Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 30. Okt. 2012 - 4 K 553/12.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2012:1030.4K553.12.NW.0A
bei uns veröffentlicht am30.10.2012

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen tragen die Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine von dem Beklagten dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

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Die Kläger sind Bewohner des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks FlurNr. ... in der Gemarkung A-Dorf, A-Straße ... Sie waren bis zum Jahre 2007 Eigentümer dieses Grundstücks. Mit notariellem Kaufvertrag vom 4. April 2007 verkauften sie das genannte Grundstück an ihre Tochter. Diese räumte ihnen ein Wohnungsrecht auf Lebenszeit ein; ins Grundbuch wurde eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen. Das Grundstück steigt von der Straße aus nach Norden hin an und ist maximal 163 m tief. Das Wohngebäude befindet sich im mittleren Grundstücksbereich, im Norden schließt sich der Gartenbereich an. Westlich des Grundstücks FlurNr. ... liegen die Grundstücke FlurNrn. ... und ..., B-Straße …, die im Eigentum des Beigeladenen stehen und auf denen dieser ein Bibelheim mit Freizeiteinrichtungen betreibt. Die Grundstücke reichen in eine Tiefe bis zu 138 m; das Bibelheim ist rund 52 m tief. Die genannten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des im August 2001 in Kraft getretenen Bebauungsplans „A“, der die betreffenden Grundstücke als Teil eines allgemeinen Wohngebiets ausweist.

3

Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Skizze dienen:

Abbildung
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Der Beklagte hatte dem Beigeladenen nach dem Erwerb des Areals am 5. Februar 1998 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des ehemaligen Alten- und Pflegeheims in ein Bibelheim sowie zur Errichtung eines Volleyball-Spielfeldes, eines Kinderspielplatzes sowie von 15 Kfz-Stellplätzen erteilt, die auf die Klage des Klägers zu 2) mit Urteil vom 7. Februar 2000 – 4 K 1478/99.NW – aufgehoben wurde.

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Daraufhin stellte der Beigeladene einen neuen Bauantrag für die Nutzungsänderung des ehemaligen Alten- und Pflegeheims in ein Bibelheim sowie der Anlegung von 15 Stellplätzen, den der Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2000 genehmigte. Die vom Kläger zu 2) dagegen erhobene Klage nahm er am 8. Mai 2002 zurück (Verfahren 4 K 2609/01.NW). Weitere Klagen des Klägers zu 1) auf Verpflichtung des Beklagten zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegen den Beigeladenen endeten mit einem Prozessvergleich (Verfahren 4 K 2610/01.NW und 4 K 2130/03.NW).

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Im Februar 2004 reichte der Beigeladene neue Baupläne zur Genehmigung einer „erweiterten Nutzung des Bibelheims zum Dauerbetrieb sowie der Änderung des vorhandenen Volleyball-Spielfeldes in eine Spielwiese“ ein. Die Betriebsbeschreibung enthielt u.a. folgende Angaben:

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„Das ... genehmigte Bibelheim soll einer intensiveren Nutzung zugeführt werden. … Das Gebäude wird seither als Bibelheim genutzt. Dieses beinhaltet im Einzelnen gottesdienstliche Veranstaltungen und Versammlungen, Bibelwochen, Bibelkurse, Seminare für Sonntagschullehrer, Seminare und Schulungen über ethische Fragen, Lebenshilfen und andere soziale und theologische Themen für Jugendliche, Erwachsene und ihre Kinder. Die Zwischenzeiten werden außer den Mahlzeiten ausgefüllt mit spielen, wandern und Gesprächen. …. Das Haus verfügt über einen Speisesaal für ca. 70 Personen und eine entsprechende Küche. Es hat eine Übernachtungskapazität von ca. 68 Betten. … In den beiden letzten Jahren war das Haus an ca. 115 - 120 Tagen im Jahr belegt. Die durchschnittliche Belegzahl betrug 45 Personen. Wir beantragen eine über das ganze Jahr durchgehende Belegung.

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In den Übergangs- und Sommermonaten finden an ca. 5 bis 6 Wochen Veranstaltungen mit Senioren (Seniorenwochen) statt, von denen auch keine wesentlichen Geräuschemissionen ausgehen. In den Wintermonaten entsteht aus dem Betrieb des Hauses so gut wie keine Geräuschemission, da draußen kaum gespielt wird. Bleiben noch die Wochen und Wochenenden in der wärmeren Jahreszeit, bei denen durch die Belegung mit Familien und Jugendgruppen mehr Geräuschemissionen ausgehen. Das betrifft hauptsächlich die Ferienzeit. ….“

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Der Beigeladene fügte seinem Bauantrag ein schalltechnisches Gutachten des Ingenieurbüros für Bauphysik, Dipl. Ing. Dr. A….., Mannheim, vom 26. März 2004 bei. Die Gutachter gingen dabei von folgenden Vorgaben des Beigeladenen aus:

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„Zur Verfügung stehen maximal 68 Gästebetten. Die Räumlichkeiten werden im Jahresmittel von Gruppen mit einer Teilnehmerzahl von 40 bis 50 Personen genutzt. Die Gruppen reisen in der Regel mit dem eigenen PKW an. Altersfreizeit mit etwa gleicher Personenzahl. Nutzung von Kindergruppen mit etwa 20 Kindern, wobei zwei Gruppen mit bis zu 40 Kindern möglich sein können. Die Errichtung des Volleyballfeldes entfällt. Die Aufenthaltsdauer ist sehr unterschiedlich, sie kann 8 bis 10 Tage dauern. In den Aufenthaltsräumen werden Bibelseminare abgehalten. Die Versammlungen im Saal finden im Tagzeitraum morgens ab etwa 7.30 Uhr mit einer Andacht und abends in der Zeit von 19.00 bis 21.00 Uhr statt. Eingerichtet sind auf dem Anwesen insgesamt 15 PKW-Stellplätze; zwei Stellplätze werden auf der Straßenseite genutzt.“

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In Bezug auf die zu erwartenden Immissionen führten die Gutachter aus:

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„Spielen von maximal 40 Kindern auf der Spielwiese sowie dem Kinderspielplatz auf der Freifläche im Norden des Bibelheims, wobei eine konstante Nutzung von 9 Stunden am Tage außerhalb der Ruhezeiten angenommen wurden:

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• 35 Kinder rufen in dieser Zeit konstant laut
• 5 Kinder schreien in dieser Zeit

14

Zusätzliche Unterhaltung von 20 Erwachsenen im Außenbereich mit gehobener Sprechweise.

15

Anfahrten und Parken von 15 PKW außerhalb der abendlichen Ruhezeit, Abfahrt in der Ruhezeit zwischen 21.00 und 22.00 Uhr sowie in der Nachtzeit nach 22.00 Uhr, d. h. in der nach TA-Lärm zu berücksichtigenden ungünstigsten Stunde.

