Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 09. Mai 2016 - 4 K 696/15.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2016:0509.4K696.15.NW.0A
bei uns veröffentlicht am09.05.2016

Tenor

Der Kostenbescheid der Beklagten vom 7. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2015 wird aufgehoben, soweit damit von der Klägerin eine Kostenerstattung von mehr als 82.609,60 € gefordert wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit eines Kostenbescheides der Beklagten.

2

In der Nacht vom 21. zum 22. Juli 2013 öffneten Unbekannte bei zwei auf dem LKW-Parkplatz A-Straße bzw. auf dem unbefestigten Seitenstreifen vor dem Anwesen B-Straße ... geparkten Sattelzügen mit Auflieger der Klägerin, die mit 10.000 Liter Isopropanol bzw. 4000 Liter Testbenzin gefüllt waren, sowie einem weiteren Sattelzug eines anderen Halters aus Haßloch mit 3000 Liter Getriebeöl, der ebenfalls auf dem LKW-Parkplatz abgestellt war, die Ablassvorrichtungen, sodass die Flüssigkeiten ausliefen. Die Fahrzeuge der Klägerin waren jeweils mit orangefarbenen Warntafeln äußerlich sichtbar als Gefahrguttransport gekennzeichnet. Die Ablassvorrichtungen waren durch einen Kasten mit Vierkant-Schlüssel-System verschlossen. Die Fahrer der Klägerin sind beide in Frankenthal wohnhaft und befanden sich zur Tatzeit nicht in der Nähe der LKW, an denen eine Notfallnummer hinterlegt war.

3

Die gegen 3.13 Uhr alarmierte freiwillige Feuerwehr Frankenthal traf wenig später mit mehreren Einsatzkräften und -Fahrzeugen vor Ort ein. Die ausgelaufenen Stoffe waren teilweise bereits in das unbefestigte Erdreich, teilweise in das städtische Kanalisationssystem, das zum Vorfluter Isenach führt, gelangt. Die Einsatzleitung der Feuerwehr leitete Sofortmaßnahmen ein. Sie schloss die Ablassventile und dichtete die Kanaleinläufe mit Dichtkissen (sog. Gulli-Eiern) ab. Sie verständigte gegen 3:32 Uhr den Eigenwirtschaftsbetrieb Frankenthal (EWF) und schließlich auch die untere Wasserbehörde der Beklagten, die die Firma F beauftragte, den Sanierungsbedarf zu ermitteln und die Sanierung zu überwachen.

4

Nachdem man von der BASF-Umweltzentrale erfahren hatte, dass die in die Kanalisation gelangten Gefahrstoffe nicht komplett in der Kläranlage verarbeitet werden und somit in den Rhein gelangen könnten, ergriff der EWF bis 24. Juli 2013 Sofortmaßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der Schadstoffe aber auch zur Abwehr von Explosionsgefahren für die Kanalisation. Man schaltete das nächst gelegene Pumpwerk ab, sodass das Gefahrstoff-Abwassergemisch zurückgehalten und abgesaugt werden konnte. Das belastete Abwasser wurde mittels eines explosionsgeschützten Einsatzwagens der Firma G aufgefangen und zur Zwischenlagerung bei der Firma H gebracht, bis es schließlich zur Entsorgung in der Sonderabfalldeponie Heßheim der Firma I transportiert wurde. Am 23. und 24. Juli 2013 wurde von der Firma J die Kanalisation an der betroffenen Stelle gespült. Die Feuerwehr überwachte dies und nahm EX-Messungen (zur Explosionsgefahr) vor. Nachdem aber auch nach der Spülung intensiver benzinartiger Geruch und massive ölige Schlieren im Abwasserkanal oberhalb der Trockenwetterlinie festzustellen waren, befürchtete man, dass Verschmutzungen und Anhaftungen beim nächsten Starkregenereignis ausgeschwemmt werden könnten, und nahm vom 30. Juli bis 10. September 2013 mehrere Reinigungen des Abwasserkanals vor.

5

Der Parkplatz A-Straße /B-Straße wurde noch am 22. Juli 2013 von der Firma K gereinigt. Hierzu musste zwei ebenfalls dort abgestellte PKW von der Firma L abgeschleppt werden.

6

Die Firma F ließ im Bereich des unbefestigten Parkplatzes den Boden auf ca. 20 m² bis zu einer Tiefe von ca. 1,1 m durch die Firma M auskoffern. Das ausgehobene Material wurde der Firma I zur umweltverträglichen Verwertung auf ihrer Sondermüll-Deponie übergeben. Nach entsprechender Freimessung der Schadenstelle verfüllte die Firma M die Aushubstelle wieder mit unbelastetem Material.

7

Mit Bescheid vom 7. Mai 2014 bestätigte die untere Wasserbehörde der Beklagten die in der Nacht auf den 22. Juli 2013 getroffenen Anordnungen und verfügte, dass die Klägerin die Kosten der unmittelbaren Gefahrenabwehr in Höhe von 95.732,26 € zu erstatten habe.

8

Die Beklagte führte zur Begründung aus, dass sie als zuständige untere Wasserbehörde tätig geworden sei und die Klägerin als Verursacherin die Kosten der Maßnahmen als Gesamtschuldnerin zu tragen habe. Die Verantwortlichkeit ergebe sich daraus, dass die Klägerin die beiden LKW ohne ausreichende Überwachung und Sicherungsmaßnahmen auf dem Parkplatz bzw. dem Randstreifen abgestellt habe, obwohl dies nach der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) i. V. m. Abschnitt 8.4.1 des Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) geboten gewesen sei. Sie hafte als Gesamtschuldnerin für die vollen Kosten, da ihr Verursachungsbeitrag am Schaden den Beitrag durch das aus dem weiteren Tanklastzug ausgelaufene Getriebeöl bei weitem überlagere.

9

Gegen die ihr am 10. Mai 2014 zugestellte Verfügung legte die Klägerin am 5. Juni 2014 Widerspruch mit der Begründung ein, sie sei zu Unrecht in Anspruch genommen worden, da sie keine Störerin sei. Verursacher des Schadensereignisses seien unbekannte Dritte gewesen, deren Sabotageakt weder vorhersehbar noch vermeidbar gewesen sei. Dies läge außerhalb ihrer Risikosphäre. Auch müsse sie nicht für die erhebliche Schadensverursachung durch die Halterin des anderen Sattelzugs haften. Das von der Beklagten behauptete Gesamtschuldverhältnis bestehe nicht. Die Kosten des EWF seien nicht nachvollziehbar aufgeschlüsselt, die Personalkosten seien im Vergleich zu in der Privatwirtschaft gezahlten Personalkosten weit übersetzt. Die Rechnung von Firma F sei nur in Höhe von 2.654,56 € (statt 5.648,09 €) akzeptabel, da die berechnete Bürotätigkeit von 8,75 Stunden und die Preise für Probenentnahme, Analytik und Gutachten übersetzt seien. Die in Rechnung gestellten Reinigungsarbeiten der Fa. H seien nicht belegt. Die Rechnung der Fa. K über 208,90 € betreffe zwar ihr Kfz, sei aber überhöht. Nur 133,70 € seien da akzeptabel. Die Rechnung I für die Entsorgung von 17,25 t Sandfangrückstände betreffe Kosten (1.258,44 €), die nicht durch den Schadensfall verursacht, sondern üblicher Kanalreinigung geschuldet seien.

10

Während des Widerspruchsverfahrens wurde gegen die Klägerin mit Beschluss des AG Frankenthal vom 23. März 2015 als verantwortlicher Beförderer wegen der Verletzung der Vorschriften über das Abstellen von kennzeichnungspflichtigen Kfz im innerstaatlichen Verkehr gemäß § 19 GGVSEB in zwei Fällen ein Bußgeld von 200 € festgesetzt.

11

Am 18. Mai 2015 half die Beklagte dem Widerspruch in Höhe ungerechtfertigter Umsatzsteuerzuschläge von 8.307,93 € auf die Kosten des EWF ab.

12

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2015 wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin hinsichtlich der noch im Streit gebliebenen Kostenforderung von 87.424,33 € zurück. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei den ausgelaufenen Stoffen um wassergefährdende Gefahrstoffe gehandelt habe, die in den Vorfluter zu gelangen drohten, und zudem aufgrund des extrem niedrigen Flammpunktes von Isopropanol Explosions- bzw. Brandgefahr bestanden habe. Deswegen sei die sofortige Gefahrenabwehr durch Hinzuziehung der Feuerwehr, des EWF und der übrigen Spezialfirmen veranlasst gewesen. Für diese Gefahren sei die Klägerin verantwortlich, weil sie ihren Sicherungspflichten bei Gefahrguttransporten nicht genügt habe. Auch hafte die Klägerin gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 POG als Gesamtschuldnerin. Bei der Heranziehung der Klägerin zur Kostenpflicht sei das Auswahlermessen fehlerfrei betätigt worden, da die Klägerin als Gesamtschuldnerin für die volle Kostenforderung hafte und einen Teil dieser Kosten im Rahmen des zivilrechtlichen Gesamtschuldnerausgleichs von dem anderen Fahrzeughalter beanspruchen könne. Zudem sei im Hinblick auf das Mengenverhältnis der ausgelaufenen Substanzen der Verursachungsbeitrag der Klägerin überwiegend. Das gelte umso mehr, als das aus dem LKW der anderen Halterin ausgelaufene Getriebeöl kein Gefahrgut sei. Durch das ausgelaufene Getriebeöl sei kein zusätzlicher Aufwand für die Schadensbeseitigung entstanden. Die geltend gemachten Kosten der Beseitigung seien im Einzelnen nicht zu beanstanden und der Sache und Höhe nach gerechtfertigt.

13

Gegen den am 1. Juli 2015 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am Montag, den 3. August 2015, Klage erhoben.

14

Sie trägt vor:

15

Es bestehe keine Ermächtigung für eine wasserrechtliche Gefahrenabwehr gemäß § 94 Abs. 1 LWG, da durch die ausgelaufenen Flüssigkeiten nur der Kanal, die Fahrbahn oder die Kläranlage der BASF betroffen gewesen seien, die nicht zu den in § 3 WHG genannten Schutzgüter gehörten. Eine Gefahr für Gewässer habe daher nicht bestanden. Sie – die Klägerin – habe den schadenbegründenden Kausalverlauf nicht in Gang gesetzt. Sie sei selbst Opfer eines Sabotageaktes unbekannter Dritter geworden und habe daher keine Gefahr verursacht. Sie hafte auch nicht über die Betriebsgefahr als Halterin der Fahrzeuge, da von außen vorsätzlich auf diese eingewirkt worden sei und sich die Betriebsgefahr gerade nicht realisiert habe. Einer Inanspruchnahme gemäß § 36 LBKG stehe entgegen, dass die Beklagte das ihr von der Vorschrift eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt habe. Ermessenserwägungen hinsichtlich der Störerauswahl seien nicht erfolgt. Auch sei die Feuerwehr überhaupt nicht zuständig gewesen, da sich der Vorfall nicht beim Betrieb der LKW ereignet habe und sie auch nicht für die Beseitigung der von der Beklagten behaupteten Wassergefährdung zuständig sei. Die Beklagte habe es zudem selbst versäumt, den Parkplatz in der B-Straße mit entsprechenden Sicherheitsvorrichtungen auszustatten, und sei daher selbst verantwortlich. Die Inanspruchnahme sei schließlich auch rechtswidrig, weil der andere betroffene Halter als etwaiger Mitverantwortlicher nicht in Anspruch genommen worden sei. Zudem bestünden gegen die Höhe einzelner Schadenspositionen Einwände. Akzeptabel seien nur die Rechnungen der Firmen I (Entsorgung von kontaminiertem Abwasser und Boden), J (Kanalreinigung), M (Auskoffern und Verfüllen des Geländes), L (Abschleppkosten) und G (Kanalabsaugen). Demgegenüber seien die Einzelpreise der Rechnungen der Firmen F und zum Teil auch K nicht ortsüblich und damit nicht angemessen. Die Personalkosten des EWF seien übersetzt. Es habe auch kein Anlass für eine Zwischenlagerung des Abwassers bei der Firma H bestanden. Schließlich seien die Sowieso-Kosten der Beklagten für die ersparte regelmäßige Kanalreinigung abzuziehen.

16

Die Klägerin beantragt,

17

den Bescheid der Beklagten vom 7. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2015 aufzuheben,
und
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, dass die in die Mischkanalisation gelangten Gefahrstoffe über die Kläranlage der BASF, die das so belastete Abwassers nicht hätte verarbeiten können, in den Vorfluter gelangt wären. Daher sei die Wassergefährdung offensichtlich gewesen. Zudem seien die Kosten verhältnismäßig. Die Auswahl der Spezialfirmen sei ausschließlich durch die effektive Beseitigung der Gefahren veranlasst worden. Auch die Zwischenlagerung bei der Firma H sei geboten gewesen, da eine sofortige Überlassung des belasteten Kanalwassers zur Entsorgung bei der Firma I am Schadenstag nicht möglich gewesen sei.

21

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, sowie die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Klage hat nur in dem im Tenor näher bezeichneten Umfang auch in der Sache Erfolg.

23

Der angefochtene Kostenbescheid der Beklagten ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, als damit auch die Erstattung von pauschalierten Zuschlägen auf die Bruttopersonalkosten des EWF gefordert wird. Im Übrigen fordert die Beklagte zu Recht die Erstattung sowohl der Kosten für die Abwehr wasserrechtlicher Gefahren (1.) als auch der Feuerwehrkosten (2.), so dass insoweit der Kostenbescheid ganz überwiegend rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

24

1. Die Anforderung von Kosten für die Beseitigung von Gefahren für Gewässer durch ausgelaufene wassergefährdende Stoffe ist dem Grunde nach gerechtfertigt (a) und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, soweit die Klägerin für die vollen Kosten der Gefahrenbeseitigung als Gesamtschuldnerin in Anspruch genommen worden ist (b). Lediglich hinsichtlich der Höhe der Kostenforderung kann das Erstattungsverlangen keinen Bestand haben, als für die Gefahrenabwehrmaßnahmen des EWF nicht nur die Bruttopersonalkosten, sondern auch pauschalierte Zuschläge von 10 bzw. 15 % für Sachmittel bzw. allgemeine Kosten erhoben werden. Im Übrigen sind die geltend gemachten Kosten aber nicht zu beanstanden (c).

25

a) Rechtsgrundlage für die Forderung der Kosten für die wasserrechtlichen Gefahrenabwehrmaßnahmen ist § 108 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Landeswassergesetzes (LWG) in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung vom 22. Januar 2004 (GVBl. S. 53) i. V. m. § 6 Abs. 2 Satz 1 POG. Nach § 108 Abs. 1 LWG hat die Beklagte als nach § 106 Abs. 1 LWG zuständige untere Wasserbehörde im Rahmen ihrer Aufgaben zugleich die Befugnisse der allgemeinen Ordnungsbehörden und der Polizei nach dem POG, mithin auch die Befugnis zur unmittelbaren Ausführung einer Gefahrenabwehrmaßnahme nach § 6 Abs. 1 POG, so dass sie auch nach § 6 Abs. 2 POG die dadurch entstandenen Kosten von einem Verantwortlichen nach §§ 4 oder 5 POG verlangen kann.

26

Die Beklagte handelte bei den von ihr veranlassten Gefahrenabwehrmaßnahmen in Bezug auf das Schadensereignis vom 22. Juli 2013 im Rahmen ihrer Aufgaben als untere Wasserbehörde nach § 100 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder aufgrund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Sie hat gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen anzuordnen, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung der vorgenannten Verpflichtungen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG sicherzustellen. Insoweit hat sie zu Recht im Rahmen ihrer Aufgaben als untere Wasserbehörde aufgrund des Schadensereignisses vom 22. Juli 2013 eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts durch ausgelaufenes Testbenzin, Isopropanol bzw. auch Getriebeöl im Wege der unmittelbaren Ausführung einer Gefahrenabwehrmaßnahme nach § 108 Abs. 1 LWG i. V. m. § 6 Abs. 1 POG vermieden oder beseitigt. Durch die ausgelaufenen und in den Boden bzw. in die Kanalisation eingedrungenen wassergefährdenden Flüssigkeiten Isopropanol, Testbenzin und Getriebeöl waren sowohl das Grundwasser als auch oberirdische Gewässer, nämlich der Vorfluter Isenach und daran anschließend letztlich der Rhein von einer schädlichen Kontamination bedroht. Insoweit beschränkte sich der Gefahrenzustand gerade nicht, wie die Klägerin meint, auf eine Kontamination des Abwasserkanals, der Straßenoberfläche oder der Kläranlage der BASF. Vielmehr drohten die ausgelaufenen Stoffe in beträchtlicher Menge über die Kanalisation in den Vorfluter zu gelangen, da sie in der an die Kanalisation wohl angeschlossenen Kläranlage der BASF nicht verarbeitet werden konnten, wie die Einsatzleitung der Feuerwehr der Beklagten schon am frühen Morgen des 22. Juli 2013 in Erfahrung gebracht hatte.

27

Ebenso drohten das in den Boden eingedrungene Testbenzin und das Getriebeöl in das Grundwasser zu gelangen, sodass auch insoweit eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts bevorstand. Dabei steht die insoweit ebenfalls bereits eingetretene Kontamination des Bodens nicht einem Eingreifen auf wasserrechtlicher Rechtsgrundlage entgegen, da wegen der notwendigen Bodenpassage vor der Kontaminierung des Grundwassers das Bodenschutzrecht die wasserrechtlichen Rechtsgrundlagen nicht verdrängt, zumal das Bodenschutzgesetz für eine derartige Sperrwirkung gegenüber den wasserrechtlichen Eingriffsgrundlagen nichts hergibt (OVG NRW, Beschluss vom 29. April 2013 – 2 A 963/11 –; juris).

28

Zum Schutz des Wasserhaushalts in Bezug auf den Vorfluter wie auf das Grundwasser waren daher die von der Beklagten ergriffenen Maßnahmen zum Auffangen des kontaminierten Abwassers in der Kanalisation und die Reinigung des Kanals von einer Kontaminierung mit Isopropanol, Testbenzin und Getriebeöl sowie die Sanierung des kontaminierten Bodens zur Vermeidung des Eindringens der Gefahrstoffe in den Grundwasser geboten.

29

Dies gilt auch, soweit die Beklagte nicht nur Akutmaßnahmen vom 22. bis 24. Juli 2013 ergriffen hat, sondern auch in der Zeit vom 30. Juli bis 10. September 2013 mehrfach den Abwasserkanal nachreinigen ließ. Auch insoweit handelt es sich nicht um eine Maßnahme zur Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit des Abwasserkanals. Vielmehr waren diese Nachreinigungen erforderlich, weil auch nach dem Auffangen des kontaminierten Abwassers und ersten Spülungen des Kanals dort weiterhin Benzingeruch wahrnehmbar war und ölige Schlieren oberhalb der Trockenwetterlinie zu erkennen waren. Mithin drohte bei einem jederzeit in der Sommerzeit zu erwartenden stärkeren Regenereignis ein entsprechender Wasseranstieg im Abwasserkanal und damit auch ein Austrag wassergefährdender Stoffe in den Vorfluter, den es weiterhin als Gefahr für den Wasserhaushalt abzuwehren galt.

30

Waren damit die durch die untere Wasserbehörde veranlasste und insbesondere von dem EWF durchgeführten Gefahrenabwehrmaßnahmen aufgrund einer wasserrechtlichen Gefahrensituation erforderlich, so durfte die Beklagte diese Maßnahmen auch im Wege der unmittelbaren Ausführung nach § 6 Abs. 1 POG selbst ergreifen, ohne die Klägerin oder einen sonstigen Verantwortlichen nach §§ 4 oder 5 POG zunächst in Anspruch zu nehmen.

31

Nach § 108 Abs. 1 LWG i. V. m. § 6 Abs. 1 POG durfte die Beklagte die notwendige Maßnahmen zur Sanierung des kontaminierten Boden und des kontaminierten Abwasserkanals zur Verhinderung eines Schadstoffeintrags unmittelbar selbst ergreifen, weil eine rechtzeitige Gefahrenabwehr insoweit durch die Inanspruchnahme eines verantwortlichen Handlungs- oder Zustandsstörers nicht möglich war. Nachdem die Personen, die die Ablasseinrichtungen an den betroffenen Tanklastzügen geöffnet hatten, unbekannt waren und daher auch nicht in Anspruch genommen werden konnten, war angesichts der konkreten Gefahrensituation, in der eine Kontamination des Grundwassers und des Vorfluters unmittelbar bevorstand, auch eine effektive Inanspruchnahme der Klägerin als mögliche Verantwortliche nicht in Betracht zu ziehen, da sie weder über die personellen noch sächlichen Mittel verfügte, um der Gefahrensituation wirksam und in der gebotenen Eile begegnen zu können. Die ergriffenen Maßnahmen duldeten keinerlei Aufschub, da die ausgelaufenen wassergefährdenden Stoffe bereits in die Kanalisation in den Boden gelangt waren und nun drohten, jederzeit in den Vorfluter bzw. in das Grundwasser vorzudringen.

32

Eine Inanspruchnahme der Klägerin gegebenenfalls mit einer sofort vollziehbar erklärten wasserrechtlichen Anordnung der Sanierung von Kanal und Boden hätte die Gefahrenbeseitigung naturgemäß verzögert, weil man der Klägerin auch bei verhältnismäßig kurzer Fristsetzung einen gewissen Zeitraum hätte zugestehen müssen, sich eine hierfür geeignete fachkundige Unterstützung zu verschaffen. Bis die Klägerin die Sanierung dann hätte veranlassen können, wäre der weitere Schadstoffeintrag in Grundwasser und Vorfluter in nicht hinnehmbarer Weise fortgeschritten. Angesichts der Tatsache, dass demgegenüber die Beklagte selbst über die zur Gefahrenabwehr erforderlichen personellen und sächlichen Mittel verfügt oder sich diese zeitnah verschaffen kann, wäre die Inkaufnahme eines weiteren Schadstoffeintrags in Grundwasser oder Vorfluter durch ein Zuwarten auf das Einschreiten durch die Klägerin mit dem Zweck einer effektiven Gefahrenabwehr letztlich nicht zu vereinbaren.

33

Dies gilt auch, soweit die Beklagte im Zeitraum vom 30. Juli bis 10. September 2013 weitere Kanalreinigungen veranlasste, bis der Schadstoffeintrag auch durch ein stärkeres Regenereignis nicht mehr zu befürchten war. Zwar erscheint bei einem schon länger bekannten Sanierungsbedarf ein sofortiges Einschreiten der Behörde im Wege der unmittelbaren Ausführung nicht geboten (OVG RP, Urteil vom 25. März 2009 – 1 A 10632/08.OVG –, esovgrp). Allerdings lag ein solcher Fall hier nicht vor: Die nachträglichen Reinigungsmaßnahmen waren dadurch veranlasst, dass auch nach den ergriffenen Erstmaßnahmen eine Kontamination des Kanalsystems mit entsprechender Gefahr des Schadstoffeintrags in den Vorfluter fortbestanden hatte, weil auch nach der Erstreinigung sowohl ein benzinartiger Geruch als auch ölige Schlieren über Trockenwetterlinie im Kanal wahrzunehmen waren. Diese Gefahr hätte sich jederzeit durch ein im Sommer zu erwartendes stärkeres Regenereignis realisieren können. Mithin duldeten auch diese Maßnahmen keinen weiteren zeitlichen Aufschub durch Inanspruchnahme der Klägerin, zumal der Reinigungsbedarf nach jedem Reinigungsvorgang erneut überprüft werden musste und sich mithin der Handlungsbedarf jeweils kurzfristig neu aktualisierte, sodass es nicht angezeigt gewesen war, jeweils mit neuerlich mit einer Anordnung die Klägerin als Verantwortliche in Anspruch zu nehmen. Ein länger schon bekannter Sanierungsbedarf, der einer unmittelbaren Ausführung entgegensteht, bestand daher nicht.

34

Durfte die Beklagte als zuständige untere Wasserbehörde die Maßnahmen zur Abwehr der Gefahren einer fortschreitenden Kontamination des Grundwassers und des Vorfluters mit Isopropanol und Testbenzin bzw. Getriebeöl im Wege der unmittelbaren Ausführung nach § 6 Abs. 1 POG ergreifen, so ist die Klägerin als Verantwortliche zum Ersatz der hierdurch entstandenen Kosten nach § 6 Abs. 2 Satz 1 POG verpflichtet. Die Klägerin ist nach § 4 Abs. 1 POG verantwortlich, da sie durch ihr Verhalten bzw. ihr Unterlassen entgegen einer sie treffenden Rechtspflicht die Kontaminationsgefahr durch die aus ihren Tanklastzügen ausgelaufenen Gefahrstoffe Isopropanol und Testbenzin verursacht hat. Sie hat nämlich entgegen ihrer Rechtspflicht als Beförderer von Gefahrgut nach § 19 Abs. 2 Nr. 18 i. V. m. Anlage 2 Nr. 3.3 GGVSEB und ADR Nr. 8.4.1 nicht dafür Sorge getragen, dass ihre Gefahrenguttransporter ausreichend überwacht oder ausreichend gesichert im öffentlich zugänglichen Verkehrsraum in der Nacht zum 22. Juli 2013 geparkt wurden. Nach den vorgenannten Vorschriften hat die Klägerin nämlich die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die mit Isopropanol bzw. Testbenzin beladenen und deswegen kennzeichnungspflichtigen Tanklastwagen im ruhenden Verkehr überwacht werden. Nach Nr. 8.4.1 darf in den dort geregelten Fällen ausnahmsweise die Überwachung der Tanklastzüge außerhalb eines besonders bewachten Parkplatzes oder Werksgeländes unterbleiben, wenn geeignete Sicherheitsmaßnahmen ergriffen wurden. Die mit der Überwachungspflicht des § 19 Abs. 2 Nr. 18 und Anlage 2 Nr. 3.3 GGVSEB verfolgten Sicherungszwecke werden aber nicht erfüllt, wenn sowohl die Überwachung eines Gefahrguttransporters unterbleibt als auch eine ausreichende Absicherung gegen einen unbefugten Zugriff nicht ergriffen wird. Auf eine Überwachung kann nämlich nur dann verzichtet werden, wenn durch eine geeignete Sicherheitsmaßnahme in gleicher Weise der Sicherungszweck der Überwachung erfüllt werden kann.

35

Ausgehend von diesen Prämissen hat die Klägerin ihren Überwachungs- und Sicherungspflichten als Beförderer von Gefahrgut nicht genügt und damit auch die Schwelle einer Umweltgefährdung durch auslaufende Gefahrstoffe überschritten: So wurden beiden Tanklastzüge in der Nacht vom 22. Juli 2013 auf einem Parkplatzgelände bzw. im öffentlichen Verkehrsraum an Stellen geparkt, an denen zwar kein besonderes Unfallrisiko bestand und auf denen auch ausnahmsweise ein Gefahrguttransporter nach Nr. 8.4.1 der ADR unbewacht abgestellt werden darf, wenn geeignete Sicherheitsmaßnahmen ergriffen wurden. Allerdings hat die Klägerin als Beförderer nicht dafür Sorge getragen, dass die dort unbewacht gebliebenen Tanklastzüge in geeigneter Weise gesichert wurden. So waren die Armaturen der Ablasseinrichtungen nicht ausreichend gegen Sabotage oder einen unbefugten Zugriff gesichert, da die Ablassarmaturen in einem Kasten, der mit einem Vierkantschlüssel zu öffnen war, untergebracht waren. Ein handelsüblicher Vierkantschlüssel oder ein sonstiges zur Eröffnung eines solchen Vierkantschlosses geeignetes Werkzeug ist so leicht für jedermann verfügbar, dass diese Absicherung der Ablassarmaturen der Tanklastzüge kein ernsthaftes Hindernis für einen unbefugten Zugriff darstellt. Erfolgt die Absicherung eines Transporters aber mit Maßnahmen, die derartig leicht zu überwinden sind, wie dies bei einem Verschließen der Ablassarmaturen mit einem Vierkantschlüssel der Fall ist, dann genügt dies gerade nicht dem besonderen Sicherheitsbedürfnis, dem die Vorschriften der GGVSEB und ADR Rechnung tragen sollen. Dementsprechend ist die Klägerin auch als Beförderer von Gefahrgut wegen der Verletzung ihrer Überwachungspflichten in zwei Fällen (hinsichtlich beider Gefahrguttransporter) vom Amtsgericht Frankenthal mit Beschluss vom 23. März 2015 zu einem Bußgeld von 200 € verurteilt worden (Blatt 193 WA). Damit ist auch rechtskräftig festgestellt, dass sie ihre Überwachungs- und Sicherungspflichten als Beförderer von kennzeichnungspflichtigem Gefahrgut nicht erfüllt hat.

36

Dieses Pflichtversäumnis ermöglichte es Dritten erst, ohne besonderes Hindernis die Ablassventile der Tanklastzüge zu öffnen und dadurch den Umweltschaden, dessen Beseitigung die Beklagte dann betreiben musste, anzurichten. Mithin verursachte die Klägerin durch ihr pflichtwidriges Verhalten gerade die Gefahr eines Sabotageakts und der damit eingetretenen Gefahren für den Wasserhaushalt in Bezug auf das Grundwasser und den Vorfluter. Sie hat daher durch ihre Versäumnisse die von der Beklagten dann abgewehrten Gefahren für den Wasserhaushalt verursacht und ist daher auch nach § 4 Abs. 1 POG verantwortlich. Als solche Verantwortliche hat sie nach § 6 Abs. 2 Satz 1 POG die durch die Gefahrenabwehrmaßnahme entstandenen Kosten zu erstatten.

37

Insoweit kann daher offen bleiben, ob sie auch für den Zustand ihrer Tanklastzüge nach Öffnung der Ablassventile durch Dritte gemäß § 5 POG als zustandsstörend verantwortlich ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 17. November 2011 – 7 A 11124/11.OVG –; VGH Bayern, Urteil vom 19. Juli 2013 – 4 ZB 12.2339 –, jeweils juris).

38

b) Für die durch die Gefahrenabwehrmaßnahmen der Beklagten entstandenen Kosten haftet die Klägerin auch als Gesamtschuldnerin nach § 6 Abs. 2 Satz 2 POG im vollen Umfang unabhängig davon, ob auch die Halterin des weiteren mit Getriebeöl befüllten und vom Sabotageakt betroffenen Tanklastzugs verantwortlich für die Kontaminationsgefahr für Grundwasser und Vorfluter gewesen ist. Selbst wenn nämlich die Halterin dieses mit Getriebeöl befüllten Tanklastzugs in gleicher Weise wie die Klägerin verantwortlich sein sollte, mithin eine Mehrheit von Verantwortlichen, die zur Erstattung der Kosten der unmittelbaren Ausführung der Gefahrenabwehrmaßnahme nach § 6 Abs. 2 Satz 1 POG verpflichtet ist, besteht, dann schuldet jeder dieser Verantwortlichen – also gerade auch die Klägerin – die vollständige Kostenerstattung als Gesamtschuldnerin nach § 6 Abs. 2 Satz 2 POG.

39

Insoweit behauptet die Klägerin zu Unrecht, ihr werde die Verantwortung für die von einem Dritten verursachte Gefahr auferlegt, soweit es um die Beseitigung von Gefahren durch eine Kontamination mit Getriebeöl gehe. Das ausgelaufene Getriebeöl hat sich mit dem Testbenzin, das im Tanklastzug der Klägerin befördert worden war, vermischt und war in gleicher Weise ursächlich für die dann zu beseitigenden Kontaminationen von Boden und Kanalisation. Damit stellen das ausgelaufene Getriebeöl ebenso wie die ausgelaufenen Gefahrstoffe aus den Tanklastzügen der Klägerin jeweils einzelne Verursachungsbeiträge für dieselbe Gefahrensituation für Vorfluter und Grundwasser dar, die durch den Sabotageakt aufgrund desselben Lebenssachverhalts geschaffen wurde. Das ausgetretene Getriebeöl verursachte keine andere von der Beklagten abgewehrte Gefahr für den Wasserhaushalt als die von der Klägerin zu verantwortenden Gefahrstoffe, die im Gegensatz zum Getriebeöl darüber hinaus auch leicht entzündlich und damit brandgefährlich waren.

