Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Juli 2015 - M 17 E 15.126

bei uns veröffentlicht am30.07.2015

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Beigeladene vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren durch eine für sofort vollziehbar zu erklärende Anordnung anzuweisen, das Programm … in ihr analoges Kabelnetz einzuspeisen und an die angeschlossenen Haushalte und nachgelagerten Netze weiterzuverbreiten.

II. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers je zur Hälfte zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten haben sie jeweils selbst zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 234.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Beigeladene vorläufig durch eine für sofort vollziehbar zu erklärende Anordnung anzuweisen, das Programm … in ihr analoges Kabelnetz in Bayern einzuspeisen und an die angeschlossenen Haushalte und nachgelagerten Netze weiterzuverbreiten.

Die Beigeladene zeigte der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 20. Oktober 2014 (BA Bl. 76-75) gemäß Art. 36 Abs. 1 BayMG, § 5 Abs. 2 Satz 2 Kanalbelegungssatzung (KBS) die Absicht an, die analoge Einspeisung des Programms … (vormals …) in ihre Kabelanlagen in Bayern nach Ablauf der einmonatigen Anzeigefrist zu beenden. Sie stelle gemäß § 5 Abs. 3 KBS den Antrag auf Bestätigung der medienrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Maßnahme. Der Antragsteller weigere sich nun schon seit über einem Jahr, die Verbreitung des Programmes … in den Kabelanlagen der Beigeladenen in angemessener Weise zu vergüten. Dagegen habe nach Rechtsansicht der Beigeladenen die Programmeinspeisung von Must-carry-Programmen zu angemessenen wirtschaftlichen Bedingungen nach Maßgabe eines verpflichtend zu schließenden Verbreitungsvertrages zu erfolgen, solange eine kostenpflichtige Einspeisung zu den Nutzungsbedingungen des Netzbetreibers gehöre. Außerdem stelle sich die Frage, ob es das Programm … noch gebe. Öffentlichen Mitteilungen der Antragsgegnerin und der ARD hätten sie entnommen, dass das ehemalige … im Verlaufe des Jahres „umgestaltet“ worden sei und damit nicht mehr existiere, sondern durch ein anderes Programm ersetzt worden sei. Die Beigeladene habe dem Antragsteller angeboten, die analoge Einspeisung von … in Bayern auf Grundlage des Standardvertrages fortzusetzen. Von der Belegungsänderung werde nur abgesehen, wenn der Antragsteller innerhalb von zwei Wochen den Vertrag unterschreibe oder jedenfalls die grundsätzliche Bereitschaft zur Zahlung von üblichen Entgelten mit sofortiger Wirkung zusage.

Die Antragsgegnerin gab dem Antragsteller mit Schreiben vom 21. Oktober 2014 (Bl. 79) Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Antragsteller nahm mit Schreiben vom 27. Oktober 2014 (Bl. 88-84) Stellung und beantragte, den Antrag der Beigeladenen auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung abzulehnen. Darüber hinaus beantragte er, die gesetzliche Pflicht der Beigeladenen, das Programm … in ihre Kabelnetze in Bayern analog einzuspeisen, aufsichtsrechtlich durchzusetzen. Das Programm … habe in Bayern für die Betreiber analoger Kabelanlagen gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG Must-carry-Status. Es werde im Gesetz (Art. 2 Abs. 2 Bayerisches Rundfunkgesetz - BayRG) als Programm „…“ ausdrücklich erwähnt. Durch die rein deklaratorische Umbenennung des Programms zum 29. Juni 2014 in … habe das Programm seine Identität als Spartenprogramm mit dem Schwerpunkt Bildung nicht geändert. Der Bayerische Rundfunk bleibe alleiniger Veranstalter des Programms. Die gesetzlichen Vorgaben des Art. 2 Abs. 2 BayRG würden damit weiterhin beachtet. Die Umbenennung verfolge allein das Ziel, das Programm für Bildungs- und Informationsangebote der ARD-Familie noch weiter zu öffnen, zu diesem Zweck sei auch das Programmschema angepasst worden. Die Umbenennung sei insoweit Ausdruck der verfassungsrechtlich garantierten Programmautonomie der ARD-Rundfunkanstalten. Die Zusammenarbeit der Rundfunkanstalten werde lediglich intensiviert und strukturelle Änderungen, die die gesetzliche Grundlage oder den Must-carry-Status berührten, seien hiermit nicht verbunden. Dies hätten auch die Ministerpräsidenten der Länder auf ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2014 anerkannt und beschlossen, den Wortlaut des Rundfunkstaatsvertrages der neuen Programmbezeichnung anzupassen.

Die gesetzliche Einspeisepflicht sei nicht an eine Einspeisevergütung gebunden. Eine rechtliche Verpflichtung der Rundfunkanstalten, die Geschäftstätigkeit der Beigeladenen durch eine Vergütung der Signalverbreitung über die Netze der Beigeladenen zu finanzieren, bestehe nach Kündigung der Einspeiseverträge nicht. Der Antragsteller und die anderen ARD-Rundfunkanstalten behaupteten keinen Anspruch auf unentgeltliche Einspeisung. Richtig sei allein, dass das Bayerische Mediengesetz die Beigeladene im Allgemeininteresse zur Verbreitung bestimmter Programme verpflichte, ohne zugleich die Vergütungsfrage zu normieren. Das Gesetz lasse damit, wie auch der Rundfunkstaatsvertrag, Raum für die unterschiedlichsten Geschäftsmodelle im Markt. Schließlich sei die Beigeladene auch nicht mit den Betreibern von Satelliten und DVB-T-Netzen vergleichbar, die, insoweit ohne Refinanzierungsmöglichkeiten bei Endkunden, als Dienstleister der ARD-Rundfunkanstalten die Signalerstverbreitung vornähmen - die Beigeladene hingegen verbreite die Programme weiter und vermarkte diese im eigenen wirtschaftlichen Interesse.

Zum Schreiben des Antragstellers nahm die Beigeladene mit Schreiben vom 14. November 2014 (Bl. 171-152) ausführlich Stellung. Der Antragsteller könne sich nicht auf eine subjektiv öffentlich-rechtliche Rechtsposition berufen, solange er sich weigere, einen Vertrag abzuschließen. Durch eine Bestätigung der medienrechtlichen Unbedenklichkeit der Herausnahme von … werde er nicht unmittelbar in eigenen Rechten betroffen. Er habe von vornherein keinen unmittelbaren und sich aus dem Gesetz ergebenden Leistungsanspruch, weder gegenüber der Beigeladenen noch gegenüber der Antragsgegnerin. … habe keinen Must-carry-Status im analogen Kabel. Nach dem Wortlaut von Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG und der Anlage 2 KBS werde ausdrücklich „…“ als privilegiertes Programm definiert. Als Eingriffe in Grundrechte der Netzbetreiber bedürften medienrechtliche Verbreitungspflichten einer gesetzlichen Grundlage. Nur der Gesetzgeber dürfe einen „Must-carry“-Netzzugangsanspruch geben. … sei der wesentlich veränderte Nachfolger eines zuvor spezifisch bayerischen Programms. Landesprogramme und bundesweite Programme seien wesentlich verschiedene Programmkategorien. Die Ausrichtung habe sich grundlegend verändert. So werde beispielsweise die bisher über … ausgestrahlte regional-lokale Nachrichtensendung („...-Rundschau“) durch die im Ersten und den meisten Dritten Programmen verbreitete Tagesschau ersetzt. Durch diese strukturelle Neuausrichtung entfalle die materielle Substanz der medienrechtlichen Privilegierung dieses Programms.

Die Beigeladene sei rundfunkrechtlich nicht verpflichtet, das Programm … zu verbreiten, wenn der Veranstalter sich weigere, die angebotene Einspeisungsleistung anzunehmen. Der Kabelnetzbetreiber dürfe die Einspeisung eines Must-carry-Programmes unterlassen, wenn sich dessen Veranstalter seinerseits weigere, einen entgeltlichen Einspeisungsvertrag zu marktüblichen Bedingungen abzuschließen, obwohl eine Ausnahmevorschrift für die unentgeltliche Programmeinspeisung nicht bestehe. Die Beigeladene habe dem Antragsteller ein Standardangebot für einen Einspeisungsvertrag zu marktüblichen Konditionen angeboten, das der Antragsteller abgelehnt habe.

Es stehe dem Antragsteller auch kein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf behördliches Einschreiten gegen die Beigeladene zu.

Die Antragsgegnerin zog den Antragsteller mit Schreiben vom 18. November 2014 (Bl. 177/176) nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG zum Verfahren zu. Der Antragsteller entgegnete mit Schreiben vom 27. November 2014 (Bl. 400-365 nebst umfangreichen Anlagen) und vertiefte seine Rechtsauffassung.

Am 4. Dezember 2014 führte die Antragsgegnerin eine mündliche Anhörung und Erörterung nach § 5 Abs. 3 KBS mit den Verfahrensbeteiligten durch (berichtigte Niederschrift Bl. 525-516).

Die Antragsgegnerin bestätigte der Beigeladenen mit Bescheid vom 8. Januar 2015 (Bl. 548-528), dass die Beendigung der Einspeisung des Programms … (vormals …) in analoger Technik in ihren Kabelanlagen in Bayern medienrechtlich unbedenklich ist (Nr. 1 des Bescheidstenors). Die Unbedenklichkeitsbestätigung nach Nr. 1 werde mit dem Abschluss eines Einspeisevertrages zwischen der Beigeladenen und dem Antragsteller unwirksam (Nr. 2 des Bescheidstenors).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag der Beigeladenen sei zulässig und begründet. Die Beigeladene sei nicht verpflichtet, das Programm … in analoger Technik in Kabelanlagen in Bayern einzuspeisen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens stehe zur Überzeugung der Antragsgegnerin fest, dass eine Namensänderung von … in … und eine inhaltliche Änderung des Programmangebotes stattgefunden hätten. Auf den Umfang der Programmveränderungen komme es nicht an. Das Programm … werde vom Wortlaut des Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG nicht erfasst. Der von dieser Vorschrift begünstigte Antragsteller habe sich durch die Namensänderung ohne Zuwarten auf den Gesetzgeber freiwillig aus dem gesetzlichen „Schutzreservat“ für Must-carry-Programme herausbegeben. Es könne der Beigeladenen als Grundrechtsträgerin, in deren Rechtsposition durch eine gesetzliche Bestimmung eingegriffen werde, nicht zugemutet werden, eine aufwändige Sachverhaltsrecherche zu betreiben, um festzustellen, ob ein vom Begünstigten freiwillig geänderter Sachverhalt noch unter eine sie verpflichtende Vorschrift falle oder nicht. Bei dem über mehrere gesetzliche Schritte erreichten Stand der Deregulierung des Kanalbelegungsregimes gehe das Gesetz zwischenzeitlich vom Grundsatz der Belegungsentscheidung des Anlagenbetreibers im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben unter einer Missbrauchsaufsicht durch die Antragsgegnerin aus. Die gesetzlichen Beschränkungen seines Kanalbelegungsrechtes müssten hinreichend bestimmt sein. Vormals habe die Antragsgegnerin die bestimmbaren Fernsehprogramme in Anlage 2 zur Kanalbelegungssatzung aufgeführt. Gerade um hier eine Entwicklungsoffenheit auszuschließen und eine Änderung des Must-carry-Empfangs aufgrund Änderung von technischen Sachverhalten (Einstellung der analogen Erstverbreitung) zu vermeiden, habe der Gesetzgeber durch Änderungsgesetz vom 27. November 2012 die mit einem Pflichtstatus ausgestatteten öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme namentlich benannt. Andere Programme hätten es nicht sein sollen. Darüber habe kein Zweifel bestehen sollen.

Unabhängig von der Frage, ob … in den Pflichtbereich nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG falle, sei die Beigeladene nicht verpflichtet, ohne Abschluss eines Einspeisevertrags mit dem Antragsteller das Programm … in analoger Technik in ihren Kabelanlagen zu verbreiten. Art. 36 BayMG enthalte kein Verbot und keine Präferenz für ein bestimmtes Geschäftsmodell. Während Antennenbauer mittelbare Nutznießer der freien Empfangbarkeit der über Satellit oder Terrestrik ausgestrahlten Rundfunkprogramme (Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 112 Abs. 2 BV) und von Rundfunkveranstaltern völlig unabhängig seien - solange diese ihre Programme verbreiten -, sei der Kabelanlagenbetreiber von den Rundfunkveranstaltern als Urheberrechtsberechtigten abhängig; die Kabelweiterverbreitung sei sowohl rundfunkrechtlich als auch urheberrechtlich ein Sendevorgang und nicht allein Rundfunkempfang oder Werkgenuss. Vor der Einspeisung ins Kabel sei der Rundfunkveranstalter „Herr der Weiterverbreitung“. Ohne Rechtsbeziehung zwischen Programmveranstalter und Kabelanlagenbetreiber könne keine Weiterverbreitung stattfinden (Art. 35 Abs. 2 BayMG). Das Kanalbelegungsregime sei der Klärung der (zivilrechtlichen) Rechtsbeziehungen zwischen Programmveranstaltern und Kabelanlagenbetreibern nachgelagert. Zu den vorgelagerten Fragen gehörten auch die zwischen Programmveranstaltern und Kabelanlagenbetreibern zu vereinbarenden Einspeisebedingungen; insoweit finde eine medienrechtliche Missbrauchskontrolle statt (vgl. § 52d RStV).

Mit der gesetzlichen Deregulierung der Telekommunikationsdienste sei keine Kostenlast der Kabelnetzbetreiber verbunden gewesen. Aus der Deregulierung zur Schaffung größerer Freiräume für die Kabelnetzbetreiber könne nicht gefolgert werden, dass hiermit eine Entlastung von Must-carry-Programmen und eine Belastung der Netzbetreiber habe erfolgen sollen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den privaten Kabelanlagenbetreibern einen eigenständigen Rundfunkversorgungsauftrag habe auferlegen wollen. Vielmehr sichere das Kanalbelegungsregime lediglich die dienende Funktion der Technik, die im Bereich der drahtlosen Übertragung telekommunikationsrechtlich durch hoheitliche Frequenzverwaltung gewährleistet sei. „Herren“ der Rundfunkversorgung seien die Rundfunkveranstalter. Die Must-carry-Vorgaben, deren Einhaltung die Antragsgegnerin zu sichern habe, hätten keinen unmittelbaren Einfluss auf die Gestaltung der Nutzungsbedingungen für die Programmverbreitung durch die Kabelanlagenbetreiber.

Ein Anspruch auf unentgeltliche Einspeisung von Must-carry-Programmen folge auch nicht mittelbar aus Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG. Bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 27. November 2012 habe für die Kabelverbreitung von Aus- und Fortbildungskanälen von lokalen und regionalen Rundfunkprogrammen auf Anforderung der Antragsgegnerin in Kabelanlagen ab einer bestimmten Größenordnung ein Anspruch auf einen entgeltfreien Kabelkanal bestanden. Dies zeige eindeutig, dass auch der Gesetzgeber von einer Entgeltpflicht der übrigen Must-carry-Programme ausgegangen sei. Nur ausnahmsweise bei ausdrücklicher gesetzlicher Regelung habe der Kabelnetzbetreiber Kabelkanäle unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass für die Must-carry-Programme, bei denen die Entgeltfreiheit nicht ausdrücklich normiert sei, kein Anspruch auf unentgeltliche Kabeleinspeisung bestehe.

