Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 19. Okt. 2018 - 7 L 4620/18.TR

bei uns veröffentlicht am19.10.2018

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten der Beigeladenen, zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Anträge der Antragstellerin bleiben ohne Erfolg.

I.

2

Soweit sie beantragt hat, festzustellen, dass der von ihr mit Schreiben vom 28. März 2018 beim Antragsgegner eingelegte Widerspruch (eingegangen am 29. März 2018) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 7. März 2018 aufschiebende Wirkung hat, ergibt eine Auslegung nach §§ 88, 122 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -, dass das Begehren der Antragstellerin in der Sache auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß §§ 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5 S. 1 Var. 1 VwGO i.V.m. § 212a des Baugesetzbuches - BauGB - gerichtet ist. Dies wird sowohl an der entsprechenden Überschrift der Antragsschrift, als auch an den Ausführungen in der Antragsbegründung, wonach die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung zwingend geboten sei, deutlich.

3

Der dergestalt ausgelegte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 7. März 2018 ist zwar zulässig, aber unbegründet.

4

1. Da dem Widerspruch der Antragstellerin gemäß § 212a Abs. 1 BauGB von Gesetzes wegen kein Suspensiveffekt zukommt, ist der Antrag gemäß §§ 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5 S. 1 Var. 1 VwGO statthaft.

5

Die Antragstellerin ist als Standortgemeinde nach § 42 Abs. 2 VwGO analog auch antragsbefugt, denn es besteht die Möglichkeit, dass sie durch die Erteilung der Baugenehmigung in ihren Rechten aus § 36 BauGB sowie ihrer kommunalen Planungshoheit nach Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes - GG -, Art. 49 Abs. 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz verletzt wurde.

6

Soweit die Beigeladene der Zulässigkeit des Antrags entgegenhält, der Antragstellerin sei die Geltendmachung ihrer bauplanungsrechtlichen Bedenken infolge der Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB verwehrt, verkennt sie, dass für die Antragsbefugnis schon die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ausreicht (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 42 Rn. 55), während das tatsächliche Vorliegen derselben - und damit die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB - der Begründetheitsprüfung vorbehalten bleibt.

7

Hiervon ausgehend kann die Antragstellerin sich zudem auf ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse berufen, denn es ist jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der Antragsgegner zu Unrecht vom Eintritt der Einvernehmensfiktion ausgeht.

8

2. Der auch im Übrigen zulässige Antrag ist allerdings unbegründet, denn die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gemäß §§ 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5 S. 1 Var. 1 VwGO liegen nicht vor.

9

Maßgeblich ist insofern eine Abwägung zwischen dem Interesse der Beigeladenen an der alsbaldigen Verwirklichung des genehmigten Vorhabens und dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin als Standortgemeinde. Bei der Frage, welchem Interesse im Rahmen dieser einzelfallbezogenen Abwägungsentscheidung der Vorrang gebührt, ist zunächst maßgeblich auf die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung in der Hauptsache abzustellen. Zu diesem Zweck ist die materielle Rechtslage summarisch zu klären, soweit dies im Rahmen des Eilverfahrens notwendig und möglich ist. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass der Gesetzgeber in § 212a Abs. 1 BauGB dem Interesse an der zeitnahen Verwirklichung des genehmigten Bauvorhabens grundsätzlich den Vorrang eingeräumt hat, sodass es weiterer erheblicher Umstände bedarf, um dem Suspensivinteresse des Widerspruchsführers den Vorrang einzuräumen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -; OVG Lüneburg, Beschluss vom 25. Januar 2007 - 1 ME 177/06 -; OVG Saarlouis, Beschluss vom 31. März 2006 - 2 W 38/05 -). Bei offenem Prozessausgang kommt dem Vollzugsinteresse des Bauherrn im Rahmen der Interessenabwägung demnach erhebliches Gewicht zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2005 - 4 VR 1005.04 -). Insofern hat das Gericht auch im Anwendungsbereich des § 212a Abs. 1 BauGB eine eigene Ermessensentscheidung unter Abwägung der gegenläufigen Interessen und Beachtung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu treffen, obschon der Gesetzgeber der sofortigen Vollziehung im Verfahren zunächst den Vorrang einräumt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02. Juli 2013 - 1 B 10480/13.OVG -).

10

Ausgehend von diesen Grundsätzen sieht die Kammer vorliegend keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches anzuordnen, denn bei der gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage spricht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Verstoß gegen die Gemeinde schützende Rechtsvorschriften.

11

Insbesondere gilt das nach §§ 36 Abs. 1 S. 1,35 BauGB erforderliche gemeindliche Einvernehmen der Antragstellerin nach § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB als erteilt, da sie ihr Einvernehmen nicht rechtzeitig innerhalb der zweimonatigen Einvernehmensfrist verweigert hat.

12

Die Einvernehmensfrist hat mit Einreichung des Antrags der Beigeladenen auf Erteilung einer Baugenehmigung bei der Verbandsgemeindeverwaltung Ruwer - Verbandsgemeindeverwaltung - am 12. Januar 2016 (siehe Poststempel auf Bl. 14 der Verwaltungsakte) begonnen, da vorliegend § 36 Abs. 2 S. 2 HS 2 BauGB Anwendung findet. Nach dieser Vorschrift steht dem in HS 1 vorgesehenen Ersuchen der Genehmigungsbehörde gegenüber der Gemeinde die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Dies ist hier der Fall, denn § 63 Abs. 1 S. 1 der rheinland-pfälzischen Landesbauordnung (Gesetz vom 24. November 1998 (GVBl. 1998, 365), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juni 2015 (GVBl. S. 77), juris) - LBauO - bestimmt, dass der Bauantrag bei der Gemeindeverwaltung einzureichen ist. Bei verbandsangehörigen Gemeinden - wie der Antragstellerin - tritt an die Stelle der Gemeindeverwaltung die Verbandsgemeindeverwaltung (§ 63 Abs. 1 S. 2 LBauO). Da die Verbandsgemeindeverwaltung die Verwaltungsgeschäfte der verbandsangehörigen Gemeinden führt (§ 68 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung, Gesetz vom 31. Januar 1994 (GVBl. 1994, 153), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2017 (GVBl. S. 21)), ist in diesen Fällen der Eingang des Antrags bei der Verbandsgemeindeverwaltung maßgeblich (vgl. OVG RP, Urteil vom 15. Mai 2018 - 1 A 11903/17 -, Rn. 38, juris).

13

Hiervon ausgehend und unter Zugrundelegung des § 31 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz sowie §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 und § 193 BGB (zur Anwendbarkeit der vorgenannten Vorschriften: OVG RP, Urteil vom 15. Mai 2018, a. a. O., Rn. 39) hat die zweimonatige Frist zur Verweigerung des Einvernehmens mit Ablauf des 14. März 2016 geendet. Die Mitteilung der Antragstellerin über die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens ist hingegen erst nach Ablauf dieser Frist, am 12. Juli 2016 (siehe Poststempel auf Bl. 7 der Verwaltungsakte), beim Antragsgegner eingegangen.

14

In dieser Situation gilt das Einvernehmen der Antragstellerin nach § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB als erteilt, ohne dass es darauf ankommt, ob sie zuvor seitens des Antragsgegners über die Vorschrift des § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB und deren Rechtsfolgen belehrt worden ist. Entscheidend ist insoweit, dass das Gesetz eine Belehrung über den Lauf der Frist und die Folgen des Verstreichens der Frist nicht vorschreibt (vgl. OVG RP, Urteil vom 15. Mai 2018, a. a. O., Rn. 44). Insbesondere in den Fällen des § 36 Abs. 2 S. 2 HS 2 BauGB bestünde für eine solche Belehrung auch kein Anlass, da eine Gemeinde, die nach Landesrecht zur Entgegennahme von Bauanträgen zuständig ist, sich ohnehin zwingend über das weitere Verfahren Kenntnis verschaffen muss. Im vorliegenden Fall belegt im Übrigen das Bearbeitungsblatt zum Bauantrag (Bl. 1 der Verwaltungsakte) die Kenntnis der zuständigen Verbandsgemeindeverwaltung von der Vorschrift des § 36 BauGB. Dabei lassen die Äußerungen des damaligen Bürgermeisters der Verbandsgemeinde keine Zweifel daran, dass der Verbandsgemeindeverwaltung auch die Zweimonatsfrist bekannt war (Bl. 217 der Verwaltungsakte).

15

Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Verbandsgemeindeverwaltung es versäumt hat, die Antragstellerin bei Vorlage des Bauantrags auf die Zweimonatsfrist hinzuweisen (Bl. 106 der Gerichtsakte). Das Säumnis der Verbandsgemeindeverwaltung kann dem Antragsgegner und der Beigeladenen nicht zugerechnet werden, da es sich um interne Vorgänge „im Lager" der Antragstellerin handelt (vgl. OVG RP, Urteil vom 15. Mai 2018, a. a. O., Rn. 41). Auch insoweit ist ausschlaggebend, dass die Verbandsgemeindeverwaltung die Geschäfte der Antragstellerin führt (§ 68 Abs. 1 GemO) und diese beraten und unterstützen muss (§ 70 Abs. 2 S. 1 GemO).

16

Des Weiterem steht dem Eintritt der Rechtsfolge des § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB weder entgegen, dass zum Zeitpunkt der Verweigerung des Einvernehmens noch Stellungnahmen anderer Behörden ausstanden, noch, dass das Genehmigungsverfahren insgesamt circa zwei Jahre und zwei Monate angedauert hat. Den Eintritt der Einvernehmensfiktion von der Dauer und dem Verlauf des nachfolgenden Verfahrens abhängig zu machen verbietet sich bereits im Interesse der Rechtssicherheit. Auch wäre die hiermit einhergehende Rechtsunsicherheit mit Sinn und Zweck des § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB, innerhalb der Frist „klare Verhältnisse" über die Einvernehmenserklärung der Gemeinde zu schaffen (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 4 C 24/95 -, Rn. 18, juris), unvereinbar. Würde sich letztlich erst kurz vor Abschluss des Genehmigungsverfahrens abhängig von dessen Dauer herausstellen, ob das Einvernehmen der Gemeinde tatsächlich als erteilt gilt, liefe diese Beschleunigungsfunktion des § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB (hierzu BVerwG, Urteil vom 16. September 2004 - 4 C 7/03 -, Rn. 27, juris) gänzlich ins Leere.

17

Ferner war der von der Antragstellerin am 18. Februar 2016 gefasste, dem Antragsgegner am 13. Juni 2016 zugeleitete, Beschluss, eine endgültige Entscheidung erst nach einer Einwohnerbefragung zu treffen, nicht geeignet, den Beginn der Frist hinauszuzögern oder diese zu verlängern. Die zweimonatige Einvernehmensfrist kann weder durch die Verfahrensbeteiligten (einvernehmlich) verlängert werden, noch kann ein als erteilt geltendes Einvernehmen von der Gemeinde nachträglich "widerrufen" oder "zurückgenommen" werden. Vielmehr mutet der Gesetzgeber der Gemeinde zu, sich innerhalb der Frist zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens zu äußern (vgl. zu Vorstehendem: BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996, a. a. O., Rn. 18; BVerwG, Urteil vom 16. September 2004, a. a. O., Rn. 27).

18

Hieraus folgt zugleich, dass die Verweigerung des Einvernehmens der Antragstellerin gemäß Mitteilung vom 12. Juli 2016 unbeachtlich ist.

19

Infolge des Eintritts der Einvernehmensfiktion ist die Antragstellerin schließlich daran gehindert, eine Verletzung ihrer Planungshoheit durch die streitgegenständliche Baugenehmigung geltend zu machen und sich auf die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens zu berufen (vgl. OVG RP, Urteil vom 16. März 2006 - 1 A 10884/05 -, Rn. 33, juris; OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 8 B 1426/10 -, Rn. 33, juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 18. März 1999, NVwZ 1999, 1003; BayVGH, Urteil vom 26. März 1999, BRS 62 Nr. 119, S. 515; VG Trier, Urteil vom 16. Mai 2018 - 5 K 12313/17.TR (bislang nicht veröffentlicht)). Infolgedessen kommt es auf die von den Beteiligten vorgetragenen Gesichtspunkte betreffend die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 BauGB nicht an. Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, wonach die Baugenehmigung sie bei der zukünftigen Planung der Nutzung des Gemeindegebiets in unzumutbarer Weise einschränke, denn sie hat es versäumt, innerhalb der Zweimonatsfrist von ihrer bauplanungsrechtlichen Möglichkeit, durch Aufstellung eines Bebauungsplans die planungsrechtlichen Grundlagen für die Zulässigkeit eines Vorhabens zu ändern, Gebrauch zu machen und zur Sicherung der Planung die Mittel der Veränderungssperre oder Zurückstellung von Baugesuchen zu ergreifen (zu dieser Möglichkeit: BVerwG, Urteil vom 16. September 2004, a. a. O., Rn. 15, m. w. N.; OVG RP, Beschluss vom 7. November 2008 - 8 B 11177/08.OVG -, ESOVG).

II.

20

Der weitere Antrag der Antragstellerin, der Beigeladenen einstweilen aufzugeben, die Bauarbeiten sofort einzustellen und fortan alle Maßnahmen zur Ausführung des genehmigten Vorhabens zu unterlassen, kann bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil der Erlass einstweiliger Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch bzw. Klage (oder die Feststellung deren Bestehens) voraussetzt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 - 9 CS 16.883 -, Rn. 31, juris). Sinn der Sicherungsmaßnahmen ist es nämlich, die Rechte Dritter zu schützen, die bei Nichtbeachtung der aufschiebenden Wirkung bedroht sind (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80a Rn. 14).

