Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 05. Apr. 2017 - 9 A 208/16

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2017:0405.9A208.16.0A
bei uns veröffentlicht am05.04.2017

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Anschlussbeiträgen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in W., C.straße 37a, welches durch das 459 m² große Flurstück F1 der Flur … gebildet wird. Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes belegene Grundstück grenzt östlich an das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehende Flurstück F2, welches an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen ist. Das Flurstück F1 ist mit einem Gebäude bebaut, welches im Westen über die gesamte Breite des Grundstücks (ca. 10,00 m) grenzständig zum Flurstück F2 errichtet ist und eine Tiefe von 14,50 m aufweist; der östliche Bereich des insgesamt 46,00 m tiefen Grundstücks ist unbebaut. Das Gebäude ist Teil eines ehemaligen Speichergebäudes, welches sich auf einer Länge von ca. 70,00 m über mehrere Flurstücke erstreckt. Das Grundstück des Klägers ist Bestandteil des Baudenkmals "S. Hof" (ursprüngliche Getreidemühle mit Gutshaus), welches seit dem 03.07.2002 unter der Erfassungsnummer … im Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt eingetragen ist und für das mit Bescheid des Landkreises A-C-Stadt vom 21. Mai 2003 die Denkmaleigenschaft festgestellt wurde.

3

Mit hier streitigem Bescheid vom 24.09.2015 zog der Beklagte den Kläger zu einem Anschlussbeitrag in Höhe von 1.211,76 Euro heran. Der Beitragsfestsetzung legte er neben einer Grundstücksfläche von 459 m² eine eingeschossige Bebauung zugrunde. Den dagegen von seinem Prozessbevollmächtigten eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2016, zugestellt am 30.03.2016, als unbegründet zurück.

4

Am 02.05.2015 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, das Grundstück besitze keine Zuwegung. Zwar hindere der Denkmalschutz nicht das Entstehen von sachlichen Beitragspflichten, hier sei jedoch eine Nutzung nur im Rahmen einer Gesamtlösung für das Speichergebäude möglich. Zudem sei die Regelung des § 6 c Abs. 3 KAG LSA zu berücksichtigen.

5

Der Kläger beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 24.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2016 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er verteidigt den streitigen Bescheid.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

I.

11

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 24.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten, weshalb ihm ein Aufhebungsanspruch gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Seite steht.

12

Die Klagefrist des § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO von einem Monat nach Zustellung des Widerspruchsbescheides ist eingehalten. Der Widerspruchsbescheid vom 29.03.2016 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30.03.2016 zugestellt. ein. Die Frist zur Klageerhebung lief damit gemäß § 57 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 3, 193 BGB am Montag, 02.05.2016, ab; an diesem Tag ging die Klage beim erkennenden Gericht ein.

13

Zwar verfügt der Beklagte über wirksames Abgabenrecht, welches ihn grundsätzlich zur Erhebung von Anschlussbeiträgen berechtigt (a). Ungeachtet eines für das Grundstück F1 noch nicht errichteten Grundstücksanschlusses (b), geht der Beklagte jedoch zu Unrecht davon aus, dass dem bürgerlich-rechtlichen Grundstück des Klägers (c) aus der Herstellung der öffentlichen Abwasseranlage einen Vorteil zukommt (d).

14

a) Die Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides ist an § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA i. V. m. der am 28.03.2015 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasserentsorgung (Schmutzwasserbeseitigungssatzung – Gebiet 2 [SBG-G 2]) vom 24.03.2015, der ersten, für dieses Grundstück wirksamen Beitragssatzung, zu beurteilen. Denn sowohl das insoweit vom Beklagten als auch vom AZV B. zuvor erlassene Satzungsrecht zur Erhebung von Anschlussbeiträgen war unwirksam (vgl. OVG LSA, U. v. 21.10.2014 - 4 K 245/13 - zur Satzung des Beklagten vom 18.12.2012; VG Magdeburg, U. v. 11.04.2013 - 9 A 158/11 MD - zum Satzungsrecht des AZV B.; beide juris). Aus diesem Grunde konnte erst mit Inkrafttreten der SBG-G 2 für das Grundstück der Kläger die sachliche Beitragspflicht im Sinne von § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA entstehen. Denn dies setzt seit dem Inkrafttreten des KAG LSA am 15.06.1991 neben den im Übrigen dort geregelten Entstehungsmerkmalen jedenfalls die Wirksamkeit von Satzungsrecht voraus (Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt, U. v. 24.01.2017 - LVG 1/16 - m. w. N. aus der Rechtsprechung).

15

b) Zwar geht der Beklagte zu Recht davon aus, dass die bislang nicht erfolgte Errichtung eines Grundstücksanschlusses für ein beitragspflichtig gestelltes Hinterliegergrundstück grundsätzlich dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht entgegensteht. Bei der insoweit erforderlichen rechtlichen Beurteilung sind die Fälle einer in der Abgabensatzung angeordneten Aufwandsspaltung nach § 6 Abs. 3 Satz 6 KAG LSA (aa) und einer Deckung der Kosten für den Grundstücksanschluss über den Beitrag nach § 6 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA (bb) zu unterscheiden. Zudem muss dann, wenn Hinterliegergrundstücke zu einem Anschlussbeitrag herangezogen werden, die öffentliche Einrichtung auch diesen eine in rechtlicher Hinsicht dauerhafte Inanspruchnahmemöglichkeit bieten (cc).

16

aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt bedarf es im Lichte von § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht - auch im Falle der Zugehörigkeit eines Grundstücksanschlusses zur öffentlichen Einrichtung - der bereits erfolgten Errichtung desselben dann nicht, wenn ein gesonderter Beitrag oder gesonderte Grundstücksanschlusskosten nach § 8 KAG LSA erhoben werden und die Abgabensatzung für den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht (vgl. § 2 Abs. 1 KAG LSA) allein auf die betriebsfertige Herstellung der öffentlichen Einrichtung [vor dem Grundstück] abstellt (vgl. OVG LSA, B. v. 11.05.2009 - 4 M 9/09 -, m. w. N.). Denn dies bewirkt eine Kostenspaltung nach § 6 Abs. 3 Satz 6 KAG LSA. Die Abgabepflicht entsteht dann getrennt und jeweils selbstständig, wenn der für das Grundstück erforderliche Hauptsammler mit seinem Anschluss an die Zentraleinrichtungen einerseits und der Grundstücksanschluss andererseits betriebsfertig hergestellt sind (vgl. OVG LSA, U. v. 16.01.2004 - 1 L 146/03 -; B. v. 08.09.2006 - 4 M 44/06 - sowie B. v. 11.05.2009 - 4 M 9/09 - m. w. N., beide unv.). Die darin zum Ausdruck kommende - besondere - Bedeutung der Kostenspaltung für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht betrifft zudem sowohl Vorder- als auch Hinterliegergrundstücke, zumal die Rechtsprechung im Zusammenhang mit letzteren allein Fragen der Eigentümeridentität und Zumutbarkeit eines Anschlusses erörtert (OVG LSA, B. v. 22.02.2008 - 4 M 318/07 -; v. 03.06.2009 - 4 M 350/08 - sowie v. 20.07.2009 4 L 66/09 -; alle unv.). Anders gewendet: Im Falle einer in der Abgabensatzung vorgesehenen gesonderten Erhebung eines Beitrages oder von Grundstücksanschlusskosten entsteht auch bei einem Hinterliegergrundstück, für welches Eigentümeridentität mit dem Vorderliegergrundstück besteht, die sachliche Beitragspflicht allein infolge der betriebsfertigen Herstellung des Straßensammlers und dessen Einbindung in die Abwasserbeseitigungsanlage; eine Ausnahme besteht allenfalls dann, wenn der Anschluss des Hinterliegergrundstücks wegen des mit dem Anschluss einer bestehenden bzw. zulässigen Bebauung auf dem Hinterliegergrundstück verbundenen Aufwandes nicht zumutbar ist (OVG LSA, B. v. 22.02.2008, a. a. O.).

17

bb) Anders verhält es sich in den Fällen, in denen in der Abgabensatzung eine Kostenspaltung nicht angeordnet ist, der Anschlussbeitrag mithin auch die Kosten des - i. d. R. ersten - Grundstücksanschlusses deckt (§ 6 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA). In diesen Fällen muss zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht grundsätzlich der - zur öffentlichen Einrichtung gehörende - Grundstücksanschluss für das zu entwässernde und beitragspflichtig gestellte Grundstück betriebsbereit errichtet sein (VG Magdeburg, U. v. 02.09.2009 - 9 A 118/08 MD -, unv.). Handelt es sich bei dem zu einem Beitrag herangezogenen Grundstück um ein Hinterliegergrundstück, für welches Eigentümeridentität mit dem Vorderliegergrundstück besteht, genügt jedoch die Errichtung eines Grundstücksanschlusses für das Vorderliegergrundstück. Denn auch dann hängt das Ob und Wann der Anschlussnahme einzig vom Willen des Eigentümers des Hinterliegergrundstücks ab (OVG LSA, B. v. 03.07.2009 - 4 M 350/08 -, unv.), mithin kann auch das Hinterliegergrundstück an die Einrichtung i. S. v. § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA angeschlossen werden (vgl. aber OVG LSA, B. v. 27.07.2005 - 4 M 199/05 -, unv., zu einer Fallgestaltung, wonach das Entstehen der sachliches Beitragspflicht nach der Abgabensatzung ausdrücklich von der Heranführung der Anschlussleitung an die Grundstücksgrenze abhängig gemacht wurde).

18

Stehen Vorder- und Hinterliegergrundstück dagegen im Eigentum unterschiedlicher Personen, ist die Anschlussnahme des - nicht bereits angeschlossenen - Hinterliegergrundstücks erst dann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht dauerhaft gesichert, wenn diese durch Eintragung einer Baulast oder einer Grunddienstbarkeit zugunsten des Eigentümers des Hinterliegergrundstücks gesichert ist (vgl. OVG LSA, B. v. 03.07.2009, a. a. O.). Bei einem bereits angeschlossenes Grundstück kann dagegen die dauerhafte Anschlussnahme auch durch ein Notleitungsrecht gesichert sein (OVG LSA, B. v. 18.10.2004 - 1 L 339/04 -, unv.; B. v. 20.07.2009 - 4 L 66/09 -, unv.). Liegt bei einem nicht angeschlossenen Hinterliegergrundstück eine Sicherung nicht vor, kann allein der Aufgabenträger diese ggf. im Wege eines Zwangsrechts (§ 93 WHG) durch Verlegung eines Grundstücksanschlusses herbeiführen.

19

cc) Hinterliegergrundstücke sind zudem nur dann bevorteilt, wenn auch ihnen durch die öffentliche Einrichtung eine in rechtlicher Hinsicht dauerhafte Inanspruchnahmemöglichkeit geboten wird (vgl. VG Cottbus, B. v. 25.11.2016 - 6 L 474/16 -, juris). Dies ist hier wegen § 3 Abs. 13 Satz 3 der Satzung über die Beseitigung von Abwasser und den Anschluss von Grundstücken an die öffentlichen Abwasseranlagen vom 18.11.2011 (ABS) der Fall. Denn ein gesichertes Leitungsrecht im Sinne dieser Vorschrift ergibt bei Hinterliegergrundstücken aus der Eigentümeridentität und muss für die Grundstücke ohne Eigentümeridentität zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht im Sinne einer dauerhaften Anschlussmöglichkeit bestehen bzw. begründet werden (s. o.).

20

c) Mit dem Beteiligten geht das Gericht davon aus, dass es sich bei dem beitragspflichtig gestellten Grundstück des Klägers um ein eigenständiges Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne deshalb handelt, weil es im Grundbuch unter einer eigenen laufenden Nummer verzeichnet ist. Dieses Grundstück bildet auch nicht mit dem an die Straße angrenzenden Grundstück (Flurstück F2), welches ebenfalls im Eigentum des Klägers steht, eine wirtschaftliche Einheit, da ein Abweichen von dem das Anschlussbeitragsrecht beherrschenden bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff nicht allein deshalb gerechtfertigt ist, wenn Grundstücke bei Eigentümeridentität einheitlich genutzt werden bzw. genutzt werden können. Der wirtschaftliche Grundstücksbegriff greift allein dann Platz, wenn das Grundstück aufgrund seiner Größe oder seines Zuschnitts einer abwasserrelevanten Nutzung nicht zugänglich wäre (OVG LSA, u. a. B. v. 06.11.2003 - 1 M 334/03 - [juris] sowie v. 03.09.2009 - 4 M 350/08 -).

21

d) Dieses Grundstück ist jedoch entgegen der Auffassung des Beklagten bevorteilt, wobei für die insoweit anzustellende Beurteilung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem nach § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA (frühestens) die Vorteilslage - nämlich mit der Anschlussmöglichkeit und Inkrafttreten der ersten wirksamen Abgabensatzung - entstehen kann. Denn einerseits ist eine abwasserrelevante Bebauung des Grundstücks nicht möglich (aa) und andererseits ist eine abwasserrelevante Umnutzung des vorhandenen Baubestandes derzeit nicht zu erwarten (bb). Dem so hinsichtlich seiner Vorteilsfähigkeit rechtlich eigenständig zu bewertenden Grundstück erwächst aus der Herstellung der öffentlichen Abwasseranlage durch den Beklagten kein qualifizierter Inanspruchnahmevorteil, der eine Beitragserhebung rechtfertigt.

22

aa) Aus der Sicht des Gerichts kommt eine abwasserrelevante Bebauung der östlichen - bislang unbebauten - Teilfläche des Grundstücks nicht in Betracht. Denn dies würde dem Charakter des Baudenkmals "S. Hof" entgegenstehen, der wie folgt beschrieben ist:

23

Denkmalbegründung: die Getreidemühle von S. Hof; an der westlichen Ortsausfahrt gelegener weitläufiger Wirtschaftshof mit Jugendstilvilla an der Ostseite; …; Wirtschaftgebäude vorwiegend zwei- bis viergeschossige Speicher aus Bruchsteinmauerwerk, u, 1900; der Komplex auf Grund der Größer der Wirtschaftsgebäude und der ansprechend dekorierten Villa straßenzugprägend" (vgl. Schreiben des Salzlandkreises vom 07.10.2016).

24

Zudem ist der Zuschnitt des noch unbebauten Teils des Grundstücks für eine Bebauung ungeachtet dessen, ob sich eine solche nach § 34 Abs. 1 BauGB überhaupt einfügen würde, für eine Bebauung deshalb nicht geeignet, weil das Grundstück lediglich eine Breite von 10,00 m aufweist. Darüber dürfte auch der Anschluss dieses Grundstücks(teils) wegen des vorhandenen Speichergebäudes und der Anschlusslänge für den Kläger nicht zumutbar sein.

25

bb) Eine abwasserrelevante Nutzung des auf dem Grundstück vorhandenen Speicher(anteil) ist zwar rechtlich möglich, jedoch derzeit nicht zu erwarten.

26

Wie sich zu Recht § 3 SBG-G 2 entnehmen lässt, unterliegen nur solche Grundstücke der Beitragspflicht, wenn für sie eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist bzw. es sich um Bauland deshalb handelt, weil es nach der geordneten baulichen Entwicklung in der Gemeinde zur Bebauung ansteht. Aus diesem Grunde kommt eine Beitragserhebung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA für eine leitungsgebundene Einrichtung nur dann in Betracht, wenn und soweit auf dem Grundstück eine abwasserrelevante Bebaubarkeit oder eine einer solchen Bebaubarkeit gleichgestellte Nutzbarkeit möglich ist. Denn Grundstücke unabhängig von der abwasserseitigen Erschließungswirkung an den Kosten der Einrichtung zu beteiligen, widerspräche der Funktion des Anschlussbeitragsrechts, einen Ausgleich für die dem betroffenen Grundstück durch die Abwasseranlage vermittelte bauliche oder gewerbliche Ausnutzbarkeit herzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 12.11.2014 - 9 C 9/13 -, juris, zum Erschließungsbeitragsrecht). Einem Grundstück, auf dem Abwasser aller Voraussicht nicht anfallen wird, vermittelt eine öffentliche Abwasseranlage auch keinen Vorteil i. S. v. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA.

27

Zwar steht dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht der Umstand entgegen, dass das Grundstück Bestandteil des Baudenkmals "S. Hof" (ursprüngliche Getreidemühle mit Gutshaus) ist. Denn bei der insoweit für das Grundstück bestehenden öffentlich-rechtlichen Baubeschränkung handelt es sich lediglich um ein sog. präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, da u. a. eine Änderung der Nutzung in eine solche mit Abwasseranfall lediglich dem Genehmigungsvorbehalt nach § 14 DenkmSchG LSA unterliegt (vgl. auch Schreiben des Salzlandkreises an das Gericht vom 07.10.2016 [Bl. 33 f. GA]); dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht steht eine genehmigungspflichtige Umnutzung jedoch nicht per se entgegen (vgl. VG Halle, U. v. 19.02.2010 - 4 A 435/08 -, juris). Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass eine Umnutzung des ehemaligen Speichergebäudes in eine abwasserrelevante Nutzung aufgrund der grundstücksübergreifenden Bebauung aus der Sicht des Gerichts nicht ansteht i. S v § 3 SBG-G 2.

28

Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, eine solche "Wahrscheinlichkeitsbetrachtung" sei gar nicht zulässig, folgt das Gericht dem nicht. Denn bei der Beitragserhebung handelt es sich um einen Eingriff in das Vermögen des Beitragsschuldners, welches durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist. Bei Eingriffen in die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie ist jedoch auch der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen, der in Art. 14 Abs. 1 GG für vermögenswerte Güter eine eigene Ausprägung erfahren hat (vgl. BVerfG, B. v. 20.09.2016 - 1 BvR 1299/15 -, juris; VG Magdeburg, U. v. 01.10.2015 - 9 A 187/15 MD -, unv., zum Verhältnis zwischen Beitrags- und Baurecht). Dieser ist aber bei der Erhebung von Anschlussbeiträgen nur dann gewahrt, wenn der durch den Beitrag abzugeltende Vorteil auch zeitnah und in zumutbarer Weise realisierbar ist (OVG LSA, U. v. 11.09.2012 - 4 L 155/09 -, juris, zur Teilflächenabgrenzung bei Altlasten), wobei es einer Beitragserhebung nicht entgegen steht, dass der Grundstückseigentümer gar nicht beabsichtigt, den Vorteil in Anspruch nehmen, obwohl ihm diese Möglichkeit geboten wird (OVG LSA, B. v. 02.07.2007 - 4 L 425/06 -, juris).

29

Vorliegend ist die Umnutzung des denkmalgeschützten Speicheranteils nicht allein vom Willen des Grundstückseigentümers abhängig. Vielmehr ist dieser allenfalls im Rahmen einer Gesamtlösung denkbar, möglich und zumutbar. Dem steht auch das Vorbringen des Beklagten im Schriftsatz vom 06.03.2017 nicht entgegen. Allein der Umstand, dass an einer Mauer zum Flurstück 1186/5, welches nicht im Eigentum des Klägers steht, Schilder mit dem Hinweis auf gewerbliche Unternehmungen angebracht sind, spricht nicht für eine zeitnahe Realisierbarkeit des Vorteils. Ungeachtet der Frage, ob es sich insoweit überhaupt um grundstücksbezogene Bewerbungen gewerblicher Tätigkeiten handelt, sind allein die tatsächlichen und rechtlichen Umstände maßgebend, in denen das beitragspflichtig gestellte Grundstück eingekleidet ist.

30

e) Zwar hat das Gericht erwogen, ob sich der hier streitige Bescheid vom 24.09.2015 dann als rechtmäßig erwiese, würde man aufgrund dieser Umstände vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff abweichend, das Grundstück als wirtschaftliche Einheit mit dem Flurstück F2 ansehen würde. Dies ist jedoch ebenfalls zu verneinen. Denn einerseits ist das Grundstück nicht nur wegen seiner Größe oder seines Zuschnitts baulich nicht nutzbar, da es mit bereits mit dem Speicher(anteil) bebaut ist, dessen abwasserrelevante Umnutzung lediglich nicht zu erwarten ist. Auch unter diesen konkreten Verhältnissen kommt ein Abweichen vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff nicht in Betracht. Andererseits bezieht sich der Bescheid vom 24.09.2015 gar nicht auf die dann rechtlich beachtliche wirtschaftliche Einheit (Flurstücke F2 und F1), sondern ausschließlich auf das Flurstück F1. Wegen der nach § 6 Abs. 9 KAG LSA auf dem Grundstück ruhenden öffentlichen Last aus der Beitragsschuld, muss sich jedoch auch ein Beitragsbescheid auf das in Anspruch genommene Beitragsobjekt beziehen, was zumindest nach einer insoweitigen Bestimmung durch den Abgabengläubiger verlangt (vgl. OVG Weimar, B. v. 30.08.2010 - 4 EO 659/08 -, juris).

II.

31

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte als Unterlegener (§ 154 Abs. 1 VwGO).

32

Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

33

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, Eigentümerin eines betrieblich genutzten Grundstücks im Stadtteil (G.) der Stadt H., wendet sich gegen die Satzung des Antragsgegners über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasserentsorgung in der Verbandsgemeinde E., Stadt H. (nur in den Ortschaften S., H. und G.), Stadt T. (nur in den Ortschaften A.), N. (Anhalt) und L., Stadt A. (nur in den Ortschaften W. und V.) vom 18. Dezember 2012 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 26. März 2013 - Schmutzwasserbeitragssatzung Gebiet 2 (SBS) -, die am 23. April 2013 im Amtsblatt (Nr. 3) für den Wasser- und Abwasserzweckverband „(D.)“ veröffentlicht wurde und am 24. April 2013 in Kraft trat.

2

Mit dem am 9. Dezember 2013 gestellten Normenkontrollantrag macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend:

3

Anhand der von dem Antragsgegner vorgelegten Unterlagen könne nicht nachvollzogen werden, wann der Antragsgegner die Nachfolge des AZV (B.) angetreten habe. Dies sei jedoch erheblich, um die Mitgliedsgemeinden des Antragsgegners mit den Mitgliedgemeinden des AZV (B.) und damit die jeweiligen Verbandsgebiete (Beitragsfläche) vergleichen zu können. Schon die vorliegenden Abweichungen in den Listen über die Mitgliedsgemeinden (Anlagen K 3.1 und K 3.2 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 03.01.2014) spreche dafür, dass die jeweiligen Verbandsgebiete nicht verglichen werden könnten. Auch sei nicht zu ersehen, ob die streitgegenständliche Satzung wirksam zustande gekommen sei. Es bestünden zudem erhebliche Zweifel, ob die nicht von dem Antragsgegner, sondern der Firma (P.) im Auftrag des AZV (B.) gefertigte Beitragskalkulation der streitgegenständlichen Satzung zugrunde gelegt werden dürfe. Insbesondere aber bestünden erhebliche Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Beitragskalkulation, insbesondere an der Ermittlung der der Berechnung des Beitragssatzes zugrunde liegenden Beitragsfläche.

4

Die Beitragskalkulation vom 19. Dezember 2011 stelle die für die Berechnung des betragsfähigen Aufwandes notwendigen Grundlagen des AZV (B.) dar. Nur der beitragsfähige Aufwand des Antragsgegners hätte jedoch der Beitragskalkulation der streitgegenständlichen Beitragssatzung des Antragsgegners zugrunde gelegt werden dürfen. Es werde daher mit Nichtwissen bestritten, dass die Grundlagen für die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes des AZV (B.) mit dem beitragsfähigen Aufwand des Antragsgegners identisch seien. Auch habe die Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen, dass die Mitgliedsgemeinden des AZV (B.) erhebliche Teile der Verbindlichkeiten des genannten Abwasserzweckverbandes übernommen und getilgt hätten. Dementsprechend geringer sei der beitragsfähige Aufwand des Antragsgegners. Auch dürfe der Beitragskalkulation entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Magdeburg in seinem Urteil vom 11. April 2013 (9 A 158/11 MD) nicht die von dem AZV (B.) festgesetzte Tiefenbegrenzung von 50 m zugrunde gelegt werden. Nach dem Schreiben der Firma (P.) an den Antragsgegner vom 20. November 2012 solle zudem im Verbandsgebiet des Antragsgegners die ortsübliche Bebauungstiefe bei 40 m liegen. Es werde daher mit Nichtwissen bestritten, dass die in der Kalkulation ermittelte Beitragsobergrenze in Höhe von 3,78 €/m² kalkulatorisch richtig errechnet worden sei.