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Die Geräusche aller Varianten unterschreiten die für das angrenzende Allgemeine Wohngebiet festgesetzten Immissionsrichtwerte der TA-Lärm. … Bezogen auf die Spitzenpegel überschreiten die von den PKW-Stellplätzen ausgehenden Geräusche die Anforderung der TA-Lärm. Damit diese Geräusche wie z. B. das Geräusch, das beim Schließen eines Kofferraumdeckels entsteht, die Anforderung der TA-Lärm erfüllt, müssen die Stellplätze 9, 10 und 11 sowie 12 und 13 durch eine 1,5 m hohe Lärmschutzwand nach Norden hin abgeschirmt werden. Diese Vorgabe gilt jedoch nur dann, wenn PKW in der Nachtzeit zwischen 22.00 und 06.00 Uhr auf dem Hofparkplatz bewegt werden.“

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Mit Bescheid vom 8. April 2004 genehmigte daraufhin der Beklagte dem Beigeladenen die „erweiterte Nutzung des Bibelheims zum Dauerbetrieb sowie der Änderung des vorhandenen Volleyball-Spielfeldes in eine Spielwiese“. In der Baugenehmigung verlangte der Beklagte von dem Beigeladenen u.a. die Schaffung von 17 Stellplätzen sowie die umgehende Umsetzung der in dem schalltechnischen Gutachten von Dipl. Ing. Dr. A… geforderten Maßnahmen.

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Die Kläger legten dagegen am 26. April 2004 Widerspruch ein und suchten zugleich um vorläufigen Rechtsschutz vor dem erkennenden Gericht nach. Dieses ordnete mit Beschluss vom 25. Mai 2004 - 4 L 1155/04.NW - die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Kläger mit der Begründung an, die Baugenehmigung stelle nicht hinreichend sicher, dass die mit der ganzjährigen Benutzung der baulichen Anlagen des Beigeladenen einhergehenden Immissionen so niedrig gehalten würden, wie es das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme zu Gunsten der Kläger verlange. Für die Frage, ob die Nachbarn ein Vorhaben hinnehmen müssten, sei grundsätzlich von dem der Genehmigung zugrundeliegenden Nutzungsumfang auszugehen. Eine Baugenehmigung sei dann nachbarrechtswidrig, wenn sie und die genehmigten Bauvorlagen hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Baumaßnahmen unbestimmt seien und infolgedessen bei der Ausführung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen sei. Dies sei hier zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Fall. Die Baugenehmigung vom 8. April 2004 enthalte keinerlei Nebenbestimmungen, in denen festgelegt werde, wann z.B. die Außenanlagen in welchem Umfang genutzt werden dürften. Der bloße Hinweis in Ziffer 10 der Baugenehmigung, das Gutachten des Ingenieurbüros für Bauphysik Dipl. Ing. A…. vom 26. März 2004 sei zu beachten und die darin geforderten Maßnahmen seien umgehend umzusetzen, sei nicht ausreichend, um Nachbarrechtsverstöße auszuschließen. Es sei nicht eindeutig geregelt, in welchem zeitlichen Umfang die Stellplätze im Hof tatsächlich genutzt werden dürften. Es sei auch unrealistisch, in einem Anwesen, in dem bis zu 68 Übernachtungsgäste untergebracht werden könnten, davon auszugehen, dass die Stellplätze ohne besondere Vorkehrungen im Nachtzeitraum nicht genutzt würden. Keine eindeutigen Regelungen treffe die Baugenehmigung ferner in Bezug auf die zeitliche Nutzung der Freizeitanlagen.

19

Daraufhin ergänzte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2004 die Baugenehmigung vom 8. April 2004 um die folgende Nebenbestimmung:

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„a. Das Tor zum Anwesen hin ist ab 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr abgeschlossen zu halten. Kraftfahrzeuge dürfen in dieser Zeit nur noch in Notfällen das Anwesen befahren oder verlassen.

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b. Entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück mit der Flurstücksnummer … sind die Kraftfahrzeugstellplätze mit den Nummern 9 bis 11 mit einer zwei Meter hohen absorbierenden Lärmschutzwand zu versehen.

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c. Der in den eingezeichneten und genehmigten Plänen ausgewiesene Bereich für den Kinderspielplatz darf nur in der Zeit von 09.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr benutzt werden. Während dieser Zeit hat eine Aufsichtsperson die Nutzung des Spielplatzes zu überwachen. Diese Nutzungsregelungen sind in die Hausordnung aufzunehmen.“

23

Im Anschluss daran beantragte der Beigeladene die Abänderung des Beschlusses vom 25. Mai 2004 - 4 L 1155/04.NW -, dem die erkennende Kammer mit Beschluss vom 24. August 2004 - 4 L 2029/04.NW - mit der Begründung stattgab, nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung stelle die Baugenehmigung vom 8. April 2004 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 29. Juli 2004 nunmehr hinreichend sicher, dass die mit der ganzjährigen Benutzung der baulichen Anlagen des Beigeladenen einhergehenden Immissionen so niedrig gehalten würden, wie es das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme zu Gunsten der Kläger verlange. Der Beklagte habe mit der Nebenbestimmung klar und unmissverständlich geregelt, in welchem zeitlichen Umfang die Stellplätze im Hof des Anwesens des Beigeladenen genutzt werden dürften. Die Kläger könnten sich auch nicht mit Erfolg auf den Abwehranspruchs eines Gebietsansässigen gegen ein fremdes Vorhaben berufen.

24

Nachdem das Vorverfahren vom Beklagten jahrelang nicht betrieben worden war, verlangten die Kläger im Frühjahr 2012 eine Entscheidung über ihren Widerspruch. Mit Bescheid vom 14. Mai 2012, den Klägern zugestellt am 18. Mai 2012, wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch der Kläger zurück.

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Diese haben am 18. Juni 2012 Klage erhoben. Sie führen aus, der Beigeladene betreibe auf dem Nachbargrundstück einen Beherbergungsbetrieb, der in einem allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässig sei. Ein Beherbergungsbetrieb liege auch dann vor, wenn die Übernachtungsmöglichkeiten ausschließlich an Gäste vermietet würden, die aus dem Tätigkeitsbereich des Beigeladenen stammten. Dem stehe nicht entgegen, dass es sich, was die im Vorhaben geplanten Tagesaktivitäten angehe, möglicherweise insoweit auch um eine Anlage für kirchliche Zwecke i. S. d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO handeln könnte. Die Systematik des Gesetzes sei keineswegs so zu verstehen, dass die Erfüllung eines der Tatbestände des § 4 Abs. 2 BauNVO es automatisch ausschließe, dass das Vorhaben zugleich auch unter andere Tatbestände subsumiert werden könne. Demzufolge führe die gleichzeitige Einordnung von Zweckteilen des Vorhabens als Beherbergungsbetrieb dazu, dass die durch § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO vermittelte grundsätzliche Privilegierung von Teilen eines Vorhabens nicht automatisch alle Teile des Vorhabens miterfasse. Daraus folge, dass die in den Räumen des Beigeladenen vorgesehenen Tagesaktivitäten, wie z. B. Beten und Singen, zwar nicht dem Begriff der Beherbergung zuzuordnen seien, die Bereitstellung von Übernachtungsmöglichkeiten als solche jedoch isoliert betrachtet nicht als "Anlage für kirchliche Zwecke" eingeordnet werden dürfe. Die Bereitstellung von Zimmern für Übernachtungszwecke als solches erfülle ebenso wenig einen spezifisch kirchlichen Zweck wie das Schlafen selbst. Keine Rolle spiele es in diesem Zusammenhang, ob die Übernachtungsgäste zwischen dem Aufwachen und dem Zubettgehen kirchlichen Verrichtungen welcher Art auch immer nachgingen. Die Bereitstellung von Übernachtungsmöglichkeiten widerspreche vorliegend daher § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, so dass das Vorhaben insoweit nicht genehmigungsfähig sei. Sie, die Kläger, seien auch nicht auf einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten zu verweisen.