III.

21

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, wobei es der Billigkeit entspricht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen der Antragstellerin aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil diese sich am Prozessrisiko beteiligt und erfolgreich einen Antrag gestellt hat.

IV.

22

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf den §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz - GKG - in Verbindung mit Nr. 1.5, 9.7.1 des von Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalogs 2013 (LKRZ 2014, 169). Für den Antrag zu 2) auf Erlass von Sicherungsmaßnahmen ist ein eigenständiger Streitwert festzusetzen, da dieser gemeinsam mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt wurde (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 1. April 2015 - 1 OA 38/15 -, juris). Die Kammer hat den Streitwert für den Antrag zu 2) ebenso wie für den Antrag zu 1) mit 3.750 € bemessen (so auch VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 19. August 2015 - 4 L 677/15.NW -, Rn. 21, juris; vgl. bzgl. der Höhe des Streitwertes: OVG RP, Beschluss vom 7 November 2008, a. a. O).

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(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11. November 2005 - 5 F 26/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren tragen die Antragstellerinnen zu 1. und 2. zu je 1/5, der Antragsteller zu 3. zu 1/2 und die Antragsteller zu 4. bis 6. zu je 1/30.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und - unter entsprechender Abänderung der Festsetzung des Verwaltungsgerichts - für das erstinstanzliche Verfahren auf 19.375,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Antragsteller wehren sich mit ihrer Beschwerde gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen (Teilbaugenehmigung und abschließende Baugenehmigung) für die Errichtung eines Geschäftshauses auf dem C -Platz in C-Stadt. Dabei handelt es sich bei der Antragstellerin zu 1. um eine Sonder- und Teileigentümergemeinschaft, zu deren Mitgliedern die Antragsteller zu 2. bis 6. zählen und in deren Eigentum u.a. das Gebäude T straße 34 und die Pavillongruppe am B platz stehen. Die Antragstellerin zu 2. hat nach den vorgelegten Unterlagen kein Sonder- oder Teileigentum am Gebäude T straße 34, jedoch Sondereigentum an Geschäftsräumen der Pavillongruppe. Der Antragsteller zu 3. ist Sonder- und Teileigentümer bezüglich Wohnungen bzw. nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen in dem genannten Gebäude, die Antragsteller zu 4. bis 6. sind Miteigentümer an Teileigentum betreffend dasselbe Gebäude (vgl. Anlage A 10 zur Antragsschrift, Bl. 50 Gerichtsakte;  Anlage 1 zur Teilungserklärung vom 13.2.1981, Bl.  287 ff.   Gerichtsakte ).

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11.11.2005, mit dem ihr Antrag auf

1. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 6.9.2005 gegen die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 30.8.2005 – Az.: – für Erd-, Kanal- und Gründungsarbeiten für den Neubau eines Geschäftshauses auf dem C -Platz/ B platz in C-Stadt,

2. auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels gegen die faktische Teileinziehung des C -Platzes/ B Platzes

3. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels gegen die abschließende Baugenehmigung vom 7.9.2005 zur Errichtung eines Geschäftshauses auf dem C -Platz/ B platz

zurückgewiesen wurde, ist - einschließlich ihrer Begründung - fristgerecht eingegangen und auch ansonsten zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Die Antragsteller begründen ihre Beschwerde im Wesentlichen damit, dass ihr ausgedehntes Wohn- und Geschäftshaus durch das Bauvorhaben von der gezielt geplanten und verwirklichten Platzrandlage gröbst rücksichtslos in den „Hinterhof“ verwiesen würde. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bestehe nach § 212 a I BauGB kein materiellrechtlicher Vorrang des Bauherrn, zunächst bauen zu dürfen, und sei bei der Auslegung eines Rechtssatzes, ob er drittschützend sei, keine Zurückhaltung vorgeschrieben. Das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller stütze sich auf zwei Rechtssätze, für die die drittschützende Wirkung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weitestgehend geklärt sei, nämlich auf den Anspruch auf Abwägung und den Anspruch auf Erhaltung des Gebietscharakters, hier mit der Besonderheit, "ob er auch auf die Erhaltung freier Flächen erstreckt" sei, die wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung einer Bebauung entzogen seien. Vorliegend habe die Antragsgegnerin in den rings umbauten C -Platz/ B platz ein „Fensterloch“ geschnitten und dieses dann als Baufläche behandelt. Dessen besondere Zweckbestimmung sei es jedoch, öffentlicher Platz zu sein, der überwiegend für den fußläufigen Verkehr und für Markt und marktähnliche Veranstaltungen bestimmt und rings mit Geschäftshäusern bebaut sei. Diese Zweckbestimmung sei Nutzungsart im Sinne des Bundesbodenrechts, also auch von § 34 I BauGB. Diese Umwandlung der besonderen Zweckbestimmung in eine Baufläche sei auch nicht deshalb dem Eilrechtsschutz entzogen, weil das Verwaltungsgericht der Umwandlung keinen VA-Charakter entnehmen könne, sondern effektiver Rechtsschutz sei auch im Eilrechtsschutz zu gewähren. Das Eilrechtsschutzbegehren der Antragsteller sei denn auch darauf gerichtet, dass die Umwandlung dieser Zweckbestimmung vorläufig nicht faktisch verwirklicht werde, gleichgültig als was diese Umwandlung rechtlich qualifiziert werde. Die Regelungsbefugnisse des Gerichts nach § 80 V 3 VwGO analog gingen weit. Entgegen der erstinstanzlichen Annahme hätten sich die Antragsteller keines Anspruchs auf Bauleitplanung berühmt, vielmehr hätten sie einen Anspruch auf gerechte Abwägung geltend gemacht. Das Abwägungsgebot sei keine Spezialität des Bauplanungsrechts, sondern Ausformung des jeder staatlichen Planung zugrunde liegenden in Art. 20 III GG bestimmten Rechtsstaatsgebots. Diesen Anspruch der Antragsteller habe die Antragsgegnerin verletzt. Dass die Pflicht, den Gebietscharakter zu erhalten, drittschützend sei, sei in der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt. Die besondere Zweckbestimmung einer Fläche sei Art der Bodennutzung. Die genannte besondere Zweckbestimmung der Fläche erlaube erst funktionsgerecht die vorhandene Platzrandbebauung. Das beabsichtigte Kaufhaus beseitige den Geschäftshäusern der Antragsteller als „optische Sperre“ das „Gesehen werden können“. Mit Schriftsatz vom 12.1.2006 haben die Antragsteller ihre Beschwerdebegründung ergänzt. Im Zusammenhang mit der Herstellung des T straßen-Zentrums der Antragsteller habe die Antragsgegnerin den Platz und die Fußgängerzone ausdrücklich als „öffentliche Verkehrsfläche“ behandelt. Dies sei die bodenrechtliche Funktion des betreffenden Ausschnitts aus der Erdoberfläche. Das Bundesbodenrecht verlange weder die landesfachrechtliche Sicherung einer bodenrechtlichen Funktion eines Ausschnitts aus der Erdoberfläche noch setze es diese voraus, vielmehr regele es abschließend das bodenrechtliche Dürfen für jeden Ausschnitt aus der Erdoberfläche, ohne eine Einbeziehung von Landesrecht – hier: Straßenfachrecht – vorzusehen. Aneinandergrenzende Flächen stünden bodenrechtlich in einer Wechselbeziehung, wie vorliegend Platz und Platzrandbebauung. Das Bodenrecht liefere ein Konfliktlösungsschema. Die "Eigenart der Umgebung" bestehe auch aus den den Baugrundstücken erst deren Bebaubarkeit vermittelnden Verkehrs- und Platzflächen. Die Überdachung der Fußgängerzone, die zur schadlosen Entwässerung der Oberfläche des Fußgängerdurchgangs vom C -Platz/ B platz Richtung Norden und auch Richtung Westen gebaut worden sei, sei abstandsflächenrechtlich auch dem Gebäude der Antragsteller zuzurechnen. Sie ruhe statisch auf dem Gebäude der Antragsteller und sei keine selbständige bauliche Anlage im Sinne des § 13 I 1 LBO, sondern wesentlicher Bestandteil der Anliegergrundstücke im Sinne des § 94 I 1 BGB. Würde das Gebäude beseitigt, verlöre sie ihre Stütze; zudem entwässere sie durch das Gebäude der Antragsteller. Das Bauvorhaben reiche bis etwa eineinhalb Meter an die Überdachung heran. Daher könnten sich die Antragsteller auf ein abstandsflächenrechtliches Abwehrrecht berufen. Die Behauptung, die Antragsgegnerin sei Eigentümerin der Überdachung, werde bestritten; nach der gesetzlichen Regelung des BGB spreche alles dafür, dass dies nicht sein könne.

Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, durch das gemäß § 146 IV 6 VwGO der gerichtliche Prüfungsrahmen festgelegt wird, hat es bei dem erstinstanzlich gefundenen Ergebnis zu bleiben. Wie in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts, auf den vorab Bezug genommen werden kann, ausgeführt ist, liegen die Voraussetzungen für eine Anordnung der kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§§ 80 II 1 Nr. 3 VwGO, 212a I BauGB) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung nicht vor, wenn bei überschlägiger Rechtskontrolle nicht zumindest gewichtige Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Genehmigung feststellbar sind. Dieser Kontrollmaßstab entspricht der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes (vgl. etwa Beschlüsse des OVG des Saarlandes vom 17.2.1999 – 2 W 9/98 -, NVwZ 1999, 1006, und vom 27.10.2003 – 1 W 34/03  und 1 W 35/03 -, SKZ 2004, 85, Leitsatz Nr. 40, sowie vom 2.12.2005 – 2 W 17/05 -) und trägt der eigentumsgrundrechtlichen Position sowohl des Nachbarn als auch des benachbarten Bauherrn angemessen Rechnung.

Hiervon ausgehend bleiben die Aussetzungsanträge der Antragsteller ohne Erfolg. Vorliegend spricht nichts mit Gewicht dafür, dass die Antragsteller durch die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen – Teil- und abschließende Baugenehmigung - in eigenen Rechten verletzt sind.

Soweit die Antragsteller sich weiterhin gegen die “faktische Einziehung“ des C -Platzes/ platzes mit ihrem Antrag zu 2. wenden, ist dieser bereits nicht statthaft. Ein Aussetzungsantrag nach § 80 V VwGO setzt das Vorliegen eines Verwaltungsaktes voraus, an dem es vorliegend fehlt. Weder B platz noch C -Platz sind straßenrechtlich dem Verkehr gewidmet worden (vgl. Vermerk vom 21.7.2005, Bl. 87 der Verwaltungsunterlagen). Eine (Teil-)Einziehung war daher weder für die bauliche Nutzung eines Teils dieses öffentlichen Geländes erforderlich, noch ist eine solche tatsächlich erfolgt. Auch in der Beschwerde haben die Antragsteller nicht dartun können, worin der für einen Antrag nach § 80 V VwGO erforderliche Verwaltungsakt liegen soll; dies haben die Antragsteller, deren Antrag sich bezeichnenderweise gegen eine "faktische", eben auf keinen – auch keinen konkludenten – Verwaltungsakt (dagegen ist Rechtsschutz nach § 80 V VwGO analog bei einer "faktischen" Vollziehung eines Verwaltungsaktes möglich: vgl. etwa Kopp/ Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 80, Rdnr. 181) gegründete Einziehung richtet, vielmehr dahinstehen lassen (Antragsschrift vom 14.9.2005, Bl. 8 f. Gerichtsakte). Im Übrigen wäre auch nicht erkennbar, dass sie durch die Einschränkung des Gemeingebrauchs an beiden Plätzen, die um die Grundfläche des genehmigten Neubaus – von einer Größe von zusammen 3900 qm um 600 qm - verkleinert, aber keineswegs ihrer Funktion beraubt werden, in eigenen Rechten verletzt sein könnten.

Auch die Aussetzungsanträge zu 1. und 3. greifen nicht durch. Wie die Antragsteller klargestellt haben, rügen sie mit ihrer Beschwerde nicht eine unterlassene Bauleitplanung, auf die ohnehin kein Anspruch besteht (vgl. Bitz/ Schwarz/ Seiler-Dürr/ Dürr, Baurecht, 2. Aufl. 2005, Abschn. II, Rdnr. 11). Sie sind vielmehr der Meinung, sie hätten einen Anspruch auf gerechte Abwägung aus dem in Art. 20 III GG enthaltenen Rechtsstaatsgebot, der vorliegend verletzt sei. Außerdem sei ihr Anspruch auf Wahrung des Gebietscharakters bezogen auf die Erhaltung freier Flächen verletzt. Beide Rechtssätze seien nachbarschützend.