5

Darüber hinaus weise die streitgegenständliche Satzung weitere inhaltliche Fehler auf, die zu ihrer Unwirksamkeit führten. Die festgesetzte Tiefenbegrenzung von 40 m sei nicht gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA vorteilsgerecht. Auch die Regelung in § 4 Abs. 3 Nr. 5 SBS sei nicht vorteilsgerecht und darüber hinaus im normativen Sinne unbestimmt. Regelungen zur sogenannten „übergreifenden Bebauung“ seien stets eng auszulegen, weshalb es allein darauf ankomme, ob jenseits der Tiefenbegrenzungslinie eine Bebauung des jeweiligen Grundstücks mit Gebäuden bestehe, die in einem erkennbaren Bebauungszusammenhang mit einer Bebauung auf dem innerhalb der Tiefenbegrenzung befindlichen Teil des jeweiligen Grundstücks liege. Dass der Antragsgegner diese strengen Voraussetzungen für eine Regelung zur sogenannten „übergreifenden Bebauung“ nicht beachtet habe, ergebe sich aus dem Schreiben der Firma (P.) an den Antragsgegner vom 20. November 2012, in der keine Feststellungen getroffen worden seien, ob jenseits der Tiefenbegrenzungslinie eine Bebauung des jeweiligen Grundstücks mit Gebäuden bestehe, die einen Bebauungszusammenhang bildeten. Darüber hinaus werde im Text des § 4 Abs. 3 Nr. 5 SBS Bezug genommen auf § 4 Abs. 3 Nr. 4 SBS. Diese Vorschrift enthalte jedoch einen „großen Strauß“ von Regelungen, so dass nicht eindeutig bestimmt sei, worauf sich diese Verweisung beziehe.

6

Die Antragstellerin beantragt,

7

die Schmutzwasserbeitragssatzung (Gebiet 2) des Antragsgegners vom 18. Dezember 2012 in der Fassung der 1. Änderung vom 7. Januar 2013 für unwirksam zu erklären.

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Er führt im Wesentlichen aus: Die von der Antragstellerin angenommene Rechtsnachfolge von dem AZV (B.) auf den Antragsgegner liege nicht vor. Vielmehr sei die Aufgabe der Abwasserbeseitigung von dem AZV (B.) auf die Mitgliedsgemeinden zurück übertragen worden, die sie dann ihrerseits auf den bestehenden Antragsgegner übertragen hätten. Eine Eingliederung oder Fusion nach den Vorschriften des Wassergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt sei nicht vorgenommen worden. Es bestehe eine Satzungskontinuität in Bezug auf die Satzungen des ehemaligen AZV (B.) zum jetzigen Antragsgegner. Das streitgegenständliche Beitragsgebiet sei hinsichtlich seines räumlichen Geltungsumfangs unverändert.

11

Es werde unstreitig gestellt, dass die Erwägungen aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg (9 A 158/11 MD) hinsichtlich der Tiefenbegrenzungsregelung zutreffend seien. Hieraus ergebe sich, dass sämtliche früheren Satzungen rechtsunwirksam und nichtig seien. Damit stehe fest, dass im Normenkontrollverfahren der Antragstellerin ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis zustehe. Sie unterliege potentiell der Beitragsveranlagung durch die streitgegenständliche Satzung.

12

Die von dem Unternehmen (P.) ermittelte Tiefenbegrenzungslinie anhand von insgesamt 257 Grundstücken sei hinreichend belastbar, denn die Rechtsprechung verlange lediglich, dass die örtlichen Verhältnisse berücksichtigt werden müssten. Die Tiefenbegrenzung müsse ein im Zweifel inhomogenes Gebiet nachvollziehbar beschreiben: dabei sei die Ermittlung eines (gerundeten) Durchschnittwertes die geeignete Methode.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen ist.

II.

14

Über den fristgerecht gestellten Antrag (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) kann nach § 47 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da der zugrunde liegende Sachverhalt unstreitig ist und die rechtlichen Argumente umfassend ausgetauscht sind; insbesondere lässt sich eine Verpflichtung, über den Normenkontrollantrag aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden, nicht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 EMRK herleiten, da die Antragstellering keine Eigentumsverletzung geltend macht, sondern eine Verletzung abgabenrechtlicher Grundsätze; diese gehören nicht zu den „civil rights“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK (BVerwG, Urteil vom 16.01.2003 - BVerwG 4 CN 8.01 -, zitiert nach JURIS). Die Beteiligten wurden zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss angehört.

15

Der Antrag, die Schmutzwasserbeitragssatzung (Gebiet 2) des Antragsgegners vom 18. Dezember 2012 i. d. F. vom 26. März 2013 für unwirksam zu erklären, hat Erfolg.

16

A. Die streitgegenständliche Satzung des Antragsgegners unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 10 AG VwGO LSA der Normenkontrolle, denn es handelt sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, für die der Landesgesetzgeber die Möglichkeit der Normenkontrolle eröffnet hat. Die Antragstellerin kann geltend machen, durch diese Satzung unmittelbar in eigenen Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO); denn sie unterliegt als Eigentümerin eines Grundsstücks im Satzungsgebiet möglicherweise einer Beitrags(nach)veranlagung durch die streitgegenständliche Satzung.

17

B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die angefochtene Beitragssatzung des Antragsgegners ist unwirksam, weil die in § 4 Abs. 3 Nr. 4b SBS getroffene Tiefenbegrenzungsregelung unwirksam ist (1.) und dies die Gesamtunwirksamkeit der Beitragssatzung nach sich zieht (2.).

18

1. § 4 Abs. 3 Nr. 4b SBS bestimmt, dass maßgebliche Grundstücksfläche für Grundstücke, die mit ihrer Fläche teilweise im Innenbereich (§ 34 BauGB) und teilweise im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstücks ist, höchstens jedoch die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer Linie, die in einem gleichmäßigen Abstand von 40 m dazu verläuft.

19

Diese Regelung hat den Zweck, das (beitragsrechtlich) bevorteilte Bauland vom (beitragsrechtlich) nicht bevorteilten Außenbereich typisierend abzugrenzen und lässt sich dabei von der Vermutung leiten, dass die vom Innenbereich in den Außenbereich hineinragenden Grundstücke ab einer bestimmten Grundstückstiefe dem Außenbereich zuzurechnen und deshalb baulich nicht mehr nutzbar sind. Eine derartige typisierende Regelung ist grundsätzlich zulässig. Sie soll im Interesse der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität ausschließen, dass für konkrete Einzelfälle überprüft wird, in welchem Maß ein Grundstück bebaut werden darf (OVG LSA, Beschl. v. 10.03.2006 - 4 L 250/05 -; Beschl. v. 27.04.2006 - 4 L 186/05 -, jeweils zit. nach JURIS).

20

Die Tiefenbegrenzungslinie darf allerdings nicht willkürlich gewählt werden. Sie muss vielmehr der Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA Rechnung tragen, wonach Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind. Da - bei der Verwendung des kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschoßmaßstabs, wie hier - Anknüpfungspunkt für den beitragsrechtlichen Vorteil die baulich nutzbare Grundstücksfläche ist, muss die konkrete Ausgestaltung der Tiefenbegrenzungsregelung zur Abgrenzung der baulich nutzbaren Flächen in den konkreten örtlichen Verhältnissen ihren Widerhall finden (OVG LSA, Beschl. v. 30.09.2005 - 4 L 191/05 - ; Urt. v. 23.08.2001 - 1 L 134/01 - zur Tiefenbegrenzung im Innenbereich; Urt. v. 07.09.2000 - 1 K 14/00 -, jeweils zit. nach JURIS). Das ist dann der Fall, wenn die Grundstücke im Gebiet der abzurechnenden öffentlichen Einrichtung, die teilweise im Innenbereich und teilweise im Außenbereich liegen, typischerweise bis zu der gewählten Tiefenbegrenzungslinie im Innenbereich liegen.

21

Einen sachgerechten Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i. S. v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.10.2012 - 1 L 289/11 -, zit. nach JURIS). Allein die Ermittlung eines Durchschnittswertes wird einer solchen Beurteilung nicht gerecht (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 21.06.2006 - 4 N 574/98 - KStZ 2006, 2012; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.10.2012, a. a. O.), da eine Durchschnittsbildung, bei der aus allen ermittelten Fällen ein Mittelwert gebildet wird, gerade nicht die überwiegend vorkommende und somit die örtlichen Verhältnisse prägende Bebauungstiefe darstellt. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss. Daraus folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, in der die Grundstücke in etwa die gleiche Bebauungstiefe aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, zit. nach JURIS).

22

Die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung endet nicht zwingend unmittelbar an der Gebäudekante des letzten Baukörpers, sondern kann je nach den Umständen z. B. bei einem Wohnhaus einen angemessenen Hausgarten einschließen. Zum Innenbereich gehören kann danach auch eine sich an das letzte Gebäude noch anschließende Freifläche, die als Garten, Hof oder in ähnlicher Weise bauakzessorisch genutzt wird (OVG LSA, Urteil vom 23.08.2001 - 1 L 134/01 -; Beschluss vom 08.09.2006 - 4 L 273/06 -; Beschluss vom 18.08.2009 - 4 M 112/09 -).Ob neben der Fläche zwischen der Straße und der Rückwand der letzten Bebauung auch noch eine weitere Fläche als sogenannte bauakzessorische Nutzung zu berücksichtigen ist, hängt von den konkreten örtlichen Verhältnissen ab (vgl. Blomenkamp in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 1464). Es besteht allerdings im Rahmen der Festsetzung einer Tiefenbegrenzung weder eine zwingende Berücksichtigungspflicht (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 08.09.2006 - 4 L 273/06 - im Zusammenhang mit der Inzidentkontrolle einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB) noch ein Berücksichtigungsverbot (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.10.2012, a. a. O.).

23

Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 30.09.2005- 4 L 191/05 -). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln. Das Gericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber hinsichtlich der Auswahl repräsentativer Grundstücke, der Entscheidung zur Berücksichtigung von bauakzessorischen Nutzungen und der vorzunehmenden Gewichtung der jeweiligen Bebauungstiefen nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen.

24

Ausgehend von den genannten Grundsätzen hat der Antragsgegner vorliegend das ihm im Rahmen der Umsetzung des § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA bei der Festlegung von Maßstabsregelungen zustehende Ermessen bereits deshalb mit der Folge der Unwirksamkeit der Satzungsregelung in § 4 Abs. 3 Nr. 4b SBS fehlerhaft ausgeübt, weil er seinem Satzungsermessen Erwägungen zugrunde gelegt hat, die rechtlich für die beitragsrechtliche Abgrenzung des maßgeblichen Baulandes nicht tragen. Die Tiefenbegrenzungsregelung kann indes vom Gericht nicht mit anderen, rechtlich haltbaren Erwägungen geheilt werden; die Satzung leidet dann an einem methodischen Fehler (vgl. OVG LSA, Urteil vom 27.03.2012 - 4 L 233/09 -, zit. nach JURIS).

25

Der Antragsgegner hat in den von ihm ausgewählten Ortslagen des Verbandsgebietes die Bebauungstiefe von 257 Grundstücken festgestellt und hieraus (lediglich) einen Durchschnittswert gebildet. Dass die insoweit zugrunde gelegten Grundstücke nicht repräsentativ wären, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus der von dem Antragsgegner anhand der tatsächlich vorhandenen Bebauung vorgenommenen Bestimmung der Bebauungstiefe lässt sich allerdings von vornherein nicht die überwiegend vorkommende, die örtlichen Verhältnisse prägende Bebauungstiefe ersehen. Denn eine wertende Betrachtung dahingehend, welche Bebauungstiefe in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist, hat der Antragsgegner gerade nicht vorgenommen.

26

Zur Bestimmung, welche Tiefe der baulichen Nutzung bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- in den Außenbereich in dem Verbandsgebiet überwiegt, können beispielsweise die in Betracht kommenden Grundstücke entsprechend ihrer ermittelten baulich nutzbaren Tiefe verschiedenen Gruppen zugeordnet werden. Die Mehrzahl der ermittelten Fälle kann deckungsgleich sein mit der zahlenmäßig stärksten Gruppe. Sind unterschiedliche Gruppen zahlenmäßig gleich stark oder entspricht die größte Gruppe nicht der Mehrzahl aller Anwendungsfälle, fällt die Bestimmung einer üblichen Bebauungstiefe naturgemäß schwer. In diesen Fällen kann sich der Ortsgesetzgeber im Rahmen seines Ermessens bei der Festlegung der ortsüblichen Tiefe der baulichen Nutzung beispielsweise daran orientieren, welche Gruppen zusammen mehr als die Hälfte der insgesamt ermittelten Fälle ausmachen. Dies kann eine Orientierungshilfe sein, schließt allerdings keine anderen, ebenfalls sachgerechten Ermessenserwägungen des Satzungsgebers aus (Driehaus, a. a. O.).

27

Auch wenn es dem Gericht verwehrt ist, eine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung zu setzen, deutet allerdings die von dem Verwaltungsgericht Magdeburg in seiner Entscheidung vom 11. April 2013 (a. a. O.) durchgeführte Berechnung zu der von dem Antragsgegner vorgelegten Ermittlung vom 20. November 2012, auch wenn sie Rechenfehler bezüglich der zahlenmäßigen Größe der jeweils untersuchten Gruppen enthält, darauf hin, dass die ortsübliche Bebauungstiefe (ohne Berücksichtigung von bauakzessorischen Nutzungen) in dem Verbandsgebiet des Antragsgegners durch Grundstücke mit einer Bebauungstiefe von ca. 30 m geprägt wird.

28

Die weiteren von der Antragstellerin gegen die Gültigkeit der streitgegenständlichen Beitragssatzung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

29

Bedenken an der Beitragsberechtigung des Antragsgegners bestehen nicht. Die Verbandsstruktur beruht auf dem zum 1. Januar 2011 erfolgten Beitritt von den Gemeinden zum Antragsgegner, die zuvor Mitglied des zum 1. Januar 2011 nach § 14 Abs. 3 GKG LSA aufgelösten Abwasserzweckverbandes (B.) waren. Soweit die Gemeinden mit den Aufgaben der Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung Mitglied in dem aufgelösten Zweckverband waren, sind die Aufgaben infolge des Beitritts zum Antragsgegner auf diesen übergegangen (vgl. § 9 GKG LSA). Die dafür notwendige Anpassung der Verbandssatzung erfolgte mit Beschluss vom 23. März 2010 durch die 5. Änderungssatzung, veröffentlicht im Amtsblatt für den Salzlandkreis vom 9. Juni 2010, nachdem die nach § 14 Abs. 2 GKG LSA erforderliche kommunalaufsichtliche Genehmigung am 26. April 2010 durch den Salzlandkreis erteilt worden war.

30

Die im Amtsblatt des Antragsgegners vom 7. Januar 2013 bekannt gemachte SBS ist auch formell wirksam; denn § 15 Abs. 1 der Verbandssatzung des Antragsgegners vom 17. Mai 2001, veröffentlicht im Amtsblatt für den Salzlandkreis vom 22. Juni 2011, bestimmte mit Wirkung vom 23. Juni 2011, dass öffentliche Bekanntmachungen zukünftig im Amtsblatt des Wasser- und Abwasserzweckverbandes „(D.)“ erfolgen. Gemäß § 20 SBS ist die Satzung am 8. Januar 2013 in Kraft getreten.

31

Dass der Beitragssatz fehlerhaft ist, ist weder hinreichend geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Spätestens im gerichtlichen Verfahren muss die beitragserhebende Körperschaft auf entsprechende Rüge eine Kalkulation vorlegen, aus der sich ergibt, dass das Aufwandsüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29.04.2010 - 4 L 341/08 -, zit. nach JURIS) nicht verletzt ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 02.08.2007 - 4 M 44/07 -, zit. nach JURIS). Dazu kann eine von einem Rechtsvorgänger im Rahmen einer vorangegangenen Beitragssatzung erstellte Kalkulation grundsätzlich ganz oder teilweise verwendet werden, solange keine die Höhe des höchstzulässigen Beitragssatzes betreffenden Unterschiede zu einer eigentlich neu zu erstellenden Kalkulation bestehen.

32

Die (auch) hinsichtlich der zu berücksichtigenden Grundstücksflächen fortgeschriebene Beitragskalkulation des AZV (B.) unterliegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht schon wegen des Umfangs der jeweiligen Verbandsgebiete Bedenken. Das (ehemalige) Verbandsgebiet des AZV (B.) entspricht dem „Gebiet 2“ innerhalb des Verbandsgebiets des Antragsgegners. Die von der Antragstellerin gerügten „Abweichungen in den Listen über die Mitgliedsgemeinden“ ergeben sich daraus, dass die Anlage zur Verbandssatzung des Antragsgegners vom 17. Mai 2011 alle Mitgliedsgemeinden des Antragsgegners, also auch das bisherige Verbandsgebiet - „Gebiet 1“ -, aufführt.

33

Der Behauptung der Antragstellerin, dass die Grundlagen für die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands des Antragsgegners nicht identisch seien mit dem beitragsfähigen Aufwand des AZV (B.), war angesichts des Ergebnisses der vorliegenden Entscheidung nicht weiter nachzugehen. Gleiches gilt für die - nicht belegte - Vermutung, dass die Mitgliedsgemeinden des AZV (B.) erhebliche Teile der Verbindlichkeiten des genannten Abwasserzweckverbandes aufwandsmindernd übernommen und getilgt hätten. Jedenfalls musste die dem Antragsgegner bzw. dem AZV (B.) durch das Land Sachsen-Anhalt gewährte Teilentschuldung nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. Beschl. v. 16.01.2006 - 4 O 387/05 -) nicht beitragsmindernd eingesetzt werden. § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA bestimmt zwar, dass Zuschüsse Dritter hälftig zur Deckung des Gemeindeanteils des § 6 Abs. 5 Satz 4 KAG LSA verwendet werden können, soweit der Zuschussgeber nichts anderes bestimmt hat. Daraus folgt, dass bei einer fehlenden Zweckbestimmung eines Zuschusses der beitragsfähige Aufwand mindestens um die Hälfte der Zuschusssumme zu kürzen ist. Bei den Fördermitteln des Landes zur (Teil-)Entschuldung eines Abwasserzweckverbandes besteht aber offensichtlich eine Zweckbestimmung durch den Zuschussgeber, dass der Verband im öffentlichen Interesse von (Alt-)Schulden entlastet wird und nicht, dass diese Mittel auf den beitragsfähigen Aufwand angerechnet werden und so unmittelbar den Beitragspflichtigen zugute kommen.

34

Soweit die Antragstellerin hinsichtlich der Regelung in § 4 Abs. 3 Nr. 5 SBS rügt, dass der Antragsgegner die strengen Voraussetzungen für eine Regelung zur sog. „übergreifenden Bebauung“ nicht beachtet habe, weil keine Feststellungen getroffen worden seien, ob jenseits der Tiefenbegrenzungslinie eine Bebauung des jeweiligen Grundstücks mit Gebäuden bestehe, die einen Bebauungszusammenhang bildeten, greift ihr Einwand nicht durch; denn allein der Umstand, dass der Antragsgegner bei der Ermittlung der ortsüblichen Tiefe im Verbandsgebiet - möglicherweise - eine „übergreifende Bebauung“ vernachlässigt hat, führt nicht dazu, dass die Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. 3 Nr. 5 SBS nicht vorteilsgerecht ist. Vielmehr hat der Satzungsgeber die von der Antragstellerin angeführten Fälle - in ihrem Sinne - gerade durch die genannte Regelung erfasst, wonach insoweit erst die größere Tiefe der übergreifenden Bebauung maßgeblich ist. Schließlich macht auch die - pauschale - Bezugnahme auf die in § 4 Abs. 3 Nr. 4 SBS bestimmten Tiefenbegrenzungslinien die Regelung in § 4 Abs. 3 Nr. 5 SBS entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht im normativen Sinne unbestimmt; denn es ist erkennbar, in welcher Weise die jeweiligen Flächen zu ermitteln sind, die über die eigentliche 40 m-Linie hinaus „bebaut oder gewerblich genutzt sind“.

35

2. Die Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung in § 4 Abs. 3 Nr. 4b SBS hat die Unwirksamkeit der gesamten angegriffenen Beitragssatzung zur Folge. Die Ungültigkeit eines Teils einer kommunalen Satzungsbestimmung führt nur dann nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Teile auch ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Zwar muss eine Tiefenbegrenzungsregelung in einer Beitragssatzung nicht notwendig vorhanden sein. Es ist jedoch nicht mit Sicherheit anzunehmen, dass der Antragsgegner im Falle des Wissens um die Unwirksamkeit der gewählten Tiefenbegrenzungsregelung die Satzung ohne eine solche erlassen hätte. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung bei jedem Grundstück im Gebiet der öffentlichen Einrichtung des Antragsgegners, das im Übergangsbereich vom unbeplanten Innen- zum Außenbereich liegt, eine konkrete Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden müsste. Im Hinblick auf die Größe des Abrechnungsgebiets würde eine solche grundstücksbezogene Einzelbeurteilung einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten. Vor diesem Hintergrund erscheint nicht fernliegend, dass der Satzungsgeber eine Tiefenbegrenzungsregelung mit einer geringeren Tiefenbegrenzungslinie, die in den örtlichen Verhältnissen ihren Widerhall findet, erlassen hätte (vgl. auch OVG LSA, Urteil vom 21.02.2012 - 4 L 98/10 -, zit. nach JURIS).

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in entsprechender Anwendung der §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

38

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Vertrauensperson und die stellvertretenden Vertrauenspersonen werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Wahl wird nach den Grundsätzen der Personenwahl durchgeführt.

(2) Die zuständigen Disziplinarvorgesetzten bestellen spätestens zwei Monate vor Ablauf der Amtszeit der Vertrauensperson auf deren Vorschlag drei Wahlberechtigte als Wahlvorstand, davon eine oder einen als Vorsitzende oder Vorsitzenden. Ist eine Vertrauensperson erstmals zu wählen oder nicht mehr vorhanden, berufen sie eine Versammlung der Wahlberechtigten zur Wahl eines Wahlvorstandes ein.

(3) Der Wahlvorstand hat die Wahl unverzüglich einzuleiten und durchzuführen. Er stellt unverzüglich nach Abschluss der Wahl das Wahlergebnis durch öffentliche Auszählung der Stimmen fest, fertigt hierüber ein Protokoll und gibt das Wahlergebnis durch Aushang bekannt.

(4) Niemand darf die Wahl behindern, insbesondere dürfen die Wahlberechtigten nicht in der Ausübung des aktiven oder passiven Wahlrechts beschränkt werden. Die Wahl darf nicht durch Versprechen von Vorteilen oder durch Androhung von Nachteilen beeinflusst werden.

(5) Die Dienststelle trägt die Kosten der Wahl.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einer Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage „L. - Straße Ost - von Einmündung L 101 bis Ausbauende“.

2

Sie ist Eigentümerin des 10 953 m² großen, mit einem eingeschossigen Wohnhaus und verschiedenen nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden bebauten Grundstücks L. 1 - 3 (Gemarkung D., Flur 4, Flurstück 288), das teilweise innerhalb des Geltungsbereichs der von der Stadt W. für die Ortslage L. erlassenen Klarstellungssatzung vom 27. September 2004 liegt. Das Grundstück grenzt mit seiner Westseite an die abzurechnende Erschließungsanlage an, mit seiner Nordseite an die L 101. Die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten enthält eine Tiefenbegrenzungsregelung. Danach gilt als Grundstücksfläche bei unbeplanten oder nicht qualifiziert beplanten Grundstücken, die an die Verkehrsanlage angrenzen, die Fläche zwischen der Verkehrsanlage und der in einem Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallele, sofern die bauliche oder gewerbliche Nutzung die Tiefenbegrenzung nicht überschreitet.

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Mit Vorausleistungsbescheid vom 27. April 2009 zog die Beklagte die Klägerin zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 34 451,86 € heran. Sie legte dabei unter Berücksichtigung der Tiefenbegrenzung eine Teilfläche von 2 266,91 m² zugrunde. Die Klägerin wandte dagegen ein, ihr Grundstück habe bei der Aufwandsverteilung nur mit der innerhalb der Klarstellungssatzung liegenden Grundstücksfläche berücksichtigt werden dürfen.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid mit Urteil vom 5. Oktober 2010 aufgehoben, soweit darin eine Vorausleistung von mehr als 29 625,17 € festgesetzt worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Festlegung der Grenzen des Innenbereichs durch die Klarstellungssatzung sei auch für das Erschließungsbeitragsrecht maßgeblich und gehe der Tiefenbegrenzungsregelung vor. Letztere könne niemals Grundlage sein, eine im Außenbereich liegende Teilfläche eines Grundstücks erweiternd in die Verteilung einzubeziehen.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat gegen dieses Urteil sowohl die Berufung der Klägerin als auch der Beklagten zugelassen.

