Verwaltungsgericht München Urteil, 17. März 2016 - M 17 K 15.5257

bei uns veröffentlicht am17.03.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger noch Beihilfeleistungen in Höhe von 116,20 EUR zu erbringen sowie diesen Betrag ab Rechtshängigkeit (20.11.2015) mit 5% Zinsen über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Beihilfebescheid vom 20. Juli 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2015 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

II.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Der Kläger hat 2/3, der Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger steht als Richter im Dienst des Beklagten und begehrt Beihilfeleistungen.

Mit Antrag vom 3. Juli 2015 machte er Aufwendungen für die Sehhilfe seiner mit einem Bemessungssatz von 70% berücksichtigungsfähigen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV) Ehefrau geltend (Rechnung der Firma..., Augenoptik, vom ... Mai 2015 über insgesamt 750,00 EUR [Bl. 4 der Behördenakte - d. BA], davon 259,00 EUR für die Fassung und 491,00 EUR für die Brillengläser). Der Rechnung zugrunde lag eine Verordnung der Ärztin für Augenheilkunde, Frau Dr. ..., vom ... März 2015 (Bl. 24 der Gerichtsakte - d. GA) über entspiegelte Kunststoffgläser mit gehärteter Oberfläche mit den Werten: Ferne rechts: -7,0/-0,25/10°, links: -6,5/-1,25/155°. Der Rechnung der behandelnden Ärztin vom ... März 2015 sind die Diagnosen Myopie (H52.1, ICD-10) und Astigmatismus (H52.2, ICD-10) zu entnehmen.

Mit Bescheid vom 20. Juli 2015 lehnte der Beklagte durch das Landesamt für Finanzen, Dienststelle ..., die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung von Sehhilfen mit der Begründung ab, dass keine der Indikationen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorliege, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für die Anschaffung von Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube.

Den hiergegen unter Hinweis auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U. v. 14.7.2015 - 14 B 13.654) mit Schreiben vom 12. August 2015 eingelegten und auf die abgelehnte Erstattung der Aufwendungen für die Anschaffung der Sehhilfe der Ehefrau des Klägers beschränkten Widerspruch wies der Beklagte durch das Landesamt für Finanzen, Dienststelle ..., mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2015 zurück, da eine schwere Sehbehinderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV nach der ICD-10-Klassifikation (www.dimdi.de) nur vorliege, wenn die Sehschärfe (Visus) auf jedem Auge bei bestmöglicher Korrektur, d. h. trotz Verwendung von Sehhilfen jeglicher Art, maximal 0,3 betrage. Auf der augenärztlichen Verordnung der Augenärztin Dr. ... vom ... März 2015 sei kein Visus angegeben worden. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Sehschwäche nach H54.0 - H54.2 der ICD-10-Klassifikation seien damit nicht nachgewiesen. Aufgrund der Rechtsprechung des BayVGH würden nach dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 28. September 2015 (Gesch.-Z.: 25-P 1820-1/27) nun auch Aufwendungen für Brillen bei Erwachsenen mit einer gravierenden Sehschwäche ab -10,0 Dioptrien als beihilfefähig berücksichtigt. Eine derartige gravierende Sehschwäche liege bei den Werten der Ehefrau des Klägers nicht vor, so dass zu den beschafften Kunststoffgläsern keine Beihilfe gewährt werden könne. Der BayVGH habe zudem festgestellt, dass individuelle berufliche Anforderungen für die Beurteilung der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen keine Rolle spielen würden.

Der Kläger erhob mit Schriftsatz vom 20. November 2015, dem Verwaltungsgericht München am selben Tage zugegangen, Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag,

den Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20. Juli 2015 zu verpflichten, dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Brille seiner Ehefrau Beihilfe in Höhe von 343,70 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung zu gewähren,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Berufung zuzulassen.

Ohne die entsprechende Sehkorrektur wäre die Ehefrau nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Sie wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege hinreichend nachzukommen, noch hätte sie ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb ihrer häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, seien für sie grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch ihr - nach dem Ende der Elternzeit wiedergegebenes - berufliches Aufgabenfeld umfasse, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für die Ehegattin des Klägers nicht gewährleistet. Ihr erster Griff nach dem Aufwachen gehe zu ihrer Brille, da sie sich ansonsten nur unsicher durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Die Fahrerlaubnis der Ehefrau sei unter der Voraussetzung erteilt worden, dass sie eine Sehhilfe trage. Dies sei auch im Führerschein vermerkt. Auch faktisch sei sie nicht in der Lage, mit einem Verkehrsmittel - Fahrrad, Pkw - oder auch zu Fuß ohne ihre Sehhilfe am Straßenverkehr teilzunehmen. Sie nehme ihre Sehhilfe nur zum Schlafen und in der Dusche ab. Auch bei der sportlichen Betätigung, sowie bei sonstigen Freizeitbeschäftigungen benötige sie ihre Sehhilfe. Sie sei inner- und außerhalb der Wohnung zwingend auf das ununterbrochene Tragen der Sehhilfe angewiesen, woraufhin sich ein Nasenrückenekzem entwickelt habe. Nach der Rechtsprechung des BayVGH sei der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nach § 22 BayBhV unwirksam, soweit eine gravierende Sehschwäche vorliege. Bei der Ehefrau des Klägers stehe eine derartige gravierende Sehschwäche fest. Sie leide an einer Stabsichtigkeit bzw. Hornhautverkrümmung (Astigmatismus H52.2 ICD-10) und einer starken bzw. exzessiven Kurzsichtigkeit (Myopia magna H52.1 ICD-10). Diese beginne (in Abgrenzung zur Myopia simplex, die sich nach der Pubertät verringere) bei -6,0 Dioptrien. Anders als bei der Kurzsichtigkeit, die in der Regel ein sehr gutes Nahsehvermögen zulasse, liege bei der Stabsichtigkeit eine generelle Verzerrung, also auch im Nahbereich vor. Die Festsetzung einer pauschalen Grenze von -10,0 Dioptrien durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen sei offensichtlich willkürlich, medizinisch weder begründet noch begründbar und orientiere sich gerade nicht an den Vorgaben der Rechtsprechung des BayVGH, sondern stelle eine eigene, hiervon vollkommen losgelöste und gesetzlich nicht vorgesehene Voraussetzung für die Gewährung oder Nichtgewährung der Beihilfe auf. Ein fester Grenzwert beruhend auf der Dioptrienzahl berücksichtige bereits nicht die aus medizinischen Gründen notwendige Unterscheidung der unterschiedlichen Brechkraft sphärischer und zylindrischer Linsen, also zwischen Kurz- und Stabsichtigkeit und führe daher bereits per se zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung von kurz- und/oder stabsichtigen Beihilfeberechtigten i. S. des Art. 3 GG. Aufgrund der unterschiedlichen und nicht vergleichbaren Brech- und damit Aussagekraft sowie der unterschiedlichen Krankheitsursachen und -folgen könne daher die Dioptrienzahl schon von vornherein kein taugliches Ausschlusskriterium sein. Zudem hätten Populationsstudien ergeben, dass bei ca. 30% der Bevölkerung eine Myopie vorliege, davon jedoch nur bei 2,5% eine Kurzsichtigkeit von über -6,0 Dioptrien. Der festgelegte Wert von -10,0 Dioptrien sei aus der Luft gegriffen und nicht nachvollziehbar. Anders als die bisherige Regelung sei dieser Wert weder wissenschaftlich belegt noch an medizinisch nachvollziehbaren Kriterien, wie dem Krankheitswert nach ICD-10, orientiert. Er sei offensichtlich von dem rein fiskalisch motivierten Ziel getragen, die für den Beklagten unangenehme Rechtsprechung des BayVGH faktisch nicht umzusetzen und damit einen vergleichbar großen Personenkreis wie nach der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV, nämlich den weit überwiegenden Teil der Beihilfeberechtigten, von der Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen auszuschließen. Maßgeblich für die Gewährung der Beihilfe für Sehhilfen sei nach der Rechtsprechung des BayVGH, ob der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existentieller Bedeutung oder notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Nur daran orientiere sich die Beurteilung, ob eine gravierende Sehschwäche vorliege. So stelle der BayVGH beim dortigen Kläger nicht darauf ab, ob und welche Dioptrienzahl seine Sehhilfen haben, sondern ob die Aufwendungen für die Anschaffung der Sehhilfe erforderlich seien, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Bei den geltend gemachten Aufwendungen handele es sich auch nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen seien. Sie dienten vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehschwäche. Die Aufwendungen für die Anschaffung einer Sehhilfe seien auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit. Das Erfordernis einer Sehhilfe stelle sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen seien Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst, jedenfalls im Grundsatz, nach § 22 BayBhV vorsehe. Das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen sei ein reines Verwaltungsinternum, das dem Kläger nicht bekannt gemacht werde und weder ihn noch das erkennende Gericht binde. Art. 96 Abs. 5 BayBG ermächtige insbesondere bei verfassungskonformer Auslegung nach Art. 35 Abs. 5 GG jedoch nicht zu einem Ausschluss der Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen. Die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge seien mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Auch insoweit stelle Art. 96 Abs. 5 BayBG keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar. Nach dem gegenwärtigen System sei Beihilfe zu gewähren, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder wie vorliegend notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 18. Januar 2016,

die Klage abzuweisen.

Die Augenärztin Frau Dr. Opitz habe am 15. Dezember 2015 telefonisch bestätigt, dass nach Korrektur durch die Fernbrille der Visus der Ehefrau des Klägers beidseits bei 1,0 liege. Damit seien die Voraussetzungen des § 22 BayBhV nicht erfüllt. Die Dioptrienzahl des Klägers habe in dem vom BayVGH am 14. Juli 2015 entschiedenen Verfahren (14 B 13.654) -10,0 und -13,0 Dioptrien betragen. Aufgrund dieser Rechtsprechung habe das Bayerische Staatsministerium der Finanzen aus Praktikabilitätsgründen im Vorgriff auf eine geplante Änderung der BayBhV als weitere Indikation bei Erwachsenen die gravierende Sehschwäche ab -10,0 Dioptrien aufgenommen. Diese Werte würden durch die Ehefrau des Klägers nicht erreicht. Im Bereich der Sehhilfen habe der Gesetzgeber zusätzlich in § 22 Abs. 7 BayBhV die Erstattungsfähigkeit von Brillengläsern für Erwachsene geregelt, die der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Diese seien als therapeutische Sehhilfen einzustufen und in den nach § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V genannten Fällen, ohne Begrenzung auf die Höchstbeträge nach § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV, beihilfefähig. Jedoch würden auch diese Indikationen bei der Ehefrau des Klägers weder nach der Verordnung noch nach der Rechnung des Optikers vorliegen. Die Beihilfe sei lediglich eine ergänzende Leistung zur Eigenvorsorge für den Krankheitsfall, die aus den laufenden Bezügen zu bestreiten sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe (1.1.), beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge (1.2.), in Höhe von 116,20 EUR (§ 113 Abs. 5 VwGO); der Bescheid vom 20. Juli 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2015 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9; U. v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juli 2013 (GVBl S. 450), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352, ber. S. 447), da die streitgegenständliche Rechnung auf den 23. Mai 2015 datiert ist.

1.1. Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Beihilfe für die seiner Ehefrau ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV zu. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.

1.1.1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Richter beihilfeberechtigt (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV). Der Bemessungssatz seiner Ehefrau beträgt als berücksichtigungsfähige Angehörige 70% (Art. 96 Abs. 3 Satz 2 BayBG, § 3 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).

1.1.2. Die Aufwendungen der Ehefrau des Klägers sind gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBhV beihilfefähig. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die der Ehefrau des Klägers schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Sehhilfe sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten außer Streit.

1.1.3. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf die Ehefrau des Klägers zutrifft.

1.1.4. Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nach der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U. v. 14.7.2014 - 14 B 13.654 - juris Rn. 20ff.) unwirksam. Er verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat (BayVGH, a. a. O., Rn. 22).

Im Hinblick auf das Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 14. Juli 2014 (14 B 13.654 - juris Rn. 25) folgendes aus:

„Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet.

Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (vgl. § 22 BayBhV).“

Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, U. v. 24.5.2006 - B 3 KR 16/05 R - juris Rn. 14 m. w. N.) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört u. a. die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen.

Gemessen daran liegt bei der Ehefrau des Klägers angesichts der vorliegenden Sehwerte und Diagnosen ihrer behandelnden Ärztin für Augenheilkunde, Dr. med. ..., entsprechend allgemeiner Erfahrungssätze nach Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) eine gravierende Sehschwäche vor, ohne dass es hierzu einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme bedurft hätte.

Ausweislich des Rezepts der Ärztin für Augenheilkunde, Dr. med. ..., vom ... März 2015 wurde der Ehefrau des Klägers eine Sehhilfe mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -7,0, cyl -0,25, A 10°, Ferne Links: Sph -6,5, cyl -1,25, A 155° (bzw. laut Rechnung vom 23. Mai 2015: Ferne Rechts: Sph -6,75, cyl -0,50, A 20°, Ferne Links: Sph -6,5, cyl -1,5, A 160°). Entsprechend der Rechnung der behandelnden Augenärztin vom 31. März 2015 liegen die Diagnosen H 52.1GB Myopie und H 52.2GB Astigmatismus vor. Entsprechend der nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben der Klagepartei ist die Ehefrau ohne eine entsprechende Sehkorrektur nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen.

Der Grad der Kurzsichtigkeit wird anhand des Brechwertes in Dioptrien (dpt.) gemessen, den eine Linse haben muss, um die Fehlsichtigkeit so zu korrigieren, dass Bilder von weit entfernten Objekten genau auf der Netzhaut abgebildet werden. Deshalb kann die Kurzsichtigkeit wie folgt nach ihrem Ausmaß eingeteilt werden: Leichte Kurzsichtigkeit beschreibt gewöhnlich eine Kurzsichtigkeit von -3,0 dpt. oder weniger. Die moderate Kurzsichtigkeit ist üblicherweise eine Myopie zwischen -3,0 dpt. und -6,0 dpt. Starke Kurzsichtigkeit (auch: Myopia magna) beschreibt meist eine Fehlsichtigkeit von -6,0 dpt. oder mehr. Damit leidet die Ehefrau des Kläger unter einer starken Kurzsichtigkeit (Myopia magna H52.1 ICD-10). Nur etwa 18% der Kurzsichtigen entwickeln eine starke Myopie (https://de.wikipedia.org/wiki/Kurzsichtigkeit unter Verweis auf u. a. D. Cline, H. W. Hofstetter, J. R. Griffin: Dictionary of Visual Science. 4. Auflage. Butterworth-Heinemann, Boston 1997). Hinzu kommt eine Stabsichtigkeit bzw. Hornhautverkrümmung (Astigmatismus H52.2 ICD-10) in nicht unerheblichem Ausmaß (jedenfalls hinsichtlich des linken Auges: cyl -1,25 bzw. cyl. -1,5). Astigmatismus ist eine Sehstörung aufgrund eines nicht rotationssymmetrischen Brechwertes von Hornhaut oder Linse, wodurch parallel einfallende Strahlen nicht in einem Brennpunkt vereinigt werden (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2012, 263. Auflage, S. 1682). Ein astigmatisch abbildender dioptrischer Apparat des Auges erzeugt ein unscharfes Bild der Umwelt auf der Netzhaut. Während bei der sphärischen Abbildung einer punktförmigen Lichtquelle ein Brennpunkt erzeugt wird, entstehen dagegen bei der astigmatischen Abbildung zwei Brennlinien (https://de.wikipedia.org/wiki/Astigmatismus_(Medizin)). Der Ausgleich erfolgt durch Sehhilfen mit cylindrischen Werten. Dieser Ausgleich hat jedoch den negativen Effekt, dass das Bild verzerrt auf der Netzhaut abgebildet wird. Bis zu einem bestimmten Ausmaß der Verzerrung erfolgt ein Ausgleich durch das Sehzentrum im Gehirn. Weicht die Lage der Sehachse - wie bei dem linken Auge der Ehefrau des Klägers (155° bzw. 160°) - erheblich von den Hauptsehachsen (0° bzw. 90°) ab, werden die Verzerrungen in dieser Situation eher als störend empfunden (https://de.wikipedia.org/wiki/Astigmatismus_(Medizin); Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand 1. November 2015, Band I, Anm. 21 (3) zu Nr. 4 der Anlage 5, § 25 BBhV).

