Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 26. Sept. 2018 - 4 A 94/16
Gericht
Tenor
Der Bescheid vom 03.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2016 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Entrichtung von Schmutzwassergebühren.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes in .
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Das Gemeindegebiet der Beklagten ist neben Einfamilienhäusern auch durch Mehrfamilienhäuser und Grundstücke geprägt, die gewerblich genutzt werden.
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Die Beklagte erließ eine Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung (Abwassergebührensatzung) vom 27. November 2001 sowie eine Satzung über die Abwasserbeseitigung (Abwasserbeseitigungssatzung) vom 9. Dezember 2014.
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Der in § 4 Abwassergebührensatzung festgelegte Gebührensatz betrug zunächst 2,05 Euro je cbm Schmutzwasser.
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Mit 3. Nachtragssatzung vom 29. September 2015 änderte die Beklagte den Gebührensatz in § 4 der Gebührensatzung zum 1. Oktober 2015 dahingehend, dass sie eine Grundgebühr von 54,00 Euro „p.a.“ und eine Verbrauchsgebühr von 2,50 Euro je cbm Schmutzwasser festschrieb.
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Der Gebührenerhöhung lag eine Kalkulation zugrunde, die unter „IST“ Kosten und Erlöse der Jahre 2004 bis 2014 ausweist und unter „PLAN“ voraussichtliche Kosten und Erlöse der Jahre 2015 bis 2019. Die Kalkulation weist hinsichtlich der vorgenannten Jahre auf Erlösseite Gebühreneinnahmen (untergliedert in Grund- und Zusatzgebühren) jeweils bis zum 30. September sowie ab dem 1. Oktober eines Jahres aus. Auf Kostenseite ist hingegen jeweils das Kalenderjahr samt dazugehöriger Kosten aufgeführt. Kalkulierte Über- und Unterdeckungen der jeweiligen Vorjahre berücksichtigt die Kalkulation im jeweils folgenden Jahr. Ab dem 1. Oktober 2015 ist erstmalig eine Grundgebühr i.H.v. 54,00 Euro sowie eine erhöhte Zusatzgebühr i.H.v. 2,50 Euro auf Erlösseite einkalkuliert. Die Kalkulation berücksichtigt diese Werte bis in das Jahr 2019.
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Am 17. November 2015 erließ die Beklagte sodann eine Neufassung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung (Abwassergebührensatzung). Sie schrieb hinsichtlich des Gebührensatzes in § 4 Abwassergebührensatzung nunmehr fest, dass die „Grundgebühr pro Wasseruhr (Positivzähler) p.a. 54,00 Euro“ betrage und eine Zusatzgebühr von 2,50 Euro pro cbm Schmutzwasser zu entrichten sei.
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In § 3 Abs. 1 der Abwassergebührensatzung nahm die Beklagte erstmals auf, dass die Grundgebühr für die Schmutzwasserbeseitigung nach der „Anzahl der Wasserzähler von öffentlichen Wasserversorgungsanlagen“ zu bemessen sei.
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Die neu gefasste Abwassergebührensatzung sah in § 12 ein rückwirkendes Inkrafttreten zum 1. Oktober 2015 vor. Gleichzeitig regelte die Beklagte in dieser Satzungsbestimmung, dass die bisherige Abwassergebührensatzung vom 28. September 2001 samt nachfolgender Änderungssatzungen außer Kraft trete. § 12 enthält keinen darüber hinausgehenden Inhalt.
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Die Beklagte übersandte dem Kläger am 17. November 2015 ein Schreiben, welches sie als „Abrechnung Abwasserbeseitigungsgebühren für den Abrechnungszeitraum vom 01.10.2014 bis zum 30.09.2015“ überschrieb. Unter „Neue Abschläge in Euro“ wies die Beklagte eine Abschlagsrate von 22,00 Euro aus, die sie mit vier Terminen multiplizierte und hieraus Gesamtabschläge i.H.v. 88,00 Euro errechnete. Das Schreiben enthielt zudem folgenden Text: „Die Verbrauchsgebühr beträgt ab 01.10.2015 2,50 EUR pro Kubikmeter. Zeitgleich wurde die Grundgebühr eingeführt. Hierfür erhalten Sie demnächst einen Bescheid“.
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Am 3. Dezember 2015 übersandte die Beklagte dem Kläger ein weiteres Schreiben, welches sie als „Abrechnung-/Abschlagsänderung“ für überschrieb. Unter „Abschlag Abwasser“ wies sie bisherige Abschläge i.H.v. 88,00 Euro und unter „künftiger Abschlag“ 142,00 Euro sowie einen „Unterschied“ von 54,00 Euro aus. Das Schreiben enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung.