6

Mit Beschluss vom 8. August 2013 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Klägerin, mit der diese u.a. die Höhe des Erschließungsaufwandes gerügt und die Einbeziehung weiterer Grundstücke in die Verteilmasse gefordert hatte, zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es das angefochtene Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die räumliche Erschließungswirkung einer Straße ende nicht dort, wo der Außenbereich beginne, also hinter dem letzten Baukörper, sondern da, wo für ein großes Baugrundstück eine Gebrauchswerterhöhung durch die Gebrauchsvorteile an der Straße nicht mehr feststellbar sei. Es sei für die Beitragspflicht unerheblich, dass auf den im Außenbereich liegenden Teilflächen der Grundstücke nicht gebaut werden dürfe, da der betroffene Eigentümer mit der ihm ermöglichten wohnakzessorischen Nutzung einen Vorteil auch von den Außenbereichsflächen seines Grundstücks habe. Die Tiefenbegrenzung habe daher nicht die Funktion, den Innen- vom Außenbereich typisierend abzugrenzen. Das könne schon deshalb nicht der Fall sein, weil der Bebauungszusammenhang regelmäßig am letzten Baukörper ende, dieser aber in der Regel vor der üblichen satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung liege. Voraussetzung für eine Veranlagung sei zwar, dass ein Grundstück bebaut oder Bauland sei, nicht aber, dass es in seiner vollen Länge in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil liege. Die Klarstellungssatzung spiegele dagegen den tatsächlich vorhandenen Verlauf der Grenze zwischen Innen- und Außenbereich wider; ihr sei daher im Erschließungsbeitragsrecht keine relevante Bedeutung hinsichtlich des Umfangs der erschlossenen Grundstücksflächen beizumessen.

7

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Revision der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor: Die Entscheidung des Berufungsgerichts führe dazu, dass das Erschließungsbeitragsrecht vom Bauplanungsrecht abgekoppelt werde und in Widerspruch zu diesem gerate. Die Auffassung des Berufungsgerichts missachte den durch die Klarstellungssatzung eindeutig zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde. Das Oberverwaltungsgericht weiche damit von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wonach ein Grundstück im Außenbereich erschließungsbeitragsrechtlich nicht als Bauland herangezogen werden könne. Die Länge der Erschließungsanlage sei willkürlich festgelegt worden; sie ende in Höhe des Flurstücks 101, obwohl sich unmittelbar danach Wohnbebauung befinde.

8

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. August 2013 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. Oktober 2010 zu ändern und den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 27. April 2009 insgesamt aufzuheben.

hilfsweise: den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. August 2013 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. Oktober 2010 zurückzuweisen.

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Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deswegen nach § 139 Abs. 3 Satz 4, § 143 VwGO unzulässig, weil die Revisionsbegründung als verletzte Bundesnorm lediglich den nach Ansicht der Beklagten nicht einschlägigen § 133 Abs. 3 BauGB nennt und im Übrigen pauschal auf die §§ 127 ff. BauGB verweist. Dem formellen Begründungserfordernis ist Genüge getan, wenn die Verletzung einer Rechtsnorm gerügt wird; ob die als verletzt bezeichnete Norm geeignet ist, das Revisionsvorbringen zu stützen, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1996 - BVerwG 6 C 11.94 - BVerwGE 102, 95 <99>). Die Revisionsbegründung enthält auch eine hinreichend verständliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss.

12

Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Der Beschluss des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit es auf die Berufung der Beklagten der Auffassung ist, dass Grundstücke, die in den Außenbereich hineinragen, ungeachtet der durch eine Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB gezogenen Grenze mit ihrer gesamten Fläche bzw. maximal bis zur satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB) zu berücksichtigen sind. Soweit es die Berufung der Klägerin zurückweist, ist der Beschluss dagegen bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

13

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung der Ermittlung der erschlossenen Grundstücksflächen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB dient.

14

a) Mit der Funktion der Tiefenbegrenzungsregelung hat sich der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 1. September 2004 - BVerwG 9 C 15.03 - (BVerwGE 121, 365, bekräftigt durch Beschluss vom 26. April 2006 - BVerwG 9 B 1.06 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 117 Rn. 5) befasst. Dabei hat er ausgehend von dem der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden baurechtlichen Vorteilsbegriff (hierzu und zu der Kritik an diesem Begriff Storost, DVBl 2005, 1004) die Notwendigkeit einer Tiefenbegrenzung unmittelbar aus § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB hergeleitet. Die Tiefenbegrenzung spricht die Frage an, bis zu welcher Tiefe ein Grundstück in erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Weise nutzbar und deshalb erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist. Da die Erschließung darin besteht, einem Grundstück die Zugänglichkeit zur Erschließungsanlage in einer auf die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit des Grundstücks gerichteten Funktion zu vermitteln (Urteile vom 25. Juni 1969 - BVerwG 4 C 14.68 - BVerwGE 32, 226 <227> und vom 7. Oktober 1977 - BVerwG 4 C 103.74 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 25 S. 37), liegt bei besonders tiefen Grundstücken wegen mangelnder baulicher oder sonstiger erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Ausnutzbarkeit hinsichtlich ihrer Übertiefe ein Erschlossensein im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht vor. Das hat zur Folge, dass diese Grundstücke mit ihren von der Erschließung nicht mehr betroffenen Teilen an der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes nicht beteiligt sind (Urteile vom 10. Juni 1981 - BVerwG 8 C 20.81 - BVerwGE 62, 308 <315> und vom 1. September 2004 a.a.O. S. 367 f.). Die Anordnung einer Tiefenbegrenzung dient mithin, ebenso wie die gesetzliche Bestimmung des maßgeblichen Grundstücksbegriffs, der Ermittlung der erschlossenen Grundstücksflächen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB, auf die der Aufwand nach der satzungsrechtlichen Verteilungsregelung umzulegen ist (vgl. Urteil vom 19. Februar 1982 - BVerwG 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61 <65>).

15

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Gemeinde nicht verpflichtet, eine Tiefenbegrenzungsregelung in ihre Satzung aufzunehmen. Sie kann vielmehr auch in jedem Einzelfall gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB entscheiden, inwieweit ein Grundstück erschlossen ist. Entscheidet sich die Gemeinde für diesen Weg, so kann das allerdings in erhöhtem Maße zu Meinungsverschiedenheiten führen. Denn die Bestimmung der Grenze von Ausnutzbarkeit und Erschließungsvorteil bei übermäßig tiefen Grundstücken bewegt sich naturgemäß innerhalb einer gewissen Bandbreite und wird nicht immer leicht zu treffen sein (Urteile vom 10. Juni 1981 a.a.O. und vom 19. Februar 1982 a.a.O.). Aus diesem Grund hat das Bundesverwaltungsgericht im Interesse der Rechtssicherheit und der Verwaltungspraktikabilität mehrfach entschieden, dass die Anordnung einer Tiefenbegrenzung für unbeplante Gebiete durch Satzung zulässig ist. Sie begründet dann, sofern sie sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientiert, eine Vermutung dafür, dass im unbeplanten Innenbereich alle Grundstücke bis zur festgesetzten Tiefengrenze erschlossen sind und jenseits der Grenze ein Erschließungsvorteil wegen fehlender Ausnutzbarkeit nicht gegeben ist (Urteile vom 30. Juli 1976 - BVerwG 4 C 65.74 und 4 C 66.74 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 15 S. 9 f., vom 19. Februar 1982 a.a.O. S. 66 und vom 1. September 2004 a.a.O. S. 369).

16

b) Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass der Anwendungsbereich einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung nicht darauf beschränkt ist, den Innen- vom Außenbereich abzugrenzen.

17

Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 1. September 2004 (a.a.O. S. 370) ausgeführt, dass es an einem tragfähigen Grund mangelt, die Zulässigkeit einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung auf einen wie auch immer gearteten „Randbereich“ des unbeplanten Innenbereichs im Übergang zum Außenbereich zu beschränken. Daran ist festzuhalten. Der in der Entscheidung vom 1. September 2004 (a.a.O. S. 369) zu findende Hinweis auf die „Anwendungsschwierigkeiten des § 34 BauGB“ lässt keinen anderen Schluss zu. Auch und gerade in „zentralen“ Innenbereichslagen wird die Frage, welcher Bereich als maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen ist, insbesondere die Frage, wo die rückwärtige „faktische Baugrenze“ verläuft, vielfach nicht einfach zu beantworten sein (vgl. Beschlüsse vom 28. September 1988 - BVerwG 4 B 175.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 128, vom 23. November 1998 - BVerwG 4 B 29.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 192 S. 77 f. und vom 13. Mai 2014 - BVerwG 4 B 38.13 - ZfBR 2014, 574). Um diese Unsicherheiten zu vermeiden und die ortsübliche Bebauungstiefe eines unbeplanten Innenbereichs im Interesse der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität für die Beitragserhebung generell festzulegen, bieten sich satzungsrechtliche Tiefenbegrenzungen an.

18

Die Kritik, es sei offensichtlich, dass sehr tiefe und damit sehr viel größere Grundstücke in der Regel eine erheblich größere bauliche Ausnutzbarkeit besäßen und sich daher das Ausmaß der ermittelten Erschließungsvorteile erheblich voneinander unterscheide (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 17 Rn. 36 und Uechtritz, VBlBW 2006, 178 <181 f.>), berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Regelhaftigkeit der Beziehung zwischen zulässiger baulicher Nutzung und Grundstücksgröße - insbesondere im Hinblick auf die Festsetzung von Grund- und Geschossflächenzahlen - nur in (qualifiziert) beplanten Gebieten gegeben ist, während in unbeplanten Gebieten auch sehr tiefe Grundstücke nicht regelmäßig stärker ausgenutzt werden können als weniger tiefe Grundstücke. Die Beantwortung der Frage, ob sich eine Bebauung nach Art und Maß der Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die nähere Umgebung einfügt (§ 34 Abs. 1 BauGB), hängt nicht in erster Linie und schon gar nicht regelhaft von der Tiefe des jeweiligen Grundstücks ab, sondern von der tatsächlich vorhandenen Umgebungsbebauung. Was insbesondere das Maß der Nutzung betrifft, prägt vorrangig die absolute Größe der vorhandenen Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche, das Bild der maßgebenden Umgebung; den relativen Maßstäben der Grundflächen- und Geschossflächenzahl kommt dagegen im unbeplanten Innenbereich - wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Bedeutung zu (Urteil vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.>; Beschluss vom 3. April 2014 - BVerwG 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493). Ein übertiefes Grundstück wird daher in der Regel nicht über die von den benachbarten, weniger tiefen Grundstücken geprägte rückwärtige Baugrenze hinaus bebaubar sein und damit auch keinen größeren Erschließungsvorteil haben.

19

2. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass Grundstücke, die teilweise im Außenbereich liegen, auch mit der in den Außenbereich hineinragenden Fläche bis zu einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB) zu berücksichtigen sind.

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a) Die nach Maßgabe des § 131 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 131 Abs. 2 und 3 BauGB vorzunehmende Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands für eine beitragsfähige Erschließungsanlage ist auf das Ziel der Beitragserhebung ausgerichtet. Um eine Belastung der Gemeinde mit nicht umlagefähigen Kosten zu vermeiden, müssen schon bei der Aufwandsverteilung alle Grundstücke unberücksichtigt bleiben, die generell ungeeignet sind, eine Beitragspflicht im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB auszulösen. Infolgedessen fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Grundstücke nicht unter § 131 Abs. 1 BauGB, wenn sie unfähig sind, die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 BauGB jemals zu erfüllen (Urteile vom 1. Februar 1980 - BVerwG 4 C 43.76 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 32 S. 63 und vom 14. Februar 1986 - BVerwG 8 C 115.84 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 95 S. 63). Die Prüfung, ob ein Grundstück durch eine bestimmte beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen wird, muss sich demnach darauf erstrecken, ob aufgrund der gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse die Annahme gerechtfertigt ist, dieses Grundstück werde auch die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 BauGB erfüllen können. Das trifft für Grundstücke, die im Außenbereich liegen, nicht zu. Grundstücke, „für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist“ (§ 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB), sind ausschließlich Grundstücke in qualifiziert beplanten Gebieten. Außenbereichsgrundstücke sind aber ungeachtet ihrer potentiell nicht ausgeschlossenen Bebaubarkeit auch nicht nach der Verkehrsauffassung „Bauland“, und erst recht stehen sie nicht „nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung“ an (§ 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und gilt auch dann, wenn ein Außenbereichsgrundstück tatsächlich bebaut ist, weil vorweg bereits feststeht, dass es aus Rechtsgründen an der zu § 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB hinführenden Bebaubarkeit fehlt (Urteil vom 14. Februar 1986 a.a.O. S. 64 m.w.N.).

21

b) Diese Grundsätze finden entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur bei insgesamt im Außenbereich liegenden Grundstücken Anwendung, sondern auch dann, wenn nur eine Teilfläche eines im Übrigen im Innenbereich liegenden Grundstücks in den Außenbereich hineinragt. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, auf die bauplanungsrechtliche Situation eines Grundstücks komme es nur für die Frage an, ob es überhaupt erschlossen sei, während sich der Umfang der Erschließung ausschließlich nach beitragsrechtlichen Maßstäben richte, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

22

Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 1. September 2004 (a.a.O. S. 368) klargestellt hat, ist ein Grundstück im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB nur erschlossen, wenn und soweit ihm durch diese Straße entweder eine Bebaubarkeit oder eine der Bebaubarkeit erschließungsbeitragsrechtlich gleichgestellte Nutzbarkeit vermittelt wird. Grundstücke unabhängig vom Umfang der Erschließungswirkung an den Kosten der Erschließungsmaßnahme zu beteiligen, widerspräche der Funktion des Erschließungsbeitragsrechts, einen Ausgleich für die dem betroffenen Grundstück durch die Erschließungsanlage vermittelte bauliche oder gewerbliche Ausnutzbarkeit herzustellen. Dies wäre jedoch der Fall, würde man Grundstücksflächen, die im Außenbereich liegen und die daher nicht durch die Anbaustraße erschlossen werden, in die Aufwandsverteilung einbeziehen. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Umfang der erschlossenen Fläche im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB grundsätzlich nicht verringert, wenn die überbaubare Fläche eines beplanten Grundstücks durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen gemäß § 23 BauNVO oder durch Abstands- und Anbauverbote etwa gemäß § 9 Abs. 1 und 2 FStrG beschränkt ist. Zum einen kann so gut wie niemals die gesamte Grundstücksfläche der baulichen Nutzung zugeführt werden und sollen Regelungen dieser Art nicht auf das Maß der baulichen Nutzung, sondern lediglich auf den Standort der baulichen Anlagen Einfluss nehmen, zum anderen wird bei der Planung regelmäßig auf ein angemessenes Verhältnis zwischen der Grundstücksgröße und dem Grad der Bebaubarkeit geachtet (§ 1a Abs. 1 BauGB), so dass für ein Bauvorhaben durchweg mehr Fläche zur Verfügung stehen muss, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird (Urteil vom 1. September 2004 a.a.O. S. 371 f.). Eine ähnliche Regelhaftigkeit zwischen Grundstücksgröße und Ausnutzbarkeit besteht - wie schon erwähnt - im unbeplanten Innenbereich nicht und fehlt erst recht, wenn und soweit ein Grundstück im Außenbereich liegt.

23

Abweichendes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Ausweisung einer Teilfläche als „private Grünfläche“ im beplanten Gebiet in der Regel den Umfang des Erschlossenseins eines Grundstücks unberührt lässt. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung der Erschließungswirkung in dieser Fallgestaltung darauf abgestellt, dass „private Grünflächen“ im Gegensatz zu festgesetzten „öffentlichen Grünflächen“ einer erschließungsbeitragsrechtlich relevanten Nutzung als Hausgarten zugänglich seien, und aus diesem Grund eine von der Anbaustraße vermittelte Erschließungswirkung bejaht (Beschluss vom 29. November 1994 - BVerwG 8 B 171.94 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 95 S. 35 f.). An einer solchen Erstreckung der Erschließungswirkung auf nicht bebaubare Teile eines Grundstücks fehlt es aber bei Außenbereichsflächen auch dann, wenn die betroffenen Flächen tatsächlich wohnakzessorisch genutzt werden können. Eine im Außenbereich liegende Grundstücksfläche befindet sich in einer grundsätzlich anderen baurechtlichen Situation als ein in einem qualifiziert beplanten Gebiet liegendes Grundstück, für das der Bebauungsplan hinsichtlich einer Teilfläche eine „private Grünfläche“ festsetzt. Die „private Grünfläche“ ist, auch wenn sie nicht Bauland im Sinne des § 19 Abs. 3 BauNVO darstellt, Teil eines durch einen qualifizierten Bebauungsplan als Baugebiet ausgewiesenen Grundstücks. Nur deshalb ist der Weg eröffnet, für diese Teilfläche auf eine erschließungsbeitragsrechtlich relevante Nutzungsmöglichkeit abzustellen. Dies ist bei einem Außenbereichsgrundstück, aber auch bei einer im Außenbereich liegenden Teilfläche eines im Übrigen im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücks nicht der Fall. Die wohnakzessorische Nutzungsmöglichkeit besteht in einer solchen Fallgestaltung losgelöst von der durch die Erschließungsanlage vermittelten erschließungsbeitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit (vgl. Urteil vom 14. Februar 1986 a.a.O. S. 64 f.). Die Anbaustraße vermittelt mit anderen Worten einem teilweise im unbeplanten Innenbereich und teilweise im Außenbereich liegenden Grundstück hinsichtlich des im Außenbereich liegenden Grundstücksteils keinen Vorteil, der eine Beteiligung an den Kosten der Herstellung der Erschließungsanlage rechtfertigt.

24

c) Die hier vertretene Auffassung ist unter dem übergeordneten Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu beanstanden. Soweit es das Berufungsgericht als gleichheitswidrig ansieht, wenn Grundstücke, deren Teilflächen in den Außenbereich ragen, abhängig vom Zufall des Erlasses einer Klarstellungssatzung entweder mit ihrer (vorbehaltlich einer Tiefenbegrenzung) kompletten Fläche oder nur bis zur in der Satzung bestimmten Grenze in die Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands einbezogen würden, liegt diesen Bedenken die - wie oben ausgeführt - unzutreffende Annahme zugrunde, Außenbereichsflächen könnten überhaupt erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB sein. Das Fehlen einer Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB hat vielmehr für die Bestimmung des Anteils an den Erschließungskosten lediglich zur Folge, dass die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich gesondert in jedem Einzelfall vorzunehmen ist.

25

Auch die Überlegung des Oberverwaltungsgerichts, dass bei Vorliegen einer Klarstellungssatzung nur die bis zur letzten Gebäudewand reichende Fläche, bei einer Tiefenbegrenzung aber auch die wohnakzessorisch genutzten Außenbereichsflächen zum Erschließungsbeitrag herangezogen würden, führt im Ergebnis nicht auf einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

26

Nicht auszuschließen ist, dass bei einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung die erschlossenen Flächen großzügiger bemessen werden als bei einer jedes Grundstück in den Blick nehmenden Einzelfallentscheidung der Gemeinde oder im Falle des Erlasses einer Klarstellungssatzung. Hierin liegt allerdings kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung muss zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der bevorteilten von den nicht mehr bevorteilten Flächen ausgerichtet werden und auf einer sorgfältigen Ermittlung der örtlichen Verhältnisse beruhen (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 14. September 2010 - 4 K 12/07 - KStZ 2011, 215). Wird die satzungsrechtliche Regelung diesen Anforderungen gerecht, weil sich die Gemeinde bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung realitätsgerecht an den in der Gemeinde typischen Grundstücksverhältnissen orientiert hat, ist die gleichwohl mögliche Einbeziehung von Flächen, die bei einer Ermittlung der Reichweite des Erschließungsvorteils durch eine Einzelfallentscheidung oder bei Erlass einer Klarstellungssatzung dem Außenbereich zuzurechnen wären, von der Typisierungsbefugnis der Gemeinde gedeckt (zur Typisierungsbefugnis vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 <280> und Urteil vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 - juris Rn. 66 m.w.N.). Deren Grenzen wären erst überschritten, wenn die aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Rechtssicherheit zulässige Typisierungsbefugnis zu einer mit den aus ihr erwachsenden Vorteilen nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehenden Ungleichheit der Belastung führen würde (BVerfG, Urteil vom 5. November 2014 a.a.O.). Dafür, dass dies im Falle einer auf einer ordnungsgemäßen Ermittlung der ortsüblichen Grundstücksverhältnisse beruhenden satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung der Fall wäre, ist nichts ersichtlich.

27

Dies gilt umso mehr, als die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass bei Vorliegen einer Klarstellungssatzung Hausgärten und sonstige wohnakzessorisch genutzte Grundstücksflächen stets unberücksichtigt bleiben müssten, Bedenken begegnet. Das Berufungsgericht stützt sich für seine Auffassung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich maßgebliche Bebauungszusammenhang in aller Regel am letzten Baukörper der Ortslage endet (vgl. Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 12 m.w.N.). Dieser Grundsatz, der in erster Linie die Frage betrifft, ob und unter welchen Voraussetzungen unbebaute Grundstücke in Ortsrandlagen noch Teil des Bebauungszusammenhangs sind, steht aber nicht der Annahme entgegen, dass die typische wohnakzessorische Nutzung bebauter Grundstücke, insbesondere ein angemessener Hausgarten, noch dem Innenbereich zugeordnet werden kann (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 34 Rn. 11; Dürr, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, Bd. 3, Stand Juli 2014, § 34 Rn. 20; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, Stand Juli 2014, § 34 Rn. 25; Johlen, KStZ 1996, 148 <149>; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB BauNVO, 7. Aufl. 2013, § 34 Rn. 19; OVG Saarlouis, Urteil vom 2. Oktober 1981 - 2 Z 2/80 - BRS 38 Nr. 73; OVG Bautzen, Urteil vom 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 - NVwZ-RR 2001, 426 <427>; OVG Schleswig, Urteil vom 17. Mai 2001 - 1 K 21/98 - NVwZ-RR 2002, 485 <486> und OVG Magdeburg, Beschluss vom 18. August 2009 - 4 M 112/09 - juris Rn. 6).

28

Hiernach wird bei zutreffender Beurteilung der örtlichen Verhältnisse die typische wohnakzessorische Nutzung regelmäßig noch ganz oder teilweise zum Innenbereich gehören. Damit hängt es aber nicht vom Zufall des Erlasses oder Nichterlasses einer Klarstellungssatzung ab, ob diese Nutzung bei der Frage, wie weit die Erschließungswirkung einer Anbaustraße reicht, Berücksichtigung findet. Der vorliegende Fall verdeutlicht gleichzeitig, dass die Festlegung der Tiefenbegrenzung eine sorgfältige Ermittlung der örtlichen Bebauungsverhältnisse durch den Satzungsgeber erfordert und dieser prüfen muss, ob er eine für alle Grundstücke im Gemeindegebiet gleichermaßen geltende Tiefenbegrenzung festlegen kann. Gegebenenfalls sind differenzierende Regelungen bei der konkreten Ausgestaltung der Tiefenbegrenzung notwendig (vgl. auch Richarz, KStZ 2006, 1 <9>).

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3. Aus dem Vorstehenden folgt, dass in dem hier vorliegenden Fall einer hinter der Tiefenbegrenzung zurückbleibenden Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB diese grundstücksbezogene und genauere satzungsrechtliche Regelung der stärker typisierenden Tiefenbegrenzung als speziellere Regelung vorgeht. Die von der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung ausgehende Vermutung, dass ein innerhalb der Tiefenbegrenzung liegendes Grundstück dem unbeplanten Innenbereich zugehörig und von der Anbaustraße bis zur festgelegten Grenze erschlossen ist, wird durch die Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB widerlegt. Gegen den Vorrang der Klarstellungssatzung in den Fällen der weiterreichenden Tiefenbegrenzung spricht auch nicht, dass eine fehlerhafte Festlegung der Grenze des im Zusammenhang bebauten Ortsteils durch die Gemeinde einen im gerichtlichen Verfahren stets zu beachtenden Fehler darstellt, die Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB mit anderen Worten nur deklaratorischen Charakter hat und daher zwar die öffentlichen Planungsträger und sonstige öffentliche Stellen, nicht jedoch die Gerichte bindet (vgl. Urteil vom 22. September 2010 - BVerwG 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 14 m.w.N.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 17 Rn. 42). Eine danach mögliche Unbeachtlichkeit einer Klarstellungssatzung im Einzelfall lässt deren generellen Vorrang unberührt.

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Der Vorrang einer Klarstellungssatzung gilt hingegen nicht, wenn und soweit sie die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überschreitet. Dann scheidet zwar der jenseits der Klarstellungssatzung liegende Grundstücksteil als erschlossene Fläche aus. Hinsichtlich der im Innenbereich liegenden Grundstücksfläche („zentrale Innenbereichslage“) ist dagegen allein die Tiefenbegrenzung maßgeblich für die Festlegung der Reichweite der Erschließungswirkung. Insoweit und nur insoweit spielt die Klarstellungssatzung keine Rolle für die Bestimmung der erschlossenen Fläche.

