Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 15. Nov. 2018 - 1 A 40/15

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2018:1115.1A40.15.00
15.11.2018

Tenor

Der Bescheid vom 07.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner Niederlassungserlaubnis aufgrund der Täuschung über die Staatsangehörigkeit.

2

Der 1971 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehörigkeit, reiste am 03.08.1996 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 08.08.1996 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anerkennung als Asylberechtigter, wobei er angab irakischer Staatsangehöriger zu sein, der im Irak politisch verfolgt worden sei.

3

Mit Bescheid vom 30.09.1996 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag ab, erkannte jedoch gleichzeitig die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 51 Abs.1 AuslG an. Zur Begründung wurde ausgeführt, bereits die Asylantragstellung im Ausland werde im Irak als politische Gegenschaft bewertet und mit harten Strafen, teilweise sogar mit der Todesstrafe geahndet (Bl. 6 ff. d. Beiakte „A“). Mit Schreiben vom 02.12.1996 teilte das Bundesamt mit, dass die Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG unanfechtbar sei (Bl. 37 d. Beiakte „A“).

4

Auf seinen Antrag vom 21.01.1997 stellte die Stadt … dem Kläger eine bis zum 03.03.1999 befristete Aufenthaltsbefugnis aus, die wiederholt bis zum 03.03.2005 verlängert wurde. Unter dem 18.01.2005 wurde dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, befristet bis zum 18.01.2008, erteilt.

5

Am 01.12.2005 beantragte der Kläger eine Niederlassungserlaubnis, welche die Landeshauptstadt … mit Bescheid vom 01.08.2006 (Bl. 266 ff. d. Beiakte „B“) ablehnte und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um Prüfung bat, ob die Entscheidung vom 30.09.1996 widerrufen werden könne (Bl. 265 d. Beiakte „B“).

6

Mit rechtskräftigem (Bl. 353 d. Beiakte „B“) Bescheid vom 10.11.2006 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes vorlägen (Bl. 289 ff. d. Beiakte „B“). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 Ausländergesetz lägen nicht mehr vor (Bl. 290). Die Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt hätten, seien weggefallen.

7

Mit – rechtskräftigem - Urteil vom 12. Dezember 2006 verpflichtete das VG München die Landeshauptstadt … über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erneut zu bescheiden. Unter dem 26.06.2008 erhielt der Kläger gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG eine Niederlassungserlaubnis (Bl. 443 d. Beiakte „C“).

8

Es erfolgt der Umzug in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Mit Schreiben vom 09.04.2013 (Bl. 554 d. Beiakte „C“) teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er syrischer Staatsangehöriger sei und nur aus Furcht vor Abschiebung und vor dem syrischen Geheimdienst die irakische Nationalität angegeben habe.

9

Die Bemühungen der Beklagten – nach Rücksprache mit dem Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein – das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu einer Rücknahme seiner Anerkennungsentscheidung ex tunc zu bewegen (Bl. 573, 613 und 625 d. Beiakte „C“) scheiterte, weil das Bundesamt mitteilte, dass es keine rechtliche Möglichkeit sehe, den rechtskräftigen Widerrufsbescheid vom 10.11.2006 aufzuheben und in eine Rücknahme umzuwandeln (Bl. 625 d. Beiakte „C“).

10

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 07.07.2014 (Bl. 680 ff. d. Beiakte „D“) nahm die Beklagte nach Anhörung (Bl. 638 d. Beiakte „D“) die dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis gem. § 26 Abs. 4 AufenthG gemäß § 48 VwVfG mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Erteilung der Niederlassungserlaubnis sei nur dann rechtmäßig gewesen, wenn die Voraussetzungen für den Fortbestand der ursprünglich erteilten Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25, 26 weiterhin gegeben seien. Dies sei nicht der Fall. Denn die Behörde sei seinerzeit von objektiv falschen Angaben des Klägers hinsichtlich seiner Identität sowie des Vorliegens der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgegangen. Selbst bei Kenntnis der syrischen Staatsangehörigkeit wäre dem Kläger nach seiner Einreise aller Voraussicht nach kein Aufenthaltsrecht erteilt worden. Ende der 1990er Jahre sei die politische Lage in Syrien stabil gewesen. Daher sei die Niederlassungserlaubnis materiell rechtswidrig und sei dem Kläger zu Unrecht erteilt worden. Die Rücknahmefrist gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG sei nicht anwendbar, da es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, der durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden sei, handele, vgl. § 48 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 S. 3 Nr. 1 VwVfG. Nach Abwägung sei das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Niederlassungserlaubnis, trotz eines fast 18-jährigen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland, nicht schutzwürdig. Er selbst habe die Voraussetzungen für die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes geschaffen, obwohl er aufgrund von Rechtsvorschriften (§§ 15 AsylVfG, §§ 50 ff. AufenthG) zu richtigen Angaben über jene entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet gewesen sei. Diesbezüglich sei er auch – seit dem 23.04.2014 rechtskräftig – wegen mittelbarer Falschbeurkundung i.S.d. § 95 Abs. 2 Nr. 2 StGB verurteilt worden. Grundsätzlich sei dem Kläger eine Lebensführung in Syrien auch zumutbar, da er die arabische Sprache in Wort und Schrift beherrsche und zudem einen 11-jährigen schwerkranken Sohn dort habe. Aufgrund des syrischen Bürgerkrieges gelte jedoch ein Abschiebungsstopp, sodass derzeit eine Duldung des Klägers in Betracht komme.

11

Hiergegen legte der Kläger am 23.07.2014 Widerspruch ein (Bl. 689 ff. d. Beiakte „D“). Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme nicht vorlägen. Die Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs.4 AufenthG sei erteilt worden, weil er sich über den erforderlichen Zeitraum hinaus erlaubt in Deutschland aufgehalten habe und die sonstigen Integrationsvoraussetzungen erfüllt habe. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Niederlassungserlaubnis zu einem Zeitpunkt erteilt worden sei, als er – abgesehen von seiner guten Integration – keine Grundlage für eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland mehr besessen habe. Sein Status als politischer Flüchtling sei bereits zwei Jahre zuvor widerrufen worden. Auch sei die Frist zur Rücknahme nicht eingehalten worden, denn die Niederlassungserlaubnis sei nicht durch arglistige Täuschung erlangt worden. Im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG sei es nämlich nicht relevant, ob die zuvor erteilten Aufenthaltserlaubnisse zu recht bestanden hätten.

12

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück (Bl. 726 ff. d. Beiakte „D“). Zur Begründung führte sie an, dass sie bei der Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 1 AufenthG (ehemals § 51 Abs. 1 AuslG) wegen der Angaben des Klägers von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen sei. Dadurch habe der Kläger seine Mitwirkungs- und Wahrheitspflicht nach dem Asylverfahrens – und Aufenthaltsgesetz verletzt und so einen Ausweisungsgrund geschaffen. Voraussetzung für eine Niederlassungserlaubnis im Sinne des § 26 Abs. 4 AufenthG sei, dass ein Ausländer seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitze. Dies habe auf den Kläger zugetroffen, sodass er am 26.06.2008 die besagte Niederlassungserlaubnis erhalten habe. Anknüpfungspunkt hierfür sei die zuerkannte Aufenthaltserlaubnis gewesen, deren Erteilung sich nach § 25 Abs. 2 AufenthG gerichtet habe. Die genannte Vorschrift beziehe sich für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf die Flüchtlingseigenschaft, welche der Kläger jedoch lediglich wegen seiner Identitätstäuschung innegehabt habe.

13

Der Kläger hat am 01. April 2015 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorbringt, dass die Niederlassungserlaubnis aufgrund seiner guten Integration gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG und nicht aufgrund seines Status als politischer Flüchtling gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG erteilt worden sei. § 26 Abs. 4 AufenthG stelle nicht auf die materielle Rechtmäßigkeit des Voraufenthaltes ab, sondern lediglich auf den „Besitz einer Aufenthaltserlaubnis“. Ferner verstoße die Beklagte gegen den Gleichheitsgrundsatz, da im Bereich der Beklagten keine Rücknahmen der Niederlassungserlaubnis wegen Offenlegung der Identität bekannt seien. Auch sei ihm inzwischen vom BAMF der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden, da ein Leben in Syrien mittlerweile nicht mehr zumutbar sei. Des Weiteren habe die Beklagte nicht selbst Ermessen ausgeübt, sondern ausschließlich auf Anweisung der Rechts- und Fachaufsicht gehandelt (vgl. Bl. 632 d. Beiakte).

14

Der Kläger beantragt,

15

den Bescheid der Beklagten vom 07.07.2014, mit dem seine Niederlassungserlaubnis zurückgenommen wird, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2015 aufzuheben.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Zur Begründung vertieft sie im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Ferner sei der Kläger seit der Zuerkennung eines subsidiären Schutzstatus als Syrer im Besitz von Aufenthaltstiteln nach § 25 Abs. 2 AufenthG sei und eine Aufenthaltsbeendigung nicht angedacht sei.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Klage ist begründet.

20

Der Rücknahmebescheid der Beklagten vom 07.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

21

Rechtsgrundlage der Rücknahme ist § 116 Abs. 1 LVwG. Denn das AufenthG enthält nur für den Widerruf ursprünglich rechtmäßig erteilter Aufenthaltstitel Spezialvorschriften, nicht aber für die Rücknahme von Aufenthaltstiteln, die bereits bei ihrer Erteilung rechtswidrig waren (vgl. Schäfer, GK-AufenthG, § 52 Rn. 33, § 51 Rn. 34). Grundsätzlich ist, wie die Aufzählung der Erlöschensgründe in § 51 Abs. 1 AufenthG nunmehr anders als § 44 Abs. 1 AuslG klarstellt, neben dem spezialgesetzlich in § 52 AufenthG geregelten Widerruf auch die Rücknahme eines rechtswidrigen Aufenthaltstitels zulässig (Bergmann/Dienelt/Bauer/Dollinger AufenthG § 52 Rn. 3-4, beck-online). Dabei ist maßgebend für die Rechtmäßigkeit des Rücknahmebescheides der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides, durch den ein Aufenthaltstitel zurückgenommen oder widerrufen wird, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts zugrunde zu legen (BVerwG, Urteil vom 13.04.2010 – 1 C 10.09, Rn. 11).

22

Zwar bestehen keine formellen Bedenken. Insbesondere ist die Beklagte für die Rücknahmeentscheidung zuständig, auch wenn die Landeshauptstadt … die streitgegenständliche Niederlassungserlaubnis erlassen hat, § 116 Abs. 5 i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 3 LVwG.

23

Indes ist der Rücknahmebescheid materiell rechtswidrig.

24

Es fehlt bereits am Vorliegen eines anfänglich rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Gem. § 116 Abs. 1 LVwG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 116 Abs. 1 LVwG ist als Rechtsgrundlage für die Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Aufenthaltstitels heranzuziehen; es bestehen sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Aufenthaltstiteln, die von Anfang an rechtswidrig waren, und solchen, deren Voraussetzungen erst nachträglich entfallen sind (BVerwG, Urt. v, Urt. v. 13.04.2010, a. a. O, S. 348, RdNr. 15 in juris). Ein Verwaltungsakt ist dann rechtswidrig zustande gekommen, wenn das im Erlasszeitpunkt geltende Recht unrichtig angewendet oder bei der Entscheidung von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.

25

Gemessen an diesen Vorgaben war die dem Kläger gemäß § 26 Abs. 4 a.F. AufenthG erteilte Niederlassungserlaubnis rechtmäßig.

26

Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes besitzt (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen) eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen.

27

Im Falle des Klägers waren zudem die Übergangsbestimmungen der §§ 102 Abs. 2 und 104 Abs. 2 AufenthG zu beachten. Danach sind auf die Frist von sieben Jahren für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG auch die vor dem 1. Januar 2005 liegenden Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis nach dem Ausländergesetz sowie Zeiten des Besitzes einer Duldung anzurechnen (§ 102 Abs. 2 AufenthG).

28

Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungserlaubnis.

29

Dies galt insbesondere im Hinblick auf das Erfordernis, seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes besitzen zu müssen. Denn ihm wurde erstmals ab dem 21. Januar 1997 eine Aufenthaltsbefugnis erteilt, die mehrfach verlängert wurde. Unter dem 18.01.2005 wurde dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, befristet bis zum 18.01.2008, erteilt. Das Erfordernis des siebenjährigen Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes bzw. einer insoweit gleichgestellten Aufenthaltsbefugnis nach dem Ausländergesetz war damit erfüllt.

30

Die Aufenthaltsbefugnisse bzw. Aufenthaltserlaubnisse sind auch nicht ex tunc zurückgenommen worden, sodass sich die Beklagte auch nicht auf den Standpunkt stellen kann, im Nachhinein betrachtet erfülle der Kläger die erforderlichen Voraufenthaltszeiten nicht (Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. Januar 2014 – 2 L 14/12 –, Rn. 44 - 45, juris).

31

Selbst die bloße Widerruflichkeit der früher erteilten Aufenthaltstitel – die hier mangels bestandskräftiger ex tunc Rücknahmeentscheidung des Bundesamtes nicht vorliegt, weil das Bundesamt lediglich für die Zukunft widerrufen hat – würde zu keinem anderen Ergebnis führen. Nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG kann der Aufenthaltstitel des Ausländers außer in den hier nicht einschlägigen Fällen der Absätze 2 bis 7 nur widerrufen werden, wenn seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird. Das Gesetz geht damit von der Rechtmäßigkeit solcher Aufenthaltstitel selbst bei Widerruf der Flüchtlingseigenschaft aus.

32

Die Landeshauptstadt … ging insoweit auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt aus. Vielmehr nahm sie zutreffend an, dass der erforderliche Zeitraum durch Aufenthaltsbefugnisse bzw. Aufenthaltserlaubnisse abgedeckt war. Selbst die der Erteilung der jeweiligen Aufenthaltsbefugnisse bzw. Aufenthaltserlaubnisse zugrundeliegende Annahme, das Bundesamt habe das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt, war zutreffend. Dass deren Erteilung wiederum nur auf der Annahme beruhte, der Kläger sei Iraker und sich diese Feststellung wegen der unrichtigen Angaben des Klägers zu seiner Staatsangehörigkeit im Nachhinein als unrichtig erwiesen hat, ist unerheblich, solange das Bundesamt seine Feststellung nicht gemäß § 73 Abs. 2 AsylG zurückgenommen hat.

33

Dieses Ergebnis, wonach die Täuschung im Asylverfahren über die Staatsangehörigkeit jedenfalls solange nicht durchschlägt, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Feststellung nach § 51 Abs. 1 AufenthG nicht ex tunc zurückgenommen hat, steht in Übereinstimmung mit der Systematik des AufenthG im Hinblick auf seine Abgrenzung zum AsylG. Denn die Frage, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorlagen und noch vorliegen unterlag in der Vergangenheit nicht der Prüfungskompetenz der Landeshauptstadt … und unterliegt gegenwärtig nicht derjenigen der Beklagten. Nach § 6 Satz 1 AsylG ist die Entscheidung über den Asylantrag in allen Angelegenheiten verbindlich, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung des internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 rechtserheblich ist. Dem entsprechend war und ist die Rücknahme von Feststellungen nach § 51 Abs. 1 AuslG bzw. nach § 60 Abs. 1 AufenthG auch vorgreiflich für die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 70 Abs. 1 AsylVfG bzw. § 25 Abs. 2 AufenthG (Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. Januar 2014 – 2 L 14/12 –, Rn. 35 - 38, juris).

34

Danach wäre zum jetzigen Zeitpunkt selbst die ex tunc Rücknahme der früher erteilten Aufenthaltsbefugnisse bzw. Aufenthaltserlaubnisse seitens der Beklagten rechtswidrig.

35

Es ist auch nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass der Kläger die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis im Erlasszeitpunkt nicht erfüllte. Hierbei war § 104 Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu beachten. Danach ist es bei Ausländern, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis sind, bei der Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU hinsichtlich der sprachlichen Kenntnisse nur erforderlich, dass sie sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen können. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 8 findet keine Anwendung. Danach war der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungserlaubnis nicht nur von dem Erfordernis der ausreichenden Kenntnis der deutschen Sprache (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AufenthG), sondern auch von dem Erfordernis mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet zu haben und Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zu haben (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 8 AufenthG) befreit.

36

Unabhängig davon leidet der Aufhebungsbescheid an einem Ermessensfehler. Bei einer Rücknahme bereits unanfechtbar gewordener Verwaltungsakte hat die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung zu prüfen, ob es aufgrund besonderer Umstände erforderlich erscheint, von der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzes zugunsten der Bestandskraft und damit der Rechtssicherheit ausnahmsweise abzuweichen. Dabei sind neben den in Rede stehenden öffentlichen Interessen sowie der Art und Intensität des mit der Rücknahme zu korrigierenden Rechtsverstoßes auch die Auswirkungen für den Betroffenen in den Blick zu nehmen und nach ihrer Bedeutung angemessen zu berücksichtigen (Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 11. März 2010 – 2 A 491/09 –, Rn. 35, juris). Eine Rücknahme kann mit Wirkung für die Vergangenheit oder Zukunft verfügt werden; die Ermessenerwägungen der Ausländerbehörde müssen erkennen lassen, dass die Alternativen der Rücknahme ex tunc oder ex nunc gesehen und abgewogen worden sind (Bergmann/Dienelt/Bauer/Dollinger AufenthG § 52 Rn. 3-4, beck-online; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. März 2009 - 2 M 14/09 -, juris Rn. 17).

37

Die Beklagten hat aber im Anschluss an ihre Ermessensentscheidung, die Niederlassungserlaubnis generell zurückzunehmen, kein weiteres Ermessen im Hinblick darauf angestellt, ob die Rücknahme nur mit Wirkung für die Zukunft oder auch mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen soll. Im angefochtenen Bescheid wird nirgends deutlich, dass sie die Alternative einer bloß für die Zukunft wirkenden Rücknahme überhaupt gesehen und in Betracht gezogen hat; erst recht wird nicht deutlich, welche Gründe sie bewogen haben, eine rückwirkende Rücknahme vorzuziehen. Auch im Widerspruchsbescheid und im gerichtlichen Verfahren ist keine diesbezügliche Ergänzung der Ermessenserwägungen erfolgt (vgl. VG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 31. Mai 2010 – 11 A 1520/09 –, Rn. 33, juris).

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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4.
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(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

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2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Wer ein Staatsgeheimnis, das von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten wird, an einen Unbefugten gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 mit Strafe bedroht ist.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. § 94 Abs. 2 Satz 2 ist anzuwenden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Der Aufenthaltstitel des Ausländers nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zweite Alternative, Nummer 2, 2a, 2b, 2c, 3 und 4 kann außer in den Fällen der Absätze 2 bis 6 nur widerrufen werden, wenn

1.
er keinen gültigen Pass oder Passersatz mehr besitzt,
2.
er seine Staatsangehörigkeit wechselt oder verliert,
3.
er noch nicht eingereist ist,
4.
seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird oder
5.
die Ausländerbehörde nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 feststellt, dass
a)
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 nicht oder nicht mehr vorliegen,
b)
der Ausländer einen der Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 erfüllt oder
c)
in den Fällen des § 42 Satz 1 des Asylgesetzes die Feststellung aufgehoben oder unwirksam wird.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 und 5 kann auch der Aufenthaltstitel der mit dem Ausländer in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen widerrufen werden, wenn diesen kein eigenständiger Anspruch auf den Aufenthaltstitel zusteht.

(2) Ein nationales Visum, eine Aufenthaltserlaubnis und eine Blaue Karte EU, die zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind zu widerrufen, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 41 die Zustimmung zur Ausübung der Beschäftigung widerrufen hat. Ein nationales Visum und eine Aufenthaltserlaubnis, die nicht zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind im Falle des Satzes 1 in dem Umfang zu widerrufen, in dem sie die Beschäftigung gestatten.

(2a) Eine nach § 19 erteilte ICT-Karte, eine nach § 19b erteilte Mobiler-ICT-Karte oder ein Aufenthaltstitel zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder Mobiler-ICT-Karte kann widerrufen werden, wenn der Ausländer

1.
nicht mehr die Voraussetzungen der Erteilung erfüllt oder
2.
gegen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union über die Mobilität von unternehmensintern transferierten Arbeitnehmern im Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/66/EU verstoßen hat.
Wird die ICT-Karte oder die Mobiler-ICT-Karte widerrufen, so ist zugleich der dem Familienangehörigen erteilte Aufenthaltstitel zu widerrufen, es sei denn, dem Familienangehörigen steht ein eigenständiger Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu.

(3) Eine nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 zum Zweck des Studiums erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer ohne die erforderliche Erlaubnis eine Erwerbstätigkeit ausübt,
2.
der Ausländer unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Studiendauer an der betreffenden Hochschule im jeweiligen Studiengang und seiner individuellen Situation keine ausreichenden Studienfortschritte macht oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 erteilt werden könnte.
Zur Prüfung der Voraussetzungen von Satz 1 Nummer 2 kann die Ausbildungseinrichtung beteiligt werden.

(4) Eine nach § 18d oder § 18f erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
die Forschungseinrichtung, mit welcher der Ausländer eine Aufnahmevereinbarung abgeschlossen hat, ihre Anerkennung verliert, sofern er an einer Handlung beteiligt war, die zum Verlust der Anerkennung geführt hat,
2.
der Ausländer bei der Forschungseinrichtung keine Forschung mehr betreibt oder betreiben darf oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18d oder § 18f erteilt werden könnte oder eine Aufnahmevereinbarung mit ihm abgeschlossen werden dürfte.

(4a) Eine nach § 16e oder § 19e erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte.

(5) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 oder Absatz 4b Satz 1 soll widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer nicht bereit war oder nicht mehr bereit ist, im Strafverfahren auszusagen,
2.
die Angaben des Ausländers, auf die in § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 1 oder Absatz 4b Satz 2 Nummer 1 Bezug genommen wird, nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als falsch anzusehen sind oder
3.
der Ausländer auf Grund sonstiger Umstände nicht mehr die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Absatz 4a oder Absatz 4b erfüllt.
Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 soll auch dann widerrufen werden, wenn der Ausländer freiwillig wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.

(6) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a soll widerrufen werden, wenn der Ausländer seine Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verliert.

(7) (weggefallen)

(1) Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie kann nur in den durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. § 47 bleibt unberührt.

(2) Einem Ausländer ist die Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er seit fünf Jahren die Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
sein Lebensunterhalt gesichert ist,
3.
er mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachweist; berufliche Ausfallzeiten auf Grund von Kinderbetreuung oder häuslicher Pflege werden entsprechend angerechnet,
4.
Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen,
5.
ihm die Beschäftigung erlaubt ist, sofern er Arbeitnehmer ist,
6.
er im Besitz der sonstigen für eine dauernde Ausübung seiner Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnisse ist,
7.
er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
8.
er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt und
9.
er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
Die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 sind nachgewiesen, wenn ein Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen wurde. Von diesen Voraussetzungen wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann. Im Übrigen kann zur Vermeidung einer Härte von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 abgesehen werden. Ferner wird davon abgesehen, wenn der Ausländer sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen kann und er nach § 44 Abs. 3 Nr. 2 keinen Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs hatte oder er nach § 44a Abs. 2 Nr. 3 nicht zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet war. Darüber hinaus wird von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 abgesehen, wenn der Ausländer diese aus den in Satz 3 genannten Gründen nicht erfüllen kann.

(3) Bei Ehegatten, die in ehelicher Lebensgemeinschaft leben, genügt es, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 durch einen Ehegatten erfüllt werden. Von der Voraussetzung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 wird abgesehen, wenn sich der Ausländer in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder einem Hochschulabschluss führt. Satz 1 gilt in den Fällen des § 26 Abs. 4 entsprechend.

(4) Auf die für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erforderlichen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis werden folgende Zeiten angerechnet:

1.
die Zeit des früheren Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis, wenn der Ausländer zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war, abzüglich der Zeit der dazwischen liegenden Aufenthalte außerhalb des Bundesgebiets, die zum Erlöschen der Niederlassungserlaubnis führten; angerechnet werden höchstens vier Jahre,
2.
höchstens sechs Monate für jeden Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets, der nicht zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis führte,
3.
die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthalts zum Zweck des Studiums oder der Berufsausbildung im Bundesgebiet zur Hälfte.