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Mit E-Mail vom 3. Dezember 2015 erhob der Kläger Widerspruch gegen das Schreiben der Beklagten vom gleichen Tage. Zur Begründung führte er aus, dass der „Bescheid“ keine Abrechnung sei. Er könne die ermittelten Abschläge nicht nachvollziehen.
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Im Rahmen der zwischen den Beteiligten während des Vorverfahrens fortgesetzten Kommunikation trug der Kläger unter anderem vor, dass die Einführung der Grundgebühr „unsozial“ sei.
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Es gebe in der Gemeinde Mietshäuser mit mehreren Mietparteien, die lediglich über einen Gesamtwasserzähler verfügten. Die gebührenpflichtigen Bewohner der Mehrfamilienhäuser seien aufgrund des Verteilungseffektes ungleich weniger belastet als Einzelpersonen in Einfamilienhäusern. In Gewerbebetrieben sei meist ebenfalls nur ein Frischwasserzähler verbaut. Diese hätten aber einen deutlich höheren Verbrauch als sonstige Einwohner.
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Die Grundgebühr belaste Alleinstehende in Einfamilienhäusern und somit häufig ältere verwitwete Menschen am stärksten. Diese würden jedoch deutlich weniger verbrauchen als etwa die Einwohner eines Mehrfamilienhauses mit lediglich einem Wasserzähler.
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Die Beklagte erwiderte, dass Fixkosten unabhängig vom jeweiligen Grad der Benutzung anfallen würden. Personalkosten würden etwa unabhängig davon anfallen, ob je veranlagtem Objekt sehr wenig oder sehr viel cbm Schmutzwasser produziert werde.
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Der Kläger veranlasste am 16. Februar 2016 zunächst eine Rücklastschrift des von der Beklagten abgebuchten Vorausleistungsbetrages i.H.v. 40,00 Euro. Mit Schreiben vom 29. Februar 2016 mahnte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen Zahlungsrückstand der Vorauszahlungen für die Abwasserbeseitigung i.H.v. 40,00 Euro an und erhob gleichzeitig 4,50 Euro Mahngebühren. Der Kläger kam dieser Zahlungsaufforderung sodann nach und entrichtete die Summe an die Beklagte.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie führte aus, dass eine Berücksichtigung der mit Beschluss über die 3. Änderungssatzung vom 29. September 2015 geänderte Abwassergebührensatzung aus programmtechnischen Gründen nicht bereits mit dem Bescheid vom 17. November 2015 habe erfolgen können. Aus diesem Grund habe man gegenüber dem Kläger am 3. Dezember 2015 einen Bescheid über die Anpassung der Vorauszahlung erlassen. Die Grundgebühr i.H.v. 54,00 Euro pro Hauswasserzähler sei Grund für die Erhöhung der Gesamtabschläge von bisher 88,00 Euro auf nunmehr 142,00 Euro gewesen.
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Auf die Bedenken des Klägers gegen die soziale Ungerechtigkeit der Erhebung der Grundgebühr sei man im Rahmen der E-Mail-Kommunikation eingegangen.
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Der Kläger hat bereits am 15. April 2016 Klage erhoben.
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Nach Klagerhebung rechnete die Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2016 über die Schmutzwassergebühren des Zeitraumes vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. September 2016 endgültig gegenüber dem Kläger ab.
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Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft er seine Argumentation aus dem Vorverfahren. Aus der Abschlagsänderung vom 3. Dezember 2015 sei nicht zu erkennen, aus welchem Grund die Erhöhung der Verbrauchsgebühren vorgenommen worden sei. Die Gebührenerhebung sei zudem rückwirkend erfolgt.
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Die Klagschrift enthält den Antrag, das Ruhen des Verfahrens bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Gebührenerhöhung der Abwasserbeseitigungsgebühren in einem „Musterverfahren“ anzuordnen.
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Mit Schriftsätzen vom 17. April 2017 und 2. Juni 2018 bat der Kläger um einen Fortgang des Verfahrens.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid vom 3. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2016 aufzuheben und
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hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 3. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2016 rechtswidrig gewesen ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
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I. Die Aussetzung oder das Ruhen des Verfahrens ist auf den Antrag der Kläger aus der Klagschrift nicht anzuordnen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass es nicht zu dem beabsichtigten „Musterverfahren“ gekommen ist. Er hat zudem durch Schriftsätze vom 17. April 2017 und 2. Juni 2018 auf den Fortgang des Verfahrens hingewirkt und folglich den Antrag auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens nicht aufrechterhalten.
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1. Insbesondere ist die Anfechtungsklage die statthafte Klageart, wenn der Kläger die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes begehrt. Bei dem angegriffenen Schreiben vom 3. Dezember 2015 handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Nach § 35 Satz 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere öffentlich-rechtliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ob eine behördliche Äußerung als formlose Mitteilung bzw. Zahlungsaufforderung oder als Leistungsbescheid in Gestalt eines anfechtbaren Verwaltungsaktes zu qualifizieren ist, richtet sich nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt (BVerwG, Urt. v. 26.10.1978 – V C 52.77, BVerwGE 57, 26-31, Rn. 17 juris).