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Darüber hinaus widerspreche das Vorhaben in Form der Nutzungsänderung (Dauerbetrieb) dem baurechtlichen Rücksichtnahmegebot. Der durch den Dauerbetrieb entstehende Lärm sei für sie unzumutbar. Im Baugebiet dominiere Wohnbebauung, eine mit Beherbergung von 68 Personen verbundene Nutzung sei dem Gebiet hingegen fremd und schaffe Beeinträchtigungen, die dem Baugebiet nicht zuträglich seien. Die Nebenbestimmungen änderten hieran nichts. Denn diese seien nicht durchsetzbar. Es lägen ausreichend Indizien dafür vor, dass die mit der Baugenehmigung verbundenen Auflagen nicht ausreichend sicherstellen könnten, dass das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nicht verletzt werde. Der vom Grundstück des Beigeladenen auf ihr Grundstück einwirkende Lärm überschreite nach ihren Messungen mit einem geeichten Lärmmessgerät durchweg die zumutbaren (tagsüber 55 dB(A), nachts 40 dB(A)) Werte. Da sich der Beigeladene nicht an die Auflagen in der Baugenehmigung halte und der Lärm permanent die zulässigen Werte überschreite, seien sie nicht auf einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten zu verweisen.

27

Das so genannte Bibelheim des Beigeladenen umfasse auch einen Seminarraum mit 300 Plätzen. Gemessen hieran wären nicht lediglich 17 Stellplätze, sondern zwischen 30 und 60 Stellplätze erforderlich. In der zum Bauantrag gehörenden Stellplatzberechnung seien die Stellplätze bezeichnenderweise nach der Anzahl der Betten berechnet worden, wobei sich der Beigeladene selbst unter der Rubrik „Hotels, Pensionen, Kurheime und andere Beherbergungsbetriebe“ eingeordnet habe. Die Baugenehmigung könne keinen Bestand haben, da das Missverhältnis zwischen nachzuweisenden und vorhandenen Stellplätzen so krass sei, dass das Vorhaben „Dauernutzung“ nur mit laufender Beeinträchtigung des Baugebiets durch Dauerbelegung öffentlicher Stellplätze durch Besucher des Bibelheims vonstatten gehen könne. Auch der Parkplatzsuchverkehr der bis zu 300 Nutzern des Seminarraums führe zu einem erheblichen Immissionsaufkommen, was im Lärmgutachten nicht berücksichtigt worden sei.

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Die Kläger beantragen,

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die Baugenehmigung vom 8. April 2004 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 29. Juli 2004 und den Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises Bad Dürkheim vom 14. Mai 2012 aufzuheben.

30

Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,

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die Klage abzuweisen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2012.

Entscheidungsgründe

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Die Klage kann keinen Erfolg haben.

I.

34

Die Kammer lässt offen, ob die Klage überhaupt zulässig ist. Bedenken bestehen hinsichtlich der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -, da die Kläger nach Widerspruchseinlegung und vor Ergehen des Widerspruchsbescheids das Eigentum an dem Grundstück FlurNr. ... auf ihre Tochter übertragen haben. Im Widerspruchsverfahren ist § 173 VwGO i.V.m. § 265 Zivilprozessordnung - ZPO - danach hat die Veräußerung einer Streitsache auf den Prozess grundsätzlich keinen Einfluss - nicht entsprechend anwendbar (OVG Niedersachsen, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris m.w.N.). Deshalb müssen die Kläger nach der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück FlurNr. ... auf ihre Tochter nach wie vor über eine Rechtsposition verfügen, die sie zur Geltendmachung baurechtlicher Nachbarrechte befugt. Auf baurechtliche Schutznormen können sich im Nachbarstreit grundsätzlich nur Grundstückseigentümer bzw. Inhaber vergleichbarer dinglicher Rechte berufen.

35

Vorliegend sind die Kläger Inhaber einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -), die ausweislich des notariellen Kaufvertrages vom 4. April 2007 ein Nutzungsrecht sowohl an den Gebäuden wie an den Freiflächen einschließt (vgl. dazu § 8 Landesgesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs - AGBGB -, § 1093 BGB, insbesondere i.V.m. § 1036 BGB). Ob eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit einen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch gegen eine Baugenehmigung für das Nachbargrundstück begründen kann, ist höchstrichterlich bisher nicht geklärt (verneinend s. z.B. OVG Niedersachsen, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris; bejahend Bay. VGH, Urteil vom 7. Juli 1998 - 8 B 97.3444 -, juris in Bezug auf die Anfechtung einer wasserrechtlichen Planfeststellung; offen gelassen von OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. März 2002 - 7 B 332/02 -, juris). Die Kammer sieht davon ab, auf die Streitfrage näher einzugehen, da die Klage jedenfalls unbegründet ist.

II.

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Die auf der Grundlage des § 70 Abs. 1 Landesbauordnung - LBauO - ergangene Baugenehmigung vom 8. April 2004 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 29. Juli 2004 und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises Bad Dürkheim vom 14. Mai 2012 verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Bei baurechtlichen Nachbarklagen können sich Dritte gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen von der Bauaufsichtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt sind (s. z.B. BVerwG, NVwZ 1994, 686; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. Februar 2012 - 8 B 10011/12.OVG -, juris). Eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften vermag die Kammer hier jedoch nicht festzustellen. Weder verletzt die angegriffene Baugenehmigung ein öffentlich-rechtliches Nachbarrecht der Kläger auf Erhaltung der Gebietsart (1.) noch liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor (2.).

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1. Den Klägern steht ein Abwehranspruch im Sinne eines Gebietserhaltungsanspruchs gegenüber dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht zu.

39

a. Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem faktischen oder durch Bebauungsplan festsetzten Baugebiet das Recht, sich gegen Vorhaben zur Wehr zu setzen, die hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässig sind (s. ausführlich BVerwG, NJW 1994, 1546). Durch die Festsetzung über die Art der baulichen Nutzung werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Soweit die Gemeinden durch die Baunutzungsverordnung zur Festsetzung von Baugebieten ermächtigt werden, schließt die Ermächtigung deshalb ein, dass die Gebietsfestsetzung grundsätzlich nachbarschützend sein muss. Eine nicht nachbarschützende Gebietsfestsetzung würde gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 Baugesetzbuch - BauGB -verstoßen (vgl. BVerwG, a.a.O.) Der Nachbar hat auf die Bewahrung der Gebietsart demnach einen Schutzanspruch und zwar auch dann, wenn das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führt. Im Rahmen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll nämlich jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets verhindern können. Der Abwehranspruch wird daher grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst.