(1) Die vor dem 1. Januar 2005 getroffenen sonstigen ausländerrechtlichen Maßnahmen, insbesondere zeitliche und räumliche Beschränkungen, Bedingungen und Auflagen, Verbote und Beschränkungen der politischen Betätigung sowie Ausweisungen, Abschiebungsandrohungen, Aussetzungen der Abschiebung und Abschiebungen einschließlich ihrer Rechtsfolgen und der Befristung ihrer Wirkungen sowie begünstigende Maßnahmen, die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren und Befreiungen von der Passpflicht, Entscheidungen über Kosten und Gebühren, bleiben wirksam. Ebenso bleiben Maßnahmen und Vereinbarungen im Zusammenhang mit Sicherheitsleistungen wirksam, auch wenn sie sich ganz oder teilweise auf Zeiträume nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beziehen. Entsprechendes gilt für die kraft Gesetzes eingetretenen Wirkungen der Antragstellung nach § 69 des Ausländergesetzes.

(2) Auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 wird die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Duldung vor dem 1. Januar 2005 angerechnet.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Die vor dem 1. Januar 2005 getroffenen sonstigen ausländerrechtlichen Maßnahmen, insbesondere zeitliche und räumliche Beschränkungen, Bedingungen und Auflagen, Verbote und Beschränkungen der politischen Betätigung sowie Ausweisungen, Abschiebungsandrohungen, Aussetzungen der Abschiebung und Abschiebungen einschließlich ihrer Rechtsfolgen und der Befristung ihrer Wirkungen sowie begünstigende Maßnahmen, die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren und Befreiungen von der Passpflicht, Entscheidungen über Kosten und Gebühren, bleiben wirksam. Ebenso bleiben Maßnahmen und Vereinbarungen im Zusammenhang mit Sicherheitsleistungen wirksam, auch wenn sie sich ganz oder teilweise auf Zeiträume nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beziehen. Entsprechendes gilt für die kraft Gesetzes eingetretenen Wirkungen der Antragstellung nach § 69 des Ausländergesetzes.

(2) Auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 wird die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Duldung vor dem 1. Januar 2005 angerechnet.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme einer Niederlassungserlaubnis sowie zuvor erteilter Aufenthaltsbefugnisse.

2

Er reiste als irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit am (…) 1996 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte unter dem Namen A. am 29.03.1996 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Mit Bescheid vom 28.05.1996 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte aber zugleich fest, dass hinsichtlich der Republik Irak ein Abschiebungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 AusIG vorliege. Der ehemalige Landkreis A. erteilte daraufhin dem Kläger am 24.07.1996 eine befristete Aufenthaltsbefugnis sowie einen Reiseausweis. Im November 1997 zog der Kläger in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten, die die Aufenthaltsbefugnis bis zum 23.07.2000 verlängerte.

3

Am (…) 2000 heiratete der Kläger die türkische Staatsangehörige D., und am (…) 2001 wurde das (gemeinsame) Kind S. A. geboren, am (…) 2002 die Tochter A. A.. Nachdem die Aufenthaltsbefugnis des Klägers am 02.04.2002 bis zum 01.04.2004 und am 02.04.2004 verlängert worden war, erteilte ihm die Beklagte am 11.02.2005 eine Niederlassungserlaubnis. Am 14.02.2005 wurde das Kind I. A. geboren, das später aufgrund der dem Kläger erteilten Niederlassungserlaubnis die deutsche Staatsangehörigkeit erhielt.

4

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.07.2005 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AusIG und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen.

5

Nachdem die Beklagte am 19.09.2005 den Kläger aufgefordert hatte, seinen Reiseausweis abzugeben und – soweit möglich – einen irakischen Reisepass vorzulegen, teilte die damalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers der Beklagten am 28.09.2005 mit, der Kläger könne sich nicht an die irakische Botschaft wenden, weil er weiterhin politische Verfolgung durch irakische Behörden befürchte.

6

Am 02.12.2005 kündigte die Beklagte dem Kläger den Widerruf der Niederlassungserlaubnis an. Zur Begründung führte sie aus, die vorgetragenen Argumente begründeten keine Unzumutbarkeit der Passbeschaffung. Der aktuelle Bescheid des Bundesamtes weise ausdrücklich aus, dass eine politische Verfolgung des Klägers im Irak nicht zu befürchten sei. Mit Schreiben vom 20.12.2005 teilte die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, dass sich der Kläger im Januar 2006 zwecks Passbeantragung an die irakische Botschaft wenden werde. Mit Schreiben vom 13.02.2006 forderte die Beklagte den Kläger zur Vorlage eines irakischen Passes bis zum 28.02.2006 auf.

7

Mit Bescheid vom 21.03.2006 widerrief die Beklagte die Niederlassungserlaubnis, forderte den Kläger zur Ausreise in den Irak bis zum 26.04.2006 auf und drohte die Abschiebung in den Irak an. Sie begründete die Entscheidung damit, dass der Kläger zumutbare Anforderungen zur Beschaffung eines neuen Passes nicht erfüllt habe. Hiergegen erhob der Kläger am 24.03.2006 Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er alle für die Passbeschaffung erforderlichen Unterlagen mit Ausnahme einer irakischen Staatsangehörigkeitsurkunde bereits bei der Botschaft der Republik Irak vorgelegt habe. Zudem wies er darauf hin, dass er aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit seines minderjährigen Kindes I. einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Rahmen des Familiennachzugs zu Deutschen habe.

8

Am 02.05.2006 teilte die Botschaft der Republik Irak mit, dass die irakische Staatsangehörigkeit bei „Herrn A.“ ausgeschlossen werde. Am 09.11.2006 legte der Kläger eine irakische Staatsangehörigkeitsurkunde im Original vor. Das Dokument wurde der deutschen Botschaft in Bagdad und dem Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt zur Echtheitsüberprüfung übersandt. Sowohl die deutsche Botschaft als auch das Landeskriminalamt erklärten, dass es sich bei der Urkunde zweifelsfrei um eine Fälschung handele.

9

Mit Schreiben vom 06.02.2007 fragte die Beklagte beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an, ob die Möglichkeit bestehe, die Anerkennung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (bzw. § 60 Abs. 1 AufenthG) rückwirkend aufgrund der falschen Angaben des Klägers zu seiner Staatsangehörigkeit zu entziehen. Das Bundesamt antwortete darauf ebenso wenig wie auf ein Erinnerungsschreiben der Beklagten vom 10.01.2008.

10

Mit Bescheid vom 02.05.2007 nahm die Beklagte die befristet erteilten Aufenthaltsbefugnisse vom 24.07.1996, 09.06.1998, 30.06.2000, 02.04.2002, 02.04.2004 und die am 11.02.2005 erteilte Niederlassungserlaubnis mit Wirkung für die Vergangenheit und Zukunft zurück. Die Rücknahme wurde damit begründet, dass sich der Kläger den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit vorsätzlich gemachten Falschangaben erschlichen habe. Ein schutzwürdiges Vertrauen könne er nicht geltend machen.

11

Dagegen erhob der Kläger 08.05.2007 Widerspruch ein und beantragte zugleich eine Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung vom 17.11.2006.

12

Am 09.01.2008 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er türkischer Staatsangehöriger sei, (...) A. heiße und am (…) 1967 in (…)/Türkei geboren sei.

13

Am 10.01.2008 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 26.05.2008 ablehnte.

14

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2008 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt die Widersprüche vom 24.03.2006 und 08.05.2007 gegen den Widerruf der Niederlassungserlaubnis und die Rücknahme der Aufenthaltstitel zurück.

15

Am 06.11.2008 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat: Bei der Ermessensausübung habe die Ausländerbehörde auch seine schutzwürdigen Belange zu berücksichtigen. Dazu gehörten insbesondere die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und seine schutzwürdigen persönlichen oder wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet. Die drei aus seiner Ehe hervorgegangenen Kinder, die in Sachsen-Anhalt aufwachsen, hätten keinerlei Bezug zu der türkischen Heimat ihrer Eltern. Das jüngste Kind habe die deutsche Staatsangehörigkeit. Er habe in seinem Asylantrag deutlich gemacht, dass er in der Türkei für die PKK gearbeitet habe, dann aber mit deren Vorgehensweise nicht einverstanden gewesen und aus Angst geflohen sei. Diese Angst sei für ihn auch Anlass gewesen, einen Asylantrag als Iraker zu stellen. Ihm sei zudem eine psychologische Erkrankung attestiert worden. Er lebe mittlerweile seit über 10 Jahren in Deutschland und habe bis heute keine Straftaten begangen. Er sei auch nicht mehr politisch aktiv. Er habe versucht, sich in den vergangenen Jahren eine Existenz in Deutschland aufzubauen. Er spreche einigermaßen deutsch, sodass er sich in der deutschen Gesellschaft verständigen könne. Er habe als Erziehungsberechtigter das Recht der Personensorge. Da das jüngste Kind als deutscher Staatsangehöriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet habe, könne er die Personensorge nur dadurch ausüben, dass er sich in der Bundesrepublik Deutschland bei seinem Sohn aufhalte. Insofern habe er einen Anspruch auf Familiennachzug zu Deutschen.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

die Bescheide der Beklagten vom 21.03.2006 und 05.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 30.09.2008 aufzuheben.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie hat u.a. vorgetragen, bei der Ermessensentscheidung könne zugunsten des Klägers kein rechtmäßiger Aufenthalt berücksichtigt werden, da er sich seinen Aufenthalt in Deutschland mit Falschangaben erschlichen habe. Auch der Aufenthalt seiner Ehefrau und seiner Kinder könne nicht zu seinen Gunsten gewertet werden. Sein Sohn I. habe die deutsche Staatsangehörigkeit nur aufgrund des Aufenthaltsrechts des Klägers erhalten, und seine Ehefrau besitze einen von diesem Kind abhängigen Aufenthaltstitel. Der Aufenthalt der übrigen Kinder sei vom Aufenthalt der Mutter abhängig. Der gesamte Aufenthalt der Familie beruhe auf den unwahren Angaben des Vaters. Über die Mitgliedschaft in der PKK habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entschieden. Nachweise für die geltend gemachte Erkrankung lägen nicht vor. Schließlich stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, dass der Kläger die Passpflicht nicht erfülle.

21

Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rücknahme der dem Kläger erteilten Aufenthaltsbefugnisse und der Niederlassungserlaubnis sei rechtswidrig, weil die Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes I. nicht beachtet habe. Die Aufhebung des Bescheides vom 21.03.2006, mit dem die dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis widerrufen worden sei, sei bereits aus Gründen der Rechtsklarheit geboten, weil dieser Bescheid durch den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2007 überholt sei und keine Regelungswirkung mehr entfalte, weil der Kläger echte türkische Personaldokumente vorgelegt und seine Mitwirkungspflichten zur Identitätsfeststellung damit erfüllt habe. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der befristeten Aufenthaltsbefugnisse sowie der dem Kläger erteilten Niederlassungserlaubnis sei mangels spezieller gesetzlicher Regelung im Ausländerrecht zwar grundsätzlich § 48 Abs. 1 Satz. 1 VwVfG. Da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage jedoch aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung sei, sei die Vorschrift des § 17 Abs. 2 und 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes zugrunde zu legen, aus der folge, dass bei sogenannter Drittbetroffenheit der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nicht mehr eintrete, wenn der Dritte das fünfte Lebensjahr bereits vollendet habe. Dies sei bei dem jüngsten Kind des Klägers seit dem 14.02.2010 der Fall. Daher stehe die nicht mehr aberkennbare deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes der Rücknahme der erteilten Aufenthaltstitel entgegen.

22

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Beklagte wie folgt begründet: Maßgeblicher Zeitpunkt sei hier derjenige, in dem die Rücknahmeverfügung erlassen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt, dem 02.05.2007, sei die deutsche Staatsangehörigkeit des jüngsten Kindes des Klägers kraft Gesetzes rückwirkend entfallen. Die spätere Gesetzesänderung habe darauf keinen Einfluss gehabt. Hinsichtlich der Auswirkungen der Rücknahme der Niederlassungserlaubnis auf den Sohn des Klägers habe sie zulässigerweise Ermessenserwägungen nachgeschoben. Dabei habe sie ausführlich zur Integration der Familie Stellung genommen, insbesondere gewürdigt, dass der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit für das Kind ein nicht unerheblicher Eingriff darstelle. Dieser erscheine jedoch angesichts der schweren Täuschungshandlung des Vaters und der so gut wie nicht vorhandenen Integration nicht als unverhältnismäßig.

23

Die Rücknahme der Aufenthaltbefugnis habe ungeachtet des Umstandes erfolgen können, dass das Bundesamt seinen Bescheid vom 28.05.1996 über die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht (mit Wirkung für die Vergangenheit) zurückgenommen habe. Die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG habe neben der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch das Bundesamt vorausgesetzt, dass die Abschiebung des Ausländers aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht nur vorübergehend unmöglich war. Da das Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AusIG zielstaatsbezogen sei, sei nur die Abschiebung in einen dritten, aufnahmebereiten Staat in Betracht gekommen. Die vorübergehende rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne von § 70 Abs. 1 Halbs. 2 AsylVfG habe sich deshalb nur auf einen Drittstaat beziehen können. Der Kläger habe zum damaligen Zeitpunkt wahrheitswidrig vorgetragen, irakischer Staatsangehöriger zu sein; Hinweise auf die in Wahrheit bestehende türkische Staatsangehörigkeit habe es nicht gegeben. Die Voraussetzungen für die Erteilung bzw. die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis hätten aber insbesondere dann nicht mehr vorgelegen, wenn sich von Vornherein oder auch im Nachhinein ein Drittstaat finde, für den keine rechtlichen oder tatsächlichen Abschiebungshindernisse vorliegen. Diese Voraussetzung habe im Falle des Klägers vorgelegen, weil er Staatsangehöriger der Türkei sei, dieser aufnahmebereite Drittstaat zum damaligen Zeitpunkt der Ausländerbehörde aber nicht bekannt gewesen sei. Nach der seit dem 01.01.2005 geltenden Neuregelung des § 25 Abs. 2 AufenthG habe die Ausländerbehörde zwar keine Möglichkeit mehr, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu versagen, auch wenn die Anerkennung des Bundesamtes durch falsche Angaben erschlichen worden sei: in diesem Fall sei vor Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis die Rücknahme der Anerkennung des § 60 Abs. 1 AufenthG notwendig. Damit habe dem Kläger aber lediglich vom 01.01.2005 bis zum Widerruf des Bundesamtes 28.07.2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG zugestanden.

24

Auch die Rücknahme der Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG sei weiterhin möglich gewesen. Hierbei handele es sich im Gegensatz zu § 26 Abs. 3 AufenthG um eine „asylunabhängige“ Niederlassungserlaubnis, die nicht im direkten Zusammenhang mit der Anerkennung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AusIG oder § 60 Abs. 1 AufenthG und den sich daraus ergebenen Aufenthaltstiteln stehe. Sie erfolge bei Erfüllung der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen, stehe im Ermessen der Behörde und sei nicht von einer eventuellen Anerkennung durch das Bundesamt abhängig. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (oder § 60 Abs. 2 AufenthG) sei bei dieser Norm ohne Bedeutung. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 AufenthG erfülle der Kläger nicht. Rückwirkend betrachtet erreiche er auch die Voraufenthaltszeiten des § 26 Abs. 4 AufenthG nicht. Die Sicherung des Lebensunterhalts für sich und seine Angehörigen habe er seinerzeit zwar glaubhaft vorgetragen; zum maßgeblichen Zeitpunkt habe er angegeben, selbstständig tätig zu sein und Einkommensnachweise in Form von Bescheinigungen des Steuerberaters vorgelegt. Danach habe er im Oktober 2004/November 2004, 1.576,88 €, im Dezember 2004 2.270,41 € und im Januar 2005 4.904,33 € erwirtschaftet. Dass das angegebene Einkommen nicht der tatsächlichen Einkommenshöhe entsprochen habe, habe sie nicht erkennen können. Da der Kläger auch im Verfahren auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis offensichtlich falsche Angaben gemacht habe, sei es auch aus diesem Grund geboten, die Niederlassungserlaubnis zurückzunehmen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

27

Der Kläger beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide im Ergebnis zu Recht aufgehoben.

32

1. Der Rücknahmebescheid der Beklagten vom 05.05.2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

33

Maßgebend für die Rechtmäßigkeit des Rücknahmebescheides ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheids, durch den ein Aufenthaltstitel zurückgenommen oder widerrufen wird, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts zugrunde zu legen (BVerwG, Urt. v. 13.04.2010 – 1 C 10.09 –, InfAuslR 2010, 346 [347], RdNr. 11 in juris).

34

Als Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der Aufenthaltsbefugnisse und der Niederlassungserlaubnis kommt allein § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG in Betracht. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG liegen nicht vor. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist als Rechtsgrundlage für die Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Aufenthaltstitels heranzuziehen; es bestehen sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Aufenthaltstiteln, die von Anfang an rechtswidrig waren, und solchen, deren Voraussetzungen erst nachträglich entfallen sind (BVerwG, Urt. v, Urt. v. 13.04.2010, a.a.O, S. 348, RdNr. 15 in juris). Ein Verwaltungsakt ist dann rechtswidrig zustande gekommen, wenn das im Erlasszeitpunkt geltende Recht unrichtig angewendet oder bei der Entscheidung von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (BVerwG, Urt. v. 30.01.1969 – III C 153.67 –, BVerwGE 31, 222 [223], RdNr. 14 in juris, m.w.N).

35

Hiernach waren die dem Kläger erteilten Aufenthaltserlaubnisse und die Niederlassungserlaubnis rechtmäßig.

36

1.1. Nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Vorschrift des § 70 Abs. 1 AsylVfG war dem Ausländer eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen, wenn das Bundesamt oder ein Gericht unanfechtbar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt hatte und die Abschiebung des Ausländers aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht nur vorübergehend unmöglich war.

37

a) Die zuerst genannte Voraussetzung war erfüllt, nachdem das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.05.1996 festgestellt hatte, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Republik Irak vorliegen.

38

Die Beklagte ging insoweit auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt aus. Vielmehr nahm sie zutreffend an, dass das Bundesamt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt hatte. Dass diese Feststellung wegen der unrichtigen Angaben des Klägers zu seiner Staatsangehörigkeit und Identität sich im Nachhinein als unrichtig erwiesen hat, ist unerheblich, solange das Bundesamt seine Feststellung nicht gemäß § 73 Abs. 2 AsylVfG zurückgenommen hat. Nach § 73 Abs. 2 AsylVfG ist die Anerkennung als Asylberechtigter zurückzunehmen, wenn sie auf Grund unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens wesentlicher Tatsachen erteilt worden ist und der Ausländer auch aus anderen Gründen nicht anerkannt werden könnte; Satz 1 ist auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entsprechend anzuwenden. Eine solche Rücknahme, die das Bundesamt auch mit Wirkung für die Vergangenheit aussprechen darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.04.2010, a.a.O., S. 348, RdNr. 17 in juris), erfolgte hier – ungeachtet der Anfrage der Beklagten an das Bundesamt vom 06.02.2007 und vom 10.01.2008 – nicht, auch wenn § 73 Abs. 2 AsylVfG bei Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bei unrichtigen Angaben eine Rücknahme zwingend vorsieht und die Voraussetzungen, unter denen § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG dem Bundesamt einen Ermessenspielraum eröffnet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.03.2007 – 1 C 21.06 –, BVerwGE 128, 199 [205], RdNr. 15), nicht vorgelegen haben mögen. Auch eine daneben mögliche Rücknahme nach § 48 VwVfG (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 19.09.2000 – 9 C 12.00 –, BVerwGE 112, 80 [88 f.], RdNr. 29 ff.) hat das Bundesamt nicht ausgesprochen. Es genügte nicht, dass die Feststellung nach § 51 Abs. 1 AufenthG wegen der Täuschung durch den Kläger nicht hätte erfolgen dürfen. Ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorlagen und noch vorliegen unterliegt nicht der Prüfungskompetenz der Beklagten. Nach § 6 Satz 1 AsylVfG und § 4 Satz 1 AsylVfG a.F. ist die Entscheidung über den Asylantrag in allen Angelegenheiten verbindlich, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtserheblich ist. Dem entsprechend war und ist die Rücknahme von Feststellungen nach § 51 Abs. 1 AuslG bzw. nach § 60 Abs. 1 AufenthG auch vorgreiflich für die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 70 Abs. 1 AsylVfG bzw. § 25 Abs. 2 AufenthG (vgl. BayVGH, Beschl. v. 24.06.2008 – 19 C 08.478 –, juris).

39

b) Die Beklagte war auch zutreffend davon ausgegangen, dass eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (in einen Drittstaat) unmöglich war.

40

Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG begründete stets zugleich die nicht nur vorübergehende Unmöglichkeit der Abschiebung in den Verfolgerstaat; die in § 70 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) vorausgesetzte Unmöglichkeit der Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen konnte sich deshalb nur auf einen aufnahmebereiten Drittstaat beziehen. Das Erfordernis der nicht nur vorübergehenden Unmöglichkeit der Abschiebung war dahin zu verstehen, dass die Erteilung der Aufenthaltsbefugnis nur ausgeschlossen war, wenn sich die Möglichkeit der Abschiebung konkret abzeichnete. Ausländer, denen aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen Aufenthalt gewährt wurde, sollten einen formell legalen Aufenthaltsstatus in Gestalt einer Aufenthaltsbefugnis erhalten. Dies galt auch für nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannte Flüchtlinge. War ihre Abschiebung in einen Drittstaat für einen nicht überschaubaren Zeitraum unmöglich, so konnten sie nicht auf eine Duldung verwiesen werden. Die Ausländerbehörde hatte also nicht nur zu untersuchen, ob eine solche Abschiebung überhaupt durchgeführt werden kann. Ähnlich wie im Fall der Prüfung der Voraussetzungen einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG war vielmehr zu klären, innerhalb welchen Zeitraums eine Abschiebung möglich war. Eine Aufenthaltsbefugnis war grundsätzlich auch dann zu erteilen, wenn die Abschiebung nicht ohne Verzögerung durchgeführt werden konnte oder wenn der erforderliche Zeitraum ungewiss war. Ergaben sich Hindernisse, die eine erhebliche Verzögerung der Abschiebung nach sich zogen, war diese im Sinne des § 70 Abs. 1 AsylVfG nicht nur vorübergehend unmöglich mit der Folge, dass dem Ausländer bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen war. Auf etwaige Zweifel an der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers kam es grundsätzlich ebenso wenig an wie auf die Frage einer Mitwirkungspflicht nach § 70 AuslG, § 15 AsylVfG oder sonstigen Vorschriften. War nicht absehbar, dass die Zweifelsfragen zeitnah geklärt werden konnten, und ergab sich noch keine konkrete Abschiebungsmöglichkeit in einen Drittstaat, so durfte dem Ausländer die Aufenthaltsbefugnis grundsätzlich nicht vorenthalten werden. Zeichnete sich eine Abschiebung in einen Drittstaat nicht konkret ab, so kam es auch nicht darauf an, ob die nach § 4 AsylVfG (a.F.) bestehende Bindungswirkung der Anerkennung sich auch auf die Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers erstreckte. Schließlich stellte § 70 Abs. 1 AsylVfG nicht auf die Frage ab, ob der Ausländer etwaige Abschiebungshindernisse zu vertreten hatte (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 1 C 3.02 –, BVerwGE 117, 276 [278 ff.]; RdNr. 12 ff. in juris).

41

Die Beklagte ging bei Erteilung der Aufenthaltsbefugnisse jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon aus, dass sich eine zeitnahe Abschiebung des Klägers in einen aufnahmebereiten Drittstaat, insbesondere in das wahre Heimatland Türkei, nicht abzeichnete. Dies wäre auch dann der Fall gewesen, wenn sie gewusst hätte, dass der Kläger in Wahrheit nicht irakischer, sondern türkischer Staatsangehöriger ist. Da der Kläger nicht im Besitz der für eine Rückkehr dorthin erforderlichen Dokumente war und seine wahre Staatsangehörigkeit und Identität erst Anfang 2008 preisgab, wäre eine zeitnahe Abschiebung aus tatsächlichen Gründen im Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltsbefugnisse und auch bis zur Erteilung der Niederlassungserlaubnis am 11.02.2005 aller Voraussicht nach nicht möglich gewesen. Dies gilt auch dann, wenn sich die Beklagte – wie sie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – bei Kenntnis der wahren Staatsangehörigkeit und Identität des Klägers um die Beschaffung von Heimreisedokumenten bemüht hätte. Es erscheint zweifelhaft, ob dies ohne entsprechende Mitwirkung des Klägers Erfolg gehabt hätte. Hinzu kommt, dass die Aufnahmebereitschaft der Türkei unter diesen Bedingungen fraglich erscheint. Ob der Kläger das tatsächliche Abschiebungshindernis zu vertreten hatte, kam es – wie bereits dargelegt – bei der Anwendung des § 70 Abs. 1 AsylVfG nicht an.

