricht hier auch der der konkreten Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 beigefügte Vorbehalt. Daneben kann die Behörde gemäß § 38 Abs. 2 LVwVfG eine einmal gegebene Zusicherung in entsprechender Anwendung des § 48 LVwVfG zurücknehmen.
80 
Von der einmal gegebenen Zusicherung ist die Beklagte hier nicht gemäß § 38 Abs. 3 LVwVfG befreit. Eine Änderung der Sachlage ist nämlich nicht eingetreten. Der Kläger war bereits seit 1998, also vor Erteilung der Einbürgerungszusicherung, Vorstandsmitglied des örtlichen IGMG-Vereins. Dass die Behörden dies erst nachträglich erkannten, stellt aber keine geänderte Sachlage dar (VGH Ba.-Wü., Urt. v. 02.07.1990 - 8 S 524/90 -, NVwZ 1991, 79). Entsprechend liegt aber auch keine geänderte Rechtslage vor. Der Umstand, dass die sog. „Regelanfrage“ zum Landesamt für Verfassungsschutz erst nach Erteilung der Einbürgerungszusicherung eingeführt wurde (und dann auch im Falle des Klägers erst bei der abschließenden Verfahrensbearbeitung im Jahre 2001 so praktiziert wurde), stellt lediglich eine geänderte Verwaltungs(-verfahrens)praxis dar. Die maßgeblichen Rechtsvoraussetzungen selbst haben sich aber nicht geändert.
81 
Die Beklagte kann sich vorliegend auch nicht darauf berufen, in entsprechender Anwendung von § 48 LVwVfG sei die ursprünglich erteilte Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 zurückgenommen worden. Eine ausdrückliche Rücknahmeentscheidung liegt nicht vor. Zwar wird die Auffassung vertreten, solches sei insoweit nicht erforderlich, es genüge, wenn die Behörde das Vorliegen von Rücknahmegründen im Rahmen des (weiteren) Verfahrens über den tatsächlichen Erlass des zugesicherten Verwaltungsakts berücksichtige (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. § 38 Rz 35.). Dem vermag sich der Berichterstatter aber nur insoweit anzuschließen, als der Umstand einer Rücknahme der ursprünglichen Einbürgerungszusicherung einschließlich der Ausübung des insoweit gebotenen Rücknahmeermessens aus der (endgültig) ablehnenden Entscheidung dann deutlich werden muss und sich die letztgenannte Entscheidung noch innerhalb des von § 48 Abs. 4 LVwVfG vorgegebenen zeitlichen Rahmens hält. Keine dieser Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die angegriffene Verfügung der Beklagten vom 05.09.2003 lässt an keiner Stelle erkennen, dass die Beklagte damit eine Rücknahme ihrer ursprünglichen Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 intendierte. Der Umstand der zuvor erteilten Einbürgerungszusicherung ist an keiner Stelle erwähnt; weder die Vorschrift des § 48 LVwVfG noch eine diesbezügliche Ermessensbetätigung finden sich dort. Daneben erlangte die Beklagte ausweislich der (insoweit auffallend wenig aussagekräftigen) Verwaltungsakten nach der schriftlichen Mitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 07.06.2001 (Verw.-AS 33), die Akten würden dem Innenministerium vorgelegt, bereits am 13.06.2001 (vgl. den Aktenvermerk auf AS 35) durch ein Telefonat mit dem Amtsgericht B. (ohne dass in irgendeiner Weise deutlich würde, was dieses Telefonat veranlasst haben könnte) die Kenntnis, dass der Kläger stellvertretender Vorsitzender des IGMG-Ortsvereins S. war. Selbst wenn in der hier angegriffenen ablehnenden Verfügung vom 05.09.2003 daher zugleich die Rücknahme der vormaligen Einbürgerungszusicherung zu sehen wäre, so wäre die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG überschritten.
82 
Schließlich ist die vorliegende Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 auch nicht deshalb im jetzt maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. oben) unbeachtlich, weil sie von der Beklagten auf den 08.06.2001 befristet wurde. Zwar ist die Beifügung einer solchen Bestimmung grundsätzlich möglich. Der Inhalt einer Zusicherung und deren Bindungswirkung wird neben dem bindenden Versprechen, den zugesicherten Verwaltungsakt zu erlassen, auch von derartigen beigefügten Beschränkungen wie Vorbehalten, Bedingungen, Befristungen usw. bestimmt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rz 7).
83 
Die Beklagte ist jedoch gehindert, sich im vorliegenden Verfahren auf die abgelaufene Frist zu berufen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ), der auf einem allgemeinen Rechtsgedanken beruht und daher auch im öffentlichen Recht gilt (vgl. Ständige Rechtsprechung des BVerwG, z.B. Urt. v. 22.01.1993 - 8 C 46.91 -, NVwZ 1993, 1102) darf sich niemand auf einen Fristablauf berufen, der zuvor allein für das Verstreichen dieser Frist verantwortlich war (Rechtsgedanke aus § 162 BGB). So liegt es hier. Der Kläger hat innerhalb der in der Einbürgerungszusicherung genannten Frist die einzige ihm danach noch auferlegte Bedingung, die Entlassung aus seiner ursprünglichen türkischen Staatsangehörigkeit herbeizuführen, erfüllt. Er erhielt Anfang 2001 die Genehmigung über den Austritt aus der türkischen Staatsangehörigkeit und informierte die Beklagte bereits vorab telefonisch über diese ihm erteilte Genehmigung. Wiewohl ein entsprechender Aktenvermerk fehlt, muss angenommen werden, da die Beklagte ab dem 18.04.2001 mit der Aktualisierung der vorliegenden Unterlagen begann, dass diese Unterrichtung an diesem Tag erfolgt ist. Nachdem aber keine geänderte Sach- und Rechtslage gegeben war (vgl. oben), hätte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt, also noch innerhalb des Gültigkeitszeitraums der Einbürgerungszusicherung, die Einbürgerung des Klägers vollziehen können und müssen. Für den weiteren Zeitablauf war nunmehr allein die Beklagte verantwortlich. Sie ist daher gehindert, im jetzigen Verfahren einzuwenden, die Einbürgerungszusicherung vom 09.06.1999 sei wegen Fristablaufs gegenstandslos. Vielmehr ist sie entsprechend dieser Zusicherung verpflichtet, den Kläger einzubürgern.
84 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2003 – 4 K 2234/01 - geändert; die Klage wird abgewiesen

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein im Jahr 1963 in der Türkei geborener türkischer Staatsangehöriger, begehrt die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
Der Kläger reiste im September 1979 zu seinem bereits seit langem in Deutschland ansässigen Vater in das Bundesgebiet ein; ihm wurden zunächst jeweils befristete Aufenthaltserlaubnisse erteilt. Nach einer Ausbildung zum Schlosser nahm der Kläger verschiedene Arbeitsstellen an; zuletzt war er beschäftigt bei der Technischen Entwicklungsgesellschaft für Armaturen mbH in Graben-Neudorf; er befindet sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis.
Am 16.8.1985 erhielt der Kläger durch das Landratsamt Karlsruhe eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis; wenig später schloss er in der Türkei die Ehe mit einer türkischen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen, von denen noch vier im Haushalt des Klägers und seiner Ehefrau leben. Die älteste Tochter ist verheiratet und führt einen eigenen Haushalt. Am 2.8.1989 erhielt der Kläger schließlich eine Aufenthaltsberechtigung. Er ist nicht vorbestraft.
Am 9.3.2000 stellte der Kläger beim Landratsamt Karlsruhe einen Einbürgerungsantrag; die Erklärung über sein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung unterzeichnete er am 1.3.2000 und erneut am 15.1.2001. Auch seine Ehefrau und die Kinder beantragten die Einbürgerung; diese Anträge wurden aber einvernehmlich zurückgestellt.
Nachdem das Innenministerium Baden-Württemberg im Einbürgerungsverfahren der Einbürgerungsbehörde mitgeteilt hatte, es stimme der Einbürgerung nicht zu, lehnte das Landratsamt Karlsruhe den Einbürgerungsantrag mit Bescheid vom 28.5.2001 ab. Zur Begründung bezog es sich auf die Stellungnahme des Innenministeriums, die damit begründet worden war, der Kläger sei Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaften Milli-Görüs (IGMG) in Philippsburg, und diese Vereinigung sei eine extremistische islamische Organisation, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik gefährde.
Der Kläger war von 1989 bis 1991 Sekretär der lokalen Gliederung (Philippsburg) der AMTG (Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V.), der Vorläuferorganisation der IGMG. Von 1992 bis 1995 war er Mitglied in der IGMG, 1995/1996 Vorstandsvorsitzender, von 1996 bis 2000 einfaches Mitglied, von 2000 bis 2004 erneut Vorsitzender und seit 2004 wieder einfaches Mitglied.
Der gegen die Ablehnungsverfügung erhobene Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.8.2001 zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid führt aus, es lägen tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche oder extremistische Betätigung des Klägers vor. Daher komme auch keine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Die IGMG habe totalitäre, islamistische Tendenzen und übe auch antisemitische Agitation aus. Der Kläger sei nicht nur ein Mitläufer dieser Vereinigung, sondern jahrelanger Funktionär und habe sich von ihren Zielen und Vorstellungen in keiner Weise distanziert.
Mit der am 3.9.2001 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
den Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 28.5.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.8.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 9.3.2000 eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
10 
Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, ihm gehe es bei der Vereinstätigkeit um die religiöse Grundversorgung der Muslime in Philippsburg und um die Verbesserung der sozialen Situation der Muslime dort. Nach ihrer Satzung sei die IGMG loyal gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung; sie beachte insbesondere das im Koran verankerte Toleranzgebot. Er unterstütze mit seiner Tätigkeit die Integration der Muslime, insbesondere biete er Jugendlichen in der Gemeinde verschiedene Freizeitmöglichkeiten an. Dass die IGMG, die 240.000 Muslime in Deutschland betreue, einseitig auf die türkisch-islamische Politik ausgerichtet und ein Integrationshindernis sei, sei unzutreffend.
11 
Das beklagte Land hat beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
In der mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht den Kläger und seinen Beistand … (Leiter der Rechtsabteilung und stellvertretender Generalsekretär des IGMG-Bundesverbands) angehört. Auf das Ergebnis der Anhörung wird verwiesen.
14 
Mit Urteil vom 26.2.2003 hat das Verwaltungsgericht unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide den Beklagten verpflichtet, dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen. Zur Begründung der Entscheidung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, es seien keine Anknüpfungstatsachen zu erkennen, die die Annahme sicherheitsrelevanter Aktivitäten des Klägers rechtfertigen könnten. Allein aus der Stellung des Klägers als Vorsitzendem des Ortsvereins Philippsburg der IGMG lasse sich nicht die Annahme rechtfertigen, der Kläger verfolge oder unterstütze Bestrebungen, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik gerichtet seien. In der mündlichen Verhandlung habe sich ergeben, dass der Kläger mit angeblichen verfassungsfeindlichen Einstellungen und Verlautbarungen der IGMG nicht übereinstimme, und zudem lasse sich die IGMG nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisquellen nicht in ihrer Gesamtheit als eindeutig extremistisch bzw. verfassungsfeindlich einstufen. Auch spreche nichts dafür, dass der Kläger sein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung unter einem inneren Vorbehalt oder ohne eine konkrete Vorstellung von der Bedeutung dieses Begriffs abgegeben habe.
15 
Mit Beschluss vom 20.11.2003 hat der Senat auf den rechtzeitig gestellten Antrag des Beklagten hin die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen; nach Zustellung des Beschlusses am 2.12.2003 hat der Beklagte die Berufung nach entsprechender Fristverlängerung durch den Vorsitzenden (Verfügung vom 17.12.2003: bis zum 16.1.2004) am 13.1.2004 begründet und den Antrag gestellt,
16 
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.2.2003 – 4 K 2234/01 - die Klage abzuweisen und dem Kläger die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.
17 
Zur Begründung der Berufung hat der Beklagte ausgeführt: Bei der IGMG handle es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts um eine verfassungsfeindliche Organisation, und es lägen auch ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Verfolgung oder der Unterstützung von Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung vor. Die Zielsetzung der IGMG sei bereits in den angefochtenen Bescheiden ausreichend aufgezeigt worden; sie ergebe sich auch aus den Verfassungsschutzberichten, die sich auf die IGMG bezögen, und aus der Rechtsprechung zu § 86 Nr. 2 AuslG. Die IGMG könne nicht isoliert von der gesamten Milli-Görüs-Bewegung beurteilt werden; dies ergebe sich aus zahlreichen organisatorischen und personellen Verflechtungen und Veröffentlichungen, insbesondere in der Zeitung „Milli Gazete“. In verschiedenen Artikeln dieser Zeitung offenbare sich die extremistische Ideologie der IGMG, was auch entsprechende Verfassungsschutzberichte ausgelöst habe. Der von der IGMG viel zitierte Generationswechsel habe die Organisation inhaltlich und programmatisch nicht tatsächlich verändert; es gehe um eine von der Türkei ausgehende Bewegung zugunsten der Durchsetzung des Islamismus. Soweit die IGMG sich nach außen hin moderat verhalte, handle es sich um taktisches, interessengeleitetes Verhalten, das der Verschleierung des wahren Programms diene.
18 
Der Kläger habe sich als (früheres) Vorstandsmitglied von Philippsburg die Aktivitäten der IGMG zuzurechnen; der Ortsverein führe gemeinsame Veranstaltungen mit dem Landesverband durch und sei auch formell (satzungsmäßig) dem Dachverband unterworfen. Die IGMG-Zentrale bediene sich sogenannter Gebietsvorsitzender und Exekutivräte der einzelnen Gebiete und Abteilungen; ein Vorsitzender eines Ortsvereins könne nicht unabhängig von der Zentrale handeln (Ziff. 8.5 der Vereinssatzung). Eine kritische Distanz des Klägers zu seinem Dachverband und dessen Zielen sei nicht ersichtlich und auch nicht glaubhaft.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Nach seiner Auffassung kann die IGMG nicht als verfassungsfeindliche Organisation bezeichnet werden; es handle sich um eine Organisation, die aus dem traditionellen islamischen Spektrum im Bundesgebiet hervorgegangen sei, die Sichtweise der Gründergeneration jedoch überwunden habe oder auf dem Weg dorthin sei. Der nunmehr bestimmende Einfluss der zweiten Generation richte die Organisation nach ihren Zielen und Aktivitäten auf die Integration der türkischen muslimischen Bevölkerung in die deutsche Gesellschaft aus. Verfassungsschutzberichte allein genügten noch nicht, um im konkreten Fall einen tatsachengestützten hinreichenden Tatverdacht nach § 86 Nr. 2 AuslG zu begründen; dies gelte erst recht bei sog. ambivalenten Organisationen und ihren Mitgliedern. Man müsse die Organisation selbst und in einem zweiten Schritt auch die persönlichen Umstände des Einbürgerungsbewerbers und sein Verhalten bewerten. Wenn eine Organisation moderat auftrete, treffe die Behörde dementsprechend eine gesteigerte Nachweislast. Die erforderliche Gesamtschau umfasse die Beurteilung der Satzung, des Programms oder offizieller Verlautbarungen der Organisation, ebenso aber auch die tatsächliche Organisationspolitik, Äußerungen und Taten von Funktionären und Anhängern sowie das Schulungs- und Propagandamaterial; vereinzelte „entgleisende“ Äußerungen seien irrelevant.
22 
Bei Zugrundelegung dieser Kriterien werde zu Unrecht behauptet, die nach außen moderat auftretende IGMG lasse ein vorbehaltloses Bekenntnis zur bestehenden Rechts- und Gesellschaftsordnung vermissen. Es gebe eine Vielzahl von offiziellen Erklärungen der IGMG, in denen diese vorbehaltlos die bestehende Rechts- und Gesellschaftsordnung  anerkenne. Es handle sich hier um eine auch in der Satzung zum Ausdruck kommende Selbstverständlichkeit. Was man der IGMG konkret vorwerfe, bleibe diffus. Der sog. zweiten Generation gehe es anders als der Gründungsgeneration nicht um die Entwicklung in der Türkei, sondern vorrangig um die Verbesserung der sozialen und rechtlichen Situation der hier lebenden türkischstämmigen Bevölkerung; von den zehn Präsidiumsmitgliedern seien sechs im Bundesgebiet geboren oder im Kindesalter eingereist. Dieser Generation gehöre auch der Kläger an. Im übrigen werde bestritten, dass die „Milli Gazete“ Sprachrohr der IGMG sei; die IGMG habe eine eigene, monatlich erscheinende Verbandszeitung (Milli-Görüs-Perspektive). Diese Zeitung werde anders als die Milli Gazete von den Verfassungsschutzämtern nicht ausgewertet. Selbst wenn lokale Gliederungen der IGMG Anzeigen in der Milli Gazete schalteten, könne daraus nicht der Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit der IGMG insgesamt abgeleitet werden; nicht autorisierte oder bestätigte Beiträge in der Milli Gazete sprächen nicht gegen die IGMG. Die geschichtliche Entwicklung der IGMG und ihrer Vororganisationen zeige, dass sich die extremistischeren Tendenzen abgespalten hätten und im Jahr 1984 in die als „Kalifatsstaat“ bezeichnete Organisation „abgewandert“ seien. Die zentrale Aufgabe der IGMG sei die religiöse Betreuung der Muslime in Deutschland; Einschätzungen der Mitgliederstärke schwankten zwischen ca. 27.000 bis 75.000 Mitgliedern. Es könnten nicht bereits aus der bloßen Mitgliedschaft oder Funktionärstätigkeit Tatsachen im Sinn des § 86 Nr. 2 AuslG erschlossen werden, sondern es bedürfe der die Einzelperson betreffenden Bewertung. Hierauf habe auch der Bundesinnenminister im Jahr 2001 hingewiesen.