40

Auch wendet die Klägerin zu Unrecht ein, dass die Beklagte ihr Ermessen bei der Auswahl des Kostenpflichtigen nicht oder fehlerhaft ausgeübt habe, weil der Verursachungsbeitrag durch das Getriebeöl im Vergleich zu ihrem eigenen Verursachungsbeitrag nicht unerheblich sei. Eine maßgebliche Erwägung, die Kosten vollständig von der Klägerin zu verlangen, war letztlich, dass die Klägerin als Gesamtschuldnerin nach § 6 Abs. 2 Satz 2 POG für die vollständigen Kosten haftet und deswegen auch im Wege der §§ 421, 426 BGB einen Teil der Kosten ggf. von der weiteren verantwortlichen Halterin anfordern könne. Diese Erwägung begegnet keinen rechtlichen Bedenken im Hinblick auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei mehreren Verantwortlichen für eine Gefahr nicht ohne weiteres ein Gesamtschuldenverhältnis bestehe, wenn die Gefahrenabwehrbehörde gerade aufgrund einer Ermessensentscheidung nur einen Störer in Anspruch genommen hat (BGH, Urteil vom 11. Juli 1981 – III ZA 39/80 –, juris). Insoweit wäre ein nur mit der Möglichkeit des Gesamtschuldnerausgleichs begründetes Auswahlermessen, nur von einem von mehreren Verantwortlichen allein als Gesamtschuldner die vollständigen Kosten einer Gefahrenabwehrmaßnahme zu fordern, ermessensfehlerhaft, wenn eine realisierbare Möglichkeit eines Gesamtschuldnerausgleichs nicht besteht. In einem solchen Fall muss daher die Ermessensentscheidung dem Gebot der Lastengerechtigkeit durch entsprechende Aufteilung der Kosten Rechnung tragen (VGH BW, Urteil vom 24. Januar 2012 – 10 S 1476/11 –, juris). Dies gilt allerdings nur dann, soweit nicht öffentlich-rechtlich besonders bestimmt ist, dass mehrere Verantwortliche einer Gefahr als Gesamtschuldner für die Kosten der Gefahrenabwehrmaßnahme haften, weil dann kraft Gesetzes ein solches Gesamtschuldnerverhältnis mit der Möglichkeit des entsprechenden Ausgleichs nach §§ 421, 426 BGB begründet ist (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – III ZR 441/13 –, juris). Die in § 6 Abs. 2 Satz 2 POG geregelte Gesamtschuld mehrerer Verantwortlicher begründet aber ein solches Gesamtschuldverhältnis, das auch einen entsprechenden Ausgleich nach §§ 421, 426 BGB eröffnet, sodass eine Heranziehung eines Verantwortlichen für die Folgenkosten dem Gedanken der Lastengerechtigkeit genügt, da die Möglichkeit des Gesamtschuldnerausgleichs gerade besteht. Die Ermessenserwägung, die die Beklagte daher angestellt hat, als sie die Klägerin für die vollständigen Kosten herangezogen hat, ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.

41

Dies gilt erst recht, soweit die Beklagte darüber hinaus zur Begründung ihres Auswahlermessens auch die Verursachungsbeiträge der betroffenen Fahrzeughalter sogar gewichtet hat, wenn sie darauf verweist, dass das ausgelaufene Getriebeöl kein kennzeichnungspflichtiger Gefahrstoff sei, der zudem nicht wie Isopropanol leicht entzündlich sei und damit auch keinen besonderen Gefahrenbeseitigungsaufwand hinsichtlich einer Explosionsgefahr mit sich gebracht habe.

42

c) Die von der Klägerin geforderten Kosten erweisen sich auch ganz überwiegend ihrer Höhe nach nicht als unverhältnismäßig.

43

Die Beklagte darf als Gefahrenabwehrbehörde die ihr von Dritten für die im Rahmen der Gefahrenabwehr erbrachten Leistungen in Rechnung gestellten Kosten nicht ungeprüft auf einen kostenpflichtigen Verantwortlichen abwälzen. Sie hat vielmehr unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu prüfen, ob die kostenpflichtigen Maßnahmen im Einzelnen zum Zwecke der Gefahrenabwehr geboten waren und die jeweils hierfür geltend gemachten Kosten unmittelbar durch die Maßnahmen entstanden sind und ihrer Höhe nach im Verhältnis zum Gefahrenabwehraufwand angemessen sind. Dabei sind die Kosten einer Gefahrenabwehrmaßnahme nicht schon deswegen als unangemessen zu erachten, weil es vielleicht auf dem Markt der entsprechenden Dienstleister auch Anbieter geben mag, die die betreffende Leistung zu einem günstigeren Preis anbieten. Zum einen ist im Interesse einer effektiven und naturgemäß rasch gebotenen Gefahrenabwehr der Beauftragung von Hilfeleistenden Kräften eine zeitaufwendige Suche nach dem günstigsten Anbieter nicht geboten. Zum anderen stehen die Kosten einer Gefahrenabwehrmaßnahme nur dann außer Verhältnis zum Gefahrenabwehrzweck, wenn sie im groben Missverhältnis zu den marktüblichen Preisen stehen. Mithin sind Kosten einer Gefahrenabwehrmaßnahme dann angemessen, wenn sie nicht wesentlich von den marktüblichen Preisen ortsnah zur Verfügung stehender Anbieter, die in der konkreten Gefahrensituation die Gefahrenabwehrmaßnahme in gleicher Weise durchführen können, abweichen (Urteil der Kammer vom 5. März 2015 – 4 K 894/14.NW – m.w.N. insbesondere OVG RP Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 6 A 10778/13.OVG – , jeweils juris)

44

Ausgehend von diesen Prämissen halten nur die Personalkosten des EWF einer rechtlichen Prüfung nicht vollständig stand.

45

Insoweit rügt die Klägerin zwar zunächst zu Unrecht, dass die Kosten und der erbrachte Leistungsumfang des EWF nicht ausreichend aufgeschlüsselt seien. Die Auflistung der Beklagten zu den erbrachten Einsatzzeiten, die noch nach Tarifgruppen der jeweils zum Einsatz gekommenen personellen Kräfte (Meister, Facharbeiter, Hilfsarbeiter etc.) und Geräte bzw. Fahrzeuge (z. B. Kanalreinigungsfahrzeug) in der Verwaltungsakte detailliert enthalten ist (Bl. 79 bis 84 VA), lässt sich anhand des vom Sachbearbeiter des EWF dargestellten Leistungsumfangs sehr gut nachvollziehen. Das gilt sowohl für die vom 22. bis 24. Juli erbrachten Erstmaßnahmen wie auch für die vom 30. Juli bis 10. September 2013 erfolgten Nachreinigungen des Kanals. Der insoweit unsubstantiiert bleibende Einwand der Klägerin setzt sich mit dieser Auflistung und der Beschreibung des Leistungsumfangs in keiner Weise auseinander und bietet der Kammer daher auch keinen Anlass zur weiteren Überprüfung. Vielmehr scheinen die abgerechneten Einsatzzeiten (z. B. 268 Stunden insgesamt für Hilfsarbeiter) angesichts des beträchtlichen Schadenumfangs durchaus nachvollziehbar und angemessen.

46

Allerdings dringt der Einwand der Klägerin insoweit durch, als man sich gegen zu hohe Personalkostenansätze beim EWF wendet. Die abgerechneten Personalkosten beinhalten zunächst die durchschnittlichen Brutto-Personalkosten für die Lohngruppen der jeweils zum Einsatz gekommenen personellen Kräfte nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Gegen einen so pauschalierten Personalkostenansatz ist nichts einzuwenden, sofern die für die Pauschalierung maßgebenden Faktoren erkennen lassen, dass sie sich an dem tatsächlichen Kostenaufwand orientieren. Die Veranschlagung des durchschnittlichen Bruttostundenlohns von zum Einsatz gekommenen Mitarbeitern der jeweiligen Tarifgruppe trägt diesem Erfordernis Rechnung. Die tatsächlich durch die Maßnahmen des EWF angefallenen Kosten werden so sachgerecht und gerade im Interesse des Kostenschuldners ohne größeren Verwaltungsaufwand ermittelt. So erscheint es der Kammer aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gerade nicht geboten, die präzisen Personalkosten eines jeden zum Einsatz gekommenen Mitarbeiters des EWF zu ermitteln und zu veranschlagen. Der damit zu betreibende und letztlich vom Kostenschuldner auch über Verwaltungsgebühren zu zahlende Verwaltungsaufwand dürfte bei weitem ein mögliches Einsparpotential durch eine personengenaue Abrechnung deutlich überschreiten, zumal es recht zweifelhaft erscheint, ob sich im Vergleich zur Anforderung von durchschnittlichen Lohnkosten einer Lohngruppe für das eingesetzte Personal ein Einsparpotential ergeben wird. Dies dürfte nämlich nur dann der Fall sein, wenn überwiegend jüngeres, weniger erfahrenes Personal eingesetzt wurde, dessen Arbeitszeit nach einer niedrigen Stufe in der jeweiligen Lohngruppe nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes vergütet wird. Dass dies hier der Fall gewesen ist, ist für die Kammer gerade nicht ersichtlich.

47

Die Beklagte legte jedoch nicht nur die durchschnittlichen Tariflöhne einer jeden Tarifgruppe zugrunde, sondern erhob auf diese Brutto-Personalkosten jeweils noch pauschale Zuschläge von 10 % für Sachkosten (Instandsetzung und Instandhaltung, Raumkosten, Schutzkleidung) und 15 % Gemeinkosten (Verwaltungsoverhead, Bl. 146 und 147 WA). Diese Zuschläge sind unangemessen. Ersatzfähig sind als Kosten der Gefahrenabwehrmaßnahme nämlich nur die Kosten, die in einem unmittelbaren kausalen Zusammenhang mit der Maßnahme stehen, nicht hingegen Sowieso- oder Fixkosten, die ohnehin anfallen. Damit sind abrechnungsfähig nur solche Kosten, die ohne die unmittelbare Ausführung der Gefahrenabwehrmaßnahme gar nicht angefallen wären und sich rechnerisch ohne weiteres von den allgemeinen Sach- und Personalkosten der Verwaltung deutlich abgrenzen lassen. Die allgemeinen und hier pauschaliert durch Zuschläge erhobenen Sach- und Gemeinkosten sind daher nicht erstattungsfähig (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 3. September 2015 – 4 LB 13/14 –; VG Freiburg, Urteil vom 19. Juni 2012 – 3 K 1339/10 –, jeweils juris). Mithin mussten diese Zuschläge von insgesamt 25 % auf die angesetzten Brutto-Personalkosten, die in dem abgerechneten Personalkostenbetrag von 24.073,66 € enthalten sind, in Höhe von 4.814,73 € in Abzug gebracht werden.

48

Im Übrigen sind aber alle anderen abgerechneten Kosten durch die ergriffenen Gefahrenabwehrmaßnahmen verursacht worden und als angemessen zu betrachten.

49

Die Klägerin wendet gegen die Kosten, die die Firma F für die Ermittlung des Sanierungsbedarfs und der Überwachung der Sanierung des kontaminierten Bodens in Höhe von 5.648,69 € (Bl. 43 VA) in Rechnung gestellt hat, zu Unrecht ein, dass diese in einzelnen Rechnungsposten (Bürotätigkeit und Fahrten etc.) übersetzt sei. Insoweit fehlt es an einem substantiierten Vortrag, dass die Beklagte im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr am frühen Morgen des 22. Juli 2013 auf einen anderen Leistungserbringer hätte zugreifen können, der zeitnah zum Zwecke der Gefahrenabwehr die Leistung zu geringeren Kostenansätzen hätte erbringen können. Die Klägerin beschränkt sich vielmehr darauf, ohne nähere Darlegung geringere und willkürlich erscheinende Kostenansätze in den Raum zu stellen, ohne auch nur im Ansatz darzulegen, welcher Leistungserbringer die hier erforderlichen Leistungen in gleicher Weise zu diesen Preisen kurzfristig am 22. Juli 2013 erbracht hätte. Damit hat aber die Kammer auch keine Veranlassung, an der Angemessenheit der geltend gemachten Kosten für die Ermittlung des Sanierungsbedarfs und der Überwachung der Sanierungsmaßnahme durch die Firma F zu zweifeln.

50

Gleiches gilt letztlich für die Kosten der Zwischenlagerung des am 22. bzw. 23. Juli 2013 abgepumpten kontaminierten Kanalwassers bei der Firma H, die mit zwei Rechnungen über 598,88 € bzw. 1.258,41 € geltend gemacht wurden. Insoweit behauptet die Klägerin, dass diese Zwischenlagerung unnötig gewesen sei, da man das kontaminierte Abwasser direkt bei der Firma I hätte entsorgen können. Insoweit setzt sich die Klägerin allerdings nicht mit den geltenden Verfahrensregelungen für die Beseitigung von Sonderabfall, zu dem auch das mit Isopropanol und Testbenzin sowie Getriebeöl kontaminierte Abwasser aus der Kanalisation gehört, auseinander. So bestimmt § 8 Abs. 4 rh.-pf. Landeskreislaufwirtschaftsgesetz (LKrWG), dass in Rheinland-Pfalz angefallene Sonderabfälle zunächst der zentralen Stelle für Sonderabfälle, also der Sonderabfallmanagement GmbH in Mainz (SAM) anzudienen sind, die diese Sonderabfälle einer hierfür zugelassenen und aufnahmebereiten Anlage zur Entsorgung zuweist (§ 8 Abs. 5 LKrWG). Nach § 8 Abs. 6 Satz 2 LKrWG darf die Betreiberin einer solchen zugelassenen Anlage solche der Andienungspflicht unterliegenden (Sonder-)Abfälle nur annehmen, wenn sie ihr von der SAM zugewiesen worden sind. Die Beklagte trägt daher zu der Notwendigkeit der Zwischenlagerung nachvollziehbar vor, dass eine solche Andienung und Zuweisung der Sonderabfälle an die Firma I zur Entsorgung auf der Sondermülldeponie in Heßheim am Morgen des 22. Juli 2013, als diese nach der ersten Kanalreinigung angefallen waren, nicht möglich gewesen sei. Hiermit setzt sich die Klägerin in keiner Weise auseinander. Für die erkennende Kammer erscheint es aber durchaus nachvollziehbar, dass es tatsächlich nicht möglich gewesen ist, das angefallene, kontaminierte Abwasser aus der Kanalisation direkt zur Sondermülldeponie der Firma I in Heßheim zu transportieren. Vielmehr war in Befolgung des Andienungsverfahrens nach § 8 Abs. 4 und 5 LKrWG das angefallene Abwasser zunächst zwischenzulagern, bis eine entsprechende Zuweisung dieses Sonderabfalls an die Firma I erfolgte. Mithin hat die Kammer keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Zwischenlagerung unmittelbar durch die Gefahrenabwehrmaßnahme veranlasst ist und die dadurch entstandenen Kosten auch angemessen sind.

51

Soweit die Klägerin sich schließlich gegen eine Rechnung der Firma K vom 30. Juli 2013 über 208,90 € (Bl. 65 VA) mit der Behauptung wendet, auch die hier in Ansatz gebrachten Rechnungsposten seien übersetzt, sodass nur Kosten in Höhe von 135,70 € gerechtfertigt seien, bestreitet sie die Angemessenheit dieser Kosten nur unsubstantiiert. So behauptet sie wiederum nicht, dass der Beklagten in der konkreten Gefahrensituation am Morgen des 22. Juli 2013 ein anderer Anbieter zur Verfügung gestanden hätte, der zeitnah die gebotene Leistung zu den von der Klägerin behaupteten Kostenansätzen hätte erbringen können. Im Übrigen vermag die Kammer auch kein grobes Missverhältnis zwischen den von der Klägerin als gerechtfertigt angesehenen und von der Beklagten letztlich veranschlagten Kosten festzustellen.

52

Die übrigen der Kostenforderung für die wasserrechtlichen Gefahrenabwehr-maßnahmen zugrunde gelegten Rechnungen der Firmen I, M, L, J, G und K (vom 30. Juli 2013 über 4.430,12 €, Bl. 71 VA) wurden von der Klägerin akzeptiert. Das gilt auch hinsichtlich der im Widerspruchsverfahren noch angegriffenen Rechnung der Firma I vom 7. November 2013 über 1.278,66 € (Bl. 45 VA), die als Kosten für die Entsorgung kontaminierten Erdaushubs im Widerspruchsbescheid unter Nr. 6 (Bl. 231 WA) akzeptiert wurden (Bl. 71 GA, Nr. 2.6).

53

Soweit schließlich die Klägerin allgemein einen Vorteilsausgleich durch ersparte regelmäßige Kanalreinigung beansprucht, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Insoweit handelt es sich bei der Kanalreinigung nicht um unangemessene Sowieso-Kosten, die nicht durch die Gefahrenabwehr veranlasst sind. Die Kanalreinigungskosten sind unmittelbar durch das von der Klägerin zu verantwortende Schadensereignis entstanden. Dass eine regelmäßige Kanalreinigung durch die schadensbedingt erforderlich gewordene Kanalreinigung entfällt oder sich zeitlich soweit verschiebt, dass hierdurch eine feststellbare Kostenersparnis für die Beklagte entsteht, ist weder substantiiert vorgetragen noch für die Kammer erkennbar. Ein weiterer Abzug von den mit Ausnahme der Personalkostenzuschläge angemessenen Kosten der unmittelbaren Ausführung ist daher nicht gerechtfertigt. Mithin reduziert sich der insoweit geltend gemachte Kostenersatz für die wasserrechtliche Gefahrenabwehr nur um 4.814,73 €.

54

2. Die Beklagte fordert auch auf der Grundlage von § 36 Abs. 1 Nr. 2 rh.-pf. Brand- und Katastrophenschutzgesetz (LBKG) i.d.F. vom 5. April 2005 in Verbindung mit der Feuerwehrgebührensatzung der Beklagten vom 13. November 2006 (FwGebS) zu Recht die Erstattung der ihr für den Feuerwehreinsatz bei dem Schadensereignis vom 22. Juli 2013 entstandenen Kosten.

55

Nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 LBKG hat der Halter eines Kraftfahrzeuges dem Aufgabenträger die Kosten eines Feuerwehreinsatzes zu erstatten, wenn die Gefahr beim Betrieb des Kraftfahrzeugs entstanden ist. Demgemäß hat die Klägerin als Halterin der beiden im Schadensfall vom 22. Juli 2013 involvierten und mit Isopropanol und Testbenzin befüllten Tanklastzüge die Kosten des Feuerwehreinsatzes für die Abwehr der durch die ausgelaufenen Gefahrstoffe verursachten Gefahren zu tragen. Denn durch das ausgelaufene und hochentzündliche Isopropanol bzw. durch das ebenso gefährliche Testbenzin ist beim Betrieb der Tanklastzüge eine Brand- bzw. Explosionsgefahr sowie die Gefahr der Kontamination von Boden, Grundwasser und Vorfluter entstanden. Zum Betrieb der Tanklastzüge gehört jeder Einsatz des Fahrzeugs als Verkehrsmittel, damit aber auch die Teilnahme am ruhenden Verkehr, in dem sich die betankten Tanklastzüge in der Nacht zum 22. Juli 2013 befanden, als Unbekannte die Tankventile öffneten und die brandgefährlichen Stoffe dann ausliefen (vgl. OVG RP Beschluss vom 17. November 2011 – 7 A 11124/11.OVG –, juris).

56

Zu Unrecht behauptet die Klägerin, die Gefahr sei nicht beim Betrieb ihrer Tanklastzüge entstanden, weil sich nicht die dem Betrieb dieser Lastzüge innewohnende Gefahren realisiert haben, sondern die Gefahrensituation auf einen Sabotageakt unbekannter Dritter zurückzuführen seien. Hier realisierten sich mit dem Auslaufen des Isopropanols bzw. Testbenzins gerade die dem Betrieb eines Gefahrguttransporters typischerweise innewohnende Gefahr durch die bereits oben festgestellte, fehlende ausreichende Sicherung des Gefahrguts vor einem unbefugten Zugriff.

57

Zu Unrecht wendet die Klägerin weiter ein, die hierdurch verursachten wasserrechtlichen Gefahren dürften nicht von der Feuerwehr neben der unteren Wasserbehörde abgewehrt werden. Zwar ist die Feuerwehr nicht mit der Gefahrenabwehr im Gewässerschutz (ebenso wenig wie zum Schutz im Straßenverkehr) beauftragt (vgl. VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 28. August 2007 – 5 K 5/07.NW –). Besteht daher keine akute Gefahrenlage, dann ist von der Feuerwehreinsatzleitung die zuständige Stelle – hier also die untere Wasserbehörde – zu verständen, soweit eine Gefahr für den Wasserhaushalt abzuwehren ist. Gerade dies hat aber die Einsatzleitung der Feuerwehr der Beklagten getan, nachdem sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Abwehr der angetroffenen akuten Gefahrenlage, die von einer fortschreitenden Kontamination des Bodens und der Kanalisation durch auslaufende Gefahrenstoffe geprägt war, die notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Gefahrstoffausbreitung (Abdichten des Kanals und Schließen der Ablassventile der Tanklastzüge) ergriffen hatte.

58

Die danach von der Feuerwehr durchgeführten und in Abrechnung gestellten Maßnahmen beschränkten sich dann aber allein auf die Sicherung der Kanalabsaugung und -sanierung sowie der Bodendekontaminierung, da aufgrund der ausgelaufenen, leicht entzündlichen Stoffe Isopropanol und Testbenzin eine hohe Brand- bzw. Explosionsgefahr bestand, deren Abwehr gerade zur Kernkompetenz der Feuerwehr gehört. Insoweit spielt es dann auch keine Rolle, dass es letztendlich nicht zum Brand oder zu einer Explosion gekommen ist. Das Vorhalten von Feuerwehreinsatzkräften bei den durchgeführten Sanierungs-maßnahmen ist auch erforderlich, wenn sich die Brandgefahr letztlich nicht realisiert. So ist es nicht hinnehmbar, angesichts des brandgefährlichen Zustandes mit dem Einsatz der Feuerwehr zuzuwarten, bis es erst zu einem Brand bzw. einer Explosion gekommen ist (vgl. VGH München, Beschluss vom 12. Januar 2016 – 4 ZB 15.230 –, NVwZ-RR 2016, 302). Eine Gefahrenabwehrmaßnahme zum Schutz des Wasserhaushalts führte die Feuerwehr nach dem akut erforderlichen Abdichten der Kanaleingänge gerade nicht mehr durch.

59

Zu Recht hat die Beklagte die Klägerin auch für alle durch den Feuerwehreinsatz entstandenen Kosten herangezogen. Ermessensfehler bei der Auswahl der Klägerin als (alleinige) Kostenschuldnerin sind auch insoweit nicht erkennbar, als die Halterin des anderen involvierten mit Getriebeöl beladenen Tanklastzugs nicht herangezogen wurde. Zwar kann die Beklagte ihre Ermessenserwägung insoweit nicht auf die Möglichkeit des Gesamtschuldnerausgleichs stützen, weil eine solche Gesamtschuld mehrerer Kostenschuldner nach § 36 Abs. 1 LBKG im Gegensatz zu § 6 Abs. 2 S. 2 POG im LBKG in der zum entscheidungsmaßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung noch nicht geregelt war (inzwischen § 36 Abs. 4 LBKG i.d.F. vom 8. März 2016). Allerdings hat die Beklagte hierauf ihre Erwägungen gerade in Bezug auf die im Zentrum des Feuerwehreinsatzes stehenden Brandschutzmaßnahmen nicht gestützt. Vielmehr hat sie zutreffend erkannt, dass der ganz überwiegende Teil des Feuerwehreinsatzes durch die Brand- und Explosionsgefahr infolge der aus den klägerischen Tanklastzügen ausgelaufenen leichtentzündlichen Stoffe Isopropanol und Testbenzin verursacht wurde. Das ausgelaufene Getriebeöl machte gerade keine Absicherung der Sanierungsmaßnahmen gegen Brand- und Explosionsgefahr erforderlich. Das hat die Beklagte zumindest im Rahmen ihrer Erwägungen im Widerspruchsbescheid deutlich zum Ausdruck gebracht. Soweit dann noch im Rahmen der Akutzuständigkeit der Gefahr weiterer Ausbreitung nicht nur der Schadstoffe aus den klägerischen Tanklastzügen sondern auch des Getriebeöls aus dem anderen Lastzug von der Feuerwehr durch Abdichten der Kanalzuläufe und Schließen der Ablassventile entgegengewirkt wurde, treten diese Gefahrenabwehrleistungen doch soweit gegenüber der Sicherung vor Brand- und Explosionsgefahr in den Hintergrund. Daher war auch aus Gründen der Lastengerechtigkeit (VGH BW s.o. Nr. 1 b) hier keine anteilige Kostenreduzierung zugunsten der Klägerin geboten war, zumal die Beklagte auch zutreffend erkannte, dass deren Verursachungsbeitrag mengenmäßig den des anderen Halters weit überwog.

60

Der insoweit vor allem zur Sicherung der Kanal-, aber auch zur Bodensanierung in Bezug auf die Explosionsgefahr mittels Messungen betriebene Aufwand ist anhand der detaillierten Einsatzprotokolle der Feuerwehreinsatzleitung plausibel dargelegt. An der Angemessenheit des zur Gefahrenabwehr von der Feuerwehr betriebenen Aufwands bestehen keine vernünftigen Zweifel, zumal die Klägerin hiergegen auch keine Einwände erhoben hat. Die Höhe der geltend gemachten Personal- und Sachmittelkosten ergeben sich aus der von der Beklagten auch zugrunde gelegten Feuerwehrgebührensatzung, gegen die die Klägerin auch keine Einwände erhebt.

61

Mithin ergeben sich keine weiteren Bedenken gegen die Höhe der geltend gemachten Kostenforderung. Es verbleibt dabei, dass lediglich die vom EWF vorgenommenen Sach- und Gemeinkostenzuschläge von insgesamt 25 % auf die Brutto-Personalkosten in Höhe von 4.814,73 € abzusehen sind, sodass eine berechtigte Kostenforderung der Beklagten in Höhe von 82.609,60 € verbleibt.

62

Die Klage war daher zum ganz überwiegenden Teil (95 %) abzuweisen, sodass die Kostenlast der Klägerin nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO insgesamt aufzuerlegen war, da sie nur in geringem Umfang obsiegt hat. Trägt die Klägerin daher im vollen Umfang die Kosten des Verfahrens, besteht auch kein Raum, die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, soweit die Klage erfolgreich war.

63

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

64

Beschluss

65

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 87.424,33 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 09. Mai 2016 - 4 K 696/15.NW

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 09. Mai 2016 - 4 K 696/15.NW

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 09. Mai 2016 - 4 K 696/15.NW zitiert 15 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts


Wasserhaushaltsgesetz - WHG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 426 Ausgleichungspflicht, Forderungsübergang


(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 421 Gesamtschuldner


Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von j

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 3 Begriffsbestimmungen


Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen: 1. Oberirdische Gewässer das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;2. Küstengewässer das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 100 Aufgaben der Gewässeraufsicht


(1) Aufgabe der Gewässeraufsicht ist es, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder na

Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt - GGVSEB | § 19 Pflichten des Beförderers


(1) Der Beförderer im Straßen- und Eisenbahnverkehr sowie in der Binnenschifffahrt1.muss den Absender nach Unterabschnitt 1.7.6.1 Buchstabe a Gliederungseinheit i ADR/RID/ADN über die Nichteinhaltung eines Grenzwertes für die Dosisleistung oder die K

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 09. Mai 2016 - 4 K 696/15.NW zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 09. Mai 2016 - 4 K 696/15.NW zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 03. Sept. 2015 - 4 LB 13/14

bei uns veröffentlicht am 03.09.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin - vom 17. Dezember 2013 geändert: Der Bescheid vom 8. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2012 wird aufgehoben, so

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2014 - III ZR 441/13

bei uns veröffentlicht am 10.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 441/13 Verkündet am: 10. Juli 2014 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 426; NBran

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 19. Juni 2012 - 3 K 1339/10

bei uns veröffentlicht am 19.06.2012

Tenor Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 36.969,54 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2010 zu zahlen.Im Übrigen wird die Klage abgewi

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Jan. 2012 - 10 S 1476/11

bei uns veröffentlicht am 24.01.2012

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Oktober 2010 – 2 K 3366/08 – wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 D

Referenzen

(1) Der Beförderer im Straßen- und Eisenbahnverkehr sowie in der Binnenschifffahrt

1.
muss den Absender nach Unterabschnitt 1.7.6.1 Buchstabe a Gliederungseinheit i ADR/RID/ADN über die Nichteinhaltung eines Grenzwertes für die Dosisleistung oder die Kontamination informieren;
2.
darf, wenn er einen Verstoß gegen die in Absatz 1 Nummer 1 und 5 und Absatz 2 bis 4 genannten Vorschriften des ADR/RID/ADN feststellt, die Sendung so lange nicht befördern, bis die Vorschriften erfüllt sind;
3.
hat dafür zu sorgen, dass Tanks nach Unterabschnitt 4.3.3.6 Buchstabe f ADR/RID nicht zur Beförderung aufgegeben werden;
4.
hat eine Kopie des Beförderungspapiers für gefährliche Güter und der im ADR/RID/ADN festgelegten zusätzlichen Informationen und Dokumentation für einen Mindestzeitraum von drei Monaten ab Ende der Beförderung nach Unterabschnitt 5.4.4.1 ADR/RID/ADN aufzubewahren;
5.
hat dafür zu sorgen, dass die Dokumente im Zusammenhang mit der Beförderung von Güterbeförderungseinheiten, die begast und vor der Beförderung nicht vollständig belüftet worden sind, die Angaben nach Absatz 5.5.2.4.1 ADR/RID/ADN enthalten, und
6.
hat dafür zu sorgen, dass die Dokumente im Zusammenhang mit der Beförderung von Fahrzeugen, Wagen oder Containern, die Trockeneis (UN 1845) oder zu Kühl- oder Konditionierungszwecken verwendete Stoffe enthalten oder enthalten haben und vor der Beförderung nicht vollständig belüftet wurden, die Angaben nach Absatz 5.5.3.7.1 ADR/RID/ADN enthalten.

(2) Der Beförderer im Straßenverkehr hat

1.
das Verbot der anderweitigen Verwendung nach Abschnitt 4.3.5 Sondervorschrift TU 15 ADR einzuhalten;
2.
der Fahrzeugbesatzung vor Antritt der Fahrt die schriftlichen Weisungen nach Unterabschnitt 5.4.3.2 ADR zu übergeben und dafür zu sorgen, dass jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung diese verstehen und richtig anwenden kann;
3.
dafür zu sorgen, dass die Vorschriften für die Beförderung in loser Schüttung in Fahrzeugen oder Containern nach den anwendbaren Vorschriften in den Kapiteln 3.3 und 7.3 und die Vorschriften für die Beförderung in Tanks nach Abschnitt 7.4.1 ADR beachtet werden;
4.
dafür zu sorgen, dass die Vorschriften über die Begrenzung der beförderten Mengen nach Absatz 7.5.5.2.1 und Unterabschnitt 7.5.5.3 ADR eingehalten werden;
5.
dafür zu sorgen, dass
a)
die Begleitpapiere nach Unterabschnitt 8.1.2.1 Buchstabe a und Unterabschnitt 8.1.2.2 Buchstabe a und c sowie bei innerstaatlichen Beförderungen in Aufsetztanks die Bescheinigung über die Prüfung des Aufsetztanks nach Absatz 6.8.2.4.5 und Unterabschnitt 6.13.5.4, sofern die Übergangsvorschrift nach Unterabschnitt 1.6.3.41 ADR in Anspruch genommen wird, und
b)
die Ausnahmezulassung nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 6 oder 7
dem Fahrzeugführer vor Beförderungsbeginn übergeben werden;
6.
dafür zu sorgen, dass nur Fahrzeugführer mit einer gültigen Bescheinigung nach Unterabschnitt 8.2.2.8 ADR eingesetzt werden;
7.
dafür zu sorgen, dass ortsbewegliche Tanks nach Unterabschnitt 4.2.3.8 Buchstabe f ADR nicht zur Beförderung aufgegeben werden;
8.
dafür zu sorgen, dass für festverbundene Tanks, Aufsetztanks und Batterie-Fahrzeuge die Tankakte nach Absatz 4.3.2.1.7 ADR geführt, aufbewahrt, an einen neuen Beförderer übergeben, auf Anforderung zuständigen Behörden vorgelegt und dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt wird;
9.
die Beförderungseinheit mit Feuerlöschgeräten nach Abschnitt 8.1.4 ADR auszurüsten;
10.
die Prüffristen nach Unterabschnitt 8.1.4.4 ADR in Verbindung mit § 36 oder den zugelassenen nationalen Normen einzuhalten;
11.
das Fahrzeug mit den erforderlichen Großzetteln (Placards) nach Abschnitt 5.3.1, den orangefarbenen Tafeln nach Abschnitt 5.3.2 und den Kennzeichen nach den Abschnitten 3.4.15, 5.3.3 und 5.3.6 auszurüsten und hat dafür zu sorgen, dass in den Fällen des Abschnitts 3.4.13 in Verbindung mit Abschnitt 3.4.14 die Kennzeichen nach Abschnitt 3.4.15 ADR angebracht werden;
12.
dafür zu sorgen, dass nur Tanks verwendet werden, deren Dicke der Tankwände den in Absatz 4.3.2.3.1 in Verbindung mit den Absätzen 6.8.2.1.17 bis 6.8.2.1.21 ADR genannten Anforderungen entspricht;
13.
dafür zu sorgen, dass der festverbundene Tank, der Aufsetztank, das Batterie-Fahrzeug und der Saug-Druck-Tank auch zwischen den Prüfterminen den Bau-, Ausrüstungs- und Kennzeichnungsvorschriften nach den Unterabschnitten 6.8.2.1, 6.8.2.2, 6.8.2.5, 6.8.3.1, 6.8.3.2 und 6.8.3.5 und den anwendbaren Sondervorschriften in Abschnitt 6.8.4 Buchstabe e, den Abschnitten 6.10.1, 6.10.2 und 6.10.3 für die in der ADR-Zulassungsbescheinigung nach Unterabschnitt 9.1.3.1 oder in der Bescheinigung nach den Absätzen 6.8.2.4.5 und 6.8.3.4.18 ADR angegebenen Stoffe entspricht, mit Ausnahme der durch den Befüller anzugebenden beförderten Stoffe und Gase;
14.
dafür zu sorgen, dass nach Maßgabe der Absätze 6.8.2.4.4 und 6.8.3.4.14 ADR eine außerordentliche Prüfung des festverbundenen Tanks und des Batterie-Fahrzeugs durchgeführt wird, wenn die Sicherheit des Tanks oder seiner Ausrüstung beeinträchtigt sein kann;
15.
dem Fahrzeugführer die erforderliche Ausrüstung zur Durchführung der Ladungssicherung zu übergeben;
16.
die Beförderungseinheit nach Abschnitt 8.1.5 ADR auszurüsten;
17.
dafür zu sorgen, dass an Fahrzeugen,
a)
die nach Unterabschnitt 9.1.2.1 Satz 4 zugelassen sind, für die in der ADR-Zulassungsbescheinigung nach Unterabschnitt 9.1.3.5 unter Nummer 10 angegebenen gefährlichen Güter die Vorschriften über den Bau und die Ausrüstung der Fahrzeuge nach Abschnitt 9.2.1 ADR in Verbindung mit den ergänzenden Vorschriften nach den Kapiteln 9.3 bis 9.8 ADR und
b)
die nach Unterabschnitt 9.1.2.1 Satz 4 nicht zulassungspflichtig sind, die Vorschriften über den Bau und die Ausrüstung der Fahrzeuge nach den anwendbaren Sondervorschriften in Abschnitt 7.3.3, Unterabschnitt 9.2.1.1 Satz 2 und den Kapiteln 9.4 bis 9.6 ADR
beachtet werden;
18.
dafür zu sorgen, dass die Vorschriften über die Überwachung der Fahrzeuge nach Kapitel 8.4 in Verbindung mit Kapitel 8.5 ADR sowie bei innerstaatlichen Beförderungen auch die Vorschrift über das Abstellen von kennzeichnungspflichtigen Fahrzeugen nach Anlage 2 Gliederungsnummer 3.3 beachtet werden, und
19.
dafür zu sorgen, dass festverbundene Tanks, Batterie-Fahrzeuge, Aufsetztanks, MEGC, ortsbewegliche Tanks und Tankcontainer nicht verwendet werden, wenn das Datum der nächsten Prüfung überschritten ist.