Nach alledem ist die Ehefrau unter Berücksichtigung ihrer stark ausgeprägten Myopie und ihres Astigmatismus ohne eine entsprechende Sehkorrektur nicht fähig, die oben genannten allgemeinen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen und wesentliche Verrichtungen des Alltags zu bewältigen. Ohne Brille kann sie entsprechend ihrer nachvollziehbaren eigenen Angaben weder elementarer Körperpflege hinreichend nachkommen noch ist sie ausreichend mobil, um Erledigungen innerhalb und außerhalb ihrer häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe zu tätigen. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrzunehmen, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit die erforderlichen Informationen zu verschaffen bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, wäre für die Ehegattin des Klägers ohne Sehhilfe nicht gewährleistet. Die Fahrerlaubnis der Ehefrau wurde unter der Voraussetzung erteilt, dass sie eine Sehhilfe trägt. Dies ist auch im Führerschein vermerkt. Auch faktisch ist sie nicht in der Lage, mit einem Verkehrsmittel - Fahrrad, Pkw - oder auch zu Fuß ohne ihre Sehhilfe am Straßenverkehr teilzunehmen. Bei der sportlichen Betätigung sowie bei sonstigen Freizeitbeschäftigungen benötigt sie ihre Sehhilfe. Sie ist inner- und außerhalb der Wohnung zwingend auf das ununterbrochene Tragen der Sehhilfe angewiesen, so dass es ihr ohne Sehhilfe nicht möglich ist, das nahe Umfeld ausreichend visuell wahrzunehmen, um einen körperlichen Freiraum im Nahbereich der Wohnung zu erschließen oder die notwendigen Informationen, die für eine Kommunikation notwendig sind, optisch zu erfassen.

Das Vorliegen einer dahingehenden gravierenden Sehschwäche vermag auch das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 28. September 2015 (FMS vom 28.9.2014, Gesch.-Z.: 25-P 1820-1/27) nicht in Frage zu stellen, wonach im Vorgriff auf eine entsprechende Anpassung der Bayerischen Beihilfeverordnung künftig Aufwendungen von Sehhilfen bei Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr bei gravierender Sehschwäche ab -10,0 dpt. beihilfefähig sind.

Ungeachtet dessen, dass dieses Schreiben als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift das Gericht mangels normativer Wirkung nicht bindet, da die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung des objektiven Rechts nicht der Verwaltung überantwortet ist, sondern durch Art. 19 Abs. 4 GG den Gerichten obliegt, entspricht die strikte Festlegung einer gravierenden Sehschwäche ab einem Wert von -10,0 dpt. - sollte die BayBhV dahingehend angepasst werden - nicht den Anforderungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, so dass der damit nach wie vor geltende grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV weiterhin gegen den Fürsorgegrundsatz aus Art. 33 Abs. 5 GG verstößt. Denn die Festlegung dieses Grenzwertes knüpft nicht hinreichend differenziert an das maßgebliche Kriterium an, ob der jeweilige Beihilfeantragsteller ohne entsprechende Sehkorrektur die allgemeinen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens bewältigen kann. Es fehlt an einer wissenschaftlich belastbaren und medizinisch nachvollziehbaren Begründung dafür, dass man diese alltäglichen Grundbedürfnisse ausschließlich bei einer Sehschwäche ab -10,0 dpt. nicht mehr bewältigen können soll. Nach Vortrag des Beklagten orientiert sich dieser Wert an der Sehschwäche des Klägers in dem vor dem BayVGH verhandelten Fall (-10,0 und -13,0 dpt.). Dies mag zwar aus Praktikabilitätsgründen nachvollziehbar erscheinen, eine belastbare Begründung für eine sachgerechte Differenzierung als Rechtfertigung der Ungleichbehandlung anderer Beihilfeberechtigter mit einer geringfügig besseren Sehschwäche ergibt sich hieraus allerdings nicht. Insofern ist die Festsetzung einer pauschalen Grenze von -10,0 dpt. nach eigenem Gutdünken der Finanzverwaltung ohne medizinische Grundlage willkürlich und wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Aus welchen Gründen ein Betroffener mit einer Sehschwäche von über -6,5 dpt. in Kombination mit einem nicht unerheblichem Astigmatismus (wie die Ehefrau des Klägers) im Gegensatz dazu in der Lage sein soll, die Grundbedürfnisse ihres Alltags zu bewältigen, erschließt sich einem nicht. Erst recht überzeugt es nicht, aus welchen Gründen hierzu ein Betroffener in der Lage sein soll, der an einer Sehschwäche von beispielsweise -9,5 dpt. oder +10,0 dpt. leidet. Zu Recht moniert der Kläger überdies, dass ein fester Grenzwert beruhend auf der Dioptrienzahl bereits nicht die aus medizinischen Gründen notwendige Unterscheidung der unterschiedlichen Brechkraft sphärischer und zylindrischer Linsen, also zwischen Kurz- und Stabsichtigkeit, berücksichtigt. Die Zugrundelegung eines Grenzwertes von -10,0 dpt. ist daher ohne wissenschaftlich fundierte und nachvollziehbare Grundlage willkürlich.

Die Ausführungen des Beklagten im Hinblick auf § 22 Abs. 7 BayBhV (therapeutische Sehhilfen) sind zwar zutreffend, für die streitentscheidende Frage, ob bei der Ehefrau des Klägers eine gravierende Sehschwäche vorliegt, die es ihr nicht ermöglicht, die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu bewältigen, und damit ein Anspruch auf Gewährung der Beihilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV besteht, allerdings ohne Belang.

1.2. Der Höhe nach ist der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Beihilfe für die Anschaffung der Sehhilfe seiner Ehefrau beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge. Soweit der Klageantrag über diese Höchstbeträge hinausgeht, war die Klage daher abzuweisen.

Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:

Rechtes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BayBhV Einstärkenglas cyl.: 41,00 EUR; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt.: 21,00 EUR; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt.: 21,00 EUR, insgesamt 83,00 EUR.

Linkes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BayBhV Einstärkenglas cyl.: 41,00 EUR; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt.: 21,00 EUR; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt.: 21,00 EUR, insgesamt 83,00 EUR.

Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 166,00 EUR. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70% ergibt sich die dem Kläger zustehende Beihilfeleistung von 116,20 EUR.

Die geregelten Höchstbeträge sind auch mit höherrangigem Recht vereinbar.

Art. 96 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a BayBG, der ausdrücklich die Einführung von Höchstgrenzen vorsieht, stellt zunächst eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV dar.

Im Übrigen wird auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 2.4.2014 - 5 C 40/12 - juris Rn. 12 ff.) zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit von Höchstgrenzen bei Hörgeräten verwiesen. Danach steht dem Normgeber bei der Entscheidung, ob und für welche Hilfsmittel im Einzelnen die notwendigen und angemessenen Anschaffungskosten nur bis zu einer bestimmten Obergrenze als beihilfefähig anerkannt und demzufolge die Beihilfeberechtigten gegebenenfalls mit einem Teil dieser Kosten belastet werden, ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerwG, U. v. 28.4.2011 - 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14; U. v. 31.1.2002 - 2 C 1.01 - juris).

Es ist nicht erkennbar, dass die Festlegung der in Rede stehenden Höchstbeträge für Sehhilfen diesen Spielraum überschreitet oder dieser eine willkürliche Wertung zugrunde liegen würde. Auch für Sehhilfen gilt die Annahme, dass diese im Allgemeinen eine längere Lebensdauer aufweisen und nicht in kürzeren Abständen angeschafft werden müssen. Demzufolge verteilt sich eine etwaige den Beihilfeberechtigten treffende finanzielle Belastung rechnerisch auf mehrere Jahre, so dass dieser regelmäßig in der Lage sein wird, hierfür eine entsprechende Eigenvorsorge zu treffen.

Die Höchstbetragsregelung steht deshalb auch mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankert ist (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3/12 - juris Rn. 15 ff.), in Einklang. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B. U. v. 24.1.2012 - 2 C 24/10 - juris) erstreckt sich die Pflicht des Dienstherrn zur Sicherstellung des amtsangemessenen Lebensunterhalts auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf begründen. Die verfassungsrechtliche Alimentations- bzw. Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der Beamte mit der Regelalimentation so nicht bewältigen kann, und dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird. Sind die Dienst- und Versorgungsbezüge so bemessen, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Beamte die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls tragen kann. Wenn sich der Dienstherr für ein Mischsystem aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen entscheidet, muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Die Fürsorgepflicht verlangt aber nicht, dass Aufwendungen in Krankheits- bzw. Pflegefällen durch ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden oder dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. BVerwG, U. v. 30.4.2009 - 2 C 127/07 - juris Rn. 8,12; U. v. 10.6.1999 - 2 C 29/98 - juris Rn. 22f.). Der Beamte muss wegen des ergänzenden Charakters der Beihilfe auch Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus der am Alimentationsgrundsatz orientierten pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht ergeben und keine unzumutbare Belastung bedeuten (vg. BayVGH, B. v. 8.1.2007 - 14 ZB 06.2911 - juris Rn. 13 m. w. N.).

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger (Besoldungsgruppe R1) durch den Umstand, dass er die Aufwendungen für die streitgegenständliche Sehhilfe seiner Ehefrau teilweise selbst tragen muss, in seiner angemessenen Lebensführung beeinträchtigt und unzumutbar belastet wäre, sind nicht ersichtlich (vgl. a. BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40/12 - juris Rn. 18ff.).

1.3. Der Anspruch auf die Prozesszinsen ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 BGB i. V. m. § 90 VwGO (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 15.6.2006 - 2 C 14/05 - ZBR 2006, 347- juris; U. v. 12.6.2002 - 9 C 6.01 - BVerwGE 116, 312 m.w.N - juris; BayVGH, U. v. 11.5.2010 - 14 B 09.1489 - juris Rn. 46).

2. Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise stattzugeben.

3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohend

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. 3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe

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Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 14 B 13.654

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

14. Senat

(VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939)

Sachgebietsschlüssel: 1335

Hauptpunkte: Beihilfe für Beamte des Freistaats ...; Zulässigkeit eines grundsätzlichen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Brillen für Erwachsene (verneint).

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat ...,

vertreten durch: Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Beihilfe (Aufwendungen für Sehhilfe);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Klein, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 verpflichtet‚ dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der zum maßgeblichen Zeitpunkt mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigte Kläger‚ ein zwischenzeitlich im Ruhestand befindlicher Universitätsprofessor‚ begehrt Beihilfeleistungen für eine Gleitsichtbrille.

Der vom Kläger aufgesuchte Arzt für Augenheilkunde hat mit Datum 22. Juli 2009 Gleitsichtgläser mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -12.5, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Ferne Links: Sph -4.5, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten; Nähe Rechts: Sph -10.0, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Nähe Links: Sph -2.0, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten. Dem augenärztlichen Attest vom 22. Dezember 2009 ist zu entnehmen, dass beim Kläger eine Myopia per magna (ca. -13 dpt.) bestehe, zusätzlich orthoptisch eine Exophorie in der Nähe -8°, Ferne -3° und eine musculus obliquus inferior overaction links mehr als rechts sowie eine Hyotropie, die eine Prismenkorrektur erforderlich mache, da sonst Doppelbilder entstünden. Bei bester Korrektur betrage die Sehschärfe rechts 0.8, links 1.0. Ohne Brille sei der Kläger nicht arbeitsfähig und wesentlich sehbehindert.

Der Kläger beantragte am 10. September 2009 Beihilfe für eine Nah-‚ eine Fern- und eine Gleitsichtbrille unter Vorlage von drei Rechnungen jeweils vom 14. August 2009 in Höhe von 336‚50 Euro‚ 296 Euro und 923‚50 Euro. Mit Bescheid vom 15. September 2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sehhilfen gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV ab. Eine der Indikationen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube‚ liege nicht vor. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 nicht ab; vom Erlass eines förmlichen Widerspruchsbescheids wurde abgesehen.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage auf Beihilfegewährung „für die Sehhilfe“ wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. August 2010 ab. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Sehhilfen zu. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV‚ der eine Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen vorsehe‚ lägen nicht vor. Das Gericht halte die Vorschrift nicht für verfassungswidrig und verneine einen Anspruch des Klägers aus der Fürsorgepflicht. Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe gehöre nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und werde daher nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet. Die Fürsorgepflicht ergänze die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie erfordere‚ dass der Dienstherr den amtsangemessen Lebensunterhalt der Beamten und deren Familien auch in besonderen Belastungssituationen‚ wie Krankheit und Pflegebedürftigkeit, sichere. Er müsse dafür Sorge tragen‚ dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet blieben‚ die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten könnten. Dies sei auf Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen‚ in dem zur Eigenvorsorge des Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung trete. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlange weder‚ dass Aufwendungen der Beamten im Krankheitsfall durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und der ergänzenden Beihilfe vollständig abgedeckt würden‚ noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar seien. Der Dienstherr sei durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht daran gehindert‚ im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens. Die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen überfordere einen Beamten (speziell auch den Kläger) finanziell grundsätzlich nicht, zumal Aufwendungen für Sehhilfen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und durch eine private Krankenversicherung grundsätzlich versichert werden könnten. Unter dem Gesichtspunkt des Sparzwangs der öffentlichen Haushalte sowie unter dem Gesichtspunkt‚ dass für die zu leistende ergänzende Beihilfe nicht auf ein traditionelles Anspruchsniveau der Beamtenschaft abgestellt werden könne‚ könne die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen bzw. die Einschränkung auf sehr schwere Augenleiden nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht im Wesenskern angesehen werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen‚ dass die Beihilfevorschriften der Beschränkung für Sehhilfen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet worden seien.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beschränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von Beihilfe für die Gleitsichtbrille in bestimmter Höhe.

Der Kläger beantragt‚

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 den Beklagten zu verpflichten‚ für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwinge die Verfassung den Verordnungsgeber neben der „quantitativen“ auch zur Beachtung einer „qualitativen“ Belastungsgrenze. Der Ausschluss gewisser Hilfsmittel von der Beihilfe liege mindestens dann außerhalb des ihm zustehenden Ermessensspielraums‚ wenn sie unmittelbar die Dienstfähigkeit sicher stellten‚ deren Erhalt der Kläger - wie jeder Beamte - seinem Dienstherrn unabhängig von seiner Besoldung schon unter Treuegesichtspunkten schulde. Der Verweis auf einen angeblichen „öffentlichen Sparzwang“ sei kein stichhaltiges Argument. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ es bestehe keine verfassungsrechtliche Verpflichtung‚ den Beamten in Krankheitsfällen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren‚ werde nicht beigepflichtet. Vielmehr sei eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung von Beihilfe unbestritten und er habe lediglich ein Ermessen‚ solange er die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern nicht verletze. Auch aus Gründen des „Sparzwangs der öffentlichen Haushalte“ dürfe den Beamten kein Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Nicht ersichtlich sei‚ auf welches „traditionelle Anspruchsniveau“ sich das Verwaltungsgericht berufe. Das Argument‚ die Beschränkung der Beihilfe nur für „sehr schwere Augenleiden“ sei der Angleichung an die gesetzliche Krankenversicherung geschuldet‚ könne keine Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht rechtfertigen. Im Rahmen der Beihilfe sei zu beachten‚ dass der Kläger die Sehhilfe zur Herstellung seiner Dienstfähigkeit benötige. Der Dienstherr habe sich prinzipiell an den Kosten aller Hilfsmittel zu beteiligen‚ die zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich seien‚ erst recht wenn sie zur Herstellung der Dienstfähigkeit unerlässlich seien. Der Verordnungsgeber habe indessen unsachlich und willkürlich zwischen verschiedenen Stufen der Blindheit differenziert‚ wobei ohne Hilfsmittel weder in den im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV berücksichtigten Indikationen noch im Falle des Klägers eine Dienstfähigkeit gegeben sei. Einschränkungen der Beihilfe seien nur dann möglich‚ wenn dadurch die Dienstfähigkeit nicht in Frage gestellt werde.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, das Verwaltungsgericht habe die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen durch § 22 BayBhV mit zutreffenden Erwägungen für verfassungsgemäß gehalten. Die Begrenzung halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleiteten Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens, ohne die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern zu verletzen. Denn die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstünden, Beihilfen zu leisten. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass bereits nach „alter“ Rechtslage (bis zum 1.1.2004) erhebliche Beschränkungen im Hinblick auf die Beihilfegewährung bei Sehhilfen bestanden hätten. So seien schon damals Höchstbeträge für Brillengläser festgesetzt gewesen und es habe zeitliche Grenzen und medizinische Voraussetzungen für die Neubeschaffung von Sehhilfen gegeben. Damit hätten Beihilfeberechtigte erhebliche Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen selbst tragen bzw. sich auf das Entstehen solcher Aufwendungen z. B. durch den Abschluss privater Versicherungen einstellen müssen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weitgehende Leistungsausgrenzung von erwachsenen Personen bei der Beihilfegewährung im Bereich der Sehhilfen diese grundsätzlich finanziell nicht überfordere, zumal die Aufwendungen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und Sehhilfen auch relativ günstig zu erwerben bzw. durch Ergänzungstarife bei privaten Versicherungen abzudecken seien. Es sei auch zu beachten, dass die „neuen“ Beihilfevorschriften im Bereich der Sehhilfen denjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand der Entscheidung ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag des Klägers, ihm Beihilfe für die Aufwendungen für die Gleitsichtbrille, beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge, zu gewähren. Darin liegt - bezogen auf den vorangegangenen Sachantrag - keine Teilrücknahme der Berufung oder der Klage. Das Klage- und Berufungsbegehren des Klägers zielt im Kern darauf, die Wirksamkeit des Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen durch die Beihilfeverordnung gerichtlich klären zu lassen. Dabei ging es ihm von Anfang an maßgeblich um die Erstattungsfähigkeit der Gleitsichtbrille, die er für die Ausübung seiner Tätigkeit als Dozent als unabdingbar erachtet. Von daher ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Sachantrag lediglich als Konkretisierung des Begehrens des Klägers zu verstehen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille in Höhe von 232,40 Euro (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war entsprechend abzuändern und der Bescheid vom 15. September 2009 insoweit aufzuheben.

I.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (st. Rspr., vgl. statt aller BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Ob und inwieweit der Kläger für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, beurteilt sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a des Bayerischen Beamtengesetzes (i. d. F. d. Bek. v. 8.12.2006, GVBl. S. 987 - BayBG a. F.) erlassenen Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15), die in den hier einschlägigen Teilen bis heute unverändert geblieben ist.

II.

Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfe für die ihm ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.

1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Beamter zu 70% beihilfeberechtigt (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).

2. Die Aufwendungen des Klägers sind beihilfefähig gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBhV. Die Beihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf medizinisch notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat - nicht in Streit. Diese in Zweifel zu ziehen hat der Senat keinen Anlass.

3. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf den Kläger zutrifft. Auch hier hat der Senat keinen Anlass, dies in Zweifel zu ziehen.

4. Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nicht wirksam.

a) Die Wirksamkeit des Ausschlusses bzw. der Beschränkung ist nicht, wie der Kläger meint, unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass er nur unter Einsatz der Gleitsichtbrille Vorlesungen halten könne und infolgedessen der Dienstherr aus Gründen der Fürsorge verpflichtet sei, dieses Hilfsmittel im Rahmen der Beihilfe zu berücksichtigen, um die Dienstfähigkeit des Klägers zu erhalten. Denn die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme beurteilt sich ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten. Auf besondere berufliche Anforderungen ist hierbei nicht abzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 14.5.2014 - 14 ZB 13.2658 - juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 15.12.1983 - 2 C 66.81 - ZBR 1984, 274; OVG NW, B. v. 3.2.2012 - 1 A 1249/10 - juris Rn. 6).

b) Der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche - wie sie beim Kläger laut augenärztlichem Attest vom 22. Dezember 2009 unzweifelhaft vorliegt - gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat.

aa) Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/99; BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 18; B. v. 18.1.2013 - 5 B 44.12 - juris Rn. 7). Dieser muss Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (st. Rspr., vgl. u. a. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/101; BVerwG, U. v. 28.5.2008 - 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23).

Eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall zu gewährleisten bedeutet nicht, dass der Dienstherr die Aufwendungen eines ärztlich verordneten Hilfsmittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Nach dem gegenwärtigen System aber nicht ausschließbar sind Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 20; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23; U. v. 31.1.2002 - 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 3). In diesen Fällen ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden darf. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des Dienstherrn außerdem verletzt, wenn der Beihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.).

bb) Dies zugrunde gelegt, ist der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, der wie der Kläger eine gravierende Sehschwäche hat, unwirksam. Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet. Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (vgl. § 22 BayBhV).

Anders als bei der vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten weiteren Fallgruppe eines unzulässigen Leistungsausschlusses, wonach der Beihilfeberechtigte nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleiben darf, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (vgl. z. B. U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.), darf bei zur Bewältigung der wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unverzichtbaren Hilfsmitteln nicht auf die Höhe der Beschaffungskosten für das Hilfsmittel abgestellt werden. Würde man die Beihilfefähigkeit von unverzichtbaren Hilfsmitteln von der Höhe der jeweiligen Beschaffungskosten abhängig machen, könnte dies zu einer vollständigen Aushöhlung dieser vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten Fallgruppe führen. Denn dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber würde die Möglichkeit eröffnet, unverzichtbare, aber verhältnismäßig billige oder langlebige Hilfsmittel wie z. B. Anzieh-/Ausziehhilfen, Aufrichteschlaufen oder Gehhilfen (vgl. Anlage 4 zu § 21 Abs. 1 BayBhV) von der Beihilfefähigkeit auszuschließen. Dies wäre mit dem Fürsorgegrundsatz nicht zu vereinbaren. Die Kosten einer Brille stellen zudem, jedenfalls bei gravierender Sehschwäche, keine der Höhe nach zu vernachlässigenden Aufwendungen dar, wie im Falle des Klägers - ca. 930 Euro nur für die Gläser - deutlich wird.

cc) An den genannten Anforderungen an die Fürsorgepflicht ändert nichts, dass nach dem Vortrag des Beklagten in dem zum 1. Januar 2007 eingeführten bayerischen Beihilferecht die für die Erstattungsfähigkeit von Sehhilfen geltenden Beihilferegelungen des Bundes übernommen worden sind, die seit dem Jahr 2004 aus Gründen der Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten eine Erstattung von Aufwendungen für Sehhilfen für Erwachsene nur bei Vorliegen bestimmter Indikationen vorsahen. Denn die Sicherungssysteme „gesetzliche Krankenversicherung“ und „private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe“ weisen grundlegende Strukturunterschiede auf (vgl. BVerfG (Kammer), B. v. 28.2.2008 - 1 BvR 1778/05 - juris Rn. 3; BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 17). Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt. Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (BVerwG, U. v. 26.6.2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18). Zudem gilt es zu bedenken, dass Art. 96 BayBG bzw. die Vorgängerregelung Art. 86a BayBG a. F. im Gegensatz zu der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung des § 80 BBG (siehe dort Absatz 4) keinen völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Recht der Krankenversicherung - vorsieht.

c) Nach alledem ist der Teilausschluss jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig. Dies kann der Senat selbst feststellen. Eine Vorlage an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der auch bayerische Gesetze im materiellen Sinn überprüft (Art. 65, 92 BV), ist nicht erforderlich, weil § 22 Abs. 1 BayBhV zwar gegen die Bayerische Verfassung verstößt (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV), aber auch bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam ist (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 92 BV Rn. 14).

III.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in der begehrten Höhe für die Anschaffung der Gleitsichtbrille. Nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu klären ist vorliegend, ob die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge mit höherrangigem Recht vereinbar sind, weil der Kläger seinen Antrag entsprechend beschränkt hat. Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:

Rechtes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt. - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt. - 21 €, insgesamt 176,50 €.

Linkes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bei Anisometropie ab 2 dpt. - 21 €, insgesamt 155,50 €. Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 332 Euro. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70% ergibt sich die dem Kläger zustehende und beantragte Beihilfeleistung von 232,40 Euro.

IV.

Offenbleiben - weil nicht mehr entscheidungserheblich - kann, ob die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV geregelte Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nur für die dort aufgenommenen Diagnosen bzw. der daraus folgende Beihilfeausschluss für alle anderen Arten der Sehschwäche gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Art. 86a Abs. 5 BayBG a. F., der dem Art. 96 Abs. 5 BayBG entspricht, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommenen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Volljährige bzw. die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf das Vorliegen einiger weniger Diagnosen darstellt.

Nach alledem war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 232,40 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.

(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.

(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen. Maßnahmen der Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 14 B 13.654

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

14. Senat

(VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939)

Sachgebietsschlüssel: 1335

Hauptpunkte: Beihilfe für Beamte des Freistaats ...; Zulässigkeit eines grundsätzlichen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Brillen für Erwachsene (verneint).

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat ...,

vertreten durch: Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Beihilfe (Aufwendungen für Sehhilfe);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Klein, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 verpflichtet‚ dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der zum maßgeblichen Zeitpunkt mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigte Kläger‚ ein zwischenzeitlich im Ruhestand befindlicher Universitätsprofessor‚ begehrt Beihilfeleistungen für eine Gleitsichtbrille.

Der vom Kläger aufgesuchte Arzt für Augenheilkunde hat mit Datum 22. Juli 2009 Gleitsichtgläser mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -12.5, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Ferne Links: Sph -4.5, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten; Nähe Rechts: Sph -10.0, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Nähe Links: Sph -2.0, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten. Dem augenärztlichen Attest vom 22. Dezember 2009 ist zu entnehmen, dass beim Kläger eine Myopia per magna (ca. -13 dpt.) bestehe, zusätzlich orthoptisch eine Exophorie in der Nähe -8°, Ferne -3° und eine musculus obliquus inferior overaction links mehr als rechts sowie eine Hyotropie, die eine Prismenkorrektur erforderlich mache, da sonst Doppelbilder entstünden. Bei bester Korrektur betrage die Sehschärfe rechts 0.8, links 1.0. Ohne Brille sei der Kläger nicht arbeitsfähig und wesentlich sehbehindert.

Der Kläger beantragte am 10. September 2009 Beihilfe für eine Nah-‚ eine Fern- und eine Gleitsichtbrille unter Vorlage von drei Rechnungen jeweils vom 14. August 2009 in Höhe von 336‚50 Euro‚ 296 Euro und 923‚50 Euro. Mit Bescheid vom 15. September 2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sehhilfen gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV ab. Eine der Indikationen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube‚ liege nicht vor. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 nicht ab; vom Erlass eines förmlichen Widerspruchsbescheids wurde abgesehen.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage auf Beihilfegewährung „für die Sehhilfe“ wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. August 2010 ab. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Sehhilfen zu. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV‚ der eine Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen vorsehe‚ lägen nicht vor. Das Gericht halte die Vorschrift nicht für verfassungswidrig und verneine einen Anspruch des Klägers aus der Fürsorgepflicht. Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe gehöre nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und werde daher nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet. Die Fürsorgepflicht ergänze die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie erfordere‚ dass der Dienstherr den amtsangemessen Lebensunterhalt der Beamten und deren Familien auch in besonderen Belastungssituationen‚ wie Krankheit und Pflegebedürftigkeit, sichere. Er müsse dafür Sorge tragen‚ dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet blieben‚ die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten könnten. Dies sei auf Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen‚ in dem zur Eigenvorsorge des Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung trete. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlange weder‚ dass Aufwendungen der Beamten im Krankheitsfall durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und der ergänzenden Beihilfe vollständig abgedeckt würden‚ noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar seien. Der Dienstherr sei durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht daran gehindert‚ im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens. Die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen überfordere einen Beamten (speziell auch den Kläger) finanziell grundsätzlich nicht, zumal Aufwendungen für Sehhilfen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und durch eine private Krankenversicherung grundsätzlich versichert werden könnten. Unter dem Gesichtspunkt des Sparzwangs der öffentlichen Haushalte sowie unter dem Gesichtspunkt‚ dass für die zu leistende ergänzende Beihilfe nicht auf ein traditionelles Anspruchsniveau der Beamtenschaft abgestellt werden könne‚ könne die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen bzw. die Einschränkung auf sehr schwere Augenleiden nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht im Wesenskern angesehen werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen‚ dass die Beihilfevorschriften der Beschränkung für Sehhilfen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet worden seien.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beschränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von Beihilfe für die Gleitsichtbrille in bestimmter Höhe.

Der Kläger beantragt‚

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 den Beklagten zu verpflichten‚ für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwinge die Verfassung den Verordnungsgeber neben der „quantitativen“ auch zur Beachtung einer „qualitativen“ Belastungsgrenze. Der Ausschluss gewisser Hilfsmittel von der Beihilfe liege mindestens dann außerhalb des ihm zustehenden Ermessensspielraums‚ wenn sie unmittelbar die Dienstfähigkeit sicher stellten‚ deren Erhalt der Kläger - wie jeder Beamte - seinem Dienstherrn unabhängig von seiner Besoldung schon unter Treuegesichtspunkten schulde. Der Verweis auf einen angeblichen „öffentlichen Sparzwang“ sei kein stichhaltiges Argument. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ es bestehe keine verfassungsrechtliche Verpflichtung‚ den Beamten in Krankheitsfällen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren‚ werde nicht beigepflichtet. Vielmehr sei eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung von Beihilfe unbestritten und er habe lediglich ein Ermessen‚ solange er die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern nicht verletze. Auch aus Gründen des „Sparzwangs der öffentlichen Haushalte“ dürfe den Beamten kein Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Nicht ersichtlich sei‚ auf welches „traditionelle Anspruchsniveau“ sich das Verwaltungsgericht berufe. Das Argument‚ die Beschränkung der Beihilfe nur für „sehr schwere Augenleiden“ sei der Angleichung an die gesetzliche Krankenversicherung geschuldet‚ könne keine Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht rechtfertigen. Im Rahmen der Beihilfe sei zu beachten‚ dass der Kläger die Sehhilfe zur Herstellung seiner Dienstfähigkeit benötige. Der Dienstherr habe sich prinzipiell an den Kosten aller Hilfsmittel zu beteiligen‚ die zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich seien‚ erst recht wenn sie zur Herstellung der Dienstfähigkeit unerlässlich seien. Der Verordnungsgeber habe indessen unsachlich und willkürlich zwischen verschiedenen Stufen der Blindheit differenziert‚ wobei ohne Hilfsmittel weder in den im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV berücksichtigten Indikationen noch im Falle des Klägers eine Dienstfähigkeit gegeben sei. Einschränkungen der Beihilfe seien nur dann möglich‚ wenn dadurch die Dienstfähigkeit nicht in Frage gestellt werde.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, das Verwaltungsgericht habe die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen durch § 22 BayBhV mit zutreffenden Erwägungen für verfassungsgemäß gehalten. Die Begrenzung halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleiteten Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens, ohne die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern zu verletzen. Denn die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstünden, Beihilfen zu leisten. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass bereits nach „alter“ Rechtslage (bis zum 1.1.2004) erhebliche Beschränkungen im Hinblick auf die Beihilfegewährung bei Sehhilfen bestanden hätten. So seien schon damals Höchstbeträge für Brillengläser festgesetzt gewesen und es habe zeitliche Grenzen und medizinische Voraussetzungen für die Neubeschaffung von Sehhilfen gegeben. Damit hätten Beihilfeberechtigte erhebliche Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen selbst tragen bzw. sich auf das Entstehen solcher Aufwendungen z. B. durch den Abschluss privater Versicherungen einstellen müssen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weitgehende Leistungsausgrenzung von erwachsenen Personen bei der Beihilfegewährung im Bereich der Sehhilfen diese grundsätzlich finanziell nicht überfordere, zumal die Aufwendungen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und Sehhilfen auch relativ günstig zu erwerben bzw. durch Ergänzungstarife bei privaten Versicherungen abzudecken seien. Es sei auch zu beachten, dass die „neuen“ Beihilfevorschriften im Bereich der Sehhilfen denjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand der Entscheidung ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag des Klägers, ihm Beihilfe für die Aufwendungen für die Gleitsichtbrille, beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge, zu gewähren. Darin liegt - bezogen auf den vorangegangenen Sachantrag - keine Teilrücknahme der Berufung oder der Klage. Das Klage- und Berufungsbegehren des Klägers zielt im Kern darauf, die Wirksamkeit des Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen durch die Beihilfeverordnung gerichtlich klären zu lassen. Dabei ging es ihm von Anfang an maßgeblich um die Erstattungsfähigkeit der Gleitsichtbrille, die er für die Ausübung seiner Tätigkeit als Dozent als unabdingbar erachtet. Von daher ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Sachantrag lediglich als Konkretisierung des Begehrens des Klägers zu verstehen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille in Höhe von 232,40 Euro (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war entsprechend abzuändern und der Bescheid vom 15. September 2009 insoweit aufzuheben.

I.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (st. Rspr., vgl. statt aller BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Ob und inwieweit der Kläger für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, beurteilt sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a des Bayerischen Beamtengesetzes (i. d. F. d. Bek. v. 8.12.2006, GVBl. S. 987 - BayBG a. F.) erlassenen Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15), die in den hier einschlägigen Teilen bis heute unverändert geblieben ist.

II.

Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfe für die ihm ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.

1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Beamter zu 70% beihilfeberechtigt (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).

2. Die Aufwendungen des Klägers sind beihilfefähig gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBhV. Die Beihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf medizinisch notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat - nicht in Streit. Diese in Zweifel zu ziehen hat der Senat keinen Anlass.

3. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf den Kläger zutrifft. Auch hier hat der Senat keinen Anlass, dies in Zweifel zu ziehen.

4. Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nicht wirksam.

a) Die Wirksamkeit des Ausschlusses bzw. der Beschränkung ist nicht, wie der Kläger meint, unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass er nur unter Einsatz der Gleitsichtbrille Vorlesungen halten könne und infolgedessen der Dienstherr aus Gründen der Fürsorge verpflichtet sei, dieses Hilfsmittel im Rahmen der Beihilfe zu berücksichtigen, um die Dienstfähigkeit des Klägers zu erhalten. Denn die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme beurteilt sich ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten. Auf besondere berufliche Anforderungen ist hierbei nicht abzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 14.5.2014 - 14 ZB 13.2658 - juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 15.12.1983 - 2 C 66.81 - ZBR 1984, 274; OVG NW, B. v. 3.2.2012 - 1 A 1249/10 - juris Rn. 6).

b) Der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche - wie sie beim Kläger laut augenärztlichem Attest vom 22. Dezember 2009 unzweifelhaft vorliegt - gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat.

aa) Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/99; BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 18; B. v. 18.1.2013 - 5 B 44.12 - juris Rn. 7). Dieser muss Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (st. Rspr., vgl. u. a. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/101; BVerwG, U. v. 28.5.2008 - 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23).

Eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall zu gewährleisten bedeutet nicht, dass der Dienstherr die Aufwendungen eines ärztlich verordneten Hilfsmittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Nach dem gegenwärtigen System aber nicht ausschließbar sind Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 20; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23; U. v. 31.1.2002 - 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 3). In diesen Fällen ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden darf. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des Dienstherrn außerdem verletzt, wenn der Beihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.).

bb) Dies zugrunde gelegt, ist der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, der wie der Kläger eine gravierende Sehschwäche hat, unwirksam. Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet. Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (vgl. § 22 BayBhV).

Anders als bei der vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten weiteren Fallgruppe eines unzulässigen Leistungsausschlusses, wonach der Beihilfeberechtigte nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleiben darf, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (vgl. z. B. U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.), darf bei zur Bewältigung der wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unverzichtbaren Hilfsmitteln nicht auf die Höhe der Beschaffungskosten für das Hilfsmittel abgestellt werden. Würde man die Beihilfefähigkeit von unverzichtbaren Hilfsmitteln von der Höhe der jeweiligen Beschaffungskosten abhängig machen, könnte dies zu einer vollständigen Aushöhlung dieser vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten Fallgruppe führen. Denn dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber würde die Möglichkeit eröffnet, unverzichtbare, aber verhältnismäßig billige oder langlebige Hilfsmittel wie z. B. Anzieh-/Ausziehhilfen, Aufrichteschlaufen oder Gehhilfen (vgl. Anlage 4 zu § 21 Abs. 1 BayBhV) von der Beihilfefähigkeit auszuschließen. Dies wäre mit dem Fürsorgegrundsatz nicht zu vereinbaren. Die Kosten einer Brille stellen zudem, jedenfalls bei gravierender Sehschwäche, keine der Höhe nach zu vernachlässigenden Aufwendungen dar, wie im Falle des Klägers - ca. 930 Euro nur für die Gläser - deutlich wird.

cc) An den genannten Anforderungen an die Fürsorgepflicht ändert nichts, dass nach dem Vortrag des Beklagten in dem zum 1. Januar 2007 eingeführten bayerischen Beihilferecht die für die Erstattungsfähigkeit von Sehhilfen geltenden Beihilferegelungen des Bundes übernommen worden sind, die seit dem Jahr 2004 aus Gründen der Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten eine Erstattung von Aufwendungen für Sehhilfen für Erwachsene nur bei Vorliegen bestimmter Indikationen vorsahen. Denn die Sicherungssysteme „gesetzliche Krankenversicherung“ und „private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe“ weisen grundlegende Strukturunterschiede auf (vgl. BVerfG (Kammer), B. v. 28.2.2008 - 1 BvR 1778/05 - juris Rn. 3; BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 17). Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt. Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (BVerwG, U. v. 26.6.2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18). Zudem gilt es zu bedenken, dass Art. 96 BayBG bzw. die Vorgängerregelung Art. 86a BayBG a. F. im Gegensatz zu der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung des § 80 BBG (siehe dort Absatz 4) keinen völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Recht der Krankenversicherung - vorsieht.

c) Nach alledem ist der Teilausschluss jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig. Dies kann der Senat selbst feststellen. Eine Vorlage an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der auch bayerische Gesetze im materiellen Sinn überprüft (Art. 65, 92 BV), ist nicht erforderlich, weil § 22 Abs. 1 BayBhV zwar gegen die Bayerische Verfassung verstößt (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV), aber auch bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam ist (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 92 BV Rn. 14).

III.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in der begehrten Höhe für die Anschaffung der Gleitsichtbrille. Nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu klären ist vorliegend, ob die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge mit höherrangigem Recht vereinbar sind, weil der Kläger seinen Antrag entsprechend beschränkt hat. Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:

Rechtes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt. - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt. - 21 €, insgesamt 176,50 €.

Linkes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bei Anisometropie ab 2 dpt. - 21 €, insgesamt 155,50 €. Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 332 Euro. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70% ergibt sich die dem Kläger zustehende und beantragte Beihilfeleistung von 232,40 Euro.

IV.

Offenbleiben - weil nicht mehr entscheidungserheblich - kann, ob die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV geregelte Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nur für die dort aufgenommenen Diagnosen bzw. der daraus folgende Beihilfeausschluss für alle anderen Arten der Sehschwäche gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Art. 86a Abs. 5 BayBG a. F., der dem Art. 96 Abs. 5 BayBG entspricht, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommenen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Volljährige bzw. die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf das Vorliegen einiger weniger Diagnosen darstellt.

Nach alledem war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 232,40 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der ihm ärztlich verordneten zwei Hörgeräte.

2

Er ist als Bundesbeamter im Ruhestand Versorgungsempfänger der Beklagten mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 v.H.

3

Am 17. Januar 2011 beantragte der Kläger die Gewährung von Beihilfe für die am selben Tag erfolgte Beschaffung von zwei Hörgeräten zu einem Preis von jeweils 2 099 € sowie für die Beschaffung von zwei Maßotoplastiken zu einem Preis von jeweils 69 €. Der Rechnungsbetrag belief sich nach Abzug eines Kundenrabatts auf 4 124,10 €. Mit Bescheid vom 26. Januar 2011 setzte die Beklagte die Beihilfe insoweit auf einen Betrag von 1 435 € fest. Sie stützte sich auf die Höchstbetragsregelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5, die die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten, auf einen Betrag von 1 025 € je Ohr beschränkte.

4

Auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 1 451,87 € zu gewähren.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufwendungen für beide Hörgeräte seien zwar grundsätzlich beihilfefähig, da sie im Sinne des § 6 Abs. 1 BBhV notwendig sowie wirtschaftlich angemessen und die Hörgeräte - wie von § 25 Abs. 1 BBhV vorausgesetzt - erforderlich seien. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte einschließlich der Nebenkosten sei aber durch § 25 Abs. 1 Satz 2 BBhV i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 wirksam auf 1 025 € je Ohr begrenzt. Diese Höchstbetragsregelung finde ihre Rechtsgrundlage in § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz. Sie verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Ebenso stehe sie mit der verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Einklang. Das Fehlen einer abstrakt-generellen Härtefallregelung für die Fälle, in denen ein Beamter wegen der Höhe seiner Alimentation in nicht mehr zumutbarer Weise mit krankheitsbedingten Aufwendungen belastet werde, ändere daran nichts. Denn unzumutbare Belastungen könnten, ohne dass es auf das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ankomme, bis zum Erlass einer ausdrücklichen Regelung im Einzelfall durch die entsprechende Anwendung der Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 BBhV vermieden werden. Ob dem Kläger bei Anwendung der Belastungsgrenze eine weitere Beihilfe zustehe, sei in einem von ihm durch einen entsprechenden Antrag einzuleitenden gesonderten Verwaltungsverfahren zu ermitteln. Einen solchen Antrag habe der Kläger bisher nicht gestellt, so dass auch das (hilfsweise) auf Neubescheidung gerichtete Begehren keinen Erfolg habe.

6

Mit seiner Revision macht der Kläger Rechts- und Verfahrensfehler geltend. Er rügt eine Verletzung des Art. 33 Abs. 5 GG. Eine Höchstbetragsregelung, die - wie nach der hier noch maßgeblichen beihilferechtlichen Bestimmung - in den typischen Fällen keine ausreichende Versorgung mit Hörgeräten gewährleiste, verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Der für Hörgeräte festgesetzte Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr sei willkürlich und mit den tatsächlichen durchschnittlichen Kosten für Hörgeräte nicht in Übereinstimmung zu bringen. Dies stelle auch eine Art der Altersdiskriminierung dar, da Schwerhörigkeit eine Erkrankung sei, die in der Regel im fortgeschrittenen Lebensalter auftrete. Das angefochtene Urteil verletze zudem § 50 Abs. 1 BBhV. Diese Regelung könne nicht analog angewandt werden, da es sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehle. Erforderliche Hilfsmittel seien in der Regel erheblich teurer als nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel. Darüber hinaus habe das Oberverwaltungsgericht das Gebot der prozessualen Fairness verletzt und eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend angenommen hat, § 50 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (BGBl I S. 326) in der hier anzuwendenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 (BGBl I S. 3922) - BBhV - sei auf Aufwendungen, die den in der Bundesbeihilfeverordnung für Hörgeräte einschließlich Nebenkosten festgesetzten Höchstbetrag überstiegen, entsprechend anzuwenden. Vielmehr ist insoweit § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV analog heranzuziehen. Ob ein Anspruch auf die geltend gemachte weitere Beihilfe bei Berücksichtigung dieser Vorschrift abzulehnen ist und sich die Entscheidung somit aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist, kann der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Damit bedarf es keiner Entscheidung über die von der Revision vorgebrachten Verfahrensrügen.

9

Die Voraussetzungen für die geltend gemachte weitere Beihilfe, die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Ziff. 1 Anlage 5 BBhV ergeben, sind dem Grunde nach erfüllt. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. Urteil vom 8. November 2012 - BVerwG 5 C 4.12 - Buchholz 270.1 § 22 BBhV Nr. 1 Rn. 12 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt ist danach hier der Tag der Rechnungsstellung des Hörgeräteakustikers am 17. Januar 2011. Nach den genannten Bestimmungen haben Versorgungsempfänger einen Anspruch auf Beihilfe zu den notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen für ein ärztlich verordnetes Hilfsmittel, das im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Das Hilfsmittel muss zudem in Anlage 5 BBhV genannt sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Zu entscheiden ist allein darüber, ob die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung von Hörgeräten einschließlich der Nebenkosten zum maßgeblichen Zeitpunkt wirksam auf den Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr beschränkt war. Das war der Fall. Ein Ausschluss - oder wie hier - eine Begrenzung der Beihilfefähigkeit stellt sich als Einschränkung des im Beihilferecht verankerten Grundsatzes dar, dass Beihilfe gewährt wird, soweit die Aufwendungen notwendig und angemessen sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV). Sie bedürfen deshalb in formeller Hinsicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (1.) und müssen in materieller Hinsicht mit höherrangigem Recht vereinbar sein (2.) (vgl. Urteile vom 8. November 2012 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 Rn. 14 m.w.N.).

10

1. § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV bestimmt, dass die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung ärztlich verordneter Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten bis zu 1 025 € je Ohr gegebenenfalls zuzüglich der Aufwendungen einer medizinisch notwendigen Fernbedienung beihilfefähig sind.

11

Diese Verordnungsregelung beruht auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Verordnungsermächtigung. Denn sie wurde auf der Grundlage des § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz - BBG - vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) in der rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes vom 14. November 2011 (BGBl I S. 2219) erlassen. Danach regelt das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfegewährung, insbesondere der Höchstbeträge, des völligen oder teilweisen Ausschlusses von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch und der Berücksichtigung von Kindern. Von dieser Verordnungsermächtigung ist die in Rede stehende Höchstbetragsregelung gedeckt. Konkrete inhaltliche Vorgaben für die Festlegung und Ausgestaltung der Höchstbeträge sind der Verordnungsermächtigung nicht zu entnehmen. Sie verpflichtet den Verordnungsgeber insbesondere nicht, sich insoweit an den Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (z.B. § 36 Abs. 3 i.V.m. § 35 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. März 2014 ), zu orientieren. Dafür sprechen bereits deutlich der Wortlaut des § 80 Abs. 4 BBG und dessen binnensystematische Gliederung. Nach dem Satzbau bezieht sich das Gebot, sich an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch anzulehnen, nur auf den ebenfalls beispielhaft aufgezählten völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, nicht aber auf Höchstbeträge. Dieser Befund wird durch den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers bestätigt. In der Gesetzesbegründung zu § 80 Abs. 4 BBG wird zwischen der Festlegung von Höchstbeträgen und dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln unterschieden. Die entsprechenden Regelungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch werden dabei - wie sich aus dem Wort "insoweit" erschließt - allein im Hinblick auf die dem Verordnungsgeber eingeräumte Möglichkeit in Bezug genommen, die Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln auszuschließen. Nur "insoweit" soll sichergestellt werden, dass für die Beihilfe das gleiche Leistungsprogramm wie für gesetzlich Krankenversicherte gilt (vgl. BTDrucks 16/70769 S. 119).

12

2. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte auf den Höchstbetrag des § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz (a) noch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (b).

13

a) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie beruht auf einer angesichts der Begrenzung der Beihilfefähigkeit geforderten (vgl. Urteil vom 28. Mai 2009 a.a.O.) inneren, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG standhaltenden Rechtfertigung (aa). Der Vergleich mit den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung kann keinen Gleichheitsverstoß begründen (bb). Eine gleichheitswidrige Benachteiligung älterer Beihilfeberechtigter gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten liegt nicht vor (cc).

14

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <100> und vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68> m.w.N.). Knüpft die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte an oder hängt sie von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen ab, hat der Normgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Ein Gleichheitsverstoß ist nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereiches ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Normgeber dagegen regelmäßig engen rechtlichen Bindungen. Dies gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 a.a.O. m.w.N.). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann in diesen Fällen schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Für beide Fallgruppen gilt, dass die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilferecht angeführten Gründe auch vor der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn Bestand haben müssen, in der die Beihilfe ihre Grundlage hat (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Urteile vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 29 und vom 5. Mai 2010 - BVerwG 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 10 f. jeweils m.w.N.). Zwar begründet die Durchbrechung einer vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit für sich genommen noch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie kann jedoch ein Indiz für eine objektiv willkürliche Regelung oder das Fehlen eines nach Art und Gewicht hinreichenden Rechtfertigungsgrundes darstellen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. September 2009 - 1 BvR 2275/07 - ZOV 2009, 291 <295> m.w.N.). Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist daher eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes indiziert, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit, dass notwendige und angemessene Aufwendungen beihilfefähig sind, ohne zureichenden Grund verlässt.

15

Hieran gemessen ist der für Hörgeräte in § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV festgesetzte Höchstbetrag nicht als willkürlich zu beanstanden. Der Senat ist auf eine Willkürprüfung beschränkt, da dieser Betrag an sachliche Unterschiede zwischen den in Anlage 5 BBhV genannten Hilfsmitteln anknüpft und hierdurch auch keine mittelbare Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt wird. Die durch den Höchstbetrag bedingte Leistungsbegrenzung beruht auf einem auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht plausiblen und sachlich vertretbaren Grund. Bei der Entscheidung, ob und für welche Hilfsmittel im Einzelnen die notwendigen und angemessenen Anschaffungskosten nur bis zu einer bestimmten Obergrenze als beihilfefähig anerkannt und demzufolge die Beihilfeberechtigten gegebenenfalls mit einem Teil dieser Kosten belastet werden, steht dem Normgeber ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. Urteile vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 31. Januar 2002 - BVerwG 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 2 f.). Die Festlegung des in Rede stehenden Höchstbetrages für Hörgeräte überschreitet diesen Spielraum nicht. Sie erlaubt in einer Vielzahl von Fällen die Anschaffung medizinisch notwendiger und technisch hochwertiger Hörgeräte. Soweit eine Zuzahlung erforderlich ist, liegt dem Höchstbetrag erkennbar die willkürfreie Wertung zugrunde, dass es sich insoweit um hochpreisige Hilfsmittel handelt, die im Allgemeinen eine längere Lebensdauer aufweisen und nicht in kürzeren Abständen angeschafft werden müssen. Demzufolge verteilt sich eine etwaige den Beihilfeberechtigten treffende finanzielle Belastung rechnerisch auf mehrere Jahre, sodass dieser regelmäßig in der Lage sein wird, hierfür eine entsprechende Eigenvorsorge zu treffen.

16

bb) Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich auch nicht damit begründen, dass gesetzlich Krankenversicherte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170) einen Anspruch auf kostenfreie Versorgung mit einem Hörgerät haben, das einen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegten Festbetrag übersteigt, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag unmöglich ist. Unabhängig davon, ob hier überhaupt ein solcher Fall vorliegt, wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG in der Regel und so auch hier durch Unterschiede in der Leistungsgewährung nach den Beihilfevorschriften des Bundes und den Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht verletzt. Denn die Krankheitsvorsorge aufgrund von Beihilfe und ergänzender Privatversicherung unterscheidet sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen grundlegend von der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Urteil vom 5. Mai 2010 a.a.O. Rn. 17 m.w.N.).

17

cc) Die höhenmäßige Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte benachteiligt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht gleichheitswidrig Beihilfeberechtigte "im fortgeschrittenen Lebensalter" gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten. Sie unterscheidet nicht zwischen diesen beiden Personengruppen, sondern gilt unterschiedslos für alle Beihilfeberechtigten. Mithin wird der Beihilfeanspruch für ältere Beihilfeberechtigte nicht von anderen als den für jedermann geltenden Voraussetzungen abhängig gemacht. Zwar kann auch eine gesetzliche Regelung, deren Wortlaut eine Ungleichbehandlung vermeidet, dann dem Gleichheitssatz widersprechen, wenn sich aus ihrer praktischen Auswirkung eine offenbare und sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Ungleichheit ergibt und diese ungleiche Auswirkung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3 und 5/67 - BVerfGE 24, 300 <358> und Beschluss vom 9. August 1978 - 2 BvR 831/76 - BVerfGE 49, 148 <165>). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Es ist bereits nicht offensichtlich, dass die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte typischerweise und damit in aller Regel einen Kreis von Beihilfeberechtigten in der Weise betrifft, dass eine Art. 3 Abs. 1 GG zuwiderlaufende "Altersdiskriminierung" - wie sie der Kläger geltend macht - in Erwägung gezogen werden könnte.

18

b) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte muss mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die auf Bundesebene einfachgesetzlich in § 78 BBG normiert und als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankert ist (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 15 ff.), in Einklang stehen (aa). Dabei kann hier offenbleiben, ob die Bundesbeihilfeverordnung in Bezug auf die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV den Anforderungen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht nur dann in vollem Umfang gerecht wird, wenn sie eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten im Einzelfall vorhält. Denn an einer solchen Härtefallregelung mangelt es hier nicht (bb).

19

aa) Die Fürsorgepflicht ergänzt die ebenfalls in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten bzw. Versorgungsempfänger und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt oder Tod sicherstellt. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 10. Oktober 2013 - BVerwG 5 C 32.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 24 = NVwZ-RR 2014, 240 <242>; vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 18; vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 25 jeweils m.w.N.). Für die genannten besonderen Belastungssituationen wird die Fürsorgepflicht grundsätzlich abschließend durch die Beihilfevorschriften konkretisiert (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 10. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Im Bereich der Krankenvorsorge verpflichtet sie den Dienstherrn, den Beamten bzw. Versorgungsempfänger von in Hinblick auf seine Alimentation unzumutbaren und unabwendbaren Belastungen freizuhalten (vgl. Beschluss vom 22. März 2005 - BVerwG 2 B 9.05 -), gebietet aber keine lückenlose Erstattung aller krankheitsbedingten Kosten. Daher ist der Dienstherr aus Gründen der Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Beihilfefähigkeit aus triftigen Gründen zu beschränken oder ganz auszuschließen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 19; vom 24. Februar 2011 - BVerwG 2 C 9.10 - USK 2011, 88 Rn. 15 und vom 28. Mai 2008 a.a.O. Rn. 25 f. sowie Beschluss vom 18. Januar 2013 - BVerwG 5 B 44.12 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Dienstherr, wenn er sich - wie nach dem gegenwärtig praktizierten System - entscheidet, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, und dabei für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen einen Leistungsausschluss oder eine Leistungsbegrenzung vorsieht, dafür zu sorgen, dass der Beamte bzw. Versorgungsempfänger nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann. Geschieht dies nicht und führt eine Beschränkung zu unzumutbaren Belastungen, ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen oder begrenzt werden darf (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 21 m.w.N.).

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bb) Es kann hier dahinstehen, ob und in wie vielen Fällen die mit dem Höchstbetrag verbundene Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte ausnahmsweise zu einer unzumutbaren Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Ferner muss nicht entschieden werden, ob der Verordnungsgeber aus Gründen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht für solche Fälle normative Vorkehrungen treffen musste. Ebenso kann offenbleiben, ob die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV ohne eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten insgesamt oder nur teilweise unwirksam gewesen ist. Denn selbst wenn es einer Härtefallregelung bedurfte, fehlte es zu dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt an einer solchen nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar Bundesrecht verletzt, soweit es der Sache nach § 50 Abs. 1 BBhV analog angewandt hat ((1)). Eine etwaige Regelungslücke war aber durch analoge Anwendung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen ((2)).

21

(1) Eine Analogie zu § 50 Abs. 1 BBhV scheidet aus. Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung - hier die Analogie - setzt eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes - hier im materiellen Sinne - voraus. Ob eine Regelungslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Verordnungsgebers erfassten Fälle in den Vorschriften der Verordnung tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Verordnungsregelungen nicht alle Fälle erfasst, die nach deren Sinn und Zweck erfasst sein sollten (vgl. z.B. für Gesetze im formellen Sinne Urteil vom 12. September 2013 - BVerwG 5 C 35.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 27 = DVBl 2014, 307 <309> m.w.N.). Darüber hinaus ist eine vergleichbare Sach- und Interessenlage erforderlich. Die Bundesbeihilfeverordnung weist zwar für Härtefälle, die sich aus der Anwendung der Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ergeben, eine planwidrige Regelungslücke auf ((a)). Die Sach- und Interessenlage in derartigen Fällen ist indessen nicht die gleiche, die der in § 50 Abs. 1 BBhV getroffenen Regelung zugrunde liegt ((b)).

22

(a) Die hier anzuwendende Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 war lückenhaft. Sie traf - was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht - für den in Rede stehenden Sachverhalt keine ausdrückliche Härtefallregelung. Allerdings war ihr zu entnehmen, dass den Beihilfeberechtigten nach dem Plan des Verordnungsgebers ausnahmsweise ein über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehender Anspruch zugestanden werden soll, wenn und soweit sie infolge eines teilweisen oder vollständigen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit mit Kosten belastet blieben, die ihre finanziellen Möglichkeiten erheblich übersteigen. Dafür sprechen die bereits in der hier anzuwendenden Fassung enthaltenen zahlreichen Härtefallregelungen für andere Konstellationen. So sind beispielsweise nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BBhV andere (als notwendige und wirtschaftlich angemessene) Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, soweit die Ablehnung der Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG eine besondere Härte darstellen würde. Darüber hinaus regelt § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV, dass getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig sind, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Des Weiteren sieht § 31 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BBhV vor, dass Fahrtkosten einschließlich Flugkosten anlässlich von Behandlungen außerhalb der Europäischen Union ausnahmsweise beihilfefähig sind, soweit sie aus zwingenden medizinischen Gründen im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG erforderlich sind. In dieselbe Richtung weist § 41 Abs. 3 BBhV, wonach das Bundesministerium des Innern die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen zur Früherkennung, Überwachung und Verhütung von Erkrankungen, die nicht nach anderen Vorschriften dieser Verordnung beihilfefähig sind, in Verwaltungsvorschriften für diejenigen Fälle ausnahmsweise zulassen kann, in denen die Gewährung von Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Ebenso bestimmt § 47 Abs. 1 BBhV, dass die oberste Dienstbehörde oder eine von ihr bestimmte Behörde im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG den Bemessungssatz für Aufwendungen anlässlich einer Dienstbeschädigung angemessen erhöhen kann, soweit nicht bereits Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz bestehen; gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 BBhV kann sie den Bemessungssatz in weiteren besonderen Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern angemessen erhöhen, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG zwingend geboten ist. Dass der Verordnungsgeber die angeführten Regelungen nicht als abschließend und demzufolge den Höchstbetrag für Hörgeräte nicht als starre Obergrenze verstanden hat, zeigt sich daran, dass er in die am 20. September 2012 in Kraft getretene Dritte Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 8. September 2012 (BGBl I S. 1935) - BBhV n.F. - eine ausdrückliche Härtefallregelung für Hörgeräte aufgenommen hat. Nach Ziff. 8.8 der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV n.F. kann der Höchstbetrag für Hörgeräte überschritten werden, soweit dies erforderlich ist, um eine ausreichende Versorgung bei beidseitiger an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder bei vergleichbar schwerwiegenden Sachverhalten zu gewährleisten. Zudem hat der Verordnungsgeber mit § 6 Abs. 7 Satz 1 BBhV n.F. eine allgemeine Härtefallregelung geschaffen.

23

(b) Eine Analogie scheidet jedoch aus, weil der hier zu beurteilende Sachverhalt mit dem von § 50 Abs. 1 BBhV erfassten Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Der Verordnungsgeber wollte mit §§ 49 und 50 BBhV die Maßnahmen des zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG -) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) wirkungsgleich auf den Beihilfebereich übertragen. Die Beihilfeberechtigten sollten in entsprechender Weise wie die gesetzlich Krankenversicherten zur Kostentragung herangezogen werden. Dementsprechend sieht § 49 BBhV vergleichbar der Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Zuzahlungspflicht (§ 61 SGB V) einen Abzug von Eigenbehalten vor (vgl. Begründung des Entwurfs der Bundesbeihilfeverordnung, Stand: 2. April 2007, S. 34). § 50 Abs. 1 BBhV setzt daneben die Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Begrenzung der Zuzahlungspflicht (§ 62 SGB V) um (vgl. Begründung des Entwurfs der Beihilfeverordnung a.a.O. S. 36). Danach sind auf Antrag Eigenbehalte nach § 49 BBhV von den beihilfefähigen Aufwendungen oder der Beihilfe für ein Kalenderjahr nicht abzuziehen, soweit sie die Belastungsgrenze nach Satz 4, d.h. zwei oder ein Prozent der jährlichen Einnahmen nach § 39 Abs. 3 Satz 3 bis 7 BBhV, übersteigen. Im Unterschied dazu geht es bei der Gewährung einer über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Leistung nicht darum, eine wirkungsgleiche Belastung zwischen Beihilfeberechtigten und gesetzlich Krankenversicherten herzustellen. Die Einräumung eines Beihilfeanspruchs über den festgelegten Höchstbetrag hinaus dient allein der Erfüllung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall.

24

(2) Die planwidrige Regelungslücke ist mit Blick auf die vergleichbare Sach- und Interessenlage durch entsprechende Heranziehung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen.

25

Nach § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV sind getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Die Entscheidung hierüber ist von Amts wegen in dem durch Beihilfeantrag eingeleiteten Verfahren zu treffen. Bei wertender Betrachtung macht es aus der Sicht der Fürsorgepflicht keinen sachlichen Unterschied, ob bei der Anschaffung von Hilfsmitteln der vollständige Ausschluss der Beihilfefähigkeit oder deren höhenmäßige Begrenzung zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Sowohl in den in § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV geregelten Fallkonstellationen als auch in dem nicht geregelten Fall, dass für ein in der Anlage 5 genanntes Hilfsmittel ein Höchstbetrag als Obergrenze für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen festgelegt ist, bedarf es eines über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Anspruchs, um zu gewährleisten, dass der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht auch unter Berücksichtigung des pauschalierenden und typisierenden Charakters der Beihilfevorschriften im Einzelfall genügt wird.

26

Das Oberverwaltungsgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob die Ablehnung der Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der Hörgeräte eine besondere Härte für den Kläger darstellt. Die Sache ist daher an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, damit es diese Prüfung nachholen kann.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um eine beamtenrechtliche Beihilfe für den behindertengerechten Umbau eines Kraftfahrzeugs.

2

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens war Ruhestandsbeamtin im Dienst des beklagten Landes. Ihr nunmehr als Alleinerbe den Prozess weiterführender Ehemann leidet an Multipler Sklerose und ist pflegebedürftig (Pflegestufe III). Am 5. Mai 2008 beantragte die Klägerin Beihilfe für den behindertengerechten Umbau ihres Fahrzeugs. Sie fügte eine ärztliche Bescheinigung bei, nach der es ihr auf Grund eines eigenen Herzleidens und ihres Alters nicht (mehr) möglich sei, dem Ehemann ohne Umbau des Fahrzeugs vom Rollstuhl in ein Auto zu helfen. Das Fahrzeug werde insbesondere für Arztbesuche und für die Aufrechterhaltung sozialer und familiärer Kontakte benötigt. Die Kosten für den Einbau eines elektrischen Schwenksitzes und einer automatischen Rampe zur Mitnahme des Rollstuhls betrugen 15 897,97 €. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. August 2008 und Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2009 die anteilige Erstattung der Umbaukosten in Höhe von 70 v.H. ab.

3

Klage und Berufung blieben erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof führte im Wesentlichen aus, dass zwar grundsätzlich eine Beihilfeberechtigung für Hilfsmittel in Höhe von 70 v.H. bestehe. Beihilfefähig seien aber nur ärztlich verordnete und in der Anlage 1 zur Beihilfeverordnung aufgeführte Hilfsmittel. Der behindertengerechte Umbau eines PKW sei in der sogenannten Positivliste (Ziffer 2.1 der Anlage 1) nicht als Hilfsmittel enthalten. Zudem würden in der sogenannten Negativliste (Ziffer 2.3 der Anlage 1) "behindertengerecht veränderte Gegenstände" und "Personenkraftwagen einschließlich behindertengerechter Einbauten" von der Beihilfe explizit ausgeschlossen. Der Ausschluss erfasse auch den behindertengerechten Umbau eines Fahrzeugs. Dieser Leistungsausschluss verstoße nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gehöre. Die Fürsorgepflicht fordere nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Hilfefällen entstehender Aufwendungen. Die vorliegende Regelung grenze in zulässig typisierender Weise Aufwendungen in Krankheitsfällen von Kosten ab, die schwerpunktmäßig der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen seien. Auch im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung würden nur solche Hilfsmittel ersetzt, die auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet seien. Im Falle einer Gehbehinderung würden nur Hilfsmittel ersetzt, die zur Bewältigung einer Entfernung dienten, die ein Gesunder zu Fuß zurücklege. Zur Erschließung dieses Nahbereichs sei der behindertengerechte Umbau eines PKW regelmäßig nicht erforderlich. Der Kläger habe dafür einen elektrischen Rollstuhl ("Skooter"). Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn fordere keinen über diesen Basisausgleich hinausgehenden Behinderungsausgleich. Der Leistungsausschluss für den Umbau eines PKW widerspreche auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG. Der beihilfeberechtigte Beamte werde im Vergleich zum gesetzlich Krankenversicherten nicht schlechter gestellt. Die vom Bundessozialgericht im Fall einer Wachkoma-Patientin entwickelten Grundsätze für die Hilfsmittelversorgung seien auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil der Kläger weniger schwer erkrankt sei. Schließlich bestehe auch kein Anspruch aufgrund der Härtefallregelung der Beihilfeverordnung. Diese Regelung greife nur in atypischen Einzelfällen ein. Im vorliegenden Fall liege jedoch bei dem Leistungsausschluss kein vom Regelfall gravierend abweichender Sonderfall vor.

4

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von Art. 33 Abs. 5 GG. Die Pflicht zur Gewährung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts erstrecke sich auch auf Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit, die mit der Regelalimentation finanziell nicht zu bewältigen seien. Der Maßstab der Alimentations- und der Fürsorgepflicht sei nicht die von Art. 1 Abs. 1 GG garantierte sozialstaatliche Deckung der Grundbedürfnisse, hier die Wiederherstellung des Bewegungsradius, den ein gesunder Mensch zu Fuß erreiche. Vielmehr gehöre zur amtsangemessenen Alimentation auch ein "Minimum an Lebenskomfort", wozu auch die Möglichkeit der Nutzung eines eigenen Autos zähle. Wenn aber der Beamte so alimentiert werden müsse, dass er sich einen Personenkraftwagen leisten könne, dann fordere die Fürsorgepflicht des Dienstherrn bei einer schweren Erkrankung auch den behindertengerechten Umbau des Fahrzeugs. Der Gesetzgeber müsse zwar nicht für alle Wechselfälle des Lebens Vorsorge treffen. Er könne jedoch nicht typischerweise auftretende schwere Belastungen vom Beihilfesystem ausschließen. Da der behindertengerechte Umbau eines Fahrzeugs typischerweise hohe Kosten verursache, verletze der Leistungsausschluss die Fürsorgepflicht. Der Ausschluss widerspreche auch dem Gleichheitsgrundsatz, weil der baden-württembergische Verordnungsgeber die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlassen habe. Da der behindertengerechte Umbau des PKW im vorliegenden Fall medizinisch notwendig gewesen sei, dürfe die Beihilfe für die wirtschaftlich angemessenen Umbaukosten nicht ausgeschlossen werden. Es sei außerdem widersprüchlich, behindertengerechte Autokindersitze als beihilfefähig anzuerkennen, nicht aber den Einbau eines für einen erwachsenen behinderten Menschen erforderlichen Schwenksitzes. Der Verwaltungsgerichtshof habe ferner das Vorliegen eines Härtefalls zu Unrecht abgelehnt und verfahrensfehlerhaft die insoweit erforderliche Aufklärung unterlassen.

5

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und führt aus, dass der Leistungsausschluss auch nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG und gegen die UN-Behindertenrechtskonvention verstoße.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich der Rechtsauffassung des Beklagten angeschlossen und darauf hingewiesen, dass die Beihilfevorschriften des Bundes ebenfalls einen Leistungsausschluss für behindertengerechte Umbauten von PKW vorsehen. Generell sei die juristisch leitende Argumentation der Revision, dass unzureichende Alimentation zu einem Beihilfeanspruch führe, nicht tragfähig. Auch könnten die Darlegungen der Revision zum Vorliegen eines Härtefalls nicht überzeugen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht, soweit es der Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht unterliegt, nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Senat ist gehindert, der Frage des von dem Kläger gerügten Verfahrensmangels nachzugehen (1.). In materiellrechtlicher Hinsicht ist das Berufungsurteil revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden (2.).

8

1. Das Bundesverwaltungsgericht ist auf die Überprüfung materiellrechtlicher Fehler des angefochtenen Urteils beschränkt, weil Verfahrensmängel nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise gerügt sind. Die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge, der Verwaltungsgerichtshof habe das Vorliegen der Voraussetzungen eines Härtefalles nicht ausreichend aufgeklärt, genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO. Für die ordnungsgemäße Begründung der Rüge mangelhafter Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) hätte substantiiert dargelegt werden müssen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern deren Berücksichtigung auf der Grundlage der vordergerichtlichen Rechtsauffassung zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Weiterhin hätte entweder dargelegt werden müssen, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. Urteil vom 20. April 2004 - BVerwG 1 C 13.03 - BVerwGE 120, 298 <303>). Daran fehlt es.

9

2. Das somit allein in materiellrechtlicher Hinsicht zu überprüfende Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht insoweit nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die erstrebte Beihilfeleistung.

10

a) Die Gewährung der Beihilfe ist nach den insoweit einschlägigen Bestimmungen ausgeschlossen.

11

Maßgeblich für die Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfen verlangt werden (Urteil vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 Rn. 11). Da die Aufwendungen für den Umbau des Fahrzeugs im Januar 2008 getätigt worden sind, ist ihre Beihilfefähigkeit an Hand des damals in Baden-Württemberg geltenden § 101 des Landesbeamtengesetzes (LBG) in der Fassung des Gesetzes vom 19. März 1996 (GBl S. 285), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. November 2007 (GBl S. 505), sowie an Hand der Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO) vom 28. Juli 1995 (GBl S. 561), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Februar 2004 (GBl S. 66), zu beurteilen.

12

aa) Nach diesen Vorschriften war die Ehefrau des Klägers als Ruhestandsbeamtin grundsätzlich beihilfeberechtigt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 BVO). Sie konnte für Aufwendungen berücksichtigungsfähiger Angehöriger nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2 BVO eine Beihilfe in Höhe von 70 v.H. beanspruchen. Da sie die Beihilfe für den Umbau des Fahrzeugs noch selbst beantragt hat, ist dieser Rechtsanspruch jedenfalls nach § 1 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BVO vererblich und kann von dem Kläger als Alleinerben im Revisionsverfahren weiter verfolgt werden (vgl. Urteil vom 29. April 2010 - BVerwG 2 C 77.08 - BVerwGE 137, 30 Rn. 7 ff.). Der Anspruch erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO auf medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Hilfsmittel, soweit sie in der Anlage 1 der genannten Beihilfeverordnung enthalten sind. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der behindertengerechte Umbau des Kraftfahrzeuges ärztlich verordnet ist und - generell betrachtet - als Hilfsmittel angesehen werden kann.

13

bb) Jedoch schließt die in der Anlage 1 der Beihilfeverordnung enthaltene Negativliste (Ziffer 2.3 BVO) die Erstattung von Aufwendungen für "Personenkraftwagen einschließlich behindertengerechter Einbauten" aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Ziffer 2.3 Satz 2 BVO werden von der Erstattung ausgeschlossen nicht nur die Aufwendungen für den Erwerb von bereits behindertengerecht veränderten Fahrzeugen, sondern auch die Aufwendungen für die behindertengerechte Umrüstung eines PKW. Dies folgt auch aus der Entstehungsgeschichte. Nach Ziffer 2.3.2 der Anlage zur Beihilfeverordnung vom 12. März 1986 (GBl S. 67 <78>) bestand bereits ein Leistungsausschluss für "Personenkraftwagen oder -sitze", während behindertengerechte Einbauten damals zumindest teilweise als beihilfefähig angesehen wurden (vgl. Urteile vom 30. Juni 1983 - BVerwG 2 C 36.81 u.a. - Buchholz 238.911 Nr. 4 BhV Nr. 1 und vom 14. März 1991 - BVerwG 2 C 23.89 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 5). Wäre es nur um eine deklaratorische Präzisierung dieser Rechtslage gegangen, dann hätte der Verordnungsgeber behindertengerechte Einbauten in die Positivliste aufnehmen und die Personenkraftwagen oder -sitze in der Negativliste belassen müssen. Da er stattdessen mit der Änderungsverordnung vom 22. Oktober 1990 (GBl S. 335 <340>) "Personenkraftwagen einschließlich behindertengerechter Einbauten" in die Negativliste aufgenommen hat, spricht dies für den Willen zu einer konstitutiven Ausweitung des Leistungsausschlusses. Ferner streitet auch der Kostendämpfungszweck der Regelung für ein weites Textverständnis. Eine enge Auslegung würde zu dem widersprüchlichen Ergebnis führen, dass der isolierte Fahrzeugumbau auch bei hohen Kosten beihilfefähig wäre, während der unter Umständen kostengünstigere Erwerb eines bereits behindertengerecht veränderten PKW auch nicht teilweise beihilfefähig sein könnte.

14

Für die Anwendung der Härtefallbestimmung des § 5 Abs. 6 Satz 1 BVO ist kein Raum, weil diese Regelung nach § 5 Abs. 6 Satz 3 BVO für ausdrückliche Leistungsausschlüsse - wie hier - nicht gilt. Davon abgesehen hat der Verwaltungsgerichtshof bindend festgestellt (§ 137 Abs. 2 VwGO), dass die Voraussetzungen eines Härtefalles nicht gegeben seien.

15

b) Diese Begrenzung des Beihilfeanspruchs ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar.

16

aa) Die von Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sind nicht verletzt.

17

(1) Ein Verstoß gegen die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht, die zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtenrums gehört, liegt nicht vor. In der verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Beihilfe in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört. Das System der Beihilfen kann jederzeit geändert werden, ohne dass dadurch Art. 33 Abs. 5 GG berührt wird. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Beamten und Versorgungsempfängern für Krankheitsfälle oder vergleichbare Belastungen Unterstützung gerade in Form von Beihilfen im Sinn der Beihilfevorschriften oder gar von solchen Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren, besteht nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <232>; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2003 - BVerwG 2 C 26.02 - BVerwGE 119, 168 <169>).

18

Die Gewährung von Beihilfen findet jedoch ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89 <99>). Dieser muss Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Eine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht jedoch nicht (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. November 2002 a.a.O. S. 232 und vom 13. November 1990 a.a.O. S. 100 ff.).

19

Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (stRspr, vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 a.a.O. S. 101; BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26 und - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 23).

20

Der Dienstherr muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten. Das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines ärztlich verordneten Hilfsmittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Dies gilt insbesondere für Hilfsmittel, die vorrangig der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (sozialen Rehabilitation) dienen. Hierzu gehören in aller Regel die Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Personenkraftwagens. Nach dem gegenwärtigen System nicht ausschließbar sind lediglich Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 3 und vom 28. Mai 2008 jeweils a.a.O.).

21

In diesen Fällen ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden darf (vgl. Urteil vom 31. Januar 2002 a.a.O.). Anders liegt es unter anderem bei Aufwendungen, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind, und bei Aufwendungen, die sich als mittelbare Folgekosten einer Krankheit darstellen (vgl. Urteile vom 30. Juni 1983 - BVerwG 2 C 36.81 - Buchholz 238.911 Nr. 4 BhV Nr. 1 , vom 14. März 1991 -BVerwG 2 C 23.89 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 5 und vom 28. Mai 2008 jeweils a.a.O.).

22

Gemessen daran ist der Ausschluss behindertengerechter Einbauten in Kraftfahrzeugen von der Beihilfegewährung nicht zu beanstanden. Er berührt den Wesenskern der Fürsorgepflicht nicht, sondern wahrt den dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht in den Beihilfevorschriften zustehenden Gestaltungsspielraum.

23

Da die in Rede stehenden Einbauten allein der Nutzung des Kraftfahrzeugs dienen, ist ihre Beihilfefähigkeit genauso zu beurteilen wie diejenige des Fahrzeugs selbst. Die Nutzung eines Kraftfahrzeugs ist auch bei behinderten Menschen typischerweise nicht von existenzieller Bedeutung und nicht notwendig, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Sie ist bei typisierender Betrachtung in ihrem Schwerpunkt dem Bereich der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen (so auch Urteile vom 30. Juni 1983 a.a.O. und vom 14. März 1991 a.a.O. S. 7). Der Gebrauch eines Kraftfahrzeugs erfolgt in aller Regel zur Überwindung von über den Nahbereich hinausgehenden Entfernungen. Die mit ihm einhergehende Erhöhung der Mobilität des behinderten Menschen dient vor allem seiner sozialen und/oder beruflichen Rehabilitation. Der Senat verkennt nicht, dass der weitgehende Ausgleich der Behinderung im Interesse der sozialen und/oder beruflichen Rehabilitation in besonderer Weise anzustreben und zu fördern ist. Der Gesetzgeber hat insoweit im Sozialrecht Instrumente vorgesehen und Ansprüche geschaffen. Der von dem Kern der Fürsorgepflicht garantierte Beihilfeanspruch erfasst hingegen nicht die soziale und berufliche Rehabilitation. Nichts anderes folgt daraus, dass von Verfassungs wegen Aufwendungen erstattet werden müssen, die notwendig sind, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Dazu gehört der Einsatz eines Kraftfahrzeugs typischerweise nicht. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass der behinderte Mensch auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen sein kann, um notwendige Arztbesuche durchzuführen oder andere gebotene medizinische Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Insoweit besteht nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 und 2 BVO ein Anspruch auf Fahrt- und Transportkostenerstattung. Es kann hier dahinstehen, ob die Fürsorgepflicht gebietet, dem behinderten Menschen im Rahmen der Beihilfegewährung diejenigen Aufwendungen zu erstatten, die notwendig sind, um ihm die Mobilität in einem räumlichen Nahbereich zu verleihen. Zur Erschließung dieses Bereichs ist ein Kraftfahrzeug in der Regel nicht erforderlich. So liegt es auch im vorliegenden Fall. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs steht dem Kläger ein elektrischer Rollstuhl zur Verfügung, der ihn in die Lage versetzt, sich im Nahbereich zu bewegen.

24

Soweit im Interesse des Behinderungsausgleichs eine Pflicht der Krankenversicherung bestehen kann, die Kosten für behindertengerechte Einbauten in Kraftfahrzeugen zu übernehmen (vgl. dazu z.B. BSG, Urteil vom 19. April 2007 - B 3 KR 9/06 R - juris Rn. 11 ff. m.w.N.), beruht dies auf den insoweit einschlägigen gesetzlichen Vorgaben des Sozialrechts und dessen spezifischen Zielsetzungen, die sich nicht decken mit den aufgezeigten Voraussetzungen, nach denen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht die Beihilfegewährung gebietet.

25

(2) Das als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums verfassungsrechtlich gewährleistete Alimentationsprinzip steht dem Ausschluss der Beihilfegewährung für behindertengerechte Einbauten in Kraftfahrzeuge nicht entgegen.

26

Da das Beihilfesystem als solches nicht verfassungsrechtlich verankert ist, kann der Gesetzgeber den Beihilfestandard bestimmen, ohne bei der konkreten Ausgestaltung des Beihilfesystems Bindungen durch das Alimentationsprinzip zu unterliegen (Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 <25>). Er kann den Beihilfestandard grundsätzlich auf ein niedriges Niveau absenken und es dem Beamten überlassen, sich durch eine höhere Zusatzversicherung ein amtsangemessenes medizinisches Versorgungsniveau zu sichern. Stellen Absenkungen des Beihilfestandards die Amtsangemessenheit der Alimentation insgesamt in Frage, so ist verfassungsrechtlich nicht die Anpassung der Beihilfen, sondern eine entsprechende Korrektur der Besoldungsgesetze geboten, die das Alimentationsprinzip konkretisieren (Urteil vom 20. März 2002 a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <233>).

27

Daher mag es zwar zutreffen, dass die verfassungsrechtliche Verpflichtung zur amtsangemessenen Alimentation neben der Befriedigung der Grundbedürfnisse auch ein "Minimum als Lebenskomfort" einschließt und dass dazu auch die Möglichkeit der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs zählt (BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75, 2 BvR 12 BvR 1045/75 - BVerfGE 44, 249 = juris Rn. 43). Daraus folgt jedoch nicht, dass sich der Gesetzgeber auch bei der Festlegung der Beihilfen für den Krankheitsfall zwingend an der Aufrechterhaltung dieses Komfortniveaus orientieren muss. Vielmehr kann er für den Krankheitsfall auch ein niedrigeres Komfortniveau festlegen und dessen Anhebung der Eigenvorsorge des Beamten überlassen.

28

bb) Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für behindertengerechte Kraftfahrzeugeinbauten verletzt auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

29

Dieser gebietet wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt. Betrifft die angegriffene Maßnahme ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bewegt sich der Normgeber dagegen auf einem Gebiet, auf dem er engen rechtlichen Bindungen unterliegt, so kann ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Da die Beihilfe ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat, ist diese bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich zu beachten. Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfensystem angeführten Gründe müssen hiervor Bestand haben. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfensystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt (vgl. Urteile vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 29 und - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 26 und vom 18. Februar 2009 - BVerwG 2 C 23.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 18).

30

Das ist hier nicht der Fall. Für den Ausschluss von "Personenkraftwagen einschließlich behindertengerechter Einbauten" gibt es sachliche, im Beihilferecht angelegte Gründe. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit rechtfertigt sich - wie ausgeführt - aus dem Umstand, dass der Einsatz eines behindertengerecht umgebauten Personenkraftwagens in aller Regel dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen ist. Hinzu kommt, dass der Einsatz des Kraftfahrzeugs und damit des behindertengerechten Einbaus der willentlichen Steuerung des Klägers unterliegt. Auch dies erweist sich als sachlicher Grund, die Beihilfefähigkeit auszuschließen (vgl. Urteil vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - a.a.O. Rn. 29).

31

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet zudem die folgerichtige, d.h. gleichmäßige Anwendung des gewählten Differenzierungsmerkmals. Der Normgeber darf von den für maßgeblich erklärten Wertungen nur abweichen, wenn hierfür Gründe vorliegen, deren Gewicht die Abweichung nach Art und Ausmaß rechtfertigt (Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <313 f.> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 4, vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 16.06 - Buchholz 237.3 § 71b BrLBG Nr. 1 Rn. 13 und vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - a.a.O. Rn. 25). Solche Gründe liegen hier in Bezug auf die Beihilfefähigkeit eines "Autokindersitzes mit individuell schwerstbehindertengerechter Ausstattung" vor. Die Beihilfefähigkeit der bezeichneten Autokindersitze rechtfertigt sich bereits aus dem altersbedingten Angewiesensein des Kindes auf die in den ersten Lebensjahren besonders intensive und durch eine enge räumliche Nähe geprägte Fürsorge durch die Personensorgeberechtigten. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung liegt auch nicht mit Blick auf die Beihilfefähigkeit von Teleskoprampen vor. Teleskoprampen gelangen im Unterschied zu Einbauten in Kraftfahrzeugen auch im häuslichen Bereich zum Einsatz.

32

cc) Der Ausschluss der Aufwendungen für behindertengerechte Einbauten in Kraftfahrzeuge aus der Beihilfegewährung verstößt auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung Behinderter (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG).

33

Der Senat lässt dahinstehen, ob ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG schon deshalb ausscheidet, weil das Begehren des Klägers als von dem Grundrecht nicht gewährleisteter originärer Leistungsanspruch anzusehen wäre (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 <304> m.w.N.). Auch unter den anderen in Betracht kommenden Gesichtspunkten scheidet eine Grundrechtsverletzung aus.

34

Eine Benachteiligung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG liegt unter anderem bei Regelungen und Maßnahmen vor, die die Situation des Behinderten wegen seiner Behinderung verschlechtern, indem ihm etwa Leistungen verwehrt werden, die jedermann zustehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 a.a.O. S. 303). Dies ist hier nicht der Fall. Abzustellen ist insoweit auf den von dem Wesenskern der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gewährleisteten Beihilfeanspruch. Der behindertengerechte Umbau des Kraftfahrzeuges ist - wie aufgezeigt - dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen und deshalb von diesem Anspruch nicht erfasst. Dass für Aufwendungen in dem Bereich der privaten Lebensführung kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Beihilfegewährung besteht, gilt für behinderte Menschen und solche ohne Behinderung gleichermaßen. Mithin wird dem Kläger keine Leistung verwehrt, die jedermann zusteht.

35

Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist auch insoweit nicht verletzt, als eine Benachteiligung bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein kann, wenn dieser nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Oktober 1997 a.a.O. S. 303 und vom 11. Januar 2011 - 1 BvR 3588/09 u.a. - BVerfGE 128, 138 <156>). Die Voraussetzungen einer solchen Beeinträchtigung des Grundrechts liegen hier schon deshalb nicht vor, weil sich der Kläger nicht gegen die Versagung einer Leistung wendet, die anderen behinderten Menschen als Entfaltungs- oder Betätigungsmöglichkeit gewährt wird.

36

dd) Der Leistungsausschluss für behindertengerechte Kfz-Einbauten verstößt auch nicht gegen Völkervertragsrecht. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass der angegriffene Leistungsausschluss schon in zeitlicher Hinsicht nicht gegen das "Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" vom 13. Dezember 2006 (BGBl II 2008, 1419) verstoßen kann. Denn die beihilfefähigen Aufwendungen sind bereits im Januar 2008 entstanden. Das Abkommen ist von der Bundesrepublik Deutschland aber erst am 21. Dezember 2008 ratifiziert und am 26. März 2009 in Kraft gesetzt worden (BGBl II 2009, 812).

Tatbestand

1

Die 1918 geborene vormalige Klägerin war als Witwe eine Oberamtsrats (Besoldungsgruppe A 13) beihilfeberechtigt. Sie ist im Jahr 2008 verstorben; die Kläger führen das Klageverfahren als Miterben fort.

2

Im Jahr 2004 wurde die Klägerin in einem Pflegeheim untergebracht, das sie kurz darauf wechselte. Seinerzeit war ihr die Pflegestufe II zuerkannt worden. Die ihr für die Unterbringung in den beiden Pflegeheimen entstandenen Kosten setzten sich zusammen aus Pflegekosten, Unterkunfts- und Verpflegungskosten sowie Investitionskosten. Ihre private Pflegepflichtversicherung erstattete einen Teil der Pflegekosten. Für die restlichen Pflegekosten und für die übrigen Kosten der Heimunterbringung beantragte sie die Gewährung von Beihilfen. Die Beklagte erstattete jeweils 70 % der monatlich entstandenen Aufwendungen für die stationäre Pflege.

3

Für Oktober 2004 gewährte die Beklagte zusätzlich eine Beihilfe zu den Unterkunfts- und Verpflegungskosten der Klägerin. Die nicht durch Beihilfe- und Versicherungsleistungen gedeckten Pflegeheimkosten beliefen sich im Juli 2004 auf 1 403,66 €, im Oktober 2004 auf 1 481,62 €. Diesen Belastungen stand das Witwengeld der Klägerin von monatlich 1 855,28 € brutto bzw. 1 863,07 € gegenüber.

4

Nach erfolglosen Widersprüchen hat die Klägerin Klage mit dem Ziel erhoben, ihr weitere Beihilfen von 166 € für Juli 2004 und 411 € für Oktober 2004 zu gewähren.

5

Das Berufungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, über die Gewährung der weiteren Beihilfen erneut zu entscheiden. Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich, dass das Berufungsgericht die Beklagte für verpflichtet hält, den Bemessungssatz für die Beihilfe zu den stationären Pflegekosten von jeweils 70 % auf 78,37 % (für Juli 2004) und 79,4 % (für Oktober 2004) der beihilfefähigen Aufwendungen zu erhöhen. Dies sei erforderlich, um sicherzustellen, dass der Klägerin die Mittel für eine angemessene Lebensführung zur Verfügung gestanden hätten. Hierfür hätten ihr 30 % der Bruttobeträge des Witwengeldes verbleiben müssen. Auch müsse die Beklagte über die Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsprämien im Wege der weiteren Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes entscheiden.

6

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. November 2009 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 18. April 2008 aufzuheben und die Klage, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist, abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hält das Berufungsurteil für unzutreffend. Dem Erfolg des Klagebegehrens stehe entgegen, dass die geltend bemachte Unteralimentation nicht durch Gewährung höherer Beilhilfen beseitigt werden könne.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO), ist überwiegend nicht begründet.

11

Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Anspruch auf Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes zur Bestreitung der ungedeckten Pflegekosten aus § 12 Abs. 5 Buchst. c der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfenverordnung - BVO) in der hier anzuwendenden Fassung vom 27. Januar 2004 (GV. NRW S. 30) hergeleitet (1.). Es verstößt jedoch gegen revisibles Recht, soweit es die Verpflichtung zur Neubescheidung auf die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erstreckt hat (2.).

12

Der Beihilfeanspruch der vormaligen Klägerin ist mit deren Tod im Wege der Erbfolge gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf die Kläger übergegangen. Diese führen den Rechtsstreit fort; eine Klageänderung liegt nicht vor (vgl. Urteil vom 29. April 2010 - BVerwG 2 C 77.08 - BVerwGE 137, 30 Rn. 7 ff. = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 37). Die Regelung des § 14 BVO NRW ist damit gegenstandslos geworden.

13

1. Nach § 12 Abs. 5 Buchst. c BVO NRW können die Bemessungssätze der Absätze 1, 3 und 4 im Einzelfall in besonderen Ausnahmefällen, die nur bei Anlegung des strengsten Maßstabes anzunehmen sind, erhöht werden. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b BVO NRW beträgt der Bemessungssatz für Versorgungsempfänger wie die Klägerin 70 % der beihilfefähigen Aufwendungen. Wie sich aus § 5 Abs. 1, Abs. 7 BVO NRW ergibt, sind dies die Aufwendungen u.a. für die stationäre Pflege nach Maßgabe des Pflegesatzes, nicht aber die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten. Hierbei handelt es sich um allgemeine Lebenshaltungskosten, die in aller Regel aus den Versorgungsbezügen zu bestreiten sind. Dementsprechend sind sie nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 5 Abs. 7 Satz 2 BVO NRW beihilfefähig.

14

Der unbestimmte Rechtsbegriff des besonderen Ausnahmefalles ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass den Anforderungen des durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Alimentationsgrundsatzes Rechnung getragen wird.

15

Die in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Pflicht des Dienstherrn zur Sicherstellung des amtsangemessenen Lebensunterhalts erstreckt sich auch auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf begründen. Die verfassungsrechtliche Alimentationspflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der Beamte mit der Regelalimentation nicht bewältigen kann, oder dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15. Mai 1985 - BVerfGE 70, 69 <79> und vom 7. November 2002 - BVerfGE 106, 225 <232>, BVerwG, Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 <279> = Buchholz 237.6 § 87c NdsLBG Nr. 1, vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 und vom 29. April 2010 a.a.O. Rn. 13).

16

Sind die Dienst- und Versorgungsbezüge so bemessen, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Beamte die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls tragen kann. Wenn sich der Dienstherr für das "Mischsystem" aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen entscheidet, so muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Diese Funktion erfüllt die ergänzend gewährte Beihilfe für einen Teil der Aufwendungen insbesondere in Krankheits- und Pflegefällen (stRspr, zuletzt Urteil vom 29. April 2010 a.a.O. Rn. 14 m.w.N. auch zur Rechtsprechung des BVerfG).

17

Eigenvorsorge bedeutet nicht, dass die Beamten die hierfür erforderlichen Mittel vollständig aus der Regelalimentation (Dienst- oder Versorgungsbezüge) oder - soweit vorhanden - aus sonstigem Einkommen und Vermögen bestreiten müssen. Vielmehr muss die Regelalimentation betragsmäßig so bemessen sein, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt auch nach Abzug der Kosten für die Eigenvorsorge (Versicherungsprämien) gewahrt bleibt (BVerfG, Beschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 1715/03 u.a. - NJW 2008, 137 Rn. 28 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 Rn. 20 f., stRspr).

18

Die Alimentation wird unabhängig von sonstigem Einkommen oder Vermögen gewährt. Dies gilt nicht nur für die Regelalimentation, sondern ebenso für die Alimentation in besonderen Lebenslagen. Deshalb dürfen Beamte oder Versorgungsempfänger weder bei der Beurteilung der Amtsangemessenheit des Lebensunterhalts nach Abzug der Pflegekosten noch bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Eigenvorsorge auf sonstiges Einkommen oder Vermögen verwiesen werden. Daher kann Beihilfe für krankheits- oder pflegebedingte Aufwendungen nicht mit der Begründung verneint werden, der Beamte oder Versorgungsempfänger müsse zunächst sein Vermögen einsetzen.

19

Daraus folgt, dass ein besonderer Ausnahmefall im Sinne von § 12 Abs. 5 Buchst. c BVO NRW bei verfassungskonformer Auslegung des Begriffs anzunehmen ist, wenn die Regelalimentation des Beamten oder Versorgungsempfängers, hier das Witwengeld der Erblasserin, nach Abzug der Pflegekosten nicht mehr ausreicht, um den amtsangemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Davon ausgehend erstreckt sich der Alimentationsanspruch eines Beamten oder Versorgungsempfängers jedenfalls dann auch auf die Erstattung der beihilferechtlich notwendigen und angemessenen Pflegekosten, die bei einer stationären Unterbringung in einem Pflegeheim anfallen, wenn er nicht darauf verwiesen werden kann, er habe für diesen Fall Eigenvorsorge betreiben müssen.

20

Ob die Regelalimentation so bemessen ist, dass Beamte und Versorgungsempfänger neben der Krankenversicherung und der Pflegepflichtversicherung für den Pflegefall weitergehende ergänzende Eigenvorsorge betreiben können, kann der Senat offenlassen. Denn jedenfalls die 1918 geborene vormalige Klägerin konnte nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts eine solche ergänzende Eigenvorsorge nicht betreiben. Sie war im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Pflegeversicherungsgesetzes am 1. Januar 1985 (BGBl I 1994 S. 1014), das eine Versicherungspflicht für den Pflegefall auch für Beamten einführte, nicht mehr im Rahmen eines Pflegeergänzungstarifs versicherbar. Daher stellt sich die Frage nicht, ob ihr die Kosten einer derartigen Versicherung zumutbar gewesen wären.

21

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war die verstorbene Klägerin außerdem nicht einmal mehr in der Lage, nach Abzug der Pflegeheimkosten und der Vorsorgeaufwendungen ihre notwendigen Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Leistungen für die Kindererziehung gemäß § 294 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht in die Einkommensberechnung für die Klägerin eingestellt. Nach dieser Bestimmung erhält eine Mutter, die vor dem 1. Januar 1921 geboren ist, für jedes Kind eine Leistung für Kindererziehung. Damit sollte den Müttern der Geburtsjahrgänge vor 1921 der tatsächliche Erhalt dieser Leistungen garantiert werden (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1997 - 1 BvL 3/89 - BVerfGE 97, 103, <114>).

22

Nach alledem hat das Berufungsgericht der verstorbenen Klägerin zu Recht einen Anspruch auf zusätzliche Beihilfen zu den stationären Pflegekosten nach § 12 Abs. 5 Buchst. c BVO NRW zuerkannt.

23

2. Nicht mit revisiblem Recht vereinbar ist hingegen, dass das Berufungsgericht aus § 12 Abs. 5 Buchst. c BVO NRW eine Verpflichtung der Beklagten hergeleitet hat, eine Ermessensentscheidung über eine Erstattung von 70 v.H. der Beiträge der vormaligen Klägerin zur Kranken- und Pflegeversicherung zu treffen. Die Anwendung dieser Regelung setzt voraus, dass die Aufwendungen nach § 12 Abs. 1, § 5 Abs. 1, Abs. 7 BVO NRW beihilfefähig sind. Dies ist bei Versicherungsprämien nicht der Fall; sie gehören zu den Kosten der allgemeinen Lebenshaltung.

24

3. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Beihilfe für die Verpflegungs-, Unterkunfts- und Investitionskosten jedenfalls nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist. Der Senat entnimmt den Gründen des Berufungsurteils, dass das Berufungsgericht einen derartigen Anspruch verneint hat. Da das Berufungsurteil ausschließlich von der Beklagten, nicht aber von der Klägerin mit einem Rechtsmittel angefochten worden ist, ist es insoweit rechtskräftig geworden (vgl. zum Umfang der materiellen Rechtskraft eines Bescheidungsurteils und zur Beschwer durch ein Bescheidungsurteil Urteile vom 27. Januar 1995 - BVerwG 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70, vom 3. November 1994 - BVerwG 3 C 30.93 - Buchholz 418.15 Nr. 2 und vom 3. Dezember 1981 - BVerwG 7 C 30.80, 7 C 31.80 - Buchholz 421.0 Nr. 157).

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der ihm ärztlich verordneten zwei Hörgeräte.

2

Er ist als Bundesbeamter im Ruhestand Versorgungsempfänger der Beklagten mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 v.H.

3

Am 17. Januar 2011 beantragte der Kläger die Gewährung von Beihilfe für die am selben Tag erfolgte Beschaffung von zwei Hörgeräten zu einem Preis von jeweils 2 099 € sowie für die Beschaffung von zwei Maßotoplastiken zu einem Preis von jeweils 69 €. Der Rechnungsbetrag belief sich nach Abzug eines Kundenrabatts auf 4 124,10 €. Mit Bescheid vom 26. Januar 2011 setzte die Beklagte die Beihilfe insoweit auf einen Betrag von 1 435 € fest. Sie stützte sich auf die Höchstbetragsregelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5, die die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten, auf einen Betrag von 1 025 € je Ohr beschränkte.

4

Auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 1 451,87 € zu gewähren.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufwendungen für beide Hörgeräte seien zwar grundsätzlich beihilfefähig, da sie im Sinne des § 6 Abs. 1 BBhV notwendig sowie wirtschaftlich angemessen und die Hörgeräte - wie von § 25 Abs. 1 BBhV vorausgesetzt - erforderlich seien. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte einschließlich der Nebenkosten sei aber durch § 25 Abs. 1 Satz 2 BBhV i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 wirksam auf 1 025 € je Ohr begrenzt. Diese Höchstbetragsregelung finde ihre Rechtsgrundlage in § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz. Sie verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Ebenso stehe sie mit der verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Einklang. Das Fehlen einer abstrakt-generellen Härtefallregelung für die Fälle, in denen ein Beamter wegen der Höhe seiner Alimentation in nicht mehr zumutbarer Weise mit krankheitsbedingten Aufwendungen belastet werde, ändere daran nichts. Denn unzumutbare Belastungen könnten, ohne dass es auf das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ankomme, bis zum Erlass einer ausdrücklichen Regelung im Einzelfall durch die entsprechende Anwendung der Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 BBhV vermieden werden. Ob dem Kläger bei Anwendung der Belastungsgrenze eine weitere Beihilfe zustehe, sei in einem von ihm durch einen entsprechenden Antrag einzuleitenden gesonderten Verwaltungsverfahren zu ermitteln. Einen solchen Antrag habe der Kläger bisher nicht gestellt, so dass auch das (hilfsweise) auf Neubescheidung gerichtete Begehren keinen Erfolg habe.

6

Mit seiner Revision macht der Kläger Rechts- und Verfahrensfehler geltend. Er rügt eine Verletzung des Art. 33 Abs. 5 GG. Eine Höchstbetragsregelung, die - wie nach der hier noch maßgeblichen beihilferechtlichen Bestimmung - in den typischen Fällen keine ausreichende Versorgung mit Hörgeräten gewährleiste, verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Der für Hörgeräte festgesetzte Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr sei willkürlich und mit den tatsächlichen durchschnittlichen Kosten für Hörgeräte nicht in Übereinstimmung zu bringen. Dies stelle auch eine Art der Altersdiskriminierung dar, da Schwerhörigkeit eine Erkrankung sei, die in der Regel im fortgeschrittenen Lebensalter auftrete. Das angefochtene Urteil verletze zudem § 50 Abs. 1 BBhV. Diese Regelung könne nicht analog angewandt werden, da es sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehle. Erforderliche Hilfsmittel seien in der Regel erheblich teurer als nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel. Darüber hinaus habe das Oberverwaltungsgericht das Gebot der prozessualen Fairness verletzt und eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend angenommen hat, § 50 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (BGBl I S. 326) in der hier anzuwendenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 (BGBl I S. 3922) - BBhV - sei auf Aufwendungen, die den in der Bundesbeihilfeverordnung für Hörgeräte einschließlich Nebenkosten festgesetzten Höchstbetrag überstiegen, entsprechend anzuwenden. Vielmehr ist insoweit § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV analog heranzuziehen. Ob ein Anspruch auf die geltend gemachte weitere Beihilfe bei Berücksichtigung dieser Vorschrift abzulehnen ist und sich die Entscheidung somit aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist, kann der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Damit bedarf es keiner Entscheidung über die von der Revision vorgebrachten Verfahrensrügen.

9

Die Voraussetzungen für die geltend gemachte weitere Beihilfe, die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Ziff. 1 Anlage 5 BBhV ergeben, sind dem Grunde nach erfüllt. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. Urteil vom 8. November 2012 - BVerwG 5 C 4.12 - Buchholz 270.1 § 22 BBhV Nr. 1 Rn. 12 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt ist danach hier der Tag der Rechnungsstellung des Hörgeräteakustikers am 17. Januar 2011. Nach den genannten Bestimmungen haben Versorgungsempfänger einen Anspruch auf Beihilfe zu den notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen für ein ärztlich verordnetes Hilfsmittel, das im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Das Hilfsmittel muss zudem in Anlage 5 BBhV genannt sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Zu entscheiden ist allein darüber, ob die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung von Hörgeräten einschließlich der Nebenkosten zum maßgeblichen Zeitpunkt wirksam auf den Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr beschränkt war. Das war der Fall. Ein Ausschluss - oder wie hier - eine Begrenzung der Beihilfefähigkeit stellt sich als Einschränkung des im Beihilferecht verankerten Grundsatzes dar, dass Beihilfe gewährt wird, soweit die Aufwendungen notwendig und angemessen sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV). Sie bedürfen deshalb in formeller Hinsicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (1.) und müssen in materieller Hinsicht mit höherrangigem Recht vereinbar sein (2.) (vgl. Urteile vom 8. November 2012 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 Rn. 14 m.w.N.).

10

1. § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV bestimmt, dass die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung ärztlich verordneter Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten bis zu 1 025 € je Ohr gegebenenfalls zuzüglich der Aufwendungen einer medizinisch notwendigen Fernbedienung beihilfefähig sind.