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Zwar ist das Schreiben der Beklagten vom 3. Dezember 2015 nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet. Aus dem Schriftstück wird aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (§§ 133,157 BGB analog) gleichwohl noch hinreichend deutlich ersichtlich, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger hoheitliche Regelungen eines Einzelfalles mit Außenwirkung getroffen hat. Die Beklagte hat in dem streitbefangenen Bescheid die Vorauszahlungen auf Abwassergebühren für den Erhebungszeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. September 2016 in Höhe von 142,00 Euro festgesetzt. Sie hat dem Kläger durch das Schreiben nicht lediglich formlos eine zu zahlende Summe mitgeteilt. Das Schreiben ist als Festsetzung mit Regelungscharakter zu qualifizieren, da die Beklagte mittels des Bescheides eine Konkretisierung der vorläufig von dem Kläger geschuldeten Abwassergebühren für den streitbefangenen Erhebungszeitraum vorgenommen hat.
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Der Kläger hat durch seinen Widerspruch, in welchem er das Schriftstück der Beklagten als „Bescheid“ bezeichnet zudem eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er das Schreiben des Beklagten selbst als Verwaltungsakt gedeutet hat.
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Schließlich enthält das Schreiben der Beklagten mit der Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne des § 58 Abs. 1 VwGO auch ein formelles Merkmal eines Verwaltungsaktes.
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2. Dem Kläger steht auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Es ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass der angegriffene Verwaltungsakt hinsichtlich des die Vorausleistungen festsetzenden Teils durch den Erlass des endgültigen Gebührenbescheides vom 23. November 2016, in welchem die Beklagte die Schmutzwassergebühren für den von dem Vorausleistungsbescheid betroffenen Zeitraum endgültig festsetzt hat, vollständig abgelöst und damit hinsichtlich seiner Regelungswirkung erledigt worden wäre.
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Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BVerwG, Beschl. v. 25.09.2008 – 7 C 5.08, Rn. 13 juris und v. 17.11.1998 – 4 B 11.98, Rn. 9 juris). Das Rechtsschutzinteresse für eine Klage gegen einen Vorausleistungsbescheid entfällt in diesem Sinne, soweit dessen Regelung durch einen endgültigen Gebührenbescheid abgelöst und der Vorausleistungsbescheid insoweit erledigt wird (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 14.09.2017 – 2 LB 14/16, Rn. 30 juris).
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Einem Vorausleistungsbescheid kommen in der Regel zwei rechtlich selbstständige Regelungen zu. Dies ist einerseits die – vorläufige – Festsetzung des vom Gebührenschuldner zu entrichtenden Betrages und andererseits ein an den Adressaten des Bescheides gerichtetes Leistungsgebot, d.h. die Aufforderung zur Zahlung des festgesetzten Betrages (VGH Mannheim, Urt. v. 12.10.2010 – 2 S 2555/09, Rn. 16 juris; BVerwG, Beschl. v. 19.12.1997 – 8 B 244/97, Rn. 9 juris). Beide Regelungsgegenstände sind bei der Beurteilung der Ablösungswirkung grundsätzlich in den Blick zu nehmen.
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So liegt es auch hier. Der Bescheid vom 3. Dezember 2015 enthält wie zuvor dargelegt Regelungen zur Festsetzung der zu entrichtenden Vorausleistungen auf die Abwassergebühren und zudem einen damit verbundenen Zahlungsbefehl über insgesamt 142,00 Euro.
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a) Die Festsetzung der geschuldeten Vorausleistungen ist durch den Erlass des endgültigen Gebührenbescheides vom 23. November 2016 in seiner Regelungswirkung erledigt worden. Die Beklagte rechnete mit diesem Bescheid über die Abwassergebühren für denjenigen Zeitraum endgültig ab, für den die vorgenannten Vorauszahlungen zu entrichten waren. Sie setzte insoweit eine Gebührenschuld von 146,50 Euro fest. Die bisherige vorläufige Regelung über die Festsetzung von Abwassergebühren in Höhe von 142,00 Euro wurde damit hinfällig. Mit dem Erlass des endgültigen Gebührenbescheides bringt die Beklagte zum Ausdruck, dass sie vom Entstehen der Gebührenpflicht in der im Bescheid bezeichneten Höhe ausgeht und an der im Vorausleistungsbescheid lediglich prognostizierten Gebührenlast nicht länger festhalten will. Durch den endgültigen Bescheid hat sie die Rechtslage mittels der finalen Konkretisierung der Gebührenlast neu gestaltet und einen dauerhaften Behaltensgrund für die entrichteten Zahlungen geschaffen.