Der vom Antragsteller gegebene Hinweis auf seine haushaltsrechtliche Verpflichtung zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichte die Beigeladene nicht. Es sei eine Frage der Marktmacht und nicht der Grundrechtsbindung, ob es dem Antragsteller gelinge, seine Preisvorstellungen gegenüber seinen Lieferanten durchzusetzen.

Die auflösende Bedingung in Nr. 2 des Tenors diene der Klarstellung. Mit dem Abschluss eines Einspeisevertrags, in dem sich die Beigeladene zur Einspeisung von … verpflichte, könnte eine öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbestätigung für die Beendigung der Einspeisung zumindest den Rechtsschein fortdauernder rechtlicher Ungebundenheit erzeugen, den es zu vermeiden gelte.

Am 12. Januar 2015 erhob der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten Klage (M 17 K 15.121) beim Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Beigeladene durch eine für sofort vollziehbar zu erklärende Anordnung anzuweisen, das Programm … in ihr analoges Kabelnetz in Bayern einzuspeisen und an die angeschlossenen Haushalte und nachgelagerten Netze weiterzuverbreiten.

Ebenfalls am 12. Januar 2015 beantragten die Bevollmächtigten den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die Beigeladene vorläufig, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, durch eine für sofort vollziehbar zu erklärende Anordnung anzuweisen, das Programm … in ihr analoges Kabelnetz in Bayern einzuspeisen und an die angeschlossenen Haushalte und nachgelagerten Netze weiterzuverbreiten.

Der Antragsteller veranstalte gemäß Art. 2 Abs. 2 BayRG u.a. ein Spartenprogramm mit dem Schwerpunkt Bildung. Zum 29. Juni 2014 habe er sich entschlossen, dieses Spartenbildungsprogramm, das bis dahin den Namen „…“ getragen habe, in „…“ umzubenennen. Hintergrund sei die überlegene Strahlkraft der Marke „ARD“ und die damit verbundene Profilschärfung gewesen; die Umbenennung habe die Reputation des Programms erhöhen und damit die Gewinnung von Kooperationspartnern und Interviewgästen erleichtern sollen. Der Intendant des Antragstellers habe die übrigen Intendantinnen und Intendanten der ARD-Landesrundfunkanstalten mit Schreiben vom 30. September 2013 darüber informiert, die diesem Vorschlag zugestimmt hätten. Nachdem der Antragsteller die Bayerische Staatskanzlei darüber unterrichtet habe, hätten die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten bei ihrer Jahreskonferenz vom 15. bis 17. Oktober 2014 einstimmig beschlossen: „… wird … bei Kostentragung und Federführung durch den BR.“ Auch nach der Umbenennung sei der Antragsteller unverändert alleiniger Veranstalter des Programms und trage wie bisher die alleinige Finanzierungsverantwortung. Die Umbenennung habe den identitätsbegründenden Programmkern unberührt gelassen. Insgesamt sei das Programmschema nur unwesentlich verändert worden. Die wirklichen Neuerungen im Programm beträfen lediglich etwa 9% der wöchentlichen Sendezeit. Der Anteil von Programmzulieferungen aus anderen ARD-Rundfunkanstalten sei nur geringfügig, um ca. 3%, angestiegen.

Der Antragsteller habe gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Erlass einer Anordnung gegenüber der Beigeladenen zur Durchsetzung ihrer Must-carry-Pflichten gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 2, Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG. Die Umbenennung des Programms … in … habe nichts an seinem gesetzlichen Must-carry-Status geändert. Entscheidend sei, dass es sich bei … weiter um das vom Antragsteller nach Art. 2 Abs. 2 BayRG zu veranstaltende Spartenbildungsprogramm handele. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG sei notwendige, aber auch hinreichende Bedingung für die Einspeisepflicht, dass es sich bei dem einzuspeisenden Programm um das nach Art. 2 Abs. 2 BayRG auf gesetzlicher Grundlage für Bayern zu veranstaltende Spartenprogramm mit dem Schwerpunkt Bildung handele. Der Name des Bildungsprogramms sei für das Vielfaltsziel des Gesetzgebers unerheblich - es komme allein auf die Programmidentität bzw. auf die geforderten Bildungsinhalte an. Es handele sich weiterhin um das vom Antragsteller nach Art. 2 Abs. 2 BayRG zu veranstaltende Programm, denn der Antragsteller sei weiter - alleiniger - Veranstalter von … und habe für das Programm weiter allein die Finanzierungsverantwortung. … sei weiterhin ein Spartenbildungsprogramm. Die vorgenommenen Programmänderungen ebenso wie die Namensänderung seien genuiner Ausdruck der Programmautonomie des Antragstellers und grundrechtlich geschützte Freiheitsausübung. Die Dynamik des Grundversorgungsauftrags (BVerfGE 83, 238, 299) verpflichte den Antragsteller gerade, seine Programme jederzeit zu überprüfen und an neue Herausforderungen anzupassen - dies alles bei einem sparsamen Umgang mit den Beitragsgeldern der Allgemeinheit. Aufgrund des nach wie vor bestehenden Must-carry-Status bleibe die Beigeladene gesetzlich verpflichtet, das Programm … in ihre analogen Kabelanlagen in Bayern einzuspeisen. Die Verbreitungspflicht gelte unbedingt, ein Vergütungsvorbehalt sei dem Bayerischen Mediengesetz nicht zu entnehmen. Die Auffassung der Antragsgegnerin, eine Transportpflicht könne nur greifen, wenn zwischen der Beigeladenen und dem Antragsteller ein Einspeisevertrag abgeschlossen sei, finde in Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG keine Stütze. Auch rein tatsächlich fordere die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Transportpflicht nicht den vorherigen Abschluss eines Einspeisevertrages. Gerade auch verfassungsrechtlich sei es nicht geboten, die Transportpflicht des Netzbetreibers unter Vertrags- oder Vergütungsvorbehalt zu stellen. Dass die Must-carry-Pflicht unbedingt sei, ergebe sich schon aus dem Wortlaut des Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG. Auch nach der Systematik des Gesetzes sei die Antragsgegnerin nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayMG verpflichtet, die Must-carry-Pflicht durchzusetzen, wenn der Netzbetreiber die eindeutigen, unbedingten Belegungsvorgaben nicht erfülle. Von einem Vertrag oder Entgelten als Einspeisebedingung sei in all diesen Aufsichtsnormen keine Rede. Ein Vertrags- oder Vergütungsvorbehalt zu Gunsten der Beigeladenen lasse sich auch nicht dem Grundversorgungsauftrag entnehmen, denn dieser obliege dem Antragsteller im Interesse der Allgemeinheit. Dementsprechend nenne das Entscheidungsprogramm des § 19 RStV für die Auswahl der Übertragungswege allein Kriterien, die das Allgemeininteresse konkretisieren (Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit). Zum einen erfüllten die Rundfunkanstalten ihren Grundversorgungsauftrag, in dem sie die Programme selbst per Satellit und terrestrisch ausstrahlen sowie über den eigenen Internet-Livestream verbreiten. Damit machten sie ihre Programme flächendeckend der Allgemeinheit zugänglich und stellten diese Programmsignale auch den Festnetzbetreibern wie der Beigeladenen zur Weiterverbreitung an ihre Netzkunden zur Verfügung. Zum anderen hätten die Rundfunkanstalten in ihrer Entscheidung, den Vertrag mit der Beigeladenen nicht fortzuführen, die Verbreitungsbedingungen denen der 350 anderen Festnetzbetreiber angeglichen. Chancengleichheit im Markt werde so hergestellt. Im Lichte des Grundversorgungsauftrags hätten die Rundfunkgesetzgeber medienrechtliche Vielfalt für alle durch zwei vertikale Pflichtenstränge sichergestellt:

1. eine öffentlich-rechtliche Pflicht der Rundfunkanstalten zur Veranstaltung und Erstausstrahlung ihrer Programme an die Allgemeinheit und

2. eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Kabelnetzbetreiber, diese gesetzlich bestimmten Programme über ihre Plattformen weiterzuverbreiten.

Auch die Entstehungsgeschichte spreche für eine unbedingte Verbreitungspflicht. Das Bayerische Mediengesetz sei 1992 zu einem Zeitpunkt erlassen worden, in dem die Breitbandkabelnetze noch in der Hand der Deutschen Bundespost lagen. Die ortsüblich empfangbaren Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seien seinerzeit kostenlos eingespeist worden. Vor diesem Hintergrund sei es fernliegend anzunehmen, der bayerische Gesetzgeber habe in Kenntnis dieser Sachlage mit Erlass der Must-carry-Regelungen eine positive Entscheidung darüber getroffen, dass die Rundfunkanstalten Einspeiseentgelte zahlen sollen. Und auch die letzten Änderungen des Bayerischen Mediengesetzes nach Kündigung der Einspeiseverträge (27. November 2012, 22. Juli 2014) habe der Gesetzgeber nicht zum Anlass genommen, eine Pflicht zur Zahlung von Einspeiseentgelten oder einen „Entgeltvorbehalt“ in das Gesetz aufzunehmen. Anderes ergebe sich auch nicht aus einem Umkehrschluss aus Art. 33 Abs. 2 BayMG. Nach Sinn und Zweck des Must-carry-Regimes könne der Verfassungsauftrag an den Gesetzgeber, eine vielfältige Medienlandschaft sicherzustellen, nur erfüllt werden, wenn die Empfangbarkeit der vielfaltsrelevanten Programme beim Zuschauer tatsächlich und unbedingt vorgegeben seien. Ansonsten hinge die Vielfaltssicherung beim Zuschauer davon ab, dass sich der Netzbetreiber mit dem Must-carry-Sender über die wirtschaftlichen Verbreitungskonditionen einige. Im Ergebnis hätten die Rundfunkgesetzgeber mit dem Bayerischen Mediengesetz (für die analoge Welt) und den §§ 52 ff. RStV (digital) ein ausgefeiltes System festgelegt, das nicht nur die rundfunkrechtlich gewünschte Vielfalt in einem Mindestmaß bedingungslos sicherstelle, sondern zugleich den Netzbetreibern und anderen an der Programmverbreitung Beteiligten Raum für privatautonome Vereinbarungen lasse (ohne diese zwingend vorauszusetzen). Die vom Antragsteller vorgenommene Auslegung sei auch verfassungsrechtlich geboten, weil in der Festschreibung eines bestimmten Entgeltmodells (Zahlungen der Programmveranstalter an die Netzbetreiber) ein intensiverer Eingriff in die Privatautonomie, die Berufsfreiheit der Marktakteure und die Rundfunkfreiheit der Rundfunkanstalten läge, ohne dass ein solcher Eingriff geeignet, erforderlich und angemessen wäre, die Vielfaltsziele, die mit den Must-carry-Vorgaben angestrebt werden, zu erreichen. Eine Verletzung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG bei der Beigeladenen sei nicht erkennbar. Auch eine Verletzung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich. Grundgesetzlich geboten sei vielmehr eine Transportpflicht, die die Vielfalt im Kabel bedingungslos sichere.

Soweit Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG der Antragsgegnerin überhaupt ein aufsichtsrechtliches Ermessen einräume, sei dieses im konkreten Fall auf Null reduziert. Jede andere Entscheidung als die Verpflichtung der Beigeladenen, das Must-carry-Programm … unbedingt einzuspeisen, ließe die Must-carry-Vorgabe leer laufen. Das gesetzliche Vielfaltsziel wurde in seinem Kern verfehlt.

Schließlich könne der Antragsteller auch ein aufsichtsrechtliches Einschreiten der Antragsgegnerin gegenüber der Beigeladenen verlangen. Indem Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG dem Programm … Must-carry-Status zuweise, begründe er ein subjektives Recht seines Veranstalters, des Antragstellers, gegenüber der Antragsgegnerin als der die Netzbetreiber beaufsichtigenden Behörde, gegenüber einem die Verbreitung verweigernden Netzbetreiber eben diese Verbreitung durchzusetzen.

Auch der erforderliche Anordnungsgrund liege vor. Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stehe schließlich auch nicht der Grundsatz entgegen, die Hauptsache dürfe nicht vorweggenommen werden. Die begehrte vorläufige Anweisung führe lediglich zu einer zeitlich begrenzten Erfüllung des Begehrens des Antragstellers. Ansonsten stünde dem Antragsteller kein effektiver Rechtsschutz zur Verfügung.

Mit Beschluss vom 13. Januar 2015 wurde die Kabel Deutschland Vertrieb- und Service GmbH zum Verfahren beigeladen. Auf Bitte des Gerichts sicherte die Beigeladene mit Schreiben vom 13. Januar 2015 zu, die analoge Einspeisung und Verbreitung in Kabelanlagen in Bayern des streitgegenständlichen Programms … der Antragstellerin nicht vor einer Entscheidung des Gerichts über den Antrag der Antragstellerin zu beenden.

Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 14. Januar 2015, den Antrag zurückzuweisen.

Die Beigeladene beantragte mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 2. Februar 2015, die Anträge zurückzuweisen.

Die Beigeladene sei grundsätzlich bereit, wie bereits mehrfach schriftlich und mündlich mitgeteilt, das Programm … weiterhin in ihr Breitbandkabelnetz einzuspeisen. Gleichwohl vertrete sie die Auffassung, dass sie diese Leistung gegenüber dem Antragsteller nicht unentgeltlich erbringen müsse. Aus Rücksicht auf die komplizierte Rechtslage habe sich die Beigeladene gleichwohl bereit erklärt, eine Weitereinspeisung auf der Grundlage einer interimistischen Rumpfvereinbarung vorzunehmen, deren Bedingungen einem umfassenden Missbrauchs- und Überprüfungsvorbehalt unterlegen hätten. Hauptzweck dieser Vereinbarung wäre es gewesen, die (temporäre) Weitereinspeisung von … sicherzustellen, ohne dass einer der beiden Beteiligten in seinem jeweiligen Rechtsstandpunkt präjudiziert würde. Der Antragsteller habe auch den Abschluss dieser Interimsvereinbarung verweigert.

Die Beigeladene sei die Betreiberin des (einzigen) überregional-flächendeckenden Breitbandkabelnetzes im Freistaat Bayern. Das Programm … sei regional auf den Freistaat Bayern ausgerichtet gewesen und habe in Bayern über einen äußerst geringen Marktanteil verfügt. Seit dem Start des Programms … habe die Beigeladene dessen Signale auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Einspeisungsvertrages in ihr Netz eingespeist; entsprechende Verträge seien seit Beginn der Kabelverbreitung in den 80er Jahren zwischen Kabelnetzbetreibern und Rundfunkanstalten geschlossen worden. Auf den Antragsteller sei nach dem letzten Vertrag ein reichweitenabhängiges monatliches Netto-Entgelt für die analoge Einspeisung von … in Bayern von ca. 39.000,-- EUR entfallen. Nach der Kündigung des Einspeisungsvertrages speise die Beigeladene mit Blick auf die zivilrechtlichen Klagen die Signale der Programme des Antragstellers trotz dessen Verweigerungshaltung und der ausbleibenden Entgelte weiterhin ein.