31

4. Der Vorrang der Klarstellungssatzung gegenüber der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung hat zur Folge, dass der Beschluss des Berufungsgerichts zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen ist. Der von der Klägerin mit der Revision verfolgte weitergehende Anspruch auf Aufhebung des Vorausleistungsbescheides insgesamt bleibt dagegen ohne Erfolg. Soweit das Oberverwaltungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - die Frage nach der Bestimmtheit des Geltungsbereichs der Klarstellungssatzung offengelassen hat, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hierzu zu Protokoll die Erklärung abgegeben, dass die Richtigkeit der in der Klarstellungssatzung festgelegten Innen-/Außenbereichsgrenze aufgrund der vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen nicht mehr in Frage gestellt werde. Mit ihrer weiteren Rüge, die Erschließungsanlage ende willkürlich in Höhe des Flurstücks 101, obwohl sich unmittelbar danach weitere baulich genutzte Grundstücke befinden, greift sie die Aussage des Berufungsgerichts an, dass die vorhandene Bebauung mit einem Altenteilerhaus auf dem an die Flurstücke 100 bis 101 angrenzenden Flurstück 103 angesichts der dazwischen liegenden weiträumigen Freiflächen nicht mehr Teil der organischen Siedlungsstruktur sei und daher nicht am Bebauungszusammenhang teilnehme. Warum diese Würdigung des Berufungsgerichts unzutreffend sein sollte mit der Folge, dass dem Berufungsgericht ein Fehler bei der Anwendung materiellen Bundesrechts (§ 34 BauGB) vorzuwerfen wäre, legt die Revision nicht dar. Auch wenn man das Vorbringen als Verfahrensrüge hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts versteht, kann die Revision keinen Erfolg haben. Zwar könnte mit dem Argument einer objektiv willkürlichen Sachverhaltsfeststellung ein Verfahrensfehler gerügt werden (vgl. Beschluss vom 2. September 2014 - BVerwG 8 PKH 2.13 - juris Rn. 8 m.w.N.). Es fehlt aber an jeder eine solche Schlussfolgerung rechtfertigenden Darlegung durch die Klägerin.

32

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Abwasserbeitrag durch den Beklagten.

2

Der Kläger ist seit dem 9. April 2002 Eigentümer des Grundstücks Gemarkung {U.}, Flur 6, Flurstück 23, Größe 1.096 m². Das Grundstück liegt an der Straße des Friedens in {U.}, Ortsteil {V.}. Auf dem Grundstück befindet sich der mittlere Teil des ehemaligen Wirtschaftsgebäudes des Gutshofs {V.}. Weitere Teile dieses Gebäudes befinden sich auf den angrenzenden Flurstücken 22 und 24. Ausweislich eines Schreibens der Denkmalschutzbehörde des Landkreises Saalkreis vom 13. November 2003 steht das Gebäude als Teil des Gutshofs Neukirchen unter Denkmalschutz. Wegen des derzeitigen Zustands des Gebäudes wird auf die vom Beklagten mit Schriftsatz vom 18. März 2009 vorgelegte Fotodokumentation verwiesen.

3

Mit Bescheid vom 29. Juni 2000 zog der Abwasserzweckverband Westliche {W.} das Land Sachsen-Anhalt als den damaligen Eigentümer des Grundstücks zu einem Abwasserbeitrag in Höhe von 11.625,38 DM heran. Hiergegen legte die Landesgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH mit Schreiben vom 5. Juli 2000 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, durch das Fehlen des Anschlussschachtes bestehe keine direkte Anschlussmöglichkeit für das Grundstück. Auch löse der Gebäudeteil auf dem Grundstück keinen Anschlussbedarf aus. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 stornierte der Abwasserzweckverband Westliche {W.} daraufhin den Beitragsbescheid.

4

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2007 zog der Beklagte den Kläger für das Grundstück zu einem Abwasserbeitrag in Höhe von 8.448,00 € heran. Hierbei berücksichtigte er eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 960 m², einen Geschossfaktor von 2,2 für 3 Vollgeschosse sowie einen Beitragssatz von 4,00 €/m². Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, es habe sich an der Tatsache, welche zur Stornierung des Bescheides vom 29. Juni 2000 geführt habe, bis heute nichts geändert. Es bestehe weder vor dem Grundstück noch im Grundstück ein Anschluss. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, das Grundstück unterliege der Beitragspflicht, da es an einer Schmutzwassererschließungsanlage liege. Die Fertigstellung des Grundstücksanschlusses sei für die Entstehung der Beitragspflicht nicht erforderlich.

5

Am 3. Juli 2008 hat der Kläger beim erkennenden Gericht Klage erhoben.

6

Mit Schreiben vom 7. Januar 2009 hat der Beklagte den angefochtenen Bescheid zurückgenommen, soweit hierin ein Beitrag von mehr als 6.144,00 € (960 m² x 1,6 x 4,00 €/m²) festgesetzt ist. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

7

Der Kläger trägt vor, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten, da die sachliche Beitragspflicht bereits 1999 entstanden sei. Die Abwasserentsorgungsanlagen für den Ortsteil Hohenweiden seien bereits im Jahr 1995 fertig gestellt worden. Der Abwasserzweckverband Westliche {W.} habe seit 1999 über eine wirksame Beitragssatzung verfügt. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht dürfe nicht von der Herstellung des Grundstücksanschlusses abhängig gemacht werden. Das Grundstück dürfe auch deshalb nicht zu einem Beitrag herangezogen werden, weil das darauf befindliche Gebäude lediglich zu Lagerzwecken genutzt werde und keinen Anschlussbedarf auslöse. Eine Heranziehung zu einem Beitrag komme erst dann in Betracht, wenn das Gebäude zu einem Wohngebäude umgenutzt werde. Dies sei derzeit nicht beabsichtigt.

8

Der Kläger beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2008 in der Fassung des Schreibens des Beklagten vom 7. Januar 2009 aufzuheben.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid sowie den Widerspruchsbescheid in der Fassung des Schreibens vom 7. Januar 2009. Ergänzend führt er aus, auf dem Grundstück befinde sich ein alter Kuhstall, der sich über mehrere Grundstücke erstrecke. Es handele sich um ein sehr massives Gebäude. Es sei nicht ersichtlich, dass dieses Gebäude auf Dauer keinen Anschlussbedarf auslösen werde. Selbst wenn es sich um ein Gebäude ohne Anschlussbedarf handeln sollte, sei die Heranziehung des Grundstücks mit dem Faktor 1,6 für zwei Vollgeschosse gleichwohl sachgerecht. In diesem Fall müsse das Gebäude bei der Heranziehung außer Betracht bleiben, so dass das Grundstück als unbebaut einzustufen sei. Maßgeblich sei dann die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse. Dort sei eine zweigeschossige Bebauung vorherrschend.

Entscheidungsgründe

13

Das Verfahren war entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben.

14

Die Kammer kann durch den Einzelrichter entscheiden, denn der Rechtsstreit wurde gemäß § 6 VwGO mit Beschluss der Kammer vom 12. Dezember 2008 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

15

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2008 in der Fassung des Schreibens vom 7. Januar 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

I. Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Abwasserbeitrags ist § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Kostenerstattungen für die Abwasserbeseitigung des Abwasserzweckverbandes Salza vom 27. Oktober 2003 (im Folgenden: BS 2003). Die Satzung, insbesondere der Beitragssatz von 4,00 €/m², ist wirksam (VG Halle, Urteil vom 18. Dezember 2009 – 4 A 308/07 HAL –).

17

II. Die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück des Klägers ist mit Inkrafttreten der BS 2003 entstanden. Nach § 7 BS 2003 entsteht die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasseranlage vor dem Grundstück – auch ohne vorherige Fertigstellung des ersten Grundstücksanschlusses. Diese Voraussetzungen liegen für das Grundstück des Klägers vor.

18

III. Es ist noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO vier Jahre. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO beginnt sie mit Ablauf des Jahres, in dem die Abgabe – hier: die sachliche Beitragspflicht – entstanden ist. Diese entsteht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA, wenn ein Beitrag für leitungsgebundene Einrichtungen erhoben wird, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung. Hiernach ist die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück des Klägers erst im Jahr 2003 auf der Grundlage der BS 2003 entstanden, denn gemäß § 7 BS 2003 ist die Fertigstellung des ersten Grundstücksanschlusses keine Voraussetzung für die Entstehung der Beitragspflicht. Die Festsetzungsfrist begann damit mit Ablauf des 31. Dezember 2003 zu laufen und lief mit Ablauf des 31. Dezember 2007 ab. Diese Frist wurde gewahrt, denn der Bescheid vom 27. Dezember 2007 wurde innerhalb dieser Frist zur Beförderung mit der Post aufgegeben (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA in Verbindung mit § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO).

19

Die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück des Klägers ist nicht bereits auf der Grundlage der Satzung über die Erhebung von Beiträgen, Kostenerstattungen und Gebühren für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung des Abwasserzweckverbandes „Westliche Saaleaue“ vom 16. Juni 1999 (BGS 1999) entstanden. Auf der Grundlage der BGS 1999 konnte die sachliche Beitragspflicht nicht entstehen, da der Grundstücksanschluss noch nicht hergestellt ist. Gemäß § 7 Abs. 2 BGS 1999 war dies aber Voraussetzung für die Entstehung der Beitragspflicht. § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA gestattet dem Satzungsgeber, eine derartige Regelung zu treffen (VG Halle, Beschluss vom 27. Juni 2008 – 4 B 364/08 HAL –; Klausing, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 1050). Daher ist auch der Rücknahmebescheid des AZV Westliche Saaleaue vom 24. Oktober 2000 rechtlich nicht zu beanstanden.

20

IV. Das Grundstück unterliegt der Beitragspflicht, obwohl das auf dem Grundstück befindliche Gebäude – wie der Kläger unter Hinweis auf das Schreiben der Denkmalschutzbehörde des Landkreises {X.} vom 13. November 2003 vorträgt – unter Denkmalschutz steht. Die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen des Denkmalschutzrechts können die Baulandqualität – und damit die Beitragspflicht – eines im unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB liegenden Grundstücks nur dann entfallen lassen, wenn eine bauliche oder sonstige Nutzung des Grundstücks, die einen Anschlussbedarf auslöst, aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist, ohne dass es auf Art und Umfang des konkreten Vorhabens ankommt (vgl. VG Dresden, Urteil vom 13. August 2003 – 7 K 991/01 – juris Rn. 51). Dafür liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass denkmalrechtliche Beschränkungen bei der baulichen Nutzung des hier relevanten Flurstücks 23 gegeben sind. Es ist aber nichts dafür ersichtlich, dass diese von so wesentlicher Bedeutung sind, dass keinerlei abwasserrelevante Nutzung – etwa zu Wohnzwecken – zulässig ist. Öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen denkmalschutzrechtlicher Natur haben demzufolge hier keinen Einfluss auf die bevorteilte und zu einem Beitrag heranzuziehende Grundstücksfläche. Ihnen ist nur bei der Anwendung der satzungsmäßigen Verteilungsregelung Rechnung zu tragen, wenn das behinderte Nutzungsmaß eine Komponente des einschlägigen Verteilungsmaßstabes darstellt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Februar 1989 – BVerwG 8 C 66.97 – juris und vom 10. Oktober 1995 – BVerwG 8 C 12.94 – juris; VGH Kassel, Urteil vom 16. Juni 2004 – 5 UE 1701/02 – juris Rn. 28). Beim Vollgeschossmaßstab können öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen nur dann Einfluss auf die Beitragshöhe haben, wenn sie die Verwirklichung der ansonsten zulässigen Vollgeschosszahl unmöglich machen (VG Magdeburg, Urteil vom 28. Juli 2005 – 9 A 431/02 MD –; Klausing, in: Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 1029c). Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass auf dem Grundstück aus denkmalschutzrechtlichen Gründen eine Umnutzung der vorhandenen Gebäude nur dann zulässig ist, wenn das Gebäude nur ein Vollgeschoss aufweist.

21

V. Das Grundstück ist auch nicht deshalb beitragsfrei, weil sich hierauf – wie der Kläger vorträgt – nur ein Gebäude ohne Anschlussbedarf befindet, nämlich ein nur noch zu Lagerzwecken genutztes Stall- bzw. Scheunengebäude. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist insoweit § 6c Abs. 3 KAG LSA. Nach dieser Vorschrift soll in der Beitragssatzung für leitungsgebundene Einrichtungen ferner bestimmt werden, dass Gebäude oder selbständige Gebäudeteile, die nach der Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die gemeindliche Einrichtung auslösen oder nicht angeschlossen werden dürfen, beitragsfrei bleiben; das gilt nicht für Gebäude oder Gebäudeteile, die tatsächlich angeschlossen sind. Die Regelung des § 6c Abs. 3 KAG LSA bezieht sich bei einem Vollgeschossmaßstab nicht auf die Grundfläche des bevorteilten Grundstücks, sondern auf das Maß der Bebauung. Nach § 6c Abs. 3 KAG LSA sind bei der Ermittlung der Anzahl der Vollgeschosse die Gebäude oder Gebäudeteile außer Acht zu lassen, die keinen Anschlussbedarf haben (OVG LSA 14, Urteil vom 6. Dezember 2001 – 1 L 321/01LKV 2002, 235 <238>; VG Magdeburg, Urteil vom 17. Mai 2006 – 9 A 31/04 MD – juris). Dies ist in § 11 Abs. 2 Satz 2 BS 2003 – zu Recht – auch so vorgesehen.

22

Es kann hier offen bleiben, ob das auf dem Grundstück des Klägers befindliche Gebäude ein Gebäude ohne Anschlussbedarf im Sinne des § 6c Abs. 3 KAG LSA ist. Es spricht viel dafür, dass die Frage, ob ein Gebäude oder selbständiger Gebäudeteil nach der Art seiner Nutzung einen Bedarf nach Anschluss auslöst oder nicht, nach objektiven Gesichtspunkten bei typisierender Betrachtungsweise zu entscheiden ist. Maßgeblich ist danach der typische Bedarf für die – derzeitige – Art der Nutzung (vgl. VGH München, Urteile vom 28. Januar 1999 – 23 B 98.1604 – juris Rn. 23, vom 7. September 2004 – 23 B 04.949 – juris, und vom 22. August 2006 – 23 ZB 06.1544 – juris Rn. 11; VG München, Beschluss vom 20. August 1999 – M 10 S 99.1475 – juris). Bei typisierender Betrachtungsweise weist ein Stallgebäude einen Anschlussbedarf auf (VGH München, Urteil vom 22. August 2006 – 23 ZB 06.1544 – a.a.O.), nicht jedoch eine Lagerhalle mit Heizung und Tankraum (VGH München, Urteil vom 7. September 2004 – 23 B 04.949 – a.a.O.), ein Lagergebäude zur Lagerung von landwirtschaftlichen Produkten und sonstigen Gegenständen (VGH München, Urteil vom 28. Januar 1999 – 23 B 98.1604 – a.a.O.) oder ein Silogebäude, das der Trocknung und Lagerung von Getreide dient (VGH München, Urteil vom 22. Oktober 1998 – 23 N 97.3505 – juris). Nach diesen Gesichtspunkten dürfte überwiegendes dafür sprechen, dass das auf dem Grundstück befindliche Gebäude, welches nach den Angaben des Klägers derzeit nur zu Lagerzwecken genutzt wird, nach seiner derzeitigen Nutzung, auf die es insoweit ankommen dürfte, im Sinne des § 6c Abs. 3 KAG LSA keinen Anschlussbedarf auslöst, so dass es bei der Bemessung der Zahl der anzusetzenden Vollgeschoss außer Acht zu lassen ist.

23

Gleichwohl war das Grundstück mit dem Vollgeschossfaktor von 1,6 für zwei Vollgeschosse heranzuziehen. Befindet sich auf dem zu einem Beitrag heranzuziehenden Grundstück lediglich ein – mehrgeschossiges – Gebäude ohne Anschlussbedarf im Sinne des § 6c Abs. 3 KAG LSA, so ist das Grundstück – fiktiv – als unbebaut zu behandelt mit der Folge, dass es für die Zahl der anzusetzenden Vollgeschosse auf die Umstände ankommt, die für unbebaute Grundstücke maßgeblich sind. Aus § 6c Abs. 3 KAG LSA folgt – anders als nach der entsprechenden Regelung des Abs. 5 Abs. 2 Satz 4 BayKAG (vgl. VGH München, Beschluss vom 16. Juli 1996 – 23 CS 96.1126 – juris und Urteil vom 28. Januar 1999 – 23 B 98.1604 – a.a.O. Rn. 25) – nicht, dass Grundstücke, auf denen sich lediglich Gebäude ohne Anschlussbedarf befinden, beitragsfrei bleiben. Auch kann dieser Regelung nicht entnommen werden, dass – mehrgeschossige – Gebäude ohne Anschlussbedarf – fiktiv – als eingeschossig zu behandeln sind. Derartige Gebäude bleiben vielmehr außer Betracht, so dass das Grundstück beitragsrechtlich als unbebaut zu behandeln ist. Im vorliegenden Fall kommt es nach § 4 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. b BS 2003 für den Vollgeschossfaktor auf die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse an. Nach den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, herrscht in der näheren Umgebung eine zweigeschossige Bebauung vor.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

25

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

26

Beschluss

27

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Zeit bis zum 8. Januar 2009 auf 8.448,00 € und danach auf 6.144,00 € festgesetzt.

28

Gründe

29

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.


(1) Die Vertrauensperson und die stellvertretenden Vertrauenspersonen werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Wahl wird nach den Grundsätzen der Personenwahl durchgeführt.

(2) Die zuständigen Disziplinarvorgesetzten bestellen spätestens zwei Monate vor Ablauf der Amtszeit der Vertrauensperson auf deren Vorschlag drei Wahlberechtigte als Wahlvorstand, davon eine oder einen als Vorsitzende oder Vorsitzenden. Ist eine Vertrauensperson erstmals zu wählen oder nicht mehr vorhanden, berufen sie eine Versammlung der Wahlberechtigten zur Wahl eines Wahlvorstandes ein.

(3) Der Wahlvorstand hat die Wahl unverzüglich einzuleiten und durchzuführen. Er stellt unverzüglich nach Abschluss der Wahl das Wahlergebnis durch öffentliche Auszählung der Stimmen fest, fertigt hierüber ein Protokoll und gibt das Wahlergebnis durch Aushang bekannt.

(4) Niemand darf die Wahl behindern, insbesondere dürfen die Wahlberechtigten nicht in der Ausübung des aktiven oder passiven Wahlrechts beschränkt werden. Die Wahl darf nicht durch Versprechen von Vorteilen oder durch Androhung von Nachteilen beeinflusst werden.

(5) Die Dienststelle trägt die Kosten der Wahl.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die in § 101 Abs. 1 des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2014) in der Fassung des Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21. Juli 2014 (BGBl I S. 1066) vorgesehene Kürzung des Vergütungsanspruchs von Betreibern bereits in Betrieb genommener Biogasanlagen, soweit in einem Kalenderjahr über den für eine Anlage maßgeblichen Grenzwert hinaus Strom erzeugt wird.

I.

2

1. Das Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz vom 7. Dezember 1990 (Stromeinspeisungsgesetz; BGBl I S. 2633) gewährte Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien - darunter solchem aus Biogas - einen gegen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen gerichteten Mindestvergütungsanspruch für die Einspeisung des Stroms.

3

2. Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien vom 29. März 2000 (BGBl I S. 305 - EEG 2000), das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2004 vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1918 - EEG 2004), das Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 25. Oktober 2008 (BGBl I S. 2074 - EEG 2009) und das Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 28. Juli 2011 (BGBl I S. 1634 - EEG 2012) hielten an diesem Grundmodell des Stromeinspeisungsgesetzes fest. Sie gewährten den Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien - darunter solchem aus Biogas - einen gegen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen gerichteten Mindestvergütungsanspruch für die Einspeisung des Stroms. Der Anspruch war jeweils für die Dauer von 20 Kalenderjahren garantiert, gerechnet ab Inbetriebnahme der Anlage zuzüglich des Inbetriebnahmejahres (§ 9 Abs. 1 EEG 2000; § 12 Abs. 3 Satz 1 EEG 2004; § 21 Abs. 2 Satz 1 EEG 2009; § 21 Abs. 2 Satz 1 EEG 2012). Zudem begründeten diese Gesetze für Biogasanlagen im Grundsatz die Möglichkeit, durch Um- und/oder Ausbauten Leistungssteigerungen zu erzielen, die zu den garantierten Bedingungen vergütet wurden. Danach konnte nicht nur die bereits zuvor vorhandene Stromerzeugungskapazität sondern auch der Strom unter dem einmal "erworbenen" Vergütungsregime abgerechnet werden, der erst infolge der Leistungssteigerung erzeugt werden konnte, auch dann, wenn zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der leistungssteigernden Veränderung bereits ein neues - aus Sicht des Anlagenbetreibers gegebenenfalls schlechteres - Vergütungsregime in Kraft getreten war (Loibl, in: Loibl/Maslaton/von Bredow/Walter (Hrsg.), Biogasanlagen im EEG, 4. Aufl., § 5 Rn. 2 f.; 7 ff. m.w.N.). In den jeweils nachfolgenden Gesetzen wurden die solchermaßen ausgestalteten Vergütungsregelungen im Grundsatz dadurch berücksichtigt, dass nachteilige Veränderungen der Vergütung stets nur mit Wirkung zulasten von Biogasanlagenbetreibern eingeführt wurden, die ihre Anlagen nach dem Inkrafttreten der Neuregelung in Betrieb nahmen, Bestandsbiogasanlagen hingegen verschont blieben.

4

3. Auch nach dem am 1. August 2014 in Kraft getretenen EEG 2014 steht Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien - darunter solchem aus Biogas - dem Grundmodell des Stromeinspeisungsgesetzes entsprechend ein gegen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen gerichteter Mindestvergütungsanspruch für die Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2014). Der Vergütungsanspruch von Betreibern von Bestandsbiogasanlagen bleibt grundsätzlich weiterhin unberührt, so dass nur neu in Betrieb genommene Anlagen nach dem neuen Regelungsregime vergütet werden (§ 100 Abs. 1 EEG 2014). Auch können Betreiber von Bestandsbiogasanlagen ihre Anlagen grundsätzlich weiterhin vergütungsanspruchsneutral leistungssteigernd aus- und umbauen (Loibl, in: Loibl/Maslaton/von Bredow/Walter (Hrsg.), Biogasanlagen im EEG, 4. Aufl., § 5 Rn. 4 ff.). Allerdings werden diese Grundsätze durch die angegriffene Regelung in § 101 Abs. 1 EEG 2014 relativiert. Die Bestimmung lautet:

§ 101 Übergangsbestimmungen für Strom aus Biogas

(1) Für Strom aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Biogas, die nach dem am 31. Juli 2014 geltenden Inbetriebnahmebegriff vor dem 1. August 2014 in Betrieb genommen worden sind, verringert sich ab dem 1. August 2014 der Vergütungsanspruch nach den Bestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der für die Anlage jeweils anzuwendenden Fassung für jede Kilowattstunde Strom, um die in einem Kalenderjahr die vor dem 1. August 2014 erreichte Höchstbemessungsleistung der Anlage überschritten wird, auf den Monatsmarktwert; für Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Biogas, die vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommen worden sind, verringert sich entsprechend der Vergütungsanspruch nach § 8 Abs. 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1918) in der am 31. Dezember 2008 geltenden Fassung nach Maßgabe des ersten Halbsatzes. Höchstbemessungsleistung im Sinne von Satz 1 ist die höchste Bemessungsleistung der Anlage in einem Kalenderjahr seit dem Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme und vor dem 1. Januar 2014. Abweichend von Satz 2 gilt der um 5 Prozent verringerte Wert der am 31. Juli 2014 installierten Leistung der Anlage als Höchstbemessungsleistung, wenn der so ermittelte Wert höher als die tatsächliche Höchstbemessungsleistung nach Satz 2 ist.