23 
Was die rechtliche Seite angehe, so müsse ein entsprechender „Verdacht“ verfassungsfeindlicher Ziele oder Tätigkeiten jedenfalls tatsachengestützt sein und den individuellen Einbürgerungsbewerber betreffen. Es gehe hier um Grundrechtsausübung nicht nur in Bezug auf Art. 2 Abs. 1 GG, sondern auch auf das Glaubensgrundrecht des Art. 4 GG. Dies beschränke die Auslegung des Tatbestands der Einbürgerungshindernisse. Selbst bei einem verfassungsfeindlichen Charakter einer Organisation stelle nicht jedes Mitglied ein Sicherheitsrisiko dar. Im vorliegenden Fall könne aber die Annahme, die IGMG verfolge oder unterstütze verfassungsfeindliche Bestrebungen, nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit getroffen werden. Die Unterscheidung zwischen bloßer Mitgliedschaft und Funktionärstätigkeit sei insofern unergiebig, vor allem wenn die betreffende Organisation insgesamt kein homogenes Bild biete. Der Behörde obliege nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Nachweis dazu, dass auch aus der Sicht des Klägers eine ihm zurechenbare Unterstützung einer der in § 11 StAG inkriminierten Bestrebungen gegeben sei. Eine Position wie die des Klägers, der sich für die Überwindung traditioneller Strukturen und Ziele innerhalb  der Organisation einsetze, sei rechtlich geradezu zu fördern. Auch insofern wirke sich der Generationswechsel innerhalb der IGMG aus; die IGMG werde ihre Zielgruppe, insbesondere die türkische Jugend in Deutschland, auf Dauer nicht an sich binden, wenn sie auf die tiefgreifenden soziokulturellen Veränderungen innerhalb dieser Bevölkerungsgruppe nicht reagiere. Auch die wissenschaftlichen Äußerungen zur IGMG hätten deren Entwicklung der letzten Jahre berücksichtigt und positiv bewertet. Dies gelte etwa für Äußerungen von … aus den Jahren 1996 und 1999 und des Islamwissenschaftlers … aus dem Jahr 2002. Solche positiven Entwicklungen nehme der Beklagte nicht ausreichend zur Kenntnis. Inzwischen sei die Fixierung auf den Blick der Gründergeneration weitgehend aufgehoben. Angesichts der auch von der Bundesregierung geförderten harmonischen Eingliederung der muslimischen Zuwanderer und ihrer in Deutschland aufgewachsenen Kinder in die deutsche Gesellschaft sei eine Ausgrenzung über die Staatsangehörigkeit kontraproduktiv; im Gegenteil könne die IGMG als Integrationspotential genützt werden.
24 
In einem weiteren Schriftsatz hat der Kläger neben umfangreichen Rechtsausführungen Beweisanträge zu Einzelfragen betr. die IGMG, ihre Zielsetzungen, ihre innere Struktur und ihr Verhältnis zu Publikationsorganen angekündigt. Hierzu hat über das Innenministerium Baden-Württemberg das Landesamt für Verfassungsschutz ausführlich schriftsätzlich Stellung genommen.
25 
In einem vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen anhängigen Parallelverfahren sind Gutachten zur Frage der Einschätzung der IGMG erstattet worden (Az. VG Gelsenkirchen: 17 K 5862/02; Sachverständigengutachten von Prof. Dr. …, Frankfurt/Oder; Prof. Dr. …, Marburg). Mit den Beteiligten hat der Senat vereinbart, dass von Seiten des Gerichts nicht selbst Gutachtensaufträge erteilt werden, sondern dass die Gutachten auch in anderer Form (Urkundenbeweis) in das hier anhängige Berufungsverfahren einbezogen werden können. Infolge eines  Befangenheitsantrags gegen die Gutachterin Dr. … im Gelsenkirchener Verfahren hat sich das Verfahren weiter verzögert; die Ablehnung des Befangenheitsantrags durch das VG Gelsenkirchen (Beschluss vom 4.7.2006) ist mit der Beschwerde angegriffen worden, die durch Beschluss des OVG Münster vom 18.9.2007 (19 E 826/06) zurückgewiesen worden ist. Inzwischen hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom 29.11.2007 in dem erwähnten Parallelverfahren den Beklagten zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung verpflichtet; die Berufung ist zugelassen, aber nicht eingelegt worden.
26 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Kläger ausführlich angehört. Außerdem hat der Senat den Generalsekretär der IGMG, Herrn …, sowie Herrn … vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Niederschrift verwiesen.
27 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Landratsamts Karlsruhe (Ausländerakten und Einbürgerungsakten) und des Regierungspräsidiums Karlsruhe (Widerspruchsakten) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor; auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die dem Senat bereits vorliegenden Urteile betr. die IGMG verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung. Zusätzlich hat der Senat neben den im Verfahren in Gelsenkirchen erstatteten Gutachten ... und … ... auch Verfassungsschutzberichte des Bundes (zuletzt: für 2007) und einzelner Bundesländer, insbesondere der Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (jeweils für 2007) und die IGMG betreffende  Zeitungsartikel  in das Verfahren eingeführt, die im einzelnen in der der Niederschrift beigefügten Liste aufgeführt sind.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die nach der Zulassung durch den Senat zulässige und auch rechtzeitig begründete (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) Berufung des Beklagten hat sachlich Erfolg; dem Kläger steht der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), und die Ablehnung des Einbürgerungsantrags ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. Ermessenseinbürgerung zu beanstanden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), so dass das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen war.
29 
Der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung - d.h. Einbürgerung des Klägers vorbehaltlich eine Aufgabe seiner türkischen Staatsangehörigkeit - ist sachlich nicht gegeben; ihr steht ein gesetzlicher Ausschlussgrund (§ 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) entgegen.
30 
Rechtsgrundlage für die begehrte Einbürgerungszusicherung ist § 38 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. den §§ 8 f. des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22.7.1913 (RGBl. S. 583, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union von 19.8.2007, BGBl. I S. 1970). Nach § 40c dieses Gesetzes sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie im vorliegenden Fall - bis zum 30.3.2007 gestellt worden sind, die früher geltenden Vorschriften des StAG anzuwenden, „soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten“. Da die früher geltende Regelung des StAG (s. § 40c und § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG i.d.F. des Gesetzes vom 14.3.2005, BGBl. I S. 721) insofern keine für den Kläger günstigere Regelung enthält - der Wortlaut von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. ist mit dem jetzt geltenden Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG identisch -, hat der Senat die nunmehr geltende Regelung zugrunde zu legen.
31 
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG (n.F.) ist ein Ausländer, der (u.a.) seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf Antrag einzubürgern, wenn er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, oder wenn er glaubhaft macht, dass er sich von einer früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. In engem Zusammenhang mit dieser Einbürgerungsvoraussetzung steht der Versagungsgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach die Einbürgerung ausgeschlossen ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einzubürgernde Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, „es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat“.
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Im vorliegenden Fall erfüllt der Kläger die in § 10 Abs. 1 StAG an erster Stelle genannte Voraussetzung eines Anspruchs auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, da er seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Er hat auch das in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG verlangte Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgegeben und der Einbürgerungsbehörde gegenüber erklärt, dass er weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart Bestrebungen verfolgt oder unterstützt (hat), die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bzw. die anderen in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG genannten Rechtsgüter gerichtet sind (Erklärungen vom 1.3.2000 und vom 15.1.2001). Die Frage der inhaltlichen Richtigkeit der damaligen Erklärungen bzw. der ihr zugrundeliegenden subjektiven Einstellung des Klägers (vgl. dazu Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 OE 111/06 -, AuAS 2007, 77, 79; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.2.2008  - 13 S 1169/07 - und Beschluss vom 12.12.2005 - 13 S 2948/04 -, NVwZ 2006, 484; s. auch Dollinger/Heusch VBlBW 2006, 218) und ihr Zusammenhang mit der sog. Einbürgerungskampagne der IGMG ab 2001 und ihren Zielen (vgl. dazu „Werde Deutscher, bleibe Türke“, Spuler-Stegemann, Muslime in Deutschland, 2002, S. 218) kann hier offenbleiben; unabhängig vom (u.U. auch nur subjektiven) Wahrheitsgehalt der Erklärungen scheitert die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung an den Kläger jedenfalls daran, dass der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegeben ist.
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Zu dem für die Entscheidung des Senats maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtfertigen nämlich tatsächliche Anhaltspunkte (noch) die Annahme, dass der Kläger Bestrebungen verfolgt oder unterstützt (hat), die im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Diese Anhaltspunkte ergeben sich für den Senat aus der langjährigen Funktionärstätigkeit des Klägers für die IGMG, deren Vorläuferorganisation AMTG und seiner auch jetzt noch bei der IGMG bestehenden durchaus aktiven Mitgliedschaft. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei der IGMG um eine Organisation handelt, die nach ihren Wurzeln und ihrer personellen, organisatorischen und publizistischen Verflechtung mit der türkischen sog. Milli-Görüs-Bewegung so eng verbunden ist, dass deren - gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete - Ziele auch ihr - und damit dem Kläger - zuzurechnen sind (1.). Neuere Entwicklungen innerhalb der IGMG, die den in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG angesprochenen tatsachengestützten Verdacht ausräumen könnten, sind zwar durchaus festzustellen; diese lassen die IGMG in heutiger Sicht eher als eine „diffuse“, inhomogene oder im Umbruch befindliche Organisation erscheinen, die sich sowohl nach innen als auch nach außen um einen dauerhaften Einklang mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bemüht (2.). Solche Bestrebungen innerhalb der IGMG kommen dem Kläger aber einbürgerungsrechtlich nicht zugute, weil sie noch nicht ausreichend konsolidiert sind und der Kläger ihnen auch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zugerechnet werden kann (3.).
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1. Nach ganz herrschender Auffassung zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG und zu den vergleichbaren früheren Staatsangehörigkeitsvorschriften bezweckt der hier zu prüfende Tatbestand als Ausschlussgrund eine Vorverlagerung des Schutzes der genannten verfassungsrechtlichen Güter; erforderlich, aber auch hinreichend ist die aus bestimmten Tatsachen gerechtfertigte Annahme eines Sicherheitsgefährdungsverdachts (siehe etwa Berlit in GK-StAR, Rn 66 und 87 und 89 zu § 11 m.w.N.; Hailbronner-Renner, StAR, 2005, Rn 7 zu § 11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.2.2008, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 - 5 C 20.05 -, NVwZ 2007, 956). Anerkannt ist auch, dass die hier verwendeten Begriffe gerichtlich voll überprüfbar sind, dass es insoweit auf eine Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte ankommt und dass die materielle Beweislast für das Vorliegen des Ausschlussgrundes bei der Behörde liegt (vgl. Berlit a.a.O. Rn 74, 86 und 88 und BVerwG, Urteil vom 17.10.1990 - 1 C 12/88 -, BVerwGE 87, 23 - zu § 2 Abs. 1 G 10; s. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.5.2001 - 13 S 916/00 -, VBlBW 2001, 494, und Hess.VGH, Beschluss vom 6.1.2006 - 12 ZU 3731/04 -, NVwZ-RR 2006, 429), wobei es nicht auf einen Erfolg der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen, sondern auf ihre Zielrichtung ankommt (BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. S. 956). In der genannten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass „Unterstützen“ im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG jede Handlung des Ausländers ist, die für Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; es hat allerdings - bezogen auf die Unterschrift unter die sog. „PKK-Erklärung“ - eingeschränkt, nur solche Handlungen seien ein Unterstützen, “die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt“ (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114, 125). Dass in einer Funktionärstätigkeit für eine örtliche Vereinigung (hier: Ortsverein Philippsburg der IGMG) ein derartiges „Unterstützen“ oder sogar ein „Verfolgen“ der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen liegen kann, bedarf keiner näheren Darlegung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 27.2.2006 - 5 B 67.05 - zu OVG Koblenz, Urteil vom 24.5.2005 - 7 A 10953/04.OVG -; Berlit a.a.O. Rn 94.1 und 96 zu § 11). Wegen des Ausreichens “tatsächlicher Anhaltspunkte” sind über eine solche Funktion hinaus ausdrückliche Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung eines Einbürgerungsbewerbers in der Regel (siehe aber auch unten 3.2) nicht erforderlich (s. dazu die Nachweise aus der Rechtsprechung des VGH Bad.-Württ. bei Berlit a.a.O. Rn 99).
35 
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass in der Funktion des Klägers als früherer Vorsitzender der örtlichen IGMG-Gemeinschaft in Philippsburg (1995-1996; 2000 - 2004), in seiner fortdauernden Mitgliedschaft (1992 - 1995; 1996 - 2000; seit 2004) und schon in der Funktionstätigkeit (lokaler Sekretär) der Vorläuferorganisation AMTG (1989 - 1991) ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Verfolgung bzw. (mindestens) Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG anzunehmen sind.
36 
Aktivitäten von Funktionären oder Mitgliedern der IGMG werden in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte überwiegend als einbürgerungsschädlich angesehen (s. etwa VG Mainz, Urteil vom 14.10.2004 - 6 K 251/04 -; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 20.4.2004 - 5 K 2179/03 -, bestätigt durch OVG Koblenz a.a.O.; VG Darmstadt, Urteil vom 25.5.2005 - 5 E 1819/02; VG Stuttgart, Urteil vom 26.10.2005 - 11 K 2083/04 -, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 8.11.2004 - 5 ZB 03.1795 -, juris und Beschluss vom 27.8.2004 - 5 ZB 03.1336 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 21.3.2007 - VG ZA 79,04 -); zum Teil wird zwar von verfassungsfeindlichen Bestrebungen der IGMG ausgegangen, diese werden aber dem konkreten Einbürgerungsbewerber nicht zugerechnet (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.11.2007 - 17 K 5862/02 -). Die Rücknahme einer Einbürgerung wegen Verschweigens einer Betätigung bei Milli Görüs ist andererseits in der Rechtsprechung im Hinblick auf eine nicht eindeutige und offensichtliche einbürgerungsrechtliche Einstufung dieser Vereinigung als rechtswidrig angesehen worden (Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007, a.a.O.; vgl. auch Bock NVwZ 2007, 1251), und in einem Verfahren betreffend die Zuverlässigkeit eines Flughafenmitarbeiters hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, allein die Mitgliedschaft in einer Vereinigung, die verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG verfolge, ohne gewaltbereit zu sein (gemeint: IGMG), schließe die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit nicht aus (BVerwG, Urteil vom 11.11.2004 - 3 C 8.04 -, NVwZ 2005, 450). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Verfahren ebenso wie im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des OVG Koblenz (Beschluss vom 27.2.2006 a.a.O.) die Frage der Verfassungsfeindlichkeit der IGMG nicht selbst überprüft, sondern war revisionsrechtlich an die entsprechende Würdigung und an die Tatsachenfeststellungen der Berufungsgerichte gebunden.
37 
Der Senat geht im vorliegenden Verfahren ebenso wie die weit überwiegende Rechtsprechung davon aus, dass die IGMG aus mehreren Gründen als eine Organisation zu betrachten ist, die (jedenfalls: auch bzw. noch) verfassungsfeindliche Ziele im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt; dies ergibt sich aus ihrer Geschichte und ihrer (auch personellen) Verflechtung mit der türkischen Bewegung von Milli Görüs, mit deren Publikationsorganen und den diese Bewegung tragenden islamistischen Parteien in der Türkei. Bei dieser Bewertung zieht der Senat nicht nur die Selbstdarstellung der IGMG und ihre Satzungen oder offiziellen Verlautbarungen, sondern auch die tatsächliche Organisationspolitik, Äußerungen und Aktivitäten von Funktionären und Anhängern, Schulungs- und Propagandamaterial und der IGMG zurechenbare Publikationen als Entscheidungsgrundlage heran (vgl. dazu Bay. VGH, Beschluss vom 7.10.1993 - 5 CE 93.2327 -, NJW 1994, 748; Hess. VGH, Beschluss vom 7.5.1998 - 24 DH 2498/96 -, NVwZ 1999, 904, jeweils zum Parteienrecht), und in diesem Zusammenhang sind auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes - wenn auch mit minderem Beweiswert - verwertbar (s. etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 7.4.2006 - 3 Bf 442/03 -, NordÖR 2006, 466 und BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 126; s. auch Berlit a.a.O. Rn 76 f. und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.5.2001 a.a.O. betreffend ICCB; zur Beweislast im Verfassungsschutzrecht siehe auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2006 - 1 S 2321/05 -, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 - 6 C 13.07, betr. IGMG). Als durch die Tätigkeit der Organisation gefährdete Verfassungsrechtsgüter kommen hier insbesondere das Demokratieprinzip, die Existenz und Geltung der Grundrechte, der Gedanke der Volkssouveränität und das Gebot der Bindung an Recht und Gesetz in Betracht (zum Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG und ihren Elementen s. Berlit a.a.O. Rn 108 f. insbesondere 111; s. auch Dollinger/Heusch a.a.O. m.w.N.).