Der Antragsteller habe am 29. Juni 2014 nicht lediglich eine Umbenennung der Programms … zu … vorgenommen, sondern ein altes gegen ein neues Programm ausgetauscht. Zwischen den beiden Programmen bestehe keine Programmidentität. Neben dem Namen des Programms hätten sich dessen grundsätzliche Ausrichtung, die Programm- und Finanzierungsverantwortung sowie die Art der Programmbeiträge grundlegend geändert. Mit der „Strahlkraft der Marke ARD“ gehe ein Markenversprechen auch für das neue Programm … im Sinne einer „Öffnung für das gesamte Bundesgebiet“ einher. Der Programmwechsel im Juni 2014 sei als Start eines vollständig neuen Programms inszeniert und zelebriert worden. Die Veränderung des „identitätsbegründenden Programmkerns“ von regional-bayernzentriert werde durch nichts besser symbolisiert als durch den Austausch der „BR-Rundschau“ durch die „Tagesschau“. Schon aus den Ausführungen des Programmbeauftragten folge, dass sich im Zuge der Neuausrichtung mindestens die Hälfte der wöchentlichen Sendezeit inhaltlich und strukturell im Zuge der Programmneuausrichtung verändert habe (Anlage ASt 15, Ziffer 6.1). Insbesondere solle der Zulieferungsanteil von anderen Rundfunkanstalten lt. einer Pressemitteilung des Antragstellers sukzessive noch weiter gesteigert werden. Für … sei der Antragsteller nur noch „federführend“ verantwortlich. Die Verantwortungsverlagerung von alleiniger Verantwortlichkeit des Antragstellers für … hin zu einer anteiligen Verantwortung aller Rundfunkanstalten unter Federführung des Antragstellers für … sei von den übrigen Rundfunkanstalten auch genau so gewollt. Einzig die Verbreitungsbedingungen hätten sich - bislang jedenfalls - nicht geändert. Ebenso wie … sei … in Bayern (noch) flächendeckend analog und bundesweit digital über das Kabelnetz empfangbar; über Satellit werde das Programm in ganz Europa verbreitet.

Die Anträge seien schon deshalb unzulässig, weil sie auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet seien und dem Antragsteller deshalb das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Es sei der Antragsteller selbst, der die ihm obliegende, die Verbreitung von … sicherstellende Mitwirkungshandlung unterlasse. Das lasse nur den Schluss zu, dass der Antragsteller es als größeren Nachteil ansehe, unter Vorbehalt eine Vereinbarung zu schließen, die die Verbreitung seines Programmes gewährleiste, als die Gefahr, dass das Programm aufgrund seiner Verweigerungshaltung überhaupt nicht eingespeist werde. Die drohenden Nachteile seien auch keineswegs schwerwiegend oder irreparabel. Der Antragsteller müsste lediglich vergleichsweise geringfügige Entgelte interimistisch entrichten. Im Übrigen sei das Programm … in Bayern unverändert über DVB-T und Satellit sowie in digitaler Übertragungstechnik auch über Breitbandkabelnetze empfangbar. Außerdem sei nicht ersichtlich, worin die „schweren, schlechthin unzumutbaren Nachteile“ für die Allgemeinheit liegen sollten.

Zudem liege keine Ermessensreduzierung auf Null vor. Die Nichteinspeisung beruhe hier allein auf dem Umstand, dass der Antragsteller den Abschluss eines Einspeisungsvertrages verweigere und damit seinen Grundversorgungsauftrag aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 2 Abs. 1 BayRG, § 11 RStV verletze. Auch wenn die Antragsgegnerin keine unmittelbaren Befugnisse gegenüber dem Antragsteller habe, so könne sie sich gleichwohl an die Rechtsaufsichtsbehörde nach Art. 24 Abs. 1 BayRG, das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wenden, welches den Antragsteller zur Abstellung seiner rechtswidrigen Verweigerungshaltung auffordern könne. Folglich reduziere sich das Auswahlermessen nicht auf ein Einschreiten gegen die Beigeladene. Im Übrigen seien die Anträge unbegründet, weil sich der Antragsteller schon nicht auf einen Anordnungsgrund berufen könne. Der Antragsteller sei für eine etwaige Eilbedürftigkeit der Sache selbst verantwortlich.

Die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin führten mit Schriftsatz vom 5. Februar 2015 im Wesentlichen aus, für die öffentlich-rechtliche Beurteilung sei die Frage zu klären, ob tatsächlich eine gesetzliche Bestimmung existiere, nach der die Beigeladene - gerade auch gegenüber dem Antragsteller - bedingungslos verpflichtet wäre, das Programm … unentgeltlich einzuspeisen und weiterzuverbreiten. Eine solche Verpflichtungsregelung gäben jedoch weder die rundfunkrechtlichen noch weitergehende medienrechtliche oder telekommunikationsrechtliche Bestimmungen her. Die bisher ergangene zivilrechtliche Rechtsprechung lasse die hier streitrelevante Fragestellung noch unbeantwortet. Die Leistung von Einspeiseentgelten sei über Jahrzehnte hinweg bis einschließlich 31. Dezember 2012 uneingeschränkte und auch verwaltungsrechtlich anerkannte Rechtspraxis gewesen. Der Antragsteller setze sich in Widerspruch zu der letztlich einheitlichen Auffassung der Landesmedienanstalten, nach der die Inanspruchnahme von Kabelanlagen zur Einspeisung von Must-carry-Programmen dem gesetzgeberischen Willen entsprechend nicht kostenlos vonstattengehen könne. Die rundfunkrechtlichen Bestimmungen und auch die Regelungen des Bayerischen Mediengesetzes sähen kein bestimmtes Geschäftsmodell für die Abwicklung der Einspeisung von Must-carry-Programmen vor. Daher sei es irrelevant, ob 350 andere Netzbetreiber ein unentgeltliches Geschäftsmodell, wie vom Antragsteller vorgetragen, betrieben oder nicht.

Richtigerweise komme dem hier streitgegenständlichen Programm … unabhängig von der Beurteilung im Übrigen schon gar nicht mehr der beanspruchte Must-carry-Status im Sinne des Art. 36 BayMG zu. Gemessen am Gesetzeswortlaut des Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG könnten keine ernstlichen Zweifel daran bestehen, dass das Programm … nicht dem Pflichtprogramm unterfalle. Ein Programm mit dem Namen … werde im Gesetz nicht genannt. Im Bayerischen Mediengesetz seien eben nicht die auf gesetzlicher Grundlage veranstalteten Programme „des Bayerischen Rundfunks“ genannt. Nur gesetzlich bestimmte Programme könnten eine Einspeisepflicht auslösen, nicht jedoch Beschlüsse oder zustimmende Kenntnisnahmen von Ministerpräsidenten. Von einer identitätswahrenden Umwandlung von … in … könne keine Rede sein.

Der Gesetzgeber, der Pflichten begründe, belasse dem Kabelanlagenbetreiber – anders als in früheren Zeiten einer Vollbelegung durch die Antragsgegnerin - das eigene Entscheidungsrecht über die konkrete Kanalbelegung (Art. 36 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayMG, vgl. auch § 52b Abs. 4 Satz 1 RStV). Es könne deshalb nicht sein, dass der mit dem Recht der Kabelbelegung im Rahmen der geltenden Gesetze ausgestattete Kabelanlagenbetreiber erkennen oder recherchieren müsse, was er bei der Gesetzeslektüre tatsächlich nicht erkennen könne, dass nämlich ein Programm, das im Gesetz nicht aufgeführt sei, gleichwohl Must-carry-Status beziehen solle. Wenn der Antragsteller so signifikante und plakative Änderungen vornehme, wie eine auch mit inhaltlichen Programmänderungen einhergehende Namensänderung, mit der er auch eine veränderte Wahrnehmung bezwecke, könne er von der Praxis nicht verlangen, so behandelt zu werden, als hätte er es nicht getan. Ihm sei vielmehr zuzumuten, dass er das Bewertungsverfahren des Gesetzgebers mit der veränderten Situation noch einmal durchlaufe. Der Antragsteller habe einen ihm vom Gesetzgeber zugewiesenen Platz aus einer Eigeninitiative heraus verlassen. Deshalb sei die Beigeladene nicht verpflichtet, ohne gesetzliche Zuweisung des neuen Platzes unentgeltliche und angeblich sogar unverlangte Leistungen zu erbringen. Unabhängig davon sei die Beigeladene auch nicht verpflichtet, ohne Abschluss eines Einspeisevertrages mit dem Antragsteller das Programm … in analoger Technik in ihren Kabelanlagen zu verbreiten. Zwar enthalte Art. 36 BayMG kein Verbot für ein bestimmtes Geschäftsmodell. Das heiße aber nicht, dass die Einspeisung von Must-carry-Programmen zwangsweise unentgeltlich zu erfolgen hätte. Wenn sich ein Kabelanlagenbetreiber und ein Programmveranstalter über die Einspeisebedingungen nicht einigen, könne die Antragsgegnerin einen Kabelanlagenbetreiber in ihrem Zuständigkeitsgebiet mittels Anordnung nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG verpflichten, Pflichtprogramme zu angemessenen Bedingungen in die Kabelanlage einzuspeisen. Sofern die Angemessenheit nicht ausnahmsweise anhand objektiver Kriterien eindeutig feststellbar sei, könne die Antragsgegnerin eine Anordnung nur unter der Bedingung einer Einigung der Parteien bzw. der Unterwerfung des Programmveranstalters unter einen Schiedsspruch treffen. Der Antragsteller habe hohe Aufwendungen für den eigenen Sendernetzbetrieb oder müsse für den Betrieb terrestrischer Sender zahlen. Es sei daher fragwürdig, warum sich für die Leistungserbringung der Beigeladenen keine Entgeltpflicht des Antragstellers ergeben solle.

Die Regelung des § 52d RStV mache deutlich, dass der Gesetzgeber sehr wohl davon ausgegangen sei, dass es im Zusammenhang mit der Weiterverbreitung von Programmen einen berechtigten Anspruch auf Einspeiseentgelte - eben in einem angemessenen Rahmen - geben könne. Daraus, dass die Entgeltpflicht für eine spezielle Kategorie der Must-carry-Programme per Änderungsgesetz vom 27. November 2012 aufgehoben wurde, könne nichts anderes geschlossen werden, als dass der bayerische Mediengesetzgeber von unentgeltlicher Einspeisung ganz und gar nicht ausgegangen sei, sondern im Gegenteil von der Entgeltpflicht auch der einen vormals privilegierten Kategorie der Must-carry-Programme. Auch Must-carry-Programme bedeuteten nur die Verpflichtung der Kabelanlagenbetreiber, die Programmeinspeisung zu angemessenen Bedingungen anzubieten. Das Schweigen des Gesetzgebers im Hinblick auf eine ausdrücklich normierte Entgeltpflicht könne hier von Seiten des Antragstellers nicht einfach umgedeutet werden. Im Hinblick auf die Systematik habe die Antragsgegnerin ausschließlich dafür zu sorgen, dass dem Must-carry-Status zu angemessenen Bedingungen zur Durchsetzung verholfen werde. Es gehe hier ausschließlich um eine reine Missbrauchskontrolle. Es erscheine gerade nicht missbräuchlich, wenn ein Kabelanlagenbetreiber sein Geschäftsmodell auf Einnahmeerzielung sowohl gegenüber den Kabelanschlussinhabern als auch gegenüber den Veranstaltern aufbaue. Folge man der Auffassung des Antragstellers, dass der Grundversorgungsauftrag bereits ohne die Kabelweiterverbreitung erfüllt sei, müsse man dem Kabelanlagenbetreiber eine noch weitreichendere Dispositionsfreiheit im Zusammenhang mit der Vornahme von Einspeisungen zugestehen, dies entsprechend der gesetzgeberisch ohnehin gewollten Deregulierung. Wenn der Grundversorgungsauftrag schon ohne das Einspeisen der Programme in die Kabelanlagen erfüllt wäre, so wäre diese Art der Weiterverbreitung zur Vielfaltssicherung schon gar nicht mehr erforderlich. Alles andere wären sodann unverhältnismäßige Eingriffe in die Berufs- und in die Eigentumsfreiheit der Kabelanlagenbetreiber.

Die Durchsetzung der Must-carry-Verpflichtungen sei gegenüber den Kabelanlagenbetreibern nur dann verfassungskonform, wenn dies im Kontext des Abschlusses eines Einspeisevertrages zu angemessenen Bedingungen erfolge. Ansonsten würde den Kabelanlagenbetreibern ohne zu rechtfertigende Notwendigkeit eine eigentumsbezogene Vermarktungsmöglichkeit genommen. Mit dem Erwerb der Netzkapazitäten sei das Vermarktungspotential vielmehr bereits entstanden und eigentumsrechtlich geschützt. Der Antragsteller wolle die Beigeladene letztlich zur Quersubventionierung der Verluste aus dem analogen Kabelgeschäft durch andere Geschäftsfelder verpflichten. Relevante Eingriffe in Art. 12 und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu Lasten des Antragstellers ergäben sich nicht. Der Antragsteller bleibe in seiner Programmautonomie unberührt. Was die Sicherstellung der Weiterverbreitung auch in analogen Kabelanlagen betreffe, so sei es an ihm, über die Akzeptanz angemessener Bedingungen die Weiterverbreitung sicherzustellen. Mangels eines Anspruches des Antragstellers auf bedingungslose und unentgeltliche Einspeisung und Weiterverbreitung seines Programms könne auch erst recht nicht die Antragsgegnerin dazu verpflichtet werden, dies gegenüber einem Dritten durchzusetzen. Im Übrigen stehe dem Antragsteller auch kein subjektives Recht auf aufsichtsrechtliches Einschreiten zu. Hintergrund der Must-carry-Verpflichtungen sei ein Allgemeininteresse, das eben kein besonderes subjektiv-öffentliches Recht begründe. Ein Drittschutz des Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG scheide aus. Die Vorschrift diene entgegen der Auffassung des Antragstellers dem öffentlichen Vielfaltsinteresse und mithin nicht dem originären Schutz der Programmveranstalter. Es fehle sogar schon an einem entsprechenden Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag sei bereits unzulässig. Darüber hinaus mangele es dem Antragsteller auch an einem Anordnungsgrund. Im Übrigen sei es der Antragsteller selbst gewesen, der durch sein eigenmächtiges Verhalten den Must-carry-Status des Programmes beseitigt habe. Darüber hinaus hätte der Antragsteller auch im Eigeninteresse jederzeit die Möglichkeit, wie über Jahrzehnte hinweg, zu angemessenen Bedingungen ein Einspeiseentgelt zu zahlen. Damit wäre jedenfalls bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Einspeisung und Weiterverbreitung des Programmes sichergestellt. Auch die Gesichtspunkte der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache sprächen gegen den Antrag.

Der Antragsteller vertiefte sein Vorbringen mit Schriftsätzen vom 27. Februar 2015, 26. März 2015, 26. Mai 2015, 30. Juni 2015 und vom 15. Juli 2015, die Antragsgegnerin äußerte sich mit Schriftsätzen vom 16 März 2015, 17. April 2015 und vom 23. Juni 2015 und die Beigeladene mit Schriftsätzen vom 1. Juni 2015, vom 16. Juli 2015 und vom 21. Juli 2015.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist statthaft. Es liegt kein Fall der §§ 80 und 80a VwGO vor. Die Rechtsposition, um deren vorläufige Wahrung es dem Antragsteller im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz geht, kann nicht nur zum Gegenstand eines Anfechtungsbegehrens gemacht werden, sondern es bedarf in einem Hauptsacheverfahren der Erhebung einer Verpflichtungsklage. Die Antragsgegnerin hat im streitgegenständlichen Bescheid vom 8. Januar 2015 festgestellt, dass die Beigeladene der ausdrücklichen Zustimmung der Antragsgegnerin zur Ausspeisung von … nicht bedarf und diese medienrechtlich unbedenklich sei. Allein durch die Aufhebung der erteilten Unbedenklichkeitsbescheinigung und der Aussetzung einer Vollziehung, die im Übrigen auch nicht angeordnet worden ist, kann der Antragsteller nicht erreichen, dass die Beigeladene auch weiterhin das Programm … in Bayern in ihr analoges Kabelnetz einspeist.

