Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 13. Feb. 2015 - 4 K 395/13

published on 13/02/2015 00:00
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 13. Feb. 2015 - 4 K 395/13
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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt festzustellen, dass die Versammlung des Landesverbandes Baden-Württemberg der NPD am 03.10.2012 in Heidelberg durch die Beklagte rechtswidrig verhindert wurde.
Der Landesverband Baden-Württemberg der NPD (im Folgenden: NPD-Landes-verband) meldete mit Schreiben vom 27.09.2012 eine Versammlung unter freiem Himmel für den 03.10.2012 in Heidelberg an. Mit Verfügung vom 02.10.2012 verbot die Beklagte die Versammlung und ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe stellte mit Beschluss vom 02.10.2012 - 4 K 2369/12 - die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des NPD-Landesverbandes gegen diese Verfügung ohne Modifikationen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO wieder her. Dieser Beschluss wurde rechtskräftig.
Angemeldet war eine Versammlung unter freiem Himmel zu dem Thema: “Deutschland einig Vaterland - in Gedenken an Otto von Bismarck“, beginnend um 13:00 Uhr. Als Demonstrationsroute war angegeben, sich am Bismarckplatz zu sammeln, eine Auftaktkundgebung abzuhalten und dann durch die Stadt weiter zur Bismarcksäule zu gehen. Dort sollte eine Zwischenkundgebung stattfinden. Der Rückmarsch sollte über den Philosphenweg und die Ladenburger Straße, in die Brückenkopfstraße zur Theodor-Heuss-Brücke, über die Sophienstraße und die Bergheimer Straße zum Zwischenkundgebungsort an der Kreuzung Bergheimer Straße/Thibautstraße erfolgen. Danach sollte der Zug u. a. über die Mittermaierstraße zum Bahnhofsvorplatz gelangen, wo es zur Abschlusskundgebung und Beendigung der Versammlung um 19:00 Uhr kommen sollte. Des Weiteren waren zwei Alternativstrecken genannt. Erwartet wurden etwa 100 Personen. Als Versammlungsleiter war der als Zeuge vernommene xxx benannt.
Zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Durchführung der Veranstaltung aufgrund des stattgebenden Beschlusses des VG Karlsruhe vom 02.10.2012 erließ die Beklagte noch am 02.10.2012 eine Verfügung und ordnete darin Auflagen (Nr. 1 bis 15) zu räumlichen und zeitlichen Vorgaben, der Versammlungsleitung, der Bekanntgabe der Auflagen, den Ordnern, dem Mitführen von Transparenten, dem Lausprecherbetrieb, dem Verbot des Laufens und Sprintens, dem Vermummungsverbot und weitere Einzelheiten an. In Nr. 16 ist die sofortige Vollziehung ausdrücklich angeordnet. Auch diese Verfügung wurde bestandskräftig.
Am 01.10.2012 veröffentlichte der Presse- und Informationsdienst der Stadt Heidelberg u.a. auch im Internet den Text mit der Überschrift „In Heidelberg kein Platz für Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit“ vom 01.10.2012. Ebenfalls am 01.10.2012 riefen der DGB Heidelberg Rhein Neckar und der Kreisverband der Grünen Heidelberg zum Widerstand gegen geplante NPD-Aktionen auf unter dem Motto "Keine Chance für Nazis".
Zum Ablauf der Demonstration wird auf den Bericht des Polizeiführers vom 06.11.2012 sowie auf die vom Kläger vorgelegte DVD sowie auf das Ergebnis der Zeugenvernehmung verwiesen. Danach trafen die Teilnehmer der Demonstration des NPD-Landesverbandes, nach Aktenlage etwa 70 bis 80 Personen, am Bahnhof Heidelberg um ca. 12:30 Uhr ein und konnten mithilfe der Polizei - vorbei an einer (sitzenden) Demonstrationsgruppe im Hauptbahnhof - das Bahnhofsgebäude über ein dortiges Café verlassen und sich vor dem Hauptbahnhof sammeln. Der Bahnhofsvorplatz war durch Absperrungen gesichert, dahinter befanden sich ca. 1.800 bis 2.000 Gegendemonstranten des sog. bürgerlichen Lagers.
Die Polizei richtete vor dem Hauptbahnhofsgelände ca. um 14:00 Uhr einen Aufruf an alle Heidelberger Bürger, mit dem sie bekanntgab, dass die Demonstration des NPD-Landesverbandes vom Verwaltungsgericht genehmigt worden sei und dass die Polizei diesen Aufzug gewährleisten müsse. Sie forderte über Megaphon dazu auf, „den Bereich zwischen dem Hauptbahnhof und der Print-Akademie sowie den davor liegenden Bereich zwischen dem Hauptbahnhof und Print-Akademie sowie den davor liegenden Bereich der Kurfürstenanlage“ freizugeben. Dem leisteten die ca. 1.800 bis 2.000 Gegendemonstranten nicht Folge. Diese Durchsage war laut Polizeisprecher um „14:07 Uhr“ beendet.
Der Polizeisprecher richtete sich mit Megaphon kurze Zeit später an die Gegendemonstranten und teilte mit, dass sie die Grundrechte anderer beeinträchtigten. Er gab Folgendes bekannt: „Auf Anordnung der Versammlungsbehörde der Stadt Heidelberg werden Sie hiermit aufgefordert, diese Blockade sofort zu beenden. Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, werden wir den Bereich vor dem Hauptbahnhof und der Kurfürstenanlage gegebenenfalls zwangsweise räumen. Entstehende Kosten können Ihnen in Rechnung gestellt werden. Die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme durch die Stadt Heidelberg ist hiermit angeordnet. Ende dieser Durchsage. Es ist nun 14 Uhr und 25 Minuten“. Diese Durchsage wiederholte der Polizeisprecher ca. 20 Minuten später. Die Anordnung blieb erfolglos.
Die Gegendemonstranten wurden nicht zwangsweise entfernt. Die Teilnehmer der NPD-Demonstration blieben vor dem Hauptbahnhof auf einem von der Vollzugspolizei abgesperrten Bereich. Eine vom Versammlungsleiter dem Vertreter der Versammlungsbehörde und dem Polizeieinsatzleiter vorgeschlagene Alternativroute, die vorsah, den Bahnhof seitlich zu verlassen, um über einen freien Weg zwischen den abgestellten Fahrrädern das Bahnhofsgelände zu verlassen und gegebenenfalls die Demonstrationsroute rückwärts zu gehen, wurde nicht freigegeben. Letztlich zogen sich die Teilnehmer der NPD-Demonstration in den Bahnhof zurück, ohne dass gegenüber ihnen eine Anordnung der Beklagten erging.
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Am 15.02.2013 hat der Kläger Klage gegen die Beklagte mit dem Antrag erhoben, festzustellen, „dass die Verhinderung des Demonstrationszuges des NPD-Landes-verbandes Baden-Württemberg am 03.10.2012 in Heidelberg rechtswidrig war.“ Zusammen mit der Klage hat der Kläger Prozesskostenhilfe beantragt und erklärt: „Überreiche ich die Klagschrift in dreifacher Ausfertigung mit der Maßgabe, diese nicht vor Gewährung der Prozesskostenhilfe zuzustellen.“ Zur Begründung seiner Klage hat er vorgetragen, er habe an der Versammlung des Landesverbandes teilgenommen. Die Beklagte habe bereits im Vorfeld durch gezielte Indiskretionen dafür gesorgt, dass eine Vielzahl von Gegendemonstranten angemeldet worden seien und dass gewaltbereite Personen aus dem Lager der Gegendemonstranten in unmittelbarer Nähe der Versammlung und des vorgesehenen Demonstrationswegs sein würden. Die Demonstration des NPD-Landesverbandes sei blockiert worden. Mitarbeiter der Beklagten seien vom Versammlungsleiter des NPD-Landesverbandes gebeten worden, unter Zuhilfenahme der vorhandenen Polizeikräfte die Demonstrationsstrecke zu räumen, sie hätten dies jedoch verweigert.
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Mit Beschluss vom 09.09.2013 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die erhobene Feststellungsklage abgelehnt. Auf die Beschwerde des Klägers“ hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 03.12.2013 (1 S 2062/13) den Beschluss des VG Karlsruhe geändert und dem Kläger für das Verfahren im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt xxx als Prozessbevollmächtigten zu den Bedingungen eines im Bezirk des Verwaltungsgerichts Karlsruhe niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet. Dieser Beschluss wurde dem Kläger-Vertreter am 18.12.2013 zugestellt.
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Mit dem am 10.01.2014 beim VG Karlsruhe eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers „nachgefragt, ob das Verwaltungsgericht das Verfahren nun betreiben möchte und nach Prozesskostenhilfegewährung die Klage zugestellt hat.“ Auf den gerichtlichen Hinweis vom 13.01.2013, dass innerhalb von zwei Wochen nach dem Ergehen des PKH-Beschlusses eine ordnungsgemäße - insbesondere unbedingte - Klage bei Gericht eingegangen sein müsse, hat der Prozessbevollmächtigte mit dem per Fax am 23.01.2014 eingegangenen Schriftsatz vom 22.01.2014 erklärt, dass eine Klagschrift in dreifacher Ausfertigung übermittelt worden sei und dass die Zustellung durch das Verwaltungsgericht nach Gewährung der Prozesskostenhilfe hätte erfolgen müsse. Soweit das Gericht die Auffassung vertrete, dass die vorliegende Klage nicht zulässig sei, werde die Klage nochmals erhoben. Dies wiederholte der Kläger-Vertreter am 23.03.2014.
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In der mündlichen Verhandlung am 08. Dezember 2014 und am 13. Februar 2015 beantragte der Kläger,
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festzustellen, dass die Verhinderung des Demonstrationszuges des NPD-Landesverbandes Baden-Württemberg am 03.10.2012 in Heidelberg rechtswidrig war.
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Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Er habe an dieser Versammlung und dem späteren Demonstrationszug teilnehmen und sein Recht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerung nutzen wollen. Dies sei ihm durch das Zusammenwirken der Beklagten, der eingesetzten Polizeikräfte und der gewaltbereiten Gegendemonstranten verwehrt worden. Bereits im Vorfeld habe die Beklagte durch gezielte Indiskretionen dafür gesorgt, dass eine Vielzahl von Gegendemonstranten angemeldet worden sei. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass bei den Gegendemonstranten nicht nur friedfertige Bürger zu finden seien, die ebenfalls ihr Recht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerung wahrnehmen wollten, sondern auch sogenannte gewaltbereite Autonome sowie „Kämpfer der antifaschistischen Bewegung“. Diese Personen seien bekanntermaßen extrem gewaltbereit und schreckten nicht davor zurück, Leib und Leben von Demonstranten, die eine von ihnen nicht gebilligte Meinung vertreten würden, zu gefährden. Die Beklagte habe im Vorfeld dafür gesorgt, dass ein hohes Gefährdungspotential geschaffen und die gewaltbereiten Personen in unmittelbarer Nähe der geplanten Versammlung und des Demonstrationsweges des NPD-Landesverbandes sein würden. Es sei gekommen wie es habe kommen müssen, dass der Demonstrationsweg blockiert worden sei. Dies sei bekanntermaßen ein Straftatbestand. Darauf seien die Mitarbeiter der Beklagten hingewiesen worden und sie seien gebeten worden, unter Zuhilfenahme der vorhandenen Polizeikräfte die Demonstrationsstrecke zu räumen. Dies sei verweigert worden. Im Klartext bedeute dies, dass die Polizei und Versammlungsbehörde zugesehen hätten, dass Personen Straftaten begangen hätten, nur um das von Anfang an verfolgte Ziel zu erreichen, den Demonstrationszug des NPD-Landesverbandes zu verhindern. Dieses Verhalten bzw. Unterlassen verletze ihn in seinen Rechten. Nachdem vor Ort klargewesen sei, dass die gewählte Demonstrationsroute nicht begehbar sei, habe der Versammlungsleiter Kontakt mit den Bediensteten der Beklagten gesucht, um eine Alternativroute zu marschieren, d.h. vom Versammlungsort weg über eine andere bisher nicht blockierte Straße, die auch mit den vorhandenen Polizeikräften leicht abzusperren gewesen wäre. Dies habe die Beklagte kategorisch verweigert, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre, den Demonstrationszug zu ermöglichen. Es werde beantragt, die umfangreichen Videodokumentationen der Polizei beiziehen und Einsatzberichte vorlegen zu lassen.