11

Diese Verordnungsregelung beruht auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Verordnungsermächtigung. Denn sie wurde auf der Grundlage des § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz - BBG - vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) in der rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes vom 14. November 2011 (BGBl I S. 2219) erlassen. Danach regelt das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfegewährung, insbesondere der Höchstbeträge, des völligen oder teilweisen Ausschlusses von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch und der Berücksichtigung von Kindern. Von dieser Verordnungsermächtigung ist die in Rede stehende Höchstbetragsregelung gedeckt. Konkrete inhaltliche Vorgaben für die Festlegung und Ausgestaltung der Höchstbeträge sind der Verordnungsermächtigung nicht zu entnehmen. Sie verpflichtet den Verordnungsgeber insbesondere nicht, sich insoweit an den Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (z.B. § 36 Abs. 3 i.V.m. § 35 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. März 2014 ), zu orientieren. Dafür sprechen bereits deutlich der Wortlaut des § 80 Abs. 4 BBG und dessen binnensystematische Gliederung. Nach dem Satzbau bezieht sich das Gebot, sich an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch anzulehnen, nur auf den ebenfalls beispielhaft aufgezählten völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, nicht aber auf Höchstbeträge. Dieser Befund wird durch den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers bestätigt. In der Gesetzesbegründung zu § 80 Abs. 4 BBG wird zwischen der Festlegung von Höchstbeträgen und dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln unterschieden. Die entsprechenden Regelungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch werden dabei - wie sich aus dem Wort "insoweit" erschließt - allein im Hinblick auf die dem Verordnungsgeber eingeräumte Möglichkeit in Bezug genommen, die Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln auszuschließen. Nur "insoweit" soll sichergestellt werden, dass für die Beihilfe das gleiche Leistungsprogramm wie für gesetzlich Krankenversicherte gilt (vgl. BTDrucks 16/70769 S. 119).

12

2. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte auf den Höchstbetrag des § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz (a) noch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (b).

13

a) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie beruht auf einer angesichts der Begrenzung der Beihilfefähigkeit geforderten (vgl. Urteil vom 28. Mai 2009 a.a.O.) inneren, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG standhaltenden Rechtfertigung (aa). Der Vergleich mit den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung kann keinen Gleichheitsverstoß begründen (bb). Eine gleichheitswidrige Benachteiligung älterer Beihilfeberechtigter gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten liegt nicht vor (cc).

14

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <100> und vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68> m.w.N.). Knüpft die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte an oder hängt sie von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen ab, hat der Normgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Ein Gleichheitsverstoß ist nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereiches ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Normgeber dagegen regelmäßig engen rechtlichen Bindungen. Dies gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 a.a.O. m.w.N.). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann in diesen Fällen schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Für beide Fallgruppen gilt, dass die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilferecht angeführten Gründe auch vor der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn Bestand haben müssen, in der die Beihilfe ihre Grundlage hat (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Urteile vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 29 und vom 5. Mai 2010 - BVerwG 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 10 f. jeweils m.w.N.). Zwar begründet die Durchbrechung einer vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit für sich genommen noch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie kann jedoch ein Indiz für eine objektiv willkürliche Regelung oder das Fehlen eines nach Art und Gewicht hinreichenden Rechtfertigungsgrundes darstellen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. September 2009 - 1 BvR 2275/07 - ZOV 2009, 291 <295> m.w.N.). Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist daher eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes indiziert, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit, dass notwendige und angemessene Aufwendungen beihilfefähig sind, ohne zureichenden Grund verlässt.

15

Hieran gemessen ist der für Hörgeräte in § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV festgesetzte Höchstbetrag nicht als willkürlich zu beanstanden. Der Senat ist auf eine Willkürprüfung beschränkt, da dieser Betrag an sachliche Unterschiede zwischen den in Anlage 5 BBhV genannten Hilfsmitteln anknüpft und hierdurch auch keine mittelbare Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt wird. Die durch den Höchstbetrag bedingte Leistungsbegrenzung beruht auf einem auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht plausiblen und sachlich vertretbaren Grund. Bei der Entscheidung, ob und für welche Hilfsmittel im Einzelnen die notwendigen und angemessenen Anschaffungskosten nur bis zu einer bestimmten Obergrenze als beihilfefähig anerkannt und demzufolge die Beihilfeberechtigten gegebenenfalls mit einem Teil dieser Kosten belastet werden, steht dem Normgeber ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. Urteile vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 31. Januar 2002 - BVerwG 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 2 f.). Die Festlegung des in Rede stehenden Höchstbetrages für Hörgeräte überschreitet diesen Spielraum nicht. Sie erlaubt in einer Vielzahl von Fällen die Anschaffung medizinisch notwendiger und technisch hochwertiger Hörgeräte. Soweit eine Zuzahlung erforderlich ist, liegt dem Höchstbetrag erkennbar die willkürfreie Wertung zugrunde, dass es sich insoweit um hochpreisige Hilfsmittel handelt, die im Allgemeinen eine längere Lebensdauer aufweisen und nicht in kürzeren Abständen angeschafft werden müssen. Demzufolge verteilt sich eine etwaige den Beihilfeberechtigten treffende finanzielle Belastung rechnerisch auf mehrere Jahre, sodass dieser regelmäßig in der Lage sein wird, hierfür eine entsprechende Eigenvorsorge zu treffen.

16

bb) Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich auch nicht damit begründen, dass gesetzlich Krankenversicherte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170) einen Anspruch auf kostenfreie Versorgung mit einem Hörgerät haben, das einen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegten Festbetrag übersteigt, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag unmöglich ist. Unabhängig davon, ob hier überhaupt ein solcher Fall vorliegt, wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG in der Regel und so auch hier durch Unterschiede in der Leistungsgewährung nach den Beihilfevorschriften des Bundes und den Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht verletzt. Denn die Krankheitsvorsorge aufgrund von Beihilfe und ergänzender Privatversicherung unterscheidet sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen grundlegend von der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Urteil vom 5. Mai 2010 a.a.O. Rn. 17 m.w.N.).

17

cc) Die höhenmäßige Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte benachteiligt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht gleichheitswidrig Beihilfeberechtigte "im fortgeschrittenen Lebensalter" gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten. Sie unterscheidet nicht zwischen diesen beiden Personengruppen, sondern gilt unterschiedslos für alle Beihilfeberechtigten. Mithin wird der Beihilfeanspruch für ältere Beihilfeberechtigte nicht von anderen als den für jedermann geltenden Voraussetzungen abhängig gemacht. Zwar kann auch eine gesetzliche Regelung, deren Wortlaut eine Ungleichbehandlung vermeidet, dann dem Gleichheitssatz widersprechen, wenn sich aus ihrer praktischen Auswirkung eine offenbare und sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Ungleichheit ergibt und diese ungleiche Auswirkung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3 und 5/67 - BVerfGE 24, 300 <358> und Beschluss vom 9. August 1978 - 2 BvR 831/76 - BVerfGE 49, 148 <165>). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Es ist bereits nicht offensichtlich, dass die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte typischerweise und damit in aller Regel einen Kreis von Beihilfeberechtigten in der Weise betrifft, dass eine Art. 3 Abs. 1 GG zuwiderlaufende "Altersdiskriminierung" - wie sie der Kläger geltend macht - in Erwägung gezogen werden könnte.

18

b) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte muss mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die auf Bundesebene einfachgesetzlich in § 78 BBG normiert und als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankert ist (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 15 ff.), in Einklang stehen (aa). Dabei kann hier offenbleiben, ob die Bundesbeihilfeverordnung in Bezug auf die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV den Anforderungen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht nur dann in vollem Umfang gerecht wird, wenn sie eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten im Einzelfall vorhält. Denn an einer solchen Härtefallregelung mangelt es hier nicht (bb).

19

aa) Die Fürsorgepflicht ergänzt die ebenfalls in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten bzw. Versorgungsempfänger und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt oder Tod sicherstellt. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 10. Oktober 2013 - BVerwG 5 C 32.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 24 = NVwZ-RR 2014, 240 <242>; vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 18; vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 25 jeweils m.w.N.). Für die genannten besonderen Belastungssituationen wird die Fürsorgepflicht grundsätzlich abschließend durch die Beihilfevorschriften konkretisiert (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 10. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Im Bereich der Krankenvorsorge verpflichtet sie den Dienstherrn, den Beamten bzw. Versorgungsempfänger von in Hinblick auf seine Alimentation unzumutbaren und unabwendbaren Belastungen freizuhalten (vgl. Beschluss vom 22. März 2005 - BVerwG 2 B 9.05 -), gebietet aber keine lückenlose Erstattung aller krankheitsbedingten Kosten. Daher ist der Dienstherr aus Gründen der Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Beihilfefähigkeit aus triftigen Gründen zu beschränken oder ganz auszuschließen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 19; vom 24. Februar 2011 - BVerwG 2 C 9.10 - USK 2011, 88 Rn. 15 und vom 28. Mai 2008 a.a.O. Rn. 25 f. sowie Beschluss vom 18. Januar 2013 - BVerwG 5 B 44.12 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Dienstherr, wenn er sich - wie nach dem gegenwärtig praktizierten System - entscheidet, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, und dabei für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen einen Leistungsausschluss oder eine Leistungsbegrenzung vorsieht, dafür zu sorgen, dass der Beamte bzw. Versorgungsempfänger nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann. Geschieht dies nicht und führt eine Beschränkung zu unzumutbaren Belastungen, ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen oder begrenzt werden darf (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 21 m.w.N.).

20

bb) Es kann hier dahinstehen, ob und in wie vielen Fällen die mit dem Höchstbetrag verbundene Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte ausnahmsweise zu einer unzumutbaren Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Ferner muss nicht entschieden werden, ob der Verordnungsgeber aus Gründen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht für solche Fälle normative Vorkehrungen treffen musste. Ebenso kann offenbleiben, ob die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV ohne eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten insgesamt oder nur teilweise unwirksam gewesen ist. Denn selbst wenn es einer Härtefallregelung bedurfte, fehlte es zu dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt an einer solchen nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar Bundesrecht verletzt, soweit es der Sache nach § 50 Abs. 1 BBhV analog angewandt hat ((1)). Eine etwaige Regelungslücke war aber durch analoge Anwendung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen ((2)).

21

(1) Eine Analogie zu § 50 Abs. 1 BBhV scheidet aus. Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung - hier die Analogie - setzt eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes - hier im materiellen Sinne - voraus. Ob eine Regelungslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Verordnungsgebers erfassten Fälle in den Vorschriften der Verordnung tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Verordnungsregelungen nicht alle Fälle erfasst, die nach deren Sinn und Zweck erfasst sein sollten (vgl. z.B. für Gesetze im formellen Sinne Urteil vom 12. September 2013 - BVerwG 5 C 35.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 27 = DVBl 2014, 307 <309> m.w.N.). Darüber hinaus ist eine vergleichbare Sach- und Interessenlage erforderlich. Die Bundesbeihilfeverordnung weist zwar für Härtefälle, die sich aus der Anwendung der Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ergeben, eine planwidrige Regelungslücke auf ((a)). Die Sach- und Interessenlage in derartigen Fällen ist indessen nicht die gleiche, die der in § 50 Abs. 1 BBhV getroffenen Regelung zugrunde liegt ((b)).

22

(a) Die hier anzuwendende Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 war lückenhaft. Sie traf - was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht - für den in Rede stehenden Sachverhalt keine ausdrückliche Härtefallregelung. Allerdings war ihr zu entnehmen, dass den Beihilfeberechtigten nach dem Plan des Verordnungsgebers ausnahmsweise ein über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehender Anspruch zugestanden werden soll, wenn und soweit sie infolge eines teilweisen oder vollständigen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit mit Kosten belastet blieben, die ihre finanziellen Möglichkeiten erheblich übersteigen. Dafür sprechen die bereits in der hier anzuwendenden Fassung enthaltenen zahlreichen Härtefallregelungen für andere Konstellationen. So sind beispielsweise nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BBhV andere (als notwendige und wirtschaftlich angemessene) Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, soweit die Ablehnung der Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG eine besondere Härte darstellen würde. Darüber hinaus regelt § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV, dass getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig sind, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Des Weiteren sieht § 31 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BBhV vor, dass Fahrtkosten einschließlich Flugkosten anlässlich von Behandlungen außerhalb der Europäischen Union ausnahmsweise beihilfefähig sind, soweit sie aus zwingenden medizinischen Gründen im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG erforderlich sind. In dieselbe Richtung weist § 41 Abs. 3 BBhV, wonach das Bundesministerium des Innern die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen zur Früherkennung, Überwachung und Verhütung von Erkrankungen, die nicht nach anderen Vorschriften dieser Verordnung beihilfefähig sind, in Verwaltungsvorschriften für diejenigen Fälle ausnahmsweise zulassen kann, in denen die Gewährung von Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Ebenso bestimmt § 47 Abs. 1 BBhV, dass die oberste Dienstbehörde oder eine von ihr bestimmte Behörde im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG den Bemessungssatz für Aufwendungen anlässlich einer Dienstbeschädigung angemessen erhöhen kann, soweit nicht bereits Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz bestehen; gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 BBhV kann sie den Bemessungssatz in weiteren besonderen Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern angemessen erhöhen, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG zwingend geboten ist. Dass der Verordnungsgeber die angeführten Regelungen nicht als abschließend und demzufolge den Höchstbetrag für Hörgeräte nicht als starre Obergrenze verstanden hat, zeigt sich daran, dass er in die am 20. September 2012 in Kraft getretene Dritte Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 8. September 2012 (BGBl I S. 1935) - BBhV n.F. - eine ausdrückliche Härtefallregelung für Hörgeräte aufgenommen hat. Nach Ziff. 8.8 der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV n.F. kann der Höchstbetrag für Hörgeräte überschritten werden, soweit dies erforderlich ist, um eine ausreichende Versorgung bei beidseitiger an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder bei vergleichbar schwerwiegenden Sachverhalten zu gewährleisten. Zudem hat der Verordnungsgeber mit § 6 Abs. 7 Satz 1 BBhV n.F. eine allgemeine Härtefallregelung geschaffen.

23

(b) Eine Analogie scheidet jedoch aus, weil der hier zu beurteilende Sachverhalt mit dem von § 50 Abs. 1 BBhV erfassten Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Der Verordnungsgeber wollte mit §§ 49 und 50 BBhV die Maßnahmen des zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG -) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) wirkungsgleich auf den Beihilfebereich übertragen. Die Beihilfeberechtigten sollten in entsprechender Weise wie die gesetzlich Krankenversicherten zur Kostentragung herangezogen werden. Dementsprechend sieht § 49 BBhV vergleichbar der Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Zuzahlungspflicht (§ 61 SGB V) einen Abzug von Eigenbehalten vor (vgl. Begründung des Entwurfs der Bundesbeihilfeverordnung, Stand: 2. April 2007, S. 34). § 50 Abs. 1 BBhV setzt daneben die Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Begrenzung der Zuzahlungspflicht (§ 62 SGB V) um (vgl. Begründung des Entwurfs der Beihilfeverordnung a.a.O. S. 36). Danach sind auf Antrag Eigenbehalte nach § 49 BBhV von den beihilfefähigen Aufwendungen oder der Beihilfe für ein Kalenderjahr nicht abzuziehen, soweit sie die Belastungsgrenze nach Satz 4, d.h. zwei oder ein Prozent der jährlichen Einnahmen nach § 39 Abs. 3 Satz 3 bis 7 BBhV, übersteigen. Im Unterschied dazu geht es bei der Gewährung einer über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Leistung nicht darum, eine wirkungsgleiche Belastung zwischen Beihilfeberechtigten und gesetzlich Krankenversicherten herzustellen. Die Einräumung eines Beihilfeanspruchs über den festgelegten Höchstbetrag hinaus dient allein der Erfüllung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall.

24

(2) Die planwidrige Regelungslücke ist mit Blick auf die vergleichbare Sach- und Interessenlage durch entsprechende Heranziehung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen.

25

Nach § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV sind getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Die Entscheidung hierüber ist von Amts wegen in dem durch Beihilfeantrag eingeleiteten Verfahren zu treffen. Bei wertender Betrachtung macht es aus der Sicht der Fürsorgepflicht keinen sachlichen Unterschied, ob bei der Anschaffung von Hilfsmitteln der vollständige Ausschluss der Beihilfefähigkeit oder deren höhenmäßige Begrenzung zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Sowohl in den in § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV geregelten Fallkonstellationen als auch in dem nicht geregelten Fall, dass für ein in der Anlage 5 genanntes Hilfsmittel ein Höchstbetrag als Obergrenze für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen festgelegt ist, bedarf es eines über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Anspruchs, um zu gewährleisten, dass der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht auch unter Berücksichtigung des pauschalierenden und typisierenden Charakters der Beihilfevorschriften im Einzelfall genügt wird.

26

Das Oberverwaltungsgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob die Ablehnung der Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der Hörgeräte eine besondere Härte für den Kläger darstellt. Die Sache ist daher an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, damit es diese Prüfung nachholen kann.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Durch Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. In Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens wird die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.