42

c) An der ursprünglichen Rechtmäßigkeit der Aufenthaltsbefugnisse änderte der mit Bescheid vom 28.07.2005 ausgesprochene Widerruf der vom Bundesamt getroffenen Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG nichts. Für die Fälle des Unwirksamwerdens der Flüchtlingsanerkennung, was u.a. durch einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG erfolgen kann (vgl. § 73 Abs. 6 AsylVfG), enthält § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG eine spezielle Regelung, die einen Widerruf des Aufenthaltstitels in das Ermessen der Behörde stellt und einen Rückgriff auf § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ausschließt. Da im Übrigen der Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG, jedenfalls soweit im Widerrufsbescheid nichts anderes geregelt ist, nur ex nunc wirkt (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, B 2 AsylVfG § 73 RdNr. 99; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 49 RdNr. 8), wurde die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 AuslG nicht rückwirkend rechtswidrig, konnte also die anfängliche Rechtmäßigkeit der Aufenthaltsbefugnisse nicht beseitigen. Die dem Kläger erteilten Aufenthaltsbefugnisse wären nur dann rückwirkend rechtswidrig geworden, wenn das Bundesamt die von ihm getroffene Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 73 Abs. 2 AsylVfG oder § 48 VwVfG zurückgenommen hätte.

43

1.2. Auch die dem Kläger am 11.02.2005 erteilte Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG war rechtmäßig.

44

1.2.1. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des AufenthG besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 AufenthG gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 AsylVfG auf die Frist angerechnet. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungserlaubnis am 11.02.2005.

45

a) Er besaß seit dem 24.07.1996 eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG, die gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis „entsprechend dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt“ und damit als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fortgalt. Da die Rücknahme der Aufenthaltsbefugnisse mit Wirkung für die Vergangenheit aus den oben dargelegten Gründen rechtswidrig ist, trägt auch nicht der von der Beklagten vorgetragene Einwand, im Nachhinein betrachtet erfülle der Kläger die erforderlichen Voraufenthaltszeiten nicht. Er erfüllte damit die zeitlichen Anforderungen des § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG.

46

b) Die Beklagte kann ihre Rücknahmeentscheidung auch nicht darauf stützen, dass der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert gewesen sei (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG). Ob dies der Fall war, kann auf sich beruhen, weil die Beklagte die Rücknahme der Niederlassungserlaubnis ungeachtet der Erfüllung dieser Erteilungsvoraussetzung im Verwaltungsverfahren allein darauf stützte, dass der Kläger nach der Rücknahme der Aufenthaltsbefugnisse zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen sei und daher die zeitlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht erfülle. Auch die Widerspruchsbehörde begründete die Rechtswidrigkeit der Niederlassungserlaubnis nicht mit der fehlenden Sicherung des Lebensunterhalts. Zwar kann die Begründung eines den formellen Anforderungen genügenden Verwaltungsaktes auch noch nachträglich – nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens im Verwaltungsstreitverfahren – ergänzt werden. Ein Nachschieben von Gründen ist allerdings nur zulässig, wenn die nachträglich vorgebrachten Gründe schon bei Erlass des streitigen Verwaltungsaktes vorlagen, dieser durch sie nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.06.2013 – 8 C 17.12 –, juris, RdNr. 74; zur Rücknahme: Urt. v. 18.09.1985 – 2 C 30.84 –, DVBl 1986, 148 [150], RdNr. 26 in juris, m.w.N.). Mit der erst im gerichtlichen Verfahren gegebenen Begründung, der Kläger habe bei der Antragstellung sein Einkommen falsch angegeben, so dass der Lebensunterhalt seiner Familie nicht gesichert gewesen sei, stellt die Beklagte bezüglich der Rechtswidrigkeit der Niederlassungserlaubnis nunmehr auf einen völlig neuen Gesichtspunkt ab, mit dem die Rechtsverteidigung des Klägers erheblich beeinträchtigt wird. Hinzu kommt, dass die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 15.11.2011 (Bl. 741 ff. der Verwaltungsvorgänge, Beiakte E), auf die sie sich im Schriftsatz vom 16.01.2014 berufen hat, selbst davon ausgegangen ist, dass mit den vorliegenden Unterlagen nicht zweifelsfrei bewiesen werden könne, dass der Kläger möglicherweise über die tatsächliche Höhe seines Einkommens getäuscht habe. Der Umstand, dass der Kläger – wie es dort weiter heißt – versucht habe, seine Einkommenssituation in der Vergangenheit (Oktober 2004 bis Dezember 2004) zu „beschönigen“, dürfte allein nicht für die Feststellung genügen, dass sein Lebensunterhalt als nicht gesichert anzusehen war. Der Umstand, dass er bei verschiedenen Behörden unterschiedliche Einkommensnachweise vorlegte, lässt auch die Möglichkeit offen, dass er bei den Sozialbehörden falsche Einkommensbelege vorlegte, um Sozialleistungen zu erhalten.

47

c) Dem entsprechend bedarf auch keiner Vertiefung, ob die übrigen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorlagen. Dies dürfte allerdings der Fall gewesen sein. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 (Zahlung von Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung oder von Aufwendungen für die Altersvorsorge) und Nr. 8 (Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet) musste der Kläger gemäß § 104 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht erfüllen, weil er vor dem 01.01.2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis war. Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG standen der Erteilung der Niederlassungserlaubnis nicht entgegen. Da der Kläger selbständig war, benötigte er keine Beschäftigungserlaubnis (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AufenthG). Er war im Besitz der für eine dauernde Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnis (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG). Was die ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache anbetrifft (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG), kam ihm die Regelung des § 104 Abs. 2 Satz 1 AufenthG zugute, nach der es bei Ausländern, die vor dem 01.01.2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis waren, genügte, sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen zu können. Der Kläger verfügte schließlich über ausreichend Wohnraum für sich und seine vier Familienangehörigen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 AufenthG). Er bewohnte mit ihnen eine Vier-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 83,67 m² in A-Stadt.

48

1.2.2. Der spätere Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch das Bundesamt gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG hatte keinen Einfluss auf die anfängliche Rechtmäßigkeit der Niederlassungserlaubnis. Entscheidend ist auch insoweit, dass die Aufenthaltsbefugnisse aufgrund der unterbliebenen Rücknahme der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch das Bundesamt nicht zurückgenommen werden konnten, so dass – wie von § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gefordert – der Erteilung der Niederlassungserlaubnis der Besitz eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des AufenthG für die Dauer von sieben Jahren vorausging. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, wonach Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt lassen. Unabhängig davon, ob diese Reglung auch bereits abgelaufene Aufenthaltstitel umfasst (so VG Stuttgart, Urt. v. 24.11.2005 – A 4 K 13044/05 –, AuAS 2006, 34 [35], RdNr. 15 in juris), kann aus Gründen effektiven Rechtsschutzes bei der Frage der Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Niederlassungserlaubnis die Rechtsmäßigkeit der Rücknahme der vorangegangenen Aufenthaltserlaubnisse nicht unberücksichtigt bleiben, insbesondere dann, wenn – wie hier – beide Verwaltungsakte in einem Bescheid zusammengefasst sind.

49

2. Der Widerrufsbescheid vom 21.03.2006 ist ebenfalls rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

50

2.1. Nicht zu folgen ist allerdings der Auffassung der Vorinstanz, der Widerrufsbescheid vom 21.03.2006 habe keine Regelungswirkung mehr, weil dieser durch den Rücknahmebescheid vom 05.05.2007 „überholt“ worden sei. Dies könnte allenfalls dann zutreffen, wenn der Rücknahmebescheid bereits in Bestandskraft erwachsen wäre. Ist aber – wie hier – der noch nicht bestandskräftige Rücknahmebescheid rechtswidrig und daher aufzuheben, entfaltet der Widerrufsbescheid wieder Rechtswirkungen.

51

2.2. Als Rechtsgrundlage hat die Beklagte § 52 Abs. 1 Satz 1 AufenthG herangezogen. Danach kann u.a der Aufenthaltstitel des Ausländers nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zweite Alternative, Nr. 3 (Niederlassungserlaubnis nach § 9) außer in den Fällen der Absätze 2 bis 6 nur widerrufen werden, wenn der Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz mehr besitzt. Diese tatbestandliche Voraussetzung ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr erfüllt. Der Kläger, der seine türkische Staatsangehörigkeit mittlerweile eingeräumt hat, ist seit Juli 2009 im Besitz eines türkischen Passes. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung, die die Beklagte nicht in Zweifel gezogen hat, ist er auch derzeit im Besitz eines türkischen Passes.

52

2.3. Der Widerruf lässt sich auch nicht darauf stützen, dass die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG erfüllt sind. Danach kann der Aufenthaltstitel des Ausländers widerrufen werden, wenn seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird. Dies ist hier nach dem Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch das Bundesamt zwar der Fall. Jedoch hat die Beklagte den Widerruf nicht auf diese Ermächtigungsgrundlage gestützt.

53

Zwar haben die Verwaltungsgerichte umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht, wozu auch die Prüfung gehört, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist, ohne dass – aus der Sicht dieser anderen Rechtsgründe – an dem angegriffenen Verwaltungsakt etwas Wesentliches geändert zu werden braucht (BVerwG, Urt. v. 30.06.1989 – 4 C 40.88 –, BVerwGE 82, 185 [188 f.], RdNr. 20 in juris). Die Heranziehung anderer als im angefochtenen Bescheid genannter Normen ist dem Gericht aber dann verwehrt, wenn die anderweitige rechtliche Begründung zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides führen würde (BVerwG, Urt. v. 21.11.1989 – 9 C 28.89 –, DVBl 1990. 490 [491], RdNr. 12 in juris, m.w.N.). Dies gilt auch für Ermessensentscheidungen, wenn die Behörde der Sache nach alle Voraussetzungen geprüft und bejaht und sodann eine entsprechende Ermessensentscheidung getroffen hat (BVerwG, Urt. v. 08.04.1997 – 1 C 7.93 –, DVBl 1998, 139 [140], RdNr. 21 in juris, m.w.N.). Eine solche Wesensveränderung liegt nicht nur dann vor, wenn der Regelungsausspruch geändert oder erstmals überhaupt Ermessenserwägungen angestellt werden, sondern auch dann, wenn die nachträgliche Ermessenserwägung zu einer neuen – gegebenenfalls inhaltsgleichen – Ermessensentschließung führt; das ist dann der Fall, wenn die die Ermessensentscheidung tragenden Gründe ausgewechselt werden (VGH BW, Urt. v. 23.09.2002 – 13 S 1984/01 –, DVBl 2003, 465 [469], RdNr. 43 in juris, m.w.N.).

54

Eine solche Wesensveränderung läge hier vor. Die Beklagte und die Widerspruchsbehörde haben den Widerruf der Niederlassungserlaubnis von Anfang an mit dem Fehlen eines gültigen Passes begründet, und auch ihre Ermessenserwägungen beziehen sich ausschließlich hierauf. Sie sind in den angefochtenen Bescheiden davon ausgegangen, dass bei der Entscheidung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG der Ermessenspielraum auf Null reduziert sei, weil nach der Ermessensrichtlinie der Nr. 52.1.1 der vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum AufenthG (VAH-AufenthG) zwingend ein Widerruf auszusprechen sei. Bei einem Widerruf nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG muss die Ausländerbehörde bei ihrer Ermessensausübung hingegen sämtliche Umstände des Einzelfalles und damit auch die schutzwürdigen Belange des Ausländers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland in den Blick nehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung nach § 55 Abs. 3 AufenthG aufgeführt sind (vgl. zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 43 Abs. 1 Nr. 1 AuslG: BVerwG, Urt. v. 20.02.2003 – 1 C 13.02 –, BVerwGE 117, 380 [386], RdNr. 18 in juris; zu § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG: VGH BW, Urt. v. 15.07.2009 – 13 S 2372/08 –, NVwZ 2009, 1380 [1381 f.], RdNr. 43 in juris). Dies ist nunmehr auch in den Ermessensrichtlinien der Nr. 52.1.4.3 VAH und der Nr. 52.1.4.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG vom 26.10.2009 festgeschrieben. Nach § 55 Abs. 3 AufenthG sind die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (Nr. 1), die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen oder Lebenspartner des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft leben (Nr. 2) sowie die in § 60a Abs. 2 und 2b genannten Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung (Nr. 3) zu berücksichtigen. Dabei ist insbesondere die deutsche Staatsangehörigkeit des Sohnes des jüngsten Klägers in den Blick zu nehmen, die nach der Aufhebung der Rücknahmeentscheidung nicht mehr in Frage gestellt ist.

55

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

56

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Sätze 1 und 2, 711 ZPO.

57

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Der Aufenthaltstitel des Ausländers nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zweite Alternative, Nummer 2, 2a, 2b, 2c, 3 und 4 kann außer in den Fällen der Absätze 2 bis 6 nur widerrufen werden, wenn

1.
er keinen gültigen Pass oder Passersatz mehr besitzt,
2.
er seine Staatsangehörigkeit wechselt oder verliert,
3.
er noch nicht eingereist ist,
4.
seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird oder
5.
die Ausländerbehörde nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 feststellt, dass
a)
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 nicht oder nicht mehr vorliegen,
b)
der Ausländer einen der Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 erfüllt oder
c)
in den Fällen des § 42 Satz 1 des Asylgesetzes die Feststellung aufgehoben oder unwirksam wird.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 und 5 kann auch der Aufenthaltstitel der mit dem Ausländer in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen widerrufen werden, wenn diesen kein eigenständiger Anspruch auf den Aufenthaltstitel zusteht.

(2) Ein nationales Visum, eine Aufenthaltserlaubnis und eine Blaue Karte EU, die zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind zu widerrufen, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 41 die Zustimmung zur Ausübung der Beschäftigung widerrufen hat. Ein nationales Visum und eine Aufenthaltserlaubnis, die nicht zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind im Falle des Satzes 1 in dem Umfang zu widerrufen, in dem sie die Beschäftigung gestatten.

(2a) Eine nach § 19 erteilte ICT-Karte, eine nach § 19b erteilte Mobiler-ICT-Karte oder ein Aufenthaltstitel zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder Mobiler-ICT-Karte kann widerrufen werden, wenn der Ausländer

1.
nicht mehr die Voraussetzungen der Erteilung erfüllt oder
2.
gegen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union über die Mobilität von unternehmensintern transferierten Arbeitnehmern im Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/66/EU verstoßen hat.
Wird die ICT-Karte oder die Mobiler-ICT-Karte widerrufen, so ist zugleich der dem Familienangehörigen erteilte Aufenthaltstitel zu widerrufen, es sei denn, dem Familienangehörigen steht ein eigenständiger Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu.

(3) Eine nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 zum Zweck des Studiums erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer ohne die erforderliche Erlaubnis eine Erwerbstätigkeit ausübt,
2.
der Ausländer unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Studiendauer an der betreffenden Hochschule im jeweiligen Studiengang und seiner individuellen Situation keine ausreichenden Studienfortschritte macht oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 erteilt werden könnte.
Zur Prüfung der Voraussetzungen von Satz 1 Nummer 2 kann die Ausbildungseinrichtung beteiligt werden.

(4) Eine nach § 18d oder § 18f erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
die Forschungseinrichtung, mit welcher der Ausländer eine Aufnahmevereinbarung abgeschlossen hat, ihre Anerkennung verliert, sofern er an einer Handlung beteiligt war, die zum Verlust der Anerkennung geführt hat,
2.
der Ausländer bei der Forschungseinrichtung keine Forschung mehr betreibt oder betreiben darf oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18d oder § 18f erteilt werden könnte oder eine Aufnahmevereinbarung mit ihm abgeschlossen werden dürfte.

(4a) Eine nach § 16e oder § 19e erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte.

(5) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 oder Absatz 4b Satz 1 soll widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer nicht bereit war oder nicht mehr bereit ist, im Strafverfahren auszusagen,
2.
die Angaben des Ausländers, auf die in § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 1 oder Absatz 4b Satz 2 Nummer 1 Bezug genommen wird, nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als falsch anzusehen sind oder
3.
der Ausländer auf Grund sonstiger Umstände nicht mehr die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Absatz 4a oder Absatz 4b erfüllt.
Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 soll auch dann widerrufen werden, wenn der Ausländer freiwillig wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.

(6) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a soll widerrufen werden, wenn der Ausländer seine Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verliert.

(7) (weggefallen)

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

Die Entscheidung über den Asylantrag ist in allen Angelegenheiten verbindlich, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung des internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 rechtserheblich ist. Dies gilt nicht für das Auslieferungsverfahren sowie das Verfahren nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme einer Niederlassungserlaubnis sowie zuvor erteilter Aufenthaltsbefugnisse.

2

Er reiste als irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit am (…) 1996 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte unter dem Namen A. am 29.03.1996 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Mit Bescheid vom 28.05.1996 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte aber zugleich fest, dass hinsichtlich der Republik Irak ein Abschiebungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 AusIG vorliege. Der ehemalige Landkreis A. erteilte daraufhin dem Kläger am 24.07.1996 eine befristete Aufenthaltsbefugnis sowie einen Reiseausweis. Im November 1997 zog der Kläger in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten, die die Aufenthaltsbefugnis bis zum 23.07.2000 verlängerte.

3

Am (…) 2000 heiratete der Kläger die türkische Staatsangehörige D., und am (…) 2001 wurde das (gemeinsame) Kind S. A. geboren, am (…) 2002 die Tochter A. A.. Nachdem die Aufenthaltsbefugnis des Klägers am 02.04.2002 bis zum 01.04.2004 und am 02.04.2004 verlängert worden war, erteilte ihm die Beklagte am 11.02.2005 eine Niederlassungserlaubnis. Am 14.02.2005 wurde das Kind I. A. geboren, das später aufgrund der dem Kläger erteilten Niederlassungserlaubnis die deutsche Staatsangehörigkeit erhielt.

4

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.07.2005 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AusIG und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen.

5

Nachdem die Beklagte am 19.09.2005 den Kläger aufgefordert hatte, seinen Reiseausweis abzugeben und – soweit möglich – einen irakischen Reisepass vorzulegen, teilte die damalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers der Beklagten am 28.09.2005 mit, der Kläger könne sich nicht an die irakische Botschaft wenden, weil er weiterhin politische Verfolgung durch irakische Behörden befürchte.

6

Am 02.12.2005 kündigte die Beklagte dem Kläger den Widerruf der Niederlassungserlaubnis an. Zur Begründung führte sie aus, die vorgetragenen Argumente begründeten keine Unzumutbarkeit der Passbeschaffung. Der aktuelle Bescheid des Bundesamtes weise ausdrücklich aus, dass eine politische Verfolgung des Klägers im Irak nicht zu befürchten sei. Mit Schreiben vom 20.12.2005 teilte die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, dass sich der Kläger im Januar 2006 zwecks Passbeantragung an die irakische Botschaft wenden werde. Mit Schreiben vom 13.02.2006 forderte die Beklagte den Kläger zur Vorlage eines irakischen Passes bis zum 28.02.2006 auf.

7

Mit Bescheid vom 21.03.2006 widerrief die Beklagte die Niederlassungserlaubnis, forderte den Kläger zur Ausreise in den Irak bis zum 26.04.2006 auf und drohte die Abschiebung in den Irak an. Sie begründete die Entscheidung damit, dass der Kläger zumutbare Anforderungen zur Beschaffung eines neuen Passes nicht erfüllt habe. Hiergegen erhob der Kläger am 24.03.2006 Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er alle für die Passbeschaffung erforderlichen Unterlagen mit Ausnahme einer irakischen Staatsangehörigkeitsurkunde bereits bei der Botschaft der Republik Irak vorgelegt habe. Zudem wies er darauf hin, dass er aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit seines minderjährigen Kindes I. einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Rahmen des Familiennachzugs zu Deutschen habe.

8

Am 02.05.2006 teilte die Botschaft der Republik Irak mit, dass die irakische Staatsangehörigkeit bei „Herrn A.“ ausgeschlossen werde. Am 09.11.2006 legte der Kläger eine irakische Staatsangehörigkeitsurkunde im Original vor. Das Dokument wurde der deutschen Botschaft in Bagdad und dem Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt zur Echtheitsüberprüfung übersandt. Sowohl die deutsche Botschaft als auch das Landeskriminalamt erklärten, dass es sich bei der Urkunde zweifelsfrei um eine Fälschung handele.

9

Mit Schreiben vom 06.02.2007 fragte die Beklagte beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an, ob die Möglichkeit bestehe, die Anerkennung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (bzw. § 60 Abs. 1 AufenthG) rückwirkend aufgrund der falschen Angaben des Klägers zu seiner Staatsangehörigkeit zu entziehen. Das Bundesamt antwortete darauf ebenso wenig wie auf ein Erinnerungsschreiben der Beklagten vom 10.01.2008.

10

Mit Bescheid vom 02.05.2007 nahm die Beklagte die befristet erteilten Aufenthaltsbefugnisse vom 24.07.1996, 09.06.1998, 30.06.2000, 02.04.2002, 02.04.2004 und die am 11.02.2005 erteilte Niederlassungserlaubnis mit Wirkung für die Vergangenheit und Zukunft zurück. Die Rücknahme wurde damit begründet, dass sich der Kläger den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit vorsätzlich gemachten Falschangaben erschlichen habe. Ein schutzwürdiges Vertrauen könne er nicht geltend machen.

11

Dagegen erhob der Kläger 08.05.2007 Widerspruch ein und beantragte zugleich eine Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung vom 17.11.2006.

12

Am 09.01.2008 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er türkischer Staatsangehöriger sei, (...) A. heiße und am (…) 1967 in (…)/Türkei geboren sei.

13

Am 10.01.2008 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 26.05.2008 ablehnte.

14

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2008 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt die Widersprüche vom 24.03.2006 und 08.05.2007 gegen den Widerruf der Niederlassungserlaubnis und die Rücknahme der Aufenthaltstitel zurück.

15

Am 06.11.2008 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat: Bei der Ermessensausübung habe die Ausländerbehörde auch seine schutzwürdigen Belange zu berücksichtigen. Dazu gehörten insbesondere die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und seine schutzwürdigen persönlichen oder wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet. Die drei aus seiner Ehe hervorgegangenen Kinder, die in Sachsen-Anhalt aufwachsen, hätten keinerlei Bezug zu der türkischen Heimat ihrer Eltern. Das jüngste Kind habe die deutsche Staatsangehörigkeit. Er habe in seinem Asylantrag deutlich gemacht, dass er in der Türkei für die PKK gearbeitet habe, dann aber mit deren Vorgehensweise nicht einverstanden gewesen und aus Angst geflohen sei. Diese Angst sei für ihn auch Anlass gewesen, einen Asylantrag als Iraker zu stellen. Ihm sei zudem eine psychologische Erkrankung attestiert worden. Er lebe mittlerweile seit über 10 Jahren in Deutschland und habe bis heute keine Straftaten begangen. Er sei auch nicht mehr politisch aktiv. Er habe versucht, sich in den vergangenen Jahren eine Existenz in Deutschland aufzubauen. Er spreche einigermaßen deutsch, sodass er sich in der deutschen Gesellschaft verständigen könne. Er habe als Erziehungsberechtigter das Recht der Personensorge. Da das jüngste Kind als deutscher Staatsangehöriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet habe, könne er die Personensorge nur dadurch ausüben, dass er sich in der Bundesrepublik Deutschland bei seinem Sohn aufhalte. Insofern habe er einen Anspruch auf Familiennachzug zu Deutschen.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

die Bescheide der Beklagten vom 21.03.2006 und 05.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 30.09.2008 aufzuheben.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie hat u.a. vorgetragen, bei der Ermessensentscheidung könne zugunsten des Klägers kein rechtmäßiger Aufenthalt berücksichtigt werden, da er sich seinen Aufenthalt in Deutschland mit Falschangaben erschlichen habe. Auch der Aufenthalt seiner Ehefrau und seiner Kinder könne nicht zu seinen Gunsten gewertet werden. Sein Sohn I. habe die deutsche Staatsangehörigkeit nur aufgrund des Aufenthaltsrechts des Klägers erhalten, und seine Ehefrau besitze einen von diesem Kind abhängigen Aufenthaltstitel. Der Aufenthalt der übrigen Kinder sei vom Aufenthalt der Mutter abhängig. Der gesamte Aufenthalt der Familie beruhe auf den unwahren Angaben des Vaters. Über die Mitgliedschaft in der PKK habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entschieden. Nachweise für die geltend gemachte Erkrankung lägen nicht vor. Schließlich stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, dass der Kläger die Passpflicht nicht erfülle.