(2) (…)

5

Diese Bestimmung bewirkt im Kern eine Deckelung der Menge an Strom, für die Betreiber von Bestandsbiogasanlagen ihren Vergütungsanspruch in voller Höhe geltend machen können, beziehungsweise einer Kürzung der Vergütung für die in einem Kalenderjahr darüber hinaus gehende Stromproduktion auf den - ge-genüber der ursprünglichen Vergütung deutlich niedrigeren - Marktwert (Satz 1). Den maßgebenden Grenzwert bildet dabei die sogenannte Höchstbemessungsleistung, das heißt die höchste in der Vergangenheit in einem Kalenderjahr erzielte Leistung (Sätze 1 und 2); jedenfalls aber liegt der Grenzwert mindestens bei 95 % der installierten Leistung im Sinne des § 5 Nr. 22 EEG 2014 (Satz 3). Danach bleibt der Vergütungsanspruch von Bestandsbiogasanlagen grundsätzlich unberührt, soweit die genannte Grenze in einem Kalenderjahr nicht überschritten wird. Jenseits dieser Grenze wird der Vergütungsanspruch gekürzt. Betreiber von Bestandsbiogasanlagen können ihre Anlagen also auch künftig vergütungsanspruchsneutral leistungssteigernd aus- und umbauen. Tatsächlich dürfte dies aber weniger attraktiv werden, weil der garantierte Vergütungsanspruch nicht über die Grenze der Vergütung der Höchstbemessungsleistung beziehungsweise mindestens 95 % der am 31. Juli 2014 installierten Leistung hinaus gesteigert werden kann.

II.

6

1. Die Beschwerdeführerin zu 1) ist Betreiberin von zwei Biogasanlagen. Ihre erste Biogasanlage nahm sie im Jahr 2010 mit einer installierten Leistung von 250 kW in Betrieb. Mit dieser erreichte sie im Jahr 2012 eine Leistung von 246,103 kW, was 98,44 % der installierten Leistung entspricht. Die zweite Biogasanlage nahm sie im Laufe des Jahres 2013 mit einer installierten Leistung von 170 kW in Betrieb. Mit dieser wurden im Kalenderjahr 2014 insgesamt 163,948 kW erzeugt, was 96,44 % der installierten Leistung entspricht.

7

2. Die Beschwerdeführerin zu 2) ist Betreiberin einer Biogasanlage, die im September 2013 mit einer installierten Leistung von 800 kW in Betrieb genommen wurde. Die Anlage war im Jahr 2014 zu 96,1 % ausgelastet.

8

3. Die Beschwerdeführerin zu 3) nahm im Jahr 2010 eine Biogasanlage mit einer installierten Leistung von 526 kW in Betrieb.

III.

9

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführerinnen, dass § 101 Abs. 1 EEG 2014 ihre Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 sowie - hilfsweise - Art. 2 Abs. 1 GG verletze.

10

1. Die angegriffene Regelung sehe Änderungen der Rechtslage erst mit ihrem Inkrafttreten vor, entwerte aber zugleich die Rechtspositionen von Betreibern bereits in Betrieb genommener Anlagen. Diese "unechte" Rückwirkung sei zwar nicht grundsätzlich unzulässig; sie überschreite hier aber die sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Grenzen.

11

a) Die Beschwerdeführerinnen hätten aufgrund konkreter Anhaltspunkte im Gesetz und in der Gesetzgebungsgeschichte darauf vertraut, dass die Vergütungsregelungen jedenfalls für einen Zeitraum von 20 Jahren unverändert fortbestehen würden. Sie hätten insbesondere darauf vertraut, dass sie ihre Vergütung stets für den gesamten - gegebenenfalls auch nach einem leistungssteigernden Aus- und/oder Umbau - erzeugten Strom erhielten. Die Beschwerdeführerinnen hätten dieses Vertrauen durch entsprechende Dispositionen auch betätigt.

12

b) Mit der angegriffenen Regelung verfolge der Gesetzgeber zwar legitime Zwecke. Es würde insoweit ein Wechsel in der Förderung von Biogasanlagen vollzogen, als die Stromerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen eingeschränkt und die Stromerzeugung aus Abfällen ausgebaut werden solle. Die angegriffene Regelung sei aber schon deshalb nicht geeignet, weil sie auf die elektrische Leistung und nicht auf den Substrateinsatz abstelle. Sie sei ferner auch nicht erforderlich. Es gebe andere, ebenso effektive, aber zur Zweckerreichung weniger einschneidende Mittel. So hätte der Gesetzgeber den Vergütungsanspruch nicht auf 95 % der installierten Leistung begrenzen müssen, sondern hätte ihn auch bei 100 % - oder unter Berücksichtigung der Möglichkeiten, den Wirkungsgrad der Anlagen zu erhöhen, gar bei 110 % - der am 31. Juli 2014 installierten Leistung enden lassen können. Schließlich sei die angegriffene Regelung nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Das Änderungsinteresse des Gesetzgebers überwiege nicht das Bestandsinteresse der Beschwerdeführerinnen. Die Beschwerdeführerinnen, die stellvertretend für alle Betreiber von Bestandsbiogasanlagen stünden, hätten ein erhebliches Interesse daran, für die in der Vergangenheit im Vertrauen auf die bestehende Rechtslage getätigten Investitionen einen wirtschaftlichen Ausgleich durch die finanzielle Förderung zu erhalten. Das Vertrauen sei dabei besonders schutzwürdig, weil es sich bei der gesetzlich zugesicherten EEG-Vergütung für einen bestimmten Zeitraum um eine "konkret verfestigte Vermögensposition" handele. Die angegriffene Bestimmung stelle eine ernste Bedrohung der Wirtschaftlichkeit der Investitionskonzepte der Beschwerdeführerinnen sowie hunderter anderer Biogasanlagenbetreiber dar. Demgegenüber komme dem gesetzgeberischen Interesse geringeres Gewicht zu. Insbesondere sei das Einsparpotential in Bezug auf die EEG-Umlage gering. Aus diesen Gründen sei die Begrenzung auf 95 % der installierten Leistung als unzumutbar anzusehen.

13

c) Der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG sei eröffnet; der Eingriff sei aus den vorstehenden Gründen der Verletzung der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes verfassungswidrig.

14

d) Auch der Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG sei eröffnet; der Eingriff sei aus den bereits genannten Gründen verfassungswidrig.

IV.

15

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte der Beschwerdeführerinnen angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Denn es ist nicht erkennbar, dass die angegriffene Bestimmung unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierfür hinreichend geklärten Maßstäbe (vgl. insbesondere BVerfGE 122, 374; 132, 302; 135, 1) die Grundrechte der Beschwerdeführerinnen verletzt.

16

Dabei kann offen bleiben, ob und inwieweit dem Grunde nach gesetzlich garantierte, im Einzelnen allerdings erst künftig entstehende Vergütungsansprüche, die aus der Nutzung der im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Bestandsanlagen generiert werden, von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind (ebenfalls offen gelassen in BVerfGE 122, 374<385 f.>). Denn auch unter dieser Prämisse ist eine Grundrechtsverletzung nicht festzustellen.

17

1. Es ist auf Grundlage des Vorbringens der Beschwerdeführerin nicht erkennbar, dass die angegriffene Regelung sie in einem von Verfassungs wegen geschützten Vertrauen verletzt.

18

a) § 101 Abs. 1 EEG 2014 entfaltet keine "echte", sondern eine "unechte" Rückwirkung.

19

Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie ist auch der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen, der in Art. 14 Abs. 1 GG für vermögenswerte Güter eine eigene Ausprägung erfahren hat (vgl. BVerfGE 36, 281 <293>; 72, 9 <23>; 75, 78 <105>; 95, 64 <82>; 101, 239 <257>; 117, 272 <294>; 122, 374 <392>).

20

Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet bei rückwirkenden Gesetzen in ständiger Rechtsprechung zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318 Rn. 42 f.>; 135, 1 <13 Rn. 37>), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. BVerfGE 132, 302 <318 Rn. 42 f.>; 135, 1 <13 Rn. 37>). Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl. BVerfGE 11, 139 <145 f.>; 30, 367 <386>; 101, 239 <263>; 123, 186 <257>; 132, 302 <318 Rn. 42>; 135, 1 <13 Rn. 38>). Dies ist der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. BVerfGE 127, 1 <16 f.>). Eine Rechtsnorm entfaltet hingegen unechte Rückwirkung, wenn sie auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 123, 186 <257>; 132, 302 <318 Rn. 43>).

21

Gemessen hieran kommt der angegriffenen Regelung unechte Rückwirkung zu. Die Rechtsfolgen von § 101 Abs. 1 EEG 2014 treten erst nach seiner Verkündung ein, entwerten aber in gewissem Umfang das Vertrauen in den Bestand der zuvor durch Gesetz auf rund 20 Jahre zugesicherten Vergütungsoptionen für aus bereits in Betrieb genommenen Biogasanlagen erzeugten Strom.

22

b) § 101 Abs. 1 EEG 2014 verstößt nicht gegen die an unecht rückwirkende Gesetze von Verfassungs wegen zu stellenden Anforderungen.

23

Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben sich Grenzen der Zulässigkeit von unecht rückwirkenden Gesetzen. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 122, 374 <394 f.>; 132, 302 <318 Rn. 43>; stRspr).

24

Gesetze, auf die ein schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen gründet, dürfen nicht ohne besondere und überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses rückwirkend geändert werden; der Einzelne kann sich jedoch dann nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn das Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf (vgl. BVerfGE 63, 152 <175>; 68, 287 <307>; 105, 17 <44>). Insbesondere genießt die allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde auch in Zukunft unverändert bleiben, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 132, 302 < 319 f. Rn. 45> m.w.N).

25

Verspricht der Gesetzgeber allerdings - wie hier in den verschiedenen Fassungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes - für einen konkret festgelegten längeren Zeitraum Vergütungen einer bestimmten Höhe für nach den Bedingungen des Gesetzes produzierten Strom, schafft er eine besondere Vertrauensgrundlage für darauf aufbauende Investitionen. Auf die Initiierung derartiger Investitionen ist eine solche Gesetzgebung angelegt. Die Erwartung, diese Rechtslage werde für den garantierten Zeitraum insoweit unverändert bleiben, genießt daher besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Den darauf aufbauenden Investitionen kann der Gesetzgeber mit Wirkung für den geschützten Zeitraum nicht ohne weiteres im Nachhinein die Grundlage entziehen. Dieser besondere Vertrauensschutz für Investitionen, die auf der Grundlage einer derartigen, eine bestimmte Vergütung garantierenden Gesetzeslage getätigt wurden, schließt allerdings - gerade wenn sich die Zusage, wie hier, über einen so langen Zeitraum erstreckt - nicht jegliche Randkorrektur der Gewährungsbedingungen aus, sofern sie sich auf ein berechtigtes öffentliches Interesse stützen kann, die Garantie im Kern unberührt lässt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen nicht unangemessen zurücksetzt.

26

Diese Grenzen verletzt § 101 Abs. 1 EEG 2014 trotz der damit verbundenen Belastung für Bestandsanlagen nicht. Dabei kann offen bleiben, ob der mit der Übergangsregelung verfolgte Zweck (unten (1)) die Bedeutung eines besonders gewichtigen Gemeinwohlzwecks erreicht, da nach altem Recht auf die Erstreckung der Vergütungsgarantie auf Produktionserhöhungen durch Um- und Erweiterungsbauten von Verfassungs wegen schon kein berechtigtes Vertrauen von Gewicht bestand (unten (4) (b)) und die Vergütungsbegrenzung für Produktionserhöhung der Altanlagen über Höchstbemessungsleistungen oder jedenfalls 95 % der installierten Leistung nur Randbereiche der geschützten Vergütungsgarantie betrifft (unten (4) (c)).

27

(1) Der legitime Zweck (zum weiten Spielraum des Gesetzgebers bei der Bestimmung von ihm verfolgter Gemeinwohlziele vgl. BVerfGE 134, 242 <292 Rn. 172>) der angegriffenen Regelung in § 101 Abs. 1 EEG 2014 liegt ganz allgemein in der Durchsetzung eines Systemwechsels von der Förderung des Einsatzes von nachwachsenden Rohstoffen und Energiepflanzen zu der Förderung des Einsatzes von kostengünstigen Rest- und Abfallstoffen (BTDrucks 18/1304, S. 93). Konkret ist die Regelung in diesem Zusammenhang darauf gerichtet, Ausweicheffekten entgegenzuwirken. Diese resultieren aus der grundsätzlichen Möglichkeit des nachträglichen Ausbaus von Altanlagen und dabei der Ausnutzung alter Vergütungsregelungen. Anlagenbetreiber können durch die "Flucht in ein früheres Erneuerbare-Energien-Gesetz" die Vorteile der Altregelungen maximieren und perpetuieren, was die Etablierung des neuen Vergütungsregimes gefährdet (vgl. BTDrucks 18/1304, S. 180 f.; BTDrucks, 18/1891, S. 220).

28

(2) Die angegriffene Regelung ist auch dazu geeignet, den gewünschten Erfolg zu fördern. Insoweit ist die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht darauf beschränkt, ob das eingesetzte Mittel schlechthin oder objektiv untauglich ist (vgl. BVerfGE 126, 331 <361> m.w.N.). Es liegt auf der Hand, dass der Anreiz zum Ausbau alter Anlagen, der sich aus der Möglichkeit der Ausschöpfung alter - aus Sicht des Anlagenbetreibers besserer - Vergütungsregelungen ergibt, durch die angegriffene Regelung reduziert wird.

29

Die von den Beschwerdeführerinnen in diesem Zusammenhang geltend gemachten Eignungszweifel beruhen im Wesentlichen auf einer unzureichenden Erfassung des Ziels der Regelung. Es geht der angegriffenen Übergangsbestimmung - anders als die Beschwerdeführerinnen meinen - nicht unmittelbar darum, die Stromerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen einzuschränken - dies ist vielmehr Ziel der Etablierung eines neuen Vergütungsregimes für Biogasanlagen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 insgesamt. Deshalb kann die Tauglichkeit zur Zielerreichung insbesondere nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, dass nicht steuernd in den Substrateinsatz eingegriffen, sondern die Stromerzeugung lediglich substrateinsatzunabhängig gedeckelt werde. Vielmehr geht es der angegriffenen Regelung - wie ausgeführt - vorrangig darum, durch die Neuregelung des Biogasanlagenförderregimes hervorgerufenen Ausweicheffekten in frühere Förderungssysteme entgegenzuwirken.

30

(3) Die angegriffene Regelung ist erforderlich, weil ein anderes, gleich wirksames, aber die Grundrechte der Beschwerdeführerinnen weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerfGE 121, 317 <354> m.w.N.). Der Gesetzgeber verfügt bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 110, 141 <157 f.>; 117, 163 <189>; 121, 317 <354>). Daher können Maßnahmen, die der Gesetzgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Regelungen, die als Alternative in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten (vgl. BVerfGE 116, 202 <225> m.w.N.).

31

Die sich hieraus ergebenden Grenzen sind gewahrt. Der Gesetzgeber hat den ihm zukommenden Beurteilungs- und Prognosespielraum nicht dadurch überschritten, dass er eine Kürzung des Vergütungsanspruchs insoweit vorgenommen hat, als über die Höchstbemessungsleistung, jedenfalls aber von 95 % der am 31. Juli 2014 installierten Leistung hinaus Strom erzeugt wird. Insbesondere greift der Einwand der Beschwerdeführerinnen nicht durch, dass die vom Gesetzgeber befürchteten Verdrängungseffekte auch mit einer Deckelung von Bestandsanlagen bei 110 %, jedenfalls bei 100 % der am 31. Juli 2014 installierten Leistung hätten vermieden werden können. Dass eine solche Regelung gleichermaßen zur Zielerreichung geeignet gewesen wäre, ist von den Beschwerdeführerinnen nicht dargelegt und auch nicht erkennbar.

32

Der angegriffenen Regelung liegt die typisierende Annahme des Gesetzgebers zu Grunde, dass der Betrieb einer Anlage bis zur Höchstbemessungsleistung oder bis zu 95 % der installierten Leistung eine allgemein übliche Anlagenauslastung ermöglicht. Diese Annahme ist in Bezug auf die Höchstbemessungsleistung ohne weiteres plausibel, denn die Höchstbemessungsleistung besteht ja gerade in 100 % des in einem vergangenen Kalenderjahr mit einer konkreten Anlage höchstens erzeugten Stroms. Dies gilt erst recht in Bezug auf den Auffangwert von 95 % der installierten Leistung, weil dieser nach der in § 101 Abs. 1 Satz 3 EEG 2014 getroffenen Regelung zwingend noch über dem Wert der tatsächlichen Höchstbemessungsleistung liegt. Zudem erbringen Biogasanlagen wegen Wartungsarbeiten, Versorgungsproblemen und ähnlichem in aller Regel lediglich Werte spürbar unterhalb der installierten Leistung. Werte von annähernd 100 % sind nur in seltenen Ausnahmefällen und bei außergewöhnlichem Aufwand möglich. Dies stellen auch die Beschwerdeführerinnen nicht in Abrede. So ergibt sich auch aus den von ihnen vorgelegten Zahlen zu ihren eigenen Anlagen, dass sie stets hinter einer solch lückenlosen Vollauslastung zurückgeblieben sind. Die Festlegung des Gesetzgebers auf 95 % der installierten Leistung wird im Übrigen auch im Schrifttum für der Üblichkeit entsprechend und zur Kostendeckung ausreichend befunden (vgl. Müller, in: Säcker (Hrsg.), EEG 2014, § 101 Rn. 7; Vollprecht/Zündorf, ZNER 2014, S. 522 (532); s. auch BTDrucks 18/1304, S. 181). Die Beschwerdeführerinnen legen insoweit keine Anhaltspunkte dafür dar, dass dieser Grenzwert spürbar zu niedrig angesetzt wäre.

33

Vor diesem Hintergrund aber erweist sich die Wahl jedes höher - das heißt hier über der Höchstbemessungsleistung beziehungsweise 95 % der installierten Leistung - liegenden Wertes als nicht in gleichem Maße für die Zielerreichung wirksam, weil insoweit jeder zusätzliche Prozentpunkt den Biogasanlagenbetreibern - entgegen der gesetzgeberischen Intention - die Möglichkeit belassen würde, ihr bis zu der für sie maßgeblichen Grenze noch mit der Altanlage erzielbares Potenzial durch Investitionen in die Altanlage zu aktivieren.

34

(4) Die angegriffene Regelung beeinträchtigt das berechtigte Vertrauen der betroffenen Anlagenbetreiber in den unveränderten Bestand der Vergütungsregelung nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Die Beschwerdeführerinnen werden auch unter Berücksichtigung der ihnen drohenden wirtschaftlichen Nachteile nicht unangemessen belastet. Obwohl ihre Bestandsinteressen hier im Grundsatz besonders geschützt sind, überwiegen sie nicht die Veränderungsgründe des Gesetzgebers in dem betroffenen Randbereich der Förderungsregelung.

35

(a) Der Gesetzgeber berücksichtigt das berechtigte Vertrauen des Altanlagenbetreibers im Ergebnis dadurch angemessen, dass er den bei Inbetriebnahme der Anlage zugesagten Vergütungsanspruch bis zu einer aus dieser Anlage bereits erzielten Höchstleistung im Grundsatz weiterhin für die durch Gesetz versprochenen 20 Jahre garantiert. Selbst wenn die Höchstleistung einer Anlage in der Vergangenheit atypisch niedrig gewesen sein sollte, gewährleistet die angegriffene Regelung in § 101 Abs. 1 Satz 3 EEG 2014 die zugesagte Vergütung dann jedenfalls für 95 % der installierten Leistung, die der Gesetzgeber als typischerweise im Durchschnitt zu erreichende Auslastungsobergrenze ansehen durfte (s. o. (3)). Das ist vor dem Hintergrund des legitimen Wunsches des Gesetzgebers, den Verbrauch nachwachsender Rohstoffe für Biogasanlagen durch die Neuregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 zu reduzieren und Ausweich- und Mitnahmeeffekte in Altanlagen nach Möglichkeit zu vermeiden (oben (1)), nicht zu beanstanden. Die Vergütung der Produktion von Bestandsanlagen in der bei ihrer Inbetriebnahme zugesagten Höhe wird in dem realistischer Weise zu erwartenden Umfang weitestgehend gewahrt.

36

(b) Eine Produktionserhöhung durch nachträgliche Um- und Erweiterungsbauten wird dagegen nur bis zu einer bereits erzielten Höchstgrenze oder jedenfalls 95 % der installierten Leistung mit dem ursprünglich versprochenen Vergütungsanspruch honoriert und darüber hinaus noch mit dem jeweiligen Marktwert.

37

Diese Übergangsregelung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Einen weitergehenden Schutz seines Vertrauens in die uneingeschränkte Vergütung von Produktionserhöhungen aus Um- oder Erweiterungsbauten, die unter einem neuen EEG-Regime in Altanlagen installiert wurden, kann der jeweilige Biogasanlagenbetreiber nicht beanspruchen. Auch wenn auf der Grundlage des jeweils geltenden Rechts in Rechtsprechung und Literatur (BGH, Urteil vom 23.10.2013 - VIII ZR 262/12 -, juris, Rn. 17 ff.; Überblick bei Loibl, in: Loibl/Maslaton/von Bredow/Walter (Hrsg.), Biogasanlagen im EEG, 4. Aufl., § 5; sowie die Vorauflage Loibl, in: Loibl/Maslaton/von Bredow/Walter (Hrsg.), Biogasanlagen im EEG, 3. Aufl., § 4) die Möglichkeit bejaht wurde, durch nachträgliche Um- oder Erweiterungsbauten dem ursprünglichen Vergütungsregime unterliegende Leistungssteigerungen zu erzielen, lässt sich den früheren Fassungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes jedoch keine klare Aussage dahin entnehmen, dass der Gesetzgeber solche nachträglichen Um- oder Erweiterungsbauten bewusst in den Vertrauensschutz der 20-Jahre-Garantie einbeziehen wollte. Ein Vertrauen auf den Fortbestand der Möglichkeit zum leistungssteigernden Um- und Ausbau ist daher von Verfassungs wegen nicht schutzwürdig.

38

(c) Soweit den Anlagenbetreibern durch die angegriffene Übergangsregelung unabhängig von nachträglichen Um- oder Erweiterungsbauten ein künftiger Vergütungsanspruch gekürzt wird, weil die Produktion über der in den Vorjahren erzielten Höchstbemessungsleistung liegt, kommt ihren Bestandsinteressen in der Abwägung allerdings im Grundsatz ein nicht nur unerhebliches Gewicht zu. Denn sie durften, da ihnen insoweit gesetzlich ein bestimmter Vergütungsanspruch für 20 Jahre zuzüglich des Inbetriebnahmejahres versprochen worden war, im Grundsatz in berechtigtem Vertrauen davon ausgehen, dass dieser Vergütungsanspruch nicht auf ein bestimmtes Maß der installierten Leistung begrenzt wird, sondern dem Versprechen gemäß für jede in einem Kalenderjahr produzierte Kilowattstunde entsteht.

39

Dass die hiernach im Grundsatz gewichtigen Bestandsinteressen der Beschwerdeführerinnen durch die angegriffene Bestimmung in mehr als nur vergleichsweise geringfügigem Maße beeinträchtigt wären, ist auf Grundlage ihrer Ausführungen jedoch nicht erkennbar. Die Beschwerdeführer lassen eine Einordnung der ihnen nach eigenen Angaben drohenden Einnahmeverluste vollständig vermissen; zwar werden sie der Höhe nach benannt, aber sie werden weder in das dem Anlagenbetrieb zugrundeliegende Wirtschaftskonzept eingeordnet noch in ein Verhältnis zu den Gesamteinnahmen und -ausgaben gesetzt. Auch zur Beeinträchtigung des nach Abzug der Ausgaben verbleibenden Gewinns unter Berücksichtigung potentieller Einsparungen verhält sich die Verfassungsbeschwerde nicht.