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b. Vorliegend scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch der Kläger aus.

41

Das mit Bescheid vom 8. April 2004 und 29. Juli 2004 genehmigte Bauvorhaben umfasst die „erweiterte Nutzung des Bibelheims zum Dauerbetrieb sowie die Änderung des vorhandenen Volleyball-Spielfeldes in eine Spielwiese“. Die Baugrundstücke liegen ebenso wie das angrenzende Grundstück der Kläger im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „A“ der Ortsgemeinde A-Dorf, von dessen Wirksamkeit die Kammer bereits in der Vergangenheit ausgegangen ist (s. näher dazu Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 K 367/07.NW -). Der Bebauungsplan setzt für die genannten Grundstücke ein allgemeines Wohngebiet fest.

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aa. Allgemeine Wohngebiete dienen gemäß § 4 Abs. 1 Baunutzungsverordnung - BauNVO - vorwiegend dem Wohnen. Zulässig sind neben Wohngebäuden u.a. nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke. Ausnahmsweise können u.a. gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO Betriebe des Beherbergungsgewerbes zugelassen werden.

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Bei dem Bibelheim des Beigeladenen handelt es sich entgegen der Ansicht der Kläger nicht um einen nur ausnahmsweise in einem allgemeinen Wohngebiet zulässigen Beherbergungsbetrieb, sondern um eine allgemein zulässige Anlage für kirchliche, kulturelle oder soziale Zwecke.

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Der bauplanungsrechtliche Begriff des Beherbergungsbetriebs ist in der BauNVO nicht näher umschrieben. Nach allgemeiner Auffassung gehören zum Beherbergungsgewerbe alle Betriebe, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen zu gewerblichen Zwecken gegen Entgelt vorübergehende Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen, ohne dass die Gäste in den Räumen unabhängig eine eigene Häuslichkeit begründen können (s. z.B. BVerwG, NVwZ 1993, 773). Mit dieser Definition werden verschiedenartige Betriebsformen des Beherbergungsgewerbes erfasst, wie z.B. Hotels, Motels, Pensionen, Gasthöfe, Gästehäuser, Fremdenheime, bestimmte Formen der Jugendherbergen und Erholungsheime, wenn diese der Unterbringung in den Ferien oder im Urlaub und nicht der Heilbehandlung dienen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Juni 2012, § 4 BauNVO, Rn. 110).

45

Abzugrenzen ist der Betrieb eines Beherbergungsgewerbes von anderen Nutzungsarten, die ihren Nutzern nach der Zweckbestimmung der Anlage ebenfalls Übernachtungsmöglichkeiten bieten. Dazu können auch „Anlagen für kirchliche/kulturelle/soziale Zwecke“ gehören. Der Begriff der „Anlage für kirchliche/kulturelle/soziale Zwecke“, der nicht nur in § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO, sondern in zahlreichen Bestimmungen der Baunutzungsverordnung Verwendung findet, ist weit auszulegen. Anlagen für kirchliche Zwecke sind ebenso wie Anlagen für kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB definierten Gemeinbedarfsanlagen (BVerwG, NVwZ 2012, 825). Danach sind Gemeinbedarfsanlagen solche baulichen Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen. Beispielhaft werden Schulen und Kirchen sowie sonstigen kirchlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen aufgezählt. Der Allgemeinheit dient eine Anlage im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, wenn sie, ohne dass die Merkmale des Gemeingebrauchs erfüllt zu sein brauchen, einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung zugänglich ist. Gemeint sind Einrichtungen der Infrastruktur, die der Gesetzgeber dem Oberbegriff der „Einrichtungen und Anlagen zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs“ zugeordnet hat (BVerwG, NVwZ 2012, 825).

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Der Nutzungsbegriff „Anlage für kirchliche Zwecke“ umfasst unabhängig von der Konfession die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie von den nicht als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfassten Glaubensgemeinschaften und die von ihnen getragenen religiösen Anstalten, Stiftungen, Vereine und sonstigen Verbände genutzten Anlagen (Ziegler in: Brügelmann, Baugesetzbuch, Stand Juli 2012, § 2 BauNVO, Rn. 122). Ob die von Religionsgemeinschaften genutzten Anlagen im Einzelfall als Anlage für kulturelle Zwecke, Anlage für soziale Zwecke oder als Anlage für kirchliche Zwecke anzusehen sind, ist angesichts der durchgängigen Gleichstellung der drei Anlagentypen in den Zulässigkeitskatalogen der §§ 2 bis 9 BauNVO ohne praktische Relevanz (s. Beschluss der Kammer vom 24. August 2004 - 4 L 2029/04.NW -).

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Unter den Nutzungsbegriff der „Anlage für kirchliche Zwecke“ fallen neben Anlagen, die unmittelbar religiösen Zwecken dienen wie Kirchen, Moscheen, Synagogen, Klöster, Kapellen, Andachtsräume, Betsäle und die dazugehörigen Nebenanlagen (z.B. Parkplätze) auch sonstige kirchliche Einrichtungen, wie allgemeine Bildungseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft (z.B. Gymnasien), konfessionelle Kindergärten und -tagesstätten, Beratungs- und Begegnungsstätten und ergänzende Einrichtungen, die von den Trägern der Anlage für den bestimmungsgemäßen Zweck eingerichtet und unterhalten werden (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4 BauNVO, Rn. 82).

48

Für die Abgrenzung von Beherbergungsbetrieben und Anlagen für kirchliche Zwecken, die - wie hier der Beigeladene - ihren Nutzern nach der Zweckbestimmung der Anlage auch Übernachtungsmöglichkeiten bieten, kommt es maßgeblich darauf an, ob die Unterbringung im Zusammenhang mit der Hauptnutzung dieser Anlagen erfolgt oder sogar der ausschließliche Nutzungszweck dieser Anlagen ist (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4 BauNVO, Rn. 112). Dementsprechend sind z.B. Kliniken, Kinder-, Ferien- und Schullandheime keine Betriebe des Beherbergungsgewerbes.

49

Hiervon ausgehend ist das Bibelheim des Beigeladenen nach Ansicht der Kammer bauplanungsrechtlich nicht als Beherbergungsbetrieb, sondern als Anlage für kirchliche Zwecke zu qualifizieren. Bei dem Beigeladenen handelt es sich um eine sonstige Religionsgemeinschaft in der Form eines eingetragenen Vereins. Die Mennoniten sind eine evangelische Freikirche, die auf die Täuferbewegungen der Reformationszeit zurückgeht (ausführlich dazu s. http://de.wikipedia.org/wiki/ Mennoniten). Der Beigeladene nutzt das Bibelheim nach der maßgeblichen Betriebsbeschreibung im Dauerbetrieb zur Abhaltung von Gottesdiensten, Veranstaltungen und Versammlungen, Bibelwochen, Bibelkursen, Seminaren für Sonntagschullehrer, Seminaren und Schulungen über ethische Fragen, Lebenshilfen und anderen soziale und theologische Themen für Jugendliche, Erwachsene und deren Kinder. Das Gebäude verfügt über einen Speisesaal für ca. 70 Personen, eine Küche, mehrere Seminar- und Gruppenräume sowie 30 Zimmer zum Übernachten mit einer Kapazität von ca. 68 Betten. Die Verweildauer der Gäste reicht von wenigen Tagen bis mehrere Wochen. Hinter dem Gebäude befinden sich Flächen, die von den Gästen in der Freizeit zum Spielen, Entspannen und Verweilen genutzt werden können. Die Verabreichung von Speisen an die Veranstaltungsteilnehmer sowie das Bereitstellen von Übernachtungsmöglichkeiten erfolgt hier ausschließlich im Zusammenhang mit der Hauptnutzung des Bibelheims, nämlich der Abhaltung von religiösen Veranstaltungen der Mennoniten-Brüdergemeinde. Das Bibelheim wird weder rein kommerziell genutzt noch stellt der Beigeladene es für eine fremde Nutzung durch Dritte zur Verfügung.

50

Soweit die Kläger behaupten, die Systematik des § 4 BauNVO sei nicht so zu verstehen, dass die Erfüllung eines der Tatbestände des § 4 Abs. 2 BauNVO es automatisch ausschließe, dass das Vorhaben zugleich auch unter andere Tatbestände subsumiert werden könne, können sie damit vorliegend nicht gehört werden. Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich - neben der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets – nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Begriffskategorie (BVerwG, NVwZ 2012, 825). Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass ein bestimmtes Vorhaben unter zwei verschiedene Nutzungs- oder Anlagenarten subsumiert werden kann. Dies gilt z.B. bei einem Hotelrestaurant, das Speisen nicht nur an seinen Hotelgäste abgibt - dann wäre es ein in einem allgemeinen Wohngebiet nur nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässiger Beherbergungsbetrieb -, sondern auch Dritten Verzehrmöglichkeiten anbietet - dann wäre es zusätzlich eine unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässige Schank- und Speiswirtschaft (vgl. Ziegler in: Brügelmann, a.a.O., § 2 Rn. 76; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, GewArch 2003, 127). Vorliegend betreibt der Beigeladene jedoch „nur“ eine Anlage für kirchliche Zwecke, denn er stellt, wie bereits ausgeführt, das Bibelheim ausschließlich Gästen zur Verfügung, die an den kirchlichen Veranstaltungen der Mennoniten-Brüdergemeinde teilnehmen. Insofern erfüllt die Bereitstellung von Zimmern für Übernachtungszwecke als solches entgegen der Ansicht der Kläger einen spezifisch kirchlichen Zweck.

51

Im Unterschied zum reinen Wohngebiet (s. § 3 Abs. 3 Nr.3 BauNVO) unterliegen die Nutzungen nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO keiner einschränkenden Gebietsklausel; soweit eine Versorgung des Gebiets nicht gefordert ist, kann sich der Einzugsbereich der Anlagen überwiegend oder vollständig auf andere Baugebiete erstrecken. Die Kläger können sich daher nicht darauf berufen, das Bibelheim sei auf eine überregionale Nutzung für Gottesdienste, Seminare, Schulungen, Versammlungen und Freizeiten ausgerichtet.

52

bb. Die Kläger können auch nicht mit Erfolg einwenden, das Bibelheim des Beigeladenen sei nach der Zweckbestimmung des festgesetzten allgemeinen Wohngebiets unzulässig.

53

Die den Baugebieten der §§ 2 bis 9 BauNVO allgemein zugewiesenen Nutzungsarten sind ebenso wie die Vorhaben, die ausnahmsweise zugelassen werden können, unzulässig, wenn sie den jeweiligen Gebietscharakter gefährden und deshalb gebietsunverträglich sind (BVerwG, NVwZ 2008, 786 und NVwZ 2012, 825). Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die typisierende Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung „zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen“ (BVerwG, NVwZ 2002, 1118). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt. Die vom Verordnungsgeber festgelegte typische Funktion der Baugebiete, ihr Gebietscharakter, schließt das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit der in einem Baugebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten ein. Die Zulässigkeit von Nutzungen in den einzelnen Baugebieten hängt insbesondere von deren Immissionsverträglichkeit ab. Im Rahmen der Beurteilung der Gebietsverträglichkeit eines Vorhabens kommt es nicht auf die konkrete Bebauung in seiner Nachbarschaft an. Gegenstand der Betrachtungen sind vielmehr die Auswirkungen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe seines betrieblichen Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer dieser Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten, ausgehen. Entscheidend ist dabei nicht, ob die mit der Nutzung verbundenen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte eingehalten werden. Die geschützte Wohnruhe ist nicht gleichbedeutend mit einer immissionsschutzrechtlich relevanten Lärmsituation. Bei dem Kriterium der Gebietsverträglichkeit geht es um die Vermeidung als atypisch angesehener Nutzungen, die den Wohngebietscharakter als solchen stören. Gebietsunverträglich ist ein Vorhaben folglich, wenn es – bezogen auf den Gebietscharakter des Baugebiets, in dem es verwirklicht werden soll – aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt (BVerwG, NVwZ 2008, 786).

54

Nach diesen Grundsätzen ist das genehmigte Bauvorhaben gebietsverträglich und gefährdet nicht die Zweckbestimmung des allgemeinen Wohngebiets. Das Bibelheim verfügt nach der allein maßgeblichen Genehmigung über 17 Stellplätze sowie eine Übernachtungskapazität von ca. 68 Personen. Die Veranstaltungen werden in geschlossenen Räumen abgehalten, die Freizeitaktivitäten in den Pausen finden teilweise auch im Garten statt. Damit überschreitet das Bibelheim vom Nutzungsumfang her jedenfalls nicht die in einem allgemeinen Wohngebiet ebenfalls zulässige Nutzung als Kindergarten, Schule mit Schulsportanlagen oder Jugendzentrum mit Cafeteria (s. näher dazu König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, § 4 Rn. 50, 51; vgl. auch BVerwG, NJW 1992, 2170 zur Zulässigkeit eines islamischen Gebetsaals für 50 Besucher in einem allgemeinen Wohngebiet).

55

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang monieren, das Bibelheim werde von dem Beigeladenen weit über das genehmigte Maß hinaus genutzt und sei deshalb gebietsunverträglich, u.a. fänden Veranstaltungen für rund 300 Personen statt, ist dies im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. Streitgegenstand dieses Verfahrens ist ausschließlich die Baugenehmigung vom 8. April 2004 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 29. Juli 2004, nicht aber eine davon abweichende tatsächliche Nutzung des Anwesens durch den Beigeladenen. Solche Einwände können die Kläger nur in einem gesonderten Verfahren auf Verpflichtung des Beklagten zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegenüber dem Beigeladenen geltend machen (vgl. aber OVG Berlin-Brandenburg, BauR 2008, 647, wonach erhöhte Besucherzahlen während besonderer Festtage u.ä., wie dem Ramadan, von der Gebietsverträglichkeit der Anlage abgedeckt sind).