21

Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rücknahme der dem Kläger erteilten Aufenthaltsbefugnisse und der Niederlassungserlaubnis sei rechtswidrig, weil die Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes I. nicht beachtet habe. Die Aufhebung des Bescheides vom 21.03.2006, mit dem die dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis widerrufen worden sei, sei bereits aus Gründen der Rechtsklarheit geboten, weil dieser Bescheid durch den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2007 überholt sei und keine Regelungswirkung mehr entfalte, weil der Kläger echte türkische Personaldokumente vorgelegt und seine Mitwirkungspflichten zur Identitätsfeststellung damit erfüllt habe. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der befristeten Aufenthaltsbefugnisse sowie der dem Kläger erteilten Niederlassungserlaubnis sei mangels spezieller gesetzlicher Regelung im Ausländerrecht zwar grundsätzlich § 48 Abs. 1 Satz. 1 VwVfG. Da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage jedoch aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung sei, sei die Vorschrift des § 17 Abs. 2 und 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes zugrunde zu legen, aus der folge, dass bei sogenannter Drittbetroffenheit der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nicht mehr eintrete, wenn der Dritte das fünfte Lebensjahr bereits vollendet habe. Dies sei bei dem jüngsten Kind des Klägers seit dem 14.02.2010 der Fall. Daher stehe die nicht mehr aberkennbare deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes der Rücknahme der erteilten Aufenthaltstitel entgegen.

22

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Beklagte wie folgt begründet: Maßgeblicher Zeitpunkt sei hier derjenige, in dem die Rücknahmeverfügung erlassen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt, dem 02.05.2007, sei die deutsche Staatsangehörigkeit des jüngsten Kindes des Klägers kraft Gesetzes rückwirkend entfallen. Die spätere Gesetzesänderung habe darauf keinen Einfluss gehabt. Hinsichtlich der Auswirkungen der Rücknahme der Niederlassungserlaubnis auf den Sohn des Klägers habe sie zulässigerweise Ermessenserwägungen nachgeschoben. Dabei habe sie ausführlich zur Integration der Familie Stellung genommen, insbesondere gewürdigt, dass der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit für das Kind ein nicht unerheblicher Eingriff darstelle. Dieser erscheine jedoch angesichts der schweren Täuschungshandlung des Vaters und der so gut wie nicht vorhandenen Integration nicht als unverhältnismäßig.

23

Die Rücknahme der Aufenthaltbefugnis habe ungeachtet des Umstandes erfolgen können, dass das Bundesamt seinen Bescheid vom 28.05.1996 über die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht (mit Wirkung für die Vergangenheit) zurückgenommen habe. Die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG habe neben der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch das Bundesamt vorausgesetzt, dass die Abschiebung des Ausländers aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht nur vorübergehend unmöglich war. Da das Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AusIG zielstaatsbezogen sei, sei nur die Abschiebung in einen dritten, aufnahmebereiten Staat in Betracht gekommen. Die vorübergehende rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne von § 70 Abs. 1 Halbs. 2 AsylVfG habe sich deshalb nur auf einen Drittstaat beziehen können. Der Kläger habe zum damaligen Zeitpunkt wahrheitswidrig vorgetragen, irakischer Staatsangehöriger zu sein; Hinweise auf die in Wahrheit bestehende türkische Staatsangehörigkeit habe es nicht gegeben. Die Voraussetzungen für die Erteilung bzw. die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis hätten aber insbesondere dann nicht mehr vorgelegen, wenn sich von Vornherein oder auch im Nachhinein ein Drittstaat finde, für den keine rechtlichen oder tatsächlichen Abschiebungshindernisse vorliegen. Diese Voraussetzung habe im Falle des Klägers vorgelegen, weil er Staatsangehöriger der Türkei sei, dieser aufnahmebereite Drittstaat zum damaligen Zeitpunkt der Ausländerbehörde aber nicht bekannt gewesen sei. Nach der seit dem 01.01.2005 geltenden Neuregelung des § 25 Abs. 2 AufenthG habe die Ausländerbehörde zwar keine Möglichkeit mehr, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu versagen, auch wenn die Anerkennung des Bundesamtes durch falsche Angaben erschlichen worden sei: in diesem Fall sei vor Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis die Rücknahme der Anerkennung des § 60 Abs. 1 AufenthG notwendig. Damit habe dem Kläger aber lediglich vom 01.01.2005 bis zum Widerruf des Bundesamtes 28.07.2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG zugestanden.

24

Auch die Rücknahme der Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG sei weiterhin möglich gewesen. Hierbei handele es sich im Gegensatz zu § 26 Abs. 3 AufenthG um eine „asylunabhängige“ Niederlassungserlaubnis, die nicht im direkten Zusammenhang mit der Anerkennung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AusIG oder § 60 Abs. 1 AufenthG und den sich daraus ergebenen Aufenthaltstiteln stehe. Sie erfolge bei Erfüllung der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen, stehe im Ermessen der Behörde und sei nicht von einer eventuellen Anerkennung durch das Bundesamt abhängig. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (oder § 60 Abs. 2 AufenthG) sei bei dieser Norm ohne Bedeutung. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 AufenthG erfülle der Kläger nicht. Rückwirkend betrachtet erreiche er auch die Voraufenthaltszeiten des § 26 Abs. 4 AufenthG nicht. Die Sicherung des Lebensunterhalts für sich und seine Angehörigen habe er seinerzeit zwar glaubhaft vorgetragen; zum maßgeblichen Zeitpunkt habe er angegeben, selbstständig tätig zu sein und Einkommensnachweise in Form von Bescheinigungen des Steuerberaters vorgelegt. Danach habe er im Oktober 2004/November 2004, 1.576,88 €, im Dezember 2004 2.270,41 € und im Januar 2005 4.904,33 € erwirtschaftet. Dass das angegebene Einkommen nicht der tatsächlichen Einkommenshöhe entsprochen habe, habe sie nicht erkennen können. Da der Kläger auch im Verfahren auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis offensichtlich falsche Angaben gemacht habe, sei es auch aus diesem Grund geboten, die Niederlassungserlaubnis zurückzunehmen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

27

Der Kläger beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide im Ergebnis zu Recht aufgehoben.

32

1. Der Rücknahmebescheid der Beklagten vom 05.05.2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

33

Maßgebend für die Rechtmäßigkeit des Rücknahmebescheides ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheids, durch den ein Aufenthaltstitel zurückgenommen oder widerrufen wird, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts zugrunde zu legen (BVerwG, Urt. v. 13.04.2010 – 1 C 10.09 –, InfAuslR 2010, 346 [347], RdNr. 11 in juris).

34

Als Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der Aufenthaltsbefugnisse und der Niederlassungserlaubnis kommt allein § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG in Betracht. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG liegen nicht vor. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist als Rechtsgrundlage für die Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Aufenthaltstitels heranzuziehen; es bestehen sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Aufenthaltstiteln, die von Anfang an rechtswidrig waren, und solchen, deren Voraussetzungen erst nachträglich entfallen sind (BVerwG, Urt. v, Urt. v. 13.04.2010, a.a.O, S. 348, RdNr. 15 in juris). Ein Verwaltungsakt ist dann rechtswidrig zustande gekommen, wenn das im Erlasszeitpunkt geltende Recht unrichtig angewendet oder bei der Entscheidung von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (BVerwG, Urt. v. 30.01.1969 – III C 153.67 –, BVerwGE 31, 222 [223], RdNr. 14 in juris, m.w.N).

35

Hiernach waren die dem Kläger erteilten Aufenthaltserlaubnisse und die Niederlassungserlaubnis rechtmäßig.

36

1.1. Nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Vorschrift des § 70 Abs. 1 AsylVfG war dem Ausländer eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen, wenn das Bundesamt oder ein Gericht unanfechtbar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt hatte und die Abschiebung des Ausländers aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht nur vorübergehend unmöglich war.

37

a) Die zuerst genannte Voraussetzung war erfüllt, nachdem das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.05.1996 festgestellt hatte, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Republik Irak vorliegen.

38

Die Beklagte ging insoweit auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt aus. Vielmehr nahm sie zutreffend an, dass das Bundesamt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt hatte. Dass diese Feststellung wegen der unrichtigen Angaben des Klägers zu seiner Staatsangehörigkeit und Identität sich im Nachhinein als unrichtig erwiesen hat, ist unerheblich, solange das Bundesamt seine Feststellung nicht gemäß § 73 Abs. 2 AsylVfG zurückgenommen hat. Nach § 73 Abs. 2 AsylVfG ist die Anerkennung als Asylberechtigter zurückzunehmen, wenn sie auf Grund unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens wesentlicher Tatsachen erteilt worden ist und der Ausländer auch aus anderen Gründen nicht anerkannt werden könnte; Satz 1 ist auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entsprechend anzuwenden. Eine solche Rücknahme, die das Bundesamt auch mit Wirkung für die Vergangenheit aussprechen darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.04.2010, a.a.O., S. 348, RdNr. 17 in juris), erfolgte hier – ungeachtet der Anfrage der Beklagten an das Bundesamt vom 06.02.2007 und vom 10.01.2008 – nicht, auch wenn § 73 Abs. 2 AsylVfG bei Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bei unrichtigen Angaben eine Rücknahme zwingend vorsieht und die Voraussetzungen, unter denen § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG dem Bundesamt einen Ermessenspielraum eröffnet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.03.2007 – 1 C 21.06 –, BVerwGE 128, 199 [205], RdNr. 15), nicht vorgelegen haben mögen. Auch eine daneben mögliche Rücknahme nach § 48 VwVfG (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 19.09.2000 – 9 C 12.00 –, BVerwGE 112, 80 [88 f.], RdNr. 29 ff.) hat das Bundesamt nicht ausgesprochen. Es genügte nicht, dass die Feststellung nach § 51 Abs. 1 AufenthG wegen der Täuschung durch den Kläger nicht hätte erfolgen dürfen. Ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorlagen und noch vorliegen unterliegt nicht der Prüfungskompetenz der Beklagten. Nach § 6 Satz 1 AsylVfG und § 4 Satz 1 AsylVfG a.F. ist die Entscheidung über den Asylantrag in allen Angelegenheiten verbindlich, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtserheblich ist. Dem entsprechend war und ist die Rücknahme von Feststellungen nach § 51 Abs. 1 AuslG bzw. nach § 60 Abs. 1 AufenthG auch vorgreiflich für die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 70 Abs. 1 AsylVfG bzw. § 25 Abs. 2 AufenthG (vgl. BayVGH, Beschl. v. 24.06.2008 – 19 C 08.478 –, juris).

39

b) Die Beklagte war auch zutreffend davon ausgegangen, dass eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (in einen Drittstaat) unmöglich war.

40

Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG begründete stets zugleich die nicht nur vorübergehende Unmöglichkeit der Abschiebung in den Verfolgerstaat; die in § 70 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) vorausgesetzte Unmöglichkeit der Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen konnte sich deshalb nur auf einen aufnahmebereiten Drittstaat beziehen. Das Erfordernis der nicht nur vorübergehenden Unmöglichkeit der Abschiebung war dahin zu verstehen, dass die Erteilung der Aufenthaltsbefugnis nur ausgeschlossen war, wenn sich die Möglichkeit der Abschiebung konkret abzeichnete. Ausländer, denen aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen Aufenthalt gewährt wurde, sollten einen formell legalen Aufenthaltsstatus in Gestalt einer Aufenthaltsbefugnis erhalten. Dies galt auch für nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannte Flüchtlinge. War ihre Abschiebung in einen Drittstaat für einen nicht überschaubaren Zeitraum unmöglich, so konnten sie nicht auf eine Duldung verwiesen werden. Die Ausländerbehörde hatte also nicht nur zu untersuchen, ob eine solche Abschiebung überhaupt durchgeführt werden kann. Ähnlich wie im Fall der Prüfung der Voraussetzungen einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG war vielmehr zu klären, innerhalb welchen Zeitraums eine Abschiebung möglich war. Eine Aufenthaltsbefugnis war grundsätzlich auch dann zu erteilen, wenn die Abschiebung nicht ohne Verzögerung durchgeführt werden konnte oder wenn der erforderliche Zeitraum ungewiss war. Ergaben sich Hindernisse, die eine erhebliche Verzögerung der Abschiebung nach sich zogen, war diese im Sinne des § 70 Abs. 1 AsylVfG nicht nur vorübergehend unmöglich mit der Folge, dass dem Ausländer bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen war. Auf etwaige Zweifel an der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers kam es grundsätzlich ebenso wenig an wie auf die Frage einer Mitwirkungspflicht nach § 70 AuslG, § 15 AsylVfG oder sonstigen Vorschriften. War nicht absehbar, dass die Zweifelsfragen zeitnah geklärt werden konnten, und ergab sich noch keine konkrete Abschiebungsmöglichkeit in einen Drittstaat, so durfte dem Ausländer die Aufenthaltsbefugnis grundsätzlich nicht vorenthalten werden. Zeichnete sich eine Abschiebung in einen Drittstaat nicht konkret ab, so kam es auch nicht darauf an, ob die nach § 4 AsylVfG (a.F.) bestehende Bindungswirkung der Anerkennung sich auch auf die Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers erstreckte. Schließlich stellte § 70 Abs. 1 AsylVfG nicht auf die Frage ab, ob der Ausländer etwaige Abschiebungshindernisse zu vertreten hatte (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 1 C 3.02 –, BVerwGE 117, 276 [278 ff.]; RdNr. 12 ff. in juris).

41

Die Beklagte ging bei Erteilung der Aufenthaltsbefugnisse jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon aus, dass sich eine zeitnahe Abschiebung des Klägers in einen aufnahmebereiten Drittstaat, insbesondere in das wahre Heimatland Türkei, nicht abzeichnete. Dies wäre auch dann der Fall gewesen, wenn sie gewusst hätte, dass der Kläger in Wahrheit nicht irakischer, sondern türkischer Staatsangehöriger ist. Da der Kläger nicht im Besitz der für eine Rückkehr dorthin erforderlichen Dokumente war und seine wahre Staatsangehörigkeit und Identität erst Anfang 2008 preisgab, wäre eine zeitnahe Abschiebung aus tatsächlichen Gründen im Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltsbefugnisse und auch bis zur Erteilung der Niederlassungserlaubnis am 11.02.2005 aller Voraussicht nach nicht möglich gewesen. Dies gilt auch dann, wenn sich die Beklagte – wie sie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – bei Kenntnis der wahren Staatsangehörigkeit und Identität des Klägers um die Beschaffung von Heimreisedokumenten bemüht hätte. Es erscheint zweifelhaft, ob dies ohne entsprechende Mitwirkung des Klägers Erfolg gehabt hätte. Hinzu kommt, dass die Aufnahmebereitschaft der Türkei unter diesen Bedingungen fraglich erscheint. Ob der Kläger das tatsächliche Abschiebungshindernis zu vertreten hatte, kam es – wie bereits dargelegt – bei der Anwendung des § 70 Abs. 1 AsylVfG nicht an.

42

c) An der ursprünglichen Rechtmäßigkeit der Aufenthaltsbefugnisse änderte der mit Bescheid vom 28.07.2005 ausgesprochene Widerruf der vom Bundesamt getroffenen Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG nichts. Für die Fälle des Unwirksamwerdens der Flüchtlingsanerkennung, was u.a. durch einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG erfolgen kann (vgl. § 73 Abs. 6 AsylVfG), enthält § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG eine spezielle Regelung, die einen Widerruf des Aufenthaltstitels in das Ermessen der Behörde stellt und einen Rückgriff auf § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ausschließt. Da im Übrigen der Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG, jedenfalls soweit im Widerrufsbescheid nichts anderes geregelt ist, nur ex nunc wirkt (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, B 2 AsylVfG § 73 RdNr. 99; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 49 RdNr. 8), wurde die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 AuslG nicht rückwirkend rechtswidrig, konnte also die anfängliche Rechtmäßigkeit der Aufenthaltsbefugnisse nicht beseitigen. Die dem Kläger erteilten Aufenthaltsbefugnisse wären nur dann rückwirkend rechtswidrig geworden, wenn das Bundesamt die von ihm getroffene Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 73 Abs. 2 AsylVfG oder § 48 VwVfG zurückgenommen hätte.

43

1.2. Auch die dem Kläger am 11.02.2005 erteilte Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG war rechtmäßig.

44

1.2.1. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des AufenthG besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 AufenthG gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 AsylVfG auf die Frist angerechnet. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungserlaubnis am 11.02.2005.

45

a) Er besaß seit dem 24.07.1996 eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG, die gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis „entsprechend dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt“ und damit als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fortgalt. Da die Rücknahme der Aufenthaltsbefugnisse mit Wirkung für die Vergangenheit aus den oben dargelegten Gründen rechtswidrig ist, trägt auch nicht der von der Beklagten vorgetragene Einwand, im Nachhinein betrachtet erfülle der Kläger die erforderlichen Voraufenthaltszeiten nicht. Er erfüllte damit die zeitlichen Anforderungen des § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG.

46

b) Die Beklagte kann ihre Rücknahmeentscheidung auch nicht darauf stützen, dass der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert gewesen sei (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG). Ob dies der Fall war, kann auf sich beruhen, weil die Beklagte die Rücknahme der Niederlassungserlaubnis ungeachtet der Erfüllung dieser Erteilungsvoraussetzung im Verwaltungsverfahren allein darauf stützte, dass der Kläger nach der Rücknahme der Aufenthaltsbefugnisse zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen sei und daher die zeitlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht erfülle. Auch die Widerspruchsbehörde begründete die Rechtswidrigkeit der Niederlassungserlaubnis nicht mit der fehlenden Sicherung des Lebensunterhalts. Zwar kann die Begründung eines den formellen Anforderungen genügenden Verwaltungsaktes auch noch nachträglich – nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens im Verwaltungsstreitverfahren – ergänzt werden. Ein Nachschieben von Gründen ist allerdings nur zulässig, wenn die nachträglich vorgebrachten Gründe schon bei Erlass des streitigen Verwaltungsaktes vorlagen, dieser durch sie nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.06.2013 – 8 C 17.12 –, juris, RdNr. 74; zur Rücknahme: Urt. v. 18.09.1985 – 2 C 30.84 –, DVBl 1986, 148 [150], RdNr. 26 in juris, m.w.N.). Mit der erst im gerichtlichen Verfahren gegebenen Begründung, der Kläger habe bei der Antragstellung sein Einkommen falsch angegeben, so dass der Lebensunterhalt seiner Familie nicht gesichert gewesen sei, stellt die Beklagte bezüglich der Rechtswidrigkeit der Niederlassungserlaubnis nunmehr auf einen völlig neuen Gesichtspunkt ab, mit dem die Rechtsverteidigung des Klägers erheblich beeinträchtigt wird. Hinzu kommt, dass die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 15.11.2011 (Bl. 741 ff. der Verwaltungsvorgänge, Beiakte E), auf die sie sich im Schriftsatz vom 16.01.2014 berufen hat, selbst davon ausgegangen ist, dass mit den vorliegenden Unterlagen nicht zweifelsfrei bewiesen werden könne, dass der Kläger möglicherweise über die tatsächliche Höhe seines Einkommens getäuscht habe. Der Umstand, dass der Kläger – wie es dort weiter heißt – versucht habe, seine Einkommenssituation in der Vergangenheit (Oktober 2004 bis Dezember 2004) zu „beschönigen“, dürfte allein nicht für die Feststellung genügen, dass sein Lebensunterhalt als nicht gesichert anzusehen war. Der Umstand, dass er bei verschiedenen Behörden unterschiedliche Einkommensnachweise vorlegte, lässt auch die Möglichkeit offen, dass er bei den Sozialbehörden falsche Einkommensbelege vorlegte, um Sozialleistungen zu erhalten.

47

c) Dem entsprechend bedarf auch keiner Vertiefung, ob die übrigen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorlagen. Dies dürfte allerdings der Fall gewesen sein. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 (Zahlung von Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung oder von Aufwendungen für die Altersvorsorge) und Nr. 8 (Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet) musste der Kläger gemäß § 104 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht erfüllen, weil er vor dem 01.01.2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis war. Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG standen der Erteilung der Niederlassungserlaubnis nicht entgegen. Da der Kläger selbständig war, benötigte er keine Beschäftigungserlaubnis (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AufenthG). Er war im Besitz der für eine dauernde Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnis (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG). Was die ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache anbetrifft (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG), kam ihm die Regelung des § 104 Abs. 2 Satz 1 AufenthG zugute, nach der es bei Ausländern, die vor dem 01.01.2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis waren, genügte, sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen zu können. Der Kläger verfügte schließlich über ausreichend Wohnraum für sich und seine vier Familienangehörigen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 AufenthG). Er bewohnte mit ihnen eine Vier-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 83,67 m² in A-Stadt.

48

1.2.2. Der spätere Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch das Bundesamt gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG hatte keinen Einfluss auf die anfängliche Rechtmäßigkeit der Niederlassungserlaubnis. Entscheidend ist auch insoweit, dass die Aufenthaltsbefugnisse aufgrund der unterbliebenen Rücknahme der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch das Bundesamt nicht zurückgenommen werden konnten, so dass – wie von § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gefordert – der Erteilung der Niederlassungserlaubnis der Besitz eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des AufenthG für die Dauer von sieben Jahren vorausging. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, wonach Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt lassen. Unabhängig davon, ob diese Reglung auch bereits abgelaufene Aufenthaltstitel umfasst (so VG Stuttgart, Urt. v. 24.11.2005 – A 4 K 13044/05 –, AuAS 2006, 34 [35], RdNr. 15 in juris), kann aus Gründen effektiven Rechtsschutzes bei der Frage der Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Niederlassungserlaubnis die Rechtsmäßigkeit der Rücknahme der vorangegangenen Aufenthaltserlaubnisse nicht unberücksichtigt bleiben, insbesondere dann, wenn – wie hier – beide Verwaltungsakte in einem Bescheid zusammengefasst sind.

49

2. Der Widerrufsbescheid vom 21.03.2006 ist ebenfalls rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

50

2.1. Nicht zu folgen ist allerdings der Auffassung der Vorinstanz, der Widerrufsbescheid vom 21.03.2006 habe keine Regelungswirkung mehr, weil dieser durch den Rücknahmebescheid vom 05.05.2007 „überholt“ worden sei. Dies könnte allenfalls dann zutreffen, wenn der Rücknahmebescheid bereits in Bestandskraft erwachsen wäre. Ist aber – wie hier – der noch nicht bestandskräftige Rücknahmebescheid rechtswidrig und daher aufzuheben, entfaltet der Widerrufsbescheid wieder Rechtswirkungen.

51

2.2. Als Rechtsgrundlage hat die Beklagte § 52 Abs. 1 Satz 1 AufenthG herangezogen. Danach kann u.a der Aufenthaltstitel des Ausländers nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zweite Alternative, Nr. 3 (Niederlassungserlaubnis nach § 9) außer in den Fällen der Absätze 2 bis 6 nur widerrufen werden, wenn der Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz mehr besitzt. Diese tatbestandliche Voraussetzung ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr erfüllt. Der Kläger, der seine türkische Staatsangehörigkeit mittlerweile eingeräumt hat, ist seit Juli 2009 im Besitz eines türkischen Passes. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung, die die Beklagte nicht in Zweifel gezogen hat, ist er auch derzeit im Besitz eines türkischen Passes.

52

2.3. Der Widerruf lässt sich auch nicht darauf stützen, dass die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG erfüllt sind. Danach kann der Aufenthaltstitel des Ausländers widerrufen werden, wenn seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird. Dies ist hier nach dem Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch das Bundesamt zwar der Fall. Jedoch hat die Beklagte den Widerruf nicht auf diese Ermächtigungsgrundlage gestützt.

