Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der in Heidelberg (auch) gegen den Kläger gerichtete Einsatz des Polizeibeamten xxx als Verdeckter Ermittler mit dem Decknamen xxx in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler.
Im Dezember 2010 wurde der Verdeckte Ermittler xxx (im Folgenden: VE), der unter dem Decknamen xxx mit dem Kläger in Kontakt getreten war, zufällig „enttarnt“. Der Kläger hat am 08.08.2011 Klage erhoben.
Das Gericht hat die vollständigen, den Einsatz des VE betreffenden Akten angefordert. Das Innenministerium Baden-Württemberg gab unter dem 13.12.2011 eine erste Sperrerklärung ab, da es Teile der Vorgänge als geheimhaltungsbedürftig einstufte. Die zu den Akten gehörenden Schriftstücke wurden deshalb nur in Kopie mit teilweisen Schwärzungen, gar nicht oder in Form von weißen Austauschblättern vorgelegt. Mit Beschluss vom 24.04.2012 legte die Kammer den Antrag des Klägers auf Entscheidung, ob die Verweigerung der vollständigen Aktenvorlage rechtmäßig ist, dem zuständigen Fachsenat beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vor. Mit Beschluss vom 14.01.2013 - 14 S 934/12 - stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Verweigerung einzelner konkret bezeichneter Aktenseiten rechtswidrig war und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Auf die Beschwerde des Klägers stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20.02.2014 - 20 F 2.13 - die Rechtswidrigkeit der Verweigerung der Vorlage weiterer, im einzelnen benannter Aktenseiten fest und wies die Beschwerde im Übrigen zurück. Unter dem 19.01.2015 gab das Innenministerium Baden-Württemberg eine erneute Sperrerklärung ab.
In der dem Gericht vom Beklagten übermittelten teilweise geschwärzten Kopie der Anordnung der Polizeidirektion Heidelberg - Kriminalpolizei vom 25.02.2010 wurde - gestützt auf § 22 Abs. 6 PolG - der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers für die Zeit vom 01.03.2010 bis 31.05.2010 verfügt zur:
1. Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Alt 1 PolG
zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person sowie für bedeutende Sach- und Vermögenswerte vom Verursacher
2. Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Alt 2 PolG zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung:
Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie
sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten
10 
auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden
11 
zur Erhebung von Daten von in Nr. 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 genannten Personen:
12 
Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen
13 
Kontakt- oder Begleitpersonen einer der in Nr. 1 genannten Personen
14 
Als eine der Personen, auf die sich die Datenerhebung bezieht, ist xxx, der Kläger im Verfahren 4 K 2107/11, genannt. Der Name des Klägers selbst wurde weder in den dem Gericht überlassenen Kopien der Einsatzanordnungen noch in den sonstigen Aktenvorgängen genannt. Weitere Anordnungen ergingen unter dem 23.06.2010 für den Zeitraum vom 01.06.2010 bis 31.08.2010, unter dem 26.08.2010 für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 30.11.2010 und unter dem 26.11.2010 für den Zeitraum vom 01.12.2010 bis 28.02.2011. Der Einsatz des VE wurde nach dessen Enttarnung im Dezember 2010 beendet.
15 
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: Er sei Student der Mathematik an der Universität Heidelberg. Seit 2009 sei er, im Zusammenhang mit dem damals bundesweiten Bildungsstreik an den Universitäten, aktiv in der Kritischen Initiative (Kl), einer hochschulpolitischen Gruppierung an der Universität Heidelberg. Mutmaßlich Ende 2009 sei im Innenministerium des Beklagten der Einsatz (mindestens) eines verdeckten Ermittlers in der sogenannten linken Szene in Heidelberg beschlossen worden. Eingesetzt worden sei (unter anderem) der Polizist xxx, der getarnt als Student und versehen mit dem Decknamen xxx zunächst vor allem an der Universität Heidelberg „seine Arbeit aufgenommen“ habe. Er, der Kläger, sei mit ihm wie folgt in Kontakt gekommen: Das erste Zusammentreffen habe sich im Rahmen eines Campus-Camps an der Uni Heidelberg etwa Mitte 2010 ergeben; der Kläger habe dort beim Aufbau geholfen. xxx sei ebenfalls dort gewesen, zusammen mit einem anderen Mitglied aus der Kl. xxx habe sich sofort mit dem Kläger bekannt gemacht. Nach seinen Beobachtungen in späterer Zeit sei es xxx generell gelungen, sehr schnell Leute und deren Namen kennenzulernen. Er habe gerne mit anderen diskutiert und so die Meinungen und Standpunkte zu alltäglichen und politischen Themen erfahren. Noch lieber habe er sich bei konkreten Aktionen engagiert. Bei den wöchentlichen Sitzungen beispielsweise der Kl sei er regelmäßig dabei gewesen. Er - der Kläger - habe ihn bald als Freund angesehen. Man habe viel miteinander gesprochen, auch über private Themen, über Freunde, auch über Freunde in der Kl. Nach einer der Kl-Sitzungen, es habe stark geregnet, habe der VE auch einmal bei ihm in der Wohnung seiner Mutter zu übernachtet. Die Enttarnung xxx durch einen Zufall am 12.12.2010 habe für ihn einen heftigen Vertrauensbruch bedeutet. Er habe inzwischen eine Art Paranoia entwickelt, die ihn an allen Beziehungen zweifeln lasse und neue Freundschaften unmöglich mache.
16 
Die angefochtene Verfügung habe sich durch Zeitablauf erledigt, die Klage sei aber als sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Er - der Kläger - habe ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung. Es bestehe Wiederholungsgefahr. Er wolle auch in der Zukunft beispielsweise sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausüben. Dabei wolle er „staatlich unbeobachtet“ bleiben. Die Verfügung, verdeckte Ermittlungen aufzunehmen bzw. der Einsatz des verdeckten Ermittlers selbst sei rechtswidrig und verletze ihn - den Kläger - in seinen Rechten. Sie greife erheblich in die Grundrechte auf Achtung der Menschenwürde, der Willens- und Handlungsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung, der freien Meinungsäußerung, der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie der Unverletzlichkeit der Wohnung ein.
17 
Die Maßnahme sei offenbar gestützt auf § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG. Es sei nicht erkennbar, dass er Störer im Sinne des Polizeirechts sein könnte. Ebenso wenig sei erkennbar, dass bei ihm tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass er künftig Straftaten mit erheblicher Bedeutung begehen könnte oder Kontakt- oder Begleitperson einer Person sein könnte, die solche Straftaten begehen wollte. Der Beklagte habe pauschal angegeben, man habe Zielpersonen der antifaschistischen/anarchistischen Szene in Heidelberg und Kontaktpersonen im Auge gehabt. Als einziger tatsächlicher Anhaltspunkt sei ein Zufallsfund von sieben sogenannten Molotow-Cocktails im Rahmen eines strafprozessualen Vorgangs erwähnt worden, in einem Ort, der etwa 50 km von Heidelberg entfernt liege; diese Begründung sei vorgeschoben. Aus sich heraus erkläre sie nicht den Einsatz eines VE gegen ihn. Der VE selbst habe angegeben, er sei eingesetzt gewesen, um politisch linke Gruppen in Heidelberg zu beobachten, letztliches Ziel sei die Antifaschistische Initiative Heidelberg gewesen. Er habe generell über Personen, die er kennengelernt habe, sowohl dem LKA als auch der Abteilung Staatsschutz der Polizeidirektion Heidelberg berichtet und auch „Personenakten“ angelegt.
18 
Ebenso unzulässig seien die weiteren Verlängerungen der Einsatzanordnung. Insbesondere seien hier jeweils ganz offensichtlich keinerlei Erkenntnisse des inzwischen tätigen VE eingeflossen, die über die bisherigen Erkenntnisse der Polizei hinausgingen. Durch die weitere Offenlegung der behördlichen Akten sei jetzt deutlich geworden, dass der VE Flugblätter habe ergreifen und vorlegen können, so einen Text mit Abdruck von Art. 3 des deutschen Grundgesetzes und einer kritischen Betrachtung der deutschen Abschiebepraxis; zum No Border Camp Brüssel 2010 habe ein Ausdruck aus dem Internet gewonnen werden können. Zudem sei festzuhalten, dass der VE nicht erst im Februar 2010, sondern bereits im November 2009 in Heidelberg als künftiger Student unter seinem Decknamen aufgetreten sei; er sei damals - ohne Anordnung und ohne rechtliche Grundlage - schon im Einsatz gewesen. Zudem sei der verdeckte Ermittler nicht in den Grenzen der Einsatzanordnung(en) geblieben. Er habe auch, wie er selbst anlässlich seiner Enttarnung angegeben habe, zu einer Reihe von Personen „Personenakten“ geführt.
19 
Im Übrigen sei § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG in Verbindung mit § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG verfassungswidrig. Das Gesetz ermögliche weitreichende Grundrechtseingriffe gegen Personen, bei denen sogenannte „tatsächliche Anhaltspunkte“ vorlägen, dass „sie künftig Straftaten begehen“, sowie gegen deren „Kontakt-“ und „Begleitpersonen“ und ein großes Umfeld an weiteren Menschen. Die Landesnormen seien bei Übertragung der vom Bundesverfassungsgericht zur Telekommunikationsüberwachung entwickelten Grundsätze zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten verfassungswidrig. Zur Möglichkeit der Gefahrenabwehr habe das Bundesverfassungsgericht bei intensiven Grundrechtseingriffen festgestellt, dass eine konkrete Gefahr für besonders hochwertige Rechtsgüter vorliegen müsse. Die Norm des § 22 Absatz 3 Nr. 2 PolG enthalte keine hinreichenden Einschränkungen.
20 
Der Kläger beantragt,
21 
festzustellen, dass der in Heidelberg (auch) gegen ihn gerichtete Einsatz des Polizeibeamten xxx als Verdeckter Ermittler mit dem Decknamen xxx in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war.
22 
Der Beklagte beantragt,
23 
die Klage abzuweisen.
24 
Zur Begründung trägt er vor: Die Klage sei unzulässig. Dem Kläger fehle die für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Klagebefugnis ( 42 Abs. 2 VwGO). Der Einsatz sei nicht gegen ihn gerichtet, er sei nicht Adressat der Maßnahme gewesen. Auch eine Feststellungsklage ( 43 Abs. 1 VwGO) sei nicht zulässig. Es fehle am Vorliegen eines feststellungsfähigen konkreten öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses, da der Einsatz nicht gegen den Kläger gerichtet gewesen sei. Selbst wenn man davon ausginge, dass allein aufgrund der tatsächlichen Begegnungen des Klägers mit dem VE ein feststellungsfähiges konkretes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis gegeben wäre, so wäre die Klage jedenfalls deswegen nicht zulässig, weil beim Kläger das notwendige berechtigte Interesse an der begehrten nachträglichen Feststellung fehle. Ein solches Interesse sei nur dann gegeben, wenn Wiederholungsgefahr bestehe oder der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung hätte. Beides sei nicht der Fall.
25 
Selbst wenn man von der Zulässigkeit der Klage ausginge, so wäre sie jedenfalls deshalb unbegründet, weil die Anordnung des Einsatzes Verdeckter Ermittler recht-mäßig gewesen sei. Die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und die jeweiligen Verlängerungen hätten ihre Rechtsgrundlage in § 22 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG. Im Jahr 2009 sei bundesweit und auch in Heidelberg ein weiterer Anstieg der Fallzahlen im Bereich der politisch motivierten Kriminalität festzustellen gewesen, insbesondere im Bereich der linksmotivierten Straftaten. Für den Bereich Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis sei durch die Polizeidirektion Heidelberg der Einsatz Verdeckter Ermittler angeordnet worden; der Einsatz habe sich ausschließlich gegen Personen der linksextremistischen Szene gerichtet, die entsprechenden Gruppierungen nahegestanden hätten bzw. deren Führungspersonal zuzurechnen gewesen wären. Zwei dieser Gruppierungen seien die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) und die Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald (AIKO). Ein Ziel der beiden Gruppen sei die Bekämpfung des Faschismus insbesondere in Heidelberg und Umgebung, da nach Auffassung dieser Gruppen diese Bekämpfung auf staatlicher Seite nicht energisch genug betrieben werde. Im Zuge dieser Bekämpfung werde auch die Konfrontation mit rechten Gruppierungen und einzelnen rechts stehenden Personen gesucht. Ausgangspunkt für die im Raum Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis verstärkt festzustellende Rechts-Links-Konfrontation sei eine erste Auseinandersetzung in Mauer im Juli 2009 gewesen, in deren Folge es zu weiteren Ereignissen gekommen sei, insbesondere zu einer Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim. Bei dem Veranstalter der Demonstration der linken Szene unter dem Thema „Rock gegen Rechts, Keine Nazis in Sinsheim und überall“ habe es sich um ein damaliges Mitglied der AIKO gehandelt. Eine Konfrontation zwischen Mitgliedern der linken und rechten Szene habe dadurch verhindert werden können, dass Personen aus dem rechten Bereich, die offensichtlich die Versammlung hätten stören wollen, durch Polizeibeamte mit Platzverweisen belegt worden seien. Zu dieser Demonstration sei durch die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) ein Internetaufruf in militanter Art und Weise zur Teilnahme an der Demonstration erfolgt: „Rechte Strukturen aufdecken und angreifen! Konsequent gegen die polizeiliche Politik des Herunterspielens und Totschweigens! Nazis entgegentreten auf allen Ebenen, mit allen Mitteln.“ Neben weiteren Anhaltspunkten sei auch dieser Aufruf Beleg zumindest für eine Zusammenarbeit, wenn nicht sogar für eine Verflechtung der beiden Gruppierungen.
26 
Am 04.11.2009 sei im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten der „Anarchistischen Initiative Kraichgau/Odenwald“ (AIKO) in xxx durchgeführt worden. Dabei seien u.a. sieben gebrauchsfertige Brandsätze (Molotow-Cocktails) sichergestellt worden. Nach Einlassungen eines damaligen Betroffenen seien diese Brandsätze zur „Verteidigung gegen Faschisten“ hergestellt worden. Mit Bekanntwerden dieser weiteren Fakten habe die Polizeidirektion Heidelberg davon ausgehen müssen, dass es in ihrem Dienstbezirk Personen gebe, die aus politischen Motiven funktionsfähige Brandsätze herstellten und nach eigener Aussage auch bereit seien, diese gegen Dritte einzusetzen. Seit dem Auffinden der Brandsätze habe die PD Heidelberg von einer konkreten, andauernden Gefahrenlage ausgehen müssen, da mit einem erneuten Herstellen solcher Brandsätze jederzeit zu rechnen gewesen sei. Weiter sei nach Auffinden der Brandsätze bei der AIKO die Herstellung der Brandsätze im Kontext zu den oben aufgelisteten Ereignissen zu sehen gewesen. Es habe damit gerechnet werden müssen, dass das Herstellen der zufällig aufgefundenen Molotow-Cocktails von den Verantwortlichen als Vorbereitungshandlung für konkrete, in naher Zukunft geplante und überwiegend gegen Personen des rechten Spektrums gerichtete Straftaten von erheblicher Bedeutung gedacht gewesen sei. Ein weiterer Beleg einer konkret vorhandenen Gewaltbereitschaft sei auch die Ankündigung der AIHD, mit „allen Mitteln“ rechte Strukturen angreifen zu wollen. Darüber hinaus habe es Erkenntnisse gegeben, dass sich eine spätere Zielperson Ende des Jahres 2009 auch überregional/bundesweit an Aktionen beteiligt gehabt habe. Gegen diese Person seien sowohl im südbadischen Bereich als auch in Norddeutschland Strafverfahren eingeleitet worden.
27 
Aufgrund dieser Erkenntnisse sei es zur Anordnung von Verdeckten Ermittlern gekommen. Die Maßnahmen hätten sich gegen namentlich benannte Personen aus dem geschilderten Umfeld gerichtet, der Kläger habe nicht zu den in der Einsatzanordnung genannten Personen gehört. Es sei im Einzelnen festgelegt worden, welche Personen zu beobachten seien. Der Kläger sei nicht unter diesen Personen gewesen. Bei Abwägung zwischen den zu erwartenden Nachteilen für die nur mittelbar Betroffenen und dem angestrebten Zweck der Maßnahme (Abwehr von konkreten Gefahren aus der Sphäre der AIHD und der AIKO) sei der Einsatz Verdeckter Ermittler angemessen gewesen. Bei einem solchen Einsatz sei es unvermeidlich, dass der Verdeckte Ermittler auch mit Personen in Kontakt komme, die sich im Umfeld der zu beobachtenden Personen bzw. Gruppierungen aufhielten. Es liege auf der Hand, dass der Verdeckte Ermittler in einem solchen Fall seine wahre Identität nicht preisgeben und diese Kontaktperson über seinen Auftrag informieren könne. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz den hier in Frage stehenden Einsatz eines Verdeckten Ermittlers in Heidelberg überprüft habe. In seinem 30. Tätigkeitsbericht, der am 12.12.2011 veröffentlicht worden sei, führe er unter Ziffer 2.7 (s. 108 ff., 111) u.a. aus:
28 
„Einzelheiten des Falles kann ich wegen der von Seiten des Landeskriminalamts verfügten Geheimhaltung an dieser Stelle nicht ausbreiten, eines lässt sich nach einer Kontrolle der in diesem Fall angelegten Akten festhalten: Die Mängel, die in den 90er Jahren festgestellt wurden, waren nunmehr aufgrund der generellen Regelungen des Innenministeriums einerseits und durch eindeutige Anordnungen im konkreten Fall andererseits behoben. Jedenfalls ergab sich aus den Akten, dass es nicht um das Ausspähen einer bestimmten politischen Szene - wie in der Öffentlichkeit vermutet - ging. Das wäre auch eher eine Aufgabe des Landesamts für Verfassungsschutz gewesen. Vielmehr sollten Daten bestimmter Personen in ihren gesetzlich präzisierten Rollen erhoben werden. Jedoch kann die Befugnis des Verdeckten Ermittlers, mit einer anderen Identität als seiner eigenen in dem Umfeld der betroffenen Personen zu agieren, den Eindruck nicht vermeiden, dass auch dieses Umfeld ausgekundschaftet werden soll. Dass ein Verdeckter Ermittler aufgrund der Einsatz form zwangsläufig eine Vielzahl Kontakte zu anderen Personen hat, wurde in den gesetzlichen Voraussetzungen durch die Formulierung in § 22 Absatz 4 PolG berücksichtigt. Es ist verständlich, dass ein Verdeckter Ermittler alles vermeiden sollte, was zu einer Enttarnung führen könnte. Allerdings ist das Verbot der Begehung von Straftaten, das bei dem Einsatz stets beachtet werden muss, auch in der erwähnten Verwaltungsvorschrift ausdrücklich festgehalten.
29 
Soweit sich dies anhand der Akten beurteilen ließ, dürften die gesetzlichen Voraussetzungen sowohl hinsichtlich der Personen als auch hinsichtlich der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erfüllt gewesen sein. Daher konnte ich gegen diese Maßnahme keine durchgreifenden datenschutzrechtlichen Bedenken geltend machen. Dabei kann es nicht darauf ankommen, dass Straftaten tatsächlich verhindert wurden, das würde bei einem gescheiterten Einsatz wie hier sonst automatisch zur Rechtswidrigkeit des Einsatzes führen.“
30 
Hierauf erwidert der Kläger:
31 
Der VE selbst habe, anlässlich seiner Enttarnung zur Rede gestellt, gegenüber Betroffenen angegeben: „Ich habe Datensätze angelegt“. Hierbei habe er mindestens auch die Kläger in den Parallelverfahren xxx und xxx namentlich genannt. Zudem habe er insoweit auch alle Mitglieder der Kritischen Initiative einbezogen, also auch den Kläger. Die Klägerin des weiteren Parallelverfahrens xxx sei zudem vom Landeskriminalamt darüber unterrichtet worden, dass sie Betroffene des Einsatzes des VE gewesen sei. Ihre Daten seien durch diesen im Rahmen einer nicht angemeldeten Versammlung erhoben worden. Hieraus werde deutlich, dass nicht nur die möglicherweise allein in der Einsatzanordnung genannte(n) Zielperson(en) Ziel des Einsatzes gewesen seien, sondern (spätestens) im Laufe des Einsatzes weitere Personen zu Zielpersonen geworden seien, jedenfalls aber von ihnen Daten durch den Verdeckten Ermittler erhoben worden seien. Dieser habe beispielsweise zudem von ahnungslosen Betroffenen Mailadressen bekommen und diese auch genutzt. Er habe den Mailverteiler der Kritischen Initiative erlangt, darin seien Mailadressen weiterer Kläger enthalten. Es sei klar, dass er diese Daten auf seinem Laptop oder PC gespeichert habe. Auch damit habe bereits eine unzulässige polizeiliche Datenerhebung und -speicherung stattgefunden. Der VE sei auch in dem Protestcamp in Brüssel eingesetzt worden. Dieser Vorgang habe vom Thema her und auch sonst mit der nun vom Beklagten vorgetragenen angeblichen eskalierenden Rechts/Links-Konfrontation im Rhein-Neckar-Kreis und antifaschistischen Aktionen der AIKO und der AIHD, die den Einsatz veranlasst haben sollen, überhaupt nichts zu tun. Zweifelhaft sei auch, ob sich überhaupt eine Ziel- oder Kontaktperson in Brüssel aufgehalten habe. Mindestens an diesem Vorgang werde deutlich, dass weit mehr Menschen zu Ziel- oder Kontaktpersonen geworden seien, als der Beklagte zugestehe.
32 
Die Kammer hat der Klage des Herrn xxx (Kläger im Verfahren 4 K 2107/11) mit Urteil vom heutigen Tage stattgegeben und festgestellt, dass der in Heidelberg gegen ihn gerichtete Einsatz des Polizeibeamten xxx als verdeckter Ermittler mit dem Decknamen xxx in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war. Neben dem Kläger und Herrn xxx haben fünf weitere Personen Klagen (4 K 2108/11 bis 4 K 2112/11) erhoben, über die ebenfalls mit Urteilen vom heutigen Tag entschieden worden ist.
33 
Dem Gericht liegen die Akten 4 K 2107 bis 4 K 2112/11 vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, die vom Beklagten übersandten Kopien der Aktenvorgänge sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
34 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und zulässig.
35 
Zwischen den Beteiligten bestand ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis werden rechtliche Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Die streitige Beziehung muss sich weiter durch ein dem öffentlichen Recht zuzurechnendes Verhalten zu einer konkreten Rechtsbeziehung verdichtet haben. Dies setzt voraus, dass die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist.
36 
Streitig ist hier, ob ein vom Beklagten eingesetzter Verdeckter Ermittler über den Kläger (in unzulässiger Weise) Daten erhoben hat. Ausgehend hiervon begründet die Frage, ob die behauptete Datenerhebung von einer Rechtsgrundlage gedeckt (hier konkret: durch § 22 PolG) war, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
37 
Zwar wurde der Kläger - den dem Gericht vorgelegten Kopien der Einsatzanordnungen - nicht als eine der Personen (als Ziel bzw. Kontakt-/Begleitperson) genannt, gegen die sich der Einsatz des VE richten sollte. Hierzu trägt der Beklagte vor, die Anordnung von Verdeckten Ermittlern habe sich gegen namentlich benannte Personen gerichtet, der Kläger habe nicht hierzu gehört. Allerdings hat der Kläger - was vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wurde - vorgetragen, dass er nicht nur gelegentlichen, sondern intensiven Kontakt mit dem VE gehabt habe, der sich sowohl auf politische Aktivitäten im Rahmen der KI als auch auf den privaten Bereich erstreckt habe; einmal habe der VE auch bei ihm übernachtet. Mit Blick darauf, dass in einer solchen Konstellation dem VE zwangsläufig Daten über den Kläger bekannt geworden sein müssen, liegt die konkrete rechtliche Beziehung in der Abklärung, ob der VE eine Tätigkeit entfaltet hat, für deren rechtliche Zulässigkeit es - wie nachstehend unter Punkt II. 2 ausgeführt - einer entsprechenden Ermächtigung gem. den Vorschriften des § 22 PolG bedurft hätte und - wenn ja - ob der Einsatz sich in dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen gehalten hat.
38 
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass sich das Rechtsverhältnis bereits vor Klageerhebung infolge der Beendigung des Einsatzes des VE erledigt und deswegen in ein vergangenes Rechtsverhältnis gewandelt hatte. Da § 43 Abs. 1 VwGO in zeitlicher Hinsicht keine Einschränkungen enthält, ist anerkannt, dass auch vergangene Rechtsverhältnisse feststellungsfähig sind. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist.
39 
Da in Bezug auf den Kläger keine Einsatzanordnung vorliegt und im Übrigen einer solchen auf Grund der Innerdienstlichkeit auch kein Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG zukommt, scheidet eine wegen vorprozessualer Erledigung sogenannte "nachgezogene" Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
40 
Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem vom Kläger geltend gemachten tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris). Der Kläger macht geltend, dass er hier nicht als beliebiger Dritter betroffen war, sondern dass er final in die Datenerhebung durch den VE einbezogen wurde.
41 
Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - juris).
42 
II. Die Klage ist auch begründet.
43 
Das Gericht ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung gelangt, dass der VE auch über den Kläger Daten erhoben und weitergegeben hat (1.), ohne dass dafür eine Rechtsgrundlage bestand (2.). Der Einsatz des VE gegenüber dem Kläger war daher rechtswidrig.
44 
1. Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Angaben des Klägers, der VE habe über ihn persönliche Daten erhoben und an das LKA weitergegeben, den Tatsachen entsprechen. Die bereits in der Klagebegründung hierzu gemachten Angaben hat der in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragte Kläger bestätigt. Er hat berichtet: Er sei beim Enttarnungsgespräch im Café xxx dabei gewesen. Sie seien an einem Tisch gesessen und als die Getränke gekommen seien, hätten sie den VE angesprochen, sie hätten ja gewusst, dass er Verdeckter Ermittler sei. Sie hätten ihn gefragt, was er von ihnen weitergegeben habe und er habe alle ihre Fragen mit „ja“ beantwortet. Er habe gesagt, dass er von seinen persönlichen Verbindungen und Netzwerken, auch politischer Art, „an das LKA weiterberichtet hat“.
45 
Die Kammer hält diese Angaben nach dem persönlichen Eindruck, den sie sich in der mündlichen Verhandlung über den Kläger verschafft hat, für glaubhaft. Dieser trat sehr zurückhaltend auf und berichtete, ohne zu taktieren. Dafür, dass das Gespräch sich so zugetragen hat, wie geschildert, spricht, dass der Kläger zunächst die Angaben des VE zu seinem Einsatz gar nicht in den Vordergrund gestellt, sondern über atmosphärische Gegebenheiten des Gesprächs berichtet hat. Er hat nämlich vorangestellt, dass es zunächst erst ruhig geworden sei und der VE erst über seine eigene persönliche Befindlichkeit gesprochen habe; der VE habe gesagt, dass ihm die persönlichen Kontakte sehr wichtig gewesen seien, er wisse nicht, wie er nach dem Einsatz weitermachen solle und stehe vor einer Wand. Gleiches ist auch von der Klägerin im Verfahren 4 K 2109/11 berichtet worden, die in der mündlichen Verhandlung ebenfalls informatorisch angehört worden ist.
46 
Anlass, am Wahrheitsgehalt der Darstellung des Klägers zu zweifeln, besteht für die Kammer nicht. Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung inhaltlich auch nicht Stellung genommen oder gar einen anderweitigen Ablauf des vom Kläger geschilderten Gesprächs dargelegt.
47 
2. Sind demnach vom VE Daten über den Kläger erhoben und weitergeleitet worden, gilt Folgendes: Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Eingriff in das sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebende Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein solcher Eingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Der Gesetzgeber hat den Verwendungszweck der Daten bereichsspezifisch und präzise zu bestimmen. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 07.08.2015 – 1 S 1239/15 – Rn. 49, juris). Deren Zulässigkeit richtet sich hier, da es um die Datenerhebung des Landes geht, nach dem Landesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg - LDSG - (§ 2 Abs. 1 LDSG). Nach § 4 Abs. 1 LDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder soweit der Betroffene eingewilligt hat. Verarbeiten ist das Erheben, Speichern, Verändern, Übermitteln, Nutzen, Sperren und Löschen personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 2 LDSG).
48 
Da eine Einwilligung des Klägers ersichtlich nicht vorliegt, kommt hier als einzig mögliche Rechtsgrundlage § 22 PolG in Betracht, und zwar - da bei der Prüfung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen ist - in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390).
49 
a. Gem. § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten von dem nachfolgend genannten Personenkreis u.a. durch den Einsatz Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Daten können über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen erhoben werden, wenn der Einsatz zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) erfolgt. Von den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen können Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erhoben werden (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG). In § 20 Abs. 5 PolG sind Straftaten mit erheblicher Bedeutung definiert: Dabei handelt es sich zum einen um Verbrechen (§ 20 Abs. 5 Nr. 1 PolG), zum anderen um Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören (§ 20 Abs. 5 Nr. 2 PolG), soweit sie a) sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, b) auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden, c) gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen werden.
50 
Das Gericht vermag nicht davon auszugehen, dass die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen auch die Datenerhebung über den Kläger erfasste. Dies wurde vom Beklagten auch nicht behauptet. Aus den vom Beklagten vorgelegten Kopien der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen lässt sich lediglich entnehmen, dass Daten über xxx und drei weitere Personen als Ziel- bzw. als Kontakt-/Begleitpersonen erhoben werden sollten. Der Name des Klägers ist - was der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigte - darin nicht genannt.
51 
b. Die Datenerhebung über den Kläger lässt sich auch nicht auf § 22 Abs. 4 PolG stützen. Danach dürfen Daten auch dann nach Absatz 2 oder 3 erhoben werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
52 
Wann eine Unvermeidbarkeit vorliegt, wurde - soweit ersichtlich - bislang in der Rechtsprechung wie in der Literatur nicht geklärt. Eine Unvermeidbarkeit wird allenfalls dann anzunehmen sein, wenn sich im Zuge konkreter Ermittlungen gegen die polizeiliche Zielperson die Kontaktaufnahme mit dem Dritten nicht vermeiden lässt. Allein der Zweck, die eigene Legende abzusichern, wird die Datenerhebung gegenüber einem Dritten wohl nicht zulassen (vgl. Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 22 RN 24).
53 
Jedenfalls ist aber Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Datenerhebung über Dritte, dass die Datenerhebung über eine Ziel- bzw. Kontakt-/Begleitperson rechtmäßig angeordnet worden ist. Eine solche Anordnung liegt hier nicht vor. Anknüpfungspunkte für die über den Kläger erfolgte Datenerhebung können allenfalls die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen gewesen sein, in welchen u.a. xxx als Zielperson genannt ist.
54 
Diese Anordnungen sind jedoch formell und materiell rechtswidrig gewesen, sodass es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die mit § 22 Abs. 3, Nr. 2, Abs. 5, § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz eines VE verfassungswidrig ist, nicht ankommt (offen gelassen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; vgl. zu der inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffende Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG: BVerfG Urt. v. 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - juris).
55 
Hierzu hat das Verwaltungsgericht in seinem, der Klage von xxx stattgebenden Urteil Folgendes ausgeführt:
56 
„1. Personen, die sich - wie hier der Kläger - der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten (zur Definition vgl. § 48 PolG i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG) - erhoben. Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt". Ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, sind daher von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG) beschränkt. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Um die Anordnung - sowohl für die „vor Ort“ handelnden Beamten wie auch für das später ggf. angerufene Gericht - nachvollziehbar zu machen, bedarf die Anordnung grundsätzlich der Schriftform. Außerdem hat sie das „besondere Mittel“ zu bezeichnen und die Zielperson zu benennen oder zumindest zu umschreiben. In einer Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Außerdem wird eine Frist für die Dauer des Einsatzes zu bestimmen sein.
57 
Eine fehlerhafte oder zu unbestimmte Einsatzanordnung führt zu ihrer Rechtswidrigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit des Einsatzes insgesamt, selbst wenn der Einsatz materiell-rechtlich gerechtfertigt war (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 8. Aufl. 2015, § 22 RN 52; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
58 
a. Zwar wurde in den vorliegenden Einsatzanordnungen der sog. „Behördenleitervorbehalt“ gewahrt. Die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen wurden durch den Leiter der damaligen Polizeidirektion Heidelberg als sachbearbeitende Dienststelle erlassen. Damit wurde dem Erfordernis, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) einer Anordnung durch einen der in § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG genannten Behördenleiter - worunter u.a. der Leiter einer Polizeidirektion zählt - bedarf, Genüge getan.
59 
b. Allerdings fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit hinsichtlich des eingesetzten Mittels.
60 
Als besonderes Mittel der Datenerhebung wird in § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG der Einsatz von Polizeibeamten unter Geheimhaltung ihrer wahren Identität (Verdeckter Ermittler) genannt.
61 
Die dem Gericht vorliegenden Kopien der Einsatzanordnungen lassen allerdings offen, wie viele Verdeckte Ermittler tätig, ob die Ermittlungen von - wie vom Gesetz vorgeschrieben - Polizeibeamten durchgeführt werden sollten und wer konkret als Verdeckter Ermittler eingesetzt war.
62 
Aus der Überschrift der Anordnung vom 25.02.2010: „Anordnung eines VE-Einsatzes nach dem Polizeigesetz“ ergibt sich hierzu nichts. Desgleichen gilt für die sich daran anschließenden geschwärzten Passagen. In der Tenorierung wird lediglich ausgeführt: „I. Der Einsatz des/der VE erfolgt zur 1. Datenerhebung ...“ Auch in den nicht geschwärzten Passagen unter der Überschrift:
63 
„II. Zu Gründen, Ziel, Geeignetheit... der Datenerhebung durch den VE-Einsatz, Anzahl vorgesehener VE sowie zu den Personen (Adressaten der Maßnahme), über die Daten erhoben werden sollen, ist folgendes festzuhalten:“
64 
ist weder etwas dazu enthalten, ob der/die VE Polizeibeamte sind, noch etwas zu deren Anzahl, noch ist die Identität des/der VE bestimmt worden. Gleiches gilt für die Verlängerungen der Einsatzanordnung. Hierzu hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der Name des VE nicht in der Einsatzanordnung aufgeführt worden sei.
65 
Deshalb lassen sich - ohne dass die Kopien der streitgegenständlichen Einsatzanordnungen selbst etwas dazu hergäben - erst nachträglich nach der „Enttarnung“ von xxx im Dezember 2010 Rückschlüsse darauf ziehen, dass dieser als VE tätig geworden ist. Der Umstand, dass der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage unter dem 21.08.2015 bescheinigt hat, dass xxx vom 01.09.2009 bis einschließlich 31.03.2014 als Polizeivollzugsbeamter beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg verwendet wurde und der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass Herr xxx als alleiniger VE tätig gewesen sei, ersetzt nicht das formale Erfordernis, dass das besondere Mittel der Datenerhebung i.S.d. § 22 Abs. 1 PolG in der Anordnung selbst hinreichend bezeichnet sein muss.
66 
Allein die in der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen aufgenommene abstrakte Bezeichnung des Mittels „Verdeckter Ermittler“ ist für eine hinreichende Bestimmung des besonderen Mittels i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG nicht ausreichend. Dies folgt daraus, dass durch den Einsatz eines VE schwerwiegend in die bereits genannten Grundrechte eingegriffen wird und daraus, dass - da § 22 Abs. 8 PolG erst die nachträgliche Unterrichtung des Betroffenen über die Maßnahme vorsieht - der Betroffene regelmäßig nicht die Gelegenheit hat, vorherigen Rechtsschutz zu erlangen. In einer derartigen Konstellation gebietet aber die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dass konkret in der Einsatzanordnung der Name des VE aufgeführt wird. Im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes muss der Betroffene wissen, wer von ihm Daten erhoben hat, um das Geschehen nachvollziehen zu können. Denn dies ist Voraussetzung dafür, dass er ggf. ein nachträglich gestelltes Rechtsschutzgesuch begründen kann. Daher muss in der Einsatzanordnung die Identität des eingesetzten VE bezeichnet werden. Insoweit braucht sich der Betroffene nicht darauf verweisen zu lassen, dass die Identität des VE möglicherweise aus anderweitigen Quellen ermittelbar ist. Vielmehr muss dies - auch für eine etwaige spätere gerichtliche Überprüfung - aus der Einsatzanordnung selbst hervorgehen.
67 
2. Der Einsatz des VE erweist sich aber auch als materiell rechtswidrig. Denn der Beklagte hat nicht dargetan, dass die tatbestandlichen Voraussetzung hierfür vorlagen.
68 
Das Gericht kann den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass die Anordnung der Erhebung personenbezogener Daten von einem der in § 22 Abs. 3 PolG genannten Zwecke getragen war.
69 
a. Nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG ist zulässig die Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person, bedeutende Sach- und Vermögenswerte und zwar von einer der in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen. Der Beklagte hat hierzu in Punkt I. 1. der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen festgelegt, dass die Datenerhebung vom Verursacher (§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 PolG) erfolgt.
70 
Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris, m.w.N.).
71 
Nach Maßgabe dessen gehen aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen keine Umstände hervor, welche die Annahme rechtfertigen, dass vom Kläger eine konkrete Gefahr für eines der in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter ausgegangen ist.
72 
aa. In der Begründung der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 selbst - soweit sie lesbar ist - werden keine hinreichenden Fakten genannt, aus denen sich eine solche konkrete Gefahr herleiten ließe. Die pauschale Behauptung des Beklagten, bei dem Kläger handele es sich um eine Führungsperson der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, lässt eine solche Gefahrenprognose nicht zu. Dieser Behauptung stellte der Beklagte auf Seite 4 der Anordnung voraus, dass die Antifaschistische Szene Heidelberg und Rhein-Neckar-Kreis mehrere Gruppierungen umfasse, in erster Linie die Antifaschistische Initiative Heidelberg, die AIKO (Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald); die weiteren aufgelisteten Gruppierungen wurden geschwärzt. Als Ziel dieser Gruppen wurde die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“ genannt und ausgeführt, dass sich bei der linken Szene Heidelberg eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial feststellen lasse.
73 
Indessen gehen aus den weiteren ungeschwärzten Ausführungen keine konkreten Feststellungen zu der behaupteten Gewaltbereitschaft der Antifaschistischen Initiative Heidelberg hervor. Solche sind auch nicht mit der Darstellung des Umstands verbunden, dass der Kläger am 18.09.2009 (richtig: am 19.09.2009) an einer von xxx angemeldeten Demonstration in Sinsheim teilgenommen habe (Seite 7 der Anordnung). Insoweit stellt der Beklagte darauf ab, dass der der AIKO zugerechnete xxx - in dessen Wohnung bzw. Keller bei einer Hausdurchsuchung am 04.11.2009 sieben Molotow-Cocktails gefunden worden waren - bei dieser Demonstration beinahe die ganze Zeit mit dem Kläger und einer weiteren Heidelberger Aktivistin, xxx, zusammengestanden habe. Diesen Umstand führte der Beklagte als Indiz für die Verzahnung der Anarchistischen Initiative Kraichgau-Odenwald mit der Antifaschistischen Initiative Heidelberg an. Indes lassen sich der Anordnung - soweit lesbar - zu alledem keine konkrete Tatsachenfeststellungen entnehmen, welche darauf hindeuten könnten, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- und Vermögenswerte ausgingen. Allein der Umstand, dass der Kläger während einer Demonstration neben einer Person stand, bei der zu einem späteren Zeitpunkt Molotow-Cocktails gefunden wurden, begründete weder eine hinreichende Grundlage für die Annahme, der Kläger sei in eine gewaltbereite Gruppierung eingebunden noch dafür, dass die Antifaschistische Initiative Heidelberg auf Gewalttätigkeiten hinwirke. Weitere Tatsachenfeststellungen, die eine konkrete Verbundenheit des Klägers mit xxx bzw. der AIKO dokumentieren würden, gehen aus den dem Gericht vom Beklagten überlassenen Unterlagen nicht hervor. Auch sonstige Hinweise darauf, dass der Kläger in der Vergangenheit ein, die Annahme einer Wiederholungsgefahr rechtfertigendes, gewalttätiges oder gewaltveranlassendes Verhalten an den Tag gelegt hätte, hat der Beklagte in der Anordnung nicht genannt. Soweit er die Bewertung vornahm, dass bei der Demonstration am 19.09.2009 eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links erst durch entsprechende Maßnahmen der Polizei habe verhindert werden können, wurde nichts dazu ausgeführt, dass von den linksgerichteten Demonstranten Gewalttätigkeiten gedroht hätten. Vielmehr sind nach den Darlegungen des Beklagten Platzverweise an die Rechten ergangen. Auch soweit der Beklagte in der Anordnung als alljährlich nennenswertes Event der Antifaschistischen Initiative Heidelberg die Veranstaltung der Walpurgisnacht - als „Gegenveranstaltung“ zu den Walpurgisnachtfeiern der Burschenschaften - anführte, wurde nichts zu irgendwelchen Gewalttätigkeiten berichtet. Aus den nachfolgenden Einsatzanordnungen ergibt sich - soweit lesbar - hierzu ebenfalls nichts.
74 
bb. Auch die weiteren, dem Gericht vorliegenden Unterlagen geben für die Annahme nichts her, vom Kläger gehe eine konkrete Gefahr für die in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter aus.
75 
Nachdem - wie oben unter Punkt II. 1 dargelegt - in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen sind, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben, ist fraglich, ob der weitere Akteninhalt herangezogen werden darf, wenn die Anordnung selbst nicht mit einer ausreichenden, die materielle Rechtmäßigkeit belegenden Begründung versehen ist. Dies kann hier aber offen bleiben, da auch der weitere Vortrag des Beklagten die Annahme nicht trägt, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte gegangen ist.
76 
Aus den der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen beigefügten „Personalbögen“ des Klägers lässt sich dies nicht herleiten. Hierin wurde zunächst ein Vorfall vom 21.06.2003 im Rahmen einer Demonstration gegen die Ausstellung „Verbrechen und Wehrmacht“ in Schwäbisch Hall aufgelistet und ausgeführt, dass sich der Kläger seiner Festnahme widersetzt habe, nachdem er aus einer eingeworfenen Schaufensterscheibe eines Geschäfts Gegenstände entwendet hatte. Aus diesem weit zurückliegenden und für sich allein stehenden Vorfall, der nach der Darstellung des Beklagten noch nicht einmal in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen stand, lässt sich indes nicht die Prognose erstellen, vom Kläger gehe eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte aus. Soweit ein Vorfall vom 12.06.2006 beschrieben wurde, bei dem der Kläger in einem Flyer eine Studentin als Angehörige der rechten Szene geoutet haben soll, und weitere Aktionen und Demonstrationen aufgelistet wurden, lassen sich - soweit lesbar - diesen Ausführungen keine Anhaltspunkte für eine Gewaltbereitschaft des Kläger entnehmen.
77 
Eine andere Einschätzung folgt auch nicht aus dem Vortrag des Beklagten im Klageverfahren. Insoweit wurden vom Beklagten mit der Klageerwiderung vom 20.02.2012 (Seite 2 f.) weitere Demonstrationen und Aktionen aufgelistet. Unter anderem wurde eine von der AIKO geplante Demonstration am 24.07.2010 genannt, die verboten wurde und ausgeführt: Auf der homepage der AIKO sei militante Werbung gemacht worden mit dem Slogan: „Lasst uns den Nazis zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen!!! Bildet Banden“, auf dem Flyer sei ein ein Vermummter zu sehen, der eine Zwille abgeschossen habe. Indes wurden keine substantiierten Feststellungen dazu getroffen, dass und auf welche Weise intern eine Verbindung zwischen der AI KO und der Antifaschistischen Initiative Heidelberg bestehen soll. Auch die Ausführungen zu den weiteren aufgelisteten Aktionen tragen nicht die Annahme, dass vom Kläger eine Gefahr für die genannten Rechtsgüter ausginge.
78 
Dies gilt auch, soweit der Beklagte auf einen Internetaufruf der Antifaschistischen Initiative Heidelberg im Zusammenhang mit der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim abstellte, der den Wortlaut hat: „Rechte Strukturen aufdecken und angreifen! Konsequent gegen die polizeiliche Politik des Herunterspielens und Totschweigens! Nazis entgegentreten auf allen Ebenen, mit allen Mitteln“. Abgesehen davon, dass der Wortlaut „mit allen Mitteln“ auslegungsfähig ist und daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, dass damit illegale Mittel gemeint sind, hat die vom Beklagten vorgenommene Interpretation, dass zur Gewaltanwendung aufgerufen worden sei, in der Folgezeit keine Bestätigung erfahren. Konkrete Feststellungen, dass von den linken Demonstranten Gewalt ausgegangen wäre oder gedroht hätte, hat der Beklagte nicht getroffen. Vielmehr lässt sich seinen Ausführungen entnehmen, dass Platzverweise an die Rechten ergangen sind.
79 
Auch hinsichtlich der weiteren vom Beklagten in der Klageerwiderung aufgelisteten Demonstrationen wurde nichts von Gewalttätigkeiten berichtet, geschweige denn, dass Anhaltspunkte dafür genannt wurden, die dafür sprächen, dass der Kläger auf gewalttätige Auseinandersetzungen bzw. bedeutende Sachschäden hinwirken würde.
80 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nichts weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
81 
b. Auch die Voraussetzungen für eine Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG liegen nicht vor. Danach ist die Datenerhebung zulässig zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen, nämlich über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen sowie über Kontakt- und Begleitpersonen dieser Personen.
82 
Hinsichtlich des Zwecks der Datenerhebung legte der Beklagte in Punkt 2 seiner Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und in den Folgeanordnungen die Art der zu bekämpfenden Straftaten fest. Diese Straftaten sollten zum einen sein Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, und zum anderen Vergehen, soweit sie auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden.
83 
Die vom Beklagten hinsichtlich des Klägers getroffenen Feststellungen tragen jedoch weder die Annahme, dass es sich bei diesem um eine Person handelt, bei der tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten der genannten Art begehen wird (aa.) noch die Annahme, dass er Kontakt- oder Begleitperson einer solchen Person ist (bb.).
84 
aa. Aus den Begründungen der Einsatzanordnungen geht hervor, dass der Beklagte den Kläger als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft hat.
85 
Allerdings lassen sich den ungeschwärzten Passagen der vorliegenden Akten keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in der genannten Art straffällig würde.
86 
Tatsächliche Anhaltspunkte liegen dann vor, wenn zumindest bestimmte Indizien gegeben sind, aus denen nach polizeilicher Erfahrung auf das künftig mögliche Vorliegen eines Sachverhalts geschlossen werden kann, dass die Person Straftaten begehen wird. Bloße Vermutungen reichen nicht aus (Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 20 RN 24). Weitergehend wird in der Literatur sogar gefordert, dass Tatsachen vorliegen müssen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig Straftaten begeht (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 8. Aufl. 2015, § 20 RN 45).
87 
Eine nach Maßgabe dessen zumindest zu fordernde Indizienlage lässt sich den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen.
88 
Der Beklagte stützte seine Einsatzanordnung dem Grunde nach auf die Behauptung, Ziel der von ihm genannten linken Gruppierungen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg und der AIKO sei die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“, und stellte insgesamt eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial bei der linken Szene in Heidelberg fest. Der Beklagte nannte allerdings keine greifbaren Anhaltspunkte, die darauf hinweisen würden, dass von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, namentlich vom Kläger als eine deren Führungspersonen eine auf die genannten Straftaten hinausführende Gewaltbereitschaft ausginge. Soweit der Beklagte auf die von ihm aufgelisteten Demonstrationen abstellte, wurde - wie bereits oben ausgeführt - nichts zu einer von den linken Gruppierungen ausgehenden Gewaltbereitschaft oder gar zu ihr zurechenbaren Straftaten ausgeführt. Dies gilt - wie voranstehend ebenfalls erörtert - insbesondere für die immer wieder vom Beklagten angeführte Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim. Den vom Beklagten hierzu gemachten Erläuterungen - soweit sie ungeschwärzt sind - lassen sich konkrete Feststellungen zu einem von den linken Demonstranten ausgehenden Gewaltpotential nicht entnehmen; vielmehr ergingen Platzverweise an die rechten Demonstranten.
89 
Ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger Straftaten begehen wird, stellt auch nicht der Fund von Molotow-Cocktails bei xxx dar. Das Herstellen und der Besitz von Molotow-Cocktails ist zwar eine Straftat nach 52 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2a WaffG in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4. Indes lassen sich den vorliegenden Akten keinerlei tragfähige Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in irgendeiner Weise in diese Straftat involviert war. Alleine der Umstand, dass der Kläger während der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim mit xxx zusammengestanden hatte, bietet keinen tragfähigen Hinweis darauf, dass der Kläger künftig auf waffenrechtlichem Gebiet straffällig werden könnte.
90 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nicht weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
91 
bb. Die Einsatzanordnung lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass eine Datenerhebung über den Kläger als Kontakt-/ oder Begleitperson (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG) eines potentiellen Straftäters in Betracht käme.
92 
Problematisch ist bereits, ob diese Rechtsgrundlage hier überhaupt bei der materiellen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Einsatzanordnung zugrunde gelegt werden darf. Denn der Kläger wurde - der Begründung der Einsatzanordnung zufolge - als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft. Indes sind - wie oben unter Punkt II. 1 ausgeführt -, um den formellen Anforderungen zu genügen, in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Da nach der Begründung der Einsatzanordnung die Datenerhebung gerade nicht vom Kläger als Kontakt- oder Begleitperson erfolgen sollte, erscheint es daher problematisch, die Einsatzanordnung „umzudeuten“, ohne dass dies zu deren formellen Rechtswidrigkeit führen würde.
93 
Diese Frage kann jedoch offen bleiben, da hinreichende Feststellungen des Beklagten fehlen, welche die Einstufung des Klägers als Kontakt- oder Begleitperson eines potentiellen Straftäters rechtfertigen würden.
94 
Als alleiniger Anknüpfungspunkt käme xxx in Betracht, bei welchem die Molotow-Cocktails gefunden worden sind. Dieser ist aber seinerseits lediglich als Kontaktperson (s. S. 8 der Einsatzanordnung vom 25.02.2010) eingestuft worden.
95 
Das Polizeigesetz definiert nicht, was unter dem Begriff Kontakt- und Begleitperson künftiger Straftäter i. S. d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG zu verstehen ist. Im Unterschied hierzu enthielt § 2 Nr. 11 Nds SOG in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung eine Legaldefinition des Begriffs Kontakt- und Begleitperson (zum Wortlaut s. BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/07 - juris RN 48). Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht im vorgenannten Urteil ihn für nicht hinreichend bestimmt angesehen (BVerfG - aaO - RN 132 ff.). Mit Blick hierauf kann dieses Begriffspaar allenfalls verfassungskonform und damit restriktiv ausgelegt werden. Eine Kontaktperson kann demnach nur eine Person sein, die zu dem künftigen Straftäter persönliche oder geschäftliche Beziehungen unterhält. Flüchtige Beziehungen reichen nicht aus. Eine Begleitperson muss mit dem künftigen Straftäter wiederholt zusammengetroffen oder wenigstens einmal eine Zeit lang zusammen gewesen sein. Die Verbindung muss eine gewisse Intensität aufweisen (Stephan/Deger, aaO, § 20 RN 25).
96 
Nach Maßgabe dessen lässt sich den Feststellungen des Beklagten nichts Hinreichendes dazu entnehmen, dass der Kläger Kontakt- oder Begleitperson von xxx war. Allein der Umstand, dass der Kläger bei einer Demonstration mit xxx zusammengestanden hat, kann nach den obigen Ausführungen nicht ausreichen. Aus den vorliegenden Akten lässt sich nicht entnehmen, dass es darüber hinaus zu einem weitergehenden intensiven Kontakt zwischen dem Kläger und xxx gekommen war. Der Beklagte hat auf die diesbezügliche Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter vorgetragen.“
97 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht davon ab, das Urteil insoweit für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer sind nicht erfüllt.
98 
B E S C H L U S S
99 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
100 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
34 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und zulässig.
35 
Zwischen den Beteiligten bestand ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis werden rechtliche Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Die streitige Beziehung muss sich weiter durch ein dem öffentlichen Recht zuzurechnendes Verhalten zu einer konkreten Rechtsbeziehung verdichtet haben. Dies setzt voraus, dass die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist.
36 
Streitig ist hier, ob ein vom Beklagten eingesetzter Verdeckter Ermittler über den Kläger (in unzulässiger Weise) Daten erhoben hat. Ausgehend hiervon begründet die Frage, ob die behauptete Datenerhebung von einer Rechtsgrundlage gedeckt (hier konkret: durch § 22 PolG) war, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
37 
Zwar wurde der Kläger - den dem Gericht vorgelegten Kopien der Einsatzanordnungen - nicht als eine der Personen (als Ziel bzw. Kontakt-/Begleitperson) genannt, gegen die sich der Einsatz des VE richten sollte. Hierzu trägt der Beklagte vor, die Anordnung von Verdeckten Ermittlern habe sich gegen namentlich benannte Personen gerichtet, der Kläger habe nicht hierzu gehört. Allerdings hat der Kläger - was vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wurde - vorgetragen, dass er nicht nur gelegentlichen, sondern intensiven Kontakt mit dem VE gehabt habe, der sich sowohl auf politische Aktivitäten im Rahmen der KI als auch auf den privaten Bereich erstreckt habe; einmal habe der VE auch bei ihm übernachtet. Mit Blick darauf, dass in einer solchen Konstellation dem VE zwangsläufig Daten über den Kläger bekannt geworden sein müssen, liegt die konkrete rechtliche Beziehung in der Abklärung, ob der VE eine Tätigkeit entfaltet hat, für deren rechtliche Zulässigkeit es - wie nachstehend unter Punkt II. 2 ausgeführt - einer entsprechenden Ermächtigung gem. den Vorschriften des § 22 PolG bedurft hätte und - wenn ja - ob der Einsatz sich in dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen gehalten hat.
38 
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass sich das Rechtsverhältnis bereits vor Klageerhebung infolge der Beendigung des Einsatzes des VE erledigt und deswegen in ein vergangenes Rechtsverhältnis gewandelt hatte. Da § 43 Abs. 1 VwGO in zeitlicher Hinsicht keine Einschränkungen enthält, ist anerkannt, dass auch vergangene Rechtsverhältnisse feststellungsfähig sind. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist.
39 
Da in Bezug auf den Kläger keine Einsatzanordnung vorliegt und im Übrigen einer solchen auf Grund der Innerdienstlichkeit auch kein Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG zukommt, scheidet eine wegen vorprozessualer Erledigung sogenannte "nachgezogene" Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
40 
Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem vom Kläger geltend gemachten tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris). Der Kläger macht geltend, dass er hier nicht als beliebiger Dritter betroffen war, sondern dass er final in die Datenerhebung durch den VE einbezogen wurde.
41 
Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - juris).
42 
II. Die Klage ist auch begründet.
43 
Das Gericht ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung gelangt, dass der VE auch über den Kläger Daten erhoben und weitergegeben hat (1.), ohne dass dafür eine Rechtsgrundlage bestand (2.). Der Einsatz des VE gegenüber dem Kläger war daher rechtswidrig.
44 
1. Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Angaben des Klägers, der VE habe über ihn persönliche Daten erhoben und an das LKA weitergegeben, den Tatsachen entsprechen. Die bereits in der Klagebegründung hierzu gemachten Angaben hat der in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragte Kläger bestätigt. Er hat berichtet: Er sei beim Enttarnungsgespräch im Café xxx dabei gewesen. Sie seien an einem Tisch gesessen und als die Getränke gekommen seien, hätten sie den VE angesprochen, sie hätten ja gewusst, dass er Verdeckter Ermittler sei. Sie hätten ihn gefragt, was er von ihnen weitergegeben habe und er habe alle ihre Fragen mit „ja“ beantwortet. Er habe gesagt, dass er von seinen persönlichen Verbindungen und Netzwerken, auch politischer Art, „an das LKA weiterberichtet hat“.
45 
Die Kammer hält diese Angaben nach dem persönlichen Eindruck, den sie sich in der mündlichen Verhandlung über den Kläger verschafft hat, für glaubhaft. Dieser trat sehr zurückhaltend auf und berichtete, ohne zu taktieren. Dafür, dass das Gespräch sich so zugetragen hat, wie geschildert, spricht, dass der Kläger zunächst die Angaben des VE zu seinem Einsatz gar nicht in den Vordergrund gestellt, sondern über atmosphärische Gegebenheiten des Gesprächs berichtet hat. Er hat nämlich vorangestellt, dass es zunächst erst ruhig geworden sei und der VE erst über seine eigene persönliche Befindlichkeit gesprochen habe; der VE habe gesagt, dass ihm die persönlichen Kontakte sehr wichtig gewesen seien, er wisse nicht, wie er nach dem Einsatz weitermachen solle und stehe vor einer Wand. Gleiches ist auch von der Klägerin im Verfahren 4 K 2109/11 berichtet worden, die in der mündlichen Verhandlung ebenfalls informatorisch angehört worden ist.
46 
Anlass, am Wahrheitsgehalt der Darstellung des Klägers zu zweifeln, besteht für die Kammer nicht. Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung inhaltlich auch nicht Stellung genommen oder gar einen anderweitigen Ablauf des vom Kläger geschilderten Gesprächs dargelegt.
47 
2. Sind demnach vom VE Daten über den Kläger erhoben und weitergeleitet worden, gilt Folgendes: Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Eingriff in das sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebende Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein solcher Eingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Der Gesetzgeber hat den Verwendungszweck der Daten bereichsspezifisch und präzise zu bestimmen. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 07.08.2015 – 1 S 1239/15 – Rn. 49, juris). Deren Zulässigkeit richtet sich hier, da es um die Datenerhebung des Landes geht, nach dem Landesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg - LDSG - (§ 2 Abs. 1 LDSG). Nach § 4 Abs. 1 LDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder soweit der Betroffene eingewilligt hat. Verarbeiten ist das Erheben, Speichern, Verändern, Übermitteln, Nutzen, Sperren und Löschen personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 2 LDSG).
48 
Da eine Einwilligung des Klägers ersichtlich nicht vorliegt, kommt hier als einzig mögliche Rechtsgrundlage § 22 PolG in Betracht, und zwar - da bei der Prüfung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen ist - in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390).
49 
a. Gem. § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten von dem nachfolgend genannten Personenkreis u.a. durch den Einsatz Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Daten können über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen erhoben werden, wenn der Einsatz zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) erfolgt. Von den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen können Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erhoben werden (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG). In § 20 Abs. 5 PolG sind Straftaten mit erheblicher Bedeutung definiert: Dabei handelt es sich zum einen um Verbrechen (§ 20 Abs. 5 Nr. 1 PolG), zum anderen um Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören (§ 20 Abs. 5 Nr. 2 PolG), soweit sie a) sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, b) auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden, c) gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen werden.
50 
Das Gericht vermag nicht davon auszugehen, dass die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen auch die Datenerhebung über den Kläger erfasste. Dies wurde vom Beklagten auch nicht behauptet. Aus den vom Beklagten vorgelegten Kopien der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen lässt sich lediglich entnehmen, dass Daten über xxx und drei weitere Personen als Ziel- bzw. als Kontakt-/Begleitpersonen erhoben werden sollten. Der Name des Klägers ist - was der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigte - darin nicht genannt.
51 
b. Die Datenerhebung über den Kläger lässt sich auch nicht auf § 22 Abs. 4 PolG stützen. Danach dürfen Daten auch dann nach Absatz 2 oder 3 erhoben werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
52 
Wann eine Unvermeidbarkeit vorliegt, wurde - soweit ersichtlich - bislang in der Rechtsprechung wie in der Literatur nicht geklärt. Eine Unvermeidbarkeit wird allenfalls dann anzunehmen sein, wenn sich im Zuge konkreter Ermittlungen gegen die polizeiliche Zielperson die Kontaktaufnahme mit dem Dritten nicht vermeiden lässt. Allein der Zweck, die eigene Legende abzusichern, wird die Datenerhebung gegenüber einem Dritten wohl nicht zulassen (vgl. Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 22 RN 24).
53 
Jedenfalls ist aber Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Datenerhebung über Dritte, dass die Datenerhebung über eine Ziel- bzw. Kontakt-/Begleitperson rechtmäßig angeordnet worden ist. Eine solche Anordnung liegt hier nicht vor. Anknüpfungspunkte für die über den Kläger erfolgte Datenerhebung können allenfalls die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen gewesen sein, in welchen u.a. xxx als Zielperson genannt ist.
54 
Diese Anordnungen sind jedoch formell und materiell rechtswidrig gewesen, sodass es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die mit § 22 Abs. 3, Nr. 2, Abs. 5, § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz eines VE verfassungswidrig ist, nicht ankommt (offen gelassen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; vgl. zu der inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffende Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG: BVerfG Urt. v. 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - juris).
55 
Hierzu hat das Verwaltungsgericht in seinem, der Klage von xxx stattgebenden Urteil Folgendes ausgeführt:
56 
„1. Personen, die sich - wie hier der Kläger - der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten (zur Definition vgl. § 48 PolG i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG) - erhoben. Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt". Ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, sind daher von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG) beschränkt. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Um die Anordnung - sowohl für die „vor Ort“ handelnden Beamten wie auch für das später ggf. angerufene Gericht - nachvollziehbar zu machen, bedarf die Anordnung grundsätzlich der Schriftform. Außerdem hat sie das „besondere Mittel“ zu bezeichnen und die Zielperson zu benennen oder zumindest zu umschreiben. In einer Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Außerdem wird eine Frist für die Dauer des Einsatzes zu bestimmen sein.
57 
Eine fehlerhafte oder zu unbestimmte Einsatzanordnung führt zu ihrer Rechtswidrigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit des Einsatzes insgesamt, selbst wenn der Einsatz materiell-rechtlich gerechtfertigt war (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 8. Aufl. 2015, § 22 RN 52; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
58 
a. Zwar wurde in den vorliegenden Einsatzanordnungen der sog. „Behördenleitervorbehalt“ gewahrt. Die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen wurden durch den Leiter der damaligen Polizeidirektion Heidelberg als sachbearbeitende Dienststelle erlassen. Damit wurde dem Erfordernis, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) einer Anordnung durch einen der in § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG genannten Behördenleiter - worunter u.a. der Leiter einer Polizeidirektion zählt - bedarf, Genüge getan.
59 
b. Allerdings fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit hinsichtlich des eingesetzten Mittels.
60 
Als besonderes Mittel der Datenerhebung wird in § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG der Einsatz von Polizeibeamten unter Geheimhaltung ihrer wahren Identität (Verdeckter Ermittler) genannt.
61 
Die dem Gericht vorliegenden Kopien der Einsatzanordnungen lassen allerdings offen, wie viele Verdeckte Ermittler tätig, ob die Ermittlungen von - wie vom Gesetz vorgeschrieben - Polizeibeamten durchgeführt werden sollten und wer konkret als Verdeckter Ermittler eingesetzt war.
62 
Aus der Überschrift der Anordnung vom 25.02.2010: „Anordnung eines VE-Einsatzes nach dem Polizeigesetz“ ergibt sich hierzu nichts. Desgleichen gilt für die sich daran anschließenden geschwärzten Passagen. In der Tenorierung wird lediglich ausgeführt: „I. Der Einsatz des/der VE erfolgt zur 1. Datenerhebung ...“ Auch in den nicht geschwärzten Passagen unter der Überschrift:
63 
„II. Zu Gründen, Ziel, Geeignetheit... der Datenerhebung durch den VE-Einsatz, Anzahl vorgesehener VE sowie zu den Personen (Adressaten der Maßnahme), über die Daten erhoben werden sollen, ist folgendes festzuhalten:“
64 
ist weder etwas dazu enthalten, ob der/die VE Polizeibeamte sind, noch etwas zu deren Anzahl, noch ist die Identität des/der VE bestimmt worden. Gleiches gilt für die Verlängerungen der Einsatzanordnung. Hierzu hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der Name des VE nicht in der Einsatzanordnung aufgeführt worden sei.
65 
Deshalb lassen sich - ohne dass die Kopien der streitgegenständlichen Einsatzanordnungen selbst etwas dazu hergäben - erst nachträglich nach der „Enttarnung“ von xxx im Dezember 2010 Rückschlüsse darauf ziehen, dass dieser als VE tätig geworden ist. Der Umstand, dass der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage unter dem 21.08.2015 bescheinigt hat, dass xxx vom 01.09.2009 bis einschließlich 31.03.2014 als Polizeivollzugsbeamter beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg verwendet wurde und der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass Herr xxx als alleiniger VE tätig gewesen sei, ersetzt nicht das formale Erfordernis, dass das besondere Mittel der Datenerhebung i.S.d. § 22 Abs. 1 PolG in der Anordnung selbst hinreichend bezeichnet sein muss.
66 
Allein die in der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen aufgenommene abstrakte Bezeichnung des Mittels „Verdeckter Ermittler“ ist für eine hinreichende Bestimmung des besonderen Mittels i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG nicht ausreichend. Dies folgt daraus, dass durch den Einsatz eines VE schwerwiegend in die bereits genannten Grundrechte eingegriffen wird und daraus, dass - da § 22 Abs. 8 PolG erst die nachträgliche Unterrichtung des Betroffenen über die Maßnahme vorsieht - der Betroffene regelmäßig nicht die Gelegenheit hat, vorherigen Rechtsschutz zu erlangen. In einer derartigen Konstellation gebietet aber die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dass konkret in der Einsatzanordnung der Name des VE aufgeführt wird. Im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes muss der Betroffene wissen, wer von ihm Daten erhoben hat, um das Geschehen nachvollziehen zu können. Denn dies ist Voraussetzung dafür, dass er ggf. ein nachträglich gestelltes Rechtsschutzgesuch begründen kann. Daher muss in der Einsatzanordnung die Identität des eingesetzten VE bezeichnet werden. Insoweit braucht sich der Betroffene nicht darauf verweisen zu lassen, dass die Identität des VE möglicherweise aus anderweitigen Quellen ermittelbar ist. Vielmehr muss dies - auch für eine etwaige spätere gerichtliche Überprüfung - aus der Einsatzanordnung selbst hervorgehen.
67 
2. Der Einsatz des VE erweist sich aber auch als materiell rechtswidrig. Denn der Beklagte hat nicht dargetan, dass die tatbestandlichen Voraussetzung hierfür vorlagen.
68 
Das Gericht kann den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass die Anordnung der Erhebung personenbezogener Daten von einem der in § 22 Abs. 3 PolG genannten Zwecke getragen war.
69 
a. Nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG ist zulässig die Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person, bedeutende Sach- und Vermögenswerte und zwar von einer der in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen. Der Beklagte hat hierzu in Punkt I. 1. der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen festgelegt, dass die Datenerhebung vom Verursacher (§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 PolG) erfolgt.
70 
Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris, m.w.N.).
71 
Nach Maßgabe dessen gehen aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen keine Umstände hervor, welche die Annahme rechtfertigen, dass vom Kläger eine konkrete Gefahr für eines der in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter ausgegangen ist.
72 
aa. In der Begründung der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 selbst - soweit sie lesbar ist - werden keine hinreichenden Fakten genannt, aus denen sich eine solche konkrete Gefahr herleiten ließe. Die pauschale Behauptung des Beklagten, bei dem Kläger handele es sich um eine Führungsperson der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, lässt eine solche Gefahrenprognose nicht zu. Dieser Behauptung stellte der Beklagte auf Seite 4 der Anordnung voraus, dass die Antifaschistische Szene Heidelberg und Rhein-Neckar-Kreis mehrere Gruppierungen umfasse, in erster Linie die Antifaschistische Initiative Heidelberg, die AIKO (Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald); die weiteren aufgelisteten Gruppierungen wurden geschwärzt. Als Ziel dieser Gruppen wurde die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“ genannt und ausgeführt, dass sich bei der linken Szene Heidelberg eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial feststellen lasse.
73 
Indessen gehen aus den weiteren ungeschwärzten Ausführungen keine konkreten Feststellungen zu der behaupteten Gewaltbereitschaft der Antifaschistischen Initiative Heidelberg hervor. Solche sind auch nicht mit der Darstellung des Umstands verbunden, dass der Kläger am 18.09.2009 (richtig: am 19.09.2009) an einer von xxx angemeldeten Demonstration in Sinsheim teilgenommen habe (Seite 7 der Anordnung). Insoweit stellt der Beklagte darauf ab, dass der der AIKO zugerechnete xxx - in dessen Wohnung bzw. Keller bei einer Hausdurchsuchung am 04.11.2009 sieben Molotow-Cocktails gefunden worden waren - bei dieser Demonstration beinahe die ganze Zeit mit dem Kläger und einer weiteren Heidelberger Aktivistin, xxx, zusammengestanden habe. Diesen Umstand führte der Beklagte als Indiz für die Verzahnung der Anarchistischen Initiative Kraichgau-Odenwald mit der Antifaschistischen Initiative Heidelberg an. Indes lassen sich der Anordnung - soweit lesbar - zu alledem keine konkrete Tatsachenfeststellungen entnehmen, welche darauf hindeuten könnten, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- und Vermögenswerte ausgingen. Allein der Umstand, dass der Kläger während einer Demonstration neben einer Person stand, bei der zu einem späteren Zeitpunkt Molotow-Cocktails gefunden wurden, begründete weder eine hinreichende Grundlage für die Annahme, der Kläger sei in eine gewaltbereite Gruppierung eingebunden noch dafür, dass die Antifaschistische Initiative Heidelberg auf Gewalttätigkeiten hinwirke. Weitere Tatsachenfeststellungen, die eine konkrete Verbundenheit des Klägers mit xxx bzw. der AIKO dokumentieren würden, gehen aus den dem Gericht vom Beklagten überlassenen Unterlagen nicht hervor. Auch sonstige Hinweise darauf, dass der Kläger in der Vergangenheit ein, die Annahme einer Wiederholungsgefahr rechtfertigendes, gewalttätiges oder gewaltveranlassendes Verhalten an den Tag gelegt hätte, hat der Beklagte in der Anordnung nicht genannt. Soweit er die Bewertung vornahm, dass bei der Demonstration am 19.09.2009 eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links erst durch entsprechende Maßnahmen der Polizei habe verhindert werden können, wurde nichts dazu ausgeführt, dass von den linksgerichteten Demonstranten Gewalttätigkeiten gedroht hätten. Vielmehr sind nach den Darlegungen des Beklagten Platzverweise an die Rechten ergangen. Auch soweit der Beklagte in der Anordnung als alljährlich nennenswertes Event der Antifaschistischen Initiative Heidelberg die Veranstaltung der Walpurgisnacht - als „Gegenveranstaltung“ zu den Walpurgisnachtfeiern der Burschenschaften - anführte, wurde nichts zu irgendwelchen Gewalttätigkeiten berichtet. Aus den nachfolgenden Einsatzanordnungen ergibt sich - soweit lesbar - hierzu ebenfalls nichts.
74 
bb. Auch die weiteren, dem Gericht vorliegenden Unterlagen geben für die Annahme nichts her, vom Kläger gehe eine konkrete Gefahr für die in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter aus.
75 
Nachdem - wie oben unter Punkt II. 1 dargelegt - in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen sind, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben, ist fraglich, ob der weitere Akteninhalt herangezogen werden darf, wenn die Anordnung selbst nicht mit einer ausreichenden, die materielle Rechtmäßigkeit belegenden Begründung versehen ist. Dies kann hier aber offen bleiben, da auch der weitere Vortrag des Beklagten die Annahme nicht trägt, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte gegangen ist.
76 
Aus den der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen beigefügten „Personalbögen“ des Klägers lässt sich dies nicht herleiten. Hierin wurde zunächst ein Vorfall vom 21.06.2003 im Rahmen einer Demonstration gegen die Ausstellung „Verbrechen und Wehrmacht“ in Schwäbisch Hall aufgelistet und ausgeführt, dass sich der Kläger seiner Festnahme widersetzt habe, nachdem er aus einer eingeworfenen Schaufensterscheibe eines Geschäfts Gegenstände entwendet hatte. Aus diesem weit zurückliegenden und für sich allein stehenden Vorfall, der nach der Darstellung des Beklagten noch nicht einmal in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen stand, lässt sich indes nicht die Prognose erstellen, vom Kläger gehe eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte aus. Soweit ein Vorfall vom 12.06.2006 beschrieben wurde, bei dem der Kläger in einem Flyer eine Studentin als Angehörige der rechten Szene geoutet haben soll, und weitere Aktionen und Demonstrationen aufgelistet wurden, lassen sich - soweit lesbar - diesen Ausführungen keine Anhaltspunkte für eine Gewaltbereitschaft des Kläger entnehmen.
77 
Eine andere Einschätzung folgt auch nicht aus dem Vortrag des Beklagten im Klageverfahren. Insoweit wurden vom Beklagten mit der Klageerwiderung vom 20.02.2012 (Seite 2 f.) weitere Demonstrationen und Aktionen aufgelistet. Unter anderem wurde eine von der AIKO geplante Demonstration am 24.07.2010 genannt, die verboten wurde und ausgeführt: Auf der homepage der AIKO sei militante Werbung gemacht worden mit dem Slogan: „Lasst uns den Nazis zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen!!! Bildet Banden“, auf dem Flyer sei ein ein Vermummter zu sehen, der eine Zwille abgeschossen habe. Indes wurden keine substantiierten Feststellungen dazu getroffen, dass und auf welche Weise intern eine Verbindung zwischen der AI KO und der Antifaschistischen Initiative Heidelberg bestehen soll. Auch die Ausführungen zu den weiteren aufgelisteten Aktionen tragen nicht die Annahme, dass vom Kläger eine Gefahr für die genannten Rechtsgüter ausginge.
78 
Dies gilt auch, soweit der Beklagte auf einen Internetaufruf der Antifaschistischen Initiative Heidelberg im Zusammenhang mit der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim abstellte, der den Wortlaut hat: „Rechte Strukturen aufdecken und angreifen! Konsequent gegen die polizeiliche Politik des Herunterspielens und Totschweigens! Nazis entgegentreten auf allen Ebenen, mit allen Mitteln“. Abgesehen davon, dass der Wortlaut „mit allen Mitteln“ auslegungsfähig ist und daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, dass damit illegale Mittel gemeint sind, hat die vom Beklagten vorgenommene Interpretation, dass zur Gewaltanwendung aufgerufen worden sei, in der Folgezeit keine Bestätigung erfahren. Konkrete Feststellungen, dass von den linken Demonstranten Gewalt ausgegangen wäre oder gedroht hätte, hat der Beklagte nicht getroffen. Vielmehr lässt sich seinen Ausführungen entnehmen, dass Platzverweise an die Rechten ergangen sind.
79 
Auch hinsichtlich der weiteren vom Beklagten in der Klageerwiderung aufgelisteten Demonstrationen wurde nichts von Gewalttätigkeiten berichtet, geschweige denn, dass Anhaltspunkte dafür genannt wurden, die dafür sprächen, dass der Kläger auf gewalttätige Auseinandersetzungen bzw. bedeutende Sachschäden hinwirken würde.
80 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nichts weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
81 
b. Auch die Voraussetzungen für eine Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG liegen nicht vor. Danach ist die Datenerhebung zulässig zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen, nämlich über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen sowie über Kontakt- und Begleitpersonen dieser Personen.
82 
Hinsichtlich des Zwecks der Datenerhebung legte der Beklagte in Punkt 2 seiner Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und in den Folgeanordnungen die Art der zu bekämpfenden Straftaten fest. Diese Straftaten sollten zum einen sein Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, und zum anderen Vergehen, soweit sie auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden.
83 
Die vom Beklagten hinsichtlich des Klägers getroffenen Feststellungen tragen jedoch weder die Annahme, dass es sich bei diesem um eine Person handelt, bei der tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten der genannten Art begehen wird (aa.) noch die Annahme, dass er Kontakt- oder Begleitperson einer solchen Person ist (bb.).
84 
aa. Aus den Begründungen der Einsatzanordnungen geht hervor, dass der Beklagte den Kläger als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft hat.
85 
Allerdings lassen sich den ungeschwärzten Passagen der vorliegenden Akten keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in der genannten Art straffällig würde.
86 
Tatsächliche Anhaltspunkte liegen dann vor, wenn zumindest bestimmte Indizien gegeben sind, aus denen nach polizeilicher Erfahrung auf das künftig mögliche Vorliegen eines Sachverhalts geschlossen werden kann, dass die Person Straftaten begehen wird. Bloße Vermutungen reichen nicht aus (Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 20 RN 24). Weitergehend wird in der Literatur sogar gefordert, dass Tatsachen vorliegen müssen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig Straftaten begeht (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 8. Aufl. 2015, § 20 RN 45).
87 
Eine nach Maßgabe dessen zumindest zu fordernde Indizienlage lässt sich den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen.
88 
Der Beklagte stützte seine Einsatzanordnung dem Grunde nach auf die Behauptung, Ziel der von ihm genannten linken Gruppierungen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg und der AIKO sei die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“, und stellte insgesamt eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial bei der linken Szene in Heidelberg fest. Der Beklagte nannte allerdings keine greifbaren Anhaltspunkte, die darauf hinweisen würden, dass von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, namentlich vom Kläger als eine deren Führungspersonen eine auf die genannten Straftaten hinausführende Gewaltbereitschaft ausginge. Soweit der Beklagte auf die von ihm aufgelisteten Demonstrationen abstellte, wurde - wie bereits oben ausgeführt - nichts zu einer von den linken Gruppierungen ausgehenden Gewaltbereitschaft oder gar zu ihr zurechenbaren Straftaten ausgeführt. Dies gilt - wie voranstehend ebenfalls erörtert - insbesondere für die immer wieder vom Beklagten angeführte Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim. Den vom Beklagten hierzu gemachten Erläuterungen - soweit sie ungeschwärzt sind - lassen sich konkrete Feststellungen zu einem von den linken Demonstranten ausgehenden Gewaltpotential nicht entnehmen; vielmehr ergingen Platzverweise an die rechten Demonstranten.
89 
Ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger Straftaten begehen wird, stellt auch nicht der Fund von Molotow-Cocktails bei xxx dar. Das Herstellen und der Besitz von Molotow-Cocktails ist zwar eine Straftat nach 52 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2a WaffG in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4. Indes lassen sich den vorliegenden Akten keinerlei tragfähige Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in irgendeiner Weise in diese Straftat involviert war. Alleine der Umstand, dass der Kläger während der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim mit xxx zusammengestanden hatte, bietet keinen tragfähigen Hinweis darauf, dass der Kläger künftig auf waffenrechtlichem Gebiet straffällig werden könnte.
90 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nicht weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
91 
bb. Die Einsatzanordnung lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass eine Datenerhebung über den Kläger als Kontakt-/ oder Begleitperson (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG) eines potentiellen Straftäters in Betracht käme.
92 
Problematisch ist bereits, ob diese Rechtsgrundlage hier überhaupt bei der materiellen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Einsatzanordnung zugrunde gelegt werden darf. Denn der Kläger wurde - der Begründung der Einsatzanordnung zufolge - als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft. Indes sind - wie oben unter Punkt II. 1 ausgeführt -, um den formellen Anforderungen zu genügen, in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Da nach der Begründung der Einsatzanordnung die Datenerhebung gerade nicht vom Kläger als Kontakt- oder Begleitperson erfolgen sollte, erscheint es daher problematisch, die Einsatzanordnung „umzudeuten“, ohne dass dies zu deren formellen Rechtswidrigkeit führen würde.
93 
Diese Frage kann jedoch offen bleiben, da hinreichende Feststellungen des Beklagten fehlen, welche die Einstufung des Klägers als Kontakt- oder Begleitperson eines potentiellen Straftäters rechtfertigen würden.
94 
Als alleiniger Anknüpfungspunkt käme xxx in Betracht, bei welchem die Molotow-Cocktails gefunden worden sind. Dieser ist aber seinerseits lediglich als Kontaktperson (s. S. 8 der Einsatzanordnung vom 25.02.2010) eingestuft worden.
95 
Das Polizeigesetz definiert nicht, was unter dem Begriff Kontakt- und Begleitperson künftiger Straftäter i. S. d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG zu verstehen ist. Im Unterschied hierzu enthielt § 2 Nr. 11 Nds SOG in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung eine Legaldefinition des Begriffs Kontakt- und Begleitperson (zum Wortlaut s. BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/07 - juris RN 48). Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht im vorgenannten Urteil ihn für nicht hinreichend bestimmt angesehen (BVerfG - aaO - RN 132 ff.). Mit Blick hierauf kann dieses Begriffspaar allenfalls verfassungskonform und damit restriktiv ausgelegt werden. Eine Kontaktperson kann demnach nur eine Person sein, die zu dem künftigen Straftäter persönliche oder geschäftliche Beziehungen unterhält. Flüchtige Beziehungen reichen nicht aus. Eine Begleitperson muss mit dem künftigen Straftäter wiederholt zusammengetroffen oder wenigstens einmal eine Zeit lang zusammen gewesen sein. Die Verbindung muss eine gewisse Intensität aufweisen (Stephan/Deger, aaO, § 20 RN 25).
96 
Nach Maßgabe dessen lässt sich den Feststellungen des Beklagten nichts Hinreichendes dazu entnehmen, dass der Kläger Kontakt- oder Begleitperson von xxx war. Allein der Umstand, dass der Kläger bei einer Demonstration mit xxx zusammengestanden hat, kann nach den obigen Ausführungen nicht ausreichen. Aus den vorliegenden Akten lässt sich nicht entnehmen, dass es darüber hinaus zu einem weitergehenden intensiven Kontakt zwischen dem Kläger und xxx gekommen war. Der Beklagte hat auf die diesbezügliche Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter vorgetragen.“
97 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht davon ab, das Urteil insoweit für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer sind nicht erfüllt.
98 
B E S C H L U S S
99 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
100 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 K 2113/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 K 2113/11

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 K 2113/11 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 K 2113/11 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 K 2113/11 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 K 2107/11

bei uns veröffentlicht am 26.08.2015

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass der in Heidelberg gegen den Kläger gerichtete Einsatz des Polizeibeamten xxx als Verdeckter Ermittler mit dem Decknamen xxx in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war.2. Der Bekl

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 K 2108/11

bei uns veröffentlicht am 26.08.2015

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass der in Heidelberg (auch) gegen die Klägerin gerichtete Einsatz des Polizeibeamten ... als Verdeckter Ermittler mit dem Decknamen ... in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war.2.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 07. Aug. 2015 - 1 S 1239/15

bei uns veröffentlicht am 07.08.2015

Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegner die bei ihm vorhandenen Daten der Exchange-Postfächer der Antragstellerin nicht an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgar

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Mai 2014 - 1 S 815/13

bei uns veröffentlicht am 15.05.2014

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespoliz

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 06. Juli 2005 - 1 K 439/03

bei uns veröffentlicht am 06.07.2005

Tenor Es wird festgestellt, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers des LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg gegen den Kläger rechtswidrig war. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 K 2113/11.