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Der Verdacht einer Gefährdung dieser Rechtsgüter folgt aus dem der IGMG nach ihrer Herkunft, Einbettung und Positionierung zuzurechnenden Ziel der absoluten Vorherrschaft islamischen Rechtsverständnisses bzw. des Vorrangs islamischer Ge- oder Verbote - etwa der Scharia - vor den nach den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaats zustande gekommenen Rechtsnormen der Bundesrepublik und dem allgemein von Milli Görüs (global) postulierten Konflikt zwischen der westlichen und der islamischen Welt, der alle Lebensbereiche umfassen und mit einem Sieg des Islam enden soll.  Dieses Endziel ist als solches inzwischen in der IGMG zwar nicht mehr allein herrschend und sogar in Frage gestellt (s. dazu unten 2), andererseits jedoch noch nicht mit der einbürgerungsrechtlich erforderlichen Klarheit überwunden. Im einzelnen:
39 
Der Senat geht davon aus, dass es für die Annahme entsprechender Einbürgerungsbedenken nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG noch nicht ausreicht, dass die IGMG durch die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder seit Jahren beobachtet wird (vgl. dazu aber auch BVerwG, Beschluss vom 13.10.1998 - 1 WB 86/97 -, NVwZ 1999, 300 zum Beamtenrecht); es kommt vielmehr zunächst auf eine eigene gerichtliche Gesamtbewertung der Organisation des Klägers an.
40 
Wie in den zuletzt ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen im einzelnen dargestellt, in zahlreichen Darstellungen über die IGMG belegt und im wesentlichen auch bei Zugrundelegung des Klägervortrags unstreitig ist (s. dazu VG Gelsenkirchen a.a.O., S. 13 f. des Urteilsabdrucks; OVG Koblenz a.a.O., S. 8 ff. des Urteilsabdrucks; VG Berlin, S. 7 ff. des Urteilsabdrucks; vgl. auch ..., Die IGMG, Anlage Gutachten ...; Verfassungsschutzbericht - VB - Nordrhein-Westfalen 2007, Nr. 6.12; VB Bad.-Württ. 2007, Nr. 4.5 VB.Bund 2007, Nr. 2.1; „IGMG-Selbstdarstellung“ S. 9 f.) geht die IGMG auf türkische religiöse Gemeinden zurück, die Anfang der 70iger Jahre des letzten Jahrhunderts von türkischen Arbeitsimmigranten gegründet worden waren; zunächst herrschte ein starker Bezug zur Türkei und zu türkischen Parteien vor, wobei der Anschluss an dortige islamische Gruppierungen gesucht wurde. Dazu gehörte die 1972 gegründete religiöse Heilspartei (MSP) unter ihrem Führer Necmettin Erbakan, der Mitte der 70iger Jahre die Parteiprogrammatik „Milli Görüs“ in einem Buch mit diesem Titel konzipiert hatte. Es ging damals um die Entwicklung der Türkei und ihre Hinwendung zur islamischen Welt. Nach dem Verbot der MSP in der Türkei (1980) organisierten sich die Milli-Görüs-Gemeinden in der Türkei mit Unterstützung der MSP-Nachfolgepartei RP (Refah-Partisi; Wohlfahrtspartei), die ebenfalls von Necmettin Erbakan geführt wurde. 1996 bis Juni 1997 war Erbakan türkischer Ministerpräsident. Anfang 1998 wurde die RP wegen ihrer Bestrebungen gegen die laizistische Staatsordnung in der Türkei (Trennung Kirche - Staat) verboten; auch die Nachfolgepartei Fazilet Partisi (Tugendpartei) wurde aufgelöst (2001). Danach spaltete sich die Bewegung in die Saadet-Partisi (SP; Glückseligkeitspartei) unter Erbakan einerseits und die AKP unter der Führung von Erdogan andererseits; die IGMG verblieb im Lager der SP, die gegenwärtig in der Türkei allerdings praktisch keine politische Bedeutung mehr hat (Wahlergebnis 2007: unter 3%, siehe VB Bund 2007 S. 197) und der Erbakan formell auch nicht mehr angehört. Er gilt allerdings nach wie vor als ihre Führungsfigur. Von der IGMG (Vorläufer: AMGT) spaltete sich 1984 die Bewegung um den sog. Kalifatsstaat (unter Kaplan) ab; zahlreiche Mitglieder und Funktionäre (nach Schätzungen ca. 2/3) verließen damals die IGMG. Zum Wiederaufbau der Organisation entsandte Erbakan Anhänger und Funktionäre nach Deutschland (VB Nordrhein-Westfalen 2007, S.110). Im Jahr 1995 organisierte sich die IGMG vereinsrechtlich neu. Unter dem Namen EMUG existiert neben ihr eine weitere rechtsfähige Milli-Görüs-Vereinigung, die sich mit Grundstücksverwaltung und Moscheebau beschäftigt, aber (auch personell) mit der IGMG verflochten ist.
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Die geschichtliche enge Verbindung zur Milli-Görüs-Bewegung in der Türkei, die bereits in der Beibehaltung des Begriffs „Milli Görüs“ im Namen der IGMG zum Ausdruck kommt, wird u.a. in engen und dauerhaften Kontakten deutlich, die nach wie vor zwischen der IGMG und dieser Bewegung in der Türkei bzw. der von ihr getragenen SP bestehen. Dies zeigt sich - wie die Verfassungsschutzberichte einheitlich belegen - nicht nur in der allgemeinen Zielsetzung der IGMG, die Milli-Görüs-Bewegung als solche zu stärken und zu unterstützen, sondern auch in der Teilnahme hoher Funktionäre der SP an Veranstaltungen der IGMG und umgekehrt, in dem Inhalt der Redebeiträge von SP-Funktionären bei Veranstaltungen der IGMG und in der häufigen Zuschaltung von Erbakan zu IGMG-Veranstaltungen, bei denen für Milli Görüs als Bewegung geworben wird. Auch existieren enge personelle Verbindungen zwischen Erbakan und seiner Familie und der IGMG. Ein Neffe Erbakans war längere Zeit Vorsitzender der IGMG in Deutschland, und der Generalsekretär der Parallelorganisation EMUG, ..., ist mit Erbakans Familie verschwägert (zu ihm siehe VB Bund 2007, S. 193 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008). Es gehört schließlich auch zum „Besuchsprogramm“ von IGMG-Angehörigen, wenn diese sich in der Türkei aufhalten, Erbakan und/oder Funktionäre der SP aufzusuchen (auch wenn dies konkret für den Kläger des vorliegenden Verfahrens nicht gilt). Die Funktion von Erbakan als in seiner Autorität unbestrittener „Doyen“ der Milli-Görüs-Bewegung wird auch in der Einstellung der IGMG-Funktionärselite ihm gegenüber deutlich, die nicht nur von kulturell bedingtem Respekt gegenüber einer älteren Führungsfigur geprägt ist, sondern durchaus einkalkuliert, dass ein ernsthaftes Infragestellen der Person Erbakans und seiner Ziele die IGMG in die Gefahr einer Spaltung stürzen würde. Hier findet offenbar die sonst bemerkenswert weit entwickelte Diskursfähigkeit der höheren Funktionäre der IGMG, z.B. ihres in der mündlichen Verhandlung angehörten Generalsekretärs, aber auch sonstiger sich öffentlich äußernder Führungspersönlichkeiten, ihre Grenze. Die durchaus nicht selten öffentlich bekundete Bereitschaft solcher Funktionsträger, sich sachlich/inhaltlich mit Erbakan kritisch auseinanderzusetzen, wird sozusagen in den von außen nicht einsehbaren internen Bereich verschoben; Erbakan wird nach wie vor als Integrationsfigur aufgefasst und verehrt (siehe etwa Ücüncü im Interview mit der taz vom 11.8.2004). Dies mag auch historisch erklärbar sein (zur Fähigkeit zu internen Auseinandersetzungen in der Milli Görüs anlässlich des Abfalls von Kaplan siehe etwa Schiffauer, Die Gottesmänner, 2000, S. 147), dient offenbar aber auch dazu, einen jedenfalls intern als ausreichend stark eingeschätzten „Erbakan-Flügel“ nicht vor den Kopf zu stoßen. Jedenfalls ist die Folge dieser Zurückhaltung, dass Erbakan-Zitate und -Ziele der IGMG zuzurechnen sind. Das bedeutet andererseits nicht, dass mit der erforderlichen Distanzierung von Erbakan einbürgerungsrechtlich von der IGMG eine (möglicherweise integrationspolitisch kontraproduktive) „symbolische Unterwerfung“ verlangt würde (vgl. dazu Schiffauer, zit. bei Minkmar in FASZ vom 17.12.2006).
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Auf eine nach wie vor bestehende Milli-Görüs-Bindung deutet die Rolle hin, die der Tageszeitung „Milli Gazete“ für die IGMG und ihre Mitglieder zukommt. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Milli Gazete als Zeitung - jedenfalls inzwischen - von der IGMG personell und redaktionell getrennt ist und dass die IGMG eine eigene Monatszeitschrift - „Milli-Görüs-Perspektive“ -herausgibt und unter ihren Mitgliedern verteilt; dies ändert aber nichts daran, dass die Milli Gazete als Tageszeitung großen publizistischen Einfluss auf die Mitgliederschaft der IGMG ausübt. Sie ist nach Auffassung des Senats auch ohne offiziellen IGMG-Publikationscharakter doch als Sprachrohr der Milli-Görüs-Bewegung und jedenfalls insofern auch der IGMG zuzurechnen. In diesem Punkt folgt der Senat der entsprechenden Bewertung der Verfassungsschutzämter, die z.B. entsprechende (gegenseitige) Werbeaktionen und Inserierungen hervorheben (siehe etwa VB Nordrhein-Westfalen 2007 S. 111, 112). In der mündliche Verhandlung hat der Kläger selbst ohne weiteres eingeräumt, dass die Mitglieder seines Ortsverbandes generell die Milli Gazete beziehen und lesen. Selbst wenn die Milli Gazete eine kleinere Auflage als die „Milli-Görüs-Perspektive“ haben mag, so hat sie doch als Tageszeitung gegenüber der monatlich erscheinenden offiziellen „Perspektive“ ein traditionell hohes Gewicht bei der Information und Meinungsbildung der IGMG-Mitglieder. Das bedeutet nicht, dass sämtliche in der Milli Gazete abgedruckte Artikel ohne weiteres als Auffassung der IGMG gewertet werden können; die IGMG muss sich aber jedenfalls diejenigen Auffassungen zurechnen lassen, die sozusagen „milli-görüs-typisch“ sind, also mit einer gewissen Regelmäßigkeit, Intensität oder Häufigkeit publiziert werden und ihrerseits mit den Auffassungen Erbakans oder der SP übereinstimmen oder diese propagieren. Das gleiche gilt für den (auch von dem Kläger benutzten) türkischen TV-Sender TV 5, soweit dieser die Ideologie der Milli Görüs transportiert und verbreitet; der Sender soll dafür sorgen, dass das Anliegen von Milli Görüs in der Türkei wieder den verdienten Platz einnehmen soll (s. VB Bad.-Württ. 2007, S. 64). TV 5 berichtet regelmäßig über Milli-Görüs-Vereine in Europa, z.B. darüber, dass Milli-Görüs-Vereine durch ihre Jugendarbeit auf eine Islamisierung Europas hinarbeiten (VB Bad.-Württ., a.a.O. S. 65). Ebenso sind der IGMG die unmittelbar von Erbakan stammenden Erklärungen und Publikationen zuzurechnen, insbesondere die - auch im Besitz des Klägers befindliche  - programmatische Schrift „Milli Görüs“ von 1975, das in den 70iger Jahren erstellte Konzept „Adil Düzen“ - eine Art „Manifest“ von Milli Görüs (siehe VB Nordrhein-Westfalen 2007, S. 109) - und die weiteren Äußerungen Erbakans, die teilweise auf türkische Parteien und allgemein die Milli-Görüs-Bewegung bezogen sind, teilweise aber auch im Zusammenhang mit Veranstaltungen der IGMG abgegeben wurden. Danach stellt sich die (auch) von der IGMG vertretene politische „Ideologie“ von Milli Görüs wie folgt dar:
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In ihren offiziellen Verlautbarungen (Selbstdarstellung, Satzungen) bezeichnet  sich die IGMG als Gesellschaft zur „religiösen Wegweisung“, deren Aufgabe es ist, den Mitgliedern bei der Erfahrung der Gottesnähe zu helfen, durch Sinnsetzungen, Erklärungen und Deutungen Halt im diesseitigen Leben zu geben und sie bei der Praktizierung der Gottesdienste zu unterstützen („Selbstdarstellung“ S. 16); die einzelnen Abteilungen der IGMG haben spezielle Aufgaben. Sowohl in ihrer „Selbstdarstellung“ (S. 24) als auch in ihrer Satzung (Ziff. 3 Abs. 7) erklärt die IGMG, sie bekenne sich zu einer pluralistischen Gesellschaft, in der verschiedene Religionen und Kulturen zusammenleben, zur Rechtsstaatlichkeit und zur Religionsfreiheit und sehe die freiheitlich-demokratische Grundordnung als Basis für ein auf Frieden, Toleranz und Harmonie aufbauendes gesellschaftliches Leben an (Selbstdarstellung a.a.O.); die Satzung spricht ausdrücklich davon, die IGMG achte und schütze die verfassungsmäßig garantierten Rechte und sei loyal gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (a.a.O.). Sowohl die Äußerungen Erbakans als auch die nach den obigen Grundsätzen der IGMG zuzurechnenden publizistischen Äußerungen weisen jedoch (auch) in eine andere Richtung.
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Die Wahlkampfauftritte Erbakans im Vorfeld der türkischen Parlamentswahlen im Juli 2007 verdeutlichen demgegenüber, dass Erbakan unverändert an seinen ideologischen Standpunkten festhält und nach wie vor Imperialismus, Rassismus und Zionismus als zerstörerische, gegen das türkische Volk gerichtete Kräfte anprangert; das Ziel von Milli Görüs ist danach, wieder eine „Großtürkei“ zu etablieren und das türkische Volk erneut zum Herrn über die Welt zu machen (s. VB.Bund 2007, S. 195 mit Zitat Milli Gazete vom 19.7.2007, S. 9). Erbakan geht es nach wie vor um die „Befreiung“ Istanbuls, der islamischen Welt und der Menschheit; Erbakan bezeichnet dies als „heiligen Krieg“ (a.a.O. S. 196; Milli Gazete vom 15.6.2007, S. 1 und vom 20.7.2007, S. 1). Nach der von Erbakan entwickelten Ideologie „Adil Düzen“ ist die Welt in die auf dem Wort Gottes fußende religiös-islamische Ordnung einerseits und die westliche Ordnung der Gewalt und Unterdrückung andererseits aufgeteilt; der letzteren (Batil Düzen) spricht Erbakan jede Existenzberechtigung ab. Die gerechte Ordnung (Adil Düzen) soll dagegen alle Lebensbereiche erfassen und zunächst in der Türkei und danach in der ganzen Welt verwirklicht werden. Zu den klassischen Feindbildern gehört außer der westlichen Welt auch der Staat Israel - meistens als „Zionisten“ umschrieben -, ferner Kommunismus, Imperialismus, Kapitalismus und Christentum (s. Gutachten ..., S. 26; VG Nordrhein-Westfalen 2006 S. 208). Auch der der IGMG gegenüber eher vorsichtig-optimistisch eingestellte Gutachter ... räumt zur Schrift Adil Düzen von Erbakan ein, dass das Adil-Düzen-Konzept mit individuellen Freiheitsrechten, wie sie im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet werden (vgl. Berlit a.a.O. Rn 108 f. zu § 11), unvereinbar ist (Gutachten..., S. 8). Auch nach ... knüpft das Rechtsverständnis Erbakans nicht an Gesetze an, die auf demokratischem Weg zustande gekommen sind, sondern an zeitlose islamische Prinzipien und kulturelle Vorstellungen (Schiffauer, a.a.O., S. 7 f.). Selbst wenn die Äußerungen Erbakans - soweit sie über bloße Grußbotschaften hinausgehen - in der letzten Zeit im Ton maßvoller und abstrakter/allgemeiner geworden sein mögen, wie der Generalsekretär der IGMG in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, lässt sich ein Sinneswandel jedenfalls in der Person dieses für Milli-Görüs-Mitglieder offenbar immer noch charismatischen Führers von Milli Görüs nicht feststellen.