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Die Klage sei zulässig. Es bestehe eine Wiederholungsgefahr sowie ein Rehabilitationsinteresse. Die „Fortsetzungsfeststellungsklage“ sei auch begründet. Soweit die Beklagte bezweifle, dass er Teilnehmer der NPD-Demonstration am 03.10.2012 in Heidelberg gewesen sei, könne dies mit den Videoaufnahmen auf der am 08.12.2014 dem Gericht übergebenen DVD belegt werden, die er erst kürzlich erhalten habe, ebenso aufgrund der Veröffentlichung im Internet auf der Seite www.xxx.
17 
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
19 
Sie ist der Ansicht, die Klage sei unzulässig. Die Klagerhebung dürfe nicht von außerprozessualen Bedingungen abhängig gemacht werden. Nachdem der Kläger auf einigen Videos auf der am 08.12.2014 vorgelegten DVD erkennbar sei, werde seine Teilnahme an der Demonstration am 03.12.2012 nicht mehr bestritten.
20 
Eine Bilddokumentation der Vorgänge anlässlich der Demonstration am 03.10.2012 könne nicht vorgelegt werden, sie sei gelöscht worden. Auch Unterlagen zur Polizeistärke und ihrer Zusammensetzung am 03.12.2012 existierten nicht. In der Sitzung am 19.02.2015 erklärte sie, der Vertreter der Versammlungsbehörde habe die an die Gegendemonstranten gerichtete versammlungsrechtliche Anforderung mit Sofortvollzug getroffen, den Bereich zum Bahnhofsvorplatz zu räumen, um die Demonstration zu ermöglichen. Der Vertreter der Versammlungsbehörde habe zusammen mit dem Polizeiführer die Entscheidung getroffen, den Weg für den NPD-Landesverband aus Sicherheitsgründen nicht freizugeben. Auf die diesbezüglichen Zeugenaussagen werde verwiesen. Der Demonstrationszug des NPD-Landesverbandes sei nicht durch Maßnahmen von ihrer Seite verhindert worden.
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Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung der Berichterstatterin anstelle der Kammer einverstanden. In der mündlichen Verhandlung am 08.12.2014 hat das Gericht durch Abspielen eines Teils der Videoaufnahmen auf der vom Kläger vorgelegten DVD, durch Verlesen eines Teils des verständlichen Textes der Nummern 0021,0023, 0028 der Videoaufnahmen auf der vom Kläger vorgelegten DVD sowie der Vernehmung von drei Zeugen Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die darüber gefertigten Protokolle vom 13.02.2015 sowie die DVD verwiesen. Dem Gericht liegt eine Verwaltungsakte der Beklagten (2 Hefte) sowie die Verwaltungsgerichtsakten im vorausgegangenen Eilverfahren (4 K 2369/12) vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt und den der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klage ist als Feststellungsklage wirksam am 23.01.2014 erhoben worden und diese Klage ist auch sonst zulässig (1.). Sie ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat den Demonstrationszug des NPD-Landes-verbandes Baden-Württemberg am 03.10.2012 in Heidelberg nicht rechtswidrig behindert (2.).
23 
Streitgegenstand ist die mit dem Feststellungsantrag begehrte Feststellung, dass die Beklagte den Demonstrationszug des NPD-Landesverbandes rechtswidrig verhindert habe. Obgleich im Schriftsatz vom 15.02.2013 als auch in dem vom 24.03.2014 die Rede von einer „Fortsetzungsfeststellungklage“ ist, und zwar im Betreff sowie in den Gründen, geht es dem Kläger nicht um die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Versammlungsverbots der Stadt Heidelberg vom 02.10.2012 oder der Auflagenverfügung von gleichen Tag, sondern um die Feststellung, dass die Beklagte den Demonstrationszug des NPD-Landesverbandes rechtswidrig verhindert habe. Dies hat der Kläger-Vertreter in der Sitzung am 08.12.2014 klargestellt.
1.
24 
Mit den am 15.02.2013 eingegangenen Schriftsätzen hat der Kläger nicht wirksam Klage erhoben. Die Klagschrift ist ein bestimmender Schriftsatz. Mit ihrer Einreichung beim VG ist Klage erhoben (§ 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO); die Streitsache ist rechtshängig (§ 90 Abs. 1 VwGO). Eine solche Erklärung verträgt keine Bedingung (BVerwG, Urt. v. 17.01.1980 - 5 C 32/79 - NJW 1981, 698 ff. m.w.N.). Eine wirksame Klageerhebung liegt auch dann noch nicht vor, wenn ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt wird, in dem auf einen beigefügten Klageentwurf verwiesen wird, auch wenn Letzterer als Klage unterschrieben und vom Prozessbevollmächtigten unterzeichnet ist, wie es hier mit dem ebenfalls am 15.02.2013 eingegangenen Schriftsatz geschehen ist. Die Erklärung des Klägers im Schriftsatz vom 15.02.2013, dass die Klagschrift mit der Maßgabe überreicht wird, „diese nicht vor Gewährung der Prozesskostenhilfe zuzustellen“, ist eindeutig als Bedingung zu verstehen, nämlich, dass die im Betreff und in den Gründen als „Fortsetzungsfeststellungsklage“ bezeichnete Klage nur unter der Bedingung erhoben wird, dass Prozesskostenhilfe gewährt wird. Eine solche Klage ist unzulässig (BVerwG, Urt. v. 17.01.1980, aaO, m.w.N. zu einer fristgebundenen Klage).
25 
Zulässig, insbesondere unbedingt, erhoben ist jedoch die Feststellungsklage mit dem per Fax am 23.01.2014 eingegangenen Schriftsatz vom „22.01.2014“. Die (erneut) am 23.03.2014 erhobene „Fortsetzungsfeststellungklage“ bestätigt, dass bereits am 23.01.2014 unbedingt Klage erhoben worden ist. Sie ist auch sonst wirksam erhoben worden. Diese Feststellungsklage (§ 43 VwGO) ist ohne Vorverfahren zulässig und nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden (VGH Bad.-Württ, Urt. v. 02.08.2012 - 1 S 618/12 - unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 ff.; zur Fortsetzungsfeststellungklage: Strnischa, NVWZ 2005, 267, S. 269 m.w.N.). Sie ist im Hinblick auf die Zustellung des Prozesskostenbewilligungsbeschlusses am 18.012.2013 nicht verwirkt.
26 
Auch ein Feststellungsinteresse ist gegeben. Ein solches kann sich nach ständiger Rechtsprechung ebenso wie das Fortsetzungsfeststellungsinteresse aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Zusätzlich kommt unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (BVerwG, Beschl. v. 25.06.2013 - 1 WB 47/12 - m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - NJW 2004, 2510 f.). Maßgeblich ist hinsichtlich der Sachurteilsvoraussetzungen die gegenwärtige Sach- und Rechtslage (BVerwG, Urt. v. 15.11.1990 - 3 C 49/87 - NVwZ 1991, 570).
27 
Gemessen daran hat der Kläger ein berechtigtes Feststellungsinteresse. Er hat seine Anwesenheit bei der Demonstration des NPD-Landesverbandes in Heidelberg am 03.12.2012 und seine Teilnahme daran nachgewiesen. Das erkennende Gericht und die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung am 08.12.2014 durch Abspielen einiger Videoaufnahmen, die sich auf der vom Kläger am 08.12.2014 überreichten DVD befinden, mithilfe des im Sitzungssaal befindlichen Bildschirms einen Eindruck über das Demonstrationsgeschehen verschafft. Das Gericht ist aufgrund dieser Dokumentation überzeugt, dass der Kläger am 03.10.2012 an der Demonstration des NPD-Landesverbandes teilgenommen hat. Er war auf einigen Videos, u.a. den Nrn. 24, 29, 30, 32, 34, eindeutig erkennbar. Ein Feststellungsinteresse ist wegen der möglichen Verletzung in Art. 8 Abs. 1 GG zu bejahen, weil der Demonstrationsweg nicht wie angemeldet und alternativ angeboten, verlaufen ist.
2.
28 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Versammlungsbehörde der Beklagten vor Ort die Entscheidung getroffen, die Gegendemonstranten nicht zwangsweise zu entfernen und den Weg für die angemeldete Route über die Kurfürstenanlage sowie eine Alternativroute nicht freizumachen, weshalb die Stadt Heidelberg die richtige Beklagte ist (2.1.). Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte den Demonstrationszug des NPD-Landesverbandes Baden-Württemberg am 03.10.2012 in Heidelberg rechtswidrig verhindert hat (2.2.). Ferner ist die Entscheidung der Versammlungsbehörde, die während der Versammlung vom Versammlungsleiter des NPD-Landesverbandes angebotene Alternativroute mithilfe des Einsatzes von Polizeikräften nicht freizumachen, rechtsfehlerfrei; sie verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 GG (2.3.).
2.1.
29 
Davon, dass die Stadt Heidelberg, nicht die Vollzugspolizei, über die in Frage stehenden Anordnungen und Ablehnungen am Ort des Demonstrationsgeschehens entschieden hat, und deshalb die richtige Beklagte für das Feststellungsbegehren ist, ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung überzeugt. Der beim streitgegenständlichen Geschehen anwesend gewesene Vertreter der Versammlungsbehörde der Beklagten, der Zeuge xxx, hat nach seinem Bekunden die - mit Sofortvollzug versehene - Anordnung an die Gegendemonstranten, den Platz vor dem Hauptbahnhof in Heidelberg freizumachen, erlassen. Diese Überzeugung beruht auf den Angaben der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen xxx und des Polizeiführers xxx sowie den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Videoaufnahmen auf der vom Kläger übergebenen DVD. Diese wurden zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Der hörbare Text auf den Videos der Nummern 0021, 0023 und 0028 wurde verlesen und den Zeugen xxx sowie xxx vorgehalten. Danach wurden die Gegendemonstranten zunächst von der Polizei über Megaphon aufgefordert, den Platz zu räumen. Nachdem diese Aufforderung erfolglos blieb, gab der Polizeisprecher etwa um 14:25 Uhr die ausdrücklich als „Anordnung der Stadt Heidelberg“ bezeichnete Anordnung gegenüber den Gegendemonstranten bekannt, den näher bezeichneten Bahnhofsvorlatz und das Gelände zu räumen. Der Sofortvollzug wurde für diese Anordnung angeordnet. Sie wurde kurze Zeit später erneut vom Polizeisprecher über Megaphon bekannt gegeben, aber nicht befolgt.
30 
Sowohl der als Zeuge vernommene Vertreter der Versammlungsbehörde (xxx) als auch der als Zeuge vernommene Polizeiführer (xxx) haben übereinstimmend bekundet, dass sie in gegenseitiger Absprache, also gemeinsam, beraten hätten und dass der Vertreter der Versammlungsbehörde die bekanntgemachte Anordnung getroffen und des Weiteren entschieden habe, die Demonstrationsroute nicht - etwa mithilfe eines Polizeieinsatzes - zwangsweise freimachen sowie keine Alternativroute nicht freizugeben.
