Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 02. Dez. 2014 - W 4 K 14.212

bei uns veröffentlicht am02.12.2014

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die vom benachbarten Gewerbebetrieb des Beigeladenen auf sein Grundstück einwirkenden Lärmimmissionen ein bestimmtes Maß nicht überschreiten dürfen, hilfsweise die Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde zu bauaufsichtlichem Einschreiten.

1. Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …0/22 der Gemarkung R … (P …-Str. 54, 63 … K …), auf dem er über die Firma „D …“ eine Großbäckerei betreibt. Das in östlicher Richtung angrenzende Grundstück Fl.Nr. …0/23 steht im Eigentum des Klägers. Auf diesem Grundstück befindet sich im westlichen Grundstücksbereich eine gewerblich genutzte Halle, im nordöstlichen Grundstücksbereich ein vom Kläger bewohntes Wohnhaus (P …-Str. 52a).

Für das Grundstück des Beigeladenen Fl.Nr. …0/22 setzt der Bebauungsplan „Industriegebiet II“ i.d.F. der Änderung vom 21. Februar 2000 ein Gewerbegebiet (GE) fest. Das benachbarte Grundstück Fl.Nr. …0/23 befindet sich ebenfalls im Geltungsbereich des vorgenannten Bebauungsplans, der hierfür teilweise ein Gewerbegebiet (westlicher Grundstücksbereich), teilweise ein Industriegebiet mit eingeschränktem flächenbezogenen Schallleistungspegel für die Nachtzeit nach „§ 9 BauNVO u. § 1 Abs. 4 BauNVO“ von 50 dB(A) (GIb - östlicher Grundstücksbereich) festsetzt.

Mit Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 erteilte das Landratsamt Miltenberg dem Beigeladenen die Baugenehmigung für die Erweiterung der Produktionshalle des auf dem Grundstück Fl.Nr. …0/22 bestehenden Gewerbebetriebs. Der Bescheid enthält unter Nebenbestimmung Nr. 3.1.2 folgende Regelung:

„Der Beurteilungspegel der Geräuschkontingente aller Anlagen auf dem Betriebsgelände, einschließlich des Fahr- und Ladeverkehrs, sowie die Geräuschkontingente der umliegenden Gewerbebetriebe dürfen in ihrer Summenwirkung (…) 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes des östlich gelegenen Wohnhauses (Flurnummer …0/23) im beschränkten Industriegebiet der in der TA Lärm unter Nummer 6.1 a festgelegten Immissionsrichtwerte von tagsüber und nachts 70 dB(A) nicht überschreiten.“

In der Folgezeit wandte sich der Kläger an das Landratsamt Miltenberg mit der Bitte, gegen die von dem auf dem Grundstück des Beigeladenen bestehenden Gewerbebetrieb ausgehenden Lärmbeeinträchtigungen einzuschreiten.

Das Landratsamt lehnte dies mit Schreiben vom 10. September 2013 ab.

2. Mit Schriftsatz vom 10. März 2014, bei Gericht eingegangen am 11. März 2014, ließ der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg erheben. Er beantragte,

  • 1.Es wird festgestellt, dass das Landratsamt Miltenberg bei seiner Entscheidung darüber, ob es hinsichtlich der vom Grundstück des Beigeladenen Fl.Nr. …0/22 Gemarkung R … ausgehenden und auf das Grundstück des Klägers Fl.Nr. …0/23 Gemarkung R … einwirkenden Immissionen bauaufsichtlich einschreiten kann oder muss, nicht davon ausgehen darf, durch die teilweise Lage des Grundstücks des Klägers in einem durch den Bebauungsplan „Industriegebiet II“ der Stadt K … festgesetzten Industriegebiet nach § 9 BauNVO und § 1 Abs. 4 BauNVO mit einem eingeschränkten, flächenbezogenen Schallleistungspegel für die Nachtzeit von 50 dB(A), sei der Beizuladende berechtigt, auf seinem Grundstück Fl.Nr. …0/22 Gemarkung R … Geräusche zu erzeugen oder erzeugen zu lassen, welche auf das Grundstück des Klägers Fl.Nr. …0/23 Gemarkung R …, insbesondere auf das dort befindliche Wohnhaus, nachts mit einem höheren Schallleistungspegel als 50 dB(A) einwirken.

  • 2.Hilfsweise wird der Beklagte verpflichtet, es dem Beigeladenen bei Androhung von Verwaltungszwang zu untersagen, auf seinem Grundstück Fl.Nr. …0/22 Gemarkung R … Lärm zu verursachen, der auf das Grundstück des Klägers Fl.Nr. …0/23 Gemarkung R … nachts mit mehr als 50 dB(A) einwirkt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Mit der Feststellungsklage solle geklärt werden, ob der Bebauungsplan „Industriegebiet II“ Rechtswirksamkeit dahingehend entfalte, dass vom Grundstück des Beigeladenen aus dem Grundstück des Klägers, insbesondere dem dort befindlichen Wohnhaus, Schallimmissionen zugeführt werden dürfen, die dort nachts mit mehr als 50 dB(A) einwirken. Von dem Gewerbebetrieb auf dem Grundstück des Beigeladenen gingen für das Wohnhaus des Klägers, welches sich wohl nur ganz geringfügig im Gewerbegebiet, überwiegend jedoch im Industriegebiet befinde, nicht hinnehmbare Lärmimmissionen aus, die insbesondere durch die auch nachts laufenden Kühlaggregate verursacht würden. Der Bebauungsplan sei widersprüchlich und daher wohl auch nichtig. Dies ergebe sich aus Folgendem: Es sei widersprüchlich, dass der Beigeladene berechtigt sein solle, mit Lärmimmissionen bis zu 70 dB(A) nachts auf das Nachbargrundstück, auf dem sich das Wohnhaus des Klägers befinde, einzuwirken, obwohl die auf dem Nachbargrundstück erzeugte Geräuschentwicklung durch den im Bebauungsplan festgesetzten flächenbezogenen Schallleistungspegel von 50 dB(A) zur Nachtzeit „gedeckelt“ sein solle. Widersprüchlich sei weiterhin, dass der Kläger dann, wenn er sein Wohnhaus direkt an der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Beigeladenen hin und damit im festgesetzten Gewerbegebiet errichtet hätte, nur Lärmimmissionen von 50 dB(A) zur Nachtzeit hätte hinnehmen müssen, während er nun im Hinblick auf den tatsächlichen Standort seines Wohnhauses in der nordöstlichen Grundstücksecke, also deutlich weiter vom Grundstück des Beigeladenen entfernt, bis zu 70 dB(A) hinnehmen müssen solle. Es bestünden auch keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage. Insbesondere handele es sich bei der zwischen den Beteiligten zu klärenden Frage, ob die Festsetzungen des Bebauungsplans im Zusammenhang mit einer etwaigen Pflicht der Bauaufsichtsbehörde zu bauaufsichtlichem Einschreiten Berücksichtigung finden könnten, um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Auch die Subsidiarität der Feststellungsklage sei gewahrt.

3. Das Landratsamt Miltenberg beantragte für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Hinsichtlich der erhobenen Feststellungsklage bestünden Zweifel an der Klagebefugnis des Klägers. Hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten sei die Klage unbegründet. Das Wohnhaus des Klägers, das im beschränkten Industriegebiet („GIb“) liege, sei als betriebsbezogenes Wohnhaus i.S.v. § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genehmigt worden. Der Kläger müsse daher ein deutlich höheres Maß an Störungen als in Wohngebieten oder im Mischgebiet hinnehmen. Das Landratsamt sei an die Festsetzungen des Bebauungsplans gebunden; ihm stehe keine Normverwerfungskompetenz zu. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass die im Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 über die Erweiterung des Gewerbebetriebs auf dem Grundstück des Beigeladenen unter Nebenbestimmung Nr. 3.1.2 aufgeführten Immissionsrichtwerte überschritten würden.

4. Der Beigeladene beantragte ebenfalls

Klageabweisung.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Gewerbebetrieb auf dem Grundstück des Beigeladenen sei schon längst vorhanden gewesen, als der Kläger den Bauantrag für sein Wohnhaus gestellt habe. Bei dem Wohnhaus des Klägers handele es sich um ein Betriebsleiterwohnhaus i.S.v. § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, welches einen geringeren Schutz vor Lärmbeeinträchtigungen genieße als Wohnnutzungen in Wohn- und Mischgebieten. Der Kläger müsse entsprechend der Nebenbestimmung Nr. 3.1.2 des Genehmigungsbescheids vom 24. September 2009 die allgemeinen Immissionsrichtwerte für ein Industriegebiet nach der TA Lärm von tags und nachts 70 dB(A) hinnehmen.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unzulässig. Im Hilfsantrag ist sie darüber hinaus auch unbegründet.

1. Unter Auslegung des Klageantrags (vgl. § 88 VwGO) begehrt der Kläger mit dem Hauptantrag die Feststellung, dass das Landratsamt Miltenberg bei seiner Entscheidung darüber, ob es gegen den auf dem Grundstück des Beigeladenen vorhandenen Gewerbebetrieb bauaufsichtlich einschreitet, zu berücksichtigen habe, dass auf das klägerische Grundstück, insbesondere auf das dort vorhandene Wohnhaus, zur Nachtzeit nicht mit Lärmbeeinträchtigungen von mehr als 50 dB(A) eingewirkt werden dürfe.

1.1. Eine Feststellungsklage mit diesem Begehren ist - worauf das Gericht in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich hingewiesen hat - unzulässig, denn sie bezieht sich nicht auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO.

Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S. dieser Vorschrift werden rechtliche Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder zu einer Sache ergeben. Die streitige Beziehung muss sich weiter durch ein dem öffentlichen Recht zuzurechnendes Verhalten zu einer konkreten Rechtsbeziehung verdichtet haben. Diese setzt voraus, dass die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist. Das Erfordernis einer Verdichtung der Rechtsbeziehung zu einem konkreten Rechtsverhältnis rechtfertigt sich aus dem Anliegen, den Verwaltungsgerichten nicht die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen aufzubürden (vgl. BVerwG, U.v. 23.1.1992 - 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327). Nicht feststellungsfähig sind bloße Elemente, unselbstständige Teile oder Vorfragen von Rechtsverhältnissen, die nicht unmittelbar Rechte und Pflichten begründen, sondern nur Voraussetzungen solcher Rechte und Pflichten sind (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 43 Rn. 13 m.w.N.). Nicht als Gegenstand der Feststellungsklage kommt auch die Gültigkeit von Rechtsnormen in Betracht (BVerwG, U.v. 23.8.2007 - 7 C 2/07 - BVerwGE 129, 199, Rn. 20; B.v. 21.3.1974 - VII B 97.73 - Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 56).

Unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Ausführungen ist das Feststellungsbegehren des Klägers vorliegend auf die Klärung einer Vorfrage zu seinem eigentlichen Anliegen gerichtet. Denn wie der Klägerbevollmächtigte schriftsätzlich (Bl. 41 d.A.) und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, ist es das eigentliche Anliegen des Klägers, dass das Landratsamt bauaufsichtlich dahingehend einschreitet, dass vom Gewerbebetrieb des Beigeladenen nicht Lärmbeeinträchtigungen von mehr als 50 dB(A) zur Nachtzeit auf das klägerische Grundstück einwirken. Als Vorfrage zu diesem Begehren möchte der Kläger mit der vorliegend erhobenen Feststellungsklage gerichtlich klären lassen, von welchen Immissionsrichtwerten (bezüglich des klägerischen Grundstücks) der Beklagte bei der Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten auszugehen hat. Gegenstand des Feststellungsbegehrens ist damit ein unselbstständiger Teil eines Rechtsverhältnisses, der selbst nicht unmittelbar Rechte und Pflichten begründet, sondern nur Voraussetzung solcher Rechte und Pflichten ist.

Darüber hinaus ist die Feststellungsklage auch deshalb unzulässig, weil sie in der Sache unmittelbar die Frage nach der Wirksamkeit bestimmter Festsetzungen des Bebauungsplans betrifft. Wie der Klägerbevollmächtigte in der Klagebegründung selbst ausführt, möchte der Kläger gerichtlich klären lassen, ob der Bebauungsplan „Industriegebiet II“ wirksam ist, soweit dieser für sein Grundstück ein Industriegebiet mit eingeschränktem flächenbezogenen Schallleistungspegel für die Nachtzeit nach „§ 9 BauNVO u. § 1 Abs. 4 BauNVO“ von 50 dB(A) festsetzt. Der Bebauungsplan wird gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung erlassen. Das Feststellungsbegehren ist folglich auf die Klärung der Gültigkeit einer Rechtsnorm gerichtet. Für dieses Rechtsschutzbegehren stellt die VwGO in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO das Normenkontrollverfahren zur Verfügung. Als Gegenstand einer Feststellungsklage scheidet die Frage der Gültigkeit einer Rechtsnorm hingegen aus.

1.2. Unabhängig davon ist die Klage im Hauptantrag auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig. Die Feststellungsklage ist danach unzulässig, wenn der Kläger sein Rechtsschutzziel mit der Gestaltungs- oder Leistungsklage - einschließlich der Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO - verfolgen kann. Dadurch sollen aus Gründen der Prozessökonomie unnötige Feststellungsklagen vermieden werden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht (BVerwG, U.v. 28.1.2010 - 8 C 19/09 - juris, Rn. 40).

Eine solche sachnähere Klageart steht dem Kläger hier mit der Verpflichtungsklage, gerichtet auf ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten, zur Verfügung. Würde hingegen die Feststellungsklage für zulässig erachtet, so wäre jedenfalls in dem Fall, dass das Gericht dieser Klage stattgibt, von vorneherein absehbar, dass die Beteiligten dann weiter über die Frage der Ermessensreduzierung in Bezug auf die Pflicht des Beklagten zu bauaufsichtlichem Einschreiten streiten. Eine weitere Klage des Klägers, genauer eine Verpflichtungsklage auf bauaufsichtliches Einschreiten, wäre dann mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage trägt daher gerade nicht zur Klärung der zwischen den Beteiligten streitigen Pflicht des Landratsamts zu bauaufsichtlichen Einschreiten bei. Soweit der Klägerbevollmächtigte insoweit vorbringt, er sei davon überzeugt, dass das Landratsamt bauaufsichtlich einschreiten werde, wenn das Gericht der Feststellungsklage stattgebe, rechtfertigt dies keine andere rechtliche Beurteilung, zumal das Landratsamt Miltenberg ein bauaufsichtliches Einschreiten vorprozessual explizit abgelehnt hat (vgl. Bl. 13 d.A.). Zudem ist zu berücksichtigen, dass bauaufsichtliche Maßnahmen auch dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der entsprechenden Befugnisnorm vorliegen, grundsätzlich im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde stehen. Nur ausnahmsweise kann sich eine Ermessensreduzierung auf Null ergeben. Die Feststellungsklage ist hier daher gerade nicht prozessökonomisch.

Die Feststellungsklage bietet dem Kläger auch keinen gegenüber der Verpflichtungsklage weitreichenderen bzw. effektiveren Rechtsschutz. Soweit der Klägerbevollmächtigte in diesem Zusammenhang sinngemäß vorbringt, es könne dem Kläger nicht zugemutet werden, gegen die einzelnen Lärmquellen auf dem Grundstück des Beigeladenen jeweils gesondert vorzugehen, spricht dies nicht für die Zulässigkeit der Feststellungsklage. Eine Verpflichtungsklage auf bauaufsichtliches Einschreiten muss - anders als der Klägerbevollmächtigte offenbar meint - nicht jeweils isoliert gegen die einzelnen zum Gewerbebetrieb des Beigeladenen gehörenden Lärmquellen (Kühlaggregate, An- und Abfahrtsverkehr etc.) gerichtet werden. Vielmehr kann der Kläger mit der Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten ein Einschreiten des Beklagten gegen den Gewerbebetrieb des Beigeladenen als solchen geltend machen. Dies hat er mit dem Hilfsantrag im vorliegenden Verfahren ja auch tatsächlich getan.

2. Der vom Kläger erhobene Hilfsantrag ist ebenso unzulässig und darüber hinaus unbegründet.

2.1. Die Klage ist unzulässig, weil das Klagerecht verwirkt ist.

Es kann offen bleiben, ob die Klage bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil der Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 mit der Nebenbestimmung Nr. 3.1.2., wonach der Kläger an seinem Wohnhaus Lärmbeeinträchtigungen von tags und nachts 70 dB(A) zu dulden hat, gegenüber dem Kläger bestandskräftig geworden ist. Insbesondere bedarf es hier keiner Entscheidung, ob der Zustellungsmangel aufgrund der hier offenbar unterbliebenen Zustellung der Baugenehmigung an den Kläger durch die durch das Landratsamt am 20. Januar 2012 bewirkte Übermittlung des Genehmigungsbescheids an die Bevollmächtigte des Klägers (vgl. Bl. 180 der Behördenakte B 404/08) gemäß Art. 9 VwZVG geheilt wurde oder ob es hierfür auf Seiten des Landratsamts am erforderlichen Zustellungswillen fehlt. Denn der Kläger ist gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 nicht gerichtlich vorgegangen, obwohl ihm bzw. seiner Bevollmächtigten jedenfalls ab Januar 2012 bekannt war, dass er nach dieser Baugenehmigung (Nebenbestimmung Nr. 3.1.2) an seinem Wohnhaus Lärmbeeinträchtigungen von bis zu 70 dB(A) hinnehmen muss. Er hat das Klagerecht zur Durchsetzung eines nach seiner Auffassung für sein Grundstück zugrunde zu legenden niedrigeren Immissionsrichtwerts dadurch verwirkt. Im Einzelnen:

Von der Verwirkung des Klagerechts ist regelmäßig auszugehen, wenn die Baugenehmigung dem nunmehr klagenden Nachbarn zwar nicht bekanntgegeben wurde, dieser von der Baugenehmigung jedoch wusste oder wissen musste, und dennoch nicht innerhalb eines Jahres ab diesem Zeitpunkt Klage erhoben hat (VG Würzburg, U.v. 23.9.2014 - W 4 K 13.655; Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Dezember 2013, Art. 66 Rn. 227; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 58 Rn. 17 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Mit E-Mail vom 12. Januar zeigte die Rechtsanwältin K …, Aschaffenburg, dem Landratsamt Miltenberg an, dass sie den Kläger „in einer Nachbarschaftsangelegenheit (…) gegen die Firma „D …““ vertrete. Sie bat um Übersendung des Baugenehmigungsbescheids vom 24. September 2009 (Bl. 179 der Behördenakte B 404/08). Das Landratsamt Miltenberg übersandte der Rechtsanwältin unter dem 20. Januar 2012 den geforderten Bescheid. Der Bevollmächtigten des Klägers war daher ab diesem Zeitpunkt der Inhalt des Baugenehmigungsbescheids vom 24. September 2009 bekannt. Der Kläger muss sich die Kenntnis seiner Rechtsanwältin, die ihn in der Nachbarstreitigkeit mit der Firma „D …“ vertreten hat, entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Diese Vorschrift ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten beauftragt hat, sich das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss (vgl. etwa Ellenberger in Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 166 Rn. 1 u. 9 m.w.N.). Dennoch ging der Kläger gegen den vorgenannten Bescheid in der Folgezeit nicht gerichtlich vor. Auch brachten weder die Bevollmächtigte des Klägers noch der Kläger persönlich gegenüber dem Landratsamt oder gegenüber dem Beigeladenen in irgendeiner Form zum Ausdruck, dass der Kläger die vorgenannte Baugenehmigung als solche gerichtlich überprüfen lassen wolle, obwohl in dem Schriftverkehr zwischen den Beteiligten der Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 mit den Nebenbestimmungen zum Lärmschutz - auch von der Klägerseite - ausdrücklich angesprochen wurde (vgl. etwa Bl. 18 der Behördenakte S 71/12).