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b) Das Leistungsgebot ist durch die – verspätete – Zahlung des Klägers auf die in dem Bescheid festgesetzten Vorauszahlungen gleichwohl nicht erloschen (s. zur Erledigung des Leistungsgebotes durch Zahlung VGH Mannheim, Urt. v. 12.10.2010 – 2 S 2555/09, Rn. 16 juris).
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Der Eintritt der Ablösungswirkung scheitert an der verspäteten Zahlung des Klägers und der daraufhin erfolgten Erhebung der Mahngebühren in Höhe von 4,50 Euro durch die Beklagte. Dem Leistungsgebot des Vorausleistungsbescheides kommt in dieser Konstellation weiterhin eine eigenständige Regelungswirkung zu. Es bildet nämlich den Rechtsgrund dafür, dass die Beklagte den Mahnbetrag behalten darf. Die Beklagte durfte den Mahnbetrag ausschließlich deswegen gegenüber dem Kläger geltend machen, weil sie ihm gegenüber in dem Bescheid vom 3. Dezember 2015 ein Leistungsgebot über die Vorauszahlungen mit vier Fälligkeitsdaten ausgesprochen hat und der Kläger dem Zahlungsbefehl hinsichtlich des ersten Fälligkeitstermins nicht rechtzeitig nachgekommen ist.
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III. Die Klage ist auch begründet.
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Der streitbefangene Bescheid vom 3. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Der Bescheid der Beklagten findet in § 6 Abs. 1 KAG i.V.m. Satzung der Gemeinde über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung (Abwassergebührensatzung) vom 17. November 2015 sowie der Satzung über die Abwasserbeseitigung der Gemeinde (Abwasserbeseitigungssatzung) vom 9. Dezember 2014 seine Rechtsgrundlage.
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1. Zunächst ergeben sich keine Bedenken im Hinblick auf die formelle Rechtmäßigkeit der Gebührensatzung. Die maßgeblichen Satzungen sind insbesondere von dem Bürgermeister der Beklagten ausgefertigt und sodann ortsüblich bekannt gemacht worden. Die ortsübliche Bekanntmachung erfolgte entsprechend der Vorgaben des § 68 Satz 3 LVwG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 5 Abs. 1, 3, § 6 der Landesverordnung über die örtliche Bekanntmachung und Verkündung (Bekanntmachungsverordnung – BekanntVO) vom 14. September 2015 (GVOBl. SH, S. 338) und § 15 der Hauptsatzung der Gemeinde vom 8. April 2003 durch Aushang.
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2. Die Gebührensatzung der Beklagten leidet jedoch an einem materiellen Satzungsfehler, da sie gegen höherrangiges Recht verstößt.
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a) Die Regelung in § 12 der Abwassergebührensatzung über das rückwirkende Inkrafttreten zum 1. Oktober 2015 widerspricht § 2 Abs. 2 KAG. Zwar handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige unechte Rückwirkung, da durch die Satzungsänderung auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte eingewirkt wird. § 2 Abs. 2 KAG bestimmt zudem, dass eine Satzung über kommunale Abgaben grundsätzlich rückwirkend in Kraft treten kann. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG dürfen Abgabepflichtige durch die rückwirkend erlassene Satzung jedoch nicht ungünstiger gestellt werden als nach der bisherigen Satzung. Dieses Schlechterstellungsverbot bezieht sich auf das jeweilige rechnerische Ergebnis der Abgabenhöhe in jedem einzelnen Veranlagungsfall. Aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass der Abgabepflichtige durch die Satzung selbst vor einer Schlechterstellung gegenüber den Regelungen der bisherigen Satzung gesichert werden muss (OVG Schleswig Urt. v. 14.09.2017 – 2 KN 3/15, BeckRS 2017, 131018, beck-online m.V.a. OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2002 - 2 K 4/00, LS 2, Rn. 17 juris). Fehlt eine solche Regelung in der Satzung, so verstößt sie grundsätzlich gegen § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG. Dies hat zur Folge, dass die Satzung nicht rückwirkend, sondern gemäß § 69 LVwG am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft tritt (OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2000 – 2 K 4/00, juris). Die Satzung der Beklagten enthält keine Regelung über ein Schlechterstellungsverbot.