(3) Der Beförderer im Eisenbahnverkehr

1.
muss sicherstellen, dass der Betreiber der von ihm genutzten Eisenbahninfrastruktur zu jedem Zeitpunkt während der Beförderung schnell und uneingeschränkt über die Daten verfügen kann, die es ihm ermöglichen, die Anforderungen des Unterabschnitts 1.4.3.6 Buchstabe b RID zu erfüllen;
2.
hat dafür zu sorgen, dass nach Unterabschnitt 1.10.1.4 RID jedes Mitglied der Besatzung eines Zuges, mit dem gefährliche Güter befördert werden, einen Lichtbildausweis während der Beförderung mit sich führt;
3.
hat dafür zu sorgen, dass die in § 18 Absatz 1 Nummer 8 und 10 genannten Begleitpapiere während der Beförderung verfügbar sind und zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung ausgehändigt werden;
4.
hat dafür zu sorgen, dass die Vorschriften über den Schutzabstand nach Abschnitt 7.5.3 RID beachtet werden;
5.
hat nach Unterabschnitt 5.4.3.2 RID vor Antritt der Fahrt dem Triebfahrzeugführer die schriftlichen Weisungen in einer Sprache bereitzustellen, die der Triebfahrzeugführer lesen und verstehen kann;
6.
hat den Triebfahrzeugführer vor Antritt der Fahrt über die geladenen gefährlichen Güter und deren Position im Zug nach Absatz 1.4.2.2.7 in Verbindung mit Unterabschnitt 5.4.3.3 RID zu informieren;
7.
hat dafür zu sorgen, dass die in den schriftlichen Weisungen nach Unterabschnitt 5.4.3.4 RID vorgeschriebene Ausrüstung auf dem Führerstand mitgeführt wird;
8.
hat dafür zu sorgen, dass im Huckepackverkehr am Anhänger die orangefarbenen Tafeln oder die Großzettel (Placards) oder das Kennzeichen nach Absatz 1.1.4.4.3 RID angebracht sind, und
9.
hat, wenn er gefährliche Güter am Abgangsort übernimmt, sich nach Absatz 1.4.2.2.1 Buchstabe c RID durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Wagen und die Ladung keine offensichtlichen Mängel, keine Undichtigkeiten oder Risse aufweisen und dass keine Ausrüstungsteile fehlen;
10.
hat, wenn er gefährliche Güter am Abgangsort übernimmt, sich nach Absatz 1.4.2.2.1 Buchstabe f zu vergewissern, dass die für die Wagen in Kapitel 5.3 RID vorgeschriebenen Großzettel (Placards), Kennzeichen und orangefarbenen Tafeln angebracht sind, und
11.
hat dafür zu sorgen, dass die Informationen, die nach Absatz 1.4.2.2.8 RID zur Verfügung gestellt werden, auch den Tank und seine Ausrüstung umfassen.

(4) Der Beförderer in der Binnenschifffahrt

1.
hat sich zu vergewissern, dass das Schiff nach Abschnitt 7.1.2 oder Abschnitt 7.2.2 ADN zur Beförderung der gefährlichen Güter zugelassen ist;
2.
hat dafür zu sorgen, dass nach Unterabschnitt 1.10.1.4 ADN für jedes Mitglied der Besatzung ein Lichtbildausweis an Bord ist;
3.
hat dem Schiffsführer vor Antritt der Fahrt die schriftlichen Weisungen nach Abschnitt 5.4.3 ADN in den Sprachen bereitzustellen, die der Schiffsführer und der Sachkundige lesen und verstehen können;
4.
hat dafür zu sorgen, dass dem Schiffsführer vor Beförderungsbeginn die erforderlichen Informationen für die Temperaturkontrolle nach Unterabschnitt 7.1.7.3 ADN zur Verfügung gestellt werden;
5.
hat dafür zu sorgen, dass
a)
die Besatzung die Vorschriften für das Laden, Befördern, Löschen und sonstige Handhaben der Ladung nach Teil 7 beachtet, mit Ausnahme der Vorschriften über die Klassifikation von Tankschiffen, Gebrauchsanleitungen, Hinweistafeln, Ausrüstungen und Methoden zur Temperaturkontrolle, und
b)
der vorgeschriebene Ladungsrechner nach den Absätzen 9.3.1.13.3, 9.3.2.13.3 und 9.3.3.13.3 ADN benutzt wird;
6.
hat dafür zu sorgen, dass die Vorschriften über die Begrenzung der beförderten Mengen nach Unterabschnitt 7.1.4.1 ADN eingehalten werden;
7.
hat dafür zu sorgen, dass dem Schiffsführer die Dokumente nach den Unterabschnitten 8.1.2.1 bis 8.1.2.3 ADN übergeben werden;
8.
hat dafür zu sorgen, dass Schiffe nur eingesetzt werden, wenn der hauptverantwortliche Schiffsführer oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, jeder Schiffsführer nach den Unterabschnitten 7.1.3.15 und 7.2.3.15 eine gültige Bescheinigung nach den Unterabschnitten 8.2.1.2, 8.2.1.5 oder 8.2.1.7 ADN hat, und
9.
hat nach Absatz 1.4.2.2.1 Buchstabe d ADN sicherzustellen, dass beim Laden und Löschen ein zweites Evakuierungsmittel verfügbar ist, sofern die landseitige Einrichtung nicht mit dem vorgeschriebenen zweiten Evakuierungsmittel ausgerüstet ist.

Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
Oberirdische Gewässer
das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;
2.
Küstengewässer
das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder zwischen der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres; die seewärtige Begrenzung von oberirdischen Gewässern, die nicht Binnenwasserstraßen des Bundes sind, richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften;
2a.
Meeresgewässer
die Küstengewässer sowie die Gewässer im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, jeweils einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes;
3.
Grundwasser
das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht;
4.
Künstliche Gewässer
von Menschen geschaffene oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
5.
Erheblich veränderte Gewässer
durch den Menschen in ihrem Wesen physikalisch erheblich veränderte oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
6.
Wasserkörper
einheitliche und bedeutende Abschnitte eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers (Oberflächenwasserkörper) sowie abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter (Grundwasserkörper);
7.
Gewässereigenschaften
die auf die Wasserbeschaffenheit, die Wassermenge, die Gewässerökologie und die Hydromorphologie bezogenen Eigenschaften von Gewässern und Gewässerteilen;
8.
Gewässerzustand
die auf Wasserkörper bezogenen Gewässereigenschaften als ökologischer, chemischer oder mengenmäßiger Zustand eines Gewässers; bei als künstlich oder erheblich verändert eingestuften Gewässern tritt an die Stelle des ökologischen Zustands das ökologische Potenzial;
9.
Wasserbeschaffenheit
die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers sowie des Grundwassers;
10.
Schädliche Gewässerveränderungen
Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz, aus auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben;
11.
Stand der Technik
der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt; bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage 1 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen;
12.
EMAS-Standort
diejenige Einheit einer Organisation, die nach § 32 Absatz 1 Satz 1 des Umweltauditgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2509) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung in das EMAS-Register eingetragen ist;
13.
Einzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder einem Delta ins Meer gelangt;
14.
Teileinzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einem bestimmten Punkt in ein oberirdisches Gewässer gelangt;
15.
Flussgebietseinheit
ein als Haupteinheit für die Bewirtschaftung von Einzugsgebieten festgelegtes Land- oder Meeresgebiet, das aus einem oder mehreren benachbarten Einzugsgebieten, dem ihnen zugeordneten Grundwasser und den ihnen zugeordneten Küstengewässern im Sinne des § 7 Absatz 5 Satz 2 besteht;
16.
Wasserdienstleistungen sind folgende Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art:
a)
Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser aus einem Gewässer;
b)
Sammlung und Behandlung von Abwasser in Abwasseranlagen, die anschließend in oberirdische Gewässer einleiten;
17.
Wassernutzungen sind alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 signifikant sind.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Aufgabe der Gewässeraufsicht ist es, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen.