Der Verwirkung des Klagerechts kann nicht entgegengehalten werden, dass es insoweit am erforderlichen Umstandsmoment fehle. Denn aufgrund der aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis folgenden besonderen Rücksichtnahmepflichten (vgl. Czybulka/Kluckert in Sodann/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 76) dürfen an das Umstandsmoment keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 23.9.2014 - W 4 K 13.655). Unter Berücksichtigung dessen und der Ausführungen im vorherigen Absatz mussten weder der Beklagte noch der Beigeladene nach Januar 2013 noch damit rechnen, dass der Kläger gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 mit den darin enthaltenen Nebenbestimmungen zum Lärmschutz gerichtlich vorgeht.

Der Verwirkung des Klagerechts kann schließlich auch nicht entgegengehalten werden, dass der Kläger nur das Recht zur Erhebung einer Drittanfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 24. September 2009, nicht aber das Recht zur Erhebung der im vorliegenden Verfahren erhobenen Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten verwirkt habe. Denn aus dem Klageantrag und dem inhaltlichen Vorbringen des Klägers geht offensichtlich hervor, dass der Kläger mit der Klage für ihn gegenüber den in Nebenbestimmung Nr. 3.1.2. der Baugenehmigung vom 24. September 2009 festgelegten Lärmgrenzwerten günstigere Lärmgrenzwerte durchsetzen will, weil er die Rechtslage anders beurteilt als das Landratsamt im vorgenannten Baugenehmigungsbescheid. Die Verwirkung des Rechts zur Drittanfechtungsklage kann und darf durch eine solche Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten nicht umgangen werden. Die Verwirkung erstreckt sich daher vorliegend auch auf die vom Kläger (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage.

2.2. Die Klage ist darüber hinaus auch unbegründet.

Ein Anspruch des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten scheidet schon deshalb aus, weil dieser nicht substanziiert dargelegt hat, dass die auf sein Grundstück einwirkenden Lärmbeeinträchtigungen die von ihm geforderten 50 dB(A) zur Nachtzeit übersteigen (2.2.1.). Darüber hinaus besteht auch deshalb kein Anspruch des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten, weil keinerlei Umstände vorliegen, die eine Reduzierung des behördlichen Entschließungsermessens zugunsten des Klägers begründen könnten (2.2.2.).

2.2.1.

Der Kläger hat nicht substanziiert dargelegt, dass die auf sein Grundstück einwirkenden Lärmbeeinträchtigungen die von ihm geforderten 50 dB(A) zur Nachtzeit übersteigen. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger auf seinem Grundstück insgesamt nur die Immissionsrichtwerte für ein Gewerbegebiet von tags 65 dB(A) und nachts 50 dB(A) (Nr. 6.1 Buchst. b der TA Lärm) hinnehmen muss, kann er daher keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Beklagten haben.

Das Landratsamt hat ein bauaufsichtliches Einschreiten zu Recht unter Hinweis auf die Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros Wölfel vom 2. Oktober 2008 (Bl. 76 der Gerichtsakte; Bl. 52 der Behördenakte B 404/08), die dem Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 zugrunde liegt, abgelehnt. Auf Seite 11 dieses Gutachtens (Bl. 81 der Gerichtsakte) wird - ausgehend von den im Gutachten im Einzelnen dargestellten Berechnungen - ausgeführt, dass die vom Betrieb des Beigeladenen auf das klägerische Grundstück einwirkenden Lärmbeeinträchtigungen die Immissionsrichtwerte für ein Gewerbegebiet zur Tag- und Nachtzeit einhalten. Dabei wurde entsprechend Nr. 3.2.1. der TA Lärm auch eine Vorbelastung von 6 dB(A) berücksichtigt. Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieses Gutachtens. Die dortigen Ausführungen sind schlüssig und gut nachvollziehbar. Auch ist der Gutachter dem Gericht aus mehreren Verfahren als kompetent und zuverlässig bekannt.

Der Kläger hat gegen das Gutachten keine substanziierten Einwendungen erhoben. Im Klageverfahren hat er vorgebracht, dass er an seinem Wohnhaus zur Nachtzeit „54 dB(A) und mehr gemessen habe“ (Bl. 4 d. A.). Dieses Vorbringen ist viel zu unsubstanziiert, um die detaillierten Ausführungen im Gutachten in Frage zu stellen. Soweit der Klägerbevollmächtigte in diesem Zusammenhang auch rügt, dass das Gutachten von zum Teil tatsächlich nicht vorhandenen Einhausungen technischer Anlagen ausgehe, ist die Bevollmächtigte des Beigeladenen dem in der mündlichen Verhandlung im Übrigen substanziiert entgegengetreten. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass es hier Sache des Klägers gewesen wäre, im Einzelnen, etwa durch Vorlage eines eigenen Sachverständigengutachtens, darzulegen, warum die Feststellungen im Gutachten des Ingenieurbüros Wölfel unzutreffend sind.

Der Kläger kann gegen die vorgenannte Immissionsprognose auch nicht einwenden, dass diese als Privatgutachten nicht verwertet werden könne. Denn die Immissionsprognose wurde vom Beigeladenen im Baugenehmigungsverfahren vorgelegt, um den Nachweis zu führen, dass die Erweiterung seines Gewerbebetriebs mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften in Einklang steht. Im Baugenehmigungsverfahren ist es Sache des Bauherrn, die zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens erforderlichen Gutachten der Genehmigungsbehörde vorzulegen (OVG NW, B. v. 5.2.2001 - 7 A 410/01 - juris, Rn. 3; Lechner in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Dezember 2013, Art. 68 Rn. 31). Das Gesetz selbst geht demnach von der grundsätzlichen Verwertbarkeit eines vom Bauherrn im Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachtens aus. Es bestehen daher im gerichtlichen Verfahren jedenfalls dann keine Bedenken gegen die Verwertung einer vom Bauherrn vorgelegten Immissionsprognose, wenn diese unter Beachtung der geltenden Regelwerke fachgerecht und nachvollziehbar erstellt und von der Fachbehörde auf ihre Plausibilität hin überprüft wurde (VG Ansbach, U.v. 12.6.2013 - AN 9 K 12.00272 - juris, Rn. 56; vgl. zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren OVG Sarl, B.v. 5.4.2010 - 3 B 77/10 - juris, Rn. 21 ff.) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben: Die vorliegende Immissionsprognose ist unter Berücksichtigung der Vorgaben der TA Lärm fachgerecht erstellt und vom Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts überprüft worden (vgl. Bl. 126 ff. der Behördenakte B 404/08).

2.2.2.

Lediglich ergänzend weist die Kammer noch darauf hin, dass selbst dann, wenn man unterstellt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten vorliegen, keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Entschließungsermessen des Landratsamts auf Null reduziert wäre. Auch bei Beeinträchtigung drittschützender Rechtspositionen hat der Nachbar grundsätzlich nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde über ein bauaufsichtliches Einschreiten. Nur in besonderen Ausnahmefällen, insbesondere bei einer außergewöhnlich starken Beeinträchtigung von Nachbarrechten, kann sich der Anspruch des Nachbarn zu einem gebundenen Anspruch auf behördliches Einschreiten verdichten (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 54 Rn. 96 m.w.N.) Solche besonderen Umstände kann die Kammer vorliegend nicht erkennen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger sein Wohnhaus in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Gewerbebetrieb des Beigeladenen errichtet hat. Unabhängig von der Frage, ob bzw. inwieweit nun das Grundstück des Klägers hinsichtlich der hinzunehmenden Lärmimmissionen die Schutzwürdigkeit eines Gewerbegebiets oder lediglich eines Industriegebiets aufweist, war es hier der Kläger, der sein Wohnhaus in einem offensichtlich für die gewerbliche Nutzung vorgesehenen Gebiet, in dem eine Wohnnutzung grundsätzlich nicht zulässig und wesensfremd ist (vgl. §§ 8, 9 BauNVO), errichtet hat. Nach der örtlichen Situation, die der Kammer aus mehreren anderen Verfahren gut bekannt ist, handelt es sich bei dem Wohnhaus des Klägers daher um einen Fremdkörper in der gewerblich geprägten Umgebung, was zu einer erheblich verminderten Schutzwürdigkeit des Klägers führt. Unter Berücksichtigung dessen sind keinerlei Umstände erkennbar, die hier eine Ermessensreduzierung zugunsten des Klägers begründen könnten.

3. Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass der Kläger die außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen hat, weil sich dieser durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 1 Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete


(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 8 Gewerbegebiete


(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Baugesetzbuch - BBauG | § 10 Beschluss, Genehmigung und Inkrafttreten des Bebauungsplans


(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung. (2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden. (3) Die Er

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 9 Industriegebiete


(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 02. Dez. 2014 - W 4 K 14.212 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 02. Dez. 2014 - W 4 K 14.212 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Referenzen

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4, Arbeitgeber der Briefdienstleistungsbranche und Mitglieder des am 11. September 2007 gegründeten Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste e.V., und der Kläger zu 2, ein Arbeitgeberverband derselben Branche, wenden sich mit ihren Feststellungsklagen gegen die am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen vom 28. Dezember 2007 (Bundesanzeiger 2007, Nr. 242, S. 8410). Mit dieser bis zum 30. April 2010 befristeten Verordnung regelt die Beklagte, dass näher bezeichnete Rechtsnormen des Tarifvertrages über Mindestlöhne für den Bereich Briefdienstleistungen, der zwischen dem im August 2007 gegründeten Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossen wurde, auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anwendbar sind, die unter seinen Geltungsbereich fallen. Danach beträgt der Bruttomindestlohn mit Wirkung vom 1. Dezember 2007 für Briefzusteller unabhängig vom zeitlichen und/oder mengenmäßigen Anteil an der Gesamttätigkeit je nach Bundesland 9,00 € bzw. 9,80 € und für die übrigen Arbeitnehmer der Branche 8,00 € bzw. 8,40 €.

2

Am 11. September 2007 beantragten der Arbeitgeberverband Postdienste e.V., dem die Deutsche Post AG angehört, und die Gewerkschaft ver.di beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Aufnahme der Branche Postdienstleistungen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und zugleich die Allgemeinverbindlicherklärung eines an diesem Tag geschlossenen Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne in der Branche Postdienste. Er sollte für alle Betriebe gelten, die gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, unabhängig vom Anteil dieser Tätigkeit an der Gesamttätigkeit des Betriebes. Ein Verfahren nach § 5 TVG wurde nicht betrieben. Das Bundesministerium leitete ein Verfahren zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a Arbeitnehmer-Entsendegesetz ein. Im Bundesanzeiger vom 8. November 2007 wurden der Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages für die Branche Postdienste und der Entwurf einer Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Briefdienstleistungen bekannt gemacht, verbunden mit der Gewährung einer Frist zur schriftlichen Stellungnahme von drei Wochen. Im gleichzeitig durchgeführten Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes war insbesondere die Reichweite des einzubeziehenden Bereichs umstritten.

3

Nach einer Änderung des Tarifvertrages vom 11. September 2007 durch Protokollnotizen Anfang November 2007 hoben die Tarifvertragsparteien ihren Tarifvertrag am 29. November 2007 unter Ausschluss von Nachwirkungen auf und schlossen am selben Tag den nunmehr von der Verordnung erfassten Tarifvertrag. Zugleich beantragten sie beim Bundesminister für Arbeit und Soziales die Allgemeinverbindlicherklärung dieses Tarifvertrages. Den daraufhin angepassten Verordnungsentwurf leitete das Bundesministerium nur denjenigen, die sich auf die Bekanntmachung vom 8. November 2007 geäußert hatten, mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 7. Dezember 2007 zu. Eine neue Bekanntmachung hielt es für unnötig.

4

Die beigeladene, im Oktober 2007 gegründete Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste schloss am 11. Dezember 2007 mit dem Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e.V. einen Tarifvertrag für das Bundesgebiet. Er betrifft Unternehmen, die Mehrwertbriefdienstleistungen anbieten, die von der Universaldienstleistung trennbar sind, besondere Leistungsmerkmale aufweisen und qualitativ höherwertig sind. Nach § 3 des Tarifvertrages beträgt der Bruttomindestlohn für Mehrwertbriefdienstleistungen mit Wirkung vom 1. Januar 2008 je nach Bundesland 6,50 € oder 7,50 €. Weiter schloss die Beigeladene am 12. Dezember 2007 mit dem Kläger zu 2 einen Tarifvertrag für alle tarifgebundenen Betriebe, die als wesentliche betriebliche Tätigkeit näher definierte Postdienstleistungen, insbesondere die gewerbsmäßige Beförderung von adressierten schriftlichen Mitteilungen bis zu 2 kg zwischen Absender und Empfänger, erbringen. Er gilt deutschlandweit. Der ab dem 1. Januar 2008 vereinbarte Bruttomindestlohn liegt ebenfalls unter den in der streitigen Verordnung bestimmten Beträgen.

5

Am 14. Dezember 2007 beantragten der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e.V. und die Beigeladene beim Bundesministerium den von ihnen geschlossenen Tarifvertrag zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen für Mehrwertbriefdienstleistungen vom 11. Dezember 2007 für allgemeinverbindlich zu erklären.

6

Am 14. Dezember 2007 beschloss der Bundestag das am 28. Dezember 2007 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Dessen Art. 1 fügte in § 1 Abs. 1 Satz 4 dieses Gesetzes die Wörter "und für Tarifverträge für Briefdienstleistungen, wenn der Betrieb oder die selbstständige Betriebsabteilung überwiegend gewerbs- und geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördert" ein.

7

Am 19. Dezember 2007 stimmte die Bundesregierung unter der Bedingung des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes dem Erlass der streitigen Verordnung zu.

8

Am 28. Dezember 2007 unterzeichnete der Bundesminister für Arbeit und Soziales die Verordnung, die am Tag darauf im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde.

9

Im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht machten die Kläger u.a. geltend, die Verordnung verletze ihre Rechte aus Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Sie sei formell rechtswidrig, weil die nach § 1 Abs. 3a Satz 2 Arbeitnehmer-Entsendegesetz in der seinerzeit geltenden Fassung - AEntG a.F. - gebotene Beteiligung der Betroffenen fehlerhaft verlaufen sei. Die Verordnung sei außerdem materiell rechtswidrig. Sie sei nicht von ihrer Ermächtigungsgrundlage gedeckt, die nur eine Erstreckung eines Tarifvertrages auf nicht anderweitig Tarifgebundene ermögliche und eine Entsendeproblematik voraussetze. Der Verordnungsgeber missbrauche seine Verordnungsmacht zu wettbewerblichen Zwecken.

10

Das Verwaltungsgericht hat auf den Antrag der Kläger festgestellt, die Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 28. Dezember 2007 über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen verletze den Kläger zu 2 in seinem Recht aus Art. 9 Abs. 3 GG sowie die übrigen Klägerinnen in ihren Rechten aus Art. 9 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 1 GG.

11

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Die Klagen seien bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Es fehle an einem konkreten Rechtsverhältnis. Der Kläger zu 2 sei als Arbeitgeberverband nicht einmal Normadressat der Verordnung. Diese begründe zwar für die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 unmittelbar Pflichten, aber nicht für die Beklagte. Die Rechtsverordnung sei überdies rechtmäßig. Insbesondere sei sie von der Ermächtigung im Arbeitnehmer-Entsendegesetz gedeckt. Die darin verwendete Formulierung, es könne bestimmt werden, dass die Rechtsnormen des Tarifvertrages auf "nicht tarifgebundene" Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung fänden, sei bei einem weiten Verständnis, wonach auch anderweitig tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer von der Rechtsverordnung erfasst würden, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dieses Verständnis habe die Beklagte bisher allen Mindestlohnverordnungen zugrunde gelegt.

12

Das Oberverwaltungsgericht hat im Berufungsverfahren das Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise geändert und die Klagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten - hinsichtlich des Klägers zu 2 - zurückgewiesen. Hinsichtlich der Klagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 seien die Sachurteilsvoraussetzungen einer Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO nicht erfüllt. Zwar seien die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 kraft Verordnung unmittelbar verpflichtet, ihren Arbeitnehmern den im Tarifvertrag vom 29. November 2007 bestimmten Mindestlohn zu gewähren. Zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und der Beklagten begründe dies jedoch kein konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Zulässigkeit stehe zudem die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) entgegen, die rechtswegübergreifend zu verstehen sei. Die Rechtmäßigkeit der Verordnung könne inzident im arbeitsgerichtlichen Verfahren geklärt werden. Die Feststellungsklage des Klägers zu 2 sei dagegen zulässig. Zwar begründe die Rechtsverordnung für ihn keine unmittelbaren Pflichten. Sie betreffe ihn aber in seinen satzungsmäßigen Aufgaben als Arbeitgeberverband, zu denen auch der Abschluss von Tarifverträgen gehöre. Dem Kläger zu 2 werde durch die Rechtsverordnung die Möglichkeit genommen, im Geltungsbereich des Tarifvertrages für seine Mitglieder abweichende Tarifverträge abzuschließen. Damit werde der Kläger zu 2 in seiner grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit als Arbeitgeberkoalition eingeschränkt. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG schütze auch die Koalition selbst in ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Die Klage des Klägers zu 2 sei auch begründet. Der Erlass der Verordnung verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG. Überdies verstoße die Verordnung gegen den Gesetzesvorbehalt gemäß Art. 80 Abs. 1 GG, weil die in der Verordnung zitierte gesetzliche Ermächtigung in § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG es nur zulasse, dass alle unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallenden und nicht bereits anderweitig tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer von deren Geltungserstreckung erfasst würden. Die Verordnung greife auch deshalb unzulässig in verfassungsmäßige Rechte des Klägers zu 2 ein, weil die Beklagte bei ihrem Erlass die in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG geregelten Beteiligungsrechte missachtet haben. Die Anfang November eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme durch die erfolgte Veröffentlichung im Bundesanzeiger habe den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Die Aufhebung des alten und der Abschluss eines neuen Tarifvertrages hätten die Einleitung eines neuen Verfahrens mit erneuter Beteiligung erforderlich gemacht.

