Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 07. Feb. 2018 - 12 B 53/17
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 13.244,58 € festgesetzt.
Gründe
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Der – sinngemäße – Antrag des Antragstellers,
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dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Dienstposten im Polizeivollzugsdienst, Laufbahngruppe 2, Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung und für die Bereitschaftspolizei, Sportbildungszentrum - Leitung, Dienstposten der Kategorie C, mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über seine - des Antragstellers – Bewerbung bestandskräftig entschieden ist,
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hat keinen Erfolg.
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Gemäß § 123 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 VwGO, § 920 ZPO kann das Gericht, auch schon vor Klagerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Der Grund der Anordnung und der zu sichernde Anspruch sind glaubhaft zu machen.
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Der Antragsteller hat bereits einen Anordnungsgrund, d. h. die Eilbedürftigkeit der begehrten einstweiligen Anordnung, nicht glaubhaft gemacht. Er hat nicht dargelegt, dass er der begehrten vorläufigen gerichtlichen Entscheidung bedarf, weil es für ihn unzumutbar ist, den Ausgang des Widerspruchsverfahrens und eines gegebenenfalls nachfolgenden Klagverfahrens abzuwarten, in dem er die Neubescheidung seiner Bewerbung um den Dienstposten des Leiters des Sportbildungszentrums der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung und für die Bereitschaftspolizei erreichen will. Die Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen erschwert die Verwirklichung des Bewerbungsverfahrensanspruches des Antragstellers nicht. Zwar dürfte ihm ein solcher Anspruch zur Seite stehen, obwohl mit der Übertragung des in Rede stehenden Dienstpostens weder für ihn noch für den Beigeladenen eine statusrechtliche Veränderung (unmittelbar) einherginge. Wenn mit einer Stellenbesetzung kein beruflicher Aufstieg von Bewerbern aus niedrigen Besoldungsgruppen, d. h. keine Statusänderung verbunden ist, hat der Dienstherr grundsätzlich diese Maßnahme nicht an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG auszurichten. Anders ist es jedoch dann, wenn sich der Dienstherr – wie hier – entscheidet, bei der konkreten Stellenbesetzung Beförderungs- und Versetzungsbewerber gleich zu behandeln und die Stelle auszuschreiben. In diesem Falle legt er sich auch gegenüber den Versetzungsbewerbern auf die Grundsätze der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG fest.
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Der Antragsgegner hat die hier in Rede stehende Stelle ausgeschrieben und sich bei der Ausschreibung dahingehend gebunden, dass bei der Auswahlentscheidung die Auswahl für die Übertragung des Dienstpostens unter Berücksichtigung des in der Ausschreibung festgelegten Anforderungsprofils nach den Grundsätzen der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung erfolgen soll.
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Auch wenn sich der Antragsteller danach grundsätzlich auf den Bewerbungsverfahrensanspruch berufen kann, ist es ihm zuzumuten, sein Begehren im Hauptsacheverfahren (Widerspruchs- und ggf. nachfolgendes Klagverfahren) zu verfolgen. Eine Beförderung des Beigeladenen in ein höheres Statusamt, die in einem etwaigen Hauptsacheverfahren wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität nicht wieder rückgängig gemacht werden könnte und die daher zur Sicherung des sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruchs des unterlegenen Konkurrenten grundsätzlich einen Anordnungsgrund begründet, steht – wie oben bereits erwähnt - hier nicht im Raum. Vielmehr geht es allein um die Vergabe eines Amtes im konkret funktionellen Sinne, d. h. eines Dienstpostens. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen als eine Vorwegnahme einer Beförderung darstellt; der Beigeladene hat bereits das Statusamt nach Besoldungsgruppe A 12 inne.
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Ein Anordnungsgrund folgt des Weiteren auch nicht aus der Erwägung, dass der Beigeladene auf dem Dienstposten einen für eine spätere Beförderung relevanten Erfahrungs- oder Bewährungsvorsprung erlangen könnte. Zum einen hat der Antragsgegner zutreffend darauf hingewiesen, dass der Antragsteller wegen seiner Eigenschaft als ständiger Vertreter des Inhabers des in Rede stehenden Dienstpostens selbst über einschlägige Erfahrungen verfügt. Zum anderen geht die Kammer mit der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 10.05.2016 – 2 VR 2/15 – Juris) davon aus, dass der Dienstherr die höherwertige Aufgabenwahrnehmung im Falle einer später als rechtswidrig festgestellten Dienstposteninhaberschaft im Wege einer „fiktiven Fortschreibung“ der dienstlichen Beurteilung „ausblenden“ muss. Daher besteht für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die darauf gerichtet ist, während eines Konkurrentenstreitverfahrens bereits die Übertragung des entsprechenden Dienstpostens zu verhindern, kein Anordnungsgrund (ebenso: VGH Mannheim, Beschluss vom 27.07.2016 - 4S 1083/16; – OVG Saarlouis, Beschluss vom 09.09.2016 – 1 B 6/16 -; OVG Magdeburg, Beschluss vom 02.08.2016 – 1 M 94/16 – VGH München, Beschlüsse vom 09.11.2016 – 13 CE 16.1820 – und vom 09.01. 2017 – 6 CE 16.2310 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.01.2017 – OVG 4 S 40.16 – alle Juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 13.08.2007 – 3 MB 28/07 – Beschlüsse der Kammer vom 19.03.2009 – 12 B 4/09 – und vom 07.07.2009 12 B 46/09, OVG Münster, Beschluss vom 28.07.2010 – 1 B 345/10 – Juris; vgl. ausführlich Kenntner, ZBR, 181 ff., zustimmend Bracher, DVBl. 2016, 1236; abweichend jetzt OVG Münster, Beschlüsse vom 21.06.2016 – 1 B 201/16 – und vom 12.07.2016 – 6 B 487/16 – ; OVG Koblenz, Beschluss vom 05.05.2017 – 2 B 10279/17 - Juris).
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Die Kammer teilt insbesondere nicht die Auffassung des OVG Münster, Beschlüsse vom 21.06. und 12.07.2016 a.a.O.), dass das vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung herangezogene Rechtsinstitut der fiktiven Fortschreibung der Beurteilung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht das Entstehen eines Bewährungs- und Erfahrungsvorsprunges des Konkurrenten auf dem Dienstposten ausschließen könne, weil hiermit eine Vielzahl unterschiedlicher Fallkonstellationen Fragen aufwerfe, die einer weiteren Vertiefung bedürften. Welche Fragen dies im Einzelnen sein sollen, hat das OVG Münster nicht benannt. Nach Auffassung der Kammer wird im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.05.2016 a.a.O. im Einzelnen dargelegt, wie eine fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung bzw. eine fiktive Ausblendung der aus der Höherwertigkeit des Dienstposten folgenden Tätigkeit erfolgen kann, nämlich indem an die fiktive Fortschreibung der Praxis zu freigestellten Mitgliedern von Personalvertretungen angeknüpft wird ( vgl. VG Weimar, Beschluss vom 25.11.2016 – 1 E 926/16 We – Juris).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3.
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Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäß §§ 62 Abs. 6 S. 1 Nr. 2, 53 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ist der Streitwert für die Entscheidung über die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Berechnung der Gebühren maßgebend, soweit die Wertvorschriften dieses Gesetzes nicht von den Wertvorschriften des Verfahrensrechts abweichen. Satz 1 gilt nicht in Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen.