Verwaltungsgericht München Beschluss, 09. Feb. 2015 - M 8 SN 14.4950

bei uns veröffentlicht am09.02.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Eigentümer des Anwesens ...straße 31 und 31 a in ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ....

Im Süden grenzt das Grundstück der Antragsteller unmittelbar an das Grundstück der Beigeladenen ...weg 1, Fl.Nr. .... Das Grundstück der Beigeladenen ist mit einem zweigeschossigen Mehrfamilienhaus mit den Gebäudeabmessungen von 13 m x 11 m und mit einer Einzelgarage an der nördlichen Grundstücksgrenze bebaut.

Mit Bauantrag vom 08. September 2014 nach Plannummer ... beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zur energetischen Sanierung und Dachgeschossausbau ihres bestehenden Mehrfamilienhauses sowie die Errichtung einer Doppelparkeranlage im Freien.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgerecht)

Nach den eingereichten Plänen soll das bestehende Walmdach vollständig abgebrochen und stattdessen ein Laternendach errichtet werden. Durch die Umgestaltung des Daches soll sich der First um ca. 0,65 m gegenüber der Situation im Bestand erhöhen.

Ferner sieht die Planung die Beseitigung der an der nördlichen Grundstücksgrenze bestehenden Einzelgarage vor. Geplant ist die Errichtung eines direkt an der südlichen Grundstücksgrenze stehenden 3 m hohen Gartengerätehäuschens mit einem Lagerkeller. Direkt neben dem Gerätehäuschen ist die Errichtung einer Duplexparkanlage der Marke „KLAUS Multiparking“, Modell „MultiBase 2072-215“, vorgesehen. Hierfür soll eine 2,45 m tiefe und 3,20 m breite Grube ausgehoben werden, in die der untere Teil der Duplexparkanlage platziert wird, so dass das in der unteren Ebene parkende Auto mit dem Hebemechanismus der Anlage unter die Erde in die Grube abgesenkt und bei Bedarf wieder angehoben wird. Die Duplexanlage soll nicht überdacht im Freien errichtet werden. Die Gesamthöhe der Metallkonstruktion der Anlage beträgt nach der Information des Herstellers 4,20 m. In angehobenem Zustand ragt die Metallkonstruktion der Anlage mit einer Höhe von 2,20 m aus dem Boden heraus. Im Norden soll die Duplexparkanlage durch eine 2 m hohe und 5,20 m breite Wand von dem Grundstück der Antragsteller abgeschirmt werden. Im Norden schließt sich die Anlage an die Außenwand des Gebäudes der Beigeladenen an.

Im Rahmen der energetischen Sanierung des Bestandsgebäudes ist die Anbringung des Wärmedämmungsmaterials an die Außenwände des Gebäudes der Beigeladenen geplant.

Am ... Oktober 2014 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen im vereinfachten Verfahren die beantragte Genehmigung für das Grundstück Fl.Nr. ... Gleichzeitig erteilte die Antragsgegnerin in der Baugenehmigung zahlreiche Befreiungen sowie eine Abweichung. Unter Buchstabe c) erteilte sie eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB vom festgesetzten Maß der baulichen Nutzung des Bebauungsplans Nr.... Zur Begründung der Befreiung führte die Antragsgegnerin aus, die Erhöhung der Geschossfläche berühre die Grundzüge des Bebauungsplans nicht und die Abweichung sei städtebaulich vertretbar und auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Unter Buchstabe d) erteilte die Antragsgegnerin eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 BayBO wegen Unterschreitung der Abstandsflächen zum nördlichen Nachbargrundstück durch die Fassadendämmung. Zur Begründung der erteilten Abweichung wurde ausgeführt, die Dämmung der Außenwand des Gebäudebestandes diene der sparsamen und effizienten Nutzung von Energie und beeinträchtige aufgrund der Geringfügigkeit nicht die Nachbarbebauung.

Die Nachbarausfertigung der Baugenehmigung wurde den Antragstellern jeweils am 24. Oktober 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit Schreiben vom 2. November 2014, beim Verwaltungsgericht eingegangen am 3. November 2014, erhoben die Antragsteller Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom ... Oktober 2014 und beantragten zugleich,

die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage anzuordnen.

Zur Begründung führten die Antragsteller aus, die Regelung des Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO sei auf die genehmigte Doppelparkanlage nicht anwendbar, da diese Regelung eine abschließende Aufzählung enthalte, die den Entfall von Abstandsflächen für Garagen regele. Die genehmigte Anlage sei keine Garage im Sinne dieser Vorschrift. Der geplante offene Doppelparker widerspreche eindeutig dieser Bestimmung, da die Höhe der Anlage in angehobenem Zustand die Vorgaben des Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO überschreite. Der geplante Mechanismus verstoße ferner gegen Art. 11 BayBO.

Die erteilte Befreiung von der in dem Bebauungsplan Nr. ... festgesetzten Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,4 sei rechtswidrig. Die Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde bei der Erteilung der Befreiung zur Erhöhung der GFZ um etwa das Doppelte der durch den Bebauungsplan festgesetzten GFZ könne nicht als fachlich und rechtlich gerechtfertigt angesehen werden, zumal es Bezugsfälle für vergleichbaren GFZ-Überschreitungen in der näheren Umgebung nicht gebe.

Die Abstandsflächen zu dem Grundstück der Antragsteller hin seien nicht eingehalten. Nach Art. 6 Abs. 4 Sätze 3 und 5 BayBO sei bei Dachaufbauten über 45° zur unteren Wandhöhe noch 1/3 der Wandhöhe des Dachaufbaus hinzuzurechnen. Hinzu komme, dass die Geländehöhe im gesamten Einfahrtsbereich bei -0,94 m liege. Die Berechnung der Abstandsflächen in den Plänen erfolge jedoch ausgehend von der Geländehöhe von -0,81 m. Diese Geländehöhe resultiere aus der Gartenaufschüttung der Antragsteller zum Zwecke der Verminderung der Sichtbeziehung zu dem südlichen Nachbargebäude. Das Gehwegniveau sei deutlich niedriger. Es ergebe sich eine Wandhöhe von 7,37 m, die halbiert eine Abstandsfläche von 3,68 m ergebe. Da der Grenzabstand bei durchschnittlich 3,18 m liege, sei dies eine Überschreitung von 0,5 m.

Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2014 beantragte die Antragsgegnerin,

den Antrag abzulehnen.

Die angegriffene Baugenehmigung verletze keine Nachbarrechte und sei zudem objektiv rechtmäßig.

Die Festsetzungen eines Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung dienten in aller Regel nur städtebaulichen Zielen, nicht aber dem Nachbarschutz, Es könne hier auch nicht ausnahmsweise angenommen werden, dass der Satzungsgeber die Festsetzung auch gerade zur Vermittlung von Nachbarschutz geschaffen habe. Auf eine etwaige Rechtswidrigkeit einer Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen könne sich der Nachbar nicht berufen. Im Übrigen entsprächen die erteilten Befreiungen von dem Maß der baulichen Nutzung den rechtlichen Anforderungen.

Die erteilte Abweichung gemäß Art. 63 BayBO begegne keinen rechtlichen Bedenken. Zwar kämen hier 10 cm der Abstandsfläche des Gebäudes der Beigeladenen auf dem Grundstück der Antragsteller zum liegen, die Abweichung sei jedoch tatbestandlich möglich und auch in der Ermessensausübung nicht zu beanstanden.

Abgesehen von beantragten Abweichungen, habe die Antragsgegnerin die Einhaltung der Abstandsflächen im hier durchgeführten vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu überprüfen. Für die nördlich situierten Nebenanlagen (Garage und Lager) gelte, dass selbst bei Vorliegen eines Verstoßes gegen Art. 6 BayBO die Aufhebung der Baugenehmigung nicht begehrt werden könne, da die Einhaltung der Abstandsflächen durch diese Nebenanlagen nicht an der Feststellungswirkung der Baugenehmigung teilnehme. Etwas anderes folge auch nicht aus der Entscheidung des erkennenden Gerichts vom 8. September 2010 (VG München - M 8 SN 10.4252), da die dortige Begründung, dass die Miteinbeziehung wegen der abstandsflächenrechtlichen Verknüpfung aller Gebäudeseiten angezeigt sei, es nicht rechtfertige, auch gleichermaßen die Einhaltung der Abstandsflächen durch Nebenanlagen in den Prüfungsumfang einzubeziehen, da es hier gerade an einer rechtlichen Verknüpfung mit den Abstandsflächen des Hauptgebäudes fehle. Im Übrigen gehe der Einwand der Antragsteller, dass es sich bei der Garage wegen ihrer Ausführung als offener Parkhebemechanismus um keine Garage im Sinne des Art. 6 Abs. 9 BayBO handele, fehl.

Über die erteilte Abweichung hinausgehende abstandsflächenrelevante Maßnahmen am Hauptgebäude seien mit der Genehmigungsplanung nicht verbunden, weil für den Dachgeschossaufbau keine über die vorhandenen Abstandsflächen hinausgehenden Abstandsflächen anfielen. Nach dem Wortlaut des Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO seien nur beantragte Abweichungen zu prüfen. Die Abstandsflächen des Hauptgebäudes im Übrigen seien nicht im Prüfumfang des Genehmigungsverfahrens enthalten gewesen. Dieses Ergebnis lasse sich ebenfalls mit der Entscheidung des erkennenden Gerichts vom 8. September 2010 vereinbaren, da es dort darauf ankam, inwiefern die erteilte Abweichung geeignet gewesen sei, die Abstandsflächen auch im Übrigen zu beeinflussen. Ein zwingender innerer Zusammenhang des Anbringens der Wärmedämmung und des Dachausbaus, der nach Auffassung der Antragsteller weitere Abstandsflächen auslösen solle, sei nicht erkennbar. Aus Sicht der Antragsgegnerin sei es indes nicht erforderlich, aufgrund dieser Abweichung auch die Abstandsflächen für den Bestand nebst Dachgeschoßausbau in den Prüfumfang einzubeziehen. Im Übrigen seien die durch den Dachgeschoßausbau zusätzlich anfallenden Abstandsflächen in der Planung ausreichend berücksichtigt worden.

Bei der Berechnung der traufseitigen Abstandsfläche gehe die Antragsgegnerin hier zunächst wie bei einem Terrassengeschoss vor. Der senkrechte Wandteil des Laternenaufsatzes werde aufgrund seiner wandgleichen Wirkung für die Berechnung der Abstandsfläche voll herangezogen. Der in den Plänen dargestellte zurückversetzte Wandteil werde mit einer gedachten Hilfslinie bis zum unteren Schnittpunkt mit dem natürlichen Gelände verlängert und die sodann ermittelte fiktive Höhe zur Berechnung herangezogen, wobei der Messpunkt für die Abstandsfläche sodann der oben genannter Schnittpunkt der gedachten Hilfslinie mit dem natürlichen Gelände sei. Die Berechnung der Abstandsfläche der tatsächlich sichtbaren äußeren Wand erfolge nach dem üblichen Modus.

Da zudem noch geneigte Dachflächen vorhanden seien, seien diese zwar möglicherweise mit zu berücksichtigen, allerdings nur dann, wenn ihre Neigung über 45° liege. Anders als die Antragsteller meinen, sei dies hier nicht der Fall.

Die Verletzung des sonstigen Bauordnungsrechts könne nicht im Klageverfahren gegen die Baugenehmigung geltend gemacht werden, da diese im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilt worden sei.

Das Bauvorhaben sei nicht rücksichtslos. Es habe keine einmauernde oder erdrückende Wirkung und halte die rechtlichen Vorgaben ein. Die geplante Errichtung der Hebeparkanlage sei nicht mit den unzumutbaren Lärmimmissionen für die Antragsteller verbunden, da zum einen nach Anlage d des Antrages das Hebeparksystem mit Schalschutzpaket angeboten werde und zum anderen eine Wand hin zum klägerischen Grundstück geplant sei.

Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2015 ergänzten die Bevollmächtigten der Antragsteller die Begründung des Antrags und führten im Wesentlichen aus, die Begründung der in der Baugenehmigung erteilten Abweichung genüge nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung. Sie sei sachlich falsch vor dem Hintergrund, dass zur Nordseite eine Verkürzung der Abstandsflächen zulasten der Antragsteller nicht nur durch die aufgebrachte Wärmedämmung erfolge, sondern auch durch die im Plan dargestellte Absenkung der Zufahrt um 0,13 m, wie diese auch seit über 50 Jahren in Natur vorhanden sei. Sie stelle im vorliegenden Fall daher den unteren Bezugspunkt für die Abstandsflächenberechnung dar.

Die Ermessensentscheidung sei weiter sachlich falsch, da die durch das neu zu schaffenden Laternengeschoss ausgelösten Abstandsflächen nicht mitberücksichtigt worden seien.

Der dem Gericht vorgelegten Darstellung der Abstandsflächen sei zu entnehmen, dass der als Hilfsmittel gebildete Winkel zwischen dem oberen Abschluss der Außenwand und dem oberen Abschluss des Schnittpunktes der Außenwand des Laternengeschosses mit der angrenzenden Dachfläche einen Winkel von über 45° aufweise. Der Schwerpunkt des Laternengeschosses liege insoweit im unteren Bereich der Dachfläche mit der Folge, dass zumindest ein Drittel des Abstandes zwischen der Wandhöhe der neuen Außenwand und der Wandhöhe des Laternengeschosses bei der Abstandsflächenberechnung mit zu berücksichtigen sei. Dies sei fehlerhaft nicht erfolgt. Bei hilfsweiser Darstellung eines 45° geneigten Daches ragten Teile des Laternengeschosses über diese Dachfläche hinaus. Vor diesem Hintergrund verbiete sich eine völlige Außerachtlassung des Laternengeschosses im Rahmen der Abstandsflächenberechnung. Die Antragsteller dürften durch die Genehmigung des Laternengeschosses abstandsflächenrechtlich nicht schlechter gestellt werden, als im Falle der Schaffung eines 45° Daches, bei welchem ein Drittel der Höhe bei der Abstandsflächenberechnung zu berücksichtigen sei.

Ferner sei das 16-m-Privileg vorliegend nicht anwendbar, da das Vorhaben zum Grundstück der Antragsteller die halbe Abstandsfläche nicht einhalte. Art. 6 Abs. 6 BayBO sehe gerade nicht vor, dass der ½ H übersteigende Bereich der Abstandsflächen durch eine zusätzliche Abweichung quasi kompensiert werden könne. Vielmehr werde in diesen Fällen eine Abweichung von den vollen Abstandsflächen erforderlich, wovon vorliegend die Antragsgegnerin im Rahmen der Ermessenserwägungen erkennbar gerade nicht ausgegangen sei.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin dürfe diese auf die Prüfung der Abstandsflächen des übrigen Gebäudes und des Grenzgebäudes im Rahmen der Erteilung der Abweichung nicht verzichten. Die isolierte Prüfung einzelner Wandteile ohne abstandsflächenrechtlichen Beurteilung des übrigen Baukörpers wie des Gesamtvorhabens sei insoweit fehlerhaft, auch und gerade in den Fällen, in denen am Gebäudebestand weitere abstandsflächenrelevante Änderungen erfolgten. Insoweit werde auf die Entscheidung des erkennenden Gerichts vom 29. April 2013 (VG München - M 8 K 12.4713) verwiesen.

Zur Anwendbarkeit des Art. 6 Abs. 9 BayBO auf die genehmigte Hebeparkanlage wird ausgeführt, der Multiparker verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die Hebeanlage befinde sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze und habe keinerlei Abschirmung zum Grundstück der Antragsteller. Sie werde zudem im rückwärtigen Grundstücksbereich und damit in einer Ruhezone des Grundstückes errichtet und je nach An- und Abfahrt der Fahrzeuge zu jeder Tages- und Nachtzeit betrieben. Die Aufenthaltsräume der Antragsteller befänden sich in einem Abstand von nur ca. 10 m zu dem Multiparker. Der Boden der PKW-Abstellflächen bestehe aus gewellten Metallteilen und einer wohl ebenfalls aus Metall bestehenden beweglich gelagerten Auffahrtsrampe. Das überfahren der Auffahrtrampe wie auch des Abstellplatzes selbst führe zu einer erheblichen Geräuschbelastung, die mit derjenigen einer normalen Stellplatznutzung nicht vergleichbar sei. Auch der Hersteller selbst gehe davon aus, dass bei Einbau der Anlage in ein Gebäude die Wände ein Schalldämmmaß von mindestens 62 dB(A) aufweisen müssten, um die zulässigen Grenzwerte in den angrenzenden Räumen einzuhalten. So gehe die Rechtsprechung beispielsweise davon aus, dass sog. gefangene Stellplätze, welche einen zusätzlichen Rangierverkehr hervorriefen, der über den gewöhnlich mit einer Stellplatznutzung verbundenen Verkehr hinausgehe, aufgrund der hierdurch verursachten Emissionen für den Nachbarn unzumutbar seien (VGH Baden-Württemberg, B.v. 11.12.2013 - Az.: 3 S 1964/13).

Mit Schriftsatz vom 16. Januar 2015 führten die Bevollmächtigten der Antragsteller weiter aus, eine Verschlechterung der bisherigen Situation zulasten der Antragsteller sei auch dadurch gegeben, dass das neue Laternengeschoss mehr als 3,50 m über den bisher bestehenden 6,15 m langen First des bisherigen Walmdaches hinausrage, womit sich die Firstlänge und die hierdurch hervorgerufene Verschattung mehr als verdoppele. Neben den unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen durch den grenzständigen Multiparker stellten die ständig wiederkehrenden, unübersehbaren Bewegungsvorgänge eine erhebliche optische Belästigung dar und seien somit rücksichtslos gegenüber den Antragstellern.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2015 vertiefte die Antragsgegnerin ihre Ausführungen zu der Abstandsflächenberechnung für das Hauptgebäude aus dem Schriftsatz vom 11. Dezember 2014. Eine Erhöhung der Wandhöhe um 0,13 m aufgrund des „Einschnittes“ für die Zufahrt zur Garage sei zutreffend verneint worden, auch wenn dieser Einschnitt wohl bereits seit Genehmigung und Errichtung des Bestandsgebäudes in den frühen 1960er Jahren existiere. Es sei hier schon fraglich, ob eine punktuelle, lediglich 3 m breite Abgrabung für eine Garagenzufahrt geeignet sei, eine neue Geländeoberfläche auf dem durch die Abgrabung erzeugten Niveau zu definieren, denn diese punktuelle Absenkung stelle nach wie vor einen offenkundig künstlichen Einschnitt dar, so dass hier das die Abstandsfläche auslösende Gebäude jedoch weiterhin auf dem natürlichen Geländeniveau von -0,81 m liege. Der hier erkennbar künstliche Einschnitt sei nicht vergleichbar mit einer gewachsenen Geländestruktur. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorgabe müsse davon ausgegangen werden, dass eine Abgrabung oder Aufschüttung nur dann nach erheblichem Zeitablauf ein neues „natürliches“ Geländeniveau bilden könne, wenn es sich vergleichbar einem natürlich gewachsenen Gelände darstelle. Hier sei der „Einschnitt“ nach wie vor als künstlich geschaffene, lokal begrenzte Vertiefung wahrnehmbar und daher nicht geeignet, eine neue natürliche Geländeoberfläche zu definieren. Hinzu komme, dass die Außenwand des Bestandsgebäudes auch rein tatsächlich nicht bis zum Fuß des Einschnitts hinunter reiche, sondern auf dem natürlichen Gelände von -0,81 m liege. Wie an den Plandarstellungen erkennbar, existiere hier eine Abtreppung in den Einschnitt hinein, d. h. es existiere vor der Außenwand noch eine Stufe und erst von dieser Stufe gelange man in den „Einschnitt“. Das Gebäude selbst liege durchgehend auf einem Niveau von -0,81 m.