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Gegen eine Rückwirkung bestehen vor dem Hintergrund des Schlechterstellungsverbotes nur dann keine Bedenken, wenn sich keine Änderungen oder jedenfalls keine Verschlechterungen für die Abgabepflichtigen ergeben haben (OVG Schleswig Urt. v. 14.09.2017 – 2 KN 3/15, BeckRS 2017, 131018, beck-online m.V.a. OVG Schleswig, Urt. v. 23.09.2009 – 2 LB 34/08, Rn. 40 juris). Nach Auffassung der Kammer ist es durch den rückwirkenden Erlass der Satzung zu einer Schlechterstellung gekommen. Dies beruht auf dem Umstand, dass die Beklagte zwar bereits durch die 3. Nachtragssatzung eine Grundgebühr eingeführt hat. Es fehlte jedoch an jeglicher Regelung hinsichtlich des Maßstabes, nach dem die Grundgebühr erhoben werden soll, weshalb in dieser Fassung der Satzung ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG (Mindestinhalt einer Abgabensatzung) gegeben ist, der wiederum die Unwirksamkeit der Satzung zur Folge hat. Mit der Neufassung der Abwassergebührensatzung regelte die Beklagte sodann erstmalig einen Gebührenmaßstab für die Grundgebühr in § 3 Abs. 1 der Abwassergebührensatzung und belastete die Gebührenschuldner erstmals mit einer Satzungsbestimmung über die Erhebung einer Grundgebühr.
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b) Der von der Beklagten in § 3 Abs. 1 Abwassergebührensatzung hinsichtlich der Grundgebühr festgeschriebene Gebührenmaßstab verstößt zudem gegen verfassungsrechtliche Prinzipien.
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aa) Der getroffenen Maßstabsregelung fehlt es schon an der rechtlich erforderlichen Bestimmtheit. Das aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Rechtsstaatsprinzip verlangt, "dass der Gesetzgeber die staatlicher Eingriffsmöglichkeit offenliegende Rechtssphäre selbst abgrenzt und dies nicht dem Ermessen der Verwaltungsbehörden überlässt" (BVerfG, Beschl. v. 10.07.1958 - 1 BvF 1/58, juris). Gesetzliche Grundlagen zum Erlass belastender Verwaltungsakte müssen in Parallele zu dem, was Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG bei Verordnungsermächtigungen fordert, "nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt" sein, so dass die Eingriffe messbar und in gewissem Umfang für den Betroffenen voraussehbar und berechenbar werden (BVerwG, Urt. v. 21.10.1970 – IV C 3869, BeckRS 1970 30422821 m.w.N.). Der streitgegenständlichen Maßstabsregelung, welche an die Anzahl der Wasserzähler anknüpft, ist schon nicht zu entnehmen, ob in Mehrfamilienhäusern die Wohnungswasserzähler oder der Gesamtwasserzähler des Wohnobjekts als Maßstab für die Erhebung der Grundgebühr herangezogen werden sollen. Für die Gebührenpflichtigen ist aus diesem Grunde nicht erkennbar, inwieweit sie zur Entrichtung der Grundgebühr herangezogen werden.
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Der Gebührenmaßstab der Grundgebühr in § 3 Abs. 1 der Abwassergebührensatzung sowie der darauf bezogene Gebührensatz der Grundgebühr in § 4 der Abwassergebührensatzung sind aufgrund des Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam (vgl. zur Unwirksamkeit einer Satzungsbestimmung wegen fehlender Bestimmtheit Sächsisches OVG, Urt. v. 04.07.2012 – 5 C 34/09, Rn. 126 juris).
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bb) Die streitgegenständige Maßstabsregelung verstößt weiterhin gegen den sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Gleichheitsgrundsatz.
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Nach § 6 Abs. 4 KAG können Benutzungsgebühren als Grundgebühren und Zusatzgebühren erhoben werden. Die Gebühren sind grundsätzlich nach dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu bemessen. Es ist jedoch zulässig, eine für alle Benutzerinnen und Benutzer gleiche Grundgebühr zu erheben und Gebührensätze zu staffeln.
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Bei der Ausgestaltung des Gebührenmaßstabes kommt einer Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zu. Ein Gericht ist nicht befugt, eigene Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle derjenigen der Gemeinde zu setzen. Die gerichtliche Prüfung ist vielmehr auf die Frage beschränkt, ob der von der Gemeinde gewählte Maßstab innerhalb des ihr eingeräumten Ermessensspielraums liegt. Die Grenze liegt dort, wo ein sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung fehlt (vgl. BVerfG, Beschlüsse v. 16.06.1959 – 2 BvL 10/59 – BVerfGE 9, 334 [337] u. v. 14.04.1964 – 2 BvR 69/62 – BVerfGE 17, 319 [330]). Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zu prüfen, nicht hingegen die Frage, ob der (Orts-)Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1967 – VII C 15.65 – BVerwGE 26, 317 = DÖV 1967, 792 = KStZ 1967, 252 = Buchholz 11 Art. 3 GG Nr. 71). Dabei ist im Abgabenrecht zusätzlich auf die Typengerechtigkeit abzustellen, die es dem (Orts-)Gesetzgeber gestattet, zu verallgemeinern und zu pauschalieren und die damit zulässt, an Regelfälle eines Sachbereichs anzuknüpfen und die sich dem „Typ“ entziehenden Umstände von Einzelfällen außer Betracht zu lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.10.1966 – IV C 99.65 – BVerwGE 25, 147 = DVBl 1967, 289 = BBauBl 1967, 349 = ZMR 1967, 232 = Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 11). Insbesondere kann auch der Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität eine Ungleichbehandlung rechtfertigen, sofern nicht gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 – 8 C 48/81 – DVBl 1982, 76 = DÖV 1982, 154 = KStZ 1982, 69 = NvwZ 1982, 622 = ZKF 1984).