31 
Die Ausführungen des Polizeiführers xxx im Bericht vom 06.11.2012, die dahin verstanden wurden und auch werden können, dass er allein entscheiden habe, die Demonstrationsroute für den NPD-Landesverband nicht freizugeben und keine Alternativroute freizumachen, hat der Polizeiführer bei seiner Vernehmung als Zeuge auf Nachfrage des Gerichts und der Beteiligten anders dargestellt. Er hat bekundet, dass er die Situation nur in „polizeilicher“ Hinsicht beurteilt und sich mit dem Vertreter der Versammlungsbehörde abgesprochen und dass dieser entschieden habe. Der Polizeiführer hat nachvollziehbar erklärt, dass er (nur) unter „polizeilichen“ Gesichtspunkten die Möglichkeit beurteilt habe, ob und wie die angemeldet gewesene Demonstrationsroute trotz der erheblichen Zahl der Gegendemonstranten freigemacht werden könnte und dass er dies vor dem Hintergrund des Wasserwerfereinsatzes in xxx wegen der Besonderheiten in Heidelberg abgelehnt habe. Ausschlaggebend dafür seien die nicht homogene Zusammensetzung des bürgerlichen Lagers, die unter den Gegendemonstranten befindlichen Kinder sowie gewaltbereiten Teilnehmer sowie die schwer überschaubaren Örtlichkeiten gewesen. Der Polizeiführer hat in der mündlichen Verhandlung anhand des vom Kläger vorgelegten Lageplans (s. Anlage zum Protokoll vom 08.12.2014) erläutert, dass er es unter Sicherheitsaspekten abgelehnt habe, den angemeldet gewesenen Weg freizumachen, ebenso die Alternative, den Bahnhof seitlich über eine Weg zwischen den am Bahnhofsplatz abgestellten Fahrrädern. Ein unauflösbarer Widerspruch zu seinem schriftlichen Bericht vom 06.11.2012 liegt darin nicht, weil dieser nicht unter der hier entscheidungserheblichen Fragestellung, wer an Ort und Stelle über den Polizeieinsatz entschieden hat, die Polizei oder die Beklagte, erstellt wurde, sondern im Zusammenhang mit einer Anzeige der NPD gegen ihn als Polizeileiter wegen Nötigung. Der Bericht war an die Staatsanwaltschaft Heidelberg gerichtet.
32 
Der als Zeuge vernommene Vertreter der Versammlungsbehörde hat bestätigt, dass er nach Absprache mit dem Polizeiführer die Entscheidungen vor Ort getroffen habe. Dies waren die an die Gegendemonstranten ergangene Anordnung unter Sofortvollzug, den Platz zu räumen, und die Ablehnung einer vom Versammlungsleiter des NPD-Landesverbandes angebotenen Alternativroute gegenüber diesem. Aufgrund der Vernehmung beider Zeugen ist deutlich geworden, dass der Polizeiführer die Situation nur unter „polizeilichen“ Sicherheitsaspekten, nämlich im Hinblick auf alle tatsächlichen und denkbaren Gefahren beurteilt hat und sich dabei auch auf Erkenntnisse seiner Mitarbeiter gestützt hat. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und Einschätzungen hat der Vertreter der Versammlungsbehörde die versammlungsrechtliche Entscheidungen getroffen. Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Angaben beider Zeugen zu zweifeln. Soweit der Zeuge xxx bekundet hat, er habe vor Ort nur mit der Polizei, vermutlich auch mit dem Polizeisprecher xxx verhandelt, widerspricht dies nicht der Darstellung der Zeugen xxx und xxx. Beide Zeugen haben diese Vorgehensweise eingeräumt. Die Beklagte hat ihre gegenteiligen Behauptungen, allein die Polizei habe vor Ort gehandelt, nach Anhörung des Zeugen xxx nicht mehr aufrecht erhalten.
33 
Zur Klarstellung ist anzumerken, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, abgesehen von der Auflagenanordnung vom 02.10.2012 keine das Versammlungsrecht des Klägers beschränkende Verfügung seitens der Beklagten gegenüber ihm oder dem Versammlungsleiter der NPD-Demonstration bzw. den NPD-Demonstranten erlassen wurde. Gegenüber dem Versammlungsleiter wurde über die Auflagenanordnung vom 02.10.2012 hinaus insbesondere keine Bestimmung über den Ort der NPD-Versammlung getroffen, wodurch das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters verletzt sein könnte (BVerwG, Beschl. v. 06.05.2005, - 1 BvR 961/05 -).
2.2.
34 
Die Beklagte hat in Bezug auf die angemeldete und aufgrund des Beschlusses des VG Karlsruhe vom 02.10.2012 (- 4 K 2369/12 -) unter Einhaltung der Auflagenanordnung vom 02.10.2012 zulässig gewesene Demonstration weder durch ihr Verhalten vor der Versammlung, noch durch Anordnungen, noch durch zurechenbares Unterlassen die Demonstration des NPD-Landesverbandes am 03.10.2012 in Heidelberg und damit Rechte des Klägers unter Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG verhindert. Die von der Beklagten getroffenen Entscheidungen, die Auflagenverfügung vom 02.10.2012 und die, die Gegendemonstranten nicht zwangsweise zu entfernen bzw. die angemeldete Demonstrationsroute freizumachen, um den Weg für die angemeldete Demonstration des NPD-Landesverbandes zu ermöglichen, stehen in Einklang mit Art. 8 Abs. 1 GG. Sie sind verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VersG; zum Ganzen: Dieter/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, 15. Aufl., 415 Rn. 145 ff). Zu darüberhinausgehenden oder anderen Maßnahmen bis hin zur Auflösung der Versammlung der Gegendemonstranten war die Versammlungsbehörde nach Art. 8 Abs. 1 GG aufgrund der konkreten Gegebenheiten und des Demonstrationsgeschehens nicht verpflichtet.
35 
Soweit der Kläger-Vertreter vorträgt, die Beklagte habe im Vorfeld durch gezielte Indiskretionen dafür gesorgt, dass eine Vielzahl von Gegendemonstrationen angemeldet worden sei, ist kein rechtswidriges Verhalten erkennbar, das zur Verhinderung des Demonstrationszuges des NPD-Landesverbandes am 03.10.2012 geführt haben könnte. Es kann schon von Indiskretionen nicht die Rede sein. Der vom Presse- und Informationsdienst der Stadt Heidelberg u.a. auch im Internet veröffentlichte Text mit der Überschrift „In Heidelberg kein Platz für Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit“ vom 01.10.2012 wurde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
36 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Staat durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) gehalten, die Grundrechtsausübung möglichst vor Störungen und Ausschreitungen Dritter zu schützen und behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer zu richten, um die Durchführung der Versammlung zu ermöglichen (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006 – 1 BvQ 14/06 – Rn. 9 m.w.N. ). Gegen die Versammlung selbst darf in solchen Fällen nur ausnahmsweise, und zwar nur unter den besonderen Voraussetzungen des sogenannten polizeilichen Notstandes eingeschritten werden. Vorausgesetzt ist, dass die Gefahr auf andere Weise nicht abgewehrt und die Störung auf andere Weise nicht beseitigt werden kann und die Verwaltungsbehörde nicht über ausreichende eigene, eventuell durch Amts- und Vollzugshilfe ergänzte, Mittel und Kräfte verfügt, um die gefährdeten Rechtsgüter wirksam zu schützen (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006, aaO u. Beschl. v. 26.03.2001 - 1 BvQ 15/01 - NJW 2001, 1411 <1412>).
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Mit Art. 8 GG wäre es nicht zu vereinbaren, dass bereits mit dem Bevorstehen einer Gegendemonstration, deren Durchführung den Einsatz von Polizeikräften erfordern könnte, erreicht werden kann, dass dem Veranstalter der angemeldeten Versamm-lung die Möglichkeit genommen wird, sein Demonstrationsanliegen zu verwirklichen. Deshalb muss vorrangig versucht werden, den Schutz der Versammlung auf andere Weise durchzusetzen (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006, aaO, m.w.N.). Der Staat darf insbesondere nicht dulden, dass friedliche Demonstrationen einer bestimmten politischen Richtung durch gewalttätige Gegendemonstrationen verhindert werden. Drohen Gewalttaten als Gegenreaktion auf Versammlungen, so ist es Aufgabe der zum Schutz der rechtsstaatlichen Ordnung berufenen Polizei, in unparteiischer Weise auf die Verwirklichung der Versammlungsfreiheit für alle Grundrechtsträger hinzuwirken. In diesem Zusammenhang kann gegebenenfalls zu prüfen sein, ob der Anlass für ein auf polizeilichen Notstand gestütztes Versammlungsverbot oder für beeinträchtigende Auflagen durch Modifikationen der Versammlungsmodalitäten, durch die der konkrete Zweck der Versammlung nicht vereitelt wird, entfallen kann (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006, aaO; BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006, aaO, unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 24.03.2001 - 1 BvQ 13/01 - NJW 2001, 2069 ff. u. v. 26.03.2001, aaO u. v. 02.12.2005 - 1 BvQ 35/05 - ).
38 
Die vom NPD-Landesverband angemeldet gewesene Versammlung unter freiem Himmel zu dem Thema: “Deutschland einig Vaterland - in Gedenken an Otto von Bismarck“ war unter Einhaltung der am 02.10.2012 verfügten Auflagen zulässig. Das Thema selbst verstößt nicht gegen Strafvorschriften (s. Beschl. des VG Karlsruhe vom 02.10.2012 - 4 K 2369/12 -) und ist mit Art. 8 Abs. 1 GG vereinbar. Ebenfalls unter den Schutz von Art. 8 Abs. 1 GG fiel die Gegendemonstration unter dem Motto "Keine Chance für Nazis". Dieses Motto war nicht nur darauf gerichtet, die Versammlung des NPD-Landesverbandes zu verhindern. Damit war eine Meinungskundgabe verbunden (BVerfG, Beschl. v. 07.03.2011 – 1 BvR 388/05 Rn. 32), die sich gegen die vom NPD-Landesverband vertretene Auffassung richtete.
39 
Der Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG bestand für die Gegendemonstranten auch dann, falls einzelne Gruppierungen der anwesenden Demonstranten des „bürgerlichen Lagers“ nicht angemeldet waren. Die Anmeldepflicht aus § 14 Abs. 1 VersG gilt nicht für eine sich ungeplant aus aktuellem Anlass grundsätzlich ohne Einladung und Versammlungsleiter bildende Spontanversammlung, soweit der mit ihr verfolgte Zweck bei Einhaltung der Anmeldepflicht nicht erreicht werden könnte (BVerfG, Beschl. v. 26.10.2004 - 1 BvR 1726/01 - ), was hier nicht in Abrede gestellt werden kann.
40 
Vor dem Hintergrund des Zusammentreffens der Versammlung des NPD-Landesverbandes mit etwa 70 Teilnehmern mit einer großen Anzahl (ca. 1.800 bis 2.000) von Gegendemonstranten vor dem Hauptbahnhof in Heidelberg war die Versammlungsbehörde verpflichtet, beiden durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützten Versammlungen zur optimalen Durchführung zu verhelfen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.12.2013 - 1 S 2062713 -). Dem ist Rechnung getragen worden. Die Auflagenanordnung vom 02.10.2012 war geeignet, um die angemeldet gewesene Demonstration zu sichern, und sie war verhältnismäßig. Dagegen hat der Kläger-Vertreter keine Einwände erhoben. Ebenfalls geeignet und verhältnismäßig war die an die Gegendemonstranten gerichtete - zweimal durch den Polizeisprecher bekannt gegebene - Anordnung am 03.10.2012, den Weg über die Kurfürstenanlage freizumachen, für die der Sofortvollzug angeordnet war.