Ferner sei es völlig unerheblich für die Ermittlung der traufseitigen Abstandsfläche, wie lang der geplante First sei, da sich dieser Parameter aus Art. 6 BayBO nicht entnehmen lasse.

Selbst eine etwaige Erforderlichkeit einer vollständigen abstandsflächenrechtlichen Neubetrachtung des Gebäudes insgesamt aufgrund der erteilten Abweichung würde an der Ordnungsmäßigkeit der Ermessensausübung der Antragsgegnerin nichts ändern, da durch den Dachgeschoßausbau keine neuen Abstandsflächen ausgelöst werden. Die Situation im Vergleich zum Bestand verschlechtere sich insofern nicht.

Die Antragsgegnerin vertiefte weiter ihre Ausführungen aus dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 hinsichtlich der Anwendbarkeit des Art. 6 Abs. 9 BayBO auf die genehmigte Hebeparkanlage.

Im Hinblick auf die Einhaltung des Gebotes der Rücksichtnahme wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass sich an dieser Stelle seit jeher eine Zufahrt befunden habe und lediglich ein zusätzliches Fahrzeug dort Abstellmöglichkeiten finde. Letztlich sei der Hebeparker nach drei Seiten hin eingehaust. Es sei aus ihrer Sicht unwahrscheinlich, dass diese Variante erheblich mehr Lärm verursachen werde, als eine handelsübliche Fertig-Duplex-Garage, deren Hebemechanismus auch bei geöffnetem Tor bedient werde, jedoch trotzdem in Wohngebieten zulässig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgeleg-ten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg, da die in der Hauptsache von den Antragstellern erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, da die angefochtene Baugenehmigung vom ... Oktober 2014 bei summarischer Prüfung keine nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts oder Bauordnungsrechts verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Nach § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rdnr. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rdnr. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt a. a. O., § 80 Rdnr. 73 f.).

2. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung in ihrer derzeitigen Fassung zugelassene Bauvorhaben in bauordnungsrechtlicher Hinsicht möglicherweise gegen drittschützende Rechte der Antragsteller verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, Art. 59 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die bestehenden Defizite im Verlauf des Hauptsacheverfahrens behoben werden können, so dass es bei dem bundesgesetzlichen Ausschluss der aufschieben Wirkung nach § 212a Abs. 1 BauGB bleiben kann.

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Er-folg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris RdNr. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rdnr. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3).

2.1 Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt in ihrer derzeitigen Fassung zulasten der Antragsteller gegen die Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO.

Zwar prüft die Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO, da es sich beim streitgegenständlichen Vorhaben nicht um einen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt, grundsätzlich nicht mehr das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht des Art. 6 BayBO. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO gehören jedoch die beantragten Abweichungen nach Art. 63 Abs. 1 BayBO auch im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zum Prüfungsumfang. Vorliegend hat die Beigeladene im Baugenehmigungsverfahren eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen zu dem nördlichen Nachbargrundstück beantragt, so dass alle Abstandsflächen im Prüfprogramm der angefochtenen Baugenehmigung enthalten sind. Trotz der Einschränkung des Art. 59 Satz 1 BayBO ist es rechtlich nicht möglich, Abstandsflächen einzelner Gebäudeseiten isoliert zu prüfen, da die Abstandsflächen der einzelnen Gebäudeseiten untereinander schon allein durch das 16-m-Privileg des Art. 6 Abs. 6 BayBO miteinander verknüpft sind (vgl. VG München B. v. 8.9.2010 - M 8 SN 10.4252 - juris RdNr. 30).

2.1.1 Die Anbringung der Wärmedämmung führt vorliegend dazu, dass die Abstandsflächen vor der den Antragstellern zugewandten nördlichen Außenwand nicht eingehalten werden. Die neue Wandhöhe liegt nach den genehmigten Plänen bei 6,52 m.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller war die Wandhöhe richtigerweise - wie in den genehmigten Plänen dargestellt - ab dem Geländeniveau von -0,81 m zu bemessen. Dieser Messpunkt entspricht dem natürlichem Geländeniveau und ist für die Bemessung der Wandhöhe maßgeblich (vgl. Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBO). Dagegen ist das tiefer gelegene Geländeniveau der Zufahrt nicht zu berücksichtigen. Es ist aus den Plänen des streitgegenständlichen Vorhabens ersichtlich, dass das natürliche Niveau des Geländes durchgehend bei -0,81 m liegt und sich der Austrittspunkt der nördlichen Außenwand ebenfalls auf diesem Niveau befindet. Die Wand tritt aus einem darunter liegenden ca. 3 cm langen Sockel aus, der dem natürlichen Gelände von -0,81 m entspricht. Erst am Ende des Sockels fällt das Gelände auf ein Niveau von -0,94 m ab. Damit steht das Gebäude gerade nicht auf dem niedrigeren Geländeniveau von -0,94 m. Dieses Geländeniveau ist nur im Bereich der Zufahrt vorhanden und steigt hinter der nördlichen Grundstücksgrenze wieder auf ein Niveau von -0,81 m an. Auch auf der Südseite liegt das Geländeniveau bei -0,81 m, was eindeutig dafür spricht, dass das Niveau von -0,94 m gerade nicht dem natürlichen Gelände entspricht.

Durch die energetische Sanierung des Gebäudes rückt die nördliche Außenwand näher an die Grundstücksgrenze, so dass sich der Abstand zwischen der Außenwand und Grundstücksgrenze von ursprünglich 3,26 m auf 3,16 m verringert, mit der Folge, dass die im Bestand unter Anwendung des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO einzuhaltende halbe Abstandsfläche vor der nördlichen Außenwand nicht mehr eingehalten wird (6,52/2 = 3,26).

2.1.2 Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat das neue Laternendach auf die Tiefe der Abstandsflächen rechnerisch keine Auswirkung.

Bei der Ermittlung der traufseitigen Abstandsfläche eines Laternendachs ist zunächst wie im Falle eines Terrassengeschosses vorzugehen. Bei dem zurückspringenden Teil des Laternendaches handelt es sich wegen seiner wandgleichen Wirkung um einen vertikal versetzten Außenwandteil (vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand 115. EL 2014, Art. 6 Rn. 222). Daher ist für die Ermittlung der Tiefe der Abstandsfläche zunächst grundsätzlich die Konstruktion einer fiktiven Außenwand für den versetzten Wandteil, nach deren Höhe sich die jeweilige Abstandsflächentiefe bemisst, erforderlich (vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand 115. EL 2014, Art. 6 Rn. 222 m. w. N.). Diese fiktive Außenwand verläuft vorliegend von dem Schnittpunkt des versetzten Wandteils mit der Dachhaut senkrecht nach unten durch das Gebäude hindurch bis zur (fiktiven) Geländeoberfläche. Die so ermittelte Wandhöhe beträgt hier vermasst 8,69 m (+7,88 + 0,81). Der Abstand zwischen der fiktiven Außenwand - ab deren fiktiven Austrittspunkt gemessen - bis zu der nördlichen Grundstücksgrenze ist ca. 5,31 m (3,16 + 2,15).

Da vorliegend die Höhe des zurückgesetzten Wandteils (vermasst 2,30 m) dem Rücksprung nicht entspricht (abgegriffen 2,15 m) sondern diesen um ca. 0,15 m überschreitet, kann hier die abstandsflächenpflichtige Wandhöhe nicht ab dem Austrittspunkt des zurückgesetzten Wandteils aus dem vorspringendem Gebäudeteil bemessen werden (vgl. BayVGH, B. v. 26.01.2000 - 26 CS 99.2723 - juris). Maßgeblich ist die oben ermittelte Höhe der senkrecht versetzten Wand von 8,69 m.

Der Laternenteil des Daches bleibt vorliegend für die Berechnung der Abstandsflächentiefe unberücksichtigt. Die Höhe des Laternenteils wird zu der Höhe der (fiktiven) zurückversetzten Außenwand nach Maßgabe des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO hinzugerechnet. Der Laternenteil des Daches weist eine Neigung von 25° auf und bleibt damit bei der Berechnung der Abstandsflächen außer Betracht. Die Länge des Dachfirsts, die sich nach dem Vortrag der Antragsteller gegenüber dem Bestand nachteilig verändert, stellt kein bei der Berechnung der Abstandsflächentiefe zu berücksichtigendes Kriterium dar.

2.1.3 Grundsätzlich ist zum Grundstück der Antragsteller hin gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO eine ganze Abstandsfläche (1 H) mit einer Tiefe von 8,69 m - gemessen ab dem fiktiven Austrittspunkt der zurückversetzten Wand aus dem Gelände - einzuhalten. Das Vorhaben wahrt diesen Abstand nicht, es hält zur gemeinsamen Grenze mit dem Grundstück der Antragsteller lediglich einen Abstand von ca. 5,31 m ein.