13

Gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts haben die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und die Beklagte die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt.

14

Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 rügen, dass das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht von der Unzulässigkeit ihrer Klage ausgegangen sei. In Übereinstimmung mit dem Kläger zu 2 machen sie geltend, die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen vom 28. Dezember 2007 sei formell und materiell rechtswidrig und verletze sie in ihren Grundrechtspositionen.

15

Die Klägerin zu 1 beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg aufzuheben, soweit es die Klage der Klägerin und Berufungsbeklagten zu 1 abgewiesen hat, und die Berufung der Beklagten auch insoweit zurückzuweisen.

16

Die Klägerinnen zu 3 und 4 beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2008 die Berufung der Beklagten insgesamt zurückzuweisen.

17

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2008 abzuändern, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, und die Klage des Klägers zu 2 abzuweisen und die Revisionen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zurückzuweisen.

18

Der Kläger zu 2 beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

19

Die Beklagte hält die Klagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 für unzulässig und die Klage des Klägers zu 2 für unbegründet. Zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und der Beklagten bestehe kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, weil die streitige Verordnung vom 28. Dezember 2007 die Rechtsbeziehungen zwischen Normgeber und Normadressaten nicht unmittelbar gestalte. Dessen ungeachtet sei eine Feststellungsklage auch subsidiär. Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 hätten die Möglichkeit, die Verordnung vom 28. Dezember 2007 in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht oder, soweit Überwachungs- und Sanktionsmaßnahmen in Betracht kämen, vor dem Finanzgericht inzident überprüfen zu lassen.

20

Die Klage des Klägers zu 2 sei unbegründet. Die Verordnung vom 28. Dezember 2007 sei formell und materiell rechtmäßig, insbesondere sei die Einholung einer erneuten Stellungnahme der von der Verordnung betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach Änderung des Tarifvertrages vom 11. September 2007 nicht mehr erforderlich gewesen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revisionen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 haben Erfolg. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts beruht auf einer Verletzung von § 43 VwGO, in dem es zu Unrecht annimmt, die Feststellungsklagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 seien mangels eines feststellbaren Rechtsverhältnisses zwischen Normgeber und Normadressat und wegen der Subsidiarität der Feststellungsklagen unzulässig (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Die Entscheidung stellt sich auch nicht im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Deshalb führen die Revisionen insoweit zur Aufhebung des Urteils (1.). Die Revision der Beklagten erweist sich nicht als begründet. Das Oberverwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Feststellungsklage des Klägers zu 2 zulässig ist (2.). Auch seine Annahme, der Kläger zu 2 sei wegen Missachtung des in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. vorgeschriebenen Beteiligungsverfahrens in seinen Rechten verletzt, ist frei von Rechtsfehlern. Die Missachtung des Beteiligungsverfahrens verletzt in gleicher Weise auch die Rechte der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 (3.).

22

1. Die Feststellungsklagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 sind zulässig.

23

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

24

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Urteile vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <329 f.> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30 S. 87 f., vom 26. Januar 1996 - BVerwG 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <264> = Buchholz 454.9 MietpreisR Nr. 15 S. 2 f. und vom 20. November 2003 - BVerwG 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein (Urteile vom 13. Oktober 1971 - BVerwG 6 C 57.66 - BVerwGE 38, 346 m.w.N. = Buchholz 232 § 123 BBG Nr. 8 und vom 30. Mai 1985 - BVerwG 3 C 53.84 - BVerwGE 71, 318 = Buchholz 418.32 AMG Nr. 13; Beschluss vom 12. November 1987 - BVerwG 3 B 20.87 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 97). Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt (Urteil vom 23. Januar 1992 a.a.O. S. 330 bzw. S. 88). Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Darauf beschränkt sich das Klagebegehren bei sinngemäßer Auslegung nach § 88 VwGO jedoch nicht.

25

aa) Der Antrag der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 festzustellen, dass die Rechtsverordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 28. Dezember 2007 über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt, richtet sich nicht auf die Feststellung der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Norm, so dass § 47 VwGO gegenüber dem Rechtsschutzbegehren der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 keine Sperrwirkung entfaltet. Dem System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes kann nicht entnommen werden, dass außerhalb des § 47 VwGO die Überprüfung von Rechtsetzungsakten ausgeschlossen sein soll. Es gehört zur richterlichen Prüfungskompetenz, auch die Gültigkeit einer Rechtsnorm, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, zu überprüfen, sofern es für den Ausgang des Rechtsstreits hierauf ankommt (Urteil vom 3. November 1988 - BVerwG 7 C 115.86 - BVerwGE 80, 355 <363> = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 238). Von einer "Umgehung" des § 47 VwGO kann nur dann die Rede sein, wenn mit einem auf eine andere Klageart gestützten Rechtsschutzbegehren lediglich die Klärung der Gültigkeit einer Rechtsnorm oder einer abstrakten Rechtsfrage aufgrund eines nur erdachten oder eines ungewissen künftigen Sachverhalts erreicht werden soll; in einem solchen Fall würde der Rechtsstreit nicht der Durchsetzung von konkreten Rechten der Beteiligten, sondern dazu dienen, Rechtsfragen gleichsam um ihrer selbst willen theoretisch zu lösen (Urteil vom 9. Dezember 1982 - BVerwG 5 C 103.81 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 78). Anders liegt es dagegen, wenn - wie vorliegend - die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, in der Wirklichkeit gegebenen Sachverhalt streitig ist, so dass die Rechtmäßigkeit der Norm als - wenn auch streitentscheidende - Vorfrage aufgeworfen wird (Urteile vom 9. Dezember 1982 - BVerwG 5 C 103.81 - a.a.O. und vom 28. Juni 2000 - BVerwG 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 <278> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 1; so auch BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2006 - 1 BvR 541/02 u.a. - BVerfGE 115, 81 <95 f.>). Mit dem Feststellungsbegehren werden subjektive Rechtspositionen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 geltend gemacht, um Einschränkungen der tarifautonomen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes abzuwehren.

26

bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts besteht zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und der Beklagten ein feststellungsfähiges konkretes streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Es ergibt sich aus der Anwendung der Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 3a AEntG in der Fassung vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3140) und der den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 verbürgten Grundrechte aus Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 GG. Streitig ist, ob der zuständige Minister der Beklagten formell- und materiellrechtlich gegenüber den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 befugt war, auf der Grundlage des § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG in der Fassung vom 21. Dezember 2007 (a.F.) die streitige Rechtsverordnung zu erlassen, und ob die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 nach wie vor berechtigt sind, ihre Arbeitnehmer zu niedrigeren Löhnen zu beschäftigen, als es den im Verordnungsweg erstreckten Mindestlohnregelungen entspricht. Das Vorbringen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4, wegen eingegangener anderweitiger Tarifbindung würden sie von der Erstreckungsregelung in der Rechtsverordnung nicht erfasst, lässt sich als ein Geltendmachen des "Nichtbestehens" eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO deuten.

27

Ein im Verhältnis zur Beklagten feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist nicht bereits deshalb zu verneinen, weil das Recht der Klägerinnen zu 1, 3 und 4, die Zahlung des Mindestlohns zu verweigern, nicht gegenüber der Beklagten, sondern nur gegenüber ihren Arbeitnehmern bestünde. Das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und ihren Arbeitnehmern schließt das gleichzeitige Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zur Beklagten als Verordnungsgeberin nicht aus. Beide Rechtsverhältnisse sind von einander abzugrenzen, weil sie auf der Anwendung unterschiedlicher Rechtsnormen beruhen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zu ihren Arbeitnehmern richtet sich nach den arbeitsvertraglichen Regelungen des Privatrechts sowie - bei wirksamer Erstreckung - der tariflichen Mindestlohnvereinbarung. Das streitige Rechtsverhältnis der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zur Beklagten beurteilt sich hingegen nach § 1 Abs. 3a Satz 1 und 2 AEntG a.F. und den Grundrechtspositionen, in deren Schutzbereich die tarif- oder privatautonome Vereinbarung von Arbeitsentgelten fällt. Wegen des von den Klägerinnen zu 3 und 4 zwischenzeitlich abgeschlossenen Mantel-/Haustarifvertrages vom 23. April 2008 und der Bindung der Klägerin zu 1, die Mitglied im Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste ist, an den Tarifvertrag vom 11. Dezember 2007 kommt eine Verletzung ihrer positiven, ihnen als Arbeitgebern zustehenden Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG in Betracht. Jedenfalls ist ihre Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berührt, weil die Erstreckung von Mindestlohntarifregelungen das Recht des Arbeitgebers einschränkt, die Arbeitsbedingungen privatautonom zu gestalten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03, 2504/03 und 2582/03 - NZA 2005, 153 <155>).

28

cc) Die Annahme eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses scheitert vorliegend auch nicht daran, dass eine Feststellungsklage des Normadressaten unmittelbar gegen den Normgeber im Regelfall ausscheidet. Da nach Art. 30 GG die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben grundsätzlich Sache der Länder ist und Art. 83 GG ebenso grundsätzlich bestimmt, dass die Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführen, d.h. sie verwaltungsmäßig umsetzen, eröffnet sich im Regelfall ein Rechtsverhältnis zwischen Normadressaten und Normanwender, nicht hingegen zwischen Normadressaten und Normgeber, weil Letzterer an der Umsetzung der Norm gegenüber dem Adressaten nicht beteiligt ist (Urteil vom 23. August 2007 - BVerwG 7 C 2.07 - BVerwGE 129, 199 <204> = Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 5). Das schließt jedoch nicht aus, über den Ausnahmefall der zulässigen Normerlassklagen hinaus - wenn etwa das Recht des Betroffenen auf Gleichbehandlung den Erlass oder die Änderung einer Rechtsnorm gebietet (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2006 a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2002 - BVerwG 2 C 13.01 - Buchholz 240 § 49 BBesG Nr. 2 und vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93) - eine Feststellungsklage gegen den Normgeber auch für zulässig zu halten, wenn mangels administrativen Vollzugs kein konkretes Rechtsverhältnis zwischen Normanwender und Normadressat begründet, die Rechtsbeeinträchtigung bereits unmittelbar durch die Norm bewirkt wird und effektiver Rechtsschutz nur im Rechtsverhältnis zwischen Normgeber und Normadressat gewährt werden kann.

29

Dass eine Norm "self-excuting" ist, d.h. dass sich aus ihr unmittelbar Rechte und Pflichten ergeben, begründet jedoch noch kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zum Normgeber, soweit dort noch Verwaltungsvollzug möglich ist (vgl. Urteil vom 23. August 2007 a.a.O. S. 205). Auch bei solchen Normen können sich normbetroffene Personen und eine die Norm vollziehende Behörde gegenüberstehen, die die Regelungen konkretisiert oder individualisiert und Anordnungen für den Einzelfall aufgrund gesetzlicher Befugnisse trifft. In solchen Fällen muss die Feststellung eines konkreten streitigen Rechtsverhältnisses zwischen Normadressat und Normanwender geklärt werden und nicht eine Rechtsbeziehung zum Normgeber.

30

Eine Feststellungsklage gegen den Normgeber kommt mithin nur dann in Betracht, wenn die Rechtsverordnung unmittelbar Rechte und Pflichten der Betroffenen begründet, ohne dass eine Konkretisierung oder Individualisierung durch Verwaltungsvollzug vorgesehen oder möglich ist (vgl. etwa Urteil vom 1. März 1967 - BVerwG 4 C 74.66 - BVerwGE 26, 251 <253> = Buchholz 445.4 § 23 WHG Nr. 2; Beschluss vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 7 VR 1.02 - Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 2; Urteile vom 28. Juni 2000 - BVerwG 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 <279> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 1, vom 26. November 2003 - BVerwG 9 C 6.02 - BVerwGE 119, 245 <249> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 2 und vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152 <155 f.> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3). Das ist hier der Fall. Aus der Erstreckung tarifvertraglicher Regelungen durch § 1 BriefArbbV ergeben sich unmittelbar Pflichten der von ihrem Anwendungsbereich erfassten Arbeitgeber. Eine Konkretisierung oder Individualisierung durch Maßnahmen des Verwaltungsvollzugs ist nicht vorgesehen.

31

Nach dem Wortlaut des § 1 BriefArbbV führt die Erstreckung der Rechtsnormen des zwischen dem Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und der ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft abgeschlossenen Tarifvertrages vom 29. November 2007 dazu, dass dessen Regelungen auf alle nicht bereits an den Tarifvertrag gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anzuwenden sind. Sie gelten damit kraft Tariferstreckung durch Rechtsverordnung, indem sie die betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den persönlichen Geltungsbereich des erstreckten Tarifvertrages einbeziehen. Die Betroffenen unterliegen damit der Bindung an die Regelungen des Tarifvertrages ebenso wie die Tarifvertragsparteien. Nach § 4 Abs. 1 TVG verdrängen tarifvertragliche Regelungen in ihrem Geltungsbereich grundsätzlich entgegenstehende arbeitsvertragliche Abreden, ohne dass es dazu einer Umsetzung oder anderer Maßnahmen bedarf (Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl. 2004, § 4 Rn. 21). Bei einer Erstreckung des Anwendungsbereichs tarifvertraglicher Regelungen nach § 1 Abs. 3a AEntG tritt die unmittelbare Gestaltungswirkung jedenfalls bei Arbeitsverhältnissen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein, die bisher keiner Tarifbindung unterlagen. Auch bei Arbeitsverhältnissen, auf die unterschiedliche tarifvertragliche Regelungen Anwendung finden können, ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon auszugehen, dass die Rechtsverordnung eine Verpflichtung der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zur Zahlung des Mindestlohns begründet. Auch die Beklagte geht davon aus, dass durch die unmittelbare Gestaltungswirkung der Rechtsverordnung eine anderweitige Tarifbindung verdrängt wird.

32

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Fälle der Tarifkonkurrenz, d.h. der Bindung beider Arbeitsvertragsparteien an konkurrierende Tarifverträge, grundsätzlich nach den Regeln der sog. Tarifspezialität zu lösen. Zur Anwendung kommt der speziellere Tarifvertrag, der dem betreffenden Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht. Das gilt auch bei einer Tarifkonkurrenz zwischen einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag nach § 5 TVG und einem nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag und für die Fälle der Tarifpluralität, also der Bindung eines Arbeitgebers an mehrere Tarifverträge (BAG, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 10 AZR 113/02 - AP Nr. 28 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; a.A. LAG Frankfurt/Main, Urteil vom 14. Juli 2003 - 16 Sa 530/02 - DB 2004, 1786). Der Vorrang des spezielleren Tarifvertrages gilt allerdings dann nicht, wenn der speziellere Tarifvertrag ohne Tarifbindung des Arbeitgebers lediglich einzelvertraglich vereinbart worden ist (BAG, Urteile vom 22. September 1993 - 10 AZR 207/92 - AP Nr. 21 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz und vom 4. Dezember 2002 a.a.O.).

33

Im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 und 3 AEntG a.F. werden Tarifkonkurrenzen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch nach dem Günstigkeitsprinzip gelöst. Die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung verdrängt die ungünstigere, unabhängig davon, ob der betreffende Tarifvertrag aufgrund vertraglicher Bindung nach § 3 TVG oder aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung anzuwenden ist (BAG, Urteile vom 20. Juli 2004 - 9 ARZ 343/03 - BAGE 111, 247 und vom 18. Oktober 2006 - 10 AZR 576/05 - BAGE 120, 1). Wird die Tarifkonkurrenz auch bei einer Erstreckung tariflicher Mindestarbeitsbedingungen durch Rechtsverordnung nach dem Günstigkeitsprinzip aufgelöst, ergibt sich für alle Arbeitgeber, die nicht bereits aufgrund anderweitiger Tarifbindung zur Zahlung des Mindestlohnes verpflichtet sind, diese Pflicht aus der unmittelbaren Einbeziehung in den Geltungsbereich des erstreckten Tarifvertrages.

34

Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sieht wegen der unmittelbaren und zwingenden Wirkung der durch die Rechtsverordnung erstreckten Tarifnormen keine Umsetzungs- bzw. Vollzugsakte vor, sondern beschränkt sich darauf, Verstöße mit Sanktionen zu bewehren (vgl. § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 4 AEntG a.F. i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 1 OWiG zur Zuständigkeit der Bundesbehörden; § 5 Abs. 1 und 2 AEntG a.F.). Eine Verfolgung von Verstößen als Ordnungswidrigkeit ist jedoch nicht geeignet, zwischen den Klägerinnen und der Beklagten ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO zu begründen. Ein solches Rechtsverhältnis besteht ausschließlich zur Beklagten als Normgeberin, die die Pflichtenregelung durch die Bekanntgabe im Bundesanzeiger ausgelöst hat und die sie wieder aufheben könnte (Beschluss vom 19. Dezember 2002 a.a.O.).

35

Diese Annahme steht nicht im Widerspruch zur nicht entscheidungstragenden Erwägung im Urteil des 7. Senats vom 23. August 2007 (a.a.O.), dass es über den Ausnahmefall der zulässigen Normerlassklagen hinausgehend keiner weiteren "atypischen Feststellungsklagen" gegen den Normgeber bedürfe. Diese Formulierung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass ein konkretes Rechtsverhältnis zum Normgeber in allen anderen Fällen begrifflich ausgeschlossen wäre, sondern erklärt sich daraus, dass regelmäßig, wie im seinerzeit zu entscheidenden Fall, die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Norm im Rahmen der gegen die Vollzugsbehörde gerichteten Feststellungsklage als inzident zu prüfende Vorfrage geklärt werden kann. So wurde damals die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen den Normgeber mit Blick auf die Befugnis in § 21 KrW-/AbfG zum Vollzug der Verpackungsverordnung verneint. Mit der Frage, ob bei Fehlen des Verwaltungsvollzugs eine Feststellungsklage gegen den Normgeber in Betracht kommt, setzt sich die Entscheidung des 7. Senats nicht auseinander.