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Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen eine Gemeinde sich bei der Bestimmung eines Gebührenmaßstabs bewegen muss, wird u. a. durch das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitsgrundsatz gebildet (VG Schleswig, Urt. v. 27.08.2018 - 4 A 128/16, Rn. 30 juris). Diese Grundsätze betreffen das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie die Gleichbehandlung der Gebührenpflichtigen untereinander. Allerdings ergeben sich aus diesen Grundsätzen keine objektiv quantifizierbaren Kriterien, anhand derer das Entgelt zu messen wäre. Für einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab hat die Rechtsprechung dem Äquivalenzprinzip aber immerhin entnommen, dass die Bezugsgröße einen hinreichend sicheren, in der Regel zutreffenden Schluss auf den Umfang der Inanspruchnahme oder Benutzung zulassen muss. Der Gleichheitsgrundsatz ist danach dann gewahrt, wenn diejenigen Gebührenpflichtigen, die eine Einrichtung in ungefähr gleichem Ausmaß in Anspruch nehmen, auch ungefähr gleich hohe Gebühren zahlen müssen, bei unterschiedlicher Benutzung dagegen diesen Unterschieden entsprechend in etwa angemessene Gebühren zu zahlen haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1967 – VII C 15.65, juris; Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, 15. EL, KAG, § 6 Rn. 369). Kennzeichen eines auf die Wahrscheinlichkeit ausgerichteten Maßstabs ist, dass dieser den Regelfall abbildet und Besonderheiten eines Einzelfalles nicht erfassen kann. Daher ergeben sich gewisse Ungenauigkeiten, Mängel und Ungerechtigkeiten. Diese werden allerdings auch bei einem besseren, weil genaueren, Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht vermieden, sondern nur für bestimmte Fallgruppen verringert. Typisierungen und Pauschalierungen sind gerade bei einer Massenverwaltung in gewissem Maße unabdingbar, müssen allerdings im zu beurteilenden Bereich durch Erwägungen der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt sein. Die Grenze solcher typisierenden Vereinfachung liegt allerdings dort, wo die in Kauf zu nehmenden Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Typisierung angestrebten Vorteilen stehen und wo ein sachlich einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte und entsprechend die Ungleichbehandlung im Wesentlichen gleicher Fälle nicht erkennbar ist (vgl. Thiem/Böttcher, a. a. O., § 6 Rn. 371).
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So liegt es hier. Es ist kein sachlich einleuchtender Grund dafür erkennbar, dass die Beklagte die Grundgebühr ohne weitere Differenzierung nach der Anzahl der Wasserzähler von öffentlichen Wasserversorgungsanlagen bemisst. Als Grundgebühr wird im Allgemeinen eine verselbstständigte Benutzungsgebühr bezeichnet, die für die Inanspruchnahme der Lieferungs- bzw. Betriebsbereitschaft einer Einrichtung erhoben wird. Mit ihr werden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (sog. Fixkosten wie z.B. Abschreibungsbeträge und Zinsen) ganz oder teilweise abgegolten und sie wird deshalb nicht – verbrauchsabhängig – nach dem Maß der Benutzung (Inanspruchnahme), sondern – verbrauchsunabhängig – nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung (z.B. Nenngröße des Wasserzählers, Zahl der Räume oder Zapfstellen, Brennstellen) als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität zu orientieren pflegt (BVerwG, Urt .v. 1.8.1986 – 8 C 112/84 – juris Rn. 15 m.w.N.).