(2) Auf Grund dieses Gesetzes und nach landesrechtlichen Vorschriften erteilte Zulassungen sind regelmäßig sowie aus besonderem Anlass zu überprüfen und, soweit erforderlich, anzupassen.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Oktober 2010 – 2 K 3366/08 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Kosten der Ersatzvornahme einer abfallrechtlichen Beseitigungsverfügung.
Der Beklagte hatte ursprünglich mit Bescheid vom 23. April 2002 den Kläger sowie neun Anlieferer von Altholz zu der in Insolvenz gefallenen S-GmbH, die auf mehreren gepachteten Grundstücken des Klägers eine immissionsschutzrechtlich genehmigte Holzschredder-Anlage betrieb, zur Entsorgung von ca. 8.000 bis 10.000 Tonnen Altholz, das im Rechtssinne als Abfall qualifiziert worden war, gesamtschuldnerisch herangezogen. Vergleichbare Verfügungen wurden später gegen fünf weitere Anlieferer von Altholz erlassen. Jeweils wurde die sofortige Vollziehung der Bescheide angeordnet und die Ersatzvornahme angedroht; dafür wurden voraussichtliche Kosten von etwa 750.000 Euro angesetzt. In dem Bescheid wurde ferner geregelt, dass diese Kosten im Falle einer Ersatzvornahme gesamtschuldnerisch und bezüglich der Anlieferer unter Berücksichtigung bestimmter Tonnen-Beschränkungen anteilig zu tragen seien. Nach Durchführung der Ersatzvornahme wurde der Kläger seitens des Beklagten durch Bescheid vom 30. Oktober 2007 zu Kosten in Höhe von 97.255,21 Euro für die Entsorgung bestimmter Altholzabfälle herangezogen; hinzu kamen bestimmte Auslagen von insgesamt 134,26 Euro und eine Gebühr in Höhe von 2.500,- Euro für erbrachte Aufwendungen durch die Beauftragung eines Dritten zur Durchführung der Ersatzvornahme. Verfügt wurde zudem, dass eventuelle Kostenerstattungen aus dem Insolvenzverfahren der S-GmbH dem Kläger umgehend überwiesen würden.
In der Begründung zur Heranziehung des Klägers für die Kosten der Ersatzvornahme führte der Beklagte an, dass die Inanspruchnahme des zunächst ausgewählten Kostenschuldners, des Insolvenzverwalters über das Vermögen der S-GmbH, voraussichtlich nicht zur (vollständigen) Begleichung der Ersatzvornahmekosten führen werde. Die Entscheidung, wer nun von den sonstigen Pflichtigen – der Kläger und 14 weitere Verantwortliche, die gesamtschuldnerisch zur Entsorgung der Altholzabfälle verpflichtet worden waren – als Kostenschuldner herangezogen werde, liege im pflichtgemäßen behördlichen Ermessen. Leitend für die Heranziehung des Klägers zur Kostentragung seien mehrere Erwägungen gewesen: Zunächst habe der Kläger mit der Verpachtung an die eine Holzschredder-Anlage betreibende S-GmbH bewusst das Risiko übernommen, möglicherweise für die Entsorgung der angesammelten Altholzabfälle aufkommen zu müssen. Sodann habe der Kläger durch Pachteinnahmen von monatlich mehr als 15.000,-- EUR Vorteile und Nutzen aus der Grundstücksverpachtung gezogen; daher erscheine es gerecht und billig, dass der Kläger für Kosten der Gefahrenbeseitigung aufkomme, die unmittelbar mit der vorteilhaften Grundstücksnutzung (Gewinn bringende Verpachtung) zusammenhingen. Außerdem habe der Kläger als Abfallbesitzer eine größere Sachnähe als die anderen in Betracht kommenden Pflichtigen, die allesamt zum Kreis der Holzlieferanten zählten; seine Sachherrschaft habe der Kläger durch Kündigung des Pachtverhältnisses auch ausgeübt. Ferner seien für die Auswahl des Klägers verfahrensökonomische Gründe leitend gewesen, da bei Inanspruchnahme der 14 Anlieferer weitere 14 Kostenbescheide zu erlassen seien, die wegen der zu erwartenden Rechtsbehelfe ebenso viele Klageverfahren nach sich zögen; die Auswahl des Klägers habe nur ein Verfahren zur Folge, und außerdem könne der Kläger nach den Regelungen zur Gesamtschuldnerschaft im Innenverhältnis der Pflichtigen Ausgleich erhalten. Schließlich sei die Inanspruchnahme des Klägers auch verhältnismäßig, denn Zweck der Kostenregelung gemäß § 31 LVwVG sei die Heranziehung der Pflichtigen und nicht die Belastung der Bürger; die Höhe der Kosten sei dem Kläger auf Grund der früheren Pachtvorteile auch zumutbar.
Der Widerspruch des Klägers hatte im Abhilfeverfahren nur bezüglich der Auslagen in Höhe von 3,80 Euro einen sehr geringen Erfolg. Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Bescheid vom 14. November 2008 seitens der Widerspruchsbehörde zurückgewiesen: Die Heranziehung des Klägers zum Kostenersatz sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Zunächst sei es legitim, nicht erst einmal den weiteren Ablauf des Insolvenzverfahrens abzuwarten, zumal die am Ende verbleibende Insolvenzmasse wohl nur noch rund die Hälfte der Ersatzvornahmekosten abdecke, so dass weitere Pflichtige in Anspruch zu nehmen seien. Mit Blick auf die im Jahr 2004 abgeschlossene Ersatzvornahme sei wegen einer drohenden Festsetzungsverjährung nach vier Jahren ein Kostenbescheid gegenüber dem Kläger zu erlassen gewesen. Dass nicht auch die Anlieferer zum Kostenersatz herangezogen worden seien, sei verfahrensökonomisch begründet gewesen, da ansonsten 14 Kostenbescheide hätten erlassen werden müssen; zudem sei die gesamtschuldnerische Haftung der Holzanlieferer in der Grundverfügung auf bestimmte Beträge beschränkt worden. Außerdem habe der Kläger als Zustandsstörer und Abfallbesitzer im Vergleich zu den ebenfalls verpflichteten Holzanlieferern die größere Sachnähe gehabt. Ferner habe sich mit der Zustandshaftung eine eigentumsspezifische Gefahr verwirklicht, die eng mit dem wirtschaftlichen Nutzen aus der Verpachtung zusammenhänge, so dass die kostenrechtliche Inanspruchnahme des Klägers, der sich nicht in einer „Opfersituation“ befinde, auch angemessen sei. Schließlich könne der Kläger im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs von den Holzanlieferern und dem Insolvenzverwalter einen Ausgleich fordern. Mit (ergänzendem) Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2010 wurde der – zunächst zurückgestellte – Widerspruch gegen die Gebührenfestsetzung im Kostenbescheid vom 30. Oktober 2007 (Ziff. 4) zurückgewiesen.
Mit seiner gegen die Beseitigungsverfügung vom 23.04.2002 und gegen den Kostenbescheid gerichteten Klage hat der Kläger gerügt, zu Kosten herangezogen zu werden, die er durch sein Verhalten nicht verursacht habe. Außerdem sei es dem Beklagten zuzumuten, den Abschluss des Insolvenzverfahrens abzuwarten, bevor ein Kostenbescheid an den Kläger ergehe. Im Vergleich zu den übrigen Pflichtigen habe er keine größere Sachnähe zum Gegenstand des Abfallbeseitigungsbescheids gehabt; die als Abfallerzeuger verantwortlichen Holzlieferanten hätten den sie betreffenden Anteil an dem Altholz ohne weiteres abholen und einer geordneten Entsorgung zuführen können. Ein Gesamtschuldnerausgleich sei im Abfallrecht nicht vorgesehen. Die Nichtinanspruchnahme der Anlieferer verstoße gegen den Grundsatz der gerechten Lastenverteilung und könne nicht mit einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand gerechtfertigt werden. Schließlich sei allenfalls die Haftung für einen Teil der Ersatzvornahmekosten gerechtfertigt gewesen; da die übrigen 14 Adressaten der abfallrechtlichen Verfügung zur Entsorgung von über 9.100 Tonnen Altholz verpflichtet worden seien, habe er, der Kläger, bei einer maximalen Lagerung von 10.000 Tonnen Altholz auf dem fraglichen Grundstück höchstens zu knapp 9% der Ersatzvornahmekosten herangezogen werden dürfen.
Der Beklagte hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Wesentlichen auf die Gründe des Kostenbescheids vom 30. Oktober 2007 und des Widerspruchsbescheids vom 14. November 2008 berufen; Ermessensfehler bei der Auswahl des Kostenschuldners seien nicht erkennbar.
Das Verwaltungsgericht hat unter Klageabweisung im Übrigen der Klage gegen den Kostenbescheid in Gestalt des teilweisen Abhilfebescheids sowie der Widerspruchsbescheide durch Urteil vom 14. Oktober 2010 stattgegeben und die Bescheide aufgehoben. Zwar seien die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage für die Heranziehung des Klägers erfüllt, er sei jedoch ermessensfehlerhaft als Kostenschuldner in Anspruch genommen worden. Ein wesentliches Argument im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidung sei die Annahme gewesen, dass dem Kläger ein Regressanspruch gegen die Lieferanten des Altholzes zustehe; diese Annahme sei indes auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unzutreffend, so dass der Kläger den vermeintlichen Regressanspruch nicht erfolgreich durchsetzen könne. Wegen dieser Fehlannahme seien die Ermessenserwägungen der Ausgangsbehörde und der Widerspruchsbehörde sachwidrig und fehlerhaft, so dass die Heranziehung des Klägers zu den Ersatzvornahmekosten rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze.
Mit Beschluss vom 3. Mai 2011 hat der Senat die Berufung des Beklagten zugelassen (– 10 S 354/11 – NVwZ-RR 2011, 751 = VBlBW 2011, 442). Der Beklagte und Berufungskläger rügt, dass das Verwaltungsgericht die umfassenden behördlichen Ermessenserwägungen nicht gewürdigt habe, sondern sich allein auf den eher nachgeordneten Hinweis zum Ausgleich im Innenverhältnis der Pflichtigen gestützt und damit die Ermessensfehlerhaftigkeit der Auswahl des Kostenschuldners zu begründen versucht habe. Wären die tragenden Erwägungen der Auswahlentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 14. November 2008, S. 12) gewürdigt worden, hätte sich die Ermessensentscheidung als rechtsfehlerfrei dargestellt.
Der Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Oktober 2010 – 2 K 3366/08 – insoweit zu ändern, als der Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 30. Oktober 2007 in der Gestalt des teilweisen Abhilfebescheids vom 16. Mai 2008 und die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Tübingen vom 14. November 2008 und vom 8. Februar 2010, soweit diese sich auf die Bescheide vom 30. Oktober 2007 und vom 16. Mai 2008 beziehen, aufgehoben werden, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er schließt sich der Argumentation des Verwaltungsgerichts an. Die behördlich behauptete Möglichkeit des Klägers, im Innenverhältnis der Pflichtigen Ausgleich zu erhalten, sei nicht ein bloßer Hinweis, sondern eine ermessensleitende Erwägung gewesen; diese sei zudem mit den anderen Ermessensgesichtspunkten untrennbar verknüpft. Da der von den Behörden angenommene Innenregress nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte nicht existiere, sei die Auswahl des Klägers als Kostenschuldner ermessensfehlerhaft gewesen.
14 
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte mitgeteilt, dass die insgesamt entstandenen Ersatzvornahmekosten zu seiner eigenen Überraschung nur 97.255,21 Euro betragen haben. Ursächlich dafür, dass die tatsächlich entstandenen Kosten erheblich hinter den prognostizierten Kosten zurückgeblieben seien, seien verschiedene Faktoren gewesen, unter anderem die durch den damaligen Winter bedingte gestiegene Nachfrage nach Ersatzbrennstoff, die zur kostengünstigen Entsorgung des Altholzes geführt habe. Vor diesem Hintergrund sei der „Ausstieg aus dem Ursprungskonzept“ („eins plus vierzehn“) erklärbar und gerechtfertigt. Ursprünglich seien die Großanlieferer zwecks finanzieller Schonung des Klägers „mit ins Boot genommen worden“; die tatsächlich entstandenen Ersatzvornahmekosten von lediglich gut 97.000,-- Euro könnten vom Kläger angesichts der Pachteinnahmen zumutbarerweise getragen werden, zumal andernfalls fünfzehn Verwaltungsprozesse zu erwarten gewesen sein und außerdem offen sei, ob „überall etwas zu holen“ gewesen sei.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, insbesondere auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
17 
Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsverfahren ist das angegriffene Urteil nur, soweit es der Klage gegen den Kostenbescheid des Beklagten stattgegeben hat. Soweit die gegen die abfallrechtliche Beseitigungsanordnung gerichtete Klage erstinstanzlich abgewiesen worden ist, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts in Rechtskraft erwachsen. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich im Ergebnis als richtig. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass das Verwaltungsgericht einige behördliche Ermessenserwägungen zur Auswahl des Kostenschuldners in der angegriffenen Entscheidung nicht gewürdigt hat (Senat, Beschl. v. 3.5.2011 – 10 S 354/11 – NVwZ-RR 2011, 751 = VBlBW 2011, 442). Die vom Senat im Berufungsverfahren eigenständig zu prüfenden Ermessenserwägungen der Ausgangsbehörde und der Widerspruchsbehörde zur Auswahl des Kostenschuldners (vgl. § 128 VwGO) ändern nichts an dem Ergebnis, dass der Kläger unter Verstoß gegen § 40 LVwVfG ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig zur Tragung der Kosten der Ersatzvornahme herangezogen worden ist.
I.
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Heranziehung des Klägers zu den Kosten der Ersatzvornahme gemäß §§ 31, 25 LVwVG, §§ 6, 8 LVwVGKO lagen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, vor. Kostenschuldner ist der „Pflichtige“ (§ 31 Abs. 2 LVwVG). Sind – wie hier – mehrere Personen durch Verwaltungsakt zur Ausführung einer vertretbaren Handlung verpflichtet worden (vgl. § 25 LVwVG), sind auch mehrere Kostenpflichtige vorhanden. Insoweit ist eine Auswahlentscheidung zu treffen. Dabei handelt es sich im Rechtssinne um eine behördliche Ermessensentscheidung (BayVGH, Urt. v. 1.7.1998 – 22 B 98.198 – BayVBl 1999, 180, 181 = NVwZ-RR 1999, 99, 100). Eine pflichtgemäße Ermessensbetätigung liegt vor, wenn die Vorgaben des § 40 LVwVfG beachtet worden sind; nur innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens kann die Behörde ihre Ermessensausübung auf Zweckmäßigkeitserwägungen stützen. Die Einhaltung der Ermessensdirektiven des § 40 LVwVfG unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle (§ 114 Satz 1 VwGO).
19 
1. Der angefochtene Kostenbescheid (in der Gestalt des Teil-Abhilfebescheids und der Widerspruchsbescheide) ist wegen eines behördlichen Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig. Die Behörde ist gesetzlich verpflichtet, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben (§ 40 LVwVfG). Diese Vorgabe verlangt, dass der Ermessensentscheidung sachgemäße Erwägungen zu Grunde liegen. Lässt sich die Behörde bei ihrer Auswahlentscheidung von unsachgemäßen Gesichtspunkten leiten, liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor (vgl. Staab, BWVP 1994, 56). Die Feststellung eines derartigen Ermessensfehlers fällt in die gerichtliche Kontrollkompetenz (§ 114 Satz 1 VwGO).
20 
Im vorliegenden Fall stellt das Gebot der gerechten Lastenverteilung die sachgemäße und zugleich zentrale Ermessensdirektive dar (vgl. unten 2.). Diese Vorgabe wird durch den Kostenbescheid verfehlt (vgl. unten 3.). Der Bescheid ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; folglich ist er gerichtlich aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
2. Im Falle einer sog. Störermehrheit, wie dies hier zutrifft, ist bei der behördlichen Auswahlentscheidung, welcher Störer mit einer Verfügung herangezogen wird, zwischen der primären Ebene und der sekundären Ebene zu unterscheiden; dabei sind die Auswahlkriterien nicht notwendigerweise identisch (Dienelt, NVwZ 1994, 355 f.).
22 
a) Auf der primären Ebene geht es aus einer ex ante-Sicht um die Gefahrenabwehr. Leitender Gesichtspunkt für die Störerauswahl ist die Effektivität der Gefahrenabwehr; anzustreben ist die schnelle und wirksame Gefahrenbeseitigung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 1.10.1991 – 5 S 1823/90 – NVwZ-RR 1992, 350, 351; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1995, 281; Senat, Beschl. v. 4.3.1996 – 10 S 2687/95 – NVwZ-RR 1996, 387, 390). Ein gesetzliches Rangverhältnis zur gefahrenabwehrrechtlichen Heranziehung von Störern oder generelle, richterlich entwickelte Regeln hierzu gibt es nach dem baden-württembergischen Landesrecht nicht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.11.1992 – 1 S 2727/91 – NVwZ-RR 1994, 52; Senat, Beschl. v. 6.10.1995 – 10 S 1389/95 – VBlBW 1996, 221, 223 = UPR 1996, 196, 197).
23 
Muss sich die Behörde bei der Auswahl unter mehreren Störern in erster Linie von dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr leiten lassen, schließt dies nicht aus, dass daneben auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden; dies kann z. B. die größere Gefahrennähe eines der Störer sein (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1995, 281; Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 270 = VBlBW 1996, 351, 354). Die sachgerechte Störerauswahl auf der primären Ebene muss zivilrechtliche Aspekte des internen Ausgleichs zwischen den Störern nicht berücksichtigen; im Einzelfall kommt etwas anderes allenfalls dann in Betracht, wenn die Behörde bei ihrer Ermessensbetätigung ihr bekannte und unstreitige Regelungen des internen Ausgleichs völlig unberücksichtigt lässt (Senat, Beschl. v. 29.4.2002 – 10 S 2367/01 – NVwZ 2002, 1260, 1263 = VBlBW 2002, 431, 434; restriktiver BayVGH, Beschl. v. 15.9.2000 – 22 ZS 00.1994 – BayVBl 2001, 149, 150 = NVwZ 2001, 458 = UPR 2001, 271). Andererseits ist die Behörde rechtlich nicht daran gehindert, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens den Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung neben dem vorrangigen Aspekt der Effektivität der Gefahrenabwehr in ihre Erwägungen einzubeziehen. Dadurch kann, wie der Senat bereits früher hervorgehoben hat, angesichts des unbefriedigend gelösten internen (finanziellen) Ausgleichs unter mehreren Störern (dazu unten I. 3. a) von vornherein vermieden werden, dass ein Störer die Kosten der Gefahrenabwehrmaßnahme allein zu tragen hat (Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 269 = VBlBW 1996, 351, 354).
24 
Hier war von der Möglichkeit der kumulativen Inanspruchnahme von Handlungs- und Zustandsstörern (Senat, Urt. v. 19.10.1993 – 10 S 2045/91 – NVwZ-RR 1994, 565, 568) behördlicherseits Gebrauch gemacht worden. Die abfallrechtliche Anordnung zur Entsorgung von Altholz und weiteren Abfällen vom Betriebsgelände der insolventen S-GmbH richtete sich gesamtschuldnerisch an den Kläger und (ursprünglich) neun Anlieferer von Altholz als Abfallerzeuger; für diese wurden bestimmte Mengenbeschränkungen nach Gewichtstonnen festgelegt und verfügt, dass anfallende Kosten der Ersatzvornahme gesamtschuldnerisch und anteilig unter Berücksichtigung jener Beschränkungen zu tragen seien. Ausdrücklich hat sich die zuständige Behörde in ihrer Anordnung vom 23. April 2002 bei der Auswahl der Adressaten davon leiten lassen, eine schnelle und effektive Gefahrenabwehr zu gewährleisten.
25 
b) Anders als auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr ist für den Erlass eines Bescheids über die Anforderung von Kosten einer Ersatzvornahme eine ex post-Betrachtung geboten; die Störerauswahl auf der primären Ebene präjudiziert die Auswahl des Kostenschuldners bzw. der Kostenschuldner bei mehreren Kostenpflichtigen nicht (BayVGH, Urt. v. 1.7.1998 – 22 B 98.198 – BayVBl 1999, 180, 181 = NVwZ-RR 1999, 99, 100). Unter gleichrangig Verpflichteten, wie dies hier der Fall ist und von dem Beklagten in der abfallrechtlichen Anordnung selbst zum Ausdruck gebracht worden ist, muss die Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen nach dem Gebot der gerechten Lastenverteilung erfolgen, falls keine speziellen Ermessensdirektiven zum Tragen kommen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 – 1 S 1471/07 – VBlBW 2008, 137, 138). Diese Vorgabe findet ihre rechtliche Grundlage im Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG (Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, RdNr. 508). Die Maxime der Lastengerechtigkeit vermeidet, dass – zumal wenn mehrere Störer auf der primären Ebene zur Gefahrenbeseitigung durch Verwaltungsakt verpflichtet worden waren – ohne hinreichenden sachlichen Grund einem der Verpflichteten allein die Kostenlast auferlegt wird (Garbe, DÖV 1998, 632, 634).
26 
Die Unterscheidung zwischen der ex ante-Sicht auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr und der ex post-Betrachtung auf der sekundären Ebene der Kostentragung ist keine Besonderheit von Gefahrenabwehrmaßnahmen im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme, sondern ein seit geraumer Zeit durchgehendes Strukturprinzip des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts (vgl. Würtenberger/Heckmann, a.a.O, RdNr. 502). So darf die Polizei zwar gegen den Anscheinsstörer zur Gefahrenbeseitigung einschreiten (z. B. durch unmittelbare Ausführung einer Maßnahme), er darf jedoch nicht zur Kostenerstattung für den Polizeieinsatz in Anspruch genommen werden, wenn sich ex post herausstellt, dass er die Anscheinsgefahr nicht veranlasst und zu verantworten hat (OVG Hamburg, Urt. v. 24.9.1985 – Bf VI 3/85 – DVBl 1986, 734, 735 = NJW 1986, 2005, 2006; Finger, DVBl 2007, 798 ff.). Dasselbe gilt beim Gefahrverdacht, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der vermeintliche Verursacher die den Verdacht begründenden Umstände nicht zu verantworten hat (OVG NW, Beschl. v. 14.6.2000 – 5 A 95/00 – NVwZ 2001, 1314 = NWVBl 2001, 142; OVG Berlin, Beschl. v. 28.11.2001 – 1 N 45/00 – NVwZ-RR 2002, 623). Hat er durch die Maßnahme Nachteile erlitten, kann er sogar wie ein Nichtstörer Entschädigung verlangen (BGH, Urt. v. 12.3.1992 – III ZR 128/91 – BGHZ 117, 303 = DVBl 1992, 1158 = NJW 1992, 2639; in Erinnerung gerufen von BGH, Urt. v. 3.3.2011 – III ZR 174/10 – NJW 2011, 3157, 3158). Selbst in Bezug auf den Folgenbeseitigungsanspruch ist die Unterscheidung zwischen Primärebene und Sekundärebene anerkannt; wurde ein Anscheinsstörer gefahrenabwehrrechtlich herangezogen und stellt sich später heraus, dass der Betreffende gar nicht Störer gewesen ist, kann er Folgenbeseitigung verlangen (BayVGH, Urt. v. 26.7.1997 – 22 B 93/271 – DÖV 1996, 82 = NVwZ-RR 1996, 645).
27 
Danach können Ermessenserwägungen, die auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr bei der Störerauswahl tragfähig sind, nicht unbesehen auf der sekundären Ebene bei der Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen zur Geltung gebracht werden. Zwar gibt es im Polizeikostenrecht keine generelle Regel zu einer Haftung pro rata (Schoch, in: Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 2. Kapitel Rn. 175), liegen jedoch keine Art. 3 Abs. 1 GG Stand haltenden Sachgründe vor und kann der Verursachungsanteil mehrerer Störer von der Verwaltung ermittelt werden bzw. ist er sogar bereits festgestellt worden, hat sich das Ermessen bei der Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen an dem jeweiligen Maß der Verantwortlichkeit auszurichten (Garbe, DÖV 1998, 632, 636; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., RdNr. 512).
28 
3. Der Beklagte hat, gemessen an diesen Grundsätzen, die Auswahl des Klägers nicht ermessensfehlerfrei i. S. d. § 40 LVwVfG vorgenommen. Maßgebend für die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung (§ 114 Satz 1 VwGO) sind die Gesichtspunkte, die im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid dargelegt oder sonst aus den Akten ersichtlich sind (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG). Dabei kann unentschieden bleiben, ob es schon ermessensfehlerhaft ist, dass vor Erlass des Kostenbescheids der Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht abgewartet worden ist. Ferner kann offen bleiben, ob sich der Kläger – wofür allerdings wenig spricht – in einer „Opfersituation“ befindet. Ausschlaggebend ist, dass das Gebot der gerechten Lastenverteilung nicht die maßgebliche behördliche Ermessensdirektive dargestellt hat.
29 
a) Der gerechten Lastenverteilung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG könnte allerdings schon dadurch möglicherweise Rechnung getragen werden, dass der zur Kostentragung herangezogene Störer von der Behörde auf einen realisierbaren Ausgleichsanspruch gegen die übrigen Störer verwiesen werden kann (so Garbe, DÖV 1998, 632, 634). In Betracht kommen insoweit Ansprüche analog §§ 683, 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) bzw. analog §§ 426, 421 BGB (Gesamtschuldnerausgleich). Es muss nicht abschließend geklärt werden, ob der behördliche Verweis auf eine derartige zivilrechtliche Lösung der Kostentragungsproblematik dem Gebot einer gerechten Lastenverteilung genügen kann. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, müsste der in Anspruch genommene Kostenpflichtige eine realistische Aussicht darauf haben, von den anderen Störern einen Ausgleich zu erhalten. Davon kann hier jedoch keine Rede sein.
30 
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil (S. 29 bis S. 34) ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Kläger einen Regressanspruch gegen die 14 Anlieferer im Zivilrechtsweg auf Grund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerichtlich schon im Erkenntnisverfahren nicht durchsetzen könnte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen (§ 130b Satz 2 VwGO). Dass allein diese höchstrichterliche Rechtsprechung in Bezug auf einen vermeintlichen Ausgleichsanspruch entscheidend ist – und nicht etwa bestimmte, von der Rechtsprechung abweichende Stimmen im Schrifttum (vgl. z. B. R. Enders, NVwZ 2005, 381, 384 f.) –, hat der Verwaltungsgerichtshof in einer früheren Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 – 1 S 1471/07 – VBlBW 2008, 137, 138). Folglich darf die Verwaltung die maßgebliche zivilrechtliche Judikatur nicht ignorieren (Garbe, DÖV 1998, 632, 635), sondern muss diese Rechtsprechung den Ermessenserwägungen pflichtgemäß zu Grunde legen. Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde haben sich jedoch bei ihren Überlegungen zum Gesamtschuldnerausgleich von jener Rechtsprechung gerade nicht leiten lassen.
31 
Die Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war dem Beklagten auch ohne weiteres möglich. Die Ablehnung des zivilrechtlichen Innenregresses bei einer Störermehrheit, sofern keine abweichenden Spezialbestimmungen (z. B. § 24 Abs. 2 BBodSchG) normiert sind, ist keine neue Aussage des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2010 – III ZR 295/09 – BGHZ 184, 288 = NVwZ 2010, 789), sondern hat eine mittlerweile mehr als dreißigjährige Tradition (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.1981 – III ZR 39/80 – NJW 1981, 2457; danach z. B. BGH, Urt. v. 26.9.2006 – VI ZR 166/05 – NJW 2006, 3628, 3631). Spätestens mit dem erwähnten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2007 stand für den Beklagten außerdem fest, dass der behördliche Hinweis auf einen – angeblichen – zivilrechtlichen Gesamtschuldnerausgleich keine tragfähige Ermessenserwägung ist. Jedenfalls die Widerspruchsbehörde, auf deren Bescheid es ankommt (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), konnte und musste diese Rechtsprechung berücksichtigen.
32 
b) Die vom Beklagten angeführten Gründe der Verfahrensökonomie stellen keine sachgerechten Ermessenserwägungen dar. Der Verzicht darauf, auch die Anlieferer zum Kostenersatz heranzuziehen, „da ansonsten 14 Kostenbescheide zu erlassen gewesen wären“ (so Widerspruchsbescheid vom 14.11.2008, S. 11), hat mit einer gerechten Lastenverteilung offensichtlich nichts zu tun. Es ist schon zweifelhaft, ob eine Erwägung, die die Erleichterung der Arbeit für die Verwaltung zu Lasten eines Bürgers zum Ziel hat, auf der Primärebene der Gefahrenabwehr den Anforderungen des § 40 LVwVfG an eine dem Zweck entsprechende Ermessensausübung genügen könnte. Auf der Sekundärebene, wo es ex post um eine gerechte Verteilung der Kostenlast geht, ist dies nicht der Fall. Zweck der §§ 31, 25 LVwVG ist es nicht, der zuständigen Behörde die Arbeit zu erleichtern.
33 
Dass in der abfallrechtlichen Anordnung (d. h. der Grundverfügung) die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Anlieferer auf bestimmte Beträge beschränkt worden ist, war eine Entscheidung des Beklagten und kann nicht dem Kläger angelastet werden. In der Sache kann hierin sogar ein Ansatz der Behörden zur Vorbereitung einer gerechten Lastenverteilung gesehen werden. Jedenfalls zwingt die vom Beklagten vorgenommene Haftungsbeschränkung der Abfallerzeuger, die das „Ob“ deren möglicher Kostentragung gar nicht betrifft, nicht zur vorrangigen oder alleinigen Kostenbelastung des Klägers unter allen Störern.
34 
c) Entgegen den Behauptungen des Beklagten hatte der Kläger als Abfallbesitzer kostenrechtlich keine größere „Sachnähe“ zu der Ersatzvornahme, um deren Kostentragung es hier geht, als die Abfallerzeuger (Anlieferer). Der Hinweis sowohl im Kostenbescheid vom 30. Oktober 2007 als auch im Widerspruchsbescheid vom 14. November 2008 auf § 3 Abs. 4 und Abs. 6 KrW-/AbfG macht deutlich, dass der Beklagte Erwägungen zur Gefahrenabwehr (Primärebene) unbesehen auf die Kostenverteilung (Sekundärebene) überträgt. Auf der Primärebene kann die „Sachnähe“ – auf der Grundlage einer präzisen Analyse der „Nähebeziehungen“ aller Störer zur Gefahrenlage – ein Gesichtspunkt pflichtgemäßen Ermessens für die Störerauswahl sein (Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 270 = VBlBW 1996, 351, 354; Staab, BWVP 1994, 56 und 57). Bei der Verteilung der Kosten einer Ersatzvornahme ist nicht erkennbar, worin die größere „Sachnähe“ des Abfallbesitzers zur Kostentragung bestehen soll, nachdem zuvor etliche Abfallerzeuger mit dem Abfallbesitzer gesamtschuldnerisch (und damit auf der Primärebene gleichrangig) zur Gefahrenbeseitigung verpflichtet worden waren. Insoweit stellt sich sogar die Frage widersprüchlichen Behördenverhaltens auf der primären Ebene einerseits und auf der sekundären Ebene andererseits.
35 
d) Der Hinweis des Beklagten darauf, dass sich im vorliegenden Fall eine „eigentumsspezifische Gefahr“ zu Lasten des Klägers als Verpächter des Betriebsgrundstücks der S-GmbH verwirklicht habe, ist in der Sache zutreffend. Dies begründet eine Haftung des Klägers sowohl auf der Primärebene als auch auf der Sekundärebene dem Grunde nach. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch nicht um das „Ob“ einer Kostentragung, sondern um die gerechte Lastenverteilung unter mehreren behördlich gleichrangig Verpflichteten einer Störermehrheit. Die Verwirklichung einer „eigentumsspezifischen Gefahr“ liefert im Rahmen des Auswahlermessens keinen tragfähigen Gesichtspunkt zur Beantwortung der Frage, wer nach einer eventuellen (ggf. ergebnislosen) Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters wegen der verbleibenden Kosten der Ersatzvornahme als Kostenschuldner ausgewählt werden darf. Der Beklagte hat an keiner Stelle dargelegt, was die grundsätzliche (Mit-)Verantwortlichkeit eines Störers an ermessensgerechten Aspekten zur gerechten Lastenverteilung unter einer Vielzahl von Störern soll bieten können.
36 
e) Ähnliches gilt für den Gesichtspunkt der Konnexität zwischen den Pachteinnahmen des Klägers einerseits und der Übernahme des Entsorgungsrisikos andererseits. Richtig ist, dass § 31 LVwVG auf die Heranziehung der Pflichtigen zielt und eine Belastung der Bürger (Steuerzahler) mit Kosten der Ersatzvornahme (§ 25 LVwVG) zu vermeiden sucht. Dieser Gesetzeszweck wird jedoch durch eine Inpflichtnahme mehrerer Pflichtiger als Kostenschuldner (mindestens) ebenso gut erreicht wie durch die Belastung eines – zuvor als Störer verpflichteten – Kostenschuldners. Dass der Kläger Vorteile und Nutzen aus der Grundstücksverpachtung gezogen hat, mag seine Mithaftung für die Ersatzvornahmekosten begründen. Die Kausalität zwischen vorteilhafter Verpachtung und nachteiliger Verwirklichung des Risikos vermag aber kaum zu erklären, wieso die alleinige Kostenschuldnerschaft des Klägers und die „Schonung“ der 14 Anlieferer, die als Abfallerzeuger und Entsorgungspflichtige ebenfalls Vorteile von der Überlassung ihres Altholzes an die Betreiberin der Holzschredder-Anlage hatten, einer gerechten Lastenverteilung entspricht.
37 
Dies gilt umso mehr, als die pro rata-Haftung der Anlieferer in der abfallrechtlichen Anordnung vom 23. April 2002, bezogen auf 8.163,33 Tonnen Altholz bereits angelegt war. Dies betrifft sowohl den verfügenden Teil als auch die Begründung des Verwaltungsakts. Dort heißt es (S. 8), durch die gleichzeitige Inanspruchnahme auch der großen Abfallerzeuger entsprechend ihrer angelieferten Altholzmengen werde das Insolvenzrisiko eines Entsorgungsfachbetriebes auch nicht ausschließlich auf den Grundstückseigentümer verlagert; selbst wenn dieser zunächst die Entsorgungskosten zu tragen hätte, könne er von den mitverpflichteten Abfallerzeugern anteilig Erstattung seiner Entsorgungsaufwendungen verlangen. Letzteres ist, wie dargelegt, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht richtig. Wichtiger – und im vorliegenden Zusammenhang maßgebend – ist jedoch der Umstand, dass behördlicherseits deutlich dokumentiert worden ist, eine Verlagerung des Insolvenzrisikos der S-GmbH allein auf den Kläger werde nicht angestrebt. Dieser – an sich tragfähige – Gesichtspunkt besteht im Rechtssinne unabhängig von der Höhe der Kosten; denn der Grundsatz der gerechten Lastenverteilung ist de jure keine Maxime, die von der Quantität zu verteilender Lasten abhängt. Sodann (S. 9) wurde der Verzicht auf die Verpflichtung auch der 122 „Kleinanlieferer“ vor allem mit einem „unvertretbaren Verwaltungsaufwand“ begründet und geltend gemacht, dass der Kläger insoweit etwas stärker in die Pflicht genommen werde. Auch diese behördliche Einlassung deutet an keiner Stelle darauf hin, dass der Kläger später – nach Durchführung der Ersatzvornahme – als Kostenschuldner (neben dem Insolvenzverwalter) allein in Anspruch genommen werden sollte.
38 
f) Die in der mündlichen Verhandlung seitens des Beklagten nachgeschobenen Erwägungen zum „Ausstieg aus dem Ursprungskonzept“ vermögen eine ermessensfehlerfreie behördliche Entscheidung im Sinne des § 40 LVwVfG auch im Nachhinein nicht herbeizuführen. Der Senat kann offen lassen, ob es sich dabei um völlig neue Ermessenserwägungen auf Grund einer drastisch geänderten Kostensituation (nur noch gut 97.000,-- Euro an Stelle der prognostizierten weit über 700.000,-- Euro) handelt oder um die nach § 114 Satz 2 VwGO zulässige Ergänzung von Ermessenserwägungen. Denn auch die nachgeschobenen Überlegungen vermögen den Ermessensfehlgebrauch nicht zu „heilen“.
39 
Die Höhe der auf die Störermehrheit zu verteilenden Kosten der Ersatzvornahme hat – von besonders gelagerten Ausnahmekonstellationen abgesehen – grundsätzlich keine Auswirkungen auf die gerechte Verteilung der finanziellen Lasten auf die Störer. Mit dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der alleinigen Inpflichtnahme des Klägers auf der Sekundärebene (vor dem Hintergrund der Pachteinnahmen) macht der Beklagte einen – rechtssystematisch nachgelagerten – Aspekt der Verhältnismäßigkeit der den Kläger individuell treffenden Kostenlast geltend. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch um die vorrangige Frage der gerechten Verteilung von finanziellen Lasten unter mehreren Störern. Zudem ist ein Betrag von über 97.000,-- Euro nicht etwa so gering, dass die im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG zu beantwortende Frage der Lastengerechtigkeit gleichsam „übersprungen“ und sogleich die Frage nach der individuellen Zumutbarkeit für den Kläger gestellt werden könnte.
40 
Unabhängig davon stellt es eine durch keine tatsächlichen Anhaltspunkte gestützte reine Vermutung des Beklagten dar, dass es bei der Verteilung von „nur“ noch gut 97.000,-- Euro auf alle Störer zu fünfzehn Verwaltungsprozessen gekommen wäre. Ebenso rein spekulativ ist der Zweifel daran, „ob überall etwas zu holen“ sei; Fakten, die derartige Mutmaßungen stützen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Ermessensfehlerfreie Erwägungen können derartige Annahmen ohne Faktenbasis nicht darstellen. Im Gegenteil, bei „nur“ noch gut 97.000,-- Euro an entstandenen Ersatzvornahmekosten war es angesichts der erheblich geminderten Kostenlast, gemessen an der Prognose, eher wahrscheinlich, dass die anderen Pflichtigen hinreichend leistungsfähig und -willig waren, und deshalb umso eher angezeigt, dem Gebot der Lastengerechtigkeit zu folgen, wie dies in der Grundverfügung schon angelegt war.
41 
g) Vor diesem Hintergrund gilt Folgendes: Geht es auf der Sekundärebene nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG um die gerechte Lastenverteilung bei einer Störermehrheit, muss eine gewisse Beliebigkeit bei der Beantwortung der Frage, wen es letztlich „trifft“, tunlichst vermieden werden (vgl. dazu auch Garbe, DÖV 1998, 632, 634). Gerät die konkrete Lastentragung aus der Sicht mehrerer an sich Pflichtiger und von der Behörde sogar durch Verwaltungsakt gesamtschuldnerisch Verpflichteter gleichsam zu einem Handeln nach dem Prinzip des mutmaßlich geringsten Aufwands und Widerstands, kann von einer sachgerechten Ermessensbetätigung bei der Auswahl des Kostenschuldners nicht mehr gesprochen werden. Nachdem der Beklagte davon abgesehen hatte, die weiteren 122 Firmen und Einzelpersonen, die weniger als 100 Tonnen Holzabfälle bei der S-GmbH angeliefert hatten, ebenfalls zur Abfallbeseitigung zu verpflichten, sprach kein rechtlicher Gesichtspunkt dagegen, den Kläger und die 14 „Großanlieferer“ zur Kostentragung heranzuziehen, das Maß der jeweiligen Verantwortlichkeit zu ermitteln und die Kostentragung der Schuldner entsprechend einer gerechten Lastenverteilung unter den auf der Primärebene Verpflichteten festzulegen. Dass einem solchen Verfahren „verfahrensökonomische Gründe“ behördlicherseits nicht entgegengehalten werden können, ist bereits dargelegt worden.
II.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
III.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 24. Januar 2012
45 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 3 GKG auf 99.885,67 EUR festgesetzt. Die Erhöhung gegenüber der anteiligen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung beruht auf der zusätzlichen Berücksichtigung der in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids vom 30.10.2007 festgesetzten Gebühr in Höhe von 2.500,-- EUR. Von einer Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts sieht der Senat ab, da die Erhöhung sich nicht auf die anfallenden Gebühren auswirken würde.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
17 
Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsverfahren ist das angegriffene Urteil nur, soweit es der Klage gegen den Kostenbescheid des Beklagten stattgegeben hat. Soweit die gegen die abfallrechtliche Beseitigungsanordnung gerichtete Klage erstinstanzlich abgewiesen worden ist, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts in Rechtskraft erwachsen. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich im Ergebnis als richtig. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass das Verwaltungsgericht einige behördliche Ermessenserwägungen zur Auswahl des Kostenschuldners in der angegriffenen Entscheidung nicht gewürdigt hat (Senat, Beschl. v. 3.5.2011 – 10 S 354/11 – NVwZ-RR 2011, 751 = VBlBW 2011, 442). Die vom Senat im Berufungsverfahren eigenständig zu prüfenden Ermessenserwägungen der Ausgangsbehörde und der Widerspruchsbehörde zur Auswahl des Kostenschuldners (vgl. § 128 VwGO) ändern nichts an dem Ergebnis, dass der Kläger unter Verstoß gegen § 40 LVwVfG ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig zur Tragung der Kosten der Ersatzvornahme herangezogen worden ist.
I.
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Heranziehung des Klägers zu den Kosten der Ersatzvornahme gemäß §§ 31, 25 LVwVG, §§ 6, 8 LVwVGKO lagen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, vor. Kostenschuldner ist der „Pflichtige“ (§ 31 Abs. 2 LVwVG). Sind – wie hier – mehrere Personen durch Verwaltungsakt zur Ausführung einer vertretbaren Handlung verpflichtet worden (vgl. § 25 LVwVG), sind auch mehrere Kostenpflichtige vorhanden. Insoweit ist eine Auswahlentscheidung zu treffen. Dabei handelt es sich im Rechtssinne um eine behördliche Ermessensentscheidung (BayVGH, Urt. v. 1.7.1998 – 22 B 98.198 – BayVBl 1999, 180, 181 = NVwZ-RR 1999, 99, 100). Eine pflichtgemäße Ermessensbetätigung liegt vor, wenn die Vorgaben des § 40 LVwVfG beachtet worden sind; nur innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens kann die Behörde ihre Ermessensausübung auf Zweckmäßigkeitserwägungen stützen. Die Einhaltung der Ermessensdirektiven des § 40 LVwVfG unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle (§ 114 Satz 1 VwGO).
19 
1. Der angefochtene Kostenbescheid (in der Gestalt des Teil-Abhilfebescheids und der Widerspruchsbescheide) ist wegen eines behördlichen Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig. Die Behörde ist gesetzlich verpflichtet, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben (§ 40 LVwVfG). Diese Vorgabe verlangt, dass der Ermessensentscheidung sachgemäße Erwägungen zu Grunde liegen. Lässt sich die Behörde bei ihrer Auswahlentscheidung von unsachgemäßen Gesichtspunkten leiten, liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor (vgl. Staab, BWVP 1994, 56). Die Feststellung eines derartigen Ermessensfehlers fällt in die gerichtliche Kontrollkompetenz (§ 114 Satz 1 VwGO).
20 
Im vorliegenden Fall stellt das Gebot der gerechten Lastenverteilung die sachgemäße und zugleich zentrale Ermessensdirektive dar (vgl. unten 2.). Diese Vorgabe wird durch den Kostenbescheid verfehlt (vgl. unten 3.). Der Bescheid ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; folglich ist er gerichtlich aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
2. Im Falle einer sog. Störermehrheit, wie dies hier zutrifft, ist bei der behördlichen Auswahlentscheidung, welcher Störer mit einer Verfügung herangezogen wird, zwischen der primären Ebene und der sekundären Ebene zu unterscheiden; dabei sind die Auswahlkriterien nicht notwendigerweise identisch (Dienelt, NVwZ 1994, 355 f.).
22 
a) Auf der primären Ebene geht es aus einer ex ante-Sicht um die Gefahrenabwehr. Leitender Gesichtspunkt für die Störerauswahl ist die Effektivität der Gefahrenabwehr; anzustreben ist die schnelle und wirksame Gefahrenbeseitigung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 1.10.1991 – 5 S 1823/90 – NVwZ-RR 1992, 350, 351; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1995, 281; Senat, Beschl. v. 4.3.1996 – 10 S 2687/95 – NVwZ-RR 1996, 387, 390). Ein gesetzliches Rangverhältnis zur gefahrenabwehrrechtlichen Heranziehung von Störern oder generelle, richterlich entwickelte Regeln hierzu gibt es nach dem baden-württembergischen Landesrecht nicht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.11.1992 – 1 S 2727/91 – NVwZ-RR 1994, 52; Senat, Beschl. v. 6.10.1995 – 10 S 1389/95 – VBlBW 1996, 221, 223 = UPR 1996, 196, 197).
23 
Muss sich die Behörde bei der Auswahl unter mehreren Störern in erster Linie von dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr leiten lassen, schließt dies nicht aus, dass daneben auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden; dies kann z. B. die größere Gefahrennähe eines der Störer sein (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1995, 281; Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 270 = VBlBW 1996, 351, 354). Die sachgerechte Störerauswahl auf der primären Ebene muss zivilrechtliche Aspekte des internen Ausgleichs zwischen den Störern nicht berücksichtigen; im Einzelfall kommt etwas anderes allenfalls dann in Betracht, wenn die Behörde bei ihrer Ermessensbetätigung ihr bekannte und unstreitige Regelungen des internen Ausgleichs völlig unberücksichtigt lässt (Senat, Beschl. v. 29.4.2002 – 10 S 2367/01 – NVwZ 2002, 1260, 1263 = VBlBW 2002, 431, 434; restriktiver BayVGH, Beschl. v. 15.9.2000 – 22 ZS 00.1994 – BayVBl 2001, 149, 150 = NVwZ 2001, 458 = UPR 2001, 271). Andererseits ist die Behörde rechtlich nicht daran gehindert, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens den Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung neben dem vorrangigen Aspekt der Effektivität der Gefahrenabwehr in ihre Erwägungen einzubeziehen. Dadurch kann, wie der Senat bereits früher hervorgehoben hat, angesichts des unbefriedigend gelösten internen (finanziellen) Ausgleichs unter mehreren Störern (dazu unten I. 3. a) von vornherein vermieden werden, dass ein Störer die Kosten der Gefahrenabwehrmaßnahme allein zu tragen hat (Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 269 = VBlBW 1996, 351, 354).
24 
Hier war von der Möglichkeit der kumulativen Inanspruchnahme von Handlungs- und Zustandsstörern (Senat, Urt. v. 19.10.1993 – 10 S 2045/91 – NVwZ-RR 1994, 565, 568) behördlicherseits Gebrauch gemacht worden. Die abfallrechtliche Anordnung zur Entsorgung von Altholz und weiteren Abfällen vom Betriebsgelände der insolventen S-GmbH richtete sich gesamtschuldnerisch an den Kläger und (ursprünglich) neun Anlieferer von Altholz als Abfallerzeuger; für diese wurden bestimmte Mengenbeschränkungen nach Gewichtstonnen festgelegt und verfügt, dass anfallende Kosten der Ersatzvornahme gesamtschuldnerisch und anteilig unter Berücksichtigung jener Beschränkungen zu tragen seien. Ausdrücklich hat sich die zuständige Behörde in ihrer Anordnung vom 23. April 2002 bei der Auswahl der Adressaten davon leiten lassen, eine schnelle und effektive Gefahrenabwehr zu gewährleisten.
25 
b) Anders als auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr ist für den Erlass eines Bescheids über die Anforderung von Kosten einer Ersatzvornahme eine ex post-Betrachtung geboten; die Störerauswahl auf der primären Ebene präjudiziert die Auswahl des Kostenschuldners bzw. der Kostenschuldner bei mehreren Kostenpflichtigen nicht (BayVGH, Urt. v. 1.7.1998 – 22 B 98.198 – BayVBl 1999, 180, 181 = NVwZ-RR 1999, 99, 100). Unter gleichrangig Verpflichteten, wie dies hier der Fall ist und von dem Beklagten in der abfallrechtlichen Anordnung selbst zum Ausdruck gebracht worden ist, muss die Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen nach dem Gebot der gerechten Lastenverteilung erfolgen, falls keine speziellen Ermessensdirektiven zum Tragen kommen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 – 1 S 1471/07 – VBlBW 2008, 137, 138). Diese Vorgabe findet ihre rechtliche Grundlage im Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG (Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, RdNr. 508). Die Maxime der Lastengerechtigkeit vermeidet, dass – zumal wenn mehrere Störer auf der primären Ebene zur Gefahrenbeseitigung durch Verwaltungsakt verpflichtet worden waren – ohne hinreichenden sachlichen Grund einem der Verpflichteten allein die Kostenlast auferlegt wird (Garbe, DÖV 1998, 632, 634).
26 
Die Unterscheidung zwischen der ex ante-Sicht auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr und der ex post-Betrachtung auf der sekundären Ebene der Kostentragung ist keine Besonderheit von Gefahrenabwehrmaßnahmen im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme, sondern ein seit geraumer Zeit durchgehendes Strukturprinzip des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts (vgl. Würtenberger/Heckmann, a.a.O, RdNr. 502). So darf die Polizei zwar gegen den Anscheinsstörer zur Gefahrenbeseitigung einschreiten (z. B. durch unmittelbare Ausführung einer Maßnahme), er darf jedoch nicht zur Kostenerstattung für den Polizeieinsatz in Anspruch genommen werden, wenn sich ex post herausstellt, dass er die Anscheinsgefahr nicht veranlasst und zu verantworten hat (OVG Hamburg, Urt. v. 24.9.1985 – Bf VI 3/85 – DVBl 1986, 734, 735 = NJW 1986, 2005, 2006; Finger, DVBl 2007, 798 ff.). Dasselbe gilt beim Gefahrverdacht, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der vermeintliche Verursacher die den Verdacht begründenden Umstände nicht zu verantworten hat (OVG NW, Beschl. v. 14.6.2000 – 5 A 95/00 – NVwZ 2001, 1314 = NWVBl 2001, 142; OVG Berlin, Beschl. v. 28.11.2001 – 1 N 45/00 – NVwZ-RR 2002, 623). Hat er durch die Maßnahme Nachteile erlitten, kann er sogar wie ein Nichtstörer Entschädigung verlangen (BGH, Urt. v. 12.3.1992 – III ZR 128/91 – BGHZ 117, 303 = DVBl 1992, 1158 = NJW 1992, 2639; in Erinnerung gerufen von BGH, Urt. v. 3.3.2011 – III ZR 174/10 – NJW 2011, 3157, 3158). Selbst in Bezug auf den Folgenbeseitigungsanspruch ist die Unterscheidung zwischen Primärebene und Sekundärebene anerkannt; wurde ein Anscheinsstörer gefahrenabwehrrechtlich herangezogen und stellt sich später heraus, dass der Betreffende gar nicht Störer gewesen ist, kann er Folgenbeseitigung verlangen (BayVGH, Urt. v. 26.7.1997 – 22 B 93/271 – DÖV 1996, 82 = NVwZ-RR 1996, 645).
27 
Danach können Ermessenserwägungen, die auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr bei der Störerauswahl tragfähig sind, nicht unbesehen auf der sekundären Ebene bei der Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen zur Geltung gebracht werden. Zwar gibt es im Polizeikostenrecht keine generelle Regel zu einer Haftung pro rata (Schoch, in: Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 2. Kapitel Rn. 175), liegen jedoch keine Art. 3 Abs. 1 GG Stand haltenden Sachgründe vor und kann der Verursachungsanteil mehrerer Störer von der Verwaltung ermittelt werden bzw. ist er sogar bereits festgestellt worden, hat sich das Ermessen bei der Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen an dem jeweiligen Maß der Verantwortlichkeit auszurichten (Garbe, DÖV 1998, 632, 636; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., RdNr. 512).
28 
3. Der Beklagte hat, gemessen an diesen Grundsätzen, die Auswahl des Klägers nicht ermessensfehlerfrei i. S. d. § 40 LVwVfG vorgenommen. Maßgebend für die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung (§ 114 Satz 1 VwGO) sind die Gesichtspunkte, die im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid dargelegt oder sonst aus den Akten ersichtlich sind (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG). Dabei kann unentschieden bleiben, ob es schon ermessensfehlerhaft ist, dass vor Erlass des Kostenbescheids der Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht abgewartet worden ist. Ferner kann offen bleiben, ob sich der Kläger – wofür allerdings wenig spricht – in einer „Opfersituation“ befindet. Ausschlaggebend ist, dass das Gebot der gerechten Lastenverteilung nicht die maßgebliche behördliche Ermessensdirektive dargestellt hat.
29 
a) Der gerechten Lastenverteilung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG könnte allerdings schon dadurch möglicherweise Rechnung getragen werden, dass der zur Kostentragung herangezogene Störer von der Behörde auf einen realisierbaren Ausgleichsanspruch gegen die übrigen Störer verwiesen werden kann (so Garbe, DÖV 1998, 632, 634). In Betracht kommen insoweit Ansprüche analog §§ 683, 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) bzw. analog §§ 426, 421 BGB (Gesamtschuldnerausgleich). Es muss nicht abschließend geklärt werden, ob der behördliche Verweis auf eine derartige zivilrechtliche Lösung der Kostentragungsproblematik dem Gebot einer gerechten Lastenverteilung genügen kann. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, müsste der in Anspruch genommene Kostenpflichtige eine realistische Aussicht darauf haben, von den anderen Störern einen Ausgleich zu erhalten. Davon kann hier jedoch keine Rede sein.
30 
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil (S. 29 bis S. 34) ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Kläger einen Regressanspruch gegen die 14 Anlieferer im Zivilrechtsweg auf Grund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerichtlich schon im Erkenntnisverfahren nicht durchsetzen könnte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen (§ 130b Satz 2 VwGO). Dass allein diese höchstrichterliche Rechtsprechung in Bezug auf einen vermeintlichen Ausgleichsanspruch entscheidend ist – und nicht etwa bestimmte, von der Rechtsprechung abweichende Stimmen im Schrifttum (vgl. z. B. R. Enders, NVwZ 2005, 381, 384 f.) –, hat der Verwaltungsgerichtshof in einer früheren Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 – 1 S 1471/07 – VBlBW 2008, 137, 138). Folglich darf die Verwaltung die maßgebliche zivilrechtliche Judikatur nicht ignorieren (Garbe, DÖV 1998, 632, 635), sondern muss diese Rechtsprechung den Ermessenserwägungen pflichtgemäß zu Grunde legen. Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde haben sich jedoch bei ihren Überlegungen zum Gesamtschuldnerausgleich von jener Rechtsprechung gerade nicht leiten lassen.
31 
Die Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war dem Beklagten auch ohne weiteres möglich. Die Ablehnung des zivilrechtlichen Innenregresses bei einer Störermehrheit, sofern keine abweichenden Spezialbestimmungen (z. B. § 24 Abs. 2 BBodSchG) normiert sind, ist keine neue Aussage des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2010 – III ZR 295/09 – BGHZ 184, 288 = NVwZ 2010, 789), sondern hat eine mittlerweile mehr als dreißigjährige Tradition (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.1981 – III ZR 39/80 – NJW 1981, 2457; danach z. B. BGH, Urt. v. 26.9.2006 – VI ZR 166/05 – NJW 2006, 3628, 3631). Spätestens mit dem erwähnten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2007 stand für den Beklagten außerdem fest, dass der behördliche Hinweis auf einen – angeblichen – zivilrechtlichen Gesamtschuldnerausgleich keine tragfähige Ermessenserwägung ist. Jedenfalls die Widerspruchsbehörde, auf deren Bescheid es ankommt (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), konnte und musste diese Rechtsprechung berücksichtigen.
32 
b) Die vom Beklagten angeführten Gründe der Verfahrensökonomie stellen keine sachgerechten Ermessenserwägungen dar. Der Verzicht darauf, auch die Anlieferer zum Kostenersatz heranzuziehen, „da ansonsten 14 Kostenbescheide zu erlassen gewesen wären“ (so Widerspruchsbescheid vom 14.11.2008, S. 11), hat mit einer gerechten Lastenverteilung offensichtlich nichts zu tun. Es ist schon zweifelhaft, ob eine Erwägung, die die Erleichterung der Arbeit für die Verwaltung zu Lasten eines Bürgers zum Ziel hat, auf der Primärebene der Gefahrenabwehr den Anforderungen des § 40 LVwVfG an eine dem Zweck entsprechende Ermessensausübung genügen könnte. Auf der Sekundärebene, wo es ex post um eine gerechte Verteilung der Kostenlast geht, ist dies nicht der Fall. Zweck der §§ 31, 25 LVwVG ist es nicht, der zuständigen Behörde die Arbeit zu erleichtern.
33 
Dass in der abfallrechtlichen Anordnung (d. h. der Grundverfügung) die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Anlieferer auf bestimmte Beträge beschränkt worden ist, war eine Entscheidung des Beklagten und kann nicht dem Kläger angelastet werden. In der Sache kann hierin sogar ein Ansatz der Behörden zur Vorbereitung einer gerechten Lastenverteilung gesehen werden. Jedenfalls zwingt die vom Beklagten vorgenommene Haftungsbeschränkung der Abfallerzeuger, die das „Ob“ deren möglicher Kostentragung gar nicht betrifft, nicht zur vorrangigen oder alleinigen Kostenbelastung des Klägers unter allen Störern.
34 
c) Entgegen den Behauptungen des Beklagten hatte der Kläger als Abfallbesitzer kostenrechtlich keine größere „Sachnähe“ zu der Ersatzvornahme, um deren Kostentragung es hier geht, als die Abfallerzeuger (Anlieferer). Der Hinweis sowohl im Kostenbescheid vom 30. Oktober 2007 als auch im Widerspruchsbescheid vom 14. November 2008 auf § 3 Abs. 4 und Abs. 6 KrW-/AbfG macht deutlich, dass der Beklagte Erwägungen zur Gefahrenabwehr (Primärebene) unbesehen auf die Kostenverteilung (Sekundärebene) überträgt. Auf der Primärebene kann die „Sachnähe“ – auf der Grundlage einer präzisen Analyse der „Nähebeziehungen“ aller Störer zur Gefahrenlage – ein Gesichtspunkt pflichtgemäßen Ermessens für die Störerauswahl sein (Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 270 = VBlBW 1996, 351, 354; Staab, BWVP 1994, 56 und 57). Bei der Verteilung der Kosten einer Ersatzvornahme ist nicht erkennbar, worin die größere „Sachnähe“ des Abfallbesitzers zur Kostentragung bestehen soll, nachdem zuvor etliche Abfallerzeuger mit dem Abfallbesitzer gesamtschuldnerisch (und damit auf der Primärebene gleichrangig) zur Gefahrenbeseitigung verpflichtet worden waren. Insoweit stellt sich sogar die Frage widersprüchlichen Behördenverhaltens auf der primären Ebene einerseits und auf der sekundären Ebene andererseits.
35 
d) Der Hinweis des Beklagten darauf, dass sich im vorliegenden Fall eine „eigentumsspezifische Gefahr“ zu Lasten des Klägers als Verpächter des Betriebsgrundstücks der S-GmbH verwirklicht habe, ist in der Sache zutreffend. Dies begründet eine Haftung des Klägers sowohl auf der Primärebene als auch auf der Sekundärebene dem Grunde nach. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch nicht um das „Ob“ einer Kostentragung, sondern um die gerechte Lastenverteilung unter mehreren behördlich gleichrangig Verpflichteten einer Störermehrheit. Die Verwirklichung einer „eigentumsspezifischen Gefahr“ liefert im Rahmen des Auswahlermessens keinen tragfähigen Gesichtspunkt zur Beantwortung der Frage, wer nach einer eventuellen (ggf. ergebnislosen) Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters wegen der verbleibenden Kosten der Ersatzvornahme als Kostenschuldner ausgewählt werden darf. Der Beklagte hat an keiner Stelle dargelegt, was die grundsätzliche (Mit-)Verantwortlichkeit eines Störers an ermessensgerechten Aspekten zur gerechten Lastenverteilung unter einer Vielzahl von Störern soll bieten können.
36 
e) Ähnliches gilt für den Gesichtspunkt der Konnexität zwischen den Pachteinnahmen des Klägers einerseits und der Übernahme des Entsorgungsrisikos andererseits. Richtig ist, dass § 31 LVwVG auf die Heranziehung der Pflichtigen zielt und eine Belastung der Bürger (Steuerzahler) mit Kosten der Ersatzvornahme (§ 25 LVwVG) zu vermeiden sucht. Dieser Gesetzeszweck wird jedoch durch eine Inpflichtnahme mehrerer Pflichtiger als Kostenschuldner (mindestens) ebenso gut erreicht wie durch die Belastung eines – zuvor als Störer verpflichteten – Kostenschuldners. Dass der Kläger Vorteile und Nutzen aus der Grundstücksverpachtung gezogen hat, mag seine Mithaftung für die Ersatzvornahmekosten begründen. Die Kausalität zwischen vorteilhafter Verpachtung und nachteiliger Verwirklichung des Risikos vermag aber kaum zu erklären, wieso die alleinige Kostenschuldnerschaft des Klägers und die „Schonung“ der 14 Anlieferer, die als Abfallerzeuger und Entsorgungspflichtige ebenfalls Vorteile von der Überlassung ihres Altholzes an die Betreiberin der Holzschredder-Anlage hatten, einer gerechten Lastenverteilung entspricht.
37 
Dies gilt umso mehr, als die pro rata-Haftung der Anlieferer in der abfallrechtlichen Anordnung vom 23. April 2002, bezogen auf 8.163,33 Tonnen Altholz bereits angelegt war. Dies betrifft sowohl den verfügenden Teil als auch die Begründung des Verwaltungsakts. Dort heißt es (S. 8), durch die gleichzeitige Inanspruchnahme auch der großen Abfallerzeuger entsprechend ihrer angelieferten Altholzmengen werde das Insolvenzrisiko eines Entsorgungsfachbetriebes auch nicht ausschließlich auf den Grundstückseigentümer verlagert; selbst wenn dieser zunächst die Entsorgungskosten zu tragen hätte, könne er von den mitverpflichteten Abfallerzeugern anteilig Erstattung seiner Entsorgungsaufwendungen verlangen. Letzteres ist, wie dargelegt, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht richtig. Wichtiger – und im vorliegenden Zusammenhang maßgebend – ist jedoch der Umstand, dass behördlicherseits deutlich dokumentiert worden ist, eine Verlagerung des Insolvenzrisikos der S-GmbH allein auf den Kläger werde nicht angestrebt. Dieser – an sich tragfähige – Gesichtspunkt besteht im Rechtssinne unabhängig von der Höhe der Kosten; denn der Grundsatz der gerechten Lastenverteilung ist de jure keine Maxime, die von der Quantität zu verteilender Lasten abhängt. Sodann (S. 9) wurde der Verzicht auf die Verpflichtung auch der 122 „Kleinanlieferer“ vor allem mit einem „unvertretbaren Verwaltungsaufwand“ begründet und geltend gemacht, dass der Kläger insoweit etwas stärker in die Pflicht genommen werde. Auch diese behördliche Einlassung deutet an keiner Stelle darauf hin, dass der Kläger später – nach Durchführung der Ersatzvornahme – als Kostenschuldner (neben dem Insolvenzverwalter) allein in Anspruch genommen werden sollte.
38 
f) Die in der mündlichen Verhandlung seitens des Beklagten nachgeschobenen Erwägungen zum „Ausstieg aus dem Ursprungskonzept“ vermögen eine ermessensfehlerfreie behördliche Entscheidung im Sinne des § 40 LVwVfG auch im Nachhinein nicht herbeizuführen. Der Senat kann offen lassen, ob es sich dabei um völlig neue Ermessenserwägungen auf Grund einer drastisch geänderten Kostensituation (nur noch gut 97.000,-- Euro an Stelle der prognostizierten weit über 700.000,-- Euro) handelt oder um die nach § 114 Satz 2 VwGO zulässige Ergänzung von Ermessenserwägungen. Denn auch die nachgeschobenen Überlegungen vermögen den Ermessensfehlgebrauch nicht zu „heilen“.
39 
Die Höhe der auf die Störermehrheit zu verteilenden Kosten der Ersatzvornahme hat – von besonders gelagerten Ausnahmekonstellationen abgesehen – grundsätzlich keine Auswirkungen auf die gerechte Verteilung der finanziellen Lasten auf die Störer. Mit dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der alleinigen Inpflichtnahme des Klägers auf der Sekundärebene (vor dem Hintergrund der Pachteinnahmen) macht der Beklagte einen – rechtssystematisch nachgelagerten – Aspekt der Verhältnismäßigkeit der den Kläger individuell treffenden Kostenlast geltend. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch um die vorrangige Frage der gerechten Verteilung von finanziellen Lasten unter mehreren Störern. Zudem ist ein Betrag von über 97.000,-- Euro nicht etwa so gering, dass die im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG zu beantwortende Frage der Lastengerechtigkeit gleichsam „übersprungen“ und sogleich die Frage nach der individuellen Zumutbarkeit für den Kläger gestellt werden könnte.
40 
Unabhängig davon stellt es eine durch keine tatsächlichen Anhaltspunkte gestützte reine Vermutung des Beklagten dar, dass es bei der Verteilung von „nur“ noch gut 97.000,-- Euro auf alle Störer zu fünfzehn Verwaltungsprozessen gekommen wäre. Ebenso rein spekulativ ist der Zweifel daran, „ob überall etwas zu holen“ sei; Fakten, die derartige Mutmaßungen stützen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Ermessensfehlerfreie Erwägungen können derartige Annahmen ohne Faktenbasis nicht darstellen. Im Gegenteil, bei „nur“ noch gut 97.000,-- Euro an entstandenen Ersatzvornahmekosten war es angesichts der erheblich geminderten Kostenlast, gemessen an der Prognose, eher wahrscheinlich, dass die anderen Pflichtigen hinreichend leistungsfähig und -willig waren, und deshalb umso eher angezeigt, dem Gebot der Lastengerechtigkeit zu folgen, wie dies in der Grundverfügung schon angelegt war.
41 
g) Vor diesem Hintergrund gilt Folgendes: Geht es auf der Sekundärebene nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG um die gerechte Lastenverteilung bei einer Störermehrheit, muss eine gewisse Beliebigkeit bei der Beantwortung der Frage, wen es letztlich „trifft“, tunlichst vermieden werden (vgl. dazu auch Garbe, DÖV 1998, 632, 634). Gerät die konkrete Lastentragung aus der Sicht mehrerer an sich Pflichtiger und von der Behörde sogar durch Verwaltungsakt gesamtschuldnerisch Verpflichteter gleichsam zu einem Handeln nach dem Prinzip des mutmaßlich geringsten Aufwands und Widerstands, kann von einer sachgerechten Ermessensbetätigung bei der Auswahl des Kostenschuldners nicht mehr gesprochen werden. Nachdem der Beklagte davon abgesehen hatte, die weiteren 122 Firmen und Einzelpersonen, die weniger als 100 Tonnen Holzabfälle bei der S-GmbH angeliefert hatten, ebenfalls zur Abfallbeseitigung zu verpflichten, sprach kein rechtlicher Gesichtspunkt dagegen, den Kläger und die 14 „Großanlieferer“ zur Kostentragung heranzuziehen, das Maß der jeweiligen Verantwortlichkeit zu ermitteln und die Kostentragung der Schuldner entsprechend einer gerechten Lastenverteilung unter den auf der Primärebene Verpflichteten festzulegen. Dass einem solchen Verfahren „verfahrensökonomische Gründe“ behördlicherseits nicht entgegengehalten werden können, ist bereits dargelegt worden.
II.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
III.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 24. Januar 2012
45 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 3 GKG auf 99.885,67 EUR festgesetzt. Die Erhöhung gegenüber der anteiligen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung beruht auf der zusätzlichen Berücksichtigung der in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids vom 30.10.2007 festgesetzten Gebühr in Höhe von 2.500,-- EUR. Von einer Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts sieht der Senat ab, da die Erhöhung sich nicht auf die anfallenden Gebühren auswirken würde.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 441/13
Verkündet am:
10. Juli 2014
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 426; NBrandSchG § 26 Abs. 2, 4 (F.: 17. Dezember 2009)
Zum Ausgleich zwischen mehreren Störern im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts
, die aufgrund einer gemeindlichen Satzung für die Kosten eines Einsatzes
der Feuerwehr (hier: Beseitigung einer Ölspur auf einer öffentlichen Straße) als
Gesamtschuldner aufzukommen haben.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - III ZR 441/13 - LG Braunschweig
AG Helmstedt
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juli 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann
, Wöstmann, Seiters und Reiter