53

Zwar haben die Verwaltungsgerichte umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht, wozu auch die Prüfung gehört, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist, ohne dass – aus der Sicht dieser anderen Rechtsgründe – an dem angegriffenen Verwaltungsakt etwas Wesentliches geändert zu werden braucht (BVerwG, Urt. v. 30.06.1989 – 4 C 40.88 –, BVerwGE 82, 185 [188 f.], RdNr. 20 in juris). Die Heranziehung anderer als im angefochtenen Bescheid genannter Normen ist dem Gericht aber dann verwehrt, wenn die anderweitige rechtliche Begründung zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides führen würde (BVerwG, Urt. v. 21.11.1989 – 9 C 28.89 –, DVBl 1990. 490 [491], RdNr. 12 in juris, m.w.N.). Dies gilt auch für Ermessensentscheidungen, wenn die Behörde der Sache nach alle Voraussetzungen geprüft und bejaht und sodann eine entsprechende Ermessensentscheidung getroffen hat (BVerwG, Urt. v. 08.04.1997 – 1 C 7.93 –, DVBl 1998, 139 [140], RdNr. 21 in juris, m.w.N.). Eine solche Wesensveränderung liegt nicht nur dann vor, wenn der Regelungsausspruch geändert oder erstmals überhaupt Ermessenserwägungen angestellt werden, sondern auch dann, wenn die nachträgliche Ermessenserwägung zu einer neuen – gegebenenfalls inhaltsgleichen – Ermessensentschließung führt; das ist dann der Fall, wenn die die Ermessensentscheidung tragenden Gründe ausgewechselt werden (VGH BW, Urt. v. 23.09.2002 – 13 S 1984/01 –, DVBl 2003, 465 [469], RdNr. 43 in juris, m.w.N.).

54

Eine solche Wesensveränderung läge hier vor. Die Beklagte und die Widerspruchsbehörde haben den Widerruf der Niederlassungserlaubnis von Anfang an mit dem Fehlen eines gültigen Passes begründet, und auch ihre Ermessenserwägungen beziehen sich ausschließlich hierauf. Sie sind in den angefochtenen Bescheiden davon ausgegangen, dass bei der Entscheidung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG der Ermessenspielraum auf Null reduziert sei, weil nach der Ermessensrichtlinie der Nr. 52.1.1 der vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum AufenthG (VAH-AufenthG) zwingend ein Widerruf auszusprechen sei. Bei einem Widerruf nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG muss die Ausländerbehörde bei ihrer Ermessensausübung hingegen sämtliche Umstände des Einzelfalles und damit auch die schutzwürdigen Belange des Ausländers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland in den Blick nehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung nach § 55 Abs. 3 AufenthG aufgeführt sind (vgl. zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 43 Abs. 1 Nr. 1 AuslG: BVerwG, Urt. v. 20.02.2003 – 1 C 13.02 –, BVerwGE 117, 380 [386], RdNr. 18 in juris; zu § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG: VGH BW, Urt. v. 15.07.2009 – 13 S 2372/08 –, NVwZ 2009, 1380 [1381 f.], RdNr. 43 in juris). Dies ist nunmehr auch in den Ermessensrichtlinien der Nr. 52.1.4.3 VAH und der Nr. 52.1.4.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG vom 26.10.2009 festgeschrieben. Nach § 55 Abs. 3 AufenthG sind die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (Nr. 1), die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen oder Lebenspartner des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft leben (Nr. 2) sowie die in § 60a Abs. 2 und 2b genannten Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung (Nr. 3) zu berücksichtigen. Dabei ist insbesondere die deutsche Staatsangehörigkeit des Sohnes des jüngsten Klägers in den Blick zu nehmen, die nach der Aufhebung der Rücknahmeentscheidung nicht mehr in Frage gestellt ist.

55

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

56

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Sätze 1 und 2, 711 ZPO.

57

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Über vor dem 1. Januar 2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsberechtigung ist nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht zu entscheiden. § 101 Abs. 1 gilt entsprechend.

(2) Bei Ausländern, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis sind, ist es bei der Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU hinsichtlich der sprachlichen Kenntnisse nur erforderlich, dass sie sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen können. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 8 findet keine Anwendung.

(3) Bei Ausländern, die sich vor dem 1. Januar 2005 rechtmäßig in Deutschland aufhalten, gilt hinsichtlich der vor diesem Zeitpunkt geborenen Kinder für den Nachzug § 20 des Ausländergesetzes in der zuletzt gültigen Fassung, es sei denn, das Aufenthaltsgesetz gewährt eine günstigere Rechtsstellung.

(4) (weggefallen)

(5) Auch für Ausländer, die bis zum Ablauf des 31. Juli 2015 im Rahmen des Programms zur dauerhaften Neuansiedlung von Schutzsuchenden einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 2 erhalten haben, sind die Regelungen über den Familiennachzug, das Bleibeinteresse, die Teilnahme an Integrationskursen und die Aufenthaltsverfestigung auf Grund des § 23 Absatz 4 entsprechend anzuwenden.

(6) § 23 Abs. 2 in der bis zum 24. Mai 2007 geltenden Fassung findet in den Fällen weiter Anwendung, in denen die Anordnung der obersten Landesbehörde, die auf Grund der bis zum 24. Mai 2007 geltenden Fassung getroffen wurde, eine Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bei besonders gelagerten politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland vorsieht. § 23 Abs. 2 Satz 5 und § 44 Abs. 1 Nr. 2 sind auf die betroffenen Ausländer und die Familienangehörigen, die mit ihnen ihren Wohnsitz in das Bundesgebiet verlegen, entsprechend anzuwenden.

(7) Eine Niederlassungserlaubnis kann auch Ehegatten, Lebenspartnern und minderjährigen ledigen Kindern eines Ausländers erteilt werden, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis nach § 31 Abs. 1 des Ausländergesetzes oder einer Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 2 des Ausländergesetzes waren, wenn die Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 erfüllt sind und sie weiterhin die Voraussetzungen erfüllen, wonach eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 des Ausländergesetzes oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 2 des Ausländergesetzes erteilt werden durfte.

(8) § 28 Absatz 2 in der bis zum 5. September 2013 geltenden Fassung findet weiter Anwendung auf Familienangehörige eines Deutschen, die am 5. September 2013 bereits einen Aufenthaltstitel nach § 28 Absatz 1 innehatten.

(9) Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 besitzen, weil das Bundesamt oder die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 2, 3 oder 7 Satz 2 in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung vorliegen, gelten als subsidiär Schutzberechtigte im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes und erhalten von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative, es sei denn, das Bundesamt hat die Ausländerbehörde über das Vorliegen von Ausschlusstatbeständen im Sinne des „§ 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a bis d in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung unterrichtet. Die Zeiten des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 Satz 1 in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung stehen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 73b des Asylgesetzes gilt entsprechend.

(10) Für Betroffene nach § 73b Absatz 1, die als nicht entsandte Mitarbeiter des Auswärtigen Amts in einer Auslandsvertretung tätig sind, findet § 73b Absatz 4 ab dem 1. Februar 2016 Anwendung.

(11) Für Ausländer, denen zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 31. Juli 2015 subsidiärer Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU oder der Richtlinie 2004/38/EG unanfechtbar zuerkannt wurde, beginnt die Frist nach § 29 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 mit Inkrafttreten dieses Gesetzes zu laufen.

(12) Im Falle einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34 und 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes, die bereits vor dem 1. August 2015 erlassen oder angeordnet worden ist, sind die Ausländerbehörden für die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 zuständig.

(13) Die Vorschriften von Kapitel 2 Abschnitt 6 in der bis zum 31. Juli 2018 geltenden Fassung finden weiter Anwendung auf den Familiennachzug zu Ausländern, denen bis zum 17. März 2016 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative erteilt worden ist, wenn der Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke des Familiennachzugs zu dem Ausländer bis zum 31. Juli 2018 gestellt worden ist. § 27 Absatz 3a findet Anwendung.

(14) (weggefallen)

(15) Wurde eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 4 in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung erteilt, gilt § 19d Absatz 1 Nummer 4 und 5 nicht, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d Absatz 1a der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat.

(16) Für Beschäftigungen, die Inhabern einer Duldung bis zum 31. Dezember 2019 erlaubt wurden, gilt § 60a Absatz 6 in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung fort.

(17) Auf Personen mit einer bis zum Ablauf des 30. Juni 2023 abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung nach § 15 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung sind bis zur erstmaligen Erstellung eines Kooperationsplans nach § 15 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der ab dem 1. Juli 2023 gültigen Fassung, spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023, § 44a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 sowie § 45a Absatz 2 Satz 1 in der bis zum 30. Juni 2023 gültigen Fassung weiter anzuwenden.

(1) Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie kann nur in den durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. § 47 bleibt unberührt.

(2) Einem Ausländer ist die Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er seit fünf Jahren die Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
sein Lebensunterhalt gesichert ist,
3.
er mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachweist; berufliche Ausfallzeiten auf Grund von Kinderbetreuung oder häuslicher Pflege werden entsprechend angerechnet,
4.
Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen,
5.
ihm die Beschäftigung erlaubt ist, sofern er Arbeitnehmer ist,
6.
er im Besitz der sonstigen für eine dauernde Ausübung seiner Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnisse ist,
7.
er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
8.
er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt und
9.
er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
Die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 sind nachgewiesen, wenn ein Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen wurde. Von diesen Voraussetzungen wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann. Im Übrigen kann zur Vermeidung einer Härte von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 abgesehen werden. Ferner wird davon abgesehen, wenn der Ausländer sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen kann und er nach § 44 Abs. 3 Nr. 2 keinen Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs hatte oder er nach § 44a Abs. 2 Nr. 3 nicht zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet war. Darüber hinaus wird von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 abgesehen, wenn der Ausländer diese aus den in Satz 3 genannten Gründen nicht erfüllen kann.

(3) Bei Ehegatten, die in ehelicher Lebensgemeinschaft leben, genügt es, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 durch einen Ehegatten erfüllt werden. Von der Voraussetzung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 wird abgesehen, wenn sich der Ausländer in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder einem Hochschulabschluss führt. Satz 1 gilt in den Fällen des § 26 Abs. 4 entsprechend.

(4) Auf die für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erforderlichen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis werden folgende Zeiten angerechnet:

1.
die Zeit des früheren Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis, wenn der Ausländer zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war, abzüglich der Zeit der dazwischen liegenden Aufenthalte außerhalb des Bundesgebiets, die zum Erlöschen der Niederlassungserlaubnis führten; angerechnet werden höchstens vier Jahre,
2.
höchstens sechs Monate für jeden Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets, der nicht zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis führte,
3.
die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthalts zum Zweck des Studiums oder der Berufsausbildung im Bundesgebiet zur Hälfte.

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11.3.2009 – 5 K 1724/08 – werden der Rücknahmebescheid des Beklagten vom 27.8.2007 und der Widerspruchsbescheid vom 29.7.2008 aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Widerspruchsverfahren war notwendig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 1957 geborene Kläger ist indischer Staatsangehöriger hinduistischen Glaubens, reiste im August 1980 in die Bundesrepublik Deutschland ein und ersuchte zunächst erfolglos um Anerkennung als Asylberechtigter. (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 11.6.1982 – 10 K 551/81 –, mit dem die Klage gegen den Ablehnungsbescheid des Bundesamts vom 2.7.1981 als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde)

Am 1.10.1982 heiratete er in Homburg die deutsche Staatsangehörige M und erhielt in der Folge zunächst befristete, später unbefristete Aufenthaltserlaubnisse und schließlich am 5.10.1987 eine Aufenthaltsberechtigung, die nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes in eine Niederlassungserlaubnis übertragen wurde. Im Januar 1989 wurde die Ehe geschieden.

Im August 2006 beantragte die indische Staatsangehörige U bei der deutschen Botschaft in Neu Delhi die Erteilung eines Einreisevisums zum Zweck der Familienzusammenführung (Ehegattennachzug) mit dem Kläger. Dabei legte sie einen Auszug aus dem Heiratsbuch des Hindutempels von Hoshiarpur vom 20.3.2006 vor, wonach sie am 13.2.1990 die Ehe mit dem Kläger geschlossen habe. In einem auf die Remonstration von Frau U gegen die Ablehnung des Antrags verfassten Schreiben der Botschaft heißt es, eine Überprüfung habe ergeben, dass die vorgelegte Urkunde inhaltlich unrichtig sei und dass die nach dem Hindugesetz ( Hindu Marriage Act, 1955) zur Eheschließung erforderliche religiöse Zeremonie mit dem Kläger bereits am 29.5.1980 stattgefunden habe.

Im Juli 2007 hat Frau U beim Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen die Ablehnung ihres Visumsantrags erhoben. In diesem Verfahren wurde mit Blick auf den vorliegenden Rechtsstreit das Ruhen angeordnet. (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 31.1.2008 – VG 11 V 55.07 –)

Mit Bescheid vom 27.8.2007 nahm der Beklagte alle vier dem Kläger ab 1982 erteilten Aufenthaltstitel zurück, forderte ihn zur Ausreise binnen sechs Wochen auf und drohte ihm für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung nach Indien an. In der Begründung heißt es, aufgrund der Ermittlungen der deutschen Auslandsvertretung sei davon auszugehen, dass im August 1980 eine wirksame Ehe mit Frau U geschlossen worden sei, aus der die Söhne S (7.3.1981) und M (28.10.1985) hervorgegangen seien. Dagegen habe der Kläger bei der Meldung als Asylsuchender als Familienstand „ledig“ angegeben. Bei Kenntnis des wahren Sachverhalts hätten das Standesamt in Homburg die Eheschließung mit Frau K nicht vorgenommen und die Ausländerbehörde keine Aufenthaltserlaubnisse erteilen können. Daher habe sich der Kläger sein Aufenthaltsrecht durch unrichtige Angaben erschlichen. Dass der Kläger inzwischen lange Zeit im Bundesgebiet gelebt und gearbeitet habe, gebiete keine andere Entscheidung. Aufenthalt des Klägers und Zugang zum Arbeitsmarkt seien nur aufgrund seiner falschen Angaben möglich gewesen. Bindungen an Personen in Deutschland, die eine Ausreise und die Wiedereingliederung in Indien unzumutbar erscheinen lassen könnten, seien nicht vorgetragen. Die Unrichtigkeit des angegebenen Heiratsdatums im Jahre 1990 sei durch die Ermittlungen der deutschen Botschaft erwiesen und von Frau U inzwischen auch eingeräumt worden.

Der Widerspruch des Klägers, mit dem dieser auf eine Heirat an dem sich aus der im Visumsverfahren vorgelegten Urkunde ergebenden Datum („13.2.1990“) verwiesen hatte, wurde im Juli 2008 zurückgewiesen. (vgl. den Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses bei der Landeshauptstadt Saarbrücken vom 29.7.2008 – 219/07 –) In der Begründung heißt es, die vier im Bescheid der Ausländerbehörde ausgesprochenen Rücknahmen beträfen rechtswidrige Verwaltungsakte. Die erste Aufenthaltserlaubnis aus dem Jahr 1982 sei dem Kläger nach dem damals einschlägigen Ausländerrecht mit Blick auf eine Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen erteilt worden, die in Wahrheit eine verbotene Doppelehe gewesen und daher nicht in den Schutzbereich des Art. 6 GG gefallen sei, weil er bereits 1980 in Indien rechtskräftig eine Ehe geschlossen habe. Das Prinzip der Einehe gehöre zu den grundlegenden Wertevorstellungen in der Bundesrepublik. Entsprechendes gelte auch für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis im Oktober 1983 zur Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft und für die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im Oktober 1985. Durch die Rücknahme dieser Aufenthaltserlaubnisse seien die Voraussetzungen für die im Oktober 1987 erteilte Aufenthaltsberechtigung entfallen. Diese habe einen zuvor rechtmäßigen Aufenthalt von mindestens 5 Jahren vorausgesetzt. Die Rücknahmeentscheidung der Ausländerbehörde sei frei von Ermessensfehlern. Diese habe das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung seiner beruflichen und sozialen Existenz in Deutschland berücksichtigt. Da der Grund für die „fehlerhaften“ Aufenthaltstitel wegen der wissentlich falschen Angaben allein in seinem Verantwortungsbereich liege und er auf deren Bestand nicht hätte vertrauen dürfen, seien seine Interessen weniger gewichtig. Die Ausländerbehörde habe bei der Abwägung auch berücksichtigt, dass der Kläger schon über 25 Jahre in Deutschland lebe und seit langer Zeit auch arbeite. Dies beruhe allerdings auf der nicht dem Schutzbereich des Art. 6 GG unterfallenden früheren Ehe. Seine Familie lebe größtenteils in Indien, Verwandte in Deutschland habe er nicht. Die Rückkehrverpflichtung begründe auch keine unzumutbare Härte, da dem Kläger eine Wiedereingliederung in Indien nicht schwer fallen dürfte. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Kläger als Niederlassungsberechtigter seine indische Ehefrau nach Deutschland nachziehen lassen könne. Mit Belassen der Aufenthaltstitel würde ihm daher eine Bevorzugung gegenüber ehrlichen Ausländern gewährt.

Zur Begründung seiner daraufhin im November 2008 erhobenen Klage hat der Kläger erneut vorgetragen, dass die Eheschließung in Indien erst im Jahr 1990 stattgefunden habe. Unabhängig davon genüge die Rücknahme der Aufenthaltstitel nach nunmehr über 25 Jahre währendem Aufenthalt in Deutschland nicht mehr den rechtlichen Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Der Kläger hat beantragt,

die Rücknahmeverfügung des Beklagten vom 27.8.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 29.7.2008 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen verteidigt und hinsichtlich der Heirat im Heimatland auf die Ermittlungsergebnisse der Deutschen Botschaft in Indien verwiesen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage im März 2009 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die fristgerecht getroffene Rücknahmeentscheidung auf der Grundlage des § 48 SVwVfG sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Aufenthaltstitel seien rechtswidrig erteilt worden. Die 1982 mit Frau K geschlossene Ehe sei eine nach dem deutschen Ehegesetz verbotene und nichtige Doppelehe gewesen. Der Kläger sei seit 1980 rechtswirksam mit Frau U verheiratet. Der von einem Detektivbüro im Auftrag der Botschaft ermittelte Sachverhalt sei, anders als das Vorbringen des Klägers, in jeder Hinsicht stimmig. Der Kläger habe danach kurz nach seiner Hochzeit mit Frau U und vor der Geburt des ersten gemeinsamen Sohnes sein Heimatland in Richtung Europa verlassen, um die Familie zu ernähren. In Deutschland habe er unter Vortäuschung seiner Ledigkeit eine deutsche Staatsangehörige geheiratet. Anschließend sei der Kläger regelmäßig zu Besuchen seiner Familie nach Indien gefahren. Nach Erlangung eines unbefristeten Aufenthaltsrechts und der Ehescheidung Ende der 1980er Jahre hätten der Kläger und Frau U im März 2006 deren Nachzug nach Deutschland beschlossen. Zu dem Zweck hätten sie den Vorsitzenden des Tempelrats überredet, ihre Ehe unter dem Datum 13.2.1990 zu registrieren. Anschließend habe Frau U die Erteilung des Visums zum Ehegattennachzug beantragt. Neben der Plausibilität spreche insbesondere der Bericht der durch die Botschaft eingeschalteten Detektei vom 5.10.2006 für die Richtigkeit dieses Geschehensablaufs. Darin sei detailliert ausgeführt, dass im Heimatort von Frau U allgemein bekannt sei, dass diese seit mindestens 25 Jahren mit dem sich ebenso lange im Ausland aufhaltenden Kläger verheiratet sei. Das hätten mehrere in dem Bericht namentlich benannte Zeugen und letztlich dann auch Frau U bestätigt. Sie habe darüber hinaus nachvollziehbar angegeben, dass sie während der gesamten Zeit ihrer Ehe allein gelebt und die inzwischen erwachsenen Kinder sowie die Schwiegereltern versorgt habe, dass sie nun aber nach Deutschland zu ihrem Ehemann wolle. Für die Richtigkeit spreche mit Nachdruck der zutreffende Hinweis der Botschaft, dass es im ländlichen und konservativen Punjab gesellschaftlich völlig inakzeptabel sei, ein uneheliches Kind zu haben. Der vom Kläger angegebene Zeitpunkt der Eheschließung erst im Jahr 1990 mache nur unter dem Gesichtspunkt Sinn, dass dann die Eheschließung zeitlich nach der Scheidung von der deutschen Ehefrau erfolgt wäre. Ansonsten sei aber nicht erkennbar, weshalb die Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sein sollte, zu dem die gemeinsamen Kinder bereits knapp 9 beziehungsweise 4 Jahre alt gewesen seien, und dass sie dann nochmals erst 16 Jahre später, im März 2006 registriert worden sein sollte. Der Beweiswert des Registerauszugs sei auch durch die Aussage des Vorsitzenden des Tempelrats durchgreifend erschüttert. Dieser habe erklärt, von der Familie des Klägers gebeten worden zu sein, die vorgefertigte Urkunde vom März 2006 mit dem Heiratsdatum 1990 zu unterzeichnen. Damit stehe fest, dass diese Ehe bereits 1980 geschlossen worden und dass die Ehe mit Frau K eine nichtige Doppelehe gewesen sei. Eine nach deutschem Recht unzulässige Doppelehe könne ausländerrechtlich kein Aufenthaltsrecht unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG begründen. Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungs- und des Bundesverfassungsgerichts zur zeitnahen Rücknahme erschlichener Einbürgerungen sei vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verbots eines Entzugs der deutschen Staatsbürgerschaft zu sehen und auf das Ausländerrecht nicht übertragbar. Die Ermessensentscheidung begegne keinen Bedenken. Zutreffend habe sich die Widerspruchsbehörde darauf gestützt, dass der Kläger keine familiären Bindungen in Deutschland habe, seine Familie mit Ausnahme des in Belgien befindlichen ältesten Sohnes in Indien lebe, dass er seine Frau und die Kinder in der Vergangenheit regelmäßig besucht und dass ihm deswegen eine Wiedereingliederung in die dortigen Lebensverhältnisse nicht schwer fallen dürfte.

Zur Begründung der vom Senat gegen diese Entscheidung zugelassenen Berufung (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 3.11.2009 – 2 A 315/09 –) trägt der Kläger vor, es sei mit dem verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar, wenn bei einem Ausländer, der seit fast 30 Jahren in Deutschland lebe, ein jahrzehntelang zurückliegendes Fehlverhalten durch eine ausländerrechtliche Entscheidung zur Vernichtung der wirtschaftlichen und persönlichen Lebensperspektiven führe. In den vergangenen 20 Jahren, in denen er eine Aufenthaltserlaubnis besessen habe, habe er sich in beispielgebender Weise in hiesige Lebensverhältnisse integriert und sei konstant in dieser ganzen Zeit im Ristorante M in A-Stadt beschäftigt. Derzeit verdiene er über 1.200,- EUR netto pro Monat. In dieser Erwerbstätigkeit in Deutschland liege die wirtschaftliche Basis seiner Familie. Bei einer Rückkehr nach Indien stünde er „buchstäblich vor dem Nichts“, was mit den Grundwerten der Verfassung nicht zu vereinbaren sei. Wenn selbst schwerste Straftaten nach 15 Jahren verjährt seien, ein aufenthaltsrechtlich relevantes Fehlverhalten – hier eine Täuschung über den Familienstand – dem Betroffenen aber zeitlich unbegrenzt bis zum „St. Nimmerleinstag“ vorgehalten werden könne, so passe das nicht zusammen. Das Berufungsgericht habe die Aufgabe, insoweit eine zeitliche Grenze zu finden, wie dies die höchstrichterliche Rechtsprechung für die Rücknahme von Einbürgerungen getan habe. Diese könne beispielsweise in Anlehnung an Verjährungsfristen oder an die Tilgungsfristen beim Bundeszentralregister bestimmt werden. Bei zeitnaher Aufdeckung des Täuschungstatbestands und strafrechtlicher Verurteilung wäre zwischenzeitlich das Register selbst bei Verhängung einer höheren Strafe „längst wieder sauber“.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11.3.2009 – 5 K 1724/08 – die Rücknahmeverfügung des Beklagten vom 27.8.2007 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 29.7.2008 aufzuheben, und

die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung und macht geltend, der § 48 SVwVfG sehe lediglich eine Frist von einem Jahr seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Umstände vor, die hier eingehalten worden sei. Damit sei der Behörde mit Blick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung die Möglichkeit eingeräumt, einen unter Verletzung der Rechtsordnung erlassenen Verwaltungsakt wieder zu beseitigen. Eine weitere zeitliche Beschränkung erscheine auch nicht angebracht, da andernfalls eine über Jahrzehnte begangene und wiederholte Täuschung der Ausländerbehörde durch den Kläger letzten Endes belohnt werde. Die Dauer der Aufrechterhaltung der Täuschung bis zur Kenntniserlangung der Behörde könne dem Täuschenden nicht zugute kommen. Bei der Einbürgerung, bei der inzwischen grundsätzlich auch eine Rücknahmemöglichkeit anerkannt sei, sei der dadurch begründete Rechtsstatus von besonderer Bedeutung. Das gebiete eine abweichende Betrachtung. Die Berufung des Klägers auf strafrechtliche Verjährungs- und Tilgungsfristen könne wegen insoweit anderweitiger Zielrichtung verwaltungsrechtlich ebenfalls nicht durchgreifen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens, der Akte 18 V 55.07 des Verwaltungsgerichts Berlin sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

I.