Beide geltend gemachten Ansprüche können den Antragstellern nur im Rahmen des geltenden Bauplanungs- und Bauordnungsrechts zustehen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.9.1998 – 4 CN 2/98 –, auf das sich die Antragsteller zur Begründung eines Abwägungsanspruchs stützen, trägt ihre Argumentation nicht, denn dieses betrifft allein das früher in § 1 VI BauGB und nunmehr unverändert in § 1 VII BauGB enthaltene Abwägungsgebot im Rahmen der Bauleitplanung, die vorliegend nicht in Rede steht. Auch das rechtsstaatliche Abwägungsgebot kann nur gegebenenfalls ergänzend neben das einfache Bundes- oder Landesrecht treten, soweit dessen Regelungen seine Reichweite nicht ausschöpfen (BVerwG, Urteil vom 11.12.1981 – 4 C 69.78 -, BVerwGE 64, 270 zu einem landesstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss). Dies ist jedoch bei den Regelungen des § 34 BauGB, die die Zulässigkeit von Bauvorhaben vor dem Hintergrund des Eigentumsrechts des Bauwilligen regeln, das eine umfassende echte Abwägung mit Ergebnisalternativen weder vorsieht noch zulässt, sondern bei Einfügen des Bauvorhabens in die nähere Umgebung bauplanungsrechtlich einen Genehmigungsanspruch begründet, nicht der Fall.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegen das Grundstück der Eigentümergemeinschaft (Fl.Nr. 3520/ 17) und das aus Vorhabengrundstück und verbliebenen kommunalen Platzflächen bestehende Grundstück (Fl.Nr. 3520/ 5) im nicht beplanten Innenbereich der Antragsgegnerin, so dass die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 34 BauGB zu beurteilen ist. Nach § 34 II BauGB beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, entspricht, nach seiner Nutzungsart allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ist mit den Beteiligten davon auszugehen, dass die nähere Umgebung von der Art der Nutzung als – faktisches – Kerngebiet zu qualifizieren ist. Dass das Vorhaben der Beigeladenen in einem solchen von der Art der baulichen Nutzung gemäß § 34 II BauGB i.V.m. § 7 BauNVO zulässig ist, hat das Verwaltungsgericht festgestellt und das wird letztlich von den Antragstellern auch gar nicht in Abrede gestellt. Daher kann der geltend gemachte Gebietserhaltungsanspruch durch die erteilten Baugenehmigungen nicht verletzt sein. Außerdem ist angesichts der somit anzunehmenden Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung für den auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 23.4.1969 – IV C 12.67 -, BVerwGE 32, 3)1 gestützten Einwand der Antragsteller, das Bauvorhaben füge sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht in die Umgebung ein, da es dem Vorhabengrundstück seine bodenrechtliche Funktion als Teil eines öffentlichen Platzes entziehe, kein Raum. Im Übrigen kann bei der Prüfung der Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung nur der Bebauung der näheren Umgebung, nicht aber der "bodenrechtlichen Funktion" der Platzfläche Bedeutung zukommen, da es – wie das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung ausgeführt hat - genügt, wenn ein Vorhaben mit der vorhandenen Bebauung in dem Sinne vereinbar ist, dass seine Ausführung keinen bodenrechtlich relevanten Widerspruch hervorruft; insofern gelte - zumal vor dem Hintergrund des Art. 14 I GG -, dass ein Vorhaben der vorhandenen Bebauung nicht (positiv) zu entsprechen brauche, sondern für seine Zulässigkeit ausreiche, dass es ihr nicht widerspreche.

Darüber hinaus kann sich ein nachbarlicher Abwehranspruch im Rahmen des § 34 BauGB nur über das Rücksichtnahmegebot ergeben. Allerdings ist zu sehen, dass ein Vorhaben, das in Übereinstimmung mit städtebaulichen Vorgaben steht, nur ganz ausnahmsweise an den Anforderungen des Rücksichtsnahmegebotes scheitern kann (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 23.7.2003 – 1 Q 51/03 – m.w.N.; zum Rücksichtnahmegebot eingehend: etwa BVerwG, Beschluss vom 14.2.1994 – 4 B 152/93 -, BRS 56, Nr. 165).

Nach § 34 I BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Wenn – wie hier - die Voraussetzungen des § 34 II BauGB vorliegen, beurteilt sich die Art der Nutzung ausschließlich nach der BauNVO, während für das Maß der Nutzung (Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung) auf § 34 I BauGB abzustellen ist. Das Bauvorhaben überschreitet hinsichtlich des Maßes der genehmigten Nutzung nicht den Rahmen der näheren Umgebung, die durch ein sechsgeschossiges Bankgebäude (T straße 30), den dreigeschossigen Komplex eines Modemarktes (T straße 32), das fünfgeschossige Gebäude der Antragstellerin zu 1. (T straße 34) und den zweigeschossigen Pavillonbereich (T straße 36 a bis d) sowie die viergeschossige (T straße 21, 23, 27) bzw. dreigeschossige (T straße 29, 31) bzw. fünfgeschossige (T straße 33, 35, 37) Bebauung auf der gegenüberliegenden Seite der T straße geprägt ist.

Das Bauvorhaben, das sich hinsichtlich seiner äußeren Gestaltung nicht deutlich von der Umgebung unterscheiden wird, stellt sich auch nicht als rücksichtslos dar, da zum einen – wie noch auszuführen ist – die erforderliche Abstandsfläche gewahrt ist – und zum anderen von dem Bauvorhaben aller Wahrscheinlichkeit nach keine erdrückende Wirkung ausgehen wird, auch wenn der Eindruck einer gewissen Enge bei den Durchgängen zwischen den einzelnen Bereichen des Talzentrums – auch bedingt durch die Überdachungen – entstehen oder sich verstärken mag, wenn die angrenzenden freien Platzflächen teilweise entfallen und durch das Geschäftsgebäude der Beigeladenen ersetzt werden. Die Beigeladenen haben folglich auch keine erdrückende Wirkung gerügt, sondern sich auf die optische Sperrwirkung für potentielle Kundenblicke aus Richtung des C -Platzes berufen, die durch das Bauvorhaben bewirkt werde. Dieses „Gesehen werden können“, das im Grunde die Nutzungsmöglichkeit eines Lagevorteils ohne entsprechende Rechtsposition darstellt, ist jedoch nicht schutzwürdig, zumal es in der gegebenen Situation eingeschränkt erhalten bleibt und etwa durch Werbemaßnahmen ausgeglichen werden kann und zudem der Blick von der T straße über den B platz nicht beeinträchtigt sein dürfte.

Das Bauvorhaben verletzt auch keine – nachbarschützenden – Abstandsflächenvorschriften im Sinne des § 7 LBO 2004. Dabei kann hinstehen, ob die Antragsteller überhaupt die Einhaltung von Abstandsflächen hinsichtlich ihres Gebäudes T straße 34 verlangen können, nachdem dieses Gebäude selbst auf der Grundstücksgrenze steht (vgl. § 7 I LBO 2004). Dass der Abstand zwischen den Gebäuden der Antragstellerin zu 1. (T straße 34 und Pavillon am B platz) und dem genehmigten Gebäude der Beigeladenen selbst keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen. Soweit sie jedoch die Ansicht vertreten, zur Berechnung der Einhaltung der Abstandsflächen sei die auf dem Anwesen T straße 34 aufliegende Überdachung zu ihren Gunsten zu berücksichtigen und danach halte das Bauvorhaben den erforderlichen Abstand nicht ein, kann ihnen nicht gefolgt werden. Konkret kommt auf der Grundlage dieses Vortrags der Antragsteller für eine Abstandsflächenverletzung nur die westliche, zum Durchgang zur U straße gerichtete Gebäudeecke des Bauvorhabens, an der der Abstand zwischen Überdachung und Vorhabengebäude an der engsten Stelle nur 2,55 m betragen wird, in Betracht. Sowohl die Antragsteller als auch die Antragsgegnerin nehmen für sich in Anspruch, Eigentümer der Überdachung an der dem C -Platz zugewandten Seite des Gebäudes T straße 34 zu sein. Es bestehen zwar erhebliche Zweifel daran, dass die Überdachung mehr als nur ein vorübergehender Bestandteil des Gebäudes der Antragsteller im Sinne des § 95 II BGB ist, nachdem die Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Antragsteller die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Überdachung über im Eigentum der Antragstellerin zu 1. stehenden Flächen stets bei der Antragsgegnerin gesehen habe und sie zudem der Ankündigung, dass die Antragsgegnerin möglicherweise die Überdachung im Zusammenhang mit der Umsetzung des besten Entwurfs des Wettbewerbs zur Neugestaltung des C -Platzes beseitigen werde, nicht entgegengetreten ist. Die Eigentumsfrage kann indes dahinstehen, denn unstreitig und aus den von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 25.1.2006 vorgelegten Planunterlagen (Bl. 251 ff. Gerichtsakte) ersichtlich erstreckt sich die Überdachung an dieser Stelle – und auch noch weiter in dem Durchgang bis zur U straße - vollständig über kommunales Eigentum, das bis zur entsprechenden Gebäudeaußenwand des Bauvorhabens reicht. Ein Grundstückseigentümer kann aber nur die Einhaltung von Abstandsflächen zur Grenze seines eigenen Grundstücks verlangen, also nicht dadurch, dass er selbst ohne Grenzabstand ein Gebäude errichtet hat, auf dem eine über das Nachbargrundstück reichende Überdachung – in wessen Eigentum auch immer – aufliegt, die für den Bau eines Gebäudes auf dem Nachbargrundstück erforderliche Abstandsfläche ausdehnen und dadurch die Baufreiheit des Nachbarn auf dessen eigenem Grundstück einschränken.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus §§ 154 II, 159 VwGO, 100 ZPO zurückzuweisen, wobei sich der Ausspruch hinsichtlich der Beigeladenen, die im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 III VwGO), aus § 162 III VwGO ergibt.

Der Streitwertfestsetzung folgt für das Beschwerdeverfahren aus §§ 63 II, 47, 53 III, 52 I, II GKG 2004, wobei der Senat den einzelnen Anträgen kein eigenständiges Gewicht beimisst. Sie ist an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 orientiert und unter Berücksichtigung des aufs Ganze gesehen nicht allzu hoch zu veranschlagenden Interesses der Antragstellerin zu 1. als Wohnungseigentümergemeinschaft am vorliegenden – das Geschäftsinteresse in den Vordergrund rückenden - Verfahren mit der Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Betrages von 7.500,- EUR erfolgt. Für die übrigen Antragsteller leitet der Senat auf der Grundlage des Streitwertkatalogs den Streitwert aus den aus der Teilungserklärung ersichtlichen Anteilen als Teileigentümer ab und legt ihn für die Antragstellerin zu 2. ebenfalls auf die Hälfte eines Hauptsachestreitwerts von 7.500,- EUR, für den Antragsteller zu 3. auf die Hälfte eines Hauptsachestreitwerts von 20.000,- EUR und für die Antragsteller zu 4. bis 6. als Miteigentümer auf die Hälfte eines Hauptsachestreitwerts von 3.750,- EUR fest. Eine entsprechende Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung ist von Amts wegen vorzunehmen.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Juni 2016 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage (WEA) des Typs Vestas V112-3 MW mit einer Nabenhöhe von 119 m im Gemeindegebiet der Klägerin (Gemarkung H..., Flur ..., Flurstücke .../... und .../...).

2

I.

3

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (E...) hatte unter dem 18. August 2011 einen Vorbescheid nach § 9 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) für die Errichtung dieser WEA beantragt. Der Beklagte übersandte unter dem 8. September 2011 eine Ausfertigung der Bauvoranfrage zur Stellungnahme nach § 36 BauGB an die Verbandsgemeinde Birkenfeld. In seiner Sitzung vom 24. Oktober 2011 versagte der Ortsgemeinderat der Klägerin die Erteilung des nach § 36 BauGB erforderlichen Einvernehmens. Der Beklagte erließ unter dem 5. März 2012 einen an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen adressierten Vorbescheid gemäß § 9 BImSchG, der durch bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 6. September 2017 aufgehoben worden ist.

4

II.

5

Am 23. Dezember 2011 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Erteilung einer (Voll-)Genehmigung für die eingangs bezeichnete Anlage.

6

Der Beklagte bat mit einem Schreiben vom 13. Januar 2012 an die „Ortsgemeinde 66767 Niederhambach über Verbandsgemeindeverwaltung 66765 Birkenfeld“ um das „Einvernehmen der Ortsgemeinde nach § 36 Baugesetzbuch“. Im Betreff dieses Schreibens wurde der Standort der Anlage wie folgt bezeichnet: „…Gemarkung H..., Flur ..., Flurstücke .../... und .../...…“. Dem Schreiben vom 13. Januar 2012 war als Anlage beigefügt „…eine Ausfertigung der Antragsunterlagen für das vorstehend näher bezeichnete Vorhaben mit der Bitte, dieses zu überprüfen und mit der Entscheidung der Ortsgemeinde über das gemeindliche Einvernehmen über die betroffenen Grundstücke auf der Gemarkung H... innerhalb eines Monats an uns zurückzusenden...“. Mit einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 17. Januar 2012 berichtigte der Beklagte das Schreiben vom 13. Januar hinsichtlich der Flurbezeichnung: statt „Flur ...“ müsse es richtigerweise „Flur ...“ heißen. Beide Schreiben sind ausweislich des Abdrucks des Eingangsstempels der Verbandsgemeindeverwaltung Birkenfeld am 17. Januar 2012 dort eingegangen.

7

Der Beklagte wies die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen mit Schreiben an 24. Januar 2012 darauf hin, bei der Prüfung der am 23. Dezember 2011 eingereichten Unterlagen sei festgestellt worden, dass noch insgesamt 16 näher bezeichnete Unterlagen fehlten und eine abschließende Bearbeitung des Antrages erst nach Vorlage der benannten Unterlagen erfolgen könne. In der Folgezeit legte die E... bis in das erste Halbjahr 2013 weitere Unterlagen vor.

8

In seiner Sitzung vom 5. März 2012 beschloss der Ortsgemeinderat von Niederhambach, „…das erforderliche Einvernehmen zu der Errichtung einer Windenergieanlage auf der Gemarkung H..., Flur ..., Parzellen .../... und .../..., wie bereits zur Bauvoranfrage, nach § 9 BImSchG zu verweigern…“. Die Niederschrift über diese Sitzung des Ortsgemeinderates wurde ausweislich des Abdrucks des Eingangsstempels der Verbandsgemeindeverwaltung Birkenfeld am 7. März 2012 vorgelegt, die diese mit Schreiben vom 22. März 2012 an den Beklagten weiterleitete. Ausweislich des Abdrucks des Eingangsstempels der Kreisverwaltung Birkenfeld ging dieses Schreiben am gleichen dort Tage ein.