40

Aber auch in der Sache lässt sich eine substantielle Beeinträchtigung der Interessen der Anlagenbetreiber nicht erkennen. Die Kürzung des Vergütungsanspruchs betrifft erst die in einem Kalenderjahr über den für eine Anlage jeweils maßgeblichen Grenzwert - die Höchstbemessungsleistung beziehungsweise 95 % der installierten Leistung - hinausgehende Stromproduktion. Damit bleibt ein ganz wesentlicher Teil des Vergütungsanspruchs von der angegriffenen Bestimmung unberührt. Der Teil des Vergütungsanspruchs hingegen, der von der angegriffenen Bestimmung betroffen ist, hat mit Blick auf den gesamten Vergütungsanspruch in einem Kalenderjahr eine untergeordnete Bedeutung. Denn der maßgebliche Grenzwert liegt - ob Höchstbemessungsleistung oder 95 % der installierten Leistung - in einem Bereich, der einen kostendeckenden und allgemein üblichen Anlagenbetrieb weiterhin ermöglicht (s. o. (3)). Soweit sich die Anlagenbetreiber auf eine (über 95 % der installierten Leistung liegende) Höchstbemessungsleistung aus einem vergangenen Kalenderjahr berufen können - wie etwa die Beschwerdeführerin zu 1) mit ihrer ersten, im Jahr 2010 errichteten Biogasanlage, deren Höchstbemessungsleistung aus dem Jahr 2012 bei 98,44 % liegt -, genießen sie zusätzlichen Schutz. Je höher dieser Wert liegt, desto höher ist auch der ihnen zu Teil werdende Schutz, weil es in einem Folgejahr umso schwerer wird, den Wert (substantiell) zu überschreiten. Soweit die Anlagenbetreiber demgegenüber einen Grenzwert von 95 % der installierten Leistung hinzunehmen haben (mithin in der Vergangenheit tatsächlich niemals eine 95 % der installierten Leistung überschreitende Höchstleistung erreicht hatten), ist das Überschreiten dieses Wertes ebenfalls wenig wahrscheinlich. Die Überschreitung ist zwar eher, aber ebenfalls nicht ohne weiteres und kaum in substantieller Weise möglich, und zu einem kostendeckenden Betrieb wohl auch nicht zwingend erforderlich. Zudem können die Anlagenbetreiber eine eventuelle Belastung des Gewinns durch den auf den Marktwert abgesenkten Vergütungsanspruch dadurch verringern, dass sie ihre Stromerzeugung an die neuen Rahmenbedingungen anpassen, also etwa nur Strom bis zu dem für sie maßgeblichen Grenzwert produzieren und darüber hinaus zur Reduktion unnötiger Kosten die Produktion vorübergehend einstellen. Dies verkennen die Beschwerdeführerinnen, wenn sie sich zur Darlegung der eigenen Betroffenheit allein auf die absoluten Umsatzeinbußen berufen, ohne sich mit der Frage der Beeinträchtigung ihres Gewinns auseinandersetzen. Soweit die Vergütungskürzung im Einzelfall dennoch zum Tragen kommen sollte, dürfte sie nur einen verschwindend geringen Teil des Vergütungsanspruchs bezogen auf ein Kalenderjahr betreffen. Außerdem entfällt die Vergütung für den überschießend produzierten Strom nicht vollständig, sondern wird auf den jeweiligen Monatsmarktwert gekürzt.

41

2. Soweit die angegriffene Übergangsregelung auch an Art. 12 Abs. 1 oder an Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtstaatsprinzip zu messen sein sollte, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes. Die vorstehenden Ausführungen zu Inhalt und Grenzen des verfassungsrechtlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes gelten im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. hierzu BVerfGE 64, 72 <83>; 75, 246 <279>; 98, 265 <309>) sowie Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtstaatsprinzip (vgl. hierzu etwa BVerfGE 88, 384 <403 ff.>; 116, 96 <130 ff.> jeweils m.w.N.) entsprechend.

42

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Anschlussbeiträgen für die Herstellung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage der Beklagten.

2

Die 1991 gegründete Klägerin, die bis zum 28. März 2003 als Chemiewerke A-Stadt GmbH firmierte, übernahm Flächen eines ehemaligen Betriebsteils der VEB Sprengstoffwerk A-Stadt, die durch jahrzehntelange Sprengstoffherstellung kontaminiert worden waren. Nachdem die Produktion eingestellt worden war, begann die Klägerin mit der Altlastensanierung und der Vorbereitung der Flächen für eine Neubesiedlung, u.a. durch Dekontaminierung der Sprengstoffanlagen und die Demontage von Gebäuden. Ihr Unternehmensgegenstand wurde die Vermietung und Verpachtung von gewerblich nutzbaren Flächen. In dem Areal des ehemaligen Sprengstoffwerks befinden sich weitere ehemalige Industriegrundstücke anderer Eigentümer. Die Bebauung ist aufgelockert, es befinden sich dort Grünflächen und alter Baumbestand. Die Altlasten aus der Zeit der Nutzung des Geländes als Sprengstoffwerk führten zur Errichtung eines Sicherheitszaunes. Es besteht für das Areal ein Flächennutzungsplan sowie eine Innenbereichs- und Arrondierungssatzung der Beklagten.

3

Mit Bescheid vom 14. August 2002, gefertigt von der Abwasserentsorgung A-Stadt - (...) - GmbH namens und im Auftrag der Beklagten, wurde gegenüber der Klägerin nach Anhörung für eine aus den Flurstücken 137, 138, 139, 412/48, 418/48 und 48/5 bestehende 420.174 m2 große Fläche ein Herstellungsbeitrag in Höhe von 581.940,99 € festgesetzt. Ein Betrag in Höhe von 20.387,20 € wurde gestundet. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 in einer Höhe von 568.710,78 € zurück (Nr. 1 des Tenors). Weiterhin wurde die bislang gewährte Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich des Teilbetrages in Höhe von 407.140,75 € aufgehoben (Nr. 2 des Tenors), eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Klägerin getroffen (Nr. 3 des Tenors) und darauf hingewiesen, dass für den Widerspruchsbescheid eine Verwaltungsgebühr erhoben werde, wozu ein gesonderter Bescheid ergehe (Nr. 4 des Tenors).

4

Am 23. Januar 2004 entrichtete die Klägerin einen Betrag in Höhe von 20.000,- €.

5

Am 13. Februar 2004 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben (9 A 39/04 MD) und einstweiligen Rechtsschutz begehrt. In dem Eilverfahren hat die Beklagte eine Berichtigung gem. § 129 AO vorgenommen und erklärt, unter Heranziehung einer beitragsrechtlich relevanten Fläche von 415.766 m2 ergebe sich für die Klägerin ein Kanalbaubeitrag in Höhe von 575.835,91 €.

6

Mit Beschluss vom 1. Juni 2004 (9 B 81/04 MD) hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet: Bei den herangezogenen Flurstücken handele es sich jeweils um eigene Grundstücke.

7

Die Beklagte hat daraufhin unter Bezugnahme auf diesen Beschluss einen „geänderten Widerspruchsbescheid“ vom 27. September 2004 erlassen. Darin hat sie unter Nr. 1 des Tenors jeweils für die als eigene Grundstücke anzusehenden Flurstücke 137, 138, 139, 48/5, 412/48, 414/48, 38/1 und 48/7 unter Zugrundelegung eines Nutzungsfaktors von 0,25 für zwei Geschosse gesonderte Anschlussbeiträge festgesetzt. Weiter heißt es in dem Tenor unter Nr. 1: „Im Übrigen wird der Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid 0-1604 zum Beitrag für die öffentliche Schmutzwasserkanalisation vom 14.08.2002 aufgehoben. Der Widerspruchsbescheid vom 23.01.2004 bleibt in den übrigen Punkten unberührt.“ In der Nr. 2 des Tenors des Bescheides ist eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Beklagten erfolgt und unter Nr. 3 eine Entscheidung zur Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes. Unter Berücksichtigung von 20.000,- €, welche die Klägerin bereits bezahlt hatte, hat die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von 561.990,86 € aufgefordert.

8

Am 1. November 2004 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben und ausgeführt, ihre Klage richte sich allein gegen die belastenden Regelungen des Bescheides vom 27. September 2004.

9

In einem Schriftsatz vom 3. November 2008 hat die Beklagte “klarstellend und unter gleichzeitiger Berichtigung der Beitragsfestsetzungen im geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004“ erklären lassen:

10

 - Der Beitrag für das Flurstück 10059 (früher 137) werde auf 291.726,70 € festgesetzt und der bislang höhere Beitrag aufgehoben.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10078 bis 10081 (früher 414/48) werde auf 199.499,55 € festgesetzt, aber in der Höhe auf den bisherigen Beitrag von 199.370,75 € beschränkt.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10084 und 10085 (früher 412/48) betrage an sich 42.480,72 €, solle aber bei 42.412,85 € verbleiben.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10082 und 10083 (früher 48/7) werde auf 4.398,76 € festgesetzt und der bislang höhere Beitrag aufgehoben.

 - Der Beitrag für das Flurstück 38/1 verbleibe unverändert bei 8.827,99 €.

11

In einem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 hat die Beklagte erklären lassen, sie halte trotz eines Bestehens von drei Vollgeschossen auf dem Flurstück 10146 an dem für das Ausgangsflurstück 10059 festgesetzten Beitrag ebenso fest wie an dem Beitrag für die Flurstücke 10078, 10079, 10080, 10081. Hinsichtlich des Flurstücks 139 halte sie gleichfalls an dem festgesetzten Beitrag fest, da sie das Grundstück nicht habe betreten können. Für die übrigen Flurstücke hat sie den Beitrag unter Herabsetzung auf insgesamt 552.258,36 € im Einzelnen wie folgt abändern und Teilrücknahmen in Höhe von insgesamt 29.732,50 € erklären lassen:

12

 - Flurstücke 10082 und 10083 auf 2.199,38 € unter Zugrundlegung einer Bebauung mit einem Vollgeschoss,

 - Flurstücke 10084 und 10085 auf 21.240,36 €,

 - Flurstück 38/1 auf 4.413,99 €,

 - Flurstück 138 auf 968,12 €,

 - Flurstück 48/5 auf 755,52 €

13

jeweils unter Zugrundlegung einer Umgebungsbebauung mit einem Vollgeschoss.

14

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 hat die Klägerin hilfsweise mit einem Rückforderungsanspruch von 115.752,50 € aufgerechnet. Ihr stehe ein „gegenwärtig nicht bezifferbarer Rückforderungsanspruch“ gegen die Beklagte in Höhe von 95.752,50 € aus einem Ablösungsvertrag nach dem BauGB zu, außerdem sei der von ihr bereits geleistete Betrag von 20.000,- € zurückzuzahlen.

15

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, den geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 aufzuheben, hilfsweise den Bescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 und des geänderten Widerspruchsbescheides vom 27. September 2004 aufzuheben, hat sie mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2008 beantragt, den als „geänderten Widerspruchsbescheid“ bezeichneten Bescheid vom 27. September 2004 in der ggfs. durch den Schriftsatz der Beklagten vom 3. November 2008 gefundenen Fassung aufzuheben, sowie „klageerweiternd im Wege der Untätigkeitsklage“ die Beklagte zu verpflichten, die auf Erlass und Stundung gerichteten Anträge zu bescheiden.

16

In einer mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2008 hat das Verwaltungsgericht Beweis über die Altlastenproblematik durch Vernehmung einer Mitarbeiterin der Landesanstalt für Altlastenfreistellung erhoben. In einer mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2009 haben die Beteiligten einen Vergleich geschlossen und auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Die Klägerin hat den Vergleich widerrufen, weil sie davon ausging, erhebliche Teilflächen der streitbefangenen Grundstücke lägen außerhalb des Bereiches der Innenbereichs - und Arrondierungssatzung der Beklagten.

17

Mit Urteil vom 24. Juni 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren teilweise eingestellt. Weiterhin hat es das Verfahren hinsichtlich der Verpflichtung zur Bescheidung der Billigkeitsanträge abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 9 A 174/09 MD fortgeführt. Schließlich hat das Gericht den geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 in der Gestalt der Änderungen durch die Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und vom 28. Januar 2009 aufgehoben, soweit die Beklagte für das Flurstück 139 einen Beitrag von 31.583,54 € und für das Flurstück 138 einen Beitrag von 968,12 € festgesetzt hat. Im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen:

18

Das Verfahren sei einzustellen gewesen, soweit die Klägerin ihre Klage durch Änderung ihres Klageantrages im Schriftsatz vom 2. Dezember 2008 inzident zurückgenommen habe. Soweit sie auf die Änderung des Bescheides durch Schriftsatz der Beklagten vom 28. Januar 2009 ihre Klage nicht geändert habe, sei die Klage unzulässig, da der Klägerin insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle.

19

Die Klage sei im Übrigen zulässig. Zwar klage die Klägerin isoliert gegen einen als Widerspruchsbescheid bezeichneten Bescheid und der Ausgangsbescheid sei auch nicht etwa nichtig. Dennoch sei sie ausnahmsweise befugt, nur den Widerspruchsbescheid anzugreifen, weil dieser sich auf Grund der darin enthaltenen neuen Berechnungen und Festsetzungen wie ein erstmaliger Beitragsbescheid darstelle.

20

Der Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in der rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Abwasserabgabensatzung vom 14. Dezember 2006, bei der es sich um die erste wirksame Beitragssatzung der Beklagten handele. Formale Bedenken bestünden weder hinsichtlich der Satzung noch hinsichtlich des Bescheides in der Gestalt der letzten Änderung durch Schriftsatz der Beklagten. Die Satzung verstoße auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

21

Die vom Beitragsbescheid in der nunmehrigen Fassung betroffenen Grundstücke der Klägerin seien grundsätzlich bebaubar. Sie befänden sich unfraglich jedenfalls im unbeplanten Innenbereich. Denn der Industriepark West bilde, unabhängig von der Wirksamkeit und rechtlichen Wirkung der von der Beklagten erlassenen Innenbereichs- und Arrondierungssatzung, selbst einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Er stelle sich nach seinem äußeren Eindruck als typisches Gewerbegebiet dar. Auch hinderten die auf dem Grundstück befindlichen Altlasten weder die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht noch minderten sie die der Beitragsbemessung zugrunde liegende Vorteilsfläche. Die Grundstücke seien nicht Unland gleichzusetzen, weil sie nicht auf unabsehbare Zeit unsanierbar seien. Dabei sei zu beachten, dass jeweils nur Teilflächen betroffen seien und die Klägerin von dem Vorteil der Anschlussmöglichkeit in der Vergangenheit durch Verkauf oder Vermietung sanierter Flächen auch Gebrauch gemacht habe. Die sachliche Beitragspflicht sei für die Flurstücke 48/5, 10078 - 10081, 10059, 10084/10085, 10082/10083 und 38/1 am 1. Januar 2006 entstanden, weil diese Flurstücke zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Klägerin gestanden und jeweils über eine gesicherte Anschlussmöglichkeit verfügt hätten. Auch die Billigkeitsregelungen nach § 8 Abs. 2 der Satzung führten nicht zur Kürzung des Beitragsanspruches. Denn danach werde lediglich die Vollgeschosszahl derjenigen Gebäude nicht berücksichtigt, die keinen Bedarf nach Anschluss hätten, nicht etwa werde die Grundstücksfläche um die Grundfläche der Gebäude gekürzt. Soweit die Klägerin mit einem angeblichen Gegenanspruch hilfsweise aufrechne, sei eine Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen möglich.

22

Nur für die als Hinterliegergrundstücke anzusehenden Flurstücke 138 und 139 sei die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden, weil die mit einer Grundstücksentwässerungsanlage zu überwindende Strecke ca. 400 m betrage und der damit einhergehende wirtschaftliche Aufwand unzumutbar sei.

23

Mit Bescheid vom 7. Juni 2010, gegen den die Klägerin - einen bislang noch nicht beschiedenen - Widerspruch erhoben hat, hat die Beklagte die Fälligkeit für mehrere Grundstücke und Teilflächen auf den 30. Juni 2010 festgesetzt und folgende Billigkeitsmaßnahmen vorgenommen:

24

Erlass des festgesetzten Beitrages für folgende Grundstücke.

25

 - 10059 (vormals 137) in einer Höhe von 173.457,40 €,

 - 38/1 vollständig (4.414,- €),

 - 414/48 (neues Flurstück 10124) in einer Höhe von 677,27 €.

26

Stundung des Beitrages bis zum 29. Juni 2025 mit einem Zinssatz von 1% p.a. für folgende Grundstücke:

27

 - 10146 (alt 137)

 113.257,- €,

 - 10147 (alt 414/48)

 123.285,78 €,

 - 10085 (alt 412/48)

  16.912,32 €,

 - 10083 (alt 48/7)

  1.334,45 €,

 - 48/5

  755,52 €.

28

In Schriftsätzen vom 3. August sowie 10. September 2010 und vom 30. August sowie 23. September 2010 haben die Beteiligten den Rechtsstreit in dem Verfahren teilweise für erledigt erklärt, soweit die Beitragsforderungen erlassen worden sind.

29

Mit Beschluss vom 27. September 2011 hat der erkennende Senat auf den Antrag der Klägerin die Berufung wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.

30

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:

31

Hinsichtlich der von Restitutions- und Vermögenszuordnungsbescheiden erfassten Flurstücke 48/5 und 48/7 sei noch vor dem 1. Januar 2006 ein Eigentumsübergang auf einen Dritten eingetreten. Die Eigentumsänderung nach dem VermG trete durch den Restitutionsbescheid selbst ein. Auch habe die Beklagte für Teilflächen durch notariellen Kaufvertrag die öffentlichen Lasten für leitungsgebundene Anlagen ab Besitzübergang übernommen, der vor dem 1. Januar 2006 gelegen habe.

32

In der Beitragssatzung vom 14. Dezember 2006 sei das Datum der Ausfertigung durch den Oberbürgermeister nicht angegeben und zwar sowohl in der Bekanntmachung als auch in der lediglich paraphierten Originalfassung. Sie habe durchgehend bestritten, dass die Satzung am Sonntag, dem 24. Dezember 2006, ortsüblich bekannt gegeben worden sei. Eine gemäß § 10 Abs. 1 KAG LSA zulässige satzungsmäßige Ermächtigung für die Beauftragung Dritter fehle in der Satzung.

33

Die rückwirkende Schaffung einer Satzungsgrundlage für den als Neufestsetzung anzusehenden, sogenannten geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 durch die Satzung vom 14. Dezember 2006 verstoße gegen die verfassungsrechtlichen Schranken rückwirkender Abgabensatzungen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG LSA. Es sei vorliegend eine sogenannte echte Rückwirkung gegeben, die mit dem Vertrauensschutz unvereinbar sei. Selbst wenn man eine lediglich unechte Rückwirkung annehmen wolle, scheitere sie bereits an der erforderlichen Abwägung, denn durch die neue Satzung seien die Unklarheiten nicht beseitigt, sondern verstärkt worden. Die landesgesetzlichen Schranken rückwirkender Abgabensatzungen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG LSA seien ebenfalls nicht gewahrt. Die Satzung verstoße auch gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG LSA.

34

Weiterhin seien durch die neue Beitragssatzung vom 30. Mai 2012 die abweichenden Bestimmungen der Vorgängersatzung aufgehoben worden, wozu auch die Rückwirkungsanordnung in der Satzung vom 14. Dezember 2006 gehöre. Allerdings sei die Festsetzungsverjährung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits abgelaufen und die ohne Rückwirkung erlassene Satzung vom 30. Mai 2012 könne den vor acht Jahren erlassenen Bescheiden nicht nachträglich die erforderliche Satzungsgrundlage verschaffen. Es werde beantragt, der Beklagten aufzugeben, mehrere der von ihr genannten Gerichtsurteile vorzulegen, und ihr - der Klägerin - für die Prüfung dieser Satzung eine Frist einzuräumen. Im Übrigen werde ausdrücklich gerügt, dass der Schriftsatz der Beklagten vom 11. Juni 2012 eingereicht worden sei, als die neue Satzung bereits veröffentlicht gewesen sei, was offenbar ihrer Irreführung und Desinformation habe dienen sollen.

35

Die Unrichtigkeit des Urteils ergebe sich aus der mangelnden Bestimmtheit des Bescheides vom 27. September 2004 in Verbindung mit diversen Änderungserklärungen in den Beklagtenschriftsätzen und mit dem auf diese verweisenden Urteilstenor. Selbst wenn durch die Bezeichnung der Buchgrundstücke zum 1. Januar 2006 in den Schriftsätzen dem Bestimmtheitserfordernis als solchem Genüge getan sein sollte, so werde verkannt, dass die sachliche Beitragspflicht neben einer wirksamen Satzung die konkrete Bevorteilung bei sonstiger, insbesondere straßenseitiger Erschließung und eine tatsächlich und rechtlich dauerhafte Sicherung der Anschlussmöglichkeit voraussetze. Es sei also nicht am 1. Januar 2006 zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht gekommen, sondern - wenn überhaupt - später zu unterschiedlichen Zeitpunkten, in denen wiederum überdies ganz andere Buchgrundstücke bestanden hätten. Die vermeintlich klarstellenden Schriftsätze hätten in Wirklichkeit zur Unklarheit und Unbestimmtheit geführt.

36

Die verkehrliche Erschließung der herangezogenen Grundflächen sei im maßgeblichen Zeitraum bis 2006 einschließlich ausdrücklich gerade nicht über die W-Straße und den M-Ring vorgenommen worden. Auch eine verkehrliche Erschließung über die Verlängerung der Hohendorfer Straße habe am 1. Januar 2006 nicht vorgelegen.

37

Weiterhin läge auf den noch streitgegenständlichen Flurstücken eine erhebliche Verunreinigung mit ökologischen Altlasten und mit Sprengstoffen vor, die die Flächen jedenfalls teilweise zu Unland mache. Mit Ausnahme des tatsächlich genutzten Verwaltungsgebäudes und der wenigen sanierten Flächen könne in keiner der ihr verbliebenen Teilflächen innerhalb des früheren eingefriedeten Sprengstoffwerkgeländes von einer selbständigen baulichen Nutzbarkeit ausgegangen werden. Gäbe es auf dem Gelände nachweislich nennenswerte unbelastete Flächen, hätte das Landesamt sie aus der Störerverantwortlichkeit entlassen müssen. In den vorliegenden Berichten seien einige hochgradig kontaminierte Flächen nicht erwähnt, insbesondere in Altkanälen. Daneben gebe es Bereiche, die bis heute nicht untersucht seien, in denen aber hohe Bodenbelastungen zu erwarten seien, so insbesondere im Bereich ehemaliger Tanklager. Auf Grund der Sanierungskosten könne für keines der verbleibenden, für den Beitrag herangezogenen Buchgrundstücke innerhalb der Umfriedung des früheren Sprengstoffwerks ein nach Abzug der Kosten der Altlastenbeseitigung noch verbleibender positiver Verkehrswert angenommen werden. Es fehle überdies an einer Beitragspflicht nach § 3 der Satzung vom 14. Dezember 2006, da große, großflächig kontaminierte Altlasten- und Altlastenverdachtsflächen nach der Verkehrsauffassung gerade kein Bauland seien. Ihr gesamtes Gelände sei im Altlastenkataster des Landes als Altlastenfläche ausgewiesen. Eine Beplanung von Altlastenflächen durch Bebauungsplan sei rechtswidrig und würde zu Amtshaftungsansprüchen gegen die Gemeinde führen. Daher könne selbst in Bereichen, in denen eine Bebauung im Zusammenhang oder ein Ortsteil als Planersatz vorläge, eine Nutzbarkeit von Altlastenflächen nicht angenommen werden.

38

Es handele sich bei den streitgegenständlichen Flächen insgesamt um Grundstücke im Außenbereich, mindestens gingen die meisten und insbesondere die größeren unter ihnen unmittelbar in den Außenbereich über. Es bleibe nach dem angefochtenen Urteil unklar, was das Verwaltungsgericht überhaupt als „Gebiet“ und was es als „Industriepark West“ ansehe und wo nach seiner Auffassung der Bebauungszusammenhang anfange und aufhöre. Die wenigen, am 1. Januar 2006 aufstehenden Gebäude, von denen ein Großteil Ruinen und durch Kontaminationen nicht nutzbar seien, hätten keinen Ortsteil und keinen Bebauungszusammenhang gebildet. Sie sei nicht auf eine gesonderte Anfechtung der lediglich deklaratorisch wirkenden Innenbereichs- und Arrondierungssatzung vom 28. November 2002 zu verweisen. Die Satzung enthalte mit der das gesamte umfriedete Werksgelände umfassenden „Klarstellungslinie“ eine Klarstellungsfestsetzung i.S.d. § 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB a.F. Einzelne herangezogene Flächen lägen indessen außerhalb dieser Linie und der Umfriedung des früheren Werks. Die Beklagte habe selbst mittelbar bestätigt, dass sie bestimmte Flächen in der Satzung selbst dem Außenbereich zugeordnet habe. Die Festsetzung sei auch im Übrigen unwirksam. Durch eine Klarstellungssatzung könnten allenfalls die Grenzen eines schon vorhandenen Ortsteils festgelegt werden, nicht aber eine Industriebrache im Außenbereich zum Ortsteil erhoben werden. Auch eine Festsetzung durch eine Abrundungs-, Einbeziehungs- oder Ergänzungssatzung wäre unwirksam und rechtswidrig.

39

Es habe keine Anschlüsse und Anschlussmöglichkeiten vor dem Jahr 2006 gegeben, da die Übergabeschächte nicht vor den von der Beklagten genannten Grundstücken, sondern hinter dazwischen liegenden Fremdgrundstücken bzw. hinter Außenbereichsflächen gelegen hätten. Am 1. Januar 2006 bis heute lägen zwischen den erst viel später hergestellten Abwasserleitungen in der M-Allee und in der W-Straße jeweils Fremdgrundstücke. Von dem damaligen Endpunkt der Abwasseranlage in der Hohendorfer Straße habe sie gerade nicht angeschlossen werden können. Ob irgendeiner der von der Beklagten angegebenen Kanalabschnitte an der sogenannten Grenzlinie ende oder ob eine rechtliche Anschlussmöglichkeit der Hinterliegergrundstücke über ein Leitungsrecht oder eine Dienstbarkeit zu den Straßen vorgelegen habe, sei nicht festgestellt. Diese Voraussetzungen lägen auch erkennbar nicht vor. Die maßgebliche Formulierung in der Satzung, dass die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der Schmutzwasseranlage für das zu entwässernde Grundstück entstehe, sei mehr als unklar und unbestimmt. Die sachliche Beitragspflicht sei auch nicht bereits mit der betriebsfertigen Herstellung des Hauptsammlers entstanden, zu der - und deren Zeitpunkt - die Beklagte nichts weiter vortrage. Denn es habe mangels wirksamer Satzung keinen Erstattungsanspruch nach § 8 KAG LSA gegeben. Daneben seien die Hausanschlüsse, wie die Beklagte selbst vortrage, ausschließlich von dieser selbst herzustellen, so dass durchweg nicht die betriebsbereite Herstellung der Hauptsammler irgendwo vor den herangezogenen Grundstücken genüge.