Die vom Senat zugelassene, auch ansonsten hinsichtlich ihrer Zulässigkeit keinen Bedenken unterliegende Berufung des Klägers ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene ausländerbehördliche Bescheid vom 27.8.2007, durch den insgesamt vier dem Kläger in den Jahren 1982 bis 1987 erteilte Aufenthaltstitel – ergänzt durch Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung – zurückgenommen wurden, und der dies bestätigende Widerspruchsbescheid vom 29.7.2008, die aus Sicht des Senats als behördliche Entscheidungen nicht bereits mit Blick auf § 44 Abs. 2 Nr. 6 SVwVfG als nichtig angesehen werden können, (vgl. hingegen VG Regensburg, Urteil vom 27.5.2009 – RN 9 K 08.01658 –, juris, dort im Zusammenhang mit der Beurteilung von Einbürgerungsvoraussetzungen) sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der genannten Aufenthaltstitel ergibt sich aus § 48 SVwVfG. Wie der an die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Terminologie anknüpfende § 51 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG verdeutlicht, geht der Gesetzgeber davon aus, dass auch rechtswidrig erteilte bestandskräftige Aufenthaltstitel von der zuständigen Behörde aufgehoben werden können. Da die in Betracht kommende Rücknahme, anders als der Widerruf rechtmäßig erteilter Titel (vgl. dazu § 52 AufenthG), im Aufenthaltsrecht keiner speziellen Regelung unterworfen wurde, ist insoweit auf die allgemeine Vorschrift in § 48 SVwVfG zurückzugreifen. Die formalen Voraussetzungen und die der Vorschrift zu entnehmenden tatbestandlichen Anforderungen für die Rücknahme liegen zwar vor (A.); die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen genügen indes nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung im Sinne des § 40 SVwVfG (B.).

A.

1. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SVwVfG können unanfechtbare rechtswidrige Verwaltungsakte (auch) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Dem Bescheid der Ausländerbehörde vom 27.8.2007 lässt sich zwar nicht ausdrücklich entnehmen, dass eine Rücknahme für die Vergangenheit erfolgt ist. Dies ergibt sich jedoch eindeutig aus der Begründung und dem Gesamtzusammenhang. (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.4.2005 – 1 C 9.04 –, AuAS 2005, 218, wonach an die Bejahung eines nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebrachten Willens der Ausländerbehörde zur Rücknahme auch für die Vergangenheit geringe Anforderungen zu stellen sind) Besonders deutlich wird das im Widerspruchsbescheid, wo aus der Rücknahme der ersten drei Aufenthaltserlaubnisse (1982 bis 1985) das Entfallen der zeitlichen Voraussetzung eines rechtmäßigen Voraufenthalts von mindestens fünf Jahren für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (§ 8 Abs. 1 AuslG 1965) im Oktober 1987 abgeleitet wird. Daher steht der Anwendung des § 48 SVwVfG auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach die bundesrechtliche Spezialvorschrift des § 7 Abs. 4 AuslG 1965, nach der auf der Grundlage des Ausländergesetzes (1965) erteilte Aufenthaltserlaubnisse nachträglich räumlich und zeitlich beschränkt sowie mit Bedingungen und Auflagen versehen werden konnten, den Rückgriff auf die landesrechtlichen Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Aufenthaltstitel für die Zukunft ausschloss. (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.3.1982 – 1 C 20.81 –, DÖV 1982, 739 )

2. Bei den zurückgenommenen (vier) Aufenthaltstiteln handelte es sich um rechtswidrige Verwaltungsakte im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SVwVfG. Nach dem bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse an den Kläger ab dem Jahr 1982 maßgeblichen § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 durfte einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Anwesenheit Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht beeinträchtigte (sog. Negativschranke). War letzteres nicht der Fall, stand die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Sie hatte die im Einzelfall für und gegen den Aufenthalt sprechenden Belange gerecht gegeneinander abzuwägen. Im Fall des Klägers als abgelehnter Asylbewerber, der zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts damals noch auf die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen angewiesen war, kam die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ernsthaft nur mit Blick auf seine am 1.10.1982 vor dem Standesamt in Homburg/Saar geschlossene Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen K (vgl. die Heiratsurkunde vom selben Tag, Blatt 86 der Ausländerakte) in Betracht.

Bei einem mit deutschem Partner verheirateten Ausländer hatten durch seine Anwesenheit berührte Belange der Bundesrepublik gegenüber dem durch die Wert setzende Bedeutung des Art. 6 GG vorgegebenen staatlichen Belang, Ehe und Familie zu schützen, grundsätzlich zurückzutreten, sofern nicht Ausweisungsgründe im Sinne des § 10 Abs. 1 AuslG 1965 erfüllt waren. (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.9.1978 – I C 79.76 –, BVerwGE 56, 246, ebenso Ziffer 4a. der einschlägigen Verwaltungsvorschriften (AuslVwV), GMBl. 1977, 202, abgedruckt bei Kanein, Ausländerrecht, 4. Auflage 1988, zu § 2 AuslG) Entgegen der im Widerspruchsbescheid anklingenden Auffassung kann allerdings heute – fast 30 Jahre später – nicht bereits tragend darauf abgestellt werden, dass zumindest 1982 und 1983 mit Blick auf eine damals noch fehlende Eigensicherung des Lebensunterhalts des Klägers wohl ein Ausweisungsgrund nach § 10 Abs. 1 Nr. 10 AuslG 1965 vorgelegen habe. Die Ausländerbehörde hat diesem Aspekt seinerzeit im Rahmen des § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 aus ihrer Sicht gegenüber dem Gesichtspunkt des „Familiennachzugs“ – zu Recht – nachrangige Bedeutung beigemessen. Letztlich entscheidungserheblich ist dies vorliegend ebenso wenig wie die Frage, ob ein Ausweisungsgrund auch mit Blick auf einen Verstoß gegen die Strafvorschriften nach § 172 StGB (damals noch § 171 StGB) und § 47 Abs. 1 Nr. 6 AuslG 1965 im Raum stand, obwohl der § 10 AuslG 1965 insoweit noch keine den Nachfolgebestimmungen in §§ 46 Nr. 2 AuslG 1990, 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG entsprechende Vorschrift enthielt. (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.12.2009 – 18 A 1787/06 –, juris)

Der Kläger war jedenfalls vor seiner Heirat mit Frau K aufgrund einer im August 1980 in Indien im Tempel von Hoshiarpur vollzogenen Zeremonie nach dem Hindu Marriage Act 1955 (HMA) (vgl. das Hindu-Ehegesetz Nr. 25 vom 18.5.1955, abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht; speziell zu den Zeremonien des Saptapadi nach Section 7 des Gesetzes VGH Mannheim, Urteil vom 11.1.2006 – 13 S 2345/05 –, FamRZ 2007, 144) mit der indischen Staatsangehörigen U eine rechtswirksame Ehe eingegangen. Das hat das Verwaltungsgericht unter ausführlicher Berücksichtigung der insoweit „erdrückenden“ Tatsachenlage detailliert herausgearbeitet. Diesen überzeugenden Ausführungen, die sich der Senat zu Eigen macht, ist der Kläger im Rechtsmittelverfahren nicht mehr entgegengetreten. Eine möglicherweise seinerzeit (1980) zunächst unterbliebene Registrierung der Heirat berührt die Gültigkeit der Hindu-Ehe nicht; sie ist zwar vorgesehen, dient aber nach Sec. 8 Abs. 5 HMA lediglich Beweiszwecken. Im Ausland begründete familienrechtliche Verhältnisse sind im Inland anzuerkennen, sofern sie nicht dem ordre public (Art. 6 EGBGB) zuwiderlaufen. Dafür gibt es hier – bezogen auf die Hochzeit des Klägers mit Frau U – keine Anhaltspunkte. (Frau U ist ausweislich der Akten des VG Berlin 1959 geboren, so dass auch vom Alter her keine Bedenken bezüglich einer gegen den ordre public verstoßenden Heirat bestehen; speziell zu Altersgrenzen und Folgeregelungen bei Nichtbeachtung nach Section 11, 12, 13 des Hindu-Ehegesetzes VGH Mannheim, Urteil vom 11.1.2006 – 13 S 2345/05 –, FamRZ 2007, 144)

Die (zweite) Heirat in Deutschland im Jahre 1982 verstieß vor dem Hintergrund gegen das seinerzeit dem § 5 EheG (heute § 1306 BGB) zu entnehmende, bei Nichtbeachtung gemäß § 20 EheG unheilbar zur Nichtigkeit der Ehe führende Verbot der Doppelehe. Danach durfte ein lediger Inländer die Ehe mit einem verheirateten Ausländer auch dann nicht eingehen, wenn dessen Heimatrecht das Verbot der Doppelehe nicht kannte. (vgl. etwa Müller-Gindullis in Münchner Kommentar zum BGB, Band 5, Familienrecht, 1978, Anm 1 zu § 5 EheG) Der ausländerrechtlichen „Verwertbarkeit“ dieses Umstands steht nicht entgegen, dass nach dem bis 1998 geltenden § 23 EheG, (vgl. für die Folgezeit das Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4.5.1998, BGBl I, 833 ff.) wonach sich niemand auf die Nichtigkeit der Ehe berufen konnte, bis diese durch Urteil des zuständigen Familiengerichts – was hier unstreitig nie geschehen ist – für nichtig erklärt worden war, die Nichtigkeit einer verbotswidrig vor dem deutschen Standesamt geschlossenen Doppelehe nur als rückwirkende Vernichtbarkeit ausgestaltet war. Nach gegenwärtigem Recht unterliegt die nach § 1306 BGB verbotene bigamische Ehe oder Doppelehe sogar nur noch einer Aufhebbarkeit (§ 1314 Abs. 1 BGB) durch gerichtliches Urteil mit Wirkung für die Zukunft (§ 1313 Satz 2 BGB). Das gilt nach der Überleitungsbestimmung in Art. 226 Abs. 3 EGBGB auch für – wie im Fall der Ehe des Klägers mit Frau K – vor der Rechtsänderung zum 1.7.1998 geschlossene „Altehen“, bei denen bis zu dem genannten Zeitpunkt keine Nichtigkeitsklage anhängig gemacht worden war, so dass aus heutiger Sicht hinsichtlich der inzwischen lange – seit 1989 – geschiedenen Ehe eine rückwirkende Nichtigerklärung (§ 23 EheG) ohnehin nicht mehr in Betracht käme. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind fehlerhaft zustande gekommene Ehen bis zu diesem Zeitpunkt als (voll) gültig zu behandeln. (vgl. etwa Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 3. Auflage 2008, Vor §§ 1313 bis 1320 Rn 2, unter Verweis auf BGH Urteile vom 17.1.2001 – XII ZR 266/98 –, FamRZ 2001, 685 und vom 9.1.2002 – XII ZR 58/00 –, MDR 2002, 250 ) Eine nachträgliche Aufhebung der bereits geschiedenen Ehe kommt hier ohnehin nicht in Betracht (§ 1317 Abs. 3 BGB). (vgl. auch OLG Nürnberg, Urteil vom 30.6.1997 – 7 UF 1117/97, juris)

Die familienrechtlichen Vorschriften stehen indes – wie im Falle der so genannten Zweck- oder Scheinehe, die nur zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts in der Bundesrepublik Deutschland und damit zu einem nach deutschem Verständnis ehefremden Zweck geschlossen wird, (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 5.5.2003 – 2 BvR 2042/02 –, FamRZ 2003, 1000) ebenfalls zivilrechtlich wirksam ist und hinsichtlich ihrer Auflösung ohne Einschränkung dem Scheidungsrecht (heute §§ 1564 ff. BGB) unterliegt (vgl. etwa Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 3. Auflage 2008, § 1564 Rn 2) -einer „Verwertbarkeit“ des Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot der Doppelehe im Rahmen der ausländerrechtlichen Vorschriften über den Familiennachzug (§§ 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965, heute § 27 Abs. 1 AufenthG), die materiell an den Schutzbereich des Art. 6 GG anknüpfen, nicht entgegen. Das Ausländerrecht ist vielmehr in Anlehnung an das bereits verfassungsrechtlich vorgegebene Verbot der Doppelehe auszulegen. Daher ist in der ausländerrechtlichen Verweigerung der auf das Institut der Ehe gründenden Möglichkeiten eines Familiennachzugs beziehungsweise eines aus der Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen abgeleiteten Bleiberechts durch die Ausländerbehörde bei Schein- und Doppelehen kein Verstoß gegen die familienrechtlichen Folgenregelungen in den §§ 23 EheG, 1314 Abs. 1 BGB zu erblicken. (vgl. etwa VGH Mannheim, Beschlüsse vom 21.8.2007 – 11 S 995/07 –, NJW 2007, 3453, unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien zu § 17 AuslG 1990, BT-Drs. 11/6321, Setie 60, wonach der Hinweis auf Art. 6 GG im Wortlaut der Vorschrift begrenzende Funktion hat, um eine Nachzugsberechtigung vom Familienangehörigen aus einer Mehrehe auszuschließen, vom 11.1.2006 – 13 S 2345/05 –, FamRZ 2007, 144, und vom 15.8.2005 – 13 S 951/04 –, Justiz 2006, 147) Aufenthaltsrechtlicher Nachzug soll nur in dem durch Art. 6 Abs. 1 GG gebotenen Umfang erfolgen und damit grundsätzlich auch begrenzt werden. Zu dem begünstigten Personenkreis zählt der doppelt verheiratete Ausländer nicht. (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.12.2009 – 18 A 1787/06 –, juris, unter Verweis auf die Beschlüsse vom 6.1.2009 – 18 B 1914/08 – und vom 11.12.2006 – 19 B 883/06 –, ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 12.3.2004 – 10 A 11717/03 –, bei juris) Der verfassungsrechtliche Begriff der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GG und die dadurch ausgefüllte, im genannten Sinne in allen bisherigen Gesetzesfassungen ausländerrechtlich beachtliche grundrechtliche Schutzgarantie (heute § 27 Abs. 1 AufenthG) basieren auf dem Prinzip der Einehe. (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 30.11.1982 – 1 BvR 818/81 –, BVerfGE 62, 323, BVerwG, Urteil vom 30.4.1985 – 1 C 33.81 –, BVerwGE 71, 228)

Im Ergebnis ist daher von der Rechtswidrigkeit der dem Kläger zwischen 1982 und 1987 erteilten Aufenthaltstitel und damit vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigung zur Rücknahme in § 48 Abs. 1 Satz 1 SVwVfG auszugehen.

3. Weder aus den in § 48 Abs. 1 Satz 2 SVwVfG in Verbindung mit den Absätzen 2 und 3 geregelten Einschränkungen für die Rücknahme begünstigender, insbesondere auf Geld- oder Sachleistungen gerichteter Verwaltungsakte, noch unter formellen Gesichtspunkten ergeben sich im konkreten Fall weiter gehende Anforderungen. Der Kläger wurde insbesondere vor Erlass des Rücknahmebescheids angehört (§ 28 Abs. 1 SVwVfG) und die Ermessensentscheidung wurde begründet (§ 39 Abs. 1 SVwVfG). Die ab Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Umstände laufende Jahresfrist (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Beschluss vom 19.12.1984 – Gr.Sen 1 und 2.84 –, BVerwGE 70, 356, und Urteil vom 24.1.2001 – 8 C 8.00 –, DVBl. 2001, 1221) des § 48 Abs. 4 Satz 1 SVwVfG wurde eingehalten. (vgl. die Aktennotiz vom 21.11.2006, Blatt 161 der Ausländerakte, aus der sich erstmals Hinweise auf eine Kenntnis der damals zuständigen Ausländerbehörde (Landeshauptstadt Saarbrücken) ergeben)

Über die am Grundsatz der Rechtssicherheit orientierte Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 SVwVfG hinaus lassen sich entgegen der Auffassung des Klägers weder dem einfachen Gesetz noch verfassungsrechtlichen Anforderungen weiter gehende, auf den Erteilungszeitpunkt bezogene Fristen für die Rücknahme rechtswidriger, insbesondere – wie hier – durch falsche Angaben des Ausländers gegenüber den deutschen Behörden erwirkter Aufenthaltstitel entnehmen. Die seit 2009 im Gefolge der Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 – 2 BvR 669/04 –, DVBl. 2006, 910) im Staatsangehörigkeitsrecht normierte absolute zeitliche Grenze von fünf Jahren ab Bekanntgabe für die Rücknahme von durch arglistige Täuschung, Drohung, Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkte rechtswidrige Einbürgerungen (§ 35 Abs. 3 StAG n.F.) ist vor dem Hintergrund der besonderen statusrechtlichen Auswirkungen der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit auch für Dritte und des verfassungsrechtlichen Verbots einer Entziehung in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG zu sehen. Ein vergleichbarer normativer Wert ist für aufenthaltsrechtliche Titel, die einem Ausländer die Berechtigung zum – gegebenenfalls auch unbefristeten – Aufenthalt vermitteln, in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht verankert. Dies verdeutlichen bereits die in § 51 AufenthG vorgesehenen zahlreichen Tatbestände für ein Erlöschen von Aufenthaltstiteln, unter anderem durch die Rücknahme (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG). Diesen Vorschriften ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber dem im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht regelmäßig durch die Unanfechtbarkeit von Verwaltungsakten gewährleisteten Grundsatz der Rechtssicherheit im Aufenthaltsrecht kein im Vergleich zu anderen Rechtsbereichen besonderes Gewicht beigemessen hat. Für eine vom Kläger in Anlehnung an strafrechtliche Verjährungs- oder Tilgungsfristen geforderte, an den Zeitpunkt der Bekanntgabe oder der Unanfechtbarkeit der Aufenthaltstitel anknüpfende richterrechtliche „Fristfindung“ ist daher – anders als im Einbürgerungsrecht – weder Veranlassung noch Raum. (vgl. hierzu für den Bereich der Einbürgerung BVerwG, Urteil vom 14.2.2008 – 5 C 4.07 –, NVwZ 2008, 685, vor Erlass des § 35 Abs. 3 StAG 2009) Die Tilgung einer Bestrafung im Bundeszentralregister knüpft im Übrigen auch bei einer langen Frist zwischen Tatbegehung und strafgerichtlicher Ahndung an den letztgenannten Zeitpunkt an. (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Urteil vom 15.10.2009 – 2 A 329/09 – zur Verwertbarkeit im Rahmen des gesetzlichen Ausschlussgrundes nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG bei der gesetzlichen Altfallregelung)

Der Kläger kann sich gegenüber der Rücknahmeentscheidung schließlich auch nicht auf eine Verwirkung der der Behörde durch § 48 SVwVfG grundsätzlich eingeräumten Rücknahmebefugnis infolge bloßen „Zeitablaufs“ berufen.

B.

Der Rücknahmeentscheidung der damals zuständigen Ausländerbehörde bei der Landeshauptstadt A-Stadt vom 27.8.2007 liegt jedoch eine gerichtlicher Überprüfung auch in den Grenzen des § 114 VwGO nicht standhaltende Ermessensausübung (§ 40 SVwVfG) zugrunde. Entscheidend abzustellen ist insoweit auf den Widerspruchsbescheid vom 29.7.2008 des hier im Rahmen der Überprüfung nach § 68 VwGO uneingeschränkt in die Position der Ausgangsbehörde eingetretenen Stadtrechtsausschusses (§§ 5, 8 AGVwGO). Die Frage, ob in solchen Fällen hinsichtlich des Tatsachenmaterials auf die Sachlage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens oder auf den Entscheidungszeitpunkt des Gerichts abzustellen ist, kann dahinstehen. Wesentliche Veränderungen sind abgesehen vom weiteren Zeitablauf insoweit nicht eingetreten. Bei einer Rücknahme bereits unanfechtbar gewordener Verwaltungsakte hat die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung zu prüfen, ob es aufgrund besonderer Umstände erforderlich erscheint, von der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzes zugunsten der Bestandskraft und damit der Rechtssicherheit ausnahmsweise abzuweichen. Dabei sind neben den in Rede stehenden öffentlichen Interessen sowie der Art und Intensität des mit der Rücknahme zu korrigierenden Rechtsverstoßes auch die Auswirkungen für den Betroffenen in den Blick zu nehmen und nach ihrer Bedeutung angemessen zu berücksichtigen.

Einschränkungen ergeben sich im Fall der Rücknahme der Aufenthalterlaubnisse (1982 bis 1985) und der seinen Status verfestigenden Aufenthaltsberechtigung (1987) des Klägers (§ 8 AuslG 1965) nicht nach den allgemeinen Grundsätzen über das so genannte intendierte Ermessen, für dessen Betätigung vom Gesetzgeber eine „Richtung“ beziehungsweise ein bestimmtes Ergebnis gewissermaßen bereits als vom Gesetz „gewollt“ vorgezeichnet ist und bei dem es vorbehaltlich vom Regelfall abweichender Besonderheiten des Einzelfalls keiner besonderen Erwägungen des „Für und Wider“ bedarf. (vgl. für den Bereich bauaufsichtsbehördlicher Beseitigungsanordnungen grundlegend BVerwG, Beschluss vom 28.8.1980 – 4 B 67.80 –, BRS 36 Nr. 93) Ein derart intendiertes Ermessen der Ausländerbehörden ergibt sich in diesen Fällen insbesondere nicht aus dem § 48 Abs. 2 Satz 4 SVwVfG. (vgl. hierzu allgemein BVerwG, Urteil vom 23.5.1996 – 3 C 13.94 –, ESLR 4, ÖR 45, betreffend die Rücknahme von Subventionsbescheiden (EU)) Die ausländerrechtliche Aufenthaltserlaubnis ist nicht auf Geldleistung oder teilbare Sachleistungen gerichtet (§ 48 Abs. 2 Satz 1 SVwVfG) und die Verweisung in § 48 Abs. 3 SVwVfG für sonstige begünstigende Verwaltungsakte erfasst zum einen den § 48 Abs. 2 Satz 4 SVwVfG gerade nicht; sie ist zum anderen als Anschlussregelung zu § 48 Abs. 3 Satz 1 SVwVfG zu sehen, der nur den Anspruch des Adressaten der Rücknahme auf Ausgleich von Vermögensnachteilen betrifft und insoweit durch die Bezugnahme auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SVwVfG ein dabei zu forderndes schutzwürdiges Vertrauen ausschließt. (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 11.1.2006 – 13 S 2345/05 –, FamRZ 2007, 144, zum einschlägigen Landesrecht und zu einem vom Sachverhalt vergleichbaren Fall, in dem die Ausländerbehörde bei der Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis keine besonderen Ermessenserwägungen angestellt hatte; so auch OVG Münster, Urteil vom 3.12.2009 – 18 A 1787/06 –, juris)

Hiervon ausgehend ist zunächst festzustellen, dass der Stadtrechtsausschuss ungeachtet des einleitenden auf den Ausgangsbescheid bezogenen Hinweises auf eine „ermessensfehlerfrei erfolgte“ Rücknahme der Aufenthaltstitel des Klägers durch die Ausländerbehörde inhaltlich die gebotene (eigene) Ermessensentscheidung getroffen hat und dabei auch von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Die Widerspruchsbehörde hat jedoch in dem Zusammenhang ausdrücklich hervorgehoben, dass der Grund für die „fehlerhaften“ Aufenthaltstitel wegen der wissentlich falschen Angabe des Klägers hinsichtlich seiner Ledigkeit bei der Heirat mit Frau K allein in seinem Verantwortungsbereich liege und dass er deshalb auf deren Bestand nicht habe vertrauen dürfen. Deswegen seien seine Interessen weniger gewichtig.