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Bestätigt wird dies durch Äußerungen von Mitgliedern und Funktionären der IGMG in Deutschland bzw. von Milli Görüs in der Türkei, die regelmäßig und in der Zielsetzung gleichlautend in der Milli Gazete veröffentlicht werden. Dass die Veröffentlichungen in der Milli Gazete Bestandteil der Milli-Görüs-Bewegung sind, ist bereits dargestellt worden, die Milli Gazete sieht sich selbst als „Kanal“, um der Nation die „Rettungskonzepte“ der Milli Görüs zu überbringen (s. Milli Gazete vom 27.6.2006, VB.Bund 2006 S. 245). Bezeichnend ist insofern das Zitat des Generaldirektors der Türkeiausgabe der Milli Gazete vom 20.7.2005 (VB-Bund 2005, 219): „Selbst wenn die Milli Gazete aus einem leeren weißen Blatt bestünde, auf dem nur Milli Gazete steht, müsst ihr die Milli Gazete kaufen, um Milli Görüs zu unterstützen ... Wir müssen Gott dafür danken, dass wir Leute der Milli Gazete und damit der Milli Görüs sind, die die Wahrheit sagt und sich auf die Seite der Wahrheit und desjenigen, der im Recht ist, stellt“. Nach der Auffassung der Milli Görüs ist das Gesetz nicht weltlichen, sondern göttlichen Ursprungs; ein gesetzgebendes Organ ist nicht notwendig (s. VB Bund 2006, S. 247; Flyer der IGMG Nürtingen); das Ordnungssystem des Islam lehnt ein säkulares (weltliches) Rechtssystem ab (Milli Gazete vom 5.7.2005, VB Bund 2005, S. 217), und der langjährige Funktionär der IGMG ... sagte auf einer Veranstaltung der Jugendorganisation in der Türkei, die in Europa lebenden Auswanderer „folgen den Befehlungen unseres Hodscha Erbakan.  Wir haben niemals unser Hemd ausgezogen und werden es auch nie tun“ (Milli Gazete vom 29.5.2006, VB Nordrhein-Westfalen 2006, 213). Das Gutachten ... (S. 9 f.), dem der Senat hier folgt, führt aus, dass nach dem Islamverständnis der IGMG die Befolgung der Scharia in der Interpretation von Milli Görüs erforderlich sei; Ziel sei die Herrschaft des Islam in der politischen Ausrichtung von Erbakan. Seit langem wird dementsprechend in der IGMG die Auffassung vertreten, weltliche Herrschaft verfüge über kein Einspruchsrecht gegen einen einzigen Vers im Buch Gottes; wer ein anderes System als das System Gottes wolle, verursache im gesellschaftlichen Gefüge ein Erdbeben (Milli Gazete vom 27.7.2004, VB Bund 2004, 216). Im Innern ist die Milli-Görüs-Bewegung  - der Rolle Erbakans entsprechend - nach dem Führerprinzip aufgebaut; dies gilt jedenfalls für die Jugendorganisation (s. Milli Gazete vom 8.11.2007, VB Baden-Württemberg S. 69). Dementsprechend wurde auf dem ersten Internationalen Milli-Görüs-Symposium Ende Oktober 2006 in Istanbul der Leitgedanke vom Aufbau einer neuen Weltordnung auf der Grundlage der Milli Görüs propagiert; ihr Gegenbild ist die „rassistische unterdrückerische, kolonialistische Ordnung“ (VB Baden-Württemberg S. 68 mit Hinweis auf eine Webseite vom 27.10.2006). In den Augen Erbakans (Äußerung auf einer SP-Veranstaltung in Istanbul) wird die Menschheit heute mit dem „Demokratie-Spiel“ hereingelegt; die Demokratie sei kein Regime mehr, in dem sich das Volk selbst regiere, sondern sie werde zu einem Regime, das das Volk für seine Zwecke instrumentalisiere (Milli Gazete vom 15.10.2007, S. 1 und 8, VB.Bund 2007, 197). Sogar bei der aus Milli-Görüs-Sicht wesentlich gemäßigteren (und deshalb mehrfach von Erbakan angegriffenen) AKP scheint der Slogan, die Demokratie sei wie eine Straßenbahn, bei der man aussteige, wenn man sein Ziel erreicht habe, gängig zu sein (siehe Gutachten ... S. 37). Aufgabe des einzelnen Milli-Görüs-Anhängers ist es in dieser Sicht, die notwendigen Maßnahmen dafür zu treffen, dass der Islam zur Herrschaft gelangt (Milli Gazete vom 9.6.2007, S. 17, VB Bund 2007, 201). Insofern weist die Tätigkeit für Milli Görüs jedenfalls in den Augen eines Mitglieds der Jugendabteilung der IGMG Düsseldorf durchaus Elemente einer Mission und eines Kampfes (ohne Kompromisse) auf (Internetseite der Jugendabteilung der IGMG Düsseldorf, 16.10.2007, VB Bund 2007, S. 202).
46 
Insgesamt ergibt sich aus diesen Verlautbarungen, dass jedenfalls wesentliche Strömungen innerhalb der IGMG den Leitideen Erbakans folgend einen Absolutheitsanspruch verfolgen, der mit der Ablehnung westlicher Werte, des westlichen Staatssystems, der Freiheitsrechte und insbesondere des grundgesetzlichen Prinzips der Volkssouveränität und der Geltung der verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetze nicht vereinbar ist. Zwar wirkt auch eine in traditionalistischen religiösen Überzeugungen gründende antiemanzipatorische und patriarchalische Grundhaltung als solche noch nicht einbürgerungshindernd (so Berlit a.a.O. Rn 109); die Milli-Görüs-Bewegung verlässt in den genannten Zielen jedoch den grundrechtlich durch Art. 4 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Raum. Wenn die weltliche Gewalt uneingeschränkt religiös-weltanschaulichen Geboten unterworfen wird, die ihrerseits verbindliche Vorgaben für die Gestaltung der  Rechtsordnung enthalten, Auslegungsrichtlinien für die Auslegung und Anwendung staatlicher Rechtsgebote darstellen und im Konfliktfall sogar Vorrang vor dem staatlichen Gesetz genießen sollen, gefährdet dies im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die freiheitliche demokratische Grundordnung. Nach der Weltanschauung von Milli Görüs darf die Politik z.B. ihre Unabhängigkeit von der Scharia gerade nicht erklären (s. Milli Gazete von 5.7.2005, VB.Bund 2005, S. 217).
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2. Allerdings ist nicht zu verkennen - und davon geht auch der Senat im vorliegenden Verfahren aus -, dass die IGMG trotz ihrer Verwurzelung in der türkischen Milli-Görüs-Bewegung, trotz der engen Verbindung  mit deren eigenen Publikationen und trotz der oben dargestellten personellen und organisatorischen Kontakte zu Erbakan und zur SP zum gegenwärtigen (entscheidungserheblichen) Zeitpunkt nicht mehr als eine homogene und - bezogen auf die Frage der Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - in ihrer Zielrichtung einheitliche Bewegung anzusehen ist. Die IGMG selbst nimmt für sich in öffentlichen Verlautbarungen - bekräftigt durch ihren Generalsekretär in der mündlichen Verhandlung - in Anspruch, hinsichtlich ihrer Verfassungsnähe verglichen mit der ersten Immigrantengeneration, also sozusagen den „Gründervätern“, einen aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung relevanten Wandel durchgemacht zu haben (vgl. auch dessen Interview in der TAZ vom 7.5.2004, S. 4-5), und die Existenz reformorientierter Kreise innerhalb der IGMG mit dem Ziel, sich von den ursprünglichen politischen Idealen der Milli-Görüs-Bewegung Erbakans abzusetzen und die Integration der türkischen Muslime in Deutschland auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes zu fördern, wird auch sonst anerkannt. Sie ergibt sich z.B. schon aus den im Gutachten ... herausgestellten Äußerungen des früheren Generalsekretärs M.S. Erbakan (s. Gutachten S. 11 ff., 14, 28, insbesondere 16-30), und auch das Gutachten ... stellt - wenngleich zurückhaltender - unterschiedliche Strömungen und Positionen innerhalb der IGMG fest (S. 48 f.). Wenn dieses Gutachten gleichwohl „reformatorische Ansätze ... von der Führungsspitze her“ nicht erkennt (a.a.O. S. 48), so schließt sich dem der Senat in dieser Zuspitzung nicht an. Bereits die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP und deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 haben innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum (wesentlich gemäßigteren) Kurs der AKP geführt (s. dazu VB Berlin 2003, 111, zitiert bei OVG Koblenz a.a.O. und VB Berlin 2005, S. 284 f., zitiert bei VG Berlin a.a.O., S. 11). Der Generationenwechsel und die im Vergleich zur ersten Immigrantengeneration völlig veränderte Situation späterer, schon in Deutschland geborener und aufgewachsener türkischer Staatsangehöriger hatte nach der Literatur zur IGMG tiefgreifenden weltanschaulichen Neuentwicklungen innerhalb der IGMG zur Folge (s. dazu Kücükhüseyen, Türkische politische Organisationen in Deutschland, Broschüre der Konrad-Adenauer-Stiftung Nr. 45, August 2002, S. 23 m.w.N). Bei deren Bewertung war man allerdings eher vorsichtig  (siehe etwa K. Schuller in FASZ vom 18.4.2004: „noch zu früh“). Auch die Verfassungsschutzberichte der neueren und neuesten Zeit erkennen eine solche Weiterentwicklung der IGMG insbesondere im Hinblick auf die Frage der Verfassungsfeindlichkeit an (s. insbesondere VB Nordrhein-Westfalen 2007 vom 29.3.2008, S. 110 und 112). Ob es sich hier (nur) um einen Generationenkonflikt handelt oder ob die Grenzen zwischen den einzelnen Strömungen nicht vielmehr kulturell und mentalitätsbedingt sind, wie der Generalsekretär der IGMG in der Verhandlung andeutete, kann hier offenbleiben. Nach der Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen sind jedenfalls in der von ihm beobachteten IGMG trotz der noch immer vorhandenen Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer (islamistischer) Bestrebungen seit Jahren Tendenzen einer allmählichen Loslösung von islamistischen Inhalten zu beobachten. Der Einfluss Erbakans auf Personalentscheidungen der IGMG wird als „zurückgehend“ beurteilt, und als ein Ergebnis des Symposiums Ende 2007 in Bonn geht der Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen davon aus, dass die IGMG von einem Anhängsel einer extremistischen politischen Bewegung mit religiöser Verankerung inzwischen zu einer eigenständigen religiösen Gemeinschaft geworden ist (a.a.O.); er spricht von “guten Gründen” für die Annahme, die neue Generation der Funktionärsebene teile die ideologischen Vorgaben Erbakans nicht mehr (a.a.O. S. 110). Der auch vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörte Generalsekretär der IGMG hat bei dem genannten Symposium nach der Wertung des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen in seinem Schlussvortrag „ein in seiner Klarheit und Offenheit bemerkenswertes Bekenntnis“ abgelegt, das als „Absage an überkommene ideologische Vorstellungen“ bewertet wird (a.a.O. S. 113: Es sei ”nicht schmerzlich, sich einzugestehen, dass man auf der Suche nach vermeintlich islamischen Antworten auf gesellschaftliche Grundsatzfragen erkennt, dass bewährte Konzepte wie Demokratie und soziale Marktwirtschaft dem eigenen Ideal von einem auf Gerechtigkeit fußenden System am nächsten kommen…”). Auch der Senat hat in der mündlichen Verhandlung bei der ausführlichen Anhörung des Generalsekretärs, der immerhin ein entscheidendes Amt innerhalb der IGMG innehat und sie repräsentiert (s. dazu VB Bund 2007 S. 194 und „IGMG-Selbstdarstellung“ S. 20: Pflege der Beziehungen der Gemeinschaft zu anderen gesellschaftlichen Gruppen; Ansprechpartner zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft) und von daher auch die Ausrichtung der IGMG mit Öffentlichkeitswirkung mitbestimmen kann, den Eindruck gewonnen, dass jedenfalls von seiner Seite aus keine Infragestellung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung befürchtet werden muss; dem Generalsekretär geht es vielmehr offensichtlich eher darum, im Interesse der nunmehr heranwachsenden Generation der Milli-Görüs-Mitglieder und ihrer Integration auf einen Konsens zum Demokratieprinzip und zu den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinzuwirken und die Vereinbarkeit dieser Grundprinzipien auch mit der religiösen Fundierung der IGMG im Islam zu verdeutlichen. Dass es sich hier um bloße taktische Manöver der IGMG-Spitze handelt („vorsichtiger geworden“, siehe Gutachten ... ... S. 47), nimmt der Senat nicht an, zumal die IGMG insofern - etwa was den Beitritt der Türkei zur EU angeht - auch Spannungen mit den Milli-Görüs-Anhängern in der Türkei in Kauf genommen hat (siehe Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008). Im Übrigen kann ohnehin davon ausgegangen werden, dass mehrfache und ausdrückliche Bekenntnisse zur Verfassung - wie sie mehrfach abgegeben worden sind -  auch „nach innen“ langfristige Wirkungen haben (zum Problem einer sog. „doppelten Agenda“ siehe ... Gutachten S. 50; vgl. auch J. Miksch in FR vom 14.4.2005, speziell zur IGMG). Die genannten Wandlungstendenzen sind - wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung - auch von der Rechtsprechung anerkannt worden (VG Berlin a.a.O., S. 14 f.; VG Gelsenkirchen, a.a.O. S. 21 ff.; OVG Koblenz a.a.O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Wenn auch diese Gerichtsentscheidungen noch nicht zu dem Ergebnis gekommen sind, dass der festzustellende Wandlungsprozess bereits zu einem im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG positiven Abschluss gekommen ist, so ist doch jedenfalls nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die IGMG inzwischen nicht mehr als homogen-einheitliche, im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädliche Organisation zu betrachten ist; sie erscheint vielmehr als eine islamisch fundierte Gemeinschaft, in der mehrere starke Strömungen, also durchaus auch vor § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG unverdächtige, festzustellen sind. Dies entspricht auch der Einschätzung der IGMG durch den gegenwärtigen Bundesinnenminister, der einer pauschalen „Vorverurteilung“ von Milli-Görüs- bzw. IGMG-Mitgliedern mehrfach öffentlich entgegengetreten ist und für eine differenzierte Bewertung eintritt („verschiedene Strömungen“, „heftige (interne) Spannungen“ vgl. Interview in FASZ vom 2.3.2008 und schon vom 22.4.2004). Auch zeigt das Verhalten der IGMG bei der sog. Islamkonferenz trotz noch immer bestehenden Unklarheiten im Detail (zum dortigen Verhalten des IGMG-Mitglieds ... in der Diskussion der später verabschiedeten „Eckpunkte“ - diese zit. in FR vom 14.3.2008 - s. Rüssmann in FR vom 26.6.2007 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008), dass sich die IGMG jedenfalls nicht mehr durchweg einem ernsthaften Bekenntnis zu der verfassungsrechtlichen Grundordnung verweigert. Dass sie sich andererseits einer Forderung nach Assimilierung an eine deutsche „Leitkultur“ oder einem Bekenntnis zu ihr (unabhängig von den verfassungsrechtlich verbindlichen Vorgaben der Einbürgerung) verweigert (vgl. dazu den Streit um die Begriffe „Werteordnung des GG“ oder „Werteordnung, wie sie sich auch im GG widerspiegelt“ , zit. bei Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008, Mönch in Tagesspiegel vom 14.3.2008 und Preuß/Drobinski in SZ vom 13.3.2008),  steht dem nicht entgegen; derartiges  könnte einbürgerungsrechtlich auch nicht verlangt werden. Insofern sieht der Senat die IGMG nach den ihm vorliegenden Erkenntnisquellen inzwischen als eine Organisation an, die in relevanten Teilen gewissermaßen auf dem Weg zu einer Abwendung von ihren im Sinn des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlichen Wurzeln ist.
48 
3. Hieraus folgt für das Begehren des Klägers: Ebenso wie das Gesetz im Einzelfall bei der Prüfung einer Unterstützung einbürgerungsschädlicher Bestrebungen die Glaubhaftmachung einer „Abwendung“ verlangt, wird dies auch für die Beurteilung der Mitgliedschaft bei Personenvereinigungen zu gelten haben; auch bei diesen genügt ein bloß äußeres, zeitweiliges oder situationsbedingtes Unterlassen solcher Bestrebungen für die Annahme einer Abwendung noch nicht, wenn dies auch hierfür ein Indiz sein kann (s. dazu Berlit a.a.O. Rn 152 zu § 11 mit Hinweis auf Bay.VGH, Urteil vom 27.5.2003 - 5 B 01.1805 -, juris und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64). Wenn auch eine Art „Abschwören“ oder eine rückwirkende Distanzierung von der eigenen Geschichte nicht unbedingt verlangt werden kann (s. dazu Berlit a.a.O. Rn 153 m.w.N.), bedarf es doch für die Glaubhaftmachung eines entsprechenden „Kurswechsels“ deutlicher Anhaltspunkte. So würde es z.B. nach Auffassung des Senats nicht ausreichen, wenn eine Organisation mit (auch) einbürgerungsschädlicher Zielsetzung für die Überwindung dieser Tendenzen lediglich auf den Zeitablauf oder die Erwartung setzen würde, eine neuen Mitgliedergeneration werde das Problem sozusagen von selbst erledigen. (So wird z.B.  auch in neuerer Zeit noch beobachtet, dass jedenfalls bisher in der IGMG „die Alten“ nach wie vor „das Geld und das Sagen“ haben, siehe Wehner in FASZ vom 9.3.2008). Insofern ist es gewissermaßen eine einbürgerungsrechtliche Obliegenheit der IGMG, „Reformer und Betonköpfe“ abzugrenzen und die erforderliche interne Diskussion selbst zu führen (so der auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angehörte ... vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, zit. bei Thelen in Stuttgarter Zeitung vom 1.12.2007). Entsprechende Nachhaltigkeit kann im Einbürgerungsverfahren wegen der Vorverlagerung des Schutzes von Verfassungsgütern nach Auffassung des Senats durchaus verlangt werden.