56

2. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt ferner nicht gegen das hier in § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme.

57

a. Die zuletzt genannte Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Das Maß des jeweils (noch) Zumutbaren ergibt sich aus dem Verhältnis der Anlage zu der jeweils von ihr betroffenen Umgebung. Was der Umgebung an nachteiligen Wirkungen der Anlage zugemutet werden darf, bestimmt sich nach ihrer Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit, die - wie sich aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO entnehmen lässt - wieder von der Eigenart des jeweiligen Baugebiets bestimmt werden. Die Grenze dessen, was Nachbarn an Einwirkungen zugemutet werden kann, deckt sich mit den Anforderungen, die das Bundesimmissionsschutzgesetz für nicht nach Immissionsschutzrecht genehmigungspflichtige Anlagen festgelegt hat (vgl. BVerwG, NVwZ 1984, 509; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15. Juni 2005 - 8 A 10548/05.OVG -). § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG - bezeichnet als schädliche Umwelteinwirkungen diejenigen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Benachteiligungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Dabei bestimmt sich der Begriff der Nachbarschaft in räumlicher Hinsicht nach dem Einwirkungsbereich der baulichen Anlage. Wann „schädliche Umwelteinwirkungen“ im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG unzumutbar sind, wird regelmäßig mit Hilfe von technischen Regelwerken bestimmt, die aufgrund der §§ 23, 48 Abs. 1 BImSchG erlassen worden sind. Zu den technischen Regelwerken im Sinne des § 48 Abs. 1 BImSchG zählt u.a. die TA Lärm vom 26. August 1998. Die darin aufgeführten Immissionsrichtwerte enthalten konkrete Vorgaben für die rechtliche Beurteilung von Nutzungskonflikten, die anlagenbedingte Lärm- oder Geruchsimmissionen auf benachbarten Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlage hervorrufen (BVerwG, Beschluss vom 5. Mai 2006 - 7 B 1.06 -, juris). Für emittierende bauliche Anlagen, die - wie hier - nicht nach dem BImSchG genehmigungspflichtig sind, sondern als nicht genehmigungspflichtige Anlagen i.S.d. §§ 22 ff. BImSchG dem Baugenehmigungsverfahren unterliegen, kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG) konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (BVerwG, NVwZ 2008, 76). Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze auf Grund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept nur insoweit Raum, als die TA Lärm insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. zu 6.5 S. 3 und 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A 2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, NVwZ 2008, 76).

58

b. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen den Klägern gegenüber nicht rücksichtslos.

59

aa. Die Kammer hatte, nachdem sie dem Eilantrag der Kläger gegen die Baugenehmigung vom 8. April 2004 mit Beschluss vom 25. Mai 2004 - 4 L 1155/04.NW - zunächst mit der Begründung stattgegeben hatte, die Baugenehmigung stelle nicht hinreichend sicher, dass die mit der ganzjährigen Benutzung der baulichen Anlagen des Beigeladenen einhergehenden Immissionen so niedrig gehalten würden, wie es das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme zu Gunsten der Kläger verlange, nach Ergehen des Ergänzungsbescheids vom 29. Juli 2004 mit Beschluss vom 25. Mai 2004 - 4 L 1155/04.NW - auf das Abänderungsbegehren des Beigeladenen den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs wie folgt abgelehnt:

60

„Nach der im Eilverfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung stellt die Baugenehmigung vom 8. April 2004 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 29. Juli 2004 nunmehr hinreichend sicher, dass die mit der ganzjährigen Benutzung der baulichen Anlagen des Beigeladenen einhergehenden Immissionen so niedrig gehalten werden, wie es das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme zu Gunsten der Antragsteller verlangt.

61

Der Antragsgegner hat in der - von dem Beigeladenen akzeptierten - Nebenbestimmung Nr.10 a) – c) festgelegt, wann die Außenanlagen in welchem Umfang genutzt werden dürfen. Danach muss das Tor zum Anwesen hin in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr verschlossen bleiben. Kraftfahrzeuge dürfen in dieser Zeit nur in Notfällen das Anwesen befahren oder verlassen (a). Entlang der Grenze zum Grundstück der Antragsteller sind die Stellplätze Nr. 9 bis 11 mit einer 2 m hohen hochabsorbierenden Lärmschutzwand zu versehen (b). Schließlich darf der in den genehmigten Plänen ausgewiesene Bereich für den Kinderspielplatz nur in der Zeit von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr benutzt werden. Während dieser Zeit hat eine Aufsichtsperson die Nutzung des Spielplatzes zu überwachen. Die Nutzungsregelung ist in die Hausordnung aufzunehmen (c).

62

Damit hat der Antragsgegner nunmehr klar und unmissverständlich geregelt, in welchem zeitlichen Umfang die Stellplätze im Hof des Anwesens des Beigeladenen genutzt werden dürfen. Mit der Nebenbestimmung Nr.10 ist der Antragsgegner über die Forderungen des Gutachtens des Ingenieurbüros für Bauphysik Dipl. Ing. A… vom 26. März 2004 teilweise hinausgegangen. Der Gutachter hatte unter dem Vorbehalt, dass die Kraftfahrzeuge in der Nachtzeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr auf dem Hofparkplatz bewegt werden, eine 1,50 m hohe hochabsorbierende Lärmschutzwand an den Parkplatzseiten der Stellplätze 9 – 13 gefordert, weil ansonsten eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte zu erwarten sei. Obwohl nunmehr Fahrzeugbewegungen im Hof in der Nachtzeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr grundsätzlich ausgeschlossen sind, hat der Antragsgegner gleichwohl für die Stellplätze 9 - 11 eine 2 m hohe hochabsorbierende Lärmschutzwand gefordert. Anhaltspunkte dafür, dass trotz dieser Vorgaben eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte in Bezug auf das Grundstück der Antragsteller gegeben sein könnte, sind nicht ersichtlich. Auch besteht nach summarischer Prüfung keine Veranlassung, die Berechnungen des Gutachters inhaltlich anzuzweifeln.

63

Soweit die Antragsteller beanstanden, der in Ziffer a der Nebenbestimmung Nr.10 verwendete Begriff des "Notfalls" sei zu unbestimmt, kann dem nicht gefolgt werden. Durch diese Formulierung ist mit hinreichender Klarheit festgelegt, dass im Regelfall Fahrzeugbewegungen im Hof während der Nachtzeit ausgeschlossen werden und nur in atypischen, keinen Aufschub erlaubenden Fällen - wie z.B. bei der Notwendigkeit einer sofortigen medizinischen Behandlung – Ausnahmen hiervon gestattet werden.