Verwaltungsgericht Hamburg Teilurteil, 19. Apr. 2017 - 17 K 7997/16

bei uns veröffentlicht am 19.04.2017

Tenor Es wird festgestellt, dass der Einsatz der verdeckt unter der Legende „Maria Block“ eingesetzten Hamburger Polizeibeamtin in den Jahren 2009 bis 2012 rechtswidrig war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 K 2108/11

bei uns veröffentlicht am 26.08.2015

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass der in Heidelberg (auch) gegen die Klägerin gerichtete Einsatz des Polizeibeamten ... als Verdeckter Ermittler mit dem Decknamen ... in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war.2.

Referenzen

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der in Heidelberg gegen den Kläger gerichtete Einsatz des Polizeibeamten xxx als Verdeckter Ermittler mit dem Decknamen xxx in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler.
Im Dezember 2010 wurde der Verdeckte Ermittler xxx (im Folgenden: VE), der unter dem Decknamen xxx mit dem Kläger in Kontakt getreten war, zufällig „enttarnt“. Der Kläger hat am 08.08.2011 Klage erhoben.
Das Gericht hat die vollständigen, den Einsatz des VE betreffenden Akten angefordert. Das Innenministerium Baden-Württemberg gab unter dem 13.12.2011 eine erste Sperrerklärung ab, da es Teile der Vorgänge als geheimhaltungsbedürftig einstufte. Die zu den Akten gehörenden Schriftstücke wurden deshalb nur in Kopie mit teilweisen Schwärzungen, gar nicht oder in Form von weißen Austauschblättern vorgelegt. Mit Beschluss vom 24.04.2012 legte die Kammer den Antrag des Klägers auf Entscheidung, ob die Verweigerung der vollständigen Aktenvorlage rechtmäßig ist, dem zuständigen Fachsenat beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vor. Mit Beschluss vom 14.01.2013 - 14 S 928/12 - stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Verweigerung einzelner konkret bezeichneter Aktenseiten rechtswidrig war und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Auf die Beschwerde des Klägers stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20.02.2014 - 20 F 3.13 - die Rechtswidrigkeit der Verweigerung der Vorlage weiterer im einzelnen benannter Aktenseiten fest und wies die Beschwerde im Übrigen zurück. Unter dem 19.01.2015 gab das Innenministerium Baden-Württemberg eine erneute Sperrerklärung ab.
In der dem Gericht vom Beklagten übermittelten teilweise geschwärzten Kopie der Anordnung der Polizeidirektion Heidelberg - Kriminalpolizei vom 25.02.2010 wurde - gestützt auf § 22 Abs. 6 PolG - der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers für die Zeit vom 01.03.2010 bis 31.05.2010 verfügt zur:
1. Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Alt 1 PolG
zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person sowie für bedeutende Sach- und Vermögenswerte vom Verursacher
2. Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Alt 2 PolG zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung:
Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie
sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten
10 
auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden
11 
zur Erhebung von Daten von in Nr. 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 genannten Personen:
12 
Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen
13 
Kontakt- oder Begleitpersonen einer der in Nr. 1 genannten Personen
14 
Der Kläger wurde in der Anordnung als eine der Personen genannt, auf die sich die Datenerhebung bezieht. Weitere Anordnungen ergingen unter dem 23.06.2010 für den Zeitraum vom 01.06.2010 bis 31.08.2010, unter dem 26.08.2010 für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 30.11.2010 und unter dem 26.11.2010 für den Zeitraum vom 01.12.2010 bis 28.02.2011. Der Einsatz des VE wurde nach dessen Enttarnung im Dezember 2010 beendet.
15 
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: Er sei Angestellter in einem Copy-Shop und lebe in Heidelberg. Kennengelernt habe er den VE Ende Mai 2010 auf dem sogenannten Campus-Camp an der Universität Heidelberg. Der VE habe möglicherweise an einem Kletterworkshop teilgenommen, er - der Kläger - sei an einem Workshop zum Thema Rechtshilfe beteiligt gewesen. Auf den VE sei er wiederholt im alternativen Café xxx in Heidelberg getroffen, wo es auch mehrfach zu Gesprächen gekommen sei. Einmal habe ein anderer Besucher ein „lustiges“ Passfoto in seinem Ausweis herumgezeigt. Daraufhin hätten alle Anwesenden ihre Passfotos untereinander verglichen, so dass der VE unverfänglich Einsicht in alle Ausweise bekommen habe. Anfang November 2010 sei es zu Protesten gegen das sogenannte Heldengedenken auf dem Heidelberger Ehrenfriedhof gekommen, woran auch er - der Kläger - teilgenommen habe. Gegen diese Kundgebung sei für ihn und andere überraschend ein völlig überzogener Polizeieinsatz erfolgt. Zwei Tage vorher habe man im Beisein des VE über diese Aktion gesprochen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass dieser falsche Informationen an seine Dienststelle weitergegeben habe. Am 12.12.2010 sei der VE zufällig enttarnt worden. Einige Betroffene, darunter auch er - der Kläger -, hätten ihn zu Rede gestellt. Dabei habe der VE angegeben: Ihm sei der Kläger als eine Zielperson seines Einsatzes genannt worden. Er hätte gegen ihn ermitteln sollen, ebenso gegen Kontaktpersonen und das Umfeld. Zielperson im weiteren Sinn sei die Antifa in Heidelberg, dabei die Antifaschistische Initiative Heidelberg als gefügte Struktur. Für den Einsatz sei er geschult worden, unter anderem mit Organigrammen von „linken“ Gruppen in Heidelberg, so zum Beispiel der Kritischen Initiative oder des Forums für kritische Theorie und Wissenschaft. Im Laufe der Zeit habe er dann von allen Leuten, von denen er es gewusst habe, Namen und Gruppenzugehörigkeiten und Detailinformationen weitergegeben an das Landeskriminalamt und an zwei Beamte der Abteilung Staatsschutz bei der Polizeidirektion Heidelberg.
16 
Die angefochtene Verfügung habe sich durch Zeitablauf erledigt, die Klage sei aber als sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Er - der Kläger - habe ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung. Es bestehe Wiederholungsgefahr. Er wolle auch in der Zukunft beispielsweise sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausüben. Dabei wolle er „staatlich unbeobachtet“ bleiben. Die Verfügung, verdeckte Ermittlungen aufzunehmen bzw. der Einsatz des verdeckten Ermittlers selbst sei rechtswidrig und verletze ihn - den Kläger - in seinen Rechten. Sie greife erheblich in die Grundrechte auf Achtung der Menschenwürde, der Willens- und Handlungsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung, der freien Meinungsäußerung, der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung ein.
17 
Die Maßnahme sei offenbar gestützt auf § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG. Es sei nicht erkennbar, dass er Störer im Sinne des Polizeirechts sein könnte. Ebenso wenig sei erkennbar, dass bei ihm tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass er künftig Straftaten mit erheblicher Bedeutung begehen könnte oder Kontakt- oder Begleitperson einer Person sein könnte, die solche Straftaten begehen wollte. Der Beklagte habe pauschal angegeben, man habe Zielpersonen der antifaschistischen/anarchistischen Szene in Heidelberg und Kontaktpersonen im Auge gehabt. Als einziger tatsächlicher Anhaltspunkt sei ein Zufallsfund von sieben sogenannten Molotow-Cocktails im Rahmen eines strafprozessualen Vorgangs erwähnt worden, in einem Ort, der etwa 50 km von Heidelberg entfernt liege; diese Begründung sei vorgeschoben. Aus sich heraus erkläre sie nicht den Einsatz eines VE gegen ihn. Der VE selbst habe angegeben, er sei eingesetzt gewesen, um politisch linke Gruppen in Heidelberg zu beobachten, Ziel sei die Antifaschistische Initiative Heidelberg gewesen. Er habe generell über Personen, die er kennengelernt habe, sowohl dem LKA als auch der Abteilung Staatsschutz der Polizeidirektion Heidelberg berichtet und auch „Personenakten“ angelegt.
18 
Die Einsatzanordnung habe sich, wie anhand der weniger geschwärzten Akte erkennbar sei, gegen ihn und xxx als Zielpersonen sowie gegen xxx und xxx als Kontaktpersonen gerichtet. Von ihm - dem Kläger - sei bei der Polizei bekannt gewesen, dass er bis dahin zweimal zur Anzeige gelangt gewesen sei, einmal im Juni 2003 wegen eines Vorfalls in Schwäbisch Hall, in dessen Folge er wegen Widerstands und Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden sei. Dieser Vorfall lasse nicht den Schluss auf die Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu. Das Gleiche gelte für den einzigen weiteren Vorfall, der aufgelistet sei. Dort sei im Zusammenhang mit einer Flugblattaktion in einem Hörsaal der Uni Heidelberg Anzeige gegen ihn wegen übler Nachrede erstattet worden. Auch hier sei nicht nachvollziehbar, wie dieser Vorfall herhalten könne für eine „schwerkriminelle“ Prognose betreffend seine Person.
19 
Die weiteren „Aktionen im Bereich des Antifaschismus“, die aufgelistet würden, seien zwar teils neueren Datums, in Bezug auf den Zeitpunkt der Einsatzanordnung erreichten sie aber noch nicht einmal strafrechtliche Relevanz. Was bleibe, sei - allein aber nicht von ausreichendem Gewicht für eine Einsatzanordnung - der Vorhalt, dass er auf einer Demonstration in Sinsheim am 19.09.2009 engeren Kontakt mit der weiteren Kontaktperson xxx als verantwortlichem Leiter dieser Demonstration gehabt haben soll. Welcher Natur diese Absprachen gewesen sein sollen und was mit räumlicher Nähe zueinander ausgedrückt oder vorgeworfen werden soll, erschließe sich nicht. Erhebliche Straftaten, die verhindert oder denen vorgebeugt werden müssten, ließen sich daraus nicht ableiten. Die Polizei selbst ziehe hier auch keine Verbindung zu dem weiteren Vorgang, der den Vorwurf des unerlaubten Waffenbesitzes gegenüber der Kontaktperson xxx beinhaltete, weil bei xxx im Keller des Hauses, in dem dieser gewohnt habe, sieben sogenannte Molotow-Cocktails gefunden worden seien. Dieser - singuläre - Vorgang sei nicht geeignet, die Einsatzanordnung zu begründen. Was die Kontaktperson xxx betreffe, so werde nicht deutlich, warum xxx einerseits als Kontaktperson, er - der Kläger - andererseits als Zielperson eingestuft werde. Der einzig schwerer wiegende Vorfall sei der unerlaubte Waffenbesitz, und dieser werde xxx zugerechnet. Daneben bleibe festzuhalten, dass ein Kontakt von ihm als Zielperson mit der anderen Zielperson xxx gar nicht belegt werde. xxx sei in erster Linie im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln polizeilich in Erscheinung getreten; unabhängig davon sei aber die Vermutung, dass jemand polizeilich in Erscheinung treten werde, keine ausreichende Prognose für den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers, wofür die Begehung schwerer Straftaten in Rede stehen müsse. Was nach allem übrig bleibe, sei offenbar allein die Tatsache, dass er anlässlich der erwähnten Demonstration in Sinsheim mit der Kontaktperson xxx und der weiteren Kontaktperson xxx zusammen gestanden habe, wobei die Kontaktperson xxx Molotow-Cocktails besessen haben soll, in einer Wohnung in xxx, weitab von Heidelberg, und dass deshalb der Einsatz eines verdeckten Ermittlers an der Universität Heidelberg zur „Aufhellung“ der gesamten „Szene“ gewünscht gewesen sei. Dies reiche für eine Einsatzanordnung nicht aus.
20 
Ebenso unzulässig seien die weiteren Verlängerungen der Einsatzanordnung. Insbesondere seien hier jeweils ganz offensichtlich keinerlei Erkenntnisse des inzwischen tätigen VE eingeflossen, die über die bisherigen Erkenntnisse der Polizei hinausgingen. Zudem sei der VE nicht in den Grenzen der Einsatzanordnung(en) geblieben. Er habe auch, wie er selbst anlässlich seiner Enttarnung angegeben habe, zu einer Reihe von Personen „Personenakten“ geführt.
21 
Im Übrigen sei § 22 Absatz 3 Nr. 2 PolG in Verbindung mit § 20 Absatz 3 Nr. 2 PolG verfassungswidrig. Das Gesetz ermögliche weitreichende Grundrechtseingriffe gegen Personen, bei denen sogenannte „tatsächliche Anhaltspunkte“ vorlägen, dass „sie künftig Straftaten begehen“ sowie gegen deren „Kontakt-“ und „Begleitpersonen“ und ein großes Umfeld an weiteren Menschen. Die Landesnormen seien bei Übertragung der vom Bundesverfassungsgericht zur Telekommunikationsüberwachung entwickelten Grundsätze zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten verfassungswidrig. Zur Möglichkeit der Gefahrenabwehr habe das Bundesverfassungsgericht bei intensiven Grundrechtseingriffen festgestellt, dass eine konkrete Gefahr für besonders hochwertige Rechtsgüter vorliegen müsse. Die Norm des § 22 Absatz 3 Nr. 2 PolG enthalte keine hinreichenden Einschränkungen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
festzustellen, dass der in Heidelberg gegen ihn gerichtete Einsatz des Polizeibeamten xxx als Verdeckter Ermittler mit dem Decknamen xxx in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war.
24 
Der Beklagte beantragt,
25 
die Klage abzuweisen.
26 
Zur Begründung trägt er vor: Die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und die jeweiligen Verlängerungen seien rechtmäßig und fänden ihre Rechtsgrundlage in § 22 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG. Im Jahr 2009 sei bundesweit und auch in Heidelberg ein weiterer Anstieg der Fallzahlen im Bereich der politisch motivierten Kriminalität festzustellen gewesen, insbesondere im Bereich der linksmotivierten Straftaten. Für den Bereich Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis sei durch die Polizeidirektion Heidelberg der Einsatz Verdeckter Ermittler angeordnet worden; der Einsatz habe sich ausschließlich gegen Personen der linksextremistischen Szene gerichtet, die entsprechenden Gruppierungen nahegestanden hätten bzw. deren Führungspersonal zuzurechnen gewesen wären. Zwei dieser Gruppierungen seien die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) und die Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald (AIKO). Ein Ziel der beiden Gruppen sei die Bekämpfung des Faschismus insbesondere in Heidelberg und Umgebung, da nach Auffassung dieser Gruppen diese Bekämpfung auf staatlicher Seite nicht energisch genug betrieben werde. Im Zuge dieser Bekämpfung werde auch die Konfrontation mit rechten Gruppierungen und einzelnen rechts stehenden Personen gesucht. Ausgangspunkt für die im Raum Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis verstärkt festzustellende Rechts-Links-Konfrontation sei eine erste Auseinandersetzung in Mauer im Juli 2009 gewesen, in deren Folge es zu weiteren Ereignissen gekommen sei und zwar am:
27 
04.07.2009: Ein Angehöriger der rechten Szene habe für diesen Tag eine Demonstration mit dem Thema: „Härtere Strafen für Kinderschänder“ in Mauer angemeldet. Ein starkes bürgerliches Lager habe unter Beteiligung von Personen aus der linken Szene den Aufzug verhindert.
28 
19.09.2009: Bei dem Veranstalter der Demonstration der linken Szene unter dem Thema „Rock gegen Rechts, Keine Nazis in Sinsheim und überall“ habe es sich um ein damaliges Mitglied der AIKO gehandelt. Eine Konfrontation zwischen Mitgliedern der linken und rechten Szene habe dadurch verhindert werden können, dass Personen aus dem rechten Bereich, die offensichtlich die Versammlung hätten stören wollen, durch Polizeibeamte mit Platzverweisen belegt worden seien.
29 
12.03.2010: Durch einen Rechtsextremisten sei eine rechte Demonstration in Sinsheim mit dem Thema: „Härtere Strafen für Kinderschänder hier und überall“ angemeldet worden. Es hätten ca. 45 Personen aus dem rechten Spektrum teilgenommen.
30 
22.07.2010: Eine Person der rechten Szene habe für diesen Tag eine Demonstration in Sinsheim unter dem Motto „Gegen Linke, kommunistische, anarchistische Gewalt und Terror in der BRD und im Kraichgau“ angemeldet. Nach einem Kooperationsgespräch mit der Stadtverwaltung Sinsheim und der Polizeidirektion Heidelberg sei die Versammlung abgesagt worden.
31 
24.07.2010: Für diesen Tag habe ein Mitglied der AIKO eine Demonstration mit dem Thema „Kraichgau nazifrei, gegen das Totschweigen von Stadt und Staat“ in Sinsheim angemeldet. Die Stadtverwaltung Sinsheim habe die Versammlung verboten und dies mit der Persönlichkeit des Anmelders und Versammlungsleiters begründet sowie mit der militanten Werbung für diese Demonstration. U. a. sei auf der Homepage der AIKO der Slogan zu lesen gewesen: „Lasst uns den Nazis zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen!!! Bildet Banden“; es sei mit einem Flyer geworben worden, auf dem ein Vermummter abgebildet gewesen sei, der eine Zwille abgeschossen habe.
32 
29.07.2010: Es sei eine Demonstration der rechten Szene in Sinsheim angemeldet worden. Die Stadtverwaltung Sinsheim habe ein Versammlungsverbot wegen zu erwartender erheblicher Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erlassen.
33 
18.09.2010: In Sinsheim-Hoffenheim habe eine rechte Demonstration mit Gegendemonstration des bürgerlichen und linken Lagers stattgefunden. Aufgrund der hohen Anzahl von Gegendemonstranten seien die Anhänger der rechten Szene an der Durchführung des Aufzuges gehindert worden. Am gleichen Tag habe eine durch ein Mitglied der AIKO angemeldete linke Demonstration in Sinsheim stattgefunden. Aufgrund der Demonstration in Hoffenheim sei die Teilnehmerzahl in Sinsheim nur gering gewesen.
34 
27.11.2010: Für diesen Tag sei eine Demonstration in Sinsheim-Hoffenheim durch eine Person der rechten Szene aus dem örtlichen Bereich angemeldet worden unter dem Motto: „Gegen Repression und Staatswillkür, für wahre Meinungsfreiheit“. Es sei wiederum zu einer Gegendemonstration des bürgerlichen Lagers und massiven Protesten und Störaktionen der linken Szene an der Aufzugsstrecke gekommen.
35 
Zu der bereits erwähnten, von einem Mitglied der AIKO veranstalteten Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim sei durch die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) ein Internetaufruf in militanter Art und Weise zur Teilnahme an der Demonstration erfolgt: „Rechte Strukturen aufdecken und angreifen! Konsequent gegen die polizeiliche Politik des Herunterspielens und Totschweigens! Nazis entgegentreten auf allen Ebenen, mit allen Mitteln.“ Neben weiteren Anhaltspunkten sei auch dieser Aufruf Beleg zumindest für eine Zusammenarbeit, wenn nicht sogar für eine Verflechtung der beiden Gruppierungen.
36 
Am 04.11.2009 sei im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten der „Anarchistischen Initiative Kraichgau/Odenwald“ (AlKO) in xxx durchgeführt worden. Dabei seien u.a. sieben gebrauchsfertige Brandsätze (Molotow-Cocktails) sichergestellt worden. Nach Einlassungen eines damaligen Betroffenen seien diese Brandsätze zur „Verteidigung gegen Faschisten“ hergestellt worden. Wegen der besonderen Gefährlichkeit von Molotow-Cocktails habe der Gesetzgeber alleine schon deren Herstellung unter Strafe gestellt. Mit Bekanntwerden dieser weiteren Fakten habe die Polizeidirektion Heidelberg davon ausgehen müssen, dass es in ihrem Dienstbezirk Personen gebe, die aus politischen Motiven funktionsfähige Brandsätze herstellten und nach eigener Aussage auch bereit seien, diese gegen Dritte einzusetzen. Seit dem Auffinden der Brandsätze habe die PD Heidelberg von einer konkreten, andauernden Gefahrenlage ausgehen müssen, da mit einem erneuten Herstellen solcher Brandsätze jederzeit zu rechnen gewesen sei. Weiter sei nach Auffinden der Brandsätze bei der AIKO die Herstellung der Brandsätze im Kontext zu den oben aufgelisteten Ereignissen zu sehen gewesen. Es habe damit gerechnet werden müssen, dass das Herstellen der zufällig aufgefundenen Molotow-Cocktails von den Verantwortlichen als Vorbereitungshandlung für konkrete, in naher Zukunft geplante und überwiegend gegen Personen des rechten Spektrums gerichtete Straftaten von erheblicher Bedeutung gedacht gewesen sei. Ein weiterer Beleg einer konkret vorhandenen Gewaltbereitschaft sei auch die Ankündigung der AIHD, mit „allen Mitteln“ rechte Strukturen angreifen zu wollen. Darüber hinaus habe es Erkenntnisse gegeben, dass sich eine spätere Zielperson Ende des Jahres 2009 auch überregional/bundesweit an Aktionen beteiligt gehabt habe. Gegen diese Person seien sowohl im südbadischen Bereich als auch in Norddeutschland Strafverfahren eingeleitet worden.
37 
Aufgrund dieser Erkenntnisse sei es zur Anordnung von Verdeckten Ermittlern gekommen. Die Maßnahmen hätten sich gegen namentlich benannte Personen aus dem geschilderten Umfeld gerichtet, darunter auch gegen den Kläger.
38 
Bei der Anordnung der Maßnahme sei insbesondere berücksichtigt worden, dass das Herstellen der als extrem gefährlich einzustufenden Molotow-Cocktails aus „politischen Motiven“ heraus erfolgt sei. Die Persönlichkeit der Personen, deren Beweggründe und ihre Motivation hätten nach kriminalistischer Erfahrung unter einem anderen Blickwinkel prognostiziert werden müssen als beispielsweise die Handlungen eines (Allgemein-)Kriminellen. Dabei sei gerade die Herstellung und das gebrauchsfertige Bereithalten der Molotow-Cocktails ein wesentlicher Fakt für die Prognose einer ansteigenden Eskalationstendenz hin zur Gewalt gewesen. Es hätte davon ausgegangen werden müssen, dass die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung (mittlerweile) sehr niedrig gewesen sei und schwerste, bis hin zu tödlich verlaufenden Verletzungen und erhebliche Sachschäden gegenüber politisch Andersdenkenden, wenn nicht sogar angestrebt, so doch zumindest billigend in Kauf genommen würden. Die anordnende Dienststelle habe nach dem zufälligen Auffinden der Molotow-Cocktails weiter davon ausgehen müssen, dass die bisherigen polizeilichen Maßnahmen unzureichend und zu wenig effektiv gewesen seien. Die fortdauernde Gefahr habe sich gerade auch aus einer defizitären Erkenntnislage ergeben. Angesichts einer anhaltenden Rechts-Links-Konfrontation im Raum Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis habe zwingend ein Aufklärungsbedürfnis zur weiteren Erforschung der konkret vorliegenden Gefahrenlage bestanden. Im Übrigen dürften nach der ständigen Rechtsprechung gerade beim Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter wie der körperlichen Unversehrtheit von Menschen die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden.
39 
Es liege auf der Hand, dass sich links-politisch motivierte Gefahren wegen einer intensiven szenentypischen Abschottung insbesondere gegenüber den Ermittlungsbehörden nicht mit einfachen Maßnahmen der Datenerhebung ergründen ließen. Was sich im Detail zwischen den Führungspersonen der AIHD und der AIKO abgespielt habe, bliebe der Polizei verborgen. Im vorliegenden Fall sei nur noch der Einsatz Verdeckter Ermittler Erfolg versprechend gewesen. Andere, weniger eingriffsintensive Maßnahmen seien nicht tauglich gewesen.
40 
Der Einsatz sei in der Einsatzanordnung hinreichend konkretisiert worden. Es sei im Einzelnen festgelegt worden, welche Personen zu beobachten seien. Der Kläger sei unter diesen Personen gewesen. Bei Abwägung zwischen den zu erwartenden Nachteilen für die nur mittelbar Betroffenen und dem angestrebten Zweck der Maßnahme (Abwehr von konkreten Gefahren aus der Sphäre der AIHD und der AIKO) sei der Einsatz Verdeckter Ermittler angemessen gewesen. Bei einem solchen Einsatz sei es unvermeidlich, dass der Verdeckte Ermittler auch mit Personen in Kontakt komme, die sich im Umfeld der zu beobachtenden Personen bzw. Gruppierungen aufhielten. Es liege auf der Hand, dass der Verdeckte Ermittler in einem solchen Fall seine wahre Identität nicht preisgeben und diese Kontaktperson über seinen Auftrag informieren könne. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz den hier in Frage stehenden Einsatz eines Verdeckten Ermittlers in Heidelberg überprüft habe. In seinem 30. Tätigkeitsbericht, der am 12.12.2011 veröffentlicht worden sei, führe er unter Ziffer 2.7 (S. 108 ff., 111) u.a. aus:
41 
„Einzelheiten des Falles kann ich wegen der von Seiten des Landeskriminalamts verfügten Geheimhaltung an dieser Stelle nicht ausbreiten, eines lässt sich nach einer Kontrolle der in diesem Fall angelegten Akten festhalten: Die Mängel, die in den 90er Jahren festgestellt wurden, waren nunmehr aufgrund der generellen Regelungen des Innenministeriums einerseits und durch eindeutige Anordnungen im konkreten Fall andererseits behoben. Jedenfalls ergab sich aus den Akten, dass es nicht um das Ausspähen einer bestimmten politischen Szene - wie in der Öffentlichkeit vermutet - ging. Das wäre auch eher eine Aufgabe des Landesamts für Verfassungsschutz gewesen. Vielmehr sollten Daten bestimmter Personen in ihren gesetzlich präzisierten Rollen erhoben werden. Jedoch kann die Befugnis des Verdeckten Ermittlers, mit einer anderen Identität als seiner eigenen in dem Umfeld der betroffenen Personen zu agieren, den Eindruck nicht vermeiden, dass auch dieses Umfeld ausgekundschaftet werden soll. Dass ein Verdeckter Ermittler aufgrund der Einsatz form zwangsläufig eine Vielzahl Kontakte zu anderen Personen hat, wurde in den gesetzlichen Voraussetzungen durch die Formulierung in § 22 Absatz 4 PolG berücksichtigt. Es ist verständlich, dass ein Verdeckter Ermittler alles vermeiden sollte, was zu einer Enttarnung führen könnte. Allerdings ist das Verbot der Begehung von Straftaten, das bei dem Einsatz stets beachtet werden muss, auch in der erwähnten Verwaltungsvorschrift ausdrücklich festgehalten.
42 
Soweit sich dies anhand der Akten beurteilen ließ, dürften die gesetzlichen Voraussetzungen sowohl hinsichtlich der Personen als auch hinsichtlich der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erfüllt gewesen sein. Daher konnte ich gegen diese Maßnahme keine durchgreifenden datenschutzrechtlichen Bedenken geltend machen. Dabei kann es nicht darauf ankommen, dass Straftaten tatsächlich verhindert wurden, das würde bei einem gescheiterten Einsatz wie hier sonst automatisch zur Rechtswidrigkeit des Einsatzes führen.“
43 
Hierauf erwidert der Kläger:
44 
Der VE selbst habe, anlässlich seiner Enttarnung zur Rede gestellt, gegenüber Betroffenen angegeben: „Ich habe Datensätze angelegt“. Hierbei habe er mindestens auch die Kläger in den Parallelverfahren xxx und xxx namentlich genannt. Zudem habe er insoweit auch alle Mitglieder der Kritischen Initiative einbezogen, also auch den Kläger. Die Klägerin des weiteren Parallelverfahrens xxx sei zudem vom Landeskriminalamt darüber unterrichtet worden, dass sie Betroffene des Einsatzes des VE gewesen sei. Ihre Daten seien durch diesen im Rahmen einer nicht angemeldeten Versammlung erhoben worden. Hieraus werde deutlich, dass nicht nur die möglicherweise allein in der Einsatzanordnung genannte(n) Zielperson(en) Ziel des Einsatzes gewesen seien, sondern (spätestens) im Laufe des Einsatzes weitere Personen zu Zielpersonen geworden seien, jedenfalls aber von ihnen Daten durch den Verdeckten Ermittler erhoben worden seien. Dieser habe beispielsweise zudem von ahnungslosen Betroffenen Mailadressen bekommen und diese auch genutzt. Er habe den Mailverteiler der Kritischen Initiative erlangt, darin seien Mailadressen weiterer Kläger enthalten. Es sei klar, dass er diese Daten auf seinem Laptop oder PC gespeichert habe. Auch damit habe bereits eine unzulässige polizeiliche Datenerhebung und -speicherung stattgefunden.
45 
Der Beklagte beziehe sich zunächst auf eine angeblich deutliche Zunahme von linksmotivierten Straftaten im Jahre 2009, auch in Heidelberg. Dies sei tatsächlich nicht der Fall. Vorliegend gehe es um den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers in und im Umfeld der Universität Heidelberg. In der Klageerwiderung versuche der Beklagte, diesen Bezug herzustellen mit von ihm so genannten Rechts-Links-Konfrontationen im Raum Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis. Dazu würden zwei Vorgänge im Jahre 2009 und sechs Vorgänge im Jahre 2010 aufgelistet. Das fange an mit einer geplanten Demonstration der rechten Szene mit NPD-Bezug zum Thema „Härtere Strafen für Kinderschänder“ in Mauer und höre auf mit einer Demonstration in Sinsheim-Hoffenheim, angemeldet durch eine Person der rechten Szene, wobei es wiederum „zu einer Gegendemonstration des bürgerlichen Lagers und massiven Protesten und Störaktionen der linken Szene an der Aufzugsstrecke“ gekommen sein soll. Gefahren, denen polizeilich begegnet werden müsste, seien hier nicht erkennbar. Die „Störaktionen“ seien nicht näher bezeichnet. Dass es zu „massiven Protesten“ komme, wenn die Neonazi-Szene marschiere, bewege sich auf dem Boden der Versammlungsfreiheit. Die anderen gelisteten Vorgänge seien von ähnlicher Irrelevanz. Kein einziger Vorgang werde für Heidelberg selbst gelistet. Wie der Beklagte aus dieser Zusammenstellung „Tendenzen für eine Gewalteskalation“ festgestellt haben wolle, erschließe sich nicht. Es möge im Internet einen möglicherweise militanten Aufruf der linken Szene im August 2009 gegeben haben. Durch die nachfolgenden Ereignisse von September 2009 bis November 2010 habe sich aber diese angebliche Militanz in keiner Weise realisiert.
46 
Der Beklagte versuche, den fehlenden Bezug zu Heidelberg durch eine vermutete Zusammenarbeit der beiden Gruppierungen AlKO (Antifaschistische Initiative Kraichgau Odenwald) und AIHD (Antifaschistische Initiative Heidelberg) herzustellen. Der Bezug solle darin bestehen, dass die AIHD (auch) zu der Demonstration in Sinsheim am 19.09.2009 in angeblich militanter Weise aufgerufen haben soll. Aus einem solchen Aufruf eine Zusammenarbeit abzuleiten, bedürfe schon einiger Phantasie. Als erhebliche Straftat werde ein unerlaubter Waffenbesitz Anfang November 2009 angeführt. Hier werde vom Beklagten vorgetragen, anlässlich einer Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten der AIKO seien sieben Brandsätze (Molotow-Cocktails) sichergestellt worden. Richtig sei allein, dass es gegen eine Person einen Verdacht wegen Drogenhandels gegeben habe; in diesem Zusammenhang seien deren privaten Räume in einem Wohnhaus in xxx durchsucht worden, außerdem der Keller, in dem dann die sieben Flaschen mit Heizöl-Benzin-Gemisch aufgefunden worden seien. Es möge sein, dass im Internet die betreffende Anschrift auch als Adresse der AIKO angegeben gewesen sei. Dies sei aber ganz offensichtlich nur eine pro-forma-Adresse gewesen. Es habe allerdings im Haus Räume eines Vereins xxx gegeben, die auch durchsucht worden seien. Der Betroffene habe damals auf Befragen angegeben: „Die Molotow-Cocktails (seien) zur Verteidigung gegen Nazis hergestellt worden ... Immerhin ist mein Hund vergiftet worden und es wurden vier Angriffe gegen uns von Nazis geführt und es wurde versucht, uns zu überfahren“. Die Demonstration am 19.09.2009 habe auch ein Protest gegen den Tod des Hundes sein sollen. Der Protest gegen den Tod des Hundes und andere Ereignisse sei über eine (friedliche) Demonstration „transportiert“ worden. Die Brandsätze seien durch die Polizei sichergestellt und unschädlich gemacht worden. Neue Brandsätze seien weder bei den späteren gelisteten Demonstrationen noch sonstwo eingesetzt worden. Der Betroffene habe im Strafverfahren auch angegeben, dass er mittlerweile aus der linken Szene ausgestiegen sei.
47 
Der VE sei auch in dem Protestcamp in Brüssel eingesetzt worden. Dieser Vorgang habe vom Thema her und auch sonst mit der nun vom Beklagten vorgetragenen angeblichen eskalierenden Rechts/Links-Konfrontation im Rhein-Neckar-Kreis und antifaschistischen Aktionen der AIKO und der AIHD, die den Einsatz veranlasst haben sollen, überhaupt nichts zu tun. Zweifelhaft sei auch, ob sich überhaupt eine Ziel- oder Kontaktperson in Brüssel aufgehalten habe. Mindestens an diesem Vorgang werde deutlich, dass weit mehr Menschen zu Ziel- oder Kontaktpersonen geworden seien, als der Beklagte zugestehe.
48 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vom Beklagten übersandten Kopien der Aktenvorgänge sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
49 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines VE ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine wegen vorprozessualer Erledigung sogenannte "nachgezogene" Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
50 
Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris). Der Kläger war hier nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final in die Datenerhebung durch den VE einbezogen. Wie aus der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 (S. 8 oben) sowie aus dem dieser beigefügten „Personalbogen“ vom 25.02.2010 hervorgeht, war der Kläger als eine der „Zielpersonen“ des Einsatzes eingestuft. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - juris).
51 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig.
52 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390).
53 
Gem. § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten von dem nachfolgend genannten Personenkreis u.a. durch den Einsatz Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Daten können über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen erhoben werden, wenn der Einsatz zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) erfolgt. Von den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen können Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erhoben werden (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG). In § 20 Abs. 5 PolG sind Straftaten mit erheblicher Bedeutung definiert: Dabei handelt es sich zum einen um Verbrechen (§ 20 Abs. 5 Nr. 1 PolG), zum anderen um Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören (§ 20 Abs. 5 Nr. 2 PolG), soweit sie a) sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, b) auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden, c) gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen werden.
54 
Aus den dem Gericht vorliegenden Kopien der Anordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen geht - auch unter Heranziehung des vom Beklagten überlassenen Akteninhalts - weder hervor, dass die an die Anordnung des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers zu stellenden formellen Voraussetzungen erfüllt waren (1.), noch dass die materiellen Voraussetzungen für den Einsatz eines VE gegen den Kläger vorlagen (2.). Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die mit § 22 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 5, § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz eines VE verfassungswidrig ist, kommt es daher nicht an (offen gelassen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; vgl. zu der inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG: BVerfG Urt. v. 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - juris).
55 
1. Personen, die sich - wie hier der Kläger - der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten (zur Definition vgl. § 48 PolG i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG) - erhoben. Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt". Ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, sind daher von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG) beschränkt. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Um die Anordnung - sowohl für die „vor Ort“ handelnden Beamten wie auch für das später ggf. angerufene Gericht - nachvollziehbar zu machen, bedarf die Anordnung grundsätzlich der Schriftform. Außerdem hat sie das „besondere Mittel“ zu bezeichnen und die Zielperson zu benennen oder zumindest zu umschreiben. In einer Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Außerdem wird eine Frist für die Dauer des Einsatzes zu bestimmen sein.
56 
Eine fehlerhafte oder zu unbestimmte Einsatzanordnung führt zu ihrer Rechtswidrigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit des Einsatzes insgesamt, selbst wenn der Einsatz materiell-rechtlich gerechtfertigt war (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 8. Aufl. 2015, § 22 RN 52; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
57 
a. Zwar wurde in den vorliegenden Einsatzanordnungen der sog. „Behördenleitervorbehalt“ gewahrt. Die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen wurden durch den Leiter der damaligen Polizeidirektion Heidelberg als sachbearbeitende Dienststelle erlassen. Damit wurde dem Erfordernis, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) einer Anordnung durch einen der in § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG genannten Behördenleiter - worunter u.a. der Leiter einer Polizeidirektion zählt - bedarf, Genüge getan.
58 
b. Allerdings fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit hinsichtlich des eingesetzten Mittels.
59 
Als besonderes Mittel der Datenerhebung wird in § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG der Einsatz von Polizeibeamten unter Geheimhaltung ihrer wahren Identität (Verdeckter Ermittler) genannt.
60 
Die dem Gericht vorliegenden Kopien der Einsatzanordnungen lassen allerdings offen, wie viele Verdeckte Ermittler tätig, ob die Ermittlungen von - wie vom Gesetz vorgeschrieben - Polizeibeamten durchgeführt werden sollten und wer konkret als Verdeckter Ermittler eingesetzt war.
61 
Aus der Überschrift der Anordnung vom 25.02.2010: „Anordnung eines VE-Einsatzes nach dem Polizeigesetz“ ergibt sich hierzu nichts. Desgleichen gilt für die sich daran anschließenden geschwärzten Passagen. In der Tenorierung wird lediglich ausgeführt: „I. Der Einsatz des/der VE erfolgt zur 1. Datenerhebung ...“. Auch in den nicht geschwärzten Passagen unter der Überschrift:
62 
„II. Zu Gründen, Ziel, Geeignetheit... der Datenerhebung durch den VE-Einsatz, Anzahl vorgesehener VE sowie zu den Personen (Adressaten der Maßnahme), über die Daten erhoben werden sollen, ist folgendes festzuhalten:“
63 
ist weder etwas dazu enthalten, ob der/die VE Polizeibeamte sind noch etwas zu deren Anzahl noch ist die Identität des/der VE bestimmt worden. Gleiches gilt für die Verlängerungen der Einsatzanordnung. Hierzu hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der Name des VE nicht in der Einsatzanordnung aufgeführt worden sei.
64 
Deshalb lassen sich - ohne dass die Kopien der streitgegenständlichen Einsatzanordnungen selbst etwas dazu hergäben - erst nachträglich nach der „Enttarnung“ von xxx im Dezember 2010 Rückschlüsse darauf ziehen, dass dieser als VE tätig geworden ist. Der Umstand, dass der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage unter dem 21.08.2015 bescheinigt hat, dass xxx vom 01.09.2009 bis einschließlich 31.03.2014 als Polizeivollzugsbeamter beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg verwendet wurde und der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass Herr xxx als alleiniger VE tätig gewesen sei, ersetzt nicht das formale Erfordernis, dass das besondere Mittel der Datenerhebung i.S.d. § 22 Abs. 1 PolG in der Anordnung selbst hinreichend bezeichnet sein muss.
65 
Allein die in der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen aufgenommene abstrakte Bezeichnung des Mittels „Verdeckter Ermittler“ ist für eine hinreichende Bestimmung des besonderen Mittels i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG nicht ausreichend. Dies folgt daraus, dass durch den Einsatz eines VE schwerwiegend in die bereits genannten Grundrechte eingegriffen wird und daraus, dass - da § 22 Abs. 8 PolG erst die nachträgliche Unterrichtung des Betroffenen über die Maßnahme vorsieht - der Betroffene regelmäßig nicht die Gelegenheit hat, vorherigen Rechtsschutz zu erlangen. In einer derartigen Konstellation gebietet aber die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dass konkret in der Einsatzanordnung der Name des VE aufgeführt wird. Im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes muss der Betroffene wissen, wer von ihm Daten erhoben hat, um das Geschehen nachvollziehen zu können. Denn dies ist Voraussetzung dafür, dass er ggf. ein nachträglich gestelltes Rechtsschutzgesuch begründen kann. Daher muss in der Einsatzanordnung die Identität des eingesetzten VE bezeichnet werden. Insoweit braucht sich der Betroffene nicht darauf verweisen zu lassen, dass die Identität des VE möglicherweise aus anderweitigen Quellen ermittelbar ist. Vielmehr muss dies - auch für eine etwaige spätere gerichtliche Überprüfung - aus der Einsatzanordnung selbst hervorgehen.
66 
2. Der Einsatz des VE erweist sich aber auch als materiell rechtswidrig. Denn der Beklagte hat nicht dargetan, dass die tatbestandlichen Voraussetzung hierfür vorlagen.
67 
Das Gericht kann den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass die Anordnung der Erhebung personenbezogener Daten von einem der in § 22 Abs. 3 PolG genannten Zwecke getragen war.
68 
a. Nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG ist zulässig die Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person, bedeutende Sach- und Vermögenswerte und zwar von einer der in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen. Der Beklagte hat hierzu in Punkt I. 1. der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen festgelegt, dass die Datenerhebung vom Verursacher (§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 PolG) erfolgt.
69 
Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris, m.w.N.).
70 
Nach Maßgabe dessen gehen aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen keine Umstände hervor, welche die Annahme rechtfertigen, dass vom Kläger eine konkrete Gefahr für eines der in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter ausgegangen ist.
71 
aa. In der Begründung der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 selbst - soweit sie lesbar ist - werden keine hinreichenden Fakten genannt, aus denen sich eine solche konkrete Gefahr herleiten ließe. Die pauschale Behauptung des Beklagten, bei dem Kläger handele es sich um eine Führungsperson der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, lässt eine solche Gefahrenprognose nicht zu. Dieser Behauptung stellte der Beklagte auf Seite 4 der Anordnung voraus, dass die Antifaschistische Szene Heidelberg und Rhein-Neckar-Kreis mehrere Gruppierungen umfasse, in erster Linie die Antifaschistische Initiative Heidelberg, die AIKO (Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald); die weiteren aufgelisteten Gruppierungen wurden geschwärzt. Als Ziel dieser Gruppen wurde die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“ genannt und ausgeführt, dass sich bei der linken Szene Heidelberg eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial feststellen lasse.
72 
Indessen gehen aus den weiteren ungeschwärzten Ausführungen keine konkreten Feststellungen zu der behaupteten Gewaltbereitschaft der Antifaschistischen Initiative Heidelberg hervor. Solche sind auch nicht mit der Darstellung des Umstands verbunden, dass der Kläger am „18“.09.2009 (richtig: am 19.09.2009) an einer von xxx angemeldeten Demonstration in Sinsheim teilgenommen habe (Seite 7 der Anordnung). Insoweit stellt der Beklagte darauf ab, dass der der AIKO zugerechnete xxx - in dessen Wohnung bzw. Keller bei einer Hausdurchsuchung am 04.11.2009 sieben Molotow-Cocktails gefunden worden waren - bei dieser Demonstration beinahe die ganze Zeit mit dem Kläger und einer weiteren Heidelberger Aktivistin, xxx, zusammengestanden habe. Diesen Umstand führte der Beklagte als Indiz für die Verzahnung der Anarchistischen Initiative Kraichgau-Odenwald mit der Antifaschistischen Initiative Heidelberg an. Indes lassen sich der Anordnung - soweit lesbar - zu alledem keine konkrete Tatsachenfeststellungen entnehmen, welche darauf hindeuten könnten, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- und Vermögenswerte ausgingen. Allein der Umstand, dass der Kläger während einer Demonstration neben einer Person stand, bei der zu einem späteren Zeitpunkt Molotow-Cocktails gefunden wurden, begründete weder eine hinreichende Grundlage für die Annahme, der Kläger sei in eine gewaltbereite Gruppierung eingebunden noch dafür, dass die Antifaschistische Initiative Heidelberg auf Gewalttätigkeiten hinwirke. Weitere Tatsachenfeststellungen, die eine konkrete Verbundenheit des Klägers mit xxx bzw. der AIKO dokumentieren würden, gehen aus den dem Gericht vom Beklagten überlassenen Unterlagen nicht hervor. Auch sonstige Hinweise darauf, dass der Kläger in der Vergangenheit ein, die Annahme einer Wiederholungsgefahr rechtfertigendes, gewalttätiges oder gewaltveranlassendes Verhalten an den Tag gelegt hätte, hat der Beklagte in der Anordnung nicht genannt. Soweit er die Bewertung vornahm, dass bei der Demonstration am 19.09.2009 eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links erst durch entsprechende Maßnahmen der Polizei habe verhindert werden können, wurde nichts dazu ausgeführt, dass von den linksgerichteten Demonstranten Gewalttätigkeiten gedroht hätten. Vielmehr sind nach den Darlegungen des Beklagten Platzverweise an die Rechten ergangen. Auch soweit der Beklagte in der Anordnung als alljährlich nennenswertes Event der Antifaschistischen Initiative Heidelberg die Veranstaltung der Walpurgisnacht - als „Gegenveranstaltung“ zu den Walpurgisnachtfeiern der Burschenschaften - anführte, wurde nichts zu irgendwelchen Gewalttätigkeiten berichtet. Aus den nachfolgenden Einsatzanordnungen ergibt sich - soweit lesbar - hierzu ebenfalls nichts.
73 
bb. Auch die weiteren, dem Gericht vorliegenden Unterlagen geben für die Annahme nichts her, vom Kläger gehe eine konkrete Gefahr für die in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter aus.
74 
Nachdem - wie oben unter Punkt II. 1 dargelegt - in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen sind, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben, ist fraglich, ob der weitere Akteninhalt herangezogen werden darf, wenn die Anordnung selbst nicht mit einer ausreichenden, die materielle Rechtmäßigkeit belegenden Begründung versehen ist. Dies kann hier aber offen bleiben, da auch der weitere Vortrag des Beklagten die Annahme nicht trägt, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte gegangen ist.
75 
Aus den der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen beigefügten „Personalbögen“ des Klägers lässt sich dies nicht herleiten. Hierin wurde zunächst ein Vorfall vom 21.06.2003 im Rahmen einer Demonstration gegen die Ausstellung „Verbrechen und Wehrmacht“ in Schwäbisch Hall aufgelistet und ausgeführt, dass sich der Kläger seiner Festnahme widersetzt habe, nachdem er aus einer eingeworfenen Schaufensterscheibe eines Geschäfts Gegenstände entwendet hatte. Aus diesem weit zurückliegenden und für sich allein stehenden Vorfall, der nach der Darstellung des Beklagten noch nicht einmal in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen stand, lässt sich indes nicht die Prognose erstellen, vom Kläger gehe eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte aus. Soweit ein Vorfall vom 12.06.2006 beschrieben wurde, bei dem der Kläger in einem Flyer eine Studentin als Angehörige der rechten Szene geoutet haben soll, und weitere Aktionen und Demonstrationen aufgelistet wurden, lassen sich - soweit lesbar - diesen Ausführungen keine Anhaltspunkte für eine Gewaltbereitschaft des Kläger entnehmen.
76 
Eine andere Einschätzung folgt auch nicht aus dem Vortrag des Beklagten im Klageverfahren. Insoweit wurden vom Beklagten mit der Klageerwiderung vom 20.02.2012 (Seite 2 f.) weitere Demonstrationen und Aktionen aufgelistet. Unter anderem wurde eine von der AIKO geplante Demonstration am 24.07.2010 genannt, die verboten wurde und ausgeführt: Auf der homepage der AIKO sei militante Werbung gemacht worden mit dem Slogan: „Lasst uns den Nazis zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen!!! Bildet Banden“, auf dem Flyer sei ein ein Vermummter zu sehen, der eine Zwille abgeschossen habe. Indes wurden keine substantiierten Feststellungen dazu getroffen, dass und auf welche Weise intern eine Verbindung zwischen der AI KO und der Antifaschistischen Initiative Heidelberg bestehen soll. Auch die Ausführungen zu den weiteren aufgelisteten Aktionen tragen nicht die Annahme, dass vom Kläger eine Gefahr für die genannten Rechtsgüter ausginge.
77 
Dies gilt auch, soweit der Beklagte auf einen Internetaufruf der Antifaschistischen Initiative Heidelberg im Zusammenhang mit der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim abstellte, der den Wortlaut hat: „Rechte Strukturen aufdecken und angreifen! Konsequent gegen die polizeiliche Politik des Herunterspielens und Totschweigens! Nazis entgegentreten auf allen Ebenen, mit allen Mitteln“. Abgesehen davon, dass der Wortlaut „mit allen Mitteln“ auslegungsfähig ist und daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, dass damit illegale Mittel gemeint sind, hat die vom Beklagten vorgenommene Interpretation, dass zur Gewaltanwendung aufgerufen worden sei, in der Folgezeit keine Bestätigung erfahren. Konkrete Feststellungen, dass von den linken Demonstranten Gewalt ausgegangen wäre oder gedroht hätte, hat der Beklagte nicht getroffen. Vielmehr lässt sich seinen Ausführungen entnehmen, dass Platzverweise an die Rechten ergangen sind.
78 
Auch hinsichtlich der weiteren vom Beklagten in der Klageerwiderung aufgelisteten Demonstrationen wurde nichts von Gewalttätigkeiten berichtet, geschweige denn, dass Anhaltspunkte dafür genannt wurden, die dafür sprächen, dass der Kläger auf gewalttätige Auseinandersetzungen bzw. bedeutende Sachschäden hinwirken würde.
79 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nichts weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
80 
b. Auch die Voraussetzungen für eine Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG liegen nicht vor. Danach ist die Datenerhebung zulässig zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen, nämlich über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen sowie über Kontakt- und Begleitpersonen dieser Personen.
81 
Hinsichtlich des Zwecks der Datenerhebung legte der Beklagte in Punkt 2 seiner Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und in den Folgeanordnungen die Art der zu bekämpfenden Straftaten fest. Diese Straftaten sollten zum einen sein Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, und zum anderen Vergehen, soweit sie auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden.
82 
Die vom Beklagten hinsichtlich des Klägers getroffenen Feststellungen tragen jedoch weder die Annahme, dass es sich bei diesem um eine Person handelt, bei der tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten der genannten Art begehen wird (aa.), noch die Annahme, dass er Kontakt- oder Begleitperson einer solchen Person ist (bb.).
83 
aa. Aus den Begründungen der Einsatzanordnungen geht hervor, dass der Beklagte den Kläger als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft hat.
84 
Allerdings lassen sich den ungeschwärzten Passagen der vorliegenden Akten keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in der genannten Art straffällig würde.
85 
Tatsächliche Anhaltspunkte liegen dann vor, wenn zumindest bestimmte Indizien gegeben sind, aus denen nach polizeilicher Erfahrung auf das künftig mögliche Vorliegen eines Sachverhalts geschlossen werden kann, dass die Person Straftaten begehen wird. Bloße Vermutungen reichen nicht aus (Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 20 RN 24). Weitergehend wird in der Literatur sogar gefordert, dass Tatsachen vorliegen müssen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig Straftaten begeht (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 8. Aufl. 2015, § 20 RN 45).
86 
Eine nach Maßgabe dessen zumindest zu fordernde Indizienlage lässt sich den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen.
87 
Der Beklagte stützte seine Einsatzanordnung dem Grunde nach auf die Behauptung, Ziel der von ihm genannten linken Gruppierungen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg und der AIKO sei die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“, und stellte insgesamt eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial bei der linken Szene in Heidelberg fest. Der Beklagte nannte allerdings keine greifbaren Anhaltspunkte, die darauf hinweisen würden, dass von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, namentlich vom Kläger als eine deren Führungspersonen eine auf die genannten Straftaten hinausführende Gewaltbereitschaft ausginge. Soweit der Beklagte auf die von ihm aufgelisteten Demonstrationen abstellte, wurde - wie bereits oben ausgeführt - nichts zu einer von den linken Gruppierungen ausgehenden Gewaltbereitschaft oder gar zu ihr zurechenbaren Straftaten ausgeführt. Dies gilt - wie voranstehend ebenfalls erörtert - insbesondere für die immer wieder vom Beklagten angeführte Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim. Den vom Beklagten hierzu gemachten Erläuterungen - soweit sie ungeschwärzt sind - lassen sich konkrete Feststellungen zu einem von den linken Demonstranten ausgehenden Gewaltpotential nicht entnehmen; vielmehr ergingen Platzverweise an die rechten Demonstranten.
88 
Ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger Straftaten begehen wird, stellt auch nicht der Fund von Molotow-Cocktails bei xxx dar. Das Herstellen und der Besitz von Molotow-Cocktails ist zwar eine Straftat nach § 52 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2a WaffG in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4. Indes lassen sich den vorliegenden Akten keinerlei tragfähige Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in irgendeiner Weise in diese Straftat involviert war. Alleine der Umstand, dass der Kläger während der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim mit xxx zusammengestanden hatte, bietet keinen tragfähigen Hinweis darauf, dass der Kläger künftig auf waffenrechtlichem Gebiet straffällig werden könnte.
89 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nicht weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
90 
bb. Die Einsatzanordnung lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass eine Datenerhebung über den Kläger als Kontakt-/ oder Begleitperson (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG) eines potentiellen Straftäters in Betracht käme.
91 
Problematisch ist bereits, ob diese Rechtsgrundlage hier überhaupt bei der materiellen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Einsatzanordnung zugrunde gelegt werden darf. Denn der Kläger wurde - der Begründung der Einsatzanordnung zufolge - als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft. Indes sind - wie oben unter Punkt II. 1 ausgeführt -, um den formellen Anforderungen zu genügen, in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Da nach der Begründung der Einsatzanordnung die Datenerhebung gerade nicht vom Kläger als Kontakt- oder Begleitperson erfolgen sollte, erscheint es daher problematisch, die Einsatzanordnung „umzudeuten“, ohne dass dies zu deren formellen Rechtswidrigkeit führen würde.
92 
Diese Frage kann jedoch offen bleiben, da hinreichende Feststellungen des Beklagten fehlen, welche die Einstufung des Klägers als Kontakt- oder Begleitperson eines potentiellen Straftäters rechtfertigen würden.
93 
Als alleiniger Anknüpfungspunkt käme xxx in Betracht, bei welchem die Molotow-Cocktails gefunden worden sind. Dieser ist aber seinerseits lediglich als Kontaktperson (s. S. 8 der Einsatzanordnung vom 25.02.2010) eingestuft worden.
94 
Das Polizeigesetz definiert nicht, was unter dem Begriff Kontakt- und Begleitperson künftiger Straftäter i. S. d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG zu verstehen ist. Im Unterschied hierzu enthielt § 2 Nr. 11 Nds SOG in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung eine Legaldefinition des Begriffs Kontakt- und Begleitperson (zum Wortlaut s. BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/07 - juris RN 48). Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht im vorgenannten Urteil ihn für nicht hinreichend bestimmt angesehen (BVerfG - aaO - RN 132 ff.). Mit Blick hierauf kann dieses Begriffspaar allenfalls verfassungskonform und damit restriktiv ausgelegt werden. Eine Kontaktperson kann demnach nur eine Person sein, die zu dem künftigen Straftäter persönliche oder geschäftliche Beziehungen unterhält. Flüchtige Beziehungen reichen nicht aus. Eine Begleitperson muss mit dem künftigen Straftäter wiederholt zusammengetroffen oder wenigstens einmal eine Zeit lang zusammen gewesen sein. Die Verbindung muss eine gewisse Intensität aufweisen (Stephan/Deger, aaO, § 20 RN 25).
95 
Nach Maßgabe dessen lässt sich den Feststellungen des Beklagten nichts Hinreichendes dazu entnehmen, dass der Kläger Kontakt- oder Begleitperson von xxx war. Allein der Umstand, dass der Kläger bei einer Demonstration mit xxx zusammengestanden hat, kann nach den obigen Ausführungen nicht ausreichen. Aus den vorliegenden Akten lässt sich nicht entnehmen, dass es darüber hinaus zu einem weitergehenden intensiven Kontakt zwischen dem Kläger und xxx gekommen war. Der Beklagte hat auf die diesbezügliche Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter vorgetragen.
96 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht davon ab, das Urteil insoweit für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer sind nicht erfüllt.
97 
B E S C H L U S S
98 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
49 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines VE ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine wegen vorprozessualer Erledigung sogenannte "nachgezogene" Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
50 
Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris). Der Kläger war hier nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final in die Datenerhebung durch den VE einbezogen. Wie aus der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 (S. 8 oben) sowie aus dem dieser beigefügten „Personalbogen“ vom 25.02.2010 hervorgeht, war der Kläger als eine der „Zielpersonen“ des Einsatzes eingestuft. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - juris).
51 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig.
52 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390).
53 
Gem. § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten von dem nachfolgend genannten Personenkreis u.a. durch den Einsatz Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Daten können über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen erhoben werden, wenn der Einsatz zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) erfolgt. Von den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen können Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erhoben werden (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG). In § 20 Abs. 5 PolG sind Straftaten mit erheblicher Bedeutung definiert: Dabei handelt es sich zum einen um Verbrechen (§ 20 Abs. 5 Nr. 1 PolG), zum anderen um Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören (§ 20 Abs. 5 Nr. 2 PolG), soweit sie a) sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, b) auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden, c) gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen werden.
54 
Aus den dem Gericht vorliegenden Kopien der Anordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen geht - auch unter Heranziehung des vom Beklagten überlassenen Akteninhalts - weder hervor, dass die an die Anordnung des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers zu stellenden formellen Voraussetzungen erfüllt waren (1.), noch dass die materiellen Voraussetzungen für den Einsatz eines VE gegen den Kläger vorlagen (2.). Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die mit § 22 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 5, § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz eines VE verfassungswidrig ist, kommt es daher nicht an (offen gelassen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; vgl. zu der inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG: BVerfG Urt. v. 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - juris).
55 
1. Personen, die sich - wie hier der Kläger - der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten (zur Definition vgl. § 48 PolG i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG) - erhoben. Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt". Ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, sind daher von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG) beschränkt. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Um die Anordnung - sowohl für die „vor Ort“ handelnden Beamten wie auch für das später ggf. angerufene Gericht - nachvollziehbar zu machen, bedarf die Anordnung grundsätzlich der Schriftform. Außerdem hat sie das „besondere Mittel“ zu bezeichnen und die Zielperson zu benennen oder zumindest zu umschreiben. In einer Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Außerdem wird eine Frist für die Dauer des Einsatzes zu bestimmen sein.
56 
Eine fehlerhafte oder zu unbestimmte Einsatzanordnung führt zu ihrer Rechtswidrigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit des Einsatzes insgesamt, selbst wenn der Einsatz materiell-rechtlich gerechtfertigt war (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 8. Aufl. 2015, § 22 RN 52; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
57 
a. Zwar wurde in den vorliegenden Einsatzanordnungen der sog. „Behördenleitervorbehalt“ gewahrt. Die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen wurden durch den Leiter der damaligen Polizeidirektion Heidelberg als sachbearbeitende Dienststelle erlassen. Damit wurde dem Erfordernis, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) einer Anordnung durch einen der in § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG genannten Behördenleiter - worunter u.a. der Leiter einer Polizeidirektion zählt - bedarf, Genüge getan.
58 
b. Allerdings fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit hinsichtlich des eingesetzten Mittels.
59 
Als besonderes Mittel der Datenerhebung wird in § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG der Einsatz von Polizeibeamten unter Geheimhaltung ihrer wahren Identität (Verdeckter Ermittler) genannt.
60 
Die dem Gericht vorliegenden Kopien der Einsatzanordnungen lassen allerdings offen, wie viele Verdeckte Ermittler tätig, ob die Ermittlungen von - wie vom Gesetz vorgeschrieben - Polizeibeamten durchgeführt werden sollten und wer konkret als Verdeckter Ermittler eingesetzt war.
61 
Aus der Überschrift der Anordnung vom 25.02.2010: „Anordnung eines VE-Einsatzes nach dem Polizeigesetz“ ergibt sich hierzu nichts. Desgleichen gilt für die sich daran anschließenden geschwärzten Passagen. In der Tenorierung wird lediglich ausgeführt: „I. Der Einsatz des/der VE erfolgt zur 1. Datenerhebung ...“. Auch in den nicht geschwärzten Passagen unter der Überschrift:
62 
„II. Zu Gründen, Ziel, Geeignetheit... der Datenerhebung durch den VE-Einsatz, Anzahl vorgesehener VE sowie zu den Personen (Adressaten der Maßnahme), über die Daten erhoben werden sollen, ist folgendes festzuhalten:“
63 
ist weder etwas dazu enthalten, ob der/die VE Polizeibeamte sind noch etwas zu deren Anzahl noch ist die Identität des/der VE bestimmt worden. Gleiches gilt für die Verlängerungen der Einsatzanordnung. Hierzu hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der Name des VE nicht in der Einsatzanordnung aufgeführt worden sei.
64 
Deshalb lassen sich - ohne dass die Kopien der streitgegenständlichen Einsatzanordnungen selbst etwas dazu hergäben - erst nachträglich nach der „Enttarnung“ von xxx im Dezember 2010 Rückschlüsse darauf ziehen, dass dieser als VE tätig geworden ist. Der Umstand, dass der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage unter dem 21.08.2015 bescheinigt hat, dass xxx vom 01.09.2009 bis einschließlich 31.03.2014 als Polizeivollzugsbeamter beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg verwendet wurde und der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass Herr xxx als alleiniger VE tätig gewesen sei, ersetzt nicht das formale Erfordernis, dass das besondere Mittel der Datenerhebung i.S.d. § 22 Abs. 1 PolG in der Anordnung selbst hinreichend bezeichnet sein muss.
65 
Allein die in der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen aufgenommene abstrakte Bezeichnung des Mittels „Verdeckter Ermittler“ ist für eine hinreichende Bestimmung des besonderen Mittels i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG nicht ausreichend. Dies folgt daraus, dass durch den Einsatz eines VE schwerwiegend in die bereits genannten Grundrechte eingegriffen wird und daraus, dass - da § 22 Abs. 8 PolG erst die nachträgliche Unterrichtung des Betroffenen über die Maßnahme vorsieht - der Betroffene regelmäßig nicht die Gelegenheit hat, vorherigen Rechtsschutz zu erlangen. In einer derartigen Konstellation gebietet aber die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dass konkret in der Einsatzanordnung der Name des VE aufgeführt wird. Im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes muss der Betroffene wissen, wer von ihm Daten erhoben hat, um das Geschehen nachvollziehen zu können. Denn dies ist Voraussetzung dafür, dass er ggf. ein nachträglich gestelltes Rechtsschutzgesuch begründen kann. Daher muss in der Einsatzanordnung die Identität des eingesetzten VE bezeichnet werden. Insoweit braucht sich der Betroffene nicht darauf verweisen zu lassen, dass die Identität des VE möglicherweise aus anderweitigen Quellen ermittelbar ist. Vielmehr muss dies - auch für eine etwaige spätere gerichtliche Überprüfung - aus der Einsatzanordnung selbst hervorgehen.
66 
2. Der Einsatz des VE erweist sich aber auch als materiell rechtswidrig. Denn der Beklagte hat nicht dargetan, dass die tatbestandlichen Voraussetzung hierfür vorlagen.
67 
Das Gericht kann den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass die Anordnung der Erhebung personenbezogener Daten von einem der in § 22 Abs. 3 PolG genannten Zwecke getragen war.
68 
a. Nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG ist zulässig die Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person, bedeutende Sach- und Vermögenswerte und zwar von einer der in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen. Der Beklagte hat hierzu in Punkt I. 1. der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen festgelegt, dass die Datenerhebung vom Verursacher (§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 PolG) erfolgt.
69 
Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris, m.w.N.).
70 
Nach Maßgabe dessen gehen aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen keine Umstände hervor, welche die Annahme rechtfertigen, dass vom Kläger eine konkrete Gefahr für eines der in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter ausgegangen ist.
71 
aa. In der Begründung der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 selbst - soweit sie lesbar ist - werden keine hinreichenden Fakten genannt, aus denen sich eine solche konkrete Gefahr herleiten ließe. Die pauschale Behauptung des Beklagten, bei dem Kläger handele es sich um eine Führungsperson der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, lässt eine solche Gefahrenprognose nicht zu. Dieser Behauptung stellte der Beklagte auf Seite 4 der Anordnung voraus, dass die Antifaschistische Szene Heidelberg und Rhein-Neckar-Kreis mehrere Gruppierungen umfasse, in erster Linie die Antifaschistische Initiative Heidelberg, die AIKO (Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald); die weiteren aufgelisteten Gruppierungen wurden geschwärzt. Als Ziel dieser Gruppen wurde die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“ genannt und ausgeführt, dass sich bei der linken Szene Heidelberg eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial feststellen lasse.
72 
Indessen gehen aus den weiteren ungeschwärzten Ausführungen keine konkreten Feststellungen zu der behaupteten Gewaltbereitschaft der Antifaschistischen Initiative Heidelberg hervor. Solche sind auch nicht mit der Darstellung des Umstands verbunden, dass der Kläger am „18“.09.2009 (richtig: am 19.09.2009) an einer von xxx angemeldeten Demonstration in Sinsheim teilgenommen habe (Seite 7 der Anordnung). Insoweit stellt der Beklagte darauf ab, dass der der AIKO zugerechnete xxx - in dessen Wohnung bzw. Keller bei einer Hausdurchsuchung am 04.11.2009 sieben Molotow-Cocktails gefunden worden waren - bei dieser Demonstration beinahe die ganze Zeit mit dem Kläger und einer weiteren Heidelberger Aktivistin, xxx, zusammengestanden habe. Diesen Umstand führte der Beklagte als Indiz für die Verzahnung der Anarchistischen Initiative Kraichgau-Odenwald mit der Antifaschistischen Initiative Heidelberg an. Indes lassen sich der Anordnung - soweit lesbar - zu alledem keine konkrete Tatsachenfeststellungen entnehmen, welche darauf hindeuten könnten, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- und Vermögenswerte ausgingen. Allein der Umstand, dass der Kläger während einer Demonstration neben einer Person stand, bei der zu einem späteren Zeitpunkt Molotow-Cocktails gefunden wurden, begründete weder eine hinreichende Grundlage für die Annahme, der Kläger sei in eine gewaltbereite Gruppierung eingebunden noch dafür, dass die Antifaschistische Initiative Heidelberg auf Gewalttätigkeiten hinwirke. Weitere Tatsachenfeststellungen, die eine konkrete Verbundenheit des Klägers mit xxx bzw. der AIKO dokumentieren würden, gehen aus den dem Gericht vom Beklagten überlassenen Unterlagen nicht hervor. Auch sonstige Hinweise darauf, dass der Kläger in der Vergangenheit ein, die Annahme einer Wiederholungsgefahr rechtfertigendes, gewalttätiges oder gewaltveranlassendes Verhalten an den Tag gelegt hätte, hat der Beklagte in der Anordnung nicht genannt. Soweit er die Bewertung vornahm, dass bei der Demonstration am 19.09.2009 eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links erst durch entsprechende Maßnahmen der Polizei habe verhindert werden können, wurde nichts dazu ausgeführt, dass von den linksgerichteten Demonstranten Gewalttätigkeiten gedroht hätten. Vielmehr sind nach den Darlegungen des Beklagten Platzverweise an die Rechten ergangen. Auch soweit der Beklagte in der Anordnung als alljährlich nennenswertes Event der Antifaschistischen Initiative Heidelberg die Veranstaltung der Walpurgisnacht - als „Gegenveranstaltung“ zu den Walpurgisnachtfeiern der Burschenschaften - anführte, wurde nichts zu irgendwelchen Gewalttätigkeiten berichtet. Aus den nachfolgenden Einsatzanordnungen ergibt sich - soweit lesbar - hierzu ebenfalls nichts.
73 
bb. Auch die weiteren, dem Gericht vorliegenden Unterlagen geben für die Annahme nichts her, vom Kläger gehe eine konkrete Gefahr für die in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter aus.
74 
Nachdem - wie oben unter Punkt II. 1 dargelegt - in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen sind, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben, ist fraglich, ob der weitere Akteninhalt herangezogen werden darf, wenn die Anordnung selbst nicht mit einer ausreichenden, die materielle Rechtmäßigkeit belegenden Begründung versehen ist. Dies kann hier aber offen bleiben, da auch der weitere Vortrag des Beklagten die Annahme nicht trägt, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte gegangen ist.
75 
Aus den der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen beigefügten „Personalbögen“ des Klägers lässt sich dies nicht herleiten. Hierin wurde zunächst ein Vorfall vom 21.06.2003 im Rahmen einer Demonstration gegen die Ausstellung „Verbrechen und Wehrmacht“ in Schwäbisch Hall aufgelistet und ausgeführt, dass sich der Kläger seiner Festnahme widersetzt habe, nachdem er aus einer eingeworfenen Schaufensterscheibe eines Geschäfts Gegenstände entwendet hatte. Aus diesem weit zurückliegenden und für sich allein stehenden Vorfall, der nach der Darstellung des Beklagten noch nicht einmal in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen stand, lässt sich indes nicht die Prognose erstellen, vom Kläger gehe eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte aus. Soweit ein Vorfall vom 12.06.2006 beschrieben wurde, bei dem der Kläger in einem Flyer eine Studentin als Angehörige der rechten Szene geoutet haben soll, und weitere Aktionen und Demonstrationen aufgelistet wurden, lassen sich - soweit lesbar - diesen Ausführungen keine Anhaltspunkte für eine Gewaltbereitschaft des Kläger entnehmen.
76 
Eine andere Einschätzung folgt auch nicht aus dem Vortrag des Beklagten im Klageverfahren. Insoweit wurden vom Beklagten mit der Klageerwiderung vom 20.02.2012 (Seite 2 f.) weitere Demonstrationen und Aktionen aufgelistet. Unter anderem wurde eine von der AIKO geplante Demonstration am 24.07.2010 genannt, die verboten wurde und ausgeführt: Auf der homepage der AIKO sei militante Werbung gemacht worden mit dem Slogan: „Lasst uns den Nazis zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen!!! Bildet Banden“, auf dem Flyer sei ein ein Vermummter zu sehen, der eine Zwille abgeschossen habe. Indes wurden keine substantiierten Feststellungen dazu getroffen, dass und auf welche Weise intern eine Verbindung zwischen der AI KO und der Antifaschistischen Initiative Heidelberg bestehen soll. Auch die Ausführungen zu den weiteren aufgelisteten Aktionen tragen nicht die Annahme, dass vom Kläger eine Gefahr für die genannten Rechtsgüter ausginge.
77 
Dies gilt auch, soweit der Beklagte auf einen Internetaufruf der Antifaschistischen Initiative Heidelberg im Zusammenhang mit der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim abstellte, der den Wortlaut hat: „Rechte Strukturen aufdecken und angreifen! Konsequent gegen die polizeiliche Politik des Herunterspielens und Totschweigens! Nazis entgegentreten auf allen Ebenen, mit allen Mitteln“. Abgesehen davon, dass der Wortlaut „mit allen Mitteln“ auslegungsfähig ist und daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, dass damit illegale Mittel gemeint sind, hat die vom Beklagten vorgenommene Interpretation, dass zur Gewaltanwendung aufgerufen worden sei, in der Folgezeit keine Bestätigung erfahren. Konkrete Feststellungen, dass von den linken Demonstranten Gewalt ausgegangen wäre oder gedroht hätte, hat der Beklagte nicht getroffen. Vielmehr lässt sich seinen Ausführungen entnehmen, dass Platzverweise an die Rechten ergangen sind.
78 
Auch hinsichtlich der weiteren vom Beklagten in der Klageerwiderung aufgelisteten Demonstrationen wurde nichts von Gewalttätigkeiten berichtet, geschweige denn, dass Anhaltspunkte dafür genannt wurden, die dafür sprächen, dass der Kläger auf gewalttätige Auseinandersetzungen bzw. bedeutende Sachschäden hinwirken würde.
79 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nichts weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
80 
b. Auch die Voraussetzungen für eine Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG liegen nicht vor. Danach ist die Datenerhebung zulässig zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen, nämlich über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen sowie über Kontakt- und Begleitpersonen dieser Personen.
81 
Hinsichtlich des Zwecks der Datenerhebung legte der Beklagte in Punkt 2 seiner Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und in den Folgeanordnungen die Art der zu bekämpfenden Straftaten fest. Diese Straftaten sollten zum einen sein Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, und zum anderen Vergehen, soweit sie auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden.
82 
Die vom Beklagten hinsichtlich des Klägers getroffenen Feststellungen tragen jedoch weder die Annahme, dass es sich bei diesem um eine Person handelt, bei der tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten der genannten Art begehen wird (aa.), noch die Annahme, dass er Kontakt- oder Begleitperson einer solchen Person ist (bb.).
83 
aa. Aus den Begründungen der Einsatzanordnungen geht hervor, dass der Beklagte den Kläger als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft hat.
84 
Allerdings lassen sich den ungeschwärzten Passagen der vorliegenden Akten keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in der genannten Art straffällig würde.
85 
Tatsächliche Anhaltspunkte liegen dann vor, wenn zumindest bestimmte Indizien gegeben sind, aus denen nach polizeilicher Erfahrung auf das künftig mögliche Vorliegen eines Sachverhalts geschlossen werden kann, dass die Person Straftaten begehen wird. Bloße Vermutungen reichen nicht aus (Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 20 RN 24). Weitergehend wird in der Literatur sogar gefordert, dass Tatsachen vorliegen müssen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig Straftaten begeht (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 8. Aufl. 2015, § 20 RN 45).
86 
Eine nach Maßgabe dessen zumindest zu fordernde Indizienlage lässt sich den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen.
87 
Der Beklagte stützte seine Einsatzanordnung dem Grunde nach auf die Behauptung, Ziel der von ihm genannten linken Gruppierungen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg und der AIKO sei die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“, und stellte insgesamt eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial bei der linken Szene in Heidelberg fest. Der Beklagte nannte allerdings keine greifbaren Anhaltspunkte, die darauf hinweisen würden, dass von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, namentlich vom Kläger als eine deren Führungspersonen eine auf die genannten Straftaten hinausführende Gewaltbereitschaft ausginge. Soweit der Beklagte auf die von ihm aufgelisteten Demonstrationen abstellte, wurde - wie bereits oben ausgeführt - nichts zu einer von den linken Gruppierungen ausgehenden Gewaltbereitschaft oder gar zu ihr zurechenbaren Straftaten ausgeführt. Dies gilt - wie voranstehend ebenfalls erörtert - insbesondere für die immer wieder vom Beklagten angeführte Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim. Den vom Beklagten hierzu gemachten Erläuterungen - soweit sie ungeschwärzt sind - lassen sich konkrete Feststellungen zu einem von den linken Demonstranten ausgehenden Gewaltpotential nicht entnehmen; vielmehr ergingen Platzverweise an die rechten Demonstranten.
88 
Ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger Straftaten begehen wird, stellt auch nicht der Fund von Molotow-Cocktails bei xxx dar. Das Herstellen und der Besitz von Molotow-Cocktails ist zwar eine Straftat nach § 52 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2a WaffG in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4. Indes lassen sich den vorliegenden Akten keinerlei tragfähige Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in irgendeiner Weise in diese Straftat involviert war. Alleine der Umstand, dass der Kläger während der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim mit xxx zusammengestanden hatte, bietet keinen tragfähigen Hinweis darauf, dass der Kläger künftig auf waffenrechtlichem Gebiet straffällig werden könnte.
89 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nicht weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
90 
bb. Die Einsatzanordnung lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass eine Datenerhebung über den Kläger als Kontakt-/ oder Begleitperson (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG) eines potentiellen Straftäters in Betracht käme.
91 
Problematisch ist bereits, ob diese Rechtsgrundlage hier überhaupt bei der materiellen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Einsatzanordnung zugrunde gelegt werden darf. Denn der Kläger wurde - der Begründung der Einsatzanordnung zufolge - als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft. Indes sind - wie oben unter Punkt II. 1 ausgeführt -, um den formellen Anforderungen zu genügen, in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Da nach der Begründung der Einsatzanordnung die Datenerhebung gerade nicht vom Kläger als Kontakt- oder Begleitperson erfolgen sollte, erscheint es daher problematisch, die Einsatzanordnung „umzudeuten“, ohne dass dies zu deren formellen Rechtswidrigkeit führen würde.
92 
Diese Frage kann jedoch offen bleiben, da hinreichende Feststellungen des Beklagten fehlen, welche die Einstufung des Klägers als Kontakt- oder Begleitperson eines potentiellen Straftäters rechtfertigen würden.
93 
Als alleiniger Anknüpfungspunkt käme xxx in Betracht, bei welchem die Molotow-Cocktails gefunden worden sind. Dieser ist aber seinerseits lediglich als Kontaktperson (s. S. 8 der Einsatzanordnung vom 25.02.2010) eingestuft worden.
94 
Das Polizeigesetz definiert nicht, was unter dem Begriff Kontakt- und Begleitperson künftiger Straftäter i. S. d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG zu verstehen ist. Im Unterschied hierzu enthielt § 2 Nr. 11 Nds SOG in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung eine Legaldefinition des Begriffs Kontakt- und Begleitperson (zum Wortlaut s. BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/07 - juris RN 48). Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht im vorgenannten Urteil ihn für nicht hinreichend bestimmt angesehen (BVerfG - aaO - RN 132 ff.). Mit Blick hierauf kann dieses Begriffspaar allenfalls verfassungskonform und damit restriktiv ausgelegt werden. Eine Kontaktperson kann demnach nur eine Person sein, die zu dem künftigen Straftäter persönliche oder geschäftliche Beziehungen unterhält. Flüchtige Beziehungen reichen nicht aus. Eine Begleitperson muss mit dem künftigen Straftäter wiederholt zusammengetroffen oder wenigstens einmal eine Zeit lang zusammen gewesen sein. Die Verbindung muss eine gewisse Intensität aufweisen (Stephan/Deger, aaO, § 20 RN 25).
95 
Nach Maßgabe dessen lässt sich den Feststellungen des Beklagten nichts Hinreichendes dazu entnehmen, dass der Kläger Kontakt- oder Begleitperson von xxx war. Allein der Umstand, dass der Kläger bei einer Demonstration mit xxx zusammengestanden hat, kann nach den obigen Ausführungen nicht ausreichen. Aus den vorliegenden Akten lässt sich nicht entnehmen, dass es darüber hinaus zu einem weitergehenden intensiven Kontakt zwischen dem Kläger und xxx gekommen war. Der Beklagte hat auf die diesbezügliche Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter vorgetragen.
96 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht davon ab, das Urteil insoweit für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer sind nicht erfüllt.
97 
B E S C H L U S S
98 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der in Heidelberg (auch) gegen die Klägerin gerichtete Einsatz des Polizeibeamten ... als Verdeckter Ermittler mit dem Decknamen ... in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen den Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler.
Im Dezember 2010 wurde der Verdeckte Ermittler ... (im Folgenden: VE), der unter dem Decknamen ... mit der Klägerin in Kontakt getreten war, zufällig „enttarnt“. Die Klägerin hat am 08.08.2011 Klage erhoben.
Das Gericht hat die vollständigen, den Einsatz des VE betreffenden Akten angefordert. Das Innenministerium Baden-Württemberg gab unter dem 13.12.2011 eine erste Sperrerklärung ab, da es Teile der Vorgänge als geheimhaltungsbedürftig einstufte. Die zu den Akten gehörenden Schriftstücke wurden deshalb nur in Kopie mit teilweisen Schwärzungen, gar nicht oder in Form von weißen Austauschblättern vorgelegt. Mit Beschluss vom 24.04.2012 legte die Kammer den Antrag der Klägerin auf Entscheidung, ob die Verweigerung der vollständigen Aktenvorlage rechtmäßig ist, dem zuständigen Fachsenat beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vor. Mit Beschluss vom 14.01.2013 - 14 S 929/12 - stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Verweigerung einzelner konkret bezeichneter Aktenseiten rechtswidrig war und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Auf die Beschwerde der Klägerin stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20.02.2014 - 20 F 4.13 - die Rechtswidrigkeit der Verweigerung der Vorlage weiterer, im einzelnen benannter Aktenseiten fest und wies die Beschwerde im Übrigen zurück. Unter dem 19.01.2015 gab das Innenministerium Baden-Württemberg eine erneute Sperrerklärung ab.
In der dem Gericht vom Beklagten übermittelten teilweise geschwärzten Kopie der Anordnung der Polizeidirektion Heidelberg - Kriminalpolizei vom 25.02.2010 wurde - gestützt auf § 22 Abs. 6 PolG - der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers für die Zeit vom 01.03.2010 bis 31.05.2010 verfügt zur:
1. Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Alt 1 PolG
zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person sowie für bedeutende Sach- und Vermögenswerte vom Verursacher
2. Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Alt 2 PolG zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung:
Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie
- sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten
- auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden
10 
zur Erhebung von Daten von in Nr. 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 genannten Personen:
11 
- Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen
- Kontakt- oder Begleitpersonen einer der in Nr. 1 genannten Personen
12 
Als eine der Personen, auf die sich die Datenerhebung bezieht, ist ..., der Kläger im Verfahren 4 K 2107/11, genannt. Der Name der Klägerin selbst wurde weder in den dem Gericht überlassenen Kopien der Einsatzanordnungen noch in den sonstigen Aktenvorgängen genannt. Weitere Anordnungen ergingen unter dem 23.06.2010 für den Zeitraum vom 01.06.2010 bis 31.08.2010, unter dem 26.08.2010 für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 30.11.2010 und unter dem 26.11.2010 für den Zeitraum vom 01.12.2010 bis 28.02.2011. Der Einsatz des VE wurde nach dessen Enttarnung im Dezember 2010 beendet.
13 
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Sie lebe in Heidelberg und sei Studentin an der Universität Heidelberg. An der Universität sei sie aktiv gewesen in der Kritischen Initiative (KI), einer politischen Hochschulgruppe. Sie habe sich, teilweise auch vor Ort auf Demonstrationen, unter anderem bei Protesten gegen Nazi-Aufmärsche und Castor-Transporte engagiert. Mit dem VE sei sie wie folgt in Kontakt gekommen: Sie habe ihn zum ersten Mal bewusst im Juni 2010 auf einer Demonstration in Heidelberg gesehen. Etwa Ende September 2010 habe sie zum ersten Mal mit ihm im Rahmen der KI gesprochen. Das Gespräch sei dabei auch auf ein Strafverfahren gegen sie wegen einer Sprayer-Aktion gekommen. Es sei nun klar, dass diese Information für den VE sicherlich Anlass gewesen sei, sie in die engagierte linke Szene einzuordnen. In der Folgezeit habe sich der Kontakt dann sehr schnell intensiviert und zu einer Freundschaft zwischen ihr und dem VE geführt. Am 12.10.2010 habe das Wintersemester angefangen. Am Wochenende vorher sei der VE bei ihr zu Hause gewesen und sie hätten für die Erstsemester- Veranstaltung gemeinsam am PC einen Flyer gestaltet. Für die Veranstaltung sei eine Seifenblasen-Aktion geplant gewesen, die dann sehr schlecht abgelaufen sei. Danach sei der VE ohne ihr Wissen in ihrer Wohnung gewesen und habe „zur Entschuldigung" einen Apfelkuchen gebacken gehabt. Sie habe festgestellt, dass der VE ein Auto mit dem Kennzeichen „WT“ gefahren habe. Sie stamme selbst aus Waldshut-Tiengen und dies habe sie noch zusätzlich verbunden. Als der VE Anfang November vorgegeben habe, „nach Hause" zu fahren, habe sie ihn gebeten, Sachen von ihren Eltern mitzubringen; dafür habe er die Adresse der Eltern erhalten. Zudem habe man Anfang Dezember geplant, zu Weihnachten gemeinsam nach Hause zu fahren; dazu sei es wegen der vorherigen Enttarnung des VE nicht mehr gekommen.
14 
Sie sei bei der Vorbereitung der Proteste gegen den Castor-Transport im November 2010 aktiv gewesen. Darüber habe sie ausführlich mit dem VE gesprochen, der sich dafür erheblich interessiert habe. Zudem habe sie ihn zu einem Vorbereitungstreffen in einer privaten Wohnung mit genommen. Er habe dabei erfahren, wer sich im Einzelnen an den Protesten beteiligen wollte. Es sei auch ein Artikel zum Castor-Transport in ihrer Wohnung geschrieben worden, woran er mitgearbeitet habe. Später habe es ein Nachbereitungstreffen gegeben, auf dem Erfahrungen ausgetauscht worden seien. Dies habe ebenfalls in einer Privatwohnung in Heidelberg stattgefunden. Sie habe dem VE eine Einladungsmail geschickt. So habe er Zutritt auch zu dieser Wohnung bekommen. Dort habe er dann weitere Informationen bekommen, welche Personen wann und wie gegen den Castor-Transport protestiert hätten. Er habe Zugang zu Räumen im Keller des Physik-Instituts der Universität Heidelberg Zutritt bekommen. Dort hätten sich Gruppen getroffen, darunter nicht nur die Kritische Initiative, sondern auch der SDS und eine Aktionsgruppe, die im bundesweiten „Bildungsstreik" im Jahre 2010 aktiv gewesen sei. Diese Räume seien nicht öffentlich und nicht offen. Der VE habe die Gelegenheit genutzt, dort z.B. Banner für Demonstrationen zu malen und unter diesem Vorwand sich dann mehrfach dort allein aufzuhalten. Nach den Protesten im Wendland habe es eine Aktion in Heidelberg gegeben, einen sogenannten Buy-Nothing-Day. Hier habe er seine Kamera zur Verfügung gestellt, mit der mutmaßlich auch Fotos von einzelnen Aktionskünstlern gemacht worden seien. Insgesamt müsse sie im Nachhinein feststellen, dass der VE bei Aktionen immer ausführlich fotografiert habe. Er habe auch einmal in ihrer Wohnung übernachtet. So habe er Gelegenheit gehabt, Einsicht zu nehmen in private und intime Aufzeichnungen, ebenso in den Postverkehr.
15 
Die angefochtene Verfügung habe sich durch Zeitablauf erledigt, die Klage sei aber als sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Sie - die Klägerin - habe ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung. Es bestehe Wiederholungsgefahr. Sie wolle auch in der Zukunft beispielsweise ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausüben. Dabei wolle sie „staatlich unbeobachtet“ bleiben. Die Verfügung, verdeckte Ermittlungen aufzunehmen bzw. der Einsatz des verdeckten Ermittlers selbst sei rechtswidrig und verletze sie - die Klägerin - in ihren Rechten. Sie greife erheblich in die Grundrechte auf Achtung der Menschenwürde, der Willens- und Handlungsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung, der freien Meinungsäußerung, der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie der Unverletzlichkeit der Wohnung ein.
16 
Die Maßnahme sei offenbar gestützt auf § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG. Es sei nicht erkennbar, dass sie Störer im Sinne des Polizeirechts sein könnte. Ebenso wenig sei erkennbar, dass bei ihr tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass sie künftig Straftaten mit erheblicher Bedeutung begehen könnte oder Kontakt- oder Begleitperson einer Person sein könnte, die solche Straftaten begehen wollte. Der Beklagte habe pauschal angegeben, man habe Zielpersonen der antifaschistischen/anarchistischen Szene in Heidelberg und Kontaktpersonen im Auge gehabt. Als einziger tatsächlicher Anhaltspunkt sei ein Zufallsfund von sieben sogenannten Molotow-Cocktails im Rahmen eines strafprozessualen Vorgangs erwähnt worden, in einem Ort, der etwa 50 km von Heidelberg entfernt liege; diese Begründung sei vorgeschoben. Aus sich heraus erkläre sie nicht den Einsatz eines VE gegen sie. Der VE selbst habe angegeben, er sei eingesetzt gewesen, um politisch linke Gruppen in Heidelberg zu beobachten, letztliches Ziel sei die Antifaschistische Initiative Heidelberg gewesen. Er habe generell über Personen, die er kennengelernt habe, sowohl dem LKA als auch der Abteilung Staatsschutz der Polizeidirektion Heidelberg berichtet und auch „Personenakten“ angelegt.
17 
Ebenso unzulässig seien die weiteren Verlängerungen der Einsatzanordnung. Insbesondere seien hier jeweils ganz offensichtlich keinerlei Erkenntnisse des inzwischen tätigen VE eingeflossen, die über die bisherigen Erkenntnisse der Polizei hinausgingen. Durch die weitere Offenlegung der behördlichen Akten sei jetzt deutlich geworden, dass der VE Flugblätter habe ergreifen und vorlegen können, so einen Text mit Abdruck von Art. 3 des deutschen Grundgesetzes und einer kritischen Betrachtung der deutschen Abschiebepraxis; zum No Border Camp Brüssel 2010 habe ein Ausdruck aus dem Internet gewonnen werden können. Zudem sei festzuhalten, dass der VE nicht erst im Februar 2010, sondern bereits im November 2009 in Heidelberg als künftiger Student unter seinem Decknamen aufgetreten sei; er sei damals - ohne Anordnung und ohne rechtliche Grundlage - schon im Einsatz gewesen. Zudem sei der verdeckte Ermittler nicht in den Grenzen der Einsatzanordnung(en) geblieben. Er habe auch, wie er selbst anlässlich seiner Enttarnung angegeben habe, zu einer Reihe von Personen „Personenakten“ geführt.
18 
Im Übrigen sei § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG in Verbindung mit § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG verfassungswidrig. Das Gesetz ermögliche weitreichende Grundrechtseingriffe gegen Personen, bei denen sogenannte „tatsächliche Anhaltspunkte“ vorlägen, dass „sie künftig Straftaten begehen“, sowie gegen deren „Kontakt-“ und „Begleitpersonen“ und ein großes Umfeld an weiteren Menschen. Die Landesnormen seien bei Übertragung der vom Bundesverfassungsgericht zur Telekommunikationsüberwachung entwickelten Grundsätze zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten verfassungswidrig. Zur Möglichkeit der Gefahrenabwehr habe das Bundesverfassungsgericht bei intensiven Grundrechtseingriffen festgestellt, dass eine konkrete Gefahr für besonders hochwertige Rechtsgüter vorliegen müsse. Die Norm des § 22 Absatz 3 Nr. 2 PolG enthalte keine hinreichenden Einschränkungen.
19 
Die Klägerin beantragt,
20 
festzustellen, dass der in Heidelberg (auch) gegen sie gerichtete Einsatz des Polizeibeamten ... als Verdeckter Ermittler mit dem Decknamen ... in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war.
21 
Der Beklagte beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Zur Begründung trägt er vor: Die Klage sei unzulässig. Der Klägerin fehle die für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Klagebefugnis ( 42 Abs. 2 VwGO). Der Einsatz sei nicht gegen sie gerichtet, sie sei nicht Adressat der Maßnahme gewesen. Auch eine Feststellungsklage ( 43 Abs. 1 VwGO) sei nicht zulässig. Es fehle am Vorliegen eines feststellungsfähigen konkreten öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses, da der Einsatz nicht gegen die Klägerin gerichtet gewesen sei. Selbst wenn man davon ausginge, dass allein aufgrund der tatsächlichen Begegnungen der Klägerin mit dem VE ein feststellungsfähiges konkretes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis gegeben wäre, so wäre die Klage jedenfalls deswegen nicht zulässig, weil bei der Klägerin das notwendige berechtigte Interesse an der begehrten nachträglichen Feststellung fehle. Ein solches Interesse sei nur dann gegeben, wenn Wiederholungsgefahr bestehe oder die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung hätte. Beides sei nicht der Fall.
24 
Selbst wenn man von der Zulässigkeit der Klage ausginge, so wäre sie jedenfalls deshalb unbegründet, weil die Anordnung des Einsatzes Verdeckter Ermittler recht-mäßig gewesen sei. Die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und die jeweiligen Verlängerungen hätten ihre Rechtsgrundlage in § 22 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG. Im Jahr 2009 sei bundesweit und auch in Heidelberg ein weiterer Anstieg der Fallzahlen im Bereich der politisch motivierten Kriminalität festzustellen gewesen, insbesondere im Bereich der linksmotivierten Straftaten. Für den Bereich Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis sei durch die Polizeidirektion Heidelberg der Einsatz Verdeckter Ermittler angeordnet worden; der Einsatz habe sich ausschließlich gegen Personen der linksextremistischen Szene gerichtet, die entsprechenden Gruppierungen nahegestanden hätten bzw. deren Führungspersonal zuzurechnen gewesen wären. Zwei dieser Gruppierungen seien die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) und die Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald (AIKO). Ein Ziel der beiden Gruppen sei die Bekämpfung des Faschismus insbesondere in Heidelberg und Umgebung, da nach Auffassung dieser Gruppen diese Bekämpfung auf staatlicher Seite nicht energisch genug betrieben werde. Im Zuge dieser Bekämpfung werde auch die Konfrontation mit rechten Gruppierungen und einzelnen rechts stehenden Personen gesucht. Ausgangspunkt für die im Raum Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis verstärkt festzustellende Rechts-Links-Konfrontation sei eine erste Auseinandersetzung in Mauer im Juli 2009 gewesen, in deren Folge es zu weiteren Ereignissen gekommen sei, insbesondere zu einer Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim. Bei dem Veranstalter der Demonstration der linken Szene unter dem Thema „Rock gegen Rechts, Keine Nazis in Sinsheim und überall“ habe es sich um ein damaliges Mitglied der AIKO gehandelt. Eine Konfrontation zwischen Mitgliedern der linken und rechten Szene habe dadurch verhindert werden können, dass Personen aus dem rechten Bereich, die offensichtlich die Versammlung hätten stören wollen, durch Polizeibeamte mit Platzverweisen belegt worden seien. Zu dieser Demonstration sei durch die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) ein Internetaufruf in militanter Art und Weise zur Teilnahme an der Demonstration erfolgt: „Rechte Strukturen aufdecken und angreifen! Konsequent gegen die polizeiliche Politik des Herunterspielens und Totschweigens! Nazis entgegentreten auf allen Ebenen, mit allen Mitteln.“ Neben weiteren Anhaltspunkten sei auch dieser Aufruf Beleg zumindest für eine Zusammenarbeit, wenn nicht sogar für eine Verflechtung der beiden Gruppierungen.
25 
Am 04.11.2009 sei im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten der „Anarchistischen Initiative Kraichgau/Odenwald“ (AIKO) in ... durchgeführt worden. Dabei seien u.a. sieben gebrauchsfertige Brandsätze (Molotow-Cocktails) sichergestellt worden. Nach Einlassungen eines damaligen Betroffenen seien diese Brandsätze zur „Verteidigung gegen Faschisten“ hergestellt worden. Mit Bekanntwerden dieser weiteren Fakten habe die Polizeidirektion Heidelberg davon ausgehen müssen, dass es in ihrem Dienstbezirk Personen gebe, die aus politischen Motiven funktionsfähige Brandsätze herstellten und nach eigener Aussage auch bereit seien, diese gegen Dritte einzusetzen. Seit dem Auffinden der Brandsätze habe die PD Heidelberg von einer konkreten, andauernden Gefahrenlage ausgehen müssen, da mit einem erneuten Herstellen solcher Brandsätze jederzeit zu rechnen gewesen sei. Weiter sei nach Auffinden der Brandsätze bei der AIKO die Herstellung der Brandsätze im Kontext zu den oben aufgelisteten Ereignissen zu sehen gewesen. Es habe damit gerechnet werden müssen, dass das Herstellen der zufällig aufgefundenen Molotow-Cocktails von den Verantwortlichen als Vorbereitungshandlung für konkrete, in naher Zukunft geplante und überwiegend gegen Personen des rechten Spektrums gerichtete Straftaten von erheblicher Bedeutung gedacht gewesen sei. Ein weiterer Beleg einer konkret vorhandenen Gewaltbereitschaft sei auch die Ankündigung der AIHD, mit „allen Mitteln“ rechte Strukturen angreifen zu wollen. Darüber hinaus habe es Erkenntnisse gegeben, dass sich eine spätere Zielperson Ende des Jahres 2009 auch überregional/bundesweit an Aktionen beteiligt gehabt habe. Gegen diese Person seien sowohl im südbadischen Bereich als auch in Norddeutschland Strafverfahren eingeleitet worden.
26 
Aufgrund dieser Erkenntnisse sei es zur Anordnung von Verdeckten Ermittlern gekommen. Die Maßnahmen hätten sich gegen namentlich benannte Personen aus dem geschilderten Umfeld gerichtet, der Kläger habe nicht zu den in der Einsatzanordnung genannten Personen gehört. Es sei im Einzelnen festgelegt worden, welche Personen zu beobachten seien. Der Kläger sei nicht unter diesen Personen gewesen. Bei Abwägung zwischen den zu erwartenden Nachteilen für die nur mittelbar Betroffenen und dem angestrebten Zweck der Maßnahme (Abwehr von konkreten Gefahren aus der Sphäre der AIHD und der AIKO) sei der Einsatz Verdeckter Ermittler angemessen gewesen. Bei einem solchen Einsatz sei es unvermeidlich, dass der Verdeckte Ermittler auch mit Personen in Kontakt komme, die sich im Umfeld der zu beobachtenden Personen bzw. Gruppierungen aufhielten. Es liege auf der Hand, dass der Verdeckte Ermittler in einem solchen Fall seine wahre Identität nicht preisgeben und diese Kontaktperson über seinen Auftrag informieren könne. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz den hier in Frage stehenden Einsatz eines Verdeckten Ermittlers in Heidelberg überprüft habe. In seinem 30. Tätigkeitsbericht, der am 12.12.2011 veröffentlicht worden sei, führe er unter Ziffer 2.7 (S. 108 ff., 111) u.a. aus:
27 
„Einzelheiten des Falles kann ich wegen der von Seiten des Landeskriminalamts verfügten Geheimhaltung an dieser Stelle nicht ausbreiten, eines lässt sich nach einer Kontrolle der in diesem Fall angelegten Akten festhalten: Die Mängel, die in den 90er Jahren festgestellt wurden, waren nunmehr aufgrund der generellen Regelungen des Innenministeriums einerseits und durch eindeutige Anordnungen im konkreten Fall andererseits behoben. Jedenfalls ergab sich aus den Akten, dass es nicht um das Ausspähen einer bestimmten politischen Szene - wie in der Öffentlichkeit vermutet - ging. Das wäre auch eher eine Aufgabe des Landesamts für Verfassungsschutz gewesen. Vielmehr sollten Daten bestimmter Personen in ihren gesetzlich präzisierten Rollen erhoben werden. Jedoch kann die Befugnis des Verdeckten Ermittlers, mit einer anderen Identität als seiner eigenen in dem Umfeld der betroffenen Personen zu agieren, den Eindruck nicht vermeiden, dass auch dieses Umfeld ausgekundschaftet werden soll. Dass ein Verdeckter Ermittler aufgrund der Einsatz form zwangsläufig eine Vielzahl Kontakte zu anderen Personen hat, wurde in den gesetzlichen Voraussetzungen durch die Formulierung in § 22 Absatz 4 PolG berücksichtigt. Es ist verständlich, dass ein Verdeckter Ermittler alles vermeiden sollte, was zu einer Enttarnung führen könnte. Allerdings ist das Verbot der Begehung von Straftaten, das bei dem Einsatz stets beachtet werden muss, auch in der erwähnten Verwaltungsvorschrift ausdrücklich festgehalten.
28 
Soweit sich dies anhand der Akten beurteilen ließ, dürften die gesetzlichen Voraussetzungen sowohl hinsichtlich der Personen als auch hinsichtlich der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erfüllt gewesen sein. Daher konnte ich gegen diese Maßnahme keine durchgreifenden datenschutzrechtlichen Bedenken geltend machen. Dabei kann es nicht darauf ankommen, dass Straftaten tatsächlich verhindert wurden, das würde bei einem gescheiterten Einsatz wie hier sonst automatisch zur Rechtswidrigkeit des Einsatzes führen.“
29 
Hierauf erwidert die Klägerin:
30 