36

Für die Annahme eines streitigen Rechtsverhältnisses genügt es, dass die Möglichkeit der Verdrängung einer anderweitigen Tarifbindung der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 durch eine unmittelbare Gestaltungswirkung der Rechtsverordnung besteht, deren Beachtung von der Beklagten eingefordert wird. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung der Feststellungsklage muss weder abschließend geklärt werden, ob bei einer Tariferstreckung nach § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG a.F. das Günstigkeitsprinzip anzuwenden ist, noch, ob sich die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 unter Hinweis auf den Grundsatz der Spezialität auf einen betriebsnäheren Tarifvertrag berufen können, der ihre Verpflichtung zur Zahlung eines erstreckten Mindestlohnes entfallen lässt. Fragen zur Wirksamkeit der von den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 abgeschlossenen Tarifverträge sind daher ebenfalls unerheblich.

37

b) Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 haben auch ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung. Das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse, insbesondere auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein. Unabhängig von den Sanktionen, die den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 drohen, falls sie den festgesetzten Bruttomindestlohn ihren Arbeitnehmern nicht bezahlen, ergibt sich ein wirtschaftliches Interesse der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 schon daraus, dass sie wegen der finanziellen Belastung möglichst frühzeitig wissen wollen, ob sie verpflichtet sind, den festgesetzten Bruttomindestlohn zu zahlen. Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 können daneben auch geltend machen, dass sie durch die Erstreckungswirkung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sind. Eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG und/oder von Art. 9 Abs. 3 GG ist jedenfalls möglich.

38

c) Zu Unrecht hat das Oberverwaltungsgericht eine Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 VwGO bejaht und angenommen, eine mögliche Klärung des Rechtsstreits sei in einem arbeitsgerichtlichen Prozess aus prozessökonomischen Gründen vorrangig.

39

Wegen des fehlenden Verwaltungsvollzugs können die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 keinen Rechtsschutz durch eine verwaltungsgerichtliche Gestaltungsklage im Wege der Anfechtung erlangen. Auch eine verwaltungsgerichtliche Leistungsklage scheidet aus.

40

Eine Subsidiarität gegenüber Rechtsbehelfen zu den Arbeits- oder Finanzgerichten ist nicht gegeben. Ebenso wenig können die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 darauf verwiesen werden, vorrangig in einem Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz eine Klärung der aufgeworfenen Fragen herbeizuführen. Das Berufungsgericht wird im angegriffenen Urteil der Zielsetzung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gerecht. Diese Vorschrift will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht (Urteil vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93). Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden (Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 3 C 8.95 - Buchholz 418.61 Tierkörperbeseitigungsgesetz Nr. 12). Wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege gilt diese Zielsetzung "rechtswegübergreifend", d.h. etwa auch dann, wenn die mit der Feststellungsklage konkurrierende Klage vor dem Zivilgericht zu erheben ist (Urteile vom 18. Oktober 1985 - BVerwG 4 C 21.80 - Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 28 = BVerwGE 72, 172 und vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 3.00 - BVerwGE 111, 306 <308 f.> = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133). Eine Subsidiarität ist jedoch zu verneinen, wenn die Feststellungsklage - wie hier - effektiveren Rechtsschutz bietet (Urteil vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152 <156> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3).

41

Die Feststellungsklage ist nicht subsidiär gegenüber der Möglichkeit, sich gegen Leistungsklagen der Arbeitnehmer auf Lohnzahlung vor den Arbeitsgerichten zu wehren und in diesen Verfahren eine inzidente Kontrolle der BriefArbbV herbeizuführen. Zum einen legt der Wortlaut des § 43 Abs. 2 VwGO nahe, dass die Subsidiarität die Möglichkeit anderweitiger aktiver Geltendmachung eigener Rechte, und nicht nur eine Verteidigungsmöglichkeit oder eine mögliche Beteiligung als Dritter voraussetzt. Im Übrigen würde die Stellung als Beklagte im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 nicht davor schützen, von der zuständigen Behörde vor Ergehen eines rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts über die Lohnklage mit Sanktionen wegen der Nichtgewährung des Mindestlohns belangt zu werden.

42

Es ist für die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 auch nicht zumutbar, über ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eine gerichtliche Klärung zu erreichen (Urteil vom 13. Januar 1969 - BVerwG 1 C 86.64 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 31 = BVerwGE 31, 177). § 5 Abs. 3 AEntG a.F. erlaubt eine Ahndung mit bis zu 500 000 €. Dass die Beklagte ihre Behörden angewiesen hat, während der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine Sanktionen zu verhängen und sich auf Ermittlungen zu beschränken, bedeutet keinen Verzicht, sondern nur einen zeitlichen Aufschub. Da die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 Klarheit haben wollen, ob sie verpflichtet sind, allen bei ihnen beschäftigten Mitarbeitern den Bruttomindestlohn zu zahlen, geht es ihnen auch nicht lediglich darum, vorbeugenden Rechtsschutz gegenüber etwaigen späteren Bußgeldverfahren zu erlangen (Urteile vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <213> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 16 und vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <331> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30).

43

Soweit nach § 23 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung vom 23. Juli 2004 (BGBl I S. 1842), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. April 2009 (BGBl I S. 818), der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet ist, handelt es sich um Rechtsbehelfe gegen Prüfungs- und Ermittlungsmaßnahmen sowie gegen datenschutzrechtlich relevantes Handeln der Finanzbehörden im Zuge der Verfolgung von Verstößen gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Unterlassungsklagen dagegen stellen keinen effektiven Rechtsschutz hinsichtlich der Klärung der geltend gemachten Rechtsverletzungen durch die Verordnung dar, der einer Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO vorgeht.

44

2. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage des Klägers zu 2 im Ergebnis zu Recht bejaht.

45

a) Auch zwischen dem Kläger zu 2 und der Beklagten besteht ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Gegenstand des Streits zwischen diesen Beteiligten ist die Anwendung des § 1 Abs. 3a AEntG und der darauf gestützten BriefArbbV auf einen konkreten Sachverhalt, nämlich die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigung des Klägers zu 2 als Arbeitgeberverband (Koalition). Streitig ist, ob § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG zur Tariferstreckung gegenüber anderweitig tarifgebundenen Arbeitgebern ermächtigt mit der Folge, dass vom Kläger zu 2 wirksam abgeschlossene oder noch abzuschließende Tarifverträge bei Anwendung des Günstigkeitsprinzips verdrängt würden, und ob dem Kläger zu 2 wegen eines mittelbaren Eingriffs in sein Recht auf koalitionsgemäße Betätigung aus Art. 9 Abs. 3 GG ein Abwehrrecht gegen die Geltungserstreckung tariflicher Mindestlohnregelungen nach § 1 BriefArbbV zusteht, obwohl die Verordnung nur für seine Mitglieder, und nicht für ihn selbst unmittelbar Rechte und Pflichten begründet.

46

Für das Vorliegen eines im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO streitigen konkreten Rechtsverhältnisses ist es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht erforderlich, abschließend zu klären, ob die zwischen den Beteiligten streitige Befugnis zum Erlass der Verordnung und das geltend gemachte Abwehrrecht tatsächlich bestehen.

47

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt das Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen ihr und dem Kläger zu 2 weder voraus, dass die umstrittene Verordnung den Arbeitgeberverband unmittelbar verpflichtet, noch, dass sie ihm den Abschluss den Mindestlohn unterschreitender Tarifverträge verbietet. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit kann auch mittelbaren Beeinträchtigungen der koalitionsgemäßen Betätigung entgegengehalten werden.

48

Art. 9 Abs. 3 GG schützt die Koalition selbst in ihrem Bestand, in ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen (BVerfG, Urteil vom 1. März 1979 - 1 BvR 532/77 u.a. - BVerfGE 50, 290 <373 f.>; Beschlüsse vom 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - BVerfGE 84, 212 <224>, vom 27. April 1999 - 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 - BVerfGE 100, 271 <282> und vom 3. April 2001 - 1 BvL 32/97 - BVerfGE 103, 293 <304>). Der Schutz ist nicht von vornherein auf einen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigungen beschränkt. Er erstreckt sich vielmehr auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen (Beschluss vom 27. April 1999 a.a.O. m.w.N.) und umfasst insbesondere auch die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Das Aushandeln von Tarifverträgen ist ein wesentlicher Zweck der Koalitionen (BVerfG, Beschluss vom 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - BVerfGE 94, 268 <283> m.w.N.). Zu den der Regelungsbefugnis der Koalitionen überlassenen Materien gehören insbesondere das Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen (BVerfG, Beschlüsse vom 24. April 1996 a.a.O., vom 14. November 1995 - 1 BvR 601/92 - BVerfGE 93, 353 <358> und vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - NJW 2007, 51 <53>). Die Wahl der Mittel, die die Koalitionen zur Erfüllung ihrer Aufgaben für geeignet halten, bleiben unter dem Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG grundsätzlich ihnen überlassen (BVerfG, Beschluss vom 28. April 1976 - 1 BvR 71/73 - BVerfGE 42, 133 <138>; Urteil vom 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 u.a. - BVerfGE 92, 365 <393>). Allerdings schützt Art. 9 Abs. 3 GG einen Arbeitgeberverband nicht gegen ein tarifpolitisches Konkurrenzverhältnis, selbst wenn dieses den Verlust von Verbandsmitgliedern zur Folge haben kann (Beschlüsse vom 24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322 <352> m.w.N. und vom 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - BVerfGE 55, 7 <24>). Die Koalitionsfreiheit schützt aber vor staatlicher Einflussnahme auf das Konkurrenzverhältnis.

49

Solche für den Kläger zu 2 als Arbeitgeberverband nachteiligen mittelbaren Beeinträchtigungen seiner Koalitionsfreiheit ergeben sich bei Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips aus der Verdrängungswirkung der erstreckten tariflichen Mindestlohnvereinbarung gegenüber den Mindestlohn unterbietenden, bereits abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Tarifverträgen im selben Geltungsbereich. Auf die Frage, ob der vom Kläger zu 2 bereits abgeschlossene Tarifvertrag wirksam ist, und auf die in diesem Zusammenhang erhobenen, arbeitsgerichtlich noch nicht rechtskräftig geklärten Bedenken gegen die Tariffähigkeit und Gegnerfreiheit der Beigeladenen kommt es für die Geltendmachung einer mittelbaren Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit nicht an. Auch wenn die Verdrängungswirkung sich noch nicht aktualisiert haben sollte, verschlechtert sie bereits jetzt die Verhandlungsposition der Arbeitgeberverbände, die nicht am Abschluss des erstreckten Tarifvertrages beteiligt waren. Die Erstreckung der Geltung tariflich vereinbarter Mindestarbeitsbedingungen auf anderweitig Tarifgebundene beeinträchtigt die Verhandlungs- und Wettbewerbsposition der nicht am Tarifvertragsschluss beteiligten Koalitionen jedenfalls insoweit, als sie mit einer Verdrängung ihrer - auch künftigen - Tarifabreden rechnen müssen. Aufgrund der durch die Rechtsverordnung erfolgten Erstreckung des Tarifvertrages vom 29. November 2007 kann der Kläger zu 2 seine durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten tarif- und sozialpolitischen Zielvorstellungen beim angestrebten Abschluss anderweitiger Tarifverträge mit von der Allgemeinverbindlicherklärung abweichendem Inhalt nur noch im beschränkten Maße verwirklichen. Seine koalitionsspezifische Verhandlungsposition wird durch den Erlass der Rechtsverordnung damit beeinträchtigt. Für ihn verschlechtern sich die Möglichkeiten, unbehindert von den Rechtswirkungen der Tariferstreckung mit Arbeitnehmerkoalitionen Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen, die seinen tarif- und sozialpolitischen Vorstellungen und denjenigen seiner Mitgliedsunternehmen entsprechen.

50

Die Beeinträchtigung seiner Koalitionsfreiheit kann im Einzelfall durch kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt sein, ist aber jedenfalls rechtfertigungsbedürftig. Das reicht für das Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO aus.

51

Dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2000 - 1 BvR 948/00 - (GewArch 2000, 381 f.) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Denn weder er selbst noch die darin in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verhalten sich zur Frage, ob in einer Erstreckung tarifvertraglicher Normen auf einen Arbeitgeberverband eine rechtfertigungsbedürftige mittelbare Beeinträchtigung seiner Koalitionsfreiheit liegen kann.

52

b) Das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse des Klägers zu 2 an der baldigen Feststellung liegt vor. Der Kläger zu 2 ist mittelbar eingeschränkt, seine tarif- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele zu verfolgen und entsprechend diesen Zielvorstellungen für seine Mitgliedsunternehmen von dem durch Rechtsverordnung erstreckten Tarifvertrag abweichende Arbeitsbedingungen auszuhandeln und abzuschließen. Er hat ein geschütztes wirtschaftliches und ideelles Interesse daran, die Rechtmäßigkeit seiner Einschränkung gerichtlich durch Feststellungsklage überprüfen zu lassen und kann eine mögliche Verletzung seiner Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG geltend machen.

53

c) Die vom Kläger zu 2 erhobene Feststellungsklage ist auch nicht unzulässig, weil sie gegenüber einer Klage vor den Arbeitsgerichten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 9 TVG) subsidiär wäre. Nach § 9 TVG sind rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus dem TVG oder über das Bestehen eines Tarifvertrages ergangen sind, in Rechtsstreitigkeiten zwischen tarifgebundenen Parteien sowie zwischen diesen und Dritten für die Gerichte und Schiedsgerichte bindend. Für solche sog. Verbandsklagen ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Dabei handelt es sich um eine "quasi-Normenkontrolle" (Reinecke, in: Däubler, Kommentar zum Tarifvertragsgesetz, 2. Aufl. 2006, § 9 Rn. 3) der Tarifvertragsparteien, die den Tarifvertrag abgeschlossen haben. Der Kläger zu 2 scheidet als Partei eines Verfahrens nach § 9 TVG gegen den Tarifvertrag vom 29. November 2007 von vornherein aus, weil er an dessen Abschluss nicht beteiligt war.

54

Der Kläger zu 2 kann auch nicht auf den Abschluss eines eigenen Tarifvertrages verwiesen werden, um dann gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 9 TVG dessen Gültigkeit im Wege der Verbandsklage abklären zu lassen. Mit einer solchen Klage kann das Bestehen oder Nichtbestehen eines Tarifvertrages, jedoch nicht geklärt werden, ob ein Tarifvertrag nach den Regelungen der Tarifkonkurrenz oder aus anderen Gründen gegenüber anderen Tarifverträgen zurücktritt (Franzen, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010, § 9 TVG Rn. 7). Sie könnte den Kläger zu 2 jedenfalls vor den hier in Betracht zu ziehenden mittelbaren Beeinträchtigungen seiner Koalitionsfreiheit, die von der Rechtsverordnung ausgehen, nicht schützen.

55

3. Gegen die selbstständig tragende Annahme des Berufungsgerichts, dass beim Erlass der Rechtsverordnung zur Erstreckung der tariflichen Mindestlohnregelungen das vorgeschriebene Verfahren nicht beachtet worden ist und dass die wegen der Evidenz des Verfahrensfehlers rechtswidrige Verordnung den Kläger zu 2 in seinen Rechten aus Art. 9 Abs. 3 GG verletzt, ist revisionsrechtlich nichts einzuwenden. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

56

a) Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die BriefArbbV den Kläger zu 2 in seinen Rechten verletzt, weil die Beklagte beim Erlass der Rechtsverordnung das gesetzlich in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. vorgeschriebene Verfahren missachtet hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, dem dort geregelten Beteiligungsgebot komme wegen des Fehlens sonstiger materiellrechtlicher Anforderungen an den Erlass der Rechtsverordnung einerseits und der handgreiflichen Betroffenheit der Arbeitgeberseite im grundrechtlich geschützten Bereich andererseits wesentliche Bedeutung für die Abwägung der für und wider den Erlass der Rechtsverordnung streitenden Erwägungen zu, ist nicht zu beanstanden. Der Senat teilt die Auffassung, dass zwischen den normativen Regelungen des Tarifvertrages und dem Beteiligungsrecht ein unmittelbarer Bezug dergestalt besteht, dass sich die Gelegenheit zur Stellungnahme der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf die konkrete Tarifvertragsvereinbarung beziehen muss und nicht allgemein auf ein "Projekt", das in einer Branche Mindestarbeitsbedingungen mit dem Instrumentarium des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes festlegen will.

57

b) Gemäß § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor Erlass der Rechtsverordnung den in den Geltungsbereich der vorgesehenen Rechtsverordnung fallenden Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie den Parteien des Tarifvertrages Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. nicht dahingehend zu interpretieren, dass es ausreicht, den zu Beteiligenden auch in dem Fall Gelegenheit zur Stellungnahme nur zum ursprünglichen Entwurf der Rechtsverordnung zu geben, wenn dieser im weiteren Verlauf des Verfahrens wesentlich in seinem Inhalt verändert wird. Die gegenteilige Annahme der Beklagten lässt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung, noch aus ihrem Sinn und Zweck und ihrer Systematik herleiten.

58

Bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. ergibt sich, dass das Recht zur Stellungnahme auf den konkreten Tarifvertrag bezogen ist, dessen Rechtsnormen durch Rechtsverordnung auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckt werden sollen. Zu beteiligen sind nicht nur diejenigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die unter den Anwendungsbereich der Rechtsverordnung fallen, sondern auch die Parteien des Tarifvertrages, dessen Regelungen erstreckt werden sollen. Damit besteht zwischen den Rechtsnormen des konkreten, zu erstreckenden Tarifvertrages und dem Recht zur Stellungnahme eine unmittelbare Beziehung, die das Oberverwaltungsgericht zutreffend mit "handgreiflicher Betroffenheit" jedenfalls im grundrechtlich geschützten Bereich umschrieben hat. Existiert der ursprüngliche Tarifvertrag nicht mehr und wird ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen, so bedarf es grundsätzlich auch eines hierauf bezogenen neuen Antrags auf Allgemeinverbindlicherklärung und einer erneuten Beteiligung im Sinne des Gesetzes.