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 18. September 2013 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Helmstedt vom 21. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs auf Erstattung der Gebühren für einen Feuerwehreinsatz in Anspruch.
2
Die Klägerin ist Haftpflichtversicherer der Firma J. R. Landmaschinen (im Folgenden: Versicherungsnehmer). Die Beklagte ist Eigentümerin und Halterin eines Schleppers, den sie am 30. Juli 2010 zur Reparatur einer Dieselleitung in die Werkstatt des Versicherungsnehmers verbrachte. Nach Durchfüh- rung der Reparatur unternahm ein Mitarbeiter des Versicherungsnehmers eine Probefahrt auf öffentlichen Straßen. Dabei trat Schmieröl aus dem Fahrzeug aus und verunreinigte die Fahrbahn auf einer Länge von ca. 2,5 Kilometern. Die Freiwilligen Feuerwehren S. und Sü. nahmen zur Beseitigung von Gefahren für die Verkehrssicherheit das ausgetretene Öl mittels Bindemittel auf und entsorgten es. Mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 14. Dezember 2010 machte die Samtgemeinde N. für den Einsatz der Ortsfeuerwehren zu erstattende Gebühren in Höhe von 1.424,64 € gegenüber dem Versicherungsnehmer geltend. Dieser Betrag wurde von der Klägerin beglichen.
3
Die Klägerin hat geltend gemacht, auf Grund des nach § 86 VVG übergegangenen Ausgleichsanspruchs des Versicherungsnehmers sei die Beklagte zur Erstattung sämtlicher Gebühren aus Anlass des Feuerwehreinsatzes verpflichtet.
4
Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 1.424,64 € nebst Zin- sen verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
5
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

I.


7
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Dem Versicherungsnehmer stehe kein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zu. Ein Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB scheitere daran, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sei. Die Klägerin könne auch keinen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag geltend machen (§§ 677, 683, 670 BGB). Da dieSamtgemeinde N. allein den Versicherungsnehmer als Gebührenschuldner in Anspruch genommen habe, habe die Klägerin durch die Bezahlung der Gebühren ein Geschäft des Versicherungsnehmers und nicht ein solches der Beklagten besorgt. Ein Ausgleichsanspruch der Klägerin folge auch nicht aus § 426 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1, 3, § 18 Abs. 3 StVG. Es fehle an der Gleichstufigkeit der Ansprüche. Die Samtgemeinde N. habe den Versicherungsnehmer nicht nach den Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes in Anspruch genommen. Sie habe vielmehr einen öffentlich-rechtlichen Gebührenanspruch geltend gemacht. Im Vergleich dazu sei ein etwaiger Anspruch gegen die Beklagte aus § 7 Abs. 1 StVG nur subsidiär. Auch eine Analogie zu §§ 421 ff BGB sei nicht geboten. Im Gefahrenabwehrrecht gebe es keine Ausgleichspflicht zwischen mehreren Störern. Lediglich im Bodenschutzrecht sei dies anders (§ 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG). Die Behörde treffe bei Eintritt der Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinn die Entscheidung, wie diese am effektivsten zu beseitigen sei. Dabei könne es geboten sein, einen Störer vorrangig heranzuziehen. Die mögliche Störereigenschaft anderer Personen begründe keine Gesamtschuld. Weitere Störer hafteten immer nur subsidiär im Verhältnis zu dem herangezogenen Störer.

II.


9
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand, soweit das Berufungsgericht einen Gesamtschuldnerausgleich zwischen dem Versicherungsnehmer und der Beklagten nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB abgelehnt hat.
10
1. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB verneint. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, von denen auch das Berufungsgericht ausgeht und die von der Revision nicht angegriffen werden, war die defekte Leitung, die zu dem Ölaustritt geführt hat, weder für den Versicherungsnehmer noch für die Beklagte erkennbar. Dieser kann also insbesondere nicht zum Vorwurf gemacht werden, den Versicherungsnehmer bei Erteilung des Reparaturauftrags nicht auf einen möglichen Defekt (auch) der Ölleitung hingewiesen zu haben.
11
2. Zutreffend und von der Revision nicht in Frage gestellt hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Aufwendungsersatz aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag versagt (§§ 677, 683, 670 BGB). Der Versicherungsnehmer hat durch die Bezahlung der erhobenen Gebühren kein Geschäft der Beklagten, sondern ein eigenes besorgt. Durch den Bescheid vom 14. Dezember 2010 wurde allein der Versicherungsnehmer als Gebührenschuldner (Verhaltensstörer) herangezogen. Die Klägerin muss die Tatbestandswirkung des bestandskräftigen Gebührenbescheids hinnehmen und kann sich nicht darauf berufen, durch die Bezahlung der Gebühren sei (auch) ein Geschäft der Beklagten (als Zustandsstörer) besorgt worden (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80, NJW 1981, 2457 f; siehe auch BGH, Urteil vom 26. September 2006 - VI ZR 166/05, NJW 2006, 3628 Rn. 27 ff).

12
3. Der vom Berufungsgericht erwogene Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 3, § 18 Abs. 1, 3 StVG scheitert bereits daran, dass die Samtgemeinde N. zu keinem Zeitpunkt Schadensersatzansprüche nach dem Straßenverkehrsgesetz geltend gemacht und der Versicherungsnehmer zudem den Entlastungsbeweis nach § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG geführt hat.
13
4. Der dem Versicherungsnehmer nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zustehende Ausgleichsanspruch folgt jedoch aus § 26 Abs. 2, 4 des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes (NBrandSchG) vom 8. März 1978 (Nds.GVBl. S. 233) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 4 des Haushaltsbegleitgesetzes 2010 vom 17. Dezember 2009 (Nds.GVBl. S. 491; jetzt: § 29 des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes vom 18. Juli 2012, Nds.GVBl. S. 269) in Verbindung mit der Satzung der Samtgemeinde N. über die Erhebung von Kostenersatz und Gebühren für Dienst- und Sachleistungen der Feuerwehr außerhalb der unentgeltlich zu erfüllenden Pflichtaufgaben (FwKost/GebS) vom 21. Oktober 1996.
14
a) Es ist umstritten, ob der durch die Polizei- und Ordnungsbehörde in Anspruch genommene Störer einen Ausgleichsanspruch gegenüber einem nicht in Anspruch genommenen Störer analog § 426 BGB besitzt. Nach der in der Literatur herrschenden Auffassung findet ein Gesamtschuldnerausgleich statt, wenn einer von mehreren Verantwortlichen zur Gefahrenbeseitigung herangezogen worden ist (vgl. MüKoBGB/Bydlinski, 6. Aufl., § 421 Rn. 77; Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 15. Aufl., S. 230; Schenke in Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl., S. 281 f; Finkenauer, NJW 1995, 432 f; KohlerGehrig , NVwZ 1992, 1049, 1051 f jeweils mwN). Demgegenüber lehnt der Bun- desgerichtshof in ständiger Rechtsprechung einen allgemeinen Ausgleichsanspruch des in Anspruch genommenen Störers gegen andere Pflichtige entsprechend § 426 BGB ab (vgl. nur Senatsurteile vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80, NJW 1981, 2457, 2458; vom 18. September 1986 - III ZR 227/84, BGHZ 98, 235, 239 f und vom 18. Februar 2010 - III ZR 295/09, BGHZ 184, 288 Rn. 32; BGH, Urteile vom 2. April 2004 - V ZR 267/03, BGHZ 158, 354, 360 und vom 26. September 2009 - VI ZR 166/05, NJW 2006, 3628 Rn. 24). Daran ist festzuhalten. Die Rechtsbeziehungen mehrerer Störer zur Polizei- und Ordnungsbehörde sind mit einem Gesamtschuldverhältnis nicht vergleichbar. Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz des öffentlichen Rechts, wonach ein Ausgleich zwischen mehreren Störern im Sinne des Ordnungsrechts stattzufinden hat. § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG, der einen von der Heranziehung unabhängigen Ausgleichsanspruch vorsieht, wenn mehrere Verpflichtete vorhanden sind, stellt lediglich eine auf den Anwendungsbereich des Bundes-Bodenschutzgesetzes beschränkte Sonderregelung dar (Senatsurteil vom 18. Februar 2010 aaO).
15
b) Etwas anderes gilt jedoch dort, wo das Polizei- und Ordnungsrecht Vorschriften über den Ausgleich unter mehreren Störern enthält (Senatsurteil vom 11. Juni 1981 aaO). So sehen zum Beispiel § 15 Abs. 2 Satz 2 ASOG Bln, § 9 Abs. 2 Satz 2 SOG LSA und § 9 Abs. 2 Satz 2 ThürPAG vor, dass mehrere Polizeipflichtige bei unmittelbarer Ausführung einer Maßnahme durch die Polizei oder die Ordnungsbehörde für die entstehenden Kosten gesamtschuldnerisch haften.
16
c) Im Streitfall ergibt sich die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Störer für die aus Anlass der Gefahrenbeseitigung angefallenen Gebühren aus § 26 Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 und 2 NBrandSchG aF i.V.m. § 4 Abs. 3 FwKost/GebS.
17
Nach § 1 Abs. 1 NBrandSchG gehören die Abwehr von Gefahren durch Brände und die Hilfeleistung bei Unglücksfällen zu den Aufgaben der Gemeinden. Die Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Straßen stellt eine Form der Hilfeleistung und demgemäß eine Pflichtaufgabe einer gemeindlichen Feuerwehr dar, wenn die Beseitigung mit den Mitteln einer den örtlichen Verhältnissen entsprechend leistungsfähigen Feuerwehr möglich ist (OVG Lüneburg, Urteil vom 28. Juni 2012 - 11 LC 234/11, juris Rn. 24). Da im vorliegenden Fall auf einer Streckenlänge von 2,5 Kilometern Öl ausgetreten war, bestand eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs. Zudem drohte eine nicht nur geringfügige Beeinträchtigung der Umwelt. Es lag mithin ein "Unglücksfall" im Sinne von § 1 Abs. 1 NBrandSchG vor, dessen Folgen die Feuerwehren der Samtgemeinde N. mit den vorhandenen Mitteln beseitigt haben. Für eine solche Hilfeleistung konnte die Samtgemeinde gemäß § 26 Abs. 2 NBrandSchG aF nach Maßgabe ihres Satzungsrechts Gebühren erheben (OVG Lüneburg aaO Rn. 26). Nach § 26 Abs. 4 Nr. 1 und 2 NBrandSchG aF sind gebührenpflichtig zum einen derjenige, dessen Verhalten die Leistungen erforderlich gemacht hat, und zum anderen der Eigentümer der Sache, deren Zustand die Gefahr verursacht hat. Das Niedersächsische Brandschutzgesetz verweist in diesem Zusammenhang auf die Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (NSOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 2005 (Nds.GVBl. S. 9) über die Inanspruchnahme von Verhaltens- und Zustandsstörern (§§ 6, 7 NSOG). Ergänzend bestimmt § 4 Abs. 3 FwKost/GebS, dass Personen, die nebeneinander dieselben Gebühren schulden, Gesamtschuldner sind.
18
Gegen die Wirksamkeit des § 4 Abs. 3 FwKost/GebS bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Samtgemeinde N. mit dieser Vorschrift ihre Regelungskompetenzen als Satzungsgeber überschritten hätte. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2007 (Nds.GVBl. S. 41) gilt bei der Erhebung kommunaler Abgaben (Steuern, Gebühren, Beiträge) § 44 Abs. 1 AO entsprechend. Nach dieser Bestimmung sind Gesamtschuldner unter anderem Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden. In diesem Zusammenhang ist ferner zu bemerken, dass auch das niedersächsische Sicherheits- und Ordnungsrecht in § 85 Abs. 2 NSOG eine Regelung enthält, wonach mehrere Personen , die nebeneinander verantwortlich sind, gesamtschuldnerisch haften. § 85 Abs. 2 NSOG steht im Zusammenhang mit dem Entschädigungsanspruch des rechtmäßig in Anspruch genommenen Nichtstörers beziehungsweise des bei der Erfüllung ordnungsbehördlicher Aufgaben Geschädigten (§§ 8, 80 Abs. 1 NSOG). Gemäß § 85 Abs. 1 NSOG kann die ausgleichspflichtige Körperschaft Rückgriff gegen die Störer nehmen, die gemäß Absatz 2 gesamtschuldnerisch haften.
19
Damit hafteten der Versicherungsnehmer als Verhaltensstörer im Sinne des § 6 Abs. 1 NSOG und die Beklagte als Zustandsstörer im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 NSOG im Außenverhältnis gegenüber der Samtgemeinde N. als Gesamtschuldner für die nach Maßgabe der gemeindlichen Satzung angefallenen Gebühren. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass durch den Gebührenbescheid vom 14. Dezember 2010 nur der Versicherungsnehmer in Anspruch genommen wurde. Die Haftung der Störer für die anfallenden Gebühren und damit die Gesamtschuld entstand nicht erst mit dem Erlass des Gebührenbescheids, sondern schon mit dem Ausrücken der Feuer- wehr aus dem Feuerwehrhaus (§ 6 Abs. 1 FwKost/GebS). Dies entspricht dem im Polizei- und Ordnungsrecht geltenden allgemeinen Grundsatz, dass die sog. materielle Polizeipflicht bereits mit der Gefahrverursachung beziehungsweise Kostenentstehung gegeben ist. Die ordnungsbehördliche Verfügung wirkt nicht konstitutiv, sondern konkretisiert lediglich die Leistungspflicht des in Anspruch genommenen Störers und ist Grundlage für den Verwaltungszwang (Senatsurteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80, NJW 1981, 2457, 2458; Kohler-Gehrig, NVwZ 1992, 1049, 1050 f).
20
d) Steht nun aber - wie im Streitfall - fest, dass im Außenverhältnis zur Behörde mehrere Störer als Gesamtschuldner haften, dann muss im Innenverhältnis zwischen den Störern § 426 BGB gelten. Die öffentlich-rechtliche Natur des Anspruchs der Polizeibehörde gegenüber dem Störer steht dem nicht entgegen. § 426 BGB ist wegen der Selbständigkeit des Ausgleichsanspruchs auch anwendbar, wenn das Außenverhältnis zwischen dem Gläubiger und den Gesamtschuldnern öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 426 Rn. 3). So haften etwa gemeinsam veranlagte Ehegatten gemäß § 44 Abs. 1 AO gesamtverbindlich für die Steuern, der Innenausgleich hat jedoch gemäß § 426 BGB stattzufinden (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1978 - IV ZR 82/77, BGHZ 73, 29, 36 f).
21
§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bietet die Möglichkeit zum Innenausgleich unter mehreren Störern nach den zu § 254 BGB entwickelten Grundsätzen, soweit sich aus dem Innenverhältnis zwischen den Störern nichts Besonderes ergibt. Entscheidend ist daher im Regelfall in erster Linie das Maß der Verursachung. Auf ein etwaiges Verschulden kommt es erst in zweiter Linie an. Die vorzunehmende Abwägung kann zu einer Quotelung, aber auch zur alleinigen Belastung eines Ersatzpflichtigen führen (MüKoBGB/Bydlinski aaO § 426 Rn. 21, 22; Pa- landt/Grüneberg aaO Rn. 14; Kohler-Gehrig aaO S. 1051; Finkenauer aaO S. 433). Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die Erwägungen des Amtsgerichts, mit denen es die Verantwortlichkeit für die Herbeiführung der Ölspur allein der Beklagten als Eigentümerin und Halterin des Schleppers zugewiesen hat, von Rechts wegen nicht zu beanstanden sind.
22
Der Reparaturauftrag beschränkte sich auf die Überprüfung der Dieselförderpumpe und die Instandsetzung einer defekten Dieselleitung. Ein schuldhaftes Verhalten der Reparaturwerkstatt in Bezug auf die den Einsatz der Feuerwehren auslösende Undichtigkeit der Schmierölleitung und die Erkennbarkeit des Ölaustritts während der Probefahrt war nicht feststellbar. Zwar trifft insoweit auch die Beklagte kein Verschuldensvorwurf. Jedoch kommt hier die Wertung der § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 3 Satz 1 StVG zum Tragen. Danach werden dem Halter die mit dem die gesetzliche Gefährdungshaftung begründenden Betrieb eines Kraftfahrzeugs zusammenhängenden Gefahren zugerechnet. Schädigende Ereignisse bei dem Fahrzeugbetrieb sind nicht unabwendbar, wenn sie ihre Ursache in Fehlern der Beschaffenheit des Fahrzeugs oder im Versagen seiner Vorrichtungen haben. Dazu zählt insbesondere auch das Hinterlassen einer Ölspur (OLG Koblenz, NJW-RR 1994, 1369; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 17 StVG Rn. 30 mwN). Nach alledem hat das Amtsgericht die Beklagte zu Recht zur Erstattung der Gebühren für den Feuerwehreinsatz verurteilt.
23
Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob die öffentlichrechtliche Gebührenforderung der Samtgemeinde N. gegenüber der Beklagten gemäß § 426 Abs. 2 BGB übergangen ist.

III.


24
Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
25
Die Sache ist zur Endentscheidung reif, so dass der Senat die Berufung der Beklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil zurückweisen kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter
Vorinstanzen:
AG Helmstedt, Entscheidung vom 21.12.2012 - 2 C 127/12 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 18.09.2013 - 9 S 17/13 (013) -

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin - vom 17. Dezember 2013 geändert:

Der Bescheid vom 8. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2012 wird aufgehoben, soweit der Kläger zu einer Kostenerstattung über den Betrag von 365,74 Euro hinaus herangezogen worden ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten eines Einsatzes der Bundespolizei.

2

Am 16. Dezember 2010 wurde ein „Castor-Transport“ von Cardarache (Frankreich) per Bahn nach Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) durchgeführt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte Unterstützungskräfte der Polizei aus verschiedenen Ländern, u.a. aus Nordrhein-Westfalen, angefordert. Auch Einheiten der Bundespolizei waren im Einsatz. Gegen 13:00 Uhr stellten Beamte der Bundespolizei südlich von Friedrichshagen (zwischen Greifswald und Lubmin) acht Personen im Gleisbereich fest. Es handelte sich dabei um Aktivisten der Organisation Robin Wood. Zwei von ihnen, der Kläger sowie die Klägerin des Verfahrens 4 LB 14/14, lagen auf den Gleisen und waren daran festgekettet. Der Transportzug wurde deshalb um 13:46 Uhr zum Nothalt gebracht. Um 13:50 Uhr erging durch einen Polizeibeamten des Landes Nordrhein-Westfalen der Einsatzgruppe Jupiter 11/10 eine erste Auflösungsverfügung inklusive Rechtsbehelfsbelehrung an die Versammlung mit der Aufforderung, sich aus dem Gleisbereich zu entfernen. Eine zweite Auflösungsverfügung und Aufforderung sich zu entfernen, erfolgte um 13:52 Uhr. Diese wurde ein letztes Mal um 13:54 Uhr wiederholt. Vier der Versammlungsteilnehmer verließen den Gleiskörper. Zwei verblieben beim Kläger und bei der Klägerin des Verfahrens 4 LB 14/14. Auf polizeiliche Nachfrage gab der Kläger an, sich nicht eigenständig lösen und keine Aussagen über die Art der Ankettung machen zu können. Erst nachdem der Kläger und die Klägerin des Verfahrens 4 LB 14/14 durch Kräfte der Bundespolizei aus der Verankerung befreit worden waren und nach Instandsetzung der Gleise konnte der Zug um 21:15 Uhr weiterfahren.

3

Mit Leistungsbescheid vom 8. Februar 2011 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger als Gesamtschuldner mit der Klägerin des Verfahrens 4 LB 14/14 Kosten für die Befreiung aus der Ankettung im Gleisbett anlässlich des Castor-Transports am 16. Dezember 2010 in Höhe von 8.429,06 Euro gemäß § 19 Abs. 2 Bundespolizeigesetz (BPolG) geltend. Diese Kosten unterteilten sich in Personalkosten in Höhe von 7.880,16 Euro, Gerätekosten in Höhe von 183,16 Euro und Verbrauchsmaterial in Höhe von 365,74 Euro. Im Rahmen der Ermessensausübung sei berücksichtigt worden, dass beide Personen die Maßnahmen der Bundespolizei zielgerichtet herbeigeführt hätten, um hohe Kosten des Staates bei der gefahrenabwehrenden Begleitung des Castor-Transportes entstehen zu lassen.

4

Dagegen legte der Kläger am 7. März 2011 Widerspruch ein, den er damit begründete, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Kostenbescheides nicht vorlägen, weil die Versammlung mangels Zuständigkeit der Beamten der Landespolizei Nordrhein-Westfalen  nicht ordnungsgemäß aufgelöst worden sei. Außerdem sei die Heranziehung zu den Kosten ermessenfehlerhaft, weil die Protestaktion einen Beitrag zum Gemeinwohl darstelle; schließlich seien es Aktionen wie die vorliegende gewesen, die den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie vorbereitet hätten.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2012, zugestellt am 13. November 2012, wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass die Voraussetzungen der Auflösung einer Versammlung nach § 15 Abs. 3 VersammlG vorgelegen hätten, weil eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vom Kläger und dessen Begleiterin durch die Nichteinhaltung von Vorschriften der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) herbeigeführt worden sei. Die Versammlung sei auch durch die zuständige Behörde aufgelöst worden, weil die Landespolizei im institutionellen Sinne zuständig sei. Die Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen hätten für das Land Mecklenburg-Vorpommern gehandelt. Die Geltendmachung der Kosten für die Lösung der Ankettung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Umstände, die ein Absehen von der Inanspruchnahme rechtfertigten, seien nicht gegeben. Die Aktion der Ankettung im Gleisbett habe dem Aufhalten eines behördlich genehmigten und damit rechtmäßigen Nuklear-Transports gedient. Die Missachtung der Vorschriften der EBO sei vorsätzlich geschehen. Dem Kläger sei die Möglichkeit der Ratenzahlung oder Stundung der Forderung bei Nachweis der finanziellen Verhältnisse eingeräumt worden.