Der VE selbst habe, anlässlich seiner Enttarnung zur Rede gestellt, gegenüber Betroffenen angegeben: „Ich habe Datensätze angelegt“. Hierbei habe er mindestens auch den Kläger im den Parallelverfahren ... sowie sie selbst namentlich genannt. Zudem habe er insoweit auch alle Mitglieder der Kritischen Initiative einbezogen, also auch die Klägerin. Die Klägerin des weiteren Parallelverfahrens ... zudem vom Landeskriminalamt darüber unterrichtet worden, dass sie Betroffene des Einsatzes des VE gewesen sei. Ihre Daten seien durch diesen im Rahmen einer nicht angemeldeten Versammlung erhoben worden. Hieraus werde deutlich, dass nicht nur die möglicherweise allein in der Einsatzanordnung genannte(n) Zielperson(en) Ziel des Einsatzes gewesen seien, sondern (spätestens) im Laufe des Einsatzes weitere Personen zu Zielpersonen geworden seien, jedenfalls aber von ihnen Daten durch den Verdeckten Ermittler erhoben worden seien. Dieser habe beispielsweise zudem von ahnungslosen Betroffenen Mailadressen bekommen und diese auch genutzt. Er habe den Mailverteiler der Kritischen Initiative erlangt, darin seien Mailadressen weiterer Kläger enthalten. Es sei klar, dass er diese Daten auf seinem Laptop oder PC gespeichert habe. Auch damit habe bereits eine unzulässige polizeiliche Datenerhebung und -speicherung stattgefunden. Der VE sei auch in dem Protestcamp in Brüssel eingesetzt worden. Dieser Vorgang habe vom Thema her und auch sonst mit der nun vom Beklagten vorgetragenen angeblichen eskalierenden Rechts/Links-Konfrontation im Rhein-Neckar-Kreis und antifaschistischen Aktionen der AIKO und der AIHD, die den Einsatz veranlasst haben sollen, überhaupt nichts zu tun. Zweifelhaft sei auch, ob sich überhaupt eine Ziel- oder Kontaktperson in Brüssel aufgehalten habe. Mindestens an diesem Vorgang werde deutlich, dass weit mehr Menschen zu Ziel- oder Kontaktpersonen geworden seien, als der Beklagte zugestehe.
31 
Die Kammer hat der Klage des Herrn ... (Kläger im Verfahren 4 K 2107/11) mit Urteil vom heutigen Tage stattgegeben und festgestellt, dass der in Heidelberg gegen ihn gerichtete Einsatz des Polizeibeamten ... als verdeckter Ermittler mit dem Decknamen ... in der Zeit von - mindestens - April 2010 bis zum 12.12.2010 rechtswidrig war. Neben der Klägerin und Herrn ... haben fünf weitere Personen Klagen (4 K 2108/11 und 4 K 2109 bis 4 K 2113/11) erhoben, über die ebenfalls mit Urteilen vom heutigen Tag entschieden worden ist.
32 
Dem Gericht liegen die Akten 4 K 2107 bis 4 K 2113/11 vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, die vom Beklagten übersandten Kopien der Aktenvorgänge sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
33 
Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und zulässig.
34 
Zwischen den Beteiligten bestand ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis werden rechtliche Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Die streitige Beziehung muss sich weiter durch ein dem öffentlichen Recht zuzurechnendes Verhalten zu einer konkreten Rechtsbeziehung verdichtet haben. Dies setzt voraus, dass die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist.
35 
Streitig ist hier, ob ein vom Beklagten eingesetzter Verdeckter Ermittler über die Klägerin (in unzulässiger Weise) Daten erhoben hat. Ausgehend hiervon begründet die Frage, ob die behauptete Datenerhebung von einer Rechtsgrundlage gedeckt (hier konkret: durch § 22 PolG) war, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
36 
Zwar wurde die Klägerin - den dem Gericht vorgelegten Kopien der Einsatzanordnungen zufolge - nicht als eine der Personen (als Ziel bzw. Kontakt-/Begleitperson) genannt, gegen die sich der Einsatz des VE richten sollte. Hierzu trägt der Beklagte vor, die Anordnung von Verdeckten Ermittlern habe sich gegen namentlich benannte Personen gerichtet, die Klägerin habe nicht hierzu gehört. Allerdings hat die Klägerin - was vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wurde - vorgetragen, dass sie nicht nur gelegentlichen, sondern intensiven Kontakt mit dem VE gehabt habe, der sich sowohl auf politische Aktivitäten im Rahmen der KI als auch auf den privaten Bereich erstreckt habe; einmal habe der VE auch bei ihr übernachtet. Mit Blick darauf, dass in einer solchen Konstellation dem VE zwangsläufig Daten über die Klägerin bekannt geworden sein müssen, liegt die konkrete rechtliche Beziehung in der Abklärung, ob der VE eine Tätigkeit entfaltet hat, für deren rechtliche Zulässigkeit es - wie nachstehend unter Punkt II. 2 ausgeführt - einer entsprechenden Ermächtigung gem. den Vorschriften des § 22 PolG bedurft hätte und - wenn ja - ob der Einsatz sich in dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen gehalten hat.
37 
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass sich das Rechtsverhältnis bereits vor Klageerhebung infolge der Beendigung des Einsatzes des VE erledigt und deswegen in ein vergangenes Rechtsverhältnis gewandelt hatte. Da § 43 Abs. 1 VwGO in zeitlicher Hinsicht keine Einschränkungen enthält, ist anerkannt, dass auch vergangene Rechtsverhältnisse feststellungsfähig sind. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit sie durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist.
38 
Da in Bezug auf die Klägerin keine Einsatzanordnung vorliegt und im Übrigen einer solchen auf Grund der Innerdienstlichkeit auch kein Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG zukommt, scheidet eine wegen vorprozessualer Erledigung sogenannte "nachgezogene" Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
39 
Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem von der Klägerin geltend gemachten tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris). Die Klägerin macht geltend, dass sie hier nicht als beliebige Dritte betroffen war, sondern dass sie final in die Datenerhebung durch den VE einbezogen wurde.
40 
Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihr für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich die Klägerin schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - juris).
II.
41 
Die Klage ist auch begründet.
42 
Das Gericht ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung gelangt, dass der VE auch über die Klägerin Daten erhoben und weitergegeben hat (1.), ohne dass dafür eine Rechtsgrundlage bestand (2.). Der Einsatz des VE gegenüber die Klägerin war daher rechtswidrig.
43 
1. Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Behauptung der Klägerin, der VE habe über sie persönliche Daten erhoben und an das LKA weitergegeben, zutrifft.
44 
Dass der VE sowohl über sie als auch über die Kläger in den Parallelverfahren 4 K 2107/11 und 4 K 2109/11 bis 4 K 2113/11 persönliche Daten erhoben und an das LKA weitergegeben hat, geht eindrücklich aus den Angaben des Klägers im Verfahren 4 K 2113/11 hervor, die dieser bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung gemacht hat. Dieser hat berichtet: Er sei beim Enttarnungsgespräch im Café ... dabei gewesen. Sie seien an einem Tisch gesessen und als die Getränke gekommen seien, hätten sie den VE angesprochen, sie hätten ja gewusst, dass er Verdeckter Ermittler sei. Sie hätten ihn gefragt, was er von ihnen weitergegeben habe und er habe alle ihre Fragen mit „ja“ beantwortet. Er habe gesagt, dass er von seinen persönlichen Verbindungen und Netzwerken, auch politischer Art, „an das LKA weiterberichtet hat“.
45 
Die Kammer hält diese Angaben nach dem persönlichen Eindruck, den sie sich in der mündlichen Verhandlung über den Kläger im Verfahren 4 K 2113/11 verschafft hat, für glaubhaft. Dieser trat sehr zurückhaltend auf und berichtete, ohne zu taktieren. Dafür, dass das Gespräch sich so zugetragen hat, wie geschildert, spricht, dass er zunächst die Angaben des VE zu seinem Einsatz gar nicht in den Vordergrund gestellt, sondern über atmosphärische Gegebenheiten des Gesprächs berichtet hat. Er hat nämlich vorangestellt, dass es zunächst erst ruhig geworden sei und der VE erst über seine eigene persönliche Befindlichkeit gesprochen habe; der VE habe gesagt, dass ihm die persönlichen Kontakte sehr wichtig gewesen seien, er wisse nicht, wie er nach dem Einsatz weitermachen solle und stehe vor einer Wand. Diese Angaben decken sich mit den Angaben der Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung ebenfalls informatorisch angehört worden ist.
46 
Anlass, am Wahrheitsgehalt dieser Darstellung zu zweifeln, besteht für die Kammer nicht. Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung inhaltlich auch nicht Stellung genommen oder gar einen anderweitigen Ablauf des geschilderten Gesprächs mit dem VE anlässlich seiner Enttarnung dargelegt.
47 
2. Sind demnach vom VE Daten über die Klägerin erhoben und weitergeleitet worden, gilt Folgendes: Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Eingriff in das sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebende Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein solcher Eingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Der Gesetzgeber hat den Verwendungszweck der Daten bereichsspezifisch und präzise zu bestimmen. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 07.08.2015 – 1 S 1239/15 – Rn. 49, juris). Deren Zulässigkeit richtet sich hier, da es um die Datenerhebung des Landes geht, nach dem Landesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg - LDSG - (§ 2 Abs. 1 LDSG). Nach § 4 Abs. 1 LDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder soweit der Betroffene eingewilligt hat. Verarbeiten ist das Erheben, Speichern, Verändern, Übermitteln, Nutzen, Sperren und Löschen personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 2 LDSG).
48 
Da eine Einwilligung der Klägerin ersichtlich nicht vorliegt, kommt hier als einzig mögliche Rechtsgrundlage § 22 PolG in Betracht, und zwar - da bei der Prüfung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen ist - in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390).
49 
a. Gem. § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten von dem nachfolgend genannten Personenkreis u.a. durch den Einsatz Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Daten können über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen erhoben werden, wenn der Einsatz zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) erfolgt. Von den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen können Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erhoben werden (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG). In § 20 Abs. 5 PolG sind Straftaten mit erheblicher Bedeutung definiert: Dabei handelt es sich zum einen um Verbrechen (§ 20 Abs. 5 Nr. 1 PolG), zum anderen um Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören (§ 20 Abs. 5 Nr. 2 PolG), soweit sie a) sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, b) auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden, c) gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen werden.
50 
Das Gericht vermag nicht davon auszugehen, dass die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen auch die Datenerhebung über die Klägerin erfasste. Dies wurde vom Beklagten auch nicht behauptet. Aus den vom Beklagten vorgelegten Kopien der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen lässt sich lediglich entnehmen, dass Daten über ... und drei weitere Personen als Ziel- bzw. als Kontakt-/Begleitpersonen erhoben werden sollten. Der Name der Klägerin ist - was der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigte - darin nicht genannt.
51 
b. Die Datenerhebung über die Klägerin lässt sich auch nicht auf § 22 Abs. 4 PolG stützen. Danach dürfen Daten auch dann nach Absatz 2 oder 3 erhoben werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
52 
Wann eine Unvermeidbarkeit vorliegt, wurde - soweit ersichtlich - bislang in der Rechtsprechung wie in der Literatur nicht geklärt. Eine Unvermeidbarkeit wird allenfalls dann anzunehmen sein, wenn sich im Zuge konkreter Ermittlungen gegen die polizeiliche Zielperson die Kontaktaufnahme mit dem Dritten nicht vermeiden lässt. Allein der Zweck, die eigene Legende abzusichern, wird die Datenerhebung gegenüber einem Dritten wohl nicht zulassen (vgl. Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 22 RN 24).
53 
Jedenfalls ist aber Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Datenerhebung über Dritte, dass die Datenerhebung über eine Ziel- bzw. Kontakt-/Begleitperson rechtmäßig angeordnet worden ist.
54 
Eine solche Anordnung liegt hier nicht vor. Anknüpfungspunkte für die über die Klägerin erfolgte Datenerhebung können allenfalls die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen gewesen sein, in welchen u.a. ... als Zielperson genannt ist.
55 
Diese Anordnungen sind jedoch formell und materiell rechtswidrig gewesen, sodass es auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die mit § 22 Abs. 3, Nr. 2, Abs. 5, § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz eines VE verfassungswidrig ist, nicht ankommt (offen gelassen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; vgl. zu der inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffende Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG: BVerfG Urt. v. 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - juris).
56 
Hierzu hat das Verwaltungsgericht in seinem, der Klage von ... stattgebenden Urteil Folgendes ausgeführt:
57 
„1. Personen, die sich - wie hier der Kläger - der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten (zur Definition vgl. § 48 PolG i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG) - erhoben. Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt". Ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, sind daher von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG) beschränkt. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Um die Anordnung - sowohl für die „vor Ort“ handelnden Beamten wie auch für das später ggf. angerufene Gericht - nachvollziehbar zu machen, bedarf die Anordnung grundsätzlich der Schriftform. Außerdem hat sie das „besondere Mittel“ zu bezeichnen und die Zielperson zu benennen oder zumindest zu umschreiben. In einer Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Außerdem wird eine Frist für die Dauer des Einsatzes zu bestimmen sein.
58 
Eine fehlerhafte oder zu unbestimmte Einsatzanordnung führt zu ihrer Rechtswidrigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit des Einsatzes insgesamt, selbst wenn der Einsatz materiell-rechtlich gerechtfertigt war (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 8. Aufl. 2015, § 22 RN 52; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
59 
a. Zwar wurde in den vorliegenden Einsatzanordnungen der sog. „Behördenleitervorbehalt“ gewahrt. Die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen wurden durch den Leiter der damaligen Polizeidirektion Heidelberg als sachbearbeitende Dienststelle erlassen. Damit wurde dem Erfordernis, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) einer Anordnung durch einen der in § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG genannten Behördenleiter - worunter u.a. der Leiter einer Polizeidirektion zählt - bedarf, Genüge getan.
60 
b. Allerdings fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit hinsichtlich des eingesetzten Mittels.
61 
Als besonderes Mittel der Datenerhebung wird in § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG der Einsatz von Polizeibeamten unter Geheimhaltung ihrer wahren Identität (Verdeckter Ermittler) genannt.
62 
Die dem Gericht vorliegenden Kopien der Einsatzanordnungen lassen allerdings offen, wie viele Verdeckte Ermittler tätig, ob die Ermittlungen von - wie vom Gesetz vorgeschrieben - Polizeibeamten durchgeführt werden sollten und wer konkret als Verdeckter Ermittler eingesetzt war.
63 
Aus der Überschrift der Anordnung vom 25.02.2010: „Anordnung eines VE-Einsatzes nach dem Polizeigesetz“ ergibt sich hierzu nichts. Desgleichen gilt für die sich daran anschließenden geschwärzten Passagen. In der Tenorierung wird lediglich ausgeführt: „I. Der Einsatz des/der VE erfolgt zur 1. Datenerhebung ...“. Auch in den nicht geschwärzten Passagen unter der Überschrift:
64 
„II. Zu Gründen, Ziel, Geeignetheit... der Datenerhebung durch den VE-Einsatz, Anzahl vorgesehener VE sowie zu den Personen (Adressaten der Maßnahme), über die Daten erhoben werden sollen, ist folgendes festzuhalten:“
65 
ist weder etwas dazu enthalten, ob der/die VE Polizeibeamte sind, noch etwas zu deren Anzahl, noch ist die Identität des/der VE bestimmt worden. Gleiches gilt für die Verlängerungen der Einsatzanordnung. Hierzu hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der Name des VE nicht in der Einsatzanordnung aufgeführt worden sei.
66 
Deshalb lassen sich - ohne dass die Kopien der streitgegenständlichen Einsatzanordnungen selbst etwas dazu hergäben - erst nachträglich nach der „Enttarnung“ von ... im Dezember 2010 Rückschlüsse darauf ziehen, dass dieser als VE tätig geworden ist. Der Umstand, dass der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage unter dem 21.08.2015 bescheinigt hat, dass ... vom 01.09.2009 bis einschließlich 31.03.2014 als Polizeivollzugsbeamter beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg verwendet wurde und der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass Herr ... als alleiniger VE tätig gewesen sei, ersetzt nicht das formale Erfordernis, dass das besondere Mittel der Datenerhebung i.S.d. § 22 Abs. 1 PolG in der Anordnung selbst hinreichend bezeichnet sein muss.
67 
Allein die in der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen aufgenommene abstrakte Bezeichnung des Mittels „Verdeckter Ermittler“ ist für eine hinreichende Bestimmung des besonderen Mittels i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG nicht ausreichend. Dies folgt daraus, dass durch den Einsatz eines VE schwerwiegend in die bereits genannten Grundrechte eingegriffen wird und daraus, dass - da § 22 Abs. 8 PolG erst die nachträgliche Unterrichtung des Betroffenen über die Maßnahme vorsieht - der Betroffene regelmäßig nicht die Gelegenheit hat, vorherigen Rechtsschutz zu erlangen. In einer derartigen Konstellation gebietet aber die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dass konkret in der Einsatzanordnung der Name des VE aufgeführt wird. Im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes muss der Betroffene wissen, wer von ihm Daten erhoben hat, um das Geschehen nachvollziehen zu können. Denn dies ist Voraussetzung dafür, dass er ggf. ein nachträglich gestelltes Rechtsschutzgesuch begründen kann. Daher muss in der Einsatzanordnung die Identität des eingesetzten VE bezeichnet werden. Insoweit braucht sich der Betroffene nicht darauf verweisen zu lassen, dass die Identität des VE möglicherweise aus anderweitigen Quellen ermittelbar ist. Vielmehr muss dies - auch für eine etwaige spätere gerichtliche Überprüfung - aus der Einsatzanordnung selbst hervorgehen.
68 
2. Der Einsatz des VE erweist sich aber auch als materiell rechtswidrig. Denn der Beklagte hat nicht dargetan, dass die tatbestandlichen Voraussetzung hierfür vorlagen.
69 
Das Gericht kann den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass die Anordnung der Erhebung personenbezogener Daten von einem der in § 22 Abs. 3 PolG genannten Zwecke getragen war.
70 
a. Nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG ist zulässig die Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person, bedeutende Sach- und Vermögenswerte und zwar von einer der in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen. Der Beklagte hat hierzu in Punkt I. 1. der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen festgelegt, dass die Datenerhebung vom Verursacher (§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 PolG) erfolgt.
71 
Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris, m.w.N.).
72 
Nach Maßgabe dessen gehen aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen keine Umstände hervor, welche die Annahme rechtfertigen, dass vom Kläger eine konkrete Gefahr für eines der in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter ausgegangen ist.
73 
aa. In der Begründung der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 selbst - soweit sie lesbar ist - werden keine hinreichenden Fakten genannt, aus denen sich eine solche konkrete Gefahr herleiten ließe. Die pauschale Behauptung des Beklagten, bei dem Kläger handele es sich um eine Führungsperson der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, lässt eine solche Gefahrenprognose nicht zu Dieser Behauptung stellte der Beklagte auf Seite 4 der Anordnung voraus, dass die Antifaschistische Szene Heidelberg und Rhein-Neckar-Kreis mehrere Gruppierungen umfasse, in erster Linie die Antifaschistische Initiative Heidelberg, die AIKO (Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald); die weiteren aufgelisteten Gruppierungen wurden geschwärzt. Als Ziel dieser Gruppen wurde die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“ genannt und ausgeführt, dass sich bei der linken Szene Heidelberg eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial feststellen lasse.
74 
Indessen gehen aus den weiteren ungeschwärzten Ausführungen keine konkreten Feststellungen zu der behaupteten Gewaltbereitschaft der Antifaschistischen Initiative Heidelberg hervor. Solche sind auch nicht mit der Darstellung des Umstands verbunden, dass der Kläger am „18“.09.2009 (richtig: am 19.09.2009) an einer von ... angemeldeten Demonstration in Sinsheim teilgenommen habe (Seite 7 der Anordnung). Insoweit stellt der Beklagte darauf ab, dass der der AIKO zugerechnete ... - in dessen Wohnung bzw. Keller bei einer Hausdurchsuchung am 04.11.2009 sieben Molotow-Cocktails gefunden worden waren - bei dieser Demonstration beinahe die ganze Zeit mit dem Kläger und einer weiteren Heidelberger Aktivistin, ..., zusammengestanden habe. Diesen Umstand führte der Beklagte als Indiz für die Verzahnung der Anarchistischen Initiative Kraichgau-Odenwald mit der Antifaschistischen Initiative Heidelberg an. Indes lassen sich der Anordnung - soweit lesbar - zu alledem keine konkrete Tatsachenfeststellungen entnehmen, welche darauf hindeuten könnten, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- und Vermögenswerte ausgingen. Allein der Umstand, dass der Kläger während einer Demonstration neben einer Person stand, bei der zu einem späteren Zeitpunkt Molotow-Cocktails gefunden wurden, begründete weder eine hinreichende Grundlage für die Annahme, der Kläger sei in eine gewaltbereite Gruppierung eingebunden noch dafür, dass die Antifaschistische Initiative Heidelberg auf Gewalttätigkeiten hinwirke. Weitere Tatsachenfeststellungen, die eine konkrete Verbundenheit des Klägers mit ... bzw. der AIKO dokumentieren würden, gehen aus den dem Gericht vom Beklagten überlassenen Unterlagen nicht hervor. Auch sonstige Hinweise darauf, dass der Kläger in der Vergangenheit ein, die Annahme einer Wiederholungsgefahr rechtfertigendes, gewalttätiges oder gewaltveranlassendes Verhalten an den Tag gelegt hätte, hat der Beklagte in der Anordnung nicht genannt. Soweit er die Bewertung vornahm, dass bei der Demonstration am 19.09.2009 eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links erst durch entsprechende Maßnahmen der Polizei habe verhindert werden können, wurde nichts dazu ausgeführt, dass von den linksgerichteten Demonstranten Gewalttätigkeiten gedroht hätten. Vielmehr sind nach den Darlegungen des Beklagten Platzverweise an die Rechten ergangen. Auch soweit der Beklagte in der Anordnung als alljährlich nennenswertes Event der Antifaschistischen Initiative Heidelberg die Veranstaltung der Walpurgisnacht - als „Gegenveranstaltung“ zu den Walpurgisnachtfeiern der Burschenschaften - anführte, wurde nichts zu irgendwelchen Gewalttätigkeiten berichtet. Aus den nachfolgenden Einsatzanordnungen ergibt sich - soweit lesbar - hierzu ebenfalls nichts.
75 
bb. Auch die weiteren, dem Gericht vorliegenden Unterlagen geben für die Annahme nichts her, vom Kläger gehe eine konkrete Gefahr für die in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter aus.
76 
Nachdem - wie oben unter Punkt II. 1 dargelegt - in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen sind, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben, ist fraglich, ob der weitere Akteninhalt herangezogen werden darf, wenn die Anordnung selbst nicht mit einer ausreichenden, die materielle Rechtmäßigkeit belegenden Begründung versehen ist. Dies kann hier aber offen bleiben, da auch der weitere Vortrag des Beklagten die Annahme nicht trägt, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte gegangen ist.
77 
Aus den der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen beigefügten „Personalbögen“ des Klägers lässt sich dies nicht herleiten. Hierin wurde zunächst ein Vorfall vom 21.06.2003 im Rahmen einer Demonstration gegen die Ausstellung „Verbrechen und Wehrmacht“ in Schwäbisch Hall aufgelistet und ausgeführt, dass sich der Kläger seiner Festnahme widersetzt habe, nachdem er aus einer eingeworfenen Schaufensterscheibe eines Geschäfts Gegenstände entwendet hatte. Aus diesem weit zurückliegenden und für sich allein stehenden Vorfall, der nach der Darstellung des Beklagten noch nicht einmal in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen stand, lässt sich indes nicht die Prognose erstellen, vom Kläger gehe eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte aus. Soweit ein Vorfall vom 12.06.2006 beschrieben wurde, bei dem der Kläger in einem Flyer eine Studentin als Angehörige der rechten Szene geoutet haben soll, und weitere Aktionen und Demonstrationen aufgelistet wurden, lassen sich - soweit lesbar - diesen Ausführungen keine Anhaltspunkte für eine Gewaltbereitschaft des Kläger entnehmen.
78 
Eine andere Einschätzung folgt auch nicht aus dem Vortrag des Beklagten im Klageverfahren. Insoweit wurden vom Beklagten mit der Klageerwiderung vom 20.02.2012 (Seite 2 f.) weitere Demonstrationen und Aktionen aufgelistet. Unter anderem wurde eine von der AIKO geplante Demonstration am 24.07.2010 genannt, die verboten wurde und ausgeführt: Auf der homepage der AIKO sei militante Werbung gemacht worden mit dem Slogan: „Lasst uns den Nazis zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen!!! Bildet Banden“, auf dem Flyer sei ein ein Vermummter zu sehen, der eine Zwille abgeschossen habe. Indes wurden keine substantiierten Feststellungen dazu getroffen, dass und auf welche Weise intern eine Verbindung zwischen der AIKO und der Antifaschistischen Initiative Heidelberg bestehen soll. Auch die Ausführungen zu den weiteren aufgelisteten Aktionen tragen nicht die Annahme, dass vom Kläger eine Gefahr für die genannten Rechtsgüter ausginge.
79 
Dies gilt auch, soweit der Beklagte auf einen Internetaufruf der Antifaschistischen Initiative Heidelberg im Zusammenhang mit der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim abstellte, der den Wortlaut hat: „Rechte Strukturen aufdecken und angreifen! Konsequent gegen die polizeiliche Politik des Herunterspielens und Totschweigens! Nazis entgegentreten auf allen Ebenen, mit allen Mitteln“. Abgesehen davon, dass der Wortlaut „mit allen Mitteln“ auslegungsfähig ist und daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, dass damit illegale Mittel gemeint sind, hat die vom Beklagten vorgenommene Interpretation, dass zur Gewaltanwendung aufgerufen worden sei, in der Folgezeit keine Bestätigung erfahren. Konkrete Feststellungen, dass von den linken Demonstranten Gewalt ausgegangen wäre oder gedroht hätte, hat der Beklagte nicht getroffen. Vielmehr lässt sich seinen Ausführungen entnehmen, dass Platzverweise an die Rechten ergangen sind.
80 
Auch hinsichtlich der weiteren vom Beklagten in der Klageerwiderung aufgelisteten Demonstrationen wurde nichts von Gewalttätigkeiten berichtet, geschweige denn, dass Anhaltspunkte dafür genannt wurden, die dafür sprächen, dass der Kläger auf gewalttätige Auseinandersetzungen bzw. bedeutende Sachschäden hinwirken würde.
81 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nichts weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
82 
b. Auch die Voraussetzungen für eine Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG liegen nicht vor. Danach ist die Datenerhebung zulässig zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen, nämlich über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen sowie über Kontakt- und Begleitpersonen dieser Personen.
83 
Hinsichtlich des Zwecks der Datenerhebung legte der Beklagte in Punkt 2 seiner Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und in den Folgeanordnungen die Art der zu bekämpfenden Straftaten fest. Diese Straftaten sollten zum einen sein Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, und zum anderen Vergehen, soweit sie auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden.
84 
Die vom Beklagten hinsichtlich des Klägers getroffenen Feststellungen tragen jedoch weder die Annahme, dass es sich bei diesem um eine Person handelt, bei der tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten der genannten Art begehen wird (aa.), noch die Annahme, dass er Kontakt- oder Begleitperson einer solchen Person ist (bb.).
85 
aa. Aus den Begründungen der Einsatzanordnungen geht hervor, dass der Beklagte den Kläger als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft hat.
86 
Allerdings lassen sich den ungeschwärzten Passagen der vorliegenden Akten keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in der genannten Art straffällig würde.
87 
Tatsächliche Anhaltspunkte liegen dann vor, wenn zumindest bestimmte Indizien gegeben sind, aus denen nach polizeilicher Erfahrung auf das künftig mögliche Vorliegen eines Sachverhalts geschlossen werden kann, dass die Person Straftaten begehen wird. Bloße Vermutungen reichen nicht aus (Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 20 RN 24). Weitergehend wird in der Literatur sogar gefordert, dass Tatsachen vorliegen müssen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig Straftaten begeht (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 8. Aufl. 2015, § 20 RN 45).
88 
Eine nach Maßgabe dessen zumindest zu fordernde Indizienlage lässt sich den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen.
89 
Der Beklagte stützte seine Einsatzanordnung dem Grunde nach auf die Behauptung, Ziel der von ihm genannten linken Gruppierungen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg und der AIKO sei die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“, und stellte insgesamt eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial bei der linken Szene in Heidelberg fest. Der Beklagte nannte allerdings keine greifbaren Anhaltspunkte, die darauf hinweisen würden, dass von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, namentlich vom Kläger als eine deren Führungspersonen eine auf die genannten Straftaten hinausführende Gewaltbereitschaft ausginge. Soweit der Beklagte auf die von ihm aufgelisteten Demonstrationen abstellte, wurde - wie bereits oben ausgeführt - nichts zu einer von den linken Gruppierungen ausgehenden Gewaltbereitschaft oder gar zu ihr zurechenbaren Straftaten ausgeführt. Dies gilt - wie voranstehend ebenfalls erörtert - insbesondere für die immer wieder vom Beklagten angeführte Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim. Den vom Beklagten hierzu gemachten Erläuterungen - soweit sie ungeschwärzt sind - lassen sich konkrete Feststellungen zu einem von den linken Demonstranten ausgehenden Gewaltpotential nicht entnehmen; vielmehr ergingen Platzverweise an die rechten Demonstranten.
90 
Ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger Straftaten begehen wird, stellt auch nicht der Fund von Molotow-Cocktails bei ... dar. Das Herstellen und der Besitz von Molotow-Cocktails ist zwar eine Straftat nach § 52 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2a WaffG in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4. Indes lassen sich den vorliegenden Akten keinerlei tragfähige Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in irgendeiner Weise in diese Straftat involviert war. Alleine der Umstand, dass der Kläger während der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim mit ... zusammengestanden hatte, bietet keinen tragfähigen Hinweis darauf, dass der Kläger künftig auf waffenrechtlichem Gebiet straffällig werden könnte.
91 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nicht weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
92 
bb. Die Einsatzanordnung lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass eine Datenerhebung über den Kläger als Kontakt-/ oder Begleitperson (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG) eines potentiellen Straftäters in Betracht käme.
93 
Problematisch ist bereits, ob diese Rechtsgrundlage hier überhaupt bei der materiellen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Einsatzanordnung zugrunde gelegt werden darf. Denn der Kläger wurde - der Begründung der Einsatzanordnung zufolge - als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft. Indes sind - wie oben unter Punkt II. 1 ausgeführt -, um den formellen Anforderungen zu genügen, in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Da nach der Begründung der Einsatzanordnung die Datenerhebung gerade nicht vom Kläger als Kontakt- oder Begleitperson erfolgen sollte, erscheint es daher problematisch, die Einsatzanordnung „umzudeuten“, ohne dass dies zu deren formellen Rechtswidrigkeit führen würde.
94 
Diese Frage kann jedoch offen bleiben, da hinreichende Feststellungen des Beklagten fehlen, welche die Einstufung des Klägers als Kontakt- oder Begleitperson eines potentiellen Straftäters rechtfertigen würden.
95 
Als alleiniger Anknüpfungspunkt käme ... in Betracht, bei welchem die Molotow-Cocktails gefunden worden sind. Dieser ist aber seinerseits lediglich als Kontaktperson (s. S. 8 der Einsatzanordnung vom 25.02.2010) eingestuft worden.
96 
Das Polizeigesetz definiert nicht, was unter dem Begriff Kontakt- und Begleitperson künftiger Straftäter i. S. d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG zu verstehen ist. Im Unterschied hierzu enthielt § 2 Nr. 11 Nds SOG in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung eine Legaldefinition des Begriffs Kontakt- und Begleitperson (zum Wortlaut s. BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/07 - juris RN 48). Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht im vorgenannten Urteil ihn für nicht hinreichend bestimmt angesehen (BVerfG - aaO - RN 132 ff.). Mit Blick hierauf kann dieses Begriffspaar allenfalls verfassungskonform und damit restriktiv ausgelegt werden. Eine Kontaktperson kann demnach nur eine Person sein, die zu dem künftigen Straftäter persönliche oder geschäftliche Beziehungen unterhält. Flüchtige Beziehungen reichen nicht aus. Eine Begleitperson muss mit dem künftigen Straftäter wiederholt zusammengetroffen oder wenigstens einmal eine Zeit lang zusammen gewesen sein. Die Verbindung muss eine gewisse Intensität aufweisen (Stephan/Deger, aaO, § 20 RN 25).
97 
Nach Maßgabe dessen lässt sich den Feststellungen des Beklagten nichts Hinreichendes dazu entnehmen, dass der Kläger Kontakt- oder Begleitperson von ... war. Allein der Umstand, dass der Kläger bei einer Demonstration mit ... zusammengestanden hat, kann nach den obigen Ausführungen nicht ausreichen. Aus den vorliegenden Akten lässt sich nicht entnehmen, dass es darüber hinaus zu einem weitergehenden intensiven Kontakt zwischen dem Kläger und ... gekommen war. Der Beklagte hat auf die diesbezügliche Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter vorgetragen.“
98 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht davon ab, das Urteil insoweit für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer sind nicht erfüllt.
99 
BESCHLUSS
100 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
101 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
I.
33 
Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und zulässig.
34 
Zwischen den Beteiligten bestand ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis werden rechtliche Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Die streitige Beziehung muss sich weiter durch ein dem öffentlichen Recht zuzurechnendes Verhalten zu einer konkreten Rechtsbeziehung verdichtet haben. Dies setzt voraus, dass die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist.
35 
Streitig ist hier, ob ein vom Beklagten eingesetzter Verdeckter Ermittler über die Klägerin (in unzulässiger Weise) Daten erhoben hat. Ausgehend hiervon begründet die Frage, ob die behauptete Datenerhebung von einer Rechtsgrundlage gedeckt (hier konkret: durch § 22 PolG) war, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
36 
Zwar wurde die Klägerin - den dem Gericht vorgelegten Kopien der Einsatzanordnungen zufolge - nicht als eine der Personen (als Ziel bzw. Kontakt-/Begleitperson) genannt, gegen die sich der Einsatz des VE richten sollte. Hierzu trägt der Beklagte vor, die Anordnung von Verdeckten Ermittlern habe sich gegen namentlich benannte Personen gerichtet, die Klägerin habe nicht hierzu gehört. Allerdings hat die Klägerin - was vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wurde - vorgetragen, dass sie nicht nur gelegentlichen, sondern intensiven Kontakt mit dem VE gehabt habe, der sich sowohl auf politische Aktivitäten im Rahmen der KI als auch auf den privaten Bereich erstreckt habe; einmal habe der VE auch bei ihr übernachtet. Mit Blick darauf, dass in einer solchen Konstellation dem VE zwangsläufig Daten über die Klägerin bekannt geworden sein müssen, liegt die konkrete rechtliche Beziehung in der Abklärung, ob der VE eine Tätigkeit entfaltet hat, für deren rechtliche Zulässigkeit es - wie nachstehend unter Punkt II. 2 ausgeführt - einer entsprechenden Ermächtigung gem. den Vorschriften des § 22 PolG bedurft hätte und - wenn ja - ob der Einsatz sich in dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen gehalten hat.
37 
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass sich das Rechtsverhältnis bereits vor Klageerhebung infolge der Beendigung des Einsatzes des VE erledigt und deswegen in ein vergangenes Rechtsverhältnis gewandelt hatte. Da § 43 Abs. 1 VwGO in zeitlicher Hinsicht keine Einschränkungen enthält, ist anerkannt, dass auch vergangene Rechtsverhältnisse feststellungsfähig sind. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit sie durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist.
38 
Da in Bezug auf die Klägerin keine Einsatzanordnung vorliegt und im Übrigen einer solchen auf Grund der Innerdienstlichkeit auch kein Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG zukommt, scheidet eine wegen vorprozessualer Erledigung sogenannte "nachgezogene" Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
39 
Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem von der Klägerin geltend gemachten tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris). Die Klägerin macht geltend, dass sie hier nicht als beliebige Dritte betroffen war, sondern dass sie final in die Datenerhebung durch den VE einbezogen wurde.
40 
Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihr für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich die Klägerin schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - juris).
II.
41 
Die Klage ist auch begründet.
42 
Das Gericht ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung gelangt, dass der VE auch über die Klägerin Daten erhoben und weitergegeben hat (1.), ohne dass dafür eine Rechtsgrundlage bestand (2.). Der Einsatz des VE gegenüber die Klägerin war daher rechtswidrig.
43 
1. Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Behauptung der Klägerin, der VE habe über sie persönliche Daten erhoben und an das LKA weitergegeben, zutrifft.
44 
Dass der VE sowohl über sie als auch über die Kläger in den Parallelverfahren 4 K 2107/11 und 4 K 2109/11 bis 4 K 2113/11 persönliche Daten erhoben und an das LKA weitergegeben hat, geht eindrücklich aus den Angaben des Klägers im Verfahren 4 K 2113/11 hervor, die dieser bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung gemacht hat. Dieser hat berichtet: Er sei beim Enttarnungsgespräch im Café ... dabei gewesen. Sie seien an einem Tisch gesessen und als die Getränke gekommen seien, hätten sie den VE angesprochen, sie hätten ja gewusst, dass er Verdeckter Ermittler sei. Sie hätten ihn gefragt, was er von ihnen weitergegeben habe und er habe alle ihre Fragen mit „ja“ beantwortet. Er habe gesagt, dass er von seinen persönlichen Verbindungen und Netzwerken, auch politischer Art, „an das LKA weiterberichtet hat“.
45 
Die Kammer hält diese Angaben nach dem persönlichen Eindruck, den sie sich in der mündlichen Verhandlung über den Kläger im Verfahren 4 K 2113/11 verschafft hat, für glaubhaft. Dieser trat sehr zurückhaltend auf und berichtete, ohne zu taktieren. Dafür, dass das Gespräch sich so zugetragen hat, wie geschildert, spricht, dass er zunächst die Angaben des VE zu seinem Einsatz gar nicht in den Vordergrund gestellt, sondern über atmosphärische Gegebenheiten des Gesprächs berichtet hat. Er hat nämlich vorangestellt, dass es zunächst erst ruhig geworden sei und der VE erst über seine eigene persönliche Befindlichkeit gesprochen habe; der VE habe gesagt, dass ihm die persönlichen Kontakte sehr wichtig gewesen seien, er wisse nicht, wie er nach dem Einsatz weitermachen solle und stehe vor einer Wand. Diese Angaben decken sich mit den Angaben der Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung ebenfalls informatorisch angehört worden ist.
46 
Anlass, am Wahrheitsgehalt dieser Darstellung zu zweifeln, besteht für die Kammer nicht. Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung inhaltlich auch nicht Stellung genommen oder gar einen anderweitigen Ablauf des geschilderten Gesprächs mit dem VE anlässlich seiner Enttarnung dargelegt.
47 
2. Sind demnach vom VE Daten über die Klägerin erhoben und weitergeleitet worden, gilt Folgendes: Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Eingriff in das sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebende Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein solcher Eingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Der Gesetzgeber hat den Verwendungszweck der Daten bereichsspezifisch und präzise zu bestimmen. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 07.08.2015 – 1 S 1239/15 – Rn. 49, juris). Deren Zulässigkeit richtet sich hier, da es um die Datenerhebung des Landes geht, nach dem Landesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg - LDSG - (§ 2 Abs. 1 LDSG). Nach § 4 Abs. 1 LDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder soweit der Betroffene eingewilligt hat. Verarbeiten ist das Erheben, Speichern, Verändern, Übermitteln, Nutzen, Sperren und Löschen personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 2 LDSG).
48 
Da eine Einwilligung der Klägerin ersichtlich nicht vorliegt, kommt hier als einzig mögliche Rechtsgrundlage § 22 PolG in Betracht, und zwar - da bei der Prüfung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen ist - in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390).
49 
a. Gem. § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten von dem nachfolgend genannten Personenkreis u.a. durch den Einsatz Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Daten können über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen erhoben werden, wenn der Einsatz zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) erfolgt. Von den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen können Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erhoben werden (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG). In § 20 Abs. 5 PolG sind Straftaten mit erheblicher Bedeutung definiert: Dabei handelt es sich zum einen um Verbrechen (§ 20 Abs. 5 Nr. 1 PolG), zum anderen um Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören (§ 20 Abs. 5 Nr. 2 PolG), soweit sie a) sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, b) auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden, c) gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen werden.
50 
Das Gericht vermag nicht davon auszugehen, dass die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen auch die Datenerhebung über die Klägerin erfasste. Dies wurde vom Beklagten auch nicht behauptet. Aus den vom Beklagten vorgelegten Kopien der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen lässt sich lediglich entnehmen, dass Daten über ... und drei weitere Personen als Ziel- bzw. als Kontakt-/Begleitpersonen erhoben werden sollten. Der Name der Klägerin ist - was der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigte - darin nicht genannt.
51 
b. Die Datenerhebung über die Klägerin lässt sich auch nicht auf § 22 Abs. 4 PolG stützen. Danach dürfen Daten auch dann nach Absatz 2 oder 3 erhoben werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
52 
Wann eine Unvermeidbarkeit vorliegt, wurde - soweit ersichtlich - bislang in der Rechtsprechung wie in der Literatur nicht geklärt. Eine Unvermeidbarkeit wird allenfalls dann anzunehmen sein, wenn sich im Zuge konkreter Ermittlungen gegen die polizeiliche Zielperson die Kontaktaufnahme mit dem Dritten nicht vermeiden lässt. Allein der Zweck, die eigene Legende abzusichern, wird die Datenerhebung gegenüber einem Dritten wohl nicht zulassen (vgl. Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 22 RN 24).
53 
Jedenfalls ist aber Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Datenerhebung über Dritte, dass die Datenerhebung über eine Ziel- bzw. Kontakt-/Begleitperson rechtmäßig angeordnet worden ist.
54 
Eine solche Anordnung liegt hier nicht vor. Anknüpfungspunkte für die über die Klägerin erfolgte Datenerhebung können allenfalls die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen gewesen sein, in welchen u.a. ... als Zielperson genannt ist.
55 
Diese Anordnungen sind jedoch formell und materiell rechtswidrig gewesen, sodass es auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die mit § 22 Abs. 3, Nr. 2, Abs. 5, § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz eines VE verfassungswidrig ist, nicht ankommt (offen gelassen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris; vgl. zu der inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffende Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG: BVerfG Urt. v. 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - juris).
56 
Hierzu hat das Verwaltungsgericht in seinem, der Klage von ... stattgebenden Urteil Folgendes ausgeführt:
57 
„1. Personen, die sich - wie hier der Kläger - der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten (zur Definition vgl. § 48 PolG i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG) - erhoben. Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt". Ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, sind daher von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG) beschränkt. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 – 1 K 439/03 – juris). Um die Anordnung - sowohl für die „vor Ort“ handelnden Beamten wie auch für das später ggf. angerufene Gericht - nachvollziehbar zu machen, bedarf die Anordnung grundsätzlich der Schriftform. Außerdem hat sie das „besondere Mittel“ zu bezeichnen und die Zielperson zu benennen oder zumindest zu umschreiben. In einer Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Außerdem wird eine Frist für die Dauer des Einsatzes zu bestimmen sein.
58 
Eine fehlerhafte oder zu unbestimmte Einsatzanordnung führt zu ihrer Rechtswidrigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit des Einsatzes insgesamt, selbst wenn der Einsatz materiell-rechtlich gerechtfertigt war (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 8. Aufl. 2015, § 22 RN 52; VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - juris).
59 
a. Zwar wurde in den vorliegenden Einsatzanordnungen der sog. „Behördenleitervorbehalt“ gewahrt. Die Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen wurden durch den Leiter der damaligen Polizeidirektion Heidelberg als sachbearbeitende Dienststelle erlassen. Damit wurde dem Erfordernis, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG) einer Anordnung durch einen der in § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG genannten Behördenleiter - worunter u.a. der Leiter einer Polizeidirektion zählt - bedarf, Genüge getan.
60 
b. Allerdings fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit hinsichtlich des eingesetzten Mittels.
61 
Als besonderes Mittel der Datenerhebung wird in § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG der Einsatz von Polizeibeamten unter Geheimhaltung ihrer wahren Identität (Verdeckter Ermittler) genannt.
62 
Die dem Gericht vorliegenden Kopien der Einsatzanordnungen lassen allerdings offen, wie viele Verdeckte Ermittler tätig, ob die Ermittlungen von - wie vom Gesetz vorgeschrieben - Polizeibeamten durchgeführt werden sollten und wer konkret als Verdeckter Ermittler eingesetzt war.
63 
Aus der Überschrift der Anordnung vom 25.02.2010: „Anordnung eines VE-Einsatzes nach dem Polizeigesetz“ ergibt sich hierzu nichts. Desgleichen gilt für die sich daran anschließenden geschwärzten Passagen. In der Tenorierung wird lediglich ausgeführt: „I. Der Einsatz des/der VE erfolgt zur 1. Datenerhebung ...“. Auch in den nicht geschwärzten Passagen unter der Überschrift:
64 
„II. Zu Gründen, Ziel, Geeignetheit... der Datenerhebung durch den VE-Einsatz, Anzahl vorgesehener VE sowie zu den Personen (Adressaten der Maßnahme), über die Daten erhoben werden sollen, ist folgendes festzuhalten:“
65 
ist weder etwas dazu enthalten, ob der/die VE Polizeibeamte sind, noch etwas zu deren Anzahl, noch ist die Identität des/der VE bestimmt worden. Gleiches gilt für die Verlängerungen der Einsatzanordnung. Hierzu hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der Name des VE nicht in der Einsatzanordnung aufgeführt worden sei.
66 
Deshalb lassen sich - ohne dass die Kopien der streitgegenständlichen Einsatzanordnungen selbst etwas dazu hergäben - erst nachträglich nach der „Enttarnung“ von ... im Dezember 2010 Rückschlüsse darauf ziehen, dass dieser als VE tätig geworden ist. Der Umstand, dass der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage unter dem 21.08.2015 bescheinigt hat, dass ... vom 01.09.2009 bis einschließlich 31.03.2014 als Polizeivollzugsbeamter beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg verwendet wurde und der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass Herr ... als alleiniger VE tätig gewesen sei, ersetzt nicht das formale Erfordernis, dass das besondere Mittel der Datenerhebung i.S.d. § 22 Abs. 1 PolG in der Anordnung selbst hinreichend bezeichnet sein muss.
67 
Allein die in der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen aufgenommene abstrakte Bezeichnung des Mittels „Verdeckter Ermittler“ ist für eine hinreichende Bestimmung des besonderen Mittels i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG nicht ausreichend. Dies folgt daraus, dass durch den Einsatz eines VE schwerwiegend in die bereits genannten Grundrechte eingegriffen wird und daraus, dass - da § 22 Abs. 8 PolG erst die nachträgliche Unterrichtung des Betroffenen über die Maßnahme vorsieht - der Betroffene regelmäßig nicht die Gelegenheit hat, vorherigen Rechtsschutz zu erlangen. In einer derartigen Konstellation gebietet aber die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dass konkret in der Einsatzanordnung der Name des VE aufgeführt wird. Im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes muss der Betroffene wissen, wer von ihm Daten erhoben hat, um das Geschehen nachvollziehen zu können. Denn dies ist Voraussetzung dafür, dass er ggf. ein nachträglich gestelltes Rechtsschutzgesuch begründen kann. Daher muss in der Einsatzanordnung die Identität des eingesetzten VE bezeichnet werden. Insoweit braucht sich der Betroffene nicht darauf verweisen zu lassen, dass die Identität des VE möglicherweise aus anderweitigen Quellen ermittelbar ist. Vielmehr muss dies - auch für eine etwaige spätere gerichtliche Überprüfung - aus der Einsatzanordnung selbst hervorgehen.
68 
2. Der Einsatz des VE erweist sich aber auch als materiell rechtswidrig. Denn der Beklagte hat nicht dargetan, dass die tatbestandlichen Voraussetzung hierfür vorlagen.
69 
Das Gericht kann den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass die Anordnung der Erhebung personenbezogener Daten von einem der in § 22 Abs. 3 PolG genannten Zwecke getragen war.
70 
a. Nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG ist zulässig die Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person, bedeutende Sach- und Vermögenswerte und zwar von einer der in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen. Der Beklagte hat hierzu in Punkt I. 1. der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Verlängerungen festgelegt, dass die Datenerhebung vom Verursacher (§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 PolG) erfolgt.
71 
Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2014 - 1 S 815/13 - juris, m.w.N.).
72 
Nach Maßgabe dessen gehen aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen keine Umstände hervor, welche die Annahme rechtfertigen, dass vom Kläger eine konkrete Gefahr für eines der in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter ausgegangen ist.
73 
aa. In der Begründung der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 selbst - soweit sie lesbar ist - werden keine hinreichenden Fakten genannt, aus denen sich eine solche konkrete Gefahr herleiten ließe. Die pauschale Behauptung des Beklagten, bei dem Kläger handele es sich um eine Führungsperson der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, lässt eine solche Gefahrenprognose nicht zu Dieser Behauptung stellte der Beklagte auf Seite 4 der Anordnung voraus, dass die Antifaschistische Szene Heidelberg und Rhein-Neckar-Kreis mehrere Gruppierungen umfasse, in erster Linie die Antifaschistische Initiative Heidelberg, die AIKO (Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald); die weiteren aufgelisteten Gruppierungen wurden geschwärzt. Als Ziel dieser Gruppen wurde die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“ genannt und ausgeführt, dass sich bei der linken Szene Heidelberg eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial feststellen lasse.
74 
Indessen gehen aus den weiteren ungeschwärzten Ausführungen keine konkreten Feststellungen zu der behaupteten Gewaltbereitschaft der Antifaschistischen Initiative Heidelberg hervor. Solche sind auch nicht mit der Darstellung des Umstands verbunden, dass der Kläger am „18“.09.2009 (richtig: am 19.09.2009) an einer von ... angemeldeten Demonstration in Sinsheim teilgenommen habe (Seite 7 der Anordnung). Insoweit stellt der Beklagte darauf ab, dass der der AIKO zugerechnete ... - in dessen Wohnung bzw. Keller bei einer Hausdurchsuchung am 04.11.2009 sieben Molotow-Cocktails gefunden worden waren - bei dieser Demonstration beinahe die ganze Zeit mit dem Kläger und einer weiteren Heidelberger Aktivistin, ..., zusammengestanden habe. Diesen Umstand führte der Beklagte als Indiz für die Verzahnung der Anarchistischen Initiative Kraichgau-Odenwald mit der Antifaschistischen Initiative Heidelberg an. Indes lassen sich der Anordnung - soweit lesbar - zu alledem keine konkrete Tatsachenfeststellungen entnehmen, welche darauf hindeuten könnten, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- und Vermögenswerte ausgingen. Allein der Umstand, dass der Kläger während einer Demonstration neben einer Person stand, bei der zu einem späteren Zeitpunkt Molotow-Cocktails gefunden wurden, begründete weder eine hinreichende Grundlage für die Annahme, der Kläger sei in eine gewaltbereite Gruppierung eingebunden noch dafür, dass die Antifaschistische Initiative Heidelberg auf Gewalttätigkeiten hinwirke. Weitere Tatsachenfeststellungen, die eine konkrete Verbundenheit des Klägers mit ... bzw. der AIKO dokumentieren würden, gehen aus den dem Gericht vom Beklagten überlassenen Unterlagen nicht hervor. Auch sonstige Hinweise darauf, dass der Kläger in der Vergangenheit ein, die Annahme einer Wiederholungsgefahr rechtfertigendes, gewalttätiges oder gewaltveranlassendes Verhalten an den Tag gelegt hätte, hat der Beklagte in der Anordnung nicht genannt. Soweit er die Bewertung vornahm, dass bei der Demonstration am 19.09.2009 eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links erst durch entsprechende Maßnahmen der Polizei habe verhindert werden können, wurde nichts dazu ausgeführt, dass von den linksgerichteten Demonstranten Gewalttätigkeiten gedroht hätten. Vielmehr sind nach den Darlegungen des Beklagten Platzverweise an die Rechten ergangen. Auch soweit der Beklagte in der Anordnung als alljährlich nennenswertes Event der Antifaschistischen Initiative Heidelberg die Veranstaltung der Walpurgisnacht - als „Gegenveranstaltung“ zu den Walpurgisnachtfeiern der Burschenschaften - anführte, wurde nichts zu irgendwelchen Gewalttätigkeiten berichtet. Aus den nachfolgenden Einsatzanordnungen ergibt sich - soweit lesbar - hierzu ebenfalls nichts.
75 
bb. Auch die weiteren, dem Gericht vorliegenden Unterlagen geben für die Annahme nichts her, vom Kläger gehe eine konkrete Gefahr für die in § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG genannten Rechtsgüter aus.
76 
Nachdem - wie oben unter Punkt II. 1 dargelegt - in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen tatsächlichen Gründe darzulegen sind, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben, ist fraglich, ob der weitere Akteninhalt herangezogen werden darf, wenn die Anordnung selbst nicht mit einer ausreichenden, die materielle Rechtmäßigkeit belegenden Begründung versehen ist. Dies kann hier aber offen bleiben, da auch der weitere Vortrag des Beklagten die Annahme nicht trägt, dass vom Kläger eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte gegangen ist.
77 
Aus den der Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und deren Folgeanordnungen beigefügten „Personalbögen“ des Klägers lässt sich dies nicht herleiten. Hierin wurde zunächst ein Vorfall vom 21.06.2003 im Rahmen einer Demonstration gegen die Ausstellung „Verbrechen und Wehrmacht“ in Schwäbisch Hall aufgelistet und ausgeführt, dass sich der Kläger seiner Festnahme widersetzt habe, nachdem er aus einer eingeworfenen Schaufensterscheibe eines Geschäfts Gegenstände entwendet hatte. Aus diesem weit zurückliegenden und für sich allein stehenden Vorfall, der nach der Darstellung des Beklagten noch nicht einmal in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen stand, lässt sich indes nicht die Prognose erstellen, vom Kläger gehe eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte aus. Soweit ein Vorfall vom 12.06.2006 beschrieben wurde, bei dem der Kläger in einem Flyer eine Studentin als Angehörige der rechten Szene geoutet haben soll, und weitere Aktionen und Demonstrationen aufgelistet wurden, lassen sich - soweit lesbar - diesen Ausführungen keine Anhaltspunkte für eine Gewaltbereitschaft des Kläger entnehmen.
78 
Eine andere Einschätzung folgt auch nicht aus dem Vortrag des Beklagten im Klageverfahren. Insoweit wurden vom Beklagten mit der Klageerwiderung vom 20.02.2012 (Seite 2 f.) weitere Demonstrationen und Aktionen aufgelistet. Unter anderem wurde eine von der AIKO geplante Demonstration am 24.07.2010 genannt, die verboten wurde und ausgeführt: Auf der homepage der AIKO sei militante Werbung gemacht worden mit dem Slogan: „Lasst uns den Nazis zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen!!! Bildet Banden“, auf dem Flyer sei ein ein Vermummter zu sehen, der eine Zwille abgeschossen habe. Indes wurden keine substantiierten Feststellungen dazu getroffen, dass und auf welche Weise intern eine Verbindung zwischen der AIKO und der Antifaschistischen Initiative Heidelberg bestehen soll. Auch die Ausführungen zu den weiteren aufgelisteten Aktionen tragen nicht die Annahme, dass vom Kläger eine Gefahr für die genannten Rechtsgüter ausginge.
79 
Dies gilt auch, soweit der Beklagte auf einen Internetaufruf der Antifaschistischen Initiative Heidelberg im Zusammenhang mit der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim abstellte, der den Wortlaut hat: „Rechte Strukturen aufdecken und angreifen! Konsequent gegen die polizeiliche Politik des Herunterspielens und Totschweigens! Nazis entgegentreten auf allen Ebenen, mit allen Mitteln“. Abgesehen davon, dass der Wortlaut „mit allen Mitteln“ auslegungsfähig ist und daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, dass damit illegale Mittel gemeint sind, hat die vom Beklagten vorgenommene Interpretation, dass zur Gewaltanwendung aufgerufen worden sei, in der Folgezeit keine Bestätigung erfahren. Konkrete Feststellungen, dass von den linken Demonstranten Gewalt ausgegangen wäre oder gedroht hätte, hat der Beklagte nicht getroffen. Vielmehr lässt sich seinen Ausführungen entnehmen, dass Platzverweise an die Rechten ergangen sind.
80 
Auch hinsichtlich der weiteren vom Beklagten in der Klageerwiderung aufgelisteten Demonstrationen wurde nichts von Gewalttätigkeiten berichtet, geschweige denn, dass Anhaltspunkte dafür genannt wurden, die dafür sprächen, dass der Kläger auf gewalttätige Auseinandersetzungen bzw. bedeutende Sachschäden hinwirken würde.
81 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nichts weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
82 
b. Auch die Voraussetzungen für eine Datenerhebung nach § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG liegen nicht vor. Danach ist die Datenerhebung zulässig zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen, nämlich über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen sowie über Kontakt- und Begleitpersonen dieser Personen.
83 
Hinsichtlich des Zwecks der Datenerhebung legte der Beklagte in Punkt 2 seiner Einsatzanordnung vom 25.02.2010 und in den Folgeanordnungen die Art der zu bekämpfenden Straftaten fest. Diese Straftaten sollten zum einen sein Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten, und zum anderen Vergehen, soweit sie auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung oder des Staatsschutzes (§§ 74 a und 120 GVG) begangen werden.
84 
Die vom Beklagten hinsichtlich des Klägers getroffenen Feststellungen tragen jedoch weder die Annahme, dass es sich bei diesem um eine Person handelt, bei der tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten der genannten Art begehen wird (aa.), noch die Annahme, dass er Kontakt- oder Begleitperson einer solchen Person ist (bb.).
85 
aa. Aus den Begründungen der Einsatzanordnungen geht hervor, dass der Beklagte den Kläger als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft hat.
86 
Allerdings lassen sich den ungeschwärzten Passagen der vorliegenden Akten keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in der genannten Art straffällig würde.
87 
Tatsächliche Anhaltspunkte liegen dann vor, wenn zumindest bestimmte Indizien gegeben sind, aus denen nach polizeilicher Erfahrung auf das künftig mögliche Vorliegen eines Sachverhalts geschlossen werden kann, dass die Person Straftaten begehen wird. Bloße Vermutungen reichen nicht aus (Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl. 2014, § 20 RN 24). Weitergehend wird in der Literatur sogar gefordert, dass Tatsachen vorliegen müssen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig Straftaten begeht (Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 8. Aufl. 2015, § 20 RN 45).
88 
Eine nach Maßgabe dessen zumindest zu fordernde Indizienlage lässt sich den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen.
89 
Der Beklagte stützte seine Einsatzanordnung dem Grunde nach auf die Behauptung, Ziel der von ihm genannten linken Gruppierungen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg und der AIKO sei die Suche nach Konfrontation mit den „Rechten“, und stellte insgesamt eine hohe Gewaltbereitschaft und ein hohes Gewaltpotenzial bei der linken Szene in Heidelberg fest. Der Beklagte nannte allerdings keine greifbaren Anhaltspunkte, die darauf hinweisen würden, dass von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, namentlich vom Kläger als eine deren Führungspersonen eine auf die genannten Straftaten hinausführende Gewaltbereitschaft ausginge. Soweit der Beklagte auf die von ihm aufgelisteten Demonstrationen abstellte, wurde - wie bereits oben ausgeführt - nichts zu einer von den linken Gruppierungen ausgehenden Gewaltbereitschaft oder gar zu ihr zurechenbaren Straftaten ausgeführt. Dies gilt - wie voranstehend ebenfalls erörtert - insbesondere für die immer wieder vom Beklagten angeführte Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim. Den vom Beklagten hierzu gemachten Erläuterungen - soweit sie ungeschwärzt sind - lassen sich konkrete Feststellungen zu einem von den linken Demonstranten ausgehenden Gewaltpotential nicht entnehmen; vielmehr ergingen Platzverweise an die rechten Demonstranten.
90 
Ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger Straftaten begehen wird, stellt auch nicht der Fund von Molotow-Cocktails bei ... dar. Das Herstellen und der Besitz von Molotow-Cocktails ist zwar eine Straftat nach § 52 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2a WaffG in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4. Indes lassen sich den vorliegenden Akten keinerlei tragfähige Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger in irgendeiner Weise in diese Straftat involviert war. Alleine der Umstand, dass der Kläger während der Demonstration am 19.09.2009 in Sinsheim mit ... zusammengestanden hatte, bietet keinen tragfähigen Hinweis darauf, dass der Kläger künftig auf waffenrechtlichem Gebiet straffällig werden könnte.
91 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu auch nicht weiter vorgetragen und auf die Sperrerklärung verwiesen.
92 
bb. Die Einsatzanordnung lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass eine Datenerhebung über den Kläger als Kontakt-/ oder Begleitperson (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG) eines potentiellen Straftäters in Betracht käme.
93 
Problematisch ist bereits, ob diese Rechtsgrundlage hier überhaupt bei der materiellen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Einsatzanordnung zugrunde gelegt werden darf. Denn der Kläger wurde - der Begründung der Einsatzanordnung zufolge - als Zielperson und nicht lediglich als Kontakt- oder Begleitperson eingestuft. Indes sind - wie oben unter Punkt II. 1 ausgeführt -, um den formellen Anforderungen zu genügen, in der Begründung der Einsatzanordnung die wesentlichen Gründe darzulegen, die den Anordnungsberechtigten zu der Entscheidung bewogen haben. Da nach der Begründung der Einsatzanordnung die Datenerhebung gerade nicht vom Kläger als Kontakt- oder Begleitperson erfolgen sollte, erscheint es daher problematisch, die Einsatzanordnung „umzudeuten“, ohne dass dies zu deren formellen Rechtswidrigkeit führen würde.
94 
Diese Frage kann jedoch offen bleiben, da hinreichende Feststellungen des Beklagten fehlen, welche die Einstufung des Klägers als Kontakt- oder Begleitperson eines potentiellen Straftäters rechtfertigen würden.
95 
Als alleiniger Anknüpfungspunkt käme ... in Betracht, bei welchem die Molotow-Cocktails gefunden worden sind. Dieser ist aber seinerseits lediglich als Kontaktperson (s. S. 8 der Einsatzanordnung vom 25.02.2010) eingestuft worden.
96 
Das Polizeigesetz definiert nicht, was unter dem Begriff Kontakt- und Begleitperson künftiger Straftäter i. S. d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG zu verstehen ist. Im Unterschied hierzu enthielt § 2 Nr. 11 Nds SOG in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung eine Legaldefinition des Begriffs Kontakt- und Begleitperson (zum Wortlaut s. BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/07 - juris RN 48). Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht im vorgenannten Urteil ihn für nicht hinreichend bestimmt angesehen (BVerfG - aaO - RN 132 ff.). Mit Blick hierauf kann dieses Begriffspaar allenfalls verfassungskonform und damit restriktiv ausgelegt werden. Eine Kontaktperson kann demnach nur eine Person sein, die zu dem künftigen Straftäter persönliche oder geschäftliche Beziehungen unterhält. Flüchtige Beziehungen reichen nicht aus. Eine Begleitperson muss mit dem künftigen Straftäter wiederholt zusammengetroffen oder wenigstens einmal eine Zeit lang zusammen gewesen sein. Die Verbindung muss eine gewisse Intensität aufweisen (Stephan/Deger, aaO, § 20 RN 25).
97 
Nach Maßgabe dessen lässt sich den Feststellungen des Beklagten nichts Hinreichendes dazu entnehmen, dass der Kläger Kontakt- oder Begleitperson von ... war. Allein der Umstand, dass der Kläger bei einer Demonstration mit ... zusammengestanden hat, kann nach den obigen Ausführungen nicht ausreichen. Aus den vorliegenden Akten lässt sich nicht entnehmen, dass es darüber hinaus zu einem weitergehenden intensiven Kontakt zwischen dem Kläger und ... gekommen war. Der Beklagte hat auf die diesbezügliche Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter vorgetragen.“
98 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht davon ab, das Urteil insoweit für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer sind nicht erfüllt.
99 
BESCHLUSS
100 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
101 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des verdeckten Einsatzes technischer Mittel nach § 22 PolG.
Der am xx.xx.1958 geborene Kläger, ein ehemaliger Polizeibeamter im Dienste des Beklagten, wurde mit Urteil des Landgerichts xxx vom 05.11.1990 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen, sowie homosexueller Handlungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen lernte der Kläger seine Opfer überwiegend über seine ehrenamtliche Tätigkeit für die xxx kennen, für die er u.a. als Betreuer Freizeiten für Kinder und Jugendliche durchführte. Kinder und Jugendliche, die ihn sexuell interessierten, veranlasste er, ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Dort zeigte er ihnen zunächst regelmäßig harmlose Videofilme, und ging bei Folgebesuchen dazu über, Pornofilme zu zeigen, um eine sexuelle Stimulanz herbeizuführen. An einem Jugendlichen vollzog der Kläger den Analverkehr, die übrigen Kinder bzw. Jugendlichen veranlasste er zu wechselseitigem Onanieren und/oder Oralverkehr. Von einigen der Opfer fertigte der Kläger Nacktaufnahmen. Die Strafkammer ging aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit des Klägers aus und berücksichtigte bei der Strafzumessung sein umfassendes Geständnis. Zu seinen Gunsten wurde auch die freiwillig aufgenommene psychotherapeutische Behandlung sowie der Umstand berücksichtigt, dass die Kinder die sexuellen Handlungen freiwillig mitgemacht und keine psychischen Folgeschäden erlitten hätten. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde nach Verbüßung der Halbstrafe zum 16.03.1992 zur Bewährung ausgesetzt. Der Arzt und Psychotherapeut W. R. bestätigte mit Schreiben vom 01.02.1993 den erfolgreichen Abschluss der Psychotherapie. Mit Beschluss vom 03.05.1994 verkürzte die Strafvollstreckungskammer die ursprünglich auf drei Jahre festgesetzte Bewährungszeit um zehn Monate. Die Reststrafe wurde mit Wirkung vom 26.05.1994 erlassen.
Seit 1996 ermittelte die Staatsanwaltschaft xxx wiederholt gegen den Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Ermittlungsverfahren wurden jeweils gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, in einem Fall wurde bereits das strafrechtliche Ermittlungsverfahren mangels eines Anfangsverdachts im Sinn des § 152 Abs. 2 StPO nicht eingeleitet.
Im März 2007 gab ein damals 22jähriger Beschuldigter einer Raubstraftat im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung an, er sei im Alter von 13 oder 14 Jahren von dem Kläger viermal zum Oral- und Analverkehr gezwungen worden. In dieser Sache verurteilte das Landgericht xxx den Kläger mit Urteil vom 10.03.2010 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs in vier Fällen eines zur Tatzeit 1995/1996 11jährigen Jungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Verurteilung erfolgte nach einer Verständigung gemäß § 257 c StPO.
Der Kläger ist 1. Vorsitzender des Wassersportvereins IG xxx, der mit dem Yachtclub xxx eine gemeinsame Bootsanlegestelle in xxx xx xxx unterhält. Von dieser Anlegestelle aus unternimmt der Kläger mit seinem Kajütboot Ausfahrten auf dem Rhein. Immer wieder nimmt er dabei auch männliche Kinder und Jugendliche mit, mit denen zusammen er auch auf dem Boot übernachtet. Vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Vorgeschichte des Klägers war dieses Verhalten Gegenstand einer gemeinsamen Vorstandssitzung beider Vereine am 15.11.2005. Der Kläger erklärte damals, sein Fehlverhalten liege mittlerweile 16 Jahre zurück und sei bei der Aufnahme in den Verein bekannt gewesen. Schon aus Eigeninteresse nehme er nur Kinder und Jugendliche auf das Boot mit, mit deren Eltern er gut bekannt sei.
Ein Beamter der Kantonspolizei xxx, der Mitglied des YC xxx ist, teilte am 11.03.2010 einem Kollegen von der Kriminalpolizei xxx mit, dass im YC xxx in den letzten Jahren immer wieder beobachtet worden sei, wie der Kläger mit männlichen Kindern und Jugendlichen mit seinem Boot auf dem Rhein unterwegs sei und auch übernachte. Darauf angesprochen, habe er erklärt, dass alles mit den Eltern abgesprochen und auch sonst in Ordnung sei.
Am 19.04.2010 ordnete das Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion -, gestützt auf § 22 PolG, für die Zeit bis zum 19.07.2010 die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung und den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger gegen dem Kläger an. In der Antragsschrift des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität des Regierungspräsidiums vom 14.04.2010 hieß es, der homosexuell orientierte Kläger, der - wie das Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahr 1990 ergeben habe - zudem an einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung leide, habe über viele Jahre hinweg Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gesucht, sie in seiner Wohnung, in seinem Bett und auf seinem Boot übernachten lassen. Diese Situationen habe er zur Begehung von Sexualstraftaten genutzt, und zwar auch, als im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahre 1990 der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt gewesen sei bzw. als Freigänger während der Verbüßung der anschließenden Strafhaft. Wie die weiteren strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in den 90er Jahren gezeigt hätten, habe durch die Vernehmung der geschädigten Jungen kein Tatnachweis geführt werden können, weil diese wegen ihrer Scham- und Schuldgefühle keine belastenden Aussagen gemacht hätten. Im Jahre 1989 seien bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers viele Lichtbilder von den nackt fotografierten Jungen gefunden worden. Daraufhin seien die Geschädigten eher bereit gewesen, belastende Angaben zu den sexuellen Handlungen zu machen. Dass der Kläger nun wiederum 10- bis 16jährige Jungen in der Regel mit Einverständnis der Eltern in seiner Wohnung und auf seinem Boot übernachten lasse, begründe zwar nicht den Anfangsverdacht einer Straftat, weshalb strafprozessuale Maßnahmen nicht in Betracht kämen. Die verdeckten Observationsmaßnahmen dienten aber dazu, festzustellen, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme und mit ihnen dort nächtige, um so potentiell Geschädigte zu erkennen und zu identifizieren, damit bevorstehende Straftaten erkannt und ggf. ein Strafverfahren eingeleitet werden könne. Die verdeckten Observationen seien geeignet und erforderlich, weil durch Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe die vollzugspolizeiliche Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nicht erfüllt werden könne.
Am 12.07.2010 wurde die Anordnung der verdeckten Observationsmaßnahmen bis zum 19.10.2010 verlängert. In der Antragsschrift vom 09.07.2010 führte das Dezernat Sonderfälle/Organisierte Kriminalität u.a. aus, durch die bislang durchgeführten Maßnahmen sei festgestellt worden, dass der Kläger sowohl in seiner alten als auch in der neuen Wohnung tagsüber wiederholt Besuch von Jugendlichen gehabt habe. Der am 24.01.1994 geborene xxx-xxx sei insgesamt fünfmal zu Besuch in den Wohnungen gewesen, an sechs weiteren Tagen habe der Kläger ihn im Auto mitgenommen und an zehn Tagen sei er zusammen mit ihm meistens für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen. Nach einem gemeinsamen Tag auf dem Boot habe er in einer Art und Weise, die einen sexuellen Bezug vermuten lasse, gesagt, „geil, geiler, geiler, am geilsten“, und kurz darauf noch einmal, „es war so geil“. Zu dem am 03.08.1995 geborenen, allerdings noch sehr kindlich aussehenden xxx habe der Kläger einen noch engeren Kontakt gehabt. Er sei dreimal mit ihm für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen und sei oft zusammen mit ihm Auto gefahren. Wiederholt habe ihn der Jugendliche auch in seiner Wohnung besucht und fünfmal dort übernachtet. Zweimal hätten sie sich zusammen auf einem Gartengelände mit einer Hütte aufgehalten. Bereits zuvor sei das Kraftfahrzeug des Klägers insgesamt 24mal in der Nähe des Gartengrundstücks festgestellt worden, und zwar teilweise für mehr als zwei Stunden. Durch die polizeirechtlichen Maßnahmen hätten zwar noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Die Verhaltensweisen des Klägers bezüglich sexuell motivierter Kontakte zu männlichen Kindern und Jugendlichen hätten sich über die Jahre hinweg jedoch nicht verändert. Der Kläger suche über die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses u.a. mit den Eltern Kontakt zu den Jungen und verbringe mit ihnen seine Freizeit. Insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx begründeten den Verdacht eines sexuellen Verhältnisses. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft bestehe derzeit jedoch noch kein Anfangsverdacht einer Straftat.
Im Zuge der weiteren Observationen wurde im August 2010 festgestellt, dass der Kläger mit einem 12jährigen Jungen im Einverständnis mit dessen Eltern einen zweiwöchigen Urlaub auf dem Kajütboot machen wollte. Bereits die Nacht vom 19. auf den 20.08.2010 verbrachte der Kläger zusammen mit diesem Jungen und xxx in seinem Kajütboot auf dem Rhein, bevor sie am 20.08.2010 rheinabwärts nach xxx fuhren, wo das Boot für mehrere Tage anlegte. Am 24.08.2010 leitete die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts von Straftaten gemäß §§ 176, 176 a und 182 StGB ein. Der Verdacht konnte jedoch durch die - richterlich angeordnete - Durchsuchung der Person, der Wohnung, des Arbeitsplatzes und des Kajütbootes des Klägers am 26.08.2010 nicht erhärtet werden. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen wurden daraufhin beendet.
10 
In dem Abschlussbericht des Regierungspräsidiums Freiburg - Landespolizeidirektion - vom 28.06.2011 hieß es, es bestehe die begründete Vermutung, dass durch die am 26.08.2010 durchgeführte Durchsuchung ein unmittelbar bevorstehender sexueller Missbrauch des damals 12jährigen xxx auf dem Kajütboot habe verhindert werden können. Es sei zu scheinbar unauffälligen körperlichen Annäherungsversuchen des Klägers mit einer von dem Jungen nicht erkannten sexuellen Motivation gekommen.
11 
Mit Verfügung vom 15.07.2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Dem Kläger könnten keine sexuellen Kontakte zu Kindern im Sinn des § 176 StGB oder ein sexueller Missbrauch von Jugendlichen nachgewiesen werden. Die als Zeugen vernommenen Kinder und Jugendlichen, die sich u.a. auf dem Boot des Klägers aufgehalten hätten und als Tatopfer in Betracht kämen, hätten in Abrede gestellt, dass sie jemals Sexualverkehr mit dem Kläger gehabt hätten oder dass er versucht habe, sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen. Auch die weiteren vernommenen Zeugen, insbesondere die Eltern bzw. Angehörigen der Jungen, hätten angegeben, keine Wahrnehmungen über einen Missbrauch gemacht zu haben. Die molekulargenetische Untersuchung von Spermaspuren an dem auf dem Boot sichergestellten Bettzeug und der Abgleich mit den DNA-Mustern der als Tatopfer in Betracht kommenden Zeugen habe nicht zu Ergebnissen geführt, die geeignet seien, diese Angaben zu widerlegen. Die Durchsuchung der Wohnung und des Bootes des Klägers sowie die Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger hätten ebenfalls keine Tatnachweise erbracht.
12 
Am 19.08.2011 erhob der Kläger Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht Freiburg, zu deren Begründung er vortrug: Auch nach Beendigung der auf § 22 PolG gestützten Maßnahmen dauere der Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fort. Ungeachtet der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens behaupte das Regierungspräsidium Freiburg weiterhin, dass gegen ihn ein Tatverdacht bestehe. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung aus dem tiefen Eingriff in seine Grundrechtspositionen. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen seien auch in der Sache rechtswidrig. Den Polizeibehörden sei seit Jahren bekannt gewesen, dass der Kläger seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen auf dem Kajütboot verbringe, ohne dass es zu Straftaten gegen deren sexuelle Selbstbestimmung gekommen sei. Irgendwelche Besonderheiten, die eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können, habe es nicht gegeben. Stattdessen seien kriminalistische Bauchgefühle für das Vorgehen des Beklagten ausschlaggebend gewesen. Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung wäre ohne die verdeckten Maßnahmen auch weder gefährdet noch beeinträchtigt worden. Denn der Beklagte hätte als mildere Ermittlungsmaßnahme etwa die Kinder und Jugendlichen bzw. deren Eltern zu etwaigen sexuellen Übergriffen seitens des Klägers befragen oder das Kajütboot auf molekulargenetische Spuren sexueller Handlungen hin untersuchen können. Das habe umso näher gelegen, als ohnehin höchstens ein Gefahrenverdacht bestanden habe. Zudem sei das Ziel des Beklagten nicht die präventive Datenerhebung zur Verhinderung von Straftaten gewesen. Vielmehr sei es darum gegangen, unabhängig von einem konkreten Anfangsverdacht Beweise für ein zukünftiges Strafverfahren zu beschaffen. Dies sei jedoch unzulässig, weil der Bundesgesetzgeber die Strafverfolgungsvorsorge im Rahmen seiner Zuständigkeit für das gerichtliche Verfahren mit den §§ 100 c, 100 d, 163 f und 100 h StPO abschließend geregelt habe.
13 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er führte aus, es habe sich bei den angeordneten Maßnahmen um solche der Gefahrenabwehr gehandelt, weshalb es nicht auf einen strafrechtlichen Anfangsverdacht ankomme. Durch die strafprozessuale Durchsuchung habe auch tatsächlich eine schwere Straftat i.S. des § 176 a StGB verhindert werden können. Dem Behördenleitervorbehalt aus § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG sei Rechnung getragen und der Kläger sei entsprechend § 22 Abs. 8 PolG nachträglich über die verdeckten Maßnahmen unterrichtet worden. Die materiellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PolG hätten ebenfalls vorgelegen. Es habe konkrete, objektiv nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger ein Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Form des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sexuellen Nötigung oder der Vergewaltigung begehen könne. Der Kläger habe weiterhin Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gepflegt, was für einen Mann seines Alters und mit seiner Vorgeschichte großen Bedenken begegne. Die vom Kläger an den Tag gelegten Verhaltensweisen, die in seiner Persönlichkeit gründeten und ein gewisses Schema erkennen ließen, begründeten die Vermutung, er werde auch zukünftig sexuell motivierte Straftaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen begehen. Alle von ihm ausgewählten Kinder stammten aus sozial schwachen Familien. Durch das Anbieten und Gewähren von Vergünstigungen in Form von Nachhilfe, Freizeitaktivitäten, Bootsaufenthalten, Liebesbekundungen per SMS, Massagen und Geschenken habe der Kläger immer wieder ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern geschaffen. Angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilungen könne daraus auf den Hang zur Begehung erheblicher Straftaten geschlossen werden. Mildere Mittel hätten nicht zur Verfügung gestanden. Eine zeitliche und räumliche Rundumüberwachung habe nicht stattgefunden. Dem Kernbereich privater Lebensgestaltung des Klägers sei dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass sein Wohnbereich weder durch Videoaufzeichnungen noch akustisch überwacht worden sei.
14 
Mit Urteil vom 27.11.2012 (- 3 K 1607/11 - juris) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene längerfristige Observation sowie der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung rechtswidrig waren, weil der Beklagte die formellen Anforderungen des in § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG geregelten Behördenleitervorbehalts nicht beachtet habe.
15 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die weiteren besonderen Mittel der Datenerhebung, deren Einsatz angeordnet worden sei, unterlägen weder dem Behördenleitervorbehalt gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG noch einem Richtervorbehalt. Auch in der Sache sei der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung rechtmäßig erfolgt. Die vom Beklagten getroffenen Maßnahmen hätten der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung gedient. Es hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger künftig solche Straftaten begehen werde. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die besonderen Mittel der Datenerhebung zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung und nicht zur Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten eingesetzt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Mittel der Datenerhebung seien in § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG auch hinreichend bestimmt bezeichnet. Die für eine ausreichende Bestimmtheit erforderliche tatbestandseinengende Funktion werde durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 PolG genannten Personenkreis erreicht. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dürften nur Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen bzw. über Kontakt- und Begleitpersonen solcher Personen erhoben werden. Bloße Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze reichten grundsätzlich nicht aus, um das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zu begründen, der Betroffene werde zukünftig Straftaten begehen. Es müssten vielmehr Tatsachen festgestellt werden, die eine solche Gefahrenprognose tragen. Hier hätten während des gesamten Zeitraums des Einsatzes der besonderen Mittel der Datenerhebung tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, der Kläger werde erneut eine Straftat des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern begehen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Landespolizeidirektion ihre Entscheidung nicht auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt. Die vom Kläger gegen die Erforderlichkeit der Maßnahmen vorgebrachten Einwände griffen ebenfalls nicht durch. Die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung sei schließlich nicht wegen einer Verletzung des Kernbereichs der persönlichen Lebensführung des Klägers rechtswidrig gewesen.
16 
Der Kläger trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung ergänzend und vertiefend im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die angeordneten Maßnahmen insgesamt materiell rechtswidrig. Die Maßnahmen seien bereits deshalb nicht von § 22 PolG gedeckt, weil sie zu repressiven Zwecken angeordnet worden seien. Sie hätten die Einleitung und erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollen. Unabhängig davon hätten die Voraussetzungen einer Gefahr im präventiv-polizeilichen Sinne nicht vorgelegen. Die letzte Vortat habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen über 15 Jahre zurückgelegen. Der Kläger habe im Anschluss an die erste Verurteilung eine Psychotherapie durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. Neben den Vorstrafen habe allein der Umstand vorgelegen, dass sich (auch) männliche Kinder und Jugendliche auf dem Boot des Klägers aufhielten. Dies reiche nicht aus, um eine auf Tatsachen gestützte Gefahr zu begründen. Die kumulative Anordnung nahezu sämtlicher nach § 22 PolG möglicher Maßnahmen sei auch unverhältnismäßig. Deutlich mildere Maßnahmen, die zumindest in gleicher Weise geeignet seien, präventive Wirkung zu entfalten, lägen auf der Hand. Besonders nahe liege die zeugenschaftliche Befragung der Jugendlichen und ihrer Eltern sowie die Anordnung eines behördlichen Umgangsverbots. Schließlich sei § 22 PolG insbesondere im Fall der vorliegenden Kumulation der Maßnahmen bis hin zur vorgenommenen „polizeilichen Totalüberwachung“ und den damit verbundenen (letztlich irreversiblen) Grundrechtseingriffen ohne Richtervorbehalt mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - zu ändern, soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Mit Blick auf die Eingriffsintensität der besonderen Datenerhebung nach § 22 PolG bestehe nicht das Erfordernis eines Richtervorbehalts. Der Gesetzgeber habe sich bei der Änderung des Polizeigesetzes über die Intensität des Grundrechtseingriffs Gedanken gemacht und die Eingriffstiefe typischerweise nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet, sondern die Erweiterung der technischen Observationsmöglichkeiten je nach Einsatzart als gegenüber herkömmlichen Überwachungsmethoden milderes Mittel eingestuft. Dies gelte auch für die vorliegende Konstellation, in der für die konkrete Straftatenvorbeugung ein passgenauer Überwachungsrahmen an Maßnahmen geschnürt worden sei. Der Einsatz von GPS, eines Abhörgeräts im Auto, Observierung und Videoüberwachung seien spezifisch auf den Gefahrenkontext des Klägers zugeschnitten gewesen und hätten seinen persönlichen Rückzugsraum an Privatheit geachtet. Bis zur Türschwelle seien jedoch Erkenntnisse gesammelt und polizeiliche Ressourcen bereitgehalten worden, um im nach Lage der Dinge hinreichend wahrscheinlichen Ernstfall unverzüglich einschreiten zu können. Der Umstand, dass von mehreren polizeilichen Mitteln Gebrauch gemacht worden sei, führe nicht automatisch zu einer Vertiefung der grundrechtsrelevanten Eingriffsschwelle. Die Überwachungstätigkeit sei jeweils an die konkrete Erkenntnislage angepasst worden. Begonnen habe man mit der Überwachung per Videoaufzeichnung vom Boot, dem verdächtigsten Rückzugsraum des Klägers. Auf der Grundlage der weiteren Beobachtung sei die Überwachung nach und nach auf die GPS-Überwachung und die Verwanzung des Autos ausgeweitet worden, bevor letztlich der Hauseingang überwacht worden sei. Dies sei situationsangemessen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung und der daran jeweils orientierten Gefahrenprognose sowie der aktualisierten taktischen Lage erfolgt. Die Überwachung sei im Rahmen der originär polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr erfolgt. Die Maßnahmen seien klar auf den Schutz gefährdeter Kinder ausgerichtet gewesen. Es handele sich um eine geradezu typische Konstellation der Verhinderungsvorsorge, in welcher der Grad des strafprozessualen Anfangsverdachts verneint worden sei, der Polizei jedoch genügend Prognoseeckpunkte vorgelegen hätten, um berechtigterweise von einer Gefährdung besonders schutzbedürftiger Personen ausgehen zu dürfen. Durch die Sammlung von Daten sei die Polizei ihrem Auftrag zur Gefahrenabwehr vor sexuellem Missbrauch von Kindern in konkret-effizienter Art und Weise nachgekommen. Durch die Erhebung der Kontakte zu potentiellen Opfern, deren Häufigkeit, Ausprägung und Umfeld habe die Polizei diese Erkenntnisse mit bekannten Mustern des Klägers und kriminalistischem Erfahrungswissen abgleichen können, um so den Zeitpunkt eines ernsthaft zu befürchtenden Umschlagens der Gefahr zur Tat eruieren und absichern zu können. Das planvolle Vorgehen des Klägers bei der Annäherung an knabenhafte Jungen und der gemeinsame Aufenthalt an privaten Orten (Boot, Wohnung, Auto) habe den Verhaltensmustern der Vortaten entsprochen. Bei dem Kläger handele es sich um einen einschlägigen Wiederholungstäter, dessen Sexualtrieb mit Hang zu männlichen Kindern und Jugendlichen sich trotz einer Therapie nach der ersten Verurteilung nicht verändert habe. Das planmäßige Vorgehen unter Aufbau eines freundschaftlichen Verhältnisses mit dem Potential zum Antesten sexueller Grenzen habe der kriminellen Energie der Vortaten entsprochen. Das „Wann“ eines manifesten Einsatzes obliege gewissen polizeitaktischen Erwägungen. Ein Abwarten signalisiere hier keineswegs ein Zuwarten auf strafrechtliche Erkenntnisse. Vielmehr sei es den konkreten Umständen des Einzelfalls geschuldet, wann eine Gefahr unmittelbar in die Tat umzuschlagen drohe. So könne sich etwa bei jugendlichen Begleitern über 14 Jahren ein anderer Bewertungsmaßstab ergeben als bei Kindern unter 14 Jahren, wo es von vornherein nicht auf die Freiwilligkeit der sexuellen Handlung ankomme. Die unmittelbare Gefahr sei hier anhand der Erkenntnisse über einen bevorstehenden Bootsurlaub mit einer möglichen, kindlichen Zielperson für sexuelle Übergriffe eingetreten. Die beabsichtigte gemeinsame Reise auf dem Boot samt der langen Zeitspanne des Beisammenseins auf engstem Raum hätte den Überwachungsradius überfordert und dem Kläger ein optimales Umfeld des sexuellen Zugriffs geboten. Dieses Risiko habe man nicht eingehen können. Deshalb seien die Durchsuchung angeordnet und die präventiven Maßnahmen gestoppt worden.
22 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten der Strafverfahren vor dem Landgericht xxx (xxx zzgl. Sonderbände und Bewährungsheft sowie xxx), die Akten der Staatsanwaltschaft xxx zum Ermittlungsverfahren xxx, drei Bände Akten mit Fotokopien aus polizeilichen Ermittlungsverfahren sowie die Akten des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit deren Vorlage nicht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom Innenministerium verweigert worden ist, vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers des LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg gegen den Kläger rechtswidrig war.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer verdeckten Datenerhebung.
Der Kläger beteiligte sich an einer im August 1991 in Freiburg gegründeten und im Januar 1992 aufgelösten Initiative mit dem Ziel humanitärer Hilfe für politische Gefangene. Am ersten Treffen dieser Initiative nahm neben dem Kläger auch ein Hans-Joachim C. teil. Zwischen C. und dem Kläger entwickelte sich in der Folgezeit eine freundschaftliche Beziehung. Im Juli 1992 fand das letzte Treffen des Klägers mit C. statt, der Kontakt brach dann ab, da C. unbekannt verzog. Während der gemeinsamen Zeit der beiden Männer war gegenüber C. der Verdacht entstanden, dieser könne, neben einem R., ein polizeilicher Verdeckter Ermittler sein. Im Oktober 1992 richtete der Kläger ein Schreiben an den Beklagtenvertreter, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA), und begehrte Auskunft darüber, ob und ggf. warum er Betroffener einer verdeckten Datenerhebung geworden sei, und forderte ferner Auskunft über alle in diesem Zusammenhang erhobenen Informationen. Der Kläger bezog sich dabei auch auf den Einsatz zweier Verdeckter Ermittler in Tübingen. Dieser Einsatz war vom LKA im Jahr 1991 begonnen und im Juli 1992 abgebrochen worden, nachdem ein Verdeckter Ermittler enttarnt worden war. Auf Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg war schließlich Ende Juli 1992 der Einsatz aller im Bereich Linksextremismus-/Terrorismus eingesetzten Verdeckten Ermittler beendet worden. Auf die im November 1992 erhobene Klage zweier vom Tübinger Einsatz betroffener Personen stellte das VG Stuttgart mit Urteil vom 30.9.1993 (1 K 3212/92 -Juris Web [L]) die Rechtswidrigkeit des Tübinger Einsatzes fest. Der VGH Baden-Württemberg änderte diese Entscheidung mit Urteil vom 21.11.1994 (1 S 2909/93 - DVBl. 1995, 365) und wies die Klagen als unzulässig ab. Auf die Revision der Tübinger Kläger hob das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl. 1997, 761) die Berufungsentscheidung auf und verwies den Rechtstreit an den VGH zurück, wo das Verfahren mit Beschluss vom 25.5.1999 (1 S 1593/97 - NVwZ-RR 2000, 174) eingestellt wurde, nachdem sich die Beteiligten außergerichtlich verglichen hatten.
Eine vom Kläger zwecks Klärung der "Freiburger Ereignisse" im Dezember 1993 erhobene Auskunftsklage (1 K 2265/93) erklärten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im November 1995 übereinstimmend für erledigt, nachdem das LKA erklärt hatte, alle im Zusammenhang mit dem etwaigen Einsatz von Verdeckten Ermittlern erhobenen Daten seien in der Zeit von November 1992 bis Januar 1993 gelöscht worden. Bereits am 31.1.1994 hat der Kläger die vorliegende Feststellungsklage - sie ist zunächst unter dem Aktenzeichen 1 K 215/94 geführt worden - erhoben. Im Anschluss an einen Zwischenstreit nach § 99 VwGO, in welchem der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 6.5.1997 - 1 S 2581/96 - Juris Web) - anders als die Kammer - entschieden hatte, die vom Beklagten verweigerte Erteilung von Auskünften sei zulässig, ruhte das vorliegende Verfahren zunächst. Es ist vom Kläger am 10.8.1998 wiederangerufen worden (neues Az.: 1 K 2186/98), wobei er zugleich die Klage um das Begehren erweitert hat, den Beklagten zur Unterrichtung zu verurteilen, ob er in der Zeit von Mai 1991 bis August 1992 Betroffener einer Maßnahme nach § 22 Abs. 2 und Abs. 3 PolG gewesen sei. Mit Urteil vom 23.6.1999 hat die Kammer dem (materiell-rechtlich auf § 22 Abs. 8 PolG beruhenden) Unterrichtungsbegehren im Verfahren 1 K 1478/99 umfassend stattgegeben. Zugleich ist der vorliegende, jetzt unter dem aktuellen Aktenzeichen 1 K 439/03 geführte Feststellungsstreit abgetrennt und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Unterrichtungsbegehren ausgesetzt worden. Mit Urteil vom 4.12.2002 (1 S 1639/00 - VBlBW 2003, 349), rechtskräftig seit 25.2.2003, hat der VGH Baden-Württemberg die von ihm zugelassene Berufung gegen das Urteil der Kammer vom 23.6.1999 zurückgewiesen.
Am 13.3.2003 hat der Kläger den vorliegenden Feststellungsstreit wieder angerufen, nachdem ihm das LKA mit Schreiben vom 17.2.2003 Land folgendes mitgeteilt hatte:
"Die zur Stellungnahme aufgeforderte Abteilung 6 "Staatsschutz" teilte dem Referat 101 "Recht, Datenschutz" des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (LKA BW) mit, dass
- das LKA BW vom Januar 1991 bis Juli 1992 im Raum Freiburg Maßnahmen nach § 22 Abs. 3 PolG durchführte,
- u. a. eine Person namens  XXX  XXX  - als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG - von diesen Maßnahmen betroffen war
- der Umfang der Datenerhebung sowie die exakte Dauer der Maßnahme, von der Herr XXX betroffen war, nicht mehr nachvollziehbar ist, da alle personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit den oben angeführten Maßnahmen zwischenzeitlich gelöscht wurden. …"
Sein Feststellungsbegehren begründet der Kläger im wesentlichen wie folgt: Die Klage sei zulässig, weil er unabhängig von der Frage einer konkreten Wiederholungsgefahr ein Rehabilitationsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers habe. Sein Fall sei weiterhin Gegenstand öffentlicher journalistischer Bearbeitung. So habe sein Prozessbevollmächtigter auf Anforderung des Redaktionsteams des "Grundrechte-Reports 2004" einen Bericht zum bisherigen Verfahrensstand gegeben. Im übrigen habe jüngst auch das Bundesverfassungsgericht ein Rehabilitationsinteresse selbst nach Erledigung einer grundrechtsintensiv belastenden Maßnahmen bejaht. Zur Begründetheit seines Begehrens führt der Kläger aus, aufgrund des engen Verhältnisses zwischen ihm und C. seien diesem eine Vielzahl an Informationen aus seinem Privat- und Intimbereich bekannt geworden. Es sei davon auszugehen, dass das LKA mit der Hilfe C.'s über ihn eine Vielzahl von Informationen erhalten habe, die ein vollständiges Persönlichkeitsbild wiedergäben. Diese Informationen seien in geheimdienstlicher Manier erhoben worden, ohne dass sie einem konkreten, gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren gedient hätten. Die Einsatzanordnung sei bereits deshalb rechtswidrig gewesen, weil der von ihr betroffene Personenkreis nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Insoweit unterscheide sich sein Fall nicht vom Einsatz Verdeckter Ermittler in den Jahren 1991 und 1992 in Tübingen, der durch das VG Stuttgart für rechtswidrig erklärt worden sei. Auf Grund der Intensität des Kontaktes, die er und seine damalige Lebensgefährtin zu C. erlebt hätten, stelle sich die nachträglich vom Beklagten vorgenommene Einordnung seiner Person als (nur) Kontaktperson als Schutzbehauptung dar. Auch an den materiell-rechtlichen Voraussetzungen der §§ 1 und 3 PolG bzw. - seit seinem Inkrafttreten am 1.12.1991 - des § 22 PolG habe es schließlich gefehlt.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
festzustellen, dass der Einsatz des unter einem Decknamen vom LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg eingesetzten Verdeckten Ermittlers ihm gegenüber rechtswidrig war.
12 
Das beklagte Land beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Es entgegnet: Die Klage sei bereits mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Wegen der Einzigartigkeit des Vorfalls bestehe keine konkrete Wiederholungsgefahr. Aber auch ein Rehabilitationsinteresse fehle, weil von Seiten des LKA nie öffentlich geäußert worden sei, dass der Kläger Betroffener einer verdeckten Ermittlungsmaßnahme gewesen sei. Darüber hinaus habe es keine den Kläger beeinträchtigende Reaktionen Dritter gegeben. Das Begehren sei aber auch nicht begründet. Der Einsatz des LKA sei rechtmäßig gewesen. Wegen der Lage im Bereich des Linksextremismus bis 1992 werde auf im Rahmen von Abgeordnetenanfragen ergangene, umfassende Stellungnahmen des Innenministeriums Baden-Württemberg vom Juli und August 1992 verwiesen. Für die Entscheidung eines Verdeckten-Ermittler-Einsatzes im Raum Freiburg seien weitere schwerwiegende Aspekte ausschlaggebend gewesen, die das LKA im Schreiben vom 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg ausführlich dargelegt habe. Von den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen sei der Kläger als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG betroffen gewesen. Er habe intensive Kontakte zu Personen i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG unterhalten, bei denen wiederum tatsächliche Anhaltspunkte vorgelegen hätten, dass sie künftig Straftaten begingen.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt (ein Heft des LKA, zwei Hefte Gerichtsakten der Verfahren 1 K 2265/93 und 1 K 1478/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

Gründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers des LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg gegen den Kläger rechtswidrig war.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer verdeckten Datenerhebung.
Der Kläger beteiligte sich an einer im August 1991 in Freiburg gegründeten und im Januar 1992 aufgelösten Initiative mit dem Ziel humanitärer Hilfe für politische Gefangene. Am ersten Treffen dieser Initiative nahm neben dem Kläger auch ein Hans-Joachim C. teil. Zwischen C. und dem Kläger entwickelte sich in der Folgezeit eine freundschaftliche Beziehung. Im Juli 1992 fand das letzte Treffen des Klägers mit C. statt, der Kontakt brach dann ab, da C. unbekannt verzog. Während der gemeinsamen Zeit der beiden Männer war gegenüber C. der Verdacht entstanden, dieser könne, neben einem R., ein polizeilicher Verdeckter Ermittler sein. Im Oktober 1992 richtete der Kläger ein Schreiben an den Beklagtenvertreter, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA), und begehrte Auskunft darüber, ob und ggf. warum er Betroffener einer verdeckten Datenerhebung geworden sei, und forderte ferner Auskunft über alle in diesem Zusammenhang erhobenen Informationen. Der Kläger bezog sich dabei auch auf den Einsatz zweier Verdeckter Ermittler in Tübingen. Dieser Einsatz war vom LKA im Jahr 1991 begonnen und im Juli 1992 abgebrochen worden, nachdem ein Verdeckter Ermittler enttarnt worden war. Auf Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg war schließlich Ende Juli 1992 der Einsatz aller im Bereich Linksextremismus-/Terrorismus eingesetzten Verdeckten Ermittler beendet worden. Auf die im November 1992 erhobene Klage zweier vom Tübinger Einsatz betroffener Personen stellte das VG Stuttgart mit Urteil vom 30.9.1993 (1 K 3212/92 -Juris Web [L]) die Rechtswidrigkeit des Tübinger Einsatzes fest. Der VGH Baden-Württemberg änderte diese Entscheidung mit Urteil vom 21.11.1994 (1 S 2909/93 - DVBl. 1995, 365) und wies die Klagen als unzulässig ab. Auf die Revision der Tübinger Kläger hob das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl. 1997, 761) die Berufungsentscheidung auf und verwies den Rechtstreit an den VGH zurück, wo das Verfahren mit Beschluss vom 25.5.1999 (1 S 1593/97 - NVwZ-RR 2000, 174) eingestellt wurde, nachdem sich die Beteiligten außergerichtlich verglichen hatten.
Eine vom Kläger zwecks Klärung der "Freiburger Ereignisse" im Dezember 1993 erhobene Auskunftsklage (1 K 2265/93) erklärten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im November 1995 übereinstimmend für erledigt, nachdem das LKA erklärt hatte, alle im Zusammenhang mit dem etwaigen Einsatz von Verdeckten Ermittlern erhobenen Daten seien in der Zeit von November 1992 bis Januar 1993 gelöscht worden. Bereits am 31.1.1994 hat der Kläger die vorliegende Feststellungsklage - sie ist zunächst unter dem Aktenzeichen 1 K 215/94 geführt worden - erhoben. Im Anschluss an einen Zwischenstreit nach § 99 VwGO, in welchem der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 6.5.1997 - 1 S 2581/96 - Juris Web) - anders als die Kammer - entschieden hatte, die vom Beklagten verweigerte Erteilung von Auskünften sei zulässig, ruhte das vorliegende Verfahren zunächst. Es ist vom Kläger am 10.8.1998 wiederangerufen worden (neues Az.: 1 K 2186/98), wobei er zugleich die Klage um das Begehren erweitert hat, den Beklagten zur Unterrichtung zu verurteilen, ob er in der Zeit von Mai 1991 bis August 1992 Betroffener einer Maßnahme nach § 22 Abs. 2 und Abs. 3 PolG gewesen sei. Mit Urteil vom 23.6.1999 hat die Kammer dem (materiell-rechtlich auf § 22 Abs. 8 PolG beruhenden) Unterrichtungsbegehren im Verfahren 1 K 1478/99 umfassend stattgegeben. Zugleich ist der vorliegende, jetzt unter dem aktuellen Aktenzeichen 1 K 439/03 geführte Feststellungsstreit abgetrennt und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Unterrichtungsbegehren ausgesetzt worden. Mit Urteil vom 4.12.2002 (1 S 1639/00 - VBlBW 2003, 349), rechtskräftig seit 25.2.2003, hat der VGH Baden-Württemberg die von ihm zugelassene Berufung gegen das Urteil der Kammer vom 23.6.1999 zurückgewiesen.
Am 13.3.2003 hat der Kläger den vorliegenden Feststellungsstreit wieder angerufen, nachdem ihm das LKA mit Schreiben vom 17.2.2003 Land folgendes mitgeteilt hatte:
"Die zur Stellungnahme aufgeforderte Abteilung 6 "Staatsschutz" teilte dem Referat 101 "Recht, Datenschutz" des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (LKA BW) mit, dass
- das LKA BW vom Januar 1991 bis Juli 1992 im Raum Freiburg Maßnahmen nach § 22 Abs. 3 PolG durchführte,
- u. a. eine Person namens  XXX  XXX  - als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG - von diesen Maßnahmen betroffen war
- der Umfang der Datenerhebung sowie die exakte Dauer der Maßnahme, von der Herr XXX betroffen war, nicht mehr nachvollziehbar ist, da alle personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit den oben angeführten Maßnahmen zwischenzeitlich gelöscht wurden. …"
Sein Feststellungsbegehren begründet der Kläger im wesentlichen wie folgt: Die Klage sei zulässig, weil er unabhängig von der Frage einer konkreten Wiederholungsgefahr ein Rehabilitationsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers habe. Sein Fall sei weiterhin Gegenstand öffentlicher journalistischer Bearbeitung. So habe sein Prozessbevollmächtigter auf Anforderung des Redaktionsteams des "Grundrechte-Reports 2004" einen Bericht zum bisherigen Verfahrensstand gegeben. Im übrigen habe jüngst auch das Bundesverfassungsgericht ein Rehabilitationsinteresse selbst nach Erledigung einer grundrechtsintensiv belastenden Maßnahmen bejaht. Zur Begründetheit seines Begehrens führt der Kläger aus, aufgrund des engen Verhältnisses zwischen ihm und C. seien diesem eine Vielzahl an Informationen aus seinem Privat- und Intimbereich bekannt geworden. Es sei davon auszugehen, dass das LKA mit der Hilfe C.'s über ihn eine Vielzahl von Informationen erhalten habe, die ein vollständiges Persönlichkeitsbild wiedergäben. Diese Informationen seien in geheimdienstlicher Manier erhoben worden, ohne dass sie einem konkreten, gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren gedient hätten. Die Einsatzanordnung sei bereits deshalb rechtswidrig gewesen, weil der von ihr betroffene Personenkreis nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Insoweit unterscheide sich sein Fall nicht vom Einsatz Verdeckter Ermittler in den Jahren 1991 und 1992 in Tübingen, der durch das VG Stuttgart für rechtswidrig erklärt worden sei. Auf Grund der Intensität des Kontaktes, die er und seine damalige Lebensgefährtin zu C. erlebt hätten, stelle sich die nachträglich vom Beklagten vorgenommene Einordnung seiner Person als (nur) Kontaktperson als Schutzbehauptung dar. Auch an den materiell-rechtlichen Voraussetzungen der §§ 1 und 3 PolG bzw. - seit seinem Inkrafttreten am 1.12.1991 - des § 22 PolG habe es schließlich gefehlt.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
festzustellen, dass der Einsatz des unter einem Decknamen vom LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg eingesetzten Verdeckten Ermittlers ihm gegenüber rechtswidrig war.
12 
Das beklagte Land beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Es entgegnet: Die Klage sei bereits mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Wegen der Einzigartigkeit des Vorfalls bestehe keine konkrete Wiederholungsgefahr. Aber auch ein Rehabilitationsinteresse fehle, weil von Seiten des LKA nie öffentlich geäußert worden sei, dass der Kläger Betroffener einer verdeckten Ermittlungsmaßnahme gewesen sei. Darüber hinaus habe es keine den Kläger beeinträchtigende Reaktionen Dritter gegeben. Das Begehren sei aber auch nicht begründet. Der Einsatz des LKA sei rechtmäßig gewesen. Wegen der Lage im Bereich des Linksextremismus bis 1992 werde auf im Rahmen von Abgeordnetenanfragen ergangene, umfassende Stellungnahmen des Innenministeriums Baden-Württemberg vom Juli und August 1992 verwiesen. Für die Entscheidung eines Verdeckten-Ermittler-Einsatzes im Raum Freiburg seien weitere schwerwiegende Aspekte ausschlaggebend gewesen, die das LKA im Schreiben vom 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg ausführlich dargelegt habe. Von den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen sei der Kläger als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG betroffen gewesen. Er habe intensive Kontakte zu Personen i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG unterhalten, bei denen wiederum tatsächliche Anhaltspunkte vorgelegen hätten, dass sie künftig Straftaten begingen.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt (ein Heft des LKA, zwei Hefte Gerichtsakten der Verfahren 1 K 2265/93 und 1 K 1478/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

Gründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegner die bei ihm vorhandenen Daten der Exchange-Postfächer der Antragstellerin nicht an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ des Landtags von Baden-Württemberg, sondern nur an einen Richter herausgeben darf, dem dieser Untersuchungsausschuss durch Beschluss die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 des Untersuchungsausschussgesetzes übertragen hat, der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 des Untersuchungsausschussgesetzes in Verbindung mit § 110 der Strafprozessordnung vornimmt und dessen Entscheidung mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 des Untersuchungsausschussgesetzes in Verbindung mit § 304 der Strafprozessordnung angefochten werden kann.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin war bis Mai 2011 Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Baden-Württemberg. Sie erstrebt die Löschung sämtlicher noch beim jetzigen Umweltministerium vorhandener Daten der sie betreffenden Exchange-Postfächer aus ihrer Zeit als Ministerin mit den darin enthaltenen, an sie gerichteten und von ihr versandten E-Mails sowie E-Mail-Entwürfen. Diese befinden sich auf drei Magnetbändern, die als Datensicherung des gesamten Serverbestandes des ehemaligen Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr wegen einer Neuverteilung der Ressortbereiche dieses Ministeriums im Anschluss an die Landtagswahl 2011 angelegt wurden. Zweck der seinerzeit erfolgten Datensicherung war es, im Hinblick auf die mit der Verschiebung einzelner Ressortbereiche einhergehenden IT-Veränderungen bei Bedarf eine Wiederherstellung des ursprünglichen Serverbestandes ermöglichen zu können.
Mit Beschluss vom 18.12.2013 setzte der Landtag von Baden-Württemberg den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ ein. Nach dem Einsetzungsbeschluss hat dieser folgenden Auftrag (LT-Drs. 15/4640):
„I. zu untersuchen,
1. ob und in welchem Umfang der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses „Aufarbeitung des Polizeieinsatzes am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten“ (Drucksache 14/7500) unvollständig ist, welche Unterlagen – auch unter Berücksichtigung des Kernbereichs exekutiver Verantwortung – diesem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt wurden, insbesondere wann und von wem welche Unterlagen vorenthalten wurden, aus welchen Gründen und unter wessen Verantwortung;
2. ob und ggf. in welchem Umfang der Landtag durch unvollständig vorgelegte Akten in seinen Rechten verletzt worden ist;
3. ob und ggf. auf welche Weise und mit welchen Zielen es eine politische Einflussnahme der CDU-geführten Landesregierung Mappus oder von Dritten auf den Polizeieinsatz am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten gab, insbesondere ob neu aufgetretene Tatsachen oder neu zu beurteilende Tatsachen eine neue Bewertung des Polizeieinsatzes erfordern;
4. wann und aus welchem Grund der 30. September 2010 für den Polizeieinsatz im Schlossgarten festgelegt wurde und welche Personen auf Seiten der CDU-geführten Landesregierung Mappus, der Ministerien, der Polizei oder Dritte an dieser Entscheidung beteiligt waren;
5. ob die für den 6. Oktober 2010 geplante Regierungserklärung des damaligen Ministerpräsidenten Mappus Einfluss auf den Zeitpunkt des Polizeieinsatzes hatte;
...“
In der konstituierenden Sitzung des Untersuchungsausschusses am 19.12.2013 wurde folgender Beweisbeschluss Nr. 3 gefasst:
10 
„Es wird Beweis erhoben über die Fragen zu (...) I. des Untersuchungsauftrages durch Beiziehung sämtlicher Akten, einschließlich Handakten, Dokumente, in Dateien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersuchungsgegenstand direkt, indirekt, konkret oder abstrakt betreffen, und die sich befinden im Bereich der Landesregierung von Baden-Württemberg und ihrer Ministerien, die mit dem Polizeieinsatz am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten befasst waren (v.a. Staatsministerium, Innenministerium, Justizministerium, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft).“
11 
Am 26.09.2014 fasste der Untersuchungsausschuss den Beweisbeschluss Nr. 24 a:
12 
„Es wird Beweis erhoben über die Fragen [des Untersuchungsauftrags] durch Beiziehung der Sicherungskopien mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand, die die E-Mail-Postfächer für den Zeitraum 1.8.2010 bis 31.1.2011 von
13 
- Ministerin a.D. ... ... und
- Ministerialdirektor a.D. ... ...
14 
enthalten, vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft.
15 
Begründung
16 
Der Untersuchungsausschuss hat begründete Anhaltspunkte, dass sich in den Sicherungskopien der oben genannten E-Mail-Postfächer relevante Daten für die Erfüllung des Untersuchungsauftrags finden lassen.
17 
Für den Ausschuss ist die Einhaltung der Grundrechte der Betroffenen, die Wahrung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes der Betroffenen sowie der Schutz des Kernbereichs der Regierung ein Anliegen von wesentlicher Bedeutung.
18 
Um dies zu gewährleisten wird folgender Verfahrensvorschlag unterbreitet:
19 
Der Vorsitzende wendet sich mit Schreiben an das Ministerium mit der Bitte, die Daten ungeöffnet und ohne Einblick zu nehmen an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln.
20 
Die beabsichtigte Übermittlung an den Ausschuss sollte das Ministerium den Betroffenen zuvor anzeigen.
21 
Nachdem die Lesbarmachung der Daten erfolgt ist, erfolgt - ggf. durch einen Amtsrichter - eine Aussonderung der privaten Datenbestände und derjenigen Daten, die keinen Bezug zum Untersuchungsgegenstand haben. Die derart ausgesonderten dienstlichen Datenbestände mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand werden dem Ministerium mit der Bitte zugeleitet, diejenigen Daten auszusortieren, die dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung zuzurechnen sind. Die danach verbleibenden Daten sind an den Ausschuss zu übermitteln. Die übrigen Daten sind sämtlich und unverzüglich zu löschen.“
22 
Das Umweltministerium teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 21.10.2014 mit, dass sich das Ministerium verpflichtet sehe, ihre ehemaligen Exchange-Postfächer für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.01.2011 ohne Einsicht zu nehmen vom Gesamtdatenbestand getrennt und sodann ungelesen und versiegelt an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln. Es sei beabsichtigt, mit der technischen Abwicklung eine auf Computer-Forensik spezialisierte Fachfirma zu beauftragen, welche vom Ministerium auf die Sicherstellung aller Geheimschutz- und Datenschutzaspekte verpflichtet werde. Die rechtlichen Voraussetzungen einer Einsichtnahme seien allein durch den Untersuchungsausschuss zu beachten und zu verantworten. Der Untersuchungsausschuss selbst habe durch entsprechende Geheimhaltungsvorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte der Antragstellerin gewahrt blieben.
23 
Die Klage der Antragstellerin gegen das Land Baden-Württemberg auf Löschung der beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft vorhandenen Daten ihrer Exchange-Postfächer, hilfsweise auf Unterlassung der Herausgabe dieser Daten an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ wies das Verwaltungsgericht Sigmaringen ab (Urt. v. 20.05.2015 - 5 K 5439/14 - juris).
24 
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, grundsätzlich sei zugunsten der Klägerin ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG entstanden. Es bestehe nach § 15 Abs. 4 LDSG eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten. Der im Grundsatz bestehende Löschungsanspruch werde nach § 2 Abs. 5 Satz 1 LDSG durch die vorrangigen Rechtsvorschriften des Untersuchungsausschussgesetzes, insbesondere § 13 Abs. 1 UAG überlagert. Dabei komme es auf den Zeitpunkt der Zweckerreichung der Datenspeicherung nicht an. Von Bedeutung sei in zeitlicher Hinsicht allein, dass gegenwärtig vor dem Hintergrund der Anforderung der Sicherungskopien durch den Untersuchungsausschuss aufgrund seines Beweisbeschlusses Nr. 24 a das Datenmaterial noch vorhanden sei. Die strafprozessualen Rechtsvorschriften der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren seien besondere Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG. Das gelte auch für die Vorschriften des Untersuchungsausschussgesetzes. Über § 13 Abs. 6 UAG würden strafprozessuale Befugnisse hinsichtlich der Beweiserhebung in entsprechender Weise auf den Untersuchungsausschuss übertragen. Darüber hinaus ergebe sich der Vorrang nach § 2 Abs. 5 LDSG auch aus der Teleologie der in Rede stehenden Regelungen für den Untersuchungsausschuss. Das Kontrollrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses einschließlich des Beweiserhebungsrechts und der grundrechtliche Datenschutz stünden sich auf der Ebene des Verfassungsrechts gegenüber und müssten im konkreten Fall einander so zugeordnet werden, dass beide so weit wie möglich ihre Wirkungen entfalteten. Dem parlamentarischen Informationsinteresse komme besonderes Gewicht zu, soweit es um die Aufklärung behaupteter Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände im Verantwortungsbereich der Regierung gehe. Das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses sei weit zu fassen. Die dem Untersuchungsausschuss zugedachte Ermittlungs- und Aufklärungsfunktion könne dieser nur umfassend wahrnehmen, wenn sich sein Beweiserhebungsrecht einschließlich des Rechts auf Vorlage und Auswertung von Beweismitteln, welche wie hier personenbezogene Daten auf Sicherungskopien enthielten, gegenüber den die Datenverarbeitung begrenzenden Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes durchsetze. Die umfassenden Rechte des Untersuchungsausschusses seien an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, welche im vorliegenden Fall erfüllt seien. Unter anderem hätten parlamentarische Untersuchungsausschüsse gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte zu beachten, hier insbesondere das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Betroffen sei hier insbesondere der auf den Sicherungskopien auch enthaltene private E-Mail-Verkehr der Klägerin. Die Wahrung der Rechte der Klägerin habe jedoch nicht das Umweltministerium, sondern der die Beweisstücke empfangende Untersuchungsausschuss sicherzustellen.
25 
Die Antragstellerin hat gegen das Urteil vom 20.05.2015 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden ist (1 S 1172/15).
26 
Das Umweltministerium teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 15.06.2015 mit, dass der Untersuchungsausschuss an seinem Beweisbeschluss Nr. 24a festhalte und dass das Umweltministerium in Umsetzung dieses Beschlusses beabsichtige, dem Untersuchungsausschuss die E-Mail-Postfächer der Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.01.2011 ungeöffnet und ohne Einblick zu nehmen zu übermitteln.
27 
Am 17.06.2015 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, dem Antragsgegner zu untersagen, die genannten Daten bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ herauszugeben.
28 
Mit Schriftsatz vom 01.07.2015, beim Verwaltungsgerichtshof vom 03.07.2015 eingegangen, haben der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ und ein Mitarbeiter der Verwaltung des Landtags für den Untersuchungsausschuss die Beiladung zum Verfahren beantragt. Die Antragstellerin ist dem entgegengetreten. Mit Beschluss vom 17.07.2015 ist der Beiladungsantrag abgelehnt worden.
II.
29 
Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist mit der tenorierten Maßgabe abzulehnen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus (1). Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsanspruch, nämlich einen Anspruch auf Löschung ihrer privaten E-Mails, jedoch nicht ihrer übrigen personenbezogenen Daten (2). Soweit ein solcher Löschungsanspruch besteht, liegt auch ein Anordnungsgrund vor (3). Jedoch kann die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren zur Sicherung ihrer Rechte lediglich verlangen, dass die Daten ihrer Exchange-Postfächer nicht an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“, sondern nur an einen Richter herausgegeben werden, dem dieser Untersuchungsausschuss durch Beschluss die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG übertragen hat, der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO vornimmt und dessen Entscheidung mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 304 StPO angefochten werden kann (4).
30 
1. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Verhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen. Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO)
31 
Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird.
32 
Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.08.1999 - 2 VR 1.99 - BVerwGE 109, 258 <262>; Beschl. v. 10.02.2011 - 7 VR 6.11 - juris Rn. 6; Senat, Beschl. v. 12.10.2007 - 1 S 2132/07 - ESVGH 58, 99, juris Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.09.1994 - 9 S 687/94 - DVBl. 1995, 160; Beschl. v. 20.12.2013 - 10 S 1644/13 - VBlBW 2014, 231; Beschl. v. 05.02.2015 - 10 S 2471/14 - DVBl. 2015, 579; je m.w.N.).
33 
Dabei sind die grundrechtlichen Positionen des Antragstellers zu berücksichtigen. Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen. Je schwerer die sich aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden. Entscheidend ist, dass die Prüfung eingehend genug ist, um den Antragsteller vor erheblichen und unzumutbaren, anders weder abwendbaren noch reparablen Nachteilen effektiv zu schützen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 - BVerfGE 79, 69 <74>; Beschl. v. 16.05.1995 - 1 BvR 1087/91 - BVerfGE 93, 1 <13 f.>).
34 
2. Die Antragstellerin dürfte einen Anspruch auf Löschung ihrer personenbezogenen Daten der sie betreffenden Exchange-Postfächer auf den beim Antragsgegner vorhandenen Magnetbändern haben, soweit es sich um Daten rein privater E-Mails handelt. Denn nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG besteht ein Anspruch auf Löschung aller personenbezogenen Daten (a), dem das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ nach Art. 35 Abs. 2 LV, § 14 UAG als besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG vorgeht; das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses erstreckt sich jedoch von vornherein nicht auf die rein privaten E-Mails der Antragstellerin (b). Folglich besteht insoweit - da hinsichtlich der rein privaten Mails eine besondere Rechtsvorschrift i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die die Beweiserhebung erlaubt, nicht existiert - ein Löschungsanspruch. Soweit es jedoch nicht um private E-Mails der Antragstellerin geht, ist ein Löschungsanspruch nicht gegeben (c).
35 
a) Die Antragstellerin dürfte - vorbehaltlich des § 2 Abs. 5 LDSG - einen Anspruch auf Löschung ihrer personenbezogenen Daten der sie betreffenden Exchange-Postfächer auf den beim Antragsgegner vorhandenen Magnetbändern haben.
36 
aa) § 2 Abs. 3 LDSG steht der Anwendung des Landesdatenschutzgesetzes nicht entgegen. In Frage steht nicht die Anwendung des Gesetzes auf den Landtag, sondern auf das Umweltministerium. Dieses ist vollständig an das Landesdatenschutzgesetz gebunden.
37 
bb) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten der Antragstellerin betreffen Einzelangaben über ihre sachlichen Verhältnisse, nämlich ihre Kommunikation mit Dritten, und sind daher personenbezogene Daten. Dies gilt für private und dienstliche E-Mails gleichermaßen. Denn auch dienstliche E-Mails enthalten personenbezogene Daten.
38 
Speichernde Stelle ist das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
39 
Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2014 - 1 S 1352/13 - DVBl. 2014, 579).
40 
cc) Hier wurden die Daten nach § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert. Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor. Eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann, wenn mithin Zweckerreichung eingetreten ist (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2014, a.a.O.).
41 
So liegt der Fall voraussichtlich hier. Die Umressortierung ist auch EDV-technisch offensichtlich abgeschlossen. Die Datensicherungen werden für ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr benötigt. Der Antragsgegner macht das auch nicht geltend.
42 
b) Das Beweiserhebungsrecht eines Untersuchungsausschusses nach Art. 35 Abs. 2 LV, §§ 13, 14, 16 UAG kann einem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG auch dann vorgehen, wenn der Antragsgegner zur Löschung der personenbezogenen Daten der Antragstellerin zu einem Zeitpunkt verpflichtet war, als ein Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses noch nicht bestand (aa). Soweit das Beweiserhebungsrecht eines Untersuchungsausschusses nach Art. 35 Abs. 2 LV, §§ 13, 14, 16 UAG reicht, handelt es sich bei verfassungskonformer Auslegung um besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die daher den Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes vorgehen; das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses erstreckt sich jedoch von vornherein nicht auf die rein privaten E-Mails der Antragstellerin (bb).
43 
aa) Einer vorrangigen Anwendung von Art. 35 LV und des Untersuchungsausschussgesetzes dürfte voraussichtlich nicht entgegenstehen, dass eine vom Geltendmachen eines Anspruchs der Antragstellerin unabhängige objektivrechtliche Löschungspflicht des Antragsgegners voraussichtlich zu einem Zeitpunkt - nach Abschluss der Umressortierung - bestand, als der Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II" noch nicht eingesetzt und auf die streitigen Magnetbänder bezogene Beweisbeschlüsse des Untersuchungsausschusses noch nicht ergangen waren. Denn es dürfte zutreffen, dass es - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - in zeitlicher Hinsicht nur darauf ankommt, dass gegenwärtig Daten vorhanden sind, die vom Untersuchungsausschuss angefordert sind. Allerdings war das Unterlassen der Löschung der personenbezogenen Daten der Antragstellerin wahrscheinlich rechtswidrig, da eine Löschungspflicht nach § 23 Abs. 1 LDSG unabhängig davon besteht, ob der Betroffene einen Löschungsanspruch geltend macht.
44 
Folge dieses rechtswidrigen Unterlassens der Datenlöschung nach Abschluss der Umressortierung ist jedoch nicht, dass nachfolgend ein Untersuchungsausschuss auf noch vorhandene Daten nicht zugreifen kann. Solche Daten dem Zugriff eines Untersuchungsausschusses von vornherein zu entziehen, käme einem Beweisverwertungsverbot gleich, das im deutschen Recht jedoch nicht die typische Folge davon ist, dass ein Beweismittel auf rechtswidrige Weise gewonnen wurde. Bereits bei der strafprozessualen Beweisgewinnung führt nicht jeder Rechtsverstoß zu einem Verwertungsverbot hinsichtlich der so erlangten Erkenntnisse. Vielmehr ist je nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 14.08.2009 - 3StR 552/08 - BGHSt 54, 69, juris Rn. 47ff., m.w.N.). Auch im Zivilprozess sind rechtswidrig gewonnene Beweise, selbst wenn ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG vorliegt, nicht per se unverwertbar (vgl. BAG, Urt. v. 27.03.2003 - 2 AZR 51/02 - BAGE 105, 356, juris Rn. 24ff., m.w.N.; Greger, in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 386 Rn. 15a). Eine solche Beweisverwertung ist auch verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen (vgl. zum Strafprozess: BVerfG, Entsch. v. 31.01.1973 - 2 BvR 454/71 - BVerfGE 34, 238 <249>; Beschl. v. 14.09.1989 - 2 BvR 1062/87 - BVerfGE 80, 367 <374f.>; zum Zivilprozess: BVerfG, Beschl. v. 09.10.2002 - 1 BvR 1611/96 u.a. - BVerfGE 106, 28, juris Rn. 57ff., m.w.N.).
45 
Diese Grundsätze gelten mindestens in gleicher Weise für das Beweiserhebungsrecht eines Untersuchungsausschusses. Einem Untersuchungsausschuss ist der Zugriff auf Akten nicht schon dann verwehrt, wenn sich in den Akten Ergebnisse vorausgegangener Grundrechtseingriffe finden und die Kenntnisnahme seitens des Untersuchungsausschusses einen neuen Eingriff darstellen würde. Insbesondere kann der Gesichtspunkt präventiver Vermeidung künftiger Rechtsverstöße gerade gegen ein Verwertungsverbot sprechen, soweit es um die Zugänglichkeit von Informationen für einen Untersuchungsausschuss geht. Dies gilt vor allem im Rahmen von Missstandsenquêten und erst recht dann, wenn das Ziel des Untersuchungsausschusses gerade in der Aufdeckung von Rechtsverstößen bei der Erhebung oder Aufbewahrung der fraglichen Informationen liegt. Denn die Kenntnisnahme und Verwertung seitens des Untersuchungsausschusses kann in solchen Fällen Voraussetzung dafür sein, dass Verantwortlichkeiten für die betreffenden Rechtsverstöße geklärt werden, und zu wirksameren Vorkehrungen gegen künftige Verstöße beitragen (so BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 -BVerfGE 124, 78, juris Rn. 136).
46 
bb) Soweit das Beweiserhebungsrecht eines Untersuchungsausschusses nach Art. 35 Abs. 2 LV, §§ 13, 14, 16 UAG reicht, handelt es sich bei verfassungskonformer Auslegung um besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG. Besondere Rechtvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sind nur solche, die spezifische Regeln für die Datenverarbeitung normieren (aaa). Auch die Beweiserhebung durch einen Untersuchungsausschuss muss das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG beachten; das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses erstreckt sich daher von vornherein nicht auf Daten mit streng persönlichem Charakter (bbb). Wenn die Beweiserhebung eines Untersuchungsausschusses durch Beschlagnahme nach § 16 Abs. 4 UAG erfolgt, ist dem Erfordernis des § 2 Abs. 5 LDSG, dass es sich um eine spezifische Vorschrift der Datenverarbeitung handeln muss, voraussichtlich entsprochen (ccc). Die Beweiserhebung durch Aktenvorlage nach § 14 Abs. 1 UAG dürfte diesem Erfordernis bei einer verfassungskonformen Auslegung von § 13 Abs. 5, 6 UAG genügen, die sicherstellt, dass Daten mit streng persönlichem Charakter dem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden (ddd).
47 
aaa) Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll - wie mit § 1 Abs. 3 BDSG, dem § 2 Abs. 5 LDSG nachgebildet ist - gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglicht. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können. Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2014, a.a.O.; zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 1 Rn. 110; Gusy, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht, 2013, § 1 BDSG Rn. 80).
48 
Denn nach dem Willen des Gesetzgebers besteht der Vorrang nur für besondere Datenschutzvorschriften. So ist in der Begründung zum BDSG 1977 ausgeführt: „Ein entsprechendes Bundesgesetz kann deshalb nur subsidiär gelten; es soll besondere Rechtsvorschriften des Bundes mit Datenschutzcharakter unberührt lassen. Der Entwurf enthält deshalb Bestimmungen, die speziellen Datenschutzvorschriften in Fachgesetzen gemäß den besonderen Bedürfnissen der jeweiligen Materie Raum lassen.“ (BT-Drs. 7/1027, S. 16, bezogen auf den damaligen § 37 des Entwurfs) Diese gesetzgeberische Absicht kommt in dem Soweit-Halbsatz mit dem Tatbestandsmerkmal der besonderen Rechtsvorschriften, die auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, deutlich zum Ausdruck.
49 
Diese Auslegung des § 2 Abs. 5 LDSG entspricht auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben und damit dem Zweck des Gesetzes, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu schützen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein solcher Eingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Der Gesetzgeber hat den Verwendungszweck der Daten bereichsspezifisch und präzise zu bestimmen. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Eine Norm, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzt, ohne spezifische Regeln zur Verwendung der Daten aufzustellen, wäre mit diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen - wenn insoweit nicht das Bundesdatenschutzgesetz oder das Landesdatenschutzgesetz Anwendung fände - unvereinbar und kann folglich keine besondere Rechtsvorschrift i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sein.
50 
Enthält ein Gesetz solche besonderen Rechtsvorschriften, gehen diese dem Landesdatenschutzgesetz vor, soweit sie datenschutzrechtliche Regelungen treffen. Das folgt aus dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 5 LDSG und entspricht dem Zweck der Norm, Raum für datenschutzrechtliche Regelungen in Fachgesetzen zu lassen. Normieren diese nur teilweise die Anforderungen des Datenschutzes, reicht der Vorrang nicht weiter (vgl. Gusy, a.a.O.; Dix, a.a.O., Rn. 170f.; von Lewinski, in: Auernhammer, BDSG, 4. Aufl., § 1 Rn. 32; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 1 Rn. 13; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 1 Rn. 24). Regelt z.B. das Fachgesetz nur die Datenerhebung, -speicherung, -veränderung und -nutzung, richtet sich die Datenübermittlung nach den Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes.
51 
Besondere Rechtsvorschriften im Sinne des § 2 Abs. 5 LDSG können ein niedrigeres Schutzniveau haben als das Landesdatenschutzgesetz selbst (ebenso für § 1 Abs. 3 BDSG: Weichert, a.a.O.; Gola/Schomerus, a.a.O.; Gusy, a.a.O.; Schmidt, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 1 Rn. 34; differenzierend: Dix, a.a.O., § 1 Rn. 172). Für ein Erfordernis, dass das Schutzniveau mindestens dem des Landesdatenschutzgesetzes entsprechen muss, ist im Gesetzeswortlaut - anders als etwa in § 6 Abs. 1 Satz 3 BlnDSG - nichts ersichtlich. Ein dahingehender gesetzgeberischer Wille ist nicht feststellbar. Ein solches Erfordernis ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Ausreichend ist, dass die besondere Rechtsvorschrift ihrerseits mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar ist.
52 
Auch vor Inkrafttreten des Landesdatenschutzgesetzes und vor dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts in Kraft getretene Fachgesetze können besondere Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sein (ebenso für § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, a.a.O., § 1 Rn. 169). Denn maßgebend ist allein, ob es sich um spezielle datenschutzrechtliche Regelungen handelt. Bei Gesetzen, die nach dem Volkszählungsurteil nicht durch spezielle Datenschutzvorschriften ergänzt wurden, kann jedoch Anlass bestehen, genau zu prüfen, ob sie besondere Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sind (vgl. Dix, a.a.O., § 1 Rn. 172).
53 
bbb) Auch die Beweiserhebung durch einen Untersuchungsausschuss muss das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG beachten. Das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses erstreckt sich daher von vornherein nicht auf Daten mit streng persönlichem Charakter. Das folgt eindeutig aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Flick-Untersuchungsausschuss und zum Untersuchungsausschuss Neue Heimat. Im Fall Flick legte das Bundesverfassungsgericht dar:
54 
„Parlamentarische Untersuchungsausschüsse üben öffentliche Gewalt aus. Über die in Art. 44 Abs. 2 Satz 2 GG benannten Schranken hinaus haben sie gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte zu beachten. Diese können insbesondere das Beweiserhebungsrecht und das Recht auf Aktenvorlage einschränken.Das Recht auf Wahrung des in § 30 AO gesetzlich umschriebenen Steuergeheimnisses ist als solches kein Grundrecht. Die Geheimhaltung bestimmter steuerlicher Angaben und Verhältnisse, deren Weitergabe einen Bezug auf den Steuerpflichtigen oder private Dritte erkennbar werden läßt, kann indessen durch eine Reihe grundrechtlicher Verbürgungen, insbesondere durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG geboten sein…Die genannten Grundrechte verbürgen ihren Trägern einen Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe der auf sie bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten (vgl. BVerfGE 65, 1 [43]). Diese Verbürgung darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden; die Einschränkung darf nicht weiter gehen als es zum Schutze öffentlicher Interessen unerläßlich ist (vgl. BVerfGE 65, 1 [44])…Dieser Schutz besteht von Verfassungs wegen auch gegenüber den Befugnissen parlamentarischen Untersuchungsausschüsse. Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und grundrechtlicher Datenschutz stehen sich mithin auf der Ebene des Verfassungsrechts gegenüber und müssen im konkreten Fall einander so zugeordnet werden, daß beide soweit wie möglich ihre Wirkungen entfalten…Die Bedeutung, die das Kontrollrecht des Parlaments sowohl für die parlamentarische Demokratie als auch für das Ansehen des Staates hat, gestattet in aller Regel dann keine Verkürzung des Aktenherausgabeanspruchs zugunsten des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Eigentumsschutzes, wenn Parlament und Regierung Vorkehrungen für den Geheimschutz getroffen haben, die das ungestörte Zusammenwirken beider Verfassungsorgane auf diesem Gebiete gewährleisten, und wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Eine Ausnahme hiervon gilt indessen für solche Informationen, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für die Betroffenen unzumutbar ist (vgl. BVerfGE 65, 1 [46]).“ (BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11, 15/83 - BVerfGE 67, 100 <133ff.>).
55 
Im Fall Neue Heimat führte es aus:
56 
„Parlamentarische Untersuchungsausschüsse üben öffentliche Gewalt aus. Über die in Art. 44 Abs. 2 Satz 2 GG bezeichneten Schranken hinaus haben sie gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte zu beachten. Diese können insbesondere das Beweiserhebungsrecht einschränken (BVerfGE 67, 100 [142]). Die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG, verbürgen ihren Trägern Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe der auf sie bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten (vgl. BVerfGE 65, 1 [43]; 67, 100 [142f.]). Dieses Recht darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden; die Einschränkung darf nicht weiter gehen als es zum Schutze öffentlicher Interessen unerläßlich ist (vgl. BVerfGE 65, 1 [44]; 67, 100 [143]). Das Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses (Art. 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GG) und der grundrechtliche Datenschutz stehen sich auf der Ebene des Verfassungsrechts gegenüber und müssen im konkreten Fall einander so zugeordnet werden, daß beide soweit wie möglich ihre Wirkungen entfalten (BVerfGE 67, 100 [143f.]). Bei der hiernach gebotenen Abwägung sind namentlich Art und Bedeutung des mit der beabsichtigten Beweiserhebung verfolgten Ziels im Rahmen des dem Untersuchungsausschuß erteilten Auftrags und die Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit der betroffenen Daten angemessen zu berücksichtigen. Auf Informationen, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für die Betroffenen unzumutbar ist, erstreckt sich das Beweiserhebungsrecht nicht (vgl. BVerfGE 67, 100 [144])...“ (BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 u.a. - BVerfGE 77, 1 <43ff.>).
57 
Angesichts „der Ähnlichkeit, wenn auch nicht Identität der Regelung in Art. 44 GG und Art. 35 LV“ hat der Staatsgerichtshof ausdrücklich Ergebnisse der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, besonders zu der Frage der Vorlage von Akten und zum Grundrechtsschutz Betroffener, für das Landesrecht übernommen. Danach gelten die Grundsätze der Flick-Entscheidung auch in Baden-Württemberg (vgl. StGH, Urt. v. 15.03.1985 - GR 1/83 - VBlBW 1985, 213 <216>; Urt. v. 26.10.1989 - GR 3/87 - VBlBW 1990, 51 <55>). Das Verhältnis zwischen den Untersuchungsrechten des Ausschusses und dem Schutz der Grundrechte der von seiner Tätigkeit in der einen oder anderen Weise betroffenen Personen ist im Sinne möglichst weitgehender beiderseitiger Wirksamkeit zu optimieren. Die Grundrechte der Untersuchungspersonen sind jederzeit möglichst wirkungskräftig in Abwägung mit den ihrerseits verfassungsmäßig gewährleisteten Untersuchungsrechten des Ausschusses zur Geltung zu bringen. Bei der Durchführung des Untersuchungsauftrages verlangt der Schutz der Grundrechte der Betroffenen gegen unverhältnismäßige Eingriffe sorgfältige Differenzierungen (vgl. StGH, Urt. v. 13.08.1991 - GR 1/91 - ESVGH 42, 7 = NVwZ-RR 1992, 593 <594, 596>).
58 
Das Bundesverfassungsgericht hat an seiner Rechtsprechung auch später festgehalten. Auf Informationen, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für die Betroffenen unzumutbar ist, erstreckt sich das Beweiserhebungsrecht nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BVR 1165/86 - BVerfGE 76, 363, juris Rn. 77). Das Gericht betont zwar die Pflicht zur vollständigen Aktenvorlage. Der Untersuchungsausschuss soll sich anhand der vollständigen Akten selbst ein Bild vom Umfang ihrer Entscheidungserheblichkeit machen können. Der Vorlageanspruch bezieht sich grundsätzlich auf alle Akten, die mit dem Untersuchungsgegenstand in Zusammenhang stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BVE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 113). Zugleich hat es jedoch betont, dass das Beweiserhebungsrecht eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses verfassungsrechtlichen Begrenzungen unterliegt (Untersuchungsauftrag selbst, exekutive Eigenverantwortung, Staatswohl, Grundrechte, Rechtsmissbrauch), die dazu führen können, dass der Untersuchungsausschuss bestimmte Informationen nicht erhält (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 116, 119, 123, 132).
59 
Auch in der Literatur und von den Landesverfassungsgerichten wird - zu Recht - im Anschluss an diese Rechtsprechung angenommen, dass eine Weitergabe von Daten mit streng persönlichem Charakter auch bei entsprechenden Maßnahmen des Geheimnisschutzes unzulässig ist (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 44 Rn. 216 ; Glauben, in: Bonner Kommentar, Drittbearbeitung, Stand: März 2013, Art. 44 GG Rn. 108; Kluth, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 44 Rn. 32; Peters, Untersuchungsausschussrecht, 2012, Rn. 254; BayVerfGH, Entsch. v. 19.04.1994 - Vf. 71-IVa/93 - NVwZ 1995, 681 <682>; HambVerfG, Urt. v. 26.06.1995 - 1/95 - NVwZ 1996, 1201, juris Rn. 105).
60 
ccc) Das Recht der Untersuchungsausschüsse ist in Art. 35 LV und dem Untersuchungsausschussgesetz geregelt. Das Untersuchungsausschussgesetz stammt vom 03.03.1976 (GBl. S. 194). Es wurde geändert durch das Gesetz vom 12.12.1983 (GBl. S. 834), das Gesetz vom 11.10.1993 (GBl. S. 605), das Gesetz vom 11.10.2005 (GBl. S. 661), das Gesetz vom 09.11.2010 (GBl. S. 793) und das Gesetz vom 24.07.2012 (GBl. S. 488). Die Änderungen waren zum einen redaktioneller Natur und betrafen zum anderen Mehrheitserfordernisse sowie Zusammensetzung eines Untersuchungsausschusses und Einzelheiten des Verfahrens. In keinem der Änderungsgesetze hat der baden-württembergische Gesetzgeber verfassungsrechtliche Anforderungen, die sich aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts und seinen Entscheidungen zu den Untersuchungsausschüssen Flick und Neue Heimat ergeben, aufgegriffen. Für eine genaue Prüfung, ob die Vorschriften des Art. 35 LV und des Untersuchungsausschussgesetzes besondere Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sind (allgemein bejahend für Untersuchungsausschussgesetze, jedoch ohne nähere Begründung und unter bloßem Hinweis auf Vorschriften des Rechts von Schleswig-Holstein und Hamburg: Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, Systematik, Ziff. 4.3.2, S. 77), besteht daher besonderer Anlass.
61 
Erhebt der Untersuchungsausschuss Beweise durch Beschlagnahme nach § 16 Abs. 4 UAG, ist dem Erfordernis des § 2 Abs. 5 LDSG, dass es sich um eine spezifische Vorschrift der Datenverarbeitung handeln muss, voraussichtlich entsprochen. Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 UAG kann der Untersuchungsausschuss beim Amtsgericht Stuttgart die Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen beantragen, wenn für die Untersuchung notwendige Beweise auf andere Weise nicht erhoben werden können. Die Vorschriften der §§ 94 bis 111 StPO finden entsprechende Anwendung (§ 16 Abs. 4 Satz 2 UAG). Die Durchsicht der Papiere nach § 110 Abs. 1 StPO obliegt nach § 16 Abs. 4 Satz 4 UAG dem Gericht. Mit diesen Vorschriften dürfte gewährleistet sein, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG hinreichend geschützt ist. Ausschlaggebende Bedeutung hat dabei, dass die nach § 16 Abs. 4 Satz 4 UAG, § 110 StPO dem Amtsgericht vorbehaltene Sichtung der beschlagnahmten Papiere verfahrensmäßig sicherstellt, dass Beweismittel, die beschlagnahmt, aber nicht beweiserheblich sind oder streng persönlichen Charakter haben, dem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden. Denn insoweit hat das Bundesverfassungsgericht im Fall Neue Heimat ausgeführt:
62 
Art. 44 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit § 94 Abs. 1 und 2 StPO stellt eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für die Beschlagnahme im parlamentarischen Untersuchungsverfahren dar…
63 
Im Strafverfahren dürfen Beschlagnahmen grundsätzlich nur durch den Richter angeordnet werden. Lediglich bei Gefahr im Verzug sind auch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten hierzu befugt (§ 98 Abs. 1 StPO, Ausnahme: § 98 Abs. 1 Satz 2 StPO). In diesem Fall ist grundsätzlich eine richterliche Bestätigung der Beschlagnahme erforderlich. Nur unter der Voraussetzung, daß der Betroffene oder ein Angehöriger bei der Beschlagnahme anwesend ist und keinen Widerspruch erhebt, ist die Einschaltung eines Richters nicht zwingend vorgesehen (§ 98 Abs. 2 Satz 1 StPO). Diese Regelungen dienen dem Schutz des Betroffenen. Das Grundgesetz (Art. 13 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 und Art. 104 Abs. 2 GG) und der Gesetzgeber gehen davon aus, daß Richter aufgrund ihrer persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit und ihrer nur dem Gesetz unterworfenen Stellung (Art. 97 GG) die Wahrung der Rechte Betroffener im Einzelfall am besten und sichersten gewährleisten…
64 
Im parlamentarischen Untersuchungsverfahren ist nach den aufgezeigten Grundsätzen eine Beschlagnahme bei Privaten nur dann zulässig, wenn sie durch das Gewicht des Untersuchungszwecks und die Bedeutung des Beweisthemas gerechtfertigt ist. Die Maßnahme darf nur soweit in die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG, eingreifen, wie es im öffentlichen Interesse geboten ist; der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten (vgl. BVerfGE 65, 1 [44]; 67, 100 [143]).
65 
Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren tragen dem Rechnung. § 94 Abs. 1 und 2 StPO, der die Beschlagnahme von Gegenständen zuläßt, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, schließt zwar nicht aus, daß auch solche Dinge beschlagnahmt werden, die letztlich im Strafverfahren keine Verwendung finden. Dies ist unvermeidbar, weil das strafrechtliche Ermittlungsverfahren auf einem Tatverdacht beruht. Die dort rechtsstaatlich geforderte umfassende Ermittlungstätigkeit (vgl. BVerfGE 29, 183 [194]; 32, 373 [381]; 33, 367 [383]) bringt Nachforschungen mit sich, auch wenn sie später nicht zu einer Anklage oder Verurteilung führen. Entscheidend ist nur die potentielle Bedeutung des zu beschlagnahmenden Materials. Auf der anderen Seite sieht das Strafverfahren von vornherein Vorkehrungen zum Schutz der Geheimsphäre des Betroffenen vor. Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren ist nichtöffentlich; die an ihm beteiligten Personen unterliegen einer straf- und disziplinarrechtlich bewehrten Schweigepflicht (vgl. §§ 353 b Abs. 1, 355 Abs. 1 StGB; §§ 61 ff. BBG und die entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften der Länder). Die öffentliche Anklage (§ 170 Abs. 1 StPO) wird nur dann erhoben, wenn die Staatsanwaltschaft einen hinreichenden Tatverdacht bejaht. Die Veröffentlichung der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke im Wortlaut vor ihrer öffentlichen Erörterung in der Hauptverhandlung ist mit Strafe bedroht (§ 353 d Nr. 3 StPO). Darüber, ob die Anklage in öffentlicher Sitzung erörtert werden soll, entscheidet ein unabhängiges Gericht (§ 203 StPO). Die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung wird von einem Richter geleitet (§ 238 Abs. 1 StPO). Dieser hat auch die Grundrechte Dritter zu wahren (vgl. §§ 171 b, 172 GVG) und ist verpflichtet, von der Erhebung unzulässiger Beweise abzusehen (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Zudem kann ein Betroffener regelmäßig noch während des nichtöffentlichen Ermittlungsverfahrens eine gegebenenfalls richterliche Entscheidung über die Freigabe beschlagnahmter Gegenstände herbeiführen (vgl. Kleinknecht/Meyer, Strafprozeßordnung, 38. Aufl., 1987, § 98 Rdnr. 30). Im Strafverfahren sind damit weitgehende Vorkehrungen getroffen, daß der Inhalt beschlagnahmter Unterlagen erst dann in der Öffentlichkeit bekannt wird, wenn sie nach richterlicher Einschätzung für die Ermittlung des Sachverhalts von Bedeutung sind und die Grundrechte des Betroffenen einer Verwertung nicht entgegenstehen. Mit Blick auf diese Vorkehrungen ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, daß nach §§ 94 ff. StPO beschlagnahmte Gegenstände ohne weitere richterliche Prüfung unmittelbar den Strafverfolgungsbehörden ausgehändigt werden.
66 
Das parlamentarische Untersuchungsverfahren sieht demgegenüber vergleichbare Sicherungen zum Schutz des Betroffenen nicht vor. Der Ausschuß kann zwar verschiedene Maßnahmen zum Schutz der Geheimhaltung treffen. Dies ändert jedoch nichts daran, daß im Regelfall die in Betracht kommenden Beweismittel alsbald in öffentlicher Verhandlung erörtert werden, ohne daß vorher eine förmliche Entscheidung über die Beweiserheblichkeit im einzelnen und die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beweiserhebung im Blick auf die Rechtsstellung des Betroffenen erfolgt, die vor der öffentlichen Erörterung einen rechtzeitigen und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) ermöglicht. Das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuß, das sich anders als das strafrechtliche Ermittlungsverfahren im politischen Raum und in den damit vorgegebenen Spannungsfeldern vollzieht, weist damit gegenüber dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Besonderheiten auf, die hinsichtlich der Grundrechte des Betroffenen von Gewicht sind. Dies erfordert bei der Beschlagnahme Vorkehrungen zu seinem Schutz, die bereits in diesem Stadium diesen Besonderheiten Rechnung tragen. Insoweit ist sicherzustellen, daß beschlagnahmte Unterlagen, die ersichtlich grundrechtlich bedeutsame Daten enthalten, erst dann im Ausschuß erörtert werden, wenn ihre Beweiserheblichkeit im einzelnen und die Frage der Zulässigkeit der Beweiserhebung im Blick auf ausreichende Geheimschutzmaßnahmen geprüft wurden.
67 
Die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände unmittelbar an den Untersuchungsausschuß darf danach nur angeordnet werden, wenn aus grundrechtlicher Sicht hiergegen keine Bedenken bestehen, so regelmäßig, wenn ihre potentielle Beweisbedeutung im Gesamten von vornherein feststeht und nach dem mutmaßlichen Inhalt Geheimschutzmaßnahmen voraussichtlich nicht erforderlich werden oder solche bereits in hinreichendem Umfang getroffen sind.
68 
Soll hingegen auf Unterlagen zurückgegriffen werden, die grundrechtlich geschützte Daten enthalten, die aber ersichtlich nur zum Teil potentiell beweiserheblich sind, und läßt sich eine nähere Unterscheidung erst nach Durchsicht dieser Unterlagen treffen, so ist es geboten, die Beschlagnahme zunächst als vorläufige Maßnahme anzuordnen. Diese darf dann nur dazu dienen, dem Gericht den Gewahrsam an allen in Betracht kommenden Papieren zu verschaffen, um so eine Einzelprüfung der potentiellen Beweiserheblichkeit zu ermöglichen. Erst aufgrund dieser am Maßstab des § 94 Abs. 1 StPO vorgenommenen Durchsicht wird die endgültige Entscheidung über den Umfang der Beschlagnahme zu treffen sein. Die hiernach nicht benötigten Unterlagen sind freizugeben.
69 
Zuständig für diese Regelung und die entsprechenden Entscheidungen ist in sinngemäßer Anwendung des § 98 Abs. 1 StPO das Gericht. Die effektive Erfüllung der dem Untersuchungsausschuß obliegenden Aufgaben wird nicht wesentlich beeinträchtigt, wenn er in den bezeichneten, besonders gelagerten Fällen nicht selbst über die potentielle Beweiserheblichkeit entscheiden kann…
70 
Die Vorlage der beschlagnahmten Unterlagen zunächst an das Gericht ist auch dann anzuordnen, wenn zwar hinsichtlich der Beweiserheblichkeit keine Bedenken bestehen, jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß die beschlagnahmten Papiere grundrechtlich geschützte Daten enthalten, die bisher noch nicht getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen erforderlich machen können…Das Gericht hat dann zu prüfen, welche Maßnahmen im einzelnen geboten sind (vgl. BVerfGE 67, 100 [142 ff.]), und die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände an den Ausschuß von entsprechenden Ausschußbeschlüssen abhängig zu machen (vgl. BVerfGE 67, 100 [137]). Ebenso ist zu verfahren, wenn die aufgrund der gerichtlichen Aussonderung dem Ausschuß zu übergebenden Unterlagen schutzbedürftige Daten enthalten, die Anlaß zu Geheimschutzvorkehrungen geben.“
71 
(BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987- 2 BvR 1178/86 u.a. - a.a.O., S. 50ff.).
72 
Ebenso wie die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sind (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2014, a.a.O., m.w.N.), dürfte dies auch für die Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss mittels Beschlagnahme nach § 16 Abs. 4, 6, 7 UAG gelten. Aufgrund der zwingend vorgesehenen Durchsicht der Papiere durch den Richter gemäß § 16 Abs. 4 Satz 4 UAG i.V.m. § 110 StPO ist ein von der Beschlagnahme betroffener Privater effektiv davor geschützt, dass beschlagnahmte Gegenstände, die nicht zum Untersuchungsauftrag gehören oder den Kernbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts betreffen, dem Untersuchungsausschuss ausgehändigt werden; zudem ist gewährleistet, dass - falls erforderlich - Geheimschutzmaßnahmen erfolgen. Insoweit ist § 16 Abs. 4 Satz 4 UAG i.V.m. § 110 StPO nicht bloß eine Norm, die als Nebenfolge einen Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bewirkt, sondern eine spezielle Datenschutzvorschrift, die in Verbindung mit §§ 94, 98 StPO die Datenerhebung begrenzt und eine solche Begrenzung auch intendiert.
73 
ddd) Alle Behörden des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, sind nach § 14 Abs. 1 UAG unmittelbar zur Vorlage von Akten und zur Erteilung von Auskünften verpflichtet. Die Aktenvorlage, die Auskunftserteilung und die Aussagegenehmigung dürfen gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 UAG nur verweigert werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit des Staates geboten ist oder wenn ein Gesetz der Bekanntgabe an den Ausschuss entgegensteht.Für diese Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses durch Aktenvorlage nach § 14 UAG stellt § 13 Abs. 5, 6 UAG in verfassungskonformer Auslegung voraussichtlich eine besondere Rechtsvorschrift i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG dar, die Umfang und Grenzen der Datenerhebung regelt und insoweit den Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes vorgeht.
74 
Auch die Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses durch Aktenvorlage darf sich nicht auf Daten erstrecken, die streng persönlichen Charakter haben. Insoweit bedarf es von Verfassungs wegen voraussichtlich ebenfalls eines verfahrensrechtlichen Schutzes, der sicherstellt, dass solche Informationen einem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden. Die vorhandenen Regeln über die Geheimhaltung reichen insoweit wahrscheinlich nicht aus (1). Die Vorschriften über die Aktenvorlage in § 14 Abs. 1, 2 UAG selbst gewährleisten diesen Schutz wahrscheinlich ebenfalls nicht (2). Jedoch dürfte eine verfassungskonforme Auslegung von § 13 Abs. 5, 6 UAG einen ausreichenden Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG bieten (3). Diese rechtlichen Voraussetzungen einer rechtmäßigen Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss hat auch die Landesregierung zu beachten. Daher darf der Antragsgegner die Daten der Antragstellerin nicht, wie von ihm beabsichtigt und angekündigt, an den Untersuchungsausschuss herausgeben, sondern lediglich an einen Richter, der vom Untersuchungsausschuss durch Beschluss mit der Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG beauftragt ist und der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO vornimmt. Dessen Entscheidung muss zudem mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 304 StPO angefochten werden können (4).
75 
(1) Das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses findet, wie bereits ausgeführt, insofern im Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG seine Grenze, als Daten, die streng persönlichen Charakter haben, nicht erhoben werden dürfen. Die verfassungsrechtliche Grenze des Beweiserhebungsrechts des Untersuchungsausschusses gilt unabhängig davon, ob die Beweiserhebung durch Beschlagnahme gegenüber Dritten nach § 16 Abs. 4 UAG oder durch Aktenvorlage durch die Regierung nach § 14 UAG erfolgt. Denn die Reichweite des Schutzes des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bestimmt sich nicht unterschiedlich, je nachdem auf welche Art und Weise die Beweiserhebung erfolgt. Dem entspricht, dass das Bundesverfassungsgericht sowohl in seiner Entscheidung zum Untersuchungsausschuss Flick, in der die Aktenvorlagepflicht die Regierung im Streit stand, als auch in seiner Entscheidung zum Untersuchungsausschuss Neue Heimat, in der es um die Beschlagnahme bei einem Privaten ging, jeweils ausgeführt hat, dass sich das Beweiserhebungsrecht nicht auf Daten mit streng persönlichen Charakter erstreckt (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 144, und Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 u.a. - a.a.O., S. 47).
76 
Insoweit bedarf es von Verfassungs wegen voraussichtlich ebenfalls eines verfahrensrechtlichen Schutzes, der sicherstellt, dass solche Informationen einem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden. Zwar hat der Staatsgerichtshof Regelungen in der Gemeinschutzordnung für Baden-Württemberg für ausreichend erachtet, um einen hinreichenden Schutz des Steuergeheimnisses bei der Aktenvorlage zu gewährleisten (vgl. StGH, Urt. v. 15.03.1985, a.a.O.). Auch das Hamburgische Verfassungsgericht hat in einer Entscheidung - in der es die Aktenvorlage des Senats an den Untersuchungsausschuss mangels normativer Sicherung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung als verfassungswidrig ansah - ausgesprochen, dass die notwendige Verfahrensregelung auch durch Binnenrecht der Bürgerschaft, insbesondere durch eine Daten- und Geheimschutzordnung, die als Teil der Geschäftsordnung der Bürgerschaft beschlossen wird, erfolgen kann und dadurch die Anforderungen, die Art. 2 Abs. 1 GG stellt, erfüllt wären (vgl. HambVerfG, Urt. v. 26.06.1995, a.a.O. Rn. 108; ebenso Glauben, DÖV 2007, 149 <153>). Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht bei der Aktenvorlage den Vorschriften über die Geheimhaltung, insbesondere der Geheimschutzordnung erhebliche Bedeutung beigemessen und daher ausgeführt, dass in aller Regel der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrecht keine Verkürzung des Aktenherausgabeanspruchs gestattet, wenn Parlament und Regierung Vorkehrungen für den Geheimschutz getroffen haben, die das ungestörte Zusammenwirken beider Verfassungsorgane auf diesem Gebiete gewährleisten, und wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Es hat jedoch in eben diesem Zusammenhang angefügt, dass eine Ausnahme hiervon für solche Informationen gilt, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für die Betroffenen unzumutbar ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 144).
77 
Es ist verfassungsrechtlich auch kein Grund dafür ersichtlich, warum bei einem Aktenherausgabeverlangen nicht in vergleichbarer Weise wie bei einer Beschlagnahme gegenüber einem Privaten mit einer Sichtung der Beweismittel durch einen Richter ein Verfahren erforderlich sein soll, das gewährleistet, dass rein persönliche Informationen dem Untersuchungsausschuss selbst nicht vorgelegt werden. Zwar mag wegen der Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG einiges dafür sprechen, dass in den von der Regierung oder sonstigen Behörden vorzulegenden Akten oder sonstigen Beweismitteln nicht rechtswidrig rein persönliche Daten Dritter aufgenommen sind. Eine Gewähr hierfür besteht jedoch nicht. Auch kann allein die Grundrechtsbindung von Regierung und Untersuchungsausschuss gemäß Art. 1 Abs. 3 GG nicht hinreichend sicher bewirken, dass der Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG einschließlich verfahrensrechtlicher Vorkehrungen stets gesichert ist. In der Literatur wird jedenfalls vielfach kritisiert, dass Untersuchungsausschüsse als politisches Kampffeld auf Grundrechtspositionen Privater nicht hinreichend Rücksicht nehmen. Der Geheimnisschutz befinde sich beim Parlament nicht in den besten Händen. Das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss könne für ein "Durchsickern" vertraulicher Informationen anfälliger als ein behördliches oder gerichtliches Verfahren (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 186; Klenke, NVwZ 1995, 644 <647>; Glauben, in: Glauben/Brocker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, 2. Aufl., § 11 Rn. 8). Daher wird gefordert, dass die verfahrensmäßigen Rechte von Personen, die von Untersuchungen betroffen werden, gesetzlich im Einzelnen zu regeln seien (vgl. Linck, ZRP 1987, 11 <19>). Verfassungsrechtlich bedenklich sei jede Auslegung der bestehenden Vorschriften, die es gestatte, dass der Untersuchungsausschuss Informationen mit streng persönlichem Charakter erhalte. Auch eine Vorlage zur Sichtung durch den Untersuchungsausschuss wie in § 30 Abs. 2 Satz 1 PUAG des Bundes sei angesichts der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich sehr zweifelhaft (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 185f.).
78 
Den auch gegenüber dem Aktenherausgabeanspruch des Untersuchungsausschusses notwendigen verfahrensrechtlichen Schutz, der sicherstellt, dass rein persönliche Informationen einem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden, gewährleisten die Geheimschutz- und Datenschutzvorschriften des Landtags nicht. Die Richtlinien für die Behandlung geheimhaltungsbedürftiger Angelegenheiten im Bereich des Landtags und die Datenschutzordnung für den Landtag von Baden-Württemberg sind im Hinblick auf den Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG nicht ausreichend. Die Richtlinien für die Behandlung geheimhaltungsbedürftiger Angelegenheiten im Bereich des Landtags unterscheiden in einem ersten Abschnitt Verschlusssachen und in einem zweiten Abschnitt sonstige geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten. In diesem zweiten Abschnitt findet sich als erstes die Vorschrift des § 12 über den Schutz von Privatgeheimnissen und Finanzhilfesachen. Nach dieser Systematik spricht einiges dafür, dass nur der zweite Abschnitt einschlägig wäre. § 12 Abs. 1 Satz 1 regelt, dass die Akten und die Beratungen der Ausschüsse geheim zu halten sind, soweit es der Schutz von Privat- oder Geschäftsgeheimnissen erfordert. Die notwendige verfahrensrechtliche Sicherung, dass Informationen mit streng persönlichem Charakter den Untersuchungsausschuss nicht erreichen, erfolgt damit nicht. Denn es besteht nur eine Geheimhaltungsregel. Auch der erste Abschnitt über Verschlusssachen führt - wenn er überhaupt einschlägig ist - lediglich zur Vergabe bestimmter Geheimhaltungsgrade und begründet daran anknüpfende Pflichten der Personen, die mit den Verschlusssachen in Kontakt kommen. Auch insoweit fehlt es an einer Sicherung, dass Informationen mit streng persönlichem Charakter den Untersuchungsausschuss erst gar nicht erreichen.
79 
Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die Datenschutzordnung für den Landtag Baden-Württemberg ausreichende Regelungen enthält. Sie regelt die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Gremien des Landtags (§ 1 Abs. 1). Die Datenschutzordnung ist daher typischerweise erst anwendbar, wenn Daten im Bereich des Landtags bereits vorhanden sind. Die Datenerhebung ist nach § 3 Abs. 1 zulässig, wenn es zur Erfüllung parlamentarischer Aufgaben erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht entgegenstehen (Satz 1). Interessen der Betroffenen stehen in der Regel nicht entgegen, wenn die erforderlichen Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger personenbezogener Daten gemäß § 11 getroffen sind (Satz 2). § 11 wiederum regelt Geheimhaltungsvorkehrungen. Zwar ist natürlich denkbar, als überwiegendes schutzwürdiges Interesse eines Betroffenen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung anzusehen. Ob dieses entgegensteht, prüft jedoch der Landtag selbst, dem die personenbezogenen Daten mithin erst einmal zur Verfügung stehen müssen.
80 
(2) Die Vorschriften über die Aktenvorlage in § 14 Abs. 1, 2 UAG selbst gewährleisten den verfassungsrechtlich notwendigen Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG wahrscheinlich ebenfalls nicht. Mit diesen Vorschriften trifft das Untersuchungsausschussgesetz voraussichtlich keine ausreichenden Vorkehrungen zum Schutz betroffener Privater vor Weitergabe von Daten mit streng persönlichem Charakter, die sich in den vorgelegten Akten und Beweismitteln befinden. Der Senat hat erwogen, ob das Tatbestandsmerkmal des entgegenstehenden Gesetzes i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 1 UAG so auszulegen ist, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG ein entgegenstehendes Gesetz sein kann. Eine solche Auslegung mag in Betracht kommen. Es ist jedoch nicht erkennbar, inwiefern dadurch auch eine verfahrensrechtliche Sicherung in dem Sinn erreicht werden kann, dass solche Informationen mit streng persönlichem Charakter in einem dem Rechtsschutzerfordernis des Art. 19 Abs. 4 GG genügenden Verfahren aussortiert werden. Ebenso können die reinen Geheimhaltungsvorschriften in § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1, 4 UAG das nicht gewährleisten.
81 
(3) Eine zum Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG ausreichende Vorschrift dürfte jedoch in verfassungskonformer Auslegung § 13 Abs. 5, 6 UAG sein. Nach § 13 Abs. 5 UAG kann der Untersuchungsausschuss die Erhebung einzelner Beweise einem Richter übertragen, wenn die Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss nicht oder nicht ohne Verzögerung des Verfahrens möglich ist oder wenn einem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann. Soweit sich aus dem Untersuchungsausschussgesetz nichts anderes ergibt, gelten gemäß § 13 Abs. 6 UAG für die Beweisaufnahme die Vorschriften über den Strafprozess entsprechend. Um einen ausreichenden Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG zu gewährleisten, dürfte - auch angesichts der in der Literatur vorgetragenen Bedenken - dabei folgende verfassungskonforme Auslegung geboten sein: Wenn nach § 14 UAG vorzulegende Akten oder sonstige Beweismittel Informationen mit rein persönlichem Charakter enthalten können, ist dem Untersuchungsausschuss selbst die Beweiserhebung i.S.d. § 13 Abs. 5 UAG nicht möglich. Er ist dann, wenn er die Vorlage der Beweismittel erreichen will, verpflichtet, die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG einem Richter zu übertragen. Die Durchsicht der Beweismittel obliegt insoweit gemäß § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO dem Richter. Gegen dessen Entscheidung über die Beweismittel besteht die Möglichkeit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG, § 304 StPO. Diese Auslegung ergibt sich aus Folgendem:
82 
Das Tatbestandsmerkmal der dem Untersuchungsausschuss nicht möglichen Beweiserhebung kann im Hinblick auf den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG dahin ausgelegt werden, dass es auch den Fall erfasst, dass die Beweiserhebung dem Untersuchungsausschuss selbst aus rechtlichen Gründen, eben wegen des Vorhandenseins von Informationen mit rein persönlichem Charakter, die unter Art. 2 Abs. 1 GG fallen, nicht möglich ist. Zwar mag der Gesamtzusammenhang der Regelung darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber mit § 13 Abs. 5 UAG eher an Hinderungsgründe tatsächlicher Art gedacht hat, die der Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss selbst entgegenstehen können. Dafür sprechen die normierten Fallgestaltungen der Verzögerung der Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss und des wegen großer Entfernung schwer erreichbaren Zeugen oder Sachverständigen. Die Vorschrift beschränkt sich jedoch nicht hierauf. § 13 Abs. 5 UAG regelt nicht, welcher Art die Gründe sein müssen, die dazu führen, dass die Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses nicht möglich ist. Die Vorschrift kann mithin auch Fälle rechtlicher Unmöglichkeit umfassen. Der Wortlaut der Vorschrift lässt eine solche Auslegung zu. Liegt ein solcher Fall der rechtlichen Unmöglichkeit der Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss selbst vor, gebietet der Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG, dass der Untersuchungsausschuss von der Möglichkeit des § 13 Abs. 5 UAG Gebrauch macht. Sein in der Norm vorgesehenes Ermessen („kann“) verdichtet sich dann - vergleichbar anderen Fallgestaltungen einer Ermessensreduzierung auf Null aus verfassungsrechtlichen Gründen (vgl. nur Stuhlfauth, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 40 Rn. 50; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 114 Rn. 131, 132, 135) - zu einer Rechtspflicht, die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG einem Richter zu übertragen, da nur diese eine Entscheidung rechtmäßig ist. Für diese nach dem Wortlaut mögliche verfassungskonforme Auslegung des § 13 Abs. 5 UAG ist auch nicht erkennbar, dass ihr weitere Auslegungsgesichtspunkte entgegenstehen (vgl. zu den Voraussetzungen nur: BVerfG, Beschl. v. 24.05.1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <81>, m.w.N.). Insbesondere gilt dies für den Sinn und Zweck des § 13 Abs. 5 UAG. Die Vorschrift ist ersichtlich darauf gerichtet, dem Untersuchungsausschuss wegen seiner verfassungsrechtlich bedeutsamen Aufgabe, Regierung und Verwaltung zu kontrollieren und auf Missstände hinzuweisen, eine Beweiserhebung auch angesichts bestimmter Hinderungsgründe oder Erschwernisse zu ermöglichen. Diesem Zweck dient die dargelegte verfassungskonforme Auslegung von § 13 Abs. 5 UAG, da andernfalls eine Beweiserhebung aus Rechtsgründen ggfs. gar nicht möglich wäre.
83 
Zudem ist für diesen Fall § 13 Abs. 6 UAG mit seiner Verweisung auf die Strafprozessordnung verfassungskonform so auszulegen, dass die Durchsicht der Beweismittel nach § 110 StPO allein dem Richter obliegt. Nur wenn die Sichtung der Beweismittel ausschließlich durch einen Richter erfolgt, ist aus den vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zum Untersuchungsausschuss Neue Heimat ausführlich dargelegten Gründen hinreichend gesichert, dass Unterlagen, die grundrechtlich bedeutsame Daten erhalten, erst dann an den Untersuchungsausschuss gelangen, wenn ihre Beweiserheblichkeit und die Frage einer Unzumutbarkeit der Herausgabe wegen eines rein persönlichen Charakters der Daten im Einzelnen geprüft ist. Diese verfassungskonforme Auslegung ist auch möglich. Insbesondere steht der Wortlaut des § 110 Abs. 1 StPO nicht entgegen. Dieser sieht zwar die Durchsicht von Beweismitteln durch den Staatsanwalt vor. Jedoch gleicht die Rechtsstellung des Untersuchungsausschusses nicht der des Staatsanwalts im Ermittlungsverfahren. Zudem sieht § 13 Abs. 6 UAG nur dieentsprechende Anwendung des § 110 StPO vor.
84 
Gegen die Entscheidung des Richters über die Beweismittel besteht die Möglichkeit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG, § 304 StPO. Das gebietet für den betroffenen Privaten die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. Brocker, in: Epping/Hillgruber, GG, 2. Aufl., Art. 44 Rn. 72) und für den Untersuchungsausschuss seine verfassungsrechtliche Stellung nach Art. 35 LV. Der Rechtsschutz entspricht somit dem nach § 16 Abs. 6 UAG im Fall der Beschlagnahme.
85 
Für dieses gesetzlich vorgesehene Verfahren nach § 13 Abs. 5, 6 UAG gelten, wie sonst auch, die richterlichen Verschwiegenheitspflichten. Die rechtlichen Bedenken der Antragstellerin, es fehle an einer Verschwiegenheitspflicht, sind daher unbegründet.
86 
Im Zusammenhang mit dieser verfassungskonformen Auslegung von § 13 Abs. 5, 6 UAG dürfte die Vorschrift über die Beweiserhebung durch Aktenvorlage nach § 14 UAG ebenfalls eine besondere Vorschrift i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sein. Aufgrund der zwingend vorgesehenen Durchsicht der Papiere durch den Richter gemäß § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO ist ein von dem Aktenherausgabeverlangen betroffener Privater effektiv davor geschützt, dass Gegenstände, die nicht zum Untersuchungsauftrag gehören oder den Kernbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts betreffen, dem Untersuchungsausschuss ausgehändigt werden. Insoweit handelt es sich voraussichtlich ebenfalls um eine spezielle Datenschutzvorschrift, die die Datenerhebung begrenzt und eine solche Begrenzung auch bezweckt.
87 
(4) Diese rechtlichen Voraussetzungen einer rechtmäßigen Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss hat auch die Landesregierung zu beachten. Daher darf der Antragsgegner die Daten der Antragstellerin nicht, wie von ihm beabsichtigt und angekündigt, an den Untersuchungsausschuss herausgeben, sondern lediglich an einen Richter, der vom Untersuchungsausschuss durch Beschluss mit der Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG beauftragt ist und der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO vornimmt. Dessen Entscheidung muss zudem mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 304 StPO angefochten werden können.
88 
Das Bundesverfassungsgericht und der Staatsgerichtshof haben gleichermaßen hervorgehoben, dass die Wahrung des Staatswohls im Sinne von § 96 StPO und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Berücksichtigung des Steuergeheimnisses und der Einhaltung der Geheimschutzvorschriften der Regierung und dem Untersuchungsausschuss als Hilfsorgan des Landtags gleichermaßen anvertraut sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 136; StGH, Urt. v. 26.10.1989, a.a.O., S. 55). In gleicher Weise sind Regierung und Untersuchungsausschuss verpflichtet zu prüfen, ob der Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG entgegensteht. Zwar ging es in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Untersuchungsausschuss Flick vor allem auch darum, dass die Wahrung des Staatswohls nicht allein der Bundesregierung anvertraut ist, sondern auch dem Bundestag mit der Folge, dass die Bundesregierung, wenn sie geheimzuhaltende Tatsachen dem Untersuchungsausschuss vorenthalten will, Unterrichtungs- und Prüfungspflichten gegenüber dem Untersuchungsausschuss hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 138). Die Pflicht der Landesregierung, die rechtlichen Voraussetzungen einer rechtmäßigen Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss zu prüfen und ihre Einhaltung sicherzustellen, ergibt sich jedoch aus ihrer Stellung als Verfassungsorgan und ihrer Grundrechtsbindung aus Art. 1 Abs. 3 GG. Da Amtsträger zur Wahrung privater Geheimnisse verpflichtet sind, sind auch diese von der zur Aktenherausgabe aufgeforderten Regierung zu berücksichtigen (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 216). Als Teil der öffentlichen Gewalt ist es ihr nicht gestattet, an einer Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG mitzuwirken.
89 
Etwas anderes folgt - entgegen der in der vorgelegten Akte vom Antragsgegner vertretenen Auffassung, dass die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des Aktenherausgabeverlangens allein beim Untersuchungsausschuss liege -auch nicht aus Art. 35 Abs. 3 LV. Nach dieser Vorschrift sind Gerichte und Verwaltungsbehörden zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet. Zwar gilt für die Amtshilfe, dass die um Amtshilfe ersuchende Behörde gegenüber der ersuchten Behörde die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der zu treffenden Maßnahme trägt (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Jedoch kann offen bleiben, ob dieses Prinzip des Amtshilfeverfahrens für Art. 35 Abs. 3 LV auch gilt. Denn Art. 35 Abs. 3 LV ist hier bereits nicht anwendbar. Für den Untersuchungsausschuss finden die Amtshilfevorschriften nur im Verhältnis zu anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts, mithin insbesondere im Verhältnis zum Bund Anwendung. Hingegen sind alle Behörden des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, nach § 14 Abs. 1 UAG zur Aktenvorlage verpflichtet, ohne dass es auf die Amtshilfevorschriften ankäme (vgl. zur entsprechenden Rechtslage im Bund nach Art. 44 Abs. 3 GG: Klein, a.a.O., Rn. 223; Brocker, a.a.O., Rn. 58; Glauben, in: Glauben/Brocker, a.a.O., § 17 Rn. 2; Versteyl, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl., Art. 44 Rn. 45; Magiera, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 44 Rn. 25). Das Recht auf Aktenvorlage ist, wie das Bundesverfassungsgericht im Fall Untersuchungsausschuss Flick bereits im Jahr 1984 klargestellt hat, nicht lediglich Teil des Rechts auf Amtshilfe, sondern Bestandteil des parlamentarischen Kontrollrechts selbst (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 128f.).
90 
Der Antragsgegner kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart beziehen, nach der bei einer Aktenanforderung durch einen Untersuchungsausschuss die erforderliche Verhältnismäßigkeitsprüfung in Fällen der Betroffenheit des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht im Kompetenzbereich der die Akteneinsicht gewährenden Stelle liege. Es sei nicht deren Aufgabe, diese Beschränkungen zu prüfen und gegebenenfalls die Einsicht zu versagen. Vielmehr obliege es dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in eigener Verantwortung, den Schutz solcher Rechtspositionen zu gewährleisten (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.11.2012 - 4a VAs 3/12 - juris Rn. 15). Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht in einem Kammerbeschluss dargelegt, dass die Grundrechtsbindung der Untersuchungsausschüsse nicht bedeutet, dass nur sie selbst verpflichtet sind, Voraussetzungen und Grenzen der Beweiserhebung und seiner möglichen zwangsweisen Durchsetzung zu überprüfen. Wird ein Gericht im parlamentarischen Untersuchungsverfahren in Anspruch genommen, so ist es ihm jedenfalls nicht verwehrt, die rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen, die für die Wirksamkeit des Antrags und die Zulässigkeit der beabsichtigten Beweiserhebung von Bedeutung sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die beantragte Maßnahme sich als Eingriff in grundrechtlich geschützte Bereiche Dritter darstellt (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.12.2001 - 2 BvR 1565/94 u,a. - juris Rn. 34; ebenso OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.03.2001 - 3 VAs 48/00 - NJW 2001, 2340, juris Rn. 27). Diese Fragen einer Prüfungspflicht von Behörden und Gerichten können hier jedoch offen bleiben. Denn der Antragsgegner als Verfassungsorgan und typischerweise zur Aktenvorlage Verpflichteter ist, wie ausgeführt, stets dazu berufen, die Rechtsmäßigkeit des Aktenherausgabeverlangens eines Untersuchungsausschusses zu prüfen. Im Hinblick auf Belange des Staatswohls und des Geheimnisschutzes sowie den nicht ausforschbaren Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berufen sich Regierungen in Bund und Ländern bei bestehender Pflicht zur grundsätzlich vollständigen Aktenvorlage auch ganz selbstverständlich auf diese Grenzen des Untersuchungsrechts der Untersuchungsausschüsse. Für den Schutz privater Geheimnisse gilt im Grundsatz nichts anderes; auch zu diesem Schutz ist die Landesregierung berufen. Wegen des vorliegend gegenüber dem Antragsgegner bestehenden Löschungsanspruchs gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 4 LDSG konkretisiert sich die Prüfungspflicht der Landesregierung allerdings dahin, einem Herausgabeverlangen eines Untersuchungsausschusses nur bei Einhaltung der notwendigen datenschutzrechtlichen Anforderungen nachzukommen.
91 
c) Die Antragstellerin hat allerdings keinen Löschungsanspruch, soweit auf den Magnetbändern des Antragsgegners nicht private E-Mails der Antragstellerin, sondern dienstliche E-Mails vorhanden sind. Denn dem dem Grunde nach auch insoweit gegebenen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG steht das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses nach § 14 Abs. 1 UAG entgegen, das im Zusammenhang mit der dargelegten verfassungskonformen Auslegung von § 13 Abs. 5, 6 UAG als besondere Rechtsvorschrift dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 DSG vorgeht. Soweit es um dienstliche Daten der Antragstellerin geht, ist entgegen ihrem Vorbringen auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses durch Anforderung der Magnetbänder bei der Landesregierung rechtswidrig ist. Weder der Schutz von Art. 10 GG (aa) noch die Umstände der Beweiserhebung (bb) oder der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung (cc) stehen insoweit der beabsichtigten Beweiserhebung entgegen.
92 
aa) Nach Art. 35 Abs. 4 Satz 2 LV bleiben das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis vom Untersuchungsrecht eines Untersuchungsausschusses unberührt. Gegenstand des Schutzes dieser durch Art. 10 GG gewährleisteten Rechte sind Kommunikationen, die wegen der räumlichen Distanz zwischen den Beteiligten auf Übermittlung durch Dritte angewiesen sind. Das Grundrecht soll jener Gefahr für die Vertraulichkeit der Mitteilung begegnen, die sich gerade aus der Einschaltung eines Übermittlers ergibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.03.1992 - 1 BvR 1430/88 - BVerfGE 85, 386, juris Rn. 46). Die nach Abschluss des Übertragungsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Verbindungsdaten werden nicht durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützt. Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses endet in dem Moment, in dem die Nachricht bei dem Empfänger angekommen und der Übertragungsvorgang beendet ist. Die Nachricht ist mit Zugang bei dem Empfänger nicht mehr den erleichterten Zugriffsmöglichkeiten Dritter - auch des Staates - ausgesetzt, die sich aus der fehlenden Beherrschbarkeit und Überwachungsmöglichkeit des Übertragungsvorgangs durch die Kommunikationsteilnehmer ergeben. Die gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten unterscheiden sich dann nicht mehr von Dateien, die der Nutzer selbst angelegt hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166, juris Rn. 73). Ist der Übertragungsvorgang beendet, besteht ein Schutz durch Art. 10 GG auch dann nicht mehr, wenn der Staat die Speichermedien des Systems des Nutzers durchsucht (vgl. BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. - BVerfGE 120, 274, juris Rn. 168).
93 
Demgegenüber ist der zugangsgesicherte Kommunikationsinhalt in einem E-Mail-Postfach, auf das der Nutzer nur über eine Internetverbindung zugreifen kann, durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützt. Denn die auf dem Mailserver des Providers vorhandenen E-Mails sind nicht im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers, sondern des Providers gespeichert (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43, juris Rn. 46).
94 
Nach diesem Maßstab dürfte das Fernmeldegeheimnis nicht berührt sein. Die Daten befanden sich nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich der Antragstellerin. Der Umstand, dass die Daten jetzt nicht mehr im Herrschaftsbereich der Antragstellerin liegen, ist insoweit unerheblich, da dies nicht auf Umständen beruht, vor denen Art. 10 GG schützen will.
95 
Auch durch die beabsichtigte Lesbarmachung der Magnetbänder erfolgt voraussichtlich kein Eingriff in Art. 10 GG. Zwar kann der Zugriff eines Untersuchungsausschusses auf Akten, in denen sich Ergebnisse vorausgegangener Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 10 GG finden, aufgrund der erneuten Kenntnisnahme solcher Daten seitens des Untersuchungsausschusses einen neuen Eingriff darstellen, weil sie durch Ausdehnung des Kreises der Kenntnisnehmenden die Eingriffswirkung erweitert (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 136). Hier geht es jedoch nicht um einen erneuten Zugriff auf unter Eingriff in Art. 10 GG gewonnene Daten. Denn es fehlt an einem ersten Eingriff in Art. 10 GG. Die Lesbarmachung ist daher nicht an Art. 10 GG zu messen, da sich in ihr keine Gefahren der "Distanzkommunikation" realisieren.
96 
bb) Das Vorbringen der Antragstellerin, dass der Untersuchungsausschuss über ausreichende andere Beweismittel verfüge und dass der benannte Zeitraum - aus dem Mails vorgelegt werden sollen - zu lang und willkürlich bestimmt sei, ist unbegründet. Der Untersuchungsausschuss ist befugt, im Rahmen seines Untersuchungsauftrages diejenigen Beweise zu erheben, die er für erforderlich hält. Innerhalb des Untersuchungsauftrages kann der Untersuchungsausschuss frei von den Einwirkungen anderer Staatsorgane entscheiden, welche Beweiserhebungen er für dessen Erfüllung für erforderlich erachtet. Für die Beweiserhebung bedarf es eines förmlichen Beweisbeschlusses. Die Beweismittel und die Beweistatsachen müssen dabei in einer für die Vollziehbarkeit des Beschlusses hinreichend bestimmten Weise angegeben werden; das Beweisziel muss erkennbar, die jeweiligen Beweismittel müssen abgrenzbar sein. Das Untersuchungsverfahren dient anderen Zielen als ein Strafverfahren. Die einzelne Beweiserhebung eines Untersuchungsausschusses muss daher nicht auf bestimmte Tatsachen bezogen sein, sondern kann darauf abzielen, zunächst "Licht ins Dunkel" eines Untersuchungskomplexes zu bringen, um auf diese Weise die Aufklärung von politischen Verantwortlichkeiten zu ermöglichen. Die Grenze zulässiger Ausforschung ist erst dort erreicht, wo Beweisanträge ohne jegliche tatsächliche Grundlage "völlig ins Blaue hinein" gestellt werden (st. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 107ff.). Diese Grenzen sind hier eingehalten.
97 
cc) Die Antragstellerin macht ohne Erfolg geltend, der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung stehe der Übermittlung an den Untersuchungsausschuss entgegen, da nur sie als damals zuständiges Regierungsmitglied beurteilen könne und dazu berufen sei zu entscheiden, welche Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zuzurechnen seien.
98 
Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt. Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht. Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
99 
Es ist bereits fraglich, ob der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung für die Antragstellerin als ehemalige Ministerin schützende Rechte begründet. Das kann jedoch offen bleiben, da der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung der hier vorgesehenen Datenübermittlung nicht entgegenstehen dürfte. Die vom Untersuchungsausschuss vorgesehene Verfahrensweise sieht eine Rückgabe von Daten an das Umweltministerium vor, die diesen Bereich betreffen. Die Tatsache, dass diese Daten nach dem vom Untersuchungsausschuss im Beweisbeschluss Nr. 24a vorgesehenen Verfahren zunächst in den Herrschaftsbereich des Untersuchungsausschusses gelangen und dort ggfs. auch zur Kenntnis genommen werden können, dürfte für die Datenübermittlung - anders als bei höchst persönlichen Daten der Antragstellerin - insoweit nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein. Denn zum einen ist die jetzige Landesregierung jedenfalls „mitberechtigt“, den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung geltend zu machen; sie beruft sich hierauf gegenüber dem Untersuchungsausschuss jedoch nicht. Zum anderen ist die Antragstellerin durch solche Daten nicht im Kernbereich ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen. Bei einer etwaigen Rückgabe von Daten an den Antragsgegner ist allerdings vorliegend die nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 4 LDSG bestehende Löschungspflicht zu beachten.
100 
3. Soweit ein Anordnungsanspruch, nämlich in Form eines Anspruchs auf Löschung privater E-Mails besteht, liegt auch ein Anordnungsgrund vor. Der Antragstellerin drohen ohne eine einstweilige Anordnung durch Bekanntwerden rein privater Daten erhebliche Nachteile, die nicht wiedergutzumachen wären. Diese Nachteile beträfen den Kernbereich ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.
101 
4. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem Antragsgegner die Herausgabe der Daten an den Untersuchungsausschuss zu untersagen, ist gleichwohl mit der tenorierten Maßgabe abzulehnen. Zwar liegen ein Anordnungsanspruch, nämlich ein Anspruch der Antragstellerin auf Löschung ihrer privaten E-Mails, und ein Anordnungsgrund vor. Jedoch kann die Antragstellerin zur Sicherung ihrer Rechte lediglich verlangen, dass die Daten ihrer Exchange-Postfächer nicht an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“, sondern nur an einen Richter herausgegeben werden, dem dieser Untersuchungsausschuss durch Beschluss die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG übertragen hat, der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO vornimmt und dessen Entscheidung mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 304 StPO angefochten werden kann. Die vom Untersuchungsausschuss im Beweisbeschluss Nr. 24a vorgesehene Verfahrensweise gewährleistet aus den nachfolgend dargelegten Gründen diesen verfassungsrechtlich gebotenen Schutz zwar nicht. Wenn dieser jedoch entsprechend der tenorierten Maßgabe sichergestellt ist, ist eine Verletzung des Rechts der Antragstellerin aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht mehr zu befürchten mit der Folge, dass dann der Anordnungsgrund wegfällt. Daher ist es im Hinblick auf die ebenfalls verfassungsrechtliche Bedeutung des Untersuchungsauftrags des Untersuchungsausschusses geboten, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der tenorierten Maßgabe abzulehnen. Zudem wäre ohnehin eine Änderung einer ergangenen einstweiligen Anordnung wegen veränderter Umstände möglich (vgl. dazu allgemein: Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 123 Rn. 65f., m.w.N.), wenn der Untersuchungsausschuss das mit der tenorierten Maßgabe vorgesehene Verfahren beschreitet.
102 
Die im Hinblick auf das Recht der Antragstellerin auf informationelle Selbstbestimmung gebotene Verfahrenssicherung durch Übertragung der Beweiserhebung auf einen Richter und Sichtung der Beweismittel durch diesen nach § 13 Abs. 5, 6 UAG kann das vom Untersuchungsausschuss hier konkret beabsichtigte Verfahren nicht gewährleisten. Zum einen sieht der Beweisbeschluss Nr. 24a die Einschaltung eines Amtsrichters nur fakultativ ("ggf. durch einen Amtsrichter") vor. Zum anderen ermöglicht der Beweisbeschluss Nr. 24a - gerade auch angesichts der schriftlichen Äußerungen des Umweltministeriums, die Daten dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln - die Vorgehensweise, dass die Daten zunächst der Untersuchungsausschuss erhält. Der Beschluss spricht explizit von der Übermittlung der vorhandenen Daten an den Ausschuss. Es ist nicht vorgesehen, dass eine Übermittlung erst nach einer Sichtung durch den Richter erfolgt. Die dargelegten verfassungsrechtlich notwendigen Verfahrenssicherungen fehlen mithin bislang.
103 
Zwar haben der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Landtags im Schriftsatz vom 01.07.2015, mit dem sie die Beiladung des Untersuchungsausschusses zum vorliegenden Rechtsstreit beantragt haben, ein Verfahren vorgetragen, in dem der Untersuchungsausschuss die Daten wohl erst nach einer Sichtung durch einen Dritten - "durch einen Amtsrichter, im Fall der Unzuständigkeit des Amtsgerichts durch einen Sachverständigen, wobei an den Landesbeauftragten für den Datenschutz, Herrn K..., herangetreten werden soll" - erhalten soll (vgl. Bl. 59 f. der VGH-Akte). Rechtlich maßgeblich ist jedoch allein der Beweisbeschluss des Untersuchungsausschuss. Angesichts der gravierenden Unterschiede der Verfahren, wie sie im Beweisbeschluss Nr. 24a und im Schriftsatz vom 01.07.2015 dargelegt sind, ist es ausgeschlossen, im Schriftsatz vom 01.07.2015 eine bloße Klarstellung des nach dem Beweisbeschluss Nr. 24a beabsichtigten Verfahrens zu sehen. Vielmehr handelt es sich um einen anderen Verfahrensvorschlag des Ausschussvorsitzenden und eines Landtagsmitarbeiters, an den der Untersuchungsausschuss selbst rechtlich nicht gebunden ist. Er hat ein solches Verfahren nicht beschlossen.
104 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
105 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG. Die Entscheidung führt nicht zu einer vollständigen Vorwegnahme der Hauptsache. Daher ist der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG zu halbieren.
106 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des verdeckten Einsatzes technischer Mittel nach § 22 PolG.
Der am xx.xx.1958 geborene Kläger, ein ehemaliger Polizeibeamter im Dienste des Beklagten, wurde mit Urteil des Landgerichts xxx vom 05.11.1990 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen, sowie homosexueller Handlungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen lernte der Kläger seine Opfer überwiegend über seine ehrenamtliche Tätigkeit für die xxx kennen, für die er u.a. als Betreuer Freizeiten für Kinder und Jugendliche durchführte. Kinder und Jugendliche, die ihn sexuell interessierten, veranlasste er, ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Dort zeigte er ihnen zunächst regelmäßig harmlose Videofilme, und ging bei Folgebesuchen dazu über, Pornofilme zu zeigen, um eine sexuelle Stimulanz herbeizuführen. An einem Jugendlichen vollzog der Kläger den Analverkehr, die übrigen Kinder bzw. Jugendlichen veranlasste er zu wechselseitigem Onanieren und/oder Oralverkehr. Von einigen der Opfer fertigte der Kläger Nacktaufnahmen. Die Strafkammer ging aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit des Klägers aus und berücksichtigte bei der Strafzumessung sein umfassendes Geständnis. Zu seinen Gunsten wurde auch die freiwillig aufgenommene psychotherapeutische Behandlung sowie der Umstand berücksichtigt, dass die Kinder die sexuellen Handlungen freiwillig mitgemacht und keine psychischen Folgeschäden erlitten hätten. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde nach Verbüßung der Halbstrafe zum 16.03.1992 zur Bewährung ausgesetzt. Der Arzt und Psychotherapeut W. R. bestätigte mit Schreiben vom 01.02.1993 den erfolgreichen Abschluss der Psychotherapie. Mit Beschluss vom 03.05.1994 verkürzte die Strafvollstreckungskammer die ursprünglich auf drei Jahre festgesetzte Bewährungszeit um zehn Monate. Die Reststrafe wurde mit Wirkung vom 26.05.1994 erlassen.
Seit 1996 ermittelte die Staatsanwaltschaft xxx wiederholt gegen den Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Ermittlungsverfahren wurden jeweils gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, in einem Fall wurde bereits das strafrechtliche Ermittlungsverfahren mangels eines Anfangsverdachts im Sinn des § 152 Abs. 2 StPO nicht eingeleitet.
Im März 2007 gab ein damals 22jähriger Beschuldigter einer Raubstraftat im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung an, er sei im Alter von 13 oder 14 Jahren von dem Kläger viermal zum Oral- und Analverkehr gezwungen worden. In dieser Sache verurteilte das Landgericht xxx den Kläger mit Urteil vom 10.03.2010 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs in vier Fällen eines zur Tatzeit 1995/1996 11jährigen Jungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Verurteilung erfolgte nach einer Verständigung gemäß § 257 c StPO.
Der Kläger ist 1. Vorsitzender des Wassersportvereins IG xxx, der mit dem Yachtclub xxx eine gemeinsame Bootsanlegestelle in xxx xx xxx unterhält. Von dieser Anlegestelle aus unternimmt der Kläger mit seinem Kajütboot Ausfahrten auf dem Rhein. Immer wieder nimmt er dabei auch männliche Kinder und Jugendliche mit, mit denen zusammen er auch auf dem Boot übernachtet. Vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Vorgeschichte des Klägers war dieses Verhalten Gegenstand einer gemeinsamen Vorstandssitzung beider Vereine am 15.11.2005. Der Kläger erklärte damals, sein Fehlverhalten liege mittlerweile 16 Jahre zurück und sei bei der Aufnahme in den Verein bekannt gewesen. Schon aus Eigeninteresse nehme er nur Kinder und Jugendliche auf das Boot mit, mit deren Eltern er gut bekannt sei.
Ein Beamter der Kantonspolizei xxx, der Mitglied des YC xxx ist, teilte am 11.03.2010 einem Kollegen von der Kriminalpolizei xxx mit, dass im YC xxx in den letzten Jahren immer wieder beobachtet worden sei, wie der Kläger mit männlichen Kindern und Jugendlichen mit seinem Boot auf dem Rhein unterwegs sei und auch übernachte. Darauf angesprochen, habe er erklärt, dass alles mit den Eltern abgesprochen und auch sonst in Ordnung sei.
Am 19.04.2010 ordnete das Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion -, gestützt auf § 22 PolG, für die Zeit bis zum 19.07.2010 die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung und den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger gegen dem Kläger an. In der Antragsschrift des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität des Regierungspräsidiums vom 14.04.2010 hieß es, der homosexuell orientierte Kläger, der - wie das Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahr 1990 ergeben habe - zudem an einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung leide, habe über viele Jahre hinweg Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gesucht, sie in seiner Wohnung, in seinem Bett und auf seinem Boot übernachten lassen. Diese Situationen habe er zur Begehung von Sexualstraftaten genutzt, und zwar auch, als im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahre 1990 der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt gewesen sei bzw. als Freigänger während der Verbüßung der anschließenden Strafhaft. Wie die weiteren strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in den 90er Jahren gezeigt hätten, habe durch die Vernehmung der geschädigten Jungen kein Tatnachweis geführt werden können, weil diese wegen ihrer Scham- und Schuldgefühle keine belastenden Aussagen gemacht hätten. Im Jahre 1989 seien bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers viele Lichtbilder von den nackt fotografierten Jungen gefunden worden. Daraufhin seien die Geschädigten eher bereit gewesen, belastende Angaben zu den sexuellen Handlungen zu machen. Dass der Kläger nun wiederum 10- bis 16jährige Jungen in der Regel mit Einverständnis der Eltern in seiner Wohnung und auf seinem Boot übernachten lasse, begründe zwar nicht den Anfangsverdacht einer Straftat, weshalb strafprozessuale Maßnahmen nicht in Betracht kämen. Die verdeckten Observationsmaßnahmen dienten aber dazu, festzustellen, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme und mit ihnen dort nächtige, um so potentiell Geschädigte zu erkennen und zu identifizieren, damit bevorstehende Straftaten erkannt und ggf. ein Strafverfahren eingeleitet werden könne. Die verdeckten Observationen seien geeignet und erforderlich, weil durch Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe die vollzugspolizeiliche Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nicht erfüllt werden könne.
Am 12.07.2010 wurde die Anordnung der verdeckten Observationsmaßnahmen bis zum 19.10.2010 verlängert. In der Antragsschrift vom 09.07.2010 führte das Dezernat Sonderfälle/Organisierte Kriminalität u.a. aus, durch die bislang durchgeführten Maßnahmen sei festgestellt worden, dass der Kläger sowohl in seiner alten als auch in der neuen Wohnung tagsüber wiederholt Besuch von Jugendlichen gehabt habe. Der am 24.01.1994 geborene xxx-xxx sei insgesamt fünfmal zu Besuch in den Wohnungen gewesen, an sechs weiteren Tagen habe der Kläger ihn im Auto mitgenommen und an zehn Tagen sei er zusammen mit ihm meistens für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen. Nach einem gemeinsamen Tag auf dem Boot habe er in einer Art und Weise, die einen sexuellen Bezug vermuten lasse, gesagt, „geil, geiler, geiler, am geilsten“, und kurz darauf noch einmal, „es war so geil“. Zu dem am 03.08.1995 geborenen, allerdings noch sehr kindlich aussehenden xxx habe der Kläger einen noch engeren Kontakt gehabt. Er sei dreimal mit ihm für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen und sei oft zusammen mit ihm Auto gefahren. Wiederholt habe ihn der Jugendliche auch in seiner Wohnung besucht und fünfmal dort übernachtet. Zweimal hätten sie sich zusammen auf einem Gartengelände mit einer Hütte aufgehalten. Bereits zuvor sei das Kraftfahrzeug des Klägers insgesamt 24mal in der Nähe des Gartengrundstücks festgestellt worden, und zwar teilweise für mehr als zwei Stunden. Durch die polizeirechtlichen Maßnahmen hätten zwar noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Die Verhaltensweisen des Klägers bezüglich sexuell motivierter Kontakte zu männlichen Kindern und Jugendlichen hätten sich über die Jahre hinweg jedoch nicht verändert. Der Kläger suche über die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses u.a. mit den Eltern Kontakt zu den Jungen und verbringe mit ihnen seine Freizeit. Insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx begründeten den Verdacht eines sexuellen Verhältnisses. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft bestehe derzeit jedoch noch kein Anfangsverdacht einer Straftat.
Im Zuge der weiteren Observationen wurde im August 2010 festgestellt, dass der Kläger mit einem 12jährigen Jungen im Einverständnis mit dessen Eltern einen zweiwöchigen Urlaub auf dem Kajütboot machen wollte. Bereits die Nacht vom 19. auf den 20.08.2010 verbrachte der Kläger zusammen mit diesem Jungen und xxx in seinem Kajütboot auf dem Rhein, bevor sie am 20.08.2010 rheinabwärts nach xxx fuhren, wo das Boot für mehrere Tage anlegte. Am 24.08.2010 leitete die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts von Straftaten gemäß §§ 176, 176 a und 182 StGB ein. Der Verdacht konnte jedoch durch die - richterlich angeordnete - Durchsuchung der Person, der Wohnung, des Arbeitsplatzes und des Kajütbootes des Klägers am 26.08.2010 nicht erhärtet werden. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen wurden daraufhin beendet.
10 
In dem Abschlussbericht des Regierungspräsidiums Freiburg - Landespolizeidirektion - vom 28.06.2011 hieß es, es bestehe die begründete Vermutung, dass durch die am 26.08.2010 durchgeführte Durchsuchung ein unmittelbar bevorstehender sexueller Missbrauch des damals 12jährigen xxx auf dem Kajütboot habe verhindert werden können. Es sei zu scheinbar unauffälligen körperlichen Annäherungsversuchen des Klägers mit einer von dem Jungen nicht erkannten sexuellen Motivation gekommen.
11 
Mit Verfügung vom 15.07.2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Dem Kläger könnten keine sexuellen Kontakte zu Kindern im Sinn des § 176 StGB oder ein sexueller Missbrauch von Jugendlichen nachgewiesen werden. Die als Zeugen vernommenen Kinder und Jugendlichen, die sich u.a. auf dem Boot des Klägers aufgehalten hätten und als Tatopfer in Betracht kämen, hätten in Abrede gestellt, dass sie jemals Sexualverkehr mit dem Kläger gehabt hätten oder dass er versucht habe, sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen. Auch die weiteren vernommenen Zeugen, insbesondere die Eltern bzw. Angehörigen der Jungen, hätten angegeben, keine Wahrnehmungen über einen Missbrauch gemacht zu haben. Die molekulargenetische Untersuchung von Spermaspuren an dem auf dem Boot sichergestellten Bettzeug und der Abgleich mit den DNA-Mustern der als Tatopfer in Betracht kommenden Zeugen habe nicht zu Ergebnissen geführt, die geeignet seien, diese Angaben zu widerlegen. Die Durchsuchung der Wohnung und des Bootes des Klägers sowie die Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger hätten ebenfalls keine Tatnachweise erbracht.
12 
Am 19.08.2011 erhob der Kläger Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht Freiburg, zu deren Begründung er vortrug: Auch nach Beendigung der auf § 22 PolG gestützten Maßnahmen dauere der Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fort. Ungeachtet der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens behaupte das Regierungspräsidium Freiburg weiterhin, dass gegen ihn ein Tatverdacht bestehe. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung aus dem tiefen Eingriff in seine Grundrechtspositionen. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen seien auch in der Sache rechtswidrig. Den Polizeibehörden sei seit Jahren bekannt gewesen, dass der Kläger seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen auf dem Kajütboot verbringe, ohne dass es zu Straftaten gegen deren sexuelle Selbstbestimmung gekommen sei. Irgendwelche Besonderheiten, die eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können, habe es nicht gegeben. Stattdessen seien kriminalistische Bauchgefühle für das Vorgehen des Beklagten ausschlaggebend gewesen. Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung wäre ohne die verdeckten Maßnahmen auch weder gefährdet noch beeinträchtigt worden. Denn der Beklagte hätte als mildere Ermittlungsmaßnahme etwa die Kinder und Jugendlichen bzw. deren Eltern zu etwaigen sexuellen Übergriffen seitens des Klägers befragen oder das Kajütboot auf molekulargenetische Spuren sexueller Handlungen hin untersuchen können. Das habe umso näher gelegen, als ohnehin höchstens ein Gefahrenverdacht bestanden habe. Zudem sei das Ziel des Beklagten nicht die präventive Datenerhebung zur Verhinderung von Straftaten gewesen. Vielmehr sei es darum gegangen, unabhängig von einem konkreten Anfangsverdacht Beweise für ein zukünftiges Strafverfahren zu beschaffen. Dies sei jedoch unzulässig, weil der Bundesgesetzgeber die Strafverfolgungsvorsorge im Rahmen seiner Zuständigkeit für das gerichtliche Verfahren mit den §§ 100 c, 100 d, 163 f und 100 h StPO abschließend geregelt habe.
13 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er führte aus, es habe sich bei den angeordneten Maßnahmen um solche der Gefahrenabwehr gehandelt, weshalb es nicht auf einen strafrechtlichen Anfangsverdacht ankomme. Durch die strafprozessuale Durchsuchung habe auch tatsächlich eine schwere Straftat i.S. des § 176 a StGB verhindert werden können. Dem Behördenleitervorbehalt aus § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG sei Rechnung getragen und der Kläger sei entsprechend § 22 Abs. 8 PolG nachträglich über die verdeckten Maßnahmen unterrichtet worden. Die materiellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PolG hätten ebenfalls vorgelegen. Es habe konkrete, objektiv nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger ein Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Form des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sexuellen Nötigung oder der Vergewaltigung begehen könne. Der Kläger habe weiterhin Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gepflegt, was für einen Mann seines Alters und mit seiner Vorgeschichte großen Bedenken begegne. Die vom Kläger an den Tag gelegten Verhaltensweisen, die in seiner Persönlichkeit gründeten und ein gewisses Schema erkennen ließen, begründeten die Vermutung, er werde auch zukünftig sexuell motivierte Straftaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen begehen. Alle von ihm ausgewählten Kinder stammten aus sozial schwachen Familien. Durch das Anbieten und Gewähren von Vergünstigungen in Form von Nachhilfe, Freizeitaktivitäten, Bootsaufenthalten, Liebesbekundungen per SMS, Massagen und Geschenken habe der Kläger immer wieder ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern geschaffen. Angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilungen könne daraus auf den Hang zur Begehung erheblicher Straftaten geschlossen werden. Mildere Mittel hätten nicht zur Verfügung gestanden. Eine zeitliche und räumliche Rundumüberwachung habe nicht stattgefunden. Dem Kernbereich privater Lebensgestaltung des Klägers sei dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass sein Wohnbereich weder durch Videoaufzeichnungen noch akustisch überwacht worden sei.
14 
Mit Urteil vom 27.11.2012 (- 3 K 1607/11 - juris) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene längerfristige Observation sowie der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung rechtswidrig waren, weil der Beklagte die formellen Anforderungen des in § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG geregelten Behördenleitervorbehalts nicht beachtet habe.
15 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die weiteren besonderen Mittel der Datenerhebung, deren Einsatz angeordnet worden sei, unterlägen weder dem Behördenleitervorbehalt gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG noch einem Richtervorbehalt. Auch in der Sache sei der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung rechtmäßig erfolgt. Die vom Beklagten getroffenen Maßnahmen hätten der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung gedient. Es hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger künftig solche Straftaten begehen werde. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die besonderen Mittel der Datenerhebung zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung und nicht zur Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten eingesetzt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Mittel der Datenerhebung seien in § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG auch hinreichend bestimmt bezeichnet. Die für eine ausreichende Bestimmtheit erforderliche tatbestandseinengende Funktion werde durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 PolG genannten Personenkreis erreicht. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dürften nur Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen bzw. über Kontakt- und Begleitpersonen solcher Personen erhoben werden. Bloße Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze reichten grundsätzlich nicht aus, um das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zu begründen, der Betroffene werde zukünftig Straftaten begehen. Es müssten vielmehr Tatsachen festgestellt werden, die eine solche Gefahrenprognose tragen. Hier hätten während des gesamten Zeitraums des Einsatzes der besonderen Mittel der Datenerhebung tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, der Kläger werde erneut eine Straftat des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern begehen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Landespolizeidirektion ihre Entscheidung nicht auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt. Die vom Kläger gegen die Erforderlichkeit der Maßnahmen vorgebrachten Einwände griffen ebenfalls nicht durch. Die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung sei schließlich nicht wegen einer Verletzung des Kernbereichs der persönlichen Lebensführung des Klägers rechtswidrig gewesen.
16 
Der Kläger trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung ergänzend und vertiefend im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die angeordneten Maßnahmen insgesamt materiell rechtswidrig. Die Maßnahmen seien bereits deshalb nicht von § 22 PolG gedeckt, weil sie zu repressiven Zwecken angeordnet worden seien. Sie hätten die Einleitung und erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollen. Unabhängig davon hätten die Voraussetzungen einer Gefahr im präventiv-polizeilichen Sinne nicht vorgelegen. Die letzte Vortat habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen über 15 Jahre zurückgelegen. Der Kläger habe im Anschluss an die erste Verurteilung eine Psychotherapie durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. Neben den Vorstrafen habe allein der Umstand vorgelegen, dass sich (auch) männliche Kinder und Jugendliche auf dem Boot des Klägers aufhielten. Dies reiche nicht aus, um eine auf Tatsachen gestützte Gefahr zu begründen. Die kumulative Anordnung nahezu sämtlicher nach § 22 PolG möglicher Maßnahmen sei auch unverhältnismäßig. Deutlich mildere Maßnahmen, die zumindest in gleicher Weise geeignet seien, präventive Wirkung zu entfalten, lägen auf der Hand. Besonders nahe liege die zeugenschaftliche Befragung der Jugendlichen und ihrer Eltern sowie die Anordnung eines behördlichen Umgangsverbots. Schließlich sei § 22 PolG insbesondere im Fall der vorliegenden Kumulation der Maßnahmen bis hin zur vorgenommenen „polizeilichen Totalüberwachung“ und den damit verbundenen (letztlich irreversiblen) Grundrechtseingriffen ohne Richtervorbehalt mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - zu ändern, soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Mit Blick auf die Eingriffsintensität der besonderen Datenerhebung nach § 22 PolG bestehe nicht das Erfordernis eines Richtervorbehalts. Der Gesetzgeber habe sich bei der Änderung des Polizeigesetzes über die Intensität des Grundrechtseingriffs Gedanken gemacht und die Eingriffstiefe typischerweise nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet, sondern die Erweiterung der technischen Observationsmöglichkeiten je nach Einsatzart als gegenüber herkömmlichen Überwachungsmethoden milderes Mittel eingestuft. Dies gelte auch für die vorliegende Konstellation, in der für die konkrete Straftatenvorbeugung ein passgenauer Überwachungsrahmen an Maßnahmen geschnürt worden sei. Der Einsatz von GPS, eines Abhörgeräts im Auto, Observierung und Videoüberwachung seien spezifisch auf den Gefahrenkontext des Klägers zugeschnitten gewesen und hätten seinen persönlichen Rückzugsraum an Privatheit geachtet. Bis zur Türschwelle seien jedoch Erkenntnisse gesammelt und polizeiliche Ressourcen bereitgehalten worden, um im nach Lage der Dinge hinreichend wahrscheinlichen Ernstfall unverzüglich einschreiten zu können. Der Umstand, dass von mehreren polizeilichen Mitteln Gebrauch gemacht worden sei, führe nicht automatisch zu einer Vertiefung der grundrechtsrelevanten Eingriffsschwelle. Die Überwachungstätigkeit sei jeweils an die konkrete Erkenntnislage angepasst worden. Begonnen habe man mit der Überwachung per Videoaufzeichnung vom Boot, dem verdächtigsten Rückzugsraum des Klägers. Auf der Grundlage der weiteren Beobachtung sei die Überwachung nach und nach auf die GPS-Überwachung und die Verwanzung des Autos ausgeweitet worden, bevor letztlich der Hauseingang überwacht worden sei. Dies sei situationsangemessen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung und der daran jeweils orientierten Gefahrenprognose sowie der aktualisierten taktischen Lage erfolgt. Die Überwachung sei im Rahmen der originär polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr erfolgt. Die Maßnahmen seien klar auf den Schutz gefährdeter Kinder ausgerichtet gewesen. Es handele sich um eine geradezu typische Konstellation der Verhinderungsvorsorge, in welcher der Grad des strafprozessualen Anfangsverdachts verneint worden sei, der Polizei jedoch genügend Prognoseeckpunkte vorgelegen hätten, um berechtigterweise von einer Gefährdung besonders schutzbedürftiger Personen ausgehen zu dürfen. Durch die Sammlung von Daten sei die Polizei ihrem Auftrag zur Gefahrenabwehr vor sexuellem Missbrauch von Kindern in konkret-effizienter Art und Weise nachgekommen. Durch die Erhebung der Kontakte zu potentiellen Opfern, deren Häufigkeit, Ausprägung und Umfeld habe die Polizei diese Erkenntnisse mit bekannten Mustern des Klägers und kriminalistischem Erfahrungswissen abgleichen können, um so den Zeitpunkt eines ernsthaft zu befürchtenden Umschlagens der Gefahr zur Tat eruieren und absichern zu können. Das planvolle Vorgehen des Klägers bei der Annäherung an knabenhafte Jungen und der gemeinsame Aufenthalt an privaten Orten (Boot, Wohnung, Auto) habe den Verhaltensmustern der Vortaten entsprochen. Bei dem Kläger handele es sich um einen einschlägigen Wiederholungstäter, dessen Sexualtrieb mit Hang zu männlichen Kindern und Jugendlichen sich trotz einer Therapie nach der ersten Verurteilung nicht verändert habe. Das planmäßige Vorgehen unter Aufbau eines freundschaftlichen Verhältnisses mit dem Potential zum Antesten sexueller Grenzen habe der kriminellen Energie der Vortaten entsprochen. Das „Wann“ eines manifesten Einsatzes obliege gewissen polizeitaktischen Erwägungen. Ein Abwarten signalisiere hier keineswegs ein Zuwarten auf strafrechtliche Erkenntnisse. Vielmehr sei es den konkreten Umständen des Einzelfalls geschuldet, wann eine Gefahr unmittelbar in die Tat umzuschlagen drohe. So könne sich etwa bei jugendlichen Begleitern über 14 Jahren ein anderer Bewertungsmaßstab ergeben als bei Kindern unter 14 Jahren, wo es von vornherein nicht auf die Freiwilligkeit der sexuellen Handlung ankomme. Die unmittelbare Gefahr sei hier anhand der Erkenntnisse über einen bevorstehenden Bootsurlaub mit einer möglichen, kindlichen Zielperson für sexuelle Übergriffe eingetreten. Die beabsichtigte gemeinsame Reise auf dem Boot samt der langen Zeitspanne des Beisammenseins auf engstem Raum hätte den Überwachungsradius überfordert und dem Kläger ein optimales Umfeld des sexuellen Zugriffs geboten. Dieses Risiko habe man nicht eingehen können. Deshalb seien die Durchsuchung angeordnet und die präventiven Maßnahmen gestoppt worden.
22 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten der Strafverfahren vor dem Landgericht xxx (xxx zzgl. Sonderbände und Bewährungsheft sowie xxx), die Akten der Staatsanwaltschaft xxx zum Ermittlungsverfahren xxx, drei Bände Akten mit Fotokopien aus polizeilichen Ermittlungsverfahren sowie die Akten des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit deren Vorlage nicht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom Innenministerium verweigert worden ist, vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers des LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg gegen den Kläger rechtswidrig war.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer verdeckten Datenerhebung.
Der Kläger beteiligte sich an einer im August 1991 in Freiburg gegründeten und im Januar 1992 aufgelösten Initiative mit dem Ziel humanitärer Hilfe für politische Gefangene. Am ersten Treffen dieser Initiative nahm neben dem Kläger auch ein Hans-Joachim C. teil. Zwischen C. und dem Kläger entwickelte sich in der Folgezeit eine freundschaftliche Beziehung. Im Juli 1992 fand das letzte Treffen des Klägers mit C. statt, der Kontakt brach dann ab, da C. unbekannt verzog. Während der gemeinsamen Zeit der beiden Männer war gegenüber C. der Verdacht entstanden, dieser könne, neben einem R., ein polizeilicher Verdeckter Ermittler sein. Im Oktober 1992 richtete der Kläger ein Schreiben an den Beklagtenvertreter, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA), und begehrte Auskunft darüber, ob und ggf. warum er Betroffener einer verdeckten Datenerhebung geworden sei, und forderte ferner Auskunft über alle in diesem Zusammenhang erhobenen Informationen. Der Kläger bezog sich dabei auch auf den Einsatz zweier Verdeckter Ermittler in Tübingen. Dieser Einsatz war vom LKA im Jahr 1991 begonnen und im Juli 1992 abgebrochen worden, nachdem ein Verdeckter Ermittler enttarnt worden war. Auf Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg war schließlich Ende Juli 1992 der Einsatz aller im Bereich Linksextremismus-/Terrorismus eingesetzten Verdeckten Ermittler beendet worden. Auf die im November 1992 erhobene Klage zweier vom Tübinger Einsatz betroffener Personen stellte das VG Stuttgart mit Urteil vom 30.9.1993 (1 K 3212/92 -Juris Web [L]) die Rechtswidrigkeit des Tübinger Einsatzes fest. Der VGH Baden-Württemberg änderte diese Entscheidung mit Urteil vom 21.11.1994 (1 S 2909/93 - DVBl. 1995, 365) und wies die Klagen als unzulässig ab. Auf die Revision der Tübinger Kläger hob das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl. 1997, 761) die Berufungsentscheidung auf und verwies den Rechtstreit an den VGH zurück, wo das Verfahren mit Beschluss vom 25.5.1999 (1 S 1593/97 - NVwZ-RR 2000, 174) eingestellt wurde, nachdem sich die Beteiligten außergerichtlich verglichen hatten.
Eine vom Kläger zwecks Klärung der "Freiburger Ereignisse" im Dezember 1993 erhobene Auskunftsklage (1 K 2265/93) erklärten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im November 1995 übereinstimmend für erledigt, nachdem das LKA erklärt hatte, alle im Zusammenhang mit dem etwaigen Einsatz von Verdeckten Ermittlern erhobenen Daten seien in der Zeit von November 1992 bis Januar 1993 gelöscht worden. Bereits am 31.1.1994 hat der Kläger die vorliegende Feststellungsklage - sie ist zunächst unter dem Aktenzeichen 1 K 215/94 geführt worden - erhoben. Im Anschluss an einen Zwischenstreit nach § 99 VwGO, in welchem der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 6.5.1997 - 1 S 2581/96 - Juris Web) - anders als die Kammer - entschieden hatte, die vom Beklagten verweigerte Erteilung von Auskünften sei zulässig, ruhte das vorliegende Verfahren zunächst. Es ist vom Kläger am 10.8.1998 wiederangerufen worden (neues Az.: 1 K 2186/98), wobei er zugleich die Klage um das Begehren erweitert hat, den Beklagten zur Unterrichtung zu verurteilen, ob er in der Zeit von Mai 1991 bis August 1992 Betroffener einer Maßnahme nach § 22 Abs. 2 und Abs. 3 PolG gewesen sei. Mit Urteil vom 23.6.1999 hat die Kammer dem (materiell-rechtlich auf § 22 Abs. 8 PolG beruhenden) Unterrichtungsbegehren im Verfahren 1 K 1478/99 umfassend stattgegeben. Zugleich ist der vorliegende, jetzt unter dem aktuellen Aktenzeichen 1 K 439/03 geführte Feststellungsstreit abgetrennt und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Unterrichtungsbegehren ausgesetzt worden. Mit Urteil vom 4.12.2002 (1 S 1639/00 - VBlBW 2003, 349), rechtskräftig seit 25.2.2003, hat der VGH Baden-Württemberg die von ihm zugelassene Berufung gegen das Urteil der Kammer vom 23.6.1999 zurückgewiesen.
Am 13.3.2003 hat der Kläger den vorliegenden Feststellungsstreit wieder angerufen, nachdem ihm das LKA mit Schreiben vom 17.2.2003 Land folgendes mitgeteilt hatte:
"Die zur Stellungnahme aufgeforderte Abteilung 6 "Staatsschutz" teilte dem Referat 101 "Recht, Datenschutz" des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (LKA BW) mit, dass
- das LKA BW vom Januar 1991 bis Juli 1992 im Raum Freiburg Maßnahmen nach § 22 Abs. 3 PolG durchführte,
- u. a. eine Person namens  XXX  XXX  - als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG - von diesen Maßnahmen betroffen war
- der Umfang der Datenerhebung sowie die exakte Dauer der Maßnahme, von der Herr XXX betroffen war, nicht mehr nachvollziehbar ist, da alle personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit den oben angeführten Maßnahmen zwischenzeitlich gelöscht wurden. …"
Sein Feststellungsbegehren begründet der Kläger im wesentlichen wie folgt: Die Klage sei zulässig, weil er unabhängig von der Frage einer konkreten Wiederholungsgefahr ein Rehabilitationsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers habe. Sein Fall sei weiterhin Gegenstand öffentlicher journalistischer Bearbeitung. So habe sein Prozessbevollmächtigter auf Anforderung des Redaktionsteams des "Grundrechte-Reports 2004" einen Bericht zum bisherigen Verfahrensstand gegeben. Im übrigen habe jüngst auch das Bundesverfassungsgericht ein Rehabilitationsinteresse selbst nach Erledigung einer grundrechtsintensiv belastenden Maßnahmen bejaht. Zur Begründetheit seines Begehrens führt der Kläger aus, aufgrund des engen Verhältnisses zwischen ihm und C. seien diesem eine Vielzahl an Informationen aus seinem Privat- und Intimbereich bekannt geworden. Es sei davon auszugehen, dass das LKA mit der Hilfe C.'s über ihn eine Vielzahl von Informationen erhalten habe, die ein vollständiges Persönlichkeitsbild wiedergäben. Diese Informationen seien in geheimdienstlicher Manier erhoben worden, ohne dass sie einem konkreten, gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren gedient hätten. Die Einsatzanordnung sei bereits deshalb rechtswidrig gewesen, weil der von ihr betroffene Personenkreis nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Insoweit unterscheide sich sein Fall nicht vom Einsatz Verdeckter Ermittler in den Jahren 1991 und 1992 in Tübingen, der durch das VG Stuttgart für rechtswidrig erklärt worden sei. Auf Grund der Intensität des Kontaktes, die er und seine damalige Lebensgefährtin zu C. erlebt hätten, stelle sich die nachträglich vom Beklagten vorgenommene Einordnung seiner Person als (nur) Kontaktperson als Schutzbehauptung dar. Auch an den materiell-rechtlichen Voraussetzungen der §§ 1 und 3 PolG bzw. - seit seinem Inkrafttreten am 1.12.1991 - des § 22 PolG habe es schließlich gefehlt.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
festzustellen, dass der Einsatz des unter einem Decknamen vom LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg eingesetzten Verdeckten Ermittlers ihm gegenüber rechtswidrig war.
12 
Das beklagte Land beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Es entgegnet: Die Klage sei bereits mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Wegen der Einzigartigkeit des Vorfalls bestehe keine konkrete Wiederholungsgefahr. Aber auch ein Rehabilitationsinteresse fehle, weil von Seiten des LKA nie öffentlich geäußert worden sei, dass der Kläger Betroffener einer verdeckten Ermittlungsmaßnahme gewesen sei. Darüber hinaus habe es keine den Kläger beeinträchtigende Reaktionen Dritter gegeben. Das Begehren sei aber auch nicht begründet. Der Einsatz des LKA sei rechtmäßig gewesen. Wegen der Lage im Bereich des Linksextremismus bis 1992 werde auf im Rahmen von Abgeordnetenanfragen ergangene, umfassende Stellungnahmen des Innenministeriums Baden-Württemberg vom Juli und August 1992 verwiesen. Für die Entscheidung eines Verdeckten-Ermittler-Einsatzes im Raum Freiburg seien weitere schwerwiegende Aspekte ausschlaggebend gewesen, die das LKA im Schreiben vom 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg ausführlich dargelegt habe. Von den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen sei der Kläger als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG betroffen gewesen. Er habe intensive Kontakte zu Personen i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG unterhalten, bei denen wiederum tatsächliche Anhaltspunkte vorgelegen hätten, dass sie künftig Straftaten begingen.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt (ein Heft des LKA, zwei Hefte Gerichtsakten der Verfahren 1 K 2265/93 und 1 K 1478/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

Gründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des verdeckten Einsatzes technischer Mittel nach § 22 PolG.
Der am xx.xx.1958 geborene Kläger, ein ehemaliger Polizeibeamter im Dienste des Beklagten, wurde mit Urteil des Landgerichts xxx vom 05.11.1990 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen, sowie homosexueller Handlungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen lernte der Kläger seine Opfer überwiegend über seine ehrenamtliche Tätigkeit für die xxx kennen, für die er u.a. als Betreuer Freizeiten für Kinder und Jugendliche durchführte. Kinder und Jugendliche, die ihn sexuell interessierten, veranlasste er, ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Dort zeigte er ihnen zunächst regelmäßig harmlose Videofilme, und ging bei Folgebesuchen dazu über, Pornofilme zu zeigen, um eine sexuelle Stimulanz herbeizuführen. An einem Jugendlichen vollzog der Kläger den Analverkehr, die übrigen Kinder bzw. Jugendlichen veranlasste er zu wechselseitigem Onanieren und/oder Oralverkehr. Von einigen der Opfer fertigte der Kläger Nacktaufnahmen. Die Strafkammer ging aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit des Klägers aus und berücksichtigte bei der Strafzumessung sein umfassendes Geständnis. Zu seinen Gunsten wurde auch die freiwillig aufgenommene psychotherapeutische Behandlung sowie der Umstand berücksichtigt, dass die Kinder die sexuellen Handlungen freiwillig mitgemacht und keine psychischen Folgeschäden erlitten hätten. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde nach Verbüßung der Halbstrafe zum 16.03.1992 zur Bewährung ausgesetzt. Der Arzt und Psychotherapeut W. R. bestätigte mit Schreiben vom 01.02.1993 den erfolgreichen Abschluss der Psychotherapie. Mit Beschluss vom 03.05.1994 verkürzte die Strafvollstreckungskammer die ursprünglich auf drei Jahre festgesetzte Bewährungszeit um zehn Monate. Die Reststrafe wurde mit Wirkung vom 26.05.1994 erlassen.
Seit 1996 ermittelte die Staatsanwaltschaft xxx wiederholt gegen den Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Ermittlungsverfahren wurden jeweils gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, in einem Fall wurde bereits das strafrechtliche Ermittlungsverfahren mangels eines Anfangsverdachts im Sinn des § 152 Abs. 2 StPO nicht eingeleitet.
Im März 2007 gab ein damals 22jähriger Beschuldigter einer Raubstraftat im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung an, er sei im Alter von 13 oder 14 Jahren von dem Kläger viermal zum Oral- und Analverkehr gezwungen worden. In dieser Sache verurteilte das Landgericht xxx den Kläger mit Urteil vom 10.03.2010 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs in vier Fällen eines zur Tatzeit 1995/1996 11jährigen Jungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Verurteilung erfolgte nach einer Verständigung gemäß § 257 c StPO.
Der Kläger ist 1. Vorsitzender des Wassersportvereins IG xxx, der mit dem Yachtclub xxx eine gemeinsame Bootsanlegestelle in xxx xx xxx unterhält. Von dieser Anlegestelle aus unternimmt der Kläger mit seinem Kajütboot Ausfahrten auf dem Rhein. Immer wieder nimmt er dabei auch männliche Kinder und Jugendliche mit, mit denen zusammen er auch auf dem Boot übernachtet. Vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Vorgeschichte des Klägers war dieses Verhalten Gegenstand einer gemeinsamen Vorstandssitzung beider Vereine am 15.11.2005. Der Kläger erklärte damals, sein Fehlverhalten liege mittlerweile 16 Jahre zurück und sei bei der Aufnahme in den Verein bekannt gewesen. Schon aus Eigeninteresse nehme er nur Kinder und Jugendliche auf das Boot mit, mit deren Eltern er gut bekannt sei.
Ein Beamter der Kantonspolizei xxx, der Mitglied des YC xxx ist, teilte am 11.03.2010 einem Kollegen von der Kriminalpolizei xxx mit, dass im YC xxx in den letzten Jahren immer wieder beobachtet worden sei, wie der Kläger mit männlichen Kindern und Jugendlichen mit seinem Boot auf dem Rhein unterwegs sei und auch übernachte. Darauf angesprochen, habe er erklärt, dass alles mit den Eltern abgesprochen und auch sonst in Ordnung sei.
Am 19.04.2010 ordnete das Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion -, gestützt auf § 22 PolG, für die Zeit bis zum 19.07.2010 die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung und den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger gegen dem Kläger an. In der Antragsschrift des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität des Regierungspräsidiums vom 14.04.2010 hieß es, der homosexuell orientierte Kläger, der - wie das Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahr 1990 ergeben habe - zudem an einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung leide, habe über viele Jahre hinweg Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gesucht, sie in seiner Wohnung, in seinem Bett und auf seinem Boot übernachten lassen. Diese Situationen habe er zur Begehung von Sexualstraftaten genutzt, und zwar auch, als im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahre 1990 der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt gewesen sei bzw. als Freigänger während der Verbüßung der anschließenden Strafhaft. Wie die weiteren strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in den 90er Jahren gezeigt hätten, habe durch die Vernehmung der geschädigten Jungen kein Tatnachweis geführt werden können, weil diese wegen ihrer Scham- und Schuldgefühle keine belastenden Aussagen gemacht hätten. Im Jahre 1989 seien bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers viele Lichtbilder von den nackt fotografierten Jungen gefunden worden. Daraufhin seien die Geschädigten eher bereit gewesen, belastende Angaben zu den sexuellen Handlungen zu machen. Dass der Kläger nun wiederum 10- bis 16jährige Jungen in der Regel mit Einverständnis der Eltern in seiner Wohnung und auf seinem Boot übernachten lasse, begründe zwar nicht den Anfangsverdacht einer Straftat, weshalb strafprozessuale Maßnahmen nicht in Betracht kämen. Die verdeckten Observationsmaßnahmen dienten aber dazu, festzustellen, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme und mit ihnen dort nächtige, um so potentiell Geschädigte zu erkennen und zu identifizieren, damit bevorstehende Straftaten erkannt und ggf. ein Strafverfahren eingeleitet werden könne. Die verdeckten Observationen seien geeignet und erforderlich, weil durch Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe die vollzugspolizeiliche Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nicht erfüllt werden könne.
Am 12.07.2010 wurde die Anordnung der verdeckten Observationsmaßnahmen bis zum 19.10.2010 verlängert. In der Antragsschrift vom 09.07.2010 führte das Dezernat Sonderfälle/Organisierte Kriminalität u.a. aus, durch die bislang durchgeführten Maßnahmen sei festgestellt worden, dass der Kläger sowohl in seiner alten als auch in der neuen Wohnung tagsüber wiederholt Besuch von Jugendlichen gehabt habe. Der am 24.01.1994 geborene xxx-xxx sei insgesamt fünfmal zu Besuch in den Wohnungen gewesen, an sechs weiteren Tagen habe der Kläger ihn im Auto mitgenommen und an zehn Tagen sei er zusammen mit ihm meistens für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen. Nach einem gemeinsamen Tag auf dem Boot habe er in einer Art und Weise, die einen sexuellen Bezug vermuten lasse, gesagt, „geil, geiler, geiler, am geilsten“, und kurz darauf noch einmal, „es war so geil“. Zu dem am 03.08.1995 geborenen, allerdings noch sehr kindlich aussehenden xxx habe der Kläger einen noch engeren Kontakt gehabt. Er sei dreimal mit ihm für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen und sei oft zusammen mit ihm Auto gefahren. Wiederholt habe ihn der Jugendliche auch in seiner Wohnung besucht und fünfmal dort übernachtet. Zweimal hätten sie sich zusammen auf einem Gartengelände mit einer Hütte aufgehalten. Bereits zuvor sei das Kraftfahrzeug des Klägers insgesamt 24mal in der Nähe des Gartengrundstücks festgestellt worden, und zwar teilweise für mehr als zwei Stunden. Durch die polizeirechtlichen Maßnahmen hätten zwar noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Die Verhaltensweisen des Klägers bezüglich sexuell motivierter Kontakte zu männlichen Kindern und Jugendlichen hätten sich über die Jahre hinweg jedoch nicht verändert. Der Kläger suche über die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses u.a. mit den Eltern Kontakt zu den Jungen und verbringe mit ihnen seine Freizeit. Insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx begründeten den Verdacht eines sexuellen Verhältnisses. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft bestehe derzeit jedoch noch kein Anfangsverdacht einer Straftat.
Im Zuge der weiteren Observationen wurde im August 2010 festgestellt, dass der Kläger mit einem 12jährigen Jungen im Einverständnis mit dessen Eltern einen zweiwöchigen Urlaub auf dem Kajütboot machen wollte. Bereits die Nacht vom 19. auf den 20.08.2010 verbrachte der Kläger zusammen mit diesem Jungen und xxx in seinem Kajütboot auf dem Rhein, bevor sie am 20.08.2010 rheinabwärts nach xxx fuhren, wo das Boot für mehrere Tage anlegte. Am 24.08.2010 leitete die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts von Straftaten gemäß §§ 176, 176 a und 182 StGB ein. Der Verdacht konnte jedoch durch die - richterlich angeordnete - Durchsuchung der Person, der Wohnung, des Arbeitsplatzes und des Kajütbootes des Klägers am 26.08.2010 nicht erhärtet werden. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen wurden daraufhin beendet.
10 
In dem Abschlussbericht des Regierungspräsidiums Freiburg - Landespolizeidirektion - vom 28.06.2011 hieß es, es bestehe die begründete Vermutung, dass durch die am 26.08.2010 durchgeführte Durchsuchung ein unmittelbar bevorstehender sexueller Missbrauch des damals 12jährigen xxx auf dem Kajütboot habe verhindert werden können. Es sei zu scheinbar unauffälligen körperlichen Annäherungsversuchen des Klägers mit einer von dem Jungen nicht erkannten sexuellen Motivation gekommen.
11 
Mit Verfügung vom 15.07.2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Dem Kläger könnten keine sexuellen Kontakte zu Kindern im Sinn des § 176 StGB oder ein sexueller Missbrauch von Jugendlichen nachgewiesen werden. Die als Zeugen vernommenen Kinder und Jugendlichen, die sich u.a. auf dem Boot des Klägers aufgehalten hätten und als Tatopfer in Betracht kämen, hätten in Abrede gestellt, dass sie jemals Sexualverkehr mit dem Kläger gehabt hätten oder dass er versucht habe, sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen. Auch die weiteren vernommenen Zeugen, insbesondere die Eltern bzw. Angehörigen der Jungen, hätten angegeben, keine Wahrnehmungen über einen Missbrauch gemacht zu haben. Die molekulargenetische Untersuchung von Spermaspuren an dem auf dem Boot sichergestellten Bettzeug und der Abgleich mit den DNA-Mustern der als Tatopfer in Betracht kommenden Zeugen habe nicht zu Ergebnissen geführt, die geeignet seien, diese Angaben zu widerlegen. Die Durchsuchung der Wohnung und des Bootes des Klägers sowie die Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger hätten ebenfalls keine Tatnachweise erbracht.
12 
Am 19.08.2011 erhob der Kläger Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht Freiburg, zu deren Begründung er vortrug: Auch nach Beendigung der auf § 22 PolG gestützten Maßnahmen dauere der Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fort. Ungeachtet der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens behaupte das Regierungspräsidium Freiburg weiterhin, dass gegen ihn ein Tatverdacht bestehe. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung aus dem tiefen Eingriff in seine Grundrechtspositionen. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen seien auch in der Sache rechtswidrig. Den Polizeibehörden sei seit Jahren bekannt gewesen, dass der Kläger seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen auf dem Kajütboot verbringe, ohne dass es zu Straftaten gegen deren sexuelle Selbstbestimmung gekommen sei. Irgendwelche Besonderheiten, die eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können, habe es nicht gegeben. Stattdessen seien kriminalistische Bauchgefühle für das Vorgehen des Beklagten ausschlaggebend gewesen. Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung wäre ohne die verdeckten Maßnahmen auch weder gefährdet noch beeinträchtigt worden. Denn der Beklagte hätte als mildere Ermittlungsmaßnahme etwa die Kinder und Jugendlichen bzw. deren Eltern zu etwaigen sexuellen Übergriffen seitens des Klägers befragen oder das Kajütboot auf molekulargenetische Spuren sexueller Handlungen hin untersuchen können. Das habe umso näher gelegen, als ohnehin höchstens ein Gefahrenverdacht bestanden habe. Zudem sei das Ziel des Beklagten nicht die präventive Datenerhebung zur Verhinderung von Straftaten gewesen. Vielmehr sei es darum gegangen, unabhängig von einem konkreten Anfangsverdacht Beweise für ein zukünftiges Strafverfahren zu beschaffen. Dies sei jedoch unzulässig, weil der Bundesgesetzgeber die Strafverfolgungsvorsorge im Rahmen seiner Zuständigkeit für das gerichtliche Verfahren mit den §§ 100 c, 100 d, 163 f und 100 h StPO abschließend geregelt habe.
13 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er führte aus, es habe sich bei den angeordneten Maßnahmen um solche der Gefahrenabwehr gehandelt, weshalb es nicht auf einen strafrechtlichen Anfangsverdacht ankomme. Durch die strafprozessuale Durchsuchung habe auch tatsächlich eine schwere Straftat i.S. des § 176 a StGB verhindert werden können. Dem Behördenleitervorbehalt aus § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG sei Rechnung getragen und der Kläger sei entsprechend § 22 Abs. 8 PolG nachträglich über die verdeckten Maßnahmen unterrichtet worden. Die materiellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PolG hätten ebenfalls vorgelegen. Es habe konkrete, objektiv nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger ein Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Form des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sexuellen Nötigung oder der Vergewaltigung begehen könne. Der Kläger habe weiterhin Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gepflegt, was für einen Mann seines Alters und mit seiner Vorgeschichte großen Bedenken begegne. Die vom Kläger an den Tag gelegten Verhaltensweisen, die in seiner Persönlichkeit gründeten und ein gewisses Schema erkennen ließen, begründeten die Vermutung, er werde auch zukünftig sexuell motivierte Straftaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen begehen. Alle von ihm ausgewählten Kinder stammten aus sozial schwachen Familien. Durch das Anbieten und Gewähren von Vergünstigungen in Form von Nachhilfe, Freizeitaktivitäten, Bootsaufenthalten, Liebesbekundungen per SMS, Massagen und Geschenken habe der Kläger immer wieder ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern geschaffen. Angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilungen könne daraus auf den Hang zur Begehung erheblicher Straftaten geschlossen werden. Mildere Mittel hätten nicht zur Verfügung gestanden. Eine zeitliche und räumliche Rundumüberwachung habe nicht stattgefunden. Dem Kernbereich privater Lebensgestaltung des Klägers sei dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass sein Wohnbereich weder durch Videoaufzeichnungen noch akustisch überwacht worden sei.
14 
Mit Urteil vom 27.11.2012 (- 3 K 1607/11 - juris) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene längerfristige Observation sowie der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung rechtswidrig waren, weil der Beklagte die formellen Anforderungen des in § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG geregelten Behördenleitervorbehalts nicht beachtet habe.
15 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die weiteren besonderen Mittel der Datenerhebung, deren Einsatz angeordnet worden sei, unterlägen weder dem Behördenleitervorbehalt gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG noch einem Richtervorbehalt. Auch in der Sache sei der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung rechtmäßig erfolgt. Die vom Beklagten getroffenen Maßnahmen hätten der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung gedient. Es hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger künftig solche Straftaten begehen werde. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die besonderen Mittel der Datenerhebung zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung und nicht zur Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten eingesetzt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Mittel der Datenerhebung seien in § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG auch hinreichend bestimmt bezeichnet. Die für eine ausreichende Bestimmtheit erforderliche tatbestandseinengende Funktion werde durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 PolG genannten Personenkreis erreicht. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dürften nur Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen bzw. über Kontakt- und Begleitpersonen solcher Personen erhoben werden. Bloße Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze reichten grundsätzlich nicht aus, um das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zu begründen, der Betroffene werde zukünftig Straftaten begehen. Es müssten vielmehr Tatsachen festgestellt werden, die eine solche Gefahrenprognose tragen. Hier hätten während des gesamten Zeitraums des Einsatzes der besonderen Mittel der Datenerhebung tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, der Kläger werde erneut eine Straftat des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern begehen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Landespolizeidirektion ihre Entscheidung nicht auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt. Die vom Kläger gegen die Erforderlichkeit der Maßnahmen vorgebrachten Einwände griffen ebenfalls nicht durch. Die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung sei schließlich nicht wegen einer Verletzung des Kernbereichs der persönlichen Lebensführung des Klägers rechtswidrig gewesen.
16 
Der Kläger trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung ergänzend und vertiefend im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die angeordneten Maßnahmen insgesamt materiell rechtswidrig. Die Maßnahmen seien bereits deshalb nicht von § 22 PolG gedeckt, weil sie zu repressiven Zwecken angeordnet worden seien. Sie hätten die Einleitung und erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollen. Unabhängig davon hätten die Voraussetzungen einer Gefahr im präventiv-polizeilichen Sinne nicht vorgelegen. Die letzte Vortat habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen über 15 Jahre zurückgelegen. Der Kläger habe im Anschluss an die erste Verurteilung eine Psychotherapie durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. Neben den Vorstrafen habe allein der Umstand vorgelegen, dass sich (auch) männliche Kinder und Jugendliche auf dem Boot des Klägers aufhielten. Dies reiche nicht aus, um eine auf Tatsachen gestützte Gefahr zu begründen. Die kumulative Anordnung nahezu sämtlicher nach § 22 PolG möglicher Maßnahmen sei auch unverhältnismäßig. Deutlich mildere Maßnahmen, die zumindest in gleicher Weise geeignet seien, präventive Wirkung zu entfalten, lägen auf der Hand. Besonders nahe liege die zeugenschaftliche Befragung der Jugendlichen und ihrer Eltern sowie die Anordnung eines behördlichen Umgangsverbots. Schließlich sei § 22 PolG insbesondere im Fall der vorliegenden Kumulation der Maßnahmen bis hin zur vorgenommenen „polizeilichen Totalüberwachung“ und den damit verbundenen (letztlich irreversiblen) Grundrechtseingriffen ohne Richtervorbehalt mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - zu ändern, soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Mit Blick auf die Eingriffsintensität der besonderen Datenerhebung nach § 22 PolG bestehe nicht das Erfordernis eines Richtervorbehalts. Der Gesetzgeber habe sich bei der Änderung des Polizeigesetzes über die Intensität des Grundrechtseingriffs Gedanken gemacht und die Eingriffstiefe typischerweise nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet, sondern die Erweiterung der technischen Observationsmöglichkeiten je nach Einsatzart als gegenüber herkömmlichen Überwachungsmethoden milderes Mittel eingestuft. Dies gelte auch für die vorliegende Konstellation, in der für die konkrete Straftatenvorbeugung ein passgenauer Überwachungsrahmen an Maßnahmen geschnürt worden sei. Der Einsatz von GPS, eines Abhörgeräts im Auto, Observierung und Videoüberwachung seien spezifisch auf den Gefahrenkontext des Klägers zugeschnitten gewesen und hätten seinen persönlichen Rückzugsraum an Privatheit geachtet. Bis zur Türschwelle seien jedoch Erkenntnisse gesammelt und polizeiliche Ressourcen bereitgehalten worden, um im nach Lage der Dinge hinreichend wahrscheinlichen Ernstfall unverzüglich einschreiten zu können. Der Umstand, dass von mehreren polizeilichen Mitteln Gebrauch gemacht worden sei, führe nicht automatisch zu einer Vertiefung der grundrechtsrelevanten Eingriffsschwelle. Die Überwachungstätigkeit sei jeweils an die konkrete Erkenntnislage angepasst worden. Begonnen habe man mit der Überwachung per Videoaufzeichnung vom Boot, dem verdächtigsten Rückzugsraum des Klägers. Auf der Grundlage der weiteren Beobachtung sei die Überwachung nach und nach auf die GPS-Überwachung und die Verwanzung des Autos ausgeweitet worden, bevor letztlich der Hauseingang überwacht worden sei. Dies sei situationsangemessen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung und der daran jeweils orientierten Gefahrenprognose sowie der aktualisierten taktischen Lage erfolgt. Die Überwachung sei im Rahmen der originär polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr erfolgt. Die Maßnahmen seien klar auf den Schutz gefährdeter Kinder ausgerichtet gewesen. Es handele sich um eine geradezu typische Konstellation der Verhinderungsvorsorge, in welcher der Grad des strafprozessualen Anfangsverdachts verneint worden sei, der Polizei jedoch genügend Prognoseeckpunkte vorgelegen hätten, um berechtigterweise von einer Gefährdung besonders schutzbedürftiger Personen ausgehen zu dürfen. Durch die Sammlung von Daten sei die Polizei ihrem Auftrag zur Gefahrenabwehr vor sexuellem Missbrauch von Kindern in konkret-effizienter Art und Weise nachgekommen. Durch die Erhebung der Kontakte zu potentiellen Opfern, deren Häufigkeit, Ausprägung und Umfeld habe die Polizei diese Erkenntnisse mit bekannten Mustern des Klägers und kriminalistischem Erfahrungswissen abgleichen können, um so den Zeitpunkt eines ernsthaft zu befürchtenden Umschlagens der Gefahr zur Tat eruieren und absichern zu können. Das planvolle Vorgehen des Klägers bei der Annäherung an knabenhafte Jungen und der gemeinsame Aufenthalt an privaten Orten (Boot, Wohnung, Auto) habe den Verhaltensmustern der Vortaten entsprochen. Bei dem Kläger handele es sich um einen einschlägigen Wiederholungstäter, dessen Sexualtrieb mit Hang zu männlichen Kindern und Jugendlichen sich trotz einer Therapie nach der ersten Verurteilung nicht verändert habe. Das planmäßige Vorgehen unter Aufbau eines freundschaftlichen Verhältnisses mit dem Potential zum Antesten sexueller Grenzen habe der kriminellen Energie der Vortaten entsprochen. Das „Wann“ eines manifesten Einsatzes obliege gewissen polizeitaktischen Erwägungen. Ein Abwarten signalisiere hier keineswegs ein Zuwarten auf strafrechtliche Erkenntnisse. Vielmehr sei es den konkreten Umständen des Einzelfalls geschuldet, wann eine Gefahr unmittelbar in die Tat umzuschlagen drohe. So könne sich etwa bei jugendlichen Begleitern über 14 Jahren ein anderer Bewertungsmaßstab ergeben als bei Kindern unter 14 Jahren, wo es von vornherein nicht auf die Freiwilligkeit der sexuellen Handlung ankomme. Die unmittelbare Gefahr sei hier anhand der Erkenntnisse über einen bevorstehenden Bootsurlaub mit einer möglichen, kindlichen Zielperson für sexuelle Übergriffe eingetreten. Die beabsichtigte gemeinsame Reise auf dem Boot samt der langen Zeitspanne des Beisammenseins auf engstem Raum hätte den Überwachungsradius überfordert und dem Kläger ein optimales Umfeld des sexuellen Zugriffs geboten. Dieses Risiko habe man nicht eingehen können. Deshalb seien die Durchsuchung angeordnet und die präventiven Maßnahmen gestoppt worden.
22 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten der Strafverfahren vor dem Landgericht xxx (xxx zzgl. Sonderbände und Bewährungsheft sowie xxx), die Akten der Staatsanwaltschaft xxx zum Ermittlungsverfahren xxx, drei Bände Akten mit Fotokopien aus polizeilichen Ermittlungsverfahren sowie die Akten des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit deren Vorlage nicht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom Innenministerium verweigert worden ist, vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des verdeckten Einsatzes technischer Mittel nach § 22 PolG.
Der am xx.xx.1958 geborene Kläger, ein ehemaliger Polizeibeamter im Dienste des Beklagten, wurde mit Urteil des Landgerichts xxx vom 05.11.1990 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen, sowie homosexueller Handlungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen lernte der Kläger seine Opfer überwiegend über seine ehrenamtliche Tätigkeit für die xxx kennen, für die er u.a. als Betreuer Freizeiten für Kinder und Jugendliche durchführte. Kinder und Jugendliche, die ihn sexuell interessierten, veranlasste er, ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Dort zeigte er ihnen zunächst regelmäßig harmlose Videofilme, und ging bei Folgebesuchen dazu über, Pornofilme zu zeigen, um eine sexuelle Stimulanz herbeizuführen. An einem Jugendlichen vollzog der Kläger den Analverkehr, die übrigen Kinder bzw. Jugendlichen veranlasste er zu wechselseitigem Onanieren und/oder Oralverkehr. Von einigen der Opfer fertigte der Kläger Nacktaufnahmen. Die Strafkammer ging aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit des Klägers aus und berücksichtigte bei der Strafzumessung sein umfassendes Geständnis. Zu seinen Gunsten wurde auch die freiwillig aufgenommene psychotherapeutische Behandlung sowie der Umstand berücksichtigt, dass die Kinder die sexuellen Handlungen freiwillig mitgemacht und keine psychischen Folgeschäden erlitten hätten. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde nach Verbüßung der Halbstrafe zum 16.03.1992 zur Bewährung ausgesetzt. Der Arzt und Psychotherapeut W. R. bestätigte mit Schreiben vom 01.02.1993 den erfolgreichen Abschluss der Psychotherapie. Mit Beschluss vom 03.05.1994 verkürzte die Strafvollstreckungskammer die ursprünglich auf drei Jahre festgesetzte Bewährungszeit um zehn Monate. Die Reststrafe wurde mit Wirkung vom 26.05.1994 erlassen.
Seit 1996 ermittelte die Staatsanwaltschaft xxx wiederholt gegen den Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Ermittlungsverfahren wurden jeweils gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, in einem Fall wurde bereits das strafrechtliche Ermittlungsverfahren mangels eines Anfangsverdachts im Sinn des § 152 Abs. 2 StPO nicht eingeleitet.
Im März 2007 gab ein damals 22jähriger Beschuldigter einer Raubstraftat im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung an, er sei im Alter von 13 oder 14 Jahren von dem Kläger viermal zum Oral- und Analverkehr gezwungen worden. In dieser Sache verurteilte das Landgericht xxx den Kläger mit Urteil vom 10.03.2010 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs in vier Fällen eines zur Tatzeit 1995/1996 11jährigen Jungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Verurteilung erfolgte nach einer Verständigung gemäß § 257 c StPO.
Der Kläger ist 1. Vorsitzender des Wassersportvereins IG xxx, der mit dem Yachtclub xxx eine gemeinsame Bootsanlegestelle in xxx xx xxx unterhält. Von dieser Anlegestelle aus unternimmt der Kläger mit seinem Kajütboot Ausfahrten auf dem Rhein. Immer wieder nimmt er dabei auch männliche Kinder und Jugendliche mit, mit denen zusammen er auch auf dem Boot übernachtet. Vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Vorgeschichte des Klägers war dieses Verhalten Gegenstand einer gemeinsamen Vorstandssitzung beider Vereine am 15.11.2005. Der Kläger erklärte damals, sein Fehlverhalten liege mittlerweile 16 Jahre zurück und sei bei der Aufnahme in den Verein bekannt gewesen. Schon aus Eigeninteresse nehme er nur Kinder und Jugendliche auf das Boot mit, mit deren Eltern er gut bekannt sei.
Ein Beamter der Kantonspolizei xxx, der Mitglied des YC xxx ist, teilte am 11.03.2010 einem Kollegen von der Kriminalpolizei xxx mit, dass im YC xxx in den letzten Jahren immer wieder beobachtet worden sei, wie der Kläger mit männlichen Kindern und Jugendlichen mit seinem Boot auf dem Rhein unterwegs sei und auch übernachte. Darauf angesprochen, habe er erklärt, dass alles mit den Eltern abgesprochen und auch sonst in Ordnung sei.
Am 19.04.2010 ordnete das Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion -, gestützt auf § 22 PolG, für die Zeit bis zum 19.07.2010 die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung und den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger gegen dem Kläger an. In der Antragsschrift des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität des Regierungspräsidiums vom 14.04.2010 hieß es, der homosexuell orientierte Kläger, der - wie das Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahr 1990 ergeben habe - zudem an einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung leide, habe über viele Jahre hinweg Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gesucht, sie in seiner Wohnung, in seinem Bett und auf seinem Boot übernachten lassen. Diese Situationen habe er zur Begehung von Sexualstraftaten genutzt, und zwar auch, als im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahre 1990 der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt gewesen sei bzw. als Freigänger während der Verbüßung der anschließenden Strafhaft. Wie die weiteren strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in den 90er Jahren gezeigt hätten, habe durch die Vernehmung der geschädigten Jungen kein Tatnachweis geführt werden können, weil diese wegen ihrer Scham- und Schuldgefühle keine belastenden Aussagen gemacht hätten. Im Jahre 1989 seien bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers viele Lichtbilder von den nackt fotografierten Jungen gefunden worden. Daraufhin seien die Geschädigten eher bereit gewesen, belastende Angaben zu den sexuellen Handlungen zu machen. Dass der Kläger nun wiederum 10- bis 16jährige Jungen in der Regel mit Einverständnis der Eltern in seiner Wohnung und auf seinem Boot übernachten lasse, begründe zwar nicht den Anfangsverdacht einer Straftat, weshalb strafprozessuale Maßnahmen nicht in Betracht kämen. Die verdeckten Observationsmaßnahmen dienten aber dazu, festzustellen, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme und mit ihnen dort nächtige, um so potentiell Geschädigte zu erkennen und zu identifizieren, damit bevorstehende Straftaten erkannt und ggf. ein Strafverfahren eingeleitet werden könne. Die verdeckten Observationen seien geeignet und erforderlich, weil durch Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe die vollzugspolizeiliche Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nicht erfüllt werden könne.
Am 12.07.2010 wurde die Anordnung der verdeckten Observationsmaßnahmen bis zum 19.10.2010 verlängert. In der Antragsschrift vom 09.07.2010 führte das Dezernat Sonderfälle/Organisierte Kriminalität u.a. aus, durch die bislang durchgeführten Maßnahmen sei festgestellt worden, dass der Kläger sowohl in seiner alten als auch in der neuen Wohnung tagsüber wiederholt Besuch von Jugendlichen gehabt habe. Der am 24.01.1994 geborene xxx-xxx sei insgesamt fünfmal zu Besuch in den Wohnungen gewesen, an sechs weiteren Tagen habe der Kläger ihn im Auto mitgenommen und an zehn Tagen sei er zusammen mit ihm meistens für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen. Nach einem gemeinsamen Tag auf dem Boot habe er in einer Art und Weise, die einen sexuellen Bezug vermuten lasse, gesagt, „geil, geiler, geiler, am geilsten“, und kurz darauf noch einmal, „es war so geil“. Zu dem am 03.08.1995 geborenen, allerdings noch sehr kindlich aussehenden xxx habe der Kläger einen noch engeren Kontakt gehabt. Er sei dreimal mit ihm für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen und sei oft zusammen mit ihm Auto gefahren. Wiederholt habe ihn der Jugendliche auch in seiner Wohnung besucht und fünfmal dort übernachtet. Zweimal hätten sie sich zusammen auf einem Gartengelände mit einer Hütte aufgehalten. Bereits zuvor sei das Kraftfahrzeug des Klägers insgesamt 24mal in der Nähe des Gartengrundstücks festgestellt worden, und zwar teilweise für mehr als zwei Stunden. Durch die polizeirechtlichen Maßnahmen hätten zwar noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Die Verhaltensweisen des Klägers bezüglich sexuell motivierter Kontakte zu männlichen Kindern und Jugendlichen hätten sich über die Jahre hinweg jedoch nicht verändert. Der Kläger suche über die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses u.a. mit den Eltern Kontakt zu den Jungen und verbringe mit ihnen seine Freizeit. Insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx begründeten den Verdacht eines sexuellen Verhältnisses. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft bestehe derzeit jedoch noch kein Anfangsverdacht einer Straftat.
Im Zuge der weiteren Observationen wurde im August 2010 festgestellt, dass der Kläger mit einem 12jährigen Jungen im Einverständnis mit dessen Eltern einen zweiwöchigen Urlaub auf dem Kajütboot machen wollte. Bereits die Nacht vom 19. auf den 20.08.2010 verbrachte der Kläger zusammen mit diesem Jungen und xxx in seinem Kajütboot auf dem Rhein, bevor sie am 20.08.2010 rheinabwärts nach xxx fuhren, wo das Boot für mehrere Tage anlegte. Am 24.08.2010 leitete die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts von Straftaten gemäß §§ 176, 176 a und 182 StGB ein. Der Verdacht konnte jedoch durch die - richterlich angeordnete - Durchsuchung der Person, der Wohnung, des Arbeitsplatzes und des Kajütbootes des Klägers am 26.08.2010 nicht erhärtet werden. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen wurden daraufhin beendet.
10 
In dem Abschlussbericht des Regierungspräsidiums Freiburg - Landespolizeidirektion - vom 28.06.2011 hieß es, es bestehe die begründete Vermutung, dass durch die am 26.08.2010 durchgeführte Durchsuchung ein unmittelbar bevorstehender sexueller Missbrauch des damals 12jährigen xxx auf dem Kajütboot habe verhindert werden können. Es sei zu scheinbar unauffälligen körperlichen Annäherungsversuchen des Klägers mit einer von dem Jungen nicht erkannten sexuellen Motivation gekommen.
11 
Mit Verfügung vom 15.07.2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Dem Kläger könnten keine sexuellen Kontakte zu Kindern im Sinn des § 176 StGB oder ein sexueller Missbrauch von Jugendlichen nachgewiesen werden. Die als Zeugen vernommenen Kinder und Jugendlichen, die sich u.a. auf dem Boot des Klägers aufgehalten hätten und als Tatopfer in Betracht kämen, hätten in Abrede gestellt, dass sie jemals Sexualverkehr mit dem Kläger gehabt hätten oder dass er versucht habe, sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen. Auch die weiteren vernommenen Zeugen, insbesondere die Eltern bzw. Angehörigen der Jungen, hätten angegeben, keine Wahrnehmungen über einen Missbrauch gemacht zu haben. Die molekulargenetische Untersuchung von Spermaspuren an dem auf dem Boot sichergestellten Bettzeug und der Abgleich mit den DNA-Mustern der als Tatopfer in Betracht kommenden Zeugen habe nicht zu Ergebnissen geführt, die geeignet seien, diese Angaben zu widerlegen. Die Durchsuchung der Wohnung und des Bootes des Klägers sowie die Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger hätten ebenfalls keine Tatnachweise erbracht.
12 
Am 19.08.2011 erhob der Kläger Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht Freiburg, zu deren Begründung er vortrug: Auch nach Beendigung der auf § 22 PolG gestützten Maßnahmen dauere der Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fort. Ungeachtet der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens behaupte das Regierungspräsidium Freiburg weiterhin, dass gegen ihn ein Tatverdacht bestehe. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung aus dem tiefen Eingriff in seine Grundrechtspositionen. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen seien auch in der Sache rechtswidrig. Den Polizeibehörden sei seit Jahren bekannt gewesen, dass der Kläger seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen auf dem Kajütboot verbringe, ohne dass es zu Straftaten gegen deren sexuelle Selbstbestimmung gekommen sei. Irgendwelche Besonderheiten, die eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können, habe es nicht gegeben. Stattdessen seien kriminalistische Bauchgefühle für das Vorgehen des Beklagten ausschlaggebend gewesen. Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung wäre ohne die verdeckten Maßnahmen auch weder gefährdet noch beeinträchtigt worden. Denn der Beklagte hätte als mildere Ermittlungsmaßnahme etwa die Kinder und Jugendlichen bzw. deren Eltern zu etwaigen sexuellen Übergriffen seitens des Klägers befragen oder das Kajütboot auf molekulargenetische Spuren sexueller Handlungen hin untersuchen können. Das habe umso näher gelegen, als ohnehin höchstens ein Gefahrenverdacht bestanden habe. Zudem sei das Ziel des Beklagten nicht die präventive Datenerhebung zur Verhinderung von Straftaten gewesen. Vielmehr sei es darum gegangen, unabhängig von einem konkreten Anfangsverdacht Beweise für ein zukünftiges Strafverfahren zu beschaffen. Dies sei jedoch unzulässig, weil der Bundesgesetzgeber die Strafverfolgungsvorsorge im Rahmen seiner Zuständigkeit für das gerichtliche Verfahren mit den §§ 100 c, 100 d, 163 f und 100 h StPO abschließend geregelt habe.
13 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er führte aus, es habe sich bei den angeordneten Maßnahmen um solche der Gefahrenabwehr gehandelt, weshalb es nicht auf einen strafrechtlichen Anfangsverdacht ankomme. Durch die strafprozessuale Durchsuchung habe auch tatsächlich eine schwere Straftat i.S. des § 176 a StGB verhindert werden können. Dem Behördenleitervorbehalt aus § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG sei Rechnung getragen und der Kläger sei entsprechend § 22 Abs. 8 PolG nachträglich über die verdeckten Maßnahmen unterrichtet worden. Die materiellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PolG hätten ebenfalls vorgelegen. Es habe konkrete, objektiv nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger ein Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Form des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sexuellen Nötigung oder der Vergewaltigung begehen könne. Der Kläger habe weiterhin Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gepflegt, was für einen Mann seines Alters und mit seiner Vorgeschichte großen Bedenken begegne. Die vom Kläger an den Tag gelegten Verhaltensweisen, die in seiner Persönlichkeit gründeten und ein gewisses Schema erkennen ließen, begründeten die Vermutung, er werde auch zukünftig sexuell motivierte Straftaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen begehen. Alle von ihm ausgewählten Kinder stammten aus sozial schwachen Familien. Durch das Anbieten und Gewähren von Vergünstigungen in Form von Nachhilfe, Freizeitaktivitäten, Bootsaufenthalten, Liebesbekundungen per SMS, Massagen und Geschenken habe der Kläger immer wieder ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern geschaffen. Angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilungen könne daraus auf den Hang zur Begehung erheblicher Straftaten geschlossen werden. Mildere Mittel hätten nicht zur Verfügung gestanden. Eine zeitliche und räumliche Rundumüberwachung habe nicht stattgefunden. Dem Kernbereich privater Lebensgestaltung des Klägers sei dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass sein Wohnbereich weder durch Videoaufzeichnungen noch akustisch überwacht worden sei.
14 
Mit Urteil vom 27.11.2012 (- 3 K 1607/11 - juris) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene längerfristige Observation sowie der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung rechtswidrig waren, weil der Beklagte die formellen Anforderungen des in § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG geregelten Behördenleitervorbehalts nicht beachtet habe.
15 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die weiteren besonderen Mittel der Datenerhebung, deren Einsatz angeordnet worden sei, unterlägen weder dem Behördenleitervorbehalt gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG noch einem Richtervorbehalt. Auch in der Sache sei der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung rechtmäßig erfolgt. Die vom Beklagten getroffenen Maßnahmen hätten der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung gedient. Es hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger künftig solche Straftaten begehen werde. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die besonderen Mittel der Datenerhebung zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung und nicht zur Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten eingesetzt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Mittel der Datenerhebung seien in § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG auch hinreichend bestimmt bezeichnet. Die für eine ausreichende Bestimmtheit erforderliche tatbestandseinengende Funktion werde durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 PolG genannten Personenkreis erreicht. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dürften nur Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen bzw. über Kontakt- und Begleitpersonen solcher Personen erhoben werden. Bloße Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze reichten grundsätzlich nicht aus, um das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zu begründen, der Betroffene werde zukünftig Straftaten begehen. Es müssten vielmehr Tatsachen festgestellt werden, die eine solche Gefahrenprognose tragen. Hier hätten während des gesamten Zeitraums des Einsatzes der besonderen Mittel der Datenerhebung tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, der Kläger werde erneut eine Straftat des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern begehen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Landespolizeidirektion ihre Entscheidung nicht auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt. Die vom Kläger gegen die Erforderlichkeit der Maßnahmen vorgebrachten Einwände griffen ebenfalls nicht durch. Die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung sei schließlich nicht wegen einer Verletzung des Kernbereichs der persönlichen Lebensführung des Klägers rechtswidrig gewesen.
16 
Der Kläger trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung ergänzend und vertiefend im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die angeordneten Maßnahmen insgesamt materiell rechtswidrig. Die Maßnahmen seien bereits deshalb nicht von § 22 PolG gedeckt, weil sie zu repressiven Zwecken angeordnet worden seien. Sie hätten die Einleitung und erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollen. Unabhängig davon hätten die Voraussetzungen einer Gefahr im präventiv-polizeilichen Sinne nicht vorgelegen. Die letzte Vortat habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen über 15 Jahre zurückgelegen. Der Kläger habe im Anschluss an die erste Verurteilung eine Psychotherapie durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. Neben den Vorstrafen habe allein der Umstand vorgelegen, dass sich (auch) männliche Kinder und Jugendliche auf dem Boot des Klägers aufhielten. Dies reiche nicht aus, um eine auf Tatsachen gestützte Gefahr zu begründen. Die kumulative Anordnung nahezu sämtlicher nach § 22 PolG möglicher Maßnahmen sei auch unverhältnismäßig. Deutlich mildere Maßnahmen, die zumindest in gleicher Weise geeignet seien, präventive Wirkung zu entfalten, lägen auf der Hand. Besonders nahe liege die zeugenschaftliche Befragung der Jugendlichen und ihrer Eltern sowie die Anordnung eines behördlichen Umgangsverbots. Schließlich sei § 22 PolG insbesondere im Fall der vorliegenden Kumulation der Maßnahmen bis hin zur vorgenommenen „polizeilichen Totalüberwachung“ und den damit verbundenen (letztlich irreversiblen) Grundrechtseingriffen ohne Richtervorbehalt mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - zu ändern, soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Mit Blick auf die Eingriffsintensität der besonderen Datenerhebung nach § 22 PolG bestehe nicht das Erfordernis eines Richtervorbehalts. Der Gesetzgeber habe sich bei der Änderung des Polizeigesetzes über die Intensität des Grundrechtseingriffs Gedanken gemacht und die Eingriffstiefe typischerweise nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet, sondern die Erweiterung der technischen Observationsmöglichkeiten je nach Einsatzart als gegenüber herkömmlichen Überwachungsmethoden milderes Mittel eingestuft. Dies gelte auch für die vorliegende Konstellation, in der für die konkrete Straftatenvorbeugung ein passgenauer Überwachungsrahmen an Maßnahmen geschnürt worden sei. Der Einsatz von GPS, eines Abhörgeräts im Auto, Observierung und Videoüberwachung seien spezifisch auf den Gefahrenkontext des Klägers zugeschnitten gewesen und hätten seinen persönlichen Rückzugsraum an Privatheit geachtet. Bis zur Türschwelle seien jedoch Erkenntnisse gesammelt und polizeiliche Ressourcen bereitgehalten worden, um im nach Lage der Dinge hinreichend wahrscheinlichen Ernstfall unverzüglich einschreiten zu können. Der Umstand, dass von mehreren polizeilichen Mitteln Gebrauch gemacht worden sei, führe nicht automatisch zu einer Vertiefung der grundrechtsrelevanten Eingriffsschwelle. Die Überwachungstätigkeit sei jeweils an die konkrete Erkenntnislage angepasst worden. Begonnen habe man mit der Überwachung per Videoaufzeichnung vom Boot, dem verdächtigsten Rückzugsraum des Klägers. Auf der Grundlage der weiteren Beobachtung sei die Überwachung nach und nach auf die GPS-Überwachung und die Verwanzung des Autos ausgeweitet worden, bevor letztlich der Hauseingang überwacht worden sei. Dies sei situationsangemessen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung und der daran jeweils orientierten Gefahrenprognose sowie der aktualisierten taktischen Lage erfolgt. Die Überwachung sei im Rahmen der originär polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr erfolgt. Die Maßnahmen seien klar auf den Schutz gefährdeter Kinder ausgerichtet gewesen. Es handele sich um eine geradezu typische Konstellation der Verhinderungsvorsorge, in welcher der Grad des strafprozessualen Anfangsverdachts verneint worden sei, der Polizei jedoch genügend Prognoseeckpunkte vorgelegen hätten, um berechtigterweise von einer Gefährdung besonders schutzbedürftiger Personen ausgehen zu dürfen. Durch die Sammlung von Daten sei die Polizei ihrem Auftrag zur Gefahrenabwehr vor sexuellem Missbrauch von Kindern in konkret-effizienter Art und Weise nachgekommen. Durch die Erhebung der Kontakte zu potentiellen Opfern, deren Häufigkeit, Ausprägung und Umfeld habe die Polizei diese Erkenntnisse mit bekannten Mustern des Klägers und kriminalistischem Erfahrungswissen abgleichen können, um so den Zeitpunkt eines ernsthaft zu befürchtenden Umschlagens der Gefahr zur Tat eruieren und absichern zu können. Das planvolle Vorgehen des Klägers bei der Annäherung an knabenhafte Jungen und der gemeinsame Aufenthalt an privaten Orten (Boot, Wohnung, Auto) habe den Verhaltensmustern der Vortaten entsprochen. Bei dem Kläger handele es sich um einen einschlägigen Wiederholungstäter, dessen Sexualtrieb mit Hang zu männlichen Kindern und Jugendlichen sich trotz einer Therapie nach der ersten Verurteilung nicht verändert habe. Das planmäßige Vorgehen unter Aufbau eines freundschaftlichen Verhältnisses mit dem Potential zum Antesten sexueller Grenzen habe der kriminellen Energie der Vortaten entsprochen. Das „Wann“ eines manifesten Einsatzes obliege gewissen polizeitaktischen Erwägungen. Ein Abwarten signalisiere hier keineswegs ein Zuwarten auf strafrechtliche Erkenntnisse. Vielmehr sei es den konkreten Umständen des Einzelfalls geschuldet, wann eine Gefahr unmittelbar in die Tat umzuschlagen drohe. So könne sich etwa bei jugendlichen Begleitern über 14 Jahren ein anderer Bewertungsmaßstab ergeben als bei Kindern unter 14 Jahren, wo es von vornherein nicht auf die Freiwilligkeit der sexuellen Handlung ankomme. Die unmittelbare Gefahr sei hier anhand der Erkenntnisse über einen bevorstehenden Bootsurlaub mit einer möglichen, kindlichen Zielperson für sexuelle Übergriffe eingetreten. Die beabsichtigte gemeinsame Reise auf dem Boot samt der langen Zeitspanne des Beisammenseins auf engstem Raum hätte den Überwachungsradius überfordert und dem Kläger ein optimales Umfeld des sexuellen Zugriffs geboten. Dieses Risiko habe man nicht eingehen können. Deshalb seien die Durchsuchung angeordnet und die präventiven Maßnahmen gestoppt worden.
22 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten der Strafverfahren vor dem Landgericht xxx (xxx zzgl. Sonderbände und Bewährungsheft sowie xxx), die Akten der Staatsanwaltschaft xxx zum Ermittlungsverfahren xxx, drei Bände Akten mit Fotokopien aus polizeilichen Ermittlungsverfahren sowie die Akten des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit deren Vorlage nicht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom Innenministerium verweigert worden ist, vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers des LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg gegen den Kläger rechtswidrig war.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer verdeckten Datenerhebung.
Der Kläger beteiligte sich an einer im August 1991 in Freiburg gegründeten und im Januar 1992 aufgelösten Initiative mit dem Ziel humanitärer Hilfe für politische Gefangene. Am ersten Treffen dieser Initiative nahm neben dem Kläger auch ein Hans-Joachim C. teil. Zwischen C. und dem Kläger entwickelte sich in der Folgezeit eine freundschaftliche Beziehung. Im Juli 1992 fand das letzte Treffen des Klägers mit C. statt, der Kontakt brach dann ab, da C. unbekannt verzog. Während der gemeinsamen Zeit der beiden Männer war gegenüber C. der Verdacht entstanden, dieser könne, neben einem R., ein polizeilicher Verdeckter Ermittler sein. Im Oktober 1992 richtete der Kläger ein Schreiben an den Beklagtenvertreter, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA), und begehrte Auskunft darüber, ob und ggf. warum er Betroffener einer verdeckten Datenerhebung geworden sei, und forderte ferner Auskunft über alle in diesem Zusammenhang erhobenen Informationen. Der Kläger bezog sich dabei auch auf den Einsatz zweier Verdeckter Ermittler in Tübingen. Dieser Einsatz war vom LKA im Jahr 1991 begonnen und im Juli 1992 abgebrochen worden, nachdem ein Verdeckter Ermittler enttarnt worden war. Auf Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg war schließlich Ende Juli 1992 der Einsatz aller im Bereich Linksextremismus-/Terrorismus eingesetzten Verdeckten Ermittler beendet worden. Auf die im November 1992 erhobene Klage zweier vom Tübinger Einsatz betroffener Personen stellte das VG Stuttgart mit Urteil vom 30.9.1993 (1 K 3212/92 -Juris Web [L]) die Rechtswidrigkeit des Tübinger Einsatzes fest. Der VGH Baden-Württemberg änderte diese Entscheidung mit Urteil vom 21.11.1994 (1 S 2909/93 - DVBl. 1995, 365) und wies die Klagen als unzulässig ab. Auf die Revision der Tübinger Kläger hob das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl. 1997, 761) die Berufungsentscheidung auf und verwies den Rechtstreit an den VGH zurück, wo das Verfahren mit Beschluss vom 25.5.1999 (1 S 1593/97 - NVwZ-RR 2000, 174) eingestellt wurde, nachdem sich die Beteiligten außergerichtlich verglichen hatten.
Eine vom Kläger zwecks Klärung der "Freiburger Ereignisse" im Dezember 1993 erhobene Auskunftsklage (1 K 2265/93) erklärten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im November 1995 übereinstimmend für erledigt, nachdem das LKA erklärt hatte, alle im Zusammenhang mit dem etwaigen Einsatz von Verdeckten Ermittlern erhobenen Daten seien in der Zeit von November 1992 bis Januar 1993 gelöscht worden. Bereits am 31.1.1994 hat der Kläger die vorliegende Feststellungsklage - sie ist zunächst unter dem Aktenzeichen 1 K 215/94 geführt worden - erhoben. Im Anschluss an einen Zwischenstreit nach § 99 VwGO, in welchem der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 6.5.1997 - 1 S 2581/96 - Juris Web) - anders als die Kammer - entschieden hatte, die vom Beklagten verweigerte Erteilung von Auskünften sei zulässig, ruhte das vorliegende Verfahren zunächst. Es ist vom Kläger am 10.8.1998 wiederangerufen worden (neues Az.: 1 K 2186/98), wobei er zugleich die Klage um das Begehren erweitert hat, den Beklagten zur Unterrichtung zu verurteilen, ob er in der Zeit von Mai 1991 bis August 1992 Betroffener einer Maßnahme nach § 22 Abs. 2 und Abs. 3 PolG gewesen sei. Mit Urteil vom 23.6.1999 hat die Kammer dem (materiell-rechtlich auf § 22 Abs. 8 PolG beruhenden) Unterrichtungsbegehren im Verfahren 1 K 1478/99 umfassend stattgegeben. Zugleich ist der vorliegende, jetzt unter dem aktuellen Aktenzeichen 1 K 439/03 geführte Feststellungsstreit abgetrennt und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Unterrichtungsbegehren ausgesetzt worden. Mit Urteil vom 4.12.2002 (1 S 1639/00 - VBlBW 2003, 349), rechtskräftig seit 25.2.2003, hat der VGH Baden-Württemberg die von ihm zugelassene Berufung gegen das Urteil der Kammer vom 23.6.1999 zurückgewiesen.
Am 13.3.2003 hat der Kläger den vorliegenden Feststellungsstreit wieder angerufen, nachdem ihm das LKA mit Schreiben vom 17.2.2003 Land folgendes mitgeteilt hatte:
"Die zur Stellungnahme aufgeforderte Abteilung 6 "Staatsschutz" teilte dem Referat 101 "Recht, Datenschutz" des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (LKA BW) mit, dass
- das LKA BW vom Januar 1991 bis Juli 1992 im Raum Freiburg Maßnahmen nach § 22 Abs. 3 PolG durchführte,
- u. a. eine Person namens  XXX  XXX  - als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG - von diesen Maßnahmen betroffen war
- der Umfang der Datenerhebung sowie die exakte Dauer der Maßnahme, von der Herr XXX betroffen war, nicht mehr nachvollziehbar ist, da alle personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit den oben angeführten Maßnahmen zwischenzeitlich gelöscht wurden. …"
Sein Feststellungsbegehren begründet der Kläger im wesentlichen wie folgt: Die Klage sei zulässig, weil er unabhängig von der Frage einer konkreten Wiederholungsgefahr ein Rehabilitationsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers habe. Sein Fall sei weiterhin Gegenstand öffentlicher journalistischer Bearbeitung. So habe sein Prozessbevollmächtigter auf Anforderung des Redaktionsteams des "Grundrechte-Reports 2004" einen Bericht zum bisherigen Verfahrensstand gegeben. Im übrigen habe jüngst auch das Bundesverfassungsgericht ein Rehabilitationsinteresse selbst nach Erledigung einer grundrechtsintensiv belastenden Maßnahmen bejaht. Zur Begründetheit seines Begehrens führt der Kläger aus, aufgrund des engen Verhältnisses zwischen ihm und C. seien diesem eine Vielzahl an Informationen aus seinem Privat- und Intimbereich bekannt geworden. Es sei davon auszugehen, dass das LKA mit der Hilfe C.'s über ihn eine Vielzahl von Informationen erhalten habe, die ein vollständiges Persönlichkeitsbild wiedergäben. Diese Informationen seien in geheimdienstlicher Manier erhoben worden, ohne dass sie einem konkreten, gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren gedient hätten. Die Einsatzanordnung sei bereits deshalb rechtswidrig gewesen, weil der von ihr betroffene Personenkreis nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Insoweit unterscheide sich sein Fall nicht vom Einsatz Verdeckter Ermittler in den Jahren 1991 und 1992 in Tübingen, der durch das VG Stuttgart für rechtswidrig erklärt worden sei. Auf Grund der Intensität des Kontaktes, die er und seine damalige Lebensgefährtin zu C. erlebt hätten, stelle sich die nachträglich vom Beklagten vorgenommene Einordnung seiner Person als (nur) Kontaktperson als Schutzbehauptung dar. Auch an den materiell-rechtlichen Voraussetzungen der §§ 1 und 3 PolG bzw. - seit seinem Inkrafttreten am 1.12.1991 - des § 22 PolG habe es schließlich gefehlt.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
festzustellen, dass der Einsatz des unter einem Decknamen vom LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg eingesetzten Verdeckten Ermittlers ihm gegenüber rechtswidrig war.
12 
Das beklagte Land beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Es entgegnet: Die Klage sei bereits mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Wegen der Einzigartigkeit des Vorfalls bestehe keine konkrete Wiederholungsgefahr. Aber auch ein Rehabilitationsinteresse fehle, weil von Seiten des LKA nie öffentlich geäußert worden sei, dass der Kläger Betroffener einer verdeckten Ermittlungsmaßnahme gewesen sei. Darüber hinaus habe es keine den Kläger beeinträchtigende Reaktionen Dritter gegeben. Das Begehren sei aber auch nicht begründet. Der Einsatz des LKA sei rechtmäßig gewesen. Wegen der Lage im Bereich des Linksextremismus bis 1992 werde auf im Rahmen von Abgeordnetenanfragen ergangene, umfassende Stellungnahmen des Innenministeriums Baden-Württemberg vom Juli und August 1992 verwiesen. Für die Entscheidung eines Verdeckten-Ermittler-Einsatzes im Raum Freiburg seien weitere schwerwiegende Aspekte ausschlaggebend gewesen, die das LKA im Schreiben vom 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg ausführlich dargelegt habe. Von den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen sei der Kläger als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG betroffen gewesen. Er habe intensive Kontakte zu Personen i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG unterhalten, bei denen wiederum tatsächliche Anhaltspunkte vorgelegen hätten, dass sie künftig Straftaten begingen.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt (ein Heft des LKA, zwei Hefte Gerichtsakten der Verfahren 1 K 2265/93 und 1 K 1478/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

Gründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers des LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg gegen den Kläger rechtswidrig war.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer verdeckten Datenerhebung.
Der Kläger beteiligte sich an einer im August 1991 in Freiburg gegründeten und im Januar 1992 aufgelösten Initiative mit dem Ziel humanitärer Hilfe für politische Gefangene. Am ersten Treffen dieser Initiative nahm neben dem Kläger auch ein Hans-Joachim C. teil. Zwischen C. und dem Kläger entwickelte sich in der Folgezeit eine freundschaftliche Beziehung. Im Juli 1992 fand das letzte Treffen des Klägers mit C. statt, der Kontakt brach dann ab, da C. unbekannt verzog. Während der gemeinsamen Zeit der beiden Männer war gegenüber C. der Verdacht entstanden, dieser könne, neben einem R., ein polizeilicher Verdeckter Ermittler sein. Im Oktober 1992 richtete der Kläger ein Schreiben an den Beklagtenvertreter, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA), und begehrte Auskunft darüber, ob und ggf. warum er Betroffener einer verdeckten Datenerhebung geworden sei, und forderte ferner Auskunft über alle in diesem Zusammenhang erhobenen Informationen. Der Kläger bezog sich dabei auch auf den Einsatz zweier Verdeckter Ermittler in Tübingen. Dieser Einsatz war vom LKA im Jahr 1991 begonnen und im Juli 1992 abgebrochen worden, nachdem ein Verdeckter Ermittler enttarnt worden war. Auf Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg war schließlich Ende Juli 1992 der Einsatz aller im Bereich Linksextremismus-/Terrorismus eingesetzten Verdeckten Ermittler beendet worden. Auf die im November 1992 erhobene Klage zweier vom Tübinger Einsatz betroffener Personen stellte das VG Stuttgart mit Urteil vom 30.9.1993 (1 K 3212/92 -Juris Web [L]) die Rechtswidrigkeit des Tübinger Einsatzes fest. Der VGH Baden-Württemberg änderte diese Entscheidung mit Urteil vom 21.11.1994 (1 S 2909/93 - DVBl. 1995, 365) und wies die Klagen als unzulässig ab. Auf die Revision der Tübinger Kläger hob das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl. 1997, 761) die Berufungsentscheidung auf und verwies den Rechtstreit an den VGH zurück, wo das Verfahren mit Beschluss vom 25.5.1999 (1 S 1593/97 - NVwZ-RR 2000, 174) eingestellt wurde, nachdem sich die Beteiligten außergerichtlich verglichen hatten.
Eine vom Kläger zwecks Klärung der "Freiburger Ereignisse" im Dezember 1993 erhobene Auskunftsklage (1 K 2265/93) erklärten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im November 1995 übereinstimmend für erledigt, nachdem das LKA erklärt hatte, alle im Zusammenhang mit dem etwaigen Einsatz von Verdeckten Ermittlern erhobenen Daten seien in der Zeit von November 1992 bis Januar 1993 gelöscht worden. Bereits am 31.1.1994 hat der Kläger die vorliegende Feststellungsklage - sie ist zunächst unter dem Aktenzeichen 1 K 215/94 geführt worden - erhoben. Im Anschluss an einen Zwischenstreit nach § 99 VwGO, in welchem der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 6.5.1997 - 1 S 2581/96 - Juris Web) - anders als die Kammer - entschieden hatte, die vom Beklagten verweigerte Erteilung von Auskünften sei zulässig, ruhte das vorliegende Verfahren zunächst. Es ist vom Kläger am 10.8.1998 wiederangerufen worden (neues Az.: 1 K 2186/98), wobei er zugleich die Klage um das Begehren erweitert hat, den Beklagten zur Unterrichtung zu verurteilen, ob er in der Zeit von Mai 1991 bis August 1992 Betroffener einer Maßnahme nach § 22 Abs. 2 und Abs. 3 PolG gewesen sei. Mit Urteil vom 23.6.1999 hat die Kammer dem (materiell-rechtlich auf § 22 Abs. 8 PolG beruhenden) Unterrichtungsbegehren im Verfahren 1 K 1478/99 umfassend stattgegeben. Zugleich ist der vorliegende, jetzt unter dem aktuellen Aktenzeichen 1 K 439/03 geführte Feststellungsstreit abgetrennt und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Unterrichtungsbegehren ausgesetzt worden. Mit Urteil vom 4.12.2002 (1 S 1639/00 - VBlBW 2003, 349), rechtskräftig seit 25.2.2003, hat der VGH Baden-Württemberg die von ihm zugelassene Berufung gegen das Urteil der Kammer vom 23.6.1999 zurückgewiesen.
Am 13.3.2003 hat der Kläger den vorliegenden Feststellungsstreit wieder angerufen, nachdem ihm das LKA mit Schreiben vom 17.2.2003 Land folgendes mitgeteilt hatte:
"Die zur Stellungnahme aufgeforderte Abteilung 6 "Staatsschutz" teilte dem Referat 101 "Recht, Datenschutz" des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (LKA BW) mit, dass
- das LKA BW vom Januar 1991 bis Juli 1992 im Raum Freiburg Maßnahmen nach § 22 Abs. 3 PolG durchführte,
- u. a. eine Person namens  XXX  XXX  - als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG - von diesen Maßnahmen betroffen war
- der Umfang der Datenerhebung sowie die exakte Dauer der Maßnahme, von der Herr XXX betroffen war, nicht mehr nachvollziehbar ist, da alle personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit den oben angeführten Maßnahmen zwischenzeitlich gelöscht wurden. …"
Sein Feststellungsbegehren begründet der Kläger im wesentlichen wie folgt: Die Klage sei zulässig, weil er unabhängig von der Frage einer konkreten Wiederholungsgefahr ein Rehabilitationsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers habe. Sein Fall sei weiterhin Gegenstand öffentlicher journalistischer Bearbeitung. So habe sein Prozessbevollmächtigter auf Anforderung des Redaktionsteams des "Grundrechte-Reports 2004" einen Bericht zum bisherigen Verfahrensstand gegeben. Im übrigen habe jüngst auch das Bundesverfassungsgericht ein Rehabilitationsinteresse selbst nach Erledigung einer grundrechtsintensiv belastenden Maßnahmen bejaht. Zur Begründetheit seines Begehrens führt der Kläger aus, aufgrund des engen Verhältnisses zwischen ihm und C. seien diesem eine Vielzahl an Informationen aus seinem Privat- und Intimbereich bekannt geworden. Es sei davon auszugehen, dass das LKA mit der Hilfe C.'s über ihn eine Vielzahl von Informationen erhalten habe, die ein vollständiges Persönlichkeitsbild wiedergäben. Diese Informationen seien in geheimdienstlicher Manier erhoben worden, ohne dass sie einem konkreten, gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren gedient hätten. Die Einsatzanordnung sei bereits deshalb rechtswidrig gewesen, weil der von ihr betroffene Personenkreis nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Insoweit unterscheide sich sein Fall nicht vom Einsatz Verdeckter Ermittler in den Jahren 1991 und 1992 in Tübingen, der durch das VG Stuttgart für rechtswidrig erklärt worden sei. Auf Grund der Intensität des Kontaktes, die er und seine damalige Lebensgefährtin zu C. erlebt hätten, stelle sich die nachträglich vom Beklagten vorgenommene Einordnung seiner Person als (nur) Kontaktperson als Schutzbehauptung dar. Auch an den materiell-rechtlichen Voraussetzungen der §§ 1 und 3 PolG bzw. - seit seinem Inkrafttreten am 1.12.1991 - des § 22 PolG habe es schließlich gefehlt.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
festzustellen, dass der Einsatz des unter einem Decknamen vom LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg eingesetzten Verdeckten Ermittlers ihm gegenüber rechtswidrig war.
12 
Das beklagte Land beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Es entgegnet: Die Klage sei bereits mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Wegen der Einzigartigkeit des Vorfalls bestehe keine konkrete Wiederholungsgefahr. Aber auch ein Rehabilitationsinteresse fehle, weil von Seiten des LKA nie öffentlich geäußert worden sei, dass der Kläger Betroffener einer verdeckten Ermittlungsmaßnahme gewesen sei. Darüber hinaus habe es keine den Kläger beeinträchtigende Reaktionen Dritter gegeben. Das Begehren sei aber auch nicht begründet. Der Einsatz des LKA sei rechtmäßig gewesen. Wegen der Lage im Bereich des Linksextremismus bis 1992 werde auf im Rahmen von Abgeordnetenanfragen ergangene, umfassende Stellungnahmen des Innenministeriums Baden-Württemberg vom Juli und August 1992 verwiesen. Für die Entscheidung eines Verdeckten-Ermittler-Einsatzes im Raum Freiburg seien weitere schwerwiegende Aspekte ausschlaggebend gewesen, die das LKA im Schreiben vom 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg ausführlich dargelegt habe. Von den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen sei der Kläger als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG betroffen gewesen. Er habe intensive Kontakte zu Personen i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG unterhalten, bei denen wiederum tatsächliche Anhaltspunkte vorgelegen hätten, dass sie künftig Straftaten begingen.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt (ein Heft des LKA, zwei Hefte Gerichtsakten der Verfahren 1 K 2265/93 und 1 K 1478/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

Gründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegner die bei ihm vorhandenen Daten der Exchange-Postfächer der Antragstellerin nicht an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ des Landtags von Baden-Württemberg, sondern nur an einen Richter herausgeben darf, dem dieser Untersuchungsausschuss durch Beschluss die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 des Untersuchungsausschussgesetzes übertragen hat, der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 des Untersuchungsausschussgesetzes in Verbindung mit § 110 der Strafprozessordnung vornimmt und dessen Entscheidung mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 des Untersuchungsausschussgesetzes in Verbindung mit § 304 der Strafprozessordnung angefochten werden kann.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin war bis Mai 2011 Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Baden-Württemberg. Sie erstrebt die Löschung sämtlicher noch beim jetzigen Umweltministerium vorhandener Daten der sie betreffenden Exchange-Postfächer aus ihrer Zeit als Ministerin mit den darin enthaltenen, an sie gerichteten und von ihr versandten E-Mails sowie E-Mail-Entwürfen. Diese befinden sich auf drei Magnetbändern, die als Datensicherung des gesamten Serverbestandes des ehemaligen Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr wegen einer Neuverteilung der Ressortbereiche dieses Ministeriums im Anschluss an die Landtagswahl 2011 angelegt wurden. Zweck der seinerzeit erfolgten Datensicherung war es, im Hinblick auf die mit der Verschiebung einzelner Ressortbereiche einhergehenden IT-Veränderungen bei Bedarf eine Wiederherstellung des ursprünglichen Serverbestandes ermöglichen zu können.
Mit Beschluss vom 18.12.2013 setzte der Landtag von Baden-Württemberg den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ ein. Nach dem Einsetzungsbeschluss hat dieser folgenden Auftrag (LT-Drs. 15/4640):
„I. zu untersuchen,
1. ob und in welchem Umfang der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses „Aufarbeitung des Polizeieinsatzes am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten“ (Drucksache 14/7500) unvollständig ist, welche Unterlagen – auch unter Berücksichtigung des Kernbereichs exekutiver Verantwortung – diesem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt wurden, insbesondere wann und von wem welche Unterlagen vorenthalten wurden, aus welchen Gründen und unter wessen Verantwortung;
2. ob und ggf. in welchem Umfang der Landtag durch unvollständig vorgelegte Akten in seinen Rechten verletzt worden ist;
3. ob und ggf. auf welche Weise und mit welchen Zielen es eine politische Einflussnahme der CDU-geführten Landesregierung Mappus oder von Dritten auf den Polizeieinsatz am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten gab, insbesondere ob neu aufgetretene Tatsachen oder neu zu beurteilende Tatsachen eine neue Bewertung des Polizeieinsatzes erfordern;
4. wann und aus welchem Grund der 30. September 2010 für den Polizeieinsatz im Schlossgarten festgelegt wurde und welche Personen auf Seiten der CDU-geführten Landesregierung Mappus, der Ministerien, der Polizei oder Dritte an dieser Entscheidung beteiligt waren;
5. ob die für den 6. Oktober 2010 geplante Regierungserklärung des damaligen Ministerpräsidenten Mappus Einfluss auf den Zeitpunkt des Polizeieinsatzes hatte;
...“
In der konstituierenden Sitzung des Untersuchungsausschusses am 19.12.2013 wurde folgender Beweisbeschluss Nr. 3 gefasst:
10 
„Es wird Beweis erhoben über die Fragen zu (...) I. des Untersuchungsauftrages durch Beiziehung sämtlicher Akten, einschließlich Handakten, Dokumente, in Dateien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersuchungsgegenstand direkt, indirekt, konkret oder abstrakt betreffen, und die sich befinden im Bereich der Landesregierung von Baden-Württemberg und ihrer Ministerien, die mit dem Polizeieinsatz am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten befasst waren (v.a. Staatsministerium, Innenministerium, Justizministerium, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft).“
11 
Am 26.09.2014 fasste der Untersuchungsausschuss den Beweisbeschluss Nr. 24 a:
12 
„Es wird Beweis erhoben über die Fragen [des Untersuchungsauftrags] durch Beiziehung der Sicherungskopien mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand, die die E-Mail-Postfächer für den Zeitraum 1.8.2010 bis 31.1.2011 von
13 
- Ministerin a.D. ... ... und
- Ministerialdirektor a.D. ... ...
14 
enthalten, vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft.
15 
Begründung
16 
Der Untersuchungsausschuss hat begründete Anhaltspunkte, dass sich in den Sicherungskopien der oben genannten E-Mail-Postfächer relevante Daten für die Erfüllung des Untersuchungsauftrags finden lassen.
17 
Für den Ausschuss ist die Einhaltung der Grundrechte der Betroffenen, die Wahrung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes der Betroffenen sowie der Schutz des Kernbereichs der Regierung ein Anliegen von wesentlicher Bedeutung.
18 
Um dies zu gewährleisten wird folgender Verfahrensvorschlag unterbreitet:
19 
Der Vorsitzende wendet sich mit Schreiben an das Ministerium mit der Bitte, die Daten ungeöffnet und ohne Einblick zu nehmen an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln.
20 
Die beabsichtigte Übermittlung an den Ausschuss sollte das Ministerium den Betroffenen zuvor anzeigen.
21 
Nachdem die Lesbarmachung der Daten erfolgt ist, erfolgt - ggf. durch einen Amtsrichter - eine Aussonderung der privaten Datenbestände und derjenigen Daten, die keinen Bezug zum Untersuchungsgegenstand haben. Die derart ausgesonderten dienstlichen Datenbestände mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand werden dem Ministerium mit der Bitte zugeleitet, diejenigen Daten auszusortieren, die dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung zuzurechnen sind. Die danach verbleibenden Daten sind an den Ausschuss zu übermitteln. Die übrigen Daten sind sämtlich und unverzüglich zu löschen.“
22 
Das Umweltministerium teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 21.10.2014 mit, dass sich das Ministerium verpflichtet sehe, ihre ehemaligen Exchange-Postfächer für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.01.2011 ohne Einsicht zu nehmen vom Gesamtdatenbestand getrennt und sodann ungelesen und versiegelt an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln. Es sei beabsichtigt, mit der technischen Abwicklung eine auf Computer-Forensik spezialisierte Fachfirma zu beauftragen, welche vom Ministerium auf die Sicherstellung aller Geheimschutz- und Datenschutzaspekte verpflichtet werde. Die rechtlichen Voraussetzungen einer Einsichtnahme seien allein durch den Untersuchungsausschuss zu beachten und zu verantworten. Der Untersuchungsausschuss selbst habe durch entsprechende Geheimhaltungsvorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte der Antragstellerin gewahrt blieben.
23 
Die Klage der Antragstellerin gegen das Land Baden-Württemberg auf Löschung der beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft vorhandenen Daten ihrer Exchange-Postfächer, hilfsweise auf Unterlassung der Herausgabe dieser Daten an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ wies das Verwaltungsgericht Sigmaringen ab (Urt. v. 20.05.2015 - 5 K 5439/14 - juris).
24 
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, grundsätzlich sei zugunsten der Klägerin ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG entstanden. Es bestehe nach § 15 Abs. 4 LDSG eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten. Der im Grundsatz bestehende Löschungsanspruch werde nach § 2 Abs. 5 Satz 1 LDSG durch die vorrangigen Rechtsvorschriften des Untersuchungsausschussgesetzes, insbesondere § 13 Abs. 1 UAG überlagert. Dabei komme es auf den Zeitpunkt der Zweckerreichung der Datenspeicherung nicht an. Von Bedeutung sei in zeitlicher Hinsicht allein, dass gegenwärtig vor dem Hintergrund der Anforderung der Sicherungskopien durch den Untersuchungsausschuss aufgrund seines Beweisbeschlusses Nr. 24 a das Datenmaterial noch vorhanden sei. Die strafprozessualen Rechtsvorschriften der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren seien besondere Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG. Das gelte auch für die Vorschriften des Untersuchungsausschussgesetzes. Über § 13 Abs. 6 UAG würden strafprozessuale Befugnisse hinsichtlich der Beweiserhebung in entsprechender Weise auf den Untersuchungsausschuss übertragen. Darüber hinaus ergebe sich der Vorrang nach § 2 Abs. 5 LDSG auch aus der Teleologie der in Rede stehenden Regelungen für den Untersuchungsausschuss. Das Kontrollrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses einschließlich des Beweiserhebungsrechts und der grundrechtliche Datenschutz stünden sich auf der Ebene des Verfassungsrechts gegenüber und müssten im konkreten Fall einander so zugeordnet werden, dass beide so weit wie möglich ihre Wirkungen entfalteten. Dem parlamentarischen Informationsinteresse komme besonderes Gewicht zu, soweit es um die Aufklärung behaupteter Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände im Verantwortungsbereich der Regierung gehe. Das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses sei weit zu fassen. Die dem Untersuchungsausschuss zugedachte Ermittlungs- und Aufklärungsfunktion könne dieser nur umfassend wahrnehmen, wenn sich sein Beweiserhebungsrecht einschließlich des Rechts auf Vorlage und Auswertung von Beweismitteln, welche wie hier personenbezogene Daten auf Sicherungskopien enthielten, gegenüber den die Datenverarbeitung begrenzenden Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes durchsetze. Die umfassenden Rechte des Untersuchungsausschusses seien an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, welche im vorliegenden Fall erfüllt seien. Unter anderem hätten parlamentarische Untersuchungsausschüsse gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte zu beachten, hier insbesondere das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Betroffen sei hier insbesondere der auf den Sicherungskopien auch enthaltene private E-Mail-Verkehr der Klägerin. Die Wahrung der Rechte der Klägerin habe jedoch nicht das Umweltministerium, sondern der die Beweisstücke empfangende Untersuchungsausschuss sicherzustellen.
25 
Die Antragstellerin hat gegen das Urteil vom 20.05.2015 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden ist (1 S 1172/15).
26 
Das Umweltministerium teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 15.06.2015 mit, dass der Untersuchungsausschuss an seinem Beweisbeschluss Nr. 24a festhalte und dass das Umweltministerium in Umsetzung dieses Beschlusses beabsichtige, dem Untersuchungsausschuss die E-Mail-Postfächer der Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.01.2011 ungeöffnet und ohne Einblick zu nehmen zu übermitteln.
27 
Am 17.06.2015 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, dem Antragsgegner zu untersagen, die genannten Daten bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ herauszugeben.
28 
Mit Schriftsatz vom 01.07.2015, beim Verwaltungsgerichtshof vom 03.07.2015 eingegangen, haben der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ und ein Mitarbeiter der Verwaltung des Landtags für den Untersuchungsausschuss die Beiladung zum Verfahren beantragt. Die Antragstellerin ist dem entgegengetreten. Mit Beschluss vom 17.07.2015 ist der Beiladungsantrag abgelehnt worden.
II.
29 
Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist mit der tenorierten Maßgabe abzulehnen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus (1). Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsanspruch, nämlich einen Anspruch auf Löschung ihrer privaten E-Mails, jedoch nicht ihrer übrigen personenbezogenen Daten (2). Soweit ein solcher Löschungsanspruch besteht, liegt auch ein Anordnungsgrund vor (3). Jedoch kann die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren zur Sicherung ihrer Rechte lediglich verlangen, dass die Daten ihrer Exchange-Postfächer nicht an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“, sondern nur an einen Richter herausgegeben werden, dem dieser Untersuchungsausschuss durch Beschluss die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG übertragen hat, der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO vornimmt und dessen Entscheidung mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 304 StPO angefochten werden kann (4).
30 
1. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Verhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen. Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO)
31 
Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird.
32 
Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.08.1999 - 2 VR 1.99 - BVerwGE 109, 258 <262>; Beschl. v. 10.02.2011 - 7 VR 6.11 - juris Rn. 6; Senat, Beschl. v. 12.10.2007 - 1 S 2132/07 - ESVGH 58, 99, juris Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.09.1994 - 9 S 687/94 - DVBl. 1995, 160; Beschl. v. 20.12.2013 - 10 S 1644/13 - VBlBW 2014, 231; Beschl. v. 05.02.2015 - 10 S 2471/14 - DVBl. 2015, 579; je m.w.N.).
33 
Dabei sind die grundrechtlichen Positionen des Antragstellers zu berücksichtigen. Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen. Je schwerer die sich aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden. Entscheidend ist, dass die Prüfung eingehend genug ist, um den Antragsteller vor erheblichen und unzumutbaren, anders weder abwendbaren noch reparablen Nachteilen effektiv zu schützen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 - BVerfGE 79, 69 <74>; Beschl. v. 16.05.1995 - 1 BvR 1087/91 - BVerfGE 93, 1 <13 f.>).
34 
2. Die Antragstellerin dürfte einen Anspruch auf Löschung ihrer personenbezogenen Daten der sie betreffenden Exchange-Postfächer auf den beim Antragsgegner vorhandenen Magnetbändern haben, soweit es sich um Daten rein privater E-Mails handelt. Denn nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG besteht ein Anspruch auf Löschung aller personenbezogenen Daten (a), dem das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ nach Art. 35 Abs. 2 LV, § 14 UAG als besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG vorgeht; das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses erstreckt sich jedoch von vornherein nicht auf die rein privaten E-Mails der Antragstellerin (b). Folglich besteht insoweit - da hinsichtlich der rein privaten Mails eine besondere Rechtsvorschrift i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die die Beweiserhebung erlaubt, nicht existiert - ein Löschungsanspruch. Soweit es jedoch nicht um private E-Mails der Antragstellerin geht, ist ein Löschungsanspruch nicht gegeben (c).
35 
a) Die Antragstellerin dürfte - vorbehaltlich des § 2 Abs. 5 LDSG - einen Anspruch auf Löschung ihrer personenbezogenen Daten der sie betreffenden Exchange-Postfächer auf den beim Antragsgegner vorhandenen Magnetbändern haben.
36 
aa) § 2 Abs. 3 LDSG steht der Anwendung des Landesdatenschutzgesetzes nicht entgegen. In Frage steht nicht die Anwendung des Gesetzes auf den Landtag, sondern auf das Umweltministerium. Dieses ist vollständig an das Landesdatenschutzgesetz gebunden.
37 
bb) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten der Antragstellerin betreffen Einzelangaben über ihre sachlichen Verhältnisse, nämlich ihre Kommunikation mit Dritten, und sind daher personenbezogene Daten. Dies gilt für private und dienstliche E-Mails gleichermaßen. Denn auch dienstliche E-Mails enthalten personenbezogene Daten.
38 
Speichernde Stelle ist das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
39 
Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2014 - 1 S 1352/13 - DVBl. 2014, 579).
40 
cc) Hier wurden die Daten nach § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert. Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor. Eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann, wenn mithin Zweckerreichung eingetreten ist (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2014, a.a.O.).
41 
So liegt der Fall voraussichtlich hier. Die Umressortierung ist auch EDV-technisch offensichtlich abgeschlossen. Die Datensicherungen werden für ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr benötigt. Der Antragsgegner macht das auch nicht geltend.
42 
b) Das Beweiserhebungsrecht eines Untersuchungsausschusses nach Art. 35 Abs. 2 LV, §§ 13, 14, 16 UAG kann einem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG auch dann vorgehen, wenn der Antragsgegner zur Löschung der personenbezogenen Daten der Antragstellerin zu einem Zeitpunkt verpflichtet war, als ein Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses noch nicht bestand (aa). Soweit das Beweiserhebungsrecht eines Untersuchungsausschusses nach Art. 35 Abs. 2 LV, §§ 13, 14, 16 UAG reicht, handelt es sich bei verfassungskonformer Auslegung um besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die daher den Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes vorgehen; das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses erstreckt sich jedoch von vornherein nicht auf die rein privaten E-Mails der Antragstellerin (bb).
43 
aa) Einer vorrangigen Anwendung von Art. 35 LV und des Untersuchungsausschussgesetzes dürfte voraussichtlich nicht entgegenstehen, dass eine vom Geltendmachen eines Anspruchs der Antragstellerin unabhängige objektivrechtliche Löschungspflicht des Antragsgegners voraussichtlich zu einem Zeitpunkt - nach Abschluss der Umressortierung - bestand, als der Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II" noch nicht eingesetzt und auf die streitigen Magnetbänder bezogene Beweisbeschlüsse des Untersuchungsausschusses noch nicht ergangen waren. Denn es dürfte zutreffen, dass es - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - in zeitlicher Hinsicht nur darauf ankommt, dass gegenwärtig Daten vorhanden sind, die vom Untersuchungsausschuss angefordert sind. Allerdings war das Unterlassen der Löschung der personenbezogenen Daten der Antragstellerin wahrscheinlich rechtswidrig, da eine Löschungspflicht nach § 23 Abs. 1 LDSG unabhängig davon besteht, ob der Betroffene einen Löschungsanspruch geltend macht.
44 
Folge dieses rechtswidrigen Unterlassens der Datenlöschung nach Abschluss der Umressortierung ist jedoch nicht, dass nachfolgend ein Untersuchungsausschuss auf noch vorhandene Daten nicht zugreifen kann. Solche Daten dem Zugriff eines Untersuchungsausschusses von vornherein zu entziehen, käme einem Beweisverwertungsverbot gleich, das im deutschen Recht jedoch nicht die typische Folge davon ist, dass ein Beweismittel auf rechtswidrige Weise gewonnen wurde. Bereits bei der strafprozessualen Beweisgewinnung führt nicht jeder Rechtsverstoß zu einem Verwertungsverbot hinsichtlich der so erlangten Erkenntnisse. Vielmehr ist je nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 14.08.2009 - 3StR 552/08 - BGHSt 54, 69, juris Rn. 47ff., m.w.N.). Auch im Zivilprozess sind rechtswidrig gewonnene Beweise, selbst wenn ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG vorliegt, nicht per se unverwertbar (vgl. BAG, Urt. v. 27.03.2003 - 2 AZR 51/02 - BAGE 105, 356, juris Rn. 24ff., m.w.N.; Greger, in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 386 Rn. 15a). Eine solche Beweisverwertung ist auch verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen (vgl. zum Strafprozess: BVerfG, Entsch. v. 31.01.1973 - 2 BvR 454/71 - BVerfGE 34, 238 <249>; Beschl. v. 14.09.1989 - 2 BvR 1062/87 - BVerfGE 80, 367 <374f.>; zum Zivilprozess: BVerfG, Beschl. v. 09.10.2002 - 1 BvR 1611/96 u.a. - BVerfGE 106, 28, juris Rn. 57ff., m.w.N.).
45 
Diese Grundsätze gelten mindestens in gleicher Weise für das Beweiserhebungsrecht eines Untersuchungsausschusses. Einem Untersuchungsausschuss ist der Zugriff auf Akten nicht schon dann verwehrt, wenn sich in den Akten Ergebnisse vorausgegangener Grundrechtseingriffe finden und die Kenntnisnahme seitens des Untersuchungsausschusses einen neuen Eingriff darstellen würde. Insbesondere kann der Gesichtspunkt präventiver Vermeidung künftiger Rechtsverstöße gerade gegen ein Verwertungsverbot sprechen, soweit es um die Zugänglichkeit von Informationen für einen Untersuchungsausschuss geht. Dies gilt vor allem im Rahmen von Missstandsenquêten und erst recht dann, wenn das Ziel des Untersuchungsausschusses gerade in der Aufdeckung von Rechtsverstößen bei der Erhebung oder Aufbewahrung der fraglichen Informationen liegt. Denn die Kenntnisnahme und Verwertung seitens des Untersuchungsausschusses kann in solchen Fällen Voraussetzung dafür sein, dass Verantwortlichkeiten für die betreffenden Rechtsverstöße geklärt werden, und zu wirksameren Vorkehrungen gegen künftige Verstöße beitragen (so BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 -BVerfGE 124, 78, juris Rn. 136).
46 
bb) Soweit das Beweiserhebungsrecht eines Untersuchungsausschusses nach Art. 35 Abs. 2 LV, §§ 13, 14, 16 UAG reicht, handelt es sich bei verfassungskonformer Auslegung um besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG. Besondere Rechtvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sind nur solche, die spezifische Regeln für die Datenverarbeitung normieren (aaa). Auch die Beweiserhebung durch einen Untersuchungsausschuss muss das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG beachten; das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses erstreckt sich daher von vornherein nicht auf Daten mit streng persönlichem Charakter (bbb). Wenn die Beweiserhebung eines Untersuchungsausschusses durch Beschlagnahme nach § 16 Abs. 4 UAG erfolgt, ist dem Erfordernis des § 2 Abs. 5 LDSG, dass es sich um eine spezifische Vorschrift der Datenverarbeitung handeln muss, voraussichtlich entsprochen (ccc). Die Beweiserhebung durch Aktenvorlage nach § 14 Abs. 1 UAG dürfte diesem Erfordernis bei einer verfassungskonformen Auslegung von § 13 Abs. 5, 6 UAG genügen, die sicherstellt, dass Daten mit streng persönlichem Charakter dem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden (ddd).
47 
aaa) Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll - wie mit § 1 Abs. 3 BDSG, dem § 2 Abs. 5 LDSG nachgebildet ist - gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglicht. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können. Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2014, a.a.O.; zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 1 Rn. 110; Gusy, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht, 2013, § 1 BDSG Rn. 80).
48 
Denn nach dem Willen des Gesetzgebers besteht der Vorrang nur für besondere Datenschutzvorschriften. So ist in der Begründung zum BDSG 1977 ausgeführt: „Ein entsprechendes Bundesgesetz kann deshalb nur subsidiär gelten; es soll besondere Rechtsvorschriften des Bundes mit Datenschutzcharakter unberührt lassen. Der Entwurf enthält deshalb Bestimmungen, die speziellen Datenschutzvorschriften in Fachgesetzen gemäß den besonderen Bedürfnissen der jeweiligen Materie Raum lassen.“ (BT-Drs. 7/1027, S. 16, bezogen auf den damaligen § 37 des Entwurfs) Diese gesetzgeberische Absicht kommt in dem Soweit-Halbsatz mit dem Tatbestandsmerkmal der besonderen Rechtsvorschriften, die auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, deutlich zum Ausdruck.
49 
Diese Auslegung des § 2 Abs. 5 LDSG entspricht auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben und damit dem Zweck des Gesetzes, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu schützen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein solcher Eingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Der Gesetzgeber hat den Verwendungszweck der Daten bereichsspezifisch und präzise zu bestimmen. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Eine Norm, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzt, ohne spezifische Regeln zur Verwendung der Daten aufzustellen, wäre mit diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen - wenn insoweit nicht das Bundesdatenschutzgesetz oder das Landesdatenschutzgesetz Anwendung fände - unvereinbar und kann folglich keine besondere Rechtsvorschrift i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sein.
50 
Enthält ein Gesetz solche besonderen Rechtsvorschriften, gehen diese dem Landesdatenschutzgesetz vor, soweit sie datenschutzrechtliche Regelungen treffen. Das folgt aus dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 5 LDSG und entspricht dem Zweck der Norm, Raum für datenschutzrechtliche Regelungen in Fachgesetzen zu lassen. Normieren diese nur teilweise die Anforderungen des Datenschutzes, reicht der Vorrang nicht weiter (vgl. Gusy, a.a.O.; Dix, a.a.O., Rn. 170f.; von Lewinski, in: Auernhammer, BDSG, 4. Aufl., § 1 Rn. 32; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 1 Rn. 13; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 1 Rn. 24). Regelt z.B. das Fachgesetz nur die Datenerhebung, -speicherung, -veränderung und -nutzung, richtet sich die Datenübermittlung nach den Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes.
51 
Besondere Rechtsvorschriften im Sinne des § 2 Abs. 5 LDSG können ein niedrigeres Schutzniveau haben als das Landesdatenschutzgesetz selbst (ebenso für § 1 Abs. 3 BDSG: Weichert, a.a.O.; Gola/Schomerus, a.a.O.; Gusy, a.a.O.; Schmidt, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 1 Rn. 34; differenzierend: Dix, a.a.O., § 1 Rn. 172). Für ein Erfordernis, dass das Schutzniveau mindestens dem des Landesdatenschutzgesetzes entsprechen muss, ist im Gesetzeswortlaut - anders als etwa in § 6 Abs. 1 Satz 3 BlnDSG - nichts ersichtlich. Ein dahingehender gesetzgeberischer Wille ist nicht feststellbar. Ein solches Erfordernis ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Ausreichend ist, dass die besondere Rechtsvorschrift ihrerseits mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar ist.
52 
Auch vor Inkrafttreten des Landesdatenschutzgesetzes und vor dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts in Kraft getretene Fachgesetze können besondere Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sein (ebenso für § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, a.a.O., § 1 Rn. 169). Denn maßgebend ist allein, ob es sich um spezielle datenschutzrechtliche Regelungen handelt. Bei Gesetzen, die nach dem Volkszählungsurteil nicht durch spezielle Datenschutzvorschriften ergänzt wurden, kann jedoch Anlass bestehen, genau zu prüfen, ob sie besondere Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sind (vgl. Dix, a.a.O., § 1 Rn. 172).
53 
bbb) Auch die Beweiserhebung durch einen Untersuchungsausschuss muss das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG beachten. Das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses erstreckt sich daher von vornherein nicht auf Daten mit streng persönlichem Charakter. Das folgt eindeutig aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Flick-Untersuchungsausschuss und zum Untersuchungsausschuss Neue Heimat. Im Fall Flick legte das Bundesverfassungsgericht dar:
54 
„Parlamentarische Untersuchungsausschüsse üben öffentliche Gewalt aus. Über die in Art. 44 Abs. 2 Satz 2 GG benannten Schranken hinaus haben sie gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte zu beachten. Diese können insbesondere das Beweiserhebungsrecht und das Recht auf Aktenvorlage einschränken.Das Recht auf Wahrung des in § 30 AO gesetzlich umschriebenen Steuergeheimnisses ist als solches kein Grundrecht. Die Geheimhaltung bestimmter steuerlicher Angaben und Verhältnisse, deren Weitergabe einen Bezug auf den Steuerpflichtigen oder private Dritte erkennbar werden läßt, kann indessen durch eine Reihe grundrechtlicher Verbürgungen, insbesondere durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG geboten sein…Die genannten Grundrechte verbürgen ihren Trägern einen Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe der auf sie bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten (vgl. BVerfGE 65, 1 [43]). Diese Verbürgung darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden; die Einschränkung darf nicht weiter gehen als es zum Schutze öffentlicher Interessen unerläßlich ist (vgl. BVerfGE 65, 1 [44])…Dieser Schutz besteht von Verfassungs wegen auch gegenüber den Befugnissen parlamentarischen Untersuchungsausschüsse. Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und grundrechtlicher Datenschutz stehen sich mithin auf der Ebene des Verfassungsrechts gegenüber und müssen im konkreten Fall einander so zugeordnet werden, daß beide soweit wie möglich ihre Wirkungen entfalten…Die Bedeutung, die das Kontrollrecht des Parlaments sowohl für die parlamentarische Demokratie als auch für das Ansehen des Staates hat, gestattet in aller Regel dann keine Verkürzung des Aktenherausgabeanspruchs zugunsten des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Eigentumsschutzes, wenn Parlament und Regierung Vorkehrungen für den Geheimschutz getroffen haben, die das ungestörte Zusammenwirken beider Verfassungsorgane auf diesem Gebiete gewährleisten, und wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Eine Ausnahme hiervon gilt indessen für solche Informationen, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für die Betroffenen unzumutbar ist (vgl. BVerfGE 65, 1 [46]).“ (BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11, 15/83 - BVerfGE 67, 100 <133ff.>).
55 
Im Fall Neue Heimat führte es aus:
56 
„Parlamentarische Untersuchungsausschüsse üben öffentliche Gewalt aus. Über die in Art. 44 Abs. 2 Satz 2 GG bezeichneten Schranken hinaus haben sie gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte zu beachten. Diese können insbesondere das Beweiserhebungsrecht einschränken (BVerfGE 67, 100 [142]). Die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG, verbürgen ihren Trägern Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe der auf sie bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten (vgl. BVerfGE 65, 1 [43]; 67, 100 [142f.]). Dieses Recht darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden; die Einschränkung darf nicht weiter gehen als es zum Schutze öffentlicher Interessen unerläßlich ist (vgl. BVerfGE 65, 1 [44]; 67, 100 [143]). Das Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses (Art. 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GG) und der grundrechtliche Datenschutz stehen sich auf der Ebene des Verfassungsrechts gegenüber und müssen im konkreten Fall einander so zugeordnet werden, daß beide soweit wie möglich ihre Wirkungen entfalten (BVerfGE 67, 100 [143f.]). Bei der hiernach gebotenen Abwägung sind namentlich Art und Bedeutung des mit der beabsichtigten Beweiserhebung verfolgten Ziels im Rahmen des dem Untersuchungsausschuß erteilten Auftrags und die Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit der betroffenen Daten angemessen zu berücksichtigen. Auf Informationen, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für die Betroffenen unzumutbar ist, erstreckt sich das Beweiserhebungsrecht nicht (vgl. BVerfGE 67, 100 [144])...“ (BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 u.a. - BVerfGE 77, 1 <43ff.>).
57 
Angesichts „der Ähnlichkeit, wenn auch nicht Identität der Regelung in Art. 44 GG und Art. 35 LV“ hat der Staatsgerichtshof ausdrücklich Ergebnisse der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, besonders zu der Frage der Vorlage von Akten und zum Grundrechtsschutz Betroffener, für das Landesrecht übernommen. Danach gelten die Grundsätze der Flick-Entscheidung auch in Baden-Württemberg (vgl. StGH, Urt. v. 15.03.1985 - GR 1/83 - VBlBW 1985, 213 <216>; Urt. v. 26.10.1989 - GR 3/87 - VBlBW 1990, 51 <55>). Das Verhältnis zwischen den Untersuchungsrechten des Ausschusses und dem Schutz der Grundrechte der von seiner Tätigkeit in der einen oder anderen Weise betroffenen Personen ist im Sinne möglichst weitgehender beiderseitiger Wirksamkeit zu optimieren. Die Grundrechte der Untersuchungspersonen sind jederzeit möglichst wirkungskräftig in Abwägung mit den ihrerseits verfassungsmäßig gewährleisteten Untersuchungsrechten des Ausschusses zur Geltung zu bringen. Bei der Durchführung des Untersuchungsauftrages verlangt der Schutz der Grundrechte der Betroffenen gegen unverhältnismäßige Eingriffe sorgfältige Differenzierungen (vgl. StGH, Urt. v. 13.08.1991 - GR 1/91 - ESVGH 42, 7 = NVwZ-RR 1992, 593 <594, 596>).
58 
Das Bundesverfassungsgericht hat an seiner Rechtsprechung auch später festgehalten. Auf Informationen, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für die Betroffenen unzumutbar ist, erstreckt sich das Beweiserhebungsrecht nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BVR 1165/86 - BVerfGE 76, 363, juris Rn. 77). Das Gericht betont zwar die Pflicht zur vollständigen Aktenvorlage. Der Untersuchungsausschuss soll sich anhand der vollständigen Akten selbst ein Bild vom Umfang ihrer Entscheidungserheblichkeit machen können. Der Vorlageanspruch bezieht sich grundsätzlich auf alle Akten, die mit dem Untersuchungsgegenstand in Zusammenhang stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BVE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 113). Zugleich hat es jedoch betont, dass das Beweiserhebungsrecht eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses verfassungsrechtlichen Begrenzungen unterliegt (Untersuchungsauftrag selbst, exekutive Eigenverantwortung, Staatswohl, Grundrechte, Rechtsmissbrauch), die dazu führen können, dass der Untersuchungsausschuss bestimmte Informationen nicht erhält (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 116, 119, 123, 132).
59 
Auch in der Literatur und von den Landesverfassungsgerichten wird - zu Recht - im Anschluss an diese Rechtsprechung angenommen, dass eine Weitergabe von Daten mit streng persönlichem Charakter auch bei entsprechenden Maßnahmen des Geheimnisschutzes unzulässig ist (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 44 Rn. 216 ; Glauben, in: Bonner Kommentar, Drittbearbeitung, Stand: März 2013, Art. 44 GG Rn. 108; Kluth, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 44 Rn. 32; Peters, Untersuchungsausschussrecht, 2012, Rn. 254; BayVerfGH, Entsch. v. 19.04.1994 - Vf. 71-IVa/93 - NVwZ 1995, 681 <682>; HambVerfG, Urt. v. 26.06.1995 - 1/95 - NVwZ 1996, 1201, juris Rn. 105).
60 
ccc) Das Recht der Untersuchungsausschüsse ist in Art. 35 LV und dem Untersuchungsausschussgesetz geregelt. Das Untersuchungsausschussgesetz stammt vom 03.03.1976 (GBl. S. 194). Es wurde geändert durch das Gesetz vom 12.12.1983 (GBl. S. 834), das Gesetz vom 11.10.1993 (GBl. S. 605), das Gesetz vom 11.10.2005 (GBl. S. 661), das Gesetz vom 09.11.2010 (GBl. S. 793) und das Gesetz vom 24.07.2012 (GBl. S. 488). Die Änderungen waren zum einen redaktioneller Natur und betrafen zum anderen Mehrheitserfordernisse sowie Zusammensetzung eines Untersuchungsausschusses und Einzelheiten des Verfahrens. In keinem der Änderungsgesetze hat der baden-württembergische Gesetzgeber verfassungsrechtliche Anforderungen, die sich aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts und seinen Entscheidungen zu den Untersuchungsausschüssen Flick und Neue Heimat ergeben, aufgegriffen. Für eine genaue Prüfung, ob die Vorschriften des Art. 35 LV und des Untersuchungsausschussgesetzes besondere Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sind (allgemein bejahend für Untersuchungsausschussgesetze, jedoch ohne nähere Begründung und unter bloßem Hinweis auf Vorschriften des Rechts von Schleswig-Holstein und Hamburg: Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, Systematik, Ziff. 4.3.2, S. 77), besteht daher besonderer Anlass.
61 
Erhebt der Untersuchungsausschuss Beweise durch Beschlagnahme nach § 16 Abs. 4 UAG, ist dem Erfordernis des § 2 Abs. 5 LDSG, dass es sich um eine spezifische Vorschrift der Datenverarbeitung handeln muss, voraussichtlich entsprochen. Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 UAG kann der Untersuchungsausschuss beim Amtsgericht Stuttgart die Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen beantragen, wenn für die Untersuchung notwendige Beweise auf andere Weise nicht erhoben werden können. Die Vorschriften der §§ 94 bis 111 StPO finden entsprechende Anwendung (§ 16 Abs. 4 Satz 2 UAG). Die Durchsicht der Papiere nach § 110 Abs. 1 StPO obliegt nach § 16 Abs. 4 Satz 4 UAG dem Gericht. Mit diesen Vorschriften dürfte gewährleistet sein, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG hinreichend geschützt ist. Ausschlaggebende Bedeutung hat dabei, dass die nach § 16 Abs. 4 Satz 4 UAG, § 110 StPO dem Amtsgericht vorbehaltene Sichtung der beschlagnahmten Papiere verfahrensmäßig sicherstellt, dass Beweismittel, die beschlagnahmt, aber nicht beweiserheblich sind oder streng persönlichen Charakter haben, dem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden. Denn insoweit hat das Bundesverfassungsgericht im Fall Neue Heimat ausgeführt:
62 
Art. 44 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit § 94 Abs. 1 und 2 StPO stellt eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für die Beschlagnahme im parlamentarischen Untersuchungsverfahren dar…
63 
Im Strafverfahren dürfen Beschlagnahmen grundsätzlich nur durch den Richter angeordnet werden. Lediglich bei Gefahr im Verzug sind auch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten hierzu befugt (§ 98 Abs. 1 StPO, Ausnahme: § 98 Abs. 1 Satz 2 StPO). In diesem Fall ist grundsätzlich eine richterliche Bestätigung der Beschlagnahme erforderlich. Nur unter der Voraussetzung, daß der Betroffene oder ein Angehöriger bei der Beschlagnahme anwesend ist und keinen Widerspruch erhebt, ist die Einschaltung eines Richters nicht zwingend vorgesehen (§ 98 Abs. 2 Satz 1 StPO). Diese Regelungen dienen dem Schutz des Betroffenen. Das Grundgesetz (Art. 13 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 und Art. 104 Abs. 2 GG) und der Gesetzgeber gehen davon aus, daß Richter aufgrund ihrer persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit und ihrer nur dem Gesetz unterworfenen Stellung (Art. 97 GG) die Wahrung der Rechte Betroffener im Einzelfall am besten und sichersten gewährleisten…
64 
Im parlamentarischen Untersuchungsverfahren ist nach den aufgezeigten Grundsätzen eine Beschlagnahme bei Privaten nur dann zulässig, wenn sie durch das Gewicht des Untersuchungszwecks und die Bedeutung des Beweisthemas gerechtfertigt ist. Die Maßnahme darf nur soweit in die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG, eingreifen, wie es im öffentlichen Interesse geboten ist; der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten (vgl. BVerfGE 65, 1 [44]; 67, 100 [143]).
65 
Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren tragen dem Rechnung. § 94 Abs. 1 und 2 StPO, der die Beschlagnahme von Gegenständen zuläßt, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, schließt zwar nicht aus, daß auch solche Dinge beschlagnahmt werden, die letztlich im Strafverfahren keine Verwendung finden. Dies ist unvermeidbar, weil das strafrechtliche Ermittlungsverfahren auf einem Tatverdacht beruht. Die dort rechtsstaatlich geforderte umfassende Ermittlungstätigkeit (vgl. BVerfGE 29, 183 [194]; 32, 373 [381]; 33, 367 [383]) bringt Nachforschungen mit sich, auch wenn sie später nicht zu einer Anklage oder Verurteilung führen. Entscheidend ist nur die potentielle Bedeutung des zu beschlagnahmenden Materials. Auf der anderen Seite sieht das Strafverfahren von vornherein Vorkehrungen zum Schutz der Geheimsphäre des Betroffenen vor. Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren ist nichtöffentlich; die an ihm beteiligten Personen unterliegen einer straf- und disziplinarrechtlich bewehrten Schweigepflicht (vgl. §§ 353 b Abs. 1, 355 Abs. 1 StGB; §§ 61 ff. BBG und die entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften der Länder). Die öffentliche Anklage (§ 170 Abs. 1 StPO) wird nur dann erhoben, wenn die Staatsanwaltschaft einen hinreichenden Tatverdacht bejaht. Die Veröffentlichung der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke im Wortlaut vor ihrer öffentlichen Erörterung in der Hauptverhandlung ist mit Strafe bedroht (§ 353 d Nr. 3 StPO). Darüber, ob die Anklage in öffentlicher Sitzung erörtert werden soll, entscheidet ein unabhängiges Gericht (§ 203 StPO). Die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung wird von einem Richter geleitet (§ 238 Abs. 1 StPO). Dieser hat auch die Grundrechte Dritter zu wahren (vgl. §§ 171 b, 172 GVG) und ist verpflichtet, von der Erhebung unzulässiger Beweise abzusehen (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Zudem kann ein Betroffener regelmäßig noch während des nichtöffentlichen Ermittlungsverfahrens eine gegebenenfalls richterliche Entscheidung über die Freigabe beschlagnahmter Gegenstände herbeiführen (vgl. Kleinknecht/Meyer, Strafprozeßordnung, 38. Aufl., 1987, § 98 Rdnr. 30). Im Strafverfahren sind damit weitgehende Vorkehrungen getroffen, daß der Inhalt beschlagnahmter Unterlagen erst dann in der Öffentlichkeit bekannt wird, wenn sie nach richterlicher Einschätzung für die Ermittlung des Sachverhalts von Bedeutung sind und die Grundrechte des Betroffenen einer Verwertung nicht entgegenstehen. Mit Blick auf diese Vorkehrungen ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, daß nach §§ 94 ff. StPO beschlagnahmte Gegenstände ohne weitere richterliche Prüfung unmittelbar den Strafverfolgungsbehörden ausgehändigt werden.
66 
Das parlamentarische Untersuchungsverfahren sieht demgegenüber vergleichbare Sicherungen zum Schutz des Betroffenen nicht vor. Der Ausschuß kann zwar verschiedene Maßnahmen zum Schutz der Geheimhaltung treffen. Dies ändert jedoch nichts daran, daß im Regelfall die in Betracht kommenden Beweismittel alsbald in öffentlicher Verhandlung erörtert werden, ohne daß vorher eine förmliche Entscheidung über die Beweiserheblichkeit im einzelnen und die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beweiserhebung im Blick auf die Rechtsstellung des Betroffenen erfolgt, die vor der öffentlichen Erörterung einen rechtzeitigen und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) ermöglicht. Das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuß, das sich anders als das strafrechtliche Ermittlungsverfahren im politischen Raum und in den damit vorgegebenen Spannungsfeldern vollzieht, weist damit gegenüber dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Besonderheiten auf, die hinsichtlich der Grundrechte des Betroffenen von Gewicht sind. Dies erfordert bei der Beschlagnahme Vorkehrungen zu seinem Schutz, die bereits in diesem Stadium diesen Besonderheiten Rechnung tragen. Insoweit ist sicherzustellen, daß beschlagnahmte Unterlagen, die ersichtlich grundrechtlich bedeutsame Daten enthalten, erst dann im Ausschuß erörtert werden, wenn ihre Beweiserheblichkeit im einzelnen und die Frage der Zulässigkeit der Beweiserhebung im Blick auf ausreichende Geheimschutzmaßnahmen geprüft wurden.
67 
Die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände unmittelbar an den Untersuchungsausschuß darf danach nur angeordnet werden, wenn aus grundrechtlicher Sicht hiergegen keine Bedenken bestehen, so regelmäßig, wenn ihre potentielle Beweisbedeutung im Gesamten von vornherein feststeht und nach dem mutmaßlichen Inhalt Geheimschutzmaßnahmen voraussichtlich nicht erforderlich werden oder solche bereits in hinreichendem Umfang getroffen sind.
68 
Soll hingegen auf Unterlagen zurückgegriffen werden, die grundrechtlich geschützte Daten enthalten, die aber ersichtlich nur zum Teil potentiell beweiserheblich sind, und läßt sich eine nähere Unterscheidung erst nach Durchsicht dieser Unterlagen treffen, so ist es geboten, die Beschlagnahme zunächst als vorläufige Maßnahme anzuordnen. Diese darf dann nur dazu dienen, dem Gericht den Gewahrsam an allen in Betracht kommenden Papieren zu verschaffen, um so eine Einzelprüfung der potentiellen Beweiserheblichkeit zu ermöglichen. Erst aufgrund dieser am Maßstab des § 94 Abs. 1 StPO vorgenommenen Durchsicht wird die endgültige Entscheidung über den Umfang der Beschlagnahme zu treffen sein. Die hiernach nicht benötigten Unterlagen sind freizugeben.
69 
Zuständig für diese Regelung und die entsprechenden Entscheidungen ist in sinngemäßer Anwendung des § 98 Abs. 1 StPO das Gericht. Die effektive Erfüllung der dem Untersuchungsausschuß obliegenden Aufgaben wird nicht wesentlich beeinträchtigt, wenn er in den bezeichneten, besonders gelagerten Fällen nicht selbst über die potentielle Beweiserheblichkeit entscheiden kann…
70 
Die Vorlage der beschlagnahmten Unterlagen zunächst an das Gericht ist auch dann anzuordnen, wenn zwar hinsichtlich der Beweiserheblichkeit keine Bedenken bestehen, jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß die beschlagnahmten Papiere grundrechtlich geschützte Daten enthalten, die bisher noch nicht getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen erforderlich machen können…Das Gericht hat dann zu prüfen, welche Maßnahmen im einzelnen geboten sind (vgl. BVerfGE 67, 100 [142 ff.]), und die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände an den Ausschuß von entsprechenden Ausschußbeschlüssen abhängig zu machen (vgl. BVerfGE 67, 100 [137]). Ebenso ist zu verfahren, wenn die aufgrund der gerichtlichen Aussonderung dem Ausschuß zu übergebenden Unterlagen schutzbedürftige Daten enthalten, die Anlaß zu Geheimschutzvorkehrungen geben.“
71 
(BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987- 2 BvR 1178/86 u.a. - a.a.O., S. 50ff.).
72 
Ebenso wie die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sind (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2014, a.a.O., m.w.N.), dürfte dies auch für die Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss mittels Beschlagnahme nach § 16 Abs. 4, 6, 7 UAG gelten. Aufgrund der zwingend vorgesehenen Durchsicht der Papiere durch den Richter gemäß § 16 Abs. 4 Satz 4 UAG i.V.m. § 110 StPO ist ein von der Beschlagnahme betroffener Privater effektiv davor geschützt, dass beschlagnahmte Gegenstände, die nicht zum Untersuchungsauftrag gehören oder den Kernbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts betreffen, dem Untersuchungsausschuss ausgehändigt werden; zudem ist gewährleistet, dass - falls erforderlich - Geheimschutzmaßnahmen erfolgen. Insoweit ist § 16 Abs. 4 Satz 4 UAG i.V.m. § 110 StPO nicht bloß eine Norm, die als Nebenfolge einen Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bewirkt, sondern eine spezielle Datenschutzvorschrift, die in Verbindung mit §§ 94, 98 StPO die Datenerhebung begrenzt und eine solche Begrenzung auch intendiert.
73 
ddd) Alle Behörden des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, sind nach § 14 Abs. 1 UAG unmittelbar zur Vorlage von Akten und zur Erteilung von Auskünften verpflichtet. Die Aktenvorlage, die Auskunftserteilung und die Aussagegenehmigung dürfen gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 UAG nur verweigert werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit des Staates geboten ist oder wenn ein Gesetz der Bekanntgabe an den Ausschuss entgegensteht.Für diese Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses durch Aktenvorlage nach § 14 UAG stellt § 13 Abs. 5, 6 UAG in verfassungskonformer Auslegung voraussichtlich eine besondere Rechtsvorschrift i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG dar, die Umfang und Grenzen der Datenerhebung regelt und insoweit den Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes vorgeht.
74 
Auch die Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses durch Aktenvorlage darf sich nicht auf Daten erstrecken, die streng persönlichen Charakter haben. Insoweit bedarf es von Verfassungs wegen voraussichtlich ebenfalls eines verfahrensrechtlichen Schutzes, der sicherstellt, dass solche Informationen einem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden. Die vorhandenen Regeln über die Geheimhaltung reichen insoweit wahrscheinlich nicht aus (1). Die Vorschriften über die Aktenvorlage in § 14 Abs. 1, 2 UAG selbst gewährleisten diesen Schutz wahrscheinlich ebenfalls nicht (2). Jedoch dürfte eine verfassungskonforme Auslegung von § 13 Abs. 5, 6 UAG einen ausreichenden Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG bieten (3). Diese rechtlichen Voraussetzungen einer rechtmäßigen Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss hat auch die Landesregierung zu beachten. Daher darf der Antragsgegner die Daten der Antragstellerin nicht, wie von ihm beabsichtigt und angekündigt, an den Untersuchungsausschuss herausgeben, sondern lediglich an einen Richter, der vom Untersuchungsausschuss durch Beschluss mit der Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG beauftragt ist und der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO vornimmt. Dessen Entscheidung muss zudem mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 304 StPO angefochten werden können (4).
75 
(1) Das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses findet, wie bereits ausgeführt, insofern im Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG seine Grenze, als Daten, die streng persönlichen Charakter haben, nicht erhoben werden dürfen. Die verfassungsrechtliche Grenze des Beweiserhebungsrechts des Untersuchungsausschusses gilt unabhängig davon, ob die Beweiserhebung durch Beschlagnahme gegenüber Dritten nach § 16 Abs. 4 UAG oder durch Aktenvorlage durch die Regierung nach § 14 UAG erfolgt. Denn die Reichweite des Schutzes des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bestimmt sich nicht unterschiedlich, je nachdem auf welche Art und Weise die Beweiserhebung erfolgt. Dem entspricht, dass das Bundesverfassungsgericht sowohl in seiner Entscheidung zum Untersuchungsausschuss Flick, in der die Aktenvorlagepflicht die Regierung im Streit stand, als auch in seiner Entscheidung zum Untersuchungsausschuss Neue Heimat, in der es um die Beschlagnahme bei einem Privaten ging, jeweils ausgeführt hat, dass sich das Beweiserhebungsrecht nicht auf Daten mit streng persönlichen Charakter erstreckt (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 144, und Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 u.a. - a.a.O., S. 47).
76 
Insoweit bedarf es von Verfassungs wegen voraussichtlich ebenfalls eines verfahrensrechtlichen Schutzes, der sicherstellt, dass solche Informationen einem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden. Zwar hat der Staatsgerichtshof Regelungen in der Gemeinschutzordnung für Baden-Württemberg für ausreichend erachtet, um einen hinreichenden Schutz des Steuergeheimnisses bei der Aktenvorlage zu gewährleisten (vgl. StGH, Urt. v. 15.03.1985, a.a.O.). Auch das Hamburgische Verfassungsgericht hat in einer Entscheidung - in der es die Aktenvorlage des Senats an den Untersuchungsausschuss mangels normativer Sicherung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung als verfassungswidrig ansah - ausgesprochen, dass die notwendige Verfahrensregelung auch durch Binnenrecht der Bürgerschaft, insbesondere durch eine Daten- und Geheimschutzordnung, die als Teil der Geschäftsordnung der Bürgerschaft beschlossen wird, erfolgen kann und dadurch die Anforderungen, die Art. 2 Abs. 1 GG stellt, erfüllt wären (vgl. HambVerfG, Urt. v. 26.06.1995, a.a.O. Rn. 108; ebenso Glauben, DÖV 2007, 149 <153>). Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht bei der Aktenvorlage den Vorschriften über die Geheimhaltung, insbesondere der Geheimschutzordnung erhebliche Bedeutung beigemessen und daher ausgeführt, dass in aller Regel der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrecht keine Verkürzung des Aktenherausgabeanspruchs gestattet, wenn Parlament und Regierung Vorkehrungen für den Geheimschutz getroffen haben, die das ungestörte Zusammenwirken beider Verfassungsorgane auf diesem Gebiete gewährleisten, und wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Es hat jedoch in eben diesem Zusammenhang angefügt, dass eine Ausnahme hiervon für solche Informationen gilt, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für die Betroffenen unzumutbar ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 144).
77 
Es ist verfassungsrechtlich auch kein Grund dafür ersichtlich, warum bei einem Aktenherausgabeverlangen nicht in vergleichbarer Weise wie bei einer Beschlagnahme gegenüber einem Privaten mit einer Sichtung der Beweismittel durch einen Richter ein Verfahren erforderlich sein soll, das gewährleistet, dass rein persönliche Informationen dem Untersuchungsausschuss selbst nicht vorgelegt werden. Zwar mag wegen der Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG einiges dafür sprechen, dass in den von der Regierung oder sonstigen Behörden vorzulegenden Akten oder sonstigen Beweismitteln nicht rechtswidrig rein persönliche Daten Dritter aufgenommen sind. Eine Gewähr hierfür besteht jedoch nicht. Auch kann allein die Grundrechtsbindung von Regierung und Untersuchungsausschuss gemäß Art. 1 Abs. 3 GG nicht hinreichend sicher bewirken, dass der Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG einschließlich verfahrensrechtlicher Vorkehrungen stets gesichert ist. In der Literatur wird jedenfalls vielfach kritisiert, dass Untersuchungsausschüsse als politisches Kampffeld auf Grundrechtspositionen Privater nicht hinreichend Rücksicht nehmen. Der Geheimnisschutz befinde sich beim Parlament nicht in den besten Händen. Das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss könne für ein "Durchsickern" vertraulicher Informationen anfälliger als ein behördliches oder gerichtliches Verfahren (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 186; Klenke, NVwZ 1995, 644 <647>; Glauben, in: Glauben/Brocker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, 2. Aufl., § 11 Rn. 8). Daher wird gefordert, dass die verfahrensmäßigen Rechte von Personen, die von Untersuchungen betroffen werden, gesetzlich im Einzelnen zu regeln seien (vgl. Linck, ZRP 1987, 11 <19>). Verfassungsrechtlich bedenklich sei jede Auslegung der bestehenden Vorschriften, die es gestatte, dass der Untersuchungsausschuss Informationen mit streng persönlichem Charakter erhalte. Auch eine Vorlage zur Sichtung durch den Untersuchungsausschuss wie in § 30 Abs. 2 Satz 1 PUAG des Bundes sei angesichts der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich sehr zweifelhaft (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 185f.).
78 
Den auch gegenüber dem Aktenherausgabeanspruch des Untersuchungsausschusses notwendigen verfahrensrechtlichen Schutz, der sicherstellt, dass rein persönliche Informationen einem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt werden, gewährleisten die Geheimschutz- und Datenschutzvorschriften des Landtags nicht. Die Richtlinien für die Behandlung geheimhaltungsbedürftiger Angelegenheiten im Bereich des Landtags und die Datenschutzordnung für den Landtag von Baden-Württemberg sind im Hinblick auf den Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG nicht ausreichend. Die Richtlinien für die Behandlung geheimhaltungsbedürftiger Angelegenheiten im Bereich des Landtags unterscheiden in einem ersten Abschnitt Verschlusssachen und in einem zweiten Abschnitt sonstige geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten. In diesem zweiten Abschnitt findet sich als erstes die Vorschrift des § 12 über den Schutz von Privatgeheimnissen und Finanzhilfesachen. Nach dieser Systematik spricht einiges dafür, dass nur der zweite Abschnitt einschlägig wäre. § 12 Abs. 1 Satz 1 regelt, dass die Akten und die Beratungen der Ausschüsse geheim zu halten sind, soweit es der Schutz von Privat- oder Geschäftsgeheimnissen erfordert. Die notwendige verfahrensrechtliche Sicherung, dass Informationen mit streng persönlichem Charakter den Untersuchungsausschuss nicht erreichen, erfolgt damit nicht. Denn es besteht nur eine Geheimhaltungsregel. Auch der erste Abschnitt über Verschlusssachen führt - wenn er überhaupt einschlägig ist - lediglich zur Vergabe bestimmter Geheimhaltungsgrade und begründet daran anknüpfende Pflichten der Personen, die mit den Verschlusssachen in Kontakt kommen. Auch insoweit fehlt es an einer Sicherung, dass Informationen mit streng persönlichem Charakter den Untersuchungsausschuss erst gar nicht erreichen.
79 
Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die Datenschutzordnung für den Landtag Baden-Württemberg ausreichende Regelungen enthält. Sie regelt die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Gremien des Landtags (§ 1 Abs. 1). Die Datenschutzordnung ist daher typischerweise erst anwendbar, wenn Daten im Bereich des Landtags bereits vorhanden sind. Die Datenerhebung ist nach § 3 Abs. 1 zulässig, wenn es zur Erfüllung parlamentarischer Aufgaben erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht entgegenstehen (Satz 1). Interessen der Betroffenen stehen in der Regel nicht entgegen, wenn die erforderlichen Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger personenbezogener Daten gemäß § 11 getroffen sind (Satz 2). § 11 wiederum regelt Geheimhaltungsvorkehrungen. Zwar ist natürlich denkbar, als überwiegendes schutzwürdiges Interesse eines Betroffenen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung anzusehen. Ob dieses entgegensteht, prüft jedoch der Landtag selbst, dem die personenbezogenen Daten mithin erst einmal zur Verfügung stehen müssen.
80 
(2) Die Vorschriften über die Aktenvorlage in § 14 Abs. 1, 2 UAG selbst gewährleisten den verfassungsrechtlich notwendigen Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG wahrscheinlich ebenfalls nicht. Mit diesen Vorschriften trifft das Untersuchungsausschussgesetz voraussichtlich keine ausreichenden Vorkehrungen zum Schutz betroffener Privater vor Weitergabe von Daten mit streng persönlichem Charakter, die sich in den vorgelegten Akten und Beweismitteln befinden. Der Senat hat erwogen, ob das Tatbestandsmerkmal des entgegenstehenden Gesetzes i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 1 UAG so auszulegen ist, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG ein entgegenstehendes Gesetz sein kann. Eine solche Auslegung mag in Betracht kommen. Es ist jedoch nicht erkennbar, inwiefern dadurch auch eine verfahrensrechtliche Sicherung in dem Sinn erreicht werden kann, dass solche Informationen mit streng persönlichem Charakter in einem dem Rechtsschutzerfordernis des Art. 19 Abs. 4 GG genügenden Verfahren aussortiert werden. Ebenso können die reinen Geheimhaltungsvorschriften in § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1, 4 UAG das nicht gewährleisten.
81 
(3) Eine zum Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG ausreichende Vorschrift dürfte jedoch in verfassungskonformer Auslegung § 13 Abs. 5, 6 UAG sein. Nach § 13 Abs. 5 UAG kann der Untersuchungsausschuss die Erhebung einzelner Beweise einem Richter übertragen, wenn die Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss nicht oder nicht ohne Verzögerung des Verfahrens möglich ist oder wenn einem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann. Soweit sich aus dem Untersuchungsausschussgesetz nichts anderes ergibt, gelten gemäß § 13 Abs. 6 UAG für die Beweisaufnahme die Vorschriften über den Strafprozess entsprechend. Um einen ausreichenden Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG zu gewährleisten, dürfte - auch angesichts der in der Literatur vorgetragenen Bedenken - dabei folgende verfassungskonforme Auslegung geboten sein: Wenn nach § 14 UAG vorzulegende Akten oder sonstige Beweismittel Informationen mit rein persönlichem Charakter enthalten können, ist dem Untersuchungsausschuss selbst die Beweiserhebung i.S.d. § 13 Abs. 5 UAG nicht möglich. Er ist dann, wenn er die Vorlage der Beweismittel erreichen will, verpflichtet, die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG einem Richter zu übertragen. Die Durchsicht der Beweismittel obliegt insoweit gemäß § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO dem Richter. Gegen dessen Entscheidung über die Beweismittel besteht die Möglichkeit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG, § 304 StPO. Diese Auslegung ergibt sich aus Folgendem:
82 
Das Tatbestandsmerkmal der dem Untersuchungsausschuss nicht möglichen Beweiserhebung kann im Hinblick auf den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG dahin ausgelegt werden, dass es auch den Fall erfasst, dass die Beweiserhebung dem Untersuchungsausschuss selbst aus rechtlichen Gründen, eben wegen des Vorhandenseins von Informationen mit rein persönlichem Charakter, die unter Art. 2 Abs. 1 GG fallen, nicht möglich ist. Zwar mag der Gesamtzusammenhang der Regelung darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber mit § 13 Abs. 5 UAG eher an Hinderungsgründe tatsächlicher Art gedacht hat, die der Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss selbst entgegenstehen können. Dafür sprechen die normierten Fallgestaltungen der Verzögerung der Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss und des wegen großer Entfernung schwer erreichbaren Zeugen oder Sachverständigen. Die Vorschrift beschränkt sich jedoch nicht hierauf. § 13 Abs. 5 UAG regelt nicht, welcher Art die Gründe sein müssen, die dazu führen, dass die Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses nicht möglich ist. Die Vorschrift kann mithin auch Fälle rechtlicher Unmöglichkeit umfassen. Der Wortlaut der Vorschrift lässt eine solche Auslegung zu. Liegt ein solcher Fall der rechtlichen Unmöglichkeit der Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss selbst vor, gebietet der Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG, dass der Untersuchungsausschuss von der Möglichkeit des § 13 Abs. 5 UAG Gebrauch macht. Sein in der Norm vorgesehenes Ermessen („kann“) verdichtet sich dann - vergleichbar anderen Fallgestaltungen einer Ermessensreduzierung auf Null aus verfassungsrechtlichen Gründen (vgl. nur Stuhlfauth, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 40 Rn. 50; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 114 Rn. 131, 132, 135) - zu einer Rechtspflicht, die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG einem Richter zu übertragen, da nur diese eine Entscheidung rechtmäßig ist. Für diese nach dem Wortlaut mögliche verfassungskonforme Auslegung des § 13 Abs. 5 UAG ist auch nicht erkennbar, dass ihr weitere Auslegungsgesichtspunkte entgegenstehen (vgl. zu den Voraussetzungen nur: BVerfG, Beschl. v. 24.05.1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <81>, m.w.N.). Insbesondere gilt dies für den Sinn und Zweck des § 13 Abs. 5 UAG. Die Vorschrift ist ersichtlich darauf gerichtet, dem Untersuchungsausschuss wegen seiner verfassungsrechtlich bedeutsamen Aufgabe, Regierung und Verwaltung zu kontrollieren und auf Missstände hinzuweisen, eine Beweiserhebung auch angesichts bestimmter Hinderungsgründe oder Erschwernisse zu ermöglichen. Diesem Zweck dient die dargelegte verfassungskonforme Auslegung von § 13 Abs. 5 UAG, da andernfalls eine Beweiserhebung aus Rechtsgründen ggfs. gar nicht möglich wäre.
83 
Zudem ist für diesen Fall § 13 Abs. 6 UAG mit seiner Verweisung auf die Strafprozessordnung verfassungskonform so auszulegen, dass die Durchsicht der Beweismittel nach § 110 StPO allein dem Richter obliegt. Nur wenn die Sichtung der Beweismittel ausschließlich durch einen Richter erfolgt, ist aus den vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zum Untersuchungsausschuss Neue Heimat ausführlich dargelegten Gründen hinreichend gesichert, dass Unterlagen, die grundrechtlich bedeutsame Daten erhalten, erst dann an den Untersuchungsausschuss gelangen, wenn ihre Beweiserheblichkeit und die Frage einer Unzumutbarkeit der Herausgabe wegen eines rein persönlichen Charakters der Daten im Einzelnen geprüft ist. Diese verfassungskonforme Auslegung ist auch möglich. Insbesondere steht der Wortlaut des § 110 Abs. 1 StPO nicht entgegen. Dieser sieht zwar die Durchsicht von Beweismitteln durch den Staatsanwalt vor. Jedoch gleicht die Rechtsstellung des Untersuchungsausschusses nicht der des Staatsanwalts im Ermittlungsverfahren. Zudem sieht § 13 Abs. 6 UAG nur dieentsprechende Anwendung des § 110 StPO vor.
84 
Gegen die Entscheidung des Richters über die Beweismittel besteht die Möglichkeit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG, § 304 StPO. Das gebietet für den betroffenen Privaten die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. Brocker, in: Epping/Hillgruber, GG, 2. Aufl., Art. 44 Rn. 72) und für den Untersuchungsausschuss seine verfassungsrechtliche Stellung nach Art. 35 LV. Der Rechtsschutz entspricht somit dem nach § 16 Abs. 6 UAG im Fall der Beschlagnahme.
85 
Für dieses gesetzlich vorgesehene Verfahren nach § 13 Abs. 5, 6 UAG gelten, wie sonst auch, die richterlichen Verschwiegenheitspflichten. Die rechtlichen Bedenken der Antragstellerin, es fehle an einer Verschwiegenheitspflicht, sind daher unbegründet.
86 
Im Zusammenhang mit dieser verfassungskonformen Auslegung von § 13 Abs. 5, 6 UAG dürfte die Vorschrift über die Beweiserhebung durch Aktenvorlage nach § 14 UAG ebenfalls eine besondere Vorschrift i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG sein. Aufgrund der zwingend vorgesehenen Durchsicht der Papiere durch den Richter gemäß § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO ist ein von dem Aktenherausgabeverlangen betroffener Privater effektiv davor geschützt, dass Gegenstände, die nicht zum Untersuchungsauftrag gehören oder den Kernbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts betreffen, dem Untersuchungsausschuss ausgehändigt werden. Insoweit handelt es sich voraussichtlich ebenfalls um eine spezielle Datenschutzvorschrift, die die Datenerhebung begrenzt und eine solche Begrenzung auch bezweckt.
87 
(4) Diese rechtlichen Voraussetzungen einer rechtmäßigen Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss hat auch die Landesregierung zu beachten. Daher darf der Antragsgegner die Daten der Antragstellerin nicht, wie von ihm beabsichtigt und angekündigt, an den Untersuchungsausschuss herausgeben, sondern lediglich an einen Richter, der vom Untersuchungsausschuss durch Beschluss mit der Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG beauftragt ist und der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO vornimmt. Dessen Entscheidung muss zudem mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 304 StPO angefochten werden können.
88 
Das Bundesverfassungsgericht und der Staatsgerichtshof haben gleichermaßen hervorgehoben, dass die Wahrung des Staatswohls im Sinne von § 96 StPO und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Berücksichtigung des Steuergeheimnisses und der Einhaltung der Geheimschutzvorschriften der Regierung und dem Untersuchungsausschuss als Hilfsorgan des Landtags gleichermaßen anvertraut sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 136; StGH, Urt. v. 26.10.1989, a.a.O., S. 55). In gleicher Weise sind Regierung und Untersuchungsausschuss verpflichtet zu prüfen, ob der Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG entgegensteht. Zwar ging es in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Untersuchungsausschuss Flick vor allem auch darum, dass die Wahrung des Staatswohls nicht allein der Bundesregierung anvertraut ist, sondern auch dem Bundestag mit der Folge, dass die Bundesregierung, wenn sie geheimzuhaltende Tatsachen dem Untersuchungsausschuss vorenthalten will, Unterrichtungs- und Prüfungspflichten gegenüber dem Untersuchungsausschuss hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 138). Die Pflicht der Landesregierung, die rechtlichen Voraussetzungen einer rechtmäßigen Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss zu prüfen und ihre Einhaltung sicherzustellen, ergibt sich jedoch aus ihrer Stellung als Verfassungsorgan und ihrer Grundrechtsbindung aus Art. 1 Abs. 3 GG. Da Amtsträger zur Wahrung privater Geheimnisse verpflichtet sind, sind auch diese von der zur Aktenherausgabe aufgeforderten Regierung zu berücksichtigen (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 216). Als Teil der öffentlichen Gewalt ist es ihr nicht gestattet, an einer Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG mitzuwirken.
89 
Etwas anderes folgt - entgegen der in der vorgelegten Akte vom Antragsgegner vertretenen Auffassung, dass die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des Aktenherausgabeverlangens allein beim Untersuchungsausschuss liege -auch nicht aus Art. 35 Abs. 3 LV. Nach dieser Vorschrift sind Gerichte und Verwaltungsbehörden zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet. Zwar gilt für die Amtshilfe, dass die um Amtshilfe ersuchende Behörde gegenüber der ersuchten Behörde die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der zu treffenden Maßnahme trägt (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Jedoch kann offen bleiben, ob dieses Prinzip des Amtshilfeverfahrens für Art. 35 Abs. 3 LV auch gilt. Denn Art. 35 Abs. 3 LV ist hier bereits nicht anwendbar. Für den Untersuchungsausschuss finden die Amtshilfevorschriften nur im Verhältnis zu anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts, mithin insbesondere im Verhältnis zum Bund Anwendung. Hingegen sind alle Behörden des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, nach § 14 Abs. 1 UAG zur Aktenvorlage verpflichtet, ohne dass es auf die Amtshilfevorschriften ankäme (vgl. zur entsprechenden Rechtslage im Bund nach Art. 44 Abs. 3 GG: Klein, a.a.O., Rn. 223; Brocker, a.a.O., Rn. 58; Glauben, in: Glauben/Brocker, a.a.O., § 17 Rn. 2; Versteyl, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl., Art. 44 Rn. 45; Magiera, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 44 Rn. 25). Das Recht auf Aktenvorlage ist, wie das Bundesverfassungsgericht im Fall Untersuchungsausschuss Flick bereits im Jahr 1984 klargestellt hat, nicht lediglich Teil des Rechts auf Amtshilfe, sondern Bestandteil des parlamentarischen Kontrollrechts selbst (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., S. 128f.).
90 
Der Antragsgegner kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart beziehen, nach der bei einer Aktenanforderung durch einen Untersuchungsausschuss die erforderliche Verhältnismäßigkeitsprüfung in Fällen der Betroffenheit des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht im Kompetenzbereich der die Akteneinsicht gewährenden Stelle liege. Es sei nicht deren Aufgabe, diese Beschränkungen zu prüfen und gegebenenfalls die Einsicht zu versagen. Vielmehr obliege es dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in eigener Verantwortung, den Schutz solcher Rechtspositionen zu gewährleisten (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.11.2012 - 4a VAs 3/12 - juris Rn. 15). Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht in einem Kammerbeschluss dargelegt, dass die Grundrechtsbindung der Untersuchungsausschüsse nicht bedeutet, dass nur sie selbst verpflichtet sind, Voraussetzungen und Grenzen der Beweiserhebung und seiner möglichen zwangsweisen Durchsetzung zu überprüfen. Wird ein Gericht im parlamentarischen Untersuchungsverfahren in Anspruch genommen, so ist es ihm jedenfalls nicht verwehrt, die rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen, die für die Wirksamkeit des Antrags und die Zulässigkeit der beabsichtigten Beweiserhebung von Bedeutung sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die beantragte Maßnahme sich als Eingriff in grundrechtlich geschützte Bereiche Dritter darstellt (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.12.2001 - 2 BvR 1565/94 u,a. - juris Rn. 34; ebenso OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.03.2001 - 3 VAs 48/00 - NJW 2001, 2340, juris Rn. 27). Diese Fragen einer Prüfungspflicht von Behörden und Gerichten können hier jedoch offen bleiben. Denn der Antragsgegner als Verfassungsorgan und typischerweise zur Aktenvorlage Verpflichteter ist, wie ausgeführt, stets dazu berufen, die Rechtsmäßigkeit des Aktenherausgabeverlangens eines Untersuchungsausschusses zu prüfen. Im Hinblick auf Belange des Staatswohls und des Geheimnisschutzes sowie den nicht ausforschbaren Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berufen sich Regierungen in Bund und Ländern bei bestehender Pflicht zur grundsätzlich vollständigen Aktenvorlage auch ganz selbstverständlich auf diese Grenzen des Untersuchungsrechts der Untersuchungsausschüsse. Für den Schutz privater Geheimnisse gilt im Grundsatz nichts anderes; auch zu diesem Schutz ist die Landesregierung berufen. Wegen des vorliegend gegenüber dem Antragsgegner bestehenden Löschungsanspruchs gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 4 LDSG konkretisiert sich die Prüfungspflicht der Landesregierung allerdings dahin, einem Herausgabeverlangen eines Untersuchungsausschusses nur bei Einhaltung der notwendigen datenschutzrechtlichen Anforderungen nachzukommen.
91 
c) Die Antragstellerin hat allerdings keinen Löschungsanspruch, soweit auf den Magnetbändern des Antragsgegners nicht private E-Mails der Antragstellerin, sondern dienstliche E-Mails vorhanden sind. Denn dem dem Grunde nach auch insoweit gegebenen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG steht das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses nach § 14 Abs. 1 UAG entgegen, das im Zusammenhang mit der dargelegten verfassungskonformen Auslegung von § 13 Abs. 5, 6 UAG als besondere Rechtsvorschrift dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 DSG vorgeht. Soweit es um dienstliche Daten der Antragstellerin geht, ist entgegen ihrem Vorbringen auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses durch Anforderung der Magnetbänder bei der Landesregierung rechtswidrig ist. Weder der Schutz von Art. 10 GG (aa) noch die Umstände der Beweiserhebung (bb) oder der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung (cc) stehen insoweit der beabsichtigten Beweiserhebung entgegen.
92 
aa) Nach Art. 35 Abs. 4 Satz 2 LV bleiben das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis vom Untersuchungsrecht eines Untersuchungsausschusses unberührt. Gegenstand des Schutzes dieser durch Art. 10 GG gewährleisteten Rechte sind Kommunikationen, die wegen der räumlichen Distanz zwischen den Beteiligten auf Übermittlung durch Dritte angewiesen sind. Das Grundrecht soll jener Gefahr für die Vertraulichkeit der Mitteilung begegnen, die sich gerade aus der Einschaltung eines Übermittlers ergibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.03.1992 - 1 BvR 1430/88 - BVerfGE 85, 386, juris Rn. 46). Die nach Abschluss des Übertragungsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Verbindungsdaten werden nicht durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützt. Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses endet in dem Moment, in dem die Nachricht bei dem Empfänger angekommen und der Übertragungsvorgang beendet ist. Die Nachricht ist mit Zugang bei dem Empfänger nicht mehr den erleichterten Zugriffsmöglichkeiten Dritter - auch des Staates - ausgesetzt, die sich aus der fehlenden Beherrschbarkeit und Überwachungsmöglichkeit des Übertragungsvorgangs durch die Kommunikationsteilnehmer ergeben. Die gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten unterscheiden sich dann nicht mehr von Dateien, die der Nutzer selbst angelegt hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166, juris Rn. 73). Ist der Übertragungsvorgang beendet, besteht ein Schutz durch Art. 10 GG auch dann nicht mehr, wenn der Staat die Speichermedien des Systems des Nutzers durchsucht (vgl. BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. - BVerfGE 120, 274, juris Rn. 168).
93 
Demgegenüber ist der zugangsgesicherte Kommunikationsinhalt in einem E-Mail-Postfach, auf das der Nutzer nur über eine Internetverbindung zugreifen kann, durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützt. Denn die auf dem Mailserver des Providers vorhandenen E-Mails sind nicht im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers, sondern des Providers gespeichert (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43, juris Rn. 46).
94 
Nach diesem Maßstab dürfte das Fernmeldegeheimnis nicht berührt sein. Die Daten befanden sich nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich der Antragstellerin. Der Umstand, dass die Daten jetzt nicht mehr im Herrschaftsbereich der Antragstellerin liegen, ist insoweit unerheblich, da dies nicht auf Umständen beruht, vor denen Art. 10 GG schützen will.
95 
Auch durch die beabsichtigte Lesbarmachung der Magnetbänder erfolgt voraussichtlich kein Eingriff in Art. 10 GG. Zwar kann der Zugriff eines Untersuchungsausschusses auf Akten, in denen sich Ergebnisse vorausgegangener Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 10 GG finden, aufgrund der erneuten Kenntnisnahme solcher Daten seitens des Untersuchungsausschusses einen neuen Eingriff darstellen, weil sie durch Ausdehnung des Kreises der Kenntnisnehmenden die Eingriffswirkung erweitert (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 136). Hier geht es jedoch nicht um einen erneuten Zugriff auf unter Eingriff in Art. 10 GG gewonnene Daten. Denn es fehlt an einem ersten Eingriff in Art. 10 GG. Die Lesbarmachung ist daher nicht an Art. 10 GG zu messen, da sich in ihr keine Gefahren der "Distanzkommunikation" realisieren.
96 
bb) Das Vorbringen der Antragstellerin, dass der Untersuchungsausschuss über ausreichende andere Beweismittel verfüge und dass der benannte Zeitraum - aus dem Mails vorgelegt werden sollen - zu lang und willkürlich bestimmt sei, ist unbegründet. Der Untersuchungsausschuss ist befugt, im Rahmen seines Untersuchungsauftrages diejenigen Beweise zu erheben, die er für erforderlich hält. Innerhalb des Untersuchungsauftrages kann der Untersuchungsausschuss frei von den Einwirkungen anderer Staatsorgane entscheiden, welche Beweiserhebungen er für dessen Erfüllung für erforderlich erachtet. Für die Beweiserhebung bedarf es eines förmlichen Beweisbeschlusses. Die Beweismittel und die Beweistatsachen müssen dabei in einer für die Vollziehbarkeit des Beschlusses hinreichend bestimmten Weise angegeben werden; das Beweisziel muss erkennbar, die jeweiligen Beweismittel müssen abgrenzbar sein. Das Untersuchungsverfahren dient anderen Zielen als ein Strafverfahren. Die einzelne Beweiserhebung eines Untersuchungsausschusses muss daher nicht auf bestimmte Tatsachen bezogen sein, sondern kann darauf abzielen, zunächst "Licht ins Dunkel" eines Untersuchungskomplexes zu bringen, um auf diese Weise die Aufklärung von politischen Verantwortlichkeiten zu ermöglichen. Die Grenze zulässiger Ausforschung ist erst dort erreicht, wo Beweisanträge ohne jegliche tatsächliche Grundlage "völlig ins Blaue hinein" gestellt werden (st. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 107ff.). Diese Grenzen sind hier eingehalten.
97 
cc) Die Antragstellerin macht ohne Erfolg geltend, der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung stehe der Übermittlung an den Untersuchungsausschuss entgegen, da nur sie als damals zuständiges Regierungsmitglied beurteilen könne und dazu berufen sei zu entscheiden, welche Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zuzurechnen seien.
98 
Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt. Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht. Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984, a.a.O., juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
99 
Es ist bereits fraglich, ob der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung für die Antragstellerin als ehemalige Ministerin schützende Rechte begründet. Das kann jedoch offen bleiben, da der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung der hier vorgesehenen Datenübermittlung nicht entgegenstehen dürfte. Die vom Untersuchungsausschuss vorgesehene Verfahrensweise sieht eine Rückgabe von Daten an das Umweltministerium vor, die diesen Bereich betreffen. Die Tatsache, dass diese Daten nach dem vom Untersuchungsausschuss im Beweisbeschluss Nr. 24a vorgesehenen Verfahren zunächst in den Herrschaftsbereich des Untersuchungsausschusses gelangen und dort ggfs. auch zur Kenntnis genommen werden können, dürfte für die Datenübermittlung - anders als bei höchst persönlichen Daten der Antragstellerin - insoweit nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein. Denn zum einen ist die jetzige Landesregierung jedenfalls „mitberechtigt“, den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung geltend zu machen; sie beruft sich hierauf gegenüber dem Untersuchungsausschuss jedoch nicht. Zum anderen ist die Antragstellerin durch solche Daten nicht im Kernbereich ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen. Bei einer etwaigen Rückgabe von Daten an den Antragsgegner ist allerdings vorliegend die nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 4 LDSG bestehende Löschungspflicht zu beachten.
100 
3. Soweit ein Anordnungsanspruch, nämlich in Form eines Anspruchs auf Löschung privater E-Mails besteht, liegt auch ein Anordnungsgrund vor. Der Antragstellerin drohen ohne eine einstweilige Anordnung durch Bekanntwerden rein privater Daten erhebliche Nachteile, die nicht wiedergutzumachen wären. Diese Nachteile beträfen den Kernbereich ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.
101 
4. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem Antragsgegner die Herausgabe der Daten an den Untersuchungsausschuss zu untersagen, ist gleichwohl mit der tenorierten Maßgabe abzulehnen. Zwar liegen ein Anordnungsanspruch, nämlich ein Anspruch der Antragstellerin auf Löschung ihrer privaten E-Mails, und ein Anordnungsgrund vor. Jedoch kann die Antragstellerin zur Sicherung ihrer Rechte lediglich verlangen, dass die Daten ihrer Exchange-Postfächer nicht an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“, sondern nur an einen Richter herausgegeben werden, dem dieser Untersuchungsausschuss durch Beschluss die Beweiserhebung nach § 13 Abs. 5 UAG übertragen hat, der die Sichtung der Daten nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 110 StPO vornimmt und dessen Entscheidung mit der Beschwerde nach § 13 Abs. 6 UAG i.V.m. § 304 StPO angefochten werden kann. Die vom Untersuchungsausschuss im Beweisbeschluss Nr. 24a vorgesehene Verfahrensweise gewährleistet aus den nachfolgend dargelegten Gründen diesen verfassungsrechtlich gebotenen Schutz zwar nicht. Wenn dieser jedoch entsprechend der tenorierten Maßgabe sichergestellt ist, ist eine Verletzung des Rechts der Antragstellerin aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht mehr zu befürchten mit der Folge, dass dann der Anordnungsgrund wegfällt. Daher ist es im Hinblick auf die ebenfalls verfassungsrechtliche Bedeutung des Untersuchungsauftrags des Untersuchungsausschusses geboten, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der tenorierten Maßgabe abzulehnen. Zudem wäre ohnehin eine Änderung einer ergangenen einstweiligen Anordnung wegen veränderter Umstände möglich (vgl. dazu allgemein: Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 123 Rn. 65f., m.w.N.), wenn der Untersuchungsausschuss das mit der tenorierten Maßgabe vorgesehene Verfahren beschreitet.
102 
Die im Hinblick auf das Recht der Antragstellerin auf informationelle Selbstbestimmung gebotene Verfahrenssicherung durch Übertragung der Beweiserhebung auf einen Richter und Sichtung der Beweismittel durch diesen nach § 13 Abs. 5, 6 UAG kann das vom Untersuchungsausschuss hier konkret beabsichtigte Verfahren nicht gewährleisten. Zum einen sieht der Beweisbeschluss Nr. 24a die Einschaltung eines Amtsrichters nur fakultativ ("ggf. durch einen Amtsrichter") vor. Zum anderen ermöglicht der Beweisbeschluss Nr. 24a - gerade auch angesichts der schriftlichen Äußerungen des Umweltministeriums, die Daten dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln - die Vorgehensweise, dass die Daten zunächst der Untersuchungsausschuss erhält. Der Beschluss spricht explizit von der Übermittlung der vorhandenen Daten an den Ausschuss. Es ist nicht vorgesehen, dass eine Übermittlung erst nach einer Sichtung durch den Richter erfolgt. Die dargelegten verfassungsrechtlich notwendigen Verfahrenssicherungen fehlen mithin bislang.
103 
Zwar haben der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Landtags im Schriftsatz vom 01.07.2015, mit dem sie die Beiladung des Untersuchungsausschusses zum vorliegenden Rechtsstreit beantragt haben, ein Verfahren vorgetragen, in dem der Untersuchungsausschuss die Daten wohl erst nach einer Sichtung durch einen Dritten - "durch einen Amtsrichter, im Fall der Unzuständigkeit des Amtsgerichts durch einen Sachverständigen, wobei an den Landesbeauftragten für den Datenschutz, Herrn K..., herangetreten werden soll" - erhalten soll (vgl. Bl. 59 f. der VGH-Akte). Rechtlich maßgeblich ist jedoch allein der Beweisbeschluss des Untersuchungsausschuss. Angesichts der gravierenden Unterschiede der Verfahren, wie sie im Beweisbeschluss Nr. 24a und im Schriftsatz vom 01.07.2015 dargelegt sind, ist es ausgeschlossen, im Schriftsatz vom 01.07.2015 eine bloße Klarstellung des nach dem Beweisbeschluss Nr. 24a beabsichtigten Verfahrens zu sehen. Vielmehr handelt es sich um einen anderen Verfahrensvorschlag des Ausschussvorsitzenden und eines Landtagsmitarbeiters, an den der Untersuchungsausschuss selbst rechtlich nicht gebunden ist. Er hat ein solches Verfahren nicht beschlossen.
104 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
105 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG. Die Entscheidung führt nicht zu einer vollständigen Vorwegnahme der Hauptsache. Daher ist der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG zu halbieren.
106 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des verdeckten Einsatzes technischer Mittel nach § 22 PolG.
Der am xx.xx.1958 geborene Kläger, ein ehemaliger Polizeibeamter im Dienste des Beklagten, wurde mit Urteil des Landgerichts xxx vom 05.11.1990 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen, sowie homosexueller Handlungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen lernte der Kläger seine Opfer überwiegend über seine ehrenamtliche Tätigkeit für die xxx kennen, für die er u.a. als Betreuer Freizeiten für Kinder und Jugendliche durchführte. Kinder und Jugendliche, die ihn sexuell interessierten, veranlasste er, ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Dort zeigte er ihnen zunächst regelmäßig harmlose Videofilme, und ging bei Folgebesuchen dazu über, Pornofilme zu zeigen, um eine sexuelle Stimulanz herbeizuführen. An einem Jugendlichen vollzog der Kläger den Analverkehr, die übrigen Kinder bzw. Jugendlichen veranlasste er zu wechselseitigem Onanieren und/oder Oralverkehr. Von einigen der Opfer fertigte der Kläger Nacktaufnahmen. Die Strafkammer ging aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit des Klägers aus und berücksichtigte bei der Strafzumessung sein umfassendes Geständnis. Zu seinen Gunsten wurde auch die freiwillig aufgenommene psychotherapeutische Behandlung sowie der Umstand berücksichtigt, dass die Kinder die sexuellen Handlungen freiwillig mitgemacht und keine psychischen Folgeschäden erlitten hätten. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde nach Verbüßung der Halbstrafe zum 16.03.1992 zur Bewährung ausgesetzt. Der Arzt und Psychotherapeut W. R. bestätigte mit Schreiben vom 01.02.1993 den erfolgreichen Abschluss der Psychotherapie. Mit Beschluss vom 03.05.1994 verkürzte die Strafvollstreckungskammer die ursprünglich auf drei Jahre festgesetzte Bewährungszeit um zehn Monate. Die Reststrafe wurde mit Wirkung vom 26.05.1994 erlassen.
Seit 1996 ermittelte die Staatsanwaltschaft xxx wiederholt gegen den Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Ermittlungsverfahren wurden jeweils gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, in einem Fall wurde bereits das strafrechtliche Ermittlungsverfahren mangels eines Anfangsverdachts im Sinn des § 152 Abs. 2 StPO nicht eingeleitet.
Im März 2007 gab ein damals 22jähriger Beschuldigter einer Raubstraftat im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung an, er sei im Alter von 13 oder 14 Jahren von dem Kläger viermal zum Oral- und Analverkehr gezwungen worden. In dieser Sache verurteilte das Landgericht xxx den Kläger mit Urteil vom 10.03.2010 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs in vier Fällen eines zur Tatzeit 1995/1996 11jährigen Jungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Verurteilung erfolgte nach einer Verständigung gemäß § 257 c StPO.
Der Kläger ist 1. Vorsitzender des Wassersportvereins IG xxx, der mit dem Yachtclub xxx eine gemeinsame Bootsanlegestelle in xxx xx xxx unterhält. Von dieser Anlegestelle aus unternimmt der Kläger mit seinem Kajütboot Ausfahrten auf dem Rhein. Immer wieder nimmt er dabei auch männliche Kinder und Jugendliche mit, mit denen zusammen er auch auf dem Boot übernachtet. Vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Vorgeschichte des Klägers war dieses Verhalten Gegenstand einer gemeinsamen Vorstandssitzung beider Vereine am 15.11.2005. Der Kläger erklärte damals, sein Fehlverhalten liege mittlerweile 16 Jahre zurück und sei bei der Aufnahme in den Verein bekannt gewesen. Schon aus Eigeninteresse nehme er nur Kinder und Jugendliche auf das Boot mit, mit deren Eltern er gut bekannt sei.
Ein Beamter der Kantonspolizei xxx, der Mitglied des YC xxx ist, teilte am 11.03.2010 einem Kollegen von der Kriminalpolizei xxx mit, dass im YC xxx in den letzten Jahren immer wieder beobachtet worden sei, wie der Kläger mit männlichen Kindern und Jugendlichen mit seinem Boot auf dem Rhein unterwegs sei und auch übernachte. Darauf angesprochen, habe er erklärt, dass alles mit den Eltern abgesprochen und auch sonst in Ordnung sei.
Am 19.04.2010 ordnete das Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion -, gestützt auf § 22 PolG, für die Zeit bis zum 19.07.2010 die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung und den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger gegen dem Kläger an. In der Antragsschrift des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität des Regierungspräsidiums vom 14.04.2010 hieß es, der homosexuell orientierte Kläger, der - wie das Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahr 1990 ergeben habe - zudem an einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung leide, habe über viele Jahre hinweg Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gesucht, sie in seiner Wohnung, in seinem Bett und auf seinem Boot übernachten lassen. Diese Situationen habe er zur Begehung von Sexualstraftaten genutzt, und zwar auch, als im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahre 1990 der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt gewesen sei bzw. als Freigänger während der Verbüßung der anschließenden Strafhaft. Wie die weiteren strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in den 90er Jahren gezeigt hätten, habe durch die Vernehmung der geschädigten Jungen kein Tatnachweis geführt werden können, weil diese wegen ihrer Scham- und Schuldgefühle keine belastenden Aussagen gemacht hätten. Im Jahre 1989 seien bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers viele Lichtbilder von den nackt fotografierten Jungen gefunden worden. Daraufhin seien die Geschädigten eher bereit gewesen, belastende Angaben zu den sexuellen Handlungen zu machen. Dass der Kläger nun wiederum 10- bis 16jährige Jungen in der Regel mit Einverständnis der Eltern in seiner Wohnung und auf seinem Boot übernachten lasse, begründe zwar nicht den Anfangsverdacht einer Straftat, weshalb strafprozessuale Maßnahmen nicht in Betracht kämen. Die verdeckten Observationsmaßnahmen dienten aber dazu, festzustellen, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme und mit ihnen dort nächtige, um so potentiell Geschädigte zu erkennen und zu identifizieren, damit bevorstehende Straftaten erkannt und ggf. ein Strafverfahren eingeleitet werden könne. Die verdeckten Observationen seien geeignet und erforderlich, weil durch Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe die vollzugspolizeiliche Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nicht erfüllt werden könne.
Am 12.07.2010 wurde die Anordnung der verdeckten Observationsmaßnahmen bis zum 19.10.2010 verlängert. In der Antragsschrift vom 09.07.2010 führte das Dezernat Sonderfälle/Organisierte Kriminalität u.a. aus, durch die bislang durchgeführten Maßnahmen sei festgestellt worden, dass der Kläger sowohl in seiner alten als auch in der neuen Wohnung tagsüber wiederholt Besuch von Jugendlichen gehabt habe. Der am 24.01.1994 geborene xxx-xxx sei insgesamt fünfmal zu Besuch in den Wohnungen gewesen, an sechs weiteren Tagen habe der Kläger ihn im Auto mitgenommen und an zehn Tagen sei er zusammen mit ihm meistens für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen. Nach einem gemeinsamen Tag auf dem Boot habe er in einer Art und Weise, die einen sexuellen Bezug vermuten lasse, gesagt, „geil, geiler, geiler, am geilsten“, und kurz darauf noch einmal, „es war so geil“. Zu dem am 03.08.1995 geborenen, allerdings noch sehr kindlich aussehenden xxx habe der Kläger einen noch engeren Kontakt gehabt. Er sei dreimal mit ihm für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen und sei oft zusammen mit ihm Auto gefahren. Wiederholt habe ihn der Jugendliche auch in seiner Wohnung besucht und fünfmal dort übernachtet. Zweimal hätten sie sich zusammen auf einem Gartengelände mit einer Hütte aufgehalten. Bereits zuvor sei das Kraftfahrzeug des Klägers insgesamt 24mal in der Nähe des Gartengrundstücks festgestellt worden, und zwar teilweise für mehr als zwei Stunden. Durch die polizeirechtlichen Maßnahmen hätten zwar noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Die Verhaltensweisen des Klägers bezüglich sexuell motivierter Kontakte zu männlichen Kindern und Jugendlichen hätten sich über die Jahre hinweg jedoch nicht verändert. Der Kläger suche über die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses u.a. mit den Eltern Kontakt zu den Jungen und verbringe mit ihnen seine Freizeit. Insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx begründeten den Verdacht eines sexuellen Verhältnisses. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft bestehe derzeit jedoch noch kein Anfangsverdacht einer Straftat.
Im Zuge der weiteren Observationen wurde im August 2010 festgestellt, dass der Kläger mit einem 12jährigen Jungen im Einverständnis mit dessen Eltern einen zweiwöchigen Urlaub auf dem Kajütboot machen wollte. Bereits die Nacht vom 19. auf den 20.08.2010 verbrachte der Kläger zusammen mit diesem Jungen und xxx in seinem Kajütboot auf dem Rhein, bevor sie am 20.08.2010 rheinabwärts nach xxx fuhren, wo das Boot für mehrere Tage anlegte. Am 24.08.2010 leitete die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts von Straftaten gemäß §§ 176, 176 a und 182 StGB ein. Der Verdacht konnte jedoch durch die - richterlich angeordnete - Durchsuchung der Person, der Wohnung, des Arbeitsplatzes und des Kajütbootes des Klägers am 26.08.2010 nicht erhärtet werden. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen wurden daraufhin beendet.
10 
In dem Abschlussbericht des Regierungspräsidiums Freiburg - Landespolizeidirektion - vom 28.06.2011 hieß es, es bestehe die begründete Vermutung, dass durch die am 26.08.2010 durchgeführte Durchsuchung ein unmittelbar bevorstehender sexueller Missbrauch des damals 12jährigen xxx auf dem Kajütboot habe verhindert werden können. Es sei zu scheinbar unauffälligen körperlichen Annäherungsversuchen des Klägers mit einer von dem Jungen nicht erkannten sexuellen Motivation gekommen.
11 
Mit Verfügung vom 15.07.2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Dem Kläger könnten keine sexuellen Kontakte zu Kindern im Sinn des § 176 StGB oder ein sexueller Missbrauch von Jugendlichen nachgewiesen werden. Die als Zeugen vernommenen Kinder und Jugendlichen, die sich u.a. auf dem Boot des Klägers aufgehalten hätten und als Tatopfer in Betracht kämen, hätten in Abrede gestellt, dass sie jemals Sexualverkehr mit dem Kläger gehabt hätten oder dass er versucht habe, sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen. Auch die weiteren vernommenen Zeugen, insbesondere die Eltern bzw. Angehörigen der Jungen, hätten angegeben, keine Wahrnehmungen über einen Missbrauch gemacht zu haben. Die molekulargenetische Untersuchung von Spermaspuren an dem auf dem Boot sichergestellten Bettzeug und der Abgleich mit den DNA-Mustern der als Tatopfer in Betracht kommenden Zeugen habe nicht zu Ergebnissen geführt, die geeignet seien, diese Angaben zu widerlegen. Die Durchsuchung der Wohnung und des Bootes des Klägers sowie die Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger hätten ebenfalls keine Tatnachweise erbracht.
12 
Am 19.08.2011 erhob der Kläger Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht Freiburg, zu deren Begründung er vortrug: Auch nach Beendigung der auf § 22 PolG gestützten Maßnahmen dauere der Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fort. Ungeachtet der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens behaupte das Regierungspräsidium Freiburg weiterhin, dass gegen ihn ein Tatverdacht bestehe. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung aus dem tiefen Eingriff in seine Grundrechtspositionen. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen seien auch in der Sache rechtswidrig. Den Polizeibehörden sei seit Jahren bekannt gewesen, dass der Kläger seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen auf dem Kajütboot verbringe, ohne dass es zu Straftaten gegen deren sexuelle Selbstbestimmung gekommen sei. Irgendwelche Besonderheiten, die eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können, habe es nicht gegeben. Stattdessen seien kriminalistische Bauchgefühle für das Vorgehen des Beklagten ausschlaggebend gewesen. Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung wäre ohne die verdeckten Maßnahmen auch weder gefährdet noch beeinträchtigt worden. Denn der Beklagte hätte als mildere Ermittlungsmaßnahme etwa die Kinder und Jugendlichen bzw. deren Eltern zu etwaigen sexuellen Übergriffen seitens des Klägers befragen oder das Kajütboot auf molekulargenetische Spuren sexueller Handlungen hin untersuchen können. Das habe umso näher gelegen, als ohnehin höchstens ein Gefahrenverdacht bestanden habe. Zudem sei das Ziel des Beklagten nicht die präventive Datenerhebung zur Verhinderung von Straftaten gewesen. Vielmehr sei es darum gegangen, unabhängig von einem konkreten Anfangsverdacht Beweise für ein zukünftiges Strafverfahren zu beschaffen. Dies sei jedoch unzulässig, weil der Bundesgesetzgeber die Strafverfolgungsvorsorge im Rahmen seiner Zuständigkeit für das gerichtliche Verfahren mit den §§ 100 c, 100 d, 163 f und 100 h StPO abschließend geregelt habe.
13 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er führte aus, es habe sich bei den angeordneten Maßnahmen um solche der Gefahrenabwehr gehandelt, weshalb es nicht auf einen strafrechtlichen Anfangsverdacht ankomme. Durch die strafprozessuale Durchsuchung habe auch tatsächlich eine schwere Straftat i.S. des § 176 a StGB verhindert werden können. Dem Behördenleitervorbehalt aus § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG sei Rechnung getragen und der Kläger sei entsprechend § 22 Abs. 8 PolG nachträglich über die verdeckten Maßnahmen unterrichtet worden. Die materiellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PolG hätten ebenfalls vorgelegen. Es habe konkrete, objektiv nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger ein Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Form des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sexuellen Nötigung oder der Vergewaltigung begehen könne. Der Kläger habe weiterhin Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gepflegt, was für einen Mann seines Alters und mit seiner Vorgeschichte großen Bedenken begegne. Die vom Kläger an den Tag gelegten Verhaltensweisen, die in seiner Persönlichkeit gründeten und ein gewisses Schema erkennen ließen, begründeten die Vermutung, er werde auch zukünftig sexuell motivierte Straftaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen begehen. Alle von ihm ausgewählten Kinder stammten aus sozial schwachen Familien. Durch das Anbieten und Gewähren von Vergünstigungen in Form von Nachhilfe, Freizeitaktivitäten, Bootsaufenthalten, Liebesbekundungen per SMS, Massagen und Geschenken habe der Kläger immer wieder ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern geschaffen. Angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilungen könne daraus auf den Hang zur Begehung erheblicher Straftaten geschlossen werden. Mildere Mittel hätten nicht zur Verfügung gestanden. Eine zeitliche und räumliche Rundumüberwachung habe nicht stattgefunden. Dem Kernbereich privater Lebensgestaltung des Klägers sei dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass sein Wohnbereich weder durch Videoaufzeichnungen noch akustisch überwacht worden sei.
14 
Mit Urteil vom 27.11.2012 (- 3 K 1607/11 - juris) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene längerfristige Observation sowie der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung rechtswidrig waren, weil der Beklagte die formellen Anforderungen des in § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG geregelten Behördenleitervorbehalts nicht beachtet habe.
15 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die weiteren besonderen Mittel der Datenerhebung, deren Einsatz angeordnet worden sei, unterlägen weder dem Behördenleitervorbehalt gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG noch einem Richtervorbehalt. Auch in der Sache sei der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung rechtmäßig erfolgt. Die vom Beklagten getroffenen Maßnahmen hätten der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung gedient. Es hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger künftig solche Straftaten begehen werde. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die besonderen Mittel der Datenerhebung zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung und nicht zur Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten eingesetzt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Mittel der Datenerhebung seien in § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG auch hinreichend bestimmt bezeichnet. Die für eine ausreichende Bestimmtheit erforderliche tatbestandseinengende Funktion werde durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 PolG genannten Personenkreis erreicht. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dürften nur Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen bzw. über Kontakt- und Begleitpersonen solcher Personen erhoben werden. Bloße Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze reichten grundsätzlich nicht aus, um das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zu begründen, der Betroffene werde zukünftig Straftaten begehen. Es müssten vielmehr Tatsachen festgestellt werden, die eine solche Gefahrenprognose tragen. Hier hätten während des gesamten Zeitraums des Einsatzes der besonderen Mittel der Datenerhebung tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, der Kläger werde erneut eine Straftat des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern begehen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Landespolizeidirektion ihre Entscheidung nicht auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt. Die vom Kläger gegen die Erforderlichkeit der Maßnahmen vorgebrachten Einwände griffen ebenfalls nicht durch. Die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung sei schließlich nicht wegen einer Verletzung des Kernbereichs der persönlichen Lebensführung des Klägers rechtswidrig gewesen.
16 
Der Kläger trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung ergänzend und vertiefend im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die angeordneten Maßnahmen insgesamt materiell rechtswidrig. Die Maßnahmen seien bereits deshalb nicht von § 22 PolG gedeckt, weil sie zu repressiven Zwecken angeordnet worden seien. Sie hätten die Einleitung und erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollen. Unabhängig davon hätten die Voraussetzungen einer Gefahr im präventiv-polizeilichen Sinne nicht vorgelegen. Die letzte Vortat habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen über 15 Jahre zurückgelegen. Der Kläger habe im Anschluss an die erste Verurteilung eine Psychotherapie durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. Neben den Vorstrafen habe allein der Umstand vorgelegen, dass sich (auch) männliche Kinder und Jugendliche auf dem Boot des Klägers aufhielten. Dies reiche nicht aus, um eine auf Tatsachen gestützte Gefahr zu begründen. Die kumulative Anordnung nahezu sämtlicher nach § 22 PolG möglicher Maßnahmen sei auch unverhältnismäßig. Deutlich mildere Maßnahmen, die zumindest in gleicher Weise geeignet seien, präventive Wirkung zu entfalten, lägen auf der Hand. Besonders nahe liege die zeugenschaftliche Befragung der Jugendlichen und ihrer Eltern sowie die Anordnung eines behördlichen Umgangsverbots. Schließlich sei § 22 PolG insbesondere im Fall der vorliegenden Kumulation der Maßnahmen bis hin zur vorgenommenen „polizeilichen Totalüberwachung“ und den damit verbundenen (letztlich irreversiblen) Grundrechtseingriffen ohne Richtervorbehalt mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - zu ändern, soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Mit Blick auf die Eingriffsintensität der besonderen Datenerhebung nach § 22 PolG bestehe nicht das Erfordernis eines Richtervorbehalts. Der Gesetzgeber habe sich bei der Änderung des Polizeigesetzes über die Intensität des Grundrechtseingriffs Gedanken gemacht und die Eingriffstiefe typischerweise nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet, sondern die Erweiterung der technischen Observationsmöglichkeiten je nach Einsatzart als gegenüber herkömmlichen Überwachungsmethoden milderes Mittel eingestuft. Dies gelte auch für die vorliegende Konstellation, in der für die konkrete Straftatenvorbeugung ein passgenauer Überwachungsrahmen an Maßnahmen geschnürt worden sei. Der Einsatz von GPS, eines Abhörgeräts im Auto, Observierung und Videoüberwachung seien spezifisch auf den Gefahrenkontext des Klägers zugeschnitten gewesen und hätten seinen persönlichen Rückzugsraum an Privatheit geachtet. Bis zur Türschwelle seien jedoch Erkenntnisse gesammelt und polizeiliche Ressourcen bereitgehalten worden, um im nach Lage der Dinge hinreichend wahrscheinlichen Ernstfall unverzüglich einschreiten zu können. Der Umstand, dass von mehreren polizeilichen Mitteln Gebrauch gemacht worden sei, führe nicht automatisch zu einer Vertiefung der grundrechtsrelevanten Eingriffsschwelle. Die Überwachungstätigkeit sei jeweils an die konkrete Erkenntnislage angepasst worden. Begonnen habe man mit der Überwachung per Videoaufzeichnung vom Boot, dem verdächtigsten Rückzugsraum des Klägers. Auf der Grundlage der weiteren Beobachtung sei die Überwachung nach und nach auf die GPS-Überwachung und die Verwanzung des Autos ausgeweitet worden, bevor letztlich der Hauseingang überwacht worden sei. Dies sei situationsangemessen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung und der daran jeweils orientierten Gefahrenprognose sowie der aktualisierten taktischen Lage erfolgt. Die Überwachung sei im Rahmen der originär polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr erfolgt. Die Maßnahmen seien klar auf den Schutz gefährdeter Kinder ausgerichtet gewesen. Es handele sich um eine geradezu typische Konstellation der Verhinderungsvorsorge, in welcher der Grad des strafprozessualen Anfangsverdachts verneint worden sei, der Polizei jedoch genügend Prognoseeckpunkte vorgelegen hätten, um berechtigterweise von einer Gefährdung besonders schutzbedürftiger Personen ausgehen zu dürfen. Durch die Sammlung von Daten sei die Polizei ihrem Auftrag zur Gefahrenabwehr vor sexuellem Missbrauch von Kindern in konkret-effizienter Art und Weise nachgekommen. Durch die Erhebung der Kontakte zu potentiellen Opfern, deren Häufigkeit, Ausprägung und Umfeld habe die Polizei diese Erkenntnisse mit bekannten Mustern des Klägers und kriminalistischem Erfahrungswissen abgleichen können, um so den Zeitpunkt eines ernsthaft zu befürchtenden Umschlagens der Gefahr zur Tat eruieren und absichern zu können. Das planvolle Vorgehen des Klägers bei der Annäherung an knabenhafte Jungen und der gemeinsame Aufenthalt an privaten Orten (Boot, Wohnung, Auto) habe den Verhaltensmustern der Vortaten entsprochen. Bei dem Kläger handele es sich um einen einschlägigen Wiederholungstäter, dessen Sexualtrieb mit Hang zu männlichen Kindern und Jugendlichen sich trotz einer Therapie nach der ersten Verurteilung nicht verändert habe. Das planmäßige Vorgehen unter Aufbau eines freundschaftlichen Verhältnisses mit dem Potential zum Antesten sexueller Grenzen habe der kriminellen Energie der Vortaten entsprochen. Das „Wann“ eines manifesten Einsatzes obliege gewissen polizeitaktischen Erwägungen. Ein Abwarten signalisiere hier keineswegs ein Zuwarten auf strafrechtliche Erkenntnisse. Vielmehr sei es den konkreten Umständen des Einzelfalls geschuldet, wann eine Gefahr unmittelbar in die Tat umzuschlagen drohe. So könne sich etwa bei jugendlichen Begleitern über 14 Jahren ein anderer Bewertungsmaßstab ergeben als bei Kindern unter 14 Jahren, wo es von vornherein nicht auf die Freiwilligkeit der sexuellen Handlung ankomme. Die unmittelbare Gefahr sei hier anhand der Erkenntnisse über einen bevorstehenden Bootsurlaub mit einer möglichen, kindlichen Zielperson für sexuelle Übergriffe eingetreten. Die beabsichtigte gemeinsame Reise auf dem Boot samt der langen Zeitspanne des Beisammenseins auf engstem Raum hätte den Überwachungsradius überfordert und dem Kläger ein optimales Umfeld des sexuellen Zugriffs geboten. Dieses Risiko habe man nicht eingehen können. Deshalb seien die Durchsuchung angeordnet und die präventiven Maßnahmen gestoppt worden.
22 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten der Strafverfahren vor dem Landgericht xxx (xxx zzgl. Sonderbände und Bewährungsheft sowie xxx), die Akten der Staatsanwaltschaft xxx zum Ermittlungsverfahren xxx, drei Bände Akten mit Fotokopien aus polizeilichen Ermittlungsverfahren sowie die Akten des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit deren Vorlage nicht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom Innenministerium verweigert worden ist, vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers des LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg gegen den Kläger rechtswidrig war.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer verdeckten Datenerhebung.
Der Kläger beteiligte sich an einer im August 1991 in Freiburg gegründeten und im Januar 1992 aufgelösten Initiative mit dem Ziel humanitärer Hilfe für politische Gefangene. Am ersten Treffen dieser Initiative nahm neben dem Kläger auch ein Hans-Joachim C. teil. Zwischen C. und dem Kläger entwickelte sich in der Folgezeit eine freundschaftliche Beziehung. Im Juli 1992 fand das letzte Treffen des Klägers mit C. statt, der Kontakt brach dann ab, da C. unbekannt verzog. Während der gemeinsamen Zeit der beiden Männer war gegenüber C. der Verdacht entstanden, dieser könne, neben einem R., ein polizeilicher Verdeckter Ermittler sein. Im Oktober 1992 richtete der Kläger ein Schreiben an den Beklagtenvertreter, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA), und begehrte Auskunft darüber, ob und ggf. warum er Betroffener einer verdeckten Datenerhebung geworden sei, und forderte ferner Auskunft über alle in diesem Zusammenhang erhobenen Informationen. Der Kläger bezog sich dabei auch auf den Einsatz zweier Verdeckter Ermittler in Tübingen. Dieser Einsatz war vom LKA im Jahr 1991 begonnen und im Juli 1992 abgebrochen worden, nachdem ein Verdeckter Ermittler enttarnt worden war. Auf Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg war schließlich Ende Juli 1992 der Einsatz aller im Bereich Linksextremismus-/Terrorismus eingesetzten Verdeckten Ermittler beendet worden. Auf die im November 1992 erhobene Klage zweier vom Tübinger Einsatz betroffener Personen stellte das VG Stuttgart mit Urteil vom 30.9.1993 (1 K 3212/92 -Juris Web [L]) die Rechtswidrigkeit des Tübinger Einsatzes fest. Der VGH Baden-Württemberg änderte diese Entscheidung mit Urteil vom 21.11.1994 (1 S 2909/93 - DVBl. 1995, 365) und wies die Klagen als unzulässig ab. Auf die Revision der Tübinger Kläger hob das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl. 1997, 761) die Berufungsentscheidung auf und verwies den Rechtstreit an den VGH zurück, wo das Verfahren mit Beschluss vom 25.5.1999 (1 S 1593/97 - NVwZ-RR 2000, 174) eingestellt wurde, nachdem sich die Beteiligten außergerichtlich verglichen hatten.
Eine vom Kläger zwecks Klärung der "Freiburger Ereignisse" im Dezember 1993 erhobene Auskunftsklage (1 K 2265/93) erklärten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im November 1995 übereinstimmend für erledigt, nachdem das LKA erklärt hatte, alle im Zusammenhang mit dem etwaigen Einsatz von Verdeckten Ermittlern erhobenen Daten seien in der Zeit von November 1992 bis Januar 1993 gelöscht worden. Bereits am 31.1.1994 hat der Kläger die vorliegende Feststellungsklage - sie ist zunächst unter dem Aktenzeichen 1 K 215/94 geführt worden - erhoben. Im Anschluss an einen Zwischenstreit nach § 99 VwGO, in welchem der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 6.5.1997 - 1 S 2581/96 - Juris Web) - anders als die Kammer - entschieden hatte, die vom Beklagten verweigerte Erteilung von Auskünften sei zulässig, ruhte das vorliegende Verfahren zunächst. Es ist vom Kläger am 10.8.1998 wiederangerufen worden (neues Az.: 1 K 2186/98), wobei er zugleich die Klage um das Begehren erweitert hat, den Beklagten zur Unterrichtung zu verurteilen, ob er in der Zeit von Mai 1991 bis August 1992 Betroffener einer Maßnahme nach § 22 Abs. 2 und Abs. 3 PolG gewesen sei. Mit Urteil vom 23.6.1999 hat die Kammer dem (materiell-rechtlich auf § 22 Abs. 8 PolG beruhenden) Unterrichtungsbegehren im Verfahren 1 K 1478/99 umfassend stattgegeben. Zugleich ist der vorliegende, jetzt unter dem aktuellen Aktenzeichen 1 K 439/03 geführte Feststellungsstreit abgetrennt und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Unterrichtungsbegehren ausgesetzt worden. Mit Urteil vom 4.12.2002 (1 S 1639/00 - VBlBW 2003, 349), rechtskräftig seit 25.2.2003, hat der VGH Baden-Württemberg die von ihm zugelassene Berufung gegen das Urteil der Kammer vom 23.6.1999 zurückgewiesen.
Am 13.3.2003 hat der Kläger den vorliegenden Feststellungsstreit wieder angerufen, nachdem ihm das LKA mit Schreiben vom 17.2.2003 Land folgendes mitgeteilt hatte:
"Die zur Stellungnahme aufgeforderte Abteilung 6 "Staatsschutz" teilte dem Referat 101 "Recht, Datenschutz" des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (LKA BW) mit, dass
- das LKA BW vom Januar 1991 bis Juli 1992 im Raum Freiburg Maßnahmen nach § 22 Abs. 3 PolG durchführte,
- u. a. eine Person namens  XXX  XXX  - als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG - von diesen Maßnahmen betroffen war
- der Umfang der Datenerhebung sowie die exakte Dauer der Maßnahme, von der Herr XXX betroffen war, nicht mehr nachvollziehbar ist, da alle personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit den oben angeführten Maßnahmen zwischenzeitlich gelöscht wurden. …"
Sein Feststellungsbegehren begründet der Kläger im wesentlichen wie folgt: Die Klage sei zulässig, weil er unabhängig von der Frage einer konkreten Wiederholungsgefahr ein Rehabilitationsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers habe. Sein Fall sei weiterhin Gegenstand öffentlicher journalistischer Bearbeitung. So habe sein Prozessbevollmächtigter auf Anforderung des Redaktionsteams des "Grundrechte-Reports 2004" einen Bericht zum bisherigen Verfahrensstand gegeben. Im übrigen habe jüngst auch das Bundesverfassungsgericht ein Rehabilitationsinteresse selbst nach Erledigung einer grundrechtsintensiv belastenden Maßnahmen bejaht. Zur Begründetheit seines Begehrens führt der Kläger aus, aufgrund des engen Verhältnisses zwischen ihm und C. seien diesem eine Vielzahl an Informationen aus seinem Privat- und Intimbereich bekannt geworden. Es sei davon auszugehen, dass das LKA mit der Hilfe C.'s über ihn eine Vielzahl von Informationen erhalten habe, die ein vollständiges Persönlichkeitsbild wiedergäben. Diese Informationen seien in geheimdienstlicher Manier erhoben worden, ohne dass sie einem konkreten, gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren gedient hätten. Die Einsatzanordnung sei bereits deshalb rechtswidrig gewesen, weil der von ihr betroffene Personenkreis nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Insoweit unterscheide sich sein Fall nicht vom Einsatz Verdeckter Ermittler in den Jahren 1991 und 1992 in Tübingen, der durch das VG Stuttgart für rechtswidrig erklärt worden sei. Auf Grund der Intensität des Kontaktes, die er und seine damalige Lebensgefährtin zu C. erlebt hätten, stelle sich die nachträglich vom Beklagten vorgenommene Einordnung seiner Person als (nur) Kontaktperson als Schutzbehauptung dar. Auch an den materiell-rechtlichen Voraussetzungen der §§ 1 und 3 PolG bzw. - seit seinem Inkrafttreten am 1.12.1991 - des § 22 PolG habe es schließlich gefehlt.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
festzustellen, dass der Einsatz des unter einem Decknamen vom LKA Baden-Württemberg in den Jahren 1991 und 1992 in Freiburg eingesetzten Verdeckten Ermittlers ihm gegenüber rechtswidrig war.
12 
Das beklagte Land beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Es entgegnet: Die Klage sei bereits mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Wegen der Einzigartigkeit des Vorfalls bestehe keine konkrete Wiederholungsgefahr. Aber auch ein Rehabilitationsinteresse fehle, weil von Seiten des LKA nie öffentlich geäußert worden sei, dass der Kläger Betroffener einer verdeckten Ermittlungsmaßnahme gewesen sei. Darüber hinaus habe es keine den Kläger beeinträchtigende Reaktionen Dritter gegeben. Das Begehren sei aber auch nicht begründet. Der Einsatz des LKA sei rechtmäßig gewesen. Wegen der Lage im Bereich des Linksextremismus bis 1992 werde auf im Rahmen von Abgeordnetenanfragen ergangene, umfassende Stellungnahmen des Innenministeriums Baden-Württemberg vom Juli und August 1992 verwiesen. Für die Entscheidung eines Verdeckten-Ermittler-Einsatzes im Raum Freiburg seien weitere schwerwiegende Aspekte ausschlaggebend gewesen, die das LKA im Schreiben vom 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg ausführlich dargelegt habe. Von den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen sei der Kläger als Kontaktperson i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG betroffen gewesen. Er habe intensive Kontakte zu Personen i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG unterhalten, bei denen wiederum tatsächliche Anhaltspunkte vorgelegen hätten, dass sie künftig Straftaten begingen.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt (ein Heft des LKA, zwei Hefte Gerichtsakten der Verfahren 1 K 2265/93 und 1 K 1478/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