41 
Dass der Vertreter der Versammlungsbehörde vor Ort die zwangsweise Entfernung der Gegendemonstranten bzw. eine auf die Durchsetzung der sofort vollziehbaren Anordnung abzielende Maßnahme nicht angeordnet hat, verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 GG zu Lasten des Klägers. Die zwangsweise Entfernung der Gegendemonstranten hätte eine Auflösung dieser Versammlung bedeutet, d.h. die Beendigung einer bereits durchgeführten Versammlung mit dem Ziel, die Personenansammlung zu zerstreuen (BVerfG, Beschl. v. 26.10.2004 – 1 BvR 1726/01 – Rn. 20 ), oder jedenfalls eine erhebliche Einschränkung der Gegendemonstration. Die zuständige Behörde kann nach § 15 Abs. 1 VersG die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist oder, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 VersG vorliegen (BVerfG, Beschl. v. 01.12.1992 – 1 BvR 88/91, 1 BvR 576/91 – BVerfGE 87, 399 ff. u. Beschl. v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - ). Eine unmittelbare Gefährdung setzt eine Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Vermutungen reichen nicht aus (BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007 – 1 BvR 2793/04 Rn. 20 m.w.N. ; VG Stuttgart, Urt. v. 09.11.2004 - 5 K 4608/03 - ; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.2015 – 1 S 257/13 – Rn. 38 ). Die Anforderungen an die Gefahrenprognose lassen sich schwerlich losgelöst von den konkreten Umständen von Verfassungs wegen vorschreiben, sondern können davon abhängen, wie weit etwa bei Großdemonstrationen eine Bereitschaft der Veranstalter zu kooperativen Vorbereitungen besteht und ob Störungen nur von dritter Seite oder durch eine kleine Minderheit befürchtet werden. Verbote und Auflösungen nach § 15 Abs. 1 VersG dürfen nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und nur bei einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter erfolgen (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 – BVerfGE 69, 315-372 = Rn. 80; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.2015 – 1 S 257/13 – Rn. 38 ). Diese Abwägung obliegt der Versammlungsbehörde (BVerfG, Beschl. v. 02.12.2005 - 1 BvQ 35/05 - ; VG Aachen, Urt. v. 29 04.2011 – 6 K 603/10 – Rn. 48 unter Hinweis auf OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 21.11.2003 - 12 B 11822/03 - ).
42 
Gemessen daran war die Beklagte nicht verpflichtet, zum Schutz der Demonstration des NPD-Landesverbandes die Gegendemonstration aufzulösen oder so einzuschränken, dass die angemeldete Demonstrationsroute begehbar gewesen wäre. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, dass eine Gefährdung im obigen Sinne gegeben war. Selbst wenn eine versammlungsbedingte Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorgelegen hätte, weil unter den Gegendemonstranten nach den Erkenntnissen des Polizeiführers xxx auch mit Steinen bewaffnete oder in anderer Weise gewaltbereite Teilnehmer waren, lagen keine Umstände vor, die eine Ermessensreduzierung auf null zur Folge gehabt hätten mit dem Ergebnis, dass die sofort vollziehbare Anordnung gegenüber den Gegendemonstranten zwangsweise hätte durchgesetzt oder diese Versammlung hätte aufgelöst werden müssen, um die Demonstration für den NPD-Landesverband auf der angemeldeten Route oder dem alternativ angebotenen Weg (s. 2.3.) zu ermöglichen.
43 
Maßgebend für die Entscheidung der Versammlungsbehörde der Beklagten, die Gegendemonstration nicht aufzulösen und nicht zwangsweise zu räumen, waren Gesichtspunkte, die Polizeiführer xxx unter dem Aspekt „polizeilicher Gefahren“ schilderte. Dies war zum einen die nicht homogene Zusammensetzung des sog. „bürgerlichen Lagers“ der Gegendemonstranten. Darunter waren spielende Kinder und ältere Menschen sowie gewaltbereite Teilnehmer, auch solche, die der Polizei von den Demonstrationen am Stuttgarter Bahnhof bekannt waren. Ein Teil der Gegendemonstranten war mit Steinen bewaffnet, die in nicht unerheblicher Entfernung vom Bahnhofsvorplatz in Heidelberg auffindbar waren. Zum anderen kam aus „polizeilicher“ Sicht hinzu, dass nach Einschätzung des Polizeiführers der Bahnhofsvorplatz unübersichtlich und weitläufig ist, was auch gerichtsbekannt ist. Es sind dort nach dem Bekunden des Polizeiführers abwechselnd Grünflächen, Steinflächen sowie Straßen vorhanden. An den Seiten gehen nach dessen Angaben überall „Züge ab“, mit anderen Worten, die vom Bahnhofsvorplatz abgehenden Straßenzüge hätten gesichert werden müssen. Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte hätte der Bahnhofsvorplatz bzw. die Vielzahl der Gegendemonstranten nach Einschätzung des Polizeiführers nur unter Einsatz „brachialer Gewalt“ geräumt werden können, wobei er einen Schlagstockeinsatz in Betracht zog, mit dem er nach seiner Beurteilung maximal bis zum xxxkreis gekommen wäre. Vor dem Hintergrund des Wasserwerfereinsatzes in Stuttgart entschied er sich gegen einen Schlagstock- oder Wasser-werfereinsatz oder ähnliche Maßnahmen, weil u.a. eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben der spielenden Kinder und älteren Menschen bestanden hätte. Diese Beurteilung erging unabhängig von der Zahl der zur Verfügung gestellten Polizeikräfte, wie der Polizeiführer bei seiner Zeugenvernehmung auf Befragung des Gerichts ausdrücklich betonte. Aus polizeilicher Sicht hat es ihm als Polizeiführer nicht an den erforderlichen Mitteln für die Einsatzleitung gefehlt, weder an der Zahl der einsetzbaren Polizisten noch an Spezialeinheiten. Die Polizeistärke war kein Kriterium für seine aus sicherheitsrechtlichen Gründen getroffene Einschätzung der Gefahren. Er hat auf Frage der Berichterstatterin klarstellend hervorgehoben, dass es für die Einsatzleitung an „nichts“ gefehlt habe. Entscheidend waren für seine Einschätzung der Gefahrensituation im Falle einer Räumung der Schutz der Kinder und älterer, teils gebrechlicher Menschen sowie die Besonderheiten des Geländes, das zum Schutz beider Demonstrationen gesichert hätte werden müssen, um weitere Gefahren zu vermeiden. Ergänzend dazu hat er in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 06.11.2012 (Seite 3) beschrieben, dass im Falle einer Freigabe der Demonstrationsroute zunächst massiv gegen das gewaltbereite linke Lager hätte eingeschritten werden müssen, worauf er auch bei seiner Anhörung als Zeuge hingewiesen hat. Beim Polizeiführer bestand ferner die Erkenntnis, dass vereinzelte Personen mit Wurfgeschossen bewaffnet waren, die sie dem Schotterbett zwischen den Straßenbahnschienen auf der Kurfürstenanlage entnehmen konnten (Stellungnahme vom 06.11.2012, Seite 4 oben). Diese Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten und des tatsächlichen Geschehens ist nachvollziehbar und plausibel.
44 
Diese Gefahrenprognose des Polizeiführers hat sich der Vertreter der Versammlungsbehörde, wie er glaubhaft geäußert hat, zu Eigen gemacht und darauf beruhend rechtsfehlerfrei eine Auflösung der Gegendemonstration und ein zwangsweises Entfernen einzelner oder aller Gegendemonstranten abgelehnt. Ausschlaggebend war der Schutz der Gesundheit und des Lebens (Art. 2 Abs. 1 GG) der unter den Demonstrationsteilnehmern befindlichen Kinder und älteren, teils gebrechlichen Menschen, die bei einem Einsatz von Zwangsmaßnahmen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit hätten Schaden an Leib oder Leben nehmen können. Die Abwägung der Versammlungsbehörde, dass den von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Rechtsgütern und der Versammlungsfreiheit der Gegendemonstranten (Art. 8 Abs. 1 GG) ein höheres Gewicht eingeräumt wurde als der des Klägers ist verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
45 
Die dagegen gerichteten Einwände des Kläger-Vertreters des Inhalts, der Demonstrationsweg des NPD-Landesverbandes sei unter Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 GG nicht freigemacht worden, greifen nicht durch, weshalb der Frage, ob dies der Beklagten zugerechnet werden könnte, nicht nachzugehen war. Eine von gewaltbereiten Teilnehmern der Gegendemonstration ausgehende Gefahr konnte insbesondere nicht durch Herausnahme dieser Personen, in Form eines Platzverweises gem. § 27 a PolG oder strafprozessualen Maßnahmen des Festhaltens zur Identitätsfeststellung nach § 163b Abs. 1 StPO von der Polizei beseitigt werden. Denn solche Maßnahmen der Polizei sind ohne vorherige Auflösung der Versammlung oder ohne vorherigen Ausschluss einzelner Versammlungsteilnehmer nicht zulässig (VG Stuttgart, Urt. v. 12.06.2014 – 5 K 808/11 – Rn. 38 ). Das Versammlungsgrundrecht schützt zwar nicht vor Strafverfolgung, so dass Maßnahmen nach der StPO grundsätzlich zulässig sind, aber nur für Strafverfolgungsmaßnahmen wegen Handlungen, die nicht unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 2334/81, 1 BvR 341/81 - u. Beschl. v. 30.04.2007 - 1 BvR 1090/06 - Rn. 40, 43 m.w.N. , § 412 Abs. 3 VersG). Kommt es innerhalb einer Versammlung etwa zu Körperverletzungen, so sind Maßnahmen zur Strafverfolgung nach der StPO ohne vorherige Auflösung der Versammlung (bei gemeinschaftlicher Körperverletzung aller Versammlungsteilnehmer) bzw. ohne vorherigen Ausschluss der Straftäter von der Versammlung ohne Weiteres zulässig, da Körperverletzungen nicht durch die Versammlungsfreiheit geschützt sind. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das von der Polizei als strafbare Handlung angesehene Verhalten selbst den Schutz des Versammlungsgrundrechts genießt (VG Stuttgart, Urt. v. 12.06.2014, aaO, Rn. 22, 26; a.A. VG Frankfurt, Urt. v. 24.09.2014 - 5 K 659714.F - ). Dies trifft hier für die von der Gegendemonstration bewirkte Blockade zu, weil die Gegendemonstration ebenfalls den Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG genießt (Dietel, u.a., aaO, § 15 Rn. 195 ff.). In einem solchen Fall besteht eine Sperrwirkung des Versammlungsrechts auch gegenüber strafprozessualen Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 30.04.2007 – 1 BvR 1090/06 – aaO).
46 
Die Versammlungsbehörde hat ermessensfehlerfrei und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit entschieden, nicht unter Anwendung des § 17 a Abs. 4 Satz 2 VersG, einzelne - nach den glaubhaft gemachten Erkenntnissen der Polizei präsent gewesene - gewaltbereite Teilnehmer der Gegendemonstration zu entfernen, um dann gegebenenfalls einschränkende Maßnahmen gegen die (friedlichen) Gegendemonstranten zwangsweise durchsetzen zu können. Denn für die friedlichen Teilnehmer einer (Gegen-)Demonstration muss die Versammlungsfreiheit auch dann erhalten bleiben, wenn - wie hier - nicht damit zu rechnen ist, dass eine Demonstration im Ganzen einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2 VersG) oder dass der Veranstalter oder sein Anhang einen solchen Verlauf anstreben (vgl. § 5 Nr 3 VersG) oder billigen, und zwar auch dann, wenn einzelne andere Demonstranten oder eine Minderheit Ausschreitungen begehen. Würde unfriedliches Verhalten Einzelner für die gesamte Veranstaltung und nicht nur für die Täter zum Fortfall des Grundrechtsschutzes führen, hätten diese es in der Hand, Demonstrationen "umzufunktionieren" und entgegen dem Willen der anderen Teilnehmer rechtswidrig werden zu lassen; praktisch könnte dann jede Großdemonstration verboten werden, da sich nahezu immer "Erkenntnisse" über unfriedliche Absichten eines Teiles der Teilnehmer beibringen lassen (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 – BVerfGE 69, 315 ff. = Rn. 92 m.w.N.).