Die Beigeladene kann für ihr Vorhaben das Abstandsflächenprivileg des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO nicht in Anspruch nehmen. Nach dieser Bestimmung genügt vor zwei Außenwänden von nicht mehr als je 16 m Länge als Tiefe der Abstandsfläche die Hälfte der nach Abs. 5 erforderlichen Tiefe, also ½ H, mindestens jedoch 3 m. Zwar sind diese Voraussetzungen dem Wortlaut nach gegeben, da die dem Grundstück der Antragsteller zugewandte Außenwand des Vorhabens kürzer als 16 m ist und das Vorhaben in Richtung des ...weges und zu dem östlich gelegenen Nachbargrundstück Fl.Nr. ... ohne weiteres die volle Tiefe der Abstandsflächen wahrt. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist die Anwendung des Abstandsflächenprivilegs ausgeschlossen, wenn vor mehr als zwei Außenwänden die Abstandsflächentiefe 1 H unterschritten wird (vgl. Großer Senat 1/1999 - 14 B 97.2901 - BayVBl. 2000, 562). Das ist hier nicht der Fall. Der Ausschluss gilt auch dann, wenn an der dritten Gebäudeseite die Tiefe der Abstandsfläche von ½ H unterschritten wird (so BayVGH vom 28.2.2005 - 2 CS 05.90). Der zuletzt genannten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes hat sich das erkennende Gericht jedenfalls für die Fälle angeschlossen, in denen die Außenwände der Gebäude, die zueinander ½ H unterschreiten, zusammen genommen eine Wandlänge von über 16 m aufweisen und dem Nachbargrundstück gegenüber auch so angeordnet sind, dass sie jeweils zur gemeinsamen Grenze hin Abstandsflächen werfen (VG München U.v. 13.11.2006 - M 8 K 06.109). Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass die Anwendung des 16-m-Privilegs nicht nur dann ausgeschlossen ist, wenn vor mehr als zwei Außenwänden die Abstandsflächentiefe 1 H unterschritten wird, sondern auch in den Fällen, in denen die Abstandsfläche von ½ H an einer Gebäudeseite unterschritten ist, die aufgrund ihrer Lage für die Belange des betroffenen Nachbars von Bedeutung sein kann.

So liegt der Fall hier. Wegen der Anbringung der Wärmedämmung hält das Vorhaben die halbe Abstandsfläche vor der dem Grundstück der Antragsteller zugewandten Außenwand nicht ein. Dies hat zur Folge, dass auch für die zurückversetzte Außenwand im Bereich des Laternendachs nicht die Privilegierung des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO in Anspruch genommen werden kann, sondern die Abstandsflächentiefe 1 H einzuhalten ist.

2.1.4 Die in der streitgegenständlichen Baugenehmigung erteilte Abweichung wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen zu dem Grundstück der Antragsteller ist in ihrer derzeitigen Fassung unzureichend und damit fehlerhaft.

Zwar liegen hier die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO vor.

Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abwei-chungen von bauordnungsrechtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Der Zweck des Abstandsflächenrechts, der vor allem darin besteht, eine ausreichende Belichtung und Lüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern, kann regelmäßig nur dann erreicht werden, wenn die Abstandsflächen in dem gesetzlich festgelegten Umfang eingehalten werden. Da somit jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandsflächenrechts nur unvollkommen verwirklicht werden, setzt die Zulassung einer Abweichung Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Lüftung (sowie eine Verringerung der freien Flächen des Baugrundstücks) im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen. Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (BayVGH, B. v. 17.07.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 16; B. v. 04.08.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23; B. v. 05.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris Rn. 3; U. v. 22.12.2011 - 2 B 11.2231 - juris Rn. 16).

Weitere Voraussetzung ist die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz - wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme - eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 20).

Nach diesen Ausführungen wäre die Erteilung einer Abweichung wegen der Nichteinhaltung der Abstandsflächen durch die nördliche Außenwand voraussichtlich möglich. Dies gilt sowohl für die vorspringende nördliche Außenwand als auch für den zurückversetzten Wandteil im Bereich des Laternendaches.

Bei Anpassungen des bestandsgeschützten Gebäudebestands an neuzeitliche bautechnische Standards ist die zu fordernde Atypik regelmäßig zu bejahen. Gerade mit Blick auf Maßnahmen zur Wärmedämmung kann im Übrigen davon ausgegangen werden, dass auch das insoweit gegebene, durch die gesetzliche Bestimmung des § 248 BauGB hinreichend dokumentierte, öffentliche Interesse an Energieeinsparung und Klimaschutz nicht nur im Rahmen der Abwägung von Belang ist, sondern bereits die Annahme einer abweichungsfähigen Fallgestaltung indiziert.

Die für die Wärmedämmung bestehende Atypik darf auch für die erforderliche Abweichung wegen der Nichteinhaltung der Abstandsfläche 1 H vor dem zurückversetzten Wandteil im Laternendach herangezogen werden, da die Möglichkeit der Inanspruchnahme des 16-m-Privilegs für diesen Wandteil hier nur wegen der Anbringung der Wärmedämmung auf die nördliche Gebäudeaußenwand entfällt. Wäre ausschließlich der Dachausbau ohne die energetische Sanierung des Gebäudes vorgesehen, wäre die Abstandsfläche ½ H vor der nördlichen Außenwand nach wie vor eingehalten, so dass auch für den Wandteil im Laternendach die Privilegierung des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO in Anspruch genommen werden könnte.

Welches Gewicht den Interessen des Nachbarn zukommt, hängt in erster Linie von der tatsächlichen Beeinträchtigung der abstandsflächenrechtlichen Schutzgüter wie namentlich Belichtung und Belüftung ab. Die Aufbringung der Wärmedämmung führt hier zwar dazu, dass eine Abstandsflächentiefe 1 H vor der nördlichen Außenwand einzuhalten ist und sich damit die Situation aus rechtlicher Sicht erheblich verändert. Tatsächlich hat die geplante Maßnahme hier ersichtlich keine merkliche Verschlechterung der Verhältnisse im Hinblick auf die Belichtung und Besonnung des Grundstücks der Antragsteller zur Folge, so dass im Ergebnis festzustellen ist, dass überwiegende Interessen des Bauherrn wie auch das öffentliche Interesse an Energieeinsparung und Klimaschutz die Zulassung der Abweichung voraussichtlich rechtfertigen würden. Die Aufbringung der Wärmedämmung hat hier lediglich zur Folge, dass die nördliche Wand entsprechend der Stärke der Dämmung (nach der genehmigten Planung 14 cm) näher an das Nachbarsgrundstück „heranrückt“.

2.1.5 Die erteilte Abweichung stellt sich jedoch als unzureichend dar. Aus dem Wortlaut der erteilten Abweichung in Verbindung mit der zeichnerischen Darstellung der Abstandsflächen in den genehmigten Plänen ist ersichtlich, dass die Antragsgegnerin bei der Erteilung der Abweichung offensichtlich davon ausgegangen ist, dass es einer Abweichung wegen der geringfügigen Überschreitung (14 cm) der Abstandsflächentiefe ½ H vor der nördlichen Außenwand bedarf. Die Tatsache, dass auf dieser Seite aufgrund der Wärmedämmung eine ganze Abstandsfläche nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO anfällt und nicht eingehalten werden kann, blieb jedoch völlig unberücksichtigt. Insoweit lässt der Bescheid entsprechende Ermessenserwägungen vermissen.

Des Weiteren hätte es zusätzlich einer Abweichung wegen der Nichteinhaltung der Abstandsfläche (1 H) vor der zurückgesetzten Außenwand im Bereich des Laternendaches bedurft. Eine entsprechende Abweichung wurde hier weder beantragt noch erteilt. Die erteilte Abweichung bezieht sich pauschal auf die nördliche Gebäudeseite ohne danach zu differenzieren, für welchen Wandteil. Auch in den genehmigten Plänen fehlt eine entsprechende Darstellung der Abstandsflächen, die vor der zurückversetzten Wand einzuhalten sind.

Diese Defizite der streitgegenständlichen Baugenehmigung führen derzeit dazu, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zumindest als offen anzusehen sind.

2.1.6 In dieser Situation führt die vom Verwaltungsgericht zu treffende eigenständige Ermessensentscheidung nach § 80 a Abs. 3 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO gleichwohl dazu, dass die Kraft Gesetzes bestehende sofortige Vollziehbarkeit aufgrund des § 212 a Abs. 1 BauGB aufrechterhalten bleiben kann.

Die Antragsgegnerin kann bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache den vorhandenen Mangel der Baugenehmigung durch Erteilung entsprechender Abweichungen beheben, so dass hier die Möglichkeit der Abhilfe besteht, ohne dass deshalb die Aussetzung der Vollziehung der gesamten Baugenehmigung angeordnet werden muss (BayVGH B.v. 9.9.2009 - 2 CS 09.1977 - juris Rn. 6). Die aufschiebende Wirkung muss nicht angeordnet werden, wenn eine Baugenehmigung möglicherweise Rechte des Antragstellers verletzt, dieser Mangel aber behebbar ist, so dass die Rechtsverletzung jedenfalls für die Zukunft entfällt (BayVGH B. v. 24.10.2000 - 26 ZS 99.3637 - juris Rn. 23). Besteht die Möglichkeit, dass ein vom Nachbarn rügbarer Mangel durch im Verhältnis zum Gesamtvorhaben insgesamt geringfügige Veränderungen behoben werden kann, wäre die Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit dem in § 212 a Abs. 1 BauGB zum Ausdruck gebrachten öffentlichen Interesse an der erleichterten Zulassung von Bauvorhaben unvereinbar (vgl. BayVGH B. v. 17.6.1994 - 20 CS 94.1555 BayVBl. 1995, 246 - juris Rn. 15, noch zu § 10 Abs. 2 BauGB-MaßnahmenG). Die aufschiebende Wirkung muss nicht angeordnet werden, wenn eine Baugenehmigung möglicherweise Rechte des Antragstellers verletzt, dieser Mangel aber behebbar ist, so dass die Rechtsverletzung jedenfalls für die Zukunft entfällt (BayVGH B. v. 24.10.2000 - 26 ZS 99.3637 - juris Rn. 23).