6

Am 13. Dezember 2012 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er angeführt, § 19 Abs. 2 Satz 1 BPolG rechtfertige allenfalls die Erhebung der Kosten für Verbrauchsmaterial in Höhe von 365,74 Euro. Die übrigen Kosten seien nicht durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme entstanden. Es könnten nur solche Mehrkosten verlangt werden, die bei „normalem Dienstbetrieb“ nicht ohnehin angefallen wären.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2012 aufzuheben.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie hat ihre in den Bescheiden geäußerte Rechtsauffassung verteidigt. Darüber hinaus hat sie geltend gemacht, auch die Personalkosten für das zur Befreiung eingesetzte Personal dürften vom Kläger verlangt werden, weil diese Kosten nicht in entstanden wären, wenn die Störaktion nicht stattgefunden hätte. Das Personal wäre entsprechend früher aus dem Einsatz entlassen worden.

12

Mit Urteil der Einzelrichterin vom 17. Dezember 2013 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Bescheide vom 8. Februar 2011 und 8. November 2012 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zugrundeliegende Maßnahme zur Gefahrenabwehr durch die Bundespolizei sei zulässig gewesen; denn die Versammlung sei vor Befreiung des Klägers durch Polizeikräfte des Landes Nordrhein-Westfalen  wirksam aufgelöst worden. Die Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen  seien vom Land Mecklenburg-Vorpommern anlässlich des Castor-Transportes angefordert worden, weshalb sie gemäß § 9 Abs. 1 SOG-MV die gleichen Befugnisse wie Landesbedienstete hätten. Selbst wenn die Auflösung rechtswidrig gewesen sein sollte, wäre der Kläger an die Anordnung gebunden gewesen und hätte der Aufforderung, sich von der aufgelösten Versammlung zu entfernen, nachkommen müssen. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Versammlungsauflösung lägen nicht vor.

13

§19 Abs. 2 Satz 1 BPolG stelle jedoch keine ausreichende Rechtsgrundlage für den Erlass der streitgegenständlichen Bescheide dar. Es liege schon keine unmittelbare Ausführung einer Maßnahme im Sinne der Vorschrift, sondern eine Ersatzvornahme vor, weil der Kläger als Adressat der Verfügung „Entfernung von den Gleisen“ erreichbar gewesen sei. Entscheidend sei aber, dass die in § 19 Abs. 2 BPolG getroffene pauschale Regelung der „Verpflichtung zum Ersatz von Kosten“ keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Erhebung von entstandenen Kosten sei. Der Erlass eines Gebührenbescheides setze eine gesetzliche Rechtsgrundlage für den Erlass einer Kostenordnung in dem jeweiligen Fachgesetz voraus. Die Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes des Bundes enthielten nur allgemeine Regeln über die Erhebung von Kosten; es fehle an einer Regelung von Gebührentatbeständen, unter die die in Rechnung zu stellenden Maßnahmen zu subsumieren seien.

14

Auf den Zulassungsantrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 24. März 2014 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

15

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht auf die Legaldefinition des Begriffs „Kosten“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungskostengesetzes - (seit dem 1. August 2013 ersetzt durch das Bundesgebührengesetz) - zurückgegriffen und verlangt, es bedürfe einer - hier fehlenden - gesetzlichen Grundlage im jeweiligen Fachgesetz zum Erlass einer Kostenordnung. Vielmehr spreche der Umstand, dass das BPolG keine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Gebührenordnung enthalte, dagegen, zur Definition des Kostenbegriffs des § 19 Abs. 2 BPolG auf das Verwaltungskostengesetz zurückzugreifen. Der Bundesgesetzgeber habe bei der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes die Gebühren und Auslagen der Bundespolizei vom Anwendungsbereich des Bundesgebührengesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 4 Bundesgebührengesetz). Dies trage den besonderen Bindungen des Gesetzgebers in Bezug auf die staatliche Aufgabe der allgemeinen Gefahrenabwehr Rechnung. Es sei deshalb - unabhängig von den Vorgaben des Bundesgebührengesetzes - in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt, zu entscheiden, ob und in welchem Umfang individuell zurechenbare öffentliche Sicherheitsleistungen durch die von der Allgemeinheit zu tragenden Steuern zu finanzieren oder durch Gebühren und Auslagen zu refinanzieren seien. Deshalb dürfe bei Prüfung der Frage, ob und in welchem Umfang „Kosten", die nach §19 Abs. 2 Satz 1 BPolG gegen Personen geltend gemacht werden könnten, nicht allein auf die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgestellt werden. Vielmehr sei auch eine andere Variante der Störerhaftung in Gestalt der Abwälzung von der Polizei entstandenen Selbstkosten einer gefahrabwehrenden Maßnahme in Erwägung zu ziehen. § 19 Abs. 2 Satz 1 BPolG ermögliche, die Kosten für eine unmittelbare Ausführung zugunsten des Gefahrenverantwortlichen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu berechnen und vom Verantwortlichen in Höhe der Selbstkosten zu verlangen. Unter Kosten im betriebswirtschaftlichen Sinne verstehe man den Wert verbrauchter Güter und in Anspruch genommener Dienstleistungen zur Erstellung von Leistungen; das Kostendeckungsprinzip sei zu beachten. Auch im Falle einer Selbstkostenberechnung der tätig gewordenen Behörde - wie hier - sei „Tendenz und Ausmaß" der Kostenerhebung bestimmt, sodass der mögliche Inhalt eines Kostenbescheides entgegen dem erstinstanzlichen Urteil voraussehbar sei.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 3 A 269/12 – vom 17. Dezember 2013 abzuweisen.

18

Der Kläger beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Er ist der Auffassung, gemäß dem Urteil des Senats vom 5. März 2015 - 4 LB 10/14 - scheide § 19 Abs. 2 BPolG als Grundlage für die Geltendmachung von allgemein kalkulierten Personalkosten und Gerätekosten von vornherein aus. Bei der hier in Rede stehenden polizeilichen Maßnahme habe es sich um polizeiliche Aufgabenerfüllung im Sinne des BPolG gehandelt, sodass die Beklagte nicht argumentieren könne, er - der Kläger - habe die Bundespolizei von ihrer „eigentlichen Aufgabe“ abgehalten. Entgegen dem Wortlaut von § 19 Abs. 2 BPolG versuche die Beklagte das, was sie den begünstigten Verkehrsunternehmen (DB Netz-AG, Nuclear Cargo-Service GmbH) als auszugleichenden Aufwand für die Castor-Transporte nicht einmal anteilig berechne, als „Kosten“ anteilig gegenüber ihm - dem Kläger - geltend zu machen. § 19 Abs. 2 BPolG scheide zudem als Rechtsgrundlage der Forderung aus, weil das Freimachen der Bahnstrecke keine „unmittelbare Ausführung“, sondern eine Ersatzvornahme darstelle. Unzutreffend seien die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die sich auf die Auflösung der Versammlung bezögen. Voraussetzung einer Kostentragungspflicht sei die Rechtmäßigkeit einer Versammlungsauflösung, nicht deren Vollstreckbarkeit. Die versammlungsrechtlichen Befugnisse seien nicht wirksam auf die Polizeieinheit „Jupiter A-Stadt“ übertragen worden.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und teilweise begründet.

23

Das Verwaltungsgericht hat der Klage nur insoweit zu Recht stattgegeben, als ein über 365,74 Euro hinausgehender Betrag vom Kläger als Kosten der unmittelbaren Ausführung verlangt wird. Der angefochtene Leistungsbescheid vom 8. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2012 ist rechtmäßig, soweit gegenüber dem Kläger Kosten in Höhe von 365,74 Euro für Verbrauchsmaterial geltend gemacht werden; im Übrigen ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

24

Der Kläger ist im Wege der gesamtschuldnerischen Haftung zur Erstattung der für seine Befreiung von den Bahnschienen am 16. Dezember 2010 anlässlich eines Castor- Transports auf der Gleisstrecke Greifswald-Lubmin entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 8.429,06 Euro herangezogen worden. Ein solcher Leistungsbescheid bedarf der gesetzlichen Grundlage. Die Beklagte hat den Bescheid auf § 19 Abs. 2 Satz 1 BPolG gestützt. Eine andere Rechtsgrundlage ist für den Senat auch nicht ersichtlich. Nach § 19 Abs. 1 BPolG kann die Bundespolizei eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten unmittelbar ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach den §§ 17 oder 18 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Entstehen der Bundespolizei durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme Kosten, so sind die nach den §§17 oder 18 Verantwortlichen zum Ersatz verpflichtet. Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner (§ 19 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPolG).

25

Voraussetzung für eine rechtmäßige Heranziehung zu Kosten einer unmittelbaren Ausführung ist zunächst ein zugrundeliegendes rechtmäßiges Verwaltungshandeln (vgl. Urteil des Senats vom 5. März 2015 - 4 LB 10/14 -, zitiert nach Juris Rn. 27). Hier hat die Bundespolizei rechtmäßig gehandelt. Ihre Zuständigkeit für die Befreiung des Klägers aus der Ankettung von den Gleisen war gegeben. Der Bundespolizei obliegen u.a. die Aufgaben, die ihr durch das Bundespolizeigesetz übertragen werden (§ 1 Abs. 2 BPolG). Gemäß § 3 Abs. 1 BPolG hat die Bundespolizei die Aufgabe, auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, die

26
1. den Benutzern, den Anlagen oder dem Betrieb der Bahn drohen oder
27
2. beim Betrieb der Bahn entstehen oder von den Bahnanlagen ausgehen.
28

Als Beamte der Bundespolizei den Kläger von den Bahngleisen befreit haben, sind die Beamten begrenzt auf das Gebiet der Bahnanlagen tätig geworden. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EBO sind Bahnanlagen alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind. Dazu zählen die Gleise, auf denen der Castor-Transport befördert werden sollte.

29

Die Bundespolizei handelte auch zur Gefahrenabwehr; denn es lag eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 BPolG vor. Darunter fallen Gefahren, die durch den Betrieb der Bahn entstehen und innerhalb oder außerhalb des Betriebes als Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung anzusehen sind; erfasst sind darüber hinaus alle sonstigen Gefahren, die von den Bahnanlagen ausgehen (vgl. Martens in Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 3 Rn. 31 mit Beispielsfällen). Aufgrund der festen Verbindung des Klägers mit den Gleisen stellte dieser eine von den Bahnanlagen ausgehende Gefahr dar; denn zum einen wurde seinetwegen der genehmigte Castor-Transport verzögert und zum anderen drohte dem Kläger selbst eine Gesundheitsbeeinträchtigung, wenn er auf den Gleisen hätte verbleiben müssen.

30

Die Bundespolizei ist auf Grundlage der Generalklausel des § 14 BPolG im Rahmen der allgemeinen Gefahrenabwehr tätig geworden. Das Versammlungsgesetz war nicht mehr anwendbar; denn die Sperrwirkung endet nicht nur im Vorfeld einer Versammlung sondern auch nach deren Auflösung, so dass dann die Regelungen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts anstelle des Versammlungsgesetzes einschlägig sind (vgl. Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht mit Versammlungsrecht, 5. Aufl. 2008, §20 Rn. 14).

31

Zwar stellte die Aktion der acht Robin Wood Aktivisten eine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG dar (vgl. zum insoweit vergleichbaren Fall: Urteil des Senats vom 14. Februar 2006 - 4 LB 10/05 - zitiert nach Juris Rn. 38 - 47). Die Versammlung wurde aber - wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt - durch mündliche Verfügung von Polizeikräften des Landes Nordrhein-Westfalen (Jupiter 11/10) aufgelöst, bevor die Bundespolizei tätig geworden ist. Die Auflösung war auch wirksam. Gemäß § 15 Abs. 1, Abs. 3 VersammlG kann die zuständige Behörde eine Versammlung unter freiem Himmel u.a. auflösen, wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind. Nach § 15 Abs. 1 VersammlG kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Hier lagen die Voraussetzungen für eine Versammlungsauflösung vor, weil schon aus vorstehenden Gründen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die auf den Schienen festgeketteten Personen zu bejahen ist. Mit dem unbefugten Aufenthalt auf den Gleisen haben die Aktivisten darüber hinaus gegen die EBO verstoßen und eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 64b Abs. 2 Nr. 2 EBO verwirklicht.

32

Ob mit Polizeibeamten des Landes Nordrhein-Westfalen die zuständige Behörde gehandelt hat, ist fraglich. In Mecklenburg-Vorpommern ist für Entscheidungen nach § 15 Abs. 3 VersammlG gemäß § 2 und § 3 Abs. 1 der Landesverordnung über die zuständigen Behörden nach dem Versammlungsgesetz vom 21. Juli 1994 (GVOBl. M-V S. 804) die Kreisordnungsbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Versammlung stattfindet, sachlich und örtlich zuständig (vgl. dazu auch Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, 16. Aufl. 2011, § 15 Rn. 219 a.E.). Den Verwaltungsvorgängen lässt sich nicht entnehmen, dass Mitarbeiter der Kreisordnungsbehörde anwesend waren. Für den Senat ist nicht ersichtlich, ob in Mecklenburg-Vorpommern eine Regelung existiert, wonach in unaufschiebbaren Fällen die Polizei nach Versammlungsrecht sachlich zuständig ist, an Stelle der zuständigen Behörde Maßnahmen zu treffen (so in Schleswig-Holstein gemäß § 27 Abs. 5 Versammlungsfreiheitsgesetz vom 18. Juni 2015, GVOBl. S-H S. 135). Eine Zuständigkeit der Polizei ergibt sich aufgrund der sog. Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts und der Existenz spezialgesetzlicher versammlungsrechtlicher Zuständigkeitsregelungen wohl nicht aus § 7 Abs. 1 Nr. 3 SOG-MV, wonach die Polizei im Einzelfall zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung selbstständig diejenigen Maßnahmen zu treffen hat, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für unaufschiebbar hält. Auf die weitergehende Frage, ob Polizeikräfte aus Nordrhein-Westfalen gemäß § 9 Abs. 2 SOG-MV die gleichen Befugnisse wie Polizeibeamte des Landes Mecklenburg-Vorpommern haben, kommt es danach nicht an.

33

Die Frage der Zuständigkeit der Polizei kann aber dahinstehen, weil auch bei deren Unzuständigkeit die Auflösung wirksam gewesen ist; denn die Versammlungsauflösung durch die Polizei als unzuständige Behörde ist nicht nichtig. Gemäß § 43 Abs. 3 VwVfG MV ist ein nichtiger Verwaltungsakt unwirksam. Nach § 44 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG MV ist jedoch ein Verwaltungsakt nicht schon deshalb nichtig, weil Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer - in hier nicht einschlägigen - Angelegenheiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Rechtsverhältnis beziehen. Dementsprechend kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften u.a. über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist (§ 46 VwVfG MV). Die Verletzung der sachlichen Zuständigkeit einer Behörde führt nur dann zur Nichtigkeit, wenn die mit dem Verwaltungsakt geregelte Angelegenheit unter keinem sachlichen Gesichtspunkt Bezug zum Aufgabenbereich der handelnden Behörde hat und dies auch offenkundig ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 44 Rn. 15). Hier ist jedoch ein Bezug zum sachlichen Aufgabenbereich der zuständigen Behörde zu bejahen, weil die Polizei - ebenso wie die Kreisordnungsbehörde - im Bereich der Gefahrenabwehr tätig ist.

34

Die wirksame Auflösung der Versammlung begründete für den Kläger gemäß § 18 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 VersammlG die Pflicht, sich zu entfernen. Diese Pflicht gilt unabhängig davon, ob die Auflösung rechtmäßig war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Dezember 1992 - 1 BvR 88/91 -, 1 BvR 51 BvR 576/91 -, zitiert nach Juris Rn. 53). Für den Fall, dass sich Versammlungsteilnehmer dann einer polizeilichen Anordnung wiedersetzen, wäre sogar der Einsatz staatlicher Zwangsmittel (Ersatzvornahme, unmittelbarer Zwang) grundsätzlich zulässig (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die verwaltungsrechtliche Durchsetzung der Auflösungsverfügung ist insoweit von der Ahndung der Widersetzlichkeit nach dem Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht zu unterscheiden. Der Grund dafür, dass es bei einer Auflösungsverfügung nicht auf deren Rechtmäßigkeit ankommt, liegt in der Situationsgebundenheit der Entscheidung, deren Vollzug nicht bis zur verbindlichen oder auch nur vorläufigen Klärung der Rechtsfrage aufgeschoben werden kann. Anderes gilt nur bei der Anordnung einer Sanktion für die Nichtbefolgung; denn eine Ahndung erfolgt immer erst nach dem Ereignis und erlaubt daher eine verbindliche Klärung der Rechtmäßigkeit (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 1. Dezember 1992, a.a.O., Juris Rn. 54). Aus der vollstreckbaren Verpflichtung sich zu entfernen folgt mithin, dass die Kosten für die verwaltungsrechtliche Durchsetzung grundsätzlich erhoben werden können. Dabei handelt es sich nicht um eine Sanktion im Sinne des Ordnungswidrigkeiten- oder Strafrechts.

35

Der Kläger ist dem Grunde nach gemäß § 19 Abs. 2 BPolG zum Ersatz der Kosten verpflichtet; denn die Voraussetzungen des § 14 BPolG haben vorgelegen und die Bundespolizei hat auch ermessenfehlerfrei gehandelt, als sie den Kläger von den Gleisen befreit hat. Gemäß § 14 Abs. 1 BPolG kann die Bundespolizei zur Erfüllung ihrer Aufgaben die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht dieses Gesetz die Befugnisse der Bundespolizei besonders regelt. Gefahr ist gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 BPolG eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Bereich der Aufgaben, die der Bundespolizei nach den §§ 1 bis 7 obliegen. Die Bundespolizei kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren (§ 14 Abs. 1 BPolG). Im vorliegenden Falle durfte die Bundespolizei zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vornahme der Maßnahme vom Vorliegen einer erheblichen Gefahr ausgehen. Eine erhebliche Gefahr im Sinne des Abschnitts 2 des Bundespolizeigesetzes ist eine Gefahr für ein bedeutsames Rechtsgut, wie Bestand des Staates, Leben, Gesundheit, Freiheit, wesentliche Vermögenswerte oder andere strafrechtlich geschützte Güter von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit (§ 14 Abs. 2 BPolG). Hier war zum einen eine konkrete Gefahr für die Gesundheit des Klägers gegeben. Dieser gab auch auf wiederholtes Befragen an, sich nicht selbst aus der Fesselung an die Gleise befreien zu können. Aufgrund seiner Unbeweglichkeit war seine Gesundheit, möglicherweise sogar sein Leben gefährdet. Darüber hinaus verwirklichte der Kläger mit seiner Blockadeaktion schon dadurch Ordnungswidrigkeitentatbestände nach der EBO, dass er die Gleise betreten hatte. Da das Vorliegen einer Gefahr zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vornahme der Maßnahme beurteilt werden muss, kommt es nicht darauf an, dass die Unerlässlichkeit einer Maßnahme sich später - vielleicht nach eingehender Beweisaufnahme - nicht als unerlässlich beurteilt. Es genügt vielmehr, dass bei objektiver Betrachtung in diesem Zeitpunkt eine Sachlage gegeben war, die die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr rechtfertigte, auch wenn sich dies im Nachhinein nicht bestätigt (vgl. Urteil des Senats vom 5. März 2015, a.a.O., Juris Rn. 29 unter Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Februar 1974 -1 C 31.72 -, DÖV 1974, 637).

36

Die Beklagte durfte auch im Wege der unmittelbaren Ausführung nach § 19 Abs. 1 BPolG tätig werden, weil durch die Inanspruchnahme des Klägers, der als Verursacher der Gefahr verantwortlich im Sinne von § 17 Abs. 1 BPolG ist, der Zweck der Maßnahme - die Befreiung von den Gleisen - nicht erreicht werden konnte. Nach der auch für den Verursacherbegriff in § 17 Abs. 1 BPolG anzuwendenden Theorie der unmittelbaren Verursachung ist ein Verhalten dann ursächlich, wenn es für sich gesehen die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschreitet und dadurch die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts begründet oder erhöht (vgl. Urteil des Senats vom 5. März 2015, a.a.O., Juris Rn. 30 m.w.N.). Der Kläger hatte die polizeirelevante Gefahrenschwelle bereits in dem Moment überschritten, als er sich durch das Festketten an den Bahnschienen wissentlich der Möglichkeit begeben hatte, die Verankerung wieder selbstständig zu lösen.

37

Die Bundespolizei hat auch im Wege der unmittelbaren Ausführung im Sinne von § 19 Abs. 1 und 2 BPolG gehandelt und nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - im Wege der Ersatzvornahme. Die unmittelbare Ausführung im Sinne dieser Vorschrift bedeutet nicht die Beseitigung einer Störung oder Gefahr im Wege der Ersatzvornahme oder des unmittelbaren Zwangs, sondern die Ausführung einer Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten durch Realakt in den Fällen, in denen der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der Verantwortlichen (der Störer) nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Es handelt sich um eine Gefahrenabwehr mit eigenen Mitteln der Polizeibehörde durch Realakt (vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, § 25 S. 441 f.). Zur Abgrenzung des Instituts der Ersatzvornahme im Wege des sofortigen Vollzugs - vgl. §§ 6, 19 VwVG - von der unmittelbaren Ausführung ist darauf abzustellen, dass Verwaltungszwang (Ersatzvornahme und unmittelbarer Zwang) die Überwindung eines entgegenstehenden Willens des Verpflichteten voraussetzt; ein solcher Wille muss wenigstens nach den Umständen vermutet werden können (so auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, D Rn. 157). Richtet sich die Maßnahme gegen Abwesende, muss auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen geschlossen werden. Insoweit muss geprüft werden, ob dieser sich gegen die Maßnahme aufgelehnt hätte, wenn er vor Ort gewesen wäre; dann wäre von einem Zwangseingriff im Zuge der Verwaltungsvollstreckung auszugehen (vgl. Martens in: Bundespolizeigesetz, Heesen/Hönle/Peilert/Martens, 5. Aufl. 2012, § 19 Rn. 2).

38

Hier sollte durch die Befreiungsaktion kein entgegenstehender Wille des Verpflichteten - des Klägers - gebrochen werden; ein solcher Wille konnte nach den Umständen auch nicht vermutet werden. Anders als etwa in dem Fall, in dem ein in Selbsttötungsabsicht Ertrinkender sich mit letzter Kraft und Entschlossenheit gegen seine Rettung wehrt, der als sofortiger Vollzug des unmittelbaren Zwangs gewertet wird (vgl. Denninger, a.a.O., D Rn. 157), richtete sich die Maßnahme im vorliegenden Fall gegen eine Person, die sich aus eigenem Antrieb nicht selbst hätte befreien können, aber bei der der Wille unterstellt werden kann, dass sie auf Befreiung durch die Polizei vertraute. Unter Berücksichtigung des Aufwands, der wegen des Konstrukts der Ankettung für eine Befreiung erforderlich war, ist davon auszugehen, dass der Kläger mit der Befreiungsaktion einverstanden gewesen ist. Die Alternative für ihn wäre gewesen, dass er auf den Gleisen verblieben wäre; dass die anderen Aktivisten in der Lage gewesen wären, den Kläger zu befreien, ist hingegen nicht anzunehmen. Dass sie über die erforderlichen Geräte verfügten, um die kompliziert verankerte Kette zu öffnen, ist nicht bekannt. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Selbsttötungsabsicht gehandelt haben könnte, gibt es nicht. Die Aktion der Ro- bin Wood-Aktivisten ist lediglich darauf angelegt gewesen, den Vollzug des Castor- Transportes ins Zwischenlager Lubmin über einen möglichst langen Zeitraum medienwirksam zu verzögern. Mithin ist von einem Einverständnis beziehungsweise mutmaßlichen Willen des Verpflichteten bezüglich der Befreiung durch die Bundespolizei auszugehen.

39

Die Heranziehung zu den Kosten ist der Höhe nach mit einem Betrag von 365,75 Euro rechtmäßig, darüber hinausgehend jedoch rechtswidrig. § 19 Abs. 2 Satz 1 BPolG stellt - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - eine geeignete Rechtsgrundlage zum Ersatz von Kosten dar, die „durch" die unmittelbare Ausführung entstanden sind. Ersatzfähig sind aber nur solche Kosten, die in unmittelbar kausalem Zusammenhang mit der Maßnahme stehen. Der Ersatz von allgemeinen Personalkosten oder sonstigen Fix- bzw. sogenannten Sowiesokosten sieht die Vorschrift nicht vor. Sie erfasst lediglich solche Kosten, die ohne die unmittelbare Ausführung der Maßnahme nicht angefallen wären und sich rechnerisch ohne Weiteres von den allgemeinen Sach- und Personalkosten der Verwaltung deutlich abgrenzen lassen (vgl. dazu im Einzelnen: Urteil des Senats vom 5. März 2015, a.a.O., Juris Rn. 31 m.w.N.).

40

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass lediglich die Kosten für Verbrauchsmaterial, nicht aber die Personal- und Gerätekosten vom Kläger im Wege des Leistungsbescheids ersetzt verlangt werden können. Die abgerechneten Personalkosten betreffen die allgemeinen Kosten, die im Rahmen der Tätigkeit der Bundespolizei bei Begleitung des Cas- tor-Transportes ohnehin angefallen wären. Soweit die Erstattung von Gerätekosten vom Kläger verlangt wird, sind verschiedene Geräte wie z.B. 12 Handsprechfunkgeräte, Gasheizgerät, Bosch-Abbau-Hammer, Stromerzeuger, Scheinwerfer etc. aufgelistet worden. Diese Gerätschaften werden sowieso für Einsätze der Bundespolizei vorgehalten. Der Umstand, dass die Lösung aus der Ankettung weit über den normalen Aufgabenbereich der Polizei hinausgehe und der Kläger den Polizeieinsatz provoziert habe - wie vom Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - rechtfertigt keine andere rechtliche Bewertung; denn § 19 BPolG differenziert insoweit nicht. Die zur Gefahrenabwehr erforderliche Polizeiarbeit richtet sich nach der jeweiligen Gefahrenlage unabhängig von deren Verursachung. Zutreffend hat die Beklagte den Aspekt der Veranlassung des Einsatzes - hier in Form einer bewusst gesetzeswidrigen Protestaktion - bei der Ermessenentscheidung über das „Ob“ einer Kostenbeteiligung berücksichtigt.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Beklagten werden die Kosten ganz auferlegt, weil der Kläger nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

42

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorlag.


Tenor

Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 36.969,54 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin ein Viertel und die Beklagte drei Viertel.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H. von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung auch für die Beklagte vorläufig vollstreckbar; die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H. von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

 
Am Samstag, dem 09.05.2009, brach in einer Lagerhalle der Firma I in der G-str., S, infolge einer Explosion ein Großbrand aus. Die Lagerhalle wurde hierbei vollständig zerstört. Bei der Bekämpfung des Brandes war neben der freiwilligen Feuerwehr der Beklagten u.a. die Werkfeuerwehr der Klägerin beteiligt. Diese wurde von der Rettungsdienstleitstelle in Lörrach um 17.25 Uhr verständigt und rückte um 23.17 Uhr von der Einsatzstelle ab (s. Einsatzbericht der Leitstelle v. 10.05.2009, VAS. 53). Der Gesamteinsatz endete erst am Nachmittag des 10.05.2009. Nach dem Einsatzbericht der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten (VAS 34) lag die Einsatzleitung bei Kreisbrandmeister ... ...
Mit Rechnung vom 12.03.2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten den Ersatz ihr entstandener Kosten i.H. von 40.774,28 EUR zuzüglich Umsatzsteuer, mithin i.H. von insgesamt 48.521,39 EUR. Gemäß der beigefügten Kostenaufstellung handelt es sich um folgende Beträge:
Schaummittelkonzentrat
 23.284,80 EUR
Frachtkosten (Lieferant)
 1.295,00 EUR
Mitarbeiter (Lieferant)
 216,00 EUR
WE Fahrgenehmigung (Lieferant)
 30,00 EUR
Verwaltungsaufschlag DSM
 2.328,48 EUR
Teleskopmastbühne
 1.050,00 EUR
Universallöschfahrzeug
 360,00 EUR
Gerätewagen Logistik
 200,00 EUR
Kommandowagen
 280,00 EUR
                 