9

Unter dem 4. Juni 2012 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass er die Ersetzung des fehlenden Einvernehmens beabsichtige und gab gemäß § 71 Abs. 3 LBauO Gelegenheit, bis zum 20.Juli 2012 erneut über das Einvernehmen zu befinden. In seiner Sitzung vom 18. Juli 2012 versagte daraufhin der Rat der Beklagten das Einvernehmen abermals.

10

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 genehmigte der Beklagte der Beigeladenen die Errichtung und den Betrieb der Anlage. Unter Ziffer 4. der Begründung wurde das nach § 36 Abs. 1 BauGB erforderliche Einvernehmen der Klägerin ersetzt. Diese legte am 19. Dezember 2013 Widerspruch ein, über den bisher noch nicht entschieden ist.

11

III.

12

Die Klägerin hat am 23. Mai 2014 Anfechtungsklage erhoben. Mit der Klagebegründung macht sie unter anderem geltend, hinsichtlich des Einvernehmens sei keine Fiktion eingetreten. Ferner sei das Einvernehmen zu Unrecht versagt worden.

13

Die Klägerin hat beantragt,

14

den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2013 (Az. 62-690-042/11) aufzuheben.

15

Der Beklagte und die Beigeladene haben jeweils beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2013 durch Urteil vom 31. Mai 2017 aufgehoben. In den Gründen dieser Entscheidung heißt es im Wesentlichen, die Genehmigung sei rechtswidrig, da kein Einvernehmen nach § 36 BauGB vorliege und dieses auch nicht rechtmäßig ersetzt worden sei. Die Fiktionsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB sei nicht in Gang gesetzt worden, da dem Einvernehmensersuchen keine in Bezug auf die Prüfung nach § 36 BauGB vollständigen Antragsunterlagen beigefügt gewesen seien und angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles keine Obliegenheit der Klägerin bestanden habe, auf die Vervollständigung der Unterlagen hinzuwirken. Der Beklagte habe in Kenntnis von in erheblichem Maße unvollständigen Antragsunterlagen die Klägerin zu einer Prüfung aufgefordert, die sachgerecht nicht habe vorgenommen werden können. Dies wäre erst dann möglich gewesen, wenn die mit Schreiben vom 24. Januar 2012 von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen angeforderten Unterlagen, jedenfalls soweit es den Prüfungsumfang nach § 36 BauGB betrifft, vorgelegen hätten.

18

Da sowohl dem Antragsteller als auch der Genehmigungsbehörde die Unvollständigkeit der Unterlagen bekannt gewesen sei, wäre ein Vervollständigungsersuchen der Gemeinde letztlich ins Leere gegangen, da die Genehmigungsbehörde bereits nachgefordert habe. Sinn und Zweck der Fristenregelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB bestehe darin, das (Bau-) Genehmigungsverfahren im Interesse des Bauherrn und im öffentlichen Interesse zu beschleunigen. Das Genehmigungsverfahren solle nicht mit einer zeitlichen Unsicherheit belastet werden. Sei die Unvollständigkeit der Unterlagen aber für alle Beteiligten evident, gebe es für den Antragsteller keine zeitliche Unsicherheit, die durch eine Einvernehmensfiktion beseitigt werden könnte.

19

Das Einvernehmen sei auch nicht rechtmäßig ersetzt worden, da die erforderliche UVP-Vorprüfung gefehlt habe und das Vorhaben gegen den einschlägigen Regionalen Raumordnungsplan verstoße.

20

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beigeladene im Wesentlichen geltend, die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass das Einvernehmensersuchen des Beklagten den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprochen habe und somit die Zweimonatsfrist nicht auszulösen in der Lage gewesen sei, gehe fehl. Die Klägerin sei im Stande gewesen, über ihr Einvernehmen zu entscheiden. Das zeige sich daran, dass sie auch tatsächlich in der Gemeinderatssitzung am 05.03.2012 entschieden habe. Der Beschleunigungsgrundsatz werde untergraben, wenn die Frist zur Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen erst mit Vervollständigung der Antragsunterlagen zu laufen beginne und die Gemeinde erst zu einem späteren Zeitpunkt die Versagung aus dem für sie von Anfang an feststehenden Grund mitzuteilen verpflichtet sei.

21

Das Einvernehmensersuchen des Beklagten habe die Zweimonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB aber selbst dann in Gang gesetzt, wenn man annehmen wollte, dass es für den Beginn des Fristlaufs auf die Vollständigkeit der Antragsunterlagen ankomme. Dann hätte die Obliegenheit der Klägerin bestanden, die fehlenden Antragsunterlagen zu rügen, was sie aber nicht getan habe.

22

Das Wissen der Genehmigungsbehörde um das Fehlen von Unterlagen könne auch nicht die Obliegenheit der Gemeinde entfallen lassen, Unterlagen nachzufordern, die sie für ihre Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen benötigt. Denn die Kenntnis der Genehmigungsbehörde davon, dass noch Unterlagen fehlen, sei nicht gleichzusetzen mit der Kenntnis der Genehmigungsbehörde davon, welche Unterlagen der Gemeinde für deren Entscheidung über das Einvernehmen noch fehlen. Dies gelte umso mehr, als die Gemeinde einen anderen Prüfungsmaßstab habe, als die Genehmigungsbehörde.

23

Für die Wahrung der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB komme es entgegen dem Vortrag der Klägerin auch auf den Eingang der Versagung bei dem Beklagten an, da es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handele. Verzögerungen im Abstimmungs- und Weiterleitungsprozess mit der Verbandsgemeinde änderten daran nichts.

24

Die Ersetzung des Einvernehmens sei auch nicht fehlerhaft gewesen.

25

Die Beigeladene beantragt,

26

das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

27

Die Klägerin beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen,

29

Sie trägt unter anderem vor, eine Fiktion des Einvernehmens nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB sei nicht eingetreten, da die erforderlichen Unterlagen zunächst nicht vollständig vorgelegen hätten, so dass die gesetzliche Zweimonatsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Die Prüfung des Einvernehmens sei als Teilprüfung nicht möglich. Eine Obliegenheit zur selbständigen Nachforderung fehlender Unterlagen bestehe nicht, wenn der Gemeinde bekannt sei, dass die Genehmigungsbehörde beurteilungsrelevante Unterlagen nachgefordert habe. Im Übrigen sei hier das Einvernehmen innerhalb der Zweimonatsfrist verweigert worden. Die Verweigerung sei im Rahmen der Sitzung des Ortsgemeinderates am 5. März 2012 und damit innerhalb der Frist von zwei Monaten erfolgt. Dass die Verweigerung auch bei der Genehmigungsbehörde eingegangen sein müsse, folge weder aus dem Wortlaut des Gesetzes, noch aus dessen Sinn und Zweck.

30

Ferner dürfe die Verzögerung bei der Übermittlung dieser Entscheidung ihr, der Klägerin, nicht zugerechnet werden.

31

Hinzu komme, dass sie, die Klägerin, bereits zuvor, am 24. Oktober 2011 ihr Einvernehmen zur Erteilung eines Vorbescheides, der auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der streitgegenständlichen Windkraftanlage gerichtet war, versagt und am 24. Januar 2012 beschlossen habe, an der Verweigerung des Einvernehmens festzuhalten. Der letztgenannte Beschluss sei der Beklagten am 23. Februar 2012, mithin innerhalb der laufenden Zweimonatsfrist hinsichtlich des Genehmigungsbescheides zugegangen. Wenn das Einvernehmen für den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid nicht erteilt worden sei, habe dies erst recht für die Genehmigung gelten müssen.

32

Der Beklagte beantragt ebenfalls,

33

das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21.Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

34

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Schriftsätzen der Beteiligte, aus dem Inhalt der Gerichtsakten 4 L 120/14.KO, 4 L 382/16.KO, 4 L 120/14.KO, 7 K 1112/12.KO und 4 K 1094/13.KO/ 4 K 292/17.KO sowie aus den Verwaltungs- und Widerspruchsakten (12 Ordner und 1 Heft).

Entscheidungsgründe

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Die zulässigen Berufungen der Beigeladenen und der Beklagten sind begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen.

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Die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 16. Dezember 2013 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da das nach § 6 BImSchG i.V.m. § 36 Abs. 1 BauGB erforderliche Einvernehmen der Klägerin aufgrund gesetzlicher Fiktion vorliegt. Das Einvernehmen der Gemeinde gilt nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird (Halbsatz 1); dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist (Halbsatz 2). Hier ist § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB heranzuziehen; die Zweimonatsfrist wurde nicht eingehalten.

37

1. Ein Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß § 10 Abs. 1 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage ist gemäß § 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes vom 14. Juni 2002 (GVBl. S. 280), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Oktober 2015 (GVBl. S. 283) i.V.m. der Nr. 1.1.3 i.V.m. Nr. 1.1.1, Aufgaben-Nr. 4 der Anlage zu dieser Verordnung, bei der Kreisverwaltung einzureichen. Diese Zuständigkeit erstreckt sich gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 BImSchG auch darauf, das Einvernehmen der Gemeinde einzuholen. Daher ist nach dem rheinland-pfälzischen Landesrecht ein Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung unmittelbar bei einer Ortsgemeinde nicht vorgesehen; der zweite Halbsatz des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB greift daher hier nicht ein (vgl. Urteil des Senats vom 16. März 2006 – 1 A 10884/05 –, juris Rn 33).

38

2. Der Lauf der Frist nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB begann am 17. Januar 2012. Wie sich der in der mündlichen Verhandlung überreichten Kopien aus den Behördenakten der Verbandsgemeindeverwaltung Birkenfeld ergibt, tragen sowohl das Schreiben der Kreisverwaltung Birkenfeld vom 13. Januar 2012 als auch das Berichtigungsschreiben 17. Januar 2012 den Abdruck des Eingangsstempels der Verbandsgemeindeverwaltung Birkenfeld vom 17. Januar 2012. Da die Verbandsgemeindeverwaltung Birkenfeld gemäß § 68 GemO die Verwaltungsgeschäfte der Klägerin führt, gilt das Ersuchen der Genehmigungsbehörde im Sinne von § 36 Abs. 2 BauGB als am 17. Januar 2012 bei der Klägerin eingegangen.

39

Für den Lauf der zweimonatigen Frist gilt § 31 VwVfG i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 und § 193 BGB (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16. September 2009 – 4 C 7/03 – Rn. 28), sodass hier die Zweimonatsfrist gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB mit Ablauf des Montags, den 19. März 2012 endete. Das Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung Birkenfeld vom 22. März 2012, mit dem die Versagung des Einvernehmens durch den Ortsgemeinderat übermittelt worden war, ist bei der Genehmigungsbehörde am 23. März 2012 eingegangen. Die Versagung des Einvernehmens ging dem Beklagten daher erst nach Fristablauf zu und war daher verspätet; die Einvernehmensfiktion ist eingetreten.

40

3. Dem dagegen gerichteten Einwand der Klägerin, wonach der Zugang des Beschlusses über die Verweigerung des Einvernehmens bei der Genehmigungsbehörde nicht erforderlich sei, sondern die bloße Beschlussfassung des Ortsgemeinderates vom 5. März 2012, jedenfalls aber die Übersendung der Niederschrift über diesen Beschluss oder deren Eingang bei der Verbandsgemeindeverwaltung am 5. März 2012 maßgeblich sei, kann sich der Senat nicht anschließen. Die Genehmigungsbehörde darf über die Zulässigkeit eines Vorhabens gemäß § 6 BImSchG i. V. m. § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur im Einvernehmen mit der Gemeinde entscheiden. Die Versagung des Einvernehmens muss daher, soll es seinen Zweck im Genehmigungsverfahren erfüllen, der Genehmigungsbehörde bekannt werden. Sie ist daher als eine empfangsbedürftige Willenserklärung gemäß § 31 VwVfG i. V. m. § 130 BGB zu verstehen, die in dem Zeitpunkt wirksam wird, in welchem sie der Kreisverwaltung zugeht (vgl. BayVGH Beschluss vom 27. Oktober 2000 –1 ZS/CS 00.2727 –, NVwZ-RR 2001,926f; Sächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2002 – 1 B 201/01 –, juris; Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt; BauGB § 36 Rn. 21-23, beck-online). Davon geht im Übrigen auch das Landesrecht in § 66 Abs. 5 Satz 2 LBauO aus, wo in anderem Zusammenhang auf den „Zeitpunkt, bis zum dem die Mitteilung über die Verweigerung des Einvernehmens der Gemeinde bei der Bauaufsichtsbehörde hätte eingehen müssen“ abgestellt wird. Hier hat die maßgebliche Willenserklärung den Adressaten, die Genehmigungsbehörde, nicht rechtzeitig erreicht.

41

Dieses Ergebnis erscheint auch nicht als unbillig. Dass die Einvernehmensfiktion eingreift, beruht hier letztlich darauf, dass der vom Ortgemeinderat der Klägerin rechtzeitig gefasste und an die Verbandsgemeindeverwaltung rechtzeitig weitergeleitete Beschluss von der Verbandsgemeindeverwaltung erst nach 15 Tagen an die Kreisverwaltung weitergeleitet worden war. Es handelt sich insoweit um Vorgänge „im Lager“ der Klägerin, die dem Beklagten oder der Beigeladenen nicht zugerechnet werden können.

42

4. Entgegen den Überlegungen des Verwaltungsgerichts steht dem Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht entgegen, dass, wie es in den Entscheidungsgründen der erstinstanzlichen Urteils heißt, im Januar 2012 kein ordnungsgemäßes Ersuchen vorgelegen habe, da die Unterlagen ersichtlich unvollständig gewesen seien.