64

Eine eindeutige Regelung trifft die Baugenehmigung nunmehr auch in Bezug auf die zeitliche Nutzung des Spielplatzes und der Spielwiese im Freien. Diese dürfen nur in der Zeit von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter Beaufsichtigung benutzt werden. Es ist nach den Berechnungen des Gutachters davon auszugehen, dass die Immissionsrichtwerte in Bezug auf das Grundstück der Antragsteller ebenfalls nicht überschritten werden. Dabei ist der Gutachter davon ausgegangen, dass maximal 40 Kinder auf der Spielwiese und dem Spielplatz konstant 9 Stunden am Tage außerhalb der Ruhezeiten spielen und sich zusätzlich 20 Erwachsene mit gehobener Sprechweise unterhalten. Nach summarischer Prüfung sieht die Kammer auch hier keinen Anlass, diese Berechnungen zu beanstanden.“

65

Die von den Klägern im Klageverfahren erhobenen Einwände rechtfertigen keine andere Entscheidung. Die vom Beklagten in den Ergänzungsbescheid vom 29. Juli 2004 aufgenommene Nebenbestimmung ist geeignet, die Nachbarrechte der Kläger zu sichern, dass die Anlage des Beigeladenen bei regelmäßigem Betrieb in seinem genehmigten Umfang so genutzt werden kann, dass die entstehenden Immissionen die für die Kläger als Nachbarn maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 3. März 2006 - 15 ZB 04.2453 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2012 - 1 A 10878/22.OVG -, juris).

66

Die Gutachter gingen aufgrund der Vorgaben des Beigeladenen in dessen Betriebsbeschreibung von maximal 50 Teilnehmern im Jahresmittel aus, die in der Regel mit dem eigenen Pkw anreisen. Ihrer Immissionsprognose legten die Gutachter ausgehend von den geforderten 17 Stellplätzen und deren Anordnung in den Bauplänen folgende Prämissen zugrunde:

67

- Spielen von maximal 40 Kindern auf der Spielwiese sowie dem Kinderspielplatz auf der Freifläche im Norden des Bibelheims, wobei eine konstante Nutzung von 9 Stunden am Tage außerhalb der Ruhezeiten angenommen wurden,

- 35 Kinder rufen in dieser Zeit konstant laut,

- 5 Kinder schreien in dieser Zeit,

- zusätzliche Unterhaltung von 20 Erwachsenen im Außenbereich mit gehobener Sprechweise,

- Anfahrten und Parken von 15 PKW außerhalb der abendlichen Ruhezeit, Abfahrt in der Ruhezeit zwischen 21.00 und 22.00 Uhr sowie in der Nachtzeit nach 22.00 Uhr, d. h. in der nach TA-Lärm zu berücksichtigenden ungünstigsten Stunde.

68

Nach den Berechnungen der Gutachter unterschritten die Geräusche aller Varianten die für das allgemeine Wohngebiet festgesetzten Immissionsrichtwerte der TA-Lärm (s. im Einzelnen die Angaben auf Seite 15 des Gutachtens). Bezogen auf die Spitzenpegel überschritten die von den PKW-Stellplätzen ausgehenden Geräusche die Anforderung der TA-Lärm (s. Seite 16/17 des Gutachtens). Deshalb verlangten die Gutachter den Bau einer 1,50 m hohen Lärmschutzwand zum Grundstück FlurNr. ... Diese Forderung setzte der Beklagte durch die Aufnahme der entsprechenden Nebenbestimmung in den Ergänzungsbescheid vom 29. Juli 2004 um. Anhaltspunkte dafür, dass die Einhaltung der genannten Nebenbestimmung, die im Übrigen teilweise über die Forderung der Gutachter hinausging, offenkundig unrealistisch und nicht überwachbar ist, sind nicht ersichtlich, zumal die Kläger das genannte Gutachten auch nicht substantiiert angegriffen haben. Wie letztlich nicht von vornherein ungeeignete Nebenbestimmungen durchgesetzt werden, ist keine Frage der Geeignetheit dieser Regelungen, sondern eine Frage der Vollstreckung, die sich jedoch regelmäßig bei allen Nebenbestimmungen stellt und nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung und damit zur Verletzung nachbarschützender Rechte führen muss (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2012 - 1 A 10878/22.OVG -, juris).

69

Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung unter Vorlage mehrerer selbst gefertigter Messprotokolle behauptet haben, sie könnten nicht auf einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten verwiesen werden, weil der vom Grundstück des Beigeladenen auf ihr Grundstück einwirkende Lärm permanent die zumutbaren Immissionsrichtwerte der TA Lärm überschreite, kann dem nicht gefolgt werden. Wie oben bereits dargelegt, ist Streitgegenstand dieses Verfahrens ausschließlich die Baugenehmigung vom 8. April 2004 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 29. Juli 2004, nicht aber die von den Klägern behauptete gegenüber der genehmigten Nutzung deutlich intensivere Nutzung des Anwesens durch den Beigeladenen. Die von den Klägern vorgelegten Messprotokolle, auf denen die Kläger auch teilweise vermerkt haben, zu welcher Uhrzeit sich wie viele Personen unter Verstoß gegen die Nebenbestimmungen im Garten aufgehalten haben sollen, können daher nur in dem von ihnen angekündigten weiteren Verfahren auf Verpflichtung des Beklagten zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegen den Beigeladenen Berücksichtigung finden.

70

bb. Schließlich können die Kläger auch mit ihrem Einwand, das Bibelheim umfasse auch einen Seminarraum mit 300 Plätzen, so dass statt der genehmigten 17 Stellplätze zwischen 30 und 60 Stellplätze erforderlich seien, nicht durchdringen.

71

Der angefochtene Bauschein umfasst gerade nicht die Genehmigung eines Seminarraums mit 300 Plätzen, so dass offen bleiben kann, wie viele Stellplätze der Beigeladene für den Fall der ständigen Nutzung des Bibelheims durch 300 Gäste gemäß § 47 Abs. 1 LBauO nachweisen müsste. Ungeachtet dessen würde ein möglicher Verstoß gegen § 47 Abs. 1 LBauO nicht zu einer Verletzung der Rechte der Kläger führen, denn die bauordnungsrechtlichen Stellplatzvorschriften sind nicht nachbarschützend (Lang in: Jeromin/Schmidt/Lang, LBauO RhPf, 3. Auflage 2012, § 47 Rn. 103; vgl. auch OVG Bremen, NVwZ-RR 2003, 549; OVG Sachsen, LKV 2006, 471).

72

Unbeschadet des § 47 LBauO kann es allerdings aus Gründen des Bauplanungsrechts zu Gunsten des Nachbarn geboten sein, ein Vorhaben nur dann zuzulassen, wenn zugleich Stellplätze in hinreichender Zahl auf dem betroffenen Grundstück oder in seiner unmittelbaren Nachbarschaft nachgewiesen werden. Die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze kann im Einzelfall gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen.