Vorliegend kann sowohl die bereits erteilte Abweichung wegen der Nichteinhaltung der Abstandsflächen vor der nördlichen Außenwand präzisiert werden als auch eine Abweichung hinsichtlich der Abstandsflächenüberschreitung durch die zurückgesetzte nördliche Wand erteilt werden, da insbesondere - wie oben unter 2.1.5 dargestellt - die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 63 Abs. 1 BayBO nach summarischer Überprüfung gegeben sind, so dass entsprechende Abweichungen aller Voraussicht nach rechtmäßig wären.

2.2 Soweit sich die Antragsteller auf die Verletzung der abstandsflächenrechtlichen Vorschriften des Art. 6 BayBO durch die genehmigten Nebenanlagen berufen, wird die Anfechtungsklage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben.

Der Einwand, die Vorschrift des Art. 6 Abs. 9 BayBO hätte vorliegend nicht zur Anwendung kommen dürfen, mit der Folge, dass die genehmigten Nebenanlagen in den Abstandsflächen des Hauptgebäudes nicht zulässig wären, kommt deshalb nicht zum Tragen, da für das streitgegenständliche Vorhaben ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchzuführen war.

Im vereinfachten Genehmigungsverfahren ist gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayBO im Wesentlichen nur die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen. Bauordnungsrechtliche Anforderungen - wie das Abstandsflächenrecht des Art. 6 BayBO - gehören nur dann gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfprogramm der Baugenehmigungsbehörde, wenn insoweit Abweichungen beantragt wurden. Wie bereits oben dargestellt, sind in einem solchen Fall alle Abstandsflächen im Prüfprogramm der angefochtenen Baugenehmigung enthalten, da es trotz der Einschränkung des Art. 59 Satz 1 BayBO nicht möglich ist, Abstandsflächen einzelner Gebäudeseiten isoliert zu prüfen, da die Abstandsflächen der einzelnen Gebäudeseiten untereinander schon allein durch das 16-m-Privileg des Art. 6 Abs. 6 BayBO miteinander verknüpft sind (vgl. VG München B. v. 8.9.2010 - M 8 SN 10.4252 - juris RdNr. 30).

Diese Argumentation ist jedoch nicht auf die hier vorliegende Situation übertragbar. Die Antragsgegnerin hat der Beigeladenen eine Abweichung wegen der Nichteinhaltung der Abstandsflächen zum nördlichen Nachbargrundstück durch die Fassadendämmung des Hauptgebäudes erteilt. Diese Abweichung steht in keinem Zusammenhang mit der genehmigten Duplexparkanlage und dem Gartenhäuschen. Für die Beurteilung der Abstandsflächen des Hauptgebäudes ist weder das Vorhandensein der Nebenanlagen noch deren abstandsflächenrechtliche Situation von Relevanz. Das gleiche gilt für die abstandsflächenrechtliche Beurteilung einer Nebenanlage im Sinne des Art. 6 Abs. 9 BayBO. Ob diese Vorschrift zur Anwendung kommt, hängt nicht von der Frage ab, ob die gesetzlich erforderlichen Abstandsflächen durch das Hauptgebäude einhalten werden oder nicht. Die Rechtmäßigkeit einer Abweichung von den erforderlichen Abstandsflächen für das Hauptgebäude kann ohne Rücksicht auf die in den Abstandsflächen dieses Gebäudes geplanten selbstständigen (Neben-)Anlagen beurteilt werden. Es fehlt hier gerade an der erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Verknüpfung der Abstandsflächen einer Nebenanlage mit denen des Hauptgebäudes, wie das bei den einzelnen Gebäudeseiten der Fall ist.

Im Übrigen dürfte es sich bei der genehmigten halboffenen Duplexparkanlage voraussichtlich um eine offene Kleingarage im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 GaStellV (Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen sowie über die Zahl der notwendigen Stellplätze) handeln, auf die Art. 6 Abs. 9 BayBO anwendbar wäre.

2.3 Soweit sich die Antragsteller auf die Verletzung des Art. 11 BayBO berufen, können sie in der Hauptsache ebenfalls keinen Erfolg haben, da der Baugenehmigung insoweit die Feststellungswirkung fehlt (vgl. unter 2.2)

2.4 Mit der Rüge, die der Beigeladenen rechtswidrig erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans verletze die Antragsteller in ihren Rechten, werden die Antragsteller in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben.

In bauplanungsrechtlicher Hinsicht beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 30 Abs. 1 BauGB nach den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplanes. Der Bebauungsplan Nr. ... setzt eine maximale Geschossflächenzahl (§ 20 BauNVO) von 0,4 fest. Da die festgesetzte Geschossflächenzahl durch das Vorhaben überschritten wird, war die Erteilung einer Befreiung von dieser Festsetzung des Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB erforderlich.

Aus der der Beigeladenen erteilten Befreiung für die Überschreitung der in dem Bebauungsplan Nr. ... festgesetzten Geschossflächenzahl folgt vorliegend voraussichtlich keine Nachbarrechtsverletzung, da diese Befreiung nach der summarischen Prüfung nicht zu beanstanden ist und keine Nachbarrechte der Antragsteller verletzt.

2.4.1 Bei der Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ist hinsichtlich des Nachbarschutzes danach zu unterscheiden, ob die Vorschrift, von der befreit werden soll, nachbarschützend ist oder nicht (vgl. Jäde in: Jäde/Dirnberger/Weiss, 7. Aufl. 2013, BauGB/BauNVO, § 29 BauGB, Rn. 59). Während im ersteren Fall bereits das Fehlen der objektiven Befreiungsvoraussetzungen zu einer Verletzung von Nachbarrechten führt, stellt im letzteren Fall die unzutreffende Annahme des Vorliegens der Befreiungsvoraussetzungen keinen unmittelbaren Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften dar, so dass ein Nachbarschutz hier nur im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme in Betracht kommt (BVerwG, U.v. 19.9.1986 - 4 C 8.84, NVwZ 1987, 409 - juris Rn. 17).

Bezüglich der Befreiung für die Überschreitung der festgesetzten Geschossflächenzahl nach § 31 Abs. 2 BauGB ist hinsichtlich des Nachbarschutzes zu berücksichtigen, dass die Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht nachbarschützend sind (vgl. BVerwG, B. v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris Rn. 9; B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 3). Eine andere Bewertung derartiger Festsetzungen kommt nur dann in Betracht, wenn der Satzungsgeber eine nachbarschützende Funktion einer solchen Festsetzung gewünscht und dieser normgeberische Wille auch in entsprechenden Begründungen seinen Niederschlag gefunden hat. Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur überbaubaren Grundstücksfläche vermitteln Drittschutz somit nur dann, wenn sie nach dem Planungswillen der Gemeinde diese Funktion haben sollen (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95, NVwZ 1996, 888 - juris Rn. 3).

Vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Festsetzung der zulässigen Geschossflächenzahl über ihre städtebauliche Funktion hinausgehend nach dem Willen des Plangebers einen drittschützenden Charakter haben sollte.

2.4.2 Eine fehlerhafte Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung kann dem Nachbarn einen Abwehranspruch nur insoweit vermitteln, als die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung nicht die gebotene Rücksicht auf dessen Interessen genommen hat (BVerwG, B.v. 8.7.1998 - 4 B 64/98, BayVBl. 1999, 26 - juris Rn. 5). Es führt daher in diesen Fällen nicht jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung im Rahmen einer Nachbarklage. Die Antragsteller können daher mit ihrem Vorbringen hinsichtlich des Fehlens der Tatbestandsvoraussetzungen für eine entsprechende Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB schon deshalb nicht durchdringen.

Dass die erteilte Befreiung bzw. das streitgegenständliche Bauvorhaben sich gegenüber dem Antragsteller als rücksichtslos darstellen, ist bei summarischer Überprüfung anhand der genehmigten Pläne nicht erkennbar.

Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4).

In der Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot ist anerkannt, dass eine Verletzung dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, DVBl. 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85, NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Si-loanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; vgl. auch BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770, BayVBl. 2009, 751 - juris Rn. 23; B.v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21).

Das streitgegenständliche Vorhaben ist den Antragstellern gegenüber voraussichtlich nicht als rücksichtslos zu beurteilen. Ein erheblicher Höhenunterschied zwischen dem Anwesen der Antragsteller und dem Vorhaben ist weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass von einer „erdrückenden“ oder „einmauernden“ Wirkung auf das Anwesen der Antragsteller nicht auszugehen ist. Zwar wird das Gebäude der Beigeladenen durch den Dachgeschossausbau insgesamt ca. 0,65 m höher als das Bestandsgebäude. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller ist hiermit jedoch nicht verbunden. Ebenso ist es nicht erkennbar, dass sich eine unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller daraus resultieren könnte, dass sich die Firstlänge des neuen Laternendaches im Vergleich zu der ursprünglichen Firstlänge des Walmdaches verlängert. Das Dach des Gebäudes der Beigeladenen wirkt zwar durch das erhöhte Volumen der gewählten Dachform aus Sicht der Antragsteller massiver als das Bestandsdach. Diese gleichwohl geringfügige Vergrößerung des Volumens des Baukörpers und die damit einhergehende Verschlechterung der bestehenden Situation führen jedoch unter Beachtung der oben dargestellten Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot voraussichtlich nicht zur Rücksichtslosigkeit des Vorhabens.

2.5 Schließlich wird die Rüge, die genehmigte Duplexparkanlage verletze das Gebot der Rücksichtnahme und die Baugenehmigung sei damit rechtswidrig, der Klage in dem Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht zum Erfolg verhelfen.