43

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 BImSchG kann die zuständige Behörde dann, wenn die Unterlagen für die Prüfung nicht ausreichen, verlangen, dass der Antragsteller diese innerhalb einer angemessenen Frist ergänzen muss. Da, wie oben ausgeführt, nach dem rheinland-pfälzischen Landesrecht, die Kreisverwaltung die hier zuständige Behörde ist, obliegt es ihr, nicht der Gemeinde, von dem Antragsteller im immissionsschutzrechtlichen Verfahren auf eine Vervollständigung des Genehmigungsantrages hinzuwirken. Gelangt die Gemeinde zu der Überzeugung, dass die ihr überlassenen Antragsunterlagen eine sachgerechte Prüfung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht ermöglichen, obliegt es ihr, die Kreisverwaltung auffordern, dem Antragsteller die Vervollständigung des Genehmigungsantrages aufzugeben. Wendet sich die Gemeinde mit einem solchen Begehren an die Kreisverwaltung, so beginnt der Lauf der zweimonatigen Einvernehmensfrist mit dem Eingang der berechtigterweise nachgeforderten Unterlagen bei der Gemeinde, in Rheinland-Pfalz mit dem Eingang bei der Verbandsgemeindeverwaltung. Lässt die Gemeinde aber die zweimonatige Einvernehmensfrist verstreichen, ohne dass sie einen Anlass sieht, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegenüber der Genehmigungsbehörde auf das Nachreichen einer bestimmten Zeichnung, Erläuterung oder einer sonstigen Unterlage hinzuwirken, gilt ihr Einvernehmen nach Ablauf von zwei Monaten ab dem Zugang des Ersuchens als erteilt (BVerwG, Urteil vom 16. September 2004 – 4 C 7/03 –, BVerwGE 122,13ff, juris).

44

5. Auch dem weiteren Vortrag der Klägerin, dem Beginn des Fristlaufes stehe entgegen, dass in dem Schreiben der Beklagten vom 13. Januar 2012 von „Zurücksendung innerhalb eines Monats“ die Rede war, kann sich der Senat nicht anschließen. Ein ordnungsgemäßes Ersuchen im Sinne von § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB setzt zwar voraus, dass es eindeutig formuliert ist; die Gemeinde muss erkennen können, dass und in welcher Hinsicht die Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB ausgelöst wird. Ob dieses Erfordernis gewahrt ist, hängt maßgeblich davon ab, wie das Schreiben nach dem Empfängerhorizont der Gemeinde verstanden werden musste (vgl. Urteil des Senats vom 16. März 2006 – 1 A 10884/05 –, juris; Rn 34; OVG Münster, Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 8 B 1426/10 –, BauR 2011,1296f.; BayVGH, Beschluss vom 25. August 2015 – 22 CS 15.1683 –, BeckRS 2015, 51968, beck-online). In Rheinland-Pfalz ist insoweit auf den Empfängerhorizont der Verbandsgemeindeverwaltung abzustellen, die – wie ausgeführt – die Verwaltungsgeschäfte der Ortgemeinde führt (§ 68 Abs. 1 GemO) und die Ortsgemeinde beraten und unterstützen muss (§ 70 Abs. 2 GemO). Da Ersuchen nach § 36 BauGB in der Verwaltungspraxis in großer Häufigkeit anfallen, ist es aber einer Verbandsgemeindeverwaltung zweifellos bekannt, dass die Rechtsordnung für die gemäß § 36 BauGB zu treffende Entscheidung eine zweimonatige Frist zur Verfügung stellt (vgl. auch: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 25. August 2015 – 22 CS 15.1683 –, Rn. 28, juris). Hier war allein schon aus dem Betreff des Anschreibens („Einvernehmen der Ortsgemeinde nach § 36 Baugesetzbuch“) eindeutig erkennbar, was der Beklagte mit dem Schreiben begehrt. Dass eine Entscheidung zum gemeindlichen Einvernehmen erfragt wurde, ergibt sich zudem eindeutig aus dem Text des Anschreibens. Anderes folgt auch nicht daraus, dass das Ersuchen (Schreiben der Beklagten vom 13. Januar 2012) rechtlich unzutreffend um Rücksendung „…innerhalb eines Monats an uns…“ gebeten hatte. Insoweit ist zunächst darauf hinzuwiesen, dass das Gesetz eine Belehrung über den Lauf der Frist und die Folgen des Verstreichens der Frist ohnehin nicht vorschreibt. Daher kann die Aufforderung, innerhalb eines Monats statt innerhalb der gesetzlichen vorgeschriebenen Frist von zwei Monaten über das Einvernehmen zu entscheiden, nur dann Bedeutung erlangen, wenn sich die Gemeinde wegen des Ablaufs der vermeintlichen 1-Monatsfrist hätte davon abhalten lassen, über das Ersuchen zu befinden. Wie bereits zuvor im Zusammenhang mit dem Ersuchen betreffend den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid, hat aber die Klägerin die gesetzliche Zweimonatsfrist unbeeindruckt von der vom Beklagten erbetenen Rücksendung innerhalb eines Monats weitgehend ausgeschöpft (Beschlussfassung: 1 Monat und 19 Tage nach Fristbeginn). Dass sie der Auffassung gewesen sei, innerhalb eines Monats entscheiden zu müssen, hat sie auch selbst nicht vorgetragen.

45

6. Soweit das Verwaltungsgericht dieses Ergebnis vermeiden will, indem es darauf abstellt, dass eine Mitwirkungslast der Gemeinde dann ausscheiden müsse, wenn die Genehmigungsbehörde sich noch im Stadium der Vollständigkeitsprüfung nach § 7 der 9. BImSchV befinde und vom Antragsteller eine Vielzahl von wesentlichen Unterlagen nachfordere und daher ein Vervollständigungsersuchen der Gemeinde letztlich ins Leere gehe, kann sich der Senat dem nicht anschließen. Mit dieser Überlegung wird die Struktur des Beteiligungsrechts der Gemeinde verkannt. Wie oben bereits ausgeführt, stehen der Gemeinde nach Eingang des Ersuchens durch die Kreisverwaltung drei Möglichkeiten des Vorgehens zur Verfügung:

46

aa. Sie teilt der Kreisverwaltung mit, dass sie zur Vorbereitung ihrer Entscheidung weitere Unterlagen benötigt.

47

bb. Sie trifft eine Entscheidung zum Einvernehmen auf der Grundlage des ihr überlassenen Tatsachenmaterials.

48

cc. Sie schweigt und lässt die Zweimonatsfrist verstreichen.

49

Hinsichtlich der Variante zu aa. ist es aber unerheblich, ob die nachgeforderten Unterlagen sich bereits bei der Kreisverwaltung befinden und der Gemeinde bislang noch nicht zugänglich gemacht worden sind oder ob die Kreisverwaltung die nachgeforderten Unterlagen erst bei dem Antragsteller des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens anfordern muss. Die Gemeinde muss in dem einen wie dem anderen Fall mit ihrer Nachforderung bei der Kreisverwaltung vorstellig werden, wenn sie den Fristablauf vermeiden will. Die Aufforderung geht daher nicht ins Leere, sondern beinhaltet eine rechtlich relevante Erklärung, nicht ohne weitere Unterlagen entscheiden zu wollen. Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht der Hinweis auf den „richtigen“ Verfahrensablauf nach § 10 BImSchG und § 7 der 9. BImSchV. Aus § 36 Abs. 2 BauGB lässt sich nicht herleiten, dass es der Genehmigungsbehörde versagt wäre, schon frühzeitig um Erteilung des Einvernehmens zu ersuchen. Dies dient dem Beschleunigungszweck; insbesondere wenn wie hier ein Versagen des Einvernehmens mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, können dadurch schnell „klare Verhältnisse“ geschaffen werden. Der Gemeinde entstehen dadurch keine Nachteile, weil sie im Falle eines verfrühten Ersuchens verlangen kann, dass noch fehlende Unterlagen nachgereicht werden.

50

7. Anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin am 24. Oktober 2011 – Zugang bei dem Beklagten am 27. Oktober 2011 – und zuletzt noch einmal am mit einem der Kreisverwaltung am 23. Februar 2012 übermittelten Beschluss vom 30. Januar 2012 ihr Einvernehmen mit dem das Vorhaben betreffenden Vorbescheid versagt hatte. Es mag nach dem bisherigen, im Vorbescheidsverfahren gezeigten Verhalten der Klägerin durchaus zu erwarten gewesen sein, dass sie auch hinsichtlich des Antrags der Beigeladenen auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen (Voll-) Genehmigung ihr Einvernehmen verweigern wird. Dies erlaubt es der Behörde aber nicht, von vornherein auf die förmliche Einholung des Einvernehmens zu verzichten, die Versagung zu unterstellen und den Genehmigungsantrag abzulehnen. Da das Einvernehmen der Gemeinde gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nur aus den sich aus § 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden darf und ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen im Genehmigungsverfahren, ggf. auch im Widerspruchsverfahren, ersetzt werden muss, kann die Genehmigungsbehörde die Gemeinde nicht aus der Pflicht entlassen, die Versagung des Einvernehmens förmlich auszusprechen. Darüber hinaus würde die Genehmigungsbehörde dann, wenn sie von vornherein – weil sie eine Versagung als sicher erwartet – auf ein förmliches Ersuchen verzichten würde, auch die Regelung über die Genehmigungsfiktion unterlaufen, die dem Interesse des Unternehmers, hier der Beigeladenen dient, dass über eine Teilfrage des Genehmigungsverfahrens, nämlich über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens, innerhalb der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB Klarheit geschaffen wird. Der Senat sieht daher keine Veranlassung das Einvernehmensersuchen vom 13./17. Januar 2012 als rechtsmissbräuchlich anzusehen, zumal der Beklagte mit diesem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, man habe schon die Entscheidung der Klägerin zum Einvernehmen bzgl. des Vorbescheides eingeholt, es handele sich aber um eine neues Verfahren; man sei daher gehalten ihre Entscheidung zum gemeindlichen Einvernehmen erneut abzufragen.

51

8. Der Senat hat erwogen, ob hier ein Erklärungsirrtum vorliegt und die Klägerin mit dem bei der Kreisverwaltung am 23. Februar 2012 eingegangenen Beschluss auch hinsichtlich der Vollgenehmigung die Versagung des Einvernehmens aussprechen wollte. Dafür könnte sprechen, dass dort nur von einem „…Bauprojekt ‘Errichtung und Betreib einer Windenergieanlage‘...“ die Rede ist und der Vorbescheid nicht ausdrücklich angesprochen worden war. Eine irrtümliche Falschbezeichnung muss aber ausscheiden, da nach dem Inhalt der Niederschrift über die Sitzung des Ortsgemeinderates vom 30. Januar 2012 (Bl. 444 VA) eine „…Erneute Stellungnahme nach Aufforderung der Kreisverwaltung vom 20.12.2011…“ Gegenstand der Beschlussfassung war. Ferner wird dort referiert, dass „… Der Ortsgemeinderat … in seiner Sitzung am 24.10.2011 das Einvernehmen…versagt...“ und die Kreisverwaltung „…in einem Schreiben vom 26.10.2012 in Aussicht gestellt habe, daß sie das verweigerte Einvernehmen …ersetzt.“. Damit bezieht sich die Versagung des Einvernehmens hier eindeutig auf das Verfahren betreffend den Vorbescheid. Dafür spricht, wie ausgeführt, ferner, dass der Beklagte mit seinem Schreiben vom 13. Januar 2012 – Eingang bei der Klägerin spätestens am 18. Januar 2012 – ausdrücklich klargestellt hatte, dass „…bereits in den Anträgen auf Vorbescheid …Ihre Entscheidung zum gemeindlichen Einvernehmen eingeholt…“ worden sei und es sich hier um ein neues Verfahren handele, zu dem das gemeindliche Einvernehmen erneut abzufragen sei. Dafür, dass die Klägerin hinsichtlich des Gegenstandes des Einvernehmens keinem Irrtum unterlegen war, spricht schließlich auch, dass in der Niederschrift über die Sitzung des Ortsgemeinderates vom 5. März 2012 ausgeführt wird, man habe beschlossen, „…das erforderliche Einvernehmen …wie bereits zur Bauvoranfrage nach § 9 BImSchG zu verweigern…“.

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9. Zu einem anderen Ergebnis führt ferner nicht der Umstand, dass der Beklagte wegen einer von ihm in den Blick genommenen Ersetzung des Einvernehmens die Klägerin mit Schreiben vom 4. Juni 2012 angehört und diese dabei aufgefordert hatte, erneut über das Einvernehmen zu befinden. Zum einen ging der Beklagte hier (rechtsirrtümlich) davon aus, dass das Einvernehmen wirksam versagt worden sei, sodass dem Schreiben schon nicht der Erklärungsinhalt unterlegt werden kann, der Beklagte wolle auf die Genehmigungsfiktion verzichten. Im Übrigen steht die Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten; einmal abgelaufen, kann sie nicht "widerrufen" oder "zurückgenommen" oder sonst erneut in Gang gesetzt werden. (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996, – 4 C 24/95 –, NVwZ 1997, 900; BeckOK BauGB/Hofmeister BauGB § 36 Rn. 26-28, beck-online).