Einsatzstunden (128 á 85,-- EUR)
10.880,00 EUR
Rüstzeiten (10 á 85,-- EUR)
 850,00 EUR
S u m m e:
40.774,28 EUR
Mit Schreiben vom 15.04.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie sehe sich nicht zum Ausgleich der Forderung verpflichtet, da die Anforderung der Werkfeuerwehr der Klägerin weder durch Verantwortliche der Verwaltung der Beklagten als organisatorischer Oberleitung noch durch Führungskräfte der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten erfolgt sei. Das Landratsamt Lörrach sei um rechtliche Abklärung gebeten worden, weil die Anforderung der Werkfeuerwehr der Klägerin durch den Kreisbrandmeister veranlasst worden sei.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29.04.2010 forderte die Klägerin die Beklagte erneut zur Begleichung der Rechnung sowie zur Zahlung von Verzugszinsen und der durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Kosten i.H. von 1.379,80 EUR auf. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.07.2010 lehnte die Beklagte die Forderung der Klägerin ab im Wesentlichen mit der Begründung, die Werkfeuerwehr der Klägerin sei vom Kreisbrandmeister und damit nicht von der zuständigen Stelle angefordert worden.
Die Klägerin hat am 28.07.2010 Klage mit dem Ziel der Erstattung von Kosten i.H. von 48.521,39 EUR sowie außergerichtlicher Kosten i.H. von 1.379,80 EUR erhoben. Zur Begründung führt sie aus, die Firma I verfüge nicht über eine eigene Betriebs- oder Werkfeuerwehr. Über die integrierte Leitstelle Lörrach habe der Kreisbrandmeister am 09.05.2009 um 17.25 Uhr die Überlandhilfe durch die Werkfeuerwehr der Klägerin anfordern lassen. Diese sei um 17.26 Uhr mit Universallöschfahrzeug, Teleskopmastbühne, Gerätewagen Logistik und Kommandowagen ausgerückt. Sie sei zu keinem Zeitpunkt aufgefordert worden, nicht an der Brandbekämpfung teilzunehmen oder den Einsatzort wieder zu verlassen. Solche Aufforderungen seien insbesondere weder vom Kommandanten noch vom stellvertretenden Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten erfolgt. Zunächst auf Anordnung des Kreisbrandmeisters, dann des stellvertretenden Kreisbrandmeisters habe sie für die Brandbekämpfung das Schaumfeuerlöschmittel Moussol APS 3 % eingesetzt. Insgesamt seien 23 Angehöre der Werkfeuerwehr in unterschiedlicher Länge im Einsatz gewesen. Um 23.17 Uhr sei sie abgerückt. Ihre Aufräumarbeiten seien um 1.30 Uhr abgeschlossen gewesen. Der Anspruch der Klägerin folge aus § 27 Abs. 3 FwG 2004. Nach § 29 Abs. 2 FwG 2004 sei der Kreisbrandmeister berechtigt, die Überlandhilfe einer Werkfeuerwehr anzufordern. Anders als beim Polizeivollzugsdienst, der dazu nur bei Gefahr im Verzug berechtigt sei, seien für die Anforderung durch den Kreisbrandmeister keine besonderen Voraussetzungen vorgesehen. Dies sei auch ohne Weiteres nachvollziehbar, da bei Bränden und öffentlichen Notständen regelmäßig innerhalb kürzester Zeit die zur effektiven Gefahrenabwehr notwendigen Entscheidungen zu treffen seien. Es wäre absurd, wenn sich der Kreisbrandmeister vor der Anforderung einer Überlandhilfe zunächst mit dem für die Brandbekämpfung in aller Regel nicht fachkundigen Bürgermeister der hilfebedürftigen Gemeinde abstimmen müsse. Die Auffassung, wonach das Anforderungsrecht des Kreisbrandmeisters gegenüber dem Anforderungsrecht des Bürgermeisters der hilfebedürftigen Gemeinde subsidiär sei, überzeuge nicht. Im Übrigen wäre völlig unklar, welche Bemühungen der Kreisbrandmeister vor einer Anforderung der Überlandhilfe zu unternehmen hätte. Auch würde der im Rahmen der Überlandhilfe angeforderten Feuerwehr in unangemessener Weise das Risiko der Kostenerstattung aufgebürdet. Die angeforderte Feuerwehr müsste zunächst prüfen, ob der Kreisbrandmeister überhaupt zur Anforderung berechtigt sei. Dies laufe in einer Situation, in der jede Minute zähle, jeder Vernunft zuwider. Da die Werkfeuerwehr nicht zur Teilnahme an einer Überlandhilfe verpflichtet sei, würde sie sich zur Vermeidung etwaiger Kostenstreitigkeiten im Zweifel gegen die Teilnahme entscheiden. Dies sei im Interesse einer effektiven Brandbekämpfung widersinnig. Die Regelungen des Feuerwehrgesetzes gingen den Vorschriften über die Amtshilfe nach §§ 4 ff. LVwVfG vor. Es sei deshalb ohne Belang, ob im allgemeinen Recht der Amtshilfe ein Subsidiaritätsgrundsatz gelte. Denn er habe keinen Eingang in die Regelungen des Feuerwehrgesetzes gefunden. Selbst wenn man von einem Subsidiaritätsverhältnis ausginge, müsse sich die Beklagte die Anforderung der Werkfeuerwehr der Klägerin zurechnen lassen. Es liege zumindest ein stillschweigendes Einverständnis vor. Spätestens beim Eintreffen der Werkfeuerwehr am Einsatzort habe der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten Kenntnis von der Teilnahme der Werkfeuerwehr der Klägerin an der Brandbekämpfung gehabt. Er habe sich aber nicht gegen den Einsatz der Werkfeuerwehr gewandt. Im Übrigen sei der Beklagten der Einwand der mangelnden Zuständigkeit des Kreisbrandmeisters nach den Grundsätzen von Treu und Glauben versagt. Sie verhalte sich widersprüchlich, da sie die Unterstützung der Werkfeuerwehr der Klägerin in vollem Umfang in Anspruch genommen habe. Auch habe sie durch den Einsatz der Werkfeuerwehr in erheblichem Umfang eigene Aufwendungen erspart. Der Kreisbrandmeister habe die technische Einsatzleitung nach § 24 Satz 2 FwG 2004 übernommen. Dies ergebe sich zunächst aus dem Einsatzbericht der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten. Auch habe die örtliche Presse entsprechend berichtet. In einem Schreiben vom 30.09.2009 habe der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten ausgeführt, dass „die Einsatzleitung nicht in unseren Händen“ gelegen habe. Sonst sei niemand für die Einsatzleitung in Betracht gekommen. In den Einsatzberichten der anderweitigen Einheiten finde sich kein Hinweis darauf, wer die Einsatzleitung innegehabt habe. Als technischer Einsatzleiter habe der Kreisbrandmeister die Befugnis für den Einsatz von Schaum-Feuerlöschmitteln gehabt und deshalb diesen gegenüber der Werkfeuerwehr der Klägerin anordnen können. Der Einsatz von Schaum-Feuerlöschmitteln sei auch erforderlich gewesen. Der Kreisbrandmeister habe dies bestätigt. Die Firma I habe nicht über eine Werkfeuerwehr verfügt. Eine solche Anerkennung habe nach Auskunft des Landratsamts Lörrach nicht stattgefunden. Die Werkfeuerwehr der Firma A... ... GmbH sei nicht als Werkfeuerwehr der Firma I anerkannt. Dies wäre auch nicht möglich gewesen, da einer Werkfeuerwehr nur Werksangehörige angehören dürften. Unerheblich sei, ob die Werkfeuerwehr der Firma A... ... GmbH mit der Firma I eine Vereinbarung auf privat-rechtlicher Basis geschlossen und Aufgaben übernommen habe. Da die technische Einsatzleitung beim Kreisbrandmeister gelegen habe, komme es nicht darauf an, ob die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten in der Lage gewesen wäre, den Großbrand mit eigenen Mitteln zu löschen. Der Kreisbrandmeister sei ohne vorherige Kontaktaufnahme mit der Beklagten zur Anforderung der Werkfeuerwehr der Klägerin berechtigt gewesen. Ein entsprechendes Erfordernis ergebe sich nicht aus § 27 Abs. 2 Satz 2 FwG a.F.. Dies folge bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Auch der Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung und die grundsätzlichen Strukturen der organisatorischen Oberleitung schrieben nicht vor, dass der Kreisbrandmeister vor Anforderung der Überlandhilfe mit der hilfebedürftigen Gemeinde Kontakt aufnehmen müsse. Im Interesse einer möglichst effektiven Gefahrenabwehr werde die Anforderungsbefugnis auf möglichst viele Personen verteilt, um im Schadensfall keine Zeit zu verlieren. Nur beim Polizeivollzugsdienst und der Leitstelle für die Feuerwehr sei Gefahr im Verzug Voraussetzung. Es bleibe völlig im Dunkeln, welche Anstrengungen nach Auffassung der Beklagten für einen hinreichenden Versuch der Kontaktaufnahme unternommen werden müssten. Die Übernahme der technischen Einsatzleitung durch den Kreisbrandmeister sei ohne das Vorliegen besonderer Voraussetzungen nach § 24 Abs. 2 FwG möglich gewesen und konkludent erfolgt. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass er nur bis Mitternacht am Einsatzort gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Brand bereits soweit bekämpft gewesen, dass die Zahl der Einsatzkräfte habe reduziert werden können. - Auch der Höhe nach sei der Anspruch begründet. Zum Umfang des eingesetzten Schaum-Feuerlöschmittels müsse die Beklagte die Anordnungen des Kreisbrandmeisters gegen sich gelten lassen. Mit Blick auf die besondere Situation im Einsatz sei ihm ein gerichtlich nur eingeschränkt zu kontrollierender Spielraum zuzugestehen, dessen Grenzen erst überschritten seien, wenn Art und/oder Umfang des eingesetzten Löschmittels außerhalb der Vertretbarkeit gelegen hätten. Dergleichen werde auch von der Beklagten nicht behauptet. Hinsichtlich des geltend gemachten Verwaltungsaufschlags sei die Beklagte auf ihre eigenen satzungsrechtlichen Vorgaben zur Erstattung von Kosten für Feuerwehreinsätze hinzuweisen. Wenn die Beklagte für verbrauchte Materialien einen Verwaltungskostenzuschlag i.H. von 10 % zum Selbstkostenpreis berechne, sei dies auch der Klägerin gestattet. Die Klägerin habe nur die vollen geleisteten Stunden in Ansatz gebracht und angebrochene Zeiteinheiten nicht aufgerundet. Nach Einsatzende seien 10 Stunden (sog. „Rüstzeit“) aufgewendet worden, um die Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge wieder herzustellen. Es sei im Wesentlichen darum gegangen, das Schaummittelkonzentrat aus Fässern in die Tanks der beiden Großfahrzeuge zu pumpen sowie das eingesetzte Material zu reinigen.
Die Klägerin trug mit Schriftsatz vom 11.06.2012 vor, sie halte nicht mehr an dem bislang geforderten Stundensatz i.H. von 85,-- EUR fest. Dieser Betrag sei für die interne Verrechnung verwendet worden und habe sich aus den gesamten budgetierten Stunden und Personalkosten im Jahr 2007 errechnet. Da aber nur die tatsächlich entstandenen Kosten ersetzt verlangt werden könnten, werde davon Abstand genommen. Die Klägerin habe die an die eingesetzten Werkfeuerwehrleute tatsächlich gezahlten Stundenlöhne ermittelt. In der beigefügten Aufstellung seien auch die eingesetzten Angestellten der V... ...- ... ... GmbH (V...) aufgeführt, die von der Klägerin dauerhaft im Rahmen eines Dienstleistungsauftrags beschäftigt würden. Für diese seien die von der V... gegenüber der Klägerin abgerechneten Stunden angesetzt worden. Dabei sei zu differenzieren zwischen den Zeiten vor und nach 20.00 Uhr, da im Nachtzeitraum höhere Stundensätze anfielen. Für die Angestellten der Klägerin, die in der Aufstellung ebenfalls aufgeführt seien, seien die tatsächlich geleisteten Bruttolöhne in Ansatz gebracht worden. Für alle Mitarbeiter sei jeweils pro angebrochene ¼ Stunde abgerechnet worden. Die angesetzten Personalnebenkosten für die Mitarbeiter der Klägerin i.H. von 44,63 % setzten sich zusammen aus dem Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen i.H. von 19,63 % und den Leistungen der Klägerin für Pensionsrückstellungen bzw. Betriebsrenten, die sich auf 25 % vom Bruttolohn beliefen. Soweit die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von mehr als 39.740,43 EUR begehrt worden sei, werde die Klage zurückgenommen. Die Anpassung der - als Nebenforderung nicht streitwerterhöhenden - außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ergebe sich aus der Reduktion der zu erstattenden Summe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 39.740,43 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2010 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H. von 1.192,60 EUR zu zahlen,
10 
das Urteil gegen Sicherheitsleistung i.H. von 110 % des zu vollstreckenden Betrags für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Zur Begründung führt sie aus, die Firma I habe eine Vereinbarung über den abwehrenden Brandschutz für das Betriebsareal mit der A... ... GmbH geschlossen und verfüge damit über eine Betriebs- bzw. Werkfeuerwehr i.S. des § 19 FwG. Deshalb sei die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten vor dem Einsatz am 09.05.2009 auch nie mit Brandschutzaufgaben auf dem Betriebsgelände der I befasst gewesen. Die Werkfeuerwehr der A... ... GmbH habe während des Einsatzes am 09.05.2009 mitgewirkt. Die als erstes am Einsatzort eintreffende Freiwillige Feuerwehr der Beklagten habe durch ihren Einsatzführer ... S... weitere Abteilungen der Feuerwehr Rheinfelden-Schweiz hinzugezogen. Zwischenzeitlich seien auch Kreisbrandmeister ... und dessen Stellvertreter am Einsatzort eingetroffen. Der Kreisbrandmeister habe die Werkfeuerwehr der Klägerin alarmiert. Er sei mit seinem Stellvertreter nur bis Mitternacht am Einsatzort gewesen. Die Einsatzleitung in organisatorischer und technischer Hinsicht sei zu keinem Zeitpunkt eindeutig geregelt worden. Der Kreisbrandmeister habe die Einsatzleitung nicht ausdrücklich übernommen. Er habe vor der Anforderung der Werkfeuerwehr der Klägerin weder mit dem Oberbürgermeister der Beklagten noch einem sonstigen Vertreter der Stadt, auch nicht mit dem Leiter der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten, Rücksprache gehalten. Er habe die Einsatzleitung weder ausdrücklich noch konkludent übernommen. Nach Aussage der beteiligten Einsatzkräfte vor Ort habe es bei dem Einsatz „viele Häuptlinge“ gegeben. Überlandhilfe nach § 27 FwG a.F. erfolge nur auf Anforderung. Das Anforderungsrecht des Kreisbrandmeisters sei gegenüber dem des Bürgermeisters subsidiär. Nur wenn der Bürgermeister oder sein Beauftragter nicht erreichbar seien, dürfe der Kreisbrandmeister die Überlandhilfe anfordern. Dies entspreche der Systematik des Feuerwehrgesetzes. Die Aufgaben nach dem Feuerwehrgesetz seien Bestandteil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde. Die organisatorische Oberleitung eines Feuerwehreinsatzes stehe dem Bürgermeister zu und umfasse auch die Anforderung von Überlandhilfe. Die Übernahme der organisatorischen Oberleitung im Wege einer Aufsichtsmaßnahme komme nur in Ausnahmefällen in Betracht. Das Recht zur Anforderung der Überlandhilfe stehe dem Kreisbrandmeister nur zu, wenn schnelles Handeln geboten und die zuständige Stelle der Gemeinde nicht erreichbar sei. Der Kreisbrandmeister müsse nur versuchen, den Verantwortlichen der Gemeinde zu erreichen. Im Hinblick auf den Grundsatz effektiver Gefahrenabwehr seien daran keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Für die Gemeinde bestehe ein hohes Kostenrisiko, wenn sie in die Entscheidung über die Anforderung der Überlandhilfe generell nicht einbezogen werden müsse. Bestünde ein unbedingtes Anforderungsrecht des Kreisbrandmeisters, könnte er sogar gegen den Willen der Gemeinde die Überlandhilfe anfordern mit der Folge, dass sie für den Einsatz aufkommen müsse. Dieses Kostenrisiko zu Lasten der Gemeinde sei nicht gerechtfertigt. Der im Wege der Überlandhilfe angeforderten Feuerwehr werde kein unangemessenes Erstattungsrisiko aufgebürdet. Sei die Überlandhilfe rechtmäßig, bestehe ein Kostenersatzanspruch. Andernfalls bleibe es der Feuerwehr unbenommen, (Amts-)Haftungsansprüche gegenüber den weiteren Beteiligten des Einsatzes zu prüfen. Der Einwand der Klägerin, wonach im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr möglichst viele Personen anforderungsberechtigt sein sollten, überzeuge nicht. Für eine effektive Gefahrenabwehr seien eindeutig verteilte Zuständigkeiten unerlässlich. Sonst bestehe die Gefahr, dass eine erforderliche Überlandhilfe nicht angefordert werde, weil sich etwa Bürgermeister und Kreisbrandmeister jeweils auf den anderen verließen. Auch sei es jederzeit möglich, dass der Bürgermeister und die anderen in § 27 Abs. 2 Satz 2 FwG a.F. genannten Stellen unabhängig voneinander mehrere Feuerwehren zur Überlandhilfe anforderten und dadurch unnötige Kosten produzierten. Der Bürgermeister müsse die Überlandhilfe selbst anfordern oder zumindest seine Zustimmung erteilen. Widerspreche er oder verzögere er die Entscheidung, so könne der Kreisbrandmeister im Wege einer Aufsichtsmaßnahme einschreiten und die organisatorische Einsatzleitung übernehmen. Im vorliegenden Fall habe der Kreisbrandmeister eigenmächtig gehandelt, ohne mit dem Bürgermeister Rücksprache zu halten. Die technische Einsatzleitung habe, wenn die Firma I keine eigene Werksfeuerwehr gehabt haben sollte, beim Feuerwehrkommandanten der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten gelegen. Der Kreisbrandmeister habe die technische Einsatzleitung weder ausdrücklich noch konkludent übernommen. Der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten sei davon ausgegangen, dass die Werkfeuerwehr der Firma A... ... GmbH den Brandeinsatz leite, nachdem seit Jahren ausschließlich die Werkfeuerwehr alle Brandschutzaufgaben für die Firma I wahrgenommen habe. Der Kreisbrandmeister sei nur vorübergehend am Einsatzort gewesen. Es bleibe nach dem Vortrag der Klägerin offen, wer im Übrigen die Einsatzleitung innegehabt habe. Die Übernahme der Einsatzleitung durch den Kreisbrandmeister müsse für alle eindeutig erkennbar sein. Dies sei bei dem Einsatz bei der Firma I nicht der Fall gewesen. Bei Verlassen des Einsatzortes hätte für alle erkennbar eine Abgabe der Einsatzleitung durch den Kreisbrandmeister erfolgen müssen. Auch dies sei nicht erfolgt. Die Beklagte müsse sich die Anforderung der Überlandhilfe durch den Kreisbrandmeister auch nicht zurechnen lassen. Von einem fehlenden Widerspruch könne nicht ohne Weiteres auf eine Genehmigung des Einsatzes geschlossen werden. Da die Überlandhilfe vom Bürgermeister oder der von ihm beauftragten gemeindlichen Stelle anzufordern sei, sei es auch unerheblich, dass der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr dem Einsatz der Werkfeuerwehr der Klägerin nicht widersprochen habe. Ein widersprüchliches Verhalten der Beklagten liege nicht vor. Die Einbeziehung der Werkfeuerwehr der Klägerin sei ausschließlich durch den Kreisbrandmeister erfolgt. Die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten wäre auch ohne Weiteres in der Lage gewesen, den Brand mit eigenen Mitteln und wesentlich kostengünstiger zu löschen. Der große Einsatz des Löschschaums sei nicht erforderlich gewesen. - Auch der Höhe nach seien die geltend gemachten Kosten nicht gerechtfertigt. Der Einsatz des Mehrbereichsschaummittels, welches die Freiwillige Feuerwehr üblicherweise verwende, wäre völlig ausreichend gewesen. Im Übrigen hätte eine deutlich geringere Menge Schaum ausgereicht. Es sei nicht nachvollziehbar, worin der von der Klägerin berechnete „Verwaltungsaufschlag“ bestehen solle. Als notwendige Auslagen könnten nur die aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen gewährten Vergütungen erstattet werden. Nicht erstattungsfähig seien die sowieso anfallenden Personalkosten.
14 
Dem Gericht liegt die Akte der Beklagten vor. Das Gericht hat den Einsatzleiter der Freiwilligen Feuerwehr Rheinfelden, ... S..., den Kreisbrandmeister ... ... und den Feuerwehrkommandanten der Werkfeuerwehr der Klägerin, ... K..., als Zeugen vernommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Soweit die Klägerin ihre Klage zurückgenommen hat und nur noch die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 39.740,43 EUR sowie außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H. von 1.192,60 EUR begehrt - statt der ursprünglich geltend gemachten 48.521,39 EUR sowie außergerichtlicher Kosten i.H. von 1.379,80 EUR -, war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
16 
Die Klage ist, soweit sie aufrechterhalten wurde, zulässig, und zum Teil auch begründet. Die Klägerin kann die Verurteilung der Beklagten zum Kostenersatz nicht in voller Höhe, sondern nur i.H. von 36.969,54 EUR beanspruchen. Der geltend gemachte Zinsanspruch steht ihr nur i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu. Die außergerichtlichen Kosten, die durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vor Klageerhebung entstanden sind, müssen ebenfalls nicht von der Beklagten übernommen werden.
17 
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Kostenersatzanspruch ist § 27 Abs. 3 FwG in der zum Zeitpunkt des Einsatzes am 09.05.2009 geltenden Fassung des Feuerwehrgesetzes vom 10.02.1987 (GBl. S. 105), zuletzt geändert durch Art. 29 des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 01.07.2004 (GBl. S. 469; im Folgenden: FwG a.F.). Nach dieser Vorschrift hat die Kosten der Überlandhilfe der Träger der Gemeindefeuerwehr zu tragen, dem Hilfe geleistet worden ist. § 36 Abs. 4 FwG a.F. gilt entsprechend. Diese Regelung findet auch beim Einsatz einer Werkfeuerwehr außerhalb des Betriebs oder Verwaltungsbereichs Anwendung. Denn in einem solchen Fall wird von der Gemeinde eine Entschädigung wie bei der Gemeindefeuerwehr gewährt (§ 19 Abs. 8 Satz 2 FwG a.F.). Die Gemeinde muss mithin die Kosten in dem Umfang ersetzen, wie wenn eine andere Gemeindefeuerwehr Überlandhilfe geleistet hätte (Surwald, FwG für Bad.-Württ., 7. Aufl. 1997, § 19, Rn. 26). Die Teilnahme der Werkfeuerwehr an einer Überlandhilfe nach § 27 FwG a.F. bleibt der Entscheidung des Betriebsleiters überlassen. Eine Verpflichtung zur Teilnahme an der Überlandhilfe besteht nicht. Leistet die Werkfeuerwehr aber freiwillig Überlandhilfe, sind dem Betrieb die dadurch entstandenen Kosten ebenso zu erstatten wie bei einer Heranziehung der Werkfeuerwehr durch den Bürgermeister des Betriebssitzes nach § 29 Abs. 2 Satz 1 FwG a.F., und zwar von der Gemeinde des Einsatzortes, und in dem gleichen Umfang, wie wenn eine Gemeindefeuerwehr Hilfe geleistet hätte (vgl. Surwald, a.a.O., § 29, Rn. 5). Auch wenn die Teilnahme der Werkfeuerwehr an der Überlandhilfe freiwillig ist, so ist Voraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch nach § 27 Abs. 3 FwG a.F., dass es sich um „Überlandhilfe“ im Sinne der Vorschrift handelt. Dies setzt wiederum ein Ersuchen bzw. eine Anforderung i.S. von § 27 Abs. 1 FwG a.F. durch die zuständige Behörde voraus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.01.2010 - 1 S 2740/08 -, VBlBW 2010, 237).
18 
Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 FwG a.F. ist die Hilfe durch den Bürgermeister der hilfebedürftigen Gemeinde, bei kreisangehörigen Gemeinden unter gleichzeitiger Verständigung des Kreisbrandmeisters, anzufordern. Die Anforderung kann nach § 27 Abs. 2 Satz 2 FwG a.F. auch der zuständige Kreisbrandmeister, der Bezirksbrandmeister oder der Landesbranddirektor, bei einem Waldbrand auch das Forstamt, bei Gefahr im Verzug auch der Polizeivollzugsdienst und die Leitstelle für die Feuerwehr veranlassen. Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 07.05.1999 - 18 K 970/97 -, BWGZ 2000, 405; Surwald, a.a.O., § 27, Rn. 7 f.; Hildinger/Rosenauer, FwG Bad.-Württ., 3. Aufl. 2011, § 26, Rn. 17) ist die Überlandhilfe grundsätzlich vom Bürgermeister anzufordern, dem gem. § 28 Abs. 4 FwG a.F. die organisatorische Oberleitung zusteht. Diese umfasst auch das Recht zur Anforderung von Überlandhilfe (vgl. Surwald, a.a.O., § 28, Rn. 17; Hildinger/Rosenauer, a.a.O., § 19, Rn. 28). Nach § 27 Abs. 2 Satz 2 FwG a.F. können zwar auch die örtlich zuständigen feuerwehrtechnischen Beamten (Kreisbrandmeister, Bezirksbrandmeister und Landesbranddirektor) Überlandhilfe anfordern. Auch wenn es dem Wortlaut nicht zwingend zu entnehmen ist, so ist aber das Anforderungsrecht nach Satz 2 gegenüber dem nach Satz 1 subsidiär. Dies folgt aus der Übertragung der organisatorischen Oberleitung auf den Bürgermeister und der Tatsache, dass die Feuerwehr Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist und die Gemeinde bzw. der Bürgermeister grundsätzlich nur einer Rechts- und nicht der Fachaufsicht unterliegt (vgl. Surwald, a.a.O., § 22, Rn. 2 ff.; VG Karlsruhe, Urt. v. 26.06.2006 - 6 K 2361/05 -, juris). Grundsätzlich darf daher nur von Satz 2 Gebrauch gemacht werden, wenn der Bürgermeister oder sein Beauftragter nicht erreichbar ist. Dem Kreisbrandmeister steht das Anforderungsrecht allerdings auch bei Gefahr im Verzug zu. Wenn der nachgeordnete Polizeivollzugsdienst (vgl. Surwald, a.a.O., § 27, Rn. 10; Hildinger/Rosenauer zum Anforderungsrecht der integrierten Leitstelle nach § 26 Abs. 1 FwG n.F., a.a.O., § 26, Rn. 16) in einem solchen Fall zur Anforderung der Überlandhilfe befugt ist, so ist dies beim Kreisbrandmeister erst recht der Fall. Gefahr im Verzug besteht, wenn ein sofortiges Tätigwerden ohne weitere Verzögerung erforderlich erscheint, da ansonsten die Gefahr eines Schadenseintritts oder die Verschlimmerung eines bereits eingetretenen Schadens zu befürchten ist (vgl. Hildinger/Rosenauer, a.a.O., § 26, Rn. 17). Diese Voraussetzungen lagen hier vor.
19 
Der Kreisbrandmeister gab in der mündlichen Verhandlung an, er habe nach seinem Eintreffen am Brandort festgestellt, dass die Lagerhalle von I sich im Vollbrand befunden habe. Die Stahl- und Blechkonstruktion sei bereits stark verformt gewesen. Das größte Problem habe die enorme Rauchwolke dargestellt, die eine Gefahr für die nahe des Betriebsgeländes wohnende Bevölkerung gewesen sei. Auch sei es darum gegangen, den sich in unmittelbarer Nähe befindenden Rhein zu schützen. Er habe deshalb möglichst schnell handeln müssen, um eine Wassergefährdung zu verhindern. Nach etwa 30 Minuten habe er deshalb die Werkfeuerwehr der Klägerin angefordert, weil sie die notwendige Logistik und Technik zur Verfügung gehabt habe. Für das in der Halle brennende Recycling-Material hätte es „Unmengen“ Wasser benötigt, die dann in den Rhein hätten abfließen können. Aus diesem Grunde habe er die Werkfeuerwehr der Klägerin telefonisch über die Leitstelle angefordert, um möglichst schnell und möglichst viel Schaum zur effektiven Bekämpfung des Brandes zur Verfügung zu haben. Die Werkfeuerwehr der Klägerin habe die technischen Möglichkeiten gehabt, von oben Schaum in die Halle einbringen zu können. Sie habe über entsprechende Skylifter verfügt. Auch sei sie in der Lage, bis zu 4000 l pro Minute einzubringen, wohingegen „unsere Möglichkeiten“ jedenfalls bei 1000 l pro Minute aufhörten.
20 
Angesichts dieser Ausführungen besteht kein Zweifel, dass zur effektiven Brandbekämpfung die sofortige Anforderung der Werkfeuerwehr der Klägerin erforderlich gewesen ist. Dass die Bekämpfung des Brandes durch Schaum erfolgen musste, stellt weder die Beklagte noch der Einsatzleiter ihrer Freiwilligen Feuerwehr, der Zeuge S..., in Frage. Dieser stellte in der mündlichen Verhandlung fest, die Entscheidung des Kreisbrandmeisters, nicht mehr mit Wasser, sondern mit Schaum zu löschen, sei für ihn nachvollziehbar gewesen. Keine Bedenken bestehen auch hinsichtlich der Aussage des Kreisbrandmeisters, wonach es zur effektiven Brandbekämpfung großer Mengen Schaum bedurft hätte, die in der Kürze der Zeit nur durch die Werkfeuerwehr der Klägerin hätten zur Verfügung gestellt werden können, da das der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten zur Verfügung stehende Schaummittel bei Weitem nicht ausreichend gewesen sei. Die Anforderung anderer gemeindlicher Feuerwehren des Landkreises sei wegen des Zeitdrucks nicht in Betracht gekommen. Im Übrigen verfügten die 34 Gemeinden des Landkreises insgesamt zusammen nur über 10 t Schaummittel, die Werkfeuerwehren hingegen über 20 t Schaummittel.
21 
Die Anforderung der Überlandhilfe durch die Werkfeuerwehr der Klägerin erfolgte auch zu Recht ohne den Versuch der Kontaktaufnahme mit dem Oberbürgermeister der Beklagten, der - wie schon ausgeführt - vorrangig für die Anforderung der Überlandhilfe zuständig war. Kein Zweifel besteht, dass ein sofortiges Handeln zur effektiven Brandbekämpfung bzw. zum Schutz der Bevölkerung sowie des anliegenden Rheins erforderlich war. Hinzu kommt, dass nach den Angaben des Kreisbrandmeisters ab dem Zeitpunkt seines Eintreffens bereits ca. eine halbe Stunde vergangen war, bevor er über die integrierte Leitstelle die Werkfeuerwehr der Klägerin angefordert hatte. Aus dem Einsatzbericht der integrierten Leitstelle folgt, dass die Meldung über den Brand um 16.33 Uhr einging und die Werkfeuerwehr um 17.25 Uhr verständigt wurde. Insgesamt verging mithin beinah eine Stunde bis zur Anforderung der Werkfeuerwehr der Klägerin, ohne dass sich der Oberbürgermeister der Beklagten als Inhaber der organisatorischen Oberleitung, eine von ihm beauftragte Person oder ein sonstiger Vertreter des Oberbürgermeisters am Brandort zu erkennen gegeben hätten. Unter diesen Umständen war der Kreisbrandmeister im Interesse einer effektiven Brandbekämpfung nicht mehr verpflichtet, zunächst Ermittlungen dahingehend anzustellen, wer die organisatorische Oberleitung für die Beklagte ausüben sollte, sowie nach Klärung der Zuständigkeit zunächst Rücksprache zu halten.
22 
Nach alledem kann offen bleiben, ob die Aufsichtsbehörde, d.h. das Landratsamt Lörrach mit dem dort angesiedelten Kreisbrandmeister (vgl. § 22 Abs. 1 FwG a.F.) die organisatorische Oberleitung gem. §§ 22 Abs. 5, 28 Abs. 4 FwG a.F. übernommen hat.
23 
Auch muss nicht der Frage nachgegangen werden, ob es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, wenn sich die Beklagte auf die fehlende Anforderung der Überlandhilfe seitens der Beklagten beruft obwohl die gegebenenfalls für die organisatorische Oberleitung weiterhin zuständige Stelle der Beklagten die Möglichkeit gehabt hätte, die Teilnahme der Werkfeuerwehr der Klägerin an der Überlandhilfe zu beenden und damit die Entstehung der nun von der Klägerin geltend gemachten Kosten zu verhindern.
24 
An dem der Klägerin zustehenden Kostenerstattungsanspruch änderte sich auch nichts, falls die I über eine Werkfeuerwehr i.S. des § 19 Abs. 2 FwG a.F. verfügt haben sollte. Die Beklagte bliebe auch in diesem Fall kostenerstattungspflichtig, da es sich bei der Bekämpfung eines Brandes in einem Betrieb mit eigener Werkfeuerwehr um eine eigene Aufgabe der Gemeindefeuerwehr handelt. Denn nach § 19 Abs. 1 Satz 2 FwG a.F. bleibt die Verpflichtung der Gemeindefeuerwehr zur Hilfeleistung durch die Einrichtung einer Betriebsfeuerwehr unberührt (vgl. Hildinger/Rosen-auer, a.a.O., §§ 19, Rn. 5, 26, Rn. 3).
25 
Der Umfang der zu erstattenden Kosten richtet sich nach § 36 Abs. 4 FwG a.F. (§ 27 Abs. 3 Satz 2 FwG a.F.). Denn § 19 Abs. 8 Satz 2 FwG a.F. bestimmt, dass von der Gemeinde bei einem Einsatz der Werkfeuerwehr außerhalb des Betriebs oder Verwaltungsbereiches eine Entschädigung wie bei der Gemeindefeuerwehr zu gewähren ist. Damit muss die Gemeindefeuerwehr die Kosten in dem Umfang ersetzen, wie wenn eine andere Gemeindefeuerwehr Überlandhilfe geleistet hätte. Unter Kosten i.S. von § 36 Abs. 4 FwG a.F. fallen außer den „unmittelbar entstandenen“ Einsatzkosten der Feuerwehr auch die so genannten kalkulatorischen Kosten (Abschreibung und Verzinsung des Kapitals für die Anschaffung der eingesetzten Feuerwehrfahrzeuge und -geräte). Zu den unmittelbar entstandenen Kosten zählen persönliche und sächliche Aufwendungen (vgl. Surwald, a.a.O., § 36, Rn. 6, 25). Anders als etwa § 8 PolG enthält § 36 Abs. 4 FwG a.F. einen betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff, so dass auch die ohnehin entstehenden allgemeinen Personal- und Sachkosten der Verwaltung (anteilig) zu erstatten sind (vgl. Wolf/Stephan/Deger, PolG für Bad.-Württ., 6. Aufl. 2009, § 8, Rn. 29). Zu den „durch den Einsatz der Feuerwehr entstandenen Kosten“ gehört auch der mit dem konkreten Einsatz verbundene „Werteverbrauch“; denn die eingesetzten Güter - sei es die Arbeitskraft des eingesetzten Personals, sei es das jeweils eingesetzte Sachgut - stehen in der fraglichen Einsatzzeit für eine sonstige Aufgabenerfüllung nicht zur Verfügung. Die einsatzbedingte „Blockierung“ der anderweitigen Nutzung lässt erstattungsfähige Kosten entstehen. Zu diesen Kosten zählen daher sowohl die auf die Einsatzzeit entfallenden anteiligen Personalkosten als auch die anteilig auf die Einsatzzeit entfallenden Vorhaltekosten bei eingesetzten Sachgütern. Ausgeschlossen ist nur eine über den Anteil der Einsatzzeit hinausgehende Abwälzung von Vorhaltekosten (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 22.08.2007 - 5 UE 1734/06 -, DÖV 2007, 1061; zu Sachkosten vgl. Urt. der Kammer v. 20.10.2009 - 3 K 2369/08 -, BWGZ 2010, 726 sowie VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.11.2010 - 1 S 2402/09 -, BWGZ 2010, 985).
26 
Gemessen hieran hat die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der mit der Klage (nur noch) geltend gemachten Kosten mit Ausnahme des in Rechnung gestellten Verwaltungsaufschlages i.H. von 2.328,48 EUR zuzüglich Umsatzsteuer.
27 
Nachdem die Klägerin die Klage hinsichtlich der ursprünglich geltend gemachten Personalkosten i.H. von 10.880,-- EUR (Einsatzstunden) sowie 850,-- EUR (Rüstzeiten), zusammen 11.730,-- EUR, teilweise zurückgenommen hat und nur noch Personalkosten i.H. von 4.546,12 EUR geltend macht, ist die ursprüngliche Kostenaufstellung anzupassen. Auszugehen ist zunächst von den Kosten in der Rechnung vom 12.03.2010 ohne die dort enthaltenen Personalkosten i.H. von 11.730,-- EUR. Dies ergibt einen Nettobetrag von 29.044,28 EUR (= 40.774,28 EUR abzügl. 11.730,-- EUR). Zuzüglich der nunmehr geltend gemachten Personalkosten von 4.546,12 EUR ergibt sich ein Betrag i.H. von 33.590,40 EUR, zuzüglich Umsatzsteuer (19 %) i.H. von 6.382,18 EUR also ein Gesamtbetrag von 39.972,58 EUR. Zwar stimmt dieser Betrag mit dem Betrag im (aktuellen) Klageantrag nicht überein. Dies ist aber unerheblich, da er diesen sogar noch (geringfügig) überschreitet.
28 
Die Kosten für das Schaummittelkonzentrat i.H. von 23.284,80 EUR zuzüglich Umsatzsteuer sind erstattungsfähig.
29 
Im Schreiben des Kreisbrandmeisters vom 01.10.2009 (VAS. 22) heißt es, der Einsatz von Sonderlöschmittel (Schaum) sei aufgrund der gelagerten Recyclingmenge und der großen Brandentwicklung unumgänglich gewesen. In der mündlichen Verhandlung hat er diese Einschätzung noch einmal wiederholt und mit den Gefahren für die Bevölkerung aufgrund der starken Rauchentwicklung sowie für den anliegenden Rhein aufgrund abfließenden Löschwassers begründet. Wie schon ausgeführt, bedurfte es des Einsatzes der Werkfeuerwehr der Klägerin, weil diese über die erforderliche technische bzw. logistische Ausstattung zur schnellen Bekämpfung des Brandes mit großen Mengen Schaums in der Lage war und im Interesse einer effektiven und schnellen Brandbekämpfung nicht auf andere Feuerwehren zurückgegriffen werden konnte. Dass die Werkfeuerwehr der Klägerin ein alkohol- und lösungsmittelbeständiges Schaummittel verwendete, welches im Verhältnis zu dem von der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten eingesetzten Mehrbereichsschaummittel deutlich teurer war, steht dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Denn die Werkfeuerwehr der Klägerin verfügt, wie ihr Kommandant in der mündlichen Verhandlung angab, nur über das teurere Schaummittel. Dessen Einsatz war mithin unvermeidbar. Die Beweisaufnahme ergab auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass - wie die Beklagte schriftsätzlich eingewandt hatte - der Einsatz mit dem Schaummittel überdimensioniert gewesen wäre.
30 
Was die nun nur noch abgerechneten Personaleinsatzkosten i.H. von 4.546,12 EUR bzw. die zugrundeliegenden Stundensätze angeht, sind Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der Berechnung weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen worden. Hinsichtlich der im Übrigen geltend gemachten sächlichen Kosten macht die Beklagte ebenfalls keine Einwendungen geltend.
31 
Der Verwaltungsaufschlag i.H. von 2.328,48 EUR zuzüglich Umsatzsteuer ist aber nicht erstattungsfähig. Nach der Kostensatzaufstellung der Klägerin (GAS 141) werden Verbrauchsmittel wie z.B. Sonderlöschmittel, Ölbindemittel, Schutzkleidung, Auffangbehälter etc. zum Gestehungspreis zuzüglich 10 % Verwaltungsaufschlag berechnet. Daraus ergibt sich der in Ansatz gebrachte Verwaltungsaufschlag (10 % der für das Schaummittelkonzentrat berechneten Kosten). Diese Kosten müssen nicht nach § 27 Abs. 3 FwG a.F. i.V.m. § 36 Abs. 4 FwG a.F. von der Beklagten übernommen werden. Denn grundsätzlich sind nur die durch den einzelnen Einsatz unmittelbar entstandenen persönlichen und sächlichen Kosten abwälzbar. Eine pauschalierende Regelung - wie sie der Berechnung des Verwaltungsaufschlages zugrundeliegt - ist damit jedenfalls im vorliegenden Fall nicht vereinbar. Die Klägerin hat schon nicht dargelegt, welche Kosten durch den Verwaltungsaufschlag abgedeckt werden sollen. Auch führt die pauschale Berechnung des Verwaltungsaufschlages in Anknüpfung an das verwendete relativ teure Schaummittel zu einem willkürlichen Ergebnis. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der - etwa bei der Bestellung des Schaummittels entstehende - Verwaltungsaufwand besonders groß gewesen wäre. Auch wäre der Verwaltungsaufschlag, wenn die Werkfeuerwehr der Klägerin das deutlich günstigere Mehrbereichsschaummittel wie die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten verwenden würde, erheblich niedriger, ohne dass sachliche Gründe dafür ersichtlich wären. Dies verdeutlicht, dass die hier vorgenommene pauschale Berechnung sich soweit von der Berechnung der tatsächlichen Kosten entfernt, dass sie dem geltend gemachten Kostenersatzanspruch nicht zugrundegelegt werden kann.
32 
Der geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen sowie Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten besteht ebenfalls nicht. Denn die §§ 286, 288 Abs. 2 BGB finden keine entsprechende Anwendung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.01.2010, a.a.O.). Nach § 288 Abs. 2 BGB beträgt bei Rechtsgeschäften, an denen Verbraucher nicht beteiligt sind, der Zinssatz für Entgeltforderungen 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Bei dem hier geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Kostenersatzanspruch handelt es sich jedoch nicht um eine Entgeltforderung. Denn die Beteiligten stehen nicht in einem vertraglichen Austauschverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2004 - 3 C 23.03 -, NVwZ 2004, 991). Die Klägerin kann lediglich Prozesszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit, also ab 28.07.2010 beanspruchen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO. Nach der von der Klägerin erklärten teilweisen Klagerücknahme war mit dem vorliegenden Urteil einheitlich über die gesamten Kosten des Rechtsstreits quotenmäßig zu entscheiden (vgl. Münchner Komm. zur ZPO, 3. Aufl. 2008, § 269, Rn. 73; BGH, Beschl. v. 19.10.1995 - III ZR 208/94 -, NJW-RR 1996, 256). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auch keine nach Zeitabschnitten getrennte, d.h. an die Zeiträume vor und nach der teilweisen Klagerücknahme anknüpfende quotenmäßige Kostenentscheidung getroffen werden (so aber Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 155, Rn. 66; BFH, Urt. v. 04.06.1984 - II R 184/81 -, NJW 1985, 880). Denn der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung verbietet eine Kostenunterteilung nach Zeitabschnitten (vgl. Sächs. OVG, Beschl. v. 09.04.2002 - 3 BS 143/01 -, SächsVBl 2003, 123; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorbemerkung § 154 VwGO, 22. Ergänzungslieferung 2011, Vorbemerkung § 154, Rn. 19, 27). Dabei ist die Quote nicht einfach nach dem Verhältnis des zurückgenommenen Teils zu dem Gesamtstreitwert zu bilden, weil dabei unberücksichtigt bleiben würde, dass die später im Verlaufe des Rechtsstreits anfallenden Gebühren, hier die den Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zustehenden Terminsgebühren, nach einem geringeren Streitwert zu berechnen sind. Für jede Gebühr ist eine dem Streitwert und dem Unterliegen bzw. Obsiegen angepasste Quote zu bilden und der Anteil betragsmäßig zu ermitteln. Die so ermittelten Beträge sind anschließend zu addieren und in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Gesamtkosten zu setzen.
34 
Bei der Ermittlung der Kostenquote ist nicht nur die von der Klägerin ursprünglich geltend gemachte Hauptforderung i.H. von 48.521,39 EUR, sondern auch die Nebenforderung (Verzugszinsen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) zu berücksichtigen. Zwar bleiben Nebenforderungen gem. § 43 Abs. 1 GKG bei der Streitwertfestsetzung außer Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 30.01.2007 - X ZB 7/06 -, NJW 2007, 3289; Binz/Dörendorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl. 2009, § 43, Rn. 2). Bei der Frage, in welchem Umfang ein Teilunterliegen bzw. -obsiegen vorliegt, ist die Nebenforderung jedoch zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.1988 - IX ZR 127/87 -, NJW 1988, 2173; Münchner Komm. zur ZPO, 3. Aufl. 2008, § 92, Rn. 4). Nach alledem ergibt sich hinsichtlich der gesamten Kosten des Verfahrens eine Kostentra-gungspflicht der Klägerin im Umfang von einem Viertel sowie der Beklagten im Umfang von drei Viertel.
35 
Die zugunsten der Klägerin ergangene Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO. Das Urteil war in vollem Umfang und nicht nur hinsichtlich des Ausspruchs über die Verfahrenskosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. § 167 Abs. 2 VwGO steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift können Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift ist auch ausgeschlossen, Urteile auf allgemeine Leistungsklagen über den Kostenausspruch hinaus für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Dies gilt allerdings nicht für Verurteilungen zu einer Geldzahlung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, Rn. 11; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.11.2011 - 6 S 2904/11 -, NVwZ-RR 2012, 165; VG Braunschweig, Urt. v. 20.09.2007 - 6 A 89/07 -, juris). Für eine nähere Bestimmung, in welcher Weise die Klägerin Sicherheitsleistung zu erbringen hat, sah die Kammer keinen Bedarf (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils, soweit es die Kostenentscheidung zu Gunsten der Beklagten angeht, beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO).
36 
Soweit das Verfahren nach der teilweisen Klagerücknahme eingestellt wurde und infolge der Klagerücknahme über die Kosten des Verfahrens entschieden wurde, ist das Urteil unanfechtbar (§§ 92 Abs. 3 Satz 2, 155 Abs. 2 VwGO).