Nach der erfolgten summarischen Prüfung kann davon ausgegangen werden, dass durch den Betrieb der genehmigten Duplexparkanlage voraussichtlich keine unzumutbaren Lärmbelästigungen hervorgerufen werden, die zur Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen würden. Es sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Betrieb des Mechanismus der Parkanlage mit unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen verbunden ist.

Grundsätzlich sind die von den Stellplätzen einer zulässig errichteten Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen (BayVGH vom 29.2.2012, Az. 9 B 09.2502, juris Rn. 30; BVerwG vom 20.3.2003, Az. 4 B 59/02, NVwZ 2003, 1516 - juris Rn. 7; VG Augsburg vom 7.3.2012, Az. Au 5 S 12.175, juris Rn. 42). Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung nahe legen würden, sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere kommt es durch die Zulassung der streitgegenständlichen Hebeparkanlage nicht zur erstmaligen Beeinträchtigung des bisher durch den Zufahrtsverkehr unberührten rückwärtigen Grundstücksbereichs der Antragsteller, da sich an diesem Standort auch in der Vergangenheit eine Zufahrt zu einer Grenzgarage befand.

Zu berücksichtigen ist hier, dass die genehmigte Anlage darauf ausgerichtet ist, bestimmungsgemäß im Freien aufgestellt und betrieben zu werden. Nach der Information des Herstellers wird die Parkanlage mit dem Schallschutzpaket und einem auf Schwingmetall gelagerten, geräuscharmen Hydraulikaggregat ausgestattet. Zwar empfiehlt der Hersteller trotzdem Garagenkörper von dem Wohnhaus zu trennen. Daraus folgt jedoch nicht, dass durch den Betrieb der Anlage starke Lärmbelästigungen für die Nachbarschaft entstehen werden. Zu beachten ist insoweit auch, dass die Anlage vorliegend nicht komplett im Freien aufgestellt werden soll, sondern von drei Seiten durch Wände begrenzt ist, was den Lärmpegel dämmen wird. Die Geräuscheinwirkungen, die bei dem Betrieb des Hebemechanismus entstehen, unterscheiden sich erfahrungsgemäß nicht wesentlich von denen einer herkömmlichen Garage mit einem automatischen Rolltor. Die Errichtung einer solchen herkömmlichen Garage an der Grundstücksgrenze ist aber auch unter dem Gesichtspunkt des Lärmschutzes unbedenklich.

Zwar liegt es hier nahe, dass das Befahren der Plattform der Parkanlage mit einem Kraftfahrzeug mit stärkeren Geräuschimmissionen verbunden sein kann als das Befahren des Bodenbelags einer Garage bzw. der Oberfläche eines Stellplatzes. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass vorliegend eine Anlage mit nur zwei Stellplätzen vorgesehen und damit nur mit wenigen Fahrzeugbewegungen am Tag zu rechnen ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es zu einer erheblichen und damit unzumutbaren Beeinträchtigung der Antragsteller kommen wird. Zu beachten ist insoweit auch, dass das Anwesen der Antragsteller an der nördlichen Grundstücksgrenze situiert ist und sich damit ca. 12 m von der Grundstücksgrenze der Beigeladenen befindet. Bei dieser Entfernung der Aufenthaltsräume von der Anlage ist nicht mit einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Antragsteller zu rechnen. Schließlich besteht die Möglichkeit, für den Fall, dass das Befahren der Anlage mit den Kraftfahrzeugen wider Erwarten mit stärkeren Geräuschbelastung verbunden sein sollte, die Plattformen der Parkanlage mit den von dem Hersteller angebotenen Gummimatten nachzurüsten.

Auch die von den Antragstellern befürchtete Sichtbeeinträchtigung durch die sich im ausgefahrenen Zustand befindliche Anlage führt nicht zur Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme.

Der Anblick eines auf der Plattform der Anlage stehenden Kraftfahrzeugs, das über die 2 m hohe Sichtschutzwand hinausragt, mag das ästhetische Empfinden der Antragsteller stören oder sonst lästig sein. Dies führt jedoch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung. Die geplante Parkanlage kann in ihrem Normalzustand - nämlich heruntergelassen - von dem Grundstück der Antragsteller nicht wahrgenommen werden kann. Eine nur vorübergehende, meist kurzzeitige, Sichtbeziehung zu der Anlage ist ohne weiteres hinzunehmen.

3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 154 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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Baugesetzbuch - BBauG | § 10 Beschluss, Genehmigung und Inkrafttreten des Bebauungsplans


(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung. (2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden. (3) Die Er

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bei uns veröffentlicht am 25.07.2017

Tenor I. Der Bescheid des Beklagten vom 8. August 2016, Az.: 51-602- ..., wird aufgehoben. II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte

Verwaltungsgericht München Urteil, 27. Apr. 2015 - M 8 K 13.1019

bei uns veröffentlicht am 27.04.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 8 K 13.1019 Im Namen des Volkes Urteil vom 27. April 2015 8. Kammer Sachgebiets-Nr. 920 Hauptpunkte: - Nachbarklage gegen eine Ba

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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers 3 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. September 2013 - 5 K 1473/13 - wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerden der Antragsteller 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Beigeladenen die Herstellung der neun Stellplätze (sechs Carports und drei gefangene Stellplätze) an der südlichen Grenze des Grundstücks der Antragsteller 1 und 2 bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen. Im Übrigen werden die Anträge der Antragsteller 1 und 2 abgelehnt.