Der Kläger lebt seit nunmehr knapp 30 Jahren in Deutschland, arbeitet seit Jahrzehnten – auch gegenwärtig – bei demselben Arbeitgeber in A-Stadt im Ristorante M., bestreitet damit dauerhaft seinen Lebensunterhalt selbst und ist in der gesamten Zeit seines Aufenthalts in Deutschland ersichtlich – von dem Rücknahmeanlass abgesehen – nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten oder gar strafrechtlich in Erscheinung getreten. Vor dem Hintergrund ist in dieser Hinsicht von einer „gelungenen“ sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Integration in hiesige Lebensverhältnisse auszugehen, die in den Schutzbereich des „Privatlebens“ nach Art. 8 Abs. 1 EMRK fällt, (vgl. zur Begrifflichkeit und dem Inhalt dieser letztlich auf das Recht auf Selbstbestimmung und freie Entfaltung der Persönlichkeit und der Lebensführung des Menschen zurückzuführenden Garantie etwa Meyer-Ladewig, EMRK – Handkommentar, 2. Auflage 2006, Art. 8 Rn 3, Grabenwarter, EMRK, 3. Auflage 2008, Rn 6 ff.) der Eingriffe nur in den Schranken des Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässt. Danach muss der Eingriff in ein nach Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Recht „gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ sein, das heißt einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel einer dauerhaften Aufenthaltsbeendigung stehen. Um letztere geht es in der Sache bei dem Kläger, wie die im Rücknahmebescheid enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung zeigt.

Mit dieser grundsätzlichen Wertentscheidung, wegen der die nationalen Gerichte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) beispielsweise in Ausweisungsverfahren selbst bei Vorliegen schwerster Straftaten des betroffenen Ausländers aus dem Katalog der – nach dem Verständnis des deutschen Bundesgesetzgebers – „zwingend“ eine Aufenthaltsbeendigung gebietenden Delikte (§ 53 AufenthG) gehalten sind, derartige Integrationsleistungen und speziell etwa die Dauer des Aufenthalts im Einzelfall, das Verhalten des Betroffenen seit der Tatbegehung sowie die sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen angemessen in die Fallbeurteilung einzustellen, (vgl. hierzu zuletzt OVG des Saarlandes, Urteil vom 4.2.2010 – 2 A 448/08 –, dort insbesondere zu den in der Rechtsprechung des EGMR, Urteile vom 28.6.2007 – 31753/02, InfAuslR 2007, 325, zum Fall eines unter anderem wegen mehrfachen versuchten schweren Menschenhandels, Zuhälterei, Drogendelikten, Trunkenheit im Verkehr und nach den Feststellungen des (nationalen) Strafgerichts mit „äußerster Brutalität“ begangener mehrfacher gefährlicher Körperverletzung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilten Ausländers, und vom 23.6.2008 – 1638/03 –, InfAuslR 2008, 333 entwickelten allgemeinen Leitlinien zur Einzelfallbewertung) lässt es sich nicht vereinbaren, dass die Widerspruchsbehörde zwar formal auf eine „Berücksichtigung“ des Interesses des Klägers „an einem weiteren Aufenthalt und an der Aufrechterhaltung seiner beruflichen und sozialen Existenz in Deutschland“ hinweist, sodann „jedoch“ deren geringeres Gewicht herausstellt, weil er „wissentlich falsche Angaben zu seinem Familienstand“ gemacht habe und deswegen der „Grund der fehlerhaften Aufenthaltstitel allein in seinem Bereich“ liege. Dies wie auch der anschließende, wohl generalpräventiv motivierte Hinweis einer gebotenen Vermeidung der Besserstellung gegenüber anderen Ausländern lässt die notwendige angemessene Berücksichtigung der genannten Rechtsstellung des Klägers vermissen. Gleiches gilt für den Hinweis, dass ebenfalls „berücksichtigt“ worden sei, dass der Kläger schon seit mehr als 25 Jahren in Deutschland lebe und seit langer Zeit auch arbeite. Direkt im anschließenden Satz weist die Widerspruchsbehörde darauf hin, „jedoch“ basierten langer Aufenthalt und Zugang zum Arbeitsmarkt „unberechtigter Weise auf der nicht dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG unterfallenden“ früheren Ehe mit Frau K. Beide Gegenüberstellungen machen deutlich, dass die sich quasi aufdrängende Problematik des Falles hinsichtlich Aufenthaltsdauer, Integrationsleistungen, sonstiger strafrechtlicher „Unbescholtenheit“ und langjähriger wirtschaftlicher Eigensicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zwar gesehen, indes jeweils sofort unter Hinweis darauf zumindest sehr stark relativiert, wenn nicht gänzlich mit der Erwägung „vom Tisch gewischt“ worden ist, dass es sich dabei um die nicht schutzwürdigen Früchte eines Fehlverhaltens des Klägers zu Beginn seines Aufenthalts in Deutschland handele. Das Verschweigen der Heirat mit Frau U vor nunmehr fast 30 Jahren rechtfertigt es aber im Ergebnis nicht, dass dem Kläger heute schutzwürdige Belange im Sinne des Art. 8 EMRK und der dazu allgemein vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) aufgestellten Leitlinien und Beurteilungskriterien (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Urteil vom 4.2.2010 – 2 A 448/08 –, unter Verweis auf EGMR, Urteil vom 28.6.2007 – 31753/02 –, InfAuslR 2007, 325) grundsätzlich abgesprochen werden. Nach dem in der Festlegung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 EMRK durch die Vertragsstaaten zum Ausdruck gebrachten Grundanliegen kann es hierbei nicht darum gehen, ein – vom Kläger inzwischen eingestandenes – Fehlverhalten bei der Eheschließung im Jahre 1982 durch unzutreffende Angabe seines Familienstandes nunmehr nachträglich im Wege der Rücknahme seiner Aufenthaltstitel zu ahnden und den Kläger so nachträglich (doch noch) zu „bestrafen“. Vor diesem Hintergrund haben der Beklagte beziehungsweise die Widerspruchsbehörde auch bei Berücksichtigung des ihnen hinsichtlich der Gewichtung der beteiligten Interessen im Rahmen der Ermessensausübung zuzubilligenden Beurteilungsspielraums die Bedeutung der gegen einen Widerruf sprechenden Belange des seit Jahrzehnten „unbescholten“ in Deutschland lebenden und insbesondere beruflich und wirtschaftlich integrierten Klägers verkannt. Eine grundlegend abweichende Beurteilung erscheint auch nicht schon deswegen gerechtfertigt, weil die Täuschung bei der Erteilung der anschließenden Aufenthaltstitel in den Jahren 1983 bis 1987 „fortwirkte“ oder weil sie bei Stellung des Visumsantrags von Frau U (2006) wohl mit Wissen des Klägers „verschleiert“ werden sollte.

Klarstellend sei hinzugefügt, dass diese Entscheidung maßgeblich bestimmt wird durch die Umstände des konkreten Einzelfalles, insbesondere die sehr lange Dauer seines Aufenthalts mit der Folge des entsprechenden zeitlichen Abstands zur ihm nunmehr vom Beklagten vorgehaltenen „Lüge“, die allein Anlass für ein behördliches Tätigwerden bot, und das – jedenfalls aktenkundig – tadellose Verhalten des Klägers über diesen langen Zeitraum. Der Widerspruchsbehörde ist sicher zuzugestehen, dass der Kläger in Deutschland keine Verwandten hat. Dass dieser Aspekt von der Behörde als ausreichend tragend für die Rücknahmeentscheidung angesehen worden wäre, kann allerdings nach dem zuvor Gesagten ausgeschlossen werden. Maßgebender Grund für die Entschließung zum Widerruf war vielmehr allein die genannte grundlegende Relativierung aller langjährig erbrachten Integrationsleistungen des Klägers durch den Verweis auf den Umstand, dass sein Aufenthalt allein auf die Heirat im Jahr 1982 beziehungsweise die seinerzeitige unrichtige Angabe des Familienstands zurückzuführen sei.

Die Frage, ob der Ehefrau des Klägers nach den einschlägigen aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen in dem § 30 AufenthG bei seinem Verbleib in Deutschland ein Anspruch auf Ehegattennachzug zustünde, ist selbständig anhand der insoweit geltenden gesetzlichen Anforderungen zu beantworten, rechtfertigt es aber ebenfalls nicht, dem Interesse des Klägers an einem weiteren Leben in Deutschland ein deutlich gemindertes Gewicht beizumessen. Wie jeder andere Ausländer hat auch der Kläger bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben das Recht auf Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet. Das gilt auch für die in anderem Zusammenhang, nämlich bei der Beurteilung der Rücknahmevoraussetzungen, als gültige (erste) Heirat berücksichtigte Eheschließung zwischen dem Kläger und Frau U. Schließlich ist auch den in den Behördenentscheidungen anklingenden generalpräventiven Gesichtspunkten keine derart herausgehobene Bedeutung beizumessen, dass sie eine Zurückstellung der gewichtigen Interessen des Klägers rechtfertigen könnten. Soweit insoweit die Schaffung eines „Berufungsfalls“ befürchtet wird, bleibt festzustellen, dass ein inhaltlich vergleichbarer Fall – wenn überhaupt – doch allenfalls sehr selten praktisch werden dürfte. Die starke Einzelfallabhängigkeit dieser Betrachtung zeigt beispielhaft der Fall eines Landsmanns des Klägers, in dem das OVG Münster (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.12.2009 – 18 A 1787/06 –, juris, dort Rn 181 bis 185) die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnisse – nachvollziehbar – als (auch) ermessensgerecht gebilligt hat. Dieser hatte bei vergleichbarer Ausgangslage zuvor seinen Aufenthalt im Wege der Asylantragstellung unter Täuschung gegenüber dem Bundesamt über seine Identität zu sichern versucht, an dem Versuch der Täuschung über seinen Familienstand bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens festgehalten, Unterhaltspflichten gegenüber der (zweiten) deutschen Ehefrau vernachlässigt, war in Deutschland lediglich befristet zu Hilfstätigkeiten beschäftigt gewesen und war auch ansonsten straffällig geworden.

Vor diesem Hintergrund waren die Rücknahmeentscheidungen im Fall des Klägers wegen einer in dieser Form den besonderen Sachverhaltsumständen nicht gerecht werdenden Ermessensbetätigung und der sich daraus ergebenden Nichtbeachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne aufzuheben.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus dem § 154 Abs. 1 VwGO. Der vom Kläger gesondert beantragte Ausspruch nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist gerechtfertigt, da er angesichts der Schwierigkeit der durch den Rechtsbehelf zur Beurteilung gestellten Sach- und Rechtslage die Hinzuziehung seines Bevollmächtigten bereits im Widerspruchsverfahren für geboten erachten durfte.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG, ebenso bereits die vorläufige Festsetzung im Beschluss vom 3.11.2009 – 2 A 315/09 –).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

I.

Die vom Senat zugelassene, auch ansonsten hinsichtlich ihrer Zulässigkeit keinen Bedenken unterliegende Berufung des Klägers ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene ausländerbehördliche Bescheid vom 27.8.2007, durch den insgesamt vier dem Kläger in den Jahren 1982 bis 1987 erteilte Aufenthaltstitel – ergänzt durch Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung – zurückgenommen wurden, und der dies bestätigende Widerspruchsbescheid vom 29.7.2008, die aus Sicht des Senats als behördliche Entscheidungen nicht bereits mit Blick auf § 44 Abs. 2 Nr. 6 SVwVfG als nichtig angesehen werden können, (vgl. hingegen VG Regensburg, Urteil vom 27.5.2009 – RN 9 K 08.01658 –, juris, dort im Zusammenhang mit der Beurteilung von Einbürgerungsvoraussetzungen) sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der genannten Aufenthaltstitel ergibt sich aus § 48 SVwVfG. Wie der an die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Terminologie anknüpfende § 51 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG verdeutlicht, geht der Gesetzgeber davon aus, dass auch rechtswidrig erteilte bestandskräftige Aufenthaltstitel von der zuständigen Behörde aufgehoben werden können. Da die in Betracht kommende Rücknahme, anders als der Widerruf rechtmäßig erteilter Titel (vgl. dazu § 52 AufenthG), im Aufenthaltsrecht keiner speziellen Regelung unterworfen wurde, ist insoweit auf die allgemeine Vorschrift in § 48 SVwVfG zurückzugreifen. Die formalen Voraussetzungen und die der Vorschrift zu entnehmenden tatbestandlichen Anforderungen für die Rücknahme liegen zwar vor (A.); die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen genügen indes nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung im Sinne des § 40 SVwVfG (B.).

A.

1. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SVwVfG können unanfechtbare rechtswidrige Verwaltungsakte (auch) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Dem Bescheid der Ausländerbehörde vom 27.8.2007 lässt sich zwar nicht ausdrücklich entnehmen, dass eine Rücknahme für die Vergangenheit erfolgt ist. Dies ergibt sich jedoch eindeutig aus der Begründung und dem Gesamtzusammenhang. (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.4.2005 – 1 C 9.04 –, AuAS 2005, 218, wonach an die Bejahung eines nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebrachten Willens der Ausländerbehörde zur Rücknahme auch für die Vergangenheit geringe Anforderungen zu stellen sind) Besonders deutlich wird das im Widerspruchsbescheid, wo aus der Rücknahme der ersten drei Aufenthaltserlaubnisse (1982 bis 1985) das Entfallen der zeitlichen Voraussetzung eines rechtmäßigen Voraufenthalts von mindestens fünf Jahren für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (§ 8 Abs. 1 AuslG 1965) im Oktober 1987 abgeleitet wird. Daher steht der Anwendung des § 48 SVwVfG auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach die bundesrechtliche Spezialvorschrift des § 7 Abs. 4 AuslG 1965, nach der auf der Grundlage des Ausländergesetzes (1965) erteilte Aufenthaltserlaubnisse nachträglich räumlich und zeitlich beschränkt sowie mit Bedingungen und Auflagen versehen werden konnten, den Rückgriff auf die landesrechtlichen Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Aufenthaltstitel für die Zukunft ausschloss. (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.3.1982 – 1 C 20.81 –, DÖV 1982, 739 )

2. Bei den zurückgenommenen (vier) Aufenthaltstiteln handelte es sich um rechtswidrige Verwaltungsakte im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SVwVfG. Nach dem bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse an den Kläger ab dem Jahr 1982 maßgeblichen § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 durfte einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Anwesenheit Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht beeinträchtigte (sog. Negativschranke). War letzteres nicht der Fall, stand die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Sie hatte die im Einzelfall für und gegen den Aufenthalt sprechenden Belange gerecht gegeneinander abzuwägen. Im Fall des Klägers als abgelehnter Asylbewerber, der zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts damals noch auf die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen angewiesen war, kam die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ernsthaft nur mit Blick auf seine am 1.10.1982 vor dem Standesamt in Homburg/Saar geschlossene Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen K (vgl. die Heiratsurkunde vom selben Tag, Blatt 86 der Ausländerakte) in Betracht.

Bei einem mit deutschem Partner verheirateten Ausländer hatten durch seine Anwesenheit berührte Belange der Bundesrepublik gegenüber dem durch die Wert setzende Bedeutung des Art. 6 GG vorgegebenen staatlichen Belang, Ehe und Familie zu schützen, grundsätzlich zurückzutreten, sofern nicht Ausweisungsgründe im Sinne des § 10 Abs. 1 AuslG 1965 erfüllt waren. (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.9.1978 – I C 79.76 –, BVerwGE 56, 246, ebenso Ziffer 4a. der einschlägigen Verwaltungsvorschriften (AuslVwV), GMBl. 1977, 202, abgedruckt bei Kanein, Ausländerrecht, 4. Auflage 1988, zu § 2 AuslG) Entgegen der im Widerspruchsbescheid anklingenden Auffassung kann allerdings heute – fast 30 Jahre später – nicht bereits tragend darauf abgestellt werden, dass zumindest 1982 und 1983 mit Blick auf eine damals noch fehlende Eigensicherung des Lebensunterhalts des Klägers wohl ein Ausweisungsgrund nach § 10 Abs. 1 Nr. 10 AuslG 1965 vorgelegen habe. Die Ausländerbehörde hat diesem Aspekt seinerzeit im Rahmen des § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 aus ihrer Sicht gegenüber dem Gesichtspunkt des „Familiennachzugs“ – zu Recht – nachrangige Bedeutung beigemessen. Letztlich entscheidungserheblich ist dies vorliegend ebenso wenig wie die Frage, ob ein Ausweisungsgrund auch mit Blick auf einen Verstoß gegen die Strafvorschriften nach § 172 StGB (damals noch § 171 StGB) und § 47 Abs. 1 Nr. 6 AuslG 1965 im Raum stand, obwohl der § 10 AuslG 1965 insoweit noch keine den Nachfolgebestimmungen in §§ 46 Nr. 2 AuslG 1990, 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG entsprechende Vorschrift enthielt. (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.12.2009 – 18 A 1787/06 –, juris)

Der Kläger war jedenfalls vor seiner Heirat mit Frau K aufgrund einer im August 1980 in Indien im Tempel von Hoshiarpur vollzogenen Zeremonie nach dem Hindu Marriage Act 1955 (HMA) (vgl. das Hindu-Ehegesetz Nr. 25 vom 18.5.1955, abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht; speziell zu den Zeremonien des Saptapadi nach Section 7 des Gesetzes VGH Mannheim, Urteil vom 11.1.2006 – 13 S 2345/05 –, FamRZ 2007, 144) mit der indischen Staatsangehörigen U eine rechtswirksame Ehe eingegangen. Das hat das Verwaltungsgericht unter ausführlicher Berücksichtigung der insoweit „erdrückenden“ Tatsachenlage detailliert herausgearbeitet. Diesen überzeugenden Ausführungen, die sich der Senat zu Eigen macht, ist der Kläger im Rechtsmittelverfahren nicht mehr entgegengetreten. Eine möglicherweise seinerzeit (1980) zunächst unterbliebene Registrierung der Heirat berührt die Gültigkeit der Hindu-Ehe nicht; sie ist zwar vorgesehen, dient aber nach Sec. 8 Abs. 5 HMA lediglich Beweiszwecken. Im Ausland begründete familienrechtliche Verhältnisse sind im Inland anzuerkennen, sofern sie nicht dem ordre public (Art. 6 EGBGB) zuwiderlaufen. Dafür gibt es hier – bezogen auf die Hochzeit des Klägers mit Frau U – keine Anhaltspunkte. (Frau U ist ausweislich der Akten des VG Berlin 1959 geboren, so dass auch vom Alter her keine Bedenken bezüglich einer gegen den ordre public verstoßenden Heirat bestehen; speziell zu Altersgrenzen und Folgeregelungen bei Nichtbeachtung nach Section 11, 12, 13 des Hindu-Ehegesetzes VGH Mannheim, Urteil vom 11.1.2006 – 13 S 2345/05 –, FamRZ 2007, 144)

Die (zweite) Heirat in Deutschland im Jahre 1982 verstieß vor dem Hintergrund gegen das seinerzeit dem § 5 EheG (heute § 1306 BGB) zu entnehmende, bei Nichtbeachtung gemäß § 20 EheG unheilbar zur Nichtigkeit der Ehe führende Verbot der Doppelehe. Danach durfte ein lediger Inländer die Ehe mit einem verheirateten Ausländer auch dann nicht eingehen, wenn dessen Heimatrecht das Verbot der Doppelehe nicht kannte. (vgl. etwa Müller-Gindullis in Münchner Kommentar zum BGB, Band 5, Familienrecht, 1978, Anm 1 zu § 5 EheG) Der ausländerrechtlichen „Verwertbarkeit“ dieses Umstands steht nicht entgegen, dass nach dem bis 1998 geltenden § 23 EheG, (vgl. für die Folgezeit das Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4.5.1998, BGBl I, 833 ff.) wonach sich niemand auf die Nichtigkeit der Ehe berufen konnte, bis diese durch Urteil des zuständigen Familiengerichts – was hier unstreitig nie geschehen ist – für nichtig erklärt worden war, die Nichtigkeit einer verbotswidrig vor dem deutschen Standesamt geschlossenen Doppelehe nur als rückwirkende Vernichtbarkeit ausgestaltet war. Nach gegenwärtigem Recht unterliegt die nach § 1306 BGB verbotene bigamische Ehe oder Doppelehe sogar nur noch einer Aufhebbarkeit (§ 1314 Abs. 1 BGB) durch gerichtliches Urteil mit Wirkung für die Zukunft (§ 1313 Satz 2 BGB). Das gilt nach der Überleitungsbestimmung in Art. 226 Abs. 3 EGBGB auch für – wie im Fall der Ehe des Klägers mit Frau K – vor der Rechtsänderung zum 1.7.1998 geschlossene „Altehen“, bei denen bis zu dem genannten Zeitpunkt keine Nichtigkeitsklage anhängig gemacht worden war, so dass aus heutiger Sicht hinsichtlich der inzwischen lange – seit 1989 – geschiedenen Ehe eine rückwirkende Nichtigerklärung (§ 23 EheG) ohnehin nicht mehr in Betracht käme. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind fehlerhaft zustande gekommene Ehen bis zu diesem Zeitpunkt als (voll) gültig zu behandeln. (vgl. etwa Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 3. Auflage 2008, Vor §§ 1313 bis 1320 Rn 2, unter Verweis auf BGH Urteile vom 17.1.2001 – XII ZR 266/98 –, FamRZ 2001, 685 und vom 9.1.2002 – XII ZR 58/00 –, MDR 2002, 250 ) Eine nachträgliche Aufhebung der bereits geschiedenen Ehe kommt hier ohnehin nicht in Betracht (§ 1317 Abs. 3 BGB). (vgl. auch OLG Nürnberg, Urteil vom 30.6.1997 – 7 UF 1117/97, juris)

Die familienrechtlichen Vorschriften stehen indes – wie im Falle der so genannten Zweck- oder Scheinehe, die nur zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts in der Bundesrepublik Deutschland und damit zu einem nach deutschem Verständnis ehefremden Zweck geschlossen wird, (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 5.5.2003 – 2 BvR 2042/02 –, FamRZ 2003, 1000) ebenfalls zivilrechtlich wirksam ist und hinsichtlich ihrer Auflösung ohne Einschränkung dem Scheidungsrecht (heute §§ 1564 ff. BGB) unterliegt (vgl. etwa Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 3. Auflage 2008, § 1564 Rn 2) -einer „Verwertbarkeit“ des Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot der Doppelehe im Rahmen der ausländerrechtlichen Vorschriften über den Familiennachzug (§§ 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965, heute § 27 Abs. 1 AufenthG), die materiell an den Schutzbereich des Art. 6 GG anknüpfen, nicht entgegen. Das Ausländerrecht ist vielmehr in Anlehnung an das bereits verfassungsrechtlich vorgegebene Verbot der Doppelehe auszulegen. Daher ist in der ausländerrechtlichen Verweigerung der auf das Institut der Ehe gründenden Möglichkeiten eines Familiennachzugs beziehungsweise eines aus der Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen abgeleiteten Bleiberechts durch die Ausländerbehörde bei Schein- und Doppelehen kein Verstoß gegen die familienrechtlichen Folgenregelungen in den §§ 23 EheG, 1314 Abs. 1 BGB zu erblicken. (vgl. etwa VGH Mannheim, Beschlüsse vom 21.8.2007 – 11 S 995/07 –, NJW 2007, 3453, unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien zu § 17 AuslG 1990, BT-Drs. 11/6321, Setie 60, wonach der Hinweis auf Art. 6 GG im Wortlaut der Vorschrift begrenzende Funktion hat, um eine Nachzugsberechtigung vom Familienangehörigen aus einer Mehrehe auszuschließen, vom 11.1.2006 – 13 S 2345/05 –, FamRZ 2007, 144, und vom 15.8.2005 – 13 S 951/04 –, Justiz 2006, 147) Aufenthaltsrechtlicher Nachzug soll nur in dem durch Art. 6 Abs. 1 GG gebotenen Umfang erfolgen und damit grundsätzlich auch begrenzt werden. Zu dem begünstigten Personenkreis zählt der doppelt verheiratete Ausländer nicht. (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.12.2009 – 18 A 1787/06 –, juris, unter Verweis auf die Beschlüsse vom 6.1.2009 – 18 B 1914/08 – und vom 11.12.2006 – 19 B 883/06 –, ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 12.3.2004 – 10 A 11717/03 –, bei juris) Der verfassungsrechtliche Begriff der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GG und die dadurch ausgefüllte, im genannten Sinne in allen bisherigen Gesetzesfassungen ausländerrechtlich beachtliche grundrechtliche Schutzgarantie (heute § 27 Abs. 1 AufenthG) basieren auf dem Prinzip der Einehe. (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 30.11.1982 – 1 BvR 818/81 –, BVerfGE 62, 323, BVerwG, Urteil vom 30.4.1985 – 1 C 33.81 –, BVerwGE 71, 228)

Im Ergebnis ist daher von der Rechtswidrigkeit der dem Kläger zwischen 1982 und 1987 erteilten Aufenthaltstitel und damit vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigung zur Rücknahme in § 48 Abs. 1 Satz 1 SVwVfG auszugehen.