49 
Da die IGMG die vielfach von ihr erwartete ausdrückliche Distanzierung von den bisherigen (verfassungsfeindlichen) Zielen der Erbakan-Bewegung noch nicht geleistet hat, kann nach den oben dargestellten Grundsätzen jedenfalls eine generelle dauerhafte und intern belastbare  „Umorientierung“ der IGMG als Gesamtorganisation noch nicht angenommen werden. Wegen des ambivalenten Charakters der IGMG steht aber andererseits auch nicht gewissermaßen automatisch fest, dass bei jedem Mitglied oder Funktionsträger der IGMG ausreichende Anhaltspunkte für einbürgerungsfeindliche Bestrebungen oder Unterstützungshandlungen anzunehmen sind. Es kommt bei einer solchen Konstellation vielmehr zusätzlich (ausnahmsweise) auf die Einstellung des jeweiligen Einbürgerungsbewerbers als eines Mitglieds oder Funktionärs der IGMG an (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 27.2.1006 - 5 B 67/05 zu OVG Koblenz a.a.O.); es ist - mit anderen Worten - zu entscheiden, ob der einzelne Einbürgerungsbewerber die Organisation gewissermaßen als Ganzes d.h. einschließlich ihrer einbürgerungshindernden Ziele mitträgt - was bedeuten würde, dass sie ihm auch zuzurechnen sind - oder ob in seiner Person ein Verhalten vorliegt, das nach Intensität, Eindeutigkeit und Nachhaltigkeit einer individuellen „Abwendung“ im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gleichgestellt werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich der Betroffene innerhalb der widerstreitenden Strömungen einer Gemeinschaft so klar positioniert, dass bei einem individuellen einbürgerungsschädlichen Verhalten wegen „Abwendung“ im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG der bisherige tatsachengestützte Verdacht verfassungsfeindlicher Betätigung oder Unterstützung entfallen würde. Mit anderen Worten: Ein Mitglied oder einen Funktionär einer Vereinigung, der sich intern ausreichend deutlich von deren verfassungsfeindlichen Strömungen distanziert, sie überwinden will und geradezu einen verfassungsfreundlichen Kurs zu seinem Ziel macht, ist einbürgerungsrechtlich nicht schlechter zu behandeln als ein Einbürgerungsbewerber, der sich von eigenen früheren verfassungsfeindlichen Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG abgewandt hat. Die hier maßgebenden Kriterien lehnen sich an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der „Abwendung“, aber auch zum Unterstützungsbegriff an; danach sind nur solche Handlungen ein „Unterstützen“ im Sinn der hier zu prüfenden Vorschrift, „die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt“ (BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. und Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 28.03 -, BVerwGE 123, 125; ganz ähnlich die vergleichbare - s. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.5.2001 a.a.0. S.493 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerwG; kritisch Berlit a.a.0. Rn. 69 - Problematik der Einstellungsüberprüfung von Beamtenbewerbern (s. Hess.VGH, Urteil vom 7.5.1998 - 24 DH 2498/96 -, NVwZ 1999, 906).
50 
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass im Fall des Klägers eine ausreichend tragfähige Distanzierung von einbürgerungsschädlichen Tendenzen innerhalb der IGMG nicht angenommen werden kann. Zwar hat die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung gezeigt, dass ihm selbst solche Tendenzen und Einstellungen nicht vorzuwerfen sind (3.1); es fehlt aber gerade an tatsächlichen Grundlagen für die Annahme, dass der Kläger sich von den überkommenen, oben dargestellten typischen Milli-Görüs-Vorstellungen abgewandt hat (3.2).
51 
3.1 Dem Kläger selbst sind keine Äußerungen und Aktivitäten vorzuwerfen, die im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlich wären; weder seine Anhörung vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat noch die dem Senat vorliegenden Akten der Einbürgerungsbehörde oder die Erkenntnisses des Landesamts für Verfassungsschutz geben insofern etwas her. Dass im Verwaltungsverfahren sich zwei Mitbürger gegen eine Einbürgerung des Klägers gewandt hatten, mag auf persönlicher Aversion oder auf dem Einsatz des Klägers für eine islamisch akzeptable Schulspeisung beruhen und gibt jedenfalls keinen konkreten Hinweis auf persönliche verfassungsfeindliche Aktivitäten.
52 
3.2. Andererseits hat sich aber für den Senat aus der Biografie des Klägers und aus seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung ergeben, dass er eher als „traditioneller Milli-Görüs-Mann“ anzusehen ist und jedenfalls den oben dargestellten Reformbestrebungen innerhalb der IGMG nicht zugezählt werden kann. Zunächst fällt auf, dass - anders als die Verfassungsschutzberichte des Bundes, Berlins oder Nordrhein-Westfalens - der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg (2007) auf Aspekte einer Umorientierung der IGMG in seinem Beobachtungsbereich nicht eingeht; diese werden nicht einmal angedeutet. Dem kann eine (enge) Interpretation der Aufgaben des Verfassungsschutzes zugrunde liegen, u.U. aber auch eine grundsätzlich abweichende Bewertung der IGMG oder  möglicherweise auch die unausgesprochene Feststellung, jedenfalls im Bereich Baden-Württembergs seien derartige Tendenzen nicht zu erkennen. Diese Frage kann hier aber offenbleiben; es liegen jedenfalls nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger konkret und erkennbar in seinem IGMG-Einwirkungsbereich eine Umorientierung der IGMG im oben dargestellten Sinn unterstützt oder unterstützen würde.
53 
Dies folgt bereits aus den Einzelumständen, unter denen das politisch-religiöse Engagement des Klägers in der Milli-Görüs-Bewegung begonnen hat; er war 1989 bis 1991 Sekretär der AMTG - einer Vorläuferorganisation -und danach von 1992 an Gründungsmitglied und später führender örtlicher Funktionär, begann sein Engagement also zu Zeiten, in denen die oben dargestellten Reformbestrebungen innerhalb der IGMG für Gründungsmitglieder eines örtlichen IGMG-Vereins wohl kaum bemerkbar gewesen sein dürften. Es kommt hinzu, dass die IGMG bis etwa Mitte der 90er Jahre ihre Geschlossenheit nach außen besonders betont hat (siehe Schiffauer, Die IGMG, zitiert in VG Berlin, a.a.O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Der Kläger bezeichnete die Milli Gazete in der mündlichen Verhandlung auch als seine am meisten und jedenfalls regelmäßig gelesene Zeitung; die IGMG-Perspektive spielt demgegenüber für ihn offenbar nur eine geringe Rolle. Der Fernsehkonsum des Klägers ist auf TV 5 ausgerichtet, also einen Sender, in dem Erbakan oft auftritt bzw. seine Ideen propagiert werden. Der Kläger hat dazu erklärt, anfangs habe er den Fernsehapparat abgeschaltet, wenn Erbakan gekommen sei, aber danach habe sich das geändert. Offenbar spielt Erbakan, (der den Kläger wohl mehr und mehr überzeugt hat) als politische Leitfigur auch heute noch bei ihm eine entscheidende Rolle, wenn auch er selbst nicht - wie offenbar mindestens ein anderes Mitglied der IGMG Philippsburg - bei seinen Urlaubsbesuchen in der Türkei persönlichen Kontakt mit Erbakan oder Funktionären der SP hatte. Das Ziel Erbakans umschreibt der Kläger auch nur ganz allgemein damit, Erbakan wolle den Menschen helfen, Erbakan wolle etwas Gutes machen, und deswegen werde er auch geliebt. Was dieses „Gute“ jeweils ist, konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht näher konkretisieren (mit Ausnahme der Forderung, alle sollten gleichbehandelt werden); insofern liegt für den Senat die Annahme nahe, dass er sich inhaltlich hier pauschal an Erbakan orientiert. Dementsprechend steht der Kläger offenbar auch der Saadet-Partisi nahe; eine Wahl dieser Partei hält er nur deswegen nicht für sinnvoll, weil die (türkischen) Gerichte ohnehin „alles kaputtmachten“. Auch Erbakans Schriften (Milli Görüs; Adil Düzen) sind dem Kläger bekannt oder in seinen Besitz. Dass es eines der Ziele Erbakans ist, religiöse Gebote über die staatlichen Grundnormen zu setzen, „glaubt“ der Kläger nicht; er erklärte dazu, das werde zwar so gesagt, aber dafür gebe es keinen Beweis. Im übrigen war offensichtlich, dass dem Kläger die Existenz unterschiedlicher Richtungen innerhalb der IGMG nicht bekannt, jedenfalls aber auch unwichtig war; auf eine entsprechende Frage erklärte er lediglich, unterschiedliche Ansichten gebe es ja in jeder Familie.
54 
Die Ablehnung des Einbürgerungsantrags und die Begründung dieser Entscheidung waren für den Kläger auch kein Anlass, das Verhältnis der IGMG zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung für sich zu problematisieren und hier eine eigene persönliche Position zu beziehen. Auch wenn der Kläger von seiner Vorbildung her naturgemäß nicht mit der „Funktionärselite“ wie etwa dem Generalsekretär der IGMG verglichen werden kann, hätte doch auch von ihm erheblich mehr an Beschäftigung mit dieser (entscheidungserheblichen) Problematik erwartet werden können. Da es hier nicht um schwierige religiöse Fragen geht, wäre dies auch keine Überforderung (zu dieser Gefahr bei „einfachen Muslimen“ siehe Schiffauer Gutachten S. 28).
55 
Der Kläger hat damit im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG insgesamt nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass er sich von der Unterstützung der noch immer existierenden verfassungsfeindlichen Bestrebungen innerhalb der IGMG abgewandt hat oder abwendet. Die Tatsache, dass er inzwischen keine herausgehobene Funktion im Ortsverein mehr bekleidet, genügt hierfür nicht, zumal er noch bei der letzten Wahl als Vorsitzender kandidierte. Eine Abwendung im Sinn der genannten Vorschrift setzt grundsätzlich einen gewissen Lernprozess (siehe Berlit, a.a.O. Rn 155) und die Einräumung früherer Unterstützung voraus (Berlit a.a.O. Rn 153 m.w.N.); an beidem fehlt es im vorliegenden Fall.
56 
Damit muss der Senat bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der Position des Klägers davon ausgehen, dass er sich als Mitglied und langjährige Funktionär der IGMG in Philippsburg die „traditionelle“ - aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungshindernde - Einstellung der Milli-Görüs-Bewegung, wie sie oben beispielhaft aufgeführt ist, im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. m.w.N.) zurechnen lassen muss. Die genannten Bestrebungen der Milli-Görüs-Bewegung sind jedenfalls als solche für ihn erkennbar und von seinem Willen auch getragen, so dass im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausreichende (tatsachengestützte) Anhaltspunkte für eine entsprechende noch aktuelle Unterstützung gegeben sind. Sein Engagement für die IGMG beschränkt sich auch nicht auf den rein technischen oder organisatorischen Bereich oder auf religiös motivierte Hilfsdienste (vgl. dazu VG Gelsenkirchen a.a.O. S. 27 des Urteilsabdrucks). Die langjährige Tätigkeit als Gründungsmitglied der örtlichen IGMG-Vereinigung ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ein ausreichendes Indiz dafür, dass er sich grundsätzlich mit den (auch: durch Erbakan bestimmten) Zielen der Milli-Görüs-Bewegung identifiziert. Ein ausreichender Verdacht im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits dann begründet, wenn ein Umstand vorliegt, der bei objektiver und vernünftiger Sicht auf eine Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen hinweist (vgl. etwa OVG Koblenz a.a.O., S. 18. des Urteilsabdrucks), und dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei langjähriger Mitwirkung in einer Organisation in hervorgehobener Stellung im Ortsverein grundsätzlich der Fall (siehe BVerwG, Beschluss vom 27.2.2006 - 5 B 67.05 -; siehe auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 8.11.2004 - 5 ZB 03.1797 -, juris).
57 
Der Kläger kann schließlich auch nicht nach § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerungszusicherung erhalten; im Hinblick auf das Vorliegen des zwingenden Versagungsgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist die Entscheidung des Beklagten, die Einbürgerung zu verweigern, rechtlich nicht zu beanstanden (siehe § 114 Satz 1 VwGO).
58 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision war zuzulassen, da die Anforderungen an eine persönliche „Positionierung“ einzelner Einbürgerungsbewerber als Mitglieder oder Funktionäre von dargestellten Sinn diffusen und inhomogenen Vereinigungen mit mehreren widerstreitenden Strömungen höchstrichterlich noch nicht geklärt und von grundsätzlicher Bedeutung ist (siehe § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
59 
Beschluss
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird 10 000 EURO festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG; vgl. Streitwertkatalog Ziff.42.1 (in DVBl. 2004, 1525).
61 
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
28 
Die nach der Zulassung durch den Senat zulässige und auch rechtzeitig begründete (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) Berufung des Beklagten hat sachlich Erfolg; dem Kläger steht der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), und die Ablehnung des Einbürgerungsantrags ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. Ermessenseinbürgerung zu beanstanden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), so dass das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen war.
29 
Der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung - d.h. Einbürgerung des Klägers vorbehaltlich eine Aufgabe seiner türkischen Staatsangehörigkeit - ist sachlich nicht gegeben; ihr steht ein gesetzlicher Ausschlussgrund (§ 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) entgegen.
30 
Rechtsgrundlage für die begehrte Einbürgerungszusicherung ist § 38 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. den §§ 8 f. des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22.7.1913 (RGBl. S. 583, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union von 19.8.2007, BGBl. I S. 1970). Nach § 40c dieses Gesetzes sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie im vorliegenden Fall - bis zum 30.3.2007 gestellt worden sind, die früher geltenden Vorschriften des StAG anzuwenden, „soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten“. Da die früher geltende Regelung des StAG (s. § 40c und § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG i.d.F. des Gesetzes vom 14.3.2005, BGBl. I S. 721) insofern keine für den Kläger günstigere Regelung enthält - der Wortlaut von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. ist mit dem jetzt geltenden Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG identisch -, hat der Senat die nunmehr geltende Regelung zugrunde zu legen.
31 
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG (n.F.) ist ein Ausländer, der (u.a.) seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf Antrag einzubürgern, wenn er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, oder wenn er glaubhaft macht, dass er sich von einer früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. In engem Zusammenhang mit dieser Einbürgerungsvoraussetzung steht der Versagungsgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach die Einbürgerung ausgeschlossen ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einzubürgernde Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, „es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat“.
32 
Im vorliegenden Fall erfüllt der Kläger die in § 10 Abs. 1 StAG an erster Stelle genannte Voraussetzung eines Anspruchs auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, da er seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Er hat auch das in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG verlangte Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgegeben und der Einbürgerungsbehörde gegenüber erklärt, dass er weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart Bestrebungen verfolgt oder unterstützt (hat), die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bzw. die anderen in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG genannten Rechtsgüter gerichtet sind (Erklärungen vom 1.3.2000 und vom 15.1.2001). Die Frage der inhaltlichen Richtigkeit der damaligen Erklärungen bzw. der ihr zugrundeliegenden subjektiven Einstellung des Klägers (vgl. dazu Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 OE 111/06 -, AuAS 2007, 77, 79; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.2.2008  - 13 S 1169/07 - und Beschluss vom 12.12.2005 - 13 S 2948/04 -, NVwZ 2006, 484; s. auch Dollinger/Heusch VBlBW 2006, 218) und ihr Zusammenhang mit der sog. Einbürgerungskampagne der IGMG ab 2001 und ihren Zielen (vgl. dazu „Werde Deutscher, bleibe Türke“, Spuler-Stegemann, Muslime in Deutschland, 2002, S. 218) kann hier offenbleiben; unabhängig vom (u.U. auch nur subjektiven) Wahrheitsgehalt der Erklärungen scheitert die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung an den Kläger jedenfalls daran, dass der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegeben ist.
33 
Zu dem für die Entscheidung des Senats maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtfertigen nämlich tatsächliche Anhaltspunkte (noch) die Annahme, dass der Kläger Bestrebungen verfolgt oder unterstützt (hat), die im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Diese Anhaltspunkte ergeben sich für den Senat aus der langjährigen Funktionärstätigkeit des Klägers für die IGMG, deren Vorläuferorganisation AMTG und seiner auch jetzt noch bei der IGMG bestehenden durchaus aktiven Mitgliedschaft. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei der IGMG um eine Organisation handelt, die nach ihren Wurzeln und ihrer personellen, organisatorischen und publizistischen Verflechtung mit der türkischen sog. Milli-Görüs-Bewegung so eng verbunden ist, dass deren - gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete - Ziele auch ihr - und damit dem Kläger - zuzurechnen sind (1.). Neuere Entwicklungen innerhalb der IGMG, die den in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG angesprochenen tatsachengestützten Verdacht ausräumen könnten, sind zwar durchaus festzustellen; diese lassen die IGMG in heutiger Sicht eher als eine „diffuse“, inhomogene oder im Umbruch befindliche Organisation erscheinen, die sich sowohl nach innen als auch nach außen um einen dauerhaften Einklang mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bemüht (2.). Solche Bestrebungen innerhalb der IGMG kommen dem Kläger aber einbürgerungsrechtlich nicht zugute, weil sie noch nicht ausreichend konsolidiert sind und der Kläger ihnen auch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zugerechnet werden kann (3.).
34 
1. Nach ganz herrschender Auffassung zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG und zu den vergleichbaren früheren Staatsangehörigkeitsvorschriften bezweckt der hier zu prüfende Tatbestand als Ausschlussgrund eine Vorverlagerung des Schutzes der genannten verfassungsrechtlichen Güter; erforderlich, aber auch hinreichend ist die aus bestimmten Tatsachen gerechtfertigte Annahme eines Sicherheitsgefährdungsverdachts (siehe etwa Berlit in GK-StAR, Rn 66 und 87 und 89 zu § 11 m.w.N.; Hailbronner-Renner, StAR, 2005, Rn 7 zu § 11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.2.2008, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 - 5 C 20.05 -, NVwZ 2007, 956). Anerkannt ist auch, dass die hier verwendeten Begriffe gerichtlich voll überprüfbar sind, dass es insoweit auf eine Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte ankommt und dass die materielle Beweislast für das Vorliegen des Ausschlussgrundes bei der Behörde liegt (vgl. Berlit a.a.O. Rn 74, 86 und 88 und BVerwG, Urteil vom 17.10.1990 - 1 C 12/88 -, BVerwGE 87, 23 - zu § 2 Abs. 1 G 10; s. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.5.2001 - 13 S 916/00 -, VBlBW 2001, 494, und Hess.VGH, Beschluss vom 6.1.2006 - 12 ZU 3731/04 -, NVwZ-RR 2006, 429), wobei es nicht auf einen Erfolg der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen, sondern auf ihre Zielrichtung ankommt (BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. S. 956). In der genannten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass „Unterstützen“ im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG jede Handlung des Ausländers ist, die für Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; es hat allerdings - bezogen auf die Unterschrift unter die sog. „PKK-Erklärung“ - eingeschränkt, nur solche Handlungen seien ein Unterstützen, “die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt“ (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114, 125). Dass in einer Funktionärstätigkeit für eine örtliche Vereinigung (hier: Ortsverein Philippsburg der IGMG) ein derartiges „Unterstützen“ oder sogar ein „Verfolgen“ der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen liegen kann, bedarf keiner näheren Darlegung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 27.2.2006 - 5 B 67.05 - zu OVG Koblenz, Urteil vom 24.5.2005 - 7 A 10953/04.OVG -; Berlit a.a.O. Rn 94.1 und 96 zu § 11). Wegen des Ausreichens “tatsächlicher Anhaltspunkte” sind über eine solche Funktion hinaus ausdrückliche Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung eines Einbürgerungsbewerbers in der Regel (siehe aber auch unten 3.2) nicht erforderlich (s. dazu die Nachweise aus der Rechtsprechung des VGH Bad.-Württ. bei Berlit a.a.O. Rn 99).