Die Gerichtskosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Antragsteller 1 und 2 als Gesamtschuldner zu 3/8, der Antragsteller 3 zu ½ und der Antragsgegner und die Beigeladene als Gesamtschuldner zu 1/8. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller 1 und 2 tragen der Antragsgegner und die Beigeladene als Gesamtschuldner zu ¼. Die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beigeladenen tragen die Antragsteller 1 und 2 als Gesamtschuldner zu 3/8 und der Antragsteller 3 zu ½. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die Zulassung des aus einem Mehrfamilienwohnhaus und zwölf Reihenhäusern bestehenden Wohnvorhabens der Beigeladenen durch den Antragsgegner im Wege eines kombinierten Baugenehmigungs- und Kenntnisgabeverfahrens. Sie sind Eigentümer von Wohnhausgrundstücken auf der Gemarkung der Stadt M... Diese grenzen westlich (Antragsteller 1 und 2) bzw. östlich (Antragsteller 3) an die Zufahrt zum rückwärtigen Teil des Baugrundstücks, die über einen in die W... Straße mündenden Privatweg verläuft. Für das Vorhaben sind insgesamt 44 Stellplätze vorgesehen, die bis auf vier im rückwärtigen Grundstücksbereich angelegt werden sollen. Von den im rückwärtigen Grundstücksbereich geplanten Stellplätzen sollen 13 in einer Tiefgarage untergebracht und die übrigen 27 oberirdisch angelegt werden.
Die Stadt beschloss im März 2012, für die Fläche des Vorhabengrundstücks einen Bebauungsplan aufzustellen, um das Vorhaben der Beigeladenen zu ermöglichen. Im Bebauungsplanverfahren wandten die Antragsteller ein, der zu erwartende An- und Abfahrtsverkehr des geplanten Vorhabens mit insgesamt 40 Stellplätzen im „Blockinnenbereich“ werde sie unzumutbar beeinträchtigen. Daraufhin veranlasste die Stadt eine schalltechnische Untersuchung der Auswirkungen der Planung. Die Untersuchung vom März 2013 kommt unter Anwendung der DIN 18 005 - Teil 1 - zum Ergebnis, ein Vergleich des Ist-Zustands mit dem Zustand nach Realisierung des durch den Planentwurf ermöglichten Vorhabens der Beigeladenen führe zu einem „zweigeteilten Bild“: An den Immissionsorten - auch auf den Grundstücken der Antragsteller - nahe zur im Norden verlaufenden W... Straße seien auf Grund der dortigen Verkehrsdichte bereits heute hohe, die Orientierungswerte der DIN 18 005 für allgemeine Wohngebiete überschreitende Vorbelastungen vorhanden, die sich nach Realisierung des geplanten Vorhabens nur im nicht wahrnehmbaren Bereich von unter 2 dB(A) erhöhten. Anders sehe es an den weiter südlich belegenen Immissionspunkten aus. An diesen führe die beabsichtigte Planung zwar zu wahrnehmbaren Erhöhungen der Immissionen, doch blieben auch die erhöhten Werte noch unter den Orientierungswerten der DIN 18 005 für allgemeine Wohngebiete.
Am 20.3.2013 beschloss der Gemeinderat der Stadt den Bebauungsplan unter Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Antragsteller als Satzung.
Am 19.4.2013 zeigte die Beigeladene dem Antragsgegner die - einen Teil des Gesamtvorhabens bildende - Errichtung von zwölf Reihenhäusern samt 23 Stellplätzen im Wege des Kenntnisgabeverfahrens an. Auf ihren Antrag erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen am 15.7.2013 die Baugenehmigung zur Errichtung des ferner geplanten Mehrfamilienwohnhauses mit elf Wohneinheiten und 21 Stellplätzen auf demselben Grundstück.
Die Antragsteller haben beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich des Gesamtvorhabens der Beigeladenen gestellt und sich zur Begründung im Wesentlichen auf eine „Gutachtliche Stellungnahme zur Beurteilung der Lärmeinwirkung auf das Wohngebäude W... Straße ...“ vom 5.7.2013 bezogen. Diese prognostiziert unter Anwendung der TA Lärm und der Parkplatzlärmstudie nach Zulassung des Vorhabens der Beigeladenen eine Überschreitung des Immissionsrichtwerts der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete nachts vor der Ostfassade des Wohnhauses der Antragsteller 1 und 2 um 5,7 db(A) und vor dessen Südfassade um 3,4 db(A).
Mit Beschluss vom 2.9.2013 hat das Verwaltungsgericht die Anträge der Antragsteller abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Verstoß des Vorhabens der Beigeladenen gegen die Antragsteller schützende Vorschriften sei nicht erkennbar. Stellplätze, deren Zahl dem durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf entspreche, riefen in einem allgemeinen Wohngebiet keine erheblichen und damit unzumutbaren Störungen hervor. Das belege auch das im Bebauungsplanverfahren eingeholte Gutachten vom März 2013, das in zutreffender Weise die DIN 18 005 zugrunde lege. Dagegen beruhe das von den Antragstellern vorgelegte Gutachten vom 5.7.2013 auf einen methodisch fehlerhaften Ansatz, da es von den Immissionsrichtwerten der TA Lärm ausgehe.
Zur Begründung ihrer Beschwerde machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Anwendbarkeit der TA Lärm verneint. Selbst wenn das anders zu sehen sein sollte, dürfe es nicht bei der Heranziehung der DIN 18 005 bleiben, sondern müssten zusätzliche Regelwerke, wie etwa die Parkplatzlärmstudie beachtet werden. Ebenso müsse der über den An- und Abfahrverkehr hinaus entstehende Rangierverkehr auf der Südseite des Gebäudes der Antragsteller 1 und 2 Berücksichtigung finden. Geschehe das, zeige sich, dass der zu erwartende Zu- und Abfahrtsverkehr zu einer Gefährdung ihrer Gesundheit führe oder jedenfalls „Planungsmängel“ vorlägen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers 3 ist unbegründet, die Beschwerden der Antragsteller 1 und 2 sind nur teilweise begründet. Soweit sie sich mit dem Argument unzumutbarer Lärmbelästigungen durch den künftigen Zufahrts- und Abfahrtsverkehr gegen die Erteilung der Baugenehmigung vom 19.4.2013 zur Errichtung eines Wohnhauses mit elf Wohneinheiten und 21 Stellplätzen wenden, vermag der Senat eine Verletzung der Rechte der Antragsteller nicht zu erkennen. Soweit sie sich mit demselben Argument gegen die Zulassung der zwölf Reihenhäuser samt 23 Stellplätzen im Kenntnisgabeverfahren wenden, erscheint als offen und ist daher im Hauptsacheverfahren weiter aufzuklären, ob die Herstellung von mehr als den für das gesamte Vorhaben der Beigeladenen notwendigen 35 Stellplätzen und deren Nutzung in der konkret vorgesehenen Anordnung gegenüber den Antragstellern 1 und 2 rücksichtslos ist und damit zugleich gegen die ihrem Schutz dienende Bestimmung des § 37 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 2 LBO verstößt (1.). Das gebietet es hier, bereits deren Herstellung vorläufig zu untersagen (2.).
1. Zwar ist nicht erkennbar, dass die künftige Nutzung der Stellplätze des Vorhabens der Beigeladenen die Gesundheit der Antragsteller gefährdet (a), doch erscheint es zumindest als offen, ob sie nicht dennoch zu für die Antragsteller 1 und 2 unzumutbaren Lärmbelastungen führt (b).
10 
Nach § 12 Abs. 2 BauNVO ist in allgemeinen Wohngebieten die Herstellung und Nutzung von Stellplätzen für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf regelmäßig planungsrechtlich zulässig (BVerwG, Beschl. v. 20.3.2003 - 4 B 59.02 - NVwZ 2003, 1516; Urt. v. 7.12.2000 - 4 C 3.00 - NVwZ 2001, 813; Beschl. d. Senats v. 20.7.1995 - 3 S 3538/94 - VBlBW 1996, 143). Etwas anderes gilt nach § 15 Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. BauNVO allerdings dann, wenn von ihnen Belästigungen ausgehen, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzulässig sind. Eine ähnliche Regelung enthält § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO. Danach darf die Nutzung von Stellplätzen und Garagen die Gesundheit nicht schädigen; sie darf auch die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm, Abgase oder Gerüche nicht erheblich stören. Dabei wird allerdings regelmäßig davon ausgegangen, dass notwendige Stellplätze für Wohnvorhaben in einer von Wohnbebauung geprägten Umgebung keine erheblichen, billigerweise nicht mehr zumutbaren Störungen im Sinne dieser Vorschrift hervorrufen (Beschl. d. Senats v. 10.1.2008 - 3 S 2773/07 - BauR 2009, 470; Sauter, LBO, Stand Dez. 2012, § 37 Rn. 11). Im Rahmen der Prüfung des § 15 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BauNVO gilt Entsprechendes.
11 
a) Nach § 37 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 LBO und § 15 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BauNVO darf die Nutzung von Stellplätzen die Gesundheit der Anwohner nicht schädigen. Entgegen der Ansicht der Antragsteller sind Gefahren für ihre Gesundheit durch die Nutzung der geplanten Stellplatzanlage für das gesamte Vorhaben der Beigeladenen nicht erkennbar. Als kritisch für die Gesundheit werden chronische Lärmbelastungen tags über 70 db(A) und nachts über 60 db(A) angesehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.7.2013 - 7 B 40.12 - juris; Bay VGH, Beschl. v. 9.2.2009 - 15 ZB 09.127 - juris; Kuschnerus, Der Lärmschutz in der Abwägung, in: Die Abwägung - das Herzstück der städtebaulichen Planung, 2010, S. 87, 92). Lärmbelastungen in dieser Höhe prognostizieren weder die schalltechnische Untersuchung vom März 2013, auf die sich der Antragsgegner beruft, noch die von den Antragstellern vorgelegte gutachtliche Stellungnahme vom 5.7.2013.
12 
b) Sowohl § 15 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BauNVO als auch § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO schützen Baunachbarn jedoch nicht nur vor Gesundheitsgefahren durch die Nutzung von Stellplätzen. Vielmehr vermitteln beide Bestimmungen weitergehenden Schutz vor sonstigen unzumutbaren (erheblichen) Störungen (vgl. § 37 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 2 LBO). Der Begriff der erheblichen Störung ist mit dem Begriff der erheblichen Belästigung für die Nachbarschaft i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG und damit mit dem Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen vergleichbar (Beschl. d. Senats v. 10.1.2008 - 3 S 2773/07 - BauR 2009, 470; Sauter, a.a.O., § 37 Rn. 110). Bei der Bestimmung des Maßes dessen, was an Störungen billigerweise noch zumutbar und hinzunehmen ist, kommt es auf das Ergebnis einer situationsbezogenen Abwägung und einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen im Einzelfall an. So werden bei der Beurteilung insbesondere die Gebietsart, der konkrete Standort, die Zahl und die Benutzungsart der Stellplätze, die Art und Weise der Verbindung zum öffentlichen Verkehrsraum sowie die Funktion der Stellplätze als "notwendige" oder zusätzliche Stellplätze eine Rolle spielen (BVerwG, Beschl. v. 20.3.2003 - 4 B 59/12 - NVwZ 2003, 1516; Urt. d. Senats v. 2.7.1999 - 3 S 1393/99 - VBlBW 2000, 76 m.w.N.; Sauter, a.a.O., § 37 Rn. 108; Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Busch/Hager/Gammerl, LBO, 6. Aufl., § 37 Rn. 69).
13 
aa) Nach Maßgabe dessen ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Nutzung der mit dem Vorhaben des Beigeladenen zugelassenen notwendigen Stellplätze zu unzumutbaren Lärmbelastungen für die Antragsteller führt.
14 