2. Der Antragsteller hat nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung glaubhaft gemacht, dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Erlass einer Anordnung gegenüber der Beigeladenen vorliegen.

Eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO darf nur ergehen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Antragsteller hat demnach sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den so genannten Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den so genannten Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 123 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

2.1 Der Anordnungsanspruch des Antragstellers beruht auf Art. 16 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG kann die Antragsgegnerin gegenüber Anbietern, Betreibern von Kabelanlagen, Netzbetreibern und sonstigen technischen Dienstleistern zur Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages, des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages, dieses Gesetzes und der nach dem Gesetz erlassenen Satzungsbestimmungen, Richtlinien und Bescheide die erforderlichen Anordnungen treffen. Durch diese Generalklausel erhält die Antragsgegnerin die Befugnis, präventiv Handlungs- und Unterlassungspflichten zu konkretisieren und zu benennen, die sich aus den (in der Vorschrift aufgeführten) durchsetzbaren Rechtsakten ergeben. Gegenüber Kabelanlagenbetreibern kann sie Anordnungen erlassen, um die Einspeisung bestimmter Programme in die Kabelanlage zu gebieten oder zu verbieten (Bornemann/von Coelln/Hepach/Himmelsbach/Lörz, BayMG, Stand: April 2015, Art. 16 Rn. 43, 45).

Zu den nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG durchsetzbaren Rechtsakten gehört die Verpflichtung, solange in einer Kabelanlage Fernsehprogramme oder Telemedien in analoger Technik verbreitet werden, jedenfalls die auf gesetzlicher Grundlage für Bayern veranstalteten öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme Erstes Deutsches Fernsehen (Das Erste), Bayerisches Fernsehen, …, Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), 3sat, arte - der Europäische Kulturkanal, PHOENIX - Der Ereignis- und Dokumentationskanal und KI.KA - Der Kinderkanal, sowie weitere private Fernsehprogramme einzuspeisen. § 6 Abs. 1 Kabelbelegungssatzung (KBS) i.V.m. Anlage 2 übernimmt nachrichtlich die gesetzlichen Pflichtprogramme und strukturiert die Festlegung der weiteren Pflichtprogramme durch die Bildung von Programmkörben vor (Bornemann u.a., BayMG, a.a.O., Art. 36 Rn. 30).

2.1.1 Entgegen der Auffassung von Antragsgegnerin und Beigeladener hat das Programm … den „Must-carry-Status“ von … - den dieses Programm unstreitig nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG hatte - nicht eingebüßt. Nach ihrem Wortlaut führen Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG und § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Anlage 2 KBS … namentlich auf. Gesetzliche Grundlage für das Programm ist Art. 2 Abs. 2 Bayerisches Rundfunkgesetz (BayRG), wonach der Antragsteller das Dritte Fernsehprogramm „Bayerisches Fernsehen“, das Spartenprogramm „…“ mit dem Schwerpunkt Bildung, das ARD-Gemeinschaftsprogramm sowie die sonstigen aufgrund staatsvertraglicher Ermächtigung veranstalteten Programme veranstaltet. Ein Spartenprogramm wird in § 2 Abs. 2 Nr. 4 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) definiert als ein Rundfunkprogramm mit im Wesentlichen gleichartigen Inhalten. Diese Begriffsbestimmungen gelten nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayMG auch im Anwendungsbereich des Bayerischen Mediengesetzes. Unter Spartenprogrammen werden solche Programme verstanden, die nicht die gesamte Breite des Programmspektrums (Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung) enthalten, sondern sich lediglich auf eine oder mehrere Angebotsgruppen beschränken (Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner/Cole/ Wagner, RStV, Stand: Juni 2015, § 2 RStV Rn. 37). Wesentlich für die Identität des Programms sind somit die verbreiteten Inhalte, nicht der Name des Programms. Die namentliche Bezeichnung des Programms … in Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG ist daher auslegungsfähig.

Hierfür spricht die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Nach dem Wegfall der analogen Satellitenverbreitung von Fernsehprogrammen war fraglich geworden, ob die Belegungspflicht für die auf gesetzlicher Grundlage für Bayern veranstalteten Programme nunmehr auch die zuvor nur digital verbreiteten Zusatzangebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erfasste. Durch die Aufzählung der berechtigten Fernsehprogramme, die vormals in analoger Technik verbreitet worden waren, in Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG hat der Gesetzgeber durch das Änderungsgesetz vom 27. November 2012 klargestellt, dass durch die Aufgabe der analogen Erstverbreitung keine Änderung im Umfang der verpflichtend einzuspeisenden Programme bei der analogen Kabelweiterverbreitung eintreten soll (Bornemann u.a., a.a.O., Art. 36 BayMG, Rn. 5).

Zu Recht hat der Antragsteller dazu ausgeführt, dass sich an der Identität des Spartenprogramms mit dem Inhalt Bildung nichts Wesentliches geändert hat. Der Antragsteller ist weiter - alleiniger - Veranstalter von …; es handelt sich also nicht um ein Gemeinschaftsprogramm der ARD. Der Antragsteller hat für das Programm weiter allein die Finanzierungsverantwortung. In der eidesstattlichen Versicherung des Programmbeauftragten von … vom 12. Januar 2015 wird glaubhaft ausgeführt, dass … weiter ein Bildungsprogramm sei. Das Programm umfasse nach wie vor ein weites Spektrum von Bildungssendungen - von der „harten“ Bildung (bspw. Sprachkurse und andere kursorische Formate wie Tele-Kolleg) über verschiedene Abstufungen bis hin zur „weichen“ Bildung (Fernsehfilme mit Bildungsaspekten und Musikkonzerte). Im Zuge der Umbenennung sei das Programmschema geändert worden. Insbesondere sei der gestiegenen Bedeutung der Hochschulleiste Rechnung getragen worden. Der weit überwiegende Teil der schon unter … ausgestrahlten Sendungen werde allerdings auch unter … ausgestrahlt. Wie aus dem beigefügten bis zur Umbenennung am 29. Juni 2014 gültigen Programmschema und dem ebenfalls beigefügten derzeit gültigen Programmschema ersichtlich, sei etwa die Hälfte der wöchentlichen Sendezeit sowohl nach Inhalt als auch nach Sendplatz völlig unverändert geblieben. Zahlreiche weitere Sendungen würden auch unter dem Namen „…“ fortgeführt, lediglich an einem veränderten Sende Platz. Wesentlichste Änderung des Programmschemas sei damit eine teilweise neue „Sortierung“ des Programmablaufs, also das reine Verschieben der Sendungen innerhalb des Tagesablaufs. Die wirklichen Neuerungen im Programm beträfen ca. 900 von 10.080 Sendeminuten, das heißt etwa 9% der wöchentlichen Sendezeit (Bl. 193 - 195 der Gerichtsakten - GA). Damit machen die tatsächlichen Neuerungen im Programm nur einen untergeordneten Anteil am Gesamtprogramm aus.

Dem Gesetzeswortlaut des Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG ist nicht zu entnehmen, dass die Bezeichnung „…“ „konstitutiv für den Must-carry-Status” des Programms ist. Es ist zur Feststellung der Identität von … und … auch keine aufwändige Sachverhaltsrecherche notwendig, die der Beigeladenen nicht zumutbar wäre. Allein ein geändertes Logo auf dem Bildschirm führt nicht zu einem wesentlich geänderten Programm.

Es kommt hinzu - wie vom Antragsteller ausgeführt -, dass die vorgenommenen Programmänderungen ebenso wie die Namensänderung genuiner Ausdruck der Programmautonomie des Antragstellers sind; sie sind Teil seiner grundrechtlich geschützten Freiheitsausübung. Die Antragsgegnerin hat selbst darauf hingewiesen, dass Rundfunkprogramme nicht statisch und an aktuelle Herausforderungen anzupassen sind. Nach alledem setzt sich der „Must-carry-Status“ von … bei … fort.

2.1.2 Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG begründet die unbedingte Verpflichtung von Kabelnetzbetreibern, die dort aufgeführten öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme in ihre analogen Kabelanlagen in Bayern einzuspeisen. Wie der Bundesgerichtshof (U.v. 16.06.2015 - KZR 3/14 - juris Rn. 16 ff.) zu den Vorschriften der §§ 52b ff. RStV festgestellt hat, ist den Vorschriften des Rundfunkrechts eine Pflicht der Programmanbieter, mit der Beigeladenen einen Vertrag zu schließen, nach welchem er ihr weiterhin ein Entgelt für die Übertragung der Programmsignale in der bisherigen Höhe und zu den bisherigen Konditionen zu zahlen hat, nicht zu entnehmen. Nach Auffassung des BGH hat die Beigeladene nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 RStV nicht nur entsprechende Kapazitäten für die Übertragung näher bezeichneter Programme bereit zu stellen und gegebenenfalls den Veranstaltern der gesetzlich bezeichneten Programme deren Einspeisung und Verbreitung anzubieten. § 52b RStV verpflichtet den Plattformbetreiber vielmehr dazu, die betreffenden Programme einzuspeisen und zu übertragen. Nach § 52 b Abs. 4 RStV ist eine vertragliche Regelung über die Einspeisung und Übertragung zwar nicht ausgeschlossen, doch wird die Übertragungspflicht des Betreibers der Plattform nicht erst durch einen solchen Vertrag begründet, sondern besteht kraft Gesetzes. Weiter führt der Bundesgerichtshof aus, dass sich die Vorschriften der §§ 52b und 52d RStV nur an den Betreiber der Plattform, nicht an Programmanbieter richten. Diesen Regelungen zur Übertragungspflicht lasse sich mithin keine Aussage darüber entnehmen, ob der Betreiber einer Plattform, der seiner Übertragungspflicht nachkommt, vom Programmveranstalter hierfür ein Entgelt verlangen kann, und erst recht nicht über dessen Höhe. Zu einer Regelung dieser Frage hat sich der Gesetzgeber in Kenntnis der unterschiedlichen Auffassungen, die hierzu spätestens seit 2008 vertreten wurden, auch bei den zeitlich nachfolgenden Änderungen des Rundfunkstaatsvertrages nicht veranlasst gesehen (vgl. BGH, U.v. 16.6.2015 - a.a.O., juris Rn. 19).

Weiterhin stellt der Bundesgerichtshof fest, dass ein anderes Verständnis der angeführten rundfunkrechtlichen Regelungen (§§ 52b ff. RStV, Art. 36 BayMG) auch durch das Unionsrecht nicht geboten ist. Von der Möglichkeit in Art. 31 Abs. 2 Satz 1 Universaldienstrichtlinie (UDRL), in Bezug auf die nach diesem Artikel auferlegten Verpflichtungen gegebenfalls ein angemessenes Entgelt festzulegen, sei bei der Umsetzung der Richtlinie kein Gebrauch gemacht worden. Die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Auferlegung von Übertragungspflichten finde nach Art. 31 Abs. 1 Satz 1 UDRL dort ihre Grenze, wo die Erfüllung dieser Pflicht den Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung von Hörfunk- oder Fernsehrundfunkkanälen genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben, nicht zumutbar wäre. Ein Anspruch der Klägerin gegen einen öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter auf den Abschluss eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages käme unter dem Gesichtspunkt einer unionsrechtskonformen Auslegung der nationalen rundfunkrechtlichen Regelungen in Betracht, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalles anzunehmen wäre, dass die Beigeladene unzumutbar belastet würde, wenn sie die Pflicht zur Übertragung der Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalters erfüllen müsste, ohne dafür von diesem das bisher gezahlte Entgelt verlangen zu können (BGH, a.a.O., juris Rn. 23 - 25).

Der Bundesgerichtshof stellt weiter fest, dass sich auch aus Art. 14, 12 GG nicht ergibt, dass der Beigeladenen ein Anspruch gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter auf einen erneuten Abschluss des bisherigen Einspeisevertrages zusteht. Die Übertragungspflicht diene der Erhaltung und Sicherstellung eines vielfältigen Programmangebotes und verfolge damit ein Ziel, das im Allgemeininteresse liege. Der Beigeladenen werde durch das Gesetz lediglich die Pflicht auferlegt, bestimmte Kapazitäten des von ihr betriebenen Kabelnetzes für die Übertragung im Einzelnen bestimmter Fernseh- und Rundfunkprogramme, insbesondere der beitragsfinanzierten Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, zur Verfügung zu stellen. Das Gesetz bestimme dabei zwar nicht, dass hierfür ein Entgelt zu zahlen sei, erst recht lege es die Höhe eines Entgeltes nicht fest. Es bestimme aber auch nicht, dass die Kabelnetzbetreiber die Programmsignale unentgeltlich übertragen müssen. Nach der gesetzlichen Regelung bleibe es vielmehr - weiterhin - den Beteiligten überlassen, die angemessenen Bedingungen der Einspeisung der Programmsignale, mit der die Programmanbieter ihre Verbreitungspflicht und die Kabelnetzbetreiber ihre Übertragungspflicht erfüllen, vertraglich festzulegen. Dabei könnten sie auch berücksichtigen, dass die Programmanbieter die Programmsignale unentgeltlich bereitstellen und der Beigeladenen die Möglichkeit eröffnen, sie kommerziell zu verwerten. Unter diesen Umständen sei nichts dafür ersichtlich, dass der Beigeladenen die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht zur Übertragung der Programmsignale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt nur dann zuzumuten sein sollte, wenn ein Einspeisevertrag geschlossen wird, der vorsehe, dass ihr für die Übertragung der Signale weiterhin das bislang vereinbarte Entgelt gezahlt werde (BGH, a.a.O., Rn. 28 - 30). Abschließend hat der BGH zur Rechtslage darauf hingewiesen, dass aus den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages nicht abgeleitet werden kann, dass eine Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Einspeisung und Übertragung ihrer Programme durch die Klägerin zu vergüten, von vornherein ausscheidet. Der Gesetzgeber habe diese Regelungen zu einer Zeit geschaffen, zu der zwischen den großen Kabelnetzbetreibern und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Einspeiseverträge bestanden haben. Er habe sich in dieser Situation darauf beschränkt, einerseits im öffentlichen Interesse die Pflicht der Kabelnetzbetreiber zur Übertragung der gebührenfinanzierten Programme gesetzlich abzusichern (§ 52 b RStV) und andererseits festzuschreiben, dass die Programmanbieter durch ein für die Verbreitung des Programmsignals zahlendes Entgelt nicht unbillig behindert oder diskriminiert werden dürfen (§ 52 d RStV). Aus diesen Regelungen könne keine Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hergeleitet werden, die Einspeiseverträge zu den bisherigen Konditionen fortzuführen. Ihnen könne aber auch nicht entnommen werden, dass eine Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Beigeladenen ein Entgelt für die Einspeisung und Übertragung des Programmsignals zu teilen, von vorneherein ausscheide. Die gesetzliche Pflicht zur Einspeisung und Übertragung bestimmter gebührenfinanzierter Programme sei im öffentlichen Interesse geschaffen worden. Sie solle sicherstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihrem Grundversorgungsauftrag nachkommen können, diene jedoch nicht dazu, diese wirtschaftlich zu begünstigen. Die Einspeisung habe daher zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen, deren Festlegung den Beteiligten obliege. Verhandlungen hierüber könnten auf Seiten der Programmanbieter von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gemeinsam geführt werden (vgl. BGH a.a.O., Rn. 66).