53

10. Es trifft schließlich auch nicht zu, dass die Einvernehmensfiktion jeweils nur beschränkt für Umstände gelte, die bereits zum Zeitpunkt des Fristablaufs vorlagen. Dagegen spricht der mit § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB im Interesse des Bauherrn und der Allgemeinheit verfolgte Beschleunigungszweck. Wegen dieser Zweckbestimmung kann die Versagungsfrist nicht verlängert und das fingierte Einvernehmen nicht zurückgenommen und nicht widerrufen werden (BVerwG Urteil vom 12.12.1996, – 4 C 24/95 –, NVwZ 1997, 900/901). Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Versagungsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, die hier möglicherweise begehrt wird, kommt nicht in Betracht. Die Bestimmung des § 32 VwVfG gilt nämlich nicht für Fristen im verwaltungsinternen Verkehr zwischen verschiedenen Behörden (BayVGH, Beschluss vom 27.Oktober 2000 – 1 ZS/CS 00.2727 –, juris; EZBK/Söfker, BauGB § 36 Rn. 38).

54

Eine andere Beurteilung des Klagebegehrens ist auch nicht für den Fall geboten, dass sich nach Eintritt der Zustimmungsfiktion eine Änderung der Sach- oder Rechtslage ergibt. Würde ein solcher nahezu immer mögliche Einwand – etwa indem nachträglich ein entgegenstehender Bebauungsplan erlassen wird – durchgreifen, stünde die Regelung des § 36 Abs. 2 BauGB zur Disposition der Gemeinde; die Einvernehmensfiktion würde praktisch leerlaufen (BVerwG, Urteil vom 16. September 2004 – 4 C 7/03 –, BVerwGE 122,13ff, juris; OVG Münster, Urteil vom 28. November 2007 – 8 A 2325/06 –, juris). Der Gemeinde bleibt es im Übrigen unbenommen, nach Fristablauf und vor der Entscheidung der Genehmigungsbehörde auf die fehlende Beurteilungsreife des Genehmigungsantrages hinzuweisen. Der Fristablauf kann dadurch aber nicht ungeschehen gemacht werden (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 – 4 C 24/95 –, juris; Sächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2002 – 1 B 201/01 –, juris; teilweise a. A. offenbar OVG Münster, Urteil vom 28. November 2007 – 8 A 2325/06 –, juris).

55

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

56

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

57

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn dem Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Dies gilt nicht, wenn dem Betroffenen unter Hinweis auf diese Vorschrift ein bestimmter Tag als Ende der Frist mitgeteilt worden ist.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, so endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, so werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

(7) Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, können verlängert werden. Sind solche Fristen bereits abgelaufen, so können sie rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Die Behörde kann die Verlängerung der Frist nach § 36 mit einer Nebenbestimmung verbinden.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. 219/10 Gemarkung D..., wendet sich gegen die dem Beigeladenen zu 1 mit Bescheid des Landratsamts Weißenburg-Gunzenhausen vom 22. September 2015 erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung Versammlungsraum Obergeschoß in einen Gastronomieraum für Veranstaltungen in einem mit Bescheiden des Landratsamts vom 8. August 2011 und 8. Oktober 2012 genehmigten Catering-betrieb mit Schlachterei, Ochsenbraterei und Photovoltaikanlage des Beigeladenen zu 1 und für die Errichtung einer Garten- und Löschwasserteichanlage mit Nebengebäude auf dem Grundstück FlNr. 230 Gemarkung D...

Das Grundstück der Antragstellerin liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Auf der Breitne“ der Beigeladenen zu 2, der als Art der baulichen Nutzung dort ein Mischgebiet festsetzt. Das davon ca. 120 m bis 150 m entfernte Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Cateringbetrieb mit Schlachterei, Ochsenbraterei und Gastronomie“ der Beigeladenen zu 2 vom 20. Mai 2015 (ab hier: Änderungsbebauungsplan), mit dem der frühere vorhabenbezogene Bebauungsplan der Beigeladenen zu 2 „Sondergebiet-Cateringbetrieb mit Schlachterei und Ochsenbraterei“ geändert wurde.

Die Antragstellerin hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Ihren Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung anzuordnen und dem Antragsgegner aufzugeben, die streitgegenständliche Nutzungsänderung mit einer für sofort vollziehbar erklärten Verfügung zu untersagen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. März 2016 abgelehnt. Die Antragstellerin werde durch die Baugenehmigung voraussichtlich nicht in ihren Rechten verletzt. Eine Verletzung des geltend gemachten Gebietsbewahrungsanspruchs bzw. eines „baugebietsübergreifenden Gebietsbewahrungsanspruchs“ sei nicht erkennbar. Anzeichen für eine offensichtliche Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans lägen nicht vor. Das Gebot der Rücksichtnahme werde durch das Bauvorhaben zu Lasten der Antragstellerin nicht verletzt. Eine Verletzung nachbarschützender Rechte der Antragstellerin ergebe sich auch nicht aus einer etwaigen Unbestimmtheit der angefochtenen Baugenehmigung. Dementsprechend komme auch die Anordnung einstweiliger Sicherungsmaßnahmen nicht in Betracht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Das Verwaltungsgericht habe vorliegend im Rahmen seiner Entscheidung nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO fehlerhaft eine Ermessensentscheidung getroffen, statt eine – notwendige – Interessenabwägung durchzuführen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Änderungsbebauungsplan offensichtlich unwirksam. Er leide an einem unheilbaren Abwägungsfehler, weil durch den Gastronomiebetrieb des Beigeladenen zu 1 insbesondere in der Nachtzeit massive Lärmimmissionen bei der angrenzenden Wohnbebauung hervorgerufen werden würden. Im Hinblick auf die in den textlichen Festsetzungen des Änderungsbebauungsplans in Bezug genommene DIN-Vorschrift sei der Bebauungsplan nicht ordnungsgemäß verkündet. Selbst bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans komme der Antragstellerin ein von konkreten Beeinträchtigungen unabhängiger Gebietsbewahrungsanspruch zu. Das Bauvorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Es trete in Bezug auf das Vorhabengrundstück eine massive Nutzungsintensivierung ein. Vom Betrieb des Beigeladenen zu 1 gehe – unabhängig von etwaigen Auflagen – ein Störpotential aus, das unmittelbar angrenzend an ein Gebiet, das durch Wohnruhe geprägt sei, nicht genehmigungsfähig sein könne. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Auflagen seien weder ausreichend noch geeignet, die Einhaltung der im Bescheid festgesetzten Immissionswerte, insbesondere zur Nachtzeit, am Grundstück der Antragstellerin zu gewährleisten, zumal das zugrunde liegende Lärmschutzgutachten Mängel aufweise. Die Einhaltung der Auflagen sei unrealistisch und nicht kontrollierbar. Das Risiko, die Einhaltung dieser Auflagen zu überwachen, werde der Antragstellerin aufgebürdet. Der Beigeladene zu 1 verstoße nachhaltig und regelmäßig gegen die verfügten Auflagen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 1 auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin nicht achten werde und damit die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen notwendig sei.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Weißenburg-Gunzenhausen vom 22. September 2015 anzuordnen und dem Antragsgegner aufzugeben, die streitgegenständliche Nutzungsänderung mit einer für sofort vollziehbar erklärten Verfügung zu untersagen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sei in der Sache von zutreffenden Entscheidungsmaßstäben ausgegangen. Aus den Obersätzen und der Subsumtion sei eindeutig erkennbar, dass es eine Interessenabwägung durchgeführt habe. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass hinsichtlich des Änderungsbebauungsplans offensichtliche Abwägungsmängel gegeben seien. Aus dem Beschwerdevorbringen ergäben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die geltend gemachte Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans dem Begehren der Antragstellerin zum Erfolg verhelfen könnte. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot des § 15 BauNVO sei nicht gegeben. Die Einwände gegen die schallimmissionstechnische Untersuchung vom 5. Februar 2015 seien nicht durchgreifend. Hinsichtlich der Einhaltung und Überwachung der festgesetzten Auflagen sei kein strukturelles, ständiges Überwachungsproblem zu befürchten. Insbesondere sei etwa auch die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Bau- und Betriebsvorschriften durch Auflage geregelt. Auf einen gebietsüberschreitenden Gebietsbewahrungsanspruch könne sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg berufen. Der Antrag auf Erlass einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung könne deshalb ebenfalls keinen Erfolg haben.

Der Beigeladene zu 1 beantragt ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die erforderliche Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs der Antragstellerin in der Hauptsache korrekt vorgenommen. Eine offensichtliche Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans ergebe sich nicht. Ein allgemeiner Gebietsbewahrungsanspruch komme hier nicht in Betracht. Die in der Baugenehmigung enthaltenen Auflagen würden dafür sorgen, dass die nächtliche Lärmbelastung der Antragstellerin unter den festgesetzten Immissionswerten bleibe. Der Vorwurf, die Annahmen des Lärmsachverständigen seien unrealistisch, greife nicht.

Die Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag. Sie trägt vor, die behauptete Verletzung des Abwägungsgebots gemäß § 1 Abs. 7 BauGB liege nicht vor. Die Belange der Antragstellerin sowie auch anderer Anwohner seien bei der Abwägungsentscheidung hinreichend gewürdigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten sowie Planakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt, worauf es allein ankommt, nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Wie dem Beschluss des Verwaltungsgerichts ohne weiteres entnommen werden kann, hat das Verwaltungsgericht entgegen dem Beschwerdevorbringen eine im Verfahren nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, am materiellen Recht orientierte Interessenabwägung zwischen dem Suspensivinteresse der Antragstellerin und dem Vollzugsinteresse des Beigeladenen zu 1 vorgenommen und sich dabei in erster Linie zu Recht an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientiert (vgl. z.B. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 72; W.R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 152; Wysk, VwGO, 2. Auflage 2016, § 80 Rn. 45 und 50; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz in Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, Rn. 167). Ob man die an diesen Kriterien ausgerichtete Entscheidung des Verwaltungsgerichts als eine eigenständige Ermessensentscheidung ansieht, wogegen manches sprechen mag (vgl. dazu z.B. Puttler in Sodan/Zielkow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 Rn. 38; Wysk, a.a.O., § 80 Rn. 45; Gersdorf in Posser/Wolff, VwGO, 2. Auflage 2014, § 80 Rn. 171; Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Auflage 2014, § 80 Rn. 87), mag dogmatisch interessant sein, dürfte jedoch für die Entscheidung im Einzelfall keine Bedeutung haben (vgl. Schmidt in Eyermann, a.a.O., § 80 Rn. 71; Funke-Kaiser, a.a.O., § 80 Rn. 85).

2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergibt sich zwar bereits im Rahmen einer „Offensichtlichkeitsprüfung“ die Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans der Beigeladenen zu 2. Dies kann der Beschwerde aber nicht zum Erfolg verhelfen.

a) Der Änderungsbebauungsplan leidet offensichtlich an einem formellen Fehler. Er ist nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht, weil die Festsetzung der Emissionskontingente in Nr. 8b der textlichen Festsetzungen im Hinblick auf die dort in Bezug genommene DIN 45691 „Geräuschkontingentierung“ gegen die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung einer Rechtsnorm verstößt.

Eine in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans in Bezug genommene DIN-Vorschrift, die bestimmt, unter welchen Voraussetzungen bauliche Anlagen im Plangebiet zulässig sind, entspricht nur dann den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen, wenn der Plangeber sicherstellt, dass die Betroffenen von der DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können (vgl. BVerwG, B.v. 18.8.2016 – 4 BN 24.16 – juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 25.10.2016 – 9 N 13.558 – juris Rn. 29). Dies gilt unabhängig davon, ob der Plangeber eine Regelung insgesamt dem Ergebnis der Anwendung der DIN-Vorschrift überlässt oder nur dem Grunde nach selbst bestimmt, welchen Anforderungen die baulichen Anlagen genügen müssen, aber erst der Verweis auf DIN-Vorschrift ergibt, nach welchen Methoden oder Berechnungsverfahren der Inhalt der Anforderungen im Einzelfall zu ermitteln ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2016 a.a.O. Rn. 29).

Diese Anforderungen hat die Beigeladene zu 2 verfehlt. Weder in der Bekanntmachung vom 21. Mai 2015 noch in der Planurkunde hat sie darauf hingewiesen, an welcher Stelle die DIN 45691, die in der Planurkunde nicht im Volltext wiedergegeben wird oder dieser als Anlage beigefügt wurde, für den Betroffenen zu finden oder einzusehen ist (vgl. BVerwG, B.v. 18.8.2016 – 4 BN 24.16 – juris Rn. 8). Dieser Fehler führt hier auch zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans, weil die Geräuschkontingentierung nach der Konzeption des Bebauungsplans ein wesentliches Element der Bauleitplanung darstellt (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2016 – 9 N 13.558 – juris Rn. 28 ff.).

Mangels Wirksamkeit des Änderungsbebauungsplans kann die Antragstellerin daraus schon deshalb keinen gebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruch ableiten. Sollte wegen Fehlens eines ausdrücklichen Aufhebungsbeschlusses durch die Beigeladene zu 2 vom Fortgelten des früheren Bebauungsplans auszugehen sein (vgl. BVerwG, B.v. 16.5.2017 – 4 B 24.16 – juris Rn. 4), lassen sich dem Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte dafür entnehmen und sind auch sonst nicht ersichtlich, dass sich aus dessen Zwecksetzung ausnahmsweise ein gebietsübergreifender Nachbarschutz ergibt (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2016 – 9 ZB 13.2048 u.a. – juris Rn. 14). Wie sich aus dem Inhalt der vorliegenden Akten entnehmen lässt (s. dazu die schalltechnische Untersuchung des Ingenieurbüros K... vom 11.5.2010 in der Bauplanmappe 11/0288 des Landratsamts Weißenburg-Gunzenhausen) dürften in dem früheren Bebauungsplan – im Gegensatz zum Änderungsbebauungsplan – insbesondere keine Emissionskontingente festgesetzt worden sein.