Gründe

 
16 
Das Feststellungsbegehren hat Erfolg.
17 
I. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Durch den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (VE) ist zwischen dem Kläger und dem beklagten Land eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis darstellt. Daraus und aus § 42 Abs. 2 VwGO (in entspr. Anwendung) folgt zugleich, dass der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehren kann, soweit er durch diesen Einsatz betroffen gewesen ist. Auf Grund der Innerdienstlichkeit der Einsatzanordnung fehlte es dieser an einem Verwaltungsaktcharakter i.S.d. § 35 LVwVfG, sodass eine (wegen vorprozessualer Erledigung sogenannt: "nachgezogene") Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspr.) ausscheidet.
18 
Das berechtigte (Feststellungs-)Interesse ergibt sich vorliegend aus der Art des Eingriffs in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der Kläger war nicht als beliebiger Dritter (zufällig, reflexhaft, unvermeidbar) betroffen, sondern unmittelbar und final - als sog. "Kontaktperson" in die Datenerhebung durch VE einbezogen. Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, ihm für dieses Opfer gerichtlichen Rechtsschutz und damit die Chance zu versagen, über eine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung bzw. Rehabilitation und einen - wenngleich unvollkommenen - Ausgleich für die (von ihm geltend gemachte) rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen. Auf eine auch aktuell noch vorhandene diskriminierende Wirkung oder konkrete Wiederholungsgefahr kommt es folglich nicht an. Nachdem das LKA über Jahre hinweg die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme behauptet hat, genügte eine erst in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung und im Anschluss an die ausführliche rechtliche Erörterung durch den Vorsitzenden signalisierte Kompromissbereitschaft ebenfalls nicht, um ein Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse des Klägers nunmehr zu verneinen. Ungeachtet dessen hat der Kläger-Vertreter - unter Hinweis auf die erforderlichen mehreren Prozesse - in eine solche Vorgehensweise auch nicht eingewilligt, so dass sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigt.
19 
Weil die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage allein sachgerecht und dem jeweiligen Rechtsschutzinteresse Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden kann, muss sich der Kläger schließlich auch nicht i.S.d. § 43 Abs. 2 VwGO auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verweisen lassen (vgl. zum Vorstehenden ausführlich auch die Revisionsentscheidung im "Tübinger Fall": BVerwG Urt. v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - BayVBl 1997, 761; zum Rehabilitationsinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, vgl. ferner: BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 [Versammlungsverbot]; Beschl. v. 30.4.1997 2 BvR 817/90 - NJW 1997, 2163 [strafrichterliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426 [vollstreckungsrechtliche Wohnungsdurchsuchungsanordnung]; OVG Hamburg, Urt. v. 23.8.2002 - 1 Bf 301/00 - NVwZ-RR 2003, 276 [Identitätsfeststellung eines Straßenpassanten], in diesem Sinne schließlich auch für ein Rehabilitationsinteresse allein wegen des Grundrechtseingriffs: Bader, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS 2005, 126/127).
20 
II. Die Klage ist auch begründet. Der Einsatz des VE war gegenüber dem Kläger rechtswidrig. Das gilt ungeachtet dessen bzw. unabhängig davon, dass die umstrittene verdeckte Datenerhebung von Januar 1991 bis Juli 1992 andauerte und somit sowohl unter Geltung des alten Polizeigesetzes (PolG i.d.F. vom 16.1.1968, GBl. S. 61 - PolG a.F.) als auch unter Geltung des neuen Polizeigesetzes (PolG id.F. des Gesetzes vom 22.10.1991, GBl. S. 625 - PolG n.F.) stattfand. Seit 1.12.1991 musste sich der Freiburger Einsatz an den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 19 ff. PolG n.F. messen lassen. Aus der detaillierten Übergangsregelung in § 85 PolG n.F. geht, weil sie nur bestimmte Sachverhalte in Absätzen 1 bis 5 regelt, nichts Gegenteiliges hervor. Gerade die Zielsetzung des Polizeigesetzes (vgl. unter Hinweis auf die LT-Drs. 10/5230, wonach die Novellierung des Polizeigesetzes ausdrücklich auf das Volkszählungsurteil des BVerfG rekurriert: Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., Rnrn. 536 ff.) spricht für diesen Maßstab (vgl. in diesem Sinne auch für das neue BKAG: BVerwG, Urt. v. 9.9.1998 - 1 C 14/95 -  DVBl 1999, 332; ferner für das Speichern und die Aufbewahrung personenbezogener Daten mit dem Inkrafttreten des saarl. PolG am 1.1.1990: OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - Juris Web). Die Kammer lässt offen, ob diese Rechtswidrigkeit daraus folgte, dass die mit §§ 22 Abs. 3, zweite Alternative, Abs. 5, 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG n. F. geschaffene Rechtsgrundlage für den Einsatz von VE verfassungswidrig sein könnte (vgl. zu der überaus inhaltsähnlichen, die Telekommunikationsüberwachung betreffenden Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Nds.SOG das im Zeitpunkt des Absetzens dieser Entscheidung verkündete Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - bislang wohl nur veröffentlicht in der Internet-Entscheidungssammlung des BVerfG [www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/]). Auf das Ergebnis einer inzidenten Prüfung - es hätte bei Annahme eines Verfassungsverstoßes zunächst die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erfordert - kommt es nämlich nicht an. Denn der Einsatz eines VE war jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil ihm keine erforderliche bzw. ausreichende Einsatzanordnung zugrunde lag. Das galt für den gesamten Einsatzzeitraum von Januar 1991 bis Juli 1992 und somit unabhängig davon, welches Polizeirecht zur Anwendung kam.
21 
Personen wie der Kläger, die sich der Anwendung besonderer polizeilicher Mittel der verdeckten Datenerhebung (§ 22 PolG n. F.) ausgesetzt sehen, sind regelmäßig von einem intensiven Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Bei ihnen werden verdeckt - d.h. ohne Erkennbarkeit, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt (§ 19 Abs. 2 PolG n. F.) - Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse - sog. personenbezogene Daten - erhoben (zur Definition vgl. § 48 PolG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDSG). Eine erhebliche Verstärkung erfahren solche Grundrechtseingriffe dadurch, dass die verdeckte Datenerhebung die Betroffenen (typischerweise bzw. gezielt) in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit und - vor allem bei Kontakt- und Begleitpersonen oder sonstigen, unvermeidbar betroffenen Dritten - Ahnungslosigkeit "ereilt", und ihre Möglichkeiten, rechtzeitig zwecks vorheriger Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterrichtet zu werden, von vornherein nach der gesetzlichen Konzeption bzw. dem Zweck solcher polizeilicher Maßnahmen (vgl. § 22 Abs. 8 PolG n. F.) beschränkt sind. Neben den spezifischen materiellrechtlichen Erfordernissen bedarf es in diesen Fällen regelmäßig auch vom Gesetzgeber zu bestimmenden, besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um das Handeln der Verwaltung dort zu regeln, wo der Betroffene keine Möglichkeit hat, in einem vorgeschalteten Verfahren Einfluss hierauf zu nehmen (zum Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. BVerfG, Urt. v. 12.4.2005 - 2 BvR 581/01 - DVBl. 2005, 699 - strafprozessuale Ermittlungen durch Einsatz von "Global Positioning System" [GPS]; ferner bereits BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - NJW 1980, 759 [Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich] - staatliche Schutzpflicht und Mitverantwortung in verfahrensrechtlicher Hinsicht). Vorliegend kam deshalb der Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA erhebliche Bedeutung zu. § 22 Abs. 6 PolG n. F. sieht deshalb eine solche besondere Anordnung zwecks verfahrensmäßiger polizeiinterne Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Einsatzes vor (vgl. auch VG Stuttgart, Urt. vom 30.9.1993, a. a. O., unter Hinweis auf die amtliche Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 10/5230, S. 41).
22 
Die den Einsatz von VE in Freiburg (auch) gegenüber dem Kläger betreffende Einsatzanordnung des Präsidenten des LKA bzw. des zuständigen Leiters der Inspektion Linksextremismus/-terrorismus lag zwar an sich vor (zum Behördenleitervorbehalt bzw. dessen Delegationsmöglichkeit vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 PolG n.F.). Sie wurde zum 1.12.1991 - dem Inkrafttreten des PolG n. F. - schriftlich formuliert bzw. begründet. Dieses Formerfordernis ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 6 PolG n. F., jedenfalls aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG n. F. (sog. Ausschreibung) bzw. aus Teil II, Ziff. 1 zu § 22 Abs. 6 der VwV PolG (v. 18.7.1997, GABl. S. 406; zu Schriftlichkeit und Begründung im Rahmen des § 22 Abs. 6 PolG vgl. auch Belz/Mussmann, PolG für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 70, sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 439). Die Geltung des § 22 Abs. 6 PolG n. F. auf den unter altem Polizeirecht begonnenen Einsatz folgte aus der Übergangsvorschrift des § 85 Abs. 1 PolG n. F., weil die Datenerhebung am 29.2.1992 noch nicht beendet war. Trotz ihrer textlichen Ausführlichkeit war die Einsatzanordnung gleichwohl rechtswidrig, weil es ihr an Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (u.a.) hinsichtlich der Person des Klägers fehlte und sie somit ihren letztlich auf verfassungsrechtliche Anforderungen zurückgehenden Zweck nicht erfüllen konnte (in diesem Sinne auch für die inhaltsgleiche Einsatzanordnung im Tübinger Fall: VG Stuttgart, a. a. O.).
23 
Die maßgebliche Einsatzanordnung lautete wie folgt:
24 
"Ziel ist es, durch die Erhebung von Informationen bei zur PB-07 ausgeschriebenen Personen, deren Umfeld sowie Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen, vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen.
25 
Insbesondere sollen durch den verdeckten Einsatz
26 
- das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld in Bereich Freiburg aufgehellt
27 
- Informationen über bevorstehende/beabsichtigte Straftaten sowie Anhaltspunkte für die Unterstützung/Bildung terroristischer Vereinigungen gewonnen werden.
28 
Mit Hilfe dieser Informationen soll es insbesondere ermöglicht werden
29 
- bevorstehende Staatsschutzdelikte durch geeignete polizeiliche Präventionsmaßnahmen zu vereiteln (Lagebewältigung bei gewalttätigen Demonstrationen, Hausbesetzungen, Auseinandersetzungen links/rechts)
30 
- gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtzeitig einzuschreiten bzw. deren Unterstützung zu verhindern (Gewährleistung einer frühzeitigen Strafverfolgung, u. a. Veranlassung von PB 07 Ausschreibungen).
31 
Ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers können diese Informationen nicht gewonnen werden, sodass die polizeiliche Aufgabenerfüllung gefährdet bzw. erheblich erschwert würde."
32 
Dieser "Auftrag an die ausführenden Polizeibeamten" ist zwar anlassbezogen begründet - Hintergrund sind die vom Beklagtenvertreter beschriebenen bzw. Gegenstand von Landtagsanfragen/Korrespondenzen bildenden RAF-spezifischen Ereignisse im Raum Freiburg in den Jahren 1989 bis 1992 (vgl. LT-Drs. 11/245 und LT-Drs. 11/262 sowie Schreiben des LKA Baden-Württemberg vom am 22.3.1993 an das Innenministerium Baden-Württemberg, Gerichtsakte Band II, Seite 363 bis 386). Mit Ausnahme von zur Personenbeobachtung im Bereich terroristischer Vereinigungen (sog. "PB 07") ausgeschriebenen (vgl. § 25 PolG n. F.) und mithin namentlich feststellbaren Personen, enthält die Einsatzanordnung jedoch keine nachvollziehbaren bzw. ausweislich ihrer "Verbalisierung" Rechenschaft über eine vorherige ausführliche polizeiinterne Kontrolle ablegenden Details dazu, welche sonstigen Personen konkret von der verdeckten Datenerhebung betroffen sein sollten. Eine solche Konkretisierung war auch nicht etwa entbehrlich. Ausdrücklich nämlich sollten auch "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Staatsschutzdelikte begehen" erfasst sein, mithin solche i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG n. F.. Eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit im Blick auf den Kläger lässt diese Einsatzanordnung in keiner Weise zu. Geht man nach dem Vortrag des LKA bzw. dessen förmlichen Unterrichtungsschreibens vom 17.2.2003 davon aus, dass der Kläger (nur) als Kontaktperson von der verdeckten Datenerhebung betroffen war, so fehlte in der Einsatzanordnung sogar bereits eine allgemeine Nennung dieses in § 20 Abs. 3 Nr. 2 PolG n. F. umschriebenen (und in der VwV PolG 1997 in Ziffer 3 zu § 20 Abs. 3 PolG näher interpretierten) Personenbegriffs. Selbst wenn man auch die Anordnung zur Datenerhebung bei Kontakt- und Begleitpersonen in die Einsatzanordnung "hineinlesen" wollte - etwa wegen der Verwendung des im ersten Spiegelpunkt stehenden Begriffs "das militante autonome Spektrum sowie das RAF-Umfeld im Bereich Freiburg" genügte das jedoch für eine inhaltliche Präzisierung in keiner Weise, um zumindest den Kläger als detailliert feststellbar erscheinen zu lassen.
33 
Die Kammer hegt keinen Zweifel am Vortrag des Beklagten-Vertreters, dass im Zeitpunkt der Erstellung der (mündlichen sowie schriftlichen) Einsatzanordnung dem Polizeivollzugsdienst durchaus näher bestimmte Personen im Raum Freiburg - darunter eben wohl auch der Kläger - als Adressaten einer verdeckten Datenerhebung "vor Augen" gewesen sein mögen. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass erfahrene Kriminalbeamte (in der Regel des gehobenen Dienstes), die zugleich auch als sog. "VE-Führer" fungierten, entsprechende Informationen an die Leitung des LKA weitergegeben haben mögen, so genügte das Einfließen solcher Informationen in der wie geschehen überaus allgemeinen und letztlich nur den Gesetzeswortlaut mit anderen Worten umschreibenden Einsatzanordnung nicht. Das gilt vor dem Hintergrund des bereits oben skizzierten besonders intensiven Grundrechtseingriffs auch deshalb, weil auf diese Art und Weise die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs rein polizeiintern, weil letztlich auch völlig undokumentiert blieb. Diese Betrachtungsweise verstärkt sich schließlich noch dadurch, dass - wohl durchaus in (noch) zulässiger Weise (so jedenfalls Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. § 22 Rnr. 27) - die Einsatzanordnung i.S.d. § 22 Abs. 6 PolG n. F. (nur) dem Behördenleiter und nicht einem richterlichen Vorbehalt unterstellt wurde.
34 
Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Die Reaktion des beklagten Landes auf den "Tübinger Fall" belegt die Möglichkeit einer personenspezifisch-konkretisierten Einsatzanordnung anschaulich: Das Land Baden-Württemberg hat Ende 1994/Anfang 1995 im Zuge des Tübinger Falles in einer neuen Dienstanweisung den gesamten Einsatzbereich vollkommen neu geregelt (vgl. die Mitteilung in einer 1995er-Ausgabe des Staatsanzeigers Baden-Württemberg: "Neue Dienstanweisung für verdeckte Ermittler", Gerichtsakten Band II, Seite 431). Die Personen, gegen die sich der Einsatz von VE richtet, müssen seither namentlich bezeichnet werden. Ist dies bei Einsatzbeginn nicht möglich, müssen Sie anhand konkreter Merkmale beschrieben oder zumindest muss der Kreis der Personen, gegen den sich der Einsatz richtet, möglichst genau umschrieben werden. Lassen sich im Verlauf des Einsatzes Einzelpersonen durch namentliche Bezeichnung oder anhand konkreter Merkmale bestimmen, ist die Einsatzanordnung unverzüglich fortzuschreiben. Ferner ist laufend die weitere Zulässigkeit und Effizienz des Einsatzes zu prüfen. Über Personen, bei denen nach Entscheidung des VE-Führers feststeht, dass sie für die Erfüllung des Einsatzauftrages oder für die Legende des VE bedeutungslos sind, dürfen vom VE keine weiteren Daten mehr erhoben werden.
35 
Die Rechtswidrigkeit der Einsatzanordnung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Einsatzes eines VE gegenüber dem Kläger ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Kläger - die Verfassungsgemäßheit der §§ 22 Abs. 3, 20 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PolG n. F. unterstellt - materiell eine Ziel-, Kontakt- oder Begleitperson gewesen wäre. Ungeachtet dessen, dass die Beteiligten dem Gericht hierzu nichts Überprüfbares unterbreitet haben, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen an die Einsatzanordnung nämlich nicht unbeachtlich. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliegt, wenn zwar die handelnde Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstößt, der Eingriff aber materiell-rechtlich gerechtfertigt war, gibt es nicht; entsprechend hat der Kläger ungeachtet dessen, dass er nie persönlich in einer mündlichen Verhandlung seiner zahlreichen Verfahren erschienen ist und nichts Näheres zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat, auch keinen Anspruch auf die " Feststellung eines anderen Rechtswidrigkeitsgrundes". Der Gegenstand einer Grundrechtsprüfung darf nicht dadurch verändert werden, dass ein im übrigen rechtmäßiges Verhalten unterstellt wird. Denn damit würde statt des tatsächlichen ein fiktiver Geschehensablauf an dem Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gemessen (BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 - 6 C 3.04 - nachgewiesen in Internetdatenbank des BVerwG). Auch eine entsprechende Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet schließlich schon deshalb aus, weil der Bestimmtheitsmangel der Einsatzanordnung letztlich kein bloß formaler Fehler ist, jedenfalls aber weil nicht von einem offenkundig fehlenden Einfluss auf die verdeckte Datenerhebung ausgegangen werden kann.
36 
Die vorstehenden Ausführungen gelten schließlich auch, was die Zeit des Einsatzes von Januar 1991 bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes (1.12.1991) angeht (so auch VG Stuttgart, a.a.O.). Wie das beklagte Land vorgetragen hat, erfolgte die Anordnung des VE-Einsatzes im Raum Freiburg Ende 1990 zunächst in mündlicher Form durch den Präsidenten des LKA und wurde in regelmäßigen Abständen von drei Wochen durch schriftliche Dienstreiseanordnungen für die VE bestätigt. Einen anderen Inhalt, als die ab dem 1.12.1991 schriftlich fixierte Einsatzanordnung, hatte ihre "mündliche Vorgängerin" jedoch nicht. Zwar waren vor dem 1.12.1991 bereichsspezifische Regelungen vergleichbar denen in §§ 19 ff. PolG n. F. (noch) nicht vorhanden. Allerdings dürfte es insoweit nicht schon an einer Rechtsgrundlage gefehlt haben, weil bis zu diesem Zeitpunkt wohl die polizeiliche Aufgabennorm tragfähige Grundlage gewesen ist (vgl. entsprechend für die polizeiliche Datenverarbeitung in Berlin: BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 - 1 C 29/86 - NJW 1990, 2765). Gleichwohl war wegen der oben dargelegten spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu keiner Zeit andere gewesen sind, auch die mündliche Einsatzanordnung und daraus folgend der auf ihre beruhende VE-Einsatz rechtswidrig.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO von einem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgesehen. Weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat die Kammer die Berufung zugelassen;

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des verdeckten Einsatzes technischer Mittel nach § 22 PolG.
Der am xx.xx.1958 geborene Kläger, ein ehemaliger Polizeibeamter im Dienste des Beklagten, wurde mit Urteil des Landgerichts xxx vom 05.11.1990 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen, sowie homosexueller Handlungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen lernte der Kläger seine Opfer überwiegend über seine ehrenamtliche Tätigkeit für die xxx kennen, für die er u.a. als Betreuer Freizeiten für Kinder und Jugendliche durchführte. Kinder und Jugendliche, die ihn sexuell interessierten, veranlasste er, ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Dort zeigte er ihnen zunächst regelmäßig harmlose Videofilme, und ging bei Folgebesuchen dazu über, Pornofilme zu zeigen, um eine sexuelle Stimulanz herbeizuführen. An einem Jugendlichen vollzog der Kläger den Analverkehr, die übrigen Kinder bzw. Jugendlichen veranlasste er zu wechselseitigem Onanieren und/oder Oralverkehr. Von einigen der Opfer fertigte der Kläger Nacktaufnahmen. Die Strafkammer ging aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit des Klägers aus und berücksichtigte bei der Strafzumessung sein umfassendes Geständnis. Zu seinen Gunsten wurde auch die freiwillig aufgenommene psychotherapeutische Behandlung sowie der Umstand berücksichtigt, dass die Kinder die sexuellen Handlungen freiwillig mitgemacht und keine psychischen Folgeschäden erlitten hätten. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde nach Verbüßung der Halbstrafe zum 16.03.1992 zur Bewährung ausgesetzt. Der Arzt und Psychotherapeut W. R. bestätigte mit Schreiben vom 01.02.1993 den erfolgreichen Abschluss der Psychotherapie. Mit Beschluss vom 03.05.1994 verkürzte die Strafvollstreckungskammer die ursprünglich auf drei Jahre festgesetzte Bewährungszeit um zehn Monate. Die Reststrafe wurde mit Wirkung vom 26.05.1994 erlassen.
Seit 1996 ermittelte die Staatsanwaltschaft xxx wiederholt gegen den Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Ermittlungsverfahren wurden jeweils gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, in einem Fall wurde bereits das strafrechtliche Ermittlungsverfahren mangels eines Anfangsverdachts im Sinn des § 152 Abs. 2 StPO nicht eingeleitet.
Im März 2007 gab ein damals 22jähriger Beschuldigter einer Raubstraftat im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung an, er sei im Alter von 13 oder 14 Jahren von dem Kläger viermal zum Oral- und Analverkehr gezwungen worden. In dieser Sache verurteilte das Landgericht xxx den Kläger mit Urteil vom 10.03.2010 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs in vier Fällen eines zur Tatzeit 1995/1996 11jährigen Jungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Verurteilung erfolgte nach einer Verständigung gemäß § 257 c StPO.
Der Kläger ist 1. Vorsitzender des Wassersportvereins IG xxx, der mit dem Yachtclub xxx eine gemeinsame Bootsanlegestelle in xxx xx xxx unterhält. Von dieser Anlegestelle aus unternimmt der Kläger mit seinem Kajütboot Ausfahrten auf dem Rhein. Immer wieder nimmt er dabei auch männliche Kinder und Jugendliche mit, mit denen zusammen er auch auf dem Boot übernachtet. Vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Vorgeschichte des Klägers war dieses Verhalten Gegenstand einer gemeinsamen Vorstandssitzung beider Vereine am 15.11.2005. Der Kläger erklärte damals, sein Fehlverhalten liege mittlerweile 16 Jahre zurück und sei bei der Aufnahme in den Verein bekannt gewesen. Schon aus Eigeninteresse nehme er nur Kinder und Jugendliche auf das Boot mit, mit deren Eltern er gut bekannt sei.
Ein Beamter der Kantonspolizei xxx, der Mitglied des YC xxx ist, teilte am 11.03.2010 einem Kollegen von der Kriminalpolizei xxx mit, dass im YC xxx in den letzten Jahren immer wieder beobachtet worden sei, wie der Kläger mit männlichen Kindern und Jugendlichen mit seinem Boot auf dem Rhein unterwegs sei und auch übernachte. Darauf angesprochen, habe er erklärt, dass alles mit den Eltern abgesprochen und auch sonst in Ordnung sei.
Am 19.04.2010 ordnete das Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion -, gestützt auf § 22 PolG, für die Zeit bis zum 19.07.2010 die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung und den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger gegen dem Kläger an. In der Antragsschrift des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität des Regierungspräsidiums vom 14.04.2010 hieß es, der homosexuell orientierte Kläger, der - wie das Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahr 1990 ergeben habe - zudem an einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung leide, habe über viele Jahre hinweg Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gesucht, sie in seiner Wohnung, in seinem Bett und auf seinem Boot übernachten lassen. Diese Situationen habe er zur Begehung von Sexualstraftaten genutzt, und zwar auch, als im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahre 1990 der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt gewesen sei bzw. als Freigänger während der Verbüßung der anschließenden Strafhaft. Wie die weiteren strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in den 90er Jahren gezeigt hätten, habe durch die Vernehmung der geschädigten Jungen kein Tatnachweis geführt werden können, weil diese wegen ihrer Scham- und Schuldgefühle keine belastenden Aussagen gemacht hätten. Im Jahre 1989 seien bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers viele Lichtbilder von den nackt fotografierten Jungen gefunden worden. Daraufhin seien die Geschädigten eher bereit gewesen, belastende Angaben zu den sexuellen Handlungen zu machen. Dass der Kläger nun wiederum 10- bis 16jährige Jungen in der Regel mit Einverständnis der Eltern in seiner Wohnung und auf seinem Boot übernachten lasse, begründe zwar nicht den Anfangsverdacht einer Straftat, weshalb strafprozessuale Maßnahmen nicht in Betracht kämen. Die verdeckten Observationsmaßnahmen dienten aber dazu, festzustellen, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme und mit ihnen dort nächtige, um so potentiell Geschädigte zu erkennen und zu identifizieren, damit bevorstehende Straftaten erkannt und ggf. ein Strafverfahren eingeleitet werden könne. Die verdeckten Observationen seien geeignet und erforderlich, weil durch Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe die vollzugspolizeiliche Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nicht erfüllt werden könne.
Am 12.07.2010 wurde die Anordnung der verdeckten Observationsmaßnahmen bis zum 19.10.2010 verlängert. In der Antragsschrift vom 09.07.2010 führte das Dezernat Sonderfälle/Organisierte Kriminalität u.a. aus, durch die bislang durchgeführten Maßnahmen sei festgestellt worden, dass der Kläger sowohl in seiner alten als auch in der neuen Wohnung tagsüber wiederholt Besuch von Jugendlichen gehabt habe. Der am 24.01.1994 geborene xxx-xxx sei insgesamt fünfmal zu Besuch in den Wohnungen gewesen, an sechs weiteren Tagen habe der Kläger ihn im Auto mitgenommen und an zehn Tagen sei er zusammen mit ihm meistens für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen. Nach einem gemeinsamen Tag auf dem Boot habe er in einer Art und Weise, die einen sexuellen Bezug vermuten lasse, gesagt, „geil, geiler, geiler, am geilsten“, und kurz darauf noch einmal, „es war so geil“. Zu dem am 03.08.1995 geborenen, allerdings noch sehr kindlich aussehenden xxx habe der Kläger einen noch engeren Kontakt gehabt. Er sei dreimal mit ihm für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen und sei oft zusammen mit ihm Auto gefahren. Wiederholt habe ihn der Jugendliche auch in seiner Wohnung besucht und fünfmal dort übernachtet. Zweimal hätten sie sich zusammen auf einem Gartengelände mit einer Hütte aufgehalten. Bereits zuvor sei das Kraftfahrzeug des Klägers insgesamt 24mal in der Nähe des Gartengrundstücks festgestellt worden, und zwar teilweise für mehr als zwei Stunden. Durch die polizeirechtlichen Maßnahmen hätten zwar noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Die Verhaltensweisen des Klägers bezüglich sexuell motivierter Kontakte zu männlichen Kindern und Jugendlichen hätten sich über die Jahre hinweg jedoch nicht verändert. Der Kläger suche über die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses u.a. mit den Eltern Kontakt zu den Jungen und verbringe mit ihnen seine Freizeit. Insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx begründeten den Verdacht eines sexuellen Verhältnisses. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft bestehe derzeit jedoch noch kein Anfangsverdacht einer Straftat.
Im Zuge der weiteren Observationen wurde im August 2010 festgestellt, dass der Kläger mit einem 12jährigen Jungen im Einverständnis mit dessen Eltern einen zweiwöchigen Urlaub auf dem Kajütboot machen wollte. Bereits die Nacht vom 19. auf den 20.08.2010 verbrachte der Kläger zusammen mit diesem Jungen und xxx in seinem Kajütboot auf dem Rhein, bevor sie am 20.08.2010 rheinabwärts nach xxx fuhren, wo das Boot für mehrere Tage anlegte. Am 24.08.2010 leitete die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts von Straftaten gemäß §§ 176, 176 a und 182 StGB ein. Der Verdacht konnte jedoch durch die - richterlich angeordnete - Durchsuchung der Person, der Wohnung, des Arbeitsplatzes und des Kajütbootes des Klägers am 26.08.2010 nicht erhärtet werden. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen wurden daraufhin beendet.
10 
In dem Abschlussbericht des Regierungspräsidiums Freiburg - Landespolizeidirektion - vom 28.06.2011 hieß es, es bestehe die begründete Vermutung, dass durch die am 26.08.2010 durchgeführte Durchsuchung ein unmittelbar bevorstehender sexueller Missbrauch des damals 12jährigen xxx auf dem Kajütboot habe verhindert werden können. Es sei zu scheinbar unauffälligen körperlichen Annäherungsversuchen des Klägers mit einer von dem Jungen nicht erkannten sexuellen Motivation gekommen.
11 
Mit Verfügung vom 15.07.2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Dem Kläger könnten keine sexuellen Kontakte zu Kindern im Sinn des § 176 StGB oder ein sexueller Missbrauch von Jugendlichen nachgewiesen werden. Die als Zeugen vernommenen Kinder und Jugendlichen, die sich u.a. auf dem Boot des Klägers aufgehalten hätten und als Tatopfer in Betracht kämen, hätten in Abrede gestellt, dass sie jemals Sexualverkehr mit dem Kläger gehabt hätten oder dass er versucht habe, sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen. Auch die weiteren vernommenen Zeugen, insbesondere die Eltern bzw. Angehörigen der Jungen, hätten angegeben, keine Wahrnehmungen über einen Missbrauch gemacht zu haben. Die molekulargenetische Untersuchung von Spermaspuren an dem auf dem Boot sichergestellten Bettzeug und der Abgleich mit den DNA-Mustern der als Tatopfer in Betracht kommenden Zeugen habe nicht zu Ergebnissen geführt, die geeignet seien, diese Angaben zu widerlegen. Die Durchsuchung der Wohnung und des Bootes des Klägers sowie die Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger hätten ebenfalls keine Tatnachweise erbracht.
12 
Am 19.08.2011 erhob der Kläger Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht Freiburg, zu deren Begründung er vortrug: Auch nach Beendigung der auf § 22 PolG gestützten Maßnahmen dauere der Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fort. Ungeachtet der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens behaupte das Regierungspräsidium Freiburg weiterhin, dass gegen ihn ein Tatverdacht bestehe. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung aus dem tiefen Eingriff in seine Grundrechtspositionen. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen seien auch in der Sache rechtswidrig. Den Polizeibehörden sei seit Jahren bekannt gewesen, dass der Kläger seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen auf dem Kajütboot verbringe, ohne dass es zu Straftaten gegen deren sexuelle Selbstbestimmung gekommen sei. Irgendwelche Besonderheiten, die eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können, habe es nicht gegeben. Stattdessen seien kriminalistische Bauchgefühle für das Vorgehen des Beklagten ausschlaggebend gewesen. Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung wäre ohne die verdeckten Maßnahmen auch weder gefährdet noch beeinträchtigt worden. Denn der Beklagte hätte als mildere Ermittlungsmaßnahme etwa die Kinder und Jugendlichen bzw. deren Eltern zu etwaigen sexuellen Übergriffen seitens des Klägers befragen oder das Kajütboot auf molekulargenetische Spuren sexueller Handlungen hin untersuchen können. Das habe umso näher gelegen, als ohnehin höchstens ein Gefahrenverdacht bestanden habe. Zudem sei das Ziel des Beklagten nicht die präventive Datenerhebung zur Verhinderung von Straftaten gewesen. Vielmehr sei es darum gegangen, unabhängig von einem konkreten Anfangsverdacht Beweise für ein zukünftiges Strafverfahren zu beschaffen. Dies sei jedoch unzulässig, weil der Bundesgesetzgeber die Strafverfolgungsvorsorge im Rahmen seiner Zuständigkeit für das gerichtliche Verfahren mit den §§ 100 c, 100 d, 163 f und 100 h StPO abschließend geregelt habe.
13 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er führte aus, es habe sich bei den angeordneten Maßnahmen um solche der Gefahrenabwehr gehandelt, weshalb es nicht auf einen strafrechtlichen Anfangsverdacht ankomme. Durch die strafprozessuale Durchsuchung habe auch tatsächlich eine schwere Straftat i.S. des § 176 a StGB verhindert werden können. Dem Behördenleitervorbehalt aus § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG sei Rechnung getragen und der Kläger sei entsprechend § 22 Abs. 8 PolG nachträglich über die verdeckten Maßnahmen unterrichtet worden. Die materiellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PolG hätten ebenfalls vorgelegen. Es habe konkrete, objektiv nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger ein Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Form des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sexuellen Nötigung oder der Vergewaltigung begehen könne. Der Kläger habe weiterhin Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gepflegt, was für einen Mann seines Alters und mit seiner Vorgeschichte großen Bedenken begegne. Die vom Kläger an den Tag gelegten Verhaltensweisen, die in seiner Persönlichkeit gründeten und ein gewisses Schema erkennen ließen, begründeten die Vermutung, er werde auch zukünftig sexuell motivierte Straftaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen begehen. Alle von ihm ausgewählten Kinder stammten aus sozial schwachen Familien. Durch das Anbieten und Gewähren von Vergünstigungen in Form von Nachhilfe, Freizeitaktivitäten, Bootsaufenthalten, Liebesbekundungen per SMS, Massagen und Geschenken habe der Kläger immer wieder ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern geschaffen. Angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilungen könne daraus auf den Hang zur Begehung erheblicher Straftaten geschlossen werden. Mildere Mittel hätten nicht zur Verfügung gestanden. Eine zeitliche und räumliche Rundumüberwachung habe nicht stattgefunden. Dem Kernbereich privater Lebensgestaltung des Klägers sei dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass sein Wohnbereich weder durch Videoaufzeichnungen noch akustisch überwacht worden sei.
14 
Mit Urteil vom 27.11.2012 (- 3 K 1607/11 - juris) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene längerfristige Observation sowie der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung rechtswidrig waren, weil der Beklagte die formellen Anforderungen des in § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG geregelten Behördenleitervorbehalts nicht beachtet habe.
15 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die weiteren besonderen Mittel der Datenerhebung, deren Einsatz angeordnet worden sei, unterlägen weder dem Behördenleitervorbehalt gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG noch einem Richtervorbehalt. Auch in der Sache sei der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung rechtmäßig erfolgt. Die vom Beklagten getroffenen Maßnahmen hätten der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung gedient. Es hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger künftig solche Straftaten begehen werde. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die besonderen Mittel der Datenerhebung zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung und nicht zur Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten eingesetzt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Mittel der Datenerhebung seien in § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG auch hinreichend bestimmt bezeichnet. Die für eine ausreichende Bestimmtheit erforderliche tatbestandseinengende Funktion werde durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 PolG genannten Personenkreis erreicht. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dürften nur Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen bzw. über Kontakt- und Begleitpersonen solcher Personen erhoben werden. Bloße Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze reichten grundsätzlich nicht aus, um das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zu begründen, der Betroffene werde zukünftig Straftaten begehen. Es müssten vielmehr Tatsachen festgestellt werden, die eine solche Gefahrenprognose tragen. Hier hätten während des gesamten Zeitraums des Einsatzes der besonderen Mittel der Datenerhebung tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, der Kläger werde erneut eine Straftat des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern begehen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Landespolizeidirektion ihre Entscheidung nicht auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt. Die vom Kläger gegen die Erforderlichkeit der Maßnahmen vorgebrachten Einwände griffen ebenfalls nicht durch. Die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung sei schließlich nicht wegen einer Verletzung des Kernbereichs der persönlichen Lebensführung des Klägers rechtswidrig gewesen.
16 
Der Kläger trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung ergänzend und vertiefend im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die angeordneten Maßnahmen insgesamt materiell rechtswidrig. Die Maßnahmen seien bereits deshalb nicht von § 22 PolG gedeckt, weil sie zu repressiven Zwecken angeordnet worden seien. Sie hätten die Einleitung und erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollen. Unabhängig davon hätten die Voraussetzungen einer Gefahr im präventiv-polizeilichen Sinne nicht vorgelegen. Die letzte Vortat habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen über 15 Jahre zurückgelegen. Der Kläger habe im Anschluss an die erste Verurteilung eine Psychotherapie durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. Neben den Vorstrafen habe allein der Umstand vorgelegen, dass sich (auch) männliche Kinder und Jugendliche auf dem Boot des Klägers aufhielten. Dies reiche nicht aus, um eine auf Tatsachen gestützte Gefahr zu begründen. Die kumulative Anordnung nahezu sämtlicher nach § 22 PolG möglicher Maßnahmen sei auch unverhältnismäßig. Deutlich mildere Maßnahmen, die zumindest in gleicher Weise geeignet seien, präventive Wirkung zu entfalten, lägen auf der Hand. Besonders nahe liege die zeugenschaftliche Befragung der Jugendlichen und ihrer Eltern sowie die Anordnung eines behördlichen Umgangsverbots. Schließlich sei § 22 PolG insbesondere im Fall der vorliegenden Kumulation der Maßnahmen bis hin zur vorgenommenen „polizeilichen Totalüberwachung“ und den damit verbundenen (letztlich irreversiblen) Grundrechtseingriffen ohne Richtervorbehalt mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - zu ändern, soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Mit Blick auf die Eingriffsintensität der besonderen Datenerhebung nach § 22 PolG bestehe nicht das Erfordernis eines Richtervorbehalts. Der Gesetzgeber habe sich bei der Änderung des Polizeigesetzes über die Intensität des Grundrechtseingriffs Gedanken gemacht und die Eingriffstiefe typischerweise nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet, sondern die Erweiterung der technischen Observationsmöglichkeiten je nach Einsatzart als gegenüber herkömmlichen Überwachungsmethoden milderes Mittel eingestuft. Dies gelte auch für die vorliegende Konstellation, in der für die konkrete Straftatenvorbeugung ein passgenauer Überwachungsrahmen an Maßnahmen geschnürt worden sei. Der Einsatz von GPS, eines Abhörgeräts im Auto, Observierung und Videoüberwachung seien spezifisch auf den Gefahrenkontext des Klägers zugeschnitten gewesen und hätten seinen persönlichen Rückzugsraum an Privatheit geachtet. Bis zur Türschwelle seien jedoch Erkenntnisse gesammelt und polizeiliche Ressourcen bereitgehalten worden, um im nach Lage der Dinge hinreichend wahrscheinlichen Ernstfall unverzüglich einschreiten zu können. Der Umstand, dass von mehreren polizeilichen Mitteln Gebrauch gemacht worden sei, führe nicht automatisch zu einer Vertiefung der grundrechtsrelevanten Eingriffsschwelle. Die Überwachungstätigkeit sei jeweils an die konkrete Erkenntnislage angepasst worden. Begonnen habe man mit der Überwachung per Videoaufzeichnung vom Boot, dem verdächtigsten Rückzugsraum des Klägers. Auf der Grundlage der weiteren Beobachtung sei die Überwachung nach und nach auf die GPS-Überwachung und die Verwanzung des Autos ausgeweitet worden, bevor letztlich der Hauseingang überwacht worden sei. Dies sei situationsangemessen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung und der daran jeweils orientierten Gefahrenprognose sowie der aktualisierten taktischen Lage erfolgt. Die Überwachung sei im Rahmen der originär polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr erfolgt. Die Maßnahmen seien klar auf den Schutz gefährdeter Kinder ausgerichtet gewesen. Es handele sich um eine geradezu typische Konstellation der Verhinderungsvorsorge, in welcher der Grad des strafprozessualen Anfangsverdachts verneint worden sei, der Polizei jedoch genügend Prognoseeckpunkte vorgelegen hätten, um berechtigterweise von einer Gefährdung besonders schutzbedürftiger Personen ausgehen zu dürfen. Durch die Sammlung von Daten sei die Polizei ihrem Auftrag zur Gefahrenabwehr vor sexuellem Missbrauch von Kindern in konkret-effizienter Art und Weise nachgekommen. Durch die Erhebung der Kontakte zu potentiellen Opfern, deren Häufigkeit, Ausprägung und Umfeld habe die Polizei diese Erkenntnisse mit bekannten Mustern des Klägers und kriminalistischem Erfahrungswissen abgleichen können, um so den Zeitpunkt eines ernsthaft zu befürchtenden Umschlagens der Gefahr zur Tat eruieren und absichern zu können. Das planvolle Vorgehen des Klägers bei der Annäherung an knabenhafte Jungen und der gemeinsame Aufenthalt an privaten Orten (Boot, Wohnung, Auto) habe den Verhaltensmustern der Vortaten entsprochen. Bei dem Kläger handele es sich um einen einschlägigen Wiederholungstäter, dessen Sexualtrieb mit Hang zu männlichen Kindern und Jugendlichen sich trotz einer Therapie nach der ersten Verurteilung nicht verändert habe. Das planmäßige Vorgehen unter Aufbau eines freundschaftlichen Verhältnisses mit dem Potential zum Antesten sexueller Grenzen habe der kriminellen Energie der Vortaten entsprochen. Das „Wann“ eines manifesten Einsatzes obliege gewissen polizeitaktischen Erwägungen. Ein Abwarten signalisiere hier keineswegs ein Zuwarten auf strafrechtliche Erkenntnisse. Vielmehr sei es den konkreten Umständen des Einzelfalls geschuldet, wann eine Gefahr unmittelbar in die Tat umzuschlagen drohe. So könne sich etwa bei jugendlichen Begleitern über 14 Jahren ein anderer Bewertungsmaßstab ergeben als bei Kindern unter 14 Jahren, wo es von vornherein nicht auf die Freiwilligkeit der sexuellen Handlung ankomme. Die unmittelbare Gefahr sei hier anhand der Erkenntnisse über einen bevorstehenden Bootsurlaub mit einer möglichen, kindlichen Zielperson für sexuelle Übergriffe eingetreten. Die beabsichtigte gemeinsame Reise auf dem Boot samt der langen Zeitspanne des Beisammenseins auf engstem Raum hätte den Überwachungsradius überfordert und dem Kläger ein optimales Umfeld des sexuellen Zugriffs geboten. Dieses Risiko habe man nicht eingehen können. Deshalb seien die Durchsuchung angeordnet und die präventiven Maßnahmen gestoppt worden.
22 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten der Strafverfahren vor dem Landgericht xxx (xxx zzgl. Sonderbände und Bewährungsheft sowie xxx), die Akten der Staatsanwaltschaft xxx zum Ermittlungsverfahren xxx, drei Bände Akten mit Fotokopien aus polizeilichen Ermittlungsverfahren sowie die Akten des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit deren Vorlage nicht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom Innenministerium verweigert worden ist, vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.