3. Weder aus den in § 48 Abs. 1 Satz 2 SVwVfG in Verbindung mit den Absätzen 2 und 3 geregelten Einschränkungen für die Rücknahme begünstigender, insbesondere auf Geld- oder Sachleistungen gerichteter Verwaltungsakte, noch unter formellen Gesichtspunkten ergeben sich im konkreten Fall weiter gehende Anforderungen. Der Kläger wurde insbesondere vor Erlass des Rücknahmebescheids angehört (§ 28 Abs. 1 SVwVfG) und die Ermessensentscheidung wurde begründet (§ 39 Abs. 1 SVwVfG). Die ab Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Umstände laufende Jahresfrist (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Beschluss vom 19.12.1984 – Gr.Sen 1 und 2.84 –, BVerwGE 70, 356, und Urteil vom 24.1.2001 – 8 C 8.00 –, DVBl. 2001, 1221) des § 48 Abs. 4 Satz 1 SVwVfG wurde eingehalten. (vgl. die Aktennotiz vom 21.11.2006, Blatt 161 der Ausländerakte, aus der sich erstmals Hinweise auf eine Kenntnis der damals zuständigen Ausländerbehörde (Landeshauptstadt Saarbrücken) ergeben)

Über die am Grundsatz der Rechtssicherheit orientierte Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 SVwVfG hinaus lassen sich entgegen der Auffassung des Klägers weder dem einfachen Gesetz noch verfassungsrechtlichen Anforderungen weiter gehende, auf den Erteilungszeitpunkt bezogene Fristen für die Rücknahme rechtswidriger, insbesondere – wie hier – durch falsche Angaben des Ausländers gegenüber den deutschen Behörden erwirkter Aufenthaltstitel entnehmen. Die seit 2009 im Gefolge der Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 – 2 BvR 669/04 –, DVBl. 2006, 910) im Staatsangehörigkeitsrecht normierte absolute zeitliche Grenze von fünf Jahren ab Bekanntgabe für die Rücknahme von durch arglistige Täuschung, Drohung, Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkte rechtswidrige Einbürgerungen (§ 35 Abs. 3 StAG n.F.) ist vor dem Hintergrund der besonderen statusrechtlichen Auswirkungen der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit auch für Dritte und des verfassungsrechtlichen Verbots einer Entziehung in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG zu sehen. Ein vergleichbarer normativer Wert ist für aufenthaltsrechtliche Titel, die einem Ausländer die Berechtigung zum – gegebenenfalls auch unbefristeten – Aufenthalt vermitteln, in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht verankert. Dies verdeutlichen bereits die in § 51 AufenthG vorgesehenen zahlreichen Tatbestände für ein Erlöschen von Aufenthaltstiteln, unter anderem durch die Rücknahme (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG). Diesen Vorschriften ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber dem im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht regelmäßig durch die Unanfechtbarkeit von Verwaltungsakten gewährleisteten Grundsatz der Rechtssicherheit im Aufenthaltsrecht kein im Vergleich zu anderen Rechtsbereichen besonderes Gewicht beigemessen hat. Für eine vom Kläger in Anlehnung an strafrechtliche Verjährungs- oder Tilgungsfristen geforderte, an den Zeitpunkt der Bekanntgabe oder der Unanfechtbarkeit der Aufenthaltstitel anknüpfende richterrechtliche „Fristfindung“ ist daher – anders als im Einbürgerungsrecht – weder Veranlassung noch Raum. (vgl. hierzu für den Bereich der Einbürgerung BVerwG, Urteil vom 14.2.2008 – 5 C 4.07 –, NVwZ 2008, 685, vor Erlass des § 35 Abs. 3 StAG 2009) Die Tilgung einer Bestrafung im Bundeszentralregister knüpft im Übrigen auch bei einer langen Frist zwischen Tatbegehung und strafgerichtlicher Ahndung an den letztgenannten Zeitpunkt an. (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Urteil vom 15.10.2009 – 2 A 329/09 – zur Verwertbarkeit im Rahmen des gesetzlichen Ausschlussgrundes nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG bei der gesetzlichen Altfallregelung)

Der Kläger kann sich gegenüber der Rücknahmeentscheidung schließlich auch nicht auf eine Verwirkung der der Behörde durch § 48 SVwVfG grundsätzlich eingeräumten Rücknahmebefugnis infolge bloßen „Zeitablaufs“ berufen.

B.

Der Rücknahmeentscheidung der damals zuständigen Ausländerbehörde bei der Landeshauptstadt A-Stadt vom 27.8.2007 liegt jedoch eine gerichtlicher Überprüfung auch in den Grenzen des § 114 VwGO nicht standhaltende Ermessensausübung (§ 40 SVwVfG) zugrunde. Entscheidend abzustellen ist insoweit auf den Widerspruchsbescheid vom 29.7.2008 des hier im Rahmen der Überprüfung nach § 68 VwGO uneingeschränkt in die Position der Ausgangsbehörde eingetretenen Stadtrechtsausschusses (§§ 5, 8 AGVwGO). Die Frage, ob in solchen Fällen hinsichtlich des Tatsachenmaterials auf die Sachlage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens oder auf den Entscheidungszeitpunkt des Gerichts abzustellen ist, kann dahinstehen. Wesentliche Veränderungen sind abgesehen vom weiteren Zeitablauf insoweit nicht eingetreten. Bei einer Rücknahme bereits unanfechtbar gewordener Verwaltungsakte hat die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung zu prüfen, ob es aufgrund besonderer Umstände erforderlich erscheint, von der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzes zugunsten der Bestandskraft und damit der Rechtssicherheit ausnahmsweise abzuweichen. Dabei sind neben den in Rede stehenden öffentlichen Interessen sowie der Art und Intensität des mit der Rücknahme zu korrigierenden Rechtsverstoßes auch die Auswirkungen für den Betroffenen in den Blick zu nehmen und nach ihrer Bedeutung angemessen zu berücksichtigen.

Einschränkungen ergeben sich im Fall der Rücknahme der Aufenthalterlaubnisse (1982 bis 1985) und der seinen Status verfestigenden Aufenthaltsberechtigung (1987) des Klägers (§ 8 AuslG 1965) nicht nach den allgemeinen Grundsätzen über das so genannte intendierte Ermessen, für dessen Betätigung vom Gesetzgeber eine „Richtung“ beziehungsweise ein bestimmtes Ergebnis gewissermaßen bereits als vom Gesetz „gewollt“ vorgezeichnet ist und bei dem es vorbehaltlich vom Regelfall abweichender Besonderheiten des Einzelfalls keiner besonderen Erwägungen des „Für und Wider“ bedarf. (vgl. für den Bereich bauaufsichtsbehördlicher Beseitigungsanordnungen grundlegend BVerwG, Beschluss vom 28.8.1980 – 4 B 67.80 –, BRS 36 Nr. 93) Ein derart intendiertes Ermessen der Ausländerbehörden ergibt sich in diesen Fällen insbesondere nicht aus dem § 48 Abs. 2 Satz 4 SVwVfG. (vgl. hierzu allgemein BVerwG, Urteil vom 23.5.1996 – 3 C 13.94 –, ESLR 4, ÖR 45, betreffend die Rücknahme von Subventionsbescheiden (EU)) Die ausländerrechtliche Aufenthaltserlaubnis ist nicht auf Geldleistung oder teilbare Sachleistungen gerichtet (§ 48 Abs. 2 Satz 1 SVwVfG) und die Verweisung in § 48 Abs. 3 SVwVfG für sonstige begünstigende Verwaltungsakte erfasst zum einen den § 48 Abs. 2 Satz 4 SVwVfG gerade nicht; sie ist zum anderen als Anschlussregelung zu § 48 Abs. 3 Satz 1 SVwVfG zu sehen, der nur den Anspruch des Adressaten der Rücknahme auf Ausgleich von Vermögensnachteilen betrifft und insoweit durch die Bezugnahme auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SVwVfG ein dabei zu forderndes schutzwürdiges Vertrauen ausschließt. (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 11.1.2006 – 13 S 2345/05 –, FamRZ 2007, 144, zum einschlägigen Landesrecht und zu einem vom Sachverhalt vergleichbaren Fall, in dem die Ausländerbehörde bei der Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis keine besonderen Ermessenserwägungen angestellt hatte; so auch OVG Münster, Urteil vom 3.12.2009 – 18 A 1787/06 –, juris)

Hiervon ausgehend ist zunächst festzustellen, dass der Stadtrechtsausschuss ungeachtet des einleitenden auf den Ausgangsbescheid bezogenen Hinweises auf eine „ermessensfehlerfrei erfolgte“ Rücknahme der Aufenthaltstitel des Klägers durch die Ausländerbehörde inhaltlich die gebotene (eigene) Ermessensentscheidung getroffen hat und dabei auch von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Die Widerspruchsbehörde hat jedoch in dem Zusammenhang ausdrücklich hervorgehoben, dass der Grund für die „fehlerhaften“ Aufenthaltstitel wegen der wissentlich falschen Angabe des Klägers hinsichtlich seiner Ledigkeit bei der Heirat mit Frau K allein in seinem Verantwortungsbereich liege und dass er deshalb auf deren Bestand nicht habe vertrauen dürfen. Deswegen seien seine Interessen weniger gewichtig.

Der Kläger lebt seit nunmehr knapp 30 Jahren in Deutschland, arbeitet seit Jahrzehnten – auch gegenwärtig – bei demselben Arbeitgeber in A-Stadt im Ristorante M., bestreitet damit dauerhaft seinen Lebensunterhalt selbst und ist in der gesamten Zeit seines Aufenthalts in Deutschland ersichtlich – von dem Rücknahmeanlass abgesehen – nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten oder gar strafrechtlich in Erscheinung getreten. Vor dem Hintergrund ist in dieser Hinsicht von einer „gelungenen“ sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Integration in hiesige Lebensverhältnisse auszugehen, die in den Schutzbereich des „Privatlebens“ nach Art. 8 Abs. 1 EMRK fällt, (vgl. zur Begrifflichkeit und dem Inhalt dieser letztlich auf das Recht auf Selbstbestimmung und freie Entfaltung der Persönlichkeit und der Lebensführung des Menschen zurückzuführenden Garantie etwa Meyer-Ladewig, EMRK – Handkommentar, 2. Auflage 2006, Art. 8 Rn 3, Grabenwarter, EMRK, 3. Auflage 2008, Rn 6 ff.) der Eingriffe nur in den Schranken des Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässt. Danach muss der Eingriff in ein nach Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Recht „gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ sein, das heißt einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel einer dauerhaften Aufenthaltsbeendigung stehen. Um letztere geht es in der Sache bei dem Kläger, wie die im Rücknahmebescheid enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung zeigt.

Mit dieser grundsätzlichen Wertentscheidung, wegen der die nationalen Gerichte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) beispielsweise in Ausweisungsverfahren selbst bei Vorliegen schwerster Straftaten des betroffenen Ausländers aus dem Katalog der – nach dem Verständnis des deutschen Bundesgesetzgebers – „zwingend“ eine Aufenthaltsbeendigung gebietenden Delikte (§ 53 AufenthG) gehalten sind, derartige Integrationsleistungen und speziell etwa die Dauer des Aufenthalts im Einzelfall, das Verhalten des Betroffenen seit der Tatbegehung sowie die sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen angemessen in die Fallbeurteilung einzustellen, (vgl. hierzu zuletzt OVG des Saarlandes, Urteil vom 4.2.2010 – 2 A 448/08 –, dort insbesondere zu den in der Rechtsprechung des EGMR, Urteile vom 28.6.2007 – 31753/02, InfAuslR 2007, 325, zum Fall eines unter anderem wegen mehrfachen versuchten schweren Menschenhandels, Zuhälterei, Drogendelikten, Trunkenheit im Verkehr und nach den Feststellungen des (nationalen) Strafgerichts mit „äußerster Brutalität“ begangener mehrfacher gefährlicher Körperverletzung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilten Ausländers, und vom 23.6.2008 – 1638/03 –, InfAuslR 2008, 333 entwickelten allgemeinen Leitlinien zur Einzelfallbewertung) lässt es sich nicht vereinbaren, dass die Widerspruchsbehörde zwar formal auf eine „Berücksichtigung“ des Interesses des Klägers „an einem weiteren Aufenthalt und an der Aufrechterhaltung seiner beruflichen und sozialen Existenz in Deutschland“ hinweist, sodann „jedoch“ deren geringeres Gewicht herausstellt, weil er „wissentlich falsche Angaben zu seinem Familienstand“ gemacht habe und deswegen der „Grund der fehlerhaften Aufenthaltstitel allein in seinem Bereich“ liege. Dies wie auch der anschließende, wohl generalpräventiv motivierte Hinweis einer gebotenen Vermeidung der Besserstellung gegenüber anderen Ausländern lässt die notwendige angemessene Berücksichtigung der genannten Rechtsstellung des Klägers vermissen. Gleiches gilt für den Hinweis, dass ebenfalls „berücksichtigt“ worden sei, dass der Kläger schon seit mehr als 25 Jahren in Deutschland lebe und seit langer Zeit auch arbeite. Direkt im anschließenden Satz weist die Widerspruchsbehörde darauf hin, „jedoch“ basierten langer Aufenthalt und Zugang zum Arbeitsmarkt „unberechtigter Weise auf der nicht dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG unterfallenden“ früheren Ehe mit Frau K. Beide Gegenüberstellungen machen deutlich, dass die sich quasi aufdrängende Problematik des Falles hinsichtlich Aufenthaltsdauer, Integrationsleistungen, sonstiger strafrechtlicher „Unbescholtenheit“ und langjähriger wirtschaftlicher Eigensicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zwar gesehen, indes jeweils sofort unter Hinweis darauf zumindest sehr stark relativiert, wenn nicht gänzlich mit der Erwägung „vom Tisch gewischt“ worden ist, dass es sich dabei um die nicht schutzwürdigen Früchte eines Fehlverhaltens des Klägers zu Beginn seines Aufenthalts in Deutschland handele. Das Verschweigen der Heirat mit Frau U vor nunmehr fast 30 Jahren rechtfertigt es aber im Ergebnis nicht, dass dem Kläger heute schutzwürdige Belange im Sinne des Art. 8 EMRK und der dazu allgemein vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) aufgestellten Leitlinien und Beurteilungskriterien (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Urteil vom 4.2.2010 – 2 A 448/08 –, unter Verweis auf EGMR, Urteil vom 28.6.2007 – 31753/02 –, InfAuslR 2007, 325) grundsätzlich abgesprochen werden. Nach dem in der Festlegung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 EMRK durch die Vertragsstaaten zum Ausdruck gebrachten Grundanliegen kann es hierbei nicht darum gehen, ein – vom Kläger inzwischen eingestandenes – Fehlverhalten bei der Eheschließung im Jahre 1982 durch unzutreffende Angabe seines Familienstandes nunmehr nachträglich im Wege der Rücknahme seiner Aufenthaltstitel zu ahnden und den Kläger so nachträglich (doch noch) zu „bestrafen“. Vor diesem Hintergrund haben der Beklagte beziehungsweise die Widerspruchsbehörde auch bei Berücksichtigung des ihnen hinsichtlich der Gewichtung der beteiligten Interessen im Rahmen der Ermessensausübung zuzubilligenden Beurteilungsspielraums die Bedeutung der gegen einen Widerruf sprechenden Belange des seit Jahrzehnten „unbescholten“ in Deutschland lebenden und insbesondere beruflich und wirtschaftlich integrierten Klägers verkannt. Eine grundlegend abweichende Beurteilung erscheint auch nicht schon deswegen gerechtfertigt, weil die Täuschung bei der Erteilung der anschließenden Aufenthaltstitel in den Jahren 1983 bis 1987 „fortwirkte“ oder weil sie bei Stellung des Visumsantrags von Frau U (2006) wohl mit Wissen des Klägers „verschleiert“ werden sollte.

Klarstellend sei hinzugefügt, dass diese Entscheidung maßgeblich bestimmt wird durch die Umstände des konkreten Einzelfalles, insbesondere die sehr lange Dauer seines Aufenthalts mit der Folge des entsprechenden zeitlichen Abstands zur ihm nunmehr vom Beklagten vorgehaltenen „Lüge“, die allein Anlass für ein behördliches Tätigwerden bot, und das – jedenfalls aktenkundig – tadellose Verhalten des Klägers über diesen langen Zeitraum. Der Widerspruchsbehörde ist sicher zuzugestehen, dass der Kläger in Deutschland keine Verwandten hat. Dass dieser Aspekt von der Behörde als ausreichend tragend für die Rücknahmeentscheidung angesehen worden wäre, kann allerdings nach dem zuvor Gesagten ausgeschlossen werden. Maßgebender Grund für die Entschließung zum Widerruf war vielmehr allein die genannte grundlegende Relativierung aller langjährig erbrachten Integrationsleistungen des Klägers durch den Verweis auf den Umstand, dass sein Aufenthalt allein auf die Heirat im Jahr 1982 beziehungsweise die seinerzeitige unrichtige Angabe des Familienstands zurückzuführen sei.

Die Frage, ob der Ehefrau des Klägers nach den einschlägigen aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen in dem § 30 AufenthG bei seinem Verbleib in Deutschland ein Anspruch auf Ehegattennachzug zustünde, ist selbständig anhand der insoweit geltenden gesetzlichen Anforderungen zu beantworten, rechtfertigt es aber ebenfalls nicht, dem Interesse des Klägers an einem weiteren Leben in Deutschland ein deutlich gemindertes Gewicht beizumessen. Wie jeder andere Ausländer hat auch der Kläger bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben das Recht auf Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet. Das gilt auch für die in anderem Zusammenhang, nämlich bei der Beurteilung der Rücknahmevoraussetzungen, als gültige (erste) Heirat berücksichtigte Eheschließung zwischen dem Kläger und Frau U. Schließlich ist auch den in den Behördenentscheidungen anklingenden generalpräventiven Gesichtspunkten keine derart herausgehobene Bedeutung beizumessen, dass sie eine Zurückstellung der gewichtigen Interessen des Klägers rechtfertigen könnten. Soweit insoweit die Schaffung eines „Berufungsfalls“ befürchtet wird, bleibt festzustellen, dass ein inhaltlich vergleichbarer Fall – wenn überhaupt – doch allenfalls sehr selten praktisch werden dürfte. Die starke Einzelfallabhängigkeit dieser Betrachtung zeigt beispielhaft der Fall eines Landsmanns des Klägers, in dem das OVG Münster (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.12.2009 – 18 A 1787/06 –, juris, dort Rn 181 bis 185) die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnisse – nachvollziehbar – als (auch) ermessensgerecht gebilligt hat. Dieser hatte bei vergleichbarer Ausgangslage zuvor seinen Aufenthalt im Wege der Asylantragstellung unter Täuschung gegenüber dem Bundesamt über seine Identität zu sichern versucht, an dem Versuch der Täuschung über seinen Familienstand bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens festgehalten, Unterhaltspflichten gegenüber der (zweiten) deutschen Ehefrau vernachlässigt, war in Deutschland lediglich befristet zu Hilfstätigkeiten beschäftigt gewesen und war auch ansonsten straffällig geworden.

Vor diesem Hintergrund waren die Rücknahmeentscheidungen im Fall des Klägers wegen einer in dieser Form den besonderen Sachverhaltsumständen nicht gerecht werdenden Ermessensbetätigung und der sich daraus ergebenden Nichtbeachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne aufzuheben.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus dem § 154 Abs. 1 VwGO. Der vom Kläger gesondert beantragte Ausspruch nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist gerechtfertigt, da er angesichts der Schwierigkeit der durch den Rechtsbehelf zur Beurteilung gestellten Sach- und Rechtslage die Hinzuziehung seines Bevollmächtigten bereits im Widerspruchsverfahren für geboten erachten durfte.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG, ebenso bereits die vorläufige Festsetzung im Beschluss vom 3.11.2009 – 2 A 315/09 –).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der Aufenthaltstitel des Ausländers nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zweite Alternative, Nummer 2, 2a, 2b, 2c, 3 und 4 kann außer in den Fällen der Absätze 2 bis 6 nur widerrufen werden, wenn

1.
er keinen gültigen Pass oder Passersatz mehr besitzt,
2.
er seine Staatsangehörigkeit wechselt oder verliert,
3.
er noch nicht eingereist ist,
4.
seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird oder
5.
die Ausländerbehörde nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 feststellt, dass
a)
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 nicht oder nicht mehr vorliegen,
b)
der Ausländer einen der Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 erfüllt oder
c)
in den Fällen des § 42 Satz 1 des Asylgesetzes die Feststellung aufgehoben oder unwirksam wird.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 und 5 kann auch der Aufenthaltstitel der mit dem Ausländer in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen widerrufen werden, wenn diesen kein eigenständiger Anspruch auf den Aufenthaltstitel zusteht.

(2) Ein nationales Visum, eine Aufenthaltserlaubnis und eine Blaue Karte EU, die zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind zu widerrufen, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 41 die Zustimmung zur Ausübung der Beschäftigung widerrufen hat. Ein nationales Visum und eine Aufenthaltserlaubnis, die nicht zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind im Falle des Satzes 1 in dem Umfang zu widerrufen, in dem sie die Beschäftigung gestatten.

(2a) Eine nach § 19 erteilte ICT-Karte, eine nach § 19b erteilte Mobiler-ICT-Karte oder ein Aufenthaltstitel zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder Mobiler-ICT-Karte kann widerrufen werden, wenn der Ausländer

1.
nicht mehr die Voraussetzungen der Erteilung erfüllt oder
2.
gegen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union über die Mobilität von unternehmensintern transferierten Arbeitnehmern im Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/66/EU verstoßen hat.
Wird die ICT-Karte oder die Mobiler-ICT-Karte widerrufen, so ist zugleich der dem Familienangehörigen erteilte Aufenthaltstitel zu widerrufen, es sei denn, dem Familienangehörigen steht ein eigenständiger Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu.

(3) Eine nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 zum Zweck des Studiums erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer ohne die erforderliche Erlaubnis eine Erwerbstätigkeit ausübt,
2.
der Ausländer unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Studiendauer an der betreffenden Hochschule im jeweiligen Studiengang und seiner individuellen Situation keine ausreichenden Studienfortschritte macht oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 erteilt werden könnte.
Zur Prüfung der Voraussetzungen von Satz 1 Nummer 2 kann die Ausbildungseinrichtung beteiligt werden.

(4) Eine nach § 18d oder § 18f erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
die Forschungseinrichtung, mit welcher der Ausländer eine Aufnahmevereinbarung abgeschlossen hat, ihre Anerkennung verliert, sofern er an einer Handlung beteiligt war, die zum Verlust der Anerkennung geführt hat,
2.
der Ausländer bei der Forschungseinrichtung keine Forschung mehr betreibt oder betreiben darf oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18d oder § 18f erteilt werden könnte oder eine Aufnahmevereinbarung mit ihm abgeschlossen werden dürfte.

(4a) Eine nach § 16e oder § 19e erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte.

(5) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 oder Absatz 4b Satz 1 soll widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer nicht bereit war oder nicht mehr bereit ist, im Strafverfahren auszusagen,
2.
die Angaben des Ausländers, auf die in § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 1 oder Absatz 4b Satz 2 Nummer 1 Bezug genommen wird, nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als falsch anzusehen sind oder
3.
der Ausländer auf Grund sonstiger Umstände nicht mehr die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Absatz 4a oder Absatz 4b erfüllt.
Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 soll auch dann widerrufen werden, wenn der Ausländer freiwillig wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.

(6) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a soll widerrufen werden, wenn der Ausländer seine Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verliert.

(7) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.