In einem faktischen Baugebiet wäre ein solcher gebietsübergreifender Gebietserhaltungsanspruch ohnehin ausnahmslos ausgeschlossen (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48/12 – juris Rn. 5). Wenn das Bauvorhaben im Außenbereich läge, würde ein solcher Anspruch schon daran scheitern, dass der Außenbereich (§ 35 BauGB) kein Baugebiet (vgl. § 1 Abs. 2 BauNVO) darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 14).

b) Wie das Verwaltungsgericht allerdings zutreffend ausgeführt hat, verstößt die angefochtene Baugenehmigung voraussichtlich nicht gegen das nachbarschützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, das unabhängig davon zu beachten ist, nach welcher Vorschrift das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1 zu beurteilen ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 23 ff. m.w.N.; B.v. 5.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 18; B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 19).

aa) Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist. Erforderlich ist eine Gesamtschau der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48/12 – juris Rn. 7 m.w.N.).

Der Einwand der Antragstellerin, die genehmigte Eventgastronomie sei rücksichtslos, weil von ihr unabhängig von etwaigen Auflagen ein unzumutbares Störpotential für das angrenzende Gebiet ausgehe, das durch Wohnruhe geprägt sei, wird der gebotenen Einzelfallbetrachtung nicht gerecht. Bei der auf das Gebot der Rücksichtnahme, soweit es drittschützend ist, gestützten Nachbarklage ist eine auf die konkret genehmigte Anlage bezogene und nicht an abstrakten Planungsleitsätzen orientierte Betrachtungsweise geboten. Es ist zu fragen, ob die Antragstellerin durch die dem Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung mit ihrem konkreten, den Betreiber durch Auflagen beschränkenden Inhalt in ihren Rechten verletzt ist. Sie ist insbesondere nicht schon dadurch in ihren Rechten verletzt, dass das Bauvorhaben potientiell immissionsträchtig ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.9.1983 – 4 C 74/78 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 2.5.2016 – 9 ZB 13.2048 u.a. – juris Rn. 16).

bb) In der Nebenbestimmung Nr. 23 der angefochtenen Baugenehmigung ist festgelegt, dass der Beurteilungspegel aller vom Betrieb des Vorhabens ausgehenden Geräusche einschließlich des dazu gehörenden Fahrzeugverkehrs im Hinblick auf die Summenwirkung zusammen mit den übrigen Betriebsteilen unter anderem am Grundstück der Antragstellerin, das in einem Mischgebiet liegt, die gegenüber der TA-Lärm reduzierten Immissionswerte von tagsüber 54 dB(A) und nachts 42 dB(A) nicht überschreiten darf. Es ist grundsätzlich zulässig, den Lärmschutz in dieser Weise durch zielorientierte Festlegungen zu regeln (vgl. BayVGH, U.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – juris Rn. 15). Dabei muss jedoch gewährleistet sein, dass diese Immissionswerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden können. Dies ist hier nach der Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts bei einer gastronomischen Nutzung, die die Vorgaben des angefochtenen Bescheids, insbesondere die Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz (Nrn. 22 – 39) einhält, voraussichtlich der Fall. Das Verwaltungsgericht hat sich bei seiner Sachverhaltswürdigung auf die schallimmissionstechnische Untersuchung des Büros ... mbH (B...) vom 5. Februar 2015/9. März 2015, die Bestandteil der immissionsschutzfachlichen Nebenbestimmungen des angefochtenen Bescheids ist, und auf die schalltechnische Untersuchung des Büros K... vom 17. April 2014 gestützt. Nach dem gutachtlichen Bericht des B... ergibt sich durch den Gastronomiebetrieb für das Grundstück der Antragstellerin als Immissionsort 04 ein Beurteilungspegel von 42,6 dB(A) tags und 35,6 dB(A) nachts, wodurch die im angefochtenen Bescheid für dieses Grundstück festgelegten Immissionswerte rechnerisch am Tag um 11,4 dB(A) und in der Nacht um 6,4 dB(A) unterschritten werden. Nach der schalltechnischen Untersuchung des Büros K... ergibt sich für das Grundstück der Antragstellerin durch den Gesamtbetrieb des Beigeladenen zu 1 einschließlich der Nutzung der Veranstaltungshalle mit Musik und geschlossenen Terrassentüren ein Beurteilungspegel von 33,3 dB(A) tags und 32,9 dB(A) nachts.

Die gegen die schallimmissionstechnische Untersuchung des Büros B... erhobenen Einwendungen der Antragstellerin führen zu keiner von der verwaltungsgerichtlichen Sachverhaltswürdigung abweichenden Beurteilung. Soweit gerügt wird, es sei hinsichtlich der Nutzung des Saales mit lauter Musik und der Be- und Entlüftung der Halle nachts nur von einer Dauer von einer Stunde ausgegangen worden, entspricht dies den Vorgaben der TA Lärm. Während für die Beurteilung des Betriebslärms während des Tages der Beurteilungspegel über eine Beurteilungszeit von 16 Stunden gemittelt wird (vgl. Nr. 6.4 Abs. 3 Satz 1 TA Lärm), ist für die Beurteilung der Nacht die lauteste Nachtstunde maßgeblich (vgl. Nr. 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm). Was die Mitarbeiterfahrten in der Nachtzeit angeht, ist das Büro B... nach seiner Stellungnahme vom 6. Mai 2015 nachvollziehbar davon ausgegangen, dass während der lautesten Nachtstunde nur die Abfahrt der Gäste berücksichtigt wurde, weil die Servicekräfte als letzte das Anwesen verlassen und damit nicht der lautesten Nachtstunde zuzuordnen sind. Dem wird im Beschwerdevorbringen nicht substantiiert entgegengetreten. Zudem dürften diese Fahrten gegenüber den vom Büro B... angenommenen 50 Gästeabfahrten deutlich untergeordnet sein.

Soweit das Büro B... bei seiner Untersuchung davon ausgegangen ist, dass die 200 Besucher, die sich gemäß der Nebenbestimmung Nr. 3 des angefochtenen Bescheids höchstens im Gastraum und auf der Terrasse im Dachgeschoss gleichzeitig aufhalten dürfen, mit ca. 100 Pkw anreisen, dürften für diese Fahrzeuge auf der Nord- und Westseite des Vorhabengrundstücks (vgl. Nebenbestimmung Nr. 34) – worauf die Antragstellerin zu Recht hinweist – zwar nicht die erforderliche Anzahl von Parkplätzen vorhanden sein. In den Antragsunterlagen sind nur 51 Stellplätze dargestellt, deren Anzahl nach Einschätzung des Antragsgegners bei optimierter Anordnung der Stellplätze noch erhöht werden könnte. Das Verwaltungsgericht hat insoweit aber darauf abgestellt, dass aufgrund der errechneten deutlichen Unterschreitung die im angefochtenen Bescheid festgelegten Immissionswerte selbst dann nicht überschritten werden, wenn der Lärm durch Park- und Parksuchverkehr deutlich über den Ansatz in der Untersuchung des Büros B... hinausgehen würde, zumal das Grundstück der Antragstellerin aufgrund seiner Lage eher wenig betroffen wird und zusätzlich die große Distanz des Grundstücks zum Vorhabengrundstück von ca. 120 m bis 150 m zu berücksichtigen ist. Dem wird im Beschwerdevorbringen nicht substantiiert entgegengetreten. Es kommt hinzu, dass Verkehrsgeräusche des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen der zu beurteilenden Anlage nur und ausschließlich nach der Sonderregelung in Nr. 7.4 Abs. 2 TA-Lärm und damit nur in eingeschränkter Form zugerechnet werden (vgl. BVerwG, B.v. 8.1.2013 – 4 B 23.12 – juris Rn. 5). Nach der Klarstellung in Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 3 TA-Lärm gilt das auch für die Nutzung von Parkflächen im öffentlichen Verkehrsraum, wenn die Parkvorgänge der Nutzung der zu beurteilenden Anlage dienen (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 29).

Die Nebenbestimmungen zur angefochtenen Baugenehmigung dienen auch nicht dazu, eine im Hinblick auf die Lärmbelastung an sich nicht genehmigungsfähige Nutzung auf einen genehmigungsfähigen Umfang „maßzuschneidern“ (vgl. BayVGH, B.v. 13.10.2015 – 1 ZB 14.301 – juris Rn. 10). Hierfür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich. Dagegen spricht insbesondere die erhebliche Unterschreitung der in der Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte von 11,4 dB(A) für die Tagzeit und von 6,4 dB(A) für die Nachtzeit nach der schallimmissionstechnischen Untersuchung des Büros B....

Im Beschwerdevorbringen wird auch nicht substantiiert dargelegt, dass die festgesetzten Nebenbestimmungen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht geeignet sind, unzumutbare Lärmimmissionen für die Antragstellerin durch die genehmigte Nutzung auszuschließen. Der lediglich pauschale Hinweis auf die Unberechenbarkeit der Gäste und deren Unbeherrschtheit reicht hierfür nicht aus. Der Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung steht nicht entgegen, dass ihr Vollzug möglicherweise behördliche Aufsichtsmaßnahmen erfordert, wenn sich der Bauherr unter Verstoß gegen die festgesetzten Nebenbestimmungen nicht an die Genehmigung halten sollte (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.2016 – 9 CS 16.858 – juris Rn. 16 m.w.N.). Dass hier schon bei Erteilung der Genehmigung ein ständiges Überwachungsproblem und damit ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand absehbar sein könnte, wird von der Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt. Der Antragsgegner weist zudem zutreffend darauf hin, dass die Verantwortlichkeit für die Überwachung der Einhaltung der Bau- und Betriebsvorschriften während der Veranstaltung durch die Nebenbestimmung Nr. 5 des angefochtenen Bescheids ausdrücklich geregelt wurde und die Nebenbestimmungen teilweise zwangsgeldbewehrt sind. Es kommt hinzu, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 wesentliche Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz vertraglich abgesichert und eine Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung vereinbart haben (vgl. § 5a und § 5b des Änderungsvertrags zum Durchführungsvertrag zum Vorhaben- und Erschließungsplan vom 20.5.2015).

3. Der weitere Antrag der Antragstellerin auf den Erlass einer einstweiligen Sicherungsmaßnahme in Form einer Nutzungsuntersagung nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO kann bereits deswegen keinen Erfolg haben, weil deren Erlass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt voraussetzt, an der es hier hinsichtlich der angefochtenen Baugenehmigung aber gerade fehlt. Ein davon isolierter Erlass von Sicherungsmaßnahmen scheidet aus (vgl. W.R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80a Rn. 14; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, Rn. 1078).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

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Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller vom 1. Juli 2015 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 25. Juni 2015 für die Nutzungsänderung der zuvor genehmigten Garage in eine mechatronische Werkstatt auf dem Grundstück Flurstück-Nr. ... in Weingarten, A-Straße .. , wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsteller und der Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Das Begehren der Antragsteller hat mit ihrem Antrag zu 1), die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche vom 1. Juli 2015 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 25. Juni 2015 für die Nutzungsänderung der zuvor genehmigten Garage in eine mechatronische Werkstatt auf dem Grundstück Flurstück-Nr. ... in Weingarten, A-Straße .., anzuordnen, Erfolg (dazu 1.). Dagegen bleibt ihr Antrag zu 2), dem Antragsgegner aufzugeben, die von dem Beigeladenen begonnenen Arbeiten zur Umnutzung des Vorhabens mit einer für sofort vollziehbar erklärten Verfügung stillzulegen, erfolglos (dazu 2.).

2

1. Der Antrag zu 1) ist gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 212 a BaugesetzbuchBauGB – statthaft und auch ansonsten zulässig. Auch in der Sache ist er begründet.

3

Für die nach § 80a Abs. 3 VwGO zu treffende Ermessensentscheidung des Gerichts sind die gegenläufigen Interessen der Antragsteller und des Beigeladenen für den Zeitraum bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren gegeneinander abzuwägen. Dabei ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Vorhabens mit nachbarschützenden Vorschriften bestehen. Demgegenüber ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen, wenn die Baugenehmigung offensichtlich nicht gegen nachbarschützende Normen verstößt. Lässt sich auch nach intensiver Prüfung nicht feststellen, ob der Rechtsbehelf des Nachbarn wahrscheinlich zum Erfolg führen wird, sind die Erfolgsaussichten also offen, ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, bei der der Einzelfallbezug gewahrt bleiben muss (vgl. BVerwG, NVwZ 2005, 689).

4

In Anwendung dieser Grundsätze muss hier die Interessenabwägung zugunsten der Antragsteller ausfallen. Die gemäß §§ 70, 66 Abs. 2 Nr. 5 LBauO erteilte Baugenehmigung vom 25. Juni 2015 verstößt gegen von der Bauaufsichtsbehörde zu prüfende baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Antragsteller als Nachbarn zu dienen bestimmt sind.

5

Das Bauvorhaben der Beigeladenen befindet sich nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes, sondern im nicht beplanten Innenbereich der Gemeinde Weingarten. Folglich richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB.