40

Es fehle weiterhin auf Grund der Entfernungen von Hunderten von Metern und dazwischen liegenden Hindernisse (Altlasten, Ruinen, Betonfundamente, Altleitungen) jedenfalls an der Zumutbarkeit einer Anschlussnahme. Die durchschnittliche Leitungslänge habe über 200 m betragen. Fehlerhaft sei auch die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass es keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursacht hätte, über das Flurstück 10085 und das Flurstück 10059 jeweils Anschlussleitungen zu den Hinterliegergrundstücken zu legen.

41

Bei der Ermittlung der Vollgeschosszahlen sei § 8 Abs. 2 Satz 1 der Satzung zu Unrecht nicht angewandt worden und zwar weder auf die zahlreichen Ruinen noch die denkmalgeschützten Baulichkeiten und Bunker noch die kontaminierten und deswegen nicht nutzbaren Baulichkeiten. Die Ermittlung sei weiterhin offenkundig fehlerhaft gewesen. Das Verwaltungsgericht beziehe sich auf die Durchschnittsbetrachtungen durch die (...) bzw. die ... aus dem Jahr 2002. Dabei seien die 25 einstöckigen und überwiegend denkmalgeschützten Bunker nicht berücksichtigt worden und es fehle eine Ermächtigung zur Beauftragung Dritter in der Satzung. Auch auf Grund der Änderungen in den maßgeblichen Satzungsregelungen und der Bebauung sei es unzulässig, auf diese Durchschnittszahlen zurückzugreifen. Zahlreiche Gebäude seien abgerissen worden. Weiterhin habe das Verwaltungsgericht einen methodischen Fehler begangen. Auch sei die Bezugnahme auf die „nähere Umgebung“ in der Beitragssatzung zu unbestimmt und die vorgenommene Ermittlung einer näheren Umgebung der streitbefangenen Grundstücke entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Schließlich sei die flächendeckende Heranziehung mit zwei Vollgeschossen wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz unzulässig, weil die benachbarte L... GmbH mit nur einem Vollgeschoss herangezogen worden sei.

42

Die vorgenommenen Aufrechnungen seien zu Unrecht nicht anerkannt worden. Die Zahlung und die Verrechnung eines Betrages in Höhe von 20.000,- € seien unstreitig. Sie habe die Hilfsaufrechnung allein deswegen nochmals erklärt, weil die verschiedenen Verrechnungen der Beklagten sich widersprochen hätten und die Beweislage ungewiss gewesen sei. Die weitergehende Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von 95.752,50 € wegen des Ablösebetrages für den Straßenausbau sei nicht unzulässig. Diese Forderung sei nicht bestritten worden. Eine solche Feststellung ergebe sich weder aus einem Protokoll noch aus dem Tatbestand des Urteils oder einem Beklagtenschriftsatz. Die Anrechnung im angefochtenen Bescheid sei durch den Billigkeitsbescheid auch aufgehoben worden.

43

Ihr Eigentum werde durch diverse Zugriffe der öffentlichen Stellen des Landes gänzlich ausgehöhlt. Die Sanierungskosten gemeinsam mit den geforderten Beiträgen und den Kosten der behördlicherseits auferlegten Bewachung der Altlast hätten eine mit Art. 14 GG nicht zu vereinbarende erdrosselnde Wirkung.

44

Die Klägerin beantragt,

45

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 24. Juni 2009 abzuändern und den Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 23. Januar 2004, ihres Schriftsatzes vom 13. April 2004 und ihres Bescheides vom 27. September 2004 sowie der Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 und ihres Bescheides vom 7. Juni 2010 aufzuheben, soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache auf Grund des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist,

46

hilfsweise,

47

zum Beweis der Behauptung der Klägerin, es seien auf jedem einzelnen der streitgegenständlichen Grundstücke selbständig baulich nutzbare, von Altlasten unbelastete oder nur unwesentlich unterhalb der Gefahrenschwelle belastete Grundflächen nicht vorhanden, und zur Widerlegung der gegenteiligen Behauptung der Beklagten

48

die Einholung eines Sachverständigengutachtens,
die Einholung einer Auskunft der Landesanstalt für Altlastenfreistellung,
zum Beweis der Behauptung der Klägerin, es liege in der näheren Umgebung der streitgegenständlichen Grundstücke eine eingeschossige Bebauung vor,
die Einholung eines Sachverständigengutachtens,

49

weiter hilfsweise,

50

Beweis zu folgenden Fragen zu erheben:

51

welche Grundstücke der Klägerin sind von Altlasten betroffen, welche Altlasten lagern dort ?

52

Beeinträchtigten die Altlasten die Bebaubarkeit/Nutzung der Grundstücke und können die Altlasten beseitigt werden ?

53

In welchem Zeitraum und mit welchem Kostenaufwand können die Altlasten für die jeweiligen Grundstücke beseitigt werden ?

54

Die Beklagte beantragt,

55

die Berufung zurückzuweisen.

56

Sie trägt vor, die der Satzung vom 14. Dezember 2006 vorgehenden Abwasserbeseitigungsabgabensatzungen seien mit ihrem Beitragsteil jeweils nichtig, da sie einen unvollständigen und damit fehlerhaften Beitragsmaßstab enthielten.

57

Die Klägerin sei ausweislich einer Stellungnahme des Liegenschaftsamtes am 1. Januar 2006 Eigentümerin des Flurstücks 48/5 gewesen und ausweislich eines Schreibens des Amtsgerichts Schönebeck zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Eigentümerin des Flurstücks 48/7.

58

Eine Kontamination durch Altlasten habe keinen Einfluss auf die Beitragshöhe. Alle Grundstücke seien schon allein wegen ihrer Bebauung und der auf ihr ausgeübten gewerblichen Nutzung fähig, aus der Anschlussmöglichkeit bevorteilt zu werden. Nur wenn durch die Kontamination für die Gesamtfläche eines Grundstücks jede Art einer beitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit ausgeschlossen sei, bleibe ein solches Grundstück bis zur Beseitigung des der Nutzbarkeit entgegen stehenden Hindernisses beitragsfrei. Derartige Gegebenheiten gebe es bei den streitbefangenen Grundstücken nicht. Ein Baugrundstück sei - mit Ausnahme von Grundstücken in Kerngebieten - nie vollständig überbaubar. Eine andere Frage sei, ob bei der Großflächigkeit der Altlastenbelastung nicht möglicherweise die uneingeschränkte Beitragsbelastung eine sachliche Härte darstelle. Der jetzt behaupteten „Schwerstkontamination“ müsse im Rahmen des Widerspruchs gegen den Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 nachgegangen werden. Eine künftige Nutzung von Teilflächen sei in den Berichten der von der Landesanstalt für Altlastenfreistellung beauftragten Firma nicht ausgeschlossen. Es sei auch relevant, dass auf Antrag der Klägerin die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Errichtung eines Solarparks beschlossen worden sei, der teilweise streitbefangene Flächen erfasse. Bei den noch streitigen Grundstücksflächen, die von der Klägerin als „schwerst kontaminiert“ bezeichnet würden, handele es sich wohl um eine Fläche von 14.785 m2 südlich des sog. Sicherheitszaunes. Die Flurstücksbezeichnungen dieser „schwerst kontaminierten Flächen“ könnten nicht nachvollzogen werden.

59

Die Innenbereichs- und Arrondierungssatzung sei seit dem Jahre 2002 nicht überarbeitet worden. Nach dem aktuellen Flächennutzungsplan lägen Teilflächen der von der Beitragserhebung erfassten Grundstücke nicht im Geltungsbereich der Satzung. Durch den Neubau der im Oktober 2003 gewidmeten „W-Straße“ sei allerdings fraglich, ob die Annahme des Außenbereichs noch zutreffend sei. Auch das Verwaltungsgericht habe angenommen, der Industriepark West bilde selbst einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil.

60

Es komme nach der Satzungslage für das Entstehen der Vorteilslage jeweils nur auf die betriebsfertige Herstellung des Hauptsammlers an. Aus den bereits erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen ergebe sich die betriebsfertige Herstellung der Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung im Jahre 1999 in dem östlichen Teil der „Hohendorfer Straße“ bis westlich des heutigen Abzweigs der „W-Straße“. Von dem Endpunkt in der „Hohendorfer Straße“ habe die Klägerin mit dem früheren Flurstück 137 angeschlossen werden können. Von der „W-Straße“ aus seien zwei Grundstücksanschlüsse vom Flurstück 412/48 bereits im Jahre 2003 hergestellt worden. Darüber hinaus habe wegen der Eigentümeridentität auch für das aus den Flurstücken 10078, 10079, 10080 und 10081 bestehende bürgerlich-rechtliche Grundstück und für das aus den Flurstücken 10082 und 10083 bestehende bürgerlich-rechtliche Grundstück die tatsächlich und rechtlich gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit zur „W-Straße“ bestanden, da die Klägerin es allein in der Hand gehabt habe, ihre Anschlussrechte für das Flurstück 10085 wahrzunehmen. Dieser Anschluss wäre mit verhältnismäßig geringen Kosten möglich gewesen.

61

Die Widmung der Straßen im Industriepark West als öffentliche Straßen sei mit Eintritt der Bestandskraft der ortsüblichen Bekanntgabe am 10. Oktober 2003 erfolgt. Die „Hohendorfer Straße“ habe zunächst aus dem östlich des Flurstücks 38/1 verlaufenden Straßenteil bestanden, der seit Oktober 2003 straßenrechtlich öffentlich sei. Die auf dem Flurstück 38/1 verlaufende Teillänge der „Hohendorfer Straße“ sei u.a. einschließlich der Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung in der Zeit von Mai 2005 bis Juni 2006 endgültig hergestellt worden. Gewidmet worden sei diese Teillänge durch die nach dem 26. März 2007 bestandskräftig gewordene Widmungsverfügung. Da bereits Ende 1999 die Anschlussmöglichkeit gesichert gewesen sei, komme es auf die Verlegung der Einrichtung in der Verlängerung der „Hohendorfer Straße“ nicht an.

62

Die von der Klägerin geltend gemachten Gegenforderungen seien von ihr bestritten worden und würden weiterhin bestritten.

63

In ihrem Amtsblatt vom 10. Juni 2012 hat die Beklagte eine Abwasserabgabensatzung vom 30. Mai 2012 bekannt gemacht, die am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft treten sollte.

64

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten - jeweils dieses Verfahrens und des Streitverfahrens 4 L 160/09 - Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

65

Das Verfahren ist zunächst einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache auf Grund des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Dies betrifft zum einen auf Grund des in dem Billigkeitsbescheid vorgenommenen Erlasses die Festsetzung von Beiträgen in Höhe von 173.457,40 € für das (ehemalige) Flurstück 137, in Höhe von 4.414,- € für das Flurstück 38/1 und in Höhe von 677,27 € für das (ehemalige) Flurstück 414/48. Zum anderen ist der Rechtsstreit auch für erledigt erklärt worden, soweit in dem Billigkeitsbescheid für verschiedene Beitragsforderungen der Fälligkeitszeitraum nachträglich verringert worden ist. Auch wenn sich die Erledigungserklärungen teilweise nach ihrem Wortlaut nur auf die erlassenen Beiträge bezogen haben, ergab sich doch aus den Gesamtumständen, dass die Beteiligten der Erledigungswirkung des Billigkeitsbescheides Rechnung tragen wollten.

66

Die Berufung ist weiterhin ausweislich ihrer Begründung dahingehend auszulegen (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO), dass sie sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet, soweit darin die Klage als unbegründet abgewiesen worden ist. Soweit in dem Urteil die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen worden ist, weil die Klägerin nicht auf die teilweise Bescheidaufhebung durch den Schriftsatz der Beklagten vom 28. Januar 2009 reagiert habe, ist damit das Urteil und insbesondere die damit verbundene Kostenentscheidung nicht Gegenstand der Berufung.

67

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

68

Der Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 23. Januar 2004, ihres Schriftsatzes vom 13. April 2004 und ihres Bescheides vom 27. September 2004 sowie der Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 und ihres Bescheides vom 7. Juni 2010 ist - soweit er im Berufungsverfahren noch streitbefangen ist - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

69

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) der Klägerin ist zulässig.

70

Die Klage hat insbesondere den richtigen Verwaltungsakt zum Klagegegenstand gemacht. Nach Erlass des Ausgangsbescheides vom 14. August 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 sowie einer Berichtigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 129 AO in einem Schriftsatz vom 13. April 2004 hat die Beklagte einen „geänderten Widerspruchsbescheid“ vom 27. September 2004 erlassen. Es handelte sich dabei nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont trotz der missverständlichen Bezeichnung nicht um die Ersetzung, sondern die Abänderung (vgl. dazu auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 1375 m.w.N., Rdnr. 1510) des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004. Wie sich aus der mehrfachen Bezugnahme auf den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts in der Einleitung und der Begründung des Bescheides vom 27. September 2004 ergibt, trug die Beklagte mit diesem Bescheid lediglich der Beanstandung der Veranlagung mehrerer selbständiger Grundstücke als ein Grundstück Rechnung. Der Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 sollte nach der Nr. 1 des Tenors des Bescheides vom 27. September 2004 ausdrücklich „in den übrigen Punkten unberührt“, d.h. bestehen, bleiben. Auch wenn Beiträge und Leistungsgebot neu festgesetzt worden sind, entfaltete danach zumindest die Aufhebung der gewährten Aussetzung der Vollziehung (Nr. 2 des Tenors des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004) weiter eine Regelungswirkung. Daneben sollte ersichtlich ansonsten die in dem Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 enthaltene Begründung für die Zurückweisung des Widerspruchs fortgelten. Eine zumindest der Sache nach vollständige Ersetzung (vgl. dazu OVG Sachsen, Beschl. v. 10. Februar 2012 - 5 A 12/09 -; OVG Thüringen, Beschl. v. 9. November 2011 - 4 EO 39/11 -, m.w.N. jeweils zit. nach JURIS) des Ausgangsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 liegt im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts danach ebenfalls nicht vor. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 27. September 2004, in der auf die Klagemöglichkeit verwiesen wird, ist für die Unterscheidung zwischen Ersetzung und Abänderung von vornherein nicht maßgeblich, weil in beiden Fällen eine Anfechtungsklage zumindest statthaft wäre. Es macht auch keinen Unterschied, dass nur der Widerspruchsbescheid und nicht ausdrücklich der Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides abgeändert worden ist (vgl. auch OVG Niedersachsen, Urt. v. 12. Dezember 1989 - 9 A 62/88 -, NVwZ 1990, 590). Denn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde sind vorliegend identisch und der Widerspruchsbescheid gab gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dem Ausgangsbescheid seine endgültige Gestalt. Dass in dem Bescheid vom 27. September 2004 der Ausgangsbescheid „im Übrigen“ aufgehoben worden ist, sollte daher auch lediglich klarstellen, dass die dem Bescheid vom 27. September 2004 entgegenstehenden Regelungsbestandteile des Ausgangsbescheides keine Rechtswirkung mehr entfalten sollten.

71

Durch die im Klageverfahren vorgelegten Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 erfolgte ausdrücklich eine weitere Abänderung durch teilweise Aufhebung der Beitragsfestsetzungen. Schließlich wurde durch den Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 der Fälligkeitszeitpunkt für bestimmte Grundstücke und Teilflächen abweichend von der bisherigen Zahlungsanforderung auf den 30. Juni 2010 festgesetzt und damit eine teilweise Aufhebung des Bescheides vorgenommen.

72

Die im Klageverfahren erfolgte Einbeziehung des Schriftsatzes vom 3. November 2008 und die erst im Berufungsverfahren erfolgte Einbeziehung des Schriftsatzes vom 28. Januar 2009 und des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 waren jeweils nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klagebeschränkungen. Soweit die Klägerin erst im Berufungsverfahren den Ausgangsbescheid vom 14. August 2002, die Berichtigung in dem Schriftsatz vom 13. April 2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 in ihren Klageantrag einbezogen hat, stellte dies eine nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageerweiterung dar.

73

2. Die Klage ist auch begründet.

74

Als erste wirksame Beitragssatzung kommt allein die im Juni 2012 in Kraft getretene Abwasserabgabensatzung der Beklagten vom 30. Mai 2012 - AAS 2012 - in Betracht (a). Deshalb kann die sachliche Beitragspflicht - bei unterstellter Wirksamkeit dieser Satzung - jeweils erst im Juni 2012 entstanden sein und die Klägerin für die zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke nicht herangezogen werden (b). Die zu diesem Zeitpunkt in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke werden in dem streitbefangenen Beitragsbescheid nicht hinreichend benannt (c). Ob sonstige Einwendungen der Klägerin gegen die Beitragserhebung durchgreifen, muss danach nicht abschließend entschieden werden (d).

75

a) (1) Die vor der Abwasserabgabensatzung in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2006 erlassenen Abwasserabgabensatzungen der Beklagten waren sämtlich wegen Unvollständigkeit des jeweiligen Verteilungsmaßstabs zumindest in ihrem Beitragsteil nichtig. Grundsätzlich muss im Anschlussbeitragsrecht der Verteilungsmaßstab alle im Versorgungsgebiet in Betracht kommenden Anwendungsfälle regeln (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30. Juni 2004 - 4 K 34/02 -; OVG Thüringen, Urt. v. 21. Juni 2006 - 4 N 574/98 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 12. August 2003 - 9 LA 36/03 -; OVG Sachsen, Urt. v. 29. November 2001 - 5 D 25/00 -; jeweils zit. nach JURIS; BVerwG, Urt. v. 19. August 1994 - 8 C 23/92 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Inwieweit auf eine Maßstabsregelung ausnahmsweise verzichtet werden kann, weil Anwendungsfälle tatsächlich nicht entstehen und auch nicht entstehen werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27. Juni 2012 - OVG 9 B 20.11 -; jeweils zit. nach JURIS) oder die Unvollständigkeit ohne Auswirkung auf die im Beitragssatz zum Ausdruck kommende vorteilsgerechte Verteilung des Aufwandes bleibt (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 15. Dezember 2011 - 9 A 272/10 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2200 m.w.N.) bzw. nur wenige atypische Fälle nicht geregelt werden (vgl. VGH Hessen, Urt. v. 17. März 1994 - 5 UE 2001/91 -, zit. nach JURIS; Rosenzweig/Freese, KAG Nds, § 6 Rdnr. 192), muss dabei angesichts des Umfanges der vorliegend jeweils nicht geregelten Anwendungsfälle nicht abschließend entschieden werden.

76

Die Abwasserabgabensatzung vom 27. Januar 1994 enthielt schon keine ausdrückliche Regelung zu Grundstücken im Außenbereich, sondern nur eine einheitliche Bestimmung bei Nichtbestehen eines Bebauungsplans. In der Abwasserabgabensatzung vom 3. April 1997 waren - auch in der Gestalt der Änderungssatzung vom 26. März 1998 - keine Regelungen für Grundstücke enthalten, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen. In den Abwasserabgabensatzungen vom 27. Februar 2001 und vom 20. Juni 2002 fehlten Regelungen zur Zahl der Vollgeschosse bei Außenbereichsgrundstücken. Die Bestimmungen in § 4 Abs. 3 Buchst. d dieser Satzungen bezogen sich ersichtlich nur auf Innenbereichsgrundstücke. Zudem wäre es bei bebauten Außenbereichsgrundstücken nicht erlaubt, auf die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse der Baulichkeiten auf einem Grundstück abzustellen, da es nur auf die angeschlossenen Baulichkeiten des Grundstücks ankommt.

77

(2) Die Abwasserabgabensatzung in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2006, die rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft treten sollte, ist nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden, da in dem veröffentlichten Satzungstext das Datum der bei der Ausfertigung geleisteten Unterschrift des zuständigen Amtsträgers fehlt und die Veröffentlichung des Datums auch nicht nachgeholt worden ist.

78

§ 6 Abs. 2 Satz 2 GO LSA bestimmt, dass Satzungen von dem Bürgermeister zu unterzeichnen und bekanntzumachen sind. Die Angabe des Datums der Unterschriftsleistung ist für die Wirksamkeit der Ausfertigung zwingend notwendig, weil nur so die Einhaltung der notwendigen zeitlichen Reihenfolge von Normerlass, Ausfertigung und Bekanntmachung gewährleistet werden kann (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 -, NVwZ-RR 2001, 426; OVG Niedersachsen, Urt. v. 5. September 2007 - 1 KN 204/05 -; zit. nach JURIS m.w.N.; Gern, Deutsches Kommunalrecht, 3. A., Rdnr. 279; Lübking/Beck, GO LSA, § 6 Rdnr. 40; Ziegler, DVBl. 1987, 280, 283; a.M.: Wiegand, Kommunalverfassungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 GO LSA, Nr. 7, S. 9). Da mit der Ausfertigung bezeugt wird, dass der Inhalt der Urkunde mit dem Beschluss des zuständigen Organs übereinstimmt, ist es weiterhin nicht nur unverzichtbar, dass die Unterschrift als nach der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt notwendiges Element des Rechtsetzungsverfahrens mit der Satzung veröffentlicht wird (so schon OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 24. November 2010 - 4 K 368/08 -, zit. nach JURIS), sondern auch das Datum der Unterschriftsleistung. Die Veröffentlichung der Ausfertigung bzw. des Ausfertigungsvermerks dient der Sicherung des Rechtsetzungsverfahrens, insbesondere der Gewährleistung der Übereinstimmung von Urkundeninhalt und Beschlussinhalt, und erfüllt darüber hinaus auch die Verlautbarungsfunktion der Bekanntmachung, die zum Ausdruck bringen muss, dass Gegenstand der Publikation eine Rechtsnorm ist, und als amtliche Verlautbarung im Sinne eines zum Rechtsetzungsverfahren gehörigen Formalakts erkennbar sein muss. Unterbleibt diese Veröffentlichung gemeinsam mit der Satzung, ist dies nur dann unbeachtlich, wenn die Satzung bei der Bekanntmachung tatsächlich ausgefertigt war und die Ausfertigung der Satzung in der üblichen Form jedenfalls nachträglich bestätigt wird.

79

(3) Durchgreifende Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der im Amtsblatt der Beklagten vom 10. Juni 2012 (einem Sonntag) veröffentlichten Abwasserabgabensatzung vom 30. Mai 2012, insbesondere gegen die ordnungsgemäße Ausfertigung und Bekanntmachung dieser Satzung sind weder substanziiert geltend gemacht noch ersichtlich. Ein Bekanntmachungsnachweis für diese Satzung liegt vor. Der von der Klägerin gegen die Satzung vom 14. Dezember 2006 erhobene Einwand, eine ortsübliche Bekanntmachung einer Satzung in einem an einem Sonntag erscheinenden Amtsblatt sei nicht zulässig, verfängt nicht. Es gibt keinerlei rechtliche Begründung dafür, dass ein Amtsblatt nicht an einem Sonntag erscheinen darf.

80

Auch materiell-rechtliche Fehler der Satzung sind bislang nicht vorgetragen. Dass in der Satzung eine Regelung nach § 10 Abs. 1 KAG LSA für die Ermächtigung Dritter (vgl. dazu Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2248; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 20. August 2009 - 4 L 173/07 -, zit. nach JURIS) fehlt, stellt keinen Mangel der Satzung dar, sondern führt allenfalls zur Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides, falls ein Dritter bei der Beitragserhebung eingeschaltet worden ist.

81

Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 7. September 2012 anscheinend geltend macht, sie habe erst nachträglich von der Bekanntmachung dieser Satzung erfahren, und um eine „auskömmliche Prüfungs- und Erklärungsfrist von 8 Wochen“ bittet, war dem nicht nachzukommen. Es erscheint schon eher fernliegend, dass ein mit der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken im Gemeindegebiet befasstes Unternehmen nicht über die Veröffentlichung einer neuen Abwasserabgabensatzung dieser Gemeinde informiert sein soll. Auch obliegt es der Klägerin selbst, sich die vom Prozessgegner benannten Gerichtsurteile zu beschaffen. Jedenfalls aber kommt es die Wirksamkeit der Abwasserabgabensatzung der Beklagten vom 30. Mai 2012 nicht entscheidungserheblich an.