Diese Auslegung der Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages ist nach Auffassung der Kammer übertragbar auf die Auslegung des Art. 36 Abs. 1 BayMG, zumal der BGH dieses in Bezug auf § 52 d RStV ausdrücklich festgestellt hat (BGH a.a.O., juris Rn. 21). Die gesetzliche Pflicht zur Ausstrahlung der in Art. 36 Abs. 1 S. 1 BayMG genannten öffentlich-rechtlichen Programme dient primär der Vielfaltssicherung und der Erfüllung des Grundversorgungsauftrages der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Sie ist unabhängig davon, ob den Antragsteller eine Vergütungspflicht trifft. Daher ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, ob Art. 36 Abs. 1 BayMG dem Antragsteller einen Anspruch auf unentgeltliche Einspeisung einräumt oder nicht. Es liefe auch die mit der Einspeisungspflicht beabsichtigte Vielfaltsicherung ins Leere, wenn die Kabelnetzbetreiber zur Durchsetzung ihrer Ansprüche Programme mit Must-carry-Status so lange nicht in ihre Netze einspeisen dürften, bis eine Einigung über Einspeisebedingungen, insbesondere die Höhe des Entgelts erzielt worden ist. Diejenigen Kabelbenutzer, die ihre Programme nur analog empfangen, wären vom Empfang öffentlich-rechtlicher Programme in dieser Zeit abgeschnitten.

Allein die oben dargestellte Auslegung entspricht auch den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen an die gesetzliche Ausgestaltung der Rundfunkordnung zur Sicherung der Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehört die Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter Einschluss seiner bedarfsgerechten Finanzierung zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der dualen Rundfunkordnung. Die Rundfunkfreiheit dient der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene Auftrag zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit zielt auf eine Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet (vgl. BVerfGE 57, 295, 319; 73, 118, 152 f; 90, 60, 88; 114, 371, 387 ff; 119, 181, 214). Bei einer Steuerung des Verhaltens der Rundfunkveranstalter allein über den Markt ist das für die Funktionsweise einer Demokratie besonders wichtige Ziel der inhaltlichen Vielfalt gefährdet (BVerfGE 119, 181, 216). Wie der Gesetzgeber die Aufgabe zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit angesichts der Besonderheiten des jeweiligen Bereichs im Einzelnen erfüllt, ist Sache seiner politischen Entscheidung. Seine Gestaltungsfreiheit endet dort, wo die gesetzliche Regelung zwingende Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG außer Acht lässt (BVerfGE 114, 371, 387). Auch der Must-carry-Status dient der Sicherung der Rundfunkfreiheit und der Informationsfreiheit der Kabelnetzkunden und gilt daher uneingeschränkt. Ob und inwieweit urheberrechtlich ein Kontrahierungszwang besteht, ist rundfunkrechtlich nicht von Bedeutung und obliegt der Entscheidung durch die dafür zuständigen ordentlichen Gerichte; sie lässt die öffentlich-rechtliche Verbreitungspflicht unberührt.

Der Must-carry-Status erschöpft sich nach Ansicht der Kammer nicht darin, dass die Beigeladene lediglich dazu verpflichtet ist, Kanäle im gesetzlich vorgeschriebenen Umfang im Kabelnetz vorzuhalten und dem Antragsteller ein Angebot zu unterbreiten. Rundfunkrechtlich ist eine Verpflichtung zum Vertragsabschluss nicht ersichtlich. Wird in dem beim OLG München nach der Zurückverweisung durch den BGH anhängigen Rechtstreit die Wirksamkeit der Kündigung des Einspeisevertrages zum 31. Dezember 2012 bestätigt, ist davon auszugehen, dass der Antragsteller sein Programmsignal der Beigeladenen unentgeltlich zum Empfang zur Verfügung stellt, wie dies beim Besitzer einer Antennenanlage oder einer Satellitenempfangsanlage der Fall ist. Er fragt nach eigenem Vortrag keine Telekommunikationsdienstleistung der Beigeladenen nach. 2.1.3 Der der Antragsgegnerin in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG eingeräumte Ermessensspielraum ist im vorliegenden Fall auf Null reduziert. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG steht der Erlass einer Anordnung im Einzelfall grundsätzlich im Ermessen der Antragsgegnerin. Der Umfang ihres Ermessens, insbesondere ob ihr ein Entschließungsermessen oder Auswahlermessen zusteht, hängt jeweils davon ab, welcher Rechtsakt Gegenstand ihrer Ermessensausübung sein soll. Im vorliegenden Fall ließe jede andere Entscheidung als die Verpflichtung der Beigeladenen, gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG das Programm … einzuspeisen, die Vorgaben des Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG leerlaufen. Dafür spricht auch die Bestimmung in Art. 36 Abs. 1 Satz 4 BayMG, wonach die Antragsgegnerin nach Setzung einer angemessenen Frist unmittelbar über die Kabelnetzbelegung entscheidet, wenn der Betreiber der Kabelanlage die vorgegebenen Kriterien nicht einhält. Nachdem sich die Anordnung allein gegen die Beigeladene als Adressaten richtet, kommt entgegen der Auffassung der Beigeladenen die Einschaltung der Rechtsaufsichtsbehörde des Antragstellers nicht in Betracht.

2.1.4 Dem Antragsteller steht auch ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Erlass der streitgegenständlichen Anordnung zu. Räumt das materielle oder das Verfahrensrecht der Behörde ein Ermessen ein, so steht demjenigen ein subjektives Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung zu, dessen rechtlichen Interessen die fragliche Vorschrift zumindest auch zu dienen bestimmt ist. Ob das der Fall ist, ist nach den allgemeinen Regeln der Schutznormtheorie zu entscheiden. Gibt es nur eine rechtlich mögliche Entscheidung im Sinne eines bei der Ermessensentscheidung zu gewichtenden Rechts, so geht es nicht mehr um einen Anspruch auf die fehlerfreie Ermessensausübung, sondern um das fragliche Recht selbst (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 127). Nach der Schutznormtheorie muss die in Frage stehende Rechtsnorm zwingend sein, sie muss ausschließlich oder zumindest neben dem öffentlichen Interesse auch Individualinteressen zu dienen bestimmt sein und schließlich die Rechtsmacht verleihen, das Individualinteresse durchzusetzen (Happ in Eyermann, a.a.O., § 42 Rn. 86).

Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG ist zu Gunsten des Antragstellers drittschützend. Die Vorschrift enthält zwar nach ihrem Wortlaut keine Anspruchsgrundlage zugunsten des Antragstellers. Nach Art. 1 Abs. 3 BayMG findet das Bayerische Mediengesetz nur Anwendung, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist. Die verfassungskonforme Auslegung von Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayMG ergibt, dass diese Vorschrift Ausfluss und Konkretisierung des Grundrechts auf Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 111a BV ist. Träger dieses Grundrechts sind alle natürlichen und juristischen Personen sowie Personenvereinigungen, die eigenverantwortlich Rundfunk veranstalten und verbreiten. Dazu gehören die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 5 GG Rn. 53 m.w.N.). Der Schutzbereich dieses Grundrechts reicht von der Beschaffung der Informationen bis zur Verbreitung der Nachricht und Meinung und umfasst auch die Verbreitung des jeweiligen Programms über Kabelnetze (BVerfGE 83, 238, 299; BayVGH, U.v. 22.10.1997 - 7 N 96.3279 - ZUM-RD 1998, 22, 25).

Dieses Grundrecht verschafft dem Antragsteller auch einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Erlass der getroffenen Anordnung, denn diese hat nicht nur im öffentlichen Interesse tätig zu werden. Der Antragsteller hat keine andere rechtliche Möglichkeit, die Beigeladene zur Einspeisung des Programms in das analoge Kabelnetz zu zwingen. Eine Anspruchsgrundlage des Antragstellers unmittelbar gegen die Beigeladene, der klageweise unmittelbar gegen diese durchsetzbar wäre, ist nicht ersichtlich. Hoheitliche Befugnisse gegenüber der Beigeladenen hat allein die Antragsgegnerin nach dem Bayerischen Mediengesetz, nicht jedoch der Antragsteller als öffentlich-rechtliche Anstalt. Letztlich ist es Aufgabe des zuständigen Gesetzgebers, die Entgeltpflicht für die erbrachten Leistungen zu regeln.

2.1.5 Stellt man angesichts der schwierigen Rechtsfragen auf eine reine Interessenabwägung anhand der Entscheidungsfolgen ab, so fällt diese ebenfalls zu Gunsten des Antragstellers aus. Droht ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung, dass das Programm … nicht mehr im analogen Kabel in Bayern verbreitet wird, könnte das bei einem Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden. Der Antragsteller wäre bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens über Jahre hinaus daran gehindert, seinen Grundrechtsbeachtungsanspruch auf Programmautonomie insoweit wahrzunehmen, als das Programm im analogen Kabel nicht empfangen werden kann. Sollte sich dagegen im Hauptsacheverfahren herausstellen, dass der Antragsteller das Programm nicht unentgeltlich einspeisen darf, könnte der Antragsteller ohne weiteres zu entsprechenden finanziellen Leistungen verpflichtet werden. Dessen Zahlungsfähigkeit steht bei einer öffentlich-rechtlichen Anstalt nicht in Frage.

2.2 Ein Anordnungsgrund ist vorliegend zu bejahen, denn die Angelegenheit ist dringlich. Die Antragsgegnerin hat mit dem angefochtenen Bescheid der Beigeladenen auf deren Anzeige vom 20. Oktober 2014 bestätigt, dass die Beendigung der Einspeisung von … in analoger Technik in ihren Kabelanlagen in Bayern medienrechtlich unbedenklich ist. Die Beigeladene hat gegenüber dem Gericht zugesagt, die analoge Einspeisung von … nicht vor einer Entscheidung des Gerichts über den streitgegenständlichen Antrag zu beenden, widersetzt sich jedoch dem streitgegenständlichen Antrag. Damit liegt die Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung bis zu einer Entscheidung der Hauptsache auf der Hand.

2.3 Im vorliegenden Fall ist auch eine Ausnahme vom Grundsatz, dass eine vorläufige Regelung die Hauptsache nicht vorwegnehmen darf, gerechtfertigt. Das Gericht darf im Grundsatz nur die Lage offen halten, um zu vermeiden, dass das Recht bis zu einer Klärung im Hauptsacheprozess untergeht oder seine Durchsetzung wegen des Zeitablaufes mit wesentlichen Nachteilen verbunden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 66a). Auch wenn eine begehrte einstweilige Anordnung die Hauptsache zumindest für einen gewissen Zeitraum vorwegnimmt, kann im Einzelfall das verfassungsrechtlich fundierte Rechtsschutzinteresse des Antragstellers ihren Erlass gebieten, nämlich wenn schwere und unzumutbare Nachteile drohen, insbesondere wenn eine Korrektur in der Hauptsache ausscheidet. Maßgeblich ist mithin eine Interessenabwägung (Wollenschläger in Gärditz, VwGO, 2013, § 123 VwGO Rn. 126). Würde das Programm … bis zu einer Klärung der Streitfragen im Kabelnetz der Beigeladenen nicht in analoger Technik eingespeist, wäre dies für den betroffenen Nutzerkreis nicht nachholbar. Die Interessenabwägung spricht, wie bereits oben dargestellt, zu Gunsten des Antragstellers.

Nach alledem war dem Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Da die Beigeladene ihrerseits Antrag auf Abweisung des Eilantrags gestellt hat und damit unterlegen ist, waren die Kosten zwischen ihr und der Antragsgegnerin hälftig aufzuteilen, § 154 Abs. 3, § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.

Zwischen den unterlegenen Beteiligten findet ein Kostenausgleich nicht statt.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes. Der Festsetzung wurde ein Jahresbetrag des nach dem gekündigten Vertrag geschuldeten monatlichen Nettoentgelts für die analoge Einspeisung von … in Bayern von monatlich 39.000,-- EUR zugrunde gelegt.

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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Juli 2015 - M 17 E 15.126 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 16. Juni 2015 - KZR 3/14

bei uns veröffentlicht am 16.06.2015

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. November 2013 aufgehoben.
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Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 13. Dez. 2016 - Vf. 25-VI/16

bei uns veröffentlicht am 13.12.2016

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

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(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. November 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt insbesondere in Bayern Breitbandkabelnetze unter anderem der Netzebene 2, über die Rundfunksignale an regionale Netze herangeführt werden, und der Netzebene 3, über welche die regionale Verteilung bis zu den Übergabepunkten zur Netzebene 4 erfolgt, der die Endnutzer angeschlossen sind. Für die Einspeisung von Rundfunkprogrammen erhielt sie im Jahr 2011 von deren Veranstaltern insgesamt Entgelte in Höhe von 163,5 Mio. €.

2

Die Klägerin überträgt insbesondere die vom Beklagten, der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt des Freistaats Bayern, veranstalteten Fernseh- und Hörfunkprogramme. In Bayern werden knapp 50% der Haushalte über das Kabelnetz der Klägerin mit Hörfunk- und Fernsehsignalen versorgt. Die Fernsehprogramme des Beklagten werden Endverbrauchern daneben über Satellit und terrestrische Sendenetze (DVB-T), ferner über kleinere Kabelnetzbetreiber und das Internet zur Verfügung gestellt.

3

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Länder einschließlich des Beklagten, das Zweite Deutschen Fernsehen, Deutschlandradio und ARTE G.E.I.E./ARTE Deutschland TV GmbH zahlten der Klägerin bisher auf der Grundlage eines zwischen ihnen und der Klägerin am 27. Februar 2008 geschlossenen Vertrags „über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze“ (im Folgenden: Einspeisevertrag) ein jährliches Entgelt in Höhe von 27 Mio. € für die - im Vertrag vereinbarte - digitale und analoge Einspeisung in die Kabelnetze der Klägerin. Davon entfiel auf den Beklagten ein Betrag von 2,4 Mio. €. Nach § 8 des Vertrags blieb der Klägerin vorbehalten, von ihren Kunden und nachgelagerten Netzbetreibern Entgelte für ihre Leistungen, insbesondere die Signallieferung, zu verlangen. In Nummer 6 der Präambel hielten die Vertragsparteien ihre unterschiedlichen Auffassungen darüber fest, ob die Klägerin ihre digitalen Verbreitungsleistungen auch künftig nicht nur durch Zahlungen der Endnutzer, sondern auch durch Einspeiseentgelte der Rundfunkveranstalter finanzieren könne.

4

Seit dem 30. April 2012 strahlen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre Fernsehprogramme nur noch digital aus. Mit Schreiben vom 19. Juni 2012 erklärte der Beklagte, ebenso wie die anderen am Einspeisevertrag beteiligten Rundfunkveranstalter, dessen Kündigung zum 31. Dezember 2012. Die Klägerin speist die Rundfunksignale, die der Beklagte nach wie vor zur Verfügung stellt, weiterhin in ihre Netze ein. Der Beklagte leistet dafür kein Entgelt mehr.