Gründe

 
15 
Soweit die Klägerin ihre Klage zurückgenommen hat und nur noch die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 39.740,43 EUR sowie außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H. von 1.192,60 EUR begehrt - statt der ursprünglich geltend gemachten 48.521,39 EUR sowie außergerichtlicher Kosten i.H. von 1.379,80 EUR -, war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
16 
Die Klage ist, soweit sie aufrechterhalten wurde, zulässig, und zum Teil auch begründet. Die Klägerin kann die Verurteilung der Beklagten zum Kostenersatz nicht in voller Höhe, sondern nur i.H. von 36.969,54 EUR beanspruchen. Der geltend gemachte Zinsanspruch steht ihr nur i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu. Die außergerichtlichen Kosten, die durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vor Klageerhebung entstanden sind, müssen ebenfalls nicht von der Beklagten übernommen werden.
17 
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Kostenersatzanspruch ist § 27 Abs. 3 FwG in der zum Zeitpunkt des Einsatzes am 09.05.2009 geltenden Fassung des Feuerwehrgesetzes vom 10.02.1987 (GBl. S. 105), zuletzt geändert durch Art. 29 des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 01.07.2004 (GBl. S. 469; im Folgenden: FwG a.F.). Nach dieser Vorschrift hat die Kosten der Überlandhilfe der Träger der Gemeindefeuerwehr zu tragen, dem Hilfe geleistet worden ist. § 36 Abs. 4 FwG a.F. gilt entsprechend. Diese Regelung findet auch beim Einsatz einer Werkfeuerwehr außerhalb des Betriebs oder Verwaltungsbereichs Anwendung. Denn in einem solchen Fall wird von der Gemeinde eine Entschädigung wie bei der Gemeindefeuerwehr gewährt (§ 19 Abs. 8 Satz 2 FwG a.F.). Die Gemeinde muss mithin die Kosten in dem Umfang ersetzen, wie wenn eine andere Gemeindefeuerwehr Überlandhilfe geleistet hätte (Surwald, FwG für Bad.-Württ., 7. Aufl. 1997, § 19, Rn. 26). Die Teilnahme der Werkfeuerwehr an einer Überlandhilfe nach § 27 FwG a.F. bleibt der Entscheidung des Betriebsleiters überlassen. Eine Verpflichtung zur Teilnahme an der Überlandhilfe besteht nicht. Leistet die Werkfeuerwehr aber freiwillig Überlandhilfe, sind dem Betrieb die dadurch entstandenen Kosten ebenso zu erstatten wie bei einer Heranziehung der Werkfeuerwehr durch den Bürgermeister des Betriebssitzes nach § 29 Abs. 2 Satz 1 FwG a.F., und zwar von der Gemeinde des Einsatzortes, und in dem gleichen Umfang, wie wenn eine Gemeindefeuerwehr Hilfe geleistet hätte (vgl. Surwald, a.a.O., § 29, Rn. 5). Auch wenn die Teilnahme der Werkfeuerwehr an der Überlandhilfe freiwillig ist, so ist Voraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch nach § 27 Abs. 3 FwG a.F., dass es sich um „Überlandhilfe“ im Sinne der Vorschrift handelt. Dies setzt wiederum ein Ersuchen bzw. eine Anforderung i.S. von § 27 Abs. 1 FwG a.F. durch die zuständige Behörde voraus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.01.2010 - 1 S 2740/08 -, VBlBW 2010, 237).
18 
Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 FwG a.F. ist die Hilfe durch den Bürgermeister der hilfebedürftigen Gemeinde, bei kreisangehörigen Gemeinden unter gleichzeitiger Verständigung des Kreisbrandmeisters, anzufordern. Die Anforderung kann nach § 27 Abs. 2 Satz 2 FwG a.F. auch der zuständige Kreisbrandmeister, der Bezirksbrandmeister oder der Landesbranddirektor, bei einem Waldbrand auch das Forstamt, bei Gefahr im Verzug auch der Polizeivollzugsdienst und die Leitstelle für die Feuerwehr veranlassen. Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 07.05.1999 - 18 K 970/97 -, BWGZ 2000, 405; Surwald, a.a.O., § 27, Rn. 7 f.; Hildinger/Rosenauer, FwG Bad.-Württ., 3. Aufl. 2011, § 26, Rn. 17) ist die Überlandhilfe grundsätzlich vom Bürgermeister anzufordern, dem gem. § 28 Abs. 4 FwG a.F. die organisatorische Oberleitung zusteht. Diese umfasst auch das Recht zur Anforderung von Überlandhilfe (vgl. Surwald, a.a.O., § 28, Rn. 17; Hildinger/Rosenauer, a.a.O., § 19, Rn. 28). Nach § 27 Abs. 2 Satz 2 FwG a.F. können zwar auch die örtlich zuständigen feuerwehrtechnischen Beamten (Kreisbrandmeister, Bezirksbrandmeister und Landesbranddirektor) Überlandhilfe anfordern. Auch wenn es dem Wortlaut nicht zwingend zu entnehmen ist, so ist aber das Anforderungsrecht nach Satz 2 gegenüber dem nach Satz 1 subsidiär. Dies folgt aus der Übertragung der organisatorischen Oberleitung auf den Bürgermeister und der Tatsache, dass die Feuerwehr Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist und die Gemeinde bzw. der Bürgermeister grundsätzlich nur einer Rechts- und nicht der Fachaufsicht unterliegt (vgl. Surwald, a.a.O., § 22, Rn. 2 ff.; VG Karlsruhe, Urt. v. 26.06.2006 - 6 K 2361/05 -, juris). Grundsätzlich darf daher nur von Satz 2 Gebrauch gemacht werden, wenn der Bürgermeister oder sein Beauftragter nicht erreichbar ist. Dem Kreisbrandmeister steht das Anforderungsrecht allerdings auch bei Gefahr im Verzug zu. Wenn der nachgeordnete Polizeivollzugsdienst (vgl. Surwald, a.a.O., § 27, Rn. 10; Hildinger/Rosenauer zum Anforderungsrecht der integrierten Leitstelle nach § 26 Abs. 1 FwG n.F., a.a.O., § 26, Rn. 16) in einem solchen Fall zur Anforderung der Überlandhilfe befugt ist, so ist dies beim Kreisbrandmeister erst recht der Fall. Gefahr im Verzug besteht, wenn ein sofortiges Tätigwerden ohne weitere Verzögerung erforderlich erscheint, da ansonsten die Gefahr eines Schadenseintritts oder die Verschlimmerung eines bereits eingetretenen Schadens zu befürchten ist (vgl. Hildinger/Rosenauer, a.a.O., § 26, Rn. 17). Diese Voraussetzungen lagen hier vor.
19 
Der Kreisbrandmeister gab in der mündlichen Verhandlung an, er habe nach seinem Eintreffen am Brandort festgestellt, dass die Lagerhalle von I sich im Vollbrand befunden habe. Die Stahl- und Blechkonstruktion sei bereits stark verformt gewesen. Das größte Problem habe die enorme Rauchwolke dargestellt, die eine Gefahr für die nahe des Betriebsgeländes wohnende Bevölkerung gewesen sei. Auch sei es darum gegangen, den sich in unmittelbarer Nähe befindenden Rhein zu schützen. Er habe deshalb möglichst schnell handeln müssen, um eine Wassergefährdung zu verhindern. Nach etwa 30 Minuten habe er deshalb die Werkfeuerwehr der Klägerin angefordert, weil sie die notwendige Logistik und Technik zur Verfügung gehabt habe. Für das in der Halle brennende Recycling-Material hätte es „Unmengen“ Wasser benötigt, die dann in den Rhein hätten abfließen können. Aus diesem Grunde habe er die Werkfeuerwehr der Klägerin telefonisch über die Leitstelle angefordert, um möglichst schnell und möglichst viel Schaum zur effektiven Bekämpfung des Brandes zur Verfügung zu haben. Die Werkfeuerwehr der Klägerin habe die technischen Möglichkeiten gehabt, von oben Schaum in die Halle einbringen zu können. Sie habe über entsprechende Skylifter verfügt. Auch sei sie in der Lage, bis zu 4000 l pro Minute einzubringen, wohingegen „unsere Möglichkeiten“ jedenfalls bei 1000 l pro Minute aufhörten.
20 
Angesichts dieser Ausführungen besteht kein Zweifel, dass zur effektiven Brandbekämpfung die sofortige Anforderung der Werkfeuerwehr der Klägerin erforderlich gewesen ist. Dass die Bekämpfung des Brandes durch Schaum erfolgen musste, stellt weder die Beklagte noch der Einsatzleiter ihrer Freiwilligen Feuerwehr, der Zeuge S..., in Frage. Dieser stellte in der mündlichen Verhandlung fest, die Entscheidung des Kreisbrandmeisters, nicht mehr mit Wasser, sondern mit Schaum zu löschen, sei für ihn nachvollziehbar gewesen. Keine Bedenken bestehen auch hinsichtlich der Aussage des Kreisbrandmeisters, wonach es zur effektiven Brandbekämpfung großer Mengen Schaum bedurft hätte, die in der Kürze der Zeit nur durch die Werkfeuerwehr der Klägerin hätten zur Verfügung gestellt werden können, da das der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten zur Verfügung stehende Schaummittel bei Weitem nicht ausreichend gewesen sei. Die Anforderung anderer gemeindlicher Feuerwehren des Landkreises sei wegen des Zeitdrucks nicht in Betracht gekommen. Im Übrigen verfügten die 34 Gemeinden des Landkreises insgesamt zusammen nur über 10 t Schaummittel, die Werkfeuerwehren hingegen über 20 t Schaummittel.
21 
Die Anforderung der Überlandhilfe durch die Werkfeuerwehr der Klägerin erfolgte auch zu Recht ohne den Versuch der Kontaktaufnahme mit dem Oberbürgermeister der Beklagten, der - wie schon ausgeführt - vorrangig für die Anforderung der Überlandhilfe zuständig war. Kein Zweifel besteht, dass ein sofortiges Handeln zur effektiven Brandbekämpfung bzw. zum Schutz der Bevölkerung sowie des anliegenden Rheins erforderlich war. Hinzu kommt, dass nach den Angaben des Kreisbrandmeisters ab dem Zeitpunkt seines Eintreffens bereits ca. eine halbe Stunde vergangen war, bevor er über die integrierte Leitstelle die Werkfeuerwehr der Klägerin angefordert hatte. Aus dem Einsatzbericht der integrierten Leitstelle folgt, dass die Meldung über den Brand um 16.33 Uhr einging und die Werkfeuerwehr um 17.25 Uhr verständigt wurde. Insgesamt verging mithin beinah eine Stunde bis zur Anforderung der Werkfeuerwehr der Klägerin, ohne dass sich der Oberbürgermeister der Beklagten als Inhaber der organisatorischen Oberleitung, eine von ihm beauftragte Person oder ein sonstiger Vertreter des Oberbürgermeisters am Brandort zu erkennen gegeben hätten. Unter diesen Umständen war der Kreisbrandmeister im Interesse einer effektiven Brandbekämpfung nicht mehr verpflichtet, zunächst Ermittlungen dahingehend anzustellen, wer die organisatorische Oberleitung für die Beklagte ausüben sollte, sowie nach Klärung der Zuständigkeit zunächst Rücksprache zu halten.
22 
Nach alledem kann offen bleiben, ob die Aufsichtsbehörde, d.h. das Landratsamt Lörrach mit dem dort angesiedelten Kreisbrandmeister (vgl. § 22 Abs. 1 FwG a.F.) die organisatorische Oberleitung gem. §§ 22 Abs. 5, 28 Abs. 4 FwG a.F. übernommen hat.
23 
Auch muss nicht der Frage nachgegangen werden, ob es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, wenn sich die Beklagte auf die fehlende Anforderung der Überlandhilfe seitens der Beklagten beruft obwohl die gegebenenfalls für die organisatorische Oberleitung weiterhin zuständige Stelle der Beklagten die Möglichkeit gehabt hätte, die Teilnahme der Werkfeuerwehr der Klägerin an der Überlandhilfe zu beenden und damit die Entstehung der nun von der Klägerin geltend gemachten Kosten zu verhindern.
24 
An dem der Klägerin zustehenden Kostenerstattungsanspruch änderte sich auch nichts, falls die I über eine Werkfeuerwehr i.S. des § 19 Abs. 2 FwG a.F. verfügt haben sollte. Die Beklagte bliebe auch in diesem Fall kostenerstattungspflichtig, da es sich bei der Bekämpfung eines Brandes in einem Betrieb mit eigener Werkfeuerwehr um eine eigene Aufgabe der Gemeindefeuerwehr handelt. Denn nach § 19 Abs. 1 Satz 2 FwG a.F. bleibt die Verpflichtung der Gemeindefeuerwehr zur Hilfeleistung durch die Einrichtung einer Betriebsfeuerwehr unberührt (vgl. Hildinger/Rosen-auer, a.a.O., §§ 19, Rn. 5, 26, Rn. 3).
25 
Der Umfang der zu erstattenden Kosten richtet sich nach § 36 Abs. 4 FwG a.F. (§ 27 Abs. 3 Satz 2 FwG a.F.). Denn § 19 Abs. 8 Satz 2 FwG a.F. bestimmt, dass von der Gemeinde bei einem Einsatz der Werkfeuerwehr außerhalb des Betriebs oder Verwaltungsbereiches eine Entschädigung wie bei der Gemeindefeuerwehr zu gewähren ist. Damit muss die Gemeindefeuerwehr die Kosten in dem Umfang ersetzen, wie wenn eine andere Gemeindefeuerwehr Überlandhilfe geleistet hätte. Unter Kosten i.S. von § 36 Abs. 4 FwG a.F. fallen außer den „unmittelbar entstandenen“ Einsatzkosten der Feuerwehr auch die so genannten kalkulatorischen Kosten (Abschreibung und Verzinsung des Kapitals für die Anschaffung der eingesetzten Feuerwehrfahrzeuge und -geräte). Zu den unmittelbar entstandenen Kosten zählen persönliche und sächliche Aufwendungen (vgl. Surwald, a.a.O., § 36, Rn. 6, 25). Anders als etwa § 8 PolG enthält § 36 Abs. 4 FwG a.F. einen betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff, so dass auch die ohnehin entstehenden allgemeinen Personal- und Sachkosten der Verwaltung (anteilig) zu erstatten sind (vgl. Wolf/Stephan/Deger, PolG für Bad.-Württ., 6. Aufl. 2009, § 8, Rn. 29). Zu den „durch den Einsatz der Feuerwehr entstandenen Kosten“ gehört auch der mit dem konkreten Einsatz verbundene „Werteverbrauch“; denn die eingesetzten Güter - sei es die Arbeitskraft des eingesetzten Personals, sei es das jeweils eingesetzte Sachgut - stehen in der fraglichen Einsatzzeit für eine sonstige Aufgabenerfüllung nicht zur Verfügung. Die einsatzbedingte „Blockierung“ der anderweitigen Nutzung lässt erstattungsfähige Kosten entstehen. Zu diesen Kosten zählen daher sowohl die auf die Einsatzzeit entfallenden anteiligen Personalkosten als auch die anteilig auf die Einsatzzeit entfallenden Vorhaltekosten bei eingesetzten Sachgütern. Ausgeschlossen ist nur eine über den Anteil der Einsatzzeit hinausgehende Abwälzung von Vorhaltekosten (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 22.08.2007 - 5 UE 1734/06 -, DÖV 2007, 1061; zu Sachkosten vgl. Urt. der Kammer v. 20.10.2009 - 3 K 2369/08 -, BWGZ 2010, 726 sowie VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.11.2010 - 1 S 2402/09 -, BWGZ 2010, 985).
26 
Gemessen hieran hat die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der mit der Klage (nur noch) geltend gemachten Kosten mit Ausnahme des in Rechnung gestellten Verwaltungsaufschlages i.H. von 2.328,48 EUR zuzüglich Umsatzsteuer.
27 
Nachdem die Klägerin die Klage hinsichtlich der ursprünglich geltend gemachten Personalkosten i.H. von 10.880,-- EUR (Einsatzstunden) sowie 850,-- EUR (Rüstzeiten), zusammen 11.730,-- EUR, teilweise zurückgenommen hat und nur noch Personalkosten i.H. von 4.546,12 EUR geltend macht, ist die ursprüngliche Kostenaufstellung anzupassen. Auszugehen ist zunächst von den Kosten in der Rechnung vom 12.03.2010 ohne die dort enthaltenen Personalkosten i.H. von 11.730,-- EUR. Dies ergibt einen Nettobetrag von 29.044,28 EUR (= 40.774,28 EUR abzügl. 11.730,-- EUR). Zuzüglich der nunmehr geltend gemachten Personalkosten von 4.546,12 EUR ergibt sich ein Betrag i.H. von 33.590,40 EUR, zuzüglich Umsatzsteuer (19 %) i.H. von 6.382,18 EUR also ein Gesamtbetrag von 39.972,58 EUR. Zwar stimmt dieser Betrag mit dem Betrag im (aktuellen) Klageantrag nicht überein. Dies ist aber unerheblich, da er diesen sogar noch (geringfügig) überschreitet.
28 
Die Kosten für das Schaummittelkonzentrat i.H. von 23.284,80 EUR zuzüglich Umsatzsteuer sind erstattungsfähig.
29 
Im Schreiben des Kreisbrandmeisters vom 01.10.2009 (VAS. 22) heißt es, der Einsatz von Sonderlöschmittel (Schaum) sei aufgrund der gelagerten Recyclingmenge und der großen Brandentwicklung unumgänglich gewesen. In der mündlichen Verhandlung hat er diese Einschätzung noch einmal wiederholt und mit den Gefahren für die Bevölkerung aufgrund der starken Rauchentwicklung sowie für den anliegenden Rhein aufgrund abfließenden Löschwassers begründet. Wie schon ausgeführt, bedurfte es des Einsatzes der Werkfeuerwehr der Klägerin, weil diese über die erforderliche technische bzw. logistische Ausstattung zur schnellen Bekämpfung des Brandes mit großen Mengen Schaums in der Lage war und im Interesse einer effektiven und schnellen Brandbekämpfung nicht auf andere Feuerwehren zurückgegriffen werden konnte. Dass die Werkfeuerwehr der Klägerin ein alkohol- und lösungsmittelbeständiges Schaummittel verwendete, welches im Verhältnis zu dem von der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten eingesetzten Mehrbereichsschaummittel deutlich teurer war, steht dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Denn die Werkfeuerwehr der Klägerin verfügt, wie ihr Kommandant in der mündlichen Verhandlung angab, nur über das teurere Schaummittel. Dessen Einsatz war mithin unvermeidbar. Die Beweisaufnahme ergab auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass - wie die Beklagte schriftsätzlich eingewandt hatte - der Einsatz mit dem Schaummittel überdimensioniert gewesen wäre.
30 
Was die nun nur noch abgerechneten Personaleinsatzkosten i.H. von 4.546,12 EUR bzw. die zugrundeliegenden Stundensätze angeht, sind Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der Berechnung weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen worden. Hinsichtlich der im Übrigen geltend gemachten sächlichen Kosten macht die Beklagte ebenfalls keine Einwendungen geltend.
31 
Der Verwaltungsaufschlag i.H. von 2.328,48 EUR zuzüglich Umsatzsteuer ist aber nicht erstattungsfähig. Nach der Kostensatzaufstellung der Klägerin (GAS 141) werden Verbrauchsmittel wie z.B. Sonderlöschmittel, Ölbindemittel, Schutzkleidung, Auffangbehälter etc. zum Gestehungspreis zuzüglich 10 % Verwaltungsaufschlag berechnet. Daraus ergibt sich der in Ansatz gebrachte Verwaltungsaufschlag (10 % der für das Schaummittelkonzentrat berechneten Kosten). Diese Kosten müssen nicht nach § 27 Abs. 3 FwG a.F. i.V.m. § 36 Abs. 4 FwG a.F. von der Beklagten übernommen werden. Denn grundsätzlich sind nur die durch den einzelnen Einsatz unmittelbar entstandenen persönlichen und sächlichen Kosten abwälzbar. Eine pauschalierende Regelung - wie sie der Berechnung des Verwaltungsaufschlages zugrundeliegt - ist damit jedenfalls im vorliegenden Fall nicht vereinbar. Die Klägerin hat schon nicht dargelegt, welche Kosten durch den Verwaltungsaufschlag abgedeckt werden sollen. Auch führt die pauschale Berechnung des Verwaltungsaufschlages in Anknüpfung an das verwendete relativ teure Schaummittel zu einem willkürlichen Ergebnis. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der - etwa bei der Bestellung des Schaummittels entstehende - Verwaltungsaufwand besonders groß gewesen wäre. Auch wäre der Verwaltungsaufschlag, wenn die Werkfeuerwehr der Klägerin das deutlich günstigere Mehrbereichsschaummittel wie die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten verwenden würde, erheblich niedriger, ohne dass sachliche Gründe dafür ersichtlich wären. Dies verdeutlicht, dass die hier vorgenommene pauschale Berechnung sich soweit von der Berechnung der tatsächlichen Kosten entfernt, dass sie dem geltend gemachten Kostenersatzanspruch nicht zugrundegelegt werden kann.
32 
Der geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen sowie Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten besteht ebenfalls nicht. Denn die §§ 286, 288 Abs. 2 BGB finden keine entsprechende Anwendung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.01.2010, a.a.O.). Nach § 288 Abs. 2 BGB beträgt bei Rechtsgeschäften, an denen Verbraucher nicht beteiligt sind, der Zinssatz für Entgeltforderungen 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Bei dem hier geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Kostenersatzanspruch handelt es sich jedoch nicht um eine Entgeltforderung. Denn die Beteiligten stehen nicht in einem vertraglichen Austauschverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2004 - 3 C 23.03 -, NVwZ 2004, 991). Die Klägerin kann lediglich Prozesszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit, also ab 28.07.2010 beanspruchen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO. Nach der von der Klägerin erklärten teilweisen Klagerücknahme war mit dem vorliegenden Urteil einheitlich über die gesamten Kosten des Rechtsstreits quotenmäßig zu entscheiden (vgl. Münchner Komm. zur ZPO, 3. Aufl. 2008, § 269, Rn. 73; BGH, Beschl. v. 19.10.1995 - III ZR 208/94 -, NJW-RR 1996, 256). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auch keine nach Zeitabschnitten getrennte, d.h. an die Zeiträume vor und nach der teilweisen Klagerücknahme anknüpfende quotenmäßige Kostenentscheidung getroffen werden (so aber Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 155, Rn. 66; BFH, Urt. v. 04.06.1984 - II R 184/81 -, NJW 1985, 880). Denn der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung verbietet eine Kostenunterteilung nach Zeitabschnitten (vgl. Sächs. OVG, Beschl. v. 09.04.2002 - 3 BS 143/01 -, SächsVBl 2003, 123; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorbemerkung § 154 VwGO, 22. Ergänzungslieferung 2011, Vorbemerkung § 154, Rn. 19, 27). Dabei ist die Quote nicht einfach nach dem Verhältnis des zurückgenommenen Teils zu dem Gesamtstreitwert zu bilden, weil dabei unberücksichtigt bleiben würde, dass die später im Verlaufe des Rechtsstreits anfallenden Gebühren, hier die den Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zustehenden Terminsgebühren, nach einem geringeren Streitwert zu berechnen sind. Für jede Gebühr ist eine dem Streitwert und dem Unterliegen bzw. Obsiegen angepasste Quote zu bilden und der Anteil betragsmäßig zu ermitteln. Die so ermittelten Beträge sind anschließend zu addieren und in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Gesamtkosten zu setzen.
34 
Bei der Ermittlung der Kostenquote ist nicht nur die von der Klägerin ursprünglich geltend gemachte Hauptforderung i.H. von 48.521,39 EUR, sondern auch die Nebenforderung (Verzugszinsen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) zu berücksichtigen. Zwar bleiben Nebenforderungen gem. § 43 Abs. 1 GKG bei der Streitwertfestsetzung außer Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 30.01.2007 - X ZB 7/06 -, NJW 2007, 3289; Binz/Dörendorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl. 2009, § 43, Rn. 2). Bei der Frage, in welchem Umfang ein Teilunterliegen bzw. -obsiegen vorliegt, ist die Nebenforderung jedoch zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.1988 - IX ZR 127/87 -, NJW 1988, 2173; Münchner Komm. zur ZPO, 3. Aufl. 2008, § 92, Rn. 4). Nach alledem ergibt sich hinsichtlich der gesamten Kosten des Verfahrens eine Kostentra-gungspflicht der Klägerin im Umfang von einem Viertel sowie der Beklagten im Umfang von drei Viertel.
35 
Die zugunsten der Klägerin ergangene Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO. Das Urteil war in vollem Umfang und nicht nur hinsichtlich des Ausspruchs über die Verfahrenskosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. § 167 Abs. 2 VwGO steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift können Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift ist auch ausgeschlossen, Urteile auf allgemeine Leistungsklagen über den Kostenausspruch hinaus für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Dies gilt allerdings nicht für Verurteilungen zu einer Geldzahlung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, Rn. 11; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.11.2011 - 6 S 2904/11 -, NVwZ-RR 2012, 165; VG Braunschweig, Urt. v. 20.09.2007 - 6 A 89/07 -, juris). Für eine nähere Bestimmung, in welcher Weise die Klägerin Sicherheitsleistung zu erbringen hat, sah die Kammer keinen Bedarf (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils, soweit es die Kostenentscheidung zu Gunsten der Beklagten angeht, beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO).
36 
Soweit das Verfahren nach der teilweisen Klagerücknahme eingestellt wurde und infolge der Klagerücknahme über die Kosten des Verfahrens entschieden wurde, ist das Urteil unanfechtbar (§§ 92 Abs. 3 Satz 2, 155 Abs. 2 VwGO).

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.