82

b) Denn die sachliche Beitragspflicht kann danach (frühestens) auf Grund dieser Abwasserabgabensatzung entstanden sein.

83

Werden in satzungsloser Zeit oder unter Geltung einer formell oder materiell unwirksamen Satzung die Anschlussvoraussetzungen für Grundstücke geschaffen, so entsteht für diese Grundstücke die sachliche Beitragspflicht erst mit Inkrafttreten der ersten - wirksamen - Abgabensatzung (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 30. Mai 2012, a.a.O. m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2202 m.w.N.). Eine solche nachträglich erlassene Beitragssatzung kann auch dann als Rechtsgrundlage für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid dienen, wenn sie sich keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe oder der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides beimisst. Eine auf Grund fehlender Satzungsgrundlage bestehende Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides wird durch die neue Satzung ex nunc geheilt; der Betroffene ist prozessrechtlich dadurch geschützt, dass er das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklären kann (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 173 m.w.N.).

84

Ohne Erfolg macht die Klägerin daher geltend, eine ohne Rückwirkung erlassene Satzung könne nicht als Rechtsgrundlage für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid dienen. Ebenfalls von vornherein nicht begründet ist ihr Vorbringen, die Festsetzungsverjährungsfrist des § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. §§ 169 ff. AO sei abgelaufen. Dabei verkennt sie, dass die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem die Abgabe entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO).

85

Da die sachliche Beitragspflicht erstmalig im Juni 2012 entstanden sein konnte, waren nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Grundbuchsituation allenfalls die noch im Eigentum der Klägerin befindlichen Flurstücke 10192, 10199 und 10203 beitragspflichtig, bei denen es sich jeweils um eigene Grundstücke handelt bzw. gehandelt hat. Die in der mit der Berufungserwiderung vorgelegten Aufstellung zusätzlich genannten Flurstücke 10202, 10197 und 10198 standen seit der am 5. April 2012 im Grundbuch erfolgten Eintragung im Eigentum der (...) C. GmbH.

86

Soweit in dem streitbefangenen Bescheid Grundstücke herangezogen werden, die im Juni 2012 im Eigentum von Dritten standen, ist der Bescheid schon deshalb rechtswidrig. Auch wenn § 6 Abs. 8 KAG LSA für die Entstehung der persönlichen Beitragspflicht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides abstellt, kann die persönliche Beitragspflicht nicht vor der sachlichen Beitragspflicht entstehen. Entstehen die sachlichen Beitragspflichten (ausnahmsweise) erst nach der Bekanntgabe des Bescheides, ist zwar grundsätzlich derjenige persönlich beitragspflichtig, dem der Bescheid bereits bekannt gegeben worden ist. Dies gilt allerdings nur, sofern er im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten noch Eigentümer bzw. Erbbau- oder Nutzungsberechtigter ist (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 30. Mai 2012 - 4 L 226/11 -; Beschl. v. 5. November 2009 - 4 M 94/09 - jeweils zit. nach JURIS).

87

c) Einem Entstehen der persönlichen Beitragspflicht und damit der Heranziehung der Flurstücke 10192, 10199 und 10203 steht entgegen, dass sie in dem streitbefangenen Bescheid nicht mit ihrer jeweiligen Flurstücksbezeichnung benannt werden.

88

Für eine Heilung eines Beitragsbescheids durch eine die sachliche Beitragspflicht an sich erst herbeiführende Beitragssatzung ist kein Raum, wenn das in diesem Bescheid benannte Grundstück vor Inkrafttreten der Satzung durch Vereinigung mit anderen Grundstücken bzw. Aufteilung in neue Grundstücke seine rechtliche Existenz verloren hat (so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 9. April 1992 - 2 S 1958/90 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Insoweit besteht eine Vergleichbarkeit mit dem erstmaligen Erlass eines Beitragsbescheides. Dass einer später wirksam gewordenen Beitragssatzung eine Heilungswirkung für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid zugebilligt wird, beruht vor allem darauf, dass dieser Bescheid bei einer Aufhebung mit demselben Inhalt sofort wieder erlassen werden müsste (vgl. BVerwG, Urt. v. 27. April 1990 - 8 C 87/88 -, zit. nach JURIS). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Weiterhin zwingt die Tatsache, dass ab Entstehen der sachlichen Beitragspflicht die öffentliche Last (§ 6 Abs. 9 KAG LSA) auf dem (Buch)Grundstück ruht, zu einer formalen Auslegung hinsichtlich der Benennung der von der Beitragspflicht erfassten Grundstücke.

89

Die im Juni 2012 bestehenden Buchgrundstücke der Klägerin waren auf Grund der abweichenden Flurstücksbezeichnungen nicht Gegenstand des streitbefangenen Beitragsbescheides, auch nicht in Gestalt der vorgenommenen Änderungen. Der Beitragsbescheid bezieht sich allein auf Grundstücke, die entweder nicht mehr im Eigentum der Klägerin stehen oder durch Trennungen rechtlich untergegangen sind. Auch können die Flächen der untergegangenen Grundstücke nicht auf die Flächen der neu gebildeten Grundstücke der Klägerin reduziert werden. Denn Gegenstand der Beitragserhebung ist das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn. Eine Auslegung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass sich die Veranlagung der untergegangenen Grundstücke auf inzwischen neu gebildete Grundstücke beziehen soll, wäre mit dem Bestimmtheitserfordernis des § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 119 Abs. 1 AO nicht vereinbar. Dieses Erfordernis setzt voraus, dass ein Beitragsbescheid in seinem verfügenden Teil, d.h. dem Entscheidungssatz oder Spruch, dem die Regelungswirkung zukommt, hinreichend deutlich erkennen lässt, von wem was für welche Maßnahme und für welches Grundstück gefordert wird (vgl. auch § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots ist genügt, wenn der Betroffene aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus der von dem Beklagten gegebenen Begründung oder aus den ihm bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit über den Inhalt des Spruchs gewinnen kann (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26. Oktober 2010 - 4 L 55/09 - und v. 13. Oktober 2008 - 4 L 408/06 -, m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 76, Rdnr. 1505). Danach muss der Beitragsbescheid das der sachlichen Beitragspflicht unterliegende (Buch-)Grundstück, für das der Beitrag festgesetzt wird, auch konkret benennen. Die bloße Erwähnung der zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht noch existenten Grundstücke der Klägerin in dem Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 oder in Berufungsschriftsätzen der Beklagten ist nicht ausreichend,

90

d) Zu den sonstigen Einwendungen der Klägerin weist der Senat - ohne insoweit eine abschließende Prüfung vorgenommen zu haben - auf folgendes hin:

91

Auf den von der Klägerin behaupteten Eigentumsübergang der Flurstücke 48/5 und 48/7 schon vor dem 1. Januar 2006 - dem die Beklagte allerdings substanziiert widersprochen hat - kommt es auf Grund der Nichtigkeit der Satzung vom 14. Dezember 2006 ebenso wenig an wie auf ihren Vortrag, die Beklagte habe mit einem notariellen Vertrag einer Übernahme öffentlicher Lasten schon ab Besitzübergang zugestimmt.

92

Ebenfalls nicht entschieden werden muss, ob die Rückwirkungsanordnung in dieser Satzung fehlerhaft ist. Allerdings liegt nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Anschlussbeitragsrecht ein Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG LSA oder gegen § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG LSA nicht vor, wenn die Beitragssatzung mit ihrer Rückwirkungsanordnung Zeiträume erfasst, in denen nichtige Beitragssatzungen eigentlich gelten sollten. Einer Rückwirkung steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Bekanntgabe des Beitragsbescheides und dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht durch die rückwirkend in Kraft getretene Satzung Eigentumsveränderungen stattfanden. Dabei handelt es sich - wie oben dargelegt - um Fragen der persönlichen Beitragspflicht nach § 6 Abs. 8 KAG LSA.

93

Soweit streitig ist, ob die herangezogenen Grundstücke im Innenbereich oder (teilweise) im Außenbereich liegen, spricht Überwiegendes dafür, dass eine Innenbereichsabgrenzung durch eine nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB erlassene Satzung der Gemeinde für das Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Anschlussbeitrags maßgeblich und verbindlich ist (VG Cottbus, Urt. v. 19. Mai 2011 - 6 K 198/08 -, zit. nach JURIS m.w.N.; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1031, 1465; a.M.: OVG Sachsen, Beschl. v. 2. März 2010 - 5 D 149/09 -; VG Dessau, Urt. v. 28. April 2006 - 1 A 466/05 -, jeweils zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 550). Denn für die Beitragserhebung ist grundsätzlich von der Rechtsverbindlichkeit bauplanerischer Satzungen auszugehen, solange diese nicht aufgehoben oder durch (allgemein-)verbindlichen Ausspruch in einer gerichtlichen Entscheidung, ggf. in einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO für nichtig bzw. unwirksam erklärt worden sind (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 13. September 2011 - 4 L 196/10 -, zit. nach JURIS zu einem Bebauungsplan; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29. Juni 2005 - 1 L 411/04 -). Zwar ist die Gemeinde bei der Aufstellung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB an die Grenzen des tatsächlich vorhandenen Innenbereichs gebunden; sie ist nicht ermächtigt, planerisch über die Zugehörigkeit von Flächen zum Innenbereich zu entscheiden. In diesem Sinne hat eine Klarstellungssatzung lediglich deklaratorische Wirkung (so BVerwG, Urt. v. 22. September 2010 - 4 CN 2/10 -, zit. nach JURIS). Entscheidend im Rahmen der Prüfung einer beitragsrechtlichen Vorteilslage dürfte aber sein, dass der Klarstellungssatzung gegenüber öffentlichen Planungsträgern und sonstigen öffentlichen Stellen - ähnlich dem § 7 BauGB - Bindungswirkung zukommt. Insbesondere ist die Baugenehmigungsbehörde an die Festlegung der Grenzen gebunden (so OVG Sachsen, Urt. v. 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 -, zit. nach JURIS; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rdnr. 99; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 414). Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung anscheinend die Rechtsauffassung vertreten hat, die Klägerin könne im beitragsrechtlichen Verfahren mit Erfolg die Innenbereichslage ihrer Grundstücke negieren und gleichzeitig im bau(planungs)rechtlichen Verfahren einen Anspruch auf Bebauung dieser Grundstücke auf der Grundlage einer Innenbereichssatzung durchsetzen, trifft dies nicht zu.

94

Falls Grundstücke nur teilweise von der Geltungswirkung einer Innenbereichssatzung erfasst werden, dürfte allerdings nach den Vorgaben der Beitragssatzung vom 30. Mai 2012 von vornherein nur die von der Innenbereichssatzung erfasste Fläche herangezogen werden dürfen. Denn nach § 4 Abs. 3 Buchst. Nr. 3 AAS 2012 gilt bei Grundstücken, die im Bereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB liegen sowie bei Grundstücken, die über die Grenzen einer solchen Satzung hinausreichen, - sofern sie nicht unter Nr. 6 oder Nr. 7 fallen - die Fläche im Satzungsbereich, wenn diese baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Damit dürfte eine Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a AAS 2012 auf die Grundstücksteile, die nicht von der Innenbereichssatzung erfasst werden, ausgeschlossen sein.

95

Sollte es darauf ankommen, wo die Grenze eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und damit die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht verläuft, lässt sich dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen, sondern bedarf einer Beurteilung aufgrund einer „echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts". Bei dieser Wertung und Bewertung kann nur eine komplexe, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigende Betrachtungsweise im Einzelfall zu einer sachgerechten Entscheidung führen. Grundlage und Ausgangspunkt dieser bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie darüber hinaus auch andere topographische Verhältnisse und Straßen. Zu berücksichtigen sind indes nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse. Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt danach eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus (Bebauungszusammenhang), die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27. April 2011 - 4 M 43/11 - und v. 19. Dezember 2011 - 4 L 75/11 -, jeweils zit. nach JURIS m.w.N.). Danach unterbricht ein tatsächlich bebautes Grundstück grundsätzlich nicht den Bebauungszusammenhang. Insoweit kann auch eine aufgegebene oder dem Verfall preisgegebene Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten. Unter den Begriff „Bebauung“ fallen allerdings auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur Bauwerke, die maßstabsbildend, also optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen zu dienen bestimmt sind. Eine ursprünglich vorhandene Prägung der näheren Umgebung kann zwar auch noch für eine gewisse Zeit nach Aufgabe einer Nutzung nachwirken. Eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert indes ihre maßstabsbildende Wirkung, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet werden kann (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27. April 2011 - 4 M 43/11 -, zit. nach JURIS m.w.N.).

96

Ein Vorteil i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 5. Mai 2011 - 4 L 175/09 -, zit. nach JURIS m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2152) entsteht nur bei baulich oder zumindest abwasserrechtlich vergleichbar nutzbaren Grundstücken. Dementsprechend macht § 3 Abs. 1 Nr. 2 AAS 2012 bei Grundstücken, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, die Beitragspflicht davon abhängig, ob sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung in der Stadt zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen und es gilt gem. § 4 Abs. 3 Nr. 3 AAS 2012 bei der Flächenermittlung von Grundstücken im Bereich von § 34 BauGB-Satzungen eine Einschränkung hinsichtlich ihrer baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit.

97

Die Vorteilslage besteht nicht oder nicht in vollem Umfang, wenn die Bebaubarkeit bzw. Nutzbarkeit eines Grundstücks durch darauf lagernde Altlasten (wie hier durch Munition, Munitionsteile und andere chemische Stoffe) im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht vollständig ausgeschlossen ist. Dies ist voraussichtlich erst dann der Fall, wenn auch eine Räumung bzw. Sanierung des Grundstücks tatsächlich nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen objektiv nicht vertretbar ist. Dann ist es sog. Unland gleichzusetzen, zu dem gem. § 45 Abs. 1 BewG die Betriebsflächen von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen gehören, die auch bei geordneter Wirtschaftsweise keinen Ertrag abwerfen können. Die Eintragung im Altlastenregister an sich bzw. die fehlende Entlassung der Klägerin aus der Störerverantwortlichkeit führt danach allerdings noch nicht zu einer fehlenden Vorteilslage, weil eine Sanierbarkeit gegeben sein könnte. Die Sanierungspflichten des Eigentümers nach § 4 Abs. 3 BBodSchG wiederum sind allein nicht ausreichend, eine Vorteilslage anzunehmen. Denn diese Pflichten sollen nach der Regelung lediglich Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für Einzelne oder die Allgemeinheit ausschließen (Satz 1) und es wird ausdrücklich auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgestellt (Satz 3).

98

Es spricht Überwiegendes dafür, dass im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagten nicht die Gesamtfläche eines Grundstücks durch Kontamination einer beitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit entzogen sein muss, um von einer fehlenden Bevorteilung auszugehen. Selbst wenn nur Teilflächen dieses Grundstücks derart betroffen sind, dürfte ein Vorteil für diese Teilflächen nicht gegeben sein. Dass bau(planungs)rechtlich nicht immer die gesamte Grundstücksfläche nutzbar ist, dürfte bei der Betroffenheit durch Altlasten weder dazu führen, dass diese Einschränkungen erst im Rahmen von Billigkeitsentscheidungen zu berücksichtigen sind, noch, dass hinsichtlich derart betroffener Flächen eine Gleichbehandlung mit den einen Verminderungszwang auslösenden öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 10. März 2006 - 4 L 250/05 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2178, 2181) vorzunehmen ist (a.M.: VGH Hessen, Urt. v. 17. Dezember 2003 - 5 UE 1734/02 -, zit. nach JURIS). Abgesehen davon, dass bei Anwendung des § 4 Abs. 3 Nr. 3 AAS 2012 schon auf Grund der ausdrücklichen Anordnung zur baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit der heranzuziehenden Grundstücksfläche eine solche Nutzbarkeit Voraussetzung für die Grundstücksflächenermittlung ist, besteht zwischen öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen und dem Ausschluss jeglicher Nutzbarkeit durch Altlasten ein substanzieller und auch rechtlich erheblicher Unterschied (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9. August 2006 - 4 L 255/06 -, zit. nach JURIS).

99

Die Ermittlung derart unsanierbarer Grundstücksflächen obliegt nach dem im Abgabenrecht geltenden Untersuchungsgrundsatz (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 88 AO) der Behörde, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 99 AO dazu Betretungsrechte hat. Sie kann dazu auch sachverständige Aussagen anderer Behörden, etwa der Landesanstalt für Altlastenfreistellung, verwenden. Jedoch hat der Grundstückseigentümer nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 90 Abs. 1 AO umfassende Mitwirkungspflichten bei der Ermittlung von Art und Umfang der Kontaminierungen. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin zu den bestehenden Altlasten ohne eine nähere Substanziierung wären daher keinesfalls ausreichend. Dies gilt umso mehr, weil die Klägerin einen Großteil der streitbefangenen Flächen zum Verkauf anbietet oder angeboten hat bzw. solche Flächen tatsächlich verkauft worden sind und schon deshalb zumindest eine erhebliche Indizwirkung dafür besteht, dass es sich dabei um baulich nutzbare Flächen handelt bzw. eine Sanierung wirtschaftlich vertretbar ist. Auf das Vorbringen der Klägerin, es seien auf jedem einzelnen der streitgegenständlichen Grundstücke selbständig baulich nutzbare, von Altlasten unbelastete oder nur unwesentlich unterhalb der Gefahrenschwelle belastete Grundflächen nicht vorhanden, kommt es schon deshalb nicht an, weil auch sanierungsfähige Flächen aus der Anschlussmöglichkeit einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen können. Es kann daher offen bleiben, ob diese Behauptung zudem nicht schon durch ihren sonstigen Vortrag und die dargestellten tatsächlichen Umstände zu dem Verkauf von Teilflächen widerlegt wird.

100

Zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht muss - falls das herangezogene Grundstück nicht schon tatsächlich an die zentrale Abwasserentsorgungseinrichtung angeschlossen ist - jedenfalls die gesicherte Möglichkeit der Anschlussnahme an die Einrichtung gegeben sein. In diesem Zusammenhang ist die Regelung des § 6 Abs. 1 AAS 2012, wonach die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der zentralen öffentlichen Schmutzwasseranlage für das zu entwässernde Grundstück entsteht, dahingehend auszulegen, dass dazu die betriebsfertige Herstellung des Hauptsammlers vor dem zu entwässernden Grundstück ausreicht. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist diese Regelung nicht zu unbestimmt. Die betriebsfertige Herstellung i.S.d. § 6 Abs. 1 AAS 2012 umfasst weiterhin nicht die Herstellung des Grundstücksanschlusses. Zwar gehören nach § 2 Abs. 8 Buchst. a Satz 2 der Abwassersatzung der Beklagten in der Fassung der 4. Novellierung vom 20. Juni 2002 in der Gestalt der 2. Änderungssatzung vom 10. März 2005 - AbwS - zur öffentlichen Einrichtung der zentralen Abwasseranlage auch die Grundstücksanschlüsse. Bei einer Erhebung von gesonderten Kosten für die Grundstücksanschlüsse, wie sie in den §§ 17 ff. AAS 2012 vorgesehen ist, genügt es für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, dass der Hauptsammler betriebsfertig hergestellt ist. Die in § 8 Satz 2 KAG LSA ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, für die Herstellung von Grundstücksanschlüssen auch dann Kostenerstattungen nach § 8 Satz 1 KAG LSA geltend zu machen, wenn der Grundstücksanschluss durch Satzung zum Bestandteil der öffentlichen Einrichtung bestimmt wurde, bewirkt eine Aufwandspaltung (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 8. September 2006 - 4 M 44/06 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1068, Rdnr. 2204). Daher ist es auch unbeachtlich, dass die Herstellung der Grundstücksanschlüsse als Teil der öffentlichen Einrichtung gem. § 11 Abs. 3 AbwS der (...) GmbH oder einem von ihr beauftragten Unternehmen obliegt.

101

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die Größe der Grundstücke und Hindernisse auf den Grundstücken die Zumutbarkeit der Anschlussmöglichkeit bestreitet, fehlt sowohl hinsichtlich einer Anschlussmöglichkeit der Vorderliegergrundstücke (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 542, Rdnr. 1050, Rdnr. 2205 jeweils m.w.N.) als auch hinsichtlich einer Anschlussmöglichkeit von Hinterliegergrundstücken (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1050b, Rdnr. 2211 jeweils m.w.N.; Rosenzweig/Freese, a.a.O., § 6 Rdnr. 243 m.w.N.) schon eine hinreichende Substanziierung. Die pauschale Auflistung von tatsächlichen Hindernissen ohne Anknüpfung an die konkrete Grundstückssituation und der bloße Hinweis auf eine „durchschnittliche Leitungslänge“ von „über 200 m“ und die bloße Rüge, das Verwaltungsgericht habe insbesondere verschiedene Kostenpositionen nicht ermittelt, ist nicht ausreichend. Darüber hinaus dürfte auch hier zu berücksichtigen sein, dass die Klägerin diese Flächen bzw. erhebliche Teile davon als Gewerbeflächen zum Verkauf anbietet und angeboten hat.

102

Soweit die Klägerin geltend macht, die Ermittlung der Vollgeschosszahlen, die sich bei Innenbereichsgrundstücken i.S.d. § 3 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 AAS 2012 gem. § 4 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. a und b AAS 2012 nach der höchsten Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse bei bebauten Grundstücken und der Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse bei unbebauten Grundstücken richtet, sei auf Grund von Ermittlungsfehlern im Einzelfall und auf Grund von mehreren methodischen Fehlern offenkundig verfehlt, lässt ihr Vorbringen nicht einmal ansatzweise erkennen, von welchen Vollgeschosszahlen stattdessen auszugehen sei. Ihr Einwand, der Begriff „nähere Umgebung“ sei zu unbestimmt, ist angesichts der gleichlautenden Formulierung in § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BauGB offensichtlich unbegründet (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16. Januar 2004 - 1 L 146/03 -, zit. nach JURIS). Der weiterhin geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich der benachbarten L... GmbH läuft auf eine unzulässige (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 2. September 2009 - 4 L 467/08 - und Beschl. v. 25. Juli 2006 - 4 M 293/06 -, jeweils zit. nach JURIS) Gleichbehandlung im Unrecht hinaus. Im Übrigen geht die Klägerin zu Unrecht von einer „flächendeckenden Heranziehung mit zwei Vollgeschossen“ aus. In dem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 hat die Beklagte für mehrere Grundstücke nur noch eine (Umgebungs)Bebauung von einem Vollgeschoss angenommen und die Beiträge entsprechend festgesetzt.

103

Eine Aufrechnung mit dem von der Klägerin schon gezahlten Betrag in Höhe von 20.000,- € ist schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich dabei nicht um einen Gegenanspruch i.S.d. § 13a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA i.V.m. § 226 Abs. 3 AO handelt.

104

Hinsichtlich der Aufrechnung mit einer Rückforderung in Höhe von 95.752,50 € aus einem Ablösevertrag nach dem Baugesetzbuch müsste für die Frage, ob diese Forderung i.S.d. § 226 Abs. 3 AO unbestritten ist, im Einzelnen geprüft werden, wann die Beklagte den Anspruch bestritten hat und ob diese Erklärung nicht als verspätet angesehen werden muss (vgl. dazu Pahlke, AO, 2. A., § 226 Rdnr. 32; Klein, AO, 11. A., § 226 Rdnr. 40; vgl. auch BFH, Urt. v. 5. Februar 1985 - VII R 124/80 -, zit. nach JURIS).

105

Eine fehlerhafte Anwendung der satzungsrechtlichen Billigkeitsregelungen nach § 6c Abs. 3 KAG LSA hat die Klägerin lediglich behauptet, ohne substanziiert darzustellen, für welche Grundstücke eine abweichende Berechnung des Beitrages geboten gewesen wäre.

106

Der bloße Einwand, ihr Eigentum werde „gänzlich ausgehöhlt“ und die Belastungen durch staatliche Forderungen überstiegen den jeweiligen Grundstückswert, ist schließlich - unabhängig von der fehlenden Konkretisierung und Substanziierung dieser Behauptung - von vornherein nicht geeignet, im Rahmen einer Anfechtungsklage Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung zu wecken. Insoweit müsste die Klägerin mit einer Verpflichtungsklage Billigkeitsmaßnahmen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 163 Abs. 1 AO oder nach § 13a Abs. 1 KAG LSA i.V.m. § 227 AO verfolgen.

107

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin voll obsiegt, für das erstinstanzliche Verfahren ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Klage unzulässig war. Im Rahmen der Kostenentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO über den durch die Erledigungserklärungen erfassten Teil des Rechtsstreits entspricht es billigem Ermessen, dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens trägt. Denn die Klage hätte auch hinsichtlich der insoweit betroffenen Grundstücke Erfolg gehabt.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.