59

Auch der erkennbare Zweck des Rechts zur Stellungnahme spricht für eine erneute Beteiligung im vorliegenden Fall. § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. dient nicht nur der Information des zuständigen Ministeriums, sondern soll den Betroffenen die Möglichkeit einräumen, ihre Rechte geltend zu machen. § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. gewährt den betroffenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie den Parteien des Tarifvertrages das Recht zur Stellungnahme, weil sich die Geltungserstreckung eines Tarifvertrages per Rechtsverordnung unmittelbar gestaltend auf die jeweiligen Arbeitsverhältnisse auswirkt. Betroffen sind grundrechtlich geschützte Positionen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, da die Freiheit zur privatautonomen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse eingeschränkt wird. Die damit einhergehende finanzielle Belastung der Arbeitgeber durch die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns kann je nach Wirtschaftslage und Kostenstruktur eines betroffenen Unternehmens unter Umständen auch zu betriebsbedingten Kündigungen führen und so mittelbar die freie Berufsausübung der Arbeitnehmer beeinträchtigen. Die Beteiligung nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. soll gewährleisten, dass der Verordnungsgeber diese Gesichtspunkte und die Interessen aller Betroffenen in das Verordnungsverfahren einbezieht, um in einem späteren Abwägungsvorgang die widerstreitenden Interessen zu gewichten und zu werten (vgl. Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 4. Dezember 1998, BTDrucks 14/151 S. 32 f.). Wegen der eingeschränkten Kontrolldichte bei der Prüfung gesetzgeberischer Einschätzungen und Zielsetzungen im Bereich des Arbeits- und Wirtschaftsrechts ist die vom Gesetz eingeräumte Gelegenheit zur Geltendmachung eigener Rechte vor Inkrafttreten der Regelung von besonderer Bedeutung. Da die Verordnung unmittelbare Gestaltungswirkung hat und ein administrativer Vollzug nicht vorgesehen ist, können die Betroffenen auch nicht auf ein Verwaltungsverfahren verwiesen werden, um dort rechtliches Gehör nach Maßgabe der Vorschriften des VwVfG zu erlangen. Ihre rechtlichen Interessen können sie nur im Rahmen der Beteiligung vor Erlass der Verordnung zu Gehör bringen.

60

Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Vergleich mit dem Konsultations- und Konsolidierungsverfahren, das von der Bundesnetzagentur im Marktregulierungsverfahren (vgl. §§ 9 f. TKG) durchzuführen ist, zu keinem anderen Ergebnis, weil dieses Verfahren anderen Zwecken dient. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - (BVerwGE 131, 41 <59 f.>) dazu ausgeführt: "Bei der Konsultation geht es nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie um die Gewährung rechtlichen Gehörs gegenüber dem Regulierungsadressaten ..., sondern um die Herstellung umfassender Transparenz gegenüber der interessierten Fachöffentlichkeit." Daher bezieht die Konsultation neben den Antragstellern und den Adressaten gemäß § 12 Abs. 1 TKG auch nur "interessierte" Dritte mit ein, und ist das Konsultationsergebnis nach § 5 TKG zu veröffentlichen.

61

Der von der Beklagten vorgenommene Vergleich mit Anhörungspflichten aus dem Bereich planerischer oder planungsähnlicher Verwaltungsentscheidungen führt zu keiner anderen rechtlichen Einschätzung. Vielmehr sieht § 73 VwVfG, der das Anhörungsverfahren für den Bereich der Planfeststellung regelt, ebenfalls eine erneute Anhörung für den Fall der Planänderung vor (vgl. § 73 Abs. 8 VwVfG).

62

Auch aus § 28 Abs. 1 VwVfG folgt nicht, dass eine einmalige Anhörung in allen Verwaltungsverfahren auch im Falle nachträglich erfolgter wesentlicher Änderungen des Anhörungsgegenstandes ausreichend ist, um dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs zu genügen. § 28 VwVfG gilt überdies ausschließlich für Verwaltungsverfahren, die in den Erlass eines Verwaltungsakts münden und ist auf die Beteiligung in einem Normerlassverfahren weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. § 1 Abs. 3a AEntG a.F. ist insofern lex specialis.

63

Für die Notwendigkeit einer erneuten Beteiligung vor Erlass der Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a AEntG für den Fall einer wesentlichen Änderung des ursprünglichen Tarifvertrages, dessen Erklärung als allgemeinverbindlich zunächst beantragt worden war, spricht auch die Gesetzessystematik. Mit § 1 Abs. 3a AEntG a.F. sollte im Interesse einer wirksamen Durchführung des Gesetzes die bislang ausschließliche Anknüpfung an allgemeinverbindliche Tarifverträge um eine Ermächtigung zur Tariferstreckung durch Rechtsverordnung ergänzt werden. In Bezug auf die Verbindlichkeit der einzuhaltenden Arbeitsbedingungen sollte sich hieraus kein Unterschied ergeben (BTDrucks 14/45 S. 17, 25, 26). § 5 Abs. 1 und 2 TVG stellt sowohl hinsichtlich der am Verfahren zu Beteiligenden als auch bezüglich der materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages höhere Anforderungen als das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Nach § 5 Abs. 1 TVG ist neben dem Antrag einer Tarifvertragspartei und dem Einverständnis des Ausschusses, der aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht, für die Allgemeinverbindlicherklärung erforderlich, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 v.H. der unter den Geltungsbereich des zu erstreckenden Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen (Grundsatz der Repräsentativität) und dass die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Ferner sieht § 5 Abs. 2 TVG unter anderem vor, dass vor der Entscheidung über den Antrag den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen würden, sowie den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben ist. Dagegen ist nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. weder ein Ausschuss aus Interessenvertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beteiligen noch ist dessen Einvernehmen vor dem Erlass der Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erforderlich. Auch das Erfordernis des sog. 50 %-Quorums und des öffentlichen Interesses im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TVG sind dem Wortlaut des § 1 Abs. 3a AEntG a.F. nicht zu entnehmen. Er verlangt für den Erlass einer Rechtsverordnung lediglich einen Antrag einer Tarifvertragspartei auf Allgemeinverbindlicherklärung. Dieser Verzicht auf die Abstimmung mit einem Ausschuss, der mit den jeweiligen Interessenvertretern besetzt ist, und der Verzicht auf inhaltliche Vorgaben für den Erlass einer erstreckenden Rechtsverordnung verleihen dem in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG vorgesehenen Recht auf Stellungnahme - gleichsam als Ausgleich für die Reduzierung der formellen und materiellen Anforderungen - ein besonderes Gewicht. Die Beteiligung Betroffener dient dem Schutz ihrer Rechte (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 17. November 1994 - 2 BvB 1/93 - BVerfGE 91, 262). Soll das Beteiligungsrecht mit Blick auf die in Rede stehenden Grundrechte aus Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 GG nicht "leer" laufen, gebührt ihm im Normerlassverfahren besondere Aufmerksamkeit und Beachtung. Es stellt keinen "unnötigen Formalismus" dar, auf einer erneuten Beteiligung zu bestehen, wenn der Tarifvertrag, zu dem die Betroffenen Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme erhalten haben, durch einen neuen, hinsichtlich des Geltungsbereichs oder der zu erstreckenden Regelungen abweichenden Tarifvertrag ersetzt wird. Dies setzt ein neues Verfahren in Gang.

64

c) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Mitteilung der Tarifvertragsparteien über den Abschluss eines neuen Tarifvertrages mit Schreiben vom 29. November 2007 ein neuer Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung zu entnehmen ist, der eine erneute Stellungnahme erforderlich machte. Die Formulierung des Schreibens, die Tarifvertragsparteien hielten an ihrem Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages vom 11. September 2007 "fest" und beantragen "nunmehr" die Allgemeinverbindlicherklärung "unter Einschluss der am 29. November 2007 erfolgten Änderung", ändert nichts daran, dass der Tarifvertrag vom 11. September 2007 nebst Protokollnotiz vom 9. November 2007 von den Tarifvertragsparteien am 29. November 2007 "unter Ausschluss von Nachwirkungen" aufgehoben und durch den neuen Tarifvertrag vom 29. November 2007 ersetzt wurde (vgl. BA 3 Bl. 389). Dabei handelte es sich nicht lediglich um die "Änderung" eines früheren Tarifvertrages, der in den ursprünglichen Antrag mit einbezogen wurde, sondern um einen neuen Tarifvertrag, der den Antrag vom 11. September 2007 gegenstandslos und einen neuen Antrag mit neuer Beteiligungspflicht erforderlich machte.

65

Die erneute schriftliche Stellungnahme der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie der Tarifvertragsparteien zum neuen Entwurf der Rechtsverordnung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich dessen Regelungsinhalt gegenüber dem vorhergehenden Entwurf nicht wesentlich geändert hätte. Ursprünglich sollten vom Tarifvertrag vom 11. September 2007 "alle Betriebe, die gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, unabhängig vom Anteil dieser Tätigkeit an ihrer Gesamttätigkeit des Betriebes" von dessen Geltungsbereich erfasst werden. Demgegenüber sieht der Tarifvertrag vom 29. November 2007 vor: "Der Tarifvertrag gilt für die Branche Briefdienstleistungen. Dies sind alle Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern."

66

Mit der Änderung vom 29. November 2007 sollte sichergestellt werden, dass das "50 %-Quorum" erfüllt ist, das nach Einschätzung der Beklagten ursprünglich für erforderlich gehalten wurde, um eine Erstreckung tariflicher Mindestlohnregelungen zu rechtfertigen (UA S. 5). Betroffene, die deshalb bei der ersten Anhörung meinen konnten, es genüge auf den aus ihrer Sicht bestehenden Mangel der Repräsentativität hinzuweisen, mussten nunmehr Gelegenheit erhalten, auch zum Inhalt der Rechtsnormen des zu erstreckenden Tarifvertrages Stellung zu beziehen. Der Einwand des Beklagten, der neue Entwurf der Rechtsverordnung bedeute gegenüber dem ursprünglichen Entwurf lediglich ein "Minus" trifft nicht zu, vielmehr hat er qualitativ andere Wirkungen für die Rechtspositionen der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Durch den geänderten Tarifvertrag ist ein Teil des ursprünglichen Adressatenkreises gänzlich von der Erstreckungswirkung der Rechtsverordnung ausgenommen worden, während Betriebe und selbstständige Betriebsteile, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, vom Geltungsbereich des neuen Tarifvertrages nach wie vor erfasst werden. Darin liegt eine grundrechtsrelevante rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung, die eine (erneute) Beteiligung der Adressaten der neuen Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. erforderlich machte. Die verfassungsrechtliche Relevanz der Einschränkung des Geltungsbereichs ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten bereits aus der ungleichen rechtlichen Behandlung zweier Gruppen von Briefdienstleistern und nicht erst aus den möglichen, durch Marktanalysen zu ermittelnden wirtschaftlichen Folgen der Ungleichbehandlung. Gerade auch zur Frage, ob durch die Beschränkung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages auf Unternehmen eines bestimmten Zuschnitts eine Veränderung der Wettbewerbssituation eintritt, müssen die unmittelbar Betroffenen nach § 1 Abs. 3a AEntG vorab Stellung nehmen können.

67

d) Die nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. erforderliche Stellungnahme zum geänderten Entwurf der Rechtsverordnung wurde nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die die Revisionen keine Einwendungen erhoben haben (§ 137 Abs. 2 VwGO), nicht ermöglicht. Eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist unterblieben (vgl. UA S. 5, 38 f.).

68

Das Verordnungserlassverfahren leidet damit an einem Verfahrensmangel, der evident ist (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1994 - 1 BvR 337/92 - BVerfGE 91, 148). Das Beteiligungsrecht ist im Hinblick auf die Wahrung der Grundrechtspositionen der Arbeitgeber und deren Koalitionen so gewichtig und bedeutsam, dass durch seine Nichtbeachtung das Rechtsetzungsverfahren an einem erheblichen Mangel leidet, der die BriefArbbV unwirksam macht.

69

Auf die weiteren Rechtsfragen kommt es nicht an, weil bereits die Verletzung der Beteiligungsrechte zum Erfolg der Klagen führte.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Um- und Neubau einer Metzgerei auf dem Grundstück Fl. Nr. ...40 der Gemarkung P. (Landkreis K.). ... ...39 und ...40 eine Metzgerei mit angegliedertem Schlachthaus. Südlich des Grundstücks Fl. Nr. ...40 schließt sich das Grundstück Fl. Nr. ...35 an, welches im jeweils hälftigen Miteigentum des Klägers und der I. ... GmbH & Co. KG steht und auf dem sich Bachbett und Uferzone des „...-bachs“, einem Gewässer dritter Ordnung, befinden. Der ...-bach wird im Bereich des Grundstücks Fl. Nr. ...35 von mehreren Brücken bzw. Stegen überquert. Diese verbinden die nördlich des ...-bachs gelegenen Grundstücke - so auch das im Eigentum des Beigeladenen stehende Baugrundstück Fl. Nr. ...40 - mit der südlich entlang des ...-bachs verlaufenden Straße „Am M.“. Für die beschriebenen Grundstücke besteht kein Bebauungsplan.

2. Unter dem 9. Dezember 2011 beantragte der Beigeladene beim Landratsamt K. die Erteilung einer Baugenehmigung für den Um- und Neubau des Metzgereibetriebs auf dem Grundstück Fl. Nr. ...40.

Bereits mit Baugesuch vom 11. August 2011 hatte der Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau einer Brücke auf dem Grundstück Fl. Nr. ...35 sowie für den Ausbau der Hoffläche auf dem Grundstück Fl. Nr. ...40 beantragt. Der auf den letztgenannten Bauantrag hin ergangene Baugenehmigungsbescheid vom 18. November 2011 wurde vom Kläger angefochten, die diesbezügliche Klage ist bei Gericht unter dem nunmehrigen Aktenzeichen W 4 K 13.979 anhängig.

3. Mit Bescheid vom 31. Januar 2012 erteilte das Landratsamt K. dem Beigeladenen die unter dem 9. Dezember 2011 beantragte Baugenehmigung für den Um- und Neubau der Metzgerei.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Das Vorhaben entspreche den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Baugenehmigung sei daher - unbeschadet der Rechte Dritter - zu erteilen gewesen.

Der Baugenehmigungsbescheid vom 31. Januar 2012 wurde dem Kläger nicht zugestellt.

4. Mit Schriftsatz vom 1. August 2013, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, ließ der Kläger Klage gegen die Baugenehmigung vom 31. Januar 2012 erheben mit dem Antrag,

die Baugenehmigung des Landratsamts K. vom 31. Januar 2012, 61-...-2011, aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei im Baugenehmigungsverfahren zu Unrecht nicht beteiligt worden, obwohl sein Grundstück Fl. Nr. ...35 unmittelbar an das Baugrundstück angrenze. Man habe versucht, den Kläger in unzulässiger Weise aus dem Genehmigungsverfahren herauszuhalten. Die streitgegenständliche Baugenehmigung stelle einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Klägers dar, weil sie wegen fehlender Erschließung und der dadurch ausgelösten Verpflichtung des Klägers zur Duldung eines zivilrechtlichen Notwegerechts nach § 917 BGB eine unmittelbare Rechtsverschlechterung zulasten des Klägers bewirke. Dies ergebe sich daraus, dass für das Baugrundstück eine Erschließung über das Bachgrundstück Fl. Nr. ...35, das im Miteigentum des Klägers stehe, notwendig sei. Der vom Beigeladenen ins Auge gefasste Umbau der Metzgerei bedinge nämlich eine Andienung von Süden her über das Grundstück Fl. Nr. ...35. Die Klage sei auch nicht wegen des zwischen der Erteilung der Baugenehmigung und der Klageerhebung verstrichenen Zeitraums unzulässig, weil, wenn das Landratsamt für das Vorhaben des Beigeladenen korrekterweise insgesamt nur ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt hätte, der zusammenfassende Baugenehmigungsbescheid für das Gesamtvorhaben des Beigeladenen dem Kläger zugestellt worden wäre und er somit fristgerecht Klage erheben hätte können.

5. Das Landratsamt K. beantragte für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei bereits unzulässig. Der Kläger habe das Recht zur Klageerhebung verwirkt, weil er bzw. seine Bevollmächtigten vor Klageerhebung bereits mehr als ein Jahr Kenntnis von den Bauarbeiten an den Metzgereigebäuden hatten bzw. sich eine solche Kenntnis nach den Umständen hätte aufdrängen müssen. Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet, weil der Kläger aus der Erschließungssituation keine Verletzung nachbarschützender Rechte herleiten könne. Die bisherige Erschließungssituation habe sich durch die Genehmigung des streitgegenständlichen Vorhabens in keiner Weise verändert. Soweit der Kläger zivilrechtlich zur Duldung eines Notwegerechts über das Grundstück Fl. Nr. ...35 verpflichtet sein sollte, so habe dieses seine Ursache jedenfalls nicht in der streitgegenständlichen Baugenehmigung. Ob der Beigeladene zivilrechtlich berechtigt sei, die baurechtlich genehmigte Brücke über das Grundstück Fl. Nr. ...35 für eine zusätzliche Anbindung des Baugrundstücks zu nutzen, sei ausschließlich von den Zivilgerichten zu beurteilen.

6. Der Beigeladene beantragte ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Eine darüber hinausgehende Stellungnahme erfolgte nicht.

7. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig.

1. Der Klage mangelt es bereits an einer Sachurteilsvoraussetzung, weil der Kläger das Klagerecht gegen die Baugenehmigung vom 31. Januar 2012 verwirkt hat.

Von der Verwirkung des Klagerechts ist regelmäßig auszugehen, wenn die Baugenehmigung dem nunmehr klagenden Nachbarn zwar nicht bekanntgegeben wurde, dieser von der Baugenehmigung jedoch wusste oder wissen musste, und dennoch nicht innerhalb eines Jahres ab diesem Zeitpunkt Klage erhoben hat (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Dezember 2013, Art. 66 Rn. 227; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 58 Rn. 17 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach Überzeugung der Kammer wusste die gesetzliche Vertreterin des Klägers spätestens ab Juni 2012 von der streitgegenständlichen Baugenehmigung bzw. es hätte sich ihr eine entsprechende Kenntnis jedenfalls ab diesem Zeitpunkt geradezu aufdrängen müssen. Zwar spricht vieles dafür, dass ihr (als gesetzliche Vertreterin des Klägers) die streitgegenständliche Baugenehmigung rechtsfehlerhaft - entgegen Art. 66 Abs. 1 Satz 6 BayBO - nicht zugestellt wurde. Denn als Nachbar i. S. d. Art. 66 BayBO ist jeder anzusehen, dessen durch Vorschriften des öffentlichen Baurechts geschützte Belange durch das Bauvorhaben zumindest berührt werden können (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 66 Rn. 63). Eine solche potenzielle Betroffenheit des Klägers, dessen Grundstück Fl. Nr. ...35 unmittelbar an das Baugrundstück Fl. Nr. ...40 angrenzt, ist im Hinblick auf die vom Beigeladenen geplante Andienung der umgebauten Metzgerei (auch) von Süden her über das Grundstück Fl. Nr. ...35 jedenfalls nicht ausgeschlossen.