35 
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass in der Funktion des Klägers als früherer Vorsitzender der örtlichen IGMG-Gemeinschaft in Philippsburg (1995-1996; 2000 - 2004), in seiner fortdauernden Mitgliedschaft (1992 - 1995; 1996 - 2000; seit 2004) und schon in der Funktionstätigkeit (lokaler Sekretär) der Vorläuferorganisation AMTG (1989 - 1991) ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Verfolgung bzw. (mindestens) Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG anzunehmen sind.
36 
Aktivitäten von Funktionären oder Mitgliedern der IGMG werden in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte überwiegend als einbürgerungsschädlich angesehen (s. etwa VG Mainz, Urteil vom 14.10.2004 - 6 K 251/04 -; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 20.4.2004 - 5 K 2179/03 -, bestätigt durch OVG Koblenz a.a.O.; VG Darmstadt, Urteil vom 25.5.2005 - 5 E 1819/02; VG Stuttgart, Urteil vom 26.10.2005 - 11 K 2083/04 -, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 8.11.2004 - 5 ZB 03.1795 -, juris und Beschluss vom 27.8.2004 - 5 ZB 03.1336 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 21.3.2007 - VG ZA 79,04 -); zum Teil wird zwar von verfassungsfeindlichen Bestrebungen der IGMG ausgegangen, diese werden aber dem konkreten Einbürgerungsbewerber nicht zugerechnet (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.11.2007 - 17 K 5862/02 -). Die Rücknahme einer Einbürgerung wegen Verschweigens einer Betätigung bei Milli Görüs ist andererseits in der Rechtsprechung im Hinblick auf eine nicht eindeutige und offensichtliche einbürgerungsrechtliche Einstufung dieser Vereinigung als rechtswidrig angesehen worden (Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007, a.a.O.; vgl. auch Bock NVwZ 2007, 1251), und in einem Verfahren betreffend die Zuverlässigkeit eines Flughafenmitarbeiters hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, allein die Mitgliedschaft in einer Vereinigung, die verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG verfolge, ohne gewaltbereit zu sein (gemeint: IGMG), schließe die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit nicht aus (BVerwG, Urteil vom 11.11.2004 - 3 C 8.04 -, NVwZ 2005, 450). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Verfahren ebenso wie im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des OVG Koblenz (Beschluss vom 27.2.2006 a.a.O.) die Frage der Verfassungsfeindlichkeit der IGMG nicht selbst überprüft, sondern war revisionsrechtlich an die entsprechende Würdigung und an die Tatsachenfeststellungen der Berufungsgerichte gebunden.
37 
Der Senat geht im vorliegenden Verfahren ebenso wie die weit überwiegende Rechtsprechung davon aus, dass die IGMG aus mehreren Gründen als eine Organisation zu betrachten ist, die (jedenfalls: auch bzw. noch) verfassungsfeindliche Ziele im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt; dies ergibt sich aus ihrer Geschichte und ihrer (auch personellen) Verflechtung mit der türkischen Bewegung von Milli Görüs, mit deren Publikationsorganen und den diese Bewegung tragenden islamistischen Parteien in der Türkei. Bei dieser Bewertung zieht der Senat nicht nur die Selbstdarstellung der IGMG und ihre Satzungen oder offiziellen Verlautbarungen, sondern auch die tatsächliche Organisationspolitik, Äußerungen und Aktivitäten von Funktionären und Anhängern, Schulungs- und Propagandamaterial und der IGMG zurechenbare Publikationen als Entscheidungsgrundlage heran (vgl. dazu Bay. VGH, Beschluss vom 7.10.1993 - 5 CE 93.2327 -, NJW 1994, 748; Hess. VGH, Beschluss vom 7.5.1998 - 24 DH 2498/96 -, NVwZ 1999, 904, jeweils zum Parteienrecht), und in diesem Zusammenhang sind auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes - wenn auch mit minderem Beweiswert - verwertbar (s. etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 7.4.2006 - 3 Bf 442/03 -, NordÖR 2006, 466 und BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 126; s. auch Berlit a.a.O. Rn 76 f. und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.5.2001 a.a.O. betreffend ICCB; zur Beweislast im Verfassungsschutzrecht siehe auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2006 - 1 S 2321/05 -, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 - 6 C 13.07, betr. IGMG). Als durch die Tätigkeit der Organisation gefährdete Verfassungsrechtsgüter kommen hier insbesondere das Demokratieprinzip, die Existenz und Geltung der Grundrechte, der Gedanke der Volkssouveränität und das Gebot der Bindung an Recht und Gesetz in Betracht (zum Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG und ihren Elementen s. Berlit a.a.O. Rn 108 f. insbesondere 111; s. auch Dollinger/Heusch a.a.O. m.w.N.).
38 
Der Verdacht einer Gefährdung dieser Rechtsgüter folgt aus dem der IGMG nach ihrer Herkunft, Einbettung und Positionierung zuzurechnenden Ziel der absoluten Vorherrschaft islamischen Rechtsverständnisses bzw. des Vorrangs islamischer Ge- oder Verbote - etwa der Scharia - vor den nach den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaats zustande gekommenen Rechtsnormen der Bundesrepublik und dem allgemein von Milli Görüs (global) postulierten Konflikt zwischen der westlichen und der islamischen Welt, der alle Lebensbereiche umfassen und mit einem Sieg des Islam enden soll.  Dieses Endziel ist als solches inzwischen in der IGMG zwar nicht mehr allein herrschend und sogar in Frage gestellt (s. dazu unten 2), andererseits jedoch noch nicht mit der einbürgerungsrechtlich erforderlichen Klarheit überwunden. Im einzelnen:
39 
Der Senat geht davon aus, dass es für die Annahme entsprechender Einbürgerungsbedenken nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG noch nicht ausreicht, dass die IGMG durch die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder seit Jahren beobachtet wird (vgl. dazu aber auch BVerwG, Beschluss vom 13.10.1998 - 1 WB 86/97 -, NVwZ 1999, 300 zum Beamtenrecht); es kommt vielmehr zunächst auf eine eigene gerichtliche Gesamtbewertung der Organisation des Klägers an.
40 
Wie in den zuletzt ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen im einzelnen dargestellt, in zahlreichen Darstellungen über die IGMG belegt und im wesentlichen auch bei Zugrundelegung des Klägervortrags unstreitig ist (s. dazu VG Gelsenkirchen a.a.O., S. 13 f. des Urteilsabdrucks; OVG Koblenz a.a.O., S. 8 ff. des Urteilsabdrucks; VG Berlin, S. 7 ff. des Urteilsabdrucks; vgl. auch ..., Die IGMG, Anlage Gutachten ...; Verfassungsschutzbericht - VB - Nordrhein-Westfalen 2007, Nr. 6.12; VB Bad.-Württ. 2007, Nr. 4.5 VB.Bund 2007, Nr. 2.1; „IGMG-Selbstdarstellung“ S. 9 f.) geht die IGMG auf türkische religiöse Gemeinden zurück, die Anfang der 70iger Jahre des letzten Jahrhunderts von türkischen Arbeitsimmigranten gegründet worden waren; zunächst herrschte ein starker Bezug zur Türkei und zu türkischen Parteien vor, wobei der Anschluss an dortige islamische Gruppierungen gesucht wurde. Dazu gehörte die 1972 gegründete religiöse Heilspartei (MSP) unter ihrem Führer Necmettin Erbakan, der Mitte der 70iger Jahre die Parteiprogrammatik „Milli Görüs“ in einem Buch mit diesem Titel konzipiert hatte. Es ging damals um die Entwicklung der Türkei und ihre Hinwendung zur islamischen Welt. Nach dem Verbot der MSP in der Türkei (1980) organisierten sich die Milli-Görüs-Gemeinden in der Türkei mit Unterstützung der MSP-Nachfolgepartei RP (Refah-Partisi; Wohlfahrtspartei), die ebenfalls von Necmettin Erbakan geführt wurde. 1996 bis Juni 1997 war Erbakan türkischer Ministerpräsident. Anfang 1998 wurde die RP wegen ihrer Bestrebungen gegen die laizistische Staatsordnung in der Türkei (Trennung Kirche - Staat) verboten; auch die Nachfolgepartei Fazilet Partisi (Tugendpartei) wurde aufgelöst (2001). Danach spaltete sich die Bewegung in die Saadet-Partisi (SP; Glückseligkeitspartei) unter Erbakan einerseits und die AKP unter der Führung von Erdogan andererseits; die IGMG verblieb im Lager der SP, die gegenwärtig in der Türkei allerdings praktisch keine politische Bedeutung mehr hat (Wahlergebnis 2007: unter 3%, siehe VB Bund 2007 S. 197) und der Erbakan formell auch nicht mehr angehört. Er gilt allerdings nach wie vor als ihre Führungsfigur. Von der IGMG (Vorläufer: AMGT) spaltete sich 1984 die Bewegung um den sog. Kalifatsstaat (unter Kaplan) ab; zahlreiche Mitglieder und Funktionäre (nach Schätzungen ca. 2/3) verließen damals die IGMG. Zum Wiederaufbau der Organisation entsandte Erbakan Anhänger und Funktionäre nach Deutschland (VB Nordrhein-Westfalen 2007, S.110). Im Jahr 1995 organisierte sich die IGMG vereinsrechtlich neu. Unter dem Namen EMUG existiert neben ihr eine weitere rechtsfähige Milli-Görüs-Vereinigung, die sich mit Grundstücksverwaltung und Moscheebau beschäftigt, aber (auch personell) mit der IGMG verflochten ist.
41 
Die geschichtliche enge Verbindung zur Milli-Görüs-Bewegung in der Türkei, die bereits in der Beibehaltung des Begriffs „Milli Görüs“ im Namen der IGMG zum Ausdruck kommt, wird u.a. in engen und dauerhaften Kontakten deutlich, die nach wie vor zwischen der IGMG und dieser Bewegung in der Türkei bzw. der von ihr getragenen SP bestehen. Dies zeigt sich - wie die Verfassungsschutzberichte einheitlich belegen - nicht nur in der allgemeinen Zielsetzung der IGMG, die Milli-Görüs-Bewegung als solche zu stärken und zu unterstützen, sondern auch in der Teilnahme hoher Funktionäre der SP an Veranstaltungen der IGMG und umgekehrt, in dem Inhalt der Redebeiträge von SP-Funktionären bei Veranstaltungen der IGMG und in der häufigen Zuschaltung von Erbakan zu IGMG-Veranstaltungen, bei denen für Milli Görüs als Bewegung geworben wird. Auch existieren enge personelle Verbindungen zwischen Erbakan und seiner Familie und der IGMG. Ein Neffe Erbakans war längere Zeit Vorsitzender der IGMG in Deutschland, und der Generalsekretär der Parallelorganisation EMUG, ..., ist mit Erbakans Familie verschwägert (zu ihm siehe VB Bund 2007, S. 193 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008). Es gehört schließlich auch zum „Besuchsprogramm“ von IGMG-Angehörigen, wenn diese sich in der Türkei aufhalten, Erbakan und/oder Funktionäre der SP aufzusuchen (auch wenn dies konkret für den Kläger des vorliegenden Verfahrens nicht gilt). Die Funktion von Erbakan als in seiner Autorität unbestrittener „Doyen“ der Milli-Görüs-Bewegung wird auch in der Einstellung der IGMG-Funktionärselite ihm gegenüber deutlich, die nicht nur von kulturell bedingtem Respekt gegenüber einer älteren Führungsfigur geprägt ist, sondern durchaus einkalkuliert, dass ein ernsthaftes Infragestellen der Person Erbakans und seiner Ziele die IGMG in die Gefahr einer Spaltung stürzen würde. Hier findet offenbar die sonst bemerkenswert weit entwickelte Diskursfähigkeit der höheren Funktionäre der IGMG, z.B. ihres in der mündlichen Verhandlung angehörten Generalsekretärs, aber auch sonstiger sich öffentlich äußernder Führungspersönlichkeiten, ihre Grenze. Die durchaus nicht selten öffentlich bekundete Bereitschaft solcher Funktionsträger, sich sachlich/inhaltlich mit Erbakan kritisch auseinanderzusetzen, wird sozusagen in den von außen nicht einsehbaren internen Bereich verschoben; Erbakan wird nach wie vor als Integrationsfigur aufgefasst und verehrt (siehe etwa Ücüncü im Interview mit der taz vom 11.8.2004). Dies mag auch historisch erklärbar sein (zur Fähigkeit zu internen Auseinandersetzungen in der Milli Görüs anlässlich des Abfalls von Kaplan siehe etwa Schiffauer, Die Gottesmänner, 2000, S. 147), dient offenbar aber auch dazu, einen jedenfalls intern als ausreichend stark eingeschätzten „Erbakan-Flügel“ nicht vor den Kopf zu stoßen. Jedenfalls ist die Folge dieser Zurückhaltung, dass Erbakan-Zitate und -Ziele der IGMG zuzurechnen sind. Das bedeutet andererseits nicht, dass mit der erforderlichen Distanzierung von Erbakan einbürgerungsrechtlich von der IGMG eine (möglicherweise integrationspolitisch kontraproduktive) „symbolische Unterwerfung“ verlangt würde (vgl. dazu Schiffauer, zit. bei Minkmar in FASZ vom 17.12.2006).
42 
Auf eine nach wie vor bestehende Milli-Görüs-Bindung deutet die Rolle hin, die der Tageszeitung „Milli Gazete“ für die IGMG und ihre Mitglieder zukommt. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Milli Gazete als Zeitung - jedenfalls inzwischen - von der IGMG personell und redaktionell getrennt ist und dass die IGMG eine eigene Monatszeitschrift - „Milli-Görüs-Perspektive“ -herausgibt und unter ihren Mitgliedern verteilt; dies ändert aber nichts daran, dass die Milli Gazete als Tageszeitung großen publizistischen Einfluss auf die Mitgliederschaft der IGMG ausübt. Sie ist nach Auffassung des Senats auch ohne offiziellen IGMG-Publikationscharakter doch als Sprachrohr der Milli-Görüs-Bewegung und jedenfalls insofern auch der IGMG zuzurechnen. In diesem Punkt folgt der Senat der entsprechenden Bewertung der Verfassungsschutzämter, die z.B. entsprechende (gegenseitige) Werbeaktionen und Inserierungen hervorheben (siehe etwa VB Nordrhein-Westfalen 2007 S. 111, 112). In der mündliche Verhandlung hat der Kläger selbst ohne weiteres eingeräumt, dass die Mitglieder seines Ortsverbandes generell die Milli Gazete beziehen und lesen. Selbst wenn die Milli Gazete eine kleinere Auflage als die „Milli-Görüs-Perspektive“ haben mag, so hat sie doch als Tageszeitung gegenüber der monatlich erscheinenden offiziellen „Perspektive“ ein traditionell hohes Gewicht bei der Information und Meinungsbildung der IGMG-Mitglieder. Das bedeutet nicht, dass sämtliche in der Milli Gazete abgedruckte Artikel ohne weiteres als Auffassung der IGMG gewertet werden können; die IGMG muss sich aber jedenfalls diejenigen Auffassungen zurechnen lassen, die sozusagen „milli-görüs-typisch“ sind, also mit einer gewissen Regelmäßigkeit, Intensität oder Häufigkeit publiziert werden und ihrerseits mit den Auffassungen Erbakans oder der SP übereinstimmen oder diese propagieren. Das gleiche gilt für den (auch von dem Kläger benutzten) türkischen TV-Sender TV 5, soweit dieser die Ideologie der Milli Görüs transportiert und verbreitet; der Sender soll dafür sorgen, dass das Anliegen von Milli Görüs in der Türkei wieder den verdienten Platz einnehmen soll (s. VB Bad.-Württ. 2007, S. 64). TV 5 berichtet regelmäßig über Milli-Görüs-Vereine in Europa, z.B. darüber, dass Milli-Görüs-Vereine durch ihre Jugendarbeit auf eine Islamisierung Europas hinarbeiten (VB Bad.-Württ., a.a.O. S. 65). Ebenso sind der IGMG die unmittelbar von Erbakan stammenden Erklärungen und Publikationen zuzurechnen, insbesondere die - auch im Besitz des Klägers befindliche  - programmatische Schrift „Milli Görüs“ von 1975, das in den 70iger Jahren erstellte Konzept „Adil Düzen“ - eine Art „Manifest“ von Milli Görüs (siehe VB Nordrhein-Westfalen 2007, S. 109) - und die weiteren Äußerungen Erbakans, die teilweise auf türkische Parteien und allgemein die Milli-Görüs-Bewegung bezogen sind, teilweise aber auch im Zusammenhang mit Veranstaltungen der IGMG abgegeben wurden. Danach stellt sich die (auch) von der IGMG vertretene politische „Ideologie“ von Milli Görüs wie folgt dar:
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In ihren offiziellen Verlautbarungen (Selbstdarstellung, Satzungen) bezeichnet  sich die IGMG als Gesellschaft zur „religiösen Wegweisung“, deren Aufgabe es ist, den Mitgliedern bei der Erfahrung der Gottesnähe zu helfen, durch Sinnsetzungen, Erklärungen und Deutungen Halt im diesseitigen Leben zu geben und sie bei der Praktizierung der Gottesdienste zu unterstützen („Selbstdarstellung“ S. 16); die einzelnen Abteilungen der IGMG haben spezielle Aufgaben. Sowohl in ihrer „Selbstdarstellung“ (S. 24) als auch in ihrer Satzung (Ziff. 3 Abs. 7) erklärt die IGMG, sie bekenne sich zu einer pluralistischen Gesellschaft, in der verschiedene Religionen und Kulturen zusammenleben, zur Rechtsstaatlichkeit und zur Religionsfreiheit und sehe die freiheitlich-demokratische Grundordnung als Basis für ein auf Frieden, Toleranz und Harmonie aufbauendes gesellschaftliches Leben an (Selbstdarstellung a.a.O.); die Satzung spricht ausdrücklich davon, die IGMG achte und schütze die verfassungsmäßig garantierten Rechte und sei loyal gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (a.a.O.). Sowohl die Äußerungen Erbakans als auch die nach den obigen Grundsätzen der IGMG zuzurechnenden publizistischen Äußerungen weisen jedoch (auch) in eine andere Richtung.