5

Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam. Sie begehrt in erster Linie die Feststellung, dass der Einspeisevertrag auch nach dem 31. Dezember 2012 für die Verbreitung im Freistaat Bayern fortbestehe (Klageantrag zu 1a). Mit gestaffelten Hilfsanträgen begehrt sie die Verurteilung des Beklagten zur Annahme eines von ihr vorgelegten Angebots zum Abschluss eines neuen Einspeisevertrags (Klageantrag zu 1b), die Verurteilung des Beklagten zum Abschluss eines Einspeisevertrags zu angemessenen und marktüblichen Bedingungen (Klageantrag zu 1c) sowie die Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der mit anderen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung des Einspeisevertrags und der Verweigerung des Abschlusses des von ihr angebotenen neuen Vertrags für den Zeitraum ab 1. Januar 2013 entstanden sind und noch entstehen werden (Klageantrag zu 1d).

6

Das Landgericht (LG München I, ZUM-RD 2014, 119) hat die Klage ab gewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg (OLG München, WuW/E DE-R 4180). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

A. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Kündigung habe den Einspeisevertrag beendet. Sie sei nicht deshalb unwirksam, weil der Beklagte verpflichtet sei, umgehend einen gleichlautenden Vertrag abzuschließen.

10

Ein Kontrahierungszwang finde in den rundfunkrechtlichen Regelungen keine Stütze. Die Klägerin sei zwar nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RStV sowie Art. 36 BayMG zur Übertragung der Programme des Beklagten verpflichtet. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass der Verpflichtung der Klägerin zur Übertragung eine Verpflichtung des Beklagten gegenüberstehe, hierfür eine Vergütung zu zahlen.

11

Auch aus dem Kartellrecht ergebe sich kein Kontrahierungszwang. Die Bestimmungen des Kartellrechts seien nicht anwendbar, weil es an einem Marktgeschehen fehle. Als Nachfrager der Einspeisung in die für seine Programme reservierten Kapazitäten der Klägerin komme nur der Beklagte in Betracht, der die Leistungen der Klägerin jedoch nicht mehr nachfrage. Selbst wenn man den relevanten Markt unter Einbeziehung anderer Nachfrager abgrenze, sei der Beklagte nicht marktbeherrschend, weil er mit Zahlungen in Höhe von 2,4 Mio. € nur zu 1,5 % an der Gesamtnachfrage nach Einspeiseleistungen beteiligt gewesen sei.

12

Das Verhalten des Beklagten verstoße auch nicht gegen § 1 GWB. Eine den Kündigungen zugrundeliegende Absprache mit den anderen am Einspeisevertrag beteiligten Rundfunkanstalten über die Beendigung eines Marktes betreffe die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kartellrechts und könne nicht ihrerseits gegen Kartellrecht verstoßen. Im Übrigen spiele die Absprache auf dem relevanten Nachfragemarkt für die Signaltransportleistungen, die rundfunkrechtlich für den Beklagten reserviert seien, keine Rolle, weil sie lediglich dazu geführt habe, dass auch auf anderen Märkten, auf denen die anderen Programmanbieter jeweils Monopolisten seien, keine Nachfrage mehr stattfinde.

13

Habe die Klägerin keinen Anspruch auf Abschluss eines Einspeisevertrags gegen den Beklagten, könnten auch die Klageanträge zu 1b und 1c keinen Erfolg haben. Daraus ergebe sich weiter, dass der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zustehe.

14

B. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidungserheblichen Punkt nicht stand. Die Versagung der von der Klägerin mit dem Hauptantrag begehrten Feststellung, dass der Einspeisevertrag zwischen den Parteien auch nach Ablauf des 31. Dezember 2012 fortbestehe, hat mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung keinen Bestand. Die Klägerin hat zwar keinen Anspruch auf Fortsetzung des Einspeisevertrags oder den Neuabschluss eines solchen Vertrags zu unveränderten Bedingungen (dazu I.). Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen jedoch nicht seine Beurteilung, § 1 GWB stehe der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen (dazu II.).

15

I. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beendet eine an sich zulässige Kündigung den Vertrag nicht, wenn der Kündigende dem Vertragspartner gegenüber verpflichtet ist, einen Vertrag gleichen Inhalts neu abzuschließen, der sich an den gekündigten Vertrag unmittelbar anschließen würde (BGH, Urteil vom 30. September 1981 - IVa ZR 187/80, VersR 1982, 259 unter I 2 der Gründe; BGH, Urteil vom 7. März 1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273, 279 - Lotterie-Bezirksstelle). Die Kündigung wäre in einem solchen Fall mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zu vereinbaren.

16

Die Klägerin stützt die von ihr geltend gemachte Unwirksamkeit der Kündigung zwar in erster Linie darauf, dass der Beklagte die Pflicht zur Zahlung eines Entgelts für die Übertragung der von ihm hergestellten Programme generell in Abrede stelle. Ihrem Vorbringen ist jedoch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass sie der Auffassung ist, der Beklagte müsse den Einspeisevertrag zu den bisherigen Bedingungen fortführen. Nicht entscheidend für die rechtliche Beurteilung des Hauptantrags ist danach die von der Revision in den Vordergrund gestellte Frage, ob die Klägerin zur unentgeltlichen Übertragung der Programmsignale des Beklagten verpflichtet ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob den Beklagten die Pflicht trifft, mit der Klägerin einen Vertrag zu schließen, nach welchem er ihr weiterhin ein Entgelt für die Übertragung der Programmsignale in der bisherigen Höhe und zu den bisherigen Konditionen zu zahlen hat. Dies hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend verneint.

17

1. Eine solche Kontrahierungspflicht lässt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, den Regelungen des Rundfunkrechts nicht entnehmen.

18

a) Die Klägerin ist als privatrechtlich tätige Betreiberin eines digitalen Kabelnetzes, über das auch Fernseh- und Hörfunkprogramme verbreitet werden, Betreiberin einer Plattform im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV. Nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV hat sie daher im Umfang von höchstens einem Drittel der für die digitale Verbreitung von Rundfunk zur Verfügung stehenden Gesamtkapazität sicherzustellen, dass die erforderlichen Kapazitäten für die bundesweite Verbreitung der gesetzlich bestimmten beitragsfinanzierten Programme sowie für die Dritten Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, einschließlich programmbegleitender Dienste, zur Verfügung stehen. Eine entsprechende Verpflichtung trifft die Klägerin nach § 52b Abs. 2 Nr. 1 RStV hinsichtlich der beitragsfinanzierten Hörfunkprogramme. Hierzu rechnen auch die vom Beklagten bereitgestellten Fernseh- und Hörfunkprogramme.

19

Die Klägerin hat danach nicht nur entsprechende Kapazitäten für die Übertragung näher bezeichneter Programme bereitzustellen und gegebenenfalls den Veranstaltern der gesetzlich bezeichneten Programme deren Einspeisung und Verbreitung anzubieten. § 52b RStV verpflichtet den Plattformbetreiber vielmehr dazu, die betreffenden Programme einzuspeisen und zu übertragen. Dieses Verständnis der Norm entspricht den Vorgaben des Unionsrechts. Grundlage der landesrechtlichen Bestimmungen über die Verpflichtung der Betreiber von Kabelnetzen, beitragsfinanzierte Fernseh- und Hörfunkkanäle zu übertragen, ist die Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie = UDRL) vom 7. März 2002 (ABl. L 108 vom 24. April 2002, S. 51). Nach Art. 31 Abs. 1 UDRL können die Mitgliedstaaten den ihrer Rechtshoheit unterliegenden Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehrundfunkkanälen genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben, zumutbare Übertragungspflichten auferlegen, wenn eine erhebliche Zahl von Endnutzern diese Netze als Hauptmittel zum Empfang solcher Kanäle nutzt. Für dieses Verständnis spricht ferner § 52b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, letzter Teilsatz RStV, der eine Pflicht zur Verbreitung der Landesfenster vorsieht. In die gleiche Richtung deutet § 52b Abs. 4 RStV, der die Entscheidung über die Belegung der Plattform grundsätzlich dem Betreiber zuweist und eine hoheitliche Kontrolle vorsieht. Eine vertragliche Regelung über die Einspeisung und Übertragung ist dadurch zwar nicht ausgeschlossen, doch wird die Übertragungspflicht des Betreibers der Plattform nicht erst durch einen solchen Vertrag begründet, sondern besteht kraft Gesetzes.

20

b) § 52b RStV richtet sich nur an den Betreiber der Plattform, nicht an Programmanbieter wie den Beklagten (Wagner in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Auflage 2012, § 52b RStV Rn. 2). Mit der gesetzlichen Pflicht der Kabelnetzbetreiber zur Einspeisung und Übertragung der gebührenfinanzierten Programme korrespondiert jedoch eine Pflicht der Anbieter dieser Programme, den Kabelnetzbetreibern das Programmsignal zur Verfügung zu stellen. Die Verpflichtung der beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, für die umfassende Verbreitung ihrer Programme zu sorgen, ergibt sich aus dem Grundversorgungsauftrag, wie er einfachgesetzlich in §§ 11, 19 RStV geregelt ist. Angesichts des Umstands, dass derzeit ein hoher Prozentsatz der Haushalte an das Breitbandkabelnetz angeschlossen ist, umfasst diese Pflicht auch die Verbreitung der Programme über dieses Netz. Dementsprechend legen die Parteien übereinstimmend zugrunde, dass der Beklagte der Klägerin die von ihm erstellten Programme zur Einspeisung und Übertragung zur Verfügung stellen muss.

21

c) Nach § 52d Satz 1 RStV dürfen Anbieter von Programmen durch die Ausgestaltung der Entgelte und Tarife der Betreiber von Plattformen nicht unbillig behindert oder gegenüber gleichartigen Anbietern ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandelt werden. Satz 2 bestimmt, dass die Verbreitung von Angeboten nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 RStV zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen hat. Auch diese Norm richtet sich nur an den Betreiber der Plattform. Sie begründet keine Verpflichtung des Programmanbieters, ein Entgelt für die Übertragung von Programmsignalen zu versprechen. Die Norm legt allerdings vertragliche Beziehungen zwischen dem Programmanbieter und dem Plattformbetreiber zugrunde und stellt für den Fall, dass eine Entgeltvereinbarung getroffen worden ist, bestimmte Anforderungen an deren Ausgestaltung oder Durchführung. Aus den Bestimmungen des Landesmediengesetzes über die Kabelbelegung in analoger Technik (Art. 36 BayMG) ergibt sich nichts anderes.

22

d) Den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags zur Übertragungspflicht lässt sich mithin schon keine Aussage darüber entnehmen, ob der Betreiber einer Plattform, der dieser Pflicht nachkommt, vom Programmveranstalter hierfür ein Entgelt verlangen kann, und erst recht nicht über dessen Höhe. Zu einer Regelung dieser Frage hat sich der Gesetzgeber in Kenntnis der unterschiedlichen Auffassungen, die hierzu spätestens seit 2008 vertreten wurden, auch bei den zeitlich nachfolgenden Änderungen des Rundfunkstaatsvertrags, insbesondere bei der letzten Änderung von § 52b RStV durch Art. 3 Nr. 8 des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 15. Dezember 2010, die zum 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, nicht veranlasst gesehen.

23

e) Ein anderes Verständnis der angeführten rundfunkrechtlichen Regelungen ist auch durch das Unionsrecht nicht geboten.

24

aa) Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, eine Übertragungspflicht des Kabelnetzbetreibers nur unter der Voraussetzung zu begründen, dass der begünstigte Programmanbieter im Gegenzug zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet wird, findet in Art. 31 UDRL keine Grundlage. Während der von der Europäischen Kommission vorgelegte Richtlinienentwurf noch eine Pflicht der Mitgliedstaaten vorsah, die Unternehmen zu entschädigen, denen Übertragungspflichten auferlegt werden (Art. 26 Abs. 2 UDRL-E, ABl. Nr. C 365 E vom 19. Dezember 2000, S. 249), ist eine solche Pflicht in der Richtlinie nicht enthalten. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 UDRL sieht lediglich vor, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, in Bezug auf die nach diesem Artikel auferlegten Verpflichtungen gegebenenfalls ein angemessenes Entgelt festzulegen. Von dieser Möglichkeit wurde bei der Umsetzung der Richtlinie durch den Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien kein Gebrauch gemacht.

25

bb) Die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Auferlegung von Übertragungspflichten findet nach Art. 31 Abs. 1 Satz 1 UDRL dort ihre Grenze, wo die Erfüllung dieser Pflicht den Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung von Hörfunk- oder Fernsehrundfunkkanälen genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben, nicht zumutbar wäre. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es Sache der nationalen Gerichte zu prüfen, ob die wirtschaftlichen Folgen der Pflichten, die dem Kabelnetzbetreiber auferlegt werden, solcher Art sind, dass der Betreiber sie - im Hinblick auf die Gesamtheit seiner Tätigkeiten - nicht unter wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen erfüllen kann (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008 - C-336/07, Slg. 2008, I-10889 Rn. 46 ff. - Kabel Deutschland/NLM). Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Abschluss eines entgeltlichen Einspeisevertrags zu unveränderten Bedingungen käme danach unter dem Gesichtspunkt einer unionsrechtskonformen Auslegung der nationalen rundfunkrechtlichen Regelungen in Betracht, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls anzunehmen wäre, dass die Klägerin unzumutbar belastet würde, wenn sie die Pflicht zur Übertragung der Programme des Beklagten erfüllen müsste, ohne dafür von diesem das bisher gezahlte Entgelt verlangen zu können.

26

Dafür ist jedoch nichts ersichtlich. Die Programme der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten werden der Klägerin leitungsgebunden oder per Satellit zur Verfügung gestellt. Sie führt diese an die regionalen Netze heran (Netzebene 2) und verteilt sie dann über Breitbandkabelnetze regional (Netzebene 3). Dort werden die Signale in nachgelagerte Netze (Netzebene 4) eingespeist, an die die Haushalte als Endkunden angeschlossen sind. Die Klägerin beschränkt sich jedoch - anders als die Betreiber von Satelliten und terrestrischen Sendeanlagen - nicht auf die bloße Übertragung des Programmsignals, sondern bietet den Endkunden und der Wohnungswirtschaft verschiedene Kabelanschlussprodukte gegen Entgelt an. Für die Attraktivität des Angebots der Klägerin ist maßgeblich, welche Fernseh- und Hörfunkprogramme sie dem Endkunden über den Kabelanschluss zur Verfügung stellt. Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass viele ihrer Endkunden an den Programmen der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten und damit auch an den Programmen des Beklagten interessiert sind. Die Überlassung der Programmsignale ist für die Klägerin mithin von erheblichem wirtschaftlichem Wert, weil die Attraktivität ihres Angebots gegenüber den Endkunden und deren Bereitschaft, hierfür ein Entgelt zu zahlen, unter anderem davon abhängig ist, dass sie die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten empfangen können. Diese stellen der Klägerin die Programmsignale, abgesehen von der urheberrechtlichen Vergütung, die sie für die ihr eingeräumten Rechte zur Kabelweitersendung an eine Gemeinschaft von Wahrnehmungsgesellschaften zu zahlen hat, unentgeltlich zur Verfügung. Bei wirtschaftlicher Betrachtung steht also der Leistung der Klägerin, die in der Einspeisung und Übertragung der Programmsignale und damit in deren Verbreitung an die an das Kabelnetz angeschlossenen Endkunden besteht, eine Leistung des Beklagten gegenüber, der der Klägerin diese Programmsignale kostenlos überlässt und ihr damit die Möglichkeit zu deren kommerzieller Verwertung eröffnet. Angesichts dessen ist nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht zur Übertragung der Programmsignale des Beklagten nur dann zuzumuten sein sollte, wenn ein Einspeisevertrag geschlossen wird, der vorsieht, dass ihr für die Übertragung der Signale weiterhin das bislang vereinbarte Entgelt gezahlt wird. Die Revision zeigt weder auf, dass sich solches aus den festgestellten Tatsachen ergibt, noch dass das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft Vortrag der Klägerin hierzu übergangen hat. Der Hinweis darauf, dass der Beklagte sich bislang vertraglich zur Zahlung dieses Entgelts verpflichtet hatte, genügt hierfür nicht.