47 
In Ansehung dieser Maßstäbe war die Entscheidung der Versammlungsbehörde, nicht gegen einzelne gewaltbereite Teilnehmer unter den Gegendemonstranten vorzugehen, verhältnismäßig. Denn bei einer zwangsweisen Entfernung von Gegendemonstranten hätte aller Wahrscheinlichkeit nach eine Gefahr für andere friedliche Gegendemonstranten bestanden, die es unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu vermeiden galt.
48 
Im Hinblick darauf und auf die ausdrücklich unabhängig von der Zusammensetzung und Stärke der Polizeikräfte getroffene Gefahrenprognose des Polizeiführers bedarf es hier keiner weiteren Aufklärung und keiner Entscheidung darüber, ob Spezialeinheiten der Polizei in der Lage gewesen wären, gewaltbereite Demonstrationsteilnehmer des bürgerlichen Lagers auszusondern und in Gewahrsam zu nehmen, ohne dass es zu einer Gefahr für Leib und Leben anderer Personen gekommen wäre. Deshalb ist für die vorliegende Entscheidung eine Aussagegenehmigung des Innenministeriums für den Polizeiführer entbehrlich.
2.3.
49 
Die Ablehnung der vom Versammlungsleiter an den Vertreter der Versammlungsbehörde herangetragenen Alternativroute verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 GG. Wie der Zeuge xxx glaubhaft berichtete, hat er gegenüber der Polizei verlangt, den Demonstrationszug über einen Weg zwischen abgestellten Fahrrädern zu führen, um auf diese Weise seitlich den Bahnhof verlassen zu können. Dass es ein solches Angebot, wie es auf dem vom Kläger vorgelegten Lageplan eingezeichnet ist, gegeben hat, haben die Zeugen xxx und xxx bestätigt. Die hörbaren Gespräche auf den Videos dokumentieren dies ebenfalls. Es bestand unter den Zeugen xxx, xxx und xxx auch Übereinstimmung, dass die Polizei dieses Angebot an die Vertreter der Beklagten weitergeleitet hat. Nach der Überzeugung des Gerichts hat der Vertreter der Versammlungsbehörde, der Zeuge xxx, darüber entschieden, die Alternativroute nicht freizugeben. Dies ist der Beklagten zurechenbar.
50 
Bietet der Veranstalter - wie hier - eine Alternativroute an, ist die Versammlungsbehörde im Rahmen ihrer Kooperationspflicht gehalten, diesen Möglichkeiten nachzugehen und nach Wegen zu suchen, die Versammlung gegen Gefahren zu schützen, die nicht von ihr selbst ausgehen (BVerfG, Beschl. v. 18.08.2000 – 1 BvQ 23/00 – Rn. 43 ). Dies ist zunächst mit der an die Gegendemonstranten gerichteten Aufforderung, den Weg in Richtung Kurfürstenanlage freizugeben, geschehen, die Aufforderung blieb aber erfolglos. Die vor Ort vom Vertreter der Versammlungsbehörde getroffene Entscheidung, keine Alternativroute zum Verlassen des Bahnhofs freizumachen, beruht auf der sicherheitsrechtlichen Prognose des Polizeiführers, wie sie bereits dargestellt wurde. Ergänzend dazu bemerkte er, dass der - auf den Videos erkennbare - Weg zwischen den Fahrrädern zwar mit Abschrankungen sicherbar gewesen wäre. Dies hätte aber Zeit in Anspruch genommen, etwa 20 bis 30 Minuten, und innerhalb dieses Zeitraums wären die Gegendemonstranten - was plausibel ist - in die Richtung gelaufen, in die sich der Demonstrationszug hätte bewegen können. Dies galt nach seinen Überlegungen für jede der ungefähr denkbaren drei Varianten, die in Frage gekommen seien, mit dem Zug der NPD-Demonstranten den Bahnhofsvorplatz zu verlassen. Zusätzlich hätte der Zug bei seitlichem Verlassen des Bahnhofes über die dortigen Straßenbahngleise geführt werden müssen. Alle Alternativrouten, die sich mit einem seitlichen Verlassen des Bahnhofs befassten, hat Polizeiführer xxx ausgeschieden, weil nach seiner Einschätzung zu erwarten war, dass sich die Gegendemonstranten in Richtung der NPD-Demonstranten bewegt hätten, und dann wiederum die gleiche - bereits aufgezeigte - Problematik bestanden hätte, wie bei der Hauptroute. Für die Sicherung des weiteren Weges, sei es über die Mittermeierstraße oder über die Kurfürstenanlage, galten nach dessen Darstellung die gleichen Gründe wie für die von ihm abgelehnte Räumung der Hauptroute.
51 
Aufgrund dieser nachvollziehbaren und an objektiven Gesichtspunkten orientierten sicherheitsrelevanten Einschätzung ist die vom Vertreter der Versammlungsbehörde getroffene Entscheidung, die Alternativroute seitlich des Bahnhofs zwischen den abgestellten Fahrrädern oder einen anderen Weg nicht für die Durchführung des Demonstrationszuges des NPD-Landesverbandes freizumachen, rechtsfehlerfrei. Sie war zum Schutz der Gegendemonstration sowie von Leib und Leben einiger Teilnehmer unter den Gegendemonstranten, den spielenden Kindern und älteren Menschen, sowie wegen einer von einigen gewaltbereiten Teilnehmern der Gegendemonstration ausgehenden Gefahr verhältnismäßig und verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 GG.
52 
Es kann deshalb nicht festgestellt werden, dass die Ablehnung der Freigabe einer Alternativroute für das Verlassen des Bahnhofsgeländes durch den Vertreter der Beklagten zu einer rechtswidrigen Verhinderung der NPD-Demonstration geführt hat.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 124 a Abs. 2 VwGO gegeben ist.
54 
B E S C H L U S S
55 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,-- festgesetzt.
56 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klage ist als Feststellungsklage wirksam am 23.01.2014 erhoben worden und diese Klage ist auch sonst zulässig (1.). Sie ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat den Demonstrationszug des NPD-Landes-verbandes Baden-Württemberg am 03.10.2012 in Heidelberg nicht rechtswidrig behindert (2.).
23 
Streitgegenstand ist die mit dem Feststellungsantrag begehrte Feststellung, dass die Beklagte den Demonstrationszug des NPD-Landesverbandes rechtswidrig verhindert habe. Obgleich im Schriftsatz vom 15.02.2013 als auch in dem vom 24.03.2014 die Rede von einer „Fortsetzungsfeststellungklage“ ist, und zwar im Betreff sowie in den Gründen, geht es dem Kläger nicht um die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Versammlungsverbots der Stadt Heidelberg vom 02.10.2012 oder der Auflagenverfügung von gleichen Tag, sondern um die Feststellung, dass die Beklagte den Demonstrationszug des NPD-Landesverbandes rechtswidrig verhindert habe. Dies hat der Kläger-Vertreter in der Sitzung am 08.12.2014 klargestellt.
1.
24 
Mit den am 15.02.2013 eingegangenen Schriftsätzen hat der Kläger nicht wirksam Klage erhoben. Die Klagschrift ist ein bestimmender Schriftsatz. Mit ihrer Einreichung beim VG ist Klage erhoben (§ 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO); die Streitsache ist rechtshängig (§ 90 Abs. 1 VwGO). Eine solche Erklärung verträgt keine Bedingung (BVerwG, Urt. v. 17.01.1980 - 5 C 32/79 - NJW 1981, 698 ff. m.w.N.). Eine wirksame Klageerhebung liegt auch dann noch nicht vor, wenn ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt wird, in dem auf einen beigefügten Klageentwurf verwiesen wird, auch wenn Letzterer als Klage unterschrieben und vom Prozessbevollmächtigten unterzeichnet ist, wie es hier mit dem ebenfalls am 15.02.2013 eingegangenen Schriftsatz geschehen ist. Die Erklärung des Klägers im Schriftsatz vom 15.02.2013, dass die Klagschrift mit der Maßgabe überreicht wird, „diese nicht vor Gewährung der Prozesskostenhilfe zuzustellen“, ist eindeutig als Bedingung zu verstehen, nämlich, dass die im Betreff und in den Gründen als „Fortsetzungsfeststellungsklage“ bezeichnete Klage nur unter der Bedingung erhoben wird, dass Prozesskostenhilfe gewährt wird. Eine solche Klage ist unzulässig (BVerwG, Urt. v. 17.01.1980, aaO, m.w.N. zu einer fristgebundenen Klage).
25 
Zulässig, insbesondere unbedingt, erhoben ist jedoch die Feststellungsklage mit dem per Fax am 23.01.2014 eingegangenen Schriftsatz vom „22.01.2014“. Die (erneut) am 23.03.2014 erhobene „Fortsetzungsfeststellungklage“ bestätigt, dass bereits am 23.01.2014 unbedingt Klage erhoben worden ist. Sie ist auch sonst wirksam erhoben worden. Diese Feststellungsklage (§ 43 VwGO) ist ohne Vorverfahren zulässig und nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden (VGH Bad.-Württ, Urt. v. 02.08.2012 - 1 S 618/12 - unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 ff.; zur Fortsetzungsfeststellungklage: Strnischa, NVWZ 2005, 267, S. 269 m.w.N.). Sie ist im Hinblick auf die Zustellung des Prozesskostenbewilligungsbeschlusses am 18.012.2013 nicht verwirkt.
26 
Auch ein Feststellungsinteresse ist gegeben. Ein solches kann sich nach ständiger Rechtsprechung ebenso wie das Fortsetzungsfeststellungsinteresse aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Zusätzlich kommt unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (BVerwG, Beschl. v. 25.06.2013 - 1 WB 47/12 - m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - NJW 2004, 2510 f.). Maßgeblich ist hinsichtlich der Sachurteilsvoraussetzungen die gegenwärtige Sach- und Rechtslage (BVerwG, Urt. v. 15.11.1990 - 3 C 49/87 - NVwZ 1991, 570).
27 
Gemessen daran hat der Kläger ein berechtigtes Feststellungsinteresse. Er hat seine Anwesenheit bei der Demonstration des NPD-Landesverbandes in Heidelberg am 03.12.2012 und seine Teilnahme daran nachgewiesen. Das erkennende Gericht und die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung am 08.12.2014 durch Abspielen einiger Videoaufnahmen, die sich auf der vom Kläger am 08.12.2014 überreichten DVD befinden, mithilfe des im Sitzungssaal befindlichen Bildschirms einen Eindruck über das Demonstrationsgeschehen verschafft. Das Gericht ist aufgrund dieser Dokumentation überzeugt, dass der Kläger am 03.10.2012 an der Demonstration des NPD-Landesverbandes teilgenommen hat. Er war auf einigen Videos, u.a. den Nrn. 24, 29, 30, 32, 34, eindeutig erkennbar. Ein Feststellungsinteresse ist wegen der möglichen Verletzung in Art. 8 Abs. 1 GG zu bejahen, weil der Demonstrationsweg nicht wie angemeldet und alternativ angeboten, verlaufen ist.
2.