6

Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung bezeichnet sind, so beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach der Art seiner baulichen Nutzung allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre. Liegen die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 BauGB vor, gewährt die Art der baulichen Nutzung dem Nachbarn innerhalb desselben Gebietes ein subjektives Abwehrrecht gegenüber nicht gebietsverträglichen Nutzungen. Dieser Gebietserhaltungsanspruch ist darauf gerichtet, Nutzungen abwehren zu können, die mit der Eigenart dieses Baugebiets nicht verträglich sind (s. ausführlich dazu BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 – 4 C 28/91 –, NJW 1994, 1546; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2012 – 1 A 10878/11.OVG –, juris). Daneben kann sich ein Nachbar im Anwendungsbereich des § 34 BauGB auf die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 BauNVO berufen, sofern er Gründe geltend macht, die sich auf die Art der baulichen Nutzung beziehen und die Eigenart der näheren Umgebung einem der in §§ 2 ff BauNVO aufgeführten Baugebiete entspricht (vgl. z.B. BVerwG NVwZ 2000, 1050 und Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 B 68/08 – , juris). In Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung etc. ist das Gebot der Rücksichtnahme im Tatbestandsmerkmal des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthalten (BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 – 4 C 34/85 –, BauR 1986, 542; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15. Januar 2010 – 8 A 11151/09.OVG –).

7

Die Kammer lässt aufgrund der nur summarischen Prüfung zunächst offen, wie weit die „nähere Umgebung“ des Bauvorhabens des Beigeladenen reicht und ob sich dieses in einem faktischen reinen Wohngebiet gemäß § 3 BauNVO oder einem faktischen allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauNVO befindet. Dies müsste gegebenenfalls einer näheren Aufklärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

8

Geht man von einem faktischen reinen Wohngebiet aus, verstößt der genehmigte Betrieb des Beigeladenen gegen den Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller. Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO können in einem reinen Wohngebiet u.a. ausnahmsweise Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, zugelassen werden. Die mechatronische Werkstatt des Beigeladenen stellt bereits keinen Handwerksbetrieb dar (näher dazu s. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Februar 2015, § 4 Rn. 69 ff.) und dient darüber hinaus ersichtlich nicht der Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets.

9

Nimmt man stattdessen ein faktisches allgemeines Wohngebiet an, sind gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise sonstige nicht störende Gewerbebetriebe zulässig. Der genehmigte Betrieb ist aber kein nicht störender Gewerbebetrieb im Sinne der genannten Vorschrift.

10

Die Frage, wann ein „sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb“ im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassen werden kann, ist auf der Grundlage einer typisierenden Betrachtungsweise zu beantworten. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. z.B. Beschluss vom 25. März 2004 – 4 B 15/04 –, BRS 67 Nr. 70; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. September 2013 – 8 B 10884/13.OVG –), der die Kammer folgt. Danach ist eine Ausnahme gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO unzulässig, wenn das Vorhaben - bezogen auf den Wohngebietscharakter - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt. Relevant für die Beurteilung der Gebietsunverträglichkeit sind alle Auswirkungen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art ausgehen, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe seines betrieblichen Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr von Beschäftigten, Kunden und Lieferanten sowie der Dauer dieser Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 – BVerwG 4 C 1.02 –, NVwZ 2002, 1118 und Beschluss vom 28. Februar 2008 – 4 B 60/07 –, NVwZ 2008, 786). Diese Sichtweise rechtfertigt sich daraus, dass die Baunutzungsverordnung die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse in Gestalt einer Baugebietstypologie konkretisiert, die ihrerseits auf der typisierenden Zuordnung bestimmter Nutzungsarten und baulicher Anlagen zu einem (oder mehreren) der Baugebiete beruht. Entscheidend ist deshalb nicht, ob die mit der Nutzung verbundenen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte eingehalten werden. Die geschützte Wohnruhe ist nicht gleichbedeutend mit einer immissionsschutzrechtlich relevanten Lärmsituation. Bei dem Kriterium der Gebietsverträglichkeit geht es um die Vermeidung als atypisch angesehener Nutzungen, die den Wohngebietscharakter als solchen stören (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 4 B 60/07 –, NVwZ 2008, 786).

11

Der Antragsgegner weist zwar zutreffend darauf hin, dass die eingeschränkte Typisierung von Betrieben nicht ausnahmslos gilt. So ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich ein Betrieb in seiner konkreten Ausgestaltung als atypisch erweist mit der Folge, dass in diesem Fall eine Einzelfallbeurteilung unumgänglich ist. Je nach der Größe und dem Umfang des Betriebes, der technischen und der personellen Ausstattung, der Betriebsweise und der Gestaltung der Arbeitsabläufe kann dies unterschiedlich zu beurteilen sein. Maßgeblich ist die jeweilige Betriebsstruktur, d.h. ob sich die Störwirkungen, die die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben wird (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4 Rn. 73 m.w.N.).

12

Die Kammer teilt aber nicht die Auffassung des Antragsgegners, dass der vom Beigeladenen geplante Betrieb einer mechatronischen Werkstatt in wesentlicher Hinsicht von dem typischen Bild eines der Kategorie eines (auch) metallverarbeitenden Betriebes unterfallenden Gewerbes – diesem ist der Betrieb des Beigeladenen nach Auffassung des Gerichts am ehesten zuzurechnen – abweicht. Der Antragsgegner rechtfertigt die Erteilung der Baugenehmigung vom 25. Juni 2015 mit dem Erlass zahlreicher Nebenbestimmungen, die eine Beschränkung des Betriebs zum Gegenstand haben. Nach der Auflage B 631 sind die Betriebszeiten auf den Tageszeitraum 8 – 20 Uhr beschränkt (Auflage B 631). Ferner hat der Beigeladene die in dem Gutachten des Ing. Büros ... vom 6. April 2015 aufgeführten Betriebszeiten für den Einsatz der Metallbearbeitungsmaschinen – Fräse 90 min, Drehmaschine CNC 45 min, Drehmaschine konventionell 45 min, Schweißgerät 45 min, Ständerbohrmaschine 45 min, Gabelstapler 45 min – einzuhalten (Auflage B 630). Nach der Auflage B 200 darf der An- und Auslieferverkehr nicht durch Dritte erfolgen. Die Auflage B 201 bestimmt, dass der Empfang von Kunden ausgeschlossen ist und das Gebäude ausschließlich vom Antragsteller genutzt wird, um mit den in der Betriebsbeschreibung und im Gutachten zur Lärmemission angegebenen Maschinen Arbeiten durchzuführen. Schließlich dürfen gemäß der Auflage B 632 für das nächst gelegenes Wohnhaus unter Berücksichtigung der Gesamtbelastung die Immissionsrichtwerte für Geräusche von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) nicht überschritten werden.

13

Derartige Nebenbestimmungen sind im Grundsatz zwar geeignet, Nachbarrechte zu sichern, wenn eine Anlage bei regelmäßigem Betrieb so genutzt werden kann, dass die entstehenden Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten (Bay. VGH, Beschluss vom 3. März 2006 – 15 ZB 04.2453 –, juris; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2012 – 1 A 10878/22.OVG –, juris, das darauf abstellt, ob die Einhaltung der Nebenbestimmungen von vornherein unrealistisch und nicht überwachbar sind).

14

Hier geht es aber nicht um die Frage, ob der Gewerbebetrieb des Beigeladenen mit dem drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme in Einklang steht sondern darum, ob sich der Betrieb in seiner konkreten Ausgestaltung als atypisch erweist. Davon geht die Kammer jedoch nicht aus.

15

Der Störgrad von „metallverarbeitenden Betrieben“ kann nicht generell festgestellt werden, da ihre Erscheinungsformen vielfältig sind und diese eine große Bandbreite hinsichtlich ihrer Betriebsart aufweisen (vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 28. September 2012 – 1 B 313/12 –, BauR 2013, 459). Es sind deshalb je nach dem Bearbeitungsgrad von Metallen und der Verwendung von Maschinen Erscheinungsformen möglich, die von nicht störenden bis hin zu Betrieben reichen, die nur in einem Industriegebiet (§ 9 Abs. 1 BauNVO) zulässig sind. So kann in atypischen Fällen das Störungspotential einer Werkstatt als gering einzustufen sein, wenn nachgewiesenermaßen ausschließlich nichtstörende Arbeiten durchgeführt werden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 8. September 1998 – 27 B 96.1407 –, BRS 60 Nr. 93 m.w.N.). Dies ist hier aber nicht der Fall.

16

Die Kammer verkennt zwar nicht, dass die mechatronische Werkstatt des Beigeladenen nach der Baugenehmigung nur als Einmannbetrieb genutzt werden darf, Kundenverkehr ausgeschlossen wird und die Betriebszeiten beschränkt sind. Es handelt sich deshalb nur um einen Kleinbetrieb. Dennoch weist der Betrieb des Beigeladenen keine solchen Besonderheiten auf, die es rechtfertigen, hier von einem „nicht störenden Gewerbebetrieb“ auszugehen. Die Werkstatt befindet sich in einer einfachen Trapezblechhalle, die nicht im Geringsten schallgedämmt ist. Der Einsatz von lärmintensiven Metallbearbeitungsmaschinen (Fräse, Drehmaschinen, Ständerbohrmaschine, Schweißgerät) und einem Gabelstapler ist nach den Auflagen B 630 und 631 im Zeitraum zwischen 8 und 20 Uhr für die Dauer von 5,25 Stunden erlaubt. Selbst wenn der Beigeladene sich an diese Auflagen hält, führt er in dieser Zeit störende Tätigkeiten durch. Arbeiten, die mit den genannten Maschinen ausgeführt werden und mit Hämmern, Schlagen und Schleifen verbunden sind, verursachen impulsartige Geräusche, die unvermeidbar nach außen dringen und daher besonders störend wirken. Eine zeitliche Begrenzung ändert daran nichts. Werden z.B. die Drehmaschine CNC mit einem Mittelungspegel – dies ist der zeitliche Mittelwert des Schalldruckpegels (vgl. Ziffer 2.7 der Technischen Anleitung Lärm 1998 – TA Lärm –) – von 89 dB(A) oder die Ständerbohrmaschine mit einem Mittelungspegel von 98 dB(A) nacheinander für die Dauer von erlaubten 45 Minuten eingesetzt, ist damit zweifelsfrei erheblicher Lärm verbunden, der das Wohnen in der näheren Umgebung grundsätzlich stört. Daran ändert auch die Auflage B 632 in der Baugenehmigung vom 25. Juni 2015 nichts, wonach für das nächst gelegenes Wohnhaus unter Berücksichtigung der Gesamtbelastung die Immissionsrichtwerte für Geräusche von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) nicht sowie für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) überschritten werden dürfen. Kurzzeitige Geräuschspitzen im Sinne der TA Lärm sind nach Ziffer 2.8. durch Einzelereignisse hervorgerufene Maximalwerte des Schalldruckpegels, die im bestimmungsgemäßen Betriebsablauf auftreten. Die Nutzung der Metallbearbeitungsmaschinen durch den Beigeladenen verursachen jedoch keine kurzzeitigen Geräuschspitzen. Vielmehr handelt es sich dabei um Dauerereignisse (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2015, TA-Lärm Nr.2 Rn. 44). Selbst wenn der Beigeladene, wie angekündigt, in naher Zukunft besondere Lärmschutzmaßnahmen treffen sollte, ist dies im Rahmen des Gebietserhaltungsanspruchs unerheblich (vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 28. September 2012 – 1 B 313/12 –, BauR 2013, 459). Der Versuch des Antragsgegners, den Betrieb des Beigeladenen durch eine stark individualisierte maßgeschneiderte Baugenehmigung mit zahlreichen Nebenbestimmungen für ihre – an sich ungeeignete Umgebung – passend zu machen, ist daher nicht geeignet, die Atypik zu begründen.

17

Liegt damit ein Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller vor, ist dem Antrag zu 1) stattzugeben.

18

2. Der weitere Antrag der Antragsteller, dem Antragsgegner aufzugeben, die von dem Beigeladenen begonnenen Arbeiten zur Umnutzung des Vorhabens mit einer für sofort vollziehbar erklärten Verfügung stillzulegen, kann dagegen keinen Erfolg haben.

19

§ 80 a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO räumt dem Gericht über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinaus ergänzend die Möglichkeit ein, einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte eines Dritten zu treffen. Für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen bedarf es jedoch eines hinreichenden konkreten Grundes (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 1. April 2015 – 1 OA 38/15 –, BauR 2015, 1153; Bay. VGH, Beschluss vom 26. Oktober 2009 – 2 CS 09.2121 –, NVwZ-RR 2010, 346; Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflag 2011, Rn. 1080). Dieser liegt vor, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die angeordnete bzw. wiederhergestellte aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs missachtet werden könnte (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 9 VR 2.12 -, NVwZ 2012, 570). Das Erfordernis eines so verstandenen Sicherungsinteresses folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO, der den Erlass von Sicherungsmaßnahmen in das Ermessen der Behörde bzw. des Gerichts stellt. Ihr Erlass ist demzufolge nicht der gesetzlich vorgesehene Regelfall, sondern setzt besondere Umständen des Einzelfalls voraus. Solche sind vorliegend nicht ersichtlich. Es ist zu erwarten, dass der Antragsgegner und der Beigeladene die Entscheidung der Kammer auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller auch ohne beigefügte Sicherungsmaßnahmen respektieren.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

21

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf den §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz – GKG – in Verbindung mit Nr. 1.5, Nr. 9.7.1 des von Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalogs 2013 (LKRZ 2014, 169). Für den Antrag zu 2) auf Erlass von Sicherungsmaßnahmen ist ein eigenständiger Streitwert festzusetzen, da dieser gemeinsam mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt wurde (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 1. April 2015 – 1 OA 38/15 –, juris). Für den Antrag zu 2) hat die Kammer in Übereinstimmung mit dem VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 9. April 2014 – 8 S 1528/13 –, NVwZ-RR 2014, 752) ebenso wie für den Antrag zu 1) den Streitwert mit 3.750 € sowohl für die Antragsteller zu 1) und 2) als Eigentümer des Anwesens B-Straße …. als auch für die Antragsteller zu 3) und 4) als Eigentümer des Anwesens B-Straße … bemessen (3.750 € x 4 = 15.000 €).