Aus dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten im Parallelverfahren W 4 K 13.979 ergibt sich jedoch eindeutig, dass die gesetzliche Vertreterin des Klägers jedenfalls ab Juni 2012 von dem Bauvorhaben des Beigeladenen hinsichtlich der Metzgereigebäude und der hierfür erteilten Baugenehmigung wusste oder jedenfalls wissen musste. So nimmt der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 mit Schriftsatz vom 7. Mai 2012 auf eine von ihm selbst durchgeführte Ortseinsicht Bezug (Bl. 47 der Gerichtsakte W 4 K 13.979) und legt hierüber Lichtbilder vor (Bl. 52 der Gerichtsakte W 4 K 13.979). Auf letzteren sind im Hintergrund deutlich Baumaschinen (u. a. ein Bagger) bei Arbeiten an den Metzgereigebäuden zu sehen. Darüber hinaus führt der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 mit Schriftsatz vom 20. Juni 2012 im Zusammenhang mit der vom Beigeladenen geschaffenen provisorischen Überfahrt über den ...-bach aus, dass sich diese Überfahrt für Schwerlasttransporte während der Bauphase nicht auf das im Verfahren W 4 K 13.979 streitgegenständliche, sondern auf ein weiteres Bauvorhaben des Beigeladenen beziehe (vgl. Bl. 84/85 der Gerichtsakte W 4 K 13.979). Hinzu kommt, dass der Klägerbevollmächtigte im vg. Schriftsatz darlegt, dass der Beigeladene die Überfahrt über den ...-bach nach „Informationen des Klägers“ mit „schweren Gerät“ überfahre (Bl. 84 der Gerichtsakte). Dass dieses „schwere Gerät“ nicht bloß für den Bau der kleinen Brücke über den ...-bach erforderlich war, liegt auf der Hand. Für die Kammer lässt all dies - auch angesichts des erheblichen Umfangs der Baumaßnahmen an den Metzgereigebäuden - nur den Schluss zu, dass die gesetzliche Vertreterin des Klägers, die nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten stets zur Kenntnisnahme erhalten hatte, jedenfalls ab Juni 2012 von der hier streitgegenständlichen Baugenehmigung wissen musste. Dies muss sich der Kläger selbst entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kann auch nicht mit der Argumentation durchdringen, dass es hinsichtlich der Verwirkung am Umstandsmoment fehle, weil in der Klageerhebung erst am 1. August 2013 unter Berücksichtigung des arglistigen Verhaltens des Landratsamts kein treuwidriges Verhalten des Klägers gesehen werden könne. Aufgrund der aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis folgenden besonderen Rücksichtnahmepflichten (vgl. Czybulka/Kluckert in Sodann/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 76) dürfen an das Umstandsmoment hier keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Dadurch dass der Kläger seine Klage ungeachtet des Fortschreitens der Baumaßnahmen an den Metzgereigebäuden über einen Zeitraum von deutlich mehr als einem Jahr auf die Baugenehmigung vom 18. November 2011 bezüglich der Brücke und der Hoffläche beschränkte, brachte er für einen objektiven Betrachter zum Ausdruck, dass er gegen das Vorhaben „Um- und Neubau der Metzgerei“ keine rechtlichen Schritte mehr ergreifen wolle. Dabei ist auch zu berücksichtigten, dass der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 ausdrücklich auf ein weiteres, im dortigen Verfahren nicht streitgegenständliches Bauvorhaben des Beigeladenen Bezug nimmt (s. o.), ohne jedoch ein rechtliches Vorgehen gegen dieses Vorhaben auch nur ansatzweise in Aussicht zu stellen. Dass der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 noch im Schriftsatz vom 12. Juli 2013 das Vorliegen einer Baugenehmigung für die Baumaßnahmen an der Metzgerei schlichtweg abstreitet und sich dort rechtliche Schritte vorbehält, falls entgegen seiner Ausführungen dennoch eine Baugenehmigung für den Umbau der Metzgerei vorliegen sollte, kann den Kläger angesichts der vorstehend geschilderten Umstände nicht entlasten und lässt die Treuwidrigkeit der Klageerhebung erst im August 2013 nicht entfallen.

Der Klägerbevollmächtigte kann gegen die Verwirkung des Klagerechts auch nicht einwenden, dass das Landratsamt den Kläger über das Bestehen der Baugenehmigung vom 31. Januar 2012 arglistig getäuscht habe, um ihn bewusst aus dem Baugenehmigungsverfahren „herauszuhalten“. Zwar scheidet eine Verwirkung des Klagerechts des Nachbarn aus, wenn die Behörde oder der Bauherr ihrerseits treuwidrig handeln (Czybulka/Kluckert in Sodann/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 78). Dafür bestehen im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte. Zwar spricht vieles dafür, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung dem Kläger zugestellt werden musste (s. o.). Es deutet jedoch nichts daraufhin, dass die unterlassene Zustellung auf willkürlichem oder arglistigem Verhalten des Landratsamts beruhte, zumal auch die Oberste Baubehörde im Staatsministeriums des Innern die Rechtsauffassung des Landratsamts, dass der Kläger nicht als Nachbar im baurechtlichen Sinne einzustufen sei, teilte (vgl. Bl. 48 der Behördenakte). Daneben kann auch dem Einwand des Klägerbevollmächtigten, das Genehmigungsverfahren für den Bau der Brücke und den Um- und Neubau der Metzgereigebäude sei willkürlich in zwei Verwaltungsverfahren aufgespalten worden, um eine Beteiligung des Klägers zu umgehen, nicht gefolgt werden. Der Beigeladene hat mit zwei Bauanträgen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingereicht wurden, zwei Baugenehmigungsverfahren in Gang gesetzt. Der Baugenehmigungsbescheid vom 18. November 2011 war sogar bereits erlassen, als der Beigeladene mit Bauantrag vom 9. Dezember 2011, beim Landratsamt K. eingegangen am 28. Dezember 2011, den Um- bzw. Neubau der Metzgerei zur Genehmigung stellte. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn in der Baugenehmigung vom 18. November 2011 auf „bestehende“ Gebäude der Metzgerei Bezug genommen wird, weil zum Genehmigungszeitpunkt Baumaßnahmen an den Metzgereigebäuden noch gar nicht beantragt waren und somit diesbezüglich nur von „bestehenden“ Gebäuden gesprochen werden konnte. Eine willkürliche Aufspaltung eines einheitlichen Gesamtvorhabens liegt daher offensichtlich nicht vor. Schließlich führt auch das Vorbingen der Klägerbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren und im Parallelverfahren W 4 K 13.979, dass das Landratsamt Akteneinsicht in die Verfahrensakte betreffend die hier streitgegenständliche Baugenehmigung verweigert habe, zu keiner anderen Bewertung. Denn dieser Vorwurf geht nicht über eine bloße Behauptung, für die nicht der geringste Nachweis erbracht wurde, hinaus. Auch aus den Behördenakten ist hierfür nichts ersichtlich. Vielmehr ist dort dokumentiert, dass der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 lediglich Akteneinsicht hinsichtlich des Baugenehmigungsverfahren für die Brücke begehrt hat (vgl. Bl. 26 der Behördenakte im Verfahren W 4 K 13.979).

2. Lediglich ergänzend - und ohne dass es hier noch entscheidungserheblich darauf ankäme - weist die Kammer darauf hin, dass auch vieles für die Unbegründetheit der Klage spricht.

Der Nachbar eines Bauvorhabens kann eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn es das Vorhaben an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt.

Das Erfordernis der gesicherten Erschließung i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, dessen Fehlen der Kläger hier rügt, ist grundsätzlich nicht nachbarschützend. Etwas anderes gilt zugunsten des Nachbarn nur in dem eng begrenzten Ausnahmefall, dass gerade durch die streitgegenständliche Baugenehmigung die Verpflichtung des Nachbarn zur Duldung eines zivilrechtlichen Notwegerechts wegen fehlender Erschließung des Baugrundstücks begründet wird (vgl. VGH BW, B. v. 21.12.2001 - 8 S 274/01 - juris, Rn. 3; Wolf in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 4 Rn. 200, jeweils m. w. N.).

Es spricht vieles dafür, dass die Voraussetzungen eines solchen Abwehranspruchs hier nicht vorliegen. Es mag zwar sein, dass der Kläger nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts ein Notwegerecht auf seinem Grundstück Fl. Nr. ...35 zu dulden hat. Dieses hat seinen Grund jedoch nicht in der streitgegenständlichen Baugenehmigung bzw. in einer fehlenden Erschließung des Baugrundstücks. Denn das für das streitgegenständliche Vorhaben in Anspruch genommene Grundstück ist von Norden her über den K.-platz erschlossen. Dass der Zugang zu dem Grundstück nicht genauso komfortabel wie der vom Beigeladenen ins Auge gefasste Zugang von Süden her über die Brücke sein mag und dass das Heranfahren an das Anwesen des Beigeladenen von Norden her beschwerlich ist bzw. - etwa hinsichtlich der Fahrzeuggröße - gewissen Einschränkungen unterliegt, stellt die durch § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB geforderte öffentlich-rechtliche (Mindest-)Erschließung nicht in Frage. Die vg. Umstände mögen bei der Frage eines zivilrechtlichen Notwegerechts des Beigeladenen zu berücksichtigen sein. Für die hier allein interessierende Erschließung i. S. d. öffentlichen Baurechts bleibt hingegen festzuhalten, dass die Erschließungssituation des Anwesens des Beigeladenen einer Situation entspricht, wie sie häufig in historischen Altorten anzutreffen ist und dass auch das streitgegenständliche Bauvorhaben die Erschließungsfrage nicht neu und unabhängig von der bisherigen Erschließungslage aufwirft. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Gegenstand der angegriffenen Baugenehmigung nicht eine bestimmte Nutzungsintensität in Bezug auf die Metzgereigebäude, insbesondere nicht die Anlieferung einer bestimmten Anzahl von Schlachttieren pro Woche, ist. Der Beigeladene mag im Hinblick auf die bisherige Zufahrtsmöglichkeit zum Grundstück allein von Norden her hinsichtlich der Anzahl der Schlachttiere, die wöchentlich angeliefert werden durften, bestimmten hygienerechtlichen Beschränkungen unterlegen haben. Diese hygienerechtlichen Beschränkungen berühren jedoch nicht die Frage der baurechtlichen Erschließung, denn diese besteht vorliegend unabhängig davon, ob der Beigeladene die Baugrundstücke gerade auch in der von ihm gewünschten Form bzw. Intensität nutzen kann. Dem entspricht es im Übrigen, dass das Landgericht Würzburg dem Beigeladenen im Urteil vom 31. Mai 2013 ein zivilrechtliches Notwegerecht ausdrücklich allein für einen Teilbereich seiner betrieblichen Tätigkeit, nämlich für die Anlieferung der Schlachttiere, nicht aber für Lieferungen im Zusammenhang mit dem Partyservice- und Filialbetrieb - mögen diese über die Zufahrt von Norden her auch beschwerlich sein - zugebilligt hat (vgl. Bl. 140 der Gerichtsakte im Parallelverfahren W 4 K 13.979). Für letztere erachtete das Landgericht die Benutzung der bestehenden Zuwegung von Norden her für zumutbar.

3. Die Klage war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass der Kläger die außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen hat, weil sich dieser durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Um- und Neubau einer Metzgerei auf dem Grundstück Fl. Nr. ...40 der Gemarkung P. (Landkreis K.). ... ...39 und ...40 eine Metzgerei mit angegliedertem Schlachthaus. Südlich des Grundstücks Fl. Nr. ...40 schließt sich das Grundstück Fl. Nr. ...35 an, welches im jeweils hälftigen Miteigentum des Klägers und der I. ... GmbH & Co. KG steht und auf dem sich Bachbett und Uferzone des „...-bachs“, einem Gewässer dritter Ordnung, befinden. Der ...-bach wird im Bereich des Grundstücks Fl. Nr. ...35 von mehreren Brücken bzw. Stegen überquert. Diese verbinden die nördlich des ...-bachs gelegenen Grundstücke - so auch das im Eigentum des Beigeladenen stehende Baugrundstück Fl. Nr. ...40 - mit der südlich entlang des ...-bachs verlaufenden Straße „Am M.“. Für die beschriebenen Grundstücke besteht kein Bebauungsplan.

2. Unter dem 9. Dezember 2011 beantragte der Beigeladene beim Landratsamt K. die Erteilung einer Baugenehmigung für den Um- und Neubau des Metzgereibetriebs auf dem Grundstück Fl. Nr. ...40.

Bereits mit Baugesuch vom 11. August 2011 hatte der Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau einer Brücke auf dem Grundstück Fl. Nr. ...35 sowie für den Ausbau der Hoffläche auf dem Grundstück Fl. Nr. ...40 beantragt. Der auf den letztgenannten Bauantrag hin ergangene Baugenehmigungsbescheid vom 18. November 2011 wurde vom Kläger angefochten, die diesbezügliche Klage ist bei Gericht unter dem nunmehrigen Aktenzeichen W 4 K 13.979 anhängig.

3. Mit Bescheid vom 31. Januar 2012 erteilte das Landratsamt K. dem Beigeladenen die unter dem 9. Dezember 2011 beantragte Baugenehmigung für den Um- und Neubau der Metzgerei.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Das Vorhaben entspreche den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Baugenehmigung sei daher - unbeschadet der Rechte Dritter - zu erteilen gewesen.

Der Baugenehmigungsbescheid vom 31. Januar 2012 wurde dem Kläger nicht zugestellt.

4. Mit Schriftsatz vom 1. August 2013, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, ließ der Kläger Klage gegen die Baugenehmigung vom 31. Januar 2012 erheben mit dem Antrag,

die Baugenehmigung des Landratsamts K. vom 31. Januar 2012, 61-...-2011, aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei im Baugenehmigungsverfahren zu Unrecht nicht beteiligt worden, obwohl sein Grundstück Fl. Nr. ...35 unmittelbar an das Baugrundstück angrenze. Man habe versucht, den Kläger in unzulässiger Weise aus dem Genehmigungsverfahren herauszuhalten. Die streitgegenständliche Baugenehmigung stelle einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Klägers dar, weil sie wegen fehlender Erschließung und der dadurch ausgelösten Verpflichtung des Klägers zur Duldung eines zivilrechtlichen Notwegerechts nach § 917 BGB eine unmittelbare Rechtsverschlechterung zulasten des Klägers bewirke. Dies ergebe sich daraus, dass für das Baugrundstück eine Erschließung über das Bachgrundstück Fl. Nr. ...35, das im Miteigentum des Klägers stehe, notwendig sei. Der vom Beigeladenen ins Auge gefasste Umbau der Metzgerei bedinge nämlich eine Andienung von Süden her über das Grundstück Fl. Nr. ...35. Die Klage sei auch nicht wegen des zwischen der Erteilung der Baugenehmigung und der Klageerhebung verstrichenen Zeitraums unzulässig, weil, wenn das Landratsamt für das Vorhaben des Beigeladenen korrekterweise insgesamt nur ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt hätte, der zusammenfassende Baugenehmigungsbescheid für das Gesamtvorhaben des Beigeladenen dem Kläger zugestellt worden wäre und er somit fristgerecht Klage erheben hätte können.

5. Das Landratsamt K. beantragte für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei bereits unzulässig. Der Kläger habe das Recht zur Klageerhebung verwirkt, weil er bzw. seine Bevollmächtigten vor Klageerhebung bereits mehr als ein Jahr Kenntnis von den Bauarbeiten an den Metzgereigebäuden hatten bzw. sich eine solche Kenntnis nach den Umständen hätte aufdrängen müssen. Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet, weil der Kläger aus der Erschließungssituation keine Verletzung nachbarschützender Rechte herleiten könne. Die bisherige Erschließungssituation habe sich durch die Genehmigung des streitgegenständlichen Vorhabens in keiner Weise verändert. Soweit der Kläger zivilrechtlich zur Duldung eines Notwegerechts über das Grundstück Fl. Nr. ...35 verpflichtet sein sollte, so habe dieses seine Ursache jedenfalls nicht in der streitgegenständlichen Baugenehmigung. Ob der Beigeladene zivilrechtlich berechtigt sei, die baurechtlich genehmigte Brücke über das Grundstück Fl. Nr. ...35 für eine zusätzliche Anbindung des Baugrundstücks zu nutzen, sei ausschließlich von den Zivilgerichten zu beurteilen.

6. Der Beigeladene beantragte ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Eine darüber hinausgehende Stellungnahme erfolgte nicht.

7. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig.

1. Der Klage mangelt es bereits an einer Sachurteilsvoraussetzung, weil der Kläger das Klagerecht gegen die Baugenehmigung vom 31. Januar 2012 verwirkt hat.

Von der Verwirkung des Klagerechts ist regelmäßig auszugehen, wenn die Baugenehmigung dem nunmehr klagenden Nachbarn zwar nicht bekanntgegeben wurde, dieser von der Baugenehmigung jedoch wusste oder wissen musste, und dennoch nicht innerhalb eines Jahres ab diesem Zeitpunkt Klage erhoben hat (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Dezember 2013, Art. 66 Rn. 227; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 58 Rn. 17 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach Überzeugung der Kammer wusste die gesetzliche Vertreterin des Klägers spätestens ab Juni 2012 von der streitgegenständlichen Baugenehmigung bzw. es hätte sich ihr eine entsprechende Kenntnis jedenfalls ab diesem Zeitpunkt geradezu aufdrängen müssen. Zwar spricht vieles dafür, dass ihr (als gesetzliche Vertreterin des Klägers) die streitgegenständliche Baugenehmigung rechtsfehlerhaft - entgegen Art. 66 Abs. 1 Satz 6 BayBO - nicht zugestellt wurde. Denn als Nachbar i. S. d. Art. 66 BayBO ist jeder anzusehen, dessen durch Vorschriften des öffentlichen Baurechts geschützte Belange durch das Bauvorhaben zumindest berührt werden können (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 66 Rn. 63). Eine solche potenzielle Betroffenheit des Klägers, dessen Grundstück Fl. Nr. ...35 unmittelbar an das Baugrundstück Fl. Nr. ...40 angrenzt, ist im Hinblick auf die vom Beigeladenen geplante Andienung der umgebauten Metzgerei (auch) von Süden her über das Grundstück Fl. Nr. ...35 jedenfalls nicht ausgeschlossen.