28 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Versammlungsbehörde der Beklagten vor Ort die Entscheidung getroffen, die Gegendemonstranten nicht zwangsweise zu entfernen und den Weg für die angemeldete Route über die Kurfürstenanlage sowie eine Alternativroute nicht freizumachen, weshalb die Stadt Heidelberg die richtige Beklagte ist (2.1.). Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte den Demonstrationszug des NPD-Landesverbandes Baden-Württemberg am 03.10.2012 in Heidelberg rechtswidrig verhindert hat (2.2.). Ferner ist die Entscheidung der Versammlungsbehörde, die während der Versammlung vom Versammlungsleiter des NPD-Landesverbandes angebotene Alternativroute mithilfe des Einsatzes von Polizeikräften nicht freizumachen, rechtsfehlerfrei; sie verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 GG (2.3.).
2.1.
29 
Davon, dass die Stadt Heidelberg, nicht die Vollzugspolizei, über die in Frage stehenden Anordnungen und Ablehnungen am Ort des Demonstrationsgeschehens entschieden hat, und deshalb die richtige Beklagte für das Feststellungsbegehren ist, ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung überzeugt. Der beim streitgegenständlichen Geschehen anwesend gewesene Vertreter der Versammlungsbehörde der Beklagten, der Zeuge xxx, hat nach seinem Bekunden die - mit Sofortvollzug versehene - Anordnung an die Gegendemonstranten, den Platz vor dem Hauptbahnhof in Heidelberg freizumachen, erlassen. Diese Überzeugung beruht auf den Angaben der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen xxx und des Polizeiführers xxx sowie den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Videoaufnahmen auf der vom Kläger übergebenen DVD. Diese wurden zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Der hörbare Text auf den Videos der Nummern 0021, 0023 und 0028 wurde verlesen und den Zeugen xxx sowie xxx vorgehalten. Danach wurden die Gegendemonstranten zunächst von der Polizei über Megaphon aufgefordert, den Platz zu räumen. Nachdem diese Aufforderung erfolglos blieb, gab der Polizeisprecher etwa um 14:25 Uhr die ausdrücklich als „Anordnung der Stadt Heidelberg“ bezeichnete Anordnung gegenüber den Gegendemonstranten bekannt, den näher bezeichneten Bahnhofsvorlatz und das Gelände zu räumen. Der Sofortvollzug wurde für diese Anordnung angeordnet. Sie wurde kurze Zeit später erneut vom Polizeisprecher über Megaphon bekannt gegeben, aber nicht befolgt.
30 
Sowohl der als Zeuge vernommene Vertreter der Versammlungsbehörde (xxx) als auch der als Zeuge vernommene Polizeiführer (xxx) haben übereinstimmend bekundet, dass sie in gegenseitiger Absprache, also gemeinsam, beraten hätten und dass der Vertreter der Versammlungsbehörde die bekanntgemachte Anordnung getroffen und des Weiteren entschieden habe, die Demonstrationsroute nicht - etwa mithilfe eines Polizeieinsatzes - zwangsweise freimachen sowie keine Alternativroute nicht freizugeben.
31 
Die Ausführungen des Polizeiführers xxx im Bericht vom 06.11.2012, die dahin verstanden wurden und auch werden können, dass er allein entscheiden habe, die Demonstrationsroute für den NPD-Landesverband nicht freizugeben und keine Alternativroute freizumachen, hat der Polizeiführer bei seiner Vernehmung als Zeuge auf Nachfrage des Gerichts und der Beteiligten anders dargestellt. Er hat bekundet, dass er die Situation nur in „polizeilicher“ Hinsicht beurteilt und sich mit dem Vertreter der Versammlungsbehörde abgesprochen und dass dieser entschieden habe. Der Polizeiführer hat nachvollziehbar erklärt, dass er (nur) unter „polizeilichen“ Gesichtspunkten die Möglichkeit beurteilt habe, ob und wie die angemeldet gewesene Demonstrationsroute trotz der erheblichen Zahl der Gegendemonstranten freigemacht werden könnte und dass er dies vor dem Hintergrund des Wasserwerfereinsatzes in xxx wegen der Besonderheiten in Heidelberg abgelehnt habe. Ausschlaggebend dafür seien die nicht homogene Zusammensetzung des bürgerlichen Lagers, die unter den Gegendemonstranten befindlichen Kinder sowie gewaltbereiten Teilnehmer sowie die schwer überschaubaren Örtlichkeiten gewesen. Der Polizeiführer hat in der mündlichen Verhandlung anhand des vom Kläger vorgelegten Lageplans (s. Anlage zum Protokoll vom 08.12.2014) erläutert, dass er es unter Sicherheitsaspekten abgelehnt habe, den angemeldet gewesenen Weg freizumachen, ebenso die Alternative, den Bahnhof seitlich über eine Weg zwischen den am Bahnhofsplatz abgestellten Fahrrädern. Ein unauflösbarer Widerspruch zu seinem schriftlichen Bericht vom 06.11.2012 liegt darin nicht, weil dieser nicht unter der hier entscheidungserheblichen Fragestellung, wer an Ort und Stelle über den Polizeieinsatz entschieden hat, die Polizei oder die Beklagte, erstellt wurde, sondern im Zusammenhang mit einer Anzeige der NPD gegen ihn als Polizeileiter wegen Nötigung. Der Bericht war an die Staatsanwaltschaft Heidelberg gerichtet.
32 
Der als Zeuge vernommene Vertreter der Versammlungsbehörde hat bestätigt, dass er nach Absprache mit dem Polizeiführer die Entscheidungen vor Ort getroffen habe. Dies waren die an die Gegendemonstranten ergangene Anordnung unter Sofortvollzug, den Platz zu räumen, und die Ablehnung einer vom Versammlungsleiter des NPD-Landesverbandes angebotenen Alternativroute gegenüber diesem. Aufgrund der Vernehmung beider Zeugen ist deutlich geworden, dass der Polizeiführer die Situation nur unter „polizeilichen“ Sicherheitsaspekten, nämlich im Hinblick auf alle tatsächlichen und denkbaren Gefahren beurteilt hat und sich dabei auch auf Erkenntnisse seiner Mitarbeiter gestützt hat. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und Einschätzungen hat der Vertreter der Versammlungsbehörde die versammlungsrechtliche Entscheidungen getroffen. Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Angaben beider Zeugen zu zweifeln. Soweit der Zeuge xxx bekundet hat, er habe vor Ort nur mit der Polizei, vermutlich auch mit dem Polizeisprecher xxx verhandelt, widerspricht dies nicht der Darstellung der Zeugen xxx und xxx. Beide Zeugen haben diese Vorgehensweise eingeräumt. Die Beklagte hat ihre gegenteiligen Behauptungen, allein die Polizei habe vor Ort gehandelt, nach Anhörung des Zeugen xxx nicht mehr aufrecht erhalten.
33 
Zur Klarstellung ist anzumerken, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, abgesehen von der Auflagenanordnung vom 02.10.2012 keine das Versammlungsrecht des Klägers beschränkende Verfügung seitens der Beklagten gegenüber ihm oder dem Versammlungsleiter der NPD-Demonstration bzw. den NPD-Demonstranten erlassen wurde. Gegenüber dem Versammlungsleiter wurde über die Auflagenanordnung vom 02.10.2012 hinaus insbesondere keine Bestimmung über den Ort der NPD-Versammlung getroffen, wodurch das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters verletzt sein könnte (BVerwG, Beschl. v. 06.05.2005, - 1 BvR 961/05 -).
2.2.
34 
Die Beklagte hat in Bezug auf die angemeldete und aufgrund des Beschlusses des VG Karlsruhe vom 02.10.2012 (- 4 K 2369/12 -) unter Einhaltung der Auflagenanordnung vom 02.10.2012 zulässig gewesene Demonstration weder durch ihr Verhalten vor der Versammlung, noch durch Anordnungen, noch durch zurechenbares Unterlassen die Demonstration des NPD-Landesverbandes am 03.10.2012 in Heidelberg und damit Rechte des Klägers unter Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG verhindert. Die von der Beklagten getroffenen Entscheidungen, die Auflagenverfügung vom 02.10.2012 und die, die Gegendemonstranten nicht zwangsweise zu entfernen bzw. die angemeldete Demonstrationsroute freizumachen, um den Weg für die angemeldete Demonstration des NPD-Landesverbandes zu ermöglichen, stehen in Einklang mit Art. 8 Abs. 1 GG. Sie sind verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VersG; zum Ganzen: Dieter/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, 15. Aufl., 415 Rn. 145 ff). Zu darüberhinausgehenden oder anderen Maßnahmen bis hin zur Auflösung der Versammlung der Gegendemonstranten war die Versammlungsbehörde nach Art. 8 Abs. 1 GG aufgrund der konkreten Gegebenheiten und des Demonstrationsgeschehens nicht verpflichtet.
35 
Soweit der Kläger-Vertreter vorträgt, die Beklagte habe im Vorfeld durch gezielte Indiskretionen dafür gesorgt, dass eine Vielzahl von Gegendemonstrationen angemeldet worden sei, ist kein rechtswidriges Verhalten erkennbar, das zur Verhinderung des Demonstrationszuges des NPD-Landesverbandes am 03.10.2012 geführt haben könnte. Es kann schon von Indiskretionen nicht die Rede sein. Der vom Presse- und Informationsdienst der Stadt Heidelberg u.a. auch im Internet veröffentlichte Text mit der Überschrift „In Heidelberg kein Platz für Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit“ vom 01.10.2012 wurde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
36 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Staat durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) gehalten, die Grundrechtsausübung möglichst vor Störungen und Ausschreitungen Dritter zu schützen und behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer zu richten, um die Durchführung der Versammlung zu ermöglichen (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006 – 1 BvQ 14/06 – Rn. 9 m.w.N. ). Gegen die Versammlung selbst darf in solchen Fällen nur ausnahmsweise, und zwar nur unter den besonderen Voraussetzungen des sogenannten polizeilichen Notstandes eingeschritten werden. Vorausgesetzt ist, dass die Gefahr auf andere Weise nicht abgewehrt und die Störung auf andere Weise nicht beseitigt werden kann und die Verwaltungsbehörde nicht über ausreichende eigene, eventuell durch Amts- und Vollzugshilfe ergänzte, Mittel und Kräfte verfügt, um die gefährdeten Rechtsgüter wirksam zu schützen (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006, aaO u. Beschl. v. 26.03.2001 - 1 BvQ 15/01 - NJW 2001, 1411 <1412>).
37 
Mit Art. 8 GG wäre es nicht zu vereinbaren, dass bereits mit dem Bevorstehen einer Gegendemonstration, deren Durchführung den Einsatz von Polizeikräften erfordern könnte, erreicht werden kann, dass dem Veranstalter der angemeldeten Versamm-lung die Möglichkeit genommen wird, sein Demonstrationsanliegen zu verwirklichen. Deshalb muss vorrangig versucht werden, den Schutz der Versammlung auf andere Weise durchzusetzen (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006, aaO, m.w.N.). Der Staat darf insbesondere nicht dulden, dass friedliche Demonstrationen einer bestimmten politischen Richtung durch gewalttätige Gegendemonstrationen verhindert werden. Drohen Gewalttaten als Gegenreaktion auf Versammlungen, so ist es Aufgabe der zum Schutz der rechtsstaatlichen Ordnung berufenen Polizei, in unparteiischer Weise auf die Verwirklichung der Versammlungsfreiheit für alle Grundrechtsträger hinzuwirken. In diesem Zusammenhang kann gegebenenfalls zu prüfen sein, ob der Anlass für ein auf polizeilichen Notstand gestütztes Versammlungsverbot oder für beeinträchtigende Auflagen durch Modifikationen der Versammlungsmodalitäten, durch die der konkrete Zweck der Versammlung nicht vereitelt wird, entfallen kann (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006, aaO; BVerfG, Beschl. v. 10.05.2006, aaO, unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 24.03.2001 - 1 BvQ 13/01 - NJW 2001, 2069 ff. u. v. 26.03.2001, aaO u. v. 02.12.2005 - 1 BvQ 35/05 - ).