27

f) Auch aus verfassungsrechtlichen Bestimmungen ergibt sich nicht, dass der Klägerin ein Anspruch gegen den Beklagten auf erneuten Abschluss des bisherigen Einspeisevertrags zusteht.

28

aa) Die rundfunkrechtlichen Normen, die die Pflicht zur Übertragung der Programme des Beklagten begründen, greifen in das Eigentum der Klägerin an ihrem Kabelnetz ein. Es handelt sich um eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die anhand von Art. 14 Abs. 1 GG und nicht nach Art. 14 Abs. 3 GG zu beurteilen ist, denn die Regelung entzieht keine konkreten Eigentumspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben, sondern beschränkt die Klägerin in ihrer freien Disposition über das Kabelnetz.

29

Bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG muss der Gesetzgeber die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Er muss sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen halten und insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen. Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weiter gehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. Begrenzungen der Eigentümerbefugnisse, die sich in diesem Rahmen halten, sind als Ausfluss der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen.

30

Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die gesetzliche Pflicht zur Übertragung der Programme des Beklagten zu einer unzumutbaren Belastung der Klägerin führt, wenn sie hierfür nicht weiterhin das bislang gezahlte Entgelt erhält. Die Übertragungspflicht dient der Erhaltung und Sicherstellung eines vielfältigen Programmangebots und verfolgt damit ein Ziel, das im allgemeinen Interesse liegt. Der Klägerin wird durch das Gesetz lediglich die Pflicht auferlegt, bestimmte Kapazitäten des von ihr betriebenen Kabelnetzes für die Übertragung im einzelnen bestimmter Fernseh- und Rundfunkprogramme, insbesondere der beitragsfinanzierten Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Verfügung zu stellen. Das Gesetz bestimmt dabei zwar nicht, dass hierfür ein Entgelt zu zahlen ist, erst recht legt es die Höhe eines Entgelts nicht fest. Es bestimmt aber auch nicht, dass die Kabelnetzbetreiber die Programmsignale unentgeltlich übertragen müssen. Nach der gesetzlichen Regelung bleibt es vielmehr - weiterhin - den Beteiligten überlassen, die angemessenen Bedingungen der Einspeisung der Programmsignale, mit der die Programmanbieter ihre Verbreitungspflicht und die Kabelnetzbetreiber ihre Übertragungspflicht erfüllen, vertraglich festzulegen. Dabei können sie auch berücksichtigen, dass die Programmanbieter die Programmsignale unentgeltlich bereitstellen und der Klägerin die Möglichkeit eröffnen, sie kommerziell zu verwerten. Unter diesen Umständen ist nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht zur Übertragung der Programmsignale des Beklagten nur dann zuzumuten sein sollte, wenn ein Einspeisevertrag geschlossen wird, der vorsieht, dass ihr für die Übertragung der Signale weiterhin das bislang vereinbarte Entgelt gezahlt wird. Die Revision zeigt weder auf, dass sich solches aus den festgestellten Tatsachen ergibt, noch dass das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft Vortrag der Klägerin hierzu übergangen hat.

31

bb) Eine andere Beurteilung ist auch im Hinblick auf Art. 12 GG nicht geboten. Die rundfunkrechtlichen Normen, die die Pflicht der Klägerin zur Übertragung der Programme des Beklagten begründen, greifen in die Freiheit der Berufsausübung der Klägerin ein. Für solche Regelungen gilt, dass sie mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sind, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie als zweckmäßig erscheinen lassen und das Grundrecht nicht unverhältnismäßig eingeschränkt wird (BVerfG, Urteil vom 17. Februar 1998 - 1 BvF 1/91, BVerfGE 97, 228, 255). Die gleichen Erwägungen, aufgrund deren ein Verstoß gegen Art. 14 GG zu verneinen ist, stehen der Annahme eines unverhältnismäßigen Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit entgegen.

32

g) Der Hinweis der Revision auf die Entscheidung "Pay-TV-Durchleitung" (BGH, Urteil vom 19. März 1996 - KZR 1/95, WuW/E BGH 3058) greift nicht durch. Dort ging es darum, ob sich aus den damals maßgeblichen rechtlichen Regelungen ein Anspruch des Anbieters eines verschlüsselt ausgestrahlten, entgeltpflichtigen Programms gegenüber dem Kabelnetzbetreiber auf unentgeltliche Übertragung ergab. Demgegenüber setzt die Begründetheit der Klage mit dem Hauptantrag voraus, dass die Klägerin als Betreiberin eines Kabelnetzes gegen den Programmanbieter einen Anspruch auf Abschluss eines entgeltlichen Einspeisevertrags mit einer bestimmten Vergütung hat. Zu dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof in der angeführten Entscheidung nicht geäußert.

33

2. Eine Pflicht des Beklagten zum Wiederabschluss des bisherigen Einspeisevertrags mit der Klägerin ergibt sich auch nicht aus kartellrechtlichen Bestimmungen.

34

a) Eine Anwendung der Regelungen des Kartellrechts scheidet nicht deshalb aus, weil der Beklagte nicht als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts anzusehen wäre.

35

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union umfasst der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Soweit die neuere Rechtsprechung der Unionsgerichte die Beschaffungstätigkeit der öffentlichen Hand vom Anwendungsbereich des europäischen Kartellrechts ausnimmt, sofern die erworbenen Waren oder Dienstleistungen nicht für wirtschaftliche, sondern hoheitliche Tätigkeiten verwendet werden sollen (EuG, Urteil vom 4. März 2003 - T-319/99, Slg. 2003, II-357 Rn. 36 ff., WuW/E EU-R 688 - FENIN, bestätigt durch EuGH, Urteil vom 11. Juli 2006 - C-205/03 P, Slg. 2006, I-6295 Rn. 26 = WuW/E EU-R 1213 - FENIN; ferner EuGH, Urteil vom 26. März 2009 - C-113/07 P, Slg. 2009, I-2207 Rn. 102 - SELEX/Kommission; kritisch Bornkamm in FS Blaurock 2013 S. 41 ff. mwN), entspricht dies nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. die Nachweise in BGH, Urteil vom 6. November 2013 - KZR 58/11, BGHZ 199, 1 Rn. 52 - VBL-Gegenwert).

36

Der Bundesgerichtshof hat bislang offen gelassen, ob diese Rechtsprechung der Unionsgerichte Anlass gibt, die gefestigte Rechtsprechung zum Unternehmensbegriff im deutschen Recht zu überprüfen. Die Frage bedarf auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil der Beklagte zumindest auch wirtschaftlich tätig ist. Die Erstellung und Verbreitung der Hörfunk- und Fernsehprogramme des Beklagten, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, dient zwar als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung (§ 11 RStV), der Beklagte verfolgt damit aber auch wirtschaftliche Ziele. So hängt die Höhe der Vergütung, die von den Kabelnetzbetreibern nach dem einschlägigen Tarif für das Recht der Kabelweitersendung zu zahlen ist, von den mit der Weitersendung erwirtschafteten Umsätzen ab. Der Beklagte finanziert sich ferner nicht allein durch Beiträge. Einnahmen kann er vielmehr unter bestimmten Voraussetzungen auch durch Sponsoring (§ 8 RStV) und Produktplatzierung (§ 15 RStV) erzielen, ferner durch Werbung, die ihm - zeitlich begrenzt - im Hörfunk gestattet ist (§ 16 Abs. 5 RStV). Der Beklagte hat damit auch ein wirtschaftliches Interesse an einer weiten Verbreitung seiner Programme. Schließlich sind den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach § 16a RStV in gewissem Umfang auch sonstige kommerzielle Tätigkeiten erlaubt, deren wirtschaftlicher Erfolg unter anderem von der Verbreitung ihrer Programme abhängig ist. Danach handelt der Beklagte auch nach Maßgabe der Kriterien der Unionsgerichte als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts.

37

b) Der Anwendung der Bestimmungen des Kartellrechts steht ferner nicht entgegen, dass sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dazu entschlossen haben, den Einspeisevertrag nicht fortzuführen. Dies führt nicht dazu, dass es an einem Marktgeschehen fehlt.

38

Eine Überprüfung dieses Verhaltens nach den Regeln des Kartellrechts schiede aus, wenn dem Beklagten die Fortführung dieses Vertrags oder der Abschluss eines neuen, gleichartigen Vertrags rechtlich untersagt wäre (BGH, Urteil vom 10. Februar 2004 - KZR 7/02, WuW/E DE-R 1254, 1256 - Verbindung von Telefonnetzen). Es ist dem Beklagten ebenso wie den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jedoch aus Rechtsgründen nicht verwehrt, erneut einen entgeltlichen Einspeisevertrag abzuschließen.

39

Ein entsprechendes Verbot ergibt sich, anders als der Beklagte meint, nicht aus § 19 RStV. Nach dieser Norm können die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihrem gesetzlichen Auftrag durch die Nutzung geeigneter Übertragungswege nachkommen. Die verfassungsrechtlich gewährleistete Autonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erstreckt sich nicht nur auf die Entscheidung über Art und Umfang des Programms, sondern auch auf die Wahl der Verbreitungswege und -modalitäten (BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1992 - 1 BvR 1586/89 u.a., BVerfGE 87, 181, 203; BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1998 - 6 A 1/97, BVerwGE 107, 275, 287 f.). Bei dieser Wahl haben die Rundfunkanstalten zwar nach § 19 Satz 2 RStV die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Rundfunkanstalten bei der Auswahl der Verbreitungswege allein die hierfür anfallenden Kosten in den Blick zu nehmen haben. Sie dürfen und müssen vielmehr auch weitere Kriterien, insbesondere die technischen Möglichkeiten und das tatsächliche Rezeptionsverhalten der Zuschauer sowie deren Bereitschaft und Möglichkeit zum Wechsel des Übertragungswegs, aber auch die insbesondere für die Einkünfte aus Werbung bedeutsame Reichweite, die sie jeweils erzielen können, in ihre Überlegungen einbeziehen. Unter diesen Umständen lässt sich aus dem Bestehen einer gesetzlichen Übertragungspflicht der Kabelnetzbetreiber nicht der Schluss ziehen, dass es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verwehrt wäre, einen entgeltlichen Einspeisevertrag abzuschließen (Binder in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht 3. Aufl. 2012 § 19 RStV Rn. 36).

40

c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Weigerung des Beklagten, den Einspeisevertrag mit der Klägerin fortzusetzen, sei als Missbrauch einer beherrschenden Stellung auf dem durch die Nachfrage des Beklagten nach Übertragungsleistungen bestimmten Markt zu qualifizieren.

41

aa) In Fällen der Diskriminierung oder unbilligen Behinderung eines Unternehmens durch ein marktbeherrschendes Unternehmen kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Kontrahierungszwang in Betracht, wenn der Verstoß gegen kartellrechtliche Bestimmungen nur auf diese Weise beseitigt oder vermieden werden kann (st. Rspr., etwa BGH, Urteil vom 26. Oktober 1961 - KZR 1/61, BGHZ 36, 91, 100 - Gummistrümpfe; Urteil vom 9. November 1967 - KZR 7/66, BGHZ 49, 90, 98 f. - Jägermeister; Urteil vom 26. Oktober 1972 - KZR 54/71, WuW/E BGH 1238, 1245 - Registrierkassen; Urteil vom 12. Mai 1998 - KZR 23/96, WuW/E DE-R 206, 209 - Depotkosmetik).

42

bb) Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch liegen hier, entgegen der Ansicht der Revision, nicht vor.

43

(1) Nachdem die Kündigung, deren Unwirksamkeit die Klägerin festgestellt wissen will, bereits 2012 erklärt worden ist, sind der Beurteilung grundsätzlich die Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der damals geltenden Fassung zugrunde zu legen. Da sich jedoch inhaltlich keine Änderungen ergeben haben, wird im Folgenden auf die seit dem 30. Juni 2013 geltenden Normen abgestellt.

44

(2) Für die Abgrenzung des sachlich relevanten Markts kommt es auf die Sicht der Marktgegenseite an (BGH, Urteil vom 12. November 2002 - KZR 11/01, BGHZ 152, 347, 356 - Ausrüstungsgegenstände für Feuerlöschzüge). Geht es - wie hier - darum, dass eine marktbeherrschende Stellung des Beklagten als Nachfrager behauptet wird, sind mithin die Ausweichmöglichkeiten der Klägerin als Anbieterin maßgeblich. Danach kommt es allein auf die Nachfrage nach der Übertragung von Programmsignalen über Breitbandkabel an. Die Übertragung von Programmsignalen via Satellit oder über terrestrische Sendeanlagen hat außer Betracht zu bleiben, weil die Klägerin sie nicht anbietet.

45

Eine marktbeherrschende Stellung des Beklagten als Nachfrager auf dem regulierten Markt für Einspeisekapazitäten ergibt sich aus den rundfunkrechtlichen Regelungen, die die Klägerin gesetzlich verpflichten, einen Teil der Kapazität ihres Kabelnetzes ausschließlich für die Übertragung der gebührenfinanzierten Programme - auch derjenigen des Beklagten - freizuhalten. Durch diese gesetzliche Regelung ist die Klägerin daran gehindert, die für den Beklagten und die anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten reservierten Kapazitäten an andere Programmanbieter zu vergeben. Der Beklagte muss sich deshalb bei der Nachfrage nach Übertragungsleistungen hinsichtlich dieses Teils der Kapazitäten nicht dem Wettbewerb solcher Unternehmen stellen, deren Programme nicht unter die gesetzliche Übertragungspflicht fallen. Hinzu kommt, dass der Beklagte insoweit auch keinem Wettbewerb der anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgesetzt ist, weil die nach § 52b RStV vorzuhaltenden Kapazitäten ausreichen, um sämtliche gebührenfinanzierten Programme zu übertragen.

46

(3) Die Weigerung des Beklagten, mit der Klägerin einen Vertrag zu gegenüber dem bisherigen Einspeisevertrag unveränderten Konditionen abzuschließen, stellt keinen Missbrauch dieser marktbeherrschenden Stellung im Sinne von § 19 GWB dar.

47

(a) Nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 GWB liegt ein Missbrauch insbesondere dann vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager ein anderes Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen. Der Beklagte behandelt die Klägerin nicht anders als andere Kabelnetzbetreiber. Er zahlt auch anderen Betreibern solcher Netze kein Entgelt für die Übertragung von Programmsignalen.

48

(b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, ein missbräuchliches Verhalten des Beklagten im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB19 Abs. 4 Nr. 2 GWB aF) ergebe sich daraus, dass er die Zahlung eines Entgelts für die Übertragungsleistung der Klägerin verweigere, während private Fernsehsender, unabhängig davon, ob die von ihnen erstellten Programme unter die Übertragungspflicht nach § 52b Abs. 1 RStV fielen oder nicht, weiterhin ein angemessenes Entgelt zahlten.