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Der von der Beklagten gewählte Gebührenmaßstab lässt eine derartige Orientierung in verfassungswidriger Weise vermissen. Dies begründet sich in dem Umstand, dass die Beklagte über die maßgebliche Satzungsbestimmung in § 3 Abs. 1 der Abwassergebührensatzung sämtliche Inhaber von Wasserzählern bei der Erhebung der Grundgebühr gleich behandelt und zwar ohne Berücksichtigung der je Gebührenpflichtigem mitunter höchst different ausgeprägten abrufbaren Arbeitsleistung. Eine Rechtfertigung, die Vorhaltekosten auf jeden Wasserzähler gleichmäßig umzulegen, besteht hier nicht, weil wesentliche Teile der Vorhalteleistung nicht jeder Wasseruhr gleichmäßig zugerechnet werden können (vgl. hierzu auch OVG Münster, Beschl. v. 30.04.2004 – 9 A 2522/03, Rn. 16 juris). Die Beklagte verfügt in ihrem Gemeindegebiet neben Einfamilien- nämlich unstreitig auch über Mehrfamilienhäuser und Gewerbebetriebe. Mehrfamilienhäuser und insbesondere Gewerbebetriebe verfügen im Regelfall über eine deutlich höhere Nenngröße des Wasserzählers und damit über einen deutlich höheren Durchsatz an Frisch- und Abwasser. Das Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung der öffentlichen Einrichtung der Abwasserbeseitigung unterscheidet sich demgemäß deutlich von derjenigen eines Einfamilienhauses (vgl. zum erhöhten Maß der Inanspruchnahme durch Gewerbebetriebe BGH, Urteil vom 08.07.2015 – VIII ZR 106/14, Rn. 30 juris). Die Beklagte hat durch die Anknüpfung an die bloße Anzahl der Wasserzähler wesentlich Ungleiches unzulässig gleich behandelt. Für das erkennende Gericht ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass der Ortsgesetzgeber trotz der vorgenannten Gesichtspunkte in der satzungsrechtlichen Regelung über den Maßstab der Grundgebühr keine Differenzierung vorgesehen hat. Die Beklagte hat auch keinerlei Argumente vorgetragen, welche die Gleichbehandlung der wesentlich unterschiedlich ausgestalteten Sachverhalte bei der Erhebung der Grundgebühr rechtfertigen würden.
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Aufgrund des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Verhältnis zwischen den gebührenpflichtigen Eigentümern von Einfamilienhäusern einerseits und denen von Mehrfamilienhäusern bzw. Inhabern von Gewerbebetrieben andererseits erweist sich der Gebührenmaßstab der Grundgebühr in § 3 Abs. 1 der Abwassergebührensatzung sowie der darauf bezogene Gebührensatz der Grundgebühr in § 4 der Abwassergebührensatzung als unwirksam. Fehler in der Maßstabsregelung wirken sich zwangsläufig auch auf die Gebührensatzungsregelungen aus, da der Gebührensatz durch Division der Kosten durch die Summe der Maßstabseinheiten errechnet wird (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6, Stand 30. EL, Rn. 253). Gleiches gilt für den in § 4 der Abwassergebührensatzung geregelten Gebührensatz der Zusatzgebühr. Die Nichtigkeit folgt schon daraus, dass eine Zusatzgebühr ohne rechtmäßige Grundgebühr ihren Sinn verliert (OVG Schleswig, Urteil vom 24.11.1999 – 2 K 19/97, Rn. 55 juris). Ein Abgabensatz ist immer dann ungültig, wenn er ohne ausreichende Berücksichtigung der zu stellenden Anforderungen ermittelt worden ist (vgl. Thiem/Böttcher, a.a.O., § 6 KAG, Rn. 96).
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cc) Die in § 4 Abwassergebührensatzung getroffene Satzungsbestimmung über den Gebührensatz verstößt schließlich gegen den Grundsatz der Periodengerechtigkeit.
- 64
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sollen Benutzungsgebühren so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Einrichtung decken. Die erforderlichen Kosten sind regelmäßig im Rahmen einer (Voraus-)Kalkulation für eine Rechnungsperiode zu veranschlagen, um in einem weiteren Schritt unter Berücksichtigung der voraussichtlich in Anspruch genommenen Leistungseinheiten die Gebührenhöhe durch Satzung (§ 2 Abs. 1 KAG) festzulegen (OVG Schleswig Urt. v. 23.09.2009 – 2 LB 34/08, BeckRS 2010, 46355, beck-online).