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Die Wahlkampfauftritte Erbakans im Vorfeld der türkischen Parlamentswahlen im Juli 2007 verdeutlichen demgegenüber, dass Erbakan unverändert an seinen ideologischen Standpunkten festhält und nach wie vor Imperialismus, Rassismus und Zionismus als zerstörerische, gegen das türkische Volk gerichtete Kräfte anprangert; das Ziel von Milli Görüs ist danach, wieder eine „Großtürkei“ zu etablieren und das türkische Volk erneut zum Herrn über die Welt zu machen (s. VB.Bund 2007, S. 195 mit Zitat Milli Gazete vom 19.7.2007, S. 9). Erbakan geht es nach wie vor um die „Befreiung“ Istanbuls, der islamischen Welt und der Menschheit; Erbakan bezeichnet dies als „heiligen Krieg“ (a.a.O. S. 196; Milli Gazete vom 15.6.2007, S. 1 und vom 20.7.2007, S. 1). Nach der von Erbakan entwickelten Ideologie „Adil Düzen“ ist die Welt in die auf dem Wort Gottes fußende religiös-islamische Ordnung einerseits und die westliche Ordnung der Gewalt und Unterdrückung andererseits aufgeteilt; der letzteren (Batil Düzen) spricht Erbakan jede Existenzberechtigung ab. Die gerechte Ordnung (Adil Düzen) soll dagegen alle Lebensbereiche erfassen und zunächst in der Türkei und danach in der ganzen Welt verwirklicht werden. Zu den klassischen Feindbildern gehört außer der westlichen Welt auch der Staat Israel - meistens als „Zionisten“ umschrieben -, ferner Kommunismus, Imperialismus, Kapitalismus und Christentum (s. Gutachten ..., S. 26; VG Nordrhein-Westfalen 2006 S. 208). Auch der der IGMG gegenüber eher vorsichtig-optimistisch eingestellte Gutachter ... räumt zur Schrift Adil Düzen von Erbakan ein, dass das Adil-Düzen-Konzept mit individuellen Freiheitsrechten, wie sie im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet werden (vgl. Berlit a.a.O. Rn 108 f. zu § 11), unvereinbar ist (Gutachten..., S. 8). Auch nach ... knüpft das Rechtsverständnis Erbakans nicht an Gesetze an, die auf demokratischem Weg zustande gekommen sind, sondern an zeitlose islamische Prinzipien und kulturelle Vorstellungen (Schiffauer, a.a.O., S. 7 f.). Selbst wenn die Äußerungen Erbakans - soweit sie über bloße Grußbotschaften hinausgehen - in der letzten Zeit im Ton maßvoller und abstrakter/allgemeiner geworden sein mögen, wie der Generalsekretär der IGMG in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, lässt sich ein Sinneswandel jedenfalls in der Person dieses für Milli-Görüs-Mitglieder offenbar immer noch charismatischen Führers von Milli Görüs nicht feststellen.
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Bestätigt wird dies durch Äußerungen von Mitgliedern und Funktionären der IGMG in Deutschland bzw. von Milli Görüs in der Türkei, die regelmäßig und in der Zielsetzung gleichlautend in der Milli Gazete veröffentlicht werden. Dass die Veröffentlichungen in der Milli Gazete Bestandteil der Milli-Görüs-Bewegung sind, ist bereits dargestellt worden, die Milli Gazete sieht sich selbst als „Kanal“, um der Nation die „Rettungskonzepte“ der Milli Görüs zu überbringen (s. Milli Gazete vom 27.6.2006, VB.Bund 2006 S. 245). Bezeichnend ist insofern das Zitat des Generaldirektors der Türkeiausgabe der Milli Gazete vom 20.7.2005 (VB-Bund 2005, 219): „Selbst wenn die Milli Gazete aus einem leeren weißen Blatt bestünde, auf dem nur Milli Gazete steht, müsst ihr die Milli Gazete kaufen, um Milli Görüs zu unterstützen ... Wir müssen Gott dafür danken, dass wir Leute der Milli Gazete und damit der Milli Görüs sind, die die Wahrheit sagt und sich auf die Seite der Wahrheit und desjenigen, der im Recht ist, stellt“. Nach der Auffassung der Milli Görüs ist das Gesetz nicht weltlichen, sondern göttlichen Ursprungs; ein gesetzgebendes Organ ist nicht notwendig (s. VB Bund 2006, S. 247; Flyer der IGMG Nürtingen); das Ordnungssystem des Islam lehnt ein säkulares (weltliches) Rechtssystem ab (Milli Gazete vom 5.7.2005, VB Bund 2005, S. 217), und der langjährige Funktionär der IGMG ... sagte auf einer Veranstaltung der Jugendorganisation in der Türkei, die in Europa lebenden Auswanderer „folgen den Befehlungen unseres Hodscha Erbakan.  Wir haben niemals unser Hemd ausgezogen und werden es auch nie tun“ (Milli Gazete vom 29.5.2006, VB Nordrhein-Westfalen 2006, 213). Das Gutachten ... (S. 9 f.), dem der Senat hier folgt, führt aus, dass nach dem Islamverständnis der IGMG die Befolgung der Scharia in der Interpretation von Milli Görüs erforderlich sei; Ziel sei die Herrschaft des Islam in der politischen Ausrichtung von Erbakan. Seit langem wird dementsprechend in der IGMG die Auffassung vertreten, weltliche Herrschaft verfüge über kein Einspruchsrecht gegen einen einzigen Vers im Buch Gottes; wer ein anderes System als das System Gottes wolle, verursache im gesellschaftlichen Gefüge ein Erdbeben (Milli Gazete vom 27.7.2004, VB Bund 2004, 216). Im Innern ist die Milli-Görüs-Bewegung  - der Rolle Erbakans entsprechend - nach dem Führerprinzip aufgebaut; dies gilt jedenfalls für die Jugendorganisation (s. Milli Gazete vom 8.11.2007, VB Baden-Württemberg S. 69). Dementsprechend wurde auf dem ersten Internationalen Milli-Görüs-Symposium Ende Oktober 2006 in Istanbul der Leitgedanke vom Aufbau einer neuen Weltordnung auf der Grundlage der Milli Görüs propagiert; ihr Gegenbild ist die „rassistische unterdrückerische, kolonialistische Ordnung“ (VB Baden-Württemberg S. 68 mit Hinweis auf eine Webseite vom 27.10.2006). In den Augen Erbakans (Äußerung auf einer SP-Veranstaltung in Istanbul) wird die Menschheit heute mit dem „Demokratie-Spiel“ hereingelegt; die Demokratie sei kein Regime mehr, in dem sich das Volk selbst regiere, sondern sie werde zu einem Regime, das das Volk für seine Zwecke instrumentalisiere (Milli Gazete vom 15.10.2007, S. 1 und 8, VB.Bund 2007, 197). Sogar bei der aus Milli-Görüs-Sicht wesentlich gemäßigteren (und deshalb mehrfach von Erbakan angegriffenen) AKP scheint der Slogan, die Demokratie sei wie eine Straßenbahn, bei der man aussteige, wenn man sein Ziel erreicht habe, gängig zu sein (siehe Gutachten ... S. 37). Aufgabe des einzelnen Milli-Görüs-Anhängers ist es in dieser Sicht, die notwendigen Maßnahmen dafür zu treffen, dass der Islam zur Herrschaft gelangt (Milli Gazete vom 9.6.2007, S. 17, VB Bund 2007, 201). Insofern weist die Tätigkeit für Milli Görüs jedenfalls in den Augen eines Mitglieds der Jugendabteilung der IGMG Düsseldorf durchaus Elemente einer Mission und eines Kampfes (ohne Kompromisse) auf (Internetseite der Jugendabteilung der IGMG Düsseldorf, 16.10.2007, VB Bund 2007, S. 202).
46 
Insgesamt ergibt sich aus diesen Verlautbarungen, dass jedenfalls wesentliche Strömungen innerhalb der IGMG den Leitideen Erbakans folgend einen Absolutheitsanspruch verfolgen, der mit der Ablehnung westlicher Werte, des westlichen Staatssystems, der Freiheitsrechte und insbesondere des grundgesetzlichen Prinzips der Volkssouveränität und der Geltung der verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetze nicht vereinbar ist. Zwar wirkt auch eine in traditionalistischen religiösen Überzeugungen gründende antiemanzipatorische und patriarchalische Grundhaltung als solche noch nicht einbürgerungshindernd (so Berlit a.a.O. Rn 109); die Milli-Görüs-Bewegung verlässt in den genannten Zielen jedoch den grundrechtlich durch Art. 4 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Raum. Wenn die weltliche Gewalt uneingeschränkt religiös-weltanschaulichen Geboten unterworfen wird, die ihrerseits verbindliche Vorgaben für die Gestaltung der  Rechtsordnung enthalten, Auslegungsrichtlinien für die Auslegung und Anwendung staatlicher Rechtsgebote darstellen und im Konfliktfall sogar Vorrang vor dem staatlichen Gesetz genießen sollen, gefährdet dies im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die freiheitliche demokratische Grundordnung. Nach der Weltanschauung von Milli Görüs darf die Politik z.B. ihre Unabhängigkeit von der Scharia gerade nicht erklären (s. Milli Gazete von 5.7.2005, VB.Bund 2005, S. 217).
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2. Allerdings ist nicht zu verkennen - und davon geht auch der Senat im vorliegenden Verfahren aus -, dass die IGMG trotz ihrer Verwurzelung in der türkischen Milli-Görüs-Bewegung, trotz der engen Verbindung  mit deren eigenen Publikationen und trotz der oben dargestellten personellen und organisatorischen Kontakte zu Erbakan und zur SP zum gegenwärtigen (entscheidungserheblichen) Zeitpunkt nicht mehr als eine homogene und - bezogen auf die Frage der Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - in ihrer Zielrichtung einheitliche Bewegung anzusehen ist. Die IGMG selbst nimmt für sich in öffentlichen Verlautbarungen - bekräftigt durch ihren Generalsekretär in der mündlichen Verhandlung - in Anspruch, hinsichtlich ihrer Verfassungsnähe verglichen mit der ersten Immigrantengeneration, also sozusagen den „Gründervätern“, einen aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung relevanten Wandel durchgemacht zu haben (vgl. auch dessen Interview in der TAZ vom 7.5.2004, S. 4-5), und die Existenz reformorientierter Kreise innerhalb der IGMG mit dem Ziel, sich von den ursprünglichen politischen Idealen der Milli-Görüs-Bewegung Erbakans abzusetzen und die Integration der türkischen Muslime in Deutschland auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes zu fördern, wird auch sonst anerkannt. Sie ergibt sich z.B. schon aus den im Gutachten ... herausgestellten Äußerungen des früheren Generalsekretärs M.S. Erbakan (s. Gutachten S. 11 ff., 14, 28, insbesondere 16-30), und auch das Gutachten ... stellt - wenngleich zurückhaltender - unterschiedliche Strömungen und Positionen innerhalb der IGMG fest (S. 48 f.). Wenn dieses Gutachten gleichwohl „reformatorische Ansätze ... von der Führungsspitze her“ nicht erkennt (a.a.O. S. 48), so schließt sich dem der Senat in dieser Zuspitzung nicht an. Bereits die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP und deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 haben innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum (wesentlich gemäßigteren) Kurs der AKP geführt (s. dazu VB Berlin 2003, 111, zitiert bei OVG Koblenz a.a.O. und VB Berlin 2005, S. 284 f., zitiert bei VG Berlin a.a.O., S. 11). Der Generationenwechsel und die im Vergleich zur ersten Immigrantengeneration völlig veränderte Situation späterer, schon in Deutschland geborener und aufgewachsener türkischer Staatsangehöriger hatte nach der Literatur zur IGMG tiefgreifenden weltanschaulichen Neuentwicklungen innerhalb der IGMG zur Folge (s. dazu Kücükhüseyen, Türkische politische Organisationen in Deutschland, Broschüre der Konrad-Adenauer-Stiftung Nr. 45, August 2002, S. 23 m.w.N). Bei deren Bewertung war man allerdings eher vorsichtig  (siehe etwa K. Schuller in FASZ vom 18.4.2004: „noch zu früh“). Auch die Verfassungsschutzberichte der neueren und neuesten Zeit erkennen eine solche Weiterentwicklung der IGMG insbesondere im Hinblick auf die Frage der Verfassungsfeindlichkeit an (s. insbesondere VB Nordrhein-Westfalen 2007 vom 29.3.2008, S. 110 und 112). Ob es sich hier (nur) um einen Generationenkonflikt handelt oder ob die Grenzen zwischen den einzelnen Strömungen nicht vielmehr kulturell und mentalitätsbedingt sind, wie der Generalsekretär der IGMG in der Verhandlung andeutete, kann hier offenbleiben. Nach der Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen sind jedenfalls in der von ihm beobachteten IGMG trotz der noch immer vorhandenen Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer (islamistischer) Bestrebungen seit Jahren Tendenzen einer allmählichen Loslösung von islamistischen Inhalten zu beobachten. Der Einfluss Erbakans auf Personalentscheidungen der IGMG wird als „zurückgehend“ beurteilt, und als ein Ergebnis des Symposiums Ende 2007 in Bonn geht der Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen davon aus, dass die IGMG von einem Anhängsel einer extremistischen politischen Bewegung mit religiöser Verankerung inzwischen zu einer eigenständigen religiösen Gemeinschaft geworden ist (a.a.O.); er spricht von “guten Gründen” für die Annahme, die neue Generation der Funktionärsebene teile die ideologischen Vorgaben Erbakans nicht mehr (a.a.O. S. 110). Der auch vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörte Generalsekretär der IGMG hat bei dem genannten Symposium nach der Wertung des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen in seinem Schlussvortrag „ein in seiner Klarheit und Offenheit bemerkenswertes Bekenntnis“ abgelegt, das als „Absage an überkommene ideologische Vorstellungen“ bewertet wird (a.a.O. S. 113: Es sei ”nicht schmerzlich, sich einzugestehen, dass man auf der Suche nach vermeintlich islamischen Antworten auf gesellschaftliche Grundsatzfragen erkennt, dass bewährte Konzepte wie Demokratie und soziale Marktwirtschaft dem eigenen Ideal von einem auf Gerechtigkeit fußenden System am nächsten kommen…”). Auch der Senat hat in der mündlichen Verhandlung bei der ausführlichen Anhörung des Generalsekretärs, der immerhin ein entscheidendes Amt innerhalb der IGMG innehat und sie repräsentiert (s. dazu VB Bund 2007 S. 194 und „IGMG-Selbstdarstellung“ S. 20: Pflege der Beziehungen der Gemeinschaft zu anderen gesellschaftlichen Gruppen; Ansprechpartner zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft) und von daher auch die Ausrichtung der IGMG mit Öffentlichkeitswirkung mitbestimmen kann, den Eindruck gewonnen, dass jedenfalls von seiner Seite aus keine Infragestellung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung befürchtet werden muss; dem Generalsekretär geht es vielmehr offensichtlich eher darum, im Interesse der nunmehr heranwachsenden Generation der Milli-Görüs-Mitglieder und ihrer Integration auf einen Konsens zum Demokratieprinzip und zu den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinzuwirken und die Vereinbarkeit dieser Grundprinzipien auch mit der religiösen Fundierung der IGMG im Islam zu verdeutlichen. Dass es sich hier um bloße taktische Manöver der IGMG-Spitze handelt („vorsichtiger geworden“, siehe Gutachten ... ... S. 47), nimmt der Senat nicht an, zumal die IGMG insofern - etwa was den Beitritt der Türkei zur EU angeht - auch Spannungen mit den Milli-Görüs-Anhängern in der Türkei in Kauf genommen hat (siehe Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008). Im Übrigen kann ohnehin davon ausgegangen werden, dass mehrfache und ausdrückliche Bekenntnisse zur Verfassung - wie sie mehrfach abgegeben worden sind -  auch „nach innen“ langfristige Wirkungen haben (zum Problem einer sog. „doppelten Agenda“ siehe ... Gutachten S. 50; vgl. auch J. Miksch in FR vom 14.4.2005, speziell zur IGMG). Die genannten Wandlungstendenzen sind - wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung - auch von der Rechtsprechung anerkannt worden (VG Berlin a.a.O., S. 14 f.; VG Gelsenkirchen, a.a.O. S. 21 ff.; OVG Koblenz a.a.O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Wenn auch diese Gerichtsentscheidungen noch nicht zu dem Ergebnis gekommen sind, dass der festzustellende Wandlungsprozess bereits zu einem im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG positiven Abschluss gekommen ist, so ist doch jedenfalls nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die IGMG inzwischen nicht mehr als homogen-einheitliche, im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädliche Organisation zu betrachten ist; sie erscheint vielmehr als eine islamisch fundierte Gemeinschaft, in der mehrere starke Strömungen, also durchaus auch vor § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG unverdächtige, festzustellen sind. Dies entspricht auch der Einschätzung der IGMG durch den gegenwärtigen Bundesinnenminister, der einer pauschalen „Vorverurteilung“ von Milli-Görüs- bzw. IGMG-Mitgliedern mehrfach öffentlich entgegengetreten ist und für eine differenzierte Bewertung eintritt („verschiedene Strömungen“, „heftige (interne) Spannungen“ vgl. Interview in FASZ vom 2.3.2008 und schon vom 22.4.2004). Auch zeigt das Verhalten der IGMG bei der sog. Islamkonferenz trotz noch immer bestehenden Unklarheiten im Detail (zum dortigen Verhalten des IGMG-Mitglieds ... in der Diskussion der später verabschiedeten „Eckpunkte“ - diese zit. in FR vom 14.3.2008 - s. Rüssmann in FR vom 26.6.2007 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008), dass sich die IGMG jedenfalls nicht mehr durchweg einem ernsthaften Bekenntnis zu der verfassungsrechtlichen Grundordnung verweigert. Dass sie sich andererseits einer Forderung nach Assimilierung an eine deutsche „Leitkultur“ oder einem Bekenntnis zu ihr (unabhängig von den verfassungsrechtlich verbindlichen Vorgaben der Einbürgerung) verweigert (vgl. dazu den Streit um die Begriffe „Werteordnung des GG“ oder „Werteordnung, wie sie sich auch im GG widerspiegelt“ , zit. bei Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008, Mönch in Tagesspiegel vom 14.3.2008 und Preuß/Drobinski in SZ vom 13.3.2008),  steht dem nicht entgegen; derartiges  könnte einbürgerungsrechtlich auch nicht verlangt werden. Insofern sieht der Senat die IGMG nach den ihm vorliegenden Erkenntnisquellen inzwischen als eine Organisation an, die in relevanten Teilen gewissermaßen auf dem Weg zu einer Abwendung von ihren im Sinn des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlichen Wurzeln ist.