Die Antragsteller berufen sich für die von ihnen behauptete Unzumutbarkeit auf das von ihnen vorgelegte Gutachten vom 15.7.2013. Der Verfasser des Gutachtens hat dabei die geplanten Stellplätze als „Anlage“ i.S.d. der Nr. 1 Abs. 2 der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA-Lärm - eingestuft und deshalb seinen Berechnungen unter anderem den in Nr. 6.1 d) TA Lärm für allgemeine Wohngebiete festgesetzten Immissionsrichtwert von nachts 40 db(A) zugrunde gelegt. Weiter ist von ihm in Anwendung der Regelung in Nr. 2.4 Abs. 1 TA Lärm als zu beachtende Vorbelastung nur die Belastung der Wohngebäude durch Anlagen, für die die TA Lärm gilt, berücksichtigt worden, dagegen nicht der Verkehrslärm durch die W... Straße. Schließlich hat er in weiteren Rechenschritten nächtliche Parkbewegungen auf Stellplätzen unmittelbar an der südlichen Grundstücksgrenze der Antragsteller 1 und 2 berücksichtigt. Auf diese Weise ist er zu einer Überschreitung des von ihm als maßgeblich angesehenen Immissionsrichtwerts von nachts 40 db(A) durch den zu erwartenden Parkverkehr vor der Ostfassade des Gebäudes der Antragsteller 1 und 2 um 5,7 db(A) und vor dessen Südfassade um 3,4 db(A) gekommen.
15 
Diesem Ansatz der Antragsteller und ihres Gutachters, die Unzumutbarkeit einer Lärmbelastung durch die Nutzung von (notwendigen) Stellplätzen alleine durch die Berufung auf die Überschreitung technisch-rechnerischer Immissionswerte darzulegen, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar mag es sein, dass sich Stellplätze von Wohnvorhaben unter den Begriff der „sonstigen ortsfesten Einrichtungen“ i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 1 2. Alt. BImschG und damit unter die nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach § 22 BImSchG subsumieren lassen (so etwa OVG Bremen, Urt. v. 16.7.1985 - 1 BA 13/85 - NVwZ 1986, 672; Sauter, a.a.O., § 37 Rn. 110). Gleichwohl ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die TA Lärm mit ihren Immissionsrichtwerten (Nr. 6.1), dem Spitzenpegelkriterium (Nr. 6.3) und der von ihr definierten Vorbelastung (Nr. 2.4) bei der Beurteilung von Immissionen, die durch die Nutzung zugelassener notwendiger Stellplätze eines Wohnvorhabens verursacht werden, keine Anwendung zu finden vermag, schon um Wertungswidersprüche zu § 12 Abs. 2 BauNVO zu vermeiden (so im Ergebnis auch Geiger, in: Birkl, Praxishandbuch des Bauplanungs- und Immissionsschutzrechts, E Rn. 94, mit dem Verweis darauf, dass anderenfalls auf Grundstücken in reinen Wohngebieten keine Stellplätze hergestellt werden könnten; ebenso ferner unter Hinweis auf die Geltung der TA Lärm nur für die Beurteilung gewerblichen Lärms Urt. d. Senats v. 15.2.2012 - 3 S 1324/09 -; Kuschnerus, Der Lärmschutz in der Abwägung, in: Die Abwägung - das Herzstück der städtebaulichen Planung, 2010, S. 92 u. 94; kritisch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27.6.2002 - 1 A 11669/99 - BauR 2003, 368; siehe auch Parkplatzlärmstudie des bay. Landesamts für Umwelt, 6. Aufl., Nr. 10.2.3 „zur schallschutztechnischen Optimierung“).
16 
Die Ungeeignetheit einer bloßen Berufung auf Überschreitungen der Orientierungswerte der TA Lärm in solchen Fällen dürfte allerdings voraussetzen, dass die zugelassene Anzahl notwendiger Stellplätze nicht ihrerseits - etwa auf Grund der „Überdimensionierung“ eines Wohnvorhabens - Bedenken begegnet. Das dürfte hier noch nicht der Fall sein. Zur Ermöglichung des Vorhabens des Beigeladenen wurde ein Bebauungsplanverfahren durchgeführt. In diesem Verfahren wurde ein Schallschutzgutachten eingeholt, das seiner Analyse wohl zutreffend die DIN 18 005 - Teil 1 - Schallschutz im Städtebau zugrunde gelegt hat (vgl. zur Beurteilung von Parkplatzlärm, der von einer in einem Blockinnenbereich geplanten Stellplatzanlage ausgeht, im Rahmen der Bauleitplanung nach dieser DIN Urt. d. Senats v. 15.2.2012 - 3 S 1324/09 -). Voraussichtlich weiter zutreffend ist das Gutachten vom März 2013 vom höheren der beiden Orientierungswerte im Beiblatt 1 zur DIN 18 005 - Teil 1 - für Allgemeine Wohngebiete nachts von 45 db(A) ausgegangen. Denn nach Nr. 1.1 Abs. 2 des Beiblatts 1 soll bei zwei angegebenen Nachtwerten der niedrigere Wert (hier: 40 db(A)) „für Industrie-, Gewerbe- und Freizeitlärm sowie Geräusche von vergleichbaren öffentlichen Betrieben“ gelten. Um solche Geräusche handelt es sich bei der durch die Nutzung von Stellplätzen einer Wohnanlage erzeugten Geräuschen aller Voraussicht nach nicht. Unter Zugrundelegung dieser Prämissen prognostiziert das Gutachten vom März 2013 teilweise Überschreitungen des (höheren) Orientierungswerts für allgemeine Wohngebiete nachts von 45 db(A) - etwa an der Ostfassade des Wohnhauses der Antragsteller 1 und 2 und der Westfassade des Wohnhauses des Antragstellers 3 - bereits auf Grund der erheblichen Vorbelastung der Grundstücke durch den vom Verkehr auf der W... Straße verursachten Lärm. Dieser werde sich durch den Zu- und Abfahrverkehr zum Vorhaben des Beigeladenen nur im nicht wahrnehmbaren Bereich erhöhen.
17 
Der Bebauungsplangeber hat seiner Abwägung diese Prognose zugrunde gelegt und der Realisierung der beabsichtigten Planung den Vorzug gegeben, ohne dass sich ein Fehler im Abwägungsergebnis aufdrängt.
18 
bb) Zu einer unzumutbaren Lärmbelastung für die Antragsteller 1 und 2 führt aber möglicherweise die Nutzung der neun unmittelbar an ihrer südlichen Grundstücksgrenze zugelassenen Stellplätze. Das gilt nicht nur wegen ihrer Anordnung unmittelbar an der Grundstücksgrenze, sondern vor allem wegen des Umstands, dass drei dieser Stellplätze „gefangene“ Stellplätze darstellen. Die Nutzung eines solchen Stellplatzes ist mit einem erheblichen zusätzlichen Rangierverkehr verbunden, nämlich dann, wenn auf dem vorderen Stellplatz ein weiteres Fahrzeug steht. Ein einfaches Zu- und Abfahren ist in einem solchen Fall nicht möglich. Vielmehr bedarf es unter der genannten Voraussetzung zusätzlich zweier weiterer Rangiervorgänge, die im vorliegenden Fall zudem dadurch erheblich erschwert werden, dass der dafür zur Verfügung stehende Raum äußerst knapp bemessen ist. Dieser zusätzliche Rangierverkehr dürfte von keinem Rechenwerk berücksichtigt worden sein, weil solche gefangenen Stellplätze nicht mehr dem heutigen Standard für notwendige Stellplätze entsprechen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass von den insgesamt geplanten 44 Stellplätzen nur 35 notwendige Stellplätze sind (insgesamt 23 Wohneinheiten im Mehrfamilienhaus und in der Reihenhauszeile x 1,5 notwendige Stellplätze pro Wohneinheit nach der auf § 74 Abs. 2 Nr. 2 LBO beruhenden Satzung der Stadt M...) und bis auf vier alle Stellplätze im rückwärtigen Grundstückbereich hergestellt werden sollen. Bei Lärm, der durch die Nutzung solcher über die notwendigen Stellplätze für Wohnvorhaben hinaus zugelassenen Stellplätze verursacht wird, erscheint die Anwendung zumindest der Richtwerte der TA-Lärm als Orientierungshilfe denkbar.
19 
2. Lässt sich somit nicht ausschließen, dass die Nutzung der nicht notwendigen Stellplätze zu für die Antragsteller 1 und 2 unzumutbaren Lärmbelastungen führt, ist zunächst zu prüfen, welche mit dem Mehrfamilienwohnhaus genehmigt und welche mit der Reihenhauszeile zur Kenntnis gegeben worden sind. Die Analyse der jeweiligen Bauvorlagen ergibt, dass sich jedenfalls die sechs südlich des geplanten Mehrfamilienwohnhauses vorgesehenen Stellplätze nicht eindeutig dem Mehrfamilienwohnhaus oder der Reihenhauszeile zuordnen lassen. Damit besitzt die Beigeladene die Möglichkeit, diese so zuzuordnen, dass für die Reihenhauszeile auch bei Wegfall anderer ihr eindeutig zugeordneter Stellplätze die notwendigen Stellplätze zur Verfügung stehen. Damit sind die neun Stellplätze (sechs Carports und drei gefangene Stellplätze) an der südlichen Grenze des Grundstücks der Antragsteller zu 1 und 2, die eindeutig Gegenstand des Kenntnisgabeverfahrens sind, nicht als notwendige Stellplätze für das Gesamtvorhaben der Beigeladenen erforderlich.
20 
Zwar betont der Vertreter des Antragsgegners, bei offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache sei die vorläufige Untersagung der Errichtung des Vorhabens unverhältnismäßig, weil bei einem Obsiegen der Antragsteller in der Hauptsache die Nutzung von Stellplätzen noch untersagt werden könne. Das erscheint dem Senat jedoch im Blick auf die Herstellung und Nutzung von zusätzlichen Stellplätzen nicht überzeugend. Die Untersagung der Herstellung von neun zusätzlichen Stellplätzen lässt das Recht der Beigeladenen unberührt, die Wohngebäude zu errichten, die übrigen (notwendigen) Stellplätze anzulegen und die Nutzung des Objekts zuzulassen. Bei einem Obsiegen der Beigeladenen in der Hauptsache könnten die zusätzlichen Stellplätze rasch und problemlos nachträglich errichtet werden, während eine Untersagung der Nutzung bereits vorhandener Stellplätze faktisch nur schwer vollzogen werden kann. Deswegen erfordert das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Kenntnisgabeverfahren hier den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung im aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang (vgl. zu den Maßstäben der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Kenntnisgabeverfahren VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.7.2012 - 8 S 1136/12 - u. v. 18.2.1997 - 3 S 3419/96 - NVwZ-RR 1998, 613).
III.
21 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 bis 3, 155 Abs. 1 Satz 1 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.
22 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 u. 2, 39 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dabei geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass sich die Eigentümer zweier Grundstücke gegen ein einheitliches Bauvorhaben wehren. Sie wenden sich der Sache nach zwar nur gegen die künftige Nutzung (eines Teils) des zugelassenen Vorhabens der Beigeladenen, begehren mit ihrem Antrag aber eindeutig den vorläufigen Stopp der Errichtung des Vorhabens, so dass eine Halbierung des Werts für Baunachbarstreitigkeiten im vorliegenden Eilverfahren nicht angezeigt erscheint.
23 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

In Gebieten mit Bebauungsplänen oder Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 oder 3 sind bei Maßnahmen an bestehenden Gebäuden zum Zwecke der Energieeinsparung geringfügige Abweichungen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche zulässig, soweit dies mit nachbarlichen Interessen und baukulturellen Belangen vereinbar ist. Satz 1 gilt entsprechend für Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an und auf Dach- und Außenwandflächen. In den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend für Abweichungen vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung (§ 34 Absatz 1 Satz 1).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Als Vollgeschosse gelten Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind oder auf ihre Zahl angerechnet werden.

(2) Die Geschossflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Absatz 3 zulässig sind.

(3) Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind.

(4) Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

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cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.