38 
Die vom NPD-Landesverband angemeldet gewesene Versammlung unter freiem Himmel zu dem Thema: “Deutschland einig Vaterland - in Gedenken an Otto von Bismarck“ war unter Einhaltung der am 02.10.2012 verfügten Auflagen zulässig. Das Thema selbst verstößt nicht gegen Strafvorschriften (s. Beschl. des VG Karlsruhe vom 02.10.2012 - 4 K 2369/12 -) und ist mit Art. 8 Abs. 1 GG vereinbar. Ebenfalls unter den Schutz von Art. 8 Abs. 1 GG fiel die Gegendemonstration unter dem Motto "Keine Chance für Nazis". Dieses Motto war nicht nur darauf gerichtet, die Versammlung des NPD-Landesverbandes zu verhindern. Damit war eine Meinungskundgabe verbunden (BVerfG, Beschl. v. 07.03.2011 – 1 BvR 388/05 Rn. 32), die sich gegen die vom NPD-Landesverband vertretene Auffassung richtete.
39 
Der Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG bestand für die Gegendemonstranten auch dann, falls einzelne Gruppierungen der anwesenden Demonstranten des „bürgerlichen Lagers“ nicht angemeldet waren. Die Anmeldepflicht aus § 14 Abs. 1 VersG gilt nicht für eine sich ungeplant aus aktuellem Anlass grundsätzlich ohne Einladung und Versammlungsleiter bildende Spontanversammlung, soweit der mit ihr verfolgte Zweck bei Einhaltung der Anmeldepflicht nicht erreicht werden könnte (BVerfG, Beschl. v. 26.10.2004 - 1 BvR 1726/01 - ), was hier nicht in Abrede gestellt werden kann.
40 
Vor dem Hintergrund des Zusammentreffens der Versammlung des NPD-Landesverbandes mit etwa 70 Teilnehmern mit einer großen Anzahl (ca. 1.800 bis 2.000) von Gegendemonstranten vor dem Hauptbahnhof in Heidelberg war die Versammlungsbehörde verpflichtet, beiden durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützten Versammlungen zur optimalen Durchführung zu verhelfen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.12.2013 - 1 S 2062713 -). Dem ist Rechnung getragen worden. Die Auflagenanordnung vom 02.10.2012 war geeignet, um die angemeldet gewesene Demonstration zu sichern, und sie war verhältnismäßig. Dagegen hat der Kläger-Vertreter keine Einwände erhoben. Ebenfalls geeignet und verhältnismäßig war die an die Gegendemonstranten gerichtete - zweimal durch den Polizeisprecher bekannt gegebene - Anordnung am 03.10.2012, den Weg über die Kurfürstenanlage freizumachen, für die der Sofortvollzug angeordnet war.
41 
Dass der Vertreter der Versammlungsbehörde vor Ort die zwangsweise Entfernung der Gegendemonstranten bzw. eine auf die Durchsetzung der sofort vollziehbaren Anordnung abzielende Maßnahme nicht angeordnet hat, verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 GG zu Lasten des Klägers. Die zwangsweise Entfernung der Gegendemonstranten hätte eine Auflösung dieser Versammlung bedeutet, d.h. die Beendigung einer bereits durchgeführten Versammlung mit dem Ziel, die Personenansammlung zu zerstreuen (BVerfG, Beschl. v. 26.10.2004 – 1 BvR 1726/01 – Rn. 20 ), oder jedenfalls eine erhebliche Einschränkung der Gegendemonstration. Die zuständige Behörde kann nach § 15 Abs. 1 VersG die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist oder, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 VersG vorliegen (BVerfG, Beschl. v. 01.12.1992 – 1 BvR 88/91, 1 BvR 576/91 – BVerfGE 87, 399 ff. u. Beschl. v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - ). Eine unmittelbare Gefährdung setzt eine Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Vermutungen reichen nicht aus (BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007 – 1 BvR 2793/04 Rn. 20 m.w.N. ; VG Stuttgart, Urt. v. 09.11.2004 - 5 K 4608/03 - ; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.2015 – 1 S 257/13 – Rn. 38 ). Die Anforderungen an die Gefahrenprognose lassen sich schwerlich losgelöst von den konkreten Umständen von Verfassungs wegen vorschreiben, sondern können davon abhängen, wie weit etwa bei Großdemonstrationen eine Bereitschaft der Veranstalter zu kooperativen Vorbereitungen besteht und ob Störungen nur von dritter Seite oder durch eine kleine Minderheit befürchtet werden. Verbote und Auflösungen nach § 15 Abs. 1 VersG dürfen nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und nur bei einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter erfolgen (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 – BVerfGE 69, 315-372 = Rn. 80; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.2015 – 1 S 257/13 – Rn. 38 ). Diese Abwägung obliegt der Versammlungsbehörde (BVerfG, Beschl. v. 02.12.2005 - 1 BvQ 35/05 - ; VG Aachen, Urt. v. 29 04.2011 – 6 K 603/10 – Rn. 48 unter Hinweis auf OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 21.11.2003 - 12 B 11822/03 - ).
42 
Gemessen daran war die Beklagte nicht verpflichtet, zum Schutz der Demonstration des NPD-Landesverbandes die Gegendemonstration aufzulösen oder so einzuschränken, dass die angemeldete Demonstrationsroute begehbar gewesen wäre. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, dass eine Gefährdung im obigen Sinne gegeben war. Selbst wenn eine versammlungsbedingte Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorgelegen hätte, weil unter den Gegendemonstranten nach den Erkenntnissen des Polizeiführers xxx auch mit Steinen bewaffnete oder in anderer Weise gewaltbereite Teilnehmer waren, lagen keine Umstände vor, die eine Ermessensreduzierung auf null zur Folge gehabt hätten mit dem Ergebnis, dass die sofort vollziehbare Anordnung gegenüber den Gegendemonstranten zwangsweise hätte durchgesetzt oder diese Versammlung hätte aufgelöst werden müssen, um die Demonstration für den NPD-Landesverband auf der angemeldeten Route oder dem alternativ angebotenen Weg (s. 2.3.) zu ermöglichen.
43 
Maßgebend für die Entscheidung der Versammlungsbehörde der Beklagten, die Gegendemonstration nicht aufzulösen und nicht zwangsweise zu räumen, waren Gesichtspunkte, die Polizeiführer xxx unter dem Aspekt „polizeilicher Gefahren“ schilderte. Dies war zum einen die nicht homogene Zusammensetzung des sog. „bürgerlichen Lagers“ der Gegendemonstranten. Darunter waren spielende Kinder und ältere Menschen sowie gewaltbereite Teilnehmer, auch solche, die der Polizei von den Demonstrationen am Stuttgarter Bahnhof bekannt waren. Ein Teil der Gegendemonstranten war mit Steinen bewaffnet, die in nicht unerheblicher Entfernung vom Bahnhofsvorplatz in Heidelberg auffindbar waren. Zum anderen kam aus „polizeilicher“ Sicht hinzu, dass nach Einschätzung des Polizeiführers der Bahnhofsvorplatz unübersichtlich und weitläufig ist, was auch gerichtsbekannt ist. Es sind dort nach dem Bekunden des Polizeiführers abwechselnd Grünflächen, Steinflächen sowie Straßen vorhanden. An den Seiten gehen nach dessen Angaben überall „Züge ab“, mit anderen Worten, die vom Bahnhofsvorplatz abgehenden Straßenzüge hätten gesichert werden müssen. Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte hätte der Bahnhofsvorplatz bzw. die Vielzahl der Gegendemonstranten nach Einschätzung des Polizeiführers nur unter Einsatz „brachialer Gewalt“ geräumt werden können, wobei er einen Schlagstockeinsatz in Betracht zog, mit dem er nach seiner Beurteilung maximal bis zum xxxkreis gekommen wäre. Vor dem Hintergrund des Wasserwerfereinsatzes in Stuttgart entschied er sich gegen einen Schlagstock- oder Wasser-werfereinsatz oder ähnliche Maßnahmen, weil u.a. eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben der spielenden Kinder und älteren Menschen bestanden hätte. Diese Beurteilung erging unabhängig von der Zahl der zur Verfügung gestellten Polizeikräfte, wie der Polizeiführer bei seiner Zeugenvernehmung auf Befragung des Gerichts ausdrücklich betonte. Aus polizeilicher Sicht hat es ihm als Polizeiführer nicht an den erforderlichen Mitteln für die Einsatzleitung gefehlt, weder an der Zahl der einsetzbaren Polizisten noch an Spezialeinheiten. Die Polizeistärke war kein Kriterium für seine aus sicherheitsrechtlichen Gründen getroffene Einschätzung der Gefahren. Er hat auf Frage der Berichterstatterin klarstellend hervorgehoben, dass es für die Einsatzleitung an „nichts“ gefehlt habe. Entscheidend waren für seine Einschätzung der Gefahrensituation im Falle einer Räumung der Schutz der Kinder und älterer, teils gebrechlicher Menschen sowie die Besonderheiten des Geländes, das zum Schutz beider Demonstrationen gesichert hätte werden müssen, um weitere Gefahren zu vermeiden. Ergänzend dazu hat er in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 06.11.2012 (Seite 3) beschrieben, dass im Falle einer Freigabe der Demonstrationsroute zunächst massiv gegen das gewaltbereite linke Lager hätte eingeschritten werden müssen, worauf er auch bei seiner Anhörung als Zeuge hingewiesen hat. Beim Polizeiführer bestand ferner die Erkenntnis, dass vereinzelte Personen mit Wurfgeschossen bewaffnet waren, die sie dem Schotterbett zwischen den Straßenbahnschienen auf der Kurfürstenanlage entnehmen konnten (Stellungnahme vom 06.11.2012, Seite 4 oben). Diese Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten und des tatsächlichen Geschehens ist nachvollziehbar und plausibel.