48 
3. Hieraus folgt für das Begehren des Klägers: Ebenso wie das Gesetz im Einzelfall bei der Prüfung einer Unterstützung einbürgerungsschädlicher Bestrebungen die Glaubhaftmachung einer „Abwendung“ verlangt, wird dies auch für die Beurteilung der Mitgliedschaft bei Personenvereinigungen zu gelten haben; auch bei diesen genügt ein bloß äußeres, zeitweiliges oder situationsbedingtes Unterlassen solcher Bestrebungen für die Annahme einer Abwendung noch nicht, wenn dies auch hierfür ein Indiz sein kann (s. dazu Berlit a.a.O. Rn 152 zu § 11 mit Hinweis auf Bay.VGH, Urteil vom 27.5.2003 - 5 B 01.1805 -, juris und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64). Wenn auch eine Art „Abschwören“ oder eine rückwirkende Distanzierung von der eigenen Geschichte nicht unbedingt verlangt werden kann (s. dazu Berlit a.a.O. Rn 153 m.w.N.), bedarf es doch für die Glaubhaftmachung eines entsprechenden „Kurswechsels“ deutlicher Anhaltspunkte. So würde es z.B. nach Auffassung des Senats nicht ausreichen, wenn eine Organisation mit (auch) einbürgerungsschädlicher Zielsetzung für die Überwindung dieser Tendenzen lediglich auf den Zeitablauf oder die Erwartung setzen würde, eine neuen Mitgliedergeneration werde das Problem sozusagen von selbst erledigen. (So wird z.B.  auch in neuerer Zeit noch beobachtet, dass jedenfalls bisher in der IGMG „die Alten“ nach wie vor „das Geld und das Sagen“ haben, siehe Wehner in FASZ vom 9.3.2008). Insofern ist es gewissermaßen eine einbürgerungsrechtliche Obliegenheit der IGMG, „Reformer und Betonköpfe“ abzugrenzen und die erforderliche interne Diskussion selbst zu führen (so der auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angehörte ... vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, zit. bei Thelen in Stuttgarter Zeitung vom 1.12.2007). Entsprechende Nachhaltigkeit kann im Einbürgerungsverfahren wegen der Vorverlagerung des Schutzes von Verfassungsgütern nach Auffassung des Senats durchaus verlangt werden.
49 
Da die IGMG die vielfach von ihr erwartete ausdrückliche Distanzierung von den bisherigen (verfassungsfeindlichen) Zielen der Erbakan-Bewegung noch nicht geleistet hat, kann nach den oben dargestellten Grundsätzen jedenfalls eine generelle dauerhafte und intern belastbare  „Umorientierung“ der IGMG als Gesamtorganisation noch nicht angenommen werden. Wegen des ambivalenten Charakters der IGMG steht aber andererseits auch nicht gewissermaßen automatisch fest, dass bei jedem Mitglied oder Funktionsträger der IGMG ausreichende Anhaltspunkte für einbürgerungsfeindliche Bestrebungen oder Unterstützungshandlungen anzunehmen sind. Es kommt bei einer solchen Konstellation vielmehr zusätzlich (ausnahmsweise) auf die Einstellung des jeweiligen Einbürgerungsbewerbers als eines Mitglieds oder Funktionärs der IGMG an (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 27.2.1006 - 5 B 67/05 zu OVG Koblenz a.a.O.); es ist - mit anderen Worten - zu entscheiden, ob der einzelne Einbürgerungsbewerber die Organisation gewissermaßen als Ganzes d.h. einschließlich ihrer einbürgerungshindernden Ziele mitträgt - was bedeuten würde, dass sie ihm auch zuzurechnen sind - oder ob in seiner Person ein Verhalten vorliegt, das nach Intensität, Eindeutigkeit und Nachhaltigkeit einer individuellen „Abwendung“ im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gleichgestellt werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich der Betroffene innerhalb der widerstreitenden Strömungen einer Gemeinschaft so klar positioniert, dass bei einem individuellen einbürgerungsschädlichen Verhalten wegen „Abwendung“ im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG der bisherige tatsachengestützte Verdacht verfassungsfeindlicher Betätigung oder Unterstützung entfallen würde. Mit anderen Worten: Ein Mitglied oder einen Funktionär einer Vereinigung, der sich intern ausreichend deutlich von deren verfassungsfeindlichen Strömungen distanziert, sie überwinden will und geradezu einen verfassungsfreundlichen Kurs zu seinem Ziel macht, ist einbürgerungsrechtlich nicht schlechter zu behandeln als ein Einbürgerungsbewerber, der sich von eigenen früheren verfassungsfeindlichen Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG abgewandt hat. Die hier maßgebenden Kriterien lehnen sich an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der „Abwendung“, aber auch zum Unterstützungsbegriff an; danach sind nur solche Handlungen ein „Unterstützen“ im Sinn der hier zu prüfenden Vorschrift, „die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt“ (BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. und Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 28.03 -, BVerwGE 123, 125; ganz ähnlich die vergleichbare - s. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.5.2001 a.a.0. S.493 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerwG; kritisch Berlit a.a.0. Rn. 69 - Problematik der Einstellungsüberprüfung von Beamtenbewerbern (s. Hess.VGH, Urteil vom 7.5.1998 - 24 DH 2498/96 -, NVwZ 1999, 906).
50 
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass im Fall des Klägers eine ausreichend tragfähige Distanzierung von einbürgerungsschädlichen Tendenzen innerhalb der IGMG nicht angenommen werden kann. Zwar hat die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung gezeigt, dass ihm selbst solche Tendenzen und Einstellungen nicht vorzuwerfen sind (3.1); es fehlt aber gerade an tatsächlichen Grundlagen für die Annahme, dass der Kläger sich von den überkommenen, oben dargestellten typischen Milli-Görüs-Vorstellungen abgewandt hat (3.2).
51 
3.1 Dem Kläger selbst sind keine Äußerungen und Aktivitäten vorzuwerfen, die im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlich wären; weder seine Anhörung vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat noch die dem Senat vorliegenden Akten der Einbürgerungsbehörde oder die Erkenntnisses des Landesamts für Verfassungsschutz geben insofern etwas her. Dass im Verwaltungsverfahren sich zwei Mitbürger gegen eine Einbürgerung des Klägers gewandt hatten, mag auf persönlicher Aversion oder auf dem Einsatz des Klägers für eine islamisch akzeptable Schulspeisung beruhen und gibt jedenfalls keinen konkreten Hinweis auf persönliche verfassungsfeindliche Aktivitäten.
52 
3.2. Andererseits hat sich aber für den Senat aus der Biografie des Klägers und aus seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung ergeben, dass er eher als „traditioneller Milli-Görüs-Mann“ anzusehen ist und jedenfalls den oben dargestellten Reformbestrebungen innerhalb der IGMG nicht zugezählt werden kann. Zunächst fällt auf, dass - anders als die Verfassungsschutzberichte des Bundes, Berlins oder Nordrhein-Westfalens - der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg (2007) auf Aspekte einer Umorientierung der IGMG in seinem Beobachtungsbereich nicht eingeht; diese werden nicht einmal angedeutet. Dem kann eine (enge) Interpretation der Aufgaben des Verfassungsschutzes zugrunde liegen, u.U. aber auch eine grundsätzlich abweichende Bewertung der IGMG oder  möglicherweise auch die unausgesprochene Feststellung, jedenfalls im Bereich Baden-Württembergs seien derartige Tendenzen nicht zu erkennen. Diese Frage kann hier aber offenbleiben; es liegen jedenfalls nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger konkret und erkennbar in seinem IGMG-Einwirkungsbereich eine Umorientierung der IGMG im oben dargestellten Sinn unterstützt oder unterstützen würde.
53 
Dies folgt bereits aus den Einzelumständen, unter denen das politisch-religiöse Engagement des Klägers in der Milli-Görüs-Bewegung begonnen hat; er war 1989 bis 1991 Sekretär der AMTG - einer Vorläuferorganisation -und danach von 1992 an Gründungsmitglied und später führender örtlicher Funktionär, begann sein Engagement also zu Zeiten, in denen die oben dargestellten Reformbestrebungen innerhalb der IGMG für Gründungsmitglieder eines örtlichen IGMG-Vereins wohl kaum bemerkbar gewesen sein dürften. Es kommt hinzu, dass die IGMG bis etwa Mitte der 90er Jahre ihre Geschlossenheit nach außen besonders betont hat (siehe Schiffauer, Die IGMG, zitiert in VG Berlin, a.a.O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Der Kläger bezeichnete die Milli Gazete in der mündlichen Verhandlung auch als seine am meisten und jedenfalls regelmäßig gelesene Zeitung; die IGMG-Perspektive spielt demgegenüber für ihn offenbar nur eine geringe Rolle. Der Fernsehkonsum des Klägers ist auf TV 5 ausgerichtet, also einen Sender, in dem Erbakan oft auftritt bzw. seine Ideen propagiert werden. Der Kläger hat dazu erklärt, anfangs habe er den Fernsehapparat abgeschaltet, wenn Erbakan gekommen sei, aber danach habe sich das geändert. Offenbar spielt Erbakan, (der den Kläger wohl mehr und mehr überzeugt hat) als politische Leitfigur auch heute noch bei ihm eine entscheidende Rolle, wenn auch er selbst nicht - wie offenbar mindestens ein anderes Mitglied der IGMG Philippsburg - bei seinen Urlaubsbesuchen in der Türkei persönlichen Kontakt mit Erbakan oder Funktionären der SP hatte. Das Ziel Erbakans umschreibt der Kläger auch nur ganz allgemein damit, Erbakan wolle den Menschen helfen, Erbakan wolle etwas Gutes machen, und deswegen werde er auch geliebt. Was dieses „Gute“ jeweils ist, konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht näher konkretisieren (mit Ausnahme der Forderung, alle sollten gleichbehandelt werden); insofern liegt für den Senat die Annahme nahe, dass er sich inhaltlich hier pauschal an Erbakan orientiert. Dementsprechend steht der Kläger offenbar auch der Saadet-Partisi nahe; eine Wahl dieser Partei hält er nur deswegen nicht für sinnvoll, weil die (türkischen) Gerichte ohnehin „alles kaputtmachten“. Auch Erbakans Schriften (Milli Görüs; Adil Düzen) sind dem Kläger bekannt oder in seinen Besitz. Dass es eines der Ziele Erbakans ist, religiöse Gebote über die staatlichen Grundnormen zu setzen, „glaubt“ der Kläger nicht; er erklärte dazu, das werde zwar so gesagt, aber dafür gebe es keinen Beweis. Im übrigen war offensichtlich, dass dem Kläger die Existenz unterschiedlicher Richtungen innerhalb der IGMG nicht bekannt, jedenfalls aber auch unwichtig war; auf eine entsprechende Frage erklärte er lediglich, unterschiedliche Ansichten gebe es ja in jeder Familie.
54 
Die Ablehnung des Einbürgerungsantrags und die Begründung dieser Entscheidung waren für den Kläger auch kein Anlass, das Verhältnis der IGMG zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung für sich zu problematisieren und hier eine eigene persönliche Position zu beziehen. Auch wenn der Kläger von seiner Vorbildung her naturgemäß nicht mit der „Funktionärselite“ wie etwa dem Generalsekretär der IGMG verglichen werden kann, hätte doch auch von ihm erheblich mehr an Beschäftigung mit dieser (entscheidungserheblichen) Problematik erwartet werden können. Da es hier nicht um schwierige religiöse Fragen geht, wäre dies auch keine Überforderung (zu dieser Gefahr bei „einfachen Muslimen“ siehe Schiffauer Gutachten S. 28).
55 
Der Kläger hat damit im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG insgesamt nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass er sich von der Unterstützung der noch immer existierenden verfassungsfeindlichen Bestrebungen innerhalb der IGMG abgewandt hat oder abwendet. Die Tatsache, dass er inzwischen keine herausgehobene Funktion im Ortsverein mehr bekleidet, genügt hierfür nicht, zumal er noch bei der letzten Wahl als Vorsitzender kandidierte. Eine Abwendung im Sinn der genannten Vorschrift setzt grundsätzlich einen gewissen Lernprozess (siehe Berlit, a.a.O. Rn 155) und die Einräumung früherer Unterstützung voraus (Berlit a.a.O. Rn 153 m.w.N.); an beidem fehlt es im vorliegenden Fall.
56 
Damit muss der Senat bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der Position des Klägers davon ausgehen, dass er sich als Mitglied und langjährige Funktionär der IGMG in Philippsburg die „traditionelle“ - aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungshindernde - Einstellung der Milli-Görüs-Bewegung, wie sie oben beispielhaft aufgeführt ist, im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.2.2007 a.a.O. m.w.N.) zurechnen lassen muss. Die genannten Bestrebungen der Milli-Görüs-Bewegung sind jedenfalls als solche für ihn erkennbar und von seinem Willen auch getragen, so dass im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausreichende (tatsachengestützte) Anhaltspunkte für eine entsprechende noch aktuelle Unterstützung gegeben sind. Sein Engagement für die IGMG beschränkt sich auch nicht auf den rein technischen oder organisatorischen Bereich oder auf religiös motivierte Hilfsdienste (vgl. dazu VG Gelsenkirchen a.a.O. S. 27 des Urteilsabdrucks). Die langjährige Tätigkeit als Gründungsmitglied der örtlichen IGMG-Vereinigung ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ein ausreichendes Indiz dafür, dass er sich grundsätzlich mit den (auch: durch Erbakan bestimmten) Zielen der Milli-Görüs-Bewegung identifiziert. Ein ausreichender Verdacht im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits dann begründet, wenn ein Umstand vorliegt, der bei objektiver und vernünftiger Sicht auf eine Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen hinweist (vgl. etwa OVG Koblenz a.a.O., S. 18. des Urteilsabdrucks), und dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei langjähriger Mitwirkung in einer Organisation in hervorgehobener Stellung im Ortsverein grundsätzlich der Fall (siehe BVerwG, Beschluss vom 27.2.2006 - 5 B 67.05 -; siehe auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 8.11.2004 - 5 ZB 03.1797 -, juris).
57 
Der Kläger kann schließlich auch nicht nach § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerungszusicherung erhalten; im Hinblick auf das Vorliegen des zwingenden Versagungsgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist die Entscheidung des Beklagten, die Einbürgerung zu verweigern, rechtlich nicht zu beanstanden (siehe § 114 Satz 1 VwGO).
58 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision war zuzulassen, da die Anforderungen an eine persönliche „Positionierung“ einzelner Einbürgerungsbewerber als Mitglieder oder Funktionäre von dargestellten Sinn diffusen und inhomogenen Vereinigungen mit mehreren widerstreitenden Strömungen höchstrichterlich noch nicht geklärt und von grundsätzlicher Bedeutung ist (siehe § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
59 
Beschluss
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird 10 000 EURO festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG; vgl. Streitwertkatalog Ziff.42.1 (in DVBl. 2004, 1525).
61 
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.