Aus dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten im Parallelverfahren W 4 K 13.979 ergibt sich jedoch eindeutig, dass die gesetzliche Vertreterin des Klägers jedenfalls ab Juni 2012 von dem Bauvorhaben des Beigeladenen hinsichtlich der Metzgereigebäude und der hierfür erteilten Baugenehmigung wusste oder jedenfalls wissen musste. So nimmt der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 mit Schriftsatz vom 7. Mai 2012 auf eine von ihm selbst durchgeführte Ortseinsicht Bezug (Bl. 47 der Gerichtsakte W 4 K 13.979) und legt hierüber Lichtbilder vor (Bl. 52 der Gerichtsakte W 4 K 13.979). Auf letzteren sind im Hintergrund deutlich Baumaschinen (u. a. ein Bagger) bei Arbeiten an den Metzgereigebäuden zu sehen. Darüber hinaus führt der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 mit Schriftsatz vom 20. Juni 2012 im Zusammenhang mit der vom Beigeladenen geschaffenen provisorischen Überfahrt über den ...-bach aus, dass sich diese Überfahrt für Schwerlasttransporte während der Bauphase nicht auf das im Verfahren W 4 K 13.979 streitgegenständliche, sondern auf ein weiteres Bauvorhaben des Beigeladenen beziehe (vgl. Bl. 84/85 der Gerichtsakte W 4 K 13.979). Hinzu kommt, dass der Klägerbevollmächtigte im vg. Schriftsatz darlegt, dass der Beigeladene die Überfahrt über den ...-bach nach „Informationen des Klägers“ mit „schweren Gerät“ überfahre (Bl. 84 der Gerichtsakte). Dass dieses „schwere Gerät“ nicht bloß für den Bau der kleinen Brücke über den ...-bach erforderlich war, liegt auf der Hand. Für die Kammer lässt all dies - auch angesichts des erheblichen Umfangs der Baumaßnahmen an den Metzgereigebäuden - nur den Schluss zu, dass die gesetzliche Vertreterin des Klägers, die nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten stets zur Kenntnisnahme erhalten hatte, jedenfalls ab Juni 2012 von der hier streitgegenständlichen Baugenehmigung wissen musste. Dies muss sich der Kläger selbst entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kann auch nicht mit der Argumentation durchdringen, dass es hinsichtlich der Verwirkung am Umstandsmoment fehle, weil in der Klageerhebung erst am 1. August 2013 unter Berücksichtigung des arglistigen Verhaltens des Landratsamts kein treuwidriges Verhalten des Klägers gesehen werden könne. Aufgrund der aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis folgenden besonderen Rücksichtnahmepflichten (vgl. Czybulka/Kluckert in Sodann/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 76) dürfen an das Umstandsmoment hier keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Dadurch dass der Kläger seine Klage ungeachtet des Fortschreitens der Baumaßnahmen an den Metzgereigebäuden über einen Zeitraum von deutlich mehr als einem Jahr auf die Baugenehmigung vom 18. November 2011 bezüglich der Brücke und der Hoffläche beschränkte, brachte er für einen objektiven Betrachter zum Ausdruck, dass er gegen das Vorhaben „Um- und Neubau der Metzgerei“ keine rechtlichen Schritte mehr ergreifen wolle. Dabei ist auch zu berücksichtigten, dass der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 ausdrücklich auf ein weiteres, im dortigen Verfahren nicht streitgegenständliches Bauvorhaben des Beigeladenen Bezug nimmt (s. o.), ohne jedoch ein rechtliches Vorgehen gegen dieses Vorhaben auch nur ansatzweise in Aussicht zu stellen. Dass der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 noch im Schriftsatz vom 12. Juli 2013 das Vorliegen einer Baugenehmigung für die Baumaßnahmen an der Metzgerei schlichtweg abstreitet und sich dort rechtliche Schritte vorbehält, falls entgegen seiner Ausführungen dennoch eine Baugenehmigung für den Umbau der Metzgerei vorliegen sollte, kann den Kläger angesichts der vorstehend geschilderten Umstände nicht entlasten und lässt die Treuwidrigkeit der Klageerhebung erst im August 2013 nicht entfallen.

Der Klägerbevollmächtigte kann gegen die Verwirkung des Klagerechts auch nicht einwenden, dass das Landratsamt den Kläger über das Bestehen der Baugenehmigung vom 31. Januar 2012 arglistig getäuscht habe, um ihn bewusst aus dem Baugenehmigungsverfahren „herauszuhalten“. Zwar scheidet eine Verwirkung des Klagerechts des Nachbarn aus, wenn die Behörde oder der Bauherr ihrerseits treuwidrig handeln (Czybulka/Kluckert in Sodann/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 78). Dafür bestehen im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte. Zwar spricht vieles dafür, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung dem Kläger zugestellt werden musste (s. o.). Es deutet jedoch nichts daraufhin, dass die unterlassene Zustellung auf willkürlichem oder arglistigem Verhalten des Landratsamts beruhte, zumal auch die Oberste Baubehörde im Staatsministeriums des Innern die Rechtsauffassung des Landratsamts, dass der Kläger nicht als Nachbar im baurechtlichen Sinne einzustufen sei, teilte (vgl. Bl. 48 der Behördenakte). Daneben kann auch dem Einwand des Klägerbevollmächtigten, das Genehmigungsverfahren für den Bau der Brücke und den Um- und Neubau der Metzgereigebäude sei willkürlich in zwei Verwaltungsverfahren aufgespalten worden, um eine Beteiligung des Klägers zu umgehen, nicht gefolgt werden. Der Beigeladene hat mit zwei Bauanträgen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingereicht wurden, zwei Baugenehmigungsverfahren in Gang gesetzt. Der Baugenehmigungsbescheid vom 18. November 2011 war sogar bereits erlassen, als der Beigeladene mit Bauantrag vom 9. Dezember 2011, beim Landratsamt K. eingegangen am 28. Dezember 2011, den Um- bzw. Neubau der Metzgerei zur Genehmigung stellte. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn in der Baugenehmigung vom 18. November 2011 auf „bestehende“ Gebäude der Metzgerei Bezug genommen wird, weil zum Genehmigungszeitpunkt Baumaßnahmen an den Metzgereigebäuden noch gar nicht beantragt waren und somit diesbezüglich nur von „bestehenden“ Gebäuden gesprochen werden konnte. Eine willkürliche Aufspaltung eines einheitlichen Gesamtvorhabens liegt daher offensichtlich nicht vor. Schließlich führt auch das Vorbingen der Klägerbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren und im Parallelverfahren W 4 K 13.979, dass das Landratsamt Akteneinsicht in die Verfahrensakte betreffend die hier streitgegenständliche Baugenehmigung verweigert habe, zu keiner anderen Bewertung. Denn dieser Vorwurf geht nicht über eine bloße Behauptung, für die nicht der geringste Nachweis erbracht wurde, hinaus. Auch aus den Behördenakten ist hierfür nichts ersichtlich. Vielmehr ist dort dokumentiert, dass der Klägerbevollmächtigte im Verfahren W 4 K 13.979 lediglich Akteneinsicht hinsichtlich des Baugenehmigungsverfahren für die Brücke begehrt hat (vgl. Bl. 26 der Behördenakte im Verfahren W 4 K 13.979).

2. Lediglich ergänzend - und ohne dass es hier noch entscheidungserheblich darauf ankäme - weist die Kammer darauf hin, dass auch vieles für die Unbegründetheit der Klage spricht.

Der Nachbar eines Bauvorhabens kann eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn es das Vorhaben an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt.

Das Erfordernis der gesicherten Erschließung i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, dessen Fehlen der Kläger hier rügt, ist grundsätzlich nicht nachbarschützend. Etwas anderes gilt zugunsten des Nachbarn nur in dem eng begrenzten Ausnahmefall, dass gerade durch die streitgegenständliche Baugenehmigung die Verpflichtung des Nachbarn zur Duldung eines zivilrechtlichen Notwegerechts wegen fehlender Erschließung des Baugrundstücks begründet wird (vgl. VGH BW, B. v. 21.12.2001 - 8 S 274/01 - juris, Rn. 3; Wolf in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 4 Rn. 200, jeweils m. w. N.).

Es spricht vieles dafür, dass die Voraussetzungen eines solchen Abwehranspruchs hier nicht vorliegen. Es mag zwar sein, dass der Kläger nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts ein Notwegerecht auf seinem Grundstück Fl. Nr. ...35 zu dulden hat. Dieses hat seinen Grund jedoch nicht in der streitgegenständlichen Baugenehmigung bzw. in einer fehlenden Erschließung des Baugrundstücks. Denn das für das streitgegenständliche Vorhaben in Anspruch genommene Grundstück ist von Norden her über den K.-platz erschlossen. Dass der Zugang zu dem Grundstück nicht genauso komfortabel wie der vom Beigeladenen ins Auge gefasste Zugang von Süden her über die Brücke sein mag und dass das Heranfahren an das Anwesen des Beigeladenen von Norden her beschwerlich ist bzw. - etwa hinsichtlich der Fahrzeuggröße - gewissen Einschränkungen unterliegt, stellt die durch § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB geforderte öffentlich-rechtliche (Mindest-)Erschließung nicht in Frage. Die vg. Umstände mögen bei der Frage eines zivilrechtlichen Notwegerechts des Beigeladenen zu berücksichtigen sein. Für die hier allein interessierende Erschließung i. S. d. öffentlichen Baurechts bleibt hingegen festzuhalten, dass die Erschließungssituation des Anwesens des Beigeladenen einer Situation entspricht, wie sie häufig in historischen Altorten anzutreffen ist und dass auch das streitgegenständliche Bauvorhaben die Erschließungsfrage nicht neu und unabhängig von der bisherigen Erschließungslage aufwirft. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Gegenstand der angegriffenen Baugenehmigung nicht eine bestimmte Nutzungsintensität in Bezug auf die Metzgereigebäude, insbesondere nicht die Anlieferung einer bestimmten Anzahl von Schlachttieren pro Woche, ist. Der Beigeladene mag im Hinblick auf die bisherige Zufahrtsmöglichkeit zum Grundstück allein von Norden her hinsichtlich der Anzahl der Schlachttiere, die wöchentlich angeliefert werden durften, bestimmten hygienerechtlichen Beschränkungen unterlegen haben. Diese hygienerechtlichen Beschränkungen berühren jedoch nicht die Frage der baurechtlichen Erschließung, denn diese besteht vorliegend unabhängig davon, ob der Beigeladene die Baugrundstücke gerade auch in der von ihm gewünschten Form bzw. Intensität nutzen kann. Dem entspricht es im Übrigen, dass das Landgericht Würzburg dem Beigeladenen im Urteil vom 31. Mai 2013 ein zivilrechtliches Notwegerecht ausdrücklich allein für einen Teilbereich seiner betrieblichen Tätigkeit, nämlich für die Anlieferung der Schlachttiere, nicht aber für Lieferungen im Zusammenhang mit dem Partyservice- und Filialbetrieb - mögen diese über die Zufahrt von Norden her auch beschwerlich sein - zugebilligt hat (vgl. Bl. 140 der Gerichtsakte im Parallelverfahren W 4 K 13.979). Für letztere erachtete das Landgericht die Benutzung der bestehenden Zuwegung von Norden her für zumutbar.

3. Die Klage war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass der Kläger die außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen hat, weil sich dieser durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. Februar 2010 – 5 L 9/10 – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes gerichtete, gemäß § 146 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dessen Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.9.2009 zurückgewiesen, mit welcher der Beigeladenen die Errichtung und der Betrieb von drei Windkraftanlagen (Windpark S.) in Nachbarschaft zum bereits bestehenden Windpark K. (mit vier Windkraftanlagen) in C-Stadt erlaubt worden ist.

Die Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angegriffenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat ausführlich begründet, dass der Antragsteller nach den Erkenntnismöglichkeiten einer Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch den bereits bestehenden Windpark K. weder durch die beim bestimmungsgemäßen Betrieb der zusätzlich genehmigten drei Windkraftanlagen zu erwartenden Lärmimmissionen oder Einwirkungen mittels Infraschalls noch durch einen Verstoß gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot im Sinne einer optisch bedrängenden Wirkung der Anlagen in seinen Rechten verletzt ist. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, diese Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Dies gilt zunächst, soweit der Antragsteller geltend macht, es bestünden grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit der TA Lärm (und der DIN ISO 9613-2) zur Beurteilung der Lärmimmissionen, die von hoch über dem Erdboden liegenden Schallquellen ausgehen. Zur Begründung verweist er auf eine wissenschaftliche Arbeit des Meteorologischen Instituts - Fakultät der Physik und Geowissenschaften - der Universität Leipzig vom 30.11.2005 mit dem Titel "Studie zum Einfluss hoher Schallquellen auf die Schallausbreitung" sowie eine daran anknüpfende Veröffentlichung der Studie unter dem Titel "Einfluss des variablen Atmosphärenzustands auf die Schallausbreitung von höher liegenden Schallquellen". In der Studie werde dazu Stellung genommen, wie sich Schallquellen, die sich in einer Höhe von ca. 140 m (über dem Erdboden) befänden, hinsichtlich ihrer Immissionen auf die Umgebung und Nachbarschaft auswirkten. Es werde insbesondere nachgewiesen, dass die Schallausbreitung von diesen Quellen anderen Gesetzmäßigkeiten folge, als sie von der TA Lärm, welche von einer direkten Immissionseinwirkung ausgehe, vorausgesetzt würden. Aus diesem Grunde werde die TA Lärm den Gegebenheiten bei hoch ragenden Windkraftanlagen nicht (mehr) gerecht.

Entgegen seiner Auffassung hat der Antragsteller hiermit jedoch weder nachvollziehbar dargelegt, dass die auch im gerichtlichen Verfahren bindende Wirkung der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift in Frage gestellt sein könnte, noch ergibt sich dergleichen aus der vorgelegten Studie. Die Bindungswirkung der TA Lärm würde nur dann entfallen, wenn die in ihr enthaltene sachverständige Aussage durch neue gesicherte Erkenntnisse in Wissenschaft und Technik überholt wäre

vgl. dazu Jarass, BImSchG, Kommentar, 8. Aufl. 2010, § 48 Rdnr. 52 m.w.N..

Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

Zwar gelangt die Studie des Meteorologischen Instituts der Universität Leipzig zu dem Ergebnis, dass zwischen einer Schallausbreitung von einer bodennahen und einer hohen Schallquelle (hier: 140 m über dem Erdboden) wegen im letzteren Falle besonderer meteorologischer bzw. atmosphärischer Einflüsse Unterschiede bestehen bzw. bei einer hohen Schallquelle vergleichsweise deutlich häufiger negative (Schall verstärkende) Zusatzdämpfungen auftreten. Die Verfasserinnen der Studie weisen aber sowohl in ihrem Abschlussbericht als auch in der Veröffentlichung ihrer Arbeit darauf hin, dass noch die Daten mehrerer Jahre (mindestens 10) zu betrachten seien, um allgemein verwertbare (klimatologische) Aussagen treffen zu können und dabei auch die regionalen Unterschiede in den meteorologischen Eingangsdaten zu beachten seien. Schließlich halten sie es für erforderlich, die Ergebnisse ihrer Studie im Rahmen einer Modellevaluierung mit geeigneten Messdaten näher zu untersuchen. Zur gleichen Schlussfolgerung gelangt die ebenfalls vom Antragsteller vorgelegte, die Studie der Universität Leipzig besprechende Abhandlung der Autoren Piorr und Hillen, Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, zum Thema "Zur Schallausbreitung höher liegender Quellen", welche mit der Empfehlung endet, eine "Verifikation der Ergebnisse der Simulation" sei "dringend geboten."

Auch ist nicht zu erkennen, dass die Berechnung der von hoch ragenden Windkraftanlagen ausgehenden Lärmimmissionen nach den Maßgaben der TA Lärm zu einer Unterschätzung der betreffenden Immissionen führt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die TA Lärm nach ihrem Berechnungsmodell in Verbindung mit dem hier angewendeten alternativen Verfahren der DIN ISO 9613-2 ausgehend vom maximalen Schallleistungspegel der Lärmquelle die Lärmbelastung an den jeweiligen Immissionsorten unter den für diese Orte ungünstigsten Schallausbreitungsbedingungen in Mitwindrichtung ermittelt. Demgegenüber enthält die vorgenannte Studie auch Anhaltspunkte dafür, dass es bei hoch gelegenen Schallquellen aufgrund der besonderen meteorologischen und atmosphärischen Einflüsse in der Mitwindrichtung mitunter sogar zu einer lärmmindernden Dämpfung des Schalls kommen kann. In diesem Zusammenhang weisen die Autoren Piorr und Hillen bei ihrer Besprechung der Studie darauf hin, dass kleinere Windkraftanlagen (Gesamthöhe 88 m) im Gegensatz zu den in der Studie untersuchten hohen Schallquellen (140 m) den Lärm nachts verlustärmer abstrahlen, d.h. lauter sind; zudem sprechen sie das Phänomen des so genannten Schallschattens an, der bei hoch liegenden Schallquellen in der Gegenwindrichtung nach ca. 1000 m Entfernung von der Schallquelle entsteht, sich allerdings nur über wenige hundert Meter erstreckt. Von daher verbleiben auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Studie bei summarischer Prüfung keine durchgreifenden Zweifel daran, dass bei einer Berechnung des voraussichtlichen Lärms einer hochragenden Windkraftanlage nach der TA Lärm Belastungswerte prognostiziert werden, die "auf der sicheren Seite" im Rechtssinne liegen.

Insgesamt gesehen wird mit der Studie somit zwar dargelegt, dass es wissenschaftliche Ansätze für eine verbesserte Berechnung bestimmter Schallausbreitungen gibt, jedoch wird weder eine Fehlerhaftigkeit der Methodik der TA Lärm plausibel gemacht, noch handelt es sich um gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse,

so im Ergebnis auch VGH München, Beschluss vom 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, zitiert nach juris.

Es bestehen daher keine Zweifel an der auch in der bisherigen Rechtsprechung des Senats vorausgesetzten Anwendbarkeit der TA Lärm (und der von dieser in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2) zur Beurteilung der von Windkraftanlagen ausgehenden Lärmimmissionen

vgl. dazu die Beschlüsse des Senats vom 10.11.2006, - 3 W 5 bis 8/06 -, und vom 1.6.2007, - 3 Q 110/06 -, jeweils dokumentiert bei juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.8.2007, - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 = NVwZ 2008, 76, zitiert nach juris.

Nicht durchzudringen vermag der Antragsteller mit seinem weiteren Einwand, eine Entscheidung dürfe im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – trotz der Eilbedürftigkeit - nicht getroffen werden, ohne die im Genehmigungsverfahren seitens der Beigeladenen vorgelegte, durch einen von ihr beauftragten Gutachter erstellte Lärmprognose durch einen unabhängigen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Zur Begründung führt er an, dass durch den Bau der Windkraftanlagen im Prinzip vollendete Tatsachen geschaffen würden und die Lärmprognose daher nicht einem Privatgutachter überlassen werden dürfe. Im Übrigen handele es sich bei der Beurteilung von Schallimmissionen um einen komplexen und komplizierten Prüfungsvorgang, der nur speziell ausgebildeten und erfahrenen Ingenieuren und Gutachtern anzuvertrauen sei, um sicherzustellen, dass eine derartige Prognose "auf der sicheren Seite" im Rechtssinne liege. Auch könne es nicht angehen, dass der Genehmigungsbehörde ihre Prüfungskompetenz im Genehmigungsverfahren dadurch genommen werde, dass nach Ansicht des Verwaltungsgerichts diese weder selbst Ermittlungen durchzuführen noch bei einem Sachverständigen in Auftrag zu geben habe, sondern auf die nachträgliche Anordnung von Ermittlungen durch Gutachter im Sinne der §§ 26, 28 BImSchG angewiesen sei.

Dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen.

Der vom Antragsteller erstrebten Beweiserhebung durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes steht bereits entgegen, dass in Verfahren der vorliegenden Art, obschon auch hier der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, in aller Regel keine umfassende Klärung des Sachverhalts, insbesondere mittels einer förmlichen Beweisaufnahme, zu erfolgen hat. Anders würde das Eilrechtsschutzverfahren zum Hauptsacheverfahren, ohne dass der in ihm ergehenden Entscheidung eine der Hauptsacheentscheidung vergleichbare Bindungswirkung zukommt. Das entspricht nicht dem Sinn des auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzielenden Eilrechtsschutzverfahrens

Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, dokumentiert bei juris.

Von diesem Grundsatz ist vorliegend auch nicht ausnahmsweise abzuweichen. Vielmehr erweist sich die von der Beigeladenen vorgelegte Lärmprognose des von ihr beauftragten Ingenieurbüros Cu. als plausibel und für die im Genehmigungsverfahren erforderliche Beurteilung der von den Windkraftanlagen voraussichtlich ausgehenden Immissionen insgesamt geeignet.

Im Auftrag des Betreibers erstellte Immissionsprognosen und -messungen sind dem Regelsystem des Bundesimmissionsschutzgesetzes immanent, da dieses u.a. die so genannte betreibereigene Überwachung von Anlagen (§§ 26 bis 29 BImSchG) vorsieht. In diesen Fällen wird die Objektivität von Messungen und Begutachtungen dadurch sichergestellt, dass die relevanten Emissionen sowie Immissionen der Anlage durch eine von der nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebene Stelle nach § 26 BImSchG zu ermitteln sind. Erstellt daher eine solche Messstelle im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für den Anlagenbetreiber eine Lärmprognose, auf deren Grundlage (u.a.) die Genehmigung erteilt wird, so rechtfertigt es bereits deren Status gemäß § 26 BImSchG prinzipiell, von ihrer hierfür erforderlichen Objektivität und Unabhängigkeit auszugehen und kann somit im Regelfall nicht mit Erfolg eingewandt werden, der Auftrag zur Erstellung der Lärmprognose stamme vom Anlagenbetreiber,

so auch der Senat in seinen Beschlüssen vom 10.11.2006, - 3 W 5/06 -, und vom 1.6.2007, - 3 Q 110/06 -, jeweils dokumentiert bei juris.

Dies schließt es jedoch nicht aus, die durch die Genehmigung der Anlagen zu erwartende Lärmsituation – wie hier - durch eine andere Stelle, wie etwa ein Ingenieurbüro, sachverständig beurteilen zu lassen. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren obliegt es grundsätzlich dem Anlagenbetreiber, die Genehmigungsunterlagen einzureichen. Dies ergibt sich zunächst aus § 10 Abs. 1 und 2 BImSchG sowie im Weiteren konkret aus § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 der 9. BImSchV. Danach müssen diese Unterlagen, soweit (durch die Anlage) schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können, eine Prognose der zu erwartenden Immissionen enthalten, soweit Immissionswerte in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften festgelegt sind und nach dem Inhalt dieser Vorschriften eine Prognose zum Vergleich mit diesen Werten erforderlich ist. Der Normgeber geht also erkennbar von der grundsätzlichen Verwertbarkeit der vom Betreiber vorgelegten Immissionsprognose aus. Dies mag zwar in besonderem Maße gelten, wenn sie von einer nach § 26 BImSchG bekannt gegebenen Stelle erarbeitet worden ist (vgl. bereits oben). Nach der normativen Wertung sind aber Immissionsprognosen anderer sachverständiger Stellen bzw. fachlich einschlägiger Ingenieurbüros – wie hier - grundsätzlich nicht weniger geeignet, die Genehmigungsvoraussetzungen darzulegen

vgl. Beschluss des Senats vom 1.6.2007- 3 Q 110/06 -, a.a.O..

Die Verwertbarkeit dieser Gutachten erfordert, dass sie unter Beachtung der geltenden Regelwerke fachgerecht und nachvollziehbar erstellt worden bzw. für den Fachkundigen überzeugend sind. Eine entsprechende Lärmprognose ist daher - auch wenn sie von einer Stelle im Sinne des § 26 BImSchG stammt - durch die Genehmigungsbehörde auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Bestehen Zweifel, ob die Anlage entsprechend der Prognose keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorruft, kann die Genehmigungsbehörde nach Maßgabe der einschlägigen Verfahrensvorschriften weitere Begutachtungen durch den Bauherrn anfordern oder selbst eine Begutachtung durch eine Fachbehörde oder einen unabhängigen Sachverständigen veranlassen. Alle diese Schritte gehören zum Genehmigungsverfahren, denn sie dienen der Klärung der Frage, ob eine Genehmigung zu erteilen ist oder nicht. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn Verfahrenshandlungen der Behörde durch Einwendungen eines betroffenen Nachbarn veranlasst werden

BVerwG, Urteil vom 29.8.2007, - 4 C 2.07 -, a.a.O..

Vorliegend ergeben sich keine Zweifel an der Belastbarkeit der von der Beigeladenen in Auftrag gegebenen und der Genehmigung der Windkraftanlagen zu Grunde gelegten Lärmprognose der Firma Cu., die auch der Antragsgegner als Fachbehörde ohne Einwände geprüft hat. Demgegenüber vermag der Antragsteller mit seinem allgemeinen Hinweis auf die Schwierigkeit und Komplexität einer derartigen Begutachtung die methodische Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit der Lärmprognose ebenso wenig in Frage zu stellen wie deren Ergebnis, wonach unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch vier bereits vorhandene Windkraftanlagen die jeweiligen Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten eingehalten werden

vgl. VGH München, Beschluss vom 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, zitiert nach juris.

Soweit der Antragsteller seine Bedenken lediglich andeutet mit der Bemerkung, die Unsicherheit beginne bereits mit den seitens der Beigeladenen vorgegebenen Parametern, vermag auch dies keine entsprechenden Zweifel zu begründen. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass als Ausgangswerte der Berechnung der durch drei unabhängige schalltechnische Vermessungen ermittelte maximale Schallleistungspegel der drei geplanten Anlagen von je 103,5 dB (A)

vgl. zur hohen Zuverlässigkeit einer derartigen schalltechnischen Vermessung: OVG Lüneburg, Beschluss vom 31.3.2010, 12 LA 157/08, zitiert nach juris,

sowie hinsichtlich der Vorbelastung durch die bereits vorhandenen vier Windkraftanlagen der mit bestandskräftigem Bescheid des Antragsgegners vom 15.6.2003 festgelegte Wert – je 104,0 dB (A) – in die Berechnungen eingestellt worden sind. Diesbezüglich ist nämlich stets der bestimmungsgemäße Betrieb der Anlage, so wie er genehmigt wurde bzw. genehmigt werden soll, zu Grunde zu legen

Beschluss des Senats vom 1.6.2007 - 3 Q 110/06 -, m.w.N., dokumentiert bei juris.

Im Übrigen wird dem Schutzinteresse des Antragstellers durch die Nebenbestimmungen zu A.2 und A.3 des Genehmigungsbescheides hinreichend Rechnung getragen. Danach ist (vgl. dort zu A.2) spätestens zwölf Monate nach Inbetriebnahme der Windkraftanlage durch Messungen einer nach § 26 BImSchG bekannt gegebenen Messstelle der Nachweis zu führen, dass die maßgeblichen Teil-Immissionspegel (für die Nachtzeit) bezogen auf die schalltechnisch ungünstigste Betriebsart an den genannten Aufpunkten (Immissionsorten) eingehalten werden. Im Falle der Nichteinhaltung der prognostizierten Werte (vgl. die Nebenbestimmung zu A.3) dürfen die Windkraftanlagen während der Nachtzeit nicht mehr betrieben werden, bis der Nachweis über die Einhaltung der Teil-Immissionsrichtwerte geführt ist. In Anbetracht dessen ist es für den Antragsteller jedenfalls zumutbar, bis zu jener Kontrollmessung eine (wider Erwarten) festzustellende Überschreitung des hier maßgeblichen Nacht-Immissionsrichtswertes von 40 dB (A) bis zu dem für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Beurteilungspegel von 45 dB (A) hinzunehmen. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil in den betreffenden Gebieten eine Wohnnutzung regelmäßig zulässig und daher bei Einhaltung der für diese Gebiete nach der TA Lärm maßgeblichen Richtwerte ein Wohnen unter zumutbaren Lärmbedingungen sichergestellt ist

Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, dokumentiert bei juris.

Der Antragsteller bringt zur Begründung seiner Beschwerde nichts vor, was gegen diese Bewertung seines Schutzinteresses sprechen könnte.

Die vom Antragsteller ferner geltend gemachten Gesundheitsgefahren durch den von Windkraftanlagen erzeugten Infraschall vermögen der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Insoweit nimmt er auf seinen Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren Bezug und bemängelt, das Verwaltungsgericht habe, ohne seinem Beweisangebot zu folgen, lediglich darauf verwiesen, dass hinreichende wissenschaftlich begründete Hinweise auf eine beeinträchtigende Wirkung der von Windenergieanlagen hervorgerufenen Infraschall-Immissionen auf den Menschen bislang nicht vorlägen. Eine mögliche Gesundheitsbeeinträchtigung durch emittierende Anlagen dürfe jedoch nicht ungeprüft hingenommen werden, nur weil der Infraschall für den Menschen "nicht hörbar oder nicht gegenwärtig" sei, denn diese fehlende Wahrnehmbarkeit der Einwirkung bestehe etwa auch bei den unbestreitbar gefährlichen Auswirkungen von Radioaktivität.

Diese Einwände sind nicht gerechtfertigt. Nach Maßgabe der TA Lärm (vgl. deren Nr. 7.3), welche auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, ist die Frage, ob von Infraschall bzw. tieffrequenten Geräuschen (im Frequenzbereich unter 90 Hertz) schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen, im Einzelfall nach den örtlichen Verhältnissen zu beurteilen. Dabei sind schädliche Wirkungen mit der Maßgabe, diese zu mindern, zu bejahen, wenn tieffrequente Geräusche bei geschlossenen Fenstern in schutzbedürftigen Räumen deutlich wahrnehmbar sind. Dass dies beim Betrieb der streitbefangenen Windkraftanlagen der Fall sein könnte, erscheint indes nahezu ausgeschlossen. Messtechnisch kann zwar nachgewiesen werden, dass Windenergieanlagen Infraschall verursachen. Die dabei feststellbaren Infraschallpegel liegen nach einschlägigen wissenschaftlichen Untersuchungen aber weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen und sind harmlos bzw. führen zu keinen erheblichen Belästigungen

vgl. Windenergieanlagen und Immissionsschutz, Herausgeber: Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, Materialien Nr. 63, 2002, S. 19 f., im Internet abrufbar unter www.lanuv.nrw.de; ferner: BayVerfGH, Entscheidung vom 14.9.2009 - Vf 41-VI-08 -, BayVBl. 2010, 106 = NVwZ-RR 2010, 139 sowie OVG Münster, Beschluss vom 22.5.2006 – 8 B 2122/05 –, jeweils zitiert nach juris.

In der von der Beigeladenen vorgelegten Lärmprognose wird in Einklang mit diesen allgemeinen Erkenntnissen zum Untersuchungsgegenstand Infraschall festgestellt, dass selbst in Gebäuden in der Nähe von Windkraftanlagen sehr niedrige Werte gemessen würden und der Infraschall bzw. Körperschall an den (hier maßgeblichen) Immissionsorten mehr als 20 dB unter der Wahrnehmungsschwelle liege. Dies ist insbesondere hinsichtlich der Überprüfung einer eventuellen Betroffenheit des Antragstellers nachvollziehbar, denn vorliegend sollen die drei geplanten Windkraftanlagen in einem Abstand von 1210 m, 1645 m und 1858 m zu dessen Wohnhaus errichtet werden, so dass allein schon wegen der großen Entfernungen etwaige Einwirkungen durch Infraschall zu seinem Nachteil nicht zu erwarten sind.

Diese Annahme hat der Antragsteller nicht entkräften können. Insbesondere liefert die von ihm zum Nachweis schädlicher Auswirkungen des Infraschalls auf den Menschen im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Arbeit des Dr. Weiler, Institut für Hirnforschung und angewandte Technologie GmbH, vom 28.10.2005 mit dem Titel "Auswirkungen einer subliminalen Beschallung mit einer Frequenz von 4 Hz, 8 Hz und 31,5 Hz auf die elektroenzephalographische Aktivität eines weiblichen Probanden" keine anderweitigen Erkenntnisse, die als wissenschaftlich gesichert gelten können. Dafür spricht bereits, dass die entsprechende Untersuchung einer einzigen Person ungeeignet erscheint, die gegen eine Gefährlichkeit des von Windkraftanlagen ausgehenden Infraschalls sprechenden Forschungsergebnisse in Frage zu stellen. Im Übrigen bleibt nach dem Beschwerdevorbringen offen, ob und inwiefern der Infraschall über größere Distanzen noch negative gesundheitliche Effekte bei Menschen hervorrufen kann. Soweit der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren allgemeine Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts über die Auswirkungen des Infraschalls auf den Menschen angesprochen hat und ferner verschiedene Wissenschaftler benannt hat, die sich mit dieser Thematik befasst haben, bot das Vorbringen bereits damals keine Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen oder Schlussfolgerungen. Die Beschwerde kann daher auch unter dem Gesichtspunkt der vom Antragsteller befürchteten Gefahren durch Infraschall keinen Erfolg haben.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist schließlich der von ihm wegen einer optisch bedrängenden Wirkung der Windkraftanlagen geltend gemachte Verstoß gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nach den Erkenntnismöglichkeiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu verneinen. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss wird entsprechend § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug genommen.

Insbesondere besteht bei summarischer Prüfung keine Veranlassung für die vom Antragsteller geforderte eingehende Überprüfung des Einzelfalls. Insoweit ist maßgebend, dass nach der Genehmigungssituation der bauordnungsrechtlich erforderliche Abstand (vgl. § 7 Abs. 5 LBO SL – 60 m -) zur vom Wohnhaus des Antragstellers nächstgelegenen, 1210 m entfernten Windkraftanlage um mehr als das Zwanzigfache und der nach Maßgabe des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebotes (hier: § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB) im Sinne der Vermeidung einer optisch bedrängenden Wirkung der Anlagen notwendige Abstand (3-fache Gesamthöhe der Anlage, hier: je 150 m) um mehr als das Achtfache übertroffen wird. Es liegt daher auf der Hand, dass bei einer derart großen Entfernung zwischen dem Anwesen des betroffenen Anwohners und den jeweiligen Windenergieanlagen nur ausnahmsweise eine optisch bedrängende Wirkung angenommen werden kann

vgl. dazu Beschlüsse des VGH München vom 31.10.2008, - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, vom 9.2.2010 - 22 CS 09.3255 -, sowie vom 22.2.2010 - 22 ZB 09.1175 -, u.a., jeweils zitiert nach juris.

Die Beschwerdebegründung legt nicht substanziiert dar, welche besonderen Umstände ausnahmsweise dennoch eine andere Beurteilung der baulichen Situation gebieten könnten. Allein der allgemeine bzw. wiederholte Hinweis darauf, dass die Anlagen in der Hauptblickrichtung vom Anwesen des Antragstellers errichtet werden sollen, genügt bei der aufgezeigten Sachlage hierfür nicht

so auch VGH München, Beschluss vom 22.2.2010, a.a.O..

Gleiches gilt hinsichtlich der befürchteten Beeinträchtigungen durch (nächtliches) Blinkfeuer der Anlagen,

vgl. die soeben zitierten Entscheidungen des VGH München,

zumal durch den laut Genehmigung (vgl. dort die Nebenbestimmungen F I Nrn. 4 und 10) erforderlichen Einbau von Dämmerungsschaltern und Sichtweitenmessgeräten sowie eine abgestimmte und synchronisierte Befeuerung übermäßige Belästigungen vermieden werden sollen.

Angesichts all dessen besteht im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kein weiterer Aufklärungsbedarf. Insbesondere bedurfte und bedarf es nicht der vom Antragsteller gewünschten Ortsbesichtigung, die er im vorliegenden Verfahren nochmals förmlich beantragt. Auch insoweit ist nochmals darauf zu verweisen, dass in Eilrechtsschutzverfahren der vorliegenden Art in aller Regel keine umfassende Klärung des Sachverhalts, insbesondere mittels einer förmlichen Beweisaufnahme, zu erfolgen hat.

Soweit der Antragsteller meint, ein Ortstermin sei ausnahmsweise erforderlich, damit sich das Gericht einen unmittelbaren Eindruck von der "optischen Vorbelastung" durch die bereits bestehenden vier Windkraftanlagen sowie der Ausrichtung der einzelnen Räume in seinem Anwesen verschaffen könne, ist dem entgegenzuhalten, dass der vorliegende Prozessstoff nach Aktenlage zur Beurteilung der Sachlage hinreichend ist und gegen die Auffassung des Antragstellers insbesondere der nach Lage der Akten nachvollziehbare Vortrag der Beigeladenen spricht, wonach eine (in der Schallprognose als SCH-02 bezeichnete) der beiden weiteren, in Entfernungen von 1645 m bzw. 1858 m vom Anwesen des Antragstellers entfernt geplanten Windkraftanlagen von dessen Wohnhaus aus nicht zu sehen sein wird und ferner aus dieser Blickrichtung beide Anlagen sich im Hintergrund des bereits bestehenden Windparks K. halten werden. Die zu erwartenden Sichtbeziehungen zu den geplanten Windkraftanlagen sprechen daher für eine eher geringe zusätzliche "optische Belastung des Grundstücks" des Antragstellers.

Die Beschwerde hat nach alledem keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Für die Festsetzung des Streitwerts sind auch im Beschwerdeverfahren (vgl. § 47 GKG) die im angefochtenen Beschluss für die Bemessung des Streitwerts dargelegten Gründe maßgebend. Hierauf wird Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.