- 65
Die satzungsrechtlichen Vorschriften zu zeitraumbezogenen Benutzungsgebühren müssen sicherstellen, dass sich Erhebungszeitraum und Kalkulationszeitraum decken, um zu gewährleisten, dass die Gebührenschuldner nur mit denjenigen Kosten belastet werden, die auf die betreffende Erhebungsperiode entfallen (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urt. v. 22.08.2002 – 2 D 10/02.NE, 3. Leitsatz, LKV 2003, 278; vgl. auch Bayerischer VGH, Urt. v. 17.08.2017 – 4 N 15.1685 –, Rn. 28 juris und OVG Schleswig, Urt. v. 23.09.2009 – 2 LB 34/08, Rn. 60 juris). Dieser gebührenrechtliche Grundsatz der Periodengerechtigkeit wird zum Teil als zeitliche Ausprägung des Äquivalenzprinzipes betrachtet bzw. aus dem Prinzip der Leistungsproportionalität oder speziellen Entgeltlichkeit hergeleitet (siehe Habermann, Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein, 1/2018, § 6 Rn. 190 m.w.N.). Er lässt sich zudem aus dem Kostenbegriff des § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG herleiten (Habermann, a.a.O., § 6 Rn. 190). Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG wird für die durch Benutzungsgebühren abzudeckenden Kosten auf die erforderlichen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Einrichtung abgestellt. Kosten in diesem Sinne sind nach § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln. Diese Grundsätze verlangen, dass für – wie hier – zeitraumbezogene Leistungen nur diejenigen Kosten umgelegt werden dürfen, die auf die maßgebliche Periode entfallen, für welche die Gebühr erhoben wird. Dieser Grundsatz wird zwar durch § 6 Abs. 2 Satz 8 KAG modifiziert, wonach ungeachtet eines kürzeren Erhebungszeitraumes eine Kalkulation des Gebührensatzes für maximal drei Jahre ermöglicht wird. Für auf ein Jahr bezogene Erhebungszeiträume bedeutet eine Dreijahreskalkulation etwa, dass der Satzungsgeber eine „Mischkalkulation“ der Kosten von drei Erhebungsperioden aufstellen kann und mithin die in einer dieser Erhebungsperioden umgelegten Kosten nicht mehr zwingend den Kosten dieser Erhebungsperiode, sondern nur dem für drei Jahre ermittelten Jahreskostendurchschnitt entsprechen müssen (vgl. VG Potsdam, Urt. v. 25.05.2016 – 9 K 2234/13, BeckRS 2016, 47463, beck-online). § 6 Abs. 2 Satz 8 KAG ermöglicht aber nicht die Durchschnittsbildung unter Einbeziehung von Kosten, die außerhalb von drei jährlichen Erhebungszeiträumen liegen.
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Den vorgenannten Maßgaben genügt der in § 4 der Abwassergebührensatzung geregelte Gebührensatz nicht.
- 67
Die Beklagte hat durch § 4 der Abwassergebührensatzung in der Fassung vom 17. November 2015 eine Grundgebühr in Höhe von 54,00 Euro sowie eine erhöhte Zusatzgebühr von 2,50 Euro je cbm Schmutzwasser eingeführt. Dieser Gebührensatz ist von der Beklagten auf Basis einer Gebührenkalkulation ermittelt worden, die Kosten und Erlöse der Jahre 2015 bis 2019 ausweist. Zur Überzeugung der Kammer ergibt sich dies aus dem in der Kalkulation mit „PLAN“ gekennzeichneten Zeitraum, der die Jahre 2015 bis 2019 umfasst. Die jahresübergreifende Verrechnung von prognostizierten Unterdeckungen und Überschüssen innerhalb dieses Zeitraumes spricht zudem dafür, dass die Beklagte die Periode der Jahre 2015 bis 2019 bei der Ermittlung des Gebührensatzes als einheitlichen Kalkulationszeitraum betrachtet hat.
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Die Kalkulation berücksichtigt demnach die voraussichtlichen Kosten des Zeitraumes vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2019. Die Gebührenschuldner werden durch den in § 4 der Gebührensatzung niedergeschriebenen Gebührensatz aus diesem Grunde schon ab dem 1. Oktober 2015 mit den voraussichtlichen Kosten des gesamten Zeitraumes der Jahre 2015 bis 2019 und daher auch mit denjenigen periodenfremden Kosten, die für den Zeitraum vom 1. Oktober 2018 bis zum 31. Dezember 2019 kalkuliert sind, belastet. Diese Kosten sind nicht Bestandteil des zulässigen dreijährigen Kalkulationszeitraumes i.S.v. § 6 Abs. 2 Satz 8 KAG und der sich daraus ergebenden längstens zulässigen Kalkulationsperiode vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. September 2018.
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Daraus ergibt sich, dass der in § 4 Gebührensatzung geregelte Gebührensatz über die jährliche Grundgebühr in Höhe von 54,00 Euro je Wasseruhr (Positivzähler) und 2,50 Euro je cbm Schmutzwasser wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Periodengerechtigkeit unwirksam ist. Wird der Gebührensatz ohne Berücksichtigung der zu stellenden Anforderungen bestimmt, so ist er unabhängig davon ungültig, ob sich durch im Nachgang erstellte Berechnung nachweisen lässt, dass der in der Satzung bestimmte Gebührensatz – gleichsam zufällig – nicht aufwandsüberschreitend ist (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 23.08.2000 – 2 L 226/98, Rn. 51 juris). Die Gebührenschuldner sind im Rahmen des § 2 Abs. 1 KAG nicht allein vor einer den gebührenfähigen Aufwand überschreitenden Abgabenerhebung geschützt, sondern auch davor, dass die auf sie im Einzelfall entfallende Gebührenlast in rechtswidriger Weise ermittelt worden ist (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 23.08.2000 – 2 L 226/98, Rn. 49 juris).
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.
(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.
(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.
(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.
(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.
(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.