49

Das Regelbeispiel nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB knüpft daran an, dass die Konditionen auf dem betroffenen Markt von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Ein solcher Schluss wird insbesondere dann naheliegen, wenn sich auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb andere Konditionen herausbilden. Die Behauptung der Klägerin, private Sender zahlten ihr ein angemessenes Entgelt, ist unzureichend, insbesondere fehlen nähere Angaben dazu, wofür und in welcher Höhe ein Entgelt gezahlt wird. Damit fehlt es an einer Grundlage für einen Vergleich mit den Verhältnissen zwischen der Klägerin und dem Beklagten, der die Schlussfolgerung tragen könnte, der Beklagte müsse weiterhin das bisherige Entgelt entrichten.

50

(c) Nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB19 Abs. 4 Nr. 3 GWB aF) handelt ein marktbeherrschendes Unternehmen missbräuchlich, wenn es als Nachfrager ungünstigere Konditionen fordert, als es selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Anbietern verlangt, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist. Ob für unterschiedliche Konditionen eine sachliche Rechtfertigung besteht, ist aufgrund einer Abwägung aller beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu beantworten (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - KZR 5/10, WuW/E DE-R 3145 Rn. 23 - Entega II).

51

Der Beklagte nimmt die Leistungen von Anbietern anderer Übertragungstechniken - per Satellit und über terrestrische Sendeanlagen - weiterhin gegen Entgelt in Anspruch. Diese unterschiedliche Behandlung ist jedoch grundsätzlich sachlich gerechtfertigt, da die Betreiber von Satelliten und terrestrischen Sendeanlagen, anders als die Betreiber von Kabelnetzen, nicht in vertraglicher Beziehung mit den Endkunden stehen und von diesen kein Entgelt dafür erhalten, dass sie die tatsächlichen Voraussetzungen für den Empfang von Hörfunk- und Fernsehprogrammsignalen schaffen, sondern sich auf die Übertragungsleistung beschränken. Angesichts dessen kann aus dem bloßen Umstand, dass der Beklagte solchen Anbietern ein Entgelt zahlt, nicht geschlossen werden, er fordere mit der Weigerung, den bisherigen Einspeisevertrag fortzusetzen, von der Klägerin ungünstigere Konditionen als er sie auf vergleichbaren Märkten mit gleichartigen Anbietern vereinbart hat.

52

II. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigung sei nicht wegen Verstoßes gegen § 1 GWB unwirksam, hält dagegen der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

53

1. Nach § 1 GWB sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten. Die Anwendung dieser Bestimmung ist - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil es an einem Marktgeschehen fehlte (s. o. B I 2 b).

54

a) Nach dem Vortrag der Klägerin hat der Beklagte mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vereinbart, den Einspeisevertrag vom 27. Februar 2008 zu kündigen und keinen neuen Einspeisevertrag abzuschließen. Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Beklagte habe die Kündigung des Einspeisevertrags in Vollzug dieser Absprache erklärt. Die Richtigkeit dieses Vorbringens ist revisionsrechtlich zu unterstellen, nachdem das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat.

55

b) Diese Vereinbarung ist auf eine spürbare Beschränkung des Wettbewerbs gerichtet. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stehen insbesondere hinsichtlich der Finanzierung ihres Programmangebots sowohl untereinander als auch mit den privaten Rundfunkanbietern in Wettbewerb. Danach war es ihnen kartellrechtlich verboten, ihr Verhalten gegenüber der Klägerin und anderen Kabelnetzbetreibern zu koordinieren, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen. Ob dies auch gilt, soweit es um die Übertragung der Gemeinschaftsprogramme der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten geht, kann offenbleiben, weil die Übertragung solcher Programme nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist.

56

c) Ein Verstoß gegen § 1 GWB scheidet nicht deshalb aus, weil der Beklagte berechtigt war, den Einspeisevertrag zu kündigen. § 1 GWB schützt die wirtschaftliche Handlungs- und Betätigungsfreiheit des Unternehmens und damit auch die Freiheit der Entschließung, ob und unter welchen Voraussetzungen es die Geschäftsbeziehung mit einem Dritten aufrechterhalten will. Die Unwirksamkeit ergreift damit Vereinbarungen darüber, bestimmte Geschäftsbeziehungen zu beendigen oder nicht aufzunehmen, auch dann, wenn dem daran beteiligten Unternehmen an sich - bei autonomer Entscheidung - die Befugnis zur Kündigung und zur Verweigerung eines Vertragsschlusses zustünde (BGH, Urteil vom 25. Januar 1983 - KZR 12/81, BGHZ 86, 324, 327 - Familienzeitschrift).

57

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den Vertrag gemeinsam abgeschlossen haben. Der Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass der Vertrag nur gemeinsam gekündigt werden konnte. Lag die Entscheidung über eine Kündigung oder Fortsetzung des Vertrags - jedenfalls soweit es nicht um die Übertragung von gemeinschaftlich veranstalteten Programmen geht - mithin bei den einzelnen Rundfunkanstalten, war es diesen durch § 1 GWB untersagt, ihr Verhalten zu koordinieren.

58

2. Die vom Beklagten ausgesprochene Kündigung des Einspeisevertrags war unwirksam, wenn er den Entschluss hierzu nicht aufgrund einer autonomen Entscheidung gefasst, sondern in Vollziehung der kartellrechtswidrigen Absprache gehandelt hat.

59

Eine Abrede, die gegen § 1 GWB verstößt, ist nach § 134 GWB nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Im Streitfall geht es jedoch nicht um die Wirksamkeit der - revisionsrechtlich zu unterstellenden - Absprache zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, sondern um die Wirksamkeit der Kündigung, die - wie ebenfalls revisionsrechtlich zu unterstellen ist - in Umsetzung dieser Absprache erklärt worden ist. Die in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht erörterte Frage, ob eine Kündigung, die in Umsetzung einer kartellrechtswidrigen Absprache erfolgt, als unwirksam anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen danach zu beantworten, wie die Freiheit des Wettbewerbs effektiv gewährleistet werden kann.

60

Haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihr Verhalten gegen über der Klägerin hinsichtlich der Kündigung des bisherigen und der Verweigerung des Abschlusses eines neuen Einspeisevertrags gemeinsam festgelegt, erfolgte die Kündigung nicht - wie vom Kartellrecht gefordert - aufgrund einer selbständigen unternehmerischen Entscheidung. In einem ähnlich gelagerten Fall, in dem die beteiligten Unternehmen vereinbart hatten, bestimmte Vertragsangebote nicht anzunehmen, hat der Bundesgerichtshof eine Verfügung der Kartellbehörde gebilligt, mit welcher den an der verbotenen Absprache beteiligten Unternehmen deren weitere Umsetzung untersagt worden ist (BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 54/07, WuW/E DE-R 2408 Rn. 57 ff. - Lottoblock). Diese Verfügung bedeutete, wie der Senat ausgeführt hat, nicht, dass die betroffenen Unternehmen Vertragsangebote dieser Art bedingungslos anzunehmen hätten. Sie verpflichtete sie jedoch zu einer autonomen, d.h. nicht durch die kartellrechtswidrige Absprache bestimmten, sondern aufgrund selbständiger unternehmerischer Überlegungen getroffenen Entscheidung über solche Angebote.

61

Geht es - wie hier - um die Durchsetzung des Kartellrechts mit den Mitteln des Privatrechts, entspricht dem die Folgerung, dass die Kündigung eines Vertrags, die in Umsetzung einer kartellrechtswidrigen Absprache ausgesprochen worden ist, grundsätzlich als unwirksam anzusehen ist. Der Vertrag bleibt damit zunächst bestehen. Eine wirksame Kündigung ist nicht auf Dauer ausgeschlossen, sie setzt jedoch voraus, dass das Unternehmen eine autonome Entscheidung darüber trifft, ob es den Vertrag beenden will.

62

Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wirksamkeit von Folgeverträgen (BGH, Urteil vom 4. Mai 1956 - I ZR 194/54, WuW/E BGH 152 - Spediteurbedingungen; Beschluss vom 9. Juli 1984 - KRB 1/84, WuW/E BGH 2100, 2102 - Schlussrechnung; vgl. Karsten Schmidt in FS Möschel, 2011, S. 559, 575) ergibt sich nichts anderes. Im Streitfall geht es nicht um eine vertragliche Vereinbarung, die mit Dritten getroffen worden ist, sondern um deren Kündigung und damit um eine einseitige Maßnahme. Zudem liegt ein besonderes Schutzbedürfnis der Marktgegenseite nicht vor. Die behauptete Absprache betrifft nur einige wenige Einspeiseverträge, die die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit den großen Kabelnetzbetreibern, darunter der Klägerin, geschlossen haben. Ein Interesse der Klägerin daran, die Kündigung gegen sich gelten zu lassen, liegt fern. Soweit der Einspeisevertrag Pflichten der Klägerin begründet, stellen diese sich im Wesentlichen nur als Konkretisierung der ihr ohnehin gesetzlich auferlegten Übertragungspflicht dar. Ihr Interesse ist mithin vor allem darauf gerichtet, dass die Pflicht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Zahlung des vereinbarten Entgelts bestehen bleibt. Im Übrigen wäre es dem Beklagten im Verhältnis zur Klägerin nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf eine solche Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen.

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3. Auf die Revision der Klägerin ist das angefochtene Urteil daher aufzuheben. Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird zu klären haben, ob der Beklagte, wie von der Klägerin behauptet, mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vereinbart oder sich mit ihnen dahin abgestimmt hat, den Einspeisevertrag zu kündigen und keinen neuen Einspeisevertrag abzuschließen, und ob die von ihm ausgesprochene Kündigung auf einer solchen Absprache beruht. Nach der Lebenserfahrung wird ein solcher Ursachenzusammenhang im Allgemeinen bejaht werden können, wenn die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung auf das beanstandete Verhalten gerichtet war und die entsprechende Handlung mit der Abrede in einem unmittelbaren Zusammenhang steht (BGHZ 86, 324, 328 - Familienzeitschrift; BGH WuW/E DE-R 2408 Rn. 43 - Lottoblock). Wäre solches im Streitfall festzustellen, hätte sich der Beklagte mit seinem Verhalten über die Unwirksamkeit dieser Vereinbarung hinweggesetzt.

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Ein solcher ursächlicher Zusammenhang bedarf jedoch gesonderter Feststellung. Ein Unternehmen, das sich an einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung beteiligt hat, die auf eine bestimmte, für sich genommen nicht kartellrechtswidrige Verhaltensweise gerichtet war, ist nicht auf alle Zeiten an der betreffenden Handlung gehindert. Diese ist vielmehr dann nicht zu beanstanden, wenn es sich hierzu aufgrund autonomer Entscheidung - erneut - entschließt. Ob die Voraussetzungen hierfür, wie der Beklagte behauptet, erfüllt sind, bedarf einer sorgfältigen Prüfung unter Würdigung der Umstände des Streitfalls.

65

C. Für den Fall, dass die Klage mit dem Hauptantrag erfolglos bleiben sollte, weist der Senat auf Folgendes hin:

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Aus den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags kann - wie ausgeführt - nicht abgeleitet werden, dass eine Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Einspeisung und Übertragung ihrer Programme durch die Klägerin zu vergüten, von vornherein ausscheidet. Der Gesetzgeber hat diese Regelungen zu einer Zeit geschaffen, zu der zwischen den großen Kabelnetzbetreibern und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Einspeiseverträge bestanden. Er hat sich in dieser Situation darauf beschränkt, einerseits im öffentlichen Interesse die Pflicht der Kabelnetzbetreiber zur Übertragung der gebührenfinanzierten Programme gesetzlich abzusichern (§ 52b RStV) und andererseits festzuschreiben, dass die Programmanbieter durch ein für die Verbreitung des Programmsignals zu zahlendes Entgelt nicht unbillig behindert oder diskriminiert werden dürfen (§ 52d RStV). Aus diesen Regelungen kann, wie oben ausgeführt, keine Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hergeleitet werden, die Einspeiseverträge zu den bisherigen Konditionen fortzuführen. Ihnen kann aber auch nicht entnommen werden, dass eine Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - und damit auch des Beklagten - der Klägerin ein Entgelt für die Einspeisung und Übertragung des Programmsignals zu zahlen, von vornherein ausscheidet. Die gesetzliche Pflicht zur Einspeisung und Übertragung bestimmter gebührenfinanzierter Programme wurde im öffentlichen Interesse geschaffen. Sie soll sicherstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihrem Grundversorgungsauftrag nachkommen können, dient jedoch nicht dazu, diese wirtschaftlich zu begünstigen. Die Einspeisung hat daher zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen, deren Festlegung den Beteiligten obliegt. Verhandlungen hierüber könnten auf Seiten der Programmanbieter - nicht nur hinsichtlich der Gemeinschaftsprogramme, sondern insgesamt - von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gemeinsam geführt werden, ohne dass darin bereits ein Verstoß gegen § 1 GWB läge. Die Entscheidung darüber, ob das Ergebnis solcher Verhandlungen in eine rechtlich bindende Regelung umgesetzt wird, hätte allerdings jede Rundfunkanstalt in eigener Verantwortung zu treffen.

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Die Einspeisung und Übertragung seines Programmsignals verschafft dem Beklagten erhebliche Vorteile. Der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass er seinem Grundversorgungsauftrag nur dann umfassend nachkommen kann, wenn das Signal auch in das Breitbandkabelnetz eingespeist wird. Dies gilt jedenfalls so lange, wie eine erhebliche Zahl von Zuschauerhaushalten an das Kabelnetz angeschlossen ist und die Programme des Beklagten aus rechtlichen, tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht ohne weiteres auf andere Weise empfangen kann. Die Zahl der Zuschauer und Zuhörer, die das Programmsignal des Beklagten empfangen können, ist zudem für die wirtschaftlichen Aktivitäten des Beklagten, insbesondere den Wert der von ihm verkauften Werbezeit, von erheblicher Bedeutung. Der Beklagte kann der Forderung der Klägerin nach einer Vergütung der Übertragung daher nicht erfolgreich mit dem Hinweis begegnen, er habe an der Einspeisung und Übertragung seines Programmsignals durch die Klägerin kein eigenes Interesse.

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Erbringt die Klägerin danach für den Beklagten wirtschaftlich werthaltige Leistungen, hat der Beklagte diese grundsätzlich zu vergüten. Als marktbeherrschendes Unternehmen ist es ihm verwehrt, Geschäftsbedingungen zu fordern, die von denen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB). Es darf andererseits nicht aus dem Blick geraten, dass auch der Beklagte eine wirtschaftlich wertvolle Leistung bereitstellt, indem er der Klägerin das Programmsignal kostenlos überlässt und ihr damit die Möglichkeit zu dessen kommerzieller Verwertung eröffnet. Für die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin von dem Beklagten für die Einspeisung und Übertragung des Programmsignals ein Entgelt verlangen kann, wird es mithin maßgeblich darauf ankommen, in welchem Verhältnis die Werte der beiderseitigen Leistungen nach der Beurteilung des Marktes oder eines Vergleichsmarktes stehen. Der Klägerin wird gegebenenfalls Gelegenheit zu geben sein, ihren Vortrag hierzu zu ergänzen und, soweit erforderlich, ihre Klageanträge anzupassen.

Limperg                             Meier-Beck                             Kirchhoff

                    Bacher                                  Deichfuß

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.