44 
Diese Gefahrenprognose des Polizeiführers hat sich der Vertreter der Versammlungsbehörde, wie er glaubhaft geäußert hat, zu Eigen gemacht und darauf beruhend rechtsfehlerfrei eine Auflösung der Gegendemonstration und ein zwangsweises Entfernen einzelner oder aller Gegendemonstranten abgelehnt. Ausschlaggebend war der Schutz der Gesundheit und des Lebens (Art. 2 Abs. 1 GG) der unter den Demonstrationsteilnehmern befindlichen Kinder und älteren, teils gebrechlichen Menschen, die bei einem Einsatz von Zwangsmaßnahmen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit hätten Schaden an Leib oder Leben nehmen können. Die Abwägung der Versammlungsbehörde, dass den von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Rechtsgütern und der Versammlungsfreiheit der Gegendemonstranten (Art. 8 Abs. 1 GG) ein höheres Gewicht eingeräumt wurde als der des Klägers ist verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
45 
Die dagegen gerichteten Einwände des Kläger-Vertreters des Inhalts, der Demonstrationsweg des NPD-Landesverbandes sei unter Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 GG nicht freigemacht worden, greifen nicht durch, weshalb der Frage, ob dies der Beklagten zugerechnet werden könnte, nicht nachzugehen war. Eine von gewaltbereiten Teilnehmern der Gegendemonstration ausgehende Gefahr konnte insbesondere nicht durch Herausnahme dieser Personen, in Form eines Platzverweises gem. § 27 a PolG oder strafprozessualen Maßnahmen des Festhaltens zur Identitätsfeststellung nach § 163b Abs. 1 StPO von der Polizei beseitigt werden. Denn solche Maßnahmen der Polizei sind ohne vorherige Auflösung der Versammlung oder ohne vorherigen Ausschluss einzelner Versammlungsteilnehmer nicht zulässig (VG Stuttgart, Urt. v. 12.06.2014 – 5 K 808/11 – Rn. 38 ). Das Versammlungsgrundrecht schützt zwar nicht vor Strafverfolgung, so dass Maßnahmen nach der StPO grundsätzlich zulässig sind, aber nur für Strafverfolgungsmaßnahmen wegen Handlungen, die nicht unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 2334/81, 1 BvR 341/81 - u. Beschl. v. 30.04.2007 - 1 BvR 1090/06 - Rn. 40, 43 m.w.N. , § 412 Abs. 3 VersG). Kommt es innerhalb einer Versammlung etwa zu Körperverletzungen, so sind Maßnahmen zur Strafverfolgung nach der StPO ohne vorherige Auflösung der Versammlung (bei gemeinschaftlicher Körperverletzung aller Versammlungsteilnehmer) bzw. ohne vorherigen Ausschluss der Straftäter von der Versammlung ohne Weiteres zulässig, da Körperverletzungen nicht durch die Versammlungsfreiheit geschützt sind. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das von der Polizei als strafbare Handlung angesehene Verhalten selbst den Schutz des Versammlungsgrundrechts genießt (VG Stuttgart, Urt. v. 12.06.2014, aaO, Rn. 22, 26; a.A. VG Frankfurt, Urt. v. 24.09.2014 - 5 K 659714.F - ). Dies trifft hier für die von der Gegendemonstration bewirkte Blockade zu, weil die Gegendemonstration ebenfalls den Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG genießt (Dietel, u.a., aaO, § 15 Rn. 195 ff.). In einem solchen Fall besteht eine Sperrwirkung des Versammlungsrechts auch gegenüber strafprozessualen Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 30.04.2007 – 1 BvR 1090/06 – aaO).
46 
Die Versammlungsbehörde hat ermessensfehlerfrei und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit entschieden, nicht unter Anwendung des § 17 a Abs. 4 Satz 2 VersG, einzelne - nach den glaubhaft gemachten Erkenntnissen der Polizei präsent gewesene - gewaltbereite Teilnehmer der Gegendemonstration zu entfernen, um dann gegebenenfalls einschränkende Maßnahmen gegen die (friedlichen) Gegendemonstranten zwangsweise durchsetzen zu können. Denn für die friedlichen Teilnehmer einer (Gegen-)Demonstration muss die Versammlungsfreiheit auch dann erhalten bleiben, wenn - wie hier - nicht damit zu rechnen ist, dass eine Demonstration im Ganzen einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2 VersG) oder dass der Veranstalter oder sein Anhang einen solchen Verlauf anstreben (vgl. § 5 Nr 3 VersG) oder billigen, und zwar auch dann, wenn einzelne andere Demonstranten oder eine Minderheit Ausschreitungen begehen. Würde unfriedliches Verhalten Einzelner für die gesamte Veranstaltung und nicht nur für die Täter zum Fortfall des Grundrechtsschutzes führen, hätten diese es in der Hand, Demonstrationen "umzufunktionieren" und entgegen dem Willen der anderen Teilnehmer rechtswidrig werden zu lassen; praktisch könnte dann jede Großdemonstration verboten werden, da sich nahezu immer "Erkenntnisse" über unfriedliche Absichten eines Teiles der Teilnehmer beibringen lassen (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 – BVerfGE 69, 315 ff. = Rn. 92 m.w.N.).
47 
In Ansehung dieser Maßstäbe war die Entscheidung der Versammlungsbehörde, nicht gegen einzelne gewaltbereite Teilnehmer unter den Gegendemonstranten vorzugehen, verhältnismäßig. Denn bei einer zwangsweisen Entfernung von Gegendemonstranten hätte aller Wahrscheinlichkeit nach eine Gefahr für andere friedliche Gegendemonstranten bestanden, die es unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu vermeiden galt.
48 
Im Hinblick darauf und auf die ausdrücklich unabhängig von der Zusammensetzung und Stärke der Polizeikräfte getroffene Gefahrenprognose des Polizeiführers bedarf es hier keiner weiteren Aufklärung und keiner Entscheidung darüber, ob Spezialeinheiten der Polizei in der Lage gewesen wären, gewaltbereite Demonstrationsteilnehmer des bürgerlichen Lagers auszusondern und in Gewahrsam zu nehmen, ohne dass es zu einer Gefahr für Leib und Leben anderer Personen gekommen wäre. Deshalb ist für die vorliegende Entscheidung eine Aussagegenehmigung des Innenministeriums für den Polizeiführer entbehrlich.
2.3.
49 
Die Ablehnung der vom Versammlungsleiter an den Vertreter der Versammlungsbehörde herangetragenen Alternativroute verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 GG. Wie der Zeuge xxx glaubhaft berichtete, hat er gegenüber der Polizei verlangt, den Demonstrationszug über einen Weg zwischen abgestellten Fahrrädern zu führen, um auf diese Weise seitlich den Bahnhof verlassen zu können. Dass es ein solches Angebot, wie es auf dem vom Kläger vorgelegten Lageplan eingezeichnet ist, gegeben hat, haben die Zeugen xxx und xxx bestätigt. Die hörbaren Gespräche auf den Videos dokumentieren dies ebenfalls. Es bestand unter den Zeugen xxx, xxx und xxx auch Übereinstimmung, dass die Polizei dieses Angebot an die Vertreter der Beklagten weitergeleitet hat. Nach der Überzeugung des Gerichts hat der Vertreter der Versammlungsbehörde, der Zeuge xxx, darüber entschieden, die Alternativroute nicht freizugeben. Dies ist der Beklagten zurechenbar.
50 
Bietet der Veranstalter - wie hier - eine Alternativroute an, ist die Versammlungsbehörde im Rahmen ihrer Kooperationspflicht gehalten, diesen Möglichkeiten nachzugehen und nach Wegen zu suchen, die Versammlung gegen Gefahren zu schützen, die nicht von ihr selbst ausgehen (BVerfG, Beschl. v. 18.08.2000 – 1 BvQ 23/00 – Rn. 43 ). Dies ist zunächst mit der an die Gegendemonstranten gerichteten Aufforderung, den Weg in Richtung Kurfürstenanlage freizugeben, geschehen, die Aufforderung blieb aber erfolglos. Die vor Ort vom Vertreter der Versammlungsbehörde getroffene Entscheidung, keine Alternativroute zum Verlassen des Bahnhofs freizumachen, beruht auf der sicherheitsrechtlichen Prognose des Polizeiführers, wie sie bereits dargestellt wurde. Ergänzend dazu bemerkte er, dass der - auf den Videos erkennbare - Weg zwischen den Fahrrädern zwar mit Abschrankungen sicherbar gewesen wäre. Dies hätte aber Zeit in Anspruch genommen, etwa 20 bis 30 Minuten, und innerhalb dieses Zeitraums wären die Gegendemonstranten - was plausibel ist - in die Richtung gelaufen, in die sich der Demonstrationszug hätte bewegen können. Dies galt nach seinen Überlegungen für jede der ungefähr denkbaren drei Varianten, die in Frage gekommen seien, mit dem Zug der NPD-Demonstranten den Bahnhofsvorplatz zu verlassen. Zusätzlich hätte der Zug bei seitlichem Verlassen des Bahnhofes über die dortigen Straßenbahngleise geführt werden müssen. Alle Alternativrouten, die sich mit einem seitlichen Verlassen des Bahnhofs befassten, hat Polizeiführer xxx ausgeschieden, weil nach seiner Einschätzung zu erwarten war, dass sich die Gegendemonstranten in Richtung der NPD-Demonstranten bewegt hätten, und dann wiederum die gleiche - bereits aufgezeigte - Problematik bestanden hätte, wie bei der Hauptroute. Für die Sicherung des weiteren Weges, sei es über die Mittermeierstraße oder über die Kurfürstenanlage, galten nach dessen Darstellung die gleichen Gründe wie für die von ihm abgelehnte Räumung der Hauptroute.
51 
Aufgrund dieser nachvollziehbaren und an objektiven Gesichtspunkten orientierten sicherheitsrelevanten Einschätzung ist die vom Vertreter der Versammlungsbehörde getroffene Entscheidung, die Alternativroute seitlich des Bahnhofs zwischen den abgestellten Fahrrädern oder einen anderen Weg nicht für die Durchführung des Demonstrationszuges des NPD-Landesverbandes freizumachen, rechtsfehlerfrei. Sie war zum Schutz der Gegendemonstration sowie von Leib und Leben einiger Teilnehmer unter den Gegendemonstranten, den spielenden Kindern und älteren Menschen, sowie wegen einer von einigen gewaltbereiten Teilnehmern der Gegendemonstration ausgehenden Gefahr verhältnismäßig und verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 GG.
52 
Es kann deshalb nicht festgestellt werden, dass die Ablehnung der Freigabe einer Alternativroute für das Verlassen des Bahnhofsgeländes durch den Vertreter der Beklagten zu einer rechtswidrigen Verhinderung der NPD-Demonstration geführt hat.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 124 a Abs. 2 VwGO gegeben ist.
54 
B E S C H L U S S
55 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,-- festgesetzt.
56 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 27/01/2015 00:00

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Revision wird nicht zugelas
published on 12/06/2014 00:00

Tenor Es wird festgestellt, dass der am 25.01.2011 dem Kläger gegenüber angeordnete Platzverweis rechtswidrig war.Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1 Der Kläger begehrt die Feststellung
published on 20/12/2012 00:00

Tenor 1. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2010 - 3 L 1556/10 - und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2010 - 3 B 307/10 - verletzen die Beschwerde
published on 02/10/2012 00:00

Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 02.10.2012 wird wiederhergestellt.2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.3. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgese
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Durch Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. In Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens wird die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Ist jemand einer Straftat verdächtig, so können die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes die zur Feststellung seiner Identität erforderlichen Maßnahmen treffen; § 163a Abs. 4 Satz 1 gilt entsprechend. Der Verdächtige darf festgehalten werden, wenn die Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen von Satz 2 sind auch die Durchsuchung der Person des Verdächtigen und der von ihm mitgeführten Sachen sowie die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen zulässig.

(2) Wenn und soweit dies zur Aufklärung einer Straftat geboten ist, kann auch die Identität einer Person festgestellt werden, die einer Straftat nicht verdächtig ist; § 69 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Maßnahmen der in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Art dürfen nicht getroffen werden, wenn sie zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis stehen; Maßnahmen der in Absatz 1 Satz 3 bezeichneten Art dürfen nicht gegen den Willen der betroffenen Person getroffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Durch Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. In Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens wird die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Ist jemand einer Straftat verdächtig, so können die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes die zur Feststellung seiner Identität erforderlichen Maßnahmen treffen; § 163a Abs. 4 Satz 1 gilt entsprechend. Der Verdächtige darf festgehalten werden, wenn die Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen von Satz 2 sind auch die Durchsuchung der Person des Verdächtigen und der von ihm mitgeführten Sachen sowie die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen zulässig.

(2) Wenn und soweit dies zur Aufklärung einer Straftat geboten ist, kann auch die Identität einer Person festgestellt werden, die einer Straftat nicht verdächtig ist; § 69 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Maßnahmen der in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Art dürfen nicht getroffen werden, wenn sie zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis stehen; Maßnahmen der in Absatz 1 Satz 3 bezeichneten Art dürfen nicht gegen den Willen der betroffenen Person getroffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.