73

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Baugenehmigung hat, wie ausgeführt, nicht die ständige Nutzung durch 300 Gäste zum Gegenstand, sondern durch ca. 50 – 70 Personen im Jahresmittel. Der Hinweis der Kläger, der Parkplatzsuchverkehr der bis zu 300 Nutzern des Seminarraums führe zu einem erheblichen Immissionsaufkommen, ist daher im Anfechtungsprozess gegen die Baugenehmigung unbeachtlich. Es kann auch keine Rede davon sein, dass der Beklagte mit den geforderten 17 Stellplätze keinen ausreichenden Parkraum für die Nutzer des Bibelheims geschaffen hat. Hiermit werden die Kläger nicht an einer bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks FlurNr. ... gehindert. Eine Beeinträchtigung liegt - jedenfalls solange der freie Zugang zum Grundstück der Kläger möglich ist – auch nicht darin, dass die angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Nutzern des Bibelheims frequentiert, insbesondere zum Parken in Anspruch genommen werden (vgl. BVerwG GewArch 1998, 254). Das Recht der Kläger zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks FlurNr. ... begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums. Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu lösen (OVG Bremen, NVwZ-RR 2003, 549).

74

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

75

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

76

Beschluss

77

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

78

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

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bei uns veröffentlicht am 12.10.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Tatbestand   1 Die Klägerin wendet sich gegen eine Baugenehmigung, die dem Beigeladenen von der Bekl

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(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
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2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

(1) Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen. Auf dieses Recht finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften der §§ 1031, 1034, 1036, des § 1037 Abs. 1 und der §§ 1041, 1042, 1044, 1049, 1050, 1057, 1062 entsprechende Anwendung.

(2) Der Berechtigte ist befugt, seine Familie sowie die zur standesmäßigen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen.

(3) Ist das Recht auf einen Teil des Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen.

(1) Der Nießbraucher ist zum Besitz der Sache berechtigt.

(2) Er hat bei der Ausübung des Nutzungsrechts die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu verfahren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Im Flächennutzungsplan ist für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Aus dem Flächennutzungsplan können Flächen und sonstige Darstellungen ausgenommen werden, wenn dadurch die nach Satz 1 darzustellenden Grundzüge nicht berührt werden und die Gemeinde beabsichtigt, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen; in der Begründung sind die Gründe hierfür darzulegen.

(2) Im Flächennutzungsplan können insbesondere dargestellt werden:

1.
die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen), nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) sowie nach dem allgemeinen Maß der baulichen Nutzung; Bauflächen, für die eine zentrale Abwasserbeseitigung nicht vorgesehen ist, sind zu kennzeichnen;
2.
die Ausstattung des Gemeindegebiets
a)
mit Anlagen und Einrichtungen zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs, insbesondere mit der Allgemeinheit dienenden baulichen Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs, wie mit Schulen und Kirchen sowie mit sonstigen kirchlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Zwecken dienenden Gebäuden und Einrichtungen, sowie mit Flächen für Sport- und Spielanlagen,
b)
mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, insbesondere zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung,
c)
mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen,
d)
mit zentralen Versorgungsbereichen;
3.
die Flächen für den überörtlichen Verkehr und für die örtlichen Hauptverkehrszüge;
4.
die Flächen für Versorgungsanlagen, für die Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung, für Ablagerungen sowie für Hauptversorgungs- und Hauptabwasserleitungen;
5.
die Grünflächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
6.
die Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes;
7.
die Wasserflächen, Häfen und die für die Wasserwirtschaft vorgesehenen Flächen sowie die Flächen, die im Interesse des Hochwasserschutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind;
8.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
9.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
10.
die Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft.

(2a) Flächen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans können den Flächen, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden.

(2b) Für die Zwecke des § 35 Absatz 3 Satz 3 oder des § 249 Absatz 2 können sachliche Teilflächennutzungspläne aufgestellt werden; sie können auch für Teile des Gemeindegebiets aufgestellt werden.

(3) Im Flächennutzungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
für bauliche Nutzungen vorgesehene Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(4) Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind, sowie nach Landesrecht denkmalgeschützte Mehrheiten von baulichen Anlagen sollen nachrichtlich übernommen werden. Sind derartige Festsetzungen in Aussicht genommen, sollen sie im Flächennutzungsplan vermerkt werden.

(4a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Flächennutzungsplan vermerkt werden.

(5) Dem Flächennutzungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen.

(2) Zulässig sind

1.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten, landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen und Gartenbaubetriebe,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
sonstige Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
3.
Tankstellen,
4.
nicht störende Gewerbebetriebe.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, dass die Errichtung, die Beschaffenheit und der Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen bestimmten Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und, soweit diese Anlagen gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden und Betriebsbereiche oder Bestandteile von Betriebsbereichen sind, vor sonstigen Gefahren zur Verhütung schwerer Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU und zur Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle für Mensch und Umwelt sowie zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen genügen müssen, insbesondere dass

1.
die Anlagen bestimmten technischen Anforderungen entsprechen müssen,
2.
die von Anlagen ausgehenden Emissionen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürfen,
3.
die Betreiber von Anlagen Messungen von Emissionen und Immissionen nach in der Rechtsverordnung näher zu bestimmenden Verfahren vorzunehmen haben oder von einer in der Rechtsverordnung zu bestimmenden Stelle vornehmen lassen müssen,
4.
die Betreiber bestimmter Anlagen der zuständigen Behörde unverzüglich die Inbetriebnahme oder eine Änderung einer Anlage, die für die Erfüllung von in der Rechtsverordnung vorgeschriebenen Pflichten von Bedeutung sein kann, anzuzeigen haben,
4a.
die Betreiber von Anlagen, die Betriebsbereiche oder Bestandteile von Betriebsbereichen sind, innerhalb einer angemessenen Frist vor Errichtung, vor Inbetriebnahme oder vor einer Änderung dieser Anlagen, die für die Erfüllung von in der Rechtsverordnung vorgeschriebenen Pflichten von Bedeutung sein kann, dies der zuständigen Behörde anzuzeigen haben und
5.
bestimmte Anlagen nur betrieben werden dürfen, nachdem die Bescheinigung eines von der nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebenen Sachverständigen vorgelegt worden ist, dass die Anlage den Anforderungen der Rechtsverordnung oder einer Bauartzulassung nach § 33 entspricht.
In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können auch die Anforderungen bestimmt werden, denen Sachverständige hinsichtlich ihrer Fachkunde, Zuverlässigkeit und gerätetechnischen Ausstattung genügen müssen. Wegen der Anforderungen nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt § 7 Absatz 5 entsprechend.

(1a) Für bestimmte nicht genehmigungsbedürftige Anlagen kann durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 vorgeschrieben werden, dass auf Antrag des Trägers des Vorhabens ein Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 4 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6 durchzuführen ist. Im Falle eines Antrags nach Satz 1 sind für die betroffene Anlage an Stelle der für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Vorschriften die Vorschriften über genehmigungsbedürftige Anlagen anzuwenden. Für das Verfahren gilt § 19 Absatz 2 und 3 entsprechend.

(2) Soweit die Bundesregierung von der Ermächtigung keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften im Sinne des Absatzes 1 zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